Beiträge zum Planungsrecht 1959–2000: Hrsg. von Klaus Grupp / Michael Ronellenfitsch [1 ed.] 9783428514397, 9783428114399

Das Planungsrecht bildet seit mehr als 40 Jahren den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Tätigkeit Willi Blümels. Die übe

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Beiträge zum Planungsrecht 1959–2000: Hrsg. von Klaus Grupp / Michael Ronellenfitsch [1 ed.]
 9783428514397, 9783428114399

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WILLI BLÜMEL

Beiträge zum Planungsrecht 1959-2000

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 942

Beiträge zum Planungsrecht 1959-2000

Von Willi Blümel Herausgegeben von Klaus Grupp und Michael Ronellenfitsch

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11439-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Schlussbemerkung seines Referats auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer im Jahre 1977 über „Gemeinden und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart" leitete Willi Blümel mit den Sätzen ein: „Hiermit beende ich meinen Rundgang. Er führte zuletzt - wie könnte es beim Referenten auch anders sein - zur Position der Gemeinden, Städte und Kreise im komplexen Planungssystem."1 In der Tat hat die Erörterung dieses Aspekts wohl niemand unter den Zuhörern verwundert; denn mehr noch als das Kommunalrecht ist es das Planungsrecht, dem das wissenschaftliche Interesse Willi Blümeis galt und gilt und mit dem sein Name unter Rechtswissenschaftlern, aber ebenso unter Rechtsanwendern assoziiert wird. Zwar waren die frühen wissenschaftlichen Publikationen Willi Blümeis noch völlig anderen Themen gewidmet2, aber schon im September 1959 erschien der erste planungsrechtliche Aufsatz, der in seinem Titel „Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen"3 die Schwerpunkte der späteren wissenschaftlichen und forensischen Befassung Willi Blümeis mit den Problemen staatlicher Planung und den Versuchen ihrer Lösung durch die Gerichte erkennen ließ. In der Folgezeit hat Willi Blümel die Entwicklung des Planungsrechts, insbesondere des Planfeststellungsrechts, dargestellt und nachhaltig geprägt, namentlich mit seiner Dissertation „Die Bauplanfeststellung. Erster Teil: Die Planfeststellung im preußischen Recht und im Reichsrecht" 4 und der Habilitationsschrift „Die Planfeststellung. Zweiter Teil: Die Planfeststellung im geltenden Recht"5 sowie einer Vielzahl weiterer Beiträge, die an unterschiedlichsten Stellen veröffentlicht sind. Es liegt deshalb nahe, zum 75. Geburtstag Willi Blümeis sich noch einmal seiner Überlegungen zum Planungsrecht und seines Einflusses auf diese Materie zu vergewissern, zumal da das Kommunalrecht schon Thema eines Symposiums 1

In: VVDStRL 36 (1978), 171 ff. (269). Vgl. das Schriftenverzeichnis Willi Blümel in Klaus Grupp/Michael Ronellenfitsch (Hrsg.), Planung - Recht - Rechtsschutz. Festschrift für Willi Blümel zum 70. Geburtstag am 6. Januar 1999, Berlin 1999, S. 661 ff. 3 Unten S. 9 ff. 4 Stuttgart 1961, 246 S. 5 Maschinenschrift, Heidelberg 1967, Bd. 1: Text, IX, 505 S.; Bd. 2: Anmerkungen, 278 S. - unveränderter Abdruck Speyer 1994 (Speyerer Forschungsberichte 140) -. 2

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Vorwort

zu seinem 65. Geburtstag war 6 und auch in der Festschrift zum 70. Geburtstag 7 neben der Planung noch eine große Zahl weiterer Themenbereiche behandelt wurde. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, unter den vielen Beiträgen des Jubilars zum Planungsrecht einige auszuwählen und nunmehr gesammelt zu veröffentlichen, die zum einen die Entwicklung dieses Rechtsgebiets ebenso wie die der kritischen Beurteilung durch ihren Verfasser widerspiegeln und zum anderen trotz Zeitablauf ihre grundlegende Bedeutung nicht verloren haben. Sie zusammenzufassen, ist angesichts der Tatsache, dass sie ursprünglich recht verstreut publiziert worden sind, auch von dokumentarischem Interesse, doch mehr noch schafft ihre Zusammenfassung die Möglichkeit, dass die von ihnen ausgehenden Impulse sich verstärken und der Bewahrung eines rechtstaatlichen Planungsrechts weiterhin die notwendige Aufmerksamkeit zuteil wird. 6. Januar 2004 Klaus Michael

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Grupp

Ronellenfitsch

Klaus Grupp/Michael Ronellenfitsch (Hrsg.), Kommunale Selbstverwaltung in Deutschland und Europa. Symposium zum 65. Geburtstag von Univ.-Prof. Dr. Willi Blümel, Berlin 1995. 7 S. oben Anm. 2.

Inhaltsverzeichnis

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen. Einige Auswirkungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsnatur der Fluchtlinien- und Bebauungspläne

9

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

27

Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz

69

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

97

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

123

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

141

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

169

Die Standortvorsorgeplanung für Kernkraftwerke und andere umweitrelevante Großvorhaben in der Bundesrepublik Deutschland

211

Die Straßenplanung im System der Raumplanung

279

Gesetzliche Regelung der Einwendungs- und Klagebefugnis ausländischer Grenznachbarn?

313

Der Gegenstand der Planfeststellung - Zur Zulässigkeit von Betriebsregelungen im Planfeststellungsbeschluß -

345

8

Inhaltsverzeichnis

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

367

Fachplanung durch Bundesgesetz (Legalplanung)

387

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (II)

419

Die Entwicklung des Rechtsinstituts der Planfeststellung

441

Quellenverzeichnis der Erstveröffentlichungen

465

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen Einige Auswirkungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsnatur der Fluchtlinien und Bebauungspläne" Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zur Rechtsnatur der Fluchtlinien- und Bebauungspläne1, der sich andere Gerichte angeschlossen haben2 und die auch im Schrifttum Zustimmung gefunden hat3 einer Rechtsprechung also, von der man in der Praxis ausgehen muß -, sind derartige Pläne nicht als im Verwaltungsstreitverfahren anfechtbare Verwaltungsakte, sondern als Rechtsnormen anzusehen4. Zur Begründung dieses aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses des Betroffenen gewonnenen Ergebnisses wird vom BVerwG u. a. geltend gemacht, daß die Festsetzungen in den Fluchtlinien- und Bebauungsplänen den Betroffenen gegenüber nicht unmittelbar wirksam seien. Es handle sich lediglich um mittelbare Rechtswirkung inso-

Der nach Abfassung des Manuskripts veröffentlichte Aufsatz von Frohberg, Kritische Gedanken zur Enteignung (§§ 95 bis 134 Entwurf eines Bundesbaugesetzes), BIGrdstBauWR 59, 209 ff. konnte in der vorliegenden Abhandlung leider nicht mehr berücksichtigt werden. 1 BVerwG vom 3. 5. 1956, BVerwGE 3, 258 (Bebauungsplan nach Württembergischem Recht) und 3, 265 = NJW 56, 1849 = DÖV 57, 30 (Sp. 8) (Fluchtlinienplan nach preußischem Recht), vom 21. 5. 1957, NJW 57, 1083 = DÖV 57, 482 = DVB1. 57, 535 = BBB1. 57, 351 (Durchführungsplan nach dem nordrh.-westf. AufbG) und vom 21. 1. 1958, BBB1. 58, 204 = NJW 58, 683 (nur teilweise abgedruckt) = BäWüVBl. 58, 60 (Ortsbauplan nach württembergischem Recht). 2 Z. B. BGH vom 17. 10. 1956, BGHZ 22, 32 (36 ff.) = NJW 56, 1873 = DVB1. 57, 34 = BBB1. 57, 122 = VRspr. 9, 64; OVG Münster vom 16. 10. 1956 - VII A 234/56 -, vom 14. 5. 1957 - VII A 1025/54 - (dazu Revisionsurteil des BVerwG vom 27. 3. 1958, JZ 58, 511) und vom 9. 9. 1958 - V I I Β 846/58 -; OVG Rheinland- Ρ falz vom 4. 10. 1956,

AS RhPf. 5, 246 (247, 248 f.) = VkBl. 57, 337. 3 Zum Streitstand vgl. außer den Nachweisungen im Urteil des BVerwG vom 3. 5. 1956, BVerwGE 3, 260 f.; Ernst-Friede, Kommentar zum Aufbaugesetz von NordrheinWestfalen, 4. Aufl. 1958, § 10 Anm. 6 (S. 127 ff.); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Erster Band, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. 1953 - zitiert: VerwR -, S. 185 ff.; vgl. auch Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1959, S. 27 ff. 4 Gleiches gilt nach der heute vorherrschenden Auffassung auch für die in solchen Planfestsetzungsverfahren ergehenden Einwendungsbescheide, die - als Teil eines Gesetzgebungsverfahrens - nicht als anfechtbare Verwaltungsakte qualifiziert werden.

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fern, als die Pläne die Grundlage bildeten für die notwendigen nachfolgenden Baugenehmigungs- oder Enteignungsverfahren: „... Die Errichtung baulicher Anlagen bedarf nach den baurechtlichen Vorschriften grundsätzlich einer besonderen Genehmigung, die Entziehung von Grundeigentum eines besonderen, f ö r m l i c h a u s g e s t a l t e t e n E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n s 5 . Für diese Verfahren, die beide durch den Fluchtlinienplan nicht überflüssig gemacht werden, bildet der Fluchtlinienplan nur die Rechtsgrundlage. Wird in diesen Verfahren in die Rechte des einzelnen eingegriffen, so hat er die Möglichkeit, alle Einwendungen gegen den Fluchtlinienplan vorzubringen, die ihm in einem gesondert gegen den Plan zulässigen Verwaltungsstreitverfahren offenstünden ..." 6 . Im Beschluß vom 21.5. 19577 hat das BVerwG den Einwendungen Forsthoff s8 u. a. entgegengehalten, daß v o r Einleitung eines Enteign u n g s v e r f a h r e n s eine R e c h t s b e e i n t r ä c h t i g u n g des Eigentümers n i c h t feststehe. Werde das Enteignungsverfahren nicht eingeleitet es gebe zahllose Fluchtlinienpläne, die nie Wirklichkeit geworden seien -, so stehe fest, aber auch erst dann, daß die planmäßige Festsetzung den Eigentümer in seiner R e c h t s s t e l l u n g n i c h t b e e i n t r ä c h t i g t habe. Es soll hier keineswegs versucht werden, die alten und bereits allseits bekannten Argumente gegen die heute vorherrschende Auffassung über die Rechtsnatur der Fluchtlinien- und Bebauungspläne zu wiederholen. Insoweit kann statt aller auf die Ausführungen Forsthoffs 9 Bezug genommen werden. An dieser Stelle handelt es sich vielmehr darum, aus dem Gesamtzusammenhang des preußischen (Bau- und Enteignungs-)Rechts10 nachzuweisen, daß die oben zitierte Begründung des BVerwG insofern unrichtig ist, als sie den Grundeigentümer, dessen Grundstück nach dem förmlich festgestellten und offengelegten Fluchtlinien- oder Bebauungsplan als Straßenfläche vorgesehen ist, auf die angeblichen Anfechtungsmöglichkeiten im nicht überflüssig gemachten, „förmlich ausgestalteten Enteignungsverfahren" verweist. Ferner soll aufgezeigt werden, daß die Rechtsprechung des BVerwG ζ. B. beim Bau von Bundesfernstraßen (§§ 17 ff. FStrG) 11 in Ansehung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu 5

Sperrdruck hier und im folgenden vom Verfasser. NJW 56, 1851 = DÖV 57, 30 (Sp. 8); fast gleichlautend BVerwGE 3, 262. 7 NJW 57, 1084; ebenso Ernst-Friede aaO § 10 Anm. 6 (S. 130 ff.). 8 Norm und Verwaltungsakt im geltenden und künftigen Baurecht, DVB1. 57, 113 ff. 9 DVB1. 57, 113 ff.; VerwR S. 185 ff. 10 Vgl. dazu auch VGH Stuttgart (Beschluß der Vollversammlung) vom 8. 5. 1957, ESVGH 6, 200 (201, unter IV) = DÖV 57, 582. 11 Bundesfernstraßenges. vom 6. 8. 1953 (BGBl. I S. 903). 6

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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Ungereimtheiten fuhrt, welche die rechtliche Qualifizierung der genannten Pläne als Rechtsnormen selbst in Frage stellt 12 .

1. Der Rechtsschutz im Enteignungsverfahren Das vom BVerwG gemeinte, förmlich ausgestaltete Enteignungsverfahren, das sich ζ. B. nach dem preußischen Enteignungsgesetz von 187413 an das mit der Verleihung des Enteignungsrechts (= Enteignungsanordnung) 14 endende Vorverfahren 15 anschließt, zerfällt in mehrere, auch zeitlich scharf voneinander getrennte Abschnitte 16 , die im preußischen Enteignungsgesetz (Titel III) wie folgt überschrieben sind: 1. Feststellung des Planes (§§ 15-23), 2. Feststellung der Entschädigung (§§ 24-31), 3. Vollziehung der Enteignung (§§ 32-38)17.

12 Dies gilt zumindest insoweit, als der Fluchtlinienbestandteil solcher Pläne in Frage steht; vgl. Brohm aaO S. 23 u. pass. 13 Ges. über die Enteignung von Grundeigentum im Preußischen Staate vom 11.6. 1874 (GS S. 221) - PrEnteigG. Den folgenden Ausführungen soll das Enteignungsverfahren nach diesem Gesetz zugrunde gelegt werden. Vgl. dazu die Übersichten bei Eger. Das Ges. über die Enteignung von Grundeigentum, Kommentar, 3. Aufl. 1911, Bd. 2, fortlaufende Anm. 152 (S. 1 ff); Kofflta, Komm, zum Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum, 2. Aufl. 1913, S. 180 ff; Neufang, Grundstücksenteignungsrecht, 1952, fortlau-

fende Anm. 82 (S. 67); Ernst-Friede

aaO § 44 Anm. 5 (S. 265 ff.); Meyer-Thiel-

Frohberg, Enteignung von Grundeigentum, Kommentar, 5. Aufl. 1959, Vorbem. I vor §§ 15 ff. (S. 106 ff.); vgl. auch die systematische Darstellung des Enteignungsverfahrens von Boyens, Verlust des Grundeigentums, bei Scholz, Handbuch des gpsamten öffentlichen Grundstücksrechts, Bd. 1, 1932, S. 981 ff. (1009 ff.); ferner Art. Enteignung bei v. Bitter, Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung, 3. Aufl. 1928, Bd. 1, S. 450 ff. (452 f., unter V). Die im folgenden angestellten Erwägungen treffen auch für das Recht einiger anderer Länder zu. Für das württembergische Recht etwa ist auf Art. 16 ff. (insbes. Art. 25), 46 Ziff. 3 Abs. 2 Zwangsenteignungsges. vom 20. 12. 1888 (RegBl. S. 446; in der heute geltenden Fassung, abgedruckt bei Dürig, Gesetze des Landes Baden-Württemberg, Loseblattsammlung, 1956 ff., Nr. 45 b) in Verbindung mit Art. 115 Abs. 6, 129 Abs. 3 Ziff. 3 Württ. Bauordnung vom 28. 7. 1910 (RegBl. S. 333 = Dürig aaO Nr. 85) zu verweisen. Vgl. auch unten in Anm. 34. 14 Dazu (jeweils mit weiteren Nachweisungen) Ernst-Friede aaO § 44 Anm. 5 (S. 265 f.); Meyer-Thiel-Frohberg aaO § 2 Anm. 5 (S. 65 f.); vgl. auch Joachim, Die Rechtsnatur der Enteignungsanordnung, DVB1. 59, 388 ff., dessen Ausführungen ich jedoch nicht zu folgen vermag. 15 Dazu Meyer-Thiel-Frohberg aaO § 2 Anm. 4 (S. 63 ff.). 16 OVG Münster vom 14. 11. 1956, OVGE 12, 21 (22) = Thiel, Baurechtsammlung 6 (1958) VII (S. 218) = BB 57, 277. 17 Abschnitt 4 (§§ 39-43) enthält allgemeine Verfahrensbestimmungen.

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a) Die hier in erster Linie interessierende Planfeststellung ist wieder unterteilt in die vorläufige Planfeststellung (§ 15) und in die endgültige Planfeststellung (§§ 18-22)18. Gelingt es dem Unternehmer nicht, den nach dem vorläufig festgestellten Plan für die Ausführung des Unternehmens erforderlichen Grund und Boden von den betreffenden Grundeigentümern freihändig zu erwerben, so ist auf seinen Antrag das förmliche Verfahren durchzuführen, das mit der bekanntzumachenden Offenlegung eines Auszuges aus dem vorläufig festgestellten Plan (nebst Beilagen) beginnt (§§ 18, 19). Nach Ablauf der Frist von zwei Wochen 19 werden die gegen den Plan erhobenen Einwendungen in einem nötigenfalls an Ort und Stelle abzuhaltenden Termin vor einem Kommissar erörtert (§ 20). Auf Grund dieser Verhandlungen entscheidet die Enteignungsbehörde durch einen begründeten Beschluß (Planfeststellungsbeschluß) die Grenzen des abzutretenden Grundbesitzes, die Art über die erhobenen Einwendungen und stellt danach fest: 1. den Gegenstand der Enteignung, die Größe und den Umfang der aufzuerlegenden Beschränkungen sowie auch die Zeit, innerhalb deren längstens vom Enteignungsrecht Gebrauch zu machen ist, und 2. die Anlagen, zu deren Errichtung und Unterhaltung der Unternehmer nach § 14 verpflichtet ist (§21). Gegen diesen Planfeststellungsbeschluß steht den Beteiligten die (förmliche) Beschwerde 20 an die vorgesetzte Ministerialinstanz zu (§ 22). Während es bis 1945 bei diesem Rechtsmittel sein Bewenden hatte21, kann der Planfeststellungsbeschluß (und der ministerielle Beschwerdebescheid) nunmehr im Verwaltungsstreitverfahren angefochten werden 22 . Sobald der Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar (formell rechtskräftig) geworden ist, ist das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen.

18

Hierzu und zum Folgenden vgl. außer den Nachweisungen in Anm. 13 Abs. 2 noch F. Seydel, Das Ges. über die Enteignung von Grundeigentum, Kommentar, 4. Aufl. 1911, § 15 Anm. 1 (S. 126 ff.); OVG Münster vom 26. 6. 1957, OVGE 12, 275 (276) = DÖV 58, 311= NJW 58, 156 = BBB1. 58, 388 (nur Leitsatz). 19 Im vereinfachten Enteignungsverfahren beträgt die Frist eine Woche; vgl. § 3 des Ges. über ein vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 26. 7. 1922 (GS S. 211) - PrVereinfEG. 20 Als Rechtsmittel war in § 22 PrEnteigG ursprünglich der Rekurs vorgesehen. Dazu Meyer-Thiel-Frohberg aaO. Vorbem. III vor §§ 15 ff. (S. 111), § 22 Anm. 1 (S. 119). 21 W. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1932 (Neudruck 1948), S. 407; Boyens aaO S. 1012 Anm. 36; OVG Münster vom 14. 11. 1956, OVGE 12, 21 (22). 22

OVG Münster aaO; Neufang aaO § 22 Anm. 113 ff. (S. 78 ff.); Ernst-Friede

aaO

§44 Anm. 5 (S. 266 f.); Meyer-Thiel-Frohberg aaO § 2 Anm. 5 (S. 66), Vorbem. III vor §§ 15 ff. (S. 111 f.), § 22 Anm. 1 ff. (S. 119 f.), § 29 Anm. 10 (S. 128).

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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Auf der Grundlage des endgültig festgestellten Planes erfolgt dann auf Antrag des Unternehmers die Feststellung der Entschädigung und die Vollziehung der Enteignung. Gegen den im Entschädigungsfeststellungsverfahren ergehenden Entschädigungsfeststellungsbeschluß (§ 29) kann von den Beteiligten innerhalb von 6 Monaten das ordentliche Gericht angerufen werden (§ 30)23. Daneben steht heute der Verwaltungsrechtsweg offen, soweit nicht über die Höhe der Entschädigung, sondern über die Zulässigkeit der Entschädigungsfeststellung als solcher gestritten wird 2 4 . Die das Elteignungsverfahren £>schließende Enteignungserklärung (§ 32) war nach der früher überwiegend vertretenen Auffassung für den Unternehmer und die übrigen Beteiligten unanfechtbar^ 5. Entgegen dieser auch jetzt noch vereinzelt vorgetragenen Meinung 26 wird man jedoch davon auszugehen haben, daß die Enteignungserklärung als Verwaltungsakt 27 der Anfechtung im Verwaltungsstreitverfahren unterliegt 28 . 23 Dazu OVG Münster aaO; Ernst-Friede aaO § 44 Anm. 5 (S. 267); Meyer-ThielFrohberg aaO § 29 Anm. 10 (S. 123), § 30 Anm. 1 ff. (S. 128 ff.); vgl. auch Daube, Zur

Frage der Rechtsmittelbelehrung des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses nach § 29 pr. Enteignungsges., DVB1. 57, 519 ff. 24 So OVG Münster vom 26. 6. 1957, OVGE 12, 275 (279 f.) = DÖV 58, 311; Meyer-Thiel-Frohberg

aaO § 30 Anm. 10 (S. 132); vgl. auch Neufang aaO § 30 Anm. 147

(S. 91) i. Verb. m. Ani. 13 (S. 196 ff.: Urteil des LVG Münster vom 9. 11. 1951). Zur früheren Rechtslage vgl. außer dem Bescheid des OVG Münster aaO: Eger aaO Bd. 2, § 30 Anm. 236 (S. 296 ff.); F. Seydel aaO § 30 Anm. 1 (S. 221 f.); Art. Enteignung bei v. Bitter aaO Bd. 1, S. 453 (unter V c a. E.). 25

W. Jellinek.

aaO S. 407; Eger aaO Bd. 2, § 32 Anm. 246 (S. 353); F. Seydel aaO

§32 Anm. 3 (S. 241 f.); Boyens aaO S. 1014 m. Anm. 41. - Die Enteignungserklärung (der Enteignungsbeschluß) des Bezirksausschusses konnte daher als endgültiger Beschluß nach § 126 Landesverwaltungsges. vom 30. 7. 1883 (GS S. 195) - PrLVG - vom Regierungspräsidenten mittels Klage beim preuß. Oberverwaltungsgericht angefochten werden; dazu PrOVG vom 1. 7. 1898, PrVBl. 21 (1899/1900), 59 (59, 60) und - ausführlich vom 21. 12. 1916, Bd. 72, S. 428 (431 ff., 434 ff., 440). Abweichend, weil für die Zulässigkeit der Beschwerde an die Ministerialinstanz nach § 150 Abs. 3 Zuständigkeitsgesetz vom 1. 8. 1883 (GS S. 237) - PrZustG -: Koffta aaO § 32 Anm. 26 (S. 268 f.); v. R., PrVBl. 33 (1911/12), 392; vgl. auch Neufang aaO§ 32 Anm. 166, 168 (S. 97). 26 Meyer-Thiel-Frohberg aaO Vorbem. vor §§ 32 ff. Abs. 1 a. E. (S. 133). 27

28

So Ernst-Friede

aaO § 44 Anm. 5 (S. 267).

Ebenso Neufang aaO § 32 Anm. 166, 168 (S. 97); wohl auch Ernst-Friede aaO § 44 Anm. 5 (S. 267). Für die Anfechtbarkeit der Enteignungserklärung kann man sich wohl auch auf das hier kritisierte Urteil des BVerwG vom 3. 5. 1956, BVerwGE 3, 265 = NJW 56, 1849 = DÖV 57, 30 (Sp. 8) berufen, wo die Zulässigkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage gegen den „Enteignungsbescheid" („Enteignungsverfügung") ohne nähere Begründung als selbstverständlich unterstellt ist. Dabei ist jedoch nicht ganz klar, welcher der im Enteignungsverfahren nach dem preuß. Enteignungsges. ergehenden Verwaltungsakte mit dieser

14

Willi Blümel

An den in den verschiedenen Abschnitten des Verfahrens gegebenen Klagemöglichkeiten der Beteiligten ändert sich auch dann nichts, wenn statt des normalen das vereinfachte Enteignungsverfahren nach dem Gesetz vom 26. 7. 1922 (GS S. 211) stattfindet. Zwar werden in diesem Verfahren der Entschädigungsfeststellungsbeschluß und der Enteignungsbeschluß verbunden; auch können diese Beschlüsse in geeigneten Fällen mit dem Planfeststellungsbeschluß verbunden werden (§ 4 Abs. 1 PrVereinfEG). Jedoch verbleibt es für jeden Teil des Beschlusses „bei den gesetzlich verordneten Rechtsbehelfen" (§ 4 Abs. 2 PrVereinfEG). b) Entgegen der allgemeinen Behauptung des BVerwG? 9, daß es für die Entziehung des Grundeigentums noch eines besonderen, förmlich ausgestalteten Verfahrens bedürfe, das durch den Fluchtlinienplan nicht überflüssig gemacht werde, ist nun für das preußische Recht seit jeher anerkannt, daß es für das Gebiet des Fluchtliniengesetzes30 nicht der Durchführung des gesamten, in seinen einzelnen Abschnitten hier kurz skizzierten Enteignungsverfahrens bedarf. Diese Folgerung ergibt sich schon aus den Bestimmungen des Fluchtliniengesetzes selbst. So erhält die Gemeinde mit dem Tage, an welchem die in § 8 PrFluchtlG vorgeschriebene Offenlegung des Fluchtlinien- oder Bebauungsplans 31 beginnt, kraft Gesetzes das Recht, die durch die festgesetzten Straßenfluchtlinien für Straßen, Plätze usw. bestimmten Grundstücke dem Eigentümer zu entziehen (§ 11 Satz 2 PrFluchtlG). Nach § 14 Abs. 1 PrFluchtlG kommen für die Feststellung der nach § 13 und § 13 a PrFluchtlG zu gewährenden Entschädigungen und die Vollziehung der Enteigung die §§24 ff. PrEnteigG zur Anwendung. Demnach bedarf es keiner Verleihung des Enteignungsrechts (§ 2 PrEnteigG) mehr, weil sich dieses Recht bereits aus § 11 Satz 2 PrFluchtlG ergibt. Ferner wird das Planfeststellungsverfahren nach §§ 15 ff. PrEnteigG durch das Festsetzungsverfahren nach dem Fluchtliniengesetz32 vollständig ersetzt. Der

Bezeichnung gemeint sein soll. Diese Unklarheit rührt daher, daß das Gericht in diesem Teil der Urteilsgründe ganz einfach die Begründung aus dem das württembergische Recht betreffenden Urteil vom selben Tage (BVerwGE 3, 258, 262) übernommen hat. Im württembergischen Enteignungsrecht wird der das Enteignungsverfahren abschließende Akt „Enteignungsverfügung" genannt (Art. 27, 37 Zwangsenteignungsgesetz). 29 Vgl. oben im Text zu Anm. 4 ff. 30 Ges., betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. 7. 1875 (GS S. 561), jetzt geltend i. d. F. der Verordnung vom 30. 1. 1939 (RGBl. I S. 106) - PrFluchtlG. 31 Vgl. § 2 PrFluchtlG. 32 Das vom Reichsgericht als Enteignungsverfahren angesehen wurde; vgl. RG vom 28. 2. 1930, RGZ 128, 18 (29). Ähnlich für das Planfeststellungsverfahren nach §§ 17, 18 FStrG Marschall, Bundesfernstraßengesetz, Kommentar, 1953, § 19 Anm. 2 Abs. 1 (S. 245).

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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förmlich festgestellte und offengelegte Fluchtlinienplan, dessen wesentlicher Inhalt in § 4 PrFluchtlG festgelegt ist, bildet daher ebenso wie der Planfeststellungsbeschluß nach § 21 PrEnteigG die Grundlage für die Entschädigungsfeststellung und die Vollziehung der Enteignung 33 . c) Diese Ersetzung des Planfeststellungsbeschlusses durch den förmlich festgestellten und offengelegten Fluchtlinienplan hat nun für den betroffenen Grundeigentümer wegen der Rechtsprechung des BVerwG zur Rechtsnatur solcher Pläne die mißliche und recht eigenartige Folge, daß ihm die im regulären Enteignungsverfahren gegebene Klagemöglichkeit gegen den Planfeststellungsbeschluß genommen wird. Die gerade mit dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen motivierte Rechtsprechung des BVerwG bewirkt also im preußischen Recht 34 eine Verkürzung des Rechtsschutzes des Betroffenen, die durch nichts gerechtfertigt ist 35 . Wäre nämlich diese - in allen ihren Konsequenzen 33

Zum Vorhergehenden vgl. Erlaß des Ministers für Volks Wohlfahrt betr. vereinfachtes Enteignungsverfahren vom 21. 12. 1923 (MBliV. 1924 S. 5 = Dieckmann, Das Fluchtliniengesetz und das Wohnsiedlungsgesetz, Kommentar, 1./2. Aufl. 1936, S. 237 f.); PrOVG vom 1. 7. 1898, PrVBl. 21 (1899/1900), 59 und vom 21. 12. 1916, Bd. 72, S. 428 (441); OVG Münster vom 26. 6. 1957, OVGE 12, 275 (276 f.) = DÖV 58, 311; RG vom 22. 12. 1905,RGZ62, 193 (194 ff.) und vom 20. 3. 1908,RGZ69, 68 (73 ff.); F. Seydel aaO § 2 Anm. 1 (S. 24), § 3 Anm. 3 (S. 30 f.), § 15 Anm. 1 Fußnote 1 (S. 127); Eger aaO § 2 Anm. 16 (S. 42); Meyer-Thiel-Frohberg

aaO § 2 Anm. 4 (S. 64 f.), §

21 Anm. 8 (S. 118); vgl. auch Pohl im Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 2, 1957, S. 510. Aus der Literatur zum Fluchtlinienrecht vgl. Art. Straßen- und Baufluchtliniengesetz bei v. Bitter aaO Bd. 2, S. 745 ff. (748, 749 f., unter II 2, IV); Germershausen-Seydel,

Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, 4. Aufl., Bd. 1, 1932, S. 572, 574 ff.; Felsch, Die Bau- und Nutzungsbeschränkungen des Fluchtlinengesetzes, bei Scholz, Handbuch des gesamten öffentlichen Grundstücksrechts, Bd. 1, 1932, S. 119 ff. (122, 136 ff.); v. Strauß-Torney-Saß, Straßen- und Baufluchtengesetz, Kommentar, 7. Aufl. 1934, § 11 Anm. 5 (S. 118 f.), § 14 Anm. 4 (S. 167); Dieckmann aaO § 11 Anm. (S. 54 f.); L.

Schneider,

Fluchtlinienpläne und Verwaltungsrechtsweg, DÖV 51, 661 ff. (663 f.);

Ernst-Friede

aaO § 10 Anm. 5 (S. 126 f.), § 44 Anm. 5 (S. 266 a. E.).

34

Ähnlich ist die Auswirkung der Rechtsprechung des BVerwG für das württembergische Recht, wo früher schon gegen die im Planfeststellungsverfahren ergehende Entscheidung der Enteignungsbehörde (Art. 23 Zwangsenteignungsgesetz) die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig war (Art. 25 Zwangsenteignungsgesetz), heute aber der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Das gleiche Rechtsmittel (Rechtsbeschwerde) war nach früherem Recht auch bei der Feststellung von Ortsbauplänen eröffnet (Art. 46 Ziff. 3 Abs. 2 Zwangsenteignungsges., Art. 115 Abs. 5 und 6, 129 Abs. 3 Ziff. 3 Württ. Bauordnung); vgl. VGH Stuttgart vom 1. 4. 1954, ESVGH 4, 64 (65) = DÖV 54, 663, ferner oben in Anm. 11 Abs. 3. 35 Die vom BVerwG als ausreichend angesehene präjudizielle Prüfung solcher Pläne in späteren Verwaltungsstreitverfahren ist kein Ersatz für diese Verkürzung des Rechtsschutzes, was im übrigen auch gar nicht geleugnet wird; vgl. etwa OVG Münster vom 9. 9. 1958 - V I I Β 846/58 -(a. E.).

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nicht genau durchdachte und keineswegs befriedigende - Rechtsprechung richtig, so entspräche es nur einem Gebot der Logik, wenn man auch im regulären Enteignungsverfahren den betroffenen Grundeigentümer auf die Anfechtbarkeit der in den späteren Stadien des Verfahrens ergehenden Verwaltungsakte verweisen, die Anfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses selbst aber verneinen würde 36 . Denn es ist schlechterdings nicht einzusehen, warum der Grundeigentümer im regulären Verfahren hintereinander insgesamt drei Verwaltungsakte (Planfeststellungsbeschluß, Entschädigungsfeststellungsbeschluß, Enteignungserklärung) soll anfechten können 37 , bei der Enteignung auf Grund eines Fluchtlinienplanes aber nur den Entschädigungsfeststellungsbeschluß und die Enteignungserklärung. Hinzu kommt, daß durch die Rechtsprechung des BVerwG die - wegen der vom preußischen Gesetzgeber absichtlich vorgenommenen scharfen Trennung der einzelnen Verfahrensabschnitte - genau abgegrenzten Einwendungsmöglichkeiten (Anfechtungsgründe) für jede der genannten Klagen 38 insofern verschoben werden, als die Einwendungen gegen den Fluchtlinienplan nicht wie beim Planfeststellungsbeschluß nach § 21 PrEnteigG unmittelbar gegen diesen vorzubringen sind 39 , sondern erst bei den Anfechtungsklagen gegen die späteren Verwaltungsakte zur richterlichen Ent-

36

Ähnlich die Argumentation des VGH Stuttgart im Beschluß der Vollversammlung vom 8. 5. 1957, ESVGH 6, 200 (206) = DÖV 57, 582, wo es heißt: „ . . . Jenen Rechtswirkungen die Unmittelbarkeit absprechen zu wollen, müßte zwangsläufig darauf hinauslaufen, a l l e n Verwaltungsakten die unmittelbare Rechtswirkung abzusprechen, die ihrerseits erst die Voraussetzung für einen weiteren Verwaltungsakt bilden, oder, die zum Vollzuge oder zur Konkretisierung noch eines weiteren Aktes bedürfen . . (Sperrdruck hier in den Gründen). 37 Also ζ. Β. auch in den größtenteils unbedeutenden Fällen der Geradelegung oder Erweiterung (= Verbreiterung) öffentlicher Wege a u ß e r h a l b der Städte und Dörfer (§ 3 PrEnteigG). Dazu Germershausen-Seydel aaO Bd. 1, S. 573; Meyer-Thiel-Frohberg aaO § 3 Anm. 3 f. (S. 67 f.). 38 Wegen der Anfechtungsgründe bei einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen den Entschädigungsfeststellungbeschluß vgl. ζ. B. OVG Münster vom 26. 6. 1957, OVGE 12, 275 (279 f.) = DÖV58, 311, ferner die Nachweisungen oben in Anm. 24; vgl. auch OVG Münster vom 14. 11. 1956, OVGE 12,21. Wegen der Anfechtungsgründe bei einer Anfechtungsklage gegen die Enteignungserklärung vgl. von den Nachweisungen in Anm. 25 vor allem Eger aaO und F. Seydel aaO. Vgl. im übrigen auch die Nachweisungen in der folgenden Anmerkung. 39 Im regulären Enteignungsverfahren wird der betroffene Grundeigentümer bei Versäumung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß mit den diesen betreffenden Einwendungen im späteren Verfahren grundsätzlich nicht mehr gehört, es sei denn, er beruft sich auf die Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses: so LVG Münster vom 9. 11. 1951, abgedruckt bei Neufang aaO S. 196 ff. (198, unter I); vgl. auch RGZ 62, 193 (195 f.).

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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Scheidung gelangen40. Schließlich ist die hier aufgezeigte Auswirkung der Rechtsprechung des BVerwG auch deshalb nicht gprechtfertigt, weil diese Rechtsprechung das ursprünglich ausgewogene Verhältnis der den jeweils betroffenen Grundeigentümern gegen den Planfeststellungsbeschluß und der im Fluchtlinienfestsetzungsverfahren gewährten Abwehr- und Einwirkungsmöglichkeiten41 zu Ungunsten derjenigen Grundeigentümer verändert, die ihr Grundstück auf Grund eines Fluchtlinienplanes abtreten müssen 42 . Hiergegen läßt sich auch nicht einwenden, daß diese Benachteiligung schon in der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der Planfeststellung nach § 21 PrEnteigG und der Fluchtlinienfestsetzung angelegt sei. Zwar soll nicht geleugnet werden, daß beide Festsetzungen nach dem Wortlaut der betreffenden Vo rschriften nicht völlig übereinstimmen 43. Diese Verschiedenheit ist aber für die Frage des Rechtsschutzes belanglos, da insoweit allein der Umstand bedeutsam ist, daß durch beide Festsetzungen der Gegenstand der Enteignung für das weitere Verfahren genau bestimmt wird. Deshalb verschlägt es überhaupt nichts, daß im Fluchtlinienfestsetzungsverfahren keine dem § 21 Abs. 1 Ziff. 2 PrEnteigG entsprechende Feststellung erfolgt. Gewichtiger erscheint insoweit auf den ersten Blick allerdings der Einwand des BVerwG in seinem Beschluß vom 21.5. 1957, daß es zahllose Fluchtlinienpläne gebe, die nie Wirklichkeit geworden seien44. Nun ist gewiß zuzugeben, 40 Vgl. hierzu auch die Erwägungen des VGH Stuttgart in dem Beschluß der Vollversammlung vom 8. 5. 1957, ESVGH 6, 207 f. (unter 10 und 11) = DÖV 57, 582. 41 Zur Regelung der Behördenzuständigkeit und der Rechtsmittel im Planfeststellungsverfahren nach dem preuß. Enteignungsges. vgl. (in zeitlicher Reihenfolge): §§21 f. i. Verb. m. § 56 PrEnteigG (in der ursprünglichen Fassung), § 157 Zuständigkeitsgesetz vom 26. 7. 1876 (GS S. 297) sowie §§ 150 und 151 Abs/2 PrZustG v. 1883; dazu

PrOVG vom 21. 12. 1916, Bd. 72, S. 428 (434 ff.); F. Seydel mO § 56 Anm. 1 ff. (S. 310

ff.); Meyer-Thiel-Frohberg aaO Vorbem. II und III vor §§ 15 ff. (S. 109 ff., 111 f.: mit Darstellung der Entwicklung seit 1933). Zur entsprechenden Regelung im Fluchtlinienfestsetzungsverfahren vgl. § 8 i. Verb. m. §§ 16-18 PrFluchtlG (in der ursprünglichen Fassung), § 146 PrZustG v. 1883 sowie §§ 121 ff. PrLVG; dazu Art. Straßen- und Baufluchtlinienges. bei v. Bitter aaO Bd. 2, S. 747, 750 (unter I 3, VII); ν . Strauß-Torney-Saß aaO 6. Aufl. 1920, Einl. IV (S. 20 f.), §§ 16 ff. Anm. (S. 342 ff.), 7. Aufl. 1934, Einl. (S. 20, 21 a. E.), §§ 16 ff. Anm. (S. 332 f.); Dieckmann aaO S. 40 f., 171.

Für die Zeit nach 1933 vgl. das Ges. über die Anpassung der Landesverwaltung an die Grundsätze des nationalsozialistischen Staates vom 15. 12. 1933 (GS S. 479). 42

43

Vgl. dazu L Schneider aaO S. 662, 664; Brohm aaO S. 21

Hierzu und zum Folgenden vgl. PrOVG vom 1. 7. 1898, Pr-VB1. 21 (1899/1900), 59 (60). 44 Vgl. oben zu Anm. 7. Die Unrichtigkeit des in dem Beschluß vom 21. 5. 1957 gebrauchten Argumentes, daß vor Einleitung des Enteignungsverfahrens eine Rechtsbeein-

Willi Blümel

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daß, wie bereits das preußische Oberverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung vom 1. 7. 1898 ausgeführt hat, das Fluchtliniengesetz in Abweichung von § 21 Abs. 1 Ziff. 1 PrEnteigG keinerlei Handhabe bietet, die Wirkungen der Fluchtlinienfestsetzung zeitlich zu beschränken, sondern es völlig dem E r m e s s e n der Gemeinde überläßt 45, ob und wann sie die Straßen ausbauen und wann sie zu diesem Zweck die von den Straßenfluchtlinien begrenzte Fläche den beteiligten Grundeigentümern entziehen will. Ein solches Ermessen der Gemeinde kann indessen heute nicht mehr als mit Art. 14 GG vereinbar anerkannt werden. Nachdem bereits das Reichsgericht in seinem bekannten Urteil vom 28. 2. 193046 entschieden hatte, daß die der Gemeinde eingeräumte Befugnis, den Zeitpunkt der Entschädigungspflicht 47 nach freiem Belieben zu bestimmen, zu Art. 153 WRV in Widerspruch stehe, weil von einer angemessenen Entschädigung keine Rede sein könne, wird man dieser Auffassung erst recht unter der Geltung des Art. 14 GG zustimmen müssen48. Auf dieser Auffassung von der Verfassungswidrigkeit des § 13 Abs. 1 Ziff. 1 PrFluchtlG beruht ζ. B. auch die vorgesehene Regelung in den §§ 32, 33 und 96 Abs. 3 des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes49, wonach der betroffene Grundeigentümer in den hier zur Erörterung

trächtigung des Eigentümers überhaupt nicht feststehe, ergibt sich aus den folgenden Ausführungen von selbst. 45 Dieses Ermessen (Belieben) der Gemeinde besteht von Gesetzes wegen allerdings nur im Falle des § 13 Abs. 1 Ziff. 1 PrFluchtlG; dagegen ist der Grundeigentümer in den Ausnahmefallen des § 13 Abs. 1 Ziff. 2 und 3 PrFluchtlG seit jeher berechtigt, Entschädigung und Abnahme des durch die Fluchtlinienfestsetzung als Straßenland ausgewiesenen Grundstücksteils zu verlangen, auch wenn die Gemeinde diesen Grundstücksteil noch gar nicht zur Straße ziehen will. Vgl. hierzu (jeweils mit weiteren Nachweisungen) RGZ 76, 160 und 92, 89 (91); Art. Straßen- und Baufluchtlinienges. bei v. Bitter aaO Bd. 2, S. 749 f. (unter IV); Felsch aaO S. 137; v. Strauß-Torney-Saß aaO § 14 a Anm. 5 a-c und 9 a (S. 168, 170, 173, 178); Ernst-Friede aaO § 44 Anm. 3 b cc (S. 260 ff.). 46

RGZ 128, 18 (29 ff., insbes. S. 32 ff.). Zu den Auswirkungen dieses Urteils vgl. RG vom 15. 5. 1934, JW 34, 2043 (2043 f.); Felsch aaO S. 138 f.; v. Strauß-Torney-Saß § 14 a Anm. 9 (S. 178 ff.); Ernst-Friede 47

aaO § 44 Anm. 3 b cc (S. 260 f.).

Einschließlich der Pflicht zur Entschädigung für die sich aus § 11 Satz 1 PrFluchtlG ergebende Baubeschränkung; dazu RGZ 128, 32 (mit weiteren Nachweisungen). 48 Vgl. dazu ausfuhrlich Ernst-Friede aaO § 44 Anm. 3 b cc (S. 260 f.). 49 BT-Drucks. 336 (3. Wahlperiode 1957). Vgl. insbes. die Amtl. Begründung zu §§32, 33 und 96 des Regierungsentwurfs (S. 70 f., 89), den Änderungsvorschlag des Bundesrates (Nr. 35) zu § 32 (S. 126) sowie die Stellungnahme der Bundesregierung hierzu (S. 138). § 32 Abs. 2 des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes ist der Bestimmung des § 17 Abs. 7 FStrG nachgebildet, die im übrigen auch für die Fälle des § 17 Abs. 3 FStrG gilt. Dazu Amtl. Begründung zu §§ 32 und 221 Ziff. 3 des Regierungsentwurfs (S. 70, 120); Marschall aaO § 17 Anm. 11 (S. 229 ff.); Nr. 50 der auf einen bundeseinheitlichen Entwurf vom 2. 4. 1958 zurückgehenden Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundes-

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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stehenden Fällen einen Rechtsanspruch auf Einleitung des EnteignungsVerfahrens hat 50 . Der erwähnte Einwand des BVerwG ist aber umgekehrt auch deshalb nicht stichhaltig, weil es im regulären Enteignungsverfahren ebenfalls zahlreiche Fälle gibt, in denen zwar ein Planfeststellungsbeschluß nach § 21 PrEnteigG ergeht, der Unternehmer aber gleichwohl nicht den Antrag auf Feststellung der Entschädigung nach §§24 ff. PrEnteigG stellt 51 . Insoweit genügt es, auf die Vorschrift des § 42 PrEnteigG zu verweisen 52.

2. Der Rechtsschutz in den Fällen des § 17 Abs. 3 FStrG Die hier aufgezeigte, durch die Rechtsprechung des BVerwG ausgelöste Verschiedenheit (Verkürzung) des Rechtsschutzes bei im Grunde gleichgelagerten Sachverhalten wird noch deutlicher in den Fällen des § 17 Abs. 3 FStrG 53. a) Nach § 19 Abs. 2 FStrG ist der nach § 17 FStrG festgestellte Plan54 - ähnlich wie der Fluchtlinienplan nach dem preußischen Fluchtliniengesetz55 -

fernstraßengesetz (Planfeststellungsrichtlinien FStrG), ζ. B. abgedruckt als Anlage zur Bek. des BayStMdl vom 24. 7. 1958 (MAB1. S. 593). 50 Nach dem Entwurf des Bundesbauges. ist für das dortige Enteignungsverfahren ein Planfeststellungsverfahren nicht vorgesehen; vgl. die Amtl. Begründung zum 5. Teil (S. 87, unter 3 b a. E.) und zu § 96 des Entwurfs (S. 88). 51

Meyer-Thiel-Frohberg

aaO § 21 Anm. 5 und 6 (S. 118).

52

Dazu Meyer-Thiel-Frehber g aaO § 42 Anm. 1 ff. (S. 146 f.). Die Vorschrift des § 42 PrEnteigG ist übrigens ebenfalls ein Beweis für die Unrichtigkeit der Behauptung des BVerwG, daß vor Einleitung des Enteignungsverfahrens eine Rechtsbeeinträchtigung des Eigentümers nicht feststehe. Im Hinblick auf die bereits in der Fluchtlinienfestsetzung liegende Teilenteignung (dazu RGZ 128, 18) hat der Grundeigentümer den Anspruch aus § 42 PrEnteigG ζ. B. schon dann, wenn der Fluchtlinienplan nicht Wirklichkeit, sondern von der Gemeinde geändert oder aufgehoben wird. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus § 14 Abs. 1 PrFluchtlG, wonach die §§24 ff., also auch § 42 PrEnteigG zur Anwendung kommen. Vgl. dazu RG vom 15. 5. 1934, JW 34, 2043 (unter I); v. StraußTorney-Saß aaO § 14 Anm. 4 (S. 168); Marschall aaO § 17 Anm. 11 (S. 230). 53

Zu § 17 Abs. 3 FStrG Vgl. Marschall aaO § 17 Anm. 6 (S. 219 ff.); Emst-Friede

aaO §§ 5-7 Anm. 3 (S. 105), § 10 Anm. 4 (S. 125), § 11 Anm. 3 (S. 137); Nr. 5, 6 und 16 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG. Vgl. hierzu auch die geplante Neufassung des § 17 Abs. 3 FStrG nebst Ergänzung des § 17 FStrG durch einen neuen Abs. 8 in § 221 Ziff. 2 und 3 des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes; dazu Amtl. Begründung aaO S. 120. Vgl. ferner Art. 36 Abs. 3 Buchst, b Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) vom 11.7. 1958 (GVB1. S. 147). 54 Dieser (Bau)Plan stimmt mit dem Fluchtlinienplan auch insofern völlig überein, als er wie dieser die Fluchtlinien definitiv festsetzt und im übrigen schon mit der Einleitung

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dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend. Eines Planfeststellungsverfahrens nach §§ 15 ff. PrEnteigG bedarf es daher nicht mehi^6. Dies bedeutet jedoch nicht, daß damit dem Grundeigentümer auch die verwaltungsgerichtliche Klage gegen den Planfeststellungsbeschluß nach §§21 f. PrEnteigG ersatzlos verloren geht. Denn anstelle dieser Anfechtungsmöglichkeit ist ihm nach § 18 Abs. 6 FStrG der Verwaltungsrechtsweg gegen den (straßenbaurechtlichen) Planfeststellungsbeschluß eröffnet 57. b) Ganz anders ist auf Grund der Rechtsprechung des BVerwG die Lage flir die betroffenen Grundeigentümer aber im Falle des § 17 Abs. 3 Satz 1 FStrG. Danach ersetzen die unter Mitwirkung der Träger der Straßenbaulast58 aufgestellten oder von diesen nachträglich anerkannten Fluchtlinienpläne, Bebauungspläne oder andere förmlich festgestellten städtebaulichen Pläne die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG 59. Das hat nun wiederum zur Folge, daß für die be-

des Planfeststellungsverfahrens die gleichen Wirkungen wie beim förmlich feststellten und offengelegten Fluchtlinienplan (§ 11 Satz 1 PrFluchtlG) eintreten (§ 9 Abs. 4 und 7 FStrG); vgl. dazu Marschall aaO § 9 Anm. 1 c, 5 und 7 (S. 163, 170 f., 176); Nr. 1, 35 a und 46 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. - Abwegig das in seiner Begründung unklare und wenig folgerichtige Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 4. 10. 1956, AS RhPf. 5, 246 (247, 248 f.) = VkBl. 57, 337. § 9 Abs. 4 FStrG ist vom Rechtsschutz des betroffenen Grundeigentümers her gesehen auch deshalb interessant, weil dieser nicht nur den späteren Planfeststellungsbeschluß anfechten kann (vgl. dazu die weiteren Ausführungen im Text), sondern bereits gegen die Versagung einer beantragten Baugenehmigung Anfechtungsklage erheben kann. Dazu Marschall aaO § 9 Anm. 5 a. E. (S. 171). § 19 Abs. 2 FStrG nimmt, was wohl zu beachten ist, auch auf § 17 Abs. 3 FStrG Bezug, behandelt also die (straßenbaurechtliche) Planfeststellung und den Fluchtlinienplan völlig gleich. Das übersieht das OVG Rheinland-Pfalz aaO. 56 Marschall aaO § 19 Anm. 2 Abs. 2 (S. 245); Nr. 49 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 57 Marschall aaO § 17 Anm. 3 (S. 214), § 18 Anm. 5 (S. 240 ff.); Nr. 41 und 42 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. Aus der Rechtsprechung vgl. z. B. LVG Hannover vom 28. 10. 1954, DVB1. 55, 403 = DÖV 57, 158 (Nr. 56; nur Leitsatz); Hess. VGH vom 7. 3. 1956, VkBl. 57, 193; OVG Lüneburg vom 7. 8. 1956, VkBl. 56, 755; OVG RheinlandPfalz vom 4. 10. 1956 aaO, vom 25. 5. 1957 - 1 C 42/56 - und vom 9. 1. 1958, VkBl. 58, 364; OVG Münster vom 13. 11. 1957, VkBl. 58, 244. 58 Träger der Straßenbaulast ist: für die Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern die G e m e i η d e , für die Bundesautobahnen, für die freien Strecken der Bundesstraßen und die Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen in Gemeinden bis zu 9000 Einwohnern der B u n d . Vgl. § 5 FStrG; Nr. 5 a aa) Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 59 Diese städtebaulichen Pläne ersetzen die Planfeststellung allerdings nur, soweit letztere notwendig wäre. Diese Notwendigkeit besteht aber u. a. immer dann, wenn zur Durchführung des Straßenbauvorhabens eine Enteignung (§ 19 Abs. 1 FStrG) oder die

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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troffenen Grundeigentümer insoweit auch die Klagemöglichkeit gegen die (straßenbaurechtliche) Planfeststellung entfällt. Zu welch eigenartigen, ja geradezu grotesken und mit Art. 3 GG nicht zu vereinbarenden Ergebnissen in Ansehung des Rechtsschutzes die Vorschrift des § 17 Abs 3 Satz 1 FStrG führt, wird allerdings erst dann deutlich, wenn man sich einige der vielerlei Möglichkeiten vor Augen führt, bei denen ein Fluchtlinienplan die (straßenbaurechtliche) Planfeststellung ersetzt und bei welchen nicht 60 . (aa) Liegt - im einfachsten Fall - überhaupt noch kein Fluchtlinienplan vor, dann ist das Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz durchzuführen. Der Planfeststellungsbeschluß kann von den betroffenen Grundeigentümern angefochten werden 61. (bb) Noch verhältnismäßig einfach und klar ist der Fall, wenn eine neue Bundesstraße gebaut wird (§ 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG), in deren Zuge eine Ortsdurchfahrt (Gemeinde unter 9000 Einwohner) liegt (§§ 1 Abs. 2 Ziff. 2, 5 Abs. 4 FStrG), für die ein nach Inkrafttreten des Bundesfernstraßengesetzes 62 unter Beachtung des § 17 Abs. 3 FStrG aufgestellter Fluchtlinienplan vorhanden ist. Hier können die von den geplanten Baumaßnahmen in der Ortsdurchfahrt betroffenen Grundeigentümer (gegen den Fluchtlinienplan) überhaupt nicht, die übrigen Grundeigentümer dagegen sehr wohl den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Das wird besonders mißlich dann, wenn das Fluchtlinienfestsetzungsverfahren für die Ortsdurchfahrt und das Planfeststellungsverfahren nach § 18 FStrG für die ganze Bundesstraße (einschließlich der Ortsdurchfahrt) gleichzeitig betrieben werden, für die Ortsdurchfahrt aber letztlich auf die (straßenbaurechtliche) Planfeststellung verzichtet wird 6 3 . (cc) Günstiger ist die Rechtslage für die von einer Fluchtlinienfestsetzung betroffenen Grundeigentümer dann, wenn die Forderungen des Bundes als Straßenbaulastträger 64 von der Gemeinde nicht berücksichtigt sind oder die nachträgliche Anerkennung des Fluchtlinienplanes verweigert wird oder nicht

vorl. Besitzeinweis. (§ 19 Abs. 3 FStrG) erforderl. sind. Vgl. Nr. 5 a i. Verb. m. Nr. 3 d Planfeststellungsrichtlinien FStrG. und 6 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 60 Hierzu und zum Folgenden vgl. die Fallgestaltungen bei Marschall aaO § 17 Anm. 6 (S. 219 ff., insbes. S. 221 ff.); Nr. 5 und 6 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 61

62

Vgl. Marschall aaO § 17 Anm. 6 (S. 222).

Vgl. Nr. 5 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG. Vgl. hierzu Nr. 5 a cc) Abs. 2 Planfeststellungsrichtlinien FStrG: „Wird ein städtebaulicher Plan gleichzeitig mit einer Planfeststellung bearbeitet, so geht die Planfeststellung vor. Es kann jedoch auf die Planfeststellung v e r z i c h t e t und der Abschluß der städtebaul. Planung abgewartet w e r d e n , " 64 Vgl. Anm. 58.

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vorbehaltlos erfolgt 65 : Hier wird die (straßenbaurechtliche) Planfeststellung durch den Fluchtlinienplan nicht ersetzt - mit der Folge, daß die betroffenen Grundeigentümer den Planfeststellungsbeschluß anfechten können, (dd) Sind im Fluchtlinienplan die nach dem Bundesfernstraßengesetz erforderlichen Regelungen überhaupt nicht enthalten und würde durch eine Planänderung die Baudurchführung in untragbarer Weise verzögert, so nützt auch die Mitwirkung oder nachträgliche Anerkennung durch den Straßenbaulastträger 66 nichts. Eine Ersetzung der (straßenbaurechtlichen) Planfeststellung kommt hier nicht in Frage 67, so daß den betroffenen Grundeigentümern der Rechtsschutz gegen den Bauplan nicht verloren geht. c) Noch bedenklicher wirkt sich die Rechtsprechung des BVerwG aus im Falle des § 17 Abs. 3 Satz 2 FStrG. Bedarf der Fluchtlinienplan einer Ergänzung, etwa weil Auflagen nach § 17 Abs. 4 FStrG erforderlich sind oder weil der Plan nicht ausreicht, um die Bundesstraße den Erfordernissen entsprechend zu bauen 68 , so ist die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG i n s o w e i t zusätzlich durchzuführen. S o w e i t also hier ein Planfeststellungsbeschluß ergeht, kann er von den betroffenen Grundeigentümern angefochten werden, s o w e i t es bei den Festsetzungen im Fluchtlinienplan verbleibt - ist die verwaltungsgerichtliche Klage ausgeschlossen! Dieses Beispiel allein führt eine Rechtsprechung ad absurdum, die aus dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses des Betroffenen die Festsetzungen in einem Fluchtlinienplan als Rechtsnorm, die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz aber als anfechtbaren Verwaltungsakt qualifiziert. 65

Vgl. hierzu Nr. 5 a cc) Abs. 1 Planfeststellungsrichtlinien FStiG: „Die Mitwirkung des Straßenbaulastträgers ist η u r gegeben, wenn der Plan im Einvernehmen mit ihm aufgestellt wurde, seine Forderungen also berücksichtigt s i n d . Eine nachträgliche Anerkennung liegt n u r dann vor, wenn der Plan v o r b e h a l t l o s anerkannt ist. Nur der rechtswirksame Plan ersetzt die Planfeststellung/' 66 In Gemeinden üb. 9000 Einw. die Gem. selbst! Vgl. Anm. 58. 67 Auch eine Ergänzung des Fluchtlinienplanes durch eine zusätzliche Planfeststellung (g 17 Abs. 2 Satz 2 FStrG) - dazu weiter unten im Text - ist dann nicht möglich. Vgl. Marschall aaO § 17 Anm. 6 (S. 221 a. E.); ferner Nr. 6 Planfeststellungsrichtlinien FStrG: „Enthält ein städtebaulicher Plan keine Festsetzungen für die Bundesfernstraße oder muß von den darin enthaltenen Festsetzungen abgewichen werden, so ist darauf hinzuwirken, daß der städtebauliche Plan entsprechend geändert wird. Würde dadurch die Baudurchführung in untragbarer Weise v e r z ö g e r t , so i s t die Planfeststellung durchzuführen. Das gilt a u c h dann, wenn der städtebauliche Plan unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast aufgestellt oder von ihm nachträglich anerkannt worden ist (§ 17 Abs. 3 FStrG)." Dazu auch Nr. 16 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG: „Wegen der Beseitigung der Wirkungen städtebaulicher Pläne vgl. Nr. 6." 68 Vgl. die Beispiele bei Marschall aaO § 17 Anm. 6 (S. 224) sowie in Nr. 5 b Planfeststellungsrichtlinien FStrG.

Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen

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3. Planungsbehörden und Rechtsschutz Aus den hier gebrachten Beispielen, die sich noch beliebig vermehren ließen, geht mit aller Deutlichkeit hervor, daß der Rechtsschutz der betroffenen Grundeigentümer in zahlreichen Fällen vom Zufall oder vom Belieben - und damit auch von der Willkür - der Planungsbehörden abhängt, was mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechterdings nicht vereinbar ist. Man möge gegen diese Feststellung nicht einwenden, daß die Träger der Straßenbaulast sich bei ihren Überlegungen und Entscheidungen nur von sachlichen Gesichtspunkten leiten ließen. Das mag in den weitaus überwiegenden Fällen zutreffen. Aber eine Rechtsprechung erweist sich schon dann als unhaltbar, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, daß sie für die beteiligten Behörden die Handhabe zur Umgehung oder Verkürzung des dem Staatsbürger nach dem Grundgesetz gewährleisteten Anspruchs auf umfassenden Rechtsschutz bietet. Gerade dies wird aber seit den genannten Urteilen des BVerwG in zahlreichen Fällen praktiziert. So gibt die Rechtsprechung des BVerwG ζ. B. den Gemeinden die willkommene Gelegenheit, verwaltungsgerichtlichen Klagen der Nachbarn gegen eine Dispenserteilung 69 dadurch den Boden zu entziehen, daß der Verwaltungsakt durch einen in aller Eile erlassenen Plan (Bebauungsplan, Durchführungsplan usw.) abgestützt wird 7 0 . Oder man denke an den Fall 71 , daß im Interesse eines „noblen" Bürgers durch eine Änderung des Fluchtlinienplanes eine bisher breite Straße zu einem schmalen Weg verengt und dem Bürger die erstrebte Baugenehmigung für diese jetzt bebaubare Grundfläche erteilt wird. Hier sind die Nachbarn, denen durch das Gebäude Licht, Luft und der Zugang zu ihren Grundstücken entzogen wird, nach der Rechtsprechung des Β VerwG völlig machtlos, denn gegen die Erteilung der Baugenehmigung ist die Anfechtungsklage grundsätzlich nicht zulässig72. Hält man sich diese Fälle vor Augen, so wird klar, welche Gefahren für die betroffenen Grundeigentümer in den oben dargelegten Fallgestaltungen des § 17 69

Zum Rechtsschutz des Nachbarn bei Dispenserteilung vgl. Forsthoff, VerwR S. 175 f. (mit weiteren NachWeisungen). 70 Vgl. hierzu ζ. B. den sdir aufschlußreichen Beschluß des OVG Münster vom 9. 9. 1958 - V I I Β 846/58 -. Zu der hierbei auftauchenden Problematik vgl. etwa §§5 Abs. 2 und 9 Abs. 2 nordrh.westf. Aufbauges. i. d. F. vom 29. 4. 1952 (GVB1. S. 75 = GS NW S. 454) und die Erläuterungen dazu von Ernst-Friede aaO S. 109 f., 115 ff. Mitgeteilt von Brohm aaO S. 57. 72 Daß den betroffenen Nachbarn in diesem Fall ein Entschädigungsanspruch zusteht, ist insoweit unerheblich. Vgl. dazu Forsthoff VerwR S. 355.

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Abs. 3 FStrG entstehen. Denn nach dieser Vorschrift hängt es in jedem einzelnen Fall vom Ermessen des Trägers der Straßenbaulast ab, welches Planfeststellungsverfahren zur Anwendung kommt, damit aber zugleich, in welchem Stadium des Verfahrens der Betroffene den Verwaltungsrechtsweg gegen den Bauplan für eine Bundesfernstraße beschreiten kann. Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz und Fluchtlinienfestsetzung sind hier also weitgehend vertauschbar. Daß diese dem Träger der Straßenbaulast73 eingeräumte Wahlmöglichkeit ζ. B. auch einmal dazu benutzt werden kann, um einen renitenten Grundeigentümer in einer Ortsdurchfahrt durch Verkürzung des Rechtsschutzes „zur Vernunft zu bringen", liegt auf der Hand.

4. Schlußfolgerung Die im Vorgehenden aufgezeigten Auswirkungen der Rechtsprechung des BVerwG zur Rechtsnatur der Fluchtlinienpläne, Bebauungspläne usw. auf den Rechtsschutz der betroffenen Grundeigentümer lassen keine Zweifel mehr aufkommen, daß diese Rechtsprechung zumindest insoweit der Korrektur bedarf, als sie auch dem Fluchtlinienbestandteil solcher Pläne den Charakter einer Rechtsnorm zuspricht. Denn es ist schon von der Gesetzeslage her nicht möglich, zur Überbrückung der hier dargelegten Ungereimtheiten etwa den nach dem Bundesfernstraßengesetz 74 festgestellten Bauplan (die Planfeststellung) als Rechtsnorm zu qualifizieren 75. Hier bleibt - auch zur Vermeidung der nicht abzu-

73

Wobei zu bedenken ist, daß in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern die Gemeinde, die auch den Fluchtlinienplan aufstellt, Straßenbaulastträger ist. Vgl. Anm. 58. 74 Vgl. ζ. Β. auch noch §§ 8-10, 28 Luftverkehrsges. i. d. F. vom 10. 1. 1959 (BGBl. I S. 9). 75 In diese Richtung deuten etwa die Ausführungen des BVerwG im Urteil vom 12. 7. 1956, DÖV 56, 729 = BBB1. 56, 599: „Die grundsätzliche Frage, ob eine Planfeststellung nach § 23 des Gesetzes über die Deutsche Reichsbahn vom 4. Juli 1939 (RGBl. I S. 1205) mit mehrfachen Änderungen - Reichsbahngesetz, ReichsbG - s t e t s e i n anfechtbarer V e r w a l t u n g s a k t i s t , ist hier nicht zu erörtern. Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß jedenfalls im vorliegenden Fall diese Planfeststellung ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist; denn durch sie sollte die streitige Wegstrecke als öffentlicher Weg aufgehoben, also ein Einzelfall öffentlich-rechtlich geregelt werden. . .." Bedenken in dieser Richtung äußert auch Kruchen, Zur eisenbahnrechtlichen Planfeststellung (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. 7. 1956), DÖV 57, 172 ff. (173 a. E.); vgl. aber Derselbe, Rechtsbehelfe gegen die Planfeststellung bei Bundesbahnanlagen, in: Beiträge zum Eisenbahnrecht, hrsg. v. Haustein, Schriftenreihe „Die Bundesbahn", Folge 7/55 S. 22 ff. Zur Anfechtbarkeit der Wegeeinziehung im Durchführungsplan nach § 12 Abs. 1 Buchst, c nordrh.-westf. AufbG vgl. Ernst-Friede aaO § 10 Anm. 6 (S. 132 f.), § 12 Anm. 4 (S. 144 f.).

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leugnenden Verstöße gegen Art. 3 GG - nur der Ausweg, den betroffenen Grundeigentümern den Verwaltungsrechtsweg gegen die Fluchtlinienfestsetzungen in Fluchtlinienplänen, Bebauungsplänen usw. zu eröffnen.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

Einleitung Eine Untersuchung des Zusammentreffens von Planfeststellungen führt mitten hinein in einen der schwierigsten, zugleich aber interessantesten Fragenkomplexe des modernen Planungsrechts. Wenn es sich dabei auch, oberflächlich betrachtet, im wesentlichen nur um die leidige Frage der Abgrenzung der Zuständigkeiten verschiedener Planungsträger untereinander handelt, so stößt man doch gerade hier allenthalben und ganz zwangsläufig auf die verwickelten und zum Teil noch ungelösten Probleme der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Bund und Ländern auf den Gebieten der Gesetzgebung und der Verwaltung. Insbesondere die Frage nach der Zulässigkeit der sog. Mischverwaltung 1 und nach den verfassungsrechtlich möglichen, zugleich aber der Praxis dienlichen Lösungen stellt sich in diesem Zusammenhang auf Schritt und Tritt.

* Die nachfolgende Abhandlung gibt den - im wesentlichen unveränderten - Vortrag wieder, den der Verfasser auf der u. Sitzung des Arbeitskreises „Eisenbahnrecht" der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn am 23./24. 3. 1960 in Regensburg gehalten hat. Zu den im zweiten Teil behandelten Fragen des Zusammentreffens von Bauplanfeststellungen haben inzwischen noch Sieder-Zeitler in ihrem Kommentar zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, 1960, Art. 36 Randnr. 14 ff., 24 ff. (S. 268 ff., 271 ff.), und zwar zum Teil abweichend, Stellung genommen. 1 Dazu (jeweils mit weiteren Nachweisungen): Κ ö 11 g e η , Der Einfluß des Bundes auf die deutsche Verwaltung und die Organisation der bundeseigenen Verwaltung, JöR N.F. Bd. 3 (1954), S. 67 ff.; D e r s e l b e , Der Einwand der Mischverwaltung und das Grundgesetz, DÖV 55, 485 ff; G e r η e r , Zur Frage der „Mischverwaltung" im Verhältnis zwischen Bund und Ländern, BayVBl. 55, 193 ff; F ü ß 1 e i η , Mischverwaltung oder Mitverwaltung?, DVB1. 56, 1 ff; H a m a n n , Das Grundgesetz, Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, 1956, Art. 83 Anm. C 3 (S. 308); H . S c h n e i d e r , Körperschaft 1 iche Verbundverwaltung, AöR Bd. 83 (1958), S. Iff.; F o r s t h o f f , Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Bd., Allgem. Teil, 7. Aufl. 1958, S. 400 (Anm. 3). Nach Auffassung von S i e d e r - Z e i t l e r , aaO Art. 36 Randnr. 16 (S. 268) wird die Planfeststellung nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) vom 11.7. 1958 (GVB1. S. 147) durch das Problem der Mischverwaltung nicht berührt.

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Die Erörterung der sich aus dem Zusammentreffen von Planfeststellungen ergebenden Probleme zeigt aber andererseits auch neue Gesichtspunkte auf, die bei der rechtlichen

Qualifizierung

der verbindlichen

städtebaulichen

Pläne,

insbesondere der Fluchtlinien- und Bebauungspläne, nicht außer Betracht bleiben können. Gerade die Diskussion über die Rechtsnatur der städtebaulichen Pläne13 krankt daran, daß man die Feststellung dieser Pläne fast ausschließlich für sich allein betrachtet und die vielen anderen Planfeststellungen, die ja die Grundlage oder das Gerippe jeder städtebaulichen Planung bilden2, mehr oder weniger ignoriert 3. In Anbetracht der zunehmenden Überlagerung, Verflechtung und gegenseitigen Durchdringung der zahlreichen gesetzlich geregelten Planfeststellungen kann man jedoch zu einer befriedigenden und bruchlosen rechtlichen Einordnung der verbindlichen städtebaulichen Pläne und auch insoweit zu einem vernünftigen - bislang noch gar nicht vorhandenen - Planungssystem4 nur gelangen, wenn man die Auswirkungen der beiden möglichen Qualifizierungen der städtebaulichen Pläne in allen Einzelheiten erkennt und berücksichtigt. Andernfalls kommt man zu Ergebnissen, die nicht zu vertreten sind, weil sie mit unserer Rechtsordnung in Widerspruch stehen. Einen ersten Vorstoß in dieser Richtung habe ich vor einiger Zeit an anderer Stelle5 unternommen, wo ich dargelegt habe, daß die unterschiedliche Einordnung der Planfeststellungen - teils

la

Zum Streitstand vgl. jetzt die ausführlichen Nachweisungen bei U 1 e, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kommentar, in: B r a u c h i t s c h - U l e , Verwaltungsgesetze des Bundes und der Länder, Bd. I, 2. Halbbd., 1960, § 42, Anm. IV 2 e (S. 123 ff.). 2 Dazu W a m b s g a n z , Die Bauleitplanung im künftigen Bundesbaugesetz, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Wohnungsbau, Bd 13, 1959 - zitiert: W a m b s g a n z , Bauleitplanung -, S. 28 ff. 3 Vgl. dazu auch den Bericht von Ζ e i d 1 e r über die Erlanger Staatsrechtslehrertagung 1959, DVB1. 60, 17 ff. (19, unter V). 4 Vorschriften, die eine einheitliche Planung im Bundesgebiet nach einem bestimmten Planungssystem sichern, gibt es bislang nicht. Auch das B u n d e s b a u g e s e t z vom 23. 7. 1960 (BGBl. I S. 341) - BBauG - wird nur das Verhältnis der verschiedenen städtebaulichen Pläne (Flächennutzungsplan, verbindlicher Bauleitplan) regeln, d. h. lediglich ein Teilsystem bringen, während gerade das hier interessierende Verhältnis der verschiedenen Planfeststellungen (Sonderplanungen) zum verbindlichen Bauleitplan (zur gemeindlichen Planung) weitgehend ungeordnet bleiben wird (§§ 2 Abs. 5, 4, 5 Abs. 5, 7, 9 Abs. 4, 38, 183 BBauG). Vgl. dazu einerseits die Begründung zum Entwurf eines Baugesetzes, aufgestellt von der Hauptkommission für die Baugesetzgebung beim Bundesminister für Wohnungsbau, Schriftenreihe des Bundesministers für Wohnungsbau, Bd. 9, o. J. (1959) - Begründung zum Kommissionsentwurf -, S. 23 f., 43, 46 f., 50 und andererseits die Amtl, Begründung zum Regierungsentwurf eines Bundesbaugesetzes (BT-Drucks. 336 - 3. Wahlperiode 1957 -), S. 59 (unter Β I a. E.), 61 (unter Β III 2-4), 65 (zu § 12 des Entwurfs); ferner W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S, 37, 43. 5 Β 1 ü m e 1, Ungereimtheiten beim Rechtsschutz gegen Planfeststellungen, DÖV 59, 665 ff.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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als Verwaltungsakt, teils als Rechtsnorm - zu einer willkürlichen Verkürzung des Rechtsschutzes fuhren kann. Daß durch die Qualifizierung der verbindlichen städtebaulichen Pläne als Rechtsnormen aber noch weitere, bislang überhaupt nicht berücksichtigte Ungereimtheiten entstehen, glaube ich im Rahmen dieser Untersuchung aufzeigen zu können.

I. Abgrenzung und Erläuterung der verschiedenen Kollisionsfälle Das Thema erfordert zunächst eine Abgrenzung nach zwei Richtungen: einmal ist zu klären, was im folgenden unter dem Begriff Planfeststellung verstanden werden soll; zum anderen bedarf es einer Erläuterung, welche Sachverhalte mit dem Zusammentreffen von Planfeststellungen gemeint sind. 1. Abgesehen von der bereits erwähnten Feststellung der verbindlichen städtebaulichen Pläne beziehen sich meine Darlegungen auf die verschiedenen gesetzlich geregelten Planfeststellungen für bestimmte konkrete Bauvorhaben, die deshalb zusammenfassend als „Bauplanfeststellungen " bezeichnet werden können6. Zu diesen Bauplanfeststellungen, die durchweg als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind7, in ihren Rechtswirkungen aber vielfach nicht unerheblich voneinander abweichen73, rechnen ζ. B. die eisenbahnrechtliche Planfeststellung 8 nach dem Bundesbahngesetz9 und nach den in den letzten Jahren erlasse6 Hierzu und zum Folgenden vgl. vor allem (mit zahlreichen Nachweisungen) Β 1 ü m e i , Die (Bau)Planfeststellung, Erster Teil: Die Planfeststellung im preußischen Recht und im Reichsrecht, (noch ungedruckte) Heidelberger Dissertation, 1959 - zitiert: Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung Die auf den neuesten Stand gebrachte Dissertation erscheint demnächst als Bd. 5 in der von E. F o r s t h o f f herausgegebenen Schriftenreihe „res publica, Beiträge zum öffentlichen Recht". 7 Dazu Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 261 f. (m. Anm. 3). Vgl. auch D e r s e l b e , DÖV 59, 669 (m. Anm. 57), 671 (m. Anm. 75); ferner unten zu und in Anm. 83 ff., 92 ff., 114 ff. 7a Vgl. unten zu und in Anm. 141 und 152. 8 Zur Geschichte der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung vgl. Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 2 (Anm. 1), 107 ff., 229 ff. 9 Vgl. § 36 Bundesbahngesetz vom 13. 12. 1951 (BGBl. I S. 955) - BBahnG -. Dazu (jeweils mit weiteren Nachweisungen): S a r t e r - K i t t e l , Die Deutsche Bundesbahn, 1952, S. 219 ff., 223 ff; H a u s t e i n - M a y e r , Bundesbahngesetz (mit kurzen Erläuterungen), 2. Aufl. 1952, S. 46 ff.; F i η g e r , Eisenbahngesetze, Textsammlung mit Erläuterungen, 3. Aufl. 1952, S. 281 ff.; K r u c h e n , Planfeststellung und Widmung bei Bundesbahnanlagen, in: Beiträge zum Eisenbahnrecht (hrsg. v. W . H a u s t e i n ) , Folge 7 der Schriftenreihe „Die Bundesbahn", 1955, S. 7 ff.; D e r s e 1 -

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nen oder in Vorbereitung befindlichen Landeseisenbahngesetzen10, ferner die (frühere) kleinbahnrechtliche Genehmigung und Planfeststellung nach dem durch die neuen Landeseisenbahngesetze schon weitgehend abgelösten11 -

b e, Rechtsbehelfe gegen die Planfeststellung bei Bundesbahnanlagen, ebenda, S. 22 ff; B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 116 f. (Anm. 4), 257 f. (Anm. 5), 280 (Anm. 3); H a u s t e i n , Die Eisenbahnen im deutschen öffentlichen Recht (hrsg. v. W . H a u s t e i n unter Mitwirkung von E. K r u c h e n , M . K o c h , N . W a h l , A . G ü n t h e r , R. R a d e c k e und B. R e h l i n g , W . F i s c h e r , W. P s c h i r r e r ) , 1960 - zitiert: H a u s t e i η ( ) , Eisenbahnen -, S. 156 ff. u. pass.; A c h t e r b e r g , Die Verwaltungsakte des bundesbahnrechtlichen Planfeststellungsund Enteignungsverfahrens und ihre Anfechtung nach der Verwaltungsgerichtsordnung, DVB1. 60, 385 ff. Richtlinien über die Planfeststellung bei Bundesbahnanlagen - Richtlinien der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu §36 Bundesbahngesetz (5.872 Ra 839 vom 15. 9. 1955), BBahn 55, 762 ff. - zitiert: Planfeststellungsrichtlinien BBahnG -; dazu Ergänzungsverfügungen in DV 118 (Sammlung der Erlasse und Verfügungen für die Bearbeitung der Grundverwaltungsangelegenheiten), Sachgebiet 5. 10 Vgl. §§ 4, 14 ff., 33 f., 38 Abs. 5 M u s t e r e n t w u r f eines Landeseisenbahngesetzes (nebst Begründung) des Länderausschusses für Eisenbahnangelegenheiten von 1953/54 (nicht veröffentlicht) - MEntwurf LEisenbG -; ferner: B a d e n - W ü r t t e m b e r g : §§11, 15 (Württ.-bad.) Landeseisenbahngesetz vom 6. 7. 1951 (RegBl. S. 49), mit Wirkung vom 1. 3. 1954 durch das (Bad.-württ.) Gesetz vom 1. 3. 1954 (GBl. S. 30) - unter Aufhebung des (Württ.-hohenz.) Landeseisenbahngesetzes vom 13. 3. 1951 (RegBl. S. 31) - auf die Regierungsbezirke Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern ausgedehnt - (BaWü.)EisenbG. -; B a y e r n : Entwurf eines bayerischen Eisenbahn- und Bergbahngesetzes (noch nicht veröffentlicht); N i e d e r s a c h s e n : §§2 Abs. 2, 13 ff., 31, 33 Abs. 5, 38, 39, 43 Gesetz über Eisenbahnen und Bergbahnen (GEB) vom 16. 4. 1957 (GVB1. S. 39 = GVB1. Sb. S. 772) - (Nds.) GEB -; Ν ο r d r h e i η - W e s t f a 1 e η : §§4, 13 ff, 22, 32, 34 f. Landeseisenbahngesetz vom 5. 2. 1957 (GVB1. S. 11) - (NRW)EisenbG -; R h e i η 1 a η d - Ρ f a 1 ζ : §§ 13 ff, 31, 34 Abs. 5, 39, 44 Entwurf eines Landesgesetzes über Esenbahnen, Bergbahnen und Seilschwebebahnen, LT-Drucks. Abt. II Nr. 45 (4. Wahlperiode) - Entwurf (RhPf.)EisenbG -; S c h 1 e s w i g - H ο 1 s t e i η : §§4, 14 ff, 32, 34 Abs. 5 Landeseisenbahngesetz vom 8. 12. 1956 (GVB1. S. 193) - (SchlH)EisenbG. -. Das Preußische Gesetz über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. 11. 1838 (GS S. 505) - PrEisenbG -, dessen §§ 4 und 14 für lange Zeit die maßgebliche Grundlage der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung waren, ist inzwischen weitgehend außer Kraft getreten. Vgl. §22 Abs. 2 Württ.-hohenz. Landeseisenbahngesetz vom 13. 3. 1951 (RegBl. S. 31), §45 Ziff. 1 (SchlH)EisenbG, §44 Ziff. 1 (NRW)-EisenbG, §51 Ziff. 1 (Nds.)GEB, §51 Ziff. 1 Entwurf (RhPf.)EisenbG. 11 Vgl. §22 Abs. 2 Württ.-hohenz. Landeseisenbahngesetz, §45 Ziff. 2 (SchlH)EisenbG, §44 Ziff. 2 (NRW)EisenbG, §51 Ziff. 2 (Nds)GEB, §51 Ziff. 2 Entwurf (RhPf.)EisenbG.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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preußischen Kleinbahngesetz von 189212. Hierher gehört auch die personenbeförderungsrechtliche Genehmigung und Planfeststellung für Straßenbahnen und Obusse nach dem Personenbeförderungsgesetz von 1934 und der dazu ergangenen Durchführungsverordnung 13 bzw. nach dem in Vorbereitung befindlichen neuen Personenbeförderungsgesetz 14; weiter die wasserrechtliche Planfeststellung 15 nach den Bestimmungen des preußischen Wassergesetzes 16 und der zahlreichen Sondergesetze des Landes Preußen und des Reiches 17 , die inzwischen18 zum Teil durch die Regelungen im Wasserhaushaltsgesetz19 und in den dieses Rahmengesetz ausfüllenden Landeswassergesetzen20 ersetzt worden sind, wäh-

12 Vgl. §§13, 17 f., 47 Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom 28.7.1892 (GS S. 225) - PrKIBahnG Dazu ausführlich Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 138 ff. 13 Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. 12. 1934 (RGBl. I S. 1217), abgeändert durch Gesetz vom 6. 12. 1937 (RGBl. I S. 1319) und als Anlage zu diesem Gesetz in neuer Fassung veröffentlicht (RGBl. I S. 1320) - PBefG -. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Beförderung von Personen zu Lande vom 26. 3. 1935 (RGBl. I S. 473) - DVO z. PBefG -. Für Obusse vgl. den Runderlaß des Reichsverkehrsministers, betr. Vorschriften über die Beförderung von Personen zu Lande, vom 28. 2. 1942 (RVkBl. Β S. 35) i.d.F. vom 27. 3. 1943 (RVkBl Β S. 41). 14 Vgl. §§ 18 ff. PBefG, §§ 27 ff. DVO z. PBefG; §17 Abs. 1 Ziff. 7, 28 ff., 32 Abs. 6, 35, 41 Entwurf eines Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), BT-Drucks. 255 (3. Wahlperiode 1957) - Entwurf PBefG -. Dazu ausführlich Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 150 f., 303 ff 15 Dazu Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 2 f. (Anm. 6), 20 ff, 58 ff, 202 ff 16 Vgl. §§ 152 ff. (156 ff, 163 ff.) Preußisches Wassergesetz vom 7. 4. 1913 (GS S. 53). Dazu Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 97 ff. 17 Auf diese Sondergesetze kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu ausführlich Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 58 ff., 202 ff. 18 D. h. am 1. 3. 1960 bzw. mit Inkrafittreten der neuen Landeswassergesetze. Vgl. § 45 Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) vom 27. 7. 1957 (BGBl. I S. 1110) i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 19. 2. 1959 (BGBl. I S. 37) WHG -. 19 Vgl. §§ 14, 31 WHG. Dazu Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 20 ff. 20 Art. 55 ff. (59), 62, 107 M u s t e r e n t w u r f eines Landeswassergesetzes (Stand: 16. 1. 1959), aufgestellt von der Arbeitsgemeinschaft der für das Wasser zuständigen Länderministerien (nicht veröffentlicht) - M Entwurf LWG -; ferner: Β a d e η - W ü r 11 e m b e r g : §§ 63 ff. (64 f.), 69 f. Wassergesetz für BadenWürttemberg vom 25. 2. 1960 (GBl. S. 17) - (BaWü.)WG -; B a y e r n : Art. 54 ff (58), 101 Entwurf für ein Bayerisches Wassergesetz (BayWG), Senatsdrucks. Anlage 380 (6. Tagungsperiode 1958/59, 2. Tagung) und Anlage 30 (7. Tagungsperiode 1960/61, 1. Tagung) - Entwurf BayWG (Senat) - bzw. jetzt

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rend die wasserrechtliche Planfeststellung in den außerpreußischen Gebieten fast durchweg eine Neuerung darstellt 21 . Außer der fernmelderechtlichen Planfeststellung nach dem Telegraphenwege-Gesetz22 und der (flurbereinigungsrechtlichen) Feststellung des Wege- und Gewässerplanes nach dem Flurbereinigungsgesetz23 ist vor allem noch die straßenbaurechtliche Hanfeststellung 24 nach dem Bundesfernstraßengesetz 25 und nach den vorhandenen oder in Vorbe-

Art. 53 ff. (57), 100 Entwurf für ein Bayerisches Wassergesetz (BayWG), LT-Drucks. Beilage 1394 (4. Legislaturperiode) - Entwurf Bay WG (Landtag) -; B e r l i n : §§ 50 ff. (54), 57, 94 Berliner Wassergesetz (BWG) vom 23. 2. 1960 (GVB1. S. 133)-(Beri.) WG -; H a m b u r g : §§ 47 ff. (48 f.), 55, 74 Abs. 3, 95 Hamburgisches Wassergesetz vom 20. 6. 1960 (GVB1. S. 335) - (Hamb.)WG -; H e s s e n : §§57 ff. (59 f), 63, 106 Hessisches Wassergesetz vom 6 7. 1960 (GVB1. S. 69) - (Hess.)WG -; Ν i e d e r s a c h s e η : §§ 30, 98 ff. (98, 104 f.), 145 Abs. 1, 147 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) vom 7. 7. 1960 (GVB1. S. 105) - (Nds.) WG -; Ν ο r d r h e i η - W e s t f a 1 e η : §§ 58 ff. (62), 64, 110, 131 Entwurf eines Wassergesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LWG), LT-Drucks. Nr. 156 (4. Wahlperiode) - Entwurf (NRW)WG -; R h e i η 1 a η d - Ρ fa 1 ζ : §§ 70 ff. (75), 76, 123, 141 Abs. 2 Entwurf eines Landeswassergesetzes (LWG), LT-Drucks. Abt. II Nr. 49 (4. Wahlperiode) - Entwurf (RhPf.)WG -; S a a r l a n d : §§ 60 ff. (65), 66, 114 Saarländisches Wassergesetz (SWG) vom 28. 6. 1960 (ABl. S. 511) - (Saarl.)WG -; S c h 1 e s w i g - H ο 1 s t e i η : §§52 ff. (56), 58, 96 Wassergesetz des Landes Schleswig-Holstein vom 25. 2. 1960 (GVB1. S. 39) - (SchlH) WG 21 Auch das künftige Bundeswasserstraßengesetz (Gesetz über die Verwaltung der Bundeswasserstraßen) wird Bestimmungen über eine wasserrechtliche Planfeststellung enthalten; vgl. ζ. B. Amtl. Begründung zu § 12 des Regierungsentwurfs eines Bundesbaugesetzes, S. 65. Über den Stand der Arbeiten an dem Entwurf eines Bundeswasserstraßengesetzes vgl. Deutschland im Wiederaufbau 1949-1959, hrsg. vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, S. 439 f. 22 Vgl. §§ 7 ff. Telegraphenwege-Gesetz vom 18. 12. 1899 (RGBl. S. 705) - TWG -; Gesetz zur Vereinfachung des Planverfahrens für Fernmeldelinien vom 24. 9. 1935 (RGBl. IS. 1177). Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 179 ff. 23 Vgl. §41 Flurbereinigungsgesetz vom 14. 7. 1953 BGBl. I S. 591) - FlurbG -. Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 194 ff 24 Zur Geschichte der straßenbaurechtlichen Planfeststellung vgl. B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 2 (m. Anm. 2), 37 f., 39 ff., 108 ff., 309 ff. 25 Vgl. §§ 12 Abs. 4 und 6, 17 ff. Bundesfernstraßengesetz (FStrG) vom 6. 8. 1953 (BGBl. I S. 903). Dazu M a r s c h a 11, Bundesfernstraßengesetz, Kommentar, 1954, Erl. zu §§ 12 Abs. 4, 17 ff. (S. 186, 191, 212 ff.); auch Β 1 ü m e 1, DÖV 59, 669 f. (zu § 17 Abs. 3 FStrG).

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

33

reitung befindlichen Straßengesetzen der Länder zu nennen26. Schließlich ist das Institut der Bauplanfeststellung neuerdings auch in das Luftverkehrsrecht übernommen worden, wo die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung in der neuen Fassung des Luftverkehrsgesetzes enthalten ist 27 . In Anbetracht der großen Zahl der bereits jetzt schon in Bundes - und Landesgesetzen geregelten Bauplanfeststellungen muß ich es mir versagen, auch noch die enteignungsrechtliche Planfeststellung als solche in den Kreis der Betrachtungen mit einzubeziehen28. Dies gilt namentlich für die Frage des Verhältnisses der verschiedenen Bauplanfeststellungen zur enteignungsrechtlichen

Vgl. ferner: Nr. 2, 8, 16 und 23 des Allgemeinen Runderlasses Straßenbau Nr. 10/1957 Sachgebiet 15: Rechtswesen und Gesetzgebung, betr. Rechtsverhältnisse an Kreuzungen und Einmündungen, vom 20.8.1957 (VkBl. S. 441); Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz - Planfeststellungsrichtlinien FStrG -: a ) B a y e r n : Anlage zur Bek. d. BayStMdl vom 24. 7. 1958 (MAB1. S. 593); b) N o r d r h e i n - W e s t f a l e n : Bek. d. Ministers für Wirtschaft und Verkehr vom 5. 6. 1959 (MB1. NW S. 1454); c) H e s s e n : Erlaß des Ministers für Wirtschaft und Verkehr vom 2. 11. 1959 (Hess. StAnz. S. 1272). Vgl. dazu auch unten zu und in Anm. 124 ff. 26 Vgl. §§ 35 Abs. 4, 38 ff. (39 ff.), 67 M u s t e r e η t w u r f für ein Landesstraßengesetz (Stand: Dezember 1955), ausgearbeitet von den Verwaltungsjuristen der Landesstraßenverwaltungen der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (nicht veröffentlicht) - MEntwurf LStrG -; ferner: B a y e r n : Art. 31 Abs. 2, 35 ff. (36 ff.), 74 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) vom 11. 7. 1958 (GVB1. S. 147, ber. S. 192); Entschl. des BayStMdl, betr. Vollzug des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes, vom 18. 12. 1959 (MAB1. S. 813), zu Art. 31 und 35 ff. Dazu K n o r r , Zum Bayerischen Straßen- und Wegegesetz, BayVBl. 58, 257 ff. und 300 ff. (303); G r ο e b e , Bayern kodifiziert sein Wegerecht, DOV 58, 833 ff. (836); D e r s e l b e , Das erste Landesstraßengesetz - Bayern paßt sein Wegerecht dem FStrG an, DVB1. 59, 48 ff. (52); Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 18 ff. (zu Art. 74 BayStrWG); Z i m η i ο k , Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Textausgabe mit Erläuterungen, 1958, Erl. zu Art. 31 Abs. 2, 35 ff. und 74 (S. 73, 80 ff., 139 f.); S i e d e r - Ζ e i 11 e r , aaO Erl. zu Art. 31 Abs. 2, 35 ff. und 74 (S. 229 f , 261 ff., 487 f.). Ν ο r d r h e i η - W e s t f a 1 e η : §§33 Abs. 2, 37 ff. (38 ff. ) Entwurf eines Straßengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesstraßengesetz), LT-Drucks. Nr. 10 (4. Wahlperiode) - Entwurf (NRW)StrG -. 27 Vgl. §§ 6 Abs. 4, 8 ff., 30 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) i.d.F. vom 10. 1. 1959 (BGBl. I S. 9). Dazu Β 1 ü m e 1, Bauplanfeststellung, S. 1, 22, 188 f.; ferner unten in Anm. 35. 28 Dazu ausfuhrlich Β 1 ü m e 1, DÖV 59, 665 f . ; D e r s e l b e , Bauplanfeststellung, S. 25 ff, 185 ff.

34

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Planfeststellung, die zwar in den meisten neueren Gesetzen - ζ. B. in § 19 FStrG 29 - vernünftig gelöst worden ist, gerade bei der Bundesbahn aber bis auf den heutigen Tag zu vielen Reibereien mit den Ländern geführt hat 30 . Im übrigen soll hier auch das Zusammentreffen der einschlägigen Bauplanfeststellungen mit einer Anordnung nach §§3 und 4 des geltenden, aber aus verfassungsrechtlichen und verwaltungstechnischen Gründen kaum noch praktikablen 31 Kreuzungsgesetzes 32 ausgeklammert werden 33 . Die zuvor genannten Bauplanfeststellungen lassen sich je nach der zugrundeliegenden gesetzlichen R e g e l u n g und nach der P l a n u n g s h o h e i t , die ein Ausfluß der Verwaltungszuständigkeit ist 3 4 . in folgende fünf Gruppen einteilen: (1)

Zur ersten Gruppe rechnen die Bauplanfeststellungen, die auf bundes-

rechtlicher

Regelung beruhen und Planungsträgern

des Bundes obliegen (Art.

87 GG). Beispiele sind im geltenden Recht die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz und die fernmelderechtliche Planfeststellung. (2) Von dieser Gruppe zu unterscheiden sind die Bauplanfeststellungen, die zwar ebenfalls in Bundesgesetzen geregelt sind, deren Ausführung jedoch den Ländern im Auftrag des Bundes obliegt (Art. 85, 89 GG). Einziges Beispiel nach 29 Dazu M a r s c h a l l aaO §17 Anm. 9 (S. 227), §19 Anm. 2 Abs. 2 (S. 245); M o h r , Rechtsfragen aus dem Bundesbahn-Planfeststellungs- und Enteignungsrecht, BBahn 56, 562 ff. (568 f.); S e u f e r t , Bayerisches Enteignungsrecht, Kommentar, 1957, S. 293 (Randnoten 16 f.); Β 1 ü m e 1, DÖV 59, 669 (m. Anm. 56); vgl. auch Amtl. Begründung zu §17 des Entwurfs eines Bundesfernstraßengesetzes, BT-Drucks. 4248 (1. Wahlperiode 1949), S. 25. 30 Dazu (jeweils mit weiteren Nachweisungen): B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 16 ff, 128 ff., 268 ff., 283 ff., 306, 323; H a u s t e i n (M . K o c h , R a d e c k e R e h 1 i η g ), Eisenbahnen, S. 176 ff., 305 ff. (314 ff.); A c h t e r b e r g, Das Verhältnis der bundesbahnrechtlichen Planfeststellung zur vorläufigen Feststellung des Enteignungsplans nach preußischem Recht, DÖV 60, 166 ff. (mit nicht immer billigenswerten Ergebnissen). 31 Vgl. die Amtl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen (Eisenbahnkreuzungsgesetz), BT-Drucks. 1683 (3. Wahlperiode 1957), S. 4; Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrats am 5. 2. 1960, § 288 (B und C), 290 (C); auch Bulletin der Bundesregierung Nr. 26 vom 9. 2. 1960, S. 248 f. 32 Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen vom 4. 7. 1939 (RGBl. I S. 1211) - KreuzG -. Dazu (Erste) Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen vom 5. 7. 1939 (RGBl. I S. 1215) - 1. DVO z. KreuzG -. 33 Dazu ausführlich B l ü m e l , Bauplanfeststelluug, S. 287 ff. 34 Stellungnahme der Bundesregierung zu Ziff. 7 der Änderungsvorschläge des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesbaugesetzes, BT-Drucks. 3B6 (3. Wahlperiode 1957), S. 136.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

35

geltendem Recht ist die straßenbaurechtliche Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz. (3)

Die dritte Gruppe umfaßt solche Bauplanfeststellungen, die ihre Grund-

lage in Bundesgesetzen

haben, welche die Länder als eigene

Angelegenkeiten

ausführen (Art. 83, 84 GG). Hierzu gehören die personenbeforderungsrechtliche, die flurbereinigungsrechtliche und - mit Vorbehalten - die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung 35. (4)

Ferner gibt es seit 1. März 1960 Bauplanfeststellungen, die auf Rahmen-

vorschriften

des Bundes und Ausfüllungsvorschriften

der Länder beruhen, wäh-

rend die Ausführung allein den Ländern obliegt (Art, 83, 84 GG). Einziges Beispiel ist die wasserrechtliche Planfeststellung nach dem Wasserhaushaltsgesetz und den Vorschriften der bereits ergangenen oder noch in Vorbereitung befindlichen Landeswassergesetze. (5) Zur letzten Gruppe zählen schließlich die Bauplanfeststellungen, die in Landesgesetzen geregelt sind und auch verwaltungsmäßig in die Zuständigkeit der Länder fallen. Hierher gehören die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach den Landeseisenbahngesetzen und die straßenbaurechtliche Planfeststellung nach den Straßengesetzen der Länder.

35

Die Zuständigkeitsverteilung auf dem Gebiete der Luftverkehrsverwaltung ist gegenwärtig noch recht kompliziert. Nach §31 LuftVG i.d.F. v. 1959 wird die Zuständigkeit für die Durchführung der sich aus dem Luftverkehrsgesetz ergebenden Aufgaben, soweit in diesem Gesetz oder in anderen Gesetzen eine Regelung nicht getroffen ist, durch besonderes Gesetz neu geregelt. Während in §10 Abs. 1 und 2 LuftVG i.d.F. v. 1959 sowohl die Planfeststellungsbehörde als auch die Anhörungsbehörde bezeichnet sind (vgl. dazu ζ. B. für Bayern: Verordnung über die Zuständigkeiten im Planfeststellungsverfahren nach dem Luftverkehrsgesetz vom 22. 12. 1959, GVB1. S. 320; für Nordrhein-Westfalen: Dritte Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden nach dem Luftverkehrsgesetz vom 6. 1. 1960, GVB1. S. 9), ist die Einordnung der Luftverkehrsverwaltung als solche in eine der drei nach dem Grundgesetz möglichen Verwaltungstypen gegenwärtig noch offen. Für das geltende Recht ist daher nach wie vor maßgebend die - eine Misch- oder Mitverwaltung statuierende - Verwaltungsvereinbarung über die Abgrenzung der Verwaltungsbefugnisse zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der zivilen Luftfahrt vom 31. 12. 1952 (VkBl. 1955 S. 379). Vgl. insbesondere Nr. 17 ff. dieser Verwaltungsvereinbarung. Vgl. hierzu jetzt Entwurf eines Gesetzes zur Einfügung eines Artikels über die Luftverkehrsverwaltung in das Grundgesetz und Entwurf eines Gesetzes über Zuständigkeiten in der Luftverkehrsverwaltung, BT-Drucks. 1534 und 1535 (3. Wahlperiode 1957); Bericht über die 97. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. 1. 1960, S. 5326 ff; auch Bulletin der Bundesregierung Nr. 19 vom 29. 1. 1960, S. 179 f. und Nr. 34 vom 19. 2. 1960, S. 339 f.

36

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Einer kurzen Erläuterung bedarf in diesem Zusammenhang noch der Begriff der Planfeststellung als solcher 36. Wie bei den Begriffen „Genehmigung", „Verleihung" usw. wird auch der Terminus, „Planfeststellung" in verschiedener Bedeutung gebraucht. Einmal wird damit der Vorgang selbst, d. h. das Verfahren bezeichnet, bedeutet in diesem Sinne also soviel wie Planfeststellungsverfahren. Daneben meint man mit „Planfeststellung" aber auch das Ergebnis dieses Verfahrens, d. h. den dieses Verfahren abschließenden, mit bestimmten Rechtswirkungen ausgestatteten Hoheitsakt, kurz: den Planfeststellungsbeschluß. 2. Das Zusammentreffen von Planfeststellungen 37 ist in r ä u m l i c h e r B e z i e h u n g gemeint. Es handelt sich hierbei um das Verhältnis der Feststellungen der Pläne für verschiedene Bauvorhaben, die sich alle auf einen bestimmten, d. h. denselben Planungsbereich beziehen373. Dieses Zusammentreffen kann darin bestehen, daß sich die einzelnen, auf eine Veränderung der Erdoberfläche oder deren Untergrund abzielenden Planungen (Pläne) überlagern und verflechten und kann so weit gehen, daß sich im engsten Bereich, unter Umständen auf einem einzigen Grundstück, in einem von oben nach unten durchgegliederten Kreuzungsbauwerk die Verkehrslinien der verschiedensten überhaupt nur in Betracht kommenden Planungsträger schneiden38. In z e i t l i c h e r H i n s i c h t kann das Verhältnis so sein, daß die sich berührenden oder überlagernden Planungen bzw. die jeweiligen Planfeststellungsverfahren gleichzeitig oder doch in zeitlicher Verbindung oder Abhängigkeit voneinander betrieben werden. Von einem Zusammentreffen spricht man aber auch dann, wenn bereits bestehende Verkehrsanlagen, deren Bau oder Veränderung nach geltendem Recht nur auf Grund einer Planfeststellung erfolgen kann, durch den geplanten Bau einer oder mehrerer neuer Verkehrs anlagen berührt werden, insbesondere die Herstellung einer Kreuzungsanlage erforderlich wird. Schließlich gehört hierher auch der häufige Fall der Änderung schon bestehender Kreuzungsanlagen.

36 Dazu (mit zahlreichen Nachweisungen): B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 8 ff. Vgl. auch Nr. 2 ff., 12 f. Planfeststellungsrichtlinien BBahnG; H a u s t e i n ( M . K o c h ) , Eisenbahnen, S. 156 f. 37 Hierzu und zum Folgenden vgl. auch B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 23, 329 ff. 37a Hierher gehören natürlich auch die Fälle, wo für ein und dasselbe Bauvorhaben Planfeststellungsverfahren nach verschiedenen gesetzlichen Vorschriften durchzuführen sind (Gesetzeskonkurrenz). 38 Dazu W a m b s g a n z , in: Demokratische Stadt- und Landesplanung, Schriftenreihe der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung, Bd. 7, 1956, S. 64 ff. (65 f.) - zitiert: W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag -; D e r s e l b e , Bauleitplanung, S. 24, 64 f.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

37

3. Es verspricht wenig Ertrag, noch weiter in allgemeinen Ausführungen eine Abgrenzung vorzunehmen. An Stelle theoretisierender Überlegungen seien daher Beispiele aus der Praxis aufgezeigt, die den Problemkreis wesentlich besser verdeutlichen. a) Der einfachste Fall die Kreuzung einer schon vorhandenen Verkehrs an läge durch eine neu hinzukommende oder die Änderung eines schon bestehenden Kreuzungsbauwerkes, ist zugleich der in der Praxis häufigste. Die Bundesbahnstrecken ζ. B., die wie ein Netz oder Gitter das ganze Land in lauter kleine Inseln zerschneiden, bilden für nahezu jegliche Planung eines anderen Verkehrsträgers ein Hindernis, das es zu überwinden gilt 3 8 a . Werden neue Straßen gebaut, lassen sich Kreuzungen mit Bundesbahnstrecken kaum vermeiden. Es bedarf der Errichtung von Über- oder Unterführungen, durch welche in den meisten Fällen die Bundesbahnanlagen ganz zwangsläufig verändert werden. Schon dieser alltägliche Fall, die Herstellung oder Änderung eines Kreuzungsbauwerks zwischen Schiene und Straße, ist jedoch in seiner planungsrechtlichen Behandlung umstritten und hat zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Planungsträgern geführt, worauf im einzelnen noch besonders einzugehen sein wird 3 9 . Ein Zusammentreffen von zwei Bauplanfeststellungen in diesem Sinne gibt es aber nicht nur zwischen Schiene und Straße, sondern im Verhältnis aller Verkehrs- bzw. Planungsträger zueinander 40. Man denke nur an den häufigen Fall der Berührung der Bundesbahn mit Eisenbahnen, die den Landeseisenbahngesetzen unterliegen 41, an die Kreuzung von Eisenbahnen und Straßenbahnen 42 sowie an die Überbrückung, Untertunnelung oder Veränderung (Verlegung) von Wasserstraßen beim Straßen- und Eisenbahnbau und umgekehrt 43 . Schließlich ist seit Inkrafttreten der Neufassung des Luftverkehrsgesetzes auch ein Zusammentreffen der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung mit anderen Bauplanfeststellungen möglich. Die Frage dürfte unter Umständen akut werden, wenn es zur Beseitigung des Autobahnengpasses beim Flugplatz Neubiberg bei München erforderlich sein sollte, die von den Amerikanern über die alte Autobahn

38a

Vgl. dazu auch H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 376. Vgl. dazu ausfuhrlich unten unter II. 40 Hierzu und zum Folgenden vgl. ausführlich B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 329 ff. 41 Dazu (mit zahlreichen Nachweisungen): B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 142 f. (m. Anm. 5), 149, 331 ff. 42 Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 306 f., 334. 43 Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 101 f., 127, 148, 330 f. 39

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verlängerte Startbahn zu untertunneln 44. Diese wenigen Beispiele zeigen bereits, in wieviel Fällen allein ein Zusammentreffen nur zweier Bauplanfeststellungen möglich ist. b) Schwieriger und in planungsrechtlicher Hinsicht weitaus verwickelter sind die Fälle, wo sich in einem bestimmten Planungsbereich die gleichzeitig betriebenen Planungen mehrerer Planungsträger berühren, überlagern oder durchdringen. Als Beispiel des Zusammentreffens von Planungen und Planfeststellungen auf größerem Raum seien die Arbeiten für den Bamberger Hafen im Zuge der bis 1961 zu vollendenden Großschiffahrtsstraße von der Mainmündung bis Bamberg genannt45. Hier bedarf es entsprechender Eisenbahn- und Straßenanschlüsse, die inzwischen durchprojektiert oder gar schon im Bau sind. Solche Bauvorhaben lassen sich heutzutage nur durchführen, wenn die verschiedenen beteiligten Verkehrsträger ihre Planungen von vornherein gemeinsam betreiben oder doch laufend aufeinander abstimmen. Die größten Schwierigkeiten verursacht in der Praxis die gegenwärtige Rechtszersplitterung, das mehr oder weniger beziehungslose Nebeneinander gesetzlicher Regelungen, mit einem Wort: das Fehlen eines jeglichen Planungssystems aber dort, wo sich die Planungen der verschiedenen Planungsträger auf engstem Raum treffen, nämlich in den Großstädten. Insoweit braucht nur auf die Verkehrsmisere ζ. B. in Bonn, Frankfurt, Hamburg und München, aber auch in Städten wie Mainz und Rüdesheim hingewiesen zu werden 46. Die Verkehrsver-

44

Vgl. dazu den Bericht in der „Frankfurter Allgemeine" (FAZ) vom 29. 8 .1959. Allerdings gelten hier wegen des militärischen Charakters des Flugplatzes die Sondervorschriften in § 30 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 LuftVG i.d.F. v. 1959. 45 Vgl. dazu S e e b o h m , Die Bundes Wasserstraßen im Jahre 1959, Bulletin der Bundesregierung Nr. 223 vom 16. 12. 1959, S. 2391 ff. (2392). Über die rechtlichen Grundlagen der Rhein-Main-Donau-Verbindung vgl. B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 214 ff. 46 Β ο η η : Mitteilung des Bundesverkehrsministeriums über den „Arbeitsstab ,Bahnanlagen im Bereich der Stadt Bonn4", Bulletin der Bundesregierung Nr. 161 vom 3. 9. 1959, S. 1610; Bericht in der FAZ vom 22. 7. 1959 („S e e b ο h m : ich bin es leid"); T r e u 11 e r, Verbesserung der Verkehrsverhältnisse im Stadtgebiet von Bonn, BBahn 60, 188 ff. F r a n k f u r t : Fotomontage (Allweg-Bahn) im „Heidelberger Tageblatt" vom 5. 2. 1960. M ü n c h e n : Berichte in der FAZ vom 17. 12. 1959 („München beschließt: Unterpflasterstraßenbahn") und vom 17. 2. 1960 („Handelskammer für Münchener S-Bahn"). M a i n z : Bericht in der FAZ vom 1. 9. 1959 („Notschrei der Stadt Mainz"). R ü d e s h e i m : Beantwortung einer Anfrage, Bericht über die 97. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. 1. 1960, S. 5326 (B); Berichte in der FAZ vom 16. 11. 1959

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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hältnisse in einzelnen Großstädten sind heute bereits so, daß eine wirksame A b hilfe nur dadurch zu erreichen ist, daß man den Verkehr mehr als bisher in übereinander gelegenen Ebenen führt 47 . Während in Amerika solche Lösungen schon lange praktiziert werden, stecken wir in Deutschland insoweit noch in den Anfängen 48 . Immerhin sind ζ. B. in München die Überlegungen in dieser Richtung bereits zu - wenn auch kaum realisierbaren - Beschlüssen des Stadtrates gediehen, der Ende 1959, unter Ablehnung der Pläne der Bundesbahn zur Einrichtung einer S-Bahn, entschieden hat, die Straßenbahn unter die Erde zu verlegen 49 . Die drohende oder teilweise heute schon bestehende Verkehrsnot in verschiedenen Großstädten wird somit ganz zwangsläufig ζ. B. zur Errichtung von Kreuzungsbauwerken führen, im Vergleich zu denen die üblichen Kreuzungsanlagen, etwa die Unter- oder Überführungen, wie einfache Gebilde anmuten. Wambsganz 50 hat ein solches über, auf und unter der Erde zu errichtendes Bauwerk mit von oben nach unten durchgehenden Bauteilen, Treppen und Aufzügen sehr anschaulich beschrieben, in dem sich die Verkehrslinien von vier verschiedenen Planungsträgern schneiden. aa) Bei der Planung (Planfeststellung), der Vorbereitung (insbesondere der Beschaffung des nötigen Grund und Bodens im Wege der Enteignung) 51 und bei der Errichtung solcher Bauwerke, aber überhaupt bei der als Einheit 52 zu betrachtenden Verkehrsplanung in den Großstädten, ist der Punkt erreicht, wo das geltende Recht zu kaum noch lösbaren Zuständigkeits- und Verfahrensschwie-

(„Bahn-Tunnel am Rhein verzögern die Elektrifizierung") und vom 17. 12. 1959 („Rüdesheim will Ruhe haben"). 47 Vgl. Begründung zu §4 des Kommissionsentwurfs, S. 38 f.; W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag, S. 65; D e r s e 1 b e , Bauleitplanung, S. 23 ff, 64 f. 48 Die Berührung von in verschiedenen Ebenen geführten Verkehrslinien gibt es natürlich auch in Deutschland schon seit Jahrzehnten. Erinnert sei ζ. B. an die Umsteigemöglichkeiten zwischen Bundesbahn (S-Bahn) und gemeindlicher U-Bahn in den Großstädten (Berlin, Hamburg). Vgl dazu W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag, S. 6 5 ; D e r s e l b e , Bauleitplanung, S. 64; ferner die Art. Hochbahn, Schnellbahnen und Untergrundbahnen in: Der Große Brockhaus, 16. Aufl., Bd. 5 (1954), 10 (1956) und 12 (1957); S t a i s c h , Die elektrische S-Bahn in Hamburg - Chronik eines modernen Verkehrsmittels, 1959. 49 Vgl. dazu die Nachweisungen in Anm. 46. 50 Vgl. W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag, S. 6 3 f . ; D e r s e l b e , Bauleitplanung, S. 24 f , 64 f. 51 Vgl. dazu W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag, S. 66; D e r s e l b e , Bauleitplanung, S. 64 f. (65). 52 Dazu W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S. 23 f., 63 ff. (65).

40

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rigkeiten führt und letztlich unpraktikabel wird 5 3 . Denn was nützen die zahlreichen, sorgsam in einer Unzahl von Gesetzen des Bundes und der Länder niedergelegten Zuständigkeitsabgrenzungen und Verfahrensregelungen, wenn sie in einem engen Planungsbereich oder gar in einem einzigen Bauwerk zusammentreffen, wo oder das nur nach einheitlichen Gesichtspunkten geplant und gebaut werden kann. Es sind diese harten, von der Praxis diktierten Notwendigkeiten, die dazu geführt haben, daß heute in solchen Fällen die bestehenden Zuständigkeitsgrenzpfähle weitgehend ignoriert werden und in vielen Großstädten der allein Erfolg versprechende W e g der B i l d u n g von Fach- oder

Koordinierungsausschüssen,

Arbeitsstäben und ähnlichen Gremien beschritten wird 5 4 . In diesen Gremien werden regelmäßig die Belange des Bundes, der Bundesbahn, des Landes, der Stadt sowie der umliegenden Landkreise aufeinander abgestimmt und die Planungen auf Grund übereinstimmender Entscheidungen so weit vorangetrieben, daß jedenfalls die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung und Beteiligung der einzelnen Behörden und Stellen nur mehr eine Formsache ist 55 . Mit Recht hat Wambsganz in Bezug auf diese Gremien festgestellt, daß die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zuständigkeit oder nach der Planungshoheit jede dieser Arbeitssitzungen sprengen müßte 56 . Diese in den Großstädten zu beobachtende Gemeinschaftsarbeit von Bund, Bundesbahn, Land und Gemeinde beruht natürlich auf der freiwilligen Mitarbeit aller Beteiligten57. Der Alleingang eines einzelnen Planungsträgers, der ihm praktisch durch keine Gesetzesvorschrift verwehrt wird, kann eine solche gemeinschaftliche Planung völlig vereiteln. Die langwierigen, wegen der Widerstände der Stadt Bonn und der dortigen Universität andauernden Verhandlungen über die Linienführung der Bonner Umgehungsstraße58 sind ein anschauliches Beispiel hierfür ebenso wie der schon erwähnte, ohne Abstimmung mit den übrigen

53 Dazu ausführlich W a m b s g a n z , Bauleitungsplan, S. 21 ff. (23 ff, 28 ff, 30 f., 35 ff), 63 ff, 71 ff; auch D e r s e l b e , Diskussionsbeitrag, S. 64 ff. 54 Dazu W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S. 23, 31, 63 ff. 55 W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S. 23. - Durch diese Koordinierung der einzelnen Planungen werden natürlich die gesetzlich vorgeschriebenen Planfeststellungsverfahren nicht überflüssig gemacht, zumal ihr Zweck nicht nur der Ausgleich der beteiligten öffentlichen Interessen ist. 56 Vgl. W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S. 31. 57 Vgl. W a m b s g a n z , Bauleitplanung, S. 24, 63; auch schon D e r s e l b e , Diskussionsbeitrag, S. 64 ff. 58 Vgl. den Bericht in der FAZ vom 22.7.1959 (vgl. Anm. 46).

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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Beteiligten herbeigeführte Beschluß des Münchener Stadtrats, die Straßenbahn unter die Erde zu verlegen 59. bb) Die Erkenntnis, daß getrennte und erst nachträglich aufeinander abgestimmte Planungen verschiedener Planungsträger innerhalb desselben Gebietes in vielen Fällen nicht zu den sachlich zweckmäßigsten und wirtschaftlich günstigsten Lösungen führen, insoweit also auf eine gemeinsame einheitliche Planung nicht verzichtet werden kann, hatte die Hauptkommission für die Baugesetzgebung beim Bundesminister für Wohnungsbau bekanntlich dazu veranlaßt 60 , in §4 ihres Entwurfs eines Baugesetzes die Möglichkeit des - auch zwangsweisen61 - Zusammenschlusses von Gemeinden und anderen Planungsträgern zu Planungsverbänden, d. h. zu Körperschaften des öffentlichen Rechts, vorzusehen. Die Hauptkommission ging sogar so weit, bei fehlender Übereinstimmung der beteiligten Planungsträger über die gemeinsame Planung eine Entscheidungsbefugnis der Landesregierung oder der Bundesregierung zu normieren 62. Der vom Planungsverband beschlossene gemeinsame verbindliche Plan, der von der Landesregierung durch Rechtsverordnung als Bebauungsplan festzusetzen ist, sollte an die Stelle der sonstigen Planfestsetzungen, also auch an die Stelle der als Verwaltungsakte zu qualifizierenden Bauplanfeststellungen treten 63. Der Kommissionsentwurf zeichnete sich meines Erachtens dadurch aus, daß er in Erkenntnis der von der Praxis diktierten Notwendigkeiten an manchen Stellen verfassungsrechtliche Bedenken ignorierte und Normierungen enthielt, die nicht durchzusetzen waren. So finden sich in § 25 des Kommissionsentwurfs 64 auch noch einschneidende Vorschriften über das Verhältnis der gemeindlichen Planung zu den als Sonderplanungen bezeichneten Planungen des Bundes und der Länder bzw. zu sonstigen nichtgemeindlichen öffentlichen Planungen, die nach geltendem Recht jedenfalls zum Teil auf Sondergesetzen des Bundes beruhen, die den landesrechtlichen Vorschriften vorgehen. Es ist bezeichnend, daß der Regierungsentwurf

des Bundesbaugesetzes 65

die

wirklich heißen Eisen ausgeklammert und an dem beziehungslosen Nebeneinander von gemeindlicher Planung und Sonderplanungen grundsätzlich nichts ge59

Vgl. oben zu Anm. 49. Vgl. Begründung zum Kommissionsentwurf, S. 24 (unter III 4), 38 f. (zu § 4). 61 Vgl. §4 Abs. 7 des Kommissionsentwurfs. 62 Vgl. §4 Abs. 6 des Kommissionsentwurfs. 63 Vgl. §4 Abs. 3 Nr. 3 des Kommissionsentwurfs. 64 Vgl. dazu Begründung zum Kommissionsentwurf, S. 23 f. (unter III 4), 43 (zu §§ 12, 13), 46 f., 50 (zu §25); auch W a m b s g a n z , Diskussionsbeitrag, S. 64. 65 Vgl. Anm. 4. 60

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ändert hatte. Zwar sah auch §4 des Regierungsentwurfs die - selbst zwangsweise, der Landesregierung obliegende - Bildung von Planungsverbänden vor 66 . Die Fassung der Vorschrift war jedoch wesentlich harmloser als im Entwurf der Hauptkommission. Gestrichen war vor allem der Stichentscheid der Landes - oder Bundesregierung für den Fall, daß ein übereinstimmender Beschluß der Mitglieder des Planungsverbandes nicht zustande kommt. Einen entsprechenden Änderungsvorschlag des Bundesrates 67, der allerdings allein darauf zielte, unter Einbruch in die zum Teil verfassungsrechtlich abgesicherte Planungshoheit des Bundes, der Landesregierung oder der von ihr bestimmten Behörde eine dahingehende Entscheidungsbefugnis einzuräumen, hatte die Bundesregierung mit ausführlicher und wohl richtiger Begründung abgelehnt68. Denn der Vorschlag des Bundesrates würde im Ergebnis für die Planungsträger des Bundes im städtebaulichen Bereich die Übertragung der Planungshoheit auf die Länder bedeutet haben. Für den Bund ist aber nach Auffassung der Bundesregierung schon die zwangsweise Einbeziehung seiner Planungsträger in einen Planungsverband politisch nur tragbar, wenn sichergestellt ist, daß diese in der Sache nicht überstimmt werden können. Die endgültige Fassung des § 4 (Abs. 2 und 3) BBauG trägt den genannten Bedenken der Bundesregierung insofern Rechnung, als der zwangsweise Zlisammenschluß zu einem Planungsverband und die Festsetzung von Satzung oder Plan durch die Landesregierung 69 - bei Beteiligung des Bundes oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft oder Anstalt - dann nicht in Betracht kommt, wenn die beteiligte Behörde dem widerspricht. In einem solchen Falle erfolgt der Zusammenschluß oder die Festsetzung nach Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Landesregierung 70. Jedenfalls war der vom Bundesrat vorgeschlagene alleinige Stichentscheid der Landesregierung kennzeichnend für die Taktik der Ländervertretung bzw. der Länder, die zwar einerseits jegliche Form der nach Mischverwaltung aussehenden Einflußnahme des Bundes auf die Landesverwaltung zu verhindern suchen, sich andererseits aber nicht scheuen, selbst in den Bereich der bundesei-

66

Dazu Begründung zu § 4 des Regierungsentwurfs, aaO S. 63. Vgl. die Stellungnahme des Bundesrates (Ziff. 7) zu §4 Abs. 3 Nr. 2 des Regierungsentwurfs, aaO S. 121. 68 Vgl. die Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates, S. 136 (zu 7.) 69 Bei fehlender Einigung zwischen den Mitgliedern des Planungsverbandes. 70 Vgl. dazu den Bericht des Abg. H e s b e r g, BT-Drucks, zu 1794 (3. Wahlperiode 1957), S. 3 f. (zu §4). 67

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genen Verwaltung noch viel weitergehende Breschen zu schlagen, was ihnen in einzelnen Fällen auch schon geglückt ist 71 . Neben der Entschärfung der Bestimmungen über Planungsverbände läßt das Bundesbaugesetz, worauf besonders hinzuweisen ist, die Bauplanfeststellungen auf Grund der Sondergesetze nahezu völlig unberührt 72 . Die nach solchen Gesetzen getroffenen Festsetzungen sollen nach § 9 Abs. 4 73 nur nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen werden und nehmen an der Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplanes nicht teil. Eine entsprechende Vorschrift fand sich zwar bereits in § 12 Abs. 3 des Kommissionsentwurfs 74. Jedoch ist die eine Verklammerung der Planfeststellungen herstellende Regelung des §25 des Kommissionsentwurfs 75 ersatzlos unter den Tisch gefallen. Nur in § 183 BBauG76 ist in Anlehnung an § 269 des Kommissionsentwurfs 77 eine - gegenüber dem bisherigen Recht (§ 17 Abs. 3 FStrG) 78 noch engere - Verzahnung zwischen gemeindlicher Planung und straßenbaurechtlicher Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz insofern herbeigeführt, als die einen Verwaltungsakt darstellende straßenbaurechtliche Planfeststellung durch den Bebauungsplan ersetzt wird. Lediglich für notwendige Ergänzungen wird eine straßenbaurechtliche Planfeststellung noch in Frage kommen. Damit hat die gemeindliche Planung bzw. der Bebauungsplan kraft Bundesrechts den Vorrang vor den Planfeststellungen des Bundesfernstraßengesetzes 80. cc) In diesem Zusammenhang bleibt daraufhinzuweisen, daß ζ. B. auch das Bayerische Straßen- und Wegegesetz in Art. 36 Abs. 3 eine dem bisher gelten -

71

Vgl. dazu unten zu Anm. 144 ff. und 170 ff. Hierzu und zum Folgenden vgl. Begründung zu § 12 Abs. 4 des Regierungsentwurfs eines Bundesbaugesetzes, S. 65. Für das geltende Recht vgl. auch E r n s t - F r i e d e , Kommentar zum Aufbaugesetz von Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl. 1958, §§ 5-7 Anm. 3 (S. 105), § 10 Anm. 4 (S. 125). 73 Vgl. auch §5 Abs. 5 BBauG: „Planungen und sonstige Nutzungsregelungen, die nach anderen gesetzlichen Vorschriften festgelegt sind, sollen nachrichtlich übernommen werden. Sind derartige Festsetzungen in Aussicht genommen, so sollen sie im F l ä c h e n n u t z u n g s p l a n vermerkt werden." 74 Vgl. dazu Begründung zu §§ 12 und 13 des Kommissionsentwurfs, S. 43. 75 Vgl. dazu Anm. 64; ferner § 38 BBauG. 76 Vgl. die - allerdings wenig aufschlußreiche - Begründung zu §221 des Regierungsentwurfs, aaO S. 120. 77 Vgl. dazu die Begründung zu § 269 des Kommissionsentwurfs, S. 223. 78 Dazu ausführlich B l ü m e l , DÖV 59, 669 ff. (mit weiteren Nachweisungen). 80 Vgl. Begründung zu §269 des Kommissionsentwurfs, S. 223. - Noch nicht ausreichend geklärt erscheint mir allerdings das Verhältnis des neuen § 17 Abs. 3 FStrG zu § 16 Abs. 2 FStrG. Zu § 16 Abs. 2 FStrG vgl. M a r s c h a 11 aaO § 16 Anm. 2 (S. 209 f.). 72

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den § 17 Abs. 3 FStrG nachgebildete Bestimmung enthält 81 . Danach entfällt die straßenbaurechtliche Planfeststellung, wenn das Bauvorhaben im Bereich von festgesetzten Baulinienplänen oder anderen förmlich festgesetzten endgültigen städtebaulichen Plänen liegt, denen der Träger der Straßenbaulast zugestimmt hat 82 . Das Besondere im bayerischen Recht besteht auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts natürlich darin, daß hier nicht wie im Regelfalle des § 17 Abs. 3 FStrG ein Verwaltungsakt durch eine Rechtsnorm, sondern nur ein Verwaltungsakt durch einen anderen Verwaltungsakt - den Baulinienplan83 - ersetzt wird 84 . Mit § 17 Abs. 3 FStrG in der bisher geltenden Fassung stimmt bezeichnenderweise auch überein § 28 Abs. 3 des Entwurfs eines Personenbeförderungsgesetzes85. Sind Straßenbahnanlagen in förmlich festgestellten städtebaulichen Plänen unter Mitwirkung der Genehmigungsbehörden ausgewiesen, so ersetzen die städtebaulichen Pläne die einen Verwaltungsakt darstellende personenbeförderungsrechtliche Planfeststellung. Nur soweit eine Ergänzung nötig ist, ist die personenbeförderungsrechtliche Planfeststellung insoweit zusätzlich durchzuführen. Um aufzuzeigen, was alles in der personenbeförderungsrechtlichen Planfeststellung geregelt werden kann, sei noch auf § 35 desselben Entwurfs hingewiesen 86 , wonach über die Verpflichtung zur Duldung der Anbringung oder Errichtung von Haltevorrichtungen für elektrische Leitungen usw. im Planfeststellungsverfahren zu entscheiden ist. Dies gilt dann auch im Falle des § 28 Abs. 3 des Entwurfs. Der von der Rechtsprechung heraufbeschworene Dualismus in der rechtlichen Qualifizierung der Planfeststellungen - hier Norm, dort Verwaltungsakt kann natürlich als rechtmäßig nur so lange anerkannt werden, als er mit Verfassungsvorschriften oder Grundsätzen unserer Rechtsordnung nicht in Widerspruch gerät. Gerade dies ist aber heute auf Grund der vielen Berührungspunkte, Überschneidungen und Verflechtungen der Planungen und Planfeststellungs-

81

Dazu S i e d e r - Ζ e i 11 e r aaO Art. 36 Randnr. 61 ff., 68 ff. (S. 279 ff., 281 ff.). Ebenso § 38 Abs. 2 Entwurf (NRW)StrG. 83 Dazu Β V e r w G vom 24.8.1956, DVB1. 56, 720 = JZ 56, 667. 84 Anders wird die Rechtslage allerdings nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes (§ 189) sein. 85 Vgl. Anm. 14. 86 Diese Bestimmung ist sinngemäß § 14 Abs. 3 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Straßenbahn-Bau- und -Betriebsordnung - BOStrab -) vom 13. 11. 1937 (RGBl. I S. 1247) i.d.F. vom 14. 8. 1953 (BGBl. I S. 974) entnommen. Vgl. Begründung zu § 35 Entwurf PBefG (S. 30). 82

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verfahren, denen die genannten, an sich folgerichtigen Vorschriften Rechnung zu tragen versuchen, der Fall. Am Beispiel des § 17 Abs. 3 FStrG habe ich in einem früheren Aufsatz dargelegt 87, daß der Dualismus in der Qualifizierung der Planfeststellungen zur Verkürzung des Rechtsschutzes führen kann, weil das geltende Recht dem Träger der Straßenbaulast die Wahlmöglichkeit (Freiheit) gibt, Bundesfernstraßen im Gemeindebereich entweder auf Grund einer straßenbaurechtlichen Planfeststellung oder auf Grund eines städtebaulichen Planes zu bauen. So hat man sich denn auch in Nordrhein-Westfalen tatsächlich eine Zeitlang diese Vertauschbarkeit der Verfahren zunutze gemacht und Bundesfernstraßen auf Grund von Fluchtlinienfestsetzungen nach § 16 der Ruhrsiedlungsverbandsordnung 88 gebaut, in der - allerdings irrigen - Meinung, damit schneller und besser zum Ziele gelangen zu können 88a . Die Frage des Rechtsschutzes mag hier jedoch auf sich beruhen. Was in diesem Zusammenhang mehr interessiert ist das Problem, ob Festsetzungen, die nach geltendem Recht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind, diesen Charakter dadurch verlieren, daß man sie - in der genau gleichen Ausgestaltung - in einen städtebaulichen Plan übernimmt. Schon die Frage stellen heißt sie verneinen. Denn es ist nicht einzusehen, warum ζ. B. die Entscheidung über die Verpflichtung eines Grundeigentümers zur Duldung der genannten technischen Einrichtungen für Straßenbahnen und Obusse aus einem Verwaltungsakt in eine

87

Vgl. B l ü m e l , DÖV 59, 665 ff (669 ff.). Gesetz, betr. Verbandsordnung für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk, vom 5. 5. 1920 (GS S. 286). Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 164 f. (mit weiteren Nachweisungen); H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen S. 338. 88a Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überleitungsregelung in §6 Abs. 1 des Überleitungsgesetzes für die Bundesfernstraßen im Saarland vom 23. 12. 1959 (BGBl. I S. 797): „(1) Planungen nach §2 des Gesetzes Nr. 534 über die saarländischen Autobahnen vom 10. 7. 1956 (Amtsblatt des Saarlandes. S. 1021) stehen Planungen nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes, Planungen nach dem Gesetz Nr. 50 über Planung und Städtebau im Saarland vom 30. 7. 1948 (Amtsblatt des Saarlandes S. 1198) für die in der Anlage aufgeführten Autobahnen und Straßen stehen Planfeststellungen nach §§ 17 und 18 des Bundesfernstraßengesetzes gleich. Anhängige Verfahren zur Feststellung von Plänen können nach dem bisher geltenden Recht zu Ende geführt werden, wenn die öffentliche Auslegung des Generalplanteils nach §11 des Gesetzes Nr. 50 vor dem 1. Januar 1960 verfügt worden ist." Dazu Amtl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. 1236 (3. Wahlperiode 1957), S. 6 f. (zu §6); Schriftlicher Bericht des BT-Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen, BT-Drucks. 1386 (3. Wahlperiode 1957), S. 2 (zu § 6). - Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Begründung zu dem - inzwischen gegenstandslos gewordenen § 124 a des (noch nicht veröffentlichten) Referentenentwurfs eines Bundesenteignungßgesetzes (Fassung Februar/Dezember 1958). 88

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Rechtsnorm umschlägt, nur weil sie in einem städtebaulichen Plan getroffen wird. Die hier nur kurz erörterten Fälle, die das Bundesverwaltungsgericht bisher nicht beachtet hat, müßten eigentlich zwangsläufig zu einer einheitlichen Qualifizierung aller Planfeststellungen als Verwaltungsakte fuhren, denn der umgekehrte Weg, sämtliche Bauplanfeststellungen als Rechtsnormen einzuordnen, scheitert am geltenden Recht 89 . Allenfalls ließe sich - wenigstens theoretisch eine Kompromißlösung dadurch finden, daß man die städtebaulichen Pläne zwar weiterhin als Rechtsnormen behandelt, solche in ihnen enthaltenen Festsetzungen jedoch, die normalerweise in anderen Bauplanfeststellungsverfahren getroffen werden, als anfechtbare Bestandteile (Verwaltungsakte) qualifiziert. Daß eine solche Lösung, die Ernst-Friede 90 bereits für den atypischen Fall der Wegeeinziehung im Durchführungsplan nach §12 Abs. 1 Buchst, c des nordrheinwestfalischen Aufbaugesetzes 91 vorgeschlagen haben, mitunter zu kaum überwindbaren Abgrenzungsschwierigkeiten fuhrt, braucht allerdings, da allzu offensichtlich, nicht näher begründet werden. dd) Die unterschiedliche rechtliche Einordnung der Feststellung von Fluchtlinienplänen usw. einerseits und der Bauplanfeststellungen andererseits führt im Falle der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung , ζ. B. beim Bau eines neuen Bahnhofsgebäudes, noch zu einem anderen Problem - oder Kuriosum, wie man es nennen will 9 2 ! Dieser Dualismus eröffnet nämlich die - in unserer Rechtsordnung sonst nirgends anzutreffende - Möglichkeit, daß im Kollisionsfalle ein Verwaltungsakt (die eisenbahnrechtliche Planstellung) eine Rechtsnorm (den entgegenstehenden Fluchtlinien- oder Bebauungsplan) ipso jure abändert oder außer Kraft setzt93. Überspitzt kann man für das geltende Recht in Anlehnung an Art. 31 GG auch formulieren: „Bundesverwaltungsakt bricht Landesrecht", wenn

89

Dazu B l ü m e l , DÖV 59, 671 (m. Anm. 75). Vgl. E r n s t - F r i e d e aaO §10 Anm. 6 (S. 132 f.), §12 Anm. 4 (S. 144 f.); B l ü m e l , DÖV 59, 670 (Anm. 75 a. E.). 91 Gesetz über Maßnahmen zum Aufbau in den Gemeinden (Aufbaugesetz) i.d.F. vom 29. 4. 1952 (GVB1. S. 75). 92 Hierzu und zum Folgenden vgl. (jeweils mit weiteren Nach Weisungen): B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 122 ff; H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 339 f. 93 Unklar S i e d e r - Ζ e i 11 e r , Art. 36 Randnr. 72 (S. 282). Umgekehrt kann eine spätere Fluchtlinienfestsetzung einer früheren eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nichts anhaben. Die Fluchtlinienfestsetzung ist insoweit, als sie mit der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung kollidiert, nicht durchführbar. Dazu ausführlich B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 158 ff; H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 339 f., 391. 90

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man sich im klaren darüber ist, daß hier nicht das Verhältnis Bund-Land (bzw. Gemeinde), sondern das Verhältnis von Verwaltungsakt und Norm problematisch ist. Hiergegen kann man nicht einwenden, insoweit bestehe nur ein Scheinproblem: denn weder handelt es sich um das normale Verhältnis von Norm und Verwaltungsakt 94, noch beruht der Effekt, daß eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung eine Fluchtlinienfestsetzung abändern oder außer Wirkung setzen kann, allein oder doch vorwiegend auf dem Vorrang des Bundesbahngesetzes als Bundesrecht vor dem Landesrecht 95, also ζ. B. dem preußischen Fluchtliniengesetz96. Dagegen spricht einmal, daß die eisenbahnrechtliche Planfeststellung der Fluchtlinienfestsetzung in Preußen bereits vor der Verreichlichung der Staatseisenbahnen97 vorging 98 , zum zweiten, daß in absehbarer Zeit die Aufstellung der Bebauungspläne bundesrechtlich - im Bundesbaugesetz - geregelt sein wird. Aber auch dann wird die eisenbahnrechtliche Planfeststellung sowohl nach dem Bundesbahngesetz als auch nach den Landeseisenbahngesetzen den Vorrang vor der Bebauungsplanfeststellung haben, wobei man diese Bevorzugung entweder mit dem Sondercharaktef* 9 des § 36 BBahnG100 und der entspre-

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Dazu F ο r s t h ο f f aaO S. 2 ff., 13 ff., 73 ff. Zum Vorrang des Bundesbahngesetzes als Bundesrecht vor dem Landesrecht vgl. Κ r u c h e η , Die Berücksichtigung der Bundesbahnplanungen durch die Baubehörden, BBahn 50, 135 ff. (136, 138); B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 159 (Anm. 2), 162 (Anm. 1); H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 339, 391. 96 Gesetz, betr. die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften, vom 27.1875 (GS S. 56\), jetzt geltend i.d.F. der Verordnung vom 30. 1. 1939 (RGBl. I S. 106) - PrFluchtlG -. 97 Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 244 ff. 98 Vgl. B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 122 f.; auch im folgenden Text zu Anm. 106. 99 Über die Sätze „lex specialis derogat legi generali" sowie „lex posterior generalis non derogat legi priori speciali" und deren Verhältnis zu Art. 31 GG („Bundesrecht bricht Landesrecht") vgl. H e η s e 1, Die Rangordnung der Rechtsquellen, insbesondere das Verhältnis von Reichs- und Landesgesetzgebung, HdbDStR Bd. 2 (1932). S. 313 ff. (314); A n s c h ü t z , Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. 8. 1919, Kommentar, 4. Bearb. (14. Aufl.) 1933, Art. 13 Anm. 2 (S. 102 f.); Η . J. W o l f f , Verwaltungsrecht I, Ein Studienbuch, 3. Aufl. 1959, S. 108; M a u η ζ , Deutsches Staatsrecht, Ein Studienbuch, 9. Aufl. 1959, S. 175; M a u n z - D ü r i g , Grundgesetz, Kommentar, Loseblattausgabe, 2. Lieferung, Juli 1959, Art. 31 Randnr. 13 (Erl. II 5). 100 Dazu Κ r u c h e η , BBahn 50, 136; W i n t e r , Das neue öffentliche Leistungsrecht und die Deutsche Bundesbahn, ebenda 58, 72 ff. (80); B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 159 (Anm. 2), 161 (Anm. 1); H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 339. Vgl. auch oben zu Anm. 72 ff. 95

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chenden Bestimmungen der Landeseisenbahngesetze101 oder - in Ansehung des § 36 BBahnG - auch mit dem in § 16 Abs. 2 Satz 3 FStrG enthaltenen, allgemein gültigen Satz begründen kann, daß die Bundesplanung grundsätzlich den Vorrang vor der Orts - oder Landesplanung hat 102 . Die hier auftauchende Problematik hatte bis 1945 allerdings deshalb nicht die Bedeutung wie heute, weil man sich früher über die Rechtsnatur sowohl der unanfechtbaren eisenbahnrechtlichen Planfeststellung 103 als auch der Fluchtlinienfestsetzung 104 nicht den Kopf zu zerbrechen brauchte. Zweifelhaft war daher ursprünglich nur das Verhältnis der §§ 4 und 14 des preußischen Eisenbahngesetzes aus dem Jahre 1838105 zu den Bestimmungen des im Jahre 1875 in Kraft getretenen preußischen Fluchtliniengesetzes als solches 106 . Nach § 10 Abs. 1 PrFluchtlG kann nämlich jede Fluchtlinienfestsetzung nur nach Maßgabe dieses Gesetzes aufgehoben oder geändert werden. Im übrigen wurden seinerzeit gemäß § 19 Abs. 1 FrFluchtlG alle den Bestimmungen dieses Gesetzes entgegenstehenden allgemeinen oder besonderen gesetzlichen Vorschriften aufgehoben. Trotz dieser an sich eindeutigen Vorschriften und trotz des Fehlens eines entsprechenden Vorbehalts wurde jedoch seit jeher in Verwaltungspraxis und Literatur einhellig die Auffassung vertreten, daß die ministeriellen Befugnisse aus §§4 und 14 PrEisenbG unberührt geblieben seien. Das hatte zur Folge, daß in Preußen ein Eisenbahnbauplan im Widerspruch zu einem bestehenden Fluchtlinien· oder Bebauungsplan festgestellt werden konnte, und zwar ohne Mitwirkung oder Widerspruchsrecht der zur Feststellung solcher Pläne berufenen Behörden. Dieser Vorrang einer Bauplanfeststellung vor der Fluchtlinienfestsetzung, der, wie sich aus Nr. 6 und 16 Planfeststellungsrichtlinien FStrG ergibt 107 , teil-

101 Auch die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach den Landeseisenbahngesetzen wird der Bebauungsplanfeststellung auf Grund des Bundesbaugesstzes vorgehen. Vgl. Begründung zu § 12 Abs. 4 des Regierungsentwurfs eines Bundesbaugesetzes aaO S. 65. 102 Vgl. dazu M a r s c h a 11 aaO § 16 Anm. 2 (S. 209 f.). 103 Zur Unanfechtbarkeit der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach früherem Recht vgl. ausführlich B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 128, 268 ff. (mit weiteren Nachweisungen). 104 Über die Abwehr- und Einwirkungsmöglichkeiten der betroffenen Grundeigentümer im Fluchtlinienfestsetzungsverfahren vgl. B l ü m e l , DÖV 59, 667 f. (668 m. Anm. 41 und 42); D e r s e l b e , Bauplanfeststellung, S. 156 f. 105 Vgl. oben in Anm. 10 a. E. 106 Vgl. oben Anm. 98. 107 Nr. 6 und 16 Planfeststellungsrichtlinien FStrG (Nordrhein-Westfalen) - vgl. oben Anm. 25 - lauten:

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weise auch noch im Verhältnis der straßenbaurechtlichen Planfeststellung zur Fluchtlinienfestsetzung gilt, ist ein weiteres Argument gegen die verschiedenartige rechtliche Qualifizierung der Planfeststellungen. Denn die Ausschaltung einer Rechtsnorm durch einen Verwaltungsakt in der geschilderten Form, d. h. in einem zu einem Verwaltungsakt fuhrenden Planfeststellungsverfahren, kann, jedenfalls nach den bis heute anerkannten Regeln über die Rangordnung und die zeitliche Geltung von Normen 108 , nicht rechtens sein.

I I . Das Zusammentreffen der eisenbahnrechtlichen und der straßenbaurechtlichen Planfeststellung Es kann nicht Aufgabe dieser Untersuchung sein, alle möglichen Fälle des Zusammentreffens von Bauplanfeststellungen untereinander sowie der gemeindlichen Planung mit diesen Bauplanfeststellungen aufzuzählen und für jeden Fall eine Lösung bereitzustellen. Im folgenden soll vielmehr versucht werden, die Rechtslage beim Zusammentreffen der Bauplanfeststellungen untereinander insoweit darzustellen, als die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz beteiligt ist. Dabei wird vor allem auf den Fall des Zusammentreffens der eisenbahnrechtlichen und der straßenbaurechtlichen Planfeststellung (nach Bundes- und Landesrecht) abzustellen sein, zumal die hier angestellten Erwägungen auch für die sonstigen Kollisionsfälle Geltung beanspruchen müssen. 1. Wie bereits eingangs erwähnt 109 , ist die planungsrechtliche Behandlung 1 0 9 3 der Herstellung oder Änderung von Kreuzungsanlagen zwischen Bun-

„6. Planfeststellung unter Abweichung von städtebaulichen Plänen: Enthält ein städtebaulicher Plan keine Festsetzungen für die Bundesfernstraße oder muß von den darin enthaltenen Festsetzungen abgewichen werden, so ist zunächst auf eine entsprechende Änderung hinzuwirken. Würde dadurch die Baudurchführung in untragbarer Weise verzögert, so ist die Planfeststellung durchzuführen, selbst wenn der städtebauliche Plan ursprünglich unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast aufgestellt oder von ihm nachträglich anerkannt worden ist (§ 17 Abs. 3 FStrG)." Baurecht: Wegen der Ersetzung von baurechtlichen Genehmigungen vgl. Nr. 12. Wegen der Beseitigung der Wirkungenförmlich festgestellter Pläne vgl. Nr. 6." 108 Vgl. dazu H e η s e 1 aaO S. 313 ff.; F ο r s t h ο f f aaO S. 136 ff.; H . J . W o l f f aaO S. 105 ff. (107 f.). Vgl. auch M a u n z - D ü r i g aaO Art. 31 Randnummer 7 (Erl. II 1): „Nur Bundesrecht mit Rechtsnormqualität fällt unter Art 31; Regierungs- und Verwaltungsakte des Bundes sind in diesem Sinne kein Bundesrecht (vgl. jedoch Erl. zu Art. 129)." 109 Vgl. oben zu Anm. 39.

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desbahnstrecken und Bundesfernstraßen bis heute umstritten, da es eine gesetzliche Regelung für diesen häufigen Fall des Zusammentreffens nicht gibt. Nach § 36 BBahnG dürfen neue Anlagen der Bundesbahn nur dann gebaut, bestehende Anlagen nur dann geändert werden, wenn der Plan in dem vorgeschriebenen Ve rfahren zuvor festgestellt worden ist. Die Planfeststellung umfaßt die Entscheidung über alle von der Planfeststellung berührten. Interessen. Durch diese Regelung ist eindeutig klargestellt, daß Bundesbahnanlagen110 - in Abweichung vom früheren Recht 111 - schlechthin nur nach vorausgegangener Planfeststellung gebaut oder geändert werden dürfen, wobei je nach Lage des Falles das in § 36 Abs. 2 und 3 BBahnG geregelte Planfeststellungsverfahren mit oder ohne Begutachtung durch die höhere Verwaltungsbehörde durchgeführt wird 112 . Bagatellfälle sollen hier außer Betracht bleiben 113 . Die eisenbahnrechtliche Planfeststellung ist wie die übrigen Bauplanfeststellungen ein rechtsgestal-

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Nicht einzugehen ist in diesem Zusammenhang auf die Frage des privatrechtlichen Eigentums (an der Kreuzungsanlage) beim Zusammentreffen verschiedener Verkehrswege. Vgl. dazu z. B. W i η k 1 e r , Die Bedeutung des Privateigentums bei öffentlichen Sachen, insbesondere beim Zusammentreffen öffentlicher Verkehrswege, in: Beiträge zum Eisenbahnrecht (hrsg. v. W. H a u s t e i n ) , Folge 7 der Schriftenreihe „Die Bundesbahn", 1955, S. 39 ff. (41 ff.). Vgl. auch die - später gegenstandslos gewordene und durch die Verfügung des HVB 8.853 La 23 vom 13. 3. 1956 (Einführungsverfügung zu DV 118) aufgehobene - gemeinsame Verfügung RMV 49 Lw 151/RAB V 1 Lwkw 4, betr. Kreuzungen und andere Berührungen der Reichsautobahnen mit der Reichsbahn, vom 30. 10. 1939. Für die Bundesbahn ist maßgebend die Verfugung der HVB 7.851 Legb (allg) 42, betr. Regelung der Eigentumsverhältnisse bei Kreuzungen, vom 5. 5. 1952, DV 118, Sachgebiet 7 (S. 119). In diesem Zusammenhang ist noch zu verweisen auf Ziff. I 3 b und II 1 der Erläuterungen des Reichs Verkehrsministers und des General Inspektors für das deutsche Straßen wesen zum Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen vom 27. 9. 1943, abgedruckt bei M a r s c h a 11 aaO S. 354 ff; Erlaß des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen Nr. I252/NS 67, betr. Erhebung von Nutzungsgebühren, vom 23. 9. 1944. - Zu der in § 4 des Entwurfs eines Eisenbahnkreuzungsgesetzes (vgl. Anm. 31) geregelten öffentlich-rechtlichen Duldungspflicht der an einer Kreuzungsanlage Beteiligten vgl. die Amtl. Begründung hierzu (aaO S. 6). 110 Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 246 Anm. 1 (mit zahlreichen Nachweisungen). 111 Dazu Einführung zu den Planfeststellungsrichtlinien BBahnG; ferner S a r t e r K i t t e l aaO S. 223 ff. (zu § 36 BBahnG). Zum Teil anderer Meinung F i n g e r , Einzelfragen des Bundesbahngesetzes, BBahn 52, 157 ff. (171). 112 Qualifizierte und einfache (interne) Planfeststellung. - Vgl. Nr. 28 und 35 ff. Planfeststellungsrichtlinien BBahnG; H a u s t e i n (M. Koch), Eisenbahnen, S. 160. 113 Dazu Einführung zu den Planfeststellungsrichtlinien BBahnG; Erläuterungsverfügung der HVB 5.872 Ra 1153 vom 6. 3. 1957 (zu Nr. 35/36 Planfeststellungsrichtlinien BBahnG), DV 118, Sachgebiet 5 (S. 49 ff.).

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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tender Verwaltungsakt 114 , durch den alle nach anderen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen und Zustimmungen ersetzt werden 115 . Die gleiche Rechtswirkung ist auch der straßenrechtlichen Planfeststellung nach § 17 FStrG eigen116. Nach dieser Vorschrift dürfen Bundesfernstraßen nur gebaut, bestehende nur geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Allerdings kann nach § 17 Abs. 2 FStrG, anders als nach dem Bundesbahngesetz, bei Änderungen oder Erweiterungen von unwesentlicher Bedeutung eine Planfeststellung unterbleiben. Welche Fälle dazu rechnen, soll in diesem Zusammenhang auf sich beruhen 117 . Immerhin gibt diese Ausnahmevorschrift, die auch in anderen die Planfeststellung regelnden Gesetzen enthalten ist 118 , den Straßenbaubehörden die Möglichkeit, bei der Änderung oder Erweiterung eines Kreuzungsbauwerkes zwischen Schiene und Straße u. U. von der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz abzusehen1183.

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Dazu (mit zahlreichen Nach Weisungen): B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 261 f. (Anm. 3); H a u s t e i η (M . K o c h ) , Eisenbahnen, S. 161 ff. 115 Vgl. Nr. 14 a Planfeststellungsrichtlinien BBahnG. 116 Vgl. §§17 Abs. 1, 18 Abs. 6 FStrG. Dazu M a r s c h a l l aaO §17 Anm. 3 (S. 214), §18 Anm. 5 (S. 240); Β 1 ü m e 1, DÖV 59, 669 (m. Anm. 57); U 1 e aaO §42 Anm. IV 2 e (S. 125 f.); Nr. 2 und 44 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 117 Vgl. dazu M a r s c h a 11 aaO § 17 Anm. 4 (S. 215); Nr. 2 (dazu Anm. 118 a) und 8 des in Anm. 25 genannten Allgemeinen Runderlasses vom 20. 8. 1957 (VkBl. S. 441); Nr. 3 und 4 Planfeststellungsrichtlinien FStrG. 118 Vgl. z. B. Art. 36 Abs. 3 BayStrWG, § 38 Abs. 2 Entwurf (NRW)-StrG; § 13 Abs. 3 (NRW)EisenbG; §31 Abs. 1 S. 3 WHG, §49 (Hamb.)WG; §28 Abs. 2 Entwurf PbefG. 118a Vgl. dazu auch Nr. 2 des in Anm. 25 genannten Allgemeinen Runderlasses vom 20. 8. 1957 (VkBl. S. 441): „(2) Planfeststellung: Ob und wie Kreuzungen neuer Bundesfernstraßen mit vorhandenen Straßen oder neuer anderer Straßen mit Bundesfernstraßen hergestellt werden, ist im Wege der Planfeststellung zu entscheiden (§ 12 Abs. 4 Satz 1 FStrG). Die Planfeststellung hat dabei auch die notwendigen Änderungen der vorhandenen Straße zu erfassen. Bei neuen Kreuzungen oder Einmündungen wird es sich in der Regel nicht um Fälle unwesentlicher Bedeutung handeln (§ 17 Abs. 2 FStrG), so daß Vereinbarungen mit den Beteiligten die Planfeststellung nur ausnahmsweise ersetzen werden. Eine Ausnahme kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die andere öffentliche Straße die neue Straße ist, und deren Bau in einem Planfeststellungsverfahren nach Landesrecht behandelt wird. Wenn keine Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Träger der Straßenbaulast dieser Straße und dem der Bundesfernstraße bestehen, kann die Vereinbarung über die Änderung der bestehenden Bundesfernstraße in dem vorgenannten Planfeststellungsverfahren mit übernommen werden. Kommt keine Einigung zustande, so müßte für die Änderung der Bundesfernstraße ein besonderes Planfeststellungsverfahren nach §§ 17, 18 FStrG durchgeführt werden."

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In den weitaus meisten Fällen ist die Rechtslage jedoch so, daß nach dem Wortlaut des § 36 BBahnG und der §§17 und 18 FStrG an sich jeweils ein eisenbahnrechtliches und ein straßenbaurechtliches Planfeststellungsverfahren durchzuführen wären. Bedeutet dies nun, daß die Pläne für die Herstellung oder Änderung eines Kreuzungsbauwerkes zweimal, d. h. in zwei getrennten Verfahren - also auch mit zwei abschließenden und anfechtbaren Verwaltungsakten festgestellt werden müssen oder genügt es, wenn die Planfeststellung nach einer der beiden Regelungen erfolgt 119 ? A u f diese Frage geben die Straßenbauabteilung (Referat Straßenbaurecht usw.) des Bundesverkehrsministeriums und die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn bzw. die Abteilung Eisenbahnen (Referat öffentliches Eisenbahnrecht) im Bundesverkehrsministerium verschiedene Antworten 120 . Marschall der dieses Problem in seinem Kommentar zum Bundesfernstraßengesetz ausführlich behandelt hat 121 , erscheint die Lösung im Hinblick auf die Rechtsnatur der Planfeststellung als hoheitlicher Verwaltungsakt nicht schwierig. Nach seiner Auffassung gibt es nur eine staatliche Hoheit. Lediglich die Zuständigkeit für die Ausübung dieser Hoheit sei durch die Gesetze verschieden geregelt. Für die Hsenbahnhoheit gelte das Bundesbahngesetz, für die Bundesfernstraßenhoheit das Bundesfernstraßengesetz. Es sei Zweck der Planfeststellungsverfahren nach beiden Gesetzen, die mit dem Bau oder der Änderung dieser Ve rkehrswege zusammenhängenden Angelegenheiten ohne Rücksicht auf sonst gegebene Zuständigkeiten durch einen einzigen, einheitlichen Verwaltungsakt zu ordnen und zu regeln. Mit diesem Zweck stünde es in Widerspruch, wollte man beim Zusammentreffen der beiden Verkehrswege verlangen, daß zwei Verfahren stattfinden müssen. Da es sich in beiden Fällen um Bundesregelungen handele, wäre dies um so unverständlicher, als man ja von den Landesbehörden verlange, daß ihre Zuständigkeiten entfielen. Die Konzentrationswirkung der Planfeststellung müsse sich folgerichtig und ohne besondere gesetzliche Regelung auch auf die in sonstigen Gesetzen vorgeschriebenen Planfeststellungen beziehen, da diese im Grunde nichts anderes als behördliche Genehmigungen Vgl. ferner Nr. 3c und 4 a bb Planfeststellungsrichtlinen FStrG. Die Frage, ob die in den genannten Verwaltungsvorschriften enthaltene Interpretation der §§12 Abs. 4, 6 und 17 Abs. 2 FStrG nicht zu weit geht, soll hier auf sich beruhen. Vgl. dazu jetzt auch S i e d e r - Ζ e i 11 e r , Art. 36 Randnr. 28 f. (S. 272). 1,9 Hierzu und zum Folgenden vgl. auch B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 23; H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 391; S i e d e r - Z e i t l e r aaO Art. 36 Randnr. 24 ff. (S. 271 ff). 120 Die hier mitgeteilte Argumentation beruht zum Teil auf Informationen der genannten Behörden. 121 Vgl. M a r s c h a l 1 aaO §17 Anm. 2, 5 und 10 a. E. (S. 214, 217 f., 229). Dazu kritisch S i e d e r - Ζ e i 11 e r aaO Art. 36 Randnr. 14 ff., 28, 31 (S. 268 f., 272, 273).

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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darstellten. Es bestünden daher keine Bedenken, wenn - unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips - in einem Planfeststellungsverfahren für eine Bundesfernstraße auch über eine Änderung von Bundesbahnanlagen und in einem eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesbahngesetz über die Änderung von Bundesfernstraßenanlagen mit entschieden werde. Letzteres sei früher auch nicht bestritten worden. Da im übrigen in beiden Fällen der Bundesverkehrsminister bei Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bundesbahn und dem Träger der Straßenbaulast entscheidend mitwirke, bleibe letztlich die Bundeszuständigkeit gewahrt (§ 18 Abs. 5 FStrG, § 36 Abs. 3 BBahnG). Bei Änderungen an bestehenden Kreuzungen sei das Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz durchzuführen, wenn überwiegend Straßenanlagen, und das eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren anzuwenden, wenn überwiegend Hsenbahnanlagen geändert werden. Die Abgrenzung von Straßenanlagen und Hsenbahnanlagen ergebe sich aus § 10 KreuzG in Verbindung mit Art. 5 der 1. DVO z. KreuzG 122. Obwohl die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn sofort nach Inkrafttreten des Bundesfernstraßengesetzes die Direktionen angewiesen hatte, in jedem Falle des Zusammentreffens auch ein Planfeststellungsverfahren nach § 36 BBahnG durchzuführen 123, und obwohl bei der Aufstellung der Planfeststellungsrichtlinien BBahnG die hier zur Erörterung stehende Frage bewußt ausgeklammert worden war, hat die von der Straßenbauabteilung im Bundesverkehrsministerium vertretene Auffassung neuerdings, ihren Niederschlag in den umfangreichen Planfeststellungsrichtlinien FStrG gefunden, die vom „Ständigen Ausschuß der Länder für das Straßenbaurecht" entworfen 124 und in den Jahren 1958 und 1959 in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen mit Ergänzungen 122

Auf die Frage, ob die Abgrenzung von Straßenanlagen und Eisenbahnanlagen im Sinne des Kreuzungsrechts auch für die Interpretation des Begriffs „Bundesbahnanlagen" in §36 BBahnG (dazu die Nachweisungen oben in Anm. 110) verwertbar ist, kann hier nicht eingegangen werden. Jedenfalls rechneten früher auch Straßenüberführungen zu den Eisenbahnanlagen. Vgl. dazu Nr. 7 der Richtlinien über die Planfeststellung bei Reichseisenbahnanlagen - Richtlinien der Reichsbahn-Hauptverwaltung zu § 37 RBahnG vom 13. 3. 1930 (RGBl. II S. 369) (46 Ra 95 vom 20. 11. 1934), RBahn 1934, 1269 ff. = S c h a e f e r , Die Gesetze der Reichsautobahnen, 1937, S. 67 ff; W a c h t e l , Grundzüge des Planfeststellungsrechts bei Reichsbahnanlagen, VAE 1/2 (1936), 388 ff., 456 ff. (464); B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 336. Anders jetzt Nr. 25 Planfeststellungsrichtlinien BBahnG, die im übrigen mit Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien RBahnG übereinstimmt. 123 Vgl. dazu die Verfügung der HVB 5.872 Rap. 23 vom 28. 12. 1953 (Einführungserlaß zum Bundesfernstraßengesetz), DV 118 Sachgebiet 8 (S. 23). 124 Vgl. Schreiben (nebst Anlage) des Bundesministers für Verkehr, betr. Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz, vom 2. 4. 1958 (StB 2 - Rplf - 2052 Vms 58).

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und Abweichungen als Dienstvorschrift - nicht etwa als Allgemeine Verwaltungsvorschriften 125 - eingeführt worden sind 126 . In Nr. 7 dieser Planfeststellungsrichtlinien ist das Zusammentreffen von Planfeststellungen ganz allgemein, also nicht nur zwischen Straße und Schiene, im Sinne der Marschallschen Auffassung geregelt worden 127 . Einen breiten Raum in dieser Bestimmung nimmt vor

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Als Allgemeine Verwaltungsvorschriften hätten die Planfeststellungsrichtlinien FStrG nach Art. 85 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Wegen der Vielfalt des zu berücksichtigenden Landesrechts und wegen der Ungewißheit über die Handhabbarkeit der Richtlinien in der vorliegenden Fassung hat man jedoch davon abgesehen, dieselben als Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen. 126 Vgl. oben in Anm. 25. 127 Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG (in der für Nordrhein-Westfalen, geltenden Fassung) lautet: „7. Planfeststellungen auf Grund anderer Gesetze Fremde Bauvorhaben können den Bau einer neuen oder die Änderung einer bestehenden Bundesfernstraße, Bauvorhaben an Bundesfernstraßen bauliche Maßnahmen an fremden Anlagen notwendig machen. Beispiel: Hebung einer Straßenüberführung wegen Elektrifizierung der Eisenbahn. Ist für das fremde Bauvorhaben ebenfalls eine Planfeststellung gesetzlich vorgeschrieben, so können die Pläne entweder nur nach dem Bundesfernstraßengesetz oder nur nach dem anderen Gesetz festgestellt werden; denn die Planfeststellung ist ein staatlicher Hoheitsakt, durch den derselbe Sachverhalt nur einmal geregelt werden kann; deshalb ist nur eine Planfeststellung möglich; werden die Pläne für das gesamte Bauvorhaben (einschließlich der baulichen Auswirkungen auf die andere Anlage) nach dem FStrG festgestellt, so erübrigt sich also die Planfeststellung nach dem anderen Gesetz; das gleiche gilt im umgekehrten Fall. Nach welchem Gesetz die Planfeststellung nun durchzuführen ist, entscheidet sich nach folgenden Gesichtspunkten: a) bestimmt das andere Gesetz, daß die in ihm vorgeschriebene Planfeststellung hinter andere Planfeststellungen zurücktritt, so ist die Planfeststellung nach dem FStrG durchzuführen; Beispiel: Der Wege- und Gewässerplan nach § 41 des Flurbereinigungsgesetzes v. 14. 7. 1953 (BGBl. IS. 591); b) sonst ist entscheidend, welches Bauvorhaben das andere veranlaßt hat. Ist das Stiaßenbauvorhaben die Veranlassung, so ergeht die Planfeststellung nach dem FStrG; hat ein anderes Bauvorhaben erst Straßenbaumaßnahmen zur Folge, so ist der Plan nach den Vorschriften des für das andere Bauvorhaben geltenden Gesetzes festzustellen; Beispiel: Bei Hebung einer Straßenüberführung wegen Elektrifizierung der Eisenbahn wird in der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch über die Änderung der Bundesfernstraße entschieden; c) liegt die Veranlassung sowohl in dem Straßen- wie auch in dem anderen Bauvorhaben oder läßt sich die Veranlassung nicht feststellen, so ist die Planfeststellung nach der gesetzlichen Grundlage für diejenige Anlage durchzuführen, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Beziehungen berührt;

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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allem die Beantwortung der Frage ein, nach welchem Planfeststellungsverfahren vorzugehen ist, wobei nach Buchst, d in Zweifelsfällen eine Entscheidungsbefugnis der obersten Landesstraßenbaubehörde vorgesehen ist. Auf Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG ist in Nr. 13 a in der geltenden Fassung 128 eigenartigerweise auch insoweit verwiesen, als es sich um das Verhältnis der Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz zu der Planfeststellung nach §13 des nordrhein-westfälischen Landeseisenbahngesetzes129 handelt. Daß dies dem geltenden Recht nicht entspricht, wird sich im folgenden ι

·

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noch erweisen Die in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG enthaltene Regelung hätte, ihre Richtigkeit unterstellt, somit zur Folge, daß jeder festgestellte Plan oder jede auf Grund dieser Planfeststellung errichtete Anlage durch oder auf Grund einer späteren Planfeststellung nach anderen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften geändert werden könnte 130 . Die Regelung in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG hat natürlich sofort den Widerspruch der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn ausgelöst.

d) im Zweifelsfalle ist die Entscheidung der obersten Landesstraßenbaubehörde herbeizuführen. In dem Planfeststellungsverfahren (vgl. Nr. 34 ff.) ist der Rechtsträger der anderen Anlage zu beteiligen. Besonderheiten des Planfeststellungsverfahrens nach anderen Vorschriften sind - soweit möglich - zu beachten." Zu Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien im FStrG vgl. jetzt S i e d e r - Z e i t l e r aaO Art. 36 Randnr. 24 ff., 35 ff. (S. 271 ff., 274). 128 Nr. 13 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG (in der für Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung) lautet: „13. Bau- und Betriebsrecht der Eisenbahnen und sonstigen Bahnen a) Über das Verhältnis der Planfeststellung nach dem FStrG zu der Planfeststellung nach §36 des Bundesbahngesetzes v. 13. 12. 1951 (BGBl. I S. 955) sowie nach §13 des Landeseisenbahngesetzes v. 5. 2. 1957 (GV NW S. 11) vgl. Nr. 7." Vgl. in diesem Zusammenhang auch §14 Abs. 5 (NRW)EisenbG und (gleichlautend) § 40 Abs. 4 Entwurf (NRW)StrG: „Die höhere Verwaltungsbehörde (bzw. Straßenbaubehörde) stellt den Plan fest. Bestehen zwischen ihr und einer anderen Behörde Meinungsverschiedenheiten, so ist vorher die Weisung des Ministers für Wirtschaft und Verkehr einzuholen. Der Minister soll sich vor Erteilung der Weisung mit den beteiligten Bundes- und Landesministern ins Benehmen setzen." 129 Vgl. oben in Anm. 10. 129a Vgl. dazu unten zu und in Anm. 153 f. 130 Vgl. M a r s c h a 11 aaO § 17 Anm. 10 a E. (S. 229); Nr. 52 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG.

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In einem Schreiben des Bundesverkehrsministeriums vom 25. 10. 1958131 machte dieser die für den Straßenbau zuständigen Länderminister darauf aufmerksam, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn die in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG niedergelegte Ansicht nicht teilt und bei Änderungen an Bundesbahnanlagen neben der straßenbaurechtlichen Planfeststellung auch eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach § 36 BBahnG für unerläßlich ansieht. Gleichzeitig wurden die Länderminister gebeten, es der Entscheidung der Deutschen Bundesbahn zu überlassen, ob und inwieweit sie unabhängig von der straßenbaurechtlichen Planfeststellung eine Feststellung der Pläne auch nach § 36 BBahnG für erforderlich hält. Die Bedenken der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn und der für die Eisenbahnen zuständigen Abteilung im Bundesverkehrsministerium sind, soweit man dies als Außenstehender überblicken kann, die folgenden: Zunächst wird geltend gemacht, daß es zweifelhaft sei, ob überhaupt ein praktisches Bedürfnis nach einer Zusammenfassung der Verfahren bestehe und ob dies auch zur Verwaltungsvereinfachung führen würde. In der Praxis sei die Feststellung oft schwierig, welcher Verkehrsträger von einer Maßnahme am meisten betroffen oder wer Veranlasser sei. Für die möglichst umfassende Gestaltung der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung spreche auch die praktische Erwägung, daß damit die zuständigen Sachbearbeiter stets über vollständige Planfeststellungsunterlagen verfügten. Gegen die Auffassung Marschalls und seiner Abteilung im Bundesverkehrsministerium bestünden aber auch erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Denn nach Ansicht des Bundesjustizministeriums und des Bundesinnenministeriums betätige sich in der Auftragsverwaltung nicht die Bundeshoheit, sondern die Landeshoheit, eingeschränkt durch ein Weisungsrecht des Bundes. Somit würde bei einer Planfeststellung allein nach dem Bundesfernstraßengesetz landeshoheitlich über Bundesbahnanlagen entschieden. Da dies jedoch dem in Art. 87 GG niedergelegten Grundsatz der bundeseigenen Verwaltung der Bundeseisenbahnen widerspreche, könne das Problem nicht durch eine Verwaltungsvorschrift, sondern nur durch eine gesetzliche Regelung gelöst werden. Die Einwände der Bundesbahn bzw. der zuständigen Abteilung im Bundesverkehrsministerium sind m. E. insoweit nicht stichhaltig, als ihnen praktische Erwägungen zugrunde liegen. Denn es kann wohl kaum geleugnet werden, daß die Beschränkung auf ein Verfahren an Stelle von zwei Verfahren mit Begutachtung eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung bedeuten muß. Dem schon we-

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BMV - StB 2 - Rplf - 2103 Vms 58.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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gen Haftpflicht der Bundesbahn132 legitimen Bedürfnis der zuständigen Sachbearbeiter nach möglichst vollständigen Planfeststellungsunterlagen ließe sich dadurch Rechnung tragen, daß ihnen der andere Planungsträger einfach eine Ausfertigung der in Frage kommenden Planfeststellungsunterlagen überläßt. Auch bleibt darauf hinzuweisen, daß es in den ehemals außerpreußischen Gebieten noch zahlreiche Bundesbahnstrecken gibt, für die Planfeststellungsunterlagen im heutigen Sinne bis jetzt gar nicht vorhanden sind 133 . Was schließlich die Schwierigkeiten bei der Feststellung des Veranlassers oder der überwiegenden Betroffenheit anlangt, so können diese tatsächlich bestehenden Schwierigkeiten zwar nicht geleugnet werden 134 . Die Deutsche Bundesbahn kann sich jedoch auf diese Schwierigkeiten schon deshalb nicht gut berufen, weil sie in genau demselben Umfang bei der von der Bundesbahn erstrebten, auf dem Veranlassungsprinzip beruhenden Kostenregelung bei Kreuzungsänderungen bestehen 135 . Übrig bleiben daher nur die verfassungsrechtlichen und sonstigen rechtlichen Bedenken. Zwar erscheint die Frage noch nicht endgültig geklärt, ob sich in der Auftragsverwaltung eine lediglich durch das Weisungsrecht des Bundes eingeschränkte Landeshoheit betätigt 136 oder ob man bei der Verwaltung der Bundesfernstraßen nicht die insoweit bestehenden Besonderheiten berücksichtigen muß 137 . Auf diese Frage soll hier jedoch deshalb nicht weiter eingegangen werden, weil die verfassungsrechtlichen Bedenken jedenfalls bei solchen Bauplanfeststellungen durchschlagen, die den Landesbehörden kraft der Verwaltungszuständigkeit der Länder obliegen, sei es, daß diese - wie im Falle des Personenbeförderungsgesetzes - ein Bundesgesetz als eigene Angelegenheit voll-

132 Dazu (mit ausführlichen Nachweisungen) B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 268 (Anm. 6). 133 Dazu W a c h t e l , Inwieweit können die Maßnahmen der Verwaltungsbehörden zur Sicherung von Wegübergängen über Reichsbahnstrecken durch die Gerichte überprüft werden?, VAE 3/4 (1937), 213 ff. (225 f.). 134 Vgl. ζ. B. Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrates am 5. 2. 1960 (zum Entwurf eines Eisenbahnkreuzungsgesetzes), S. 289 (A), 290 (D). 135 Vgl. dazu die neue Kostenregelung in §§ 11 ff. des bereits erwähnten Entwurfs eines Eisenbahnkreuzungsgesetzes (Anm. 31). 136 So B G H vom 30. 12. 1954, BGHZ 16, 95; (99 f.); ferner H e r r f a h r d t im Bonner Kommentar, Art. 85 Anm. I und Π 1 (S. 2 und 3); G e r η e r , BayVBl. 55, 194 (zu 2 a); H a m a n n aaO Art. 85 Anm. A B (S. 313); M a u η z aaO S. 203 f.; S i e d e r - Z e i 11 e r aaO Art. 36 Randnr. 28, 31 (S. 272, 273). 137 Dazu Κ ö 11 g e η , JöR Ν. F. Bd. 3 (1954). S. 85 (unter 3), 92 ff. (insbes. S. 94 f.), 135 ff; vgl. auch D e r s e l b e , DÖV 55, 487, 488, 490, 491 ; ferner F ü ß 1 e i η , DVB1. 56,3 (zur Weisung).

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ziehen, sei es, daß es sich - wie im Falle der Landeseisenbahn- und -straßengesetze - um den Landesvollzug von Landesgesetzen handelt. Wenn man die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Auffassung Marschalls bejaht und in der in Nr. 7 der Planfeststellungsrichtlinien FStrG enthaltenen Regelung einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der bundeseigenen Verwaltung der Bundeseisenbahnen erblickt, dann ist allerdings die Folgerung, daß das Zusammentreffen von Planfeststellungen in der vorgesehenen Art lediglich durch einfaches Bundesgesetz 131* geregelt werden könne, nur bedingt richtig. Denn auch die bundesgesetzliche Regelung kann sich nicht über Art. 87 GG hinwegsetzen. Im Ergebnis bedeutet dies, daß in jedem Falle des Zusammentreffens von Planfeststellungen, an denen die Bundesbahn beteiligt ist, in der gesetzlichen Regelung die Bundeszuständigkeit gewahrt bleiben muß, weil andernfalls eine nicht zulässige partielle oder besser punktuelle Übertragung der Planungshoheit auf die Länder vorliegen würde 138 . Sind die verfassungsrechtlichen Bedenken jedenfalls insoweit gerechtfertigt, als die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit solchen Bauplanfeststellungen zusammentrifft, die ausschließlich den Landesbehörden obliegen, so ist doch auch im Verhältnis zur straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz die von Marschall und in den Planfeststellungsrichtlinien FStrG angestrebte Vereinfachung aus anderen Gründen nur auf gesetzlichem Wege zu erreichen. Marschalls Argumente sind nämlich nicht überzeugend. Schon der Ausgangspunkt seiner Argumentation, daß es nur eine staatliche Hoheit gäbe und somit derselbe Sachverhalt nur durch eine einzige Planfeststellung geregelt werden könne, erscheint mir verfehlt 1382 . Wäre diese Argumentation richtig, so wäre überhaupt nicht einzuse-

137a Ganz erhebliche Bedenken gegen die Gültigkeit der Nr. 7, 13 und 52 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG bestehen nach meiner Auffassung auch schon deshalb, weil in wenn auch übereinstimmenden - Dienstvorschriften der Länder das Verhältnis von Bundesgesetzen untereinander sowie von Bundes- und Landesgesetzen gar nicht geregelt werden kann. 138 Vgl. dazu Β V e r f G vom 21. 5. 1952. BVerfGE 1, 299 (311): „...Das schließt nicht aus, daß ein einfaches Bundesgesetz weitere Formen der Einflußnahme der Länder auf die Bildung des Bundeswillens einführt, soweit nicht ausdrückliche Vorschriften des Grundgesetzes entgegenstehen oder Kompetenzen des Bundes ihrer Natur nach nicht beschränkbar sind. Es entspricht derföderalistischen Struktur des Bundes, wenn er bei bestimmten Verwaltungsmaßnahmen den Ländern als solchen oder Landesorganen ein mehr oder weniger weitreichendes Mitwirkungsrecht einräumt..." Zur Frage der möglichen Selbstbeschränkung bundeseigener Verwaltung vgl. auch Κ ö 11 g e η , DÖV 55, 490 (unter II 3 c a. E.); G e m e r , BayVBl. 55, 194 f. (zu 2 b); F ü ß 1 e i η , DVB1. 56, 1 (m. Anm. 11), 2 (unter III), 3 f. (unter IV). ,38a Ähnlich S i e d e r - Ζ e i 11 e r aaO Art. 36 Randnr. 14 f. (S. 268).

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hen, warum für viele andere Bauvorhaben, für die es eine Planfeststellung nicht gibt, mitunter recht zahlreiche Genehmigungen von verschiedenen Behörden in den dafür vorgeschriebenen Verfahren einzuholen sind. Auch in diesen Fällen müßte eine einzige staatliche Genehmigung dann genügen und die nach anderen Gesetzen erforderlichen Genehmigungen usw. überflüssig machen. Ferner läßt sich die Auffassung Marschalls mit der der Planfeststellung eigentümlichen Konzentrationswirkung nicht begründen. Sicher kann man die Planfeststellung als eine qualifizierte Genehmigung ansehen. Ebenso sicher ist aber auf Grund der historischen Entwicklung des Instituts der Planfeststellung 139 , daß der Gesetzgeber mit der Formulierung, die Planfeststellung ersetze alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen „Genehmigungen" usw., nur an gewöhnliche Genehmigungen, nicht aber an Planfeststellungen gedacht hat. Da das Problem des Zusammentreffens von Planfeststellungen seit der Normierung eines zweiten Planfeststellungsverfahrens im preußischen Kleinbahngesetz akut ist und immer wieder gesetzliche Teillösungen ergangen sind 140 , würde man dem Wortlaut der gesetzlichen Umschreibung der Rechtswirkungen der Planfeststellungen Gewalt antun, wenn man unter den Begriff „Genehmigung" auch Planfeststellungen subsumieren würde, zumal diese Planfeststellungen selbst wieder in ihren Rechtswirkungen nicht unerheblich voneinander abweichen141. Im Verhältnis zwischen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz und den in Bundesgesetzen geregelten, aber den Landesbehörden obliegenden Bauplanfeststellungen ist die Auffassung Marschalls und die in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG enthaltene Regel aber noch aus einem anderen Grunde nicht haltbar. Denn während bei Kreuzungen zwischen Bundesbahn und Bundesfernstraßen in beiden Planfeststellungs-

139

Dazu ausführlich B l ü m e l , Bauplanfeststellung, insbes. S. 116 ff. (120 ff), 250 ff. (253 ff.). 140 Auf die historische Entwicklung und die früheren Lösungen des Problems kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 329 ff; ferner die Einzelnachweisungen oben in Anm. 44 ff. 141 Vgl. ζ. B. §9 Abs. 1 Satz 3 LuftVG i. d. F. v. 1959, wonach die Zuständigkeit der für die Baugenehmigungen zuständigen Behörden unberührt bleibt. Eine gleiche Bestimmung soll auf Vorschlag des Bundesrates auch in das neue Personenbeförderungsgesetz aufgenommen werden; vgl. den Änderungsvorschlag des Bundesrates (Ziff. 17) zu §29 Entwurf PBefG (aaO S. 36 ff. - 38 f. -) sowie die (grundsätzlich zustimmende) Stellungnahme der Bundesregierung hierzu (aaO S. 42 ff. - 44 -). Vgl. auch Begründung zu §2 MEntwurf LEisenbG; Begründung zu §2 Entwurf (Nds)GEB, LT-Drucks. Nr. 465 (3.Wahlperiode), S. 1419; § 14 Abs. 1 Entwurf (RhPf.)EisenbG. - Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 22. Vgl. auch unten zu und in Anm. 152.

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verfahren der Bundesverkehrsminister immerhin entscheidend mitwirkt 142 , ist dies ansonsten nicht mehr überall der Fall. Insoweit braucht nur auf § 10 Abs. 6 LuftVG i. d. F. v. 1959143 und auf § 30 Abs. 6 Entwurf PBefG 144 verwiesen zu werden. Nach diesen Vorschriften ist die Stellung des Bundes im jeweiligen Planfeststellungsverfahren, jedenfalls in Ansehung der Bundesbahn, in verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Weise insofern stark gemindert 145 , als in diesen Kollisionsfällen letztlich nicht der Bundesverkehrsminister, sondern die Planfeststellungsbehörde im Benehmen146 mit diesem entscheidet147. Gerade diese verfassungsrechtlich bedenklichen und inkonsequenten, auf Veranlassung des Bundesrates getroffenen Regelungen in Bundesgesetzen148

142

Vgl. §36 Abs. 3 BBahnG, §18 Abs. 5 FStrG; dazu M a r s c h a l l aaO §17 Anm. 5(S. 218). 143 § 10 Abs. 6 LuftVG i. d. F. v. 1959 lautet: „(6) Werden öffentliche Interessen berührt, fur die die Zuständigkeit von Bundesbehörden oder von Behörden, die im Auftrag des Bundes tätig werden, gegeben ist, und kommt eine Verständigung zwischen der Planfeststellungsbehörde und den gpnannten Behörden nicht zustande, so hat die Planfeststellungsbehörde im Benehmen mit dem Bundesminister für Verkehr zu entscheiden." 144 § 30 Abs. 6 Entwurf PBefG stimmt mit § 10 Abs. 6 LuftVG wörtlich überein. 145 Vgl. dazu die Begründung zu §7 d Abs. 6 (jetzt § 10 Abs. 6) LuftVG im Schriftl. Bericht des BT-Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmelde wesen (23. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes, BT-Drucks. 478 (3. Wahlperiode 1957), S. 2: „Diese Änderung bewirkt zwar im Verhältnis zu der Regelung in den anderen Verkehrsgesetzen eine Minderung der Stellung des Bundes im Planfeststellungsverfahren, jedoch glaubte der federführende Ausschuß in Übereinstimmung mit dem Rechtsaus-schuß diesem Änderungsvorschlag des Bundesrates entsprechen zu können, weil der Ausschuß die Wahrscheinlichkeit eines Interessenkonfliktes, der nicht von der Planfeststellungsbehörde im Benehmen mit dem Bundesminister für Verkehr gelöst werden könnte, als gpring ansieht." 146 „Benehmen" bedeutet lediglich „Anhörung", nicht - wie im Falle des „Einvernehmens" - „Verständigung". Vgl. dazu Β V e r f G vom 21.5. 1952, BVerfGE 1, 299 (311 f.); K ö t t g e n , DÖV 55, 487 (unter II 1); G e r n e r , BayVBl. 55, 195 (zu 2 c); F ü ß 1 e i η , DVB1. 56, 1 (Anm. 6). 147 Auf die verfassungsrechtlich interessante Frage, ob insoweit in Ansehung der Bundesbahn nicht ein partieller oder punktueller Einbruch in die verfassungsrechtlich abgesicherte Vollzugshoheit des Bundes vorliegt, wird in der in Anm. 145 zitierten Begründung mit keinem Wort eingegangen. 148 Es ist mehr als eigenartig, daß sich die Länder - abgesehen von NordrheinWestfalen - bei der Neuregelung des Landeseisenbahnrechts (vgl. oben in Anm. 10) und des Landesstraßenrechts (vgl. oben in Anm. 26) ihrer beschränkten Gesetzgpbungs- und Verwaltungszuständigkeit durchaus bewußt waren. Vgl. ζ. B. Begründung zu § 14 Entwurf (Nds.)GEB, LT-Drucks. Nr. 465 (3. Wahlperiode), S. 1422: „Die Planfeststellung ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Sie regelt alle mit dem Bahnbau zusammenhän-

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rechtfertigen den Standpunkt der Bundesbahn, in jedem Falle des Zusammentreffens auf die eigene Planfeststellung nicht zu verzichten. Denn andernfalls besteht durchaus die Möglichkeit, daß Landesbehörden als Planfeststellungsbehörden unter Ignorierung der Einwendungen der nur passiv beteiligten Bundesbahn über die Änderung von Bundesbahnanlagen mitentscheiden. Die Entstehungsgeschichte der genannten Bestimmungen 149 ist im übrigen ein weiteres recht anschauliches Beispiel dafür, mit welcher Taktik und mit welch geradezu widersprüchlichen Argumenten der Bundesrat mitunter versucht, einerseits jede - auch legitime und sachlich notwendige - Einflußnahme des Bundes auf die Landesverwaltung zu verhindern, andererseits aber keine Bedenken hat, die Stellung des Bundes selbst im Bereich der bundeseigenen Verwaltung in verfassungswidriger Weise zu mindern 150 . 2. Die in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG enthaltene Regel widerspricht auch dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht" (Art. 31 GG) 1 5 1 in genden öffentlich-rechtlichen Beziehungen, soweit nicht die Zuständigkeit einer Bundesbehörde begründet ist. Diese Einschränkung gegenüber dem Planfeststellungsrecht zugunsten der Bundesbahn und der Bundesfernstraßen ergibt sich daraus, daß durch ein Landesgesetz nicht in Bundeszuständigkeiten eingegriffen werden kann. Werden im Planfeststellungsverfahren öffentliche Interessen berührt, für die die Zuständigkeit von Bundesbehörden oder Behörden, die im Auftrag des Bundes tätig werden, gegeben ist, und kommt eine Verständigung zwischen der Planfeststellungsbehörde und jener Behörde nicht zustande, so kann die Planfeststellungsbehörde nur insoweit entscheiden, als die zuständige Bundes- oder Auftragsbehörde zugestimmt hat." Fast wörtlich übereinstimmend Begründung zu § 14 Entwurf (RhPf.)-EisenbG, S. 141 und §39 Abs. 7 MEntwurf LStrG. In der Sache ebenso Begründung zu § 15 MEntwurf LEisenbG, S. 8 und Begründung zu §15 Entwurf (SchlH)EisenbG, LT-Drucks. Nr. 405 (3. Wahlperiode), S. 21. - Abweichend nur § 14 Abs. 2 und 5 (NRW)EisenbG und §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 und 4 Entwurf (NRW)StrG (vgl. Anm. 128 Abs. 2). 149 Vgl. §§ 8 Abs. 3, 28 und 29 PrKlBahnG; § 29 DVO z. PBefG. - § 30 Abs. 6 (nebst Begründung) Entwurf eines Personenbeförderungsgesetzes, BT-Drucks. 831 v. 21. 9. 1954 (2. Wahlperiode 1953); Änderungsvorschlag (Nr. 17 c) des Bundesrates (aaO S. 57); Stellungnahme der Bundesregierung hierzu (aaO S. 65); Entwurf nicht mehr verabschiedet. - § 7 d Abs. 6 (nebst Begründung) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes, BR-Drucks. Nr. 274 151 v. 27. 6. 1957 (nicht mehr erledigt), BTDrucks. 100 v. 20. 12. 1957 (3. Wahlperiode 1957); Änderungsvorschlag (Nr. 5) des Bundesrates (aaO S. 22); Stellungnahme der Bundesregierung hierzu (aaO S. 25). - § 30 Abs. 6 (nebst Begründung) Entwurf eines Personenbeförderungsgesetzes, BT-Drucks. 255 v. 8. 3. 1958 (3. Wahlperiode 1957). - Schriftlicher Bericht des 23. Ausschusses (vgl. Anm. 145), BT-Drucks. 478 (3. Wahlperiode 1957). 150 Vgl. dazu auch oben zu Anm. 67 und 71 sowie unten zu Anm. 170 ff. 151 Auf die eigenwillige und von der insoweit einhelligen herrschenden Meinung abweichende Auffassung v. M a n g o l d t - K l e i n s , Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl., 3. Lieferung, 1959, Art. 31 Anm. III 4 u. pass. (S. 759 ff.), nach welcher Art. 31 GG praktisch bedeutungslos ist, kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. dazu

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den Fällen, in denen die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit Planfeststellungen auf Grund von Landesgesetzen zusammentrifft. Hier kann die zuvor kritisierte Argumentation Marschalls schon aus zwei Gründen nicht durchschlagen: einmal handelt es sich bei diesen Planfeststellungen insofern um Bauplanfeststellungen minderen Rechts oder Ranges, als durch sie überhaupt nur landesrechtlichz Genehmigungen usw., in Abwesenheit eines bundesrechtlichen Vorbehalts (Ermächtigung) niemals aber auf Bundesrecht beruhende Genehmigungen ersetzt werden können 152 . Wenn letzteres aber schon nicht möglich ist, dann geht es um so weniger an, ohne einen in einem Bundesgesetz normierten Vorbehalt einer auf Landesrecht beruhenden Planfeststellung den Vorrang vor einer bundesrechtlich geregelten Planfeststellung einzuräumen. Aus diesen Gründen ist die in Nr. 13 a Planfeststellungsrichtlinien FStrG (Noidrhein-Westfalen) 153 enthaltene Regelung des Verhältnisses der Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz zur eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Landeseisenbahngesetz rechtswidrig 1533 . Und ebensowenig kann beim Zusammentreffen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem bayerischen Straßen- und Wegegesetz der Plan für die Herstellung oder Änderung einer Kreuzungsanlage etwa nur nach dem bayerischen Gesetz festgestellt werden 154 .

jetzt M a u n z - D ü r i g aaO Art. 31 Randnote 15 (Anm. 6) und zu Art. 31 (unter IV 1-3); ferner B a r b e y , Bundesrecht bricht Landesrecht, DÖV 60, 566 ff. 152 Vgl. hierzu außer den Nachweisungen in Anm. 148 die folgenden ausdrücklichen Regelungen: §14 Abs. 1 Satz 1 (Nds)GEB; § 14 Abs. 1 Satz 1 Entwurf (RhPf.)EisenbG. — Art. 58 Abs. 1 und 5 Entwurf Bay WG (Senat), dazu auch unten in Anm. 162; §48 Abs. 5 (Hamb)WG; § 104 Abs. 1 (Nds.)WG; § 62 Abs. 1 Satz 1 Entwurf (NRW)WG. Abweichend S i e d e r - Z e i t l e r aaO Art. 36 Randnr. 21 (S. 269). 153 Vgl. oben zu und in Anm. 128. 153a Bedenken sind daher auch gegenüber den gleichlautenden Bestimmungen in §14 Abs. 5 (NRW)EisenbG und in §40 Abs. 4 Entwurf (NRW)StrG (vgl. Anm. 128 Abs. 2 und 148) anzumelden. Allerdings kann sich §40 Abs. 4 Entwurf (NRW)StrG auf Kreuzungen und Einmündungen öffentlicher Straßen mit Bundesfernstraßen wegen § 12 Abs. 4 FStrG gar nicht beziehen (vgl. dazu oben in Anm. 25 und 118a). Soweit es sich aber um die Berührung von Bundesbahnanlagen mit Landeseisenbahn- oder -Straßenanlagen handelt, entfallt die Entscheidungsbefugnis der in den zitierten Bestimmungen genannten Behörden, weil Bundesrecht Landesrecht vorgeht und weil ein Landesgesetz nicht in die Verwaltungshoheit des Bundes eingreifen kann. Im übrigen gelten hier die gleichen Erwägungen wie in den Fällen des § 10 Abs. 6 LuftVG und § 30 Abs. 6 Entwurf PBefG (vgl. oben zu Anm. 143 ff). Vgl. auch unten zu und in Anm. 155 ff. 154 Unbedenklich und ganz folgerichtig daher Art. 58 Abs. 5 Entwurf BayWG (Senat); vgl. unten in Anm. 162.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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In Fällen, wo, wie hier, die Vollzugs- bzw. Planungshoheit des Bundes im Spiel ist, wird man vielmehr umgekehrt aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 87 und Art. 31 GG) überhaupt nur die Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz für zulässig erachten können 155 . Insoweit, aber nur insoweit, hat daher Marschall recht, wenn er meint, daß es früher nie zweifelhaft war, daß im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren auch über die Änderung von Straßenanlagen mitentschieden werden konnte 156 . Dieser Grundsatz galt allerdings in vollem Umfange nur so lange, bis im Jahre 1933 die straßenbaurechtliche Planfeststellung für Reichsautobahnen eingeführt wurde 157 . Nunmehr konnten auf Grund einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach Reichsrecht 158 nur noch die übrigen Straßen, also die Reichsstraßen und die sonstigen Straßen, geändert werden, während im Verhältnis zur straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Reichsautobahngesetz159 wie auch heute keine Regelung bestand 160 . Mit der 1953 erfolgten Ausdehnung der straßenbaurechtlichen Planfeststellung im Bundesfernstraßengesetz auf die ehemaligen Reichs-, jetzt Bundesstraßen wurden die Befugnisse der Planfeststellungsbehörde auf Grund des Bundesbahngesetzes insoweit ganz zwangsläufig weiter eingeschränkt. Die Einheitswirkung der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz gibt seither nur noch die Befugnis, im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren allein über die Änderung solcher Straßen mitzuentscheiden, welche dem Landesrecht unterliegen. Da im Verhältnis zum Landesrecht jedoch gleichzeitig Art. 31 GG zum Zuge kommt, kann es für die rechtliche Behandlung und den Umfang der Rechtswirkungen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz keinen Unterschied machen, ob die der landesrechtlichen Regelung unterstehenden Straßen nur auf Grund von Planfeststellungsverfahren gebaut und geändert werden können oder nicht 1 6 0 2 .

155 Vgl. dazu auch die folgerichtige Regelung in §12 Abs. 4 FStrG; ferner oben in Anm. 148 und 153a. Abweichend S i e d 1 e r - Ζ e i 11 e r aaO Art. 36 Randnr. 32 ff. (S. 273 f.). 156 Vgl. M a r s c h a 11 aaO § 17 Anm. 5 (S. 218). 157 Hierzu und zum Folgenden vgl. B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 335 f. 158 Vgl. §37 Reichsbahngesetz vom 30. 8. 1924 (RGBl. II S. 272) i.d.F. der Bek. vom 13. 3. 1930 (RGBl. II S. 369); § 23 Reichsbahngesetz vom 4. 7. 1939 (RGBl. I S. 1205). Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 248 ff., 278 ff. 159 Reichsautobahngesetz vom 27. 6. 1933 (RGBl. II S. 509) i.d.F. der Bek. vom 29. 5. 1941 (RGBl. IS. 313). Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 316 ff, 326 ff. 160 Dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 355 f. i60a über das ähnliche Verhältnis zwischen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach Reichsrecht und der eisenbahn- bzw. kleinbahnrechtlichen Planfeststellung nach

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3.

Diese Erwägungen lassen sich dahin zusammenfassen:

Die von Marschall vertretene Auffassung über die Lösung des Kollisionsproblems und die entsprechende, in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG enthaltene Regelung ist mit dem geltenden Recht nicht zu vereinbaren. a) Beim Zusammentreffen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz kann die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht unterbleiben, da die Konzentrationswirkung der straßenbaurechtlichen Planfeststellung sich nur auf Genehmigungen usw., nicht aber auf Planfeststellungen erstreckt. Dieser Grundsatz gilt im übrigen für alle Kollisionsfälle. Qualifiziert man die Auftragsverwaltung nach Art. 85 GG als eine Betätigung der durch das Weisungsrecht des Bundes eingeschränkten Landeshoheit, dann ist die Regelung in Nr. 7 Planfeststellungsrichtlinien FStrG auch verfassungswidrig, soweit eine Verdrängung der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz vorgesehen ist. b) Die verfassungsrechtlichen Bedenken schlagen, abgesehen von allen übrigen, in jedem Falle durch beim Zusammentreffen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit solchen Planfeststellungen, die zwar in Bundesgesetzen geregelt sind, deren Vollzug jedoch allein den Ländern obliegt. Eine Ersetzung der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz etwa durch die luftverkehrsrechtliche oder personenbeförderungsrechtliche Planfeststellung ist daher mit Art. 87 GG unvereinbar. c) Im Verhältnis zwischen der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz und den Planfeststellungen in Bundesgesetzen, deren Vollzug den Ländern obliegt, gelten die allgemeinen Erwägungen über den insoweit beschränkten Umfang der Konzentrationswirkung der Planfeststellung. Sieht man jedoch in der Auftragsverwaltung eine Betätigung der Bundeshoheit, dann bestehen gegen eine Ersetzung der Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz die gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken wie im vorhergehenden Fall. d) Im Verhältnis der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz zu der wasserrechtlichen Planfeststellung bewirkte das Inkrafttreten des § 31 WHG und der entsprechenden Vorschrift der Landeswassergesetze - am 1. 3. 1960 - eine Änderung der seitherigen Rechtslage insofern, als im

preußischem Recht vgl. B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 142 f. (m. Anm. 5), 149, 331 ff.

Das Zusammentreffen von Planfeststellungen

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eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren nicht mehr wie bisher 161 über die Veränderung (Verlegung) eines Wasserlaufs mitentschieden werden kann. In solchen Fällen sind daher nunmehr zwei Planfeststellungsverfahren durchzuführen 162 . e) Im Verhältnis zwischen allen in Bundesgesetzen geregelten Bauplanfeststellungen und Bauplanfeststellungen auf Grund von Landesgesetzen kann es eine Verdrängung der bundesrechtlich geregelten Planfeststellungen ohne bundesrechtlichen Vorbehalt auch deswegen nicht geben, weil Bundesrecht den Vorrang vor Landesrecht hat (Art. 31 GG) 163 . Auf die Frage der Vollzugszuständigkeit kommt es insoweit nicht an. f) Trifft die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit einer auf Landesrecht beruhenden Planfeststellung zusammen, dann kann es in Ansehung der Entwurfstücke für Anlagen, die zugleich Bundesbahnanlagen sind, überhaupt nur eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung geben,

161 Vgl. dazu B l ü m e l , Bauplanfeststellung, S. 101 f., 127, 330 f.; H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 405 ff. 162 So richtig Art. 58 Abs. 5 Entwurf Bay WG (Senat): „(5) Ist nach anderen Vorschriften des Landesrechts für ein Vorhaben, mit dem ein Ausbau verbunden ist, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, so stellt die dafür zuständige Behörde auch den Plan nach §31 des Wasserhaushaltsgesetzes fest." - Dazu Amtl. Begründung, Senatsdrucks. Anlage 380 (6. Tagungsperiode 1958/59, 2. Tagung), S. 465. Unverständlich und wegen der damit verbundenen Außerachtlassung einer zwingenden bundesrechtlichen Vorschrift (§31 WHG) unrichtig dagegen die Begründung des Bayerischen Senats zu seinem Änderungsvorschlag, in Art. 58 Abs. 5 Entwurf BayWG die Worte „des Landesrechts" zu streichen (Ziff. 23 der gutachtlichen Stellungnahme, Senatsdrucks. Anlage 30, 7. Tagungsperiode 1960/61, 1. Tagung): „Aus Gründender Verwaltungsvereinfachung soll ein besonderes Planfeststellungsverfahren für den Gewässerausbau auch dann entfallen, wenn auf Grund von Bundesvorschriften ein anderes Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird z. B. für den Bau von Autobahnen." - Vgl. jetzt die Neufassung der Bestimmung in Art. 57 Abs. 5 Entwurf BayWG (Landtag) und die Amtl. Begründung hierzu (aaO S. 70). Unklar auch die Amtl. Begründung zu §64 Entwurf (BaWü.)WG Beilage 2920 (2. Landtag von Baden-Württemberg), S. 4929: „ ... Werden Gewässer beim Bau von Anlagen der Bundesbahn, von Bundesstraßen oder im Flurbereinigungsverfahren wesentlich verändert so kann der Plan auch nach den Bestimmungen des Bundesbahngesetzes, des Bundesfernstraßengesetzes oder des Flurbereinigungsgesetzes festgestellt werden; die Rechtswirkung solcher Planfeststellungen beurteilt sich dann jedoch nicht nach §64, sondern nach den Bestimmungen jener Gesetze." 163 Über den gesetzlich geregelten Fall des Zusammentreffens der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz mit der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach Landesstraßenrecht (§§ 12 Abs. 4 und 6, 17 Abs. 2 FStrG) vgl. oben in Anm. 118a.

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weil erstens Art. 31 GG eingreift und zweitens die Planungshoheit des Bundes die Planungshoheit des Landes verdrängt. g) Im \£rhältnis zwischen landesrechtlich geregelten Bauplanfeststellungen untereinander gelten die allgemeinen Erwägungen über den Umfang der Konzentrations Wirkung der Planfeststellung 164. Es soll keineswegs verkannt werden, daß diese Skala von Fallgestaltungen und Lösungen der Praxis das Leben nicht gerade erleichtert und vor allem im Verhältnis zwischen Bundesbahn und Bundesfernstraßen zu einer an sich unnötigen Verdoppelung der Verfahren führt. Auf Seiten der Bundesbahn sollte man sich daher überlegen - und man hat es sich meines Wissens auch schon überlegt 165 -, ob es nach dem geltenden Recht in jedem Falle des Zusammentreffens der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesbahngesetz mit der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz der Durchführung des qualifizierten Planfeststellungsverfahrens, also mit Begutachtung der Pläne durch die höhere Verwaltungsbehörde bedarf. Eine Beschränkung der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auf die interne Planfeststellung ließe sich allerdings nur nach entsprechender Änderung oder Ergänzung der Nrn. 28 und 35-37 Planfeststellungsrichtlinien BBahnG bewerkstelligen. 4. Zum Schluß bleibt darauf hinzuweisen, daß das Zusammentreffen von Bauplanfeststellungen jedenfalls insoweit umfassend bundesgesetzlich geregelt werden soll, als es sich um die Änderung der Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen handelt. Nach § 10 Abs. 2 des in Vorbereitung befindlichen Eisenbahnkreuzungsgesetzes 166, das am 5. 2. 1960 den Bundesrat im ersten Durchgang passiert hat 167 , kann die Anordnungsbehörde im Kreuzungsrechts verfahren auf Antrag eines Beteiligten bestimmen, von welchem Beteiligten und nach welchem der für sie geltenden Planfeststellung die Maßnahme durchzuführen ist 167a . Wenn an der Kreuzung ein Schienenweg der Deutschen Bundesbahn beteiligt ist, soll nach § 8 Abs. 1 des Entwurfs der Bundesminister als Anordnungsbe-

164

Vgl. dazu Art. 58 Abs. 5 Entwurf BayWG (Senat), oben in Anm. 162, ferner S i e d e r - Ζ e i 11 e r aaO Art. Randnr. 27 (S. 272). 165 Vgl. dazu auch H a u s t e i n ( R a d e c k e - R e h l i n g ) , Eisenbahnen, S. 391. 166 Vgl. oben in Anm. 31. 167 Vgl. oben in Anm. 31. 167a Vgl. Begründung zu § 10 des Entwurfs eines Eisenbahnkreuzungsgesetzes aaO S. 7: „... Sind für die Durchführung der Maßnahme zwei Planfeststellungsverfahren möglich (z. B. § 17 des Bundesfernstraßengesetzes und §36 des Bundesbahngesetzes), so bestimmt auf Antrag die Anordnungsbehörde, nach welchem Verfahren der Plan festzustellen ist. Für ihre Entscheidung wird maßgebend sein, bei welchem der Beteiligten im Einzelfall das Schwergewicht liegt..."

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hörde entscheiden. In sonstigen Fällen entscheidet nach § 8 Abs. 2 des Entwurfs als Anordnungsbehörde die von der Landesregierung bestimmte Behörde oder, wenn eine Bundesfernstraße beteiligt ist, die für ihre Verwaltung zuständige oberste Landesbehörde im Auftrag des Bundes. Der Bundesrat hat am 5. 2. 1960 zu dem Gesetzentwurf Änderungen vorgeschlagen 168 , welche die Neuordnung des Kreuzungsrechts im ganzen in Frage stellen 169 . Wenn diese Änderungsvorschläge sich auch im wesentlichen gegen die Einführung des reinen Veranlassungsprinzips bei der Kostenregelung wenden, so hat auch die im Entwurf vorgesehene Entscheidungsbefugnis des Bundesverkehrsministers nicht den ungeteilten Beifall des Bundesrates gefunden 170 . Zwar hat der Rechtsausschuß des Bundesrates seine grundsätzlichen Bedenken gegen diese Regelung zurückgestellt 171 . Änderungen wurden vom Bundesrat jedoch insofern beschlossen, als der Bundesverkehrsminister lediglich in den Fällen, in denen die Bundesbahn beteiligt ist, und nur im Benehmen 172 mit den Landesbehörden entscheidet. In allen anderen Fällen, also auch dann, wenn eine Bundesfernstraße betroffen ist, entscheidet nach dem Vorschlag des Bundesrates die vom Land bestimmte Behörde. Zur Begründung wurde geltend gemacht, daß die Rechte des Bundes, der Auftragsverwaltung Weisungen zu geben, auch im Rahmen einer solchen Regelung gewährt werden könne. Im übrigen hält es der Bundesrat für verfassungspolitisch bedenklich, die Auftragsverwaltung auf solche Fälle auszudehnen, in welchen eine Kreuzung zwischen Bundesfernstraßen und einer Eisenbahn, die nicht zur Bundesbahn gehört, in Frage kommt 1 7 3 . Wogegen man allerdings nur auf den schon jetzt bestehenden Vorrang der straßenbaurechtlichen Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz gegenüber der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung nach den Landeseisenbahngesetzen zu verweisen braucht 174 ! 168 Vgl. Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrates am 5. 2. 1960, S. 287 ff.; Bulletin der Bundesregierung Nr. 26 vom 9. 2. 1960, S. 248 f. 169 Vgl. die Ausführungen von Bundesverkehrsminister S e e b ο h m , Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrates, S. 290 (D). 170 Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrates, S. 289 f. (D und A); Bulletin der Bundesregierung Nr. 26 vom 9. 2. 1960, S. 248. 171 Vgl. die Nachweisungen in Anm. 170. 172 Vgl. dazu oben in Anm. 146. 173 Bericht über die 214. Sitzung des Bundesrates, S. 290 (A a. E.); BT-Drucks. 1683 (3. Wahlperiode 1957), S. 9 (zu §8); Stellungnahme der Bundesregierung zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrats, ebenda, S. 12 (zu Nr. 4 b). 174 Vgl. oben in Anm. 148 und 153 a. Die Bedenken des Bundesrates sind um so unverständlicher, als der entsprechende Kollisionsfall zwischen Bundesfernstraßen und anderen öffentlichen Straßen in § 12 Abs. 4 und 6 FStrG ähnlich geregelt ist.

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Schlußbemerkung Die beim Zusammentreffen von Planfeststellungen entstehenden Probleme werden in Zukunft die Praxis um so häufiger beschäftigen, je mehr Planfeststellungen der Bundes - und die Landesgesetzgeber einführen, ohne daß gleichzeitig vom Bund eine generelle Regelung der Kollisionsfälle ins Auge gefaßt wird. Denn auch das Eisenbahnkreuzungsgesetz wird insoweit nur eine Teilregelung bringen. Neue Bauplanfeststellungen sind, wie erwähnt 175 , vorgesehen im künftigen Bundeswasserstraßengesetz und in den noch in Vorbereitung befindlichen Straßen-, Eisenbahn- und Wassergesetzen der Länder. Ferner gibt es Bestrebungen, auch in das Energiewirtschaftsrecht das Institut der Planfeststellung zu übernehmen 176. Schließlich erscheint es nicht ausgeschlossen, daß für den Bau der Mineralölfernleitungen sich sehr bald die Frage nach der Einführung der Planfeststellung stellen wird 1 7 7 . Mit dieser Entwicklung stehen wir aber, was nicht verkannt werden sollte, im Grunde wieder vor demselben Problem, vor das sich der preußische Gesetzgeber und die preußische Verwaltung gestellt sahen, als um die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts die Eisenbahnen aufkamen. Ging es damals und seither eigentlich immer vorwiegend darum, die zahlreichen Genehmigungserfordernisse und Sonderverfahren auszuschalten und in einem einzigen Sammelverfahren über alle von der Plangestaltung berührten Interessen zu entscheiden, so stellt sich heute dasselbe Problem in d e r Form, bei der zunehmenden Berührung und Überschneidung der Planfeststellungen die verschiedenen Planungsträger selbst unter einen Hut zu bringen.

175

Vgl. oben in Anm. 10, 20, 21 und 26. Vgl. dazu S c h e l b e r g e r , Das Verhältnis des Anzeigeverfahrens nach § 4 EWG zu sonstigen Verfahrensbestimmungen über Bauvorhaben, ElWirtsch. 56 (1957), 29 ff. (32). 177 Vgl. das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Verkehr (Gruppe Verkehrswirtschaft) über Mineralölfernleitungen. Dazu Bulletin der Bundesregierung Nr. 17 vom 27. 1. 1960, S. 160. 176

Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz

I. Der Zeitfaktor in der Raumplanung 1. Seitdem Forsthoff auf der Erlanger Staatsrechtsiehrertagung 1959 in der Diskussion über das Thema „Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut" mit Nachdruck auf den zeitgebundenen Plan und ganz allgemein auf den Zeitfaktor hingewiesen hat,1 ist es vielfach üblich geworden, das Kriterium der Zeit als Unterscheidungsmerkmal zwischen dem stationären Plan - zumeist auch Verwaltungsplan genannt - und dem strategischen Plan hervorzukehren. 2 So meinte kürzlich Ipsen3 (in Anknüpfung an Scheuners4 Ausführungen zum Zeitmoment), Wirtschaftsplanungen sei aus der Natur der Sache heraus typisch, daß sie durch den Faktor „Zeit" bestimmt seien, und dies wahrscheinlich noch eindeutiger, als dies in entsprechender Weise für den Verwaltungsplan vom Faktor „Raum" gelte. Zwar räumt Ipsen ein, daß das Zeitmaß wohl keiner Planung als vorausgedachter Alternative abgehe - ob sie nun Bildung, Politik oder was sonst betreffe. Das Zeitmaß gehöre aber zur Wirtschaftsplanung in spezifischer Weise unabdingbar und im eigentlichen sachbedingt, „weil privates Wirtschaften, um dessen hoheitlich-planende Beeinflussung es geht, künftiges Verhalten Privater unter Anpassung an künftige Markt-Gegebenheiten ausmacht, dessen Wirkungen prognostisch in der Plandurchführung auf Zeit gedeutet werden müssen".

1

Vgl. VVDStRL 18 (1960), S. 177. Zum Zeitmoment vgl. auch schon Forsthoff, DVB1. 1957, S. 113 ff. (115). Speziell zum Vierjahresplan vgl. ferner Forsthoff, DR 1937, S. 48 f. 2 Die Unterscheidung zwischen dem stationären Plan (in der Fläche) und dem strategischen Plan (in Raum und Zeit) findet sich bei J. H. Kaiser, in: Derselbe (Hrsg.), Planung II, 1966, S. 11 ff. (23 ff.). Dazu kritisch Reiff, BaWüVBl.1967, S.80. 3 Vgl. Ipsen, in: Planung II, S. 63 ff. (79 ff. u. pass.); ferner: Derselbe, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I, 1965, S. 35 ff. (48); Derselbe, AöR 90 (1965), S. 393 ff. (393 f.). 4 Vgl. Scheuner, in: Planung I, S. 67 ff. (75, 78 f.); ferner Derselbe, DÖV 1965, S. 541 ff. (542, 543 f.).

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Diese Beanspruchung des Faktors „Zeit" 5 für die Wirtschaftsplanung und die antithetische Zuordnung des Faktors „Raum" zum Verwaltungsplan wird jedoch den Gegebenheiten insofern nicht gerecht, als sie der Abgrenzung ^ g e n zu sehr vereinfacht. Schon Peters6 hat auf der Erlanger Staatsrechtslehrertagung darauf hingewiesen, daß zwar bei den Zeitplänen die Zeit der primäre Maßstab sei, bei den anderen Plänen indessen die Zeit eben auch ein Faktor sein könne. Ganz ähnlich ist Kaiser, der noch 1965 im Anschluß an Scheuner7 etwas undifferenziert die politischen Pläne im Unterschied zu den verwaltungsrechtlichen Plänen als „Planungen in der Zeit" qualifizierte, 8 im Jahre 1966 offenbar von der Auffassung wieder abgerückt, daß das Kriterium der Zeit überhaupt als Unterscheidungsmerkmal zwischen den verschiedenen Plankategorien dienen kann.9 Der von Ipsen gewiß absichtlich überpointierten Zuordnung der Faktoren „Zeit" und „Raum" bei der Aufhellung der Eigentümlichkeiten der verschiedenen Planungen kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich bei der Raumplanung 10 der Raum als Planungsobjekt von selbst versteht. Daneben ist aber der Raum, worauf bereits Kaiser 11 und Kölble 12 hingewiesen haben, ζ. B.

5

Über die bisherige Behandlung der Faktoren „Zeit" und „Raum" in der Verwaltungsrechtswissenschaft vgl. etwa (jeweils m. w. N.): W. Jellinek, VerwR, 3. Aufl. 1931 (Neudr. 1948, 1966), S. 218 ff., 224; H. J. Wolff, VerwR I, 6. Aufl. 1965, §§ 37, 38 (S. 201 ff., 206 ff.). Zum Faktor „Zeit" vgl. ferner: Forsthoff, VerwR, 9. Aufl. 1966, S. 186 f.; Obermayer, VVDStRL 18 (I960), S. 151; K. Huber, Maßnahmegesetz und Rechtsgesetz, 1963, S. 90 f.; Doehring, in: Jahrb. 1964 der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., S. 70 ff.; Herzog, WDStRL 24 (1966), S. 201 ff. Vgl. auch die weiteren Nachweise bei Ipsen, in: Planung II, S. 79 ff. 6 Vgl. H. Peters, WDStRL 18 (1960), S. 182 f. 7 Vgl. oben in Anm. 4. 8 Vgl. J. H. Kaiser, in: Planung I, S. 11 ff. (31 f.). 9 Vgl. J. H. Kaiser, in: Planung Π, S. 23 f. (24 m. Anm. 51). Zustimmend Reiff, aaO. (oben Anm. 2). 10 Zum Begriff „Raumplanung" und zu den im folgenden gebrauchten Begriffen des Planungsrechts vgl. ausführlicher Blümel, Art. Planung III (Planungsrecht), in: Evang. Staatslexikon, 1966, Sp. 1526 ff.; ferner H. J. Wolff, VerwR III, 2. Aufl. 1967, § 158 (S. 259 ff.). - Über Raumplanung und Eigentumsgarantie im österr. Recht vgl. Unkart, JB1. 1966, S. 298/307. Zum Plan im österr. Baurecht vgl. ferner Schantl, ÖsterrZöR XVI (1966), S. 84/110. - Für die Schweiz vgl. unten in Anm. 142. 11 Vgl. J. H. Kaiser, in: Planung I, S. 28 f.; Derselbe, in: Planung II, S. 23. 12 Vgl. Kölble, NJW 1966, S. 473 ff. (473 m. Anm. 1). - Über das neuerdings viel diskutierte Thema „Raum und Wirtschaft" vgl. etwa (jeweils m. w. N.): Konrad Meyer, Ordnung im ländlichen Raum, 1964, S. 37 ff; Pöschl, Raum und Raumordnung, 1965, S. 207 ff; ferner die die Wirtschaft betreffenden Artikel im Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung, 1966, insbes. Sp. 678 ff. (Wernet), 708 ff. (712 ff.; Sperling), 719 ff. (Mieth), 737 ff., 1096 ff. (Stavenhagen), 1545 ff. (Otremba), 1560 ff. (F. Bülow),

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auch bei der Wirtschaftsplanung ein zu berücksichtigender Faktor. Andererseits darf nicht übersehen werden, daß bei der Raumplanung der Zeitfaktor ebenfalls in mannigfacher Weise von Bedeutung ist. Mag auch die Kalender-Zeit bei der Wirtschaftsplanung eine Vielzahl rechtserheblicher Fragen aufwerfen, 13 so kann dasselbe mit gleichem Nachdruck für die Raumplanung behauptet werden. Daß weder das Kriterium der Zeit noch das Kriterium des Raumes echte Unterscheidungsmerkmale der einzelnen Planungen abgeben, wird ζ. B. von Kölble 14 vorausgesetzt, wenn er meint, daß sich der Plan im verwaltungsrechtlichen Sinne bei näherer Betrachtung als ein der Durchführung einer dahinter stehenden staatlichen Wirtschaftsplanung dienendes Instrument erweise, das entweder als Rechtsverordnung oder als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei. Ob diese Auffassung richtig ist, mag hier dahinstehen.15 Jedenfalls zeigt aber diese behauptete Verschränkung von verwaltungsrechtlichem Plan und Wirtschaftsplanung, daß man diese nicht in der von Ipsen vorgenommenen Weise von der Raumplanung abgrenzen kann. Mit Kaiser 16 wird man vielmehr davon auszugehen haben, daß sich der strategische Plan vom stationären Plan nicht durch seine Dimensionen (Raum, Zeit, Volumen, Verfahren), sondern durch Zweck und Ziele unterscheidet. 2. Die hier abgelehnte Auffassung scheint zum Teil auf der seit der Erlanger Staatsrechtslehrertagung zwar weithin üblichen,17 aber gleichwohl nicht gerechtfertigten Gleichsetzung des Verwaltungsplanes mit dem Bebauungsplan zu beruhen, dem nach geltendem Recht keine Befristung eigen ist. 18 Bei dieser einseitigen Betrachtungsweise wird übersehen, daß es im Fachplanungsrecht 19 auf

1671 ff. (Giel), 1806 ff. (Thalheim), 2096 ff. (K. Meyer), 2231 ff. (Klatt), 2259 ff. (Stavenhagen), 2278 ff. (Otremba), 2281 ff. (Sperling). 13 So Ipsen, in: Planung II, S. 79 (Anm. 47). 14 Vgl. Kölble, NJW 1966, S. 476 (m. Anm. 68 f.). 15 Vgl. dazu Ipsen, in: Planung I, S. 52, 54 ff. (56 ff.); Derselbe, in: Planung II, S. 67 f., 82 ff. 16 Vgl. J. H. Kaiser, in: Planung II, S. 23. 17 Vgl. ζ. Β Scheuner, in: Planung I, S. 70 ff. (71, 72 f., 74). Die Behauptung von Scheuner, daß der Verwaltungsplan stets einen normativ verbindlichen Charakter trage, kann - wenn überhaupt - nur auf den Bebauungsplan zutreffen, denn die nach Maßgabe der Fachplanungsgesetze ergehenden Planfeststellungsbeschlüsse sind durchweg Verwaltungsakte. Vgl. dazu Forsthoff, VerwR, S. 195 f.; H. J. Wolff, VerwR I, § 47 IX (S. 276 ff); Derselbe, VerwR III, § 158 II c 6 (S. 264); ferner die weiteren Ausführungen im Text. 18 Zur Bedeutung der Befristung des Planes vgl. Forsthoff, DR 1937, S. 49; Derselbe, DVB1. 1957, S. 115. 19 Vgl. zu diesem Begriff oben in Anm. 10.

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der Stufe der endgültigen (durchführenden, verwirklichenden), d. h. rechtsverbindlichen Planung (= Planfeststellung) 20 zahlreiche Pläne gibt, mit deren Durchführung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zumindest begonnen werden muß, um ihr Außerkrafttreten zu verhindern. 21 Einschlägige Bestimmungen über die Befristung des Planes finden sich im Anschluß an den 1961 wieder aufgehobenen § 17 Abs. 7 FStrG (a. F.) 22 in § 9 Abs. 4 LuftVG, 23 in § 29 Abs. 5 PBefG und in § 21 Abs. 4 Entwurf WaStrG, 24 in den Planfeststellungsvorschriften der Landeseisenbahngesetze, der Landeswassergesetze und einiger Landes straßengesetze,25 in § 7 Abs. 2 HambEnteigG sowie in § 61 Abs. 2 EVwVerfG 1963.26 Im übrigen hat schon Kaiser 27 zutreffend festgestellt, daß auch beim Bebauungsplan das Zeitmoment immer eine gewisse Rolle spielt. Seine Ausführungen lassen sich noch dahin ergänzen, daß der Bebauungsplan insofern ganz wesentlich vom Zeitfaktor bestimmt wird, als er nach § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 1 BBauG nur dann und nur insoweit aufgestellt werden darf, als dies „erforderlich" ist. Leugnet man nicht jede rechtliche Bedeutung der genannten Vorschriften des Bundesbaugesetzes und billigt man den Gerichten hinsichtlich der Frage des Bedürfnisses eine volle Nachprüfungsbefugnis zu, 28 dann erweist sich, daß die Planungshoheit bzw. das planerische Ermessen den Gemeinden29 nicht das Recht gibt, Bebau20 Zu diesen Planungsstufen vgl. Kodal, StrR, 1964, S. 468 f., 514 f., 516; Blümel, aaO. (oben Anm. 10). 21 Vgl. dazu auch H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II d 4 (S. 265). 22 Vgl. dazu Marschall, FStrG, 2. Aufl. 1963, S. 415, 483 f., 520 ff.; Kodal, StrR, S. 506, 1244 f. 23 Zu dieser etwas abweichend formulierten Vorschrift vgl. die Entwurfsbegr., BTDrucks. 100(3. WP), S. 13 f. 24 Vgl. BT-Drucks. V/352, S. 7; V/1469, S. 17. 25 Vgl. § 38 Abs. 4 BayStrWG, § 34 Abs. 5 HessStrG, § 39 Abs. 5 NRWStrG. Die übrigen Landesstraßengesetze mit Planfeststellungsvorschriften sind der Neufassung des Bundesfernstraßengesetzes gefolgt; vgl. die Nachweise oben in Anm. 22. 26 Vgl. dazu auch die Begr. z. EVwVerfG 1963, S. 223; ferner § 142 Abs. 2 SchlHLVwG. 27 Vgl. J. H. Kaiser, in: Planung II, S. 23 f. 28 Zur umstrittenen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung der Bedürfnisfrage vgl. aus der Rechtsprechung z. B. VGH Baden-Württemberg vom 2. 10. 1964, ESVGH 14, S. 197 (199 f.) = BaWüVBl. 1965, S. 122, vom 22. 1. 1965, ESVGH 15, S. 185 (188 ff.), vom 10. 12. 1965, ESVGH 16, S. 21 (24, 25 f.) = BaWüVBl. 1966, S. 41 = DVB1. 1966, S. 827 und vom 25. 5. 1966, ESVGH 17, S. 97 (97 f.) = BaWüVBl. 1967, S. 40. Kritisch zu dieser Rechtsprechung ζ. B. Zinkahn-Bielenberg, BBauG, 1965 ff, §2 Rdnr. 16. Unentschieden OVG des Saarlandes vom 27. 9. 1965, BBB1. 1966, S. 463 (464) = DÖV 1967, S. 280 (Nr. 91; nur LS). Ausführlich zur Bedürfnisfrage jetzt BGH vom 19. 12. 1966 III ZR 62/66 -, S. 29 ff. (noch n. v.). 29 Zur Planungshoheit der Gemeinden und ihren Grenzen vgl. ζ. B. Blümel, DÖV 1965, S. 297 ff. (302 f.); VGH Baden-Württemberg vom 22. 7. 1966, ESVGH 17, S. 101

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ungspläne aufzustellen, für die kein Bedürfnis besteht und mit deren Verwirklichung folglich auch nicht binnen begrenzter Zeit zu rechnen ist. Daneben stellt die Entschädigungsregelung der §§ 40-44 BBauG ein weiteres wirksames Hindernis für die Aufstellung von „Vorrats- oder Schubladenplänen" dar.

I I . Vollendete Tatsachen und Rechtsschutz 1. Abgesehen von den bisherigen Erwägungen erweist sich die Bedeutung des Zeitfaktors auch für die Raumplanung aber vor allem und in spezifischer Weise beim Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Plänen.30 In dieser Hinsicht macht es keinen Unterschied, ob man den verfahrensmäßigen 31 und den nachträglichen gerichtlichen Rechtsschutz in Ansehung eines Bebauungsplanes oder den entsprechenden Rechtsschutz in Ansehung eines durch Verwaltungsakt festzustellenden Planes für ein Verkehrsbauvorhaben (Straße, Eisenbahn, UBahn, Kanal, Flughafen usw.) im Auge hat. Denn sowohl im Bereich der überfachlichen, gebietsbezogenen Gesamtplanung als auch im Bereich der Fachplanung gilt für die Stufe der durchführenden Planung (Bebauungsplanverfahren und Bebauungsplan einerseits, Planfeststellungsverfahren und Planfeststellungsbeschluß andererseits) der schon früher in der Plandiskussion hervorgehobene,32 inzwischen auf Grund vielfaltiger praktischer Erfahrung erhärtete Satz, daß für den Betroffenen ein effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) 33 um so

(103 ff.) = BaWüVBl. 1967, S. 27 = DVB1. 1967, S. 385 = DÖV 1967, S. 280 (Nr. 87; nur LS); ferner (ζ. T. kritisch): Bachof, JZ 1966, S. 746 = Derselbe, VerfR II, 1967, S. 378 f. (Nr. 400); OVG Lüneburg vom 23. 3. 1966 -1 OVG A 1/64 -, S. 23 f. und vom 8. 9. 1966, DVB1. 1967, S. 391.Vgl. auch unten unter III 5 (m. Anm. 138, 150). 30 Zum Verfahren der Wirtschaftsplanung und zum Rechtsschutz gegenüber der Wirtschaftsplanung vgl. Ipsen, in: Planung I, S. 64 ff; Derselbe, in: Planung II, S. 68 (m. Anm. 16). Vgl. auch Tiefenbacher, BB 1967, S. 1 ff. (3 ff.). 31 Für das Bebauungsplanverfahren (insbes. § 2 Abs. 6 BBauG) vgl. Blümel, DÖV 1965, S. 301 f. (302). 32 So hat Forsthoff in seinen Diskussionsbeiträgen auf der Erlanger Staatsrechtslehrertagung, WDStRL 18 (1960), S. 184, 191 f., 193 festgestellt, es sei das Fundamentalproblem des ganzen Rechtsschutzes, daß er meistens zu spät komme. Vgl. dazu auch Lerche, JZ 1959, S. 784; Zeidler, DVB1. 1960, S. 19. 33 Zur Effektivität und Rechtzeitigkeit des Rechtsschutzes vgl. vor allem Lerche, ZZP 78 (1965), S. 1 ff. (16 ff., 25 ff.); ferner: Derselbe, DÖV 1961, S. 486 ff. (490 f.); Menger, VerwArch. 55 (1964), S. 275 ff. (282 ff.); Bachof, JZ 1966, S. 230, 475 = Derselbe, VerfR II, S. 137 f., 268 (Nr. 137, 280); H. J. Becker, JÖRN. F. 15 (1966), S. 263 ff. (279 ff.); OVG Lüneburg vom 1.7. 1961, DVB1. 1961, S. 520 (521 f.; insoweit in OVGE 17, S. 329 n. abgedr.).

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weniger zu erreichen ist, je später im komplexen Planungsablauf seine an sich stichhaltigen Einwendungen34 vorgebracht werden (können) bzw. je länger der Plan in Ge ltung ist. Das hängt einmal damit zusammen, daß der verbindliche Plan bereits in weitem Maße durch nach geltendem Recht nicht selbständig angreifbare vorbereitende oder übergeordnete Planungen (ζ. B. Flächennutzungsplan, Planung nach § 16 FStrG, Programme und Pläne nach § 5 BROG) festgelegt ist 35 und - in der Idealvorstellung - den optimalen und zugleich gerechten Ausgleich aller miteinander konkurrierenden Ansprüche an Grund und Boden bezweckt.36 Hinzu kommt jedoch als wesentliches Moment, daß auf der Grundlage eines solchen Planes, wenn er nicht ohnehin der nachträglichen Legalisierung bereits geschaffener Zustände dienen soll, 37 in aller Regel Fakten gesetzt werden, die sich bei der späteren Aufhebung oder Nichtigerklärung des Planes in den meisten der hier interessierenden Fälle nicht mehr ungeschehen machen lassen. Dieser Umstand ist es, der die Gerichte, wie die Erfahrung lehrt, allzu leicht - oder notgedrungen - dazu verführt, diese Fakten - die veränderte Wirklichkeit - anzuerkennen und ein an sich begründetes Rechtsschutzbegehren abzulehnen.38 Der Zeitfaktor bzw. die im Ablauf der Zeit geschaffenen vollendeten Tatsachen sind es somit vornehmlich, die den Rechtsschutz, insbesondere den nachträglichen Gerichtsschutz sowohl gegenüber Bebauungsplänen als auch gegenüber Bauplänen für Verkehrsanlagen so schwierig und problematisch machen. Dieser keineswegs neue Befund 39 erscheint nach den bisherigen Erfahrungen

34 Nur solche Einwendungen interessieren hier. Vgl. dazu Blümel, DÖV 1965, S. 300 f. (m. Anm. 31 ff., 37). 35 Vgl. dazu etwa Forsthoff, DVB1. 1957, S. 114; Derselbe, VVDStRL 18 (1960), S. 183 f., 193, 202 f.; Imboden, ebenda, S. 137 f.; Obermayer, ebenda, S. 152 f.; Peters, ebenda, S. 193; Bachof, ebenda, S. 203; Scheuner, in: Planung I, S. 73 (m. Anm. 18). 36 Vgl. dazu z. B. H. J. Wolff, VerwR III, § 158 I (S. 260 f.). Α. M. (hinsichtlich der Individualgerechtigkeit des Planes) offenbar Bullinger, in: Planung I, S. 189 ff. (190, 206, 208). 37 Vgl. dazu unten unter III 2 (m. Anm. 80 ff). 38 Vgl. dazu schon Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1959, S. 75; auch Obermayer, VVDStRL 18 (1960), S. 164 f. - Allgemein zum Zeitfaktor beim gerichtlichen Rechtsschutz vgl. auch W. Thieme, Verwaltungslehre, 1967, S. 297 f. (Nr. 1048). 39 Zur Bedeutung der vollendeten Tatsachen für den Rechtsschutz vgl. außer den Nachweisen oben in Anm. 38 etwa Scheuner, VVDStRL 17 (1959), S. 238; Derselbe, in: Planung I, S. 73 (Anm. 18); Apelt, VVDStRL 17 (1959), S. 240 f.; Lerche, DÖV 1961, S. 490 f.; Derselbe, ZZP 78 (1965), S. 27, 29; Zinkahn-Bielenberg, BBauG, Vorbem. §§ 40 44 Rdnr. 142 (insbes. S. 78); Bericht der Sachverständigenkommission (Verkehrsverhältnisse der Gemeinden), 1964, BT-Drucks. IV/2661 = BR-Drucks. 465/64, S. 165 (Tz. 33); Bachof, JZ 1966, S. 475 = Derselbe, VerfR II, S. 270 (Nr. 281); Ule, VerwPrR, 4. Aufl. 1966, S. 243.

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gewichtiger als die in der umfangreichen Plandiskussion - zumeist ohne Andeutung eines Auswegs 40 - in den Vordergrund der Erörterungen gerückte Erkenntnis, daß sich „der" Plan - und gemeint ist fast immer der Bebauungsplan - der Formtypik des Rechtsstaats entziehe und daher nicht bruchlos in die überkommenen Handlungsformen der Verwaltung - Norm und Verwaltungsakt - eingeordnet werden könne. So sehr nämlich dieser Erkenntnis im allgemeinen zuzustimmen ist, so wenig sollte doch andererseits übersehen werden, daß heute selbst auf solchen Gebieten ein effektiver Rechtsschutz schwierig zu verwirklichen ist, auf denen das Planfeststellungsverfahren als förmliches Verwaltungsverfahren ausführlich gesetzlich geregelt ist und der Planfeststellungsbeschluß als anfechtbarer Verwaltungsakt ergeht (z. B. § 18 Abs. 6 FStrG, § 10 Abs. 7 LuftVG, § 30 Abs. 8 PBefG, §§ 19,20 Entwurf WaStrG, § 60 EVwVerfG 1963)41 2. Unter diesen Umständen muß es sich, wenn man in dieser nun schon seit Jahren offenen Frage eines wirksamen Rechtsschutzes gegenüber verbindlichen Plänen weiterkommen will, 4 2 zunächst darum handeln, die zwar den beteiligten Behörden, den jeweils unmittelbar Betroffenen und den Gerichten bekannten, im verwaltungsrechtlichen Schrifttum jedoch noch kaum zur Kenntnis genommenen Schwierigkeiten aufzuzeigen. Denn die namentlich43 seit der Erlanger Staatsrechtslehrertagung 44 üblich gewordene Forderung nach Vorverlegung des Aus der Rechtsprechung (zur vorzeitigen Besitzeinweisung) vgl. etwa BGH vom 28. 2. 1957, BGHZ 31, S. 377 (386); OVG Berlin vom 17. 12. 1959, OVGE Berlin 6, S. 81 (86) und vom 26. 11. 1962 - OVG VI Β 9/61 -, S. 8 (η. v.). 40 Anders Forsthoff, der im Anschluß an seine Ausführungen in DVB1. 1957, S. 113 ff. und trotz § 10 BBauG sowie der gegenteiligen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch in der 1966 erschienenen 9. Aufl. seines Lehrbuchs (S. 194 ff.) gerade aus Rechtsschutzerwägungen an der zutreffenden These festhält, daß der Bebauungsplan als anfechtbarer Verwaltungsakt zu behandeln ist. Vgl. auch Obermayer, WDStRL 18 (1960), S. 164 ff.; Blümel, DÖV 1965, S. 298 (m. Anm. 13). 41 Vgl. dazu auch die Nachweise oben in Anm. 17. Für § 36 BBahnG vgl. Blümel, Die Bauplanfeststellung I, 1961, S. 179 (Anm. 137). - Unklar insoweit W. Thieme, in: Hamb. Festschrift für Fr. Schack, 1966, S. 157 ff. (161). 42 Zum derzeitigen Stand der Plandiskussion vgl. etwa Forsthoff, aaO. (oben Anm. 40); H. J. Wolff, VerwR I, § 47 IX (S. 276 ff.); Derselbe, VerwR III, § 158 (S. 259 ff,); Ellwein, Einführung in die Regierungs- und Verwaltungslehre, 1966, insbes. S. 35 ff, 129 ff. 43 Vgl. schon vorher Scheuner, WDStRL 17 (1959), S. 238; Apelt, ebenda, S. 240 f.; ferner v. Köhler, DVB1. 1958, S. 191 ff. (195 ff.); Derselbe, VerwArch. 50 (1959), S. 213 ff. (227). Zu der bereits von Carl Schmitt hervorgehobenen Notwendigkeit und Bedeutung eines rechtlich geordneten Verfahrens vgl. unten unter III 4 (m. Anm. 122 ff). 44 Vgl. vor allem Imboden, WDStRL 18 (1960), S. 135 ff., 142; die ebenda abgedruckten Diskussionsbeiträge von Forsthoff (S. 178, 183 f., 191 f., 193, 202 f.; 208), Ipsen (S. 181 f., 194, 196, 204, 207), Friesenhahn (S. 190 f), H. Peters (S. 193, 202, 206, 208), Ule (S. 201 f., 202, 205, 208), Bachof (S. 203, 205, 206 f.), Winkler (S. 203 f.,

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Rechtsschutzes in das Planungsverfahren 45 sowie überhaupt das allgemeine Verlangen nach gesetzlicher Abhilfe 46 oder gar nach Aufstellung eines völlig neuen Systems des Verwaltungshandelns 47 werden auch in Zukunft ungehört verhallen, wenn man sich nicht der Mühe unterzieht, das inzwischen in reichem Maße vorliegende Rechtstatsachenmaterial zu sammeln und aufzuarbeiten. Vor allem bedarf es einer Auswertung der zahlreichen in neuerer Zeit ergangenen Gerichtsentscheidungen, um festzustellen, wie der Rechtsschutz gegenüber fehlerhaften Bebauungsplänen und Planfeststellungsbeschlüssen in der Praxis wirklich aussieht. Daß mit dieser Forderung die Bedeutung der grundlegenden Veröffentlichungen etwa von Forsthoff, Imboden, Obermayer und Brohm 48 sowie der erwähnten Diskussionsbeiträge auf der Erlanger Staatsrechtslehrertagung nicht herabgemindert werden soll, versteht sich von selbst. Nach den mehrjährigen Erfahrungen mit den Vorschriften des Bundesbaugesetzes und in Anbetracht der umfangreichen Rechtsprechung der letzten Jahre zum Rechtsinstitut der Planfeststellung erscheint es aber nunmehr an der Zeit, die Lehren aus der neueren Entwicklung zu ziehen und die früheren Erkenntnisse und Vorschläge zu überprüfen. Die vorliegenden Zeilen bezwecken, hierzu einen Anstoß zu geben und für einen Teilbereich - das Planfeststellungsrecht, insbesondere das nach Maßgabe des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (§§ 58-63 EVwVerfG 1963) zur Vereinheitlichung und Neuregelung anstehende Planfeststellungsverfahren - einen ersten Beitrag zu liefern.

204 f., 208), Hans Schneider (S. 206, 208), Merk (S. 208) und Obermayer (S. 214). Dazu Lerche, JZ 59, S. 784; Zeidler, DVB1. 1960, S. 19; Schaumann, AöR 85 (1960), S. 85 ff. (91, 93, 94 f.); Ernst, DVB1. 1960, S. 344 ff. (349); Herzog, VVDStRL 24 (1966), S. 202 (m. Anm. 59 f.), 204 (m. Anm. 64); Ipsen, ebenda, S. 223. 45 Vgl. dazu aus dem neueren Schrifttum etwa Lerche, DÖV 1961, S. 490 f.; Derselbe, ZZP 78 (1965), S. 27, 29; Hesse, in: Staatsverfassung und Kirchenordnung, Festgabe für R. Smend, 1962, S. 71 ff. (80 Anm. 31); Scheuner, in: Planung I, S. 73 (Anm. 18); Bullinger, ebenda, S. 207 f. (208); auch Ipsen, ebenda, S. 65. - Zu dem selten definierten Begriff „Planungsverfahren" vgl. unten unter III 4. 46 So ζ. B. Stern, AöR 92 (1967), S. 143 ff. (146). 47 So etwa W. Thieme, aaO. (oben Anm. 41), S. 157 ff. (158, 161, 165 f.). Vgl. demgegenüber die ganz andere Umschreibung der Aufgaben der Verwaltungsrechtswissenschaft bei Badura, Verwaltungsrecht im liberalen und im sozialen Rechtsstaat, Recht und Staat, Heft 328 (1966), insbes. S. 20 ff., 22 ff. (23). Nach Badura sind die Verwaltungszwecke als system- und begriffsbildende Bestandteile rechtswissenschaftlicher Arbeit aufzufassen, während die Rechtsform des Verwaltungshandelns sekundär werden soll. Vgl. dazu auch Badura, DÖV 1966, S. 624 ff.; Pernthaler, DVB1. 1967, S. 306. 48 Vgl. Forsthoff, DVB1. 1957, S. 113 ff.; Derselbe, VerwR, S. 194 ff.; Imboden, VVDStRL 18 (1960), S. 113 ff.; Obermayer, ebenda, S. 144 ff.; Brohm, Rechtsschutz (oben Anm. 38).

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I I I . Vollendete Tatsachen in der Raumplanung 1. Daß der Rechtsschutz, insbesondere der nachträgliche Gerichtsschutz gegenüber fehlerhaften Plänen vor allem deshalb auf Schwierigkeiten stößt, weil auf ihrer Grundlage regelmäßig vollendete Tatsachen geschaffen werden, ist natürlich keine auf die Raumplanung beschränkte Erscheinung. Sie läßt sich vielmehr überall da nachweisen, wo ein fehlerhafter staatlicher Hoheitsakt - Gesetz, untergesetzliche Norm, Verwaltungsakt - Wirkungen entfaltet hat, die mit der nachträglichen Beseitigung des Hoheitsaktes nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind. Hier nötigen die im Ablauf der Zeit gesetzten Fakten offenbar allenthalben zur Korrektur bisher nahezu unangefochten geltender Rechtsgrundsätze, ohne daß dies allerdings bislang in das allgemeine Bewußtsein gerückt ist. So hat Christoph Böckenforde in seiner 1966 erschienenen Schrift über „Die sogenannte Nichtigkeit verfassungswidriger Gesetze"49 anschaulich und erstmals zusammenfassend dargestellt, 50 auf welchen Wegen das Bundesverfassungsgericht den sich aus der These von der Ipso-jure-Nichtigkeit ergebenden Folgen der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes dann auszuweichen sucht, wenn die ex tunc wirkende gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit des betreffenden Gesetzes wegen des während seiner meist jahrelangen Anwendung und Befolgung geschaffenen Zustandes zu einem Chaos führen würde. Ob das Bundesverfassungsgericht ζ. B. trotz der festgestellten Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes entgegen § 78 BVerfGG - dessen Nichtigerklärung vermeidet, 51 ob das Gericht den Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung überstrapaziert 52 oder ob

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Untertitel: Eine Untersuchung über Inhalt und Folgen der Rechtssatzkontrollentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Vgl. insbes. S. 69 ff. (77 ff), 89 f., 127 ff. Vgl. zu Böckenfordes Schrift die kritische Besprechung von v. Olshausen, JZ 1967, S. 116 ff.; ferner Scholler, BayVBl. 1967, S. 143. 50 Aus dem früheren Schrifttum vgl. vor allem Rupp, JuS 1963, S. 469 ff; ferner die Nachweise bei Böckenforde, Nichtigkeit, S. 5, 15 (m. Anm. 11). Vgl. außerdem die umfangreiche Schrift von Majer, Die Folgen verfassungswidriger Gesetze im öffentlichen Recht, Freiburger Diss. 1966. 51 Vgl. dazu die Darstellung bei Böckenförde, Nichtigkeit, S. 77 ff, 127 ff.; ferner Majer, Folgen, S. 139 ff., 189 f. (190). 52 Vgl. dazu Böckenförde, Nichtigkeit, S. 13 f., 17, 89, 113 (m. Anm. 26), 135 (m. Anm. 103), 148 f.; ferner: Rupp, JuS 1963, S. 473; Bogs, Die verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen, 1966, S. 16 f.; Κ Vogel, WDStRL 24 (1966), S. 169 f. Zu den Grenzen der verfassungskonformen Auslegung vgl. auch Spanner, AöR 91 (1966), S. 503 ff. (510 ff, 513 ff.); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1967, S. 31 ff. (33 f.). - Allgemein zur Gesetzesauslegung vom Ergebnis her vgl. Ecker, JZ 1967, S. 265 ff.

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es wie jüngst in der Umsatzsteuerentscheidung 53 trotz erkannter Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer weder das Gesetz für nichtig erklärt noch eine Grundrechtsverletzung feststellt: 54 In allen diesen Fällen steht - wenn auch vom Gericht nur selten ausgesprochen 55 - die Überlegung im Hintergrund, daß der durch ein verfassungswidriges Gesetz hervorgerufene Zustand durch die nachträgliche Nichtigkeitsfeststellung nicht ungeschehen gemacht werden kann. 56 Beim fehlerhaften Plan gelten diese Erwägungen in besonderem Maße. Zwar verdanken wir Christoph Böckenforde auch die weitere Erkenntnis, daß in der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der jeweilige Gesetzestyp deshalb eine ausschlaggebende Rolle spielt, weil die Wirkungen eines für verfassungswidrig erklärten Gesetzes sehr verschieden sind.57 Gleichwohl erscheint jedoch für den verbindlichen Plan - im Vergleich zur Rechtsnorm - die Aussage erlaubt, daß sich hier das Rechtsschutzproblem wegen des Wesens des verbindlichen Planes in spezifischer Weise stellt. Denn dieser Plan ist, anders als das Gesetz im herkömmlichen Sinne (aber ähnlich wie das Maßnahmegesetz) „auf Vollzug angelegt, sein Zweck ist, erfüllt zu werden, und nicht, zu gelten". Diese Formulierung Konrad Hubers, 58 der sich dabei auf frühere Erwägungen von Brohm (Bebauungsplan als „Vollzugsnorm") 59 stützen konnte, kennzeichnet treffend die Natur des Planes: Dieser intendiert Verwirklichung, die Norm nicht; 60 Plandurchführung ist darum etwas anderes als Gesetzesdurchführung. 61 Ersichtlich dasselbe meint auch Forsthoff, 62 wenn er ausführt, daß der

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BVerfG vom 20. Dezember 1966, NJW 1967, S. 147 = DÖV 1967, S. 164.Vgl. dazu die Kritik von Chr. Böckenförde, DÖV 1967, S. 157 ff.; ferner Tiefenbacher, BB 1967, S. 3; Spanner, DVB1. 1967, S. 342. 54 Über Fälle, in denen sich das Bundesverfassungsgericht auf die Feststellung der Grundrechtsverletzung beschränkte, vgl. Böckenförde, Nichtigkeit, S. 83 ff. (83, 85 f.). 55 Gesprächiger insoweit ζ. B. die zuvor genannte Umsatzsteuerentscheidung; vgl. NJW 1967, S. 150 (unter Β II 10). 56 Vgl. Böckenförde, Nichtigkeit, S. 96 ff., 110, 115 ff., 118 f., 125 f., 147 ff. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Beamtenrechts-Urteil des BVerfG vom 17. 12. 1953, BVerfGE 3, S. 58 (118 f.). Zu der vom Gericht behaupteten „soziologischen" Geltung von Rechtsvorschriften vgl. die Kritik von Forsthoff, DVB1. 1954, S. 69 ff. (71 a. E.); Böckenförde, aaO. S. 119. 57 Vgl. Böckenförde, Nichtigkeit, S. 99 f., 109, 148. 58 Vgl. K. Huber, Maßnahmegesetz, S. 92. Ähnlich J. H. Kaiser, in: Planung I, S. 32; Derselbe, in: Planung II, S. 18 (m. Anm. 31), S. 25 f. 59 Vgl. Brohm, Rechtsschutz, S. 52 (59 ff.). Dazu kritisch ζ. B. Obermayer, VVDStRL 18 (1960), S. 164 (m. Anm. 69); Bachof, ebenda, S. 209 f., 211. 60 Vgl. K. Huber, aaO. S.91. 61 Vgl. J. H. Kaiser, aaO. (oben Anm. 58). 62 Vgl. Forsthoff, VerwR, S. 196.

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Plan vermöge seiner Konkretheit den Vollzug bis in die Einzelheiten vorwegnimmt. Ein weiteres kommt hinzu. Die auf der Grundlage fehlerhafter Pläne - wenn auch vielfach erst mittels zusätzlicher Verwaltungsakte - geschaffenen vollendeten Tatsachen sind nämlich in der Regel anderer Art als beim Gesetzesvollzug. So setzt ζ. B. der Bebauungsplan nicht nur die von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, sondern auch das Bauland und die Verkehrsflächen fest (§ 9 Abs. 1 Nr. 1-3 BBauG). Sind aber erst einmal die baulichen Anlagen oder die Verkehrsanlagen errichtet, dann ist damit ein tatsächlicher Zustand erreicht, der sich später nicht mehr rückgängig machen läßt.63 Dasselbe gilt für den Planfeststellungsbeschluß, wenn auf seiner Grundlage (in Verbindung mit der Besitzeinweisung) das betreffende, häufig Millionenbeträge verschlingende Verkehrsbauvorhaben verwirklicht ist. 64 Denn es liegt wohl für jeden Einsichtigen auf der Hand, daß die fertiggestellte kostspielige Verkehrsanlage - etwa die betonierte Start- und Landebahn auf einem Verkehrsflughafen, ein U-Bahntunnel oder eine Bundesfernstraße, über die bereits der Ve rkehr rollt - in der Praxis auch dann nicht mehr beseitigt wird, wenn der oder die bereits vollzogenen Verwaltungsakte - aus welchen Gründen immer - auf die Klage(n) z. B. eines Betroffenen hin wieder aufgehoben werden. Eben deshalb haben z. B. die Vorschriften über die Aufhebung der vorzeitigen Besitzeinweisung und über die damit verbundene Wiederherstellung der früheren Besitzlage (so z. B. § 116 Abs. 6 Satz 1 BBauG) oder gar über die Wiederherstellung des früheren Zustandes (so z. B. § 42 Abs. 2 Satz 1 LBG, § 28 LuftVG) in den hier interessierenden und praktisch wichtigen Fällen lediglich theoretische. Bedeutung 65 Ist es aber für verbindliche Pläne wegen ihrer raumgestaltenden (raumbeanspruchenden und -verändernden) Funktion 66 sonach typisch, daß eine Wiederherstellung des früheren Zustandes zumeist ausgeschlossen ist, dann muß diesem Umstand auch unter dem Gesichtspunkt eines effektiven und rechtzeitigen Rechtsschutzes, soweit nur irgend 63 Hierzu und zum Folgenden vgl. auch schon Scheuner und Apelt, aaO. (oben Anm. 43); Lerche, ZZP 78 (1965), S. 27. 64 Allgemein zur Bedeutung finanzieller Erwägungen beim Rechtsschutz vgl. etwa Häberle, DVB1. 1967, S. 220 ff. (224). 65 Ebenso Dittus, DWW 1964, S. 166 ff. (167, unter A 4 a); Jung, NJW 1967, S. 231 ff. (232 m. Anm. 8, 235). - Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 14 Abs. 2 Satz 7 Entwurf WaStrG, BT-Drucks. V/352, S. 5, 23; V/1469, S. 13. 66 Zur aktiven Gestaltungswirkung des Bebauungsplanes vgl. z. B. Brohm, Rechtsschutz, S. 59 ff, 63 ff, 73 ff. (75). Für die Planfeststellung gelten diese Erwägungen entsprechend. Vgl. dazu etwa H. J. Wolff, VerwR III § 158 (S. 260 ff.); Blümel, Art. Planung III (oben Anm. 10); Westermann, Das Verhältnis zwischen Bergbau und öffentlichen Verkehrsanstalten als Gegenstand richterlicher und gesetzgeberischer Bewertung, 1966, S. 29, 97 ff.

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möglich, Rechnung getragen werden. Zwar steht einem Betroffenen in solchen Fällen nach Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses (des Besitzeinweisungsbeschlusses) anstelle des hier auszuscheidenden Folgenbeseitigungsanspruches 67 häufig ein auf Geld gerichteter Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch zu. 68 Sich für einen ganzen Verwaltungsbereich mit diesem gelegentlich als tröstend bezeichneten69 „dulde und liquidiere" 70 abzufinden, hieße jedoch, Art. 19 Abs. 4 GG auf einem heute so wichtigen Gebiet praktisch außer Wirksamkeit setzen.71 Alle Bemühungen um eine Effektuierung des Rechtsschutzes gegenüber fehlerhaften Plänen wären allerdings umsonst, wenn es in den vorgenannten Fällen überhaupt keine Möglichkeiten der Abhilfe gäbe. Dies ist ζ. B. die Auffassung von Ernst, 72 der u. a. mit dieser Begründung die von Forsthoff 73 zu Recht kritisierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rechtsnatur des Bebauungsplanes und die darin den Betroffenen angesonnene Verweisung auf die (vielfach unnütze oder zu spät kommende) inzidente Kontrolle des Bebauungsplanes in den nachfolgenden Baugenehmigungs- oder Enteignungsverfahren 74 verteidigt. Ernst ist aber schon deshalb zu widersprechen, weil gerade die Praxis der gerichtlichen Überprüfung der Bebauungspläne im Wege der abstrakten Normenkontrolle (§ 47 VwGO) und der (zutreffenden) Anwendung der Vo rschriften über die einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO) 75 inzwischen erwiesen 67

Über die Gründe für den Ausschluß des Folgenbeseitigungsanspruchs (Störungsbeseitigungsanspruchs) in solchen Fällen vgl. etwa Obermayer, JuS 1963, S. 110 ff. (113, 114, unter II 2 d (1), (3)); Schleeh, AöR 92 (1967), S. 58 ff. (98 m. Anm. 196 f.). 68 Vgl. dazu (jeweils m. w. N.): Schleeh, aaO. S. 98 (m. Anm. 171 ff.); Rüfner, DVB1. 1967, S. 186 ff. (187, 188 m. Anm. 28). - Für einen Folgenentschädigungsanspruch hat sich neuerdings besonders Franke, VerwArch. 57 (1966), S. 357 ff (364 ff.) ausgesprochen. Dazu Janssen, DVB1. 1967, S. 190 ff. Vgl. fernerden Bericht von Hoppe, ebenda, S. 195 ff. (195 f.); Pötter, in: Gedächtnisschrift H. Peters, 1967, S. 907 ff. (910 f.). Aus der Gesetzgebung vgl. z. B. § 42 Abs. 2 LBG, § 116 Abs. 6 Satz 2 BBauG,§ 12 Abs. 3 HambEnteigG; ferner Schrödter, BBauG, 1964, § 116 Rdnr. 7 (S. 408). - Vgl. außerdem § 14 Abs. 2 Satz 8 Entwurf WaStrG, BT-Drucks.V/352, S. 32 (Nr. 9); V/1469, S. 3, 13. 69 So Ipsen, AöR 91 (1966), S. 86 ff. (94). 70 Vgl. O. Mayer, Dt. VerwR I, 3. Aufl. 1924 (Neudr. 1961), S. 53 (Anm. 27). 71 So schon Brohm, Rechtsschutz, S. 80 (m. Anm. 45 f.). Vgl. ferner ausführlich OVG Lüneburg vom 1.7. 1961, DVB1. 1961, S. 520 (521; oben Anm. 33). 72 Vgl. Ernst, DVB1. 1960, S. 347. 73 Vgl. die Nachweise oben in Anm. 40. Zu dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. ausführlicher Blümel, DÖV 1965, S. 303 f. (m. Anm. 73 ff). - Für die Schweiz vgl. unten in Anm. 142. 75 Vgl. VGH Baden-Württemberg vom 22. 10. 1965, ESVGH 16, S. 31, vom 18. 4. 1966, ESVGH 16, S. 102 und vom 14. 2. 1967, BaWüVBl. 1967, S. 74 (75); Klotz, DÖV

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hat, daß der direkte und rechtzeitige Angriff gegen den Bebauungsplan in vielen - wenn auch nicht allen - Fällen eben doch geeignet ist, einem begründeten Rechtsschutzbegehren zum Siege zu verhelfen. 76 2. Daß in den hier interessierenden Fällen eine Wiederherstellung des früheren Zustandes in der Regel nicht in Betracht kommt und die Gerichte die veränderte Wirklichkeit nicht unberücksichtigt lassen, haben inzwischen auch die Planungsbehörden festgestellt. Sie haben erkannt, daß sich durch die Schaffung von Fakten manche Schwierigkeit ausräumen und der Rechtsschutz der Betroffenen auf einfache Weise überspielen läßt.77 Auch insoweit handelt es sich nicht um eine auf die Planung als solche beschränkte Erscheinung. So räumte z. B. vor kurzem auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Loccum78 der für den U-Bahnbau in Frankfurt zuständige Stadtrat offen ein, daß man mit dem Bau der unterirdischen Verkehrsanlage begonnen habe, ohne überhaupt zu wissen, wie das Gesamtprojekt finanziert werden könne. Mit diesem Vorgehen verband sich die erklärte Absicht, durch die Schaffung von Fakten dem Verlangen nach einer Kostenbeteiligung des Bundes und des Landes besonderen Nachdruck zu verleihen. 79 Weiter war zu erfahren, daß mit dem U-Bahnbau in Frankfurt ohne vorherige Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Planfeststellungsverfahrens (§§ 28 ff. PBefG) begonnen wurde. Derartige, das Vertrauen zur Verwaltung 80 nicht eben fördernde Praktiken werden durch die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum

1966, S. 186 ff.; Obermayer, in: Gedächtnisschrift H. Peters, S. 875 ff. (885 f., 887 ff.; vgl. aber auch unten in Anm. 106). Α. M. vor allem die Kommentarliteratur, ζ. B. Eyermann-Fröhler, VwGO, 4. Aufl. 1965, § 47 Rdnr. 37 (S. 286 f.), § 123 Rdnr. 16 (S. 605). 76 Vgl. dazu im übrigen unten unter III 5 (m. Anm. 138 ff). Für den Bereich der verbindlichen Bauleitplanung vgl. dazu auch Brohm, Rechtsschutz, S. 75. - Gegen einen Mißbrauch der vorzeitigen Besitzeinweisung zur Schaffung vollendeter Tatsachen ausdrücklich BGHZ 31, S. 377 (386; oben Anm. 39). Über die problematische Regelung in dem - den Bau unterirdischer Verkehrsanlagen betreffenden - Zweiten Teil des Hamb. Enteignungsgesetzes von 1963 vgl. Blümel, DVB1. 1964, S. 905 ff.; Derselbe, DÖV 1965, S. 301 (m. Anm. 42), 305 (m. Anm. 101 f.). 78 Tagung vom 4.-7. 3. 1967 über „Das Dilemma der Bodenordnung". Gemeint ist der Vortrag von W. Möller, Die Nutzung des Stadtkerns in mehreren Ebenen - zur Ordnung des unterirdischen Raumes. Diese Rechnung scheint auch aufzugehen, wie die am 6. 4. 1967 von der Bundesregierung beschlossenen Richtlinien für Bundeszuwendungen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (BR-Drucks. 180/67) zeigen. Danach sollen nämlich bei der Verteilung der für den Personennahverkehr bestimmten Mittel bereits angelaufene Großprojekte bevorzugt werden, Vgl. auch BR-StenB 1967, S. 67 ff.; ferner jetzt VkBl. 1967, S. 346. 80 Vgl. dazu Lerche, DÖV 1961, S. 491 (m. Anm. 49).

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Nachteil der Rechtsschutzsuchenden in zweierlei Hinsicht nicht unwesentlich erleichtert. So hat das Gericht in seinem Urteil vom 21. Mai 196581 ohne Bedenken die nachträgliche Planfeststellung generell für zulässig und rechtmäßig erklärt, obwohl alle Gesetze mit Planfeststellungsvorschriften vom Grundsatz der vorgängigen Planfeststellung ausgehen, der besagt, daß neue Anlagen nur gebaut, bestehende nur geändert werden dürfen, wenn der Plan „vorher" festgestellt ist (z. B. § 36 Abs. 1 Satz 1 BBahnG, § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG). Das Gericht meinte, § 36 BBahnG gebe dem Betroffenen zwar das Recht, sich gegen die „Durchführung" der geplanten Maßnahmen zu wehren, solange eine Planfeststellung nicht vorliege. Er könne damit unter Umständen die Durchführung der Arbeiten auch verzögern. Sei jedoch eine Baumaßnahme entgegen der gesetzlichen Vorschrift ohne die erforderliche Planfeststellung durchgeführt worden, so könne diese nachgeholt werden. 82 Dieser Grundsatz sei im Baurecht allgemein anerkannt 83 und gelte auch auf allen anderen Gebieten, in denen die Feststellung eines Planes vorgeschrieben sei. 84 Er sei eine notwendige Folge der Rechtswirkungen einer Planfeststellung, durch die mannigfaltige Interessen der Beteiligten berührt werden können, deren rechtsverbindliche Klärung unumgänglich sei. Angesichts dieser wegen der

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VkBl. 1965, S. 517 (518). Zustimmend ζ. B. Grabherr, ZLW 1966, S. 116 ff. (120 m. Anm. 25). Das BVerwG bejahte in seinem Beschluß vom 23.6. 1966 - BVerwG IV G 227/65 -, S. 4 (η. v.) die Möglichkeit der Wiederholung des Planfeststellungsverfahrens bezüglich des Grundstücks eines Betroffenen für den Fall, daß der längst vollzogene Planfeststellungsbeschluß lediglich aus formellen Gründen aufgehoben wurde. 82 Α. M. ζ. B. VG Hamburg vom 9. 11. 1965 - II VG 384/65 -, S. 13 ff. (n. v.; η. rechtskr.); vgl. den ausführlichen Bericht in: „Die Welt" (Tagesbericht Hamburg) Nr. 55 vom 7. 3. 1966, S. 13. Vgl. zu diesem gravierenden Rechtsschutzproblem bei Planfeststellungen auch OVG Rheinland-Pfalz vom 23. 6. 1966, VkBl. 1966, 519; ferner die beachtlichen Erwägungen des BayVGH zur Notwendigkeit der „vorherigen" Weisung des Bundesministers für Verkehr (§ 18 Abs. 5 FStrG) in den Urteilen vom 13. 8. 1965, DVB1. 1966, S. 905 (906 f.) und vom 4. 2. 1966, BayVBl. 1966, S. 351 (352). - Für den Bebauungsplan (§ 125 BauG) vgl. OVG Rheinland-Pfalz vom 28. Dezember 1965, BBB1. 1966, S. 369 = DÖV 1967, S. 280 (Nr. 90; nur LS). 83 Zur nachträglichen Legalisierung eines tatsächlichen Zustandes vgl. etwa Obermayer, JuS 1963, S. 113 (oben Anm. 67). 84 Vgl. demgegenüber aber für das Bauplanungsrecht ζ. B. das Urteil des OVG Lüneburg vom 19. 11. 1964, OVGE 20, S. 446 (447 ff.) = VerwRspr. 17, S. 456 = DÖV 1966, S. 246, in dem das Gericht feststellte, daß die bloße Absicht, einzelne vorhandene Bausplitter zu legalisieren, als Rechtfertigung für einen Bebauungsplan nicht ausreiche. Vgl. zu dieser Frage auch Schrödter, BBauG, § 2 Rdnr. 1 (S. 111 f.); Blümel, DÖV 1965, S. 302 (m. Anm. 50); ferner OVG des Saarlandes vom 27. 9. 1965, BBB1. 1966, S. 463 (oben Anm. 28).

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faktischen Bindung der Planungsentscheidung viel zu weit gehenden, durch keinen Vorbehalt eingeschränkten und durch keinerlei Zitate belegten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts über die Zulässigkeit einer nachträglichen Planfeststellung 85 kann es nicht wundernehmen, daß in der Praxis die Verkehrsanlagen - vor allem Verkehrsflughäfen - häufig ohne die gesetzlich gebotene vorherige Planfeststellung ausgebaut werden. 86 In seinen beiden Entscheidungen vom 1. September 196587 und 10. Dezember 196588 hat das Bundesverwaltungsgericht außerdem ohne Begründung eine Verwaltungspraxis generell gebilligt, die im Ergebnis ebenfalls zu einer Aushöhlung des Rechtsschutzes gegenüber Planfeststellungen führen muß. Gemeint ist die bei linienförmigen Bauvorhaben (Straßen, Kanälen, U-Bahnen usw.) weithin übliche abschnittsweise Planfeststellung mit der damit verbundenen Schaffung von sogenannten Zwangspunkten für die folgenden Abschnitte. 89 Durch diese Verwaltungspraxis werden die Betroffenen, deren Einwendungsmöglichkeiten gegen die Linienführung und technische Ausgestaltung eines Verkehrsweges 90 aus mancherlei - hier nicht zu erörternden - Gründen ohnehin gering sind,91 wesentlich benachteiligt. Denn einmal ist bei der abschnittsweisen Planfeststellung der von einem Streckenabschnitt betroffene Grundstückseigentümer vielfach schon deshalb an der Geltendmachung seiner Einwendungen in den die übrigen

85 Zur Frage der Zulässigkeit einer nachträglichen Planfeststellung vgl. außer den Nachweisen in Anm. 81 ζ. B. Hufnagel, in: Das Dt. Bundesrecht, unter VI Β 20 (187. Lief.), S. 59 (Anm. zu § 36 BBahnG); Kodal, StrR, S. 485 (zu der dort abgedruckten Nr. 9 Planfeststellungsrichtlinien FStrG). 86 Zahlreiche derartige Fälle sind dem Verf. bekannt. Vgl. etwa oben in Anm. 82; ferner den dem Beschluß des OVG Lüneburg vom 24. 3. 1960 - 1 OVG Β 71/59 - (η. v.; dazu Kühles, GemT 1962, S. 96 ff, 97 Anm. 1) zugrundeliegenden Fall (Ausbau des Flughafens Hannover-Langenhagen). Von der in diesem Beschluß vertretenen unzutreffenden Auffassung (Besitzeinweisung ohne vorherige Planfeststellung nach §§ 8 ff. LuftVG) ist das OVG Lüneburg in seinem Urteil vom 29. 4. 1966 - III OVG A 155/65 -, S. 15 ff. (insoweit in BB 1967, S. 14 n. abgedr.) stillschweigend wieder abgerückt. 87 BB 1965, S. 1376 = BayVBl. 1966, S. 22 (24 r.) = BBB1. 1965, S. 596 (nur LS) = BBB1. 1966, S. 209, 369; insoweit in DÖV 1966, S. 134 und DVB1. 1966, S. 548 (Nr. 182) n. abgedr. 88 VkBl. 1966, S. 182 = BayVBl. 1966, S. 348 (349) = BBB1. 1966, S. 410. 89 Zu der ähnliche Rechtsschutzfragen aufwerfenden Praxis der Erteilung von Teilgenehmigungen bei der Errichtung von (kostspieligen) Atomanlagen vgl. ζ. B. Fischerhof, NJW 1965, S. 1305 ff. (m. w. N.). 90 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1966, S. 63 ff. (64 m. Anm. 21, 65 f. Anm. 32). 91 Vgl. dazu ζ. B. OVG Lüneburg vom 24. 10. 1963 - 1 OVG Β 61/63 -, S. 8 (insoweit in VkBl. 1964, S. 331, 332 nur teilweise abgedr.; zu dieser Veröffentlichungspraxis kritisch Blümel, DVB1. 1966, S. 66) und vom 19. 10. 1965, DVB1. 1966, S. 411 (412 f.); Blümel, DÖV 1965, S. 301 f. (m. Anm. 31, 37).

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Abschnitte betreffenden Planfeststellungsverfahren gehindert, weil er daran nicht beteiligt wird und folglich davon nichts oder zu spät erfährt 92 Zum anderen werden aber durch die früheren - häufig schon rechtskräftigen oder verwirklichten - Planfeststellungsbeschlüsse in Ansehung der übrigen Streckenabschnitte Zwangspunkte für den noch fehlenden oder ausgesparten Abschnitt und damit bereits vollendete Tatsachen geschaffen. Dies wiederum hat praktisch zur Folge, daß der Betroffene selbst mit stichhaltigen, in „seinem" Planfeststellungsverfahren vorgebrachten Einwendungen gegen eine fehlerhafte Gesamtstreckenplanung keinen Erfolg haben wird, 93 obwohl die Entscheidung über diese Gesamtstreckenplanung (etwa die Planungsentscheidung des Bundesministers für Verkehr nach § 16 Abs. 1 FStrG) 94 nach der insoweit zutreffenden Rechtsprechung des OVG Lüneburg 95 nur im Planfeststellungs verfahren bzw. im Verwaltungsstreitverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluß angegriffen werden kann.96

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Zur Praxis vgl. ζ. B. OVG Lüneburg vom 9. 10. 1961 -1 OVG Β 69/61 -, S. 2, 3, 4, 5, 9 (η. v.). Rechtlich könnte gegen die Beteiligung eines Grundstückseigentümers an den die übrigen Abschnitte betreffenden Planfeststellungsverfahren nichts eingewendet werden, da das Anhörungsverfahren ζ. B. nach § 18 Abs. 2 FStrG dazu dient, „jedermann, dessen Belange durch den Plan berührt werden, Gelegenheit zur Äußerung zu geben". - Im Bauplanungsrecht ist anerkannt, daß bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch solche Grundstückseigentümer nach § 47 Satz 2 VwGO antragsberechtigt sind, deren Grundstücke außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des im Normenkontrollverfahren angegriffenen Bebauungsplanes liegen. Vgl. VGH Baden-Württemberg vom 22. 7. 1966, ESVGH 17, S. 101 (102; oben Anm. 29); Hess VGH vom 11. 11. 1966, NJW 1967, S. 266 (267) = DVB1. 1967, S. 389. 93 Vgl. dazu ζ. B. OVG Lüneburg vom 20. 11. 1961 - 1 OVG Β 114/61 -, S. 8 (η. v.): „Es ist richtig, daß mit der Errichtung der Brücke für die spätere Planung der Bäderstraße ein Zwangspunkt geschaffen wird. Wenngleich dies für diese Planung nicht zwangsläufig bedeutet, daß sie deshalb, weil sie diesem Zwangspunkt Rechnung trägt, gebilligt werden muß, ist doch weiterhin richtig, daß das Vorliegen des Zwangspunktes geeignet sein könnte, zur Billigung einer Planung der Bäderstraße zu führen, die andernfalls vielleicht zu beanstanden wäre." - Vgl. auch die Nachweise oben in Anm. 38. Vgl. dazu auch oben unter II 1 (m. Anm. 35). 95 Vgl. die Nachweise oben in Anm. 91. Ähnlich wohl Kodal, StrR, S. 524. - Dagegen wird die Planungsentscheidung nach § 16 FStrG ζ. B. von Marschall, FStrG, S. 413, 474, 475 und von Kölble, in: Planung I, S. 116 f. unzutreffend als typischer justizfreier Hoheitsakt des Bundes bezeichnet. Widersprüchlich Achterberg, DVB1. 1964, S. 557 f. (558). Unklar neuerdings das Urteil des OVG Lüneburg vom 29. 4. 1966, S. 15 (oben Anm. 86). 96 Abweichend hiervon ist das BVerwG im Urteil vom 10. 12. 1965 (oben Anm. 88) offenbar der Auffassung, daß eine Gesamtstreckenplanung überhaupt nicht angreifbar ist.

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Die hier vorgetragenen und selbst von einigen Straßenbaujuristen geteilten Bedenken gegen die abschnittsweise Planfeststellung 97 würden erheblich abgeschwächt oder ausgeräumt, wenn die Voraussetzungen dieser Art der Planfeststellung und die Beteiligung der von der Gesamtstreckenplanung Betroffenen gesetzlich geregelt wären. Denn es ist leicht einzusehen, daß die den Planungsbehörden nach der derzeit völlig unbefriedigenden Gesetzes läge zugebilligte Freiheit, die Auswahl, die Begrenzung und die Ausgestaltung der Abschnitte eines größeren Bauvorhabens nach ihrem Belieben vorzunehmen, dazu benutzt und damit mißbraucht - werden kann (und wird), um in rechtlich zweifelhaften Fällen durch die Schaffung von vollendeten Tatsachen - hier in Form neuer Zwangspunkte - den Rechtsschutz zu überspielen. Da in den das Planfeststellungsverfahren regelnden §§ 58-63 des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (Fassung 1963)98 die nachträgliche Planfeststellung überhaupt nicht behandelt wird 9 9 und diese Vorschriften auch nicht der Problematik der abschnittsweisen Planfeststellung gerecht werden, sollten sie unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutzes entsprechend umgestaltet werden. Durch die jetzigen Fassungen des § 58 Abs. 1 und des § 59 Abs. 3 Satz 1 EVwVerfG 1963 kann Auswüchsen der abschnittsweisen Planfeststellung nicht vorgebeugt werden. 3. Im verwaltungsrechtlichen Schrifttum ist bis heute noch kaum zur Kenntnis genommen worden, daß ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz gegen Planfeststellungsbeschlüsse, wenn überhaupt, dann nur in dem unzureichend geregelten Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu erlangen ist. Dies gilt vor allem insoweit, als es sich um die Örtlichkeit des Bauvorhabens, also insbesondere um die Linienführung und technische Ausgestaltung eines Verkehrsweges handelt. Lehnt nämlich das Verwaltungsgericht, wie es in der Praxis zumeist geschieht, den Aussetzungsantrag in Ansehung des im öffentlichen Interesse mit einer Vollziehungsanordnung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) versehenen Planfeststellungsbeschlusses ab, dann nützt es dem Betroffenen wegen der inzwischen geschaffenen Fakten in der Regel nichts mehr, wenn der

97 Für die Zulässigkeit der abschnittsweisen Planfeststellung z. B.: Nr. 10 Planfeststellungsrichtlinien FStrG (VkBl. 1962, S. 178; dazu jetzt aber die bemerkenswerte Neufassung in VkBl. 1965, S. 341); HessVGH vom 7. 3. 1956, VkBl. 1957, S. 193; OVG Lüneburg vom 2. 3. 1962, VkBl. 1962, S. 440; Kodal, StrR, S. 486. 98 Gleiches gilt auch für die nicht veröffentlichte, dem Verf. vorliegende Neufassung vom Juli 1966 (m. späteren Änd.) sowie für die §§ 139-145 SchlH-LVwG. 99 Die über § 58 Abs. 2 EVwVerfG 1963 mögliche Anwendung der §§ 35, 36 EVwVerfG (Heilung von Verfahrens- und Formfehlern, Folgen von Verfahrens- und Formfehlern) genügt hierfür wegen der Besonderheiten der Planfeststellung nicht.

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Planfeststellungsbeschluß später im Hauptverfahren aufgehoben wird. 100 Zwar berechtigt der vollziehbare Planfeststellungsbeschluß allein noch nicht zu tatsächlichen Eingriffen in die berührten Privatrechte. Da jedoch der Planfeststellungsbeschluß dem Enteignungsverfahren - und damit auch dem Besitzeinweisungsverfahren - zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend ist (so z. B. § 19 Abs. 2 FStrG) 101 und außerdem die vorläufige Besitzeinweisung (z. B. § 19 Abs. 3 FStrG) nach richtiger Auffassung in formeller Hinsicht lediglich einen für sofort vollziehbar erklärten und nicht einen unanfechtbaren Planfeststellungsbeschluß zur Voraussetzung hat, 102 fällt die Entscheidung über das prinzipielle Rechtsschutzbegehren gegen den Plan praktisch bereits im Aussetzungsverfahren. Die Durchführung des Hauptverfahrens hat daher für den Betroffenen nach einem negativen Ausgang des Aussetzungsverfahrens nur dann noch einen Sinn, wenn es sich um die Durchsetzung sekundärer Forderungen, etwa auf Herstellung (Unterhaltung) von Schutzanlagen (z. B. § 17 Abs. 4 FStrG) handelt 103 oder wenn die verwaltungsgerichtliche Entscheidung als Grundlage für etwaige Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche dienen soll. Diese Reduzierung des gerichtlichen Rechtsschutzes in Ansehung von Planfeststellungsbeschlüssen auf das dafür in seiner heutigen Ausgestaltung nicht genügende Aussetzungsverfahren ist für den Betroffenen deshalb so nachteilig, weil nach der in Schrifttum 104 und Rechtsprechung 105 noch immer vorherrschen-

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Vgl. ζ. B. BVerwG vom 23. 6. 1966 (oben Anm. 81). Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1966, S. 65 f. (Anm. 32). 102 Vgl. ζ. B. Kodal, StrR, S. 505; OVG Lüneburg vom 24. 10. 1963, VkBl. 1964, S. 331 und vom 6. 10. 1964 - I OVG D 6/64 -, S. 5 (n. v.); Bay VGH vom 30. 8. 1966, BayVBl. 1967, S. 31. Nach dem unzutreffenden Beschluß des OVG Rheinland-Pfalz vom 19. 2. 1964, VkBl. 1964, S. 424 soll sogar der schlichte Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses als Voraussetzung der vorläufigen Besitzeinweisung genügen. 103 Vgl. dazu ζ. B. OVG Lüneburg vom 19. 10. 1965, DVB1. 1966, S. 411 (413 ff.). 104 Vgl. ζ. B. Klinger, VwGO, 2. Aufl. 1964, § 80 Anm. E 3 d (S. 398); Redeker-v. Oertzen, VwGO, 2. Aufl. 1965, § 80 Anm. 38 (S. 316); Eyermann-Fröhler, VwGO, § 80 Rdnr. 47 (S. 439 f.); Ule, VerwPrR, § 66 II 1, 2 (S. 247 f.). Abweichend, d. h. allgemein für die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage (entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO): Forsthoff, VerwR, 8. Aufl. 1961, S.499 f.; Menger, VerwArch. 55 (1964), S. 282 (m. Anm. 35); Czermak, DÖV 1966, S. 49 f.; VGH Baden-Württemberg vom 8. 12. 1964, BaWüVBl. 1965, S. 77 (78). 105 Aus der Rechtsprechung zur Planfeststellung vgl. z. B. BayVGH vom 30. 11. 1959, BayVBl. 1960, S 157, vom 9. 5. 1960, ebenda, S. 356 (356 f.) = VkBl. 1960, S. 394, vom 31. 8. 1962, BayVBl. 1962, S. 357 = DVB1. 1963, S. 121 (Nr. 26; nur LS) und vom 18. 10. 1962, BayVBl. 1963, S. 191 = VerwRspr. 16, S. 191; HessVGH vom 7. 3. 1956, VkBl. 1957, S. 193, vom 11. 6. 1959, VkBl. 1959, S. 395, vom 29. 8. 1962, VerwRspr. 16, S. 103 und vom 29. 10. 1964, HessVGRspr. 1965, S. 4 (5); OVG Münster vom 9. 10. 1963, BRS 14 C 1 (S. 301, 302 ff.). 101

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den Auffassung bei einer gerichtlichen Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich allein eine Abwägung der sich gegenüberstehenden sachlichen Interessen stattzufinden hat und die Erfolgsaussichten in der Hauptsache außer Betracht bleiben müssen, sofern sie nicht in der einen oder anderen Hinsicht offensichtlich sind. 106 Bei Zugrundelegung dieser These von der alleinigen Abwägung der sich in der Sache gegenüberstehenden Interessen könnte aber die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln gegen Planfeststellungsbeschlüsse fast niemals wiederhergestellt werden, weil die hinter der Planung stehenden Allgemeininteressen an einer beschleunigten Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nahezu immer ein solches Gewicht haben, daß ihnen andere Belange nicht mehr mit Erfolg entgegengesetzt werden können.107 Dabei nützt dem Betroffenen auch die Erfahrungstatsache nichts, daß in der Praxis die Notwendigkeit der sofortigen Durchführung des jeweiligen Verkehrsbauvorhabens von den Planfeststellungsbehörden selbst dann behauptet wird, wenn mit der Planung nicht rechtzeitig begonnen wurde oder wenn sich die zuständigen Behörden zuvor noch so viel Zeit bei der Vorbereitung, also insbesondere bei der Ausarbeitung des Planes und im Planfeststellungsverfahren gelassen haben. 108 Unter diesen Umständen hat die von der zuvor skizzierten landläufigen Meinung abweichende und daher nicht unangefochten 109 gebliebene ständige Rechtsprechung des OVG Lüneburg 110 zu § 80 Abs. 5 VwGO manches für sich. Danach ist es für die Verwaltungsgerichte in den Ausnahmefällen - in Wirklich-

106 So die Wiedergabe dieser Rechtsauffassung in den Beschlüssen des OVG Lüneburg vom 1. 6. 1961, DVB1. 1961, S. 520 (521; oben Anm. 33) und vom 25. 11. 1965, DVB1. 1966, S. 275 (277). - Für die einstweilige Anordnung (§ 123 VwGO) insoweit unklar Obermayer, in: Gedächtnisschrift H. Peters, S. 885 (oben Anm. 75). 107 So zutreffend OVG Lüneburg vom 9. 10. 1961, S. 8 f. (oben Anm. 92). An der Richtigkeit der Ausführungen des Gerichts vermögen auch die Erwägungen des BayVGH im Beschluß vom 31.8. 1962 (oben Anm. 105) nichts zu ändern, der für das Gebiet des Straßenbaus ein „besonders starkes" öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses verlangt. 108 Vgl. dazu aber VGH Baden-Württemberg vom 25. 7. 1963, BaWüBl. 1964, S. 121 (122); ferner die Erwägungen von Dittus, DWW 1964, S. 166 f. 109 Gegen die Rechtsprechung des OVG Lüneburg ausdrücklich: BayVGH vom 9. 5. 1960 und vom 18. 10. 1962 (oben Anm. 105); Marschall, FStrG, S. 539 ff. Widersprüchlich Beine-Lohmann, ZLW 1965, S. 103 ff. (115 f.). 110 Vgl. vor allem die oben in Anm. 106 f. genannten Beschlüsse; ferner: OVG Lüneburg vom 7. 8. 1956, VkBl. 1956, S. 755, vom 10. 5. 1960, VkBl. 1960, S. 288, vom 17. 5. 1960 - I OVG Β 19/60 -, S. 6 f. (η. v.), vom 2. 3. 1962 - OVG Β 16/62 -, S. 8 ff. (insoweit in VkBl. 1962, S. 440 n. abgedr.), vom 24. 10. 1963 - 1 OVG Β 61/63 - S. 6 (insoweit in VkBl. 1964, S. 331 n. abgedr.), vom 12. 12. 1963, VkBl. 1964, S. 332 und vom 28. 9. 1964, NJW 1965, S. 554 (555) = ElWirtsch. RBeil. 1965, S. 54. Unklar allerdings OVG Lüneburg vom 6.10. 1964, S. 6 f. (oben Anm. 102).

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keit häufigen Fällen -, in denen auf Grund einer Vollziehungsanordnung ein (öffentliches) Vorhaben ins Werk gesetzt werden soll, das nach Art und Ausmaß praktisch nicht mehr oder nur unter unverhältnismäßigen Kosten 111 rückgängig gemacht werden kann, bereits im Aussetzungsverfahren geboten, die Sach- und Rechtslage so vollständig aufzuklären, wie es die Kürze der Zeit zuläßt. Vorläufiger Rechtsschutz wegen der Aussichten des Rechtsmittels ist nach der Auffassung des Gerichts in solchen Fällen schon dann zu gewähren, wenn das Rechtsmittel nach dem Ergebnis der erreichbaren Aufklärung nahezu sicher Erfolg haben wird. Das Gericht prüft daher schon im Aussetzungsverfahren die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (Planfeststellungsbeschlusses) und würdigt diesen auch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in weiterem Umfang, als es sonst bei der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zulässig und ausreichend ist. Nach Auffassung des OVG Lüneburg muß dies in Kauf genommen werden, wenn überhaupt effektiver Rechtsschutz ermöglicht werden soll. Mag diese Rechtsprechung, die sich im Ergebnis auch das Bundesverwaltungsgericht zu eigen gemacht hat, 112 an sich auch zu begrüßen sein, so sind doch andererseits die Gefahren nicht zu übersehen, die für den Rechtsschutzs uchenden im Einzelfall dadurch entstehen, daß bereits im summarischen Aussetzungsverfahren ohne wirklich ausreichende Klärung der Sach- und Rechtslage die Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorweggenommen wird. 113 Erhebliche Bedenken gegen dieses Verfahren bestehen dann, wenn es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung handelt, durch den - wie im Planfeststellungs- und Enteignungsrecht häufig - eine Fülle schwieriger Rechtsfragen aufgeworfen wird. In solchen Fällen ist die Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache nur dann zu rechtfertigen, wenn den Beteiligten trotz der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ausreichende Gelegenheit auch zu rechtlichen Ausführungen gewährt worden ist. Eine wirkliche Abhilfe wäre hier nur dann zu erreichen, wenn § 80 Abs. 5 VwGO - etwa im Zusammenhang mit dem in Vorbereitung befindlichen Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes - nach Maßgabe der inzwischen gewonnenen Erkenntnisse geändert oder das Aussetzungsverfahren für Verkehrswegebauten und ähnliche Vorhaben (mit zahlreichen Betroffenen) überhaupt in ein 111

Vgl. dazu oben in Anm. 64. Bisher handelte es sich allerdings immer nur um Fälle, in denen der Aussetzungsantrag wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Revision abgelehnt wurde. Vgl. BVerwG vom 15. 11. 1962, HGBR Rspr. 1 Nr. 64 (S. 227, 228; weitere Fundstellen: Blümel, DVB1. 1966, S. 65 Anm. 29), vom 1. 9. 1965, Bay-VBl. 1966, S. 22 (25 a. E.; oben Anm. 87) und vom 23. 6. 1966, S. 4 (oben Anm. 81). 113 Ebenso ζ. B. OVG Lüneburg vom 9. 10. 1961, S. 8 (oben Anm. 107). 112

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den besonders gearteten Verwaltungsakten (Planfeststellungsbeschlüssen usw.) adäquates Rechtsschutzverfahren umgestaltet würde. Vor allem müßte der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, daß das Gericht auch im Aussetzungsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung, die im geltenden Recht allein für das - hier aber praktisch vorweggenommene - Hauptverfahren zwingend vorgeschrieben ist (§101 VwGO), zu entscheiden hat. 114 Ohne mündliche Verhandlung sollte das Gericht nur mit Einverständnis der Beteiligten entscheiden dürfen. 115 4. Alle in der bisherigen Diskussion gemachten Vorschläge, den Rechtsschutz in das entsprechend ausgestaltete Planungsverfahren vorzuverlegen, 116 leiden zunächst an dem Mangel, daß aus ihnen nicht klar genug hervorgeht, welches Stadium im Planungsablauf eigentlich gemeint ist. So wird zumeist ganz wahllos vom „Planungsverfahren", vom „Planentstehungsverfahren", vom „Planaufstellungsverfahren" oder vom „Planfeststellungsverfahren" gesprochen. Dabei wird aber regelmäßig übersehen, daß ζ. B. im Fachplanungsrecht nicht nur zwischen der vorbereitenden Planung (Grob-Planung) und der durchführenden Planung (z. B. § 16 FStrG einerseits und §§ 17, 18 FStrG andererseits), 117 sondern seit jeher auch scharf zwischen der Aufstellung (Ausarbeitung) des technischen Bauentwurfs und der Planfeststellung (im Sinne von Planfeststellungsverfahren) unterschieden wird. 118 Abgesehen von dieser Ungenauigkeit in der Verwendung der einschlägigen Begriffe des Planungsrechts beruhen die bisherigen Vorschläge auf Vorverlegung des Rechtsschutzes aber auch in der Sache auf einer allzu optimistischen Einschätzung des Verfahrens, die für den Bereich des Planfeststellungsrechts durch die inzwischen gewonnenen Erfahrungen nicht bestätigt wird. 119 Das gilt besonders, wenn man unterstellt - und darauf deuten jetzt auch die Vorschriften

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Über die gegenwärtige - gegenteilige - Gerichtspraxis vgl. etwa BVerwG vom 1. 9. 1965, S. 19 und vom 23. 6. 1966, S. 4 (oben Anm. 112). In diesen Fällen wurde den ausdrücklichen Anträgen auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht entsprochen. - Vgl. im übrigen ζ. B. Klinger, VwGO, § 80 Anm. E 7 (S. 400). 115 Zur Bedeutung der mündlichen Verhandlung gerade in solchen Fällen vgl. z. B. Klinger aaO. § 101 Anm. A a. E. (S. 476). - Allgemein zur Problematik des Aussetzungsverfahrens vgl. jetzt auch Baur, Studien zum einstweiligen Rechtsschutz, 1967. 116 Vgl. oben unter II 2 (m. Anm. 43 ff.). 117 Vgl. dazu oben unter I 2 (m. Anm. 20), II 1 (m. Anm. 35) und III 2 (m. Anm. 94). 118 Vgl. z. B. Nr. 2 Satz 3 Planfeststellungsrichtlinien FStrG (VkBl. 1965, S. 341); Kodal, StrR, S. 114, 469, 475 f.; H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II c (S. 262). - Zur Entwicklung vgl. Blümel, Bauplanfeststellung I, S. 24, 88 f., 99 ff. Abweichend hiervon verwendet das Bundesbaugesetz für das rechtlich geregelte Verfahren die Begriffe „Aufstellung" (§ 2), „Beschluß" (§ 10) und „Genehmigung" (§§ 6, 11). 1,9 Zur Praxis vgl. auch Siehr, DÖV 1964, S. 728 f. (z. T. allerdings unrichtig).

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der §§ 58-63 EVwVerfG 1963 hin -, 1 2 0 daß alle Autoren, die sich dieser Frage gewidmet haben, mit den Begriffen „Planungsverfahren" usw. neben dem Bebauungsplanverfahren das außerenteignungsrechtliche Planfeststellungsverfahren als besonderes förmliches Verwaltungsverfahren 121 im Auge haben. In diesem Punkt stimmen sie mit Carl Schmitt 122 überein, der schon viel früher zu Recht auf die Notwendigkeit und Bedeutung eines rechtlich geordneten Verfahrens - dort des Enteignungsverfahrens - für den Eigentums schütz hingewiesen hat. Auch die modernen Planfeststellungsvorschriften lassen sich in dieser Hinsicht durchaus mit dem von Carl Schmitt als vorbildlich gepriesenen Verfahren nach dem preußischen Enteignungsgesetz von 1874 vergleichen. Der gravierende Unterschied gegenüber früher beruht indessen nicht auf voneinander abweichenden Verfahrensvorschriften, sondern er liegt einfach in der Änderung des Verwaltungsstils . 1 2 3 Jedenfalls läßt sich das heutige Gebaren der im Planfeststellungsverfahren tätigen, auf die Durchsetzung „ihrer" Planungen und die Schaffung von „Verkehrswerten" bedachten Behörden - insbesondere der Anhörungsbehörden und der Planfeststellungsbehörden - in vielen Fällen nicht mehr mit der Praxis etwa der preußischen Enteignungsbehörden vergleichen. Von einem effektiven Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren kann daher gegenwärtig sehr oft keine Rede sein. Diese auf Grund einer Vielzahl von Planfeststellungsverfahren gesammelten Erfahrungen werden hier keineswegs hervorgehoben, um von vornherein alle Bemühungen um eine Verbesserung der geltenden Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren als nutzlos abzutun. Das Ziel dieser Zeilen ist im Gegenteil, einer lediglich auf theoretischen Überlegungen beruhenden Auffassung entgegenzutreten, die das Heil statt im Gerichtsschutz in erster Linie im förmlichen Verwaltungsverfahren erblickt und dabei die für den Rechtsschutzsuchenden unbefriedigende Verwaltungspraxis ignoriert. So läßt sich ζ. B. schon jetzt voraussagen, daß die erwähnten Vorschriften des Musterentwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes in der 1963 veröffentlichten Fassung an der bereits eingefahrenen Praxis nichts ändern werden. 120

Vgl. dazu Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Zum Musterentwurf eines VerwaltungsVerfahrensgesetzes, 1966 (Planspiel), S. 118. Zu den Einzelheiten des Planfeststellungsverfahrens vgl. etwa H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II (S. 261 ff.). 122 Hierzu und zum Folgenden vgl. Carl Schmitt, Verfassungsrechtliche Aufsätze, 1958, S. 116 f. („Die Auflösung des Enteignungsbegriffs", 1929), S. 119 f., 122 (Anmerkung), S. 477 ff. („Rechtsstaatlicher Verfassungsvollzug", 1952). Dazu auch Scheuner, in: Reinhardt-Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 121 ff. (123). 123 Zur früher und heute unterschiedlichen Integrität der Verwaltung vgl. Forsthoff, VerwR, S. 195 (m. Anm. 5). Vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Vogel, VVDStRL 24 (1966), S, 170 ff. (172 ff.).

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Gegenwärtig werden die Betroffenen nicht nur durch abschnittsweise oder nachträgliche Planfeststellungen entscheidend benachteiligt. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, daß das im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens stattfindende Anhörungsverfahren (z. B. § 18 Abs. 2-4 FStrG) bei großen Bauvorhaben mit 2ahlreichen Betroffenen seinen Namen oft nicht verdient. Dabei braucht man nicht einmal an die problematischen Fälle aus dem Wasserrecht zu denken, in denen dieselbe Behörde den Planentwurf aufstellt, das Planfeststellungsverfahren und das Anhörungsverfahren durchführt und letztlich den Plan selbst feststellt (so z. B. §§ 14, 17 Entwurf WaStrG). 124 Denn auch bei Planfeststellungen nach dem Bundesfernstraßengesetz, das keine Identität von Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde kennt, läuft das Verfahren vielfach in einer Weise ab, die es nicht zuläßt, von einem effektiven Rechtsschutz im Verfahren zu sprechen. 125 So bestimmt z. B. § 18 Abs. 4 FStrG, daß nach Ablauf der Einwendungsfrist die Einwendungen gegen den Plan von der höheren Verwaltungsbehörde „mit allen Beteiligten" zu erörtern sind. 126 Damit soll gewährleistet sein, daß notwendig werdende Planänderungen im gegenseitigen Einvernehmen aller Beteiligten sogleich vorgenommen werden können. In der Praxis sieht das aber vielfach so aus, daß zu dem Erörterungstermin die beteiligten Behörden ζ. B. auf den Vormittag, die Betroffenen dagegen - mitunter Hunderte von Personen - erst auf den Nachmittag geladen werden 127 und für Teilkomplexe sogar besondere Erörterungstermine abgehalten werden. Vollends sinnlos wird der Erörterungstermin für die Betroffenen aber dann, wenn der Verhandlungsleiter entgegen der der höheren Verwaltungsbehörde vom Gesetzgeber zugedachten Mittlerrolle von vornherein alle Einwendungen gegen die Trasse als zwecklos bezeichnet und die Erschienenen nacheinander zur Zurücknahme ihrer Einwendungen mit der Begründung auffordert, daß dieselben im Planfeststellungsbeschluß ohnehin zurückgewiesen würden. 128 Eine solche Verhandlungsführung ist um so mehr zu 124 Vgl. dazu die Begr. zu § 17 Abs. 1 des Entwurfs, BT-Drucks. IV/352, S. 23. - Ohne Bedenken gegen derartige Interessenkollisionen (in Hamburg) ζ. B. BVerwG vom 1. 9. 1965, BayVBl. 1966, S. 22 (23 f.; oben Anm. 87). Vgl. dazu auch BVerfG vom 29. 4. 1954, BVerfGE 3, S. 377 (381 f.); BVerwG vom 25. 8. 1955, BVerwGE 3, S. 1 (10); BGH vom 25. 2. 1957, BGHZ 23, S. 377 (383 ff.); VGH Baden-Württemberg vom 11. 12. 1964, DVB1. 1966, S. 800; H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II c 2 (S. 263); Pötter, aaO. (oben Anm. 68), S. 908. 125 Zu optimistisch in Bezug auf die Objektivität der mit der Anordnungsbehörde nicht identischen Planfeststellungsbehörde etwa Planspiel (oben Anm. 120), S. 116. 126 Vgl. ζ. Β. Nr. 40 Planfeststellungsrichtlinien FStrG; Kodal, StrR, S. 497 f. 127 Vgl. ζ. B. das diese Praxis billigende Urteil des OVG Lüneburg vom 17. 5. 1966, VkBl. 1966, S. 552. 128 Fälle dieser Art sind dem Verf. bekannt.

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mißbilligen,129 als bis heute noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob ein Betroffener im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren überhaupt noch solche Einwendungen vorbringen kann, die er im Planfeststellungsverfahren wieder zurückgenommen hat. 130 Aus den vorstehend nur angedeuteten Mißlichkeiten des unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes offenbar ungenügend geregelten Anhörungsverfahrens 131 haben bestimmte Betroffene, etwa Großgrundbesitzer, Firmen usw. bzw. deren Rechtsberater schon längst die Konsequenzen gezogen. Da sich nämlich inzwischen herausgestellt hat, daß mit der Einleitung des förmlichen Planfeststellungsverfahrens ζ. B. die Linienführung und die technische Ausgestaltung des geplanten Verkehrsweges praktisch schon festliegen, warten solche voraussichtlich Betroffenen das Planfeststellungsverfahren erst gar nicht mehr ab. Sie schalten sich vielmehr - direkt, durch Träger politischer Mandate, Interessenverbände usw. oder auf anderen Wegen - bereits in einem Stadium in das Planungsgeschehen ein, in dem noch die verschiedenen Wahllinien zur Diskussion stehen und ζ. B. die Entscheidung des Bundesministers für Verkehr nach § 16 FStrG noch nicht ergangen ist. 132 Dem kleinen Mann dagegen, der erst durch das Auslegungsverfahren von seiner „Einplanung" bzw. „Verplanung" 133 erfährt, bleibt in solchen Fällen nur die schlichte, von Forsthoff 134 gerade in diesem Zusammenhang hervorgehobene Erkenntnis, daß (auch) bei der Planung „den Letzten die Hunde beißen". 5. Will man nicht die Augen vor diesen Erfahrungen verschließen, dann bleiben für die hier in Rede stehenden Fachplanungen nur zwei Wege. Einmal könnte man - abgesehen von einer Verbesserung der Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren und über das gerichtliche Aussetzungsverfahren -

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Gegen eine solche Abwertung der Anhörung der Betroffenen schon Imboden, WDStRL 18 (1960), S. 128. - Allgemein zum rechtlichen Gehör vgl. Blümel, Der Staat I (1962), S. 382 ff. (385); F. Becker, in: Studien über Recht und Verwaltung, 1967, S. 24 ff.; auch H. J. Becker, JöR N. F. 15 (1966), S. 320. 130 Vgl. dazu OVG Lüneburg vom 18. 10. 1965, DVB1. 1966, S. 411 (413 f.); Begr. zu § 59 Abs. 4 EVwVerfG 1963, S. 220. 131 Ähnlich § 59 Abs. 6 EVwVerfG 1963. 132 Vgl. dazu ζ. B. den aufschlußreichen Sachverhalt des Urteils des OVG Lüneburg vom 19. 10. 1965, insbes. S. 2 ff., 6, 7, 8 f., 10, 12 f., 14 f., 16, 20 f. (insoweit in DVB1. 1966, S. 411, 413 nur angedeutet). - Vgl. auch Bericht der Sachverständigenkommission (oben Anm. 39), S. 161 (Tz. 8); Entschl. d. Bundesrates, BR-Drucks. 465/2/64 und 343/1/65, S. 36. 133 Vgl. Ipsen, WDStRL 18 (1960), S. 181 f, 207; Friesenhahn, ebenda, S. 191; Planspiel (oben Anm. 120), S. 118. 134 Vgl. Forsthoff, WDStRL 18 (1960), S. 193.

Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz

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daran denken, den verfahrensmäßigen und den gerichtlichen Rechtsschutz noch über die Planfeststellung hinaus auf die vorangehende Planungsstufe, also ζ. B. auf die „Planung" nach § 16 FStrG, zu erstrecken. 135 Da aber kaum damit zu rechnen ist, daß der in diesem Bereich weitgehend von der Ministerialbürokratie abhängige Gesetzgeber in absehbarer Zeit bereit sein wird, eine derartige Lösung zu sanktionieren und die Planungsentscheidung als selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt auszugestalten, bleibt nur der andere, erfolgversprechendere Weg, das rechtswissenschaftliche Interesse mehr als bisher dem Planungsermessen und seinen rechtlichen Grenzen 136 - namentlich mit Blick auf Art. 14 GG zuzuwenden.137 Diese Forderung führt aber zugleich aus dem Gebiet der Fachplanung heraus und wieder hinüber in den Bereich der verbindlichen Bauleitplanung, in dem sich dieselben Rechtsschutzprobleme mit derselben Intensität stellen. 138 Denn auch dort hat die Erfahrung inzwischen gelehrt, 139 daß mit dem vom Bundesverwaltungsgericht 140 für ausreichend befundenen und dann vom Bundesbaugesetzgeber 141 gewiesenen alleinigen Weg der Inzidentprüfung des Bebauungsplanes die Rechtsschutzfrage nicht gelöst ist. 142 Der etwa mit einem Enteignungsverfahren überzogene Grundstückseigentümer kommt wegen der inzwischen auf Grund des Bebauungsplanes geschaffenen Fakten mit seinen stich-

135 Vgl. dazu vor allem die Diskussionsbeiträge von Forsthoff, Ipsen, H. Peters und Bachof auf der Erlanger Staatsrechtslehrertagung (oben Anm. 35,44). 136 Vgl. dazu schon Imboden, VVDStRL 18 (1960), S. 123 ff., 127 f., 129 ff, 132 ff., 136; H. Peters, ebenda, S. 176, 195; Ipsen, ebenda, S. 182; Friesenhahn, ebenda, S. 191; Hans Schneider, ebenda, S. 198; ferner Ernst, DVB1. 1960, S. 349; die kurzen Diskussionsbeiträge von Bachof, Salzwedel, Forsthoff, Obermayer und Stern auf der Saarbrücker Staatsrechtslehrertagung 1963, VVDStRL 22 (1965), S. 347 ff. 137 Vgl. dazu ausführlich Blümel, Die Planfeststellung II (in Vorbereitung). 138 Hierzu und zum Folgenden vgl. vor allem Blümel, DÖV 1965, S. 297 ff; ferner jetzt (nach Abschluß des Manuskripts): Beenken, Die Überprüfbarkeit der Bauleitpläne nach dem Bundesbaugesetz, 1967; Kuntzmann-Auert, Rechtsstaat und kommunale Selbstverwaltung, 1967; Seilmann, DÖV 1967, S. 219 ff.; Bartlsperger, DVB1. 1967, S. 360 ff.; Hacker, JR 1967, S. 130 ff. 139 Vgl. etwa die problematischen Urteile des BGH vom 22. 9. 1966, BB 1966, S. 1288 = BBB1. 1966, S. 561 = Betr. 1966, S. 1802 = MDR 1967, S. 31= NJW 1967, S. 103 = DVB1. 1967, S. 376 und vom 19. 12. 1966 (oben Anm. 28). 140 Vgl. dazu die Nachweise bei Blümel, DÖV 1965, S. 303 f. 141 Vgl. Begr. zu § 14 Entwurf (jetzt: § 10) BBauG, BT-Drucks. 336 (3. WP), S. 65. Dazu Blümel, DÖV 1965, S. 299 (Anm. 17). 142 Skeptisch schon Imboden, VVDStRL 18 (1960), S. 133 f. - Für die Schweiz vgl. etwa Bundesgericht vom 7. 7. 1965, Schweiz. ZB1. 66 (1965), S. 432; P. Meyer, ebenda, 67 (1966), S. 321/33.

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haltigen Einwendungen gegen den Plan in der Regel zu spät.143 Darüber hinaus besteht aber bei dieser Inzidentprüfung ζ. B. die Gefahr, daß die heute zuständigen Kammern (Senate) für Baulandsachen (§§ 157 ff BBauG) eben wegen dieser vollendeten Tatsachen versuchen werden, die bei fehlerhaften Bebauungsplänen bisher - auch vom Bundesverwaltungsgericht 144 - für selbstverständlich gehaltene Nichtigkeitsfolge 145 dadurch zu umgehen, daß sie den Bereich der bei Normsetzungen unbeachtlichen Fehler in extremer Weise ausweiten und damit den Bebauungsplan jedenfalls in dieser Hinsicht im Ergebnis einem zwar anfechtbaren aber nicht nichtigen Verwaltungsakt gleichstellen. Unter diesen Umständen muß es, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in seinem bedenklichen Beschluß vom 27. November 1964146 alle direkten Angriffsmöglichkeiten gegen Rechtsnormen - und damit auch gegen den als Satzung zu beschließenden Bebauungsplan (§ 10 BBauG) - außerhalb des Normenkontrollverfahrens (§ 47 VwGO), also ζ. B. die Vollzugsunterlassungsklage (Brohm) und die Feststellungsklage, abgelehnt hat 147 und in absehbarer Zeit kaum mit der verfassungsrechtlich gebotenen148 allgemeinen Einführung des sich auch nach Auffassung von Forsthoff 149 als Rechtsschutzverfahren durch-

143

Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 38. Vgl. dazu Blümel, DÖV 1965, S. 304 (m. Anm. 80 ff.). 145 Vgl. etwa Forsthoff, VerwR, S. 131 f., 137; Obermayer, WDStRL 18 (1960), S. 165. Dazu kritisch Rupp, JuS 1963, S. 469. Für Verkehrszeichen vgl. Bachof, DÖV 1967, S. 132 f. Vgl. im übrigen oben unter III 1. 146 Vgl. BVerwG vom 27. 11. 1964, DÖV 1965, S. 169 = VerwRspr. 17, S. 495. Dazu kritisch Renck, JuS 1966, S. 273 ff. Gegen die Vollzugsunterlassungsklage (Brohm) bereits BVerwG vom 10. 6. 1960, BVerwGE 11, 14 (17 f.). - Vgl. fernerden unbefriedigenden Beschluß des OVG Berlin vom 15. 11. 1964, OVGE Berlin 8, S. 74 = JR 1965, S. 238 = BBB1. 1965, S. 275 = BBB1. 1966,S. 368 = DÖV 1967, S. 280 (Nr. 88; nur LS). 147 Vgl. dazu auch Blümel, DÖV 1965, S. 305 (m. Anm. 98); Obermayer, DVB1. 1965, S. 632 (m. Anm. 71 ff.); VGH Baden-Württemberg vom 10. 12. 1965, ESVGH 16, S. 21 (25; oben Anm. 28). - Für die Zulässigkeit der Feststellungsklage bei Verkehrszeichen aber VGH Baden-Württemberg vom 3. 12. 1965, DV1. 1966, S. 408. Eözu MengerErichsen, VerwArch. 57 (1966), 377 ff. (390 ff.). 148 Vgl. dazu Blümel, DÖV 1965, S. 306 f.; Obermayer, DVB1. 1965, S. 632 (m. Anm. 76). A. M. H. J. Wolff, VerwR III, § 165 I a (S. 337); VGH Baden-Württemberg vom 9. 11. 1966, ESVGH 17, S. 118 (118 ff.) = BaWüVBl. 1967, S. 8 = DÖV 1967, S. 280 (Nr. 92; nur LS). 149 Vgl. Forsthoff, VerwR, 8. Aufl., S. 514; 9. Aufl., S. 125 (Anm. 2), 197 (Anm. 2). Zur Qualifizierung des Normenkontrollverfahrens auch als Rechtsschutzverfahren vgl. ferner VGH Baden-Württemberg vom 10. 12. 1965, ESVGH 16, S. 21 (24 f.; oben Anm. 28); Hess VGH vom 7. 10. 1966, ESVGH 17, S. 111 (113 f.) und vom 11. 11. 1966, NJW 1967, S. 266 (267 f.; oben Anm. 92). - Noch abweichend bzw. skeptisch Brohm, Rechtsschutz, S. 76; Imboden, WDStRL 18 (1960), S. 133; Rupp, Grundfragen der heutigen 144

Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz

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aus bewährenden verwaltungsgerichtlichen Normenkontrollverfahrens zu rechnen ist, auch hier darauf ankommen, die noch keineswegs genau abgesteckten, sowohl für die Rechtsaufsicht (§§ 6, 11 BBauG) wie für den Gerichtsschutz bedeutsamen Grenzen des Planungsermessens der Gemeinden festzustellen. 150

Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 158 f. (Anm. 163). - Vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG Lüneburg vom 24. 6. 1966, BB 1966, S. 1083 = DVB1. 1966, S. 760 - RdL 1966, S. 271 - DÖV 1967, S. 203 = JuS 1967, S. 40. 150 Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 138.

Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

I. Planung und „Demokratisierung" 1. „Planung", so schreibt Joseph H. Kaiser in seinem Vorwort zu Planung I,1 „ist der große Zug unserer Zeit", „ist ein gegenwärtig ins allgemeine Bewußtsein aufsteigender Schlüsselbegriff unserer Zukunft". 2 Diese Feststellung war 1965 und ist heute grundsätzlich noch richtig. 3 Denn Planung und Plan sind, um Köttgen 4 zu zitieren, „notwendige Begleiterscheinungen der großen Metamorphose des 20sten Jahrhunderts". Und nach Forsthoff sieht sich der Jurist in den Problemen der Planung „der großen Weltveränderung konfrontiert, welche die Technik über die Menschheit gebracht hat". Diese Sammlung von Zitaten zum Phänomen der Planung könnte beliebig erweitert werden. Alle Stellungnahmen belegen indessen in jeweils nur anderer Umschreibung die Bedeutung der Planung als Schlüsselbegriff, als das Thema der Zeit.6 1

Vgl../. H. Kaiser, Planung I, 1965, S. 7. Vgl. dazu Schelsky, Über die Abstraktheiten des Planungsbegriffes in den Sozial Wissenschaften, in: Zur Theorie der allgemeinen und der regionalen Planung, 1969, S. 10 ff; Lutz, Organisationsprobleme politischer Planung, in: Aus Politik und Zeitgpschichte (Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament"), Β 43/1971, S. 3. 3 Zu der allerdings berechtigten Kritik an der gegenwärtigen Planungseuphorie vgl. etwa die Einführung von Schnur zu dem Aufsatz von Wildavsky, Vom Sinn und Unsinn der Planung, Die Politische Meinung, Heft 139 (November/Dezember 1971), S. 21; Lutz, aaO (Anm. 2), S. 3 (m. Anm. 3 a). Vgl. auch Scharpf Planung als politischer Prozeß, Die Verwaltung 4 ( 1971 ), 1 ff. (5 m. Anm. 21). 4 Vgl. Köttgen, Mandat, Methoden, Instrumente planender Verwaltung, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 11 ff. (11). 5 Vgl. Forsthoff, Über Mittel und Methoden moderner Planung, in: Planung III, S. 21 ff. (21). 6 Daran ändert auch nichts der Umstand, daß es gegenwärtig offenbar eine ganze Reihe von Modethemen gibt. Auf die Schlüsselbegriffe „Demokratisierung" und „Partizipation" wird im folgenden näher eingegangen. Nach Auffassung von Henry Jacoby, Die Bü2

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Dieser Schlüsselbegriff ist allerdings, so scheint es jedenfalls, derzeit in Gefahr, in der Alltagsdiskussion von einem anderen Begriff, von dem Schlagwort der „Demokratisierung" in den Hintergrund gedrängt zu werden. Überblickt man nämlich das Schrifttum unserer Tage, verfolgt man Presse, Rundfunk und Femsehen, so muß der unbefangene Betrachter den Eindruck gewinnen, als sei die „Demokratisierung" aller staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche gegenwärtig das Thema, der große Zug unserer Zeit. 7 „Demokratisierung" heißt das Wundermittel, das angeblich alle Probleme unserer Tage löst und dem Menschen zu dem ihm bisher vorenthaltenen Glück verhilft. 8 Nicht nur der Gefahr einer „schleichenden Entdemokratisierung" muß vorgebeugt werden; 9 das Ziel ist vielmehr die „Fundamentaldemokratisierung" 10 bzw. „Durchdemokratisierung" 11 oder gar - für Linksradikale - die „Radikaldemokratisierung". 12

rokratisierung der Welt, 1969, S. 11, ist auch die „Bürokratie" in der Mitte des 20ten Jahrhunderts zum Thema der Zeit geworden. Zu diesen Schlüsselbegriffen vgl. auch Klaus Hornung, Vom Staat spricht keiner mehr, Deutsche Zeitung/Christ und Welt vom 24. Dezember 1971, S. 14. 7 Vgl. dazu Hennis , Demokratisierung - Zur Problematik eines Begriffs, 1970, S. 9; Scheuch, Der „Demokratisierungsprozeß" als gesamtgesellschaftliches Phänomen, in: Utz/Streithofen (Hrsg.), Demokratie und Mitbestimmung, 1970, S. 75 ff. Vgl. ferner Michael Freund, Ist der Mehrheit alles erlaubt? (Über Fug und Unfug der Demokratisierung), Die Welt vom 7. Februar 1970, Beilage S. I; Paul, In der totalen Demokrade geht die Menschlichkeit unter, Welt am Sonntag vom 3. Mai 1970, S, 5; Kriele, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, WDStRL 29 (1971), 46 ff. (74 ff.); die Diskussionsbeiträge von Leihholz und Dürig, ebenda, S. 103 ff. (104 ff), 126 ff. (127, 128); Schelsky,

Die Strategie der "Systemüberwindung" (Der lange Marsch durch die Institutionen), FAZ vom 10. Dezember 1971, S. 11 f. (12); Benckiser, Schleichende Revolution, FAZ vom 15. Dezember 1971, S. 1; Helmut Kuhn, Braucht der Mensch den Staat?, Die Welt vom 11. Dezember 1971, Beilage S. I; Scheuch, Die Wähler sollen entmachtet werden, Die Welt vom 15. Januar 1972, Beilage S. II; Derselbe, Demokratisierung, moderator Nr. 12/13 (vom 31. Januar 1972), S. 16. Vgl. im übrigen die Nachweise in den folgenden Anmerkungen. 8 Vgl. dazu etwa Utz, Begriff und Problematik der Demokratisierung in Gesellschaft und Wirtschaft, in: Utz/Streithofen, aaO (Anm. 7), S. 11 ff. (16); Derselbe, ebenda, S. 323 f. 9 So v. Pufendorf, Einführung zum Thema: Partizipation, in: Partizipation (Aspekte politischer Kultur), Offene Welt Nr. 110/1970, S. 5 ff. (10). 10

11

Vgl. v. Pufendorf,

aaO, S. 6, 10.

Vgl. dazu Utz, aaO (Anm. 8), S. 14, 15; Dürig, Diskussionsbeitrag, WDStRL 29 (1971), 126 ff. (128). 12 Vgl. dazu ausführlicher (m. w. N.) Hennis, aaO (Anm. 7), S. 19 ff. Ein bezeichnendes Beispiel aus neuester Zeit ist der Aufsatz von György Széll, Ressortforschung und Planung, Stadtbauwelt 31/1971, S. 242 ff. (246, 248, 250). - Vgl. auch Dienel, Partizipation an Planungsprozessen als Aufgabe der Verwaltung, Die Verwaltung 4 (1971), 151 ff. (157 f.).

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

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Wo, in neudeutscher Terminologie (Forsthoff), n alles „demokratisiert" wird, wäre es ein Wunder, wenn nicht auch die Planung als geeignetes Objekt dieses Wundermittels entdeckt worden wäre. Und in der Tat hat die seit geraumer Zeit insbesondere seit dem Regierungswechsel im Jahre 196914 - anbrandende Demokratisierungswelle, hat dieser „Demokratisierungsrausch" (Dürig), ]5 auch die Planung nicht verschont. Dabei konnte es wiederum nicht überraschen, daß das Begriffspaar „Demokratisierung" und ,Planung", daß dieses Zusammentreffen zweier Schlüsselbegriffe einen besonderen Reiz vor allem auf Nichtjuristen ausübt. 16 Vertieft man sich in das umfangreiche Schrifttum zu diesem Thema, dann ist man fast versucht, von der „Demokratisierung der Planung" in einem zweiten Sinne, nämlich in ähnlich sarkastischer Weise zu reden wie dies Forsthoff 1 von der „Demokratisierung der Verfassungsinterpretation" getan hat. Denn hier wie dort haben heute „alle Zutritt: die Theologen, Philosophen, Soziologen, Polito-

13 14

36). 15

Vgl. Forsthoff,\ Der Staat der Industriegesellschaft, 2. Aufl. 1971, S. 69. Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 10 f. (m. w. N.); ferner unten im Text (m. Anm. Vgl. Dürig, aaO (Anm. 11), S. 127.

16

Zur „Demokratisierung der Planung" vgl. zunächst die Dokumentation von Fischer/Patke, Literatur zu Planung und Öffentlichkeit, Stadtbauwelt 25/1970, S. 60 f. Im übrigen vgl. aus dem kaum noch übersehbaren (zumeist nichtjuristischen Schrifttum) vor allem: Harnischfeger, Planung in der sozialstaatlichen Demokratie, 1969, insbes. S. 110 ff., 148 f; Grauhan, Zur Struktur der planenden Verwaltung, Stadtbauwelt 22/1969, S. 132 ff.; Schäfers, Planung und Öffentlichkeit, 1970, insbes. S. 13 ff., 149 ff., 191 ff.; Derselbe, Partizipationschancen nach dem Städtebauforderungsgesetz, Stadtbauwelt 31/1971, S. 201 ff; Pflaumer, Öffentlichkeit und Verwaltung in einem demokratisierten Planungsprozeß, in: Landeshauptstadt München, Beiträge zur Stadtforschung und Stadtentwicklung Nr. 4, 1970: Hoffmann/Patellis, Demokratie als Nebenprodukt - Versuch einer öffentlichen Planung, 1971; J. J. Hesse, Zielvorstellungen und Zielfindungsprozesse im Bereich der Stadtentwicklung, Archiv für Kommunalwissenschaften (zit. AfK) 10 (1971), 26 ff. (41 ff.); Göb, Diktatur des Bauzauns?, Raum und Siedlung (zit. RuS) 71, 28 ff; Fritz/Richard, Die Rolle der Öffentlichkeit bei der Planung und ihrer Realisierung, ebenda, S. 72 ff.; Hollatz, Planung und Öffentlichkeit, Der Landkreis 71, 183 f.; Freifrau v. Schrötter, Pluralistische Planungsvorstellungen - Ein Weg zur Demokratisierung der Planung?, Die Verwaltung 4 (1971), 127 ff.; Ernst, Fortentwicklung des Planungsrechts, RuS 71, 242 ff. (245 f.; kritisch); Kube, Zur Notwendigkeit der Demokratisierung der Bebauungsplanung im ländlichen Raum, DÖV 72, 118 ff.; verschiedene Beiträge in Stadtbauwelt 23/1969, 27/1970, 31/1971. Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung, BT-Drucks. VI/1497, insbes. S. 9 f., 49 ff., 96; - Kommunalwissenschaftliches Forschungszentrum Berlin: Nürnberg-Beratung, Vorstudie, Februar 1971; Landeshauptstadt München, Baureferat Stadtplanung: Altstadtring Nord-Ost und Lehel, Juli 1971; - Forderungen der Jungsozialisten zum Bodenrecht und Städtebau, RuS 71, 162. Vgl. im übrigen die Schrifttumsnachweise zur „Partizipation" unten in Anm. 71. 17

Vgl. Forsthoff,

aaO (Anm. 13), S. 69.

100

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logen und Journalisten. Und sie machen davon Gebrauch". 18 Und hier wie dort kostet das natürlich einen Preis: nicht zuletzt „die Auflösung klarer Begrifflichkeit im Gerede".19 2. Hennis 20 hat sicher recht, wenn er feststellt, daß der Begriff der „Demokratisierung" auch noch in den innenpolitischen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre eine zentrale Rolle spielen wird. Gleichwohl wird sich die Forderung nach „Demokratisierung" am Ende nur als ein vergängliches - im Hinblick auf den dann (etwa im Hochschulbereich) angerichteten Schaden allerdings folgenreiches und kostspieliges - Thema21 dieser Tage erweisen. Bis zur Abdankung dieses Zauberworts wird es indessen geraume Zeit dauern. Denn trotz der immer stärker anschwellenden Kritik an dem Demokratisierungsgerede 22 befinden wir uns noch mitten in der Demokratisierungsphase. „Demokratisiert" werden sollen alle gesellschaftlichen und staatlichen Bereiche, die Wirtschaft 23 ebenso wie die Verwaltung bzw. der öffentliche Dienst,24 wie die Schulen25 und 18

Ebenda. Ebenda. Vgl. auch Scheuch, Der „Demokratisierungsprozeß" (Anm. 7), S. 75 ff; ferner unten im Text (m. Anm. 43). 19

20

21

Vgl. Hennis, aaO (Anm. 7), S. 10 ff.

Für den Hochschulbereich vgl. etwa Ortlieb, Die verantwortungslose Gesellschaft oder wie man die Demokratie verspielt, 1971, insbes. S. 113 ff, 118 ff, 129 ff, 142 f.; Richard Löwenthal, Hochschule für die Demokratie (Grundlinien einer sinnvollen Hochschulreform), 1971, insbes. S. 23 ff; H. H. Rupp, Demokratie und Wissenschaftsverwaltung, in: Demokratie und Verwaltung, Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, 1972, S. 611 ff. 22 Vgl. dazu etwa die Nachweise oben in Anm. 7, 21. 23 Vgl. dazu aus neuester Zeit (jeweils m. w. N.): Watrin, Die Demokratisierung der Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland, in: Utz/Streithofen, aaO (Anm. 7), S. 124 ff. (dazu der Diskussionsbericht von Groner, ebenda, S. 250 ff.); Derselbe, Geldwertstabilität, Konzertierte Aktion und autonome Gruppen, in: Hoppmann (Hrsg.), Konzertierte Aktion (Kritische Beiträge zu einem Experiment), 1971, S. 201 ff. (211 Anm. 22, 215 ff., 222 ff.); H. H. Rupp, Konzertierte Aktion und freiheitlichrechtsstaatliche Demokratie, ebenda, S. 1 ff.; auch Thiele, Wirtschaftsräte - eine Forderung in unserer Zeit, DVB1. 71, 773 ff. Vgl. ferner H. P. Ipsen, Fragestellungen zu einem Recht der Wirtschaftsplanung, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I, 1965, S. 35 ff. (64). Biedenkopf, Demokratisierung der Wirtschaft und Mitbestimmung im Betrieb und Unternehmen, in: Utz/Streithofen, aaO (Anm. 7), S. 286 ff. (dazu der Diskussionsbericht von Groner, ebenda, S. 304 ff.); DGB, Mitbestimmung - eine Forderung unserer Zeit, 1971, insbes. S. 9 f., 13, 35, 36, 39; Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Grundgesetz, 1971. - Vgl. ferner Kriele, WDStRL 29 (1971), 79 f. 24 Vgl. dazu z. B. (m. w. N.) Leisner, Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1970, S. 9 ff, 17, 24 ff.; Derselbe, Mitbestimmung im öffentlichen Dienst - innere Kontrolle der Staatsgewalt, ZBR 71, 65 ff.; Hanau, Kein Streikverbot für Beamte?, JuS 71, 120 ff. (122); Isensee, Beamtenstreik (Zur rechtlichen Zulässigkeit des Dienstkampfes), 1971,

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

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die Hochschulen,26 die Staats- und Stadttheater, 27,28 Rundfunk- und Fernsehanstalten 29 ebenso wie Redaktionen und Verlage, 30 die Bahn und die Post31 ebenso wie die Kirchen 32 und die Familie.33

S. 121 f.; Guilleaume, Demokratisierung der Personalpolitik in der öffentlichen Verwaltung, Die Verwaltung 4 (1971), 177 ff.; Hans Schneider, Demokratisierung der Verwaltung - ein Schlüssel zum Fortschritt? (noch nicht veröffentlicht; vgl. dazu Fromme, Was wird aus dem Berufsbeamtentum?, FAZ vom 13. Januar 1972, S. 2); Duden, Mitbestimmung in öffentlichen Unternehmen, ZRP 72, 29 ff.; Bericht „Mehr Mitbestimmung, aber keine Parität (Ein Gutachten über den kommunalen Bereich/Gewerkschaft nur zum Teil bestätigt)", FAZ vom 1. März 1972, S. 17 (zu einem Rechtsgutachten von Ossenbühl), Vgl. auch Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, 1964, S. 123 f., 883 f. Zur „Demokratisierung" der Bundeswehr vgl. ζ. B. den Jahresbericht des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, BT-Dr. VI/3232, S. 23 f. 25 Vgl. dazu etwa die Nachweise bei Hennis, aaO (Anm. 7), S. 20 (Anm. 19); ferner: Loch und Huisken, Thesen zur Mitbestimmung in der Schule, in: Stahl (Hrsg.), Das Nürnberger Gespräch 1969: Teilhabe - Kommunikation und Partizipation in unserer Gesellschaft (Ein Tagungsbericht), 1970, S. 117 ff., 122 ff.; Stellungnahmen zu diesen Thesen, ebenda, S. 127 ff.; Rumpf, Die Teilhabe des Schülers und Lehrers an der Schule, ebenda, S. 145 ff.; Der Spiegel Nr. 14/1972, S. 68. Vgl. auch (kritisch) Schoeck, Ist Leistung unanständig?, 3. Aufl. 1971, insbes. S. 37 ff., 56 ff.; Bericht „Maier gegen Ausbau der schulischen Mitbestimmung", FAZ vom 22. Februar 1972, S. 10; ferner die Referate der Arbeitstagung des Bundes Freiheit der Wissenschaft, in: Schule 72 - Schulkrise, Schulreform und Lehrerbildung, 1972. Vgl. dazu außer den Nachweisen oben in Anm. 21 folgende zusammenfassenden Darstellungen (jeweils m. w. Ν.): H. H. Klein, „Demokratisierung" der Universität?, 1968; H. H. Rupp und Geck, Die Stellung der Studenten in der Universität, VVDStRL 27 (1969), S. 113 ff., 143 ff.; Mallmann/Strauch, Die Verfassungsgarantie der freien Wissenschaft, Westdeutsche Rektorenkonferenz, Dokumente zur Hochschulreform XIV/1970, insbes. S. 25 ff.; Kriele, VVDStRL 29 (1971), 78 f.; H. Schiedermair, Die Reform der Wissenschaftsorganisation und das Problem der Demokratisierung, WissR 4 (1971), 1 ff. Vgl. im übrigen die Schrifttumsnachweise in dem nicht billigenswerten Aufsatz von Dallinger, Wissenschaftsfreiheit und Mitbestimmung, JZ 71, 665 ff. 27 Vgl. ζ. B. die Berichte „Stadtväter tolerieren Mitbestimmung (Theater-Diskussionen und Vorstellungen in Rathäusern)", Die Welt vom 10. Februar 1970, S. 21; „Mitbestimmung an Frankfurter Bühnen", Die Welt vom 16. Juli 1970; „Pragmatiker I&litzsch", Die Welt vom 20. März 1972. 28 Hierzu und zum Folgenden vgl. auch Hanau, JuS 71, 122. 29 Vgl. ζ. B. Thiel, Demokratisierungsversuche bei ARD und ZDF: Rundfunk- und Fernseh-Intendanten als Herrscher, Die Zeit vom 19. Dezember 1969, S. 13 (dazu den kritischen Leserbrief von Roellecke, Die Zeit vom 16. Januar 1970, S. 29); den Bericht „Ein Redaktionsstatut für den WDR? (Rundfunkgesetz und Mitbestimmung schwer miteinander vereinbar)", Die Welt vom 25. August 1970, S. 16; Herzog, in Maunz/Dürig/ Herzog, GG, Art. 5 Rdnr. 205, 209 ff. Vgl. auch die Nachweise in der folgenden Anmerkung. 30 Vgl. dazu ζ. Β. Herzog, aaO (Anm. 29), Art. 5 Rdnr. 157, 163 ff. - Kritisch zur Demokratisierung in diesem Bereich Ortlieb, aaO (Anm. 21), S. 142.

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Richtertitel werden von der Forderung nach „Demokratisierung" ebensowenig verschont 34 wie die Justiz als solche.35 Indessen gewinnt man gerade in diesen Tagen den Eindruck, als ob diejenigen, welche die Geister riefen, allmählich (berechtigte) Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen. Bezeichnete der Vorsitzende der SPD vor der letzten Bundestagswahl (1969) die Forderung nach „Demokratisierung" der großen Gesellschaftsbereiche noch als zwingende Notwendigkeit,36 so sprach der Bundeskanzler auf dem außerordentlichen SPDParteitag in Bonn (1971) immerhin schon davon, daß das Prinzip „Demokratie" in den staatlichen und in den gesellschaftlichen Bereichen verschiedener Ausfor-

31

Vgl. dazu Leisner, Mitbestimmung (Anm. 24), S. 13 f.; Derselbe, ZBR 71, 67, 68. Zur geplanten neuen Postverfassung, insbes. zur neuen Zusammensetzung des Aufsichtsrats (BT-Dr. VI/1385, VI/3027) vgl. ζ. B. die Berichte „DGB soll starken Einfluß auf die Post erhalten", FAZ vom 28. Januar 1972; „Gewerkschafts-Post", FAZ vom 29. Januar 1972; „Neues Datum für die Postverfassung", Die Welt vom 29. Januar 1972; Neander, Der Postbeamte kontrolliert sich selbst, Welt am Sonntag vom 27. Februar 1972. 32 Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 14, 20, 48 (ferner die Diskussionsbeiträge von Wendland und Scheuner, ebenda, S. 47 f., 51 ff); Helmut Kuhn, aaO (Anm. 7), letzter

Absatz; Bericht „Heinemann sieht Grenzen für Demokratisierung der Kirche", FAZ vom 7. Oktober 1971, S. 4. 33 Vgl. dazu kritisch Hennis, aaO (Anm. 7), S. 16 f., 20 f. 34 Vgl. dazu den kritischen Aufsatz von Robert Fischer, Gefahr für die Rechtspflege (Was die Einebnung der Richtertitel bedeutet), FAZ vom 11. Januar 1972, S. 2. Dagegen Woesner, „Was tut's, wenn sich das Türschild ändert?", Der Spiegel Nr. 7/1972, S. 76 f. Vgl. ferner Priepke, Richter ohne Titel, in: Wassermann (Hrsg.), Justizreform, 1970, S. 129 ff. 35 Vgl. etwa Wassermann, Der neue Richtertyp, in: Wassermann, aaO (Anm. 34), S. 11 ff (11, 16 ff., 27 f.); Emmerlich, Emanzipation durch Partizipation. - Zur richterlichen Mitbestimmung, ebenda, S. 52 ff; H. P. Bull, Richter als Reformer (Für eine Demokratisierung der Justiz), Die Zeit vom 13. November 1970, S. LIT 16; Görlitz, Verwaltungsgerichtsbarkeit in Deutschland, 1970, S. 9 ff, 291 ff. Knut Ipsen, Die Richterwahl in Bund und Ländern, DÖV 71, 469 ff. (474, 475). Vgl. dazu kritisch Dinslage, Demokratisierung der Justiz?, DRiZ 68, 5 ff.; E. Schmidt, Zur Demokratisierung der Justiz, Der Staat 8 (1969), 65 ff; H. H. Klein, Verfassungsrechtliche Grenzen der Justizreform, in: CDU in Niedersachsen, Justizpolitischer Kongreß am 2. und 3. Juli 1971 in Braunschweig, 1971, S. 22 ff. (25 ff); ferner Forsthoff, Diese Art von Justizreform brauchen wir nicht, Die Welt vom 27. März 1971, Beilage S. II. 36 Vgl. Brandt, Die Alternative, in: Die Neue Gesellschaft, Sonderheft Mai 1969, S. 3 ff. Dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 10 f. Vgl. auch die Regierungserklärung von Bundeskanzler Brandt am 28. Oktober 1969, Bulletin der Bundesregierung, Nr. 132/1969, S. 1121 ff. Dazu kritisch Ortlieb, aaO (Anm. 21), S. 130. - Vgl. ferner den Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung, aaO (Anm. 16), S. 49.

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mung bedürfe. 37 Zugleich verurteilte er jeden Versuch, unter dem Vorwand der „Demokratisierung" Parlament und Regierung der Entscheidungsfähigkeit zu berauben. In die gleiche Kerbe hieb auch jüngst der Bundesinnenminister, 38 als er sich gegen das Schlagwort von der „Demokratisierung der Verwaltung" mit der Begründung wandte, daß die Verwaltung in einer parlamentarischen Demokratie schon im höchsten Grade „demokratisiert" sei. Wie man sieht, wird die „demokratisierte Demokratie" 39 allmählich auch Demokratisierungsbeflissenen unheimlieh. 40 Das wird allerdings diejenigen, die die „Demokratisierung" auf ihr Banner geschrieben haben, nicht davon abhalten, auch weiterhin dieses politische Erfolgsrezept 41 anzuwenden. Unter diesen Umständen scheint es geboten, wie für alle übrigen Bereiche auch für die Planung zu untersuchen, was es mit dem unerfüllbare Hoffnungen weckenden und damit gefahrlichen Begriff der „Demokratisierung" 42 insoweit auf sich hat. Auch diese Untersuchung wird erweisen, daß, in Abwandlung einer Formulierung von Forsthoff, 43 in der - von der Bundesregierung 44 aufgegriffenen - Forderung nach „Demokratisierung" der Planung der Demokratiebegriff ebenso degeneriert ist wie in der Forderung nach „Demokrati-

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Zitiert nach Hertz-Eichenrode, Doppelte Abgrenzung auf dem SPD-Parteitag: Der Gedanke an die Wahlen soll die „Linken" bremsen, Die Welt vom 19. November 1971, S. 4. Noch ganz im Sinne der ursprünglichen Zielsetzung allerdings Wehner, Die SPD wird regieren und nicht resignieren, in: Die Neue Gesellschaft, Februar 1972, S. 83 ff. (dazu Kremp, Wehner bezieht Position links von Godesberg, Die Welt vom 23. Februar 1972, 5. 4); Jahn, Rechtspolitik in unserer Zeit, Bulletin der Bundesregierung Nr. 37/1972, S. 589 ff. 38 Vgl. Genscher, Öffentlicher Dienst am Scheideweg?, Bulletin der Bundesregierung Nr. 5/1972, S. 37 ff. (41). 39 Vgl. Friedmann, Demokratisierte Demokratie (Leserbrief), FAZ vom 23. Dezember 1971, S. 9; ferner (m. w. N.) Hennis, aaO (Anm. 7), S. 11 (Anm. 2). 40 Das zeigen auch die Auseinandersetzungen (insbesondere innerhalb der SPD) um das Hochschulrahmengesetz des Bundes. Vgl. ζ. B. folgende Berichte: "Intervention des Bundeskanzlers - Streit über studentische Mitwirkung: Entscheidung über Reform der Universitäten wieder vertagt", Die Welt vom 4. Februar 1972; „Schaltet sich Brandt in die Hochschulpolitik ein? (Kursschwankungen bei der SPD/Kanzler-Gespräch mit Löwenthal)", FAZ vom 5. Februar 1972. 41 Vgl. Rupp, Demokratie (Anm. 21), S. 611. 42

Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 14, 33 (m. Anm. 45), 39; Klein, aaO (Anm. 35),

S. 26; Ernst, RuS71,245. 43 Vgl. Forsthoff, aaO (Anm. 13), S. 69. Forsthoff spricht hier von „begrifflicher Vagabondage". Vgl. dazu auch Leisner, Mitbestimmung (Anm. 24), S. 26, 29 f.; Klein, aaO (Anm. 35), S. 25; ferner oben im Text (m. Anm. 19). 44 Vgl. den Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung, aaO (Anm. 16), S. 9 f., 49 ff., 96; ferner unten unter III 6,7 (m. Anm. 158, 165, 179 f.).

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sierung" der Gesellschaft. Zugleich wird aber deutlich werden, daß unter der falschen Flagge der „Demokratisierung" der Planung ein rechtsstaatliches Problem von vorwiegend Nichtjuristen 45 in nicht immer angemessener Weise behandelt wird. 3. Die Forderung nach „Demokratisierung" der Planung zielt, soweit sie ernsthaft diskutiert wird, auf die Lösung eines Problems, mit dem sich die Juristen - etwa für den Bereich der Raumplanung - schon lange beschäftigen: die rechtzeitige und effektive Beteiligung der Betroffenen an Planungsentscheidungen; 46 oder anders gewendet: der (rechtliche) Schutz der Planungsbetroffenen davor, durch eine Planung überfahren zu werden. Indem aber dieses Problem in der gegenwärtigen Diskussion zumeist gerade nicht als Sachfrage behandelt, 47 sondern die prinzipiell erhobene Forderung nach Beteiligung der Betroffenen - neudeutsch: Partizipation 48 - mit dem Schlagwort der „Demokratisierung" verbrämt wird, suggeriert man die Vorstellung, daß das, was aus politischen Gründen gefordert wird, auch verfassungsrechtlich - vom demokratischen Prinzip im Grundgesetz - geboten sei. 49 Die „Demokratisierung" aller staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche wird damit unversehens zum Verfassungsauftrag. Dabei liegt es für den Juristen auf der Hand, daß sich die Forderung nach „Demokratisierung" aller Lebensbereiche verfassungsrechtlich nicht legitimieren läßt. 50 Das gilt ζ. B. für die „Demokratisierung" der Justiz51 ebenso wie für die „Demokratisierung" des öffentlichen Dienstes bzw. der öffentlichen Verwaltung. 52 So hat denn auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19. März 197053 ganz zurecht lapidar festgestellt, aus dem Volksstaatsgrundsatz des Art. 2 der Bayerischen Verfassung lasse sich die Forderung nach einer Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung - und zwar auch der Schulverwaltungen - in dem Sinne, daß bei den Verfügungen der Behördenleiter 45

Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 16 ff.) sowie unten unter II und III. Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Blümel, Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Festgabe für Ernst Forsthoff, 1967, S. 133 ff. M. Seilmann, Neue bodenrechtliche Vorschriften für die städtebauliche Sanierung, Rechtsgutachten, 1969, S. 23 ff; Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971; Klaus Meyer, Betrachtungen über das Städtebauförderungsgesetz im Spannungsfeld des Grundgesetzes, AöR 97 (1972), 12 ff. (25, 27 ff.). 47 Was allein angemessen ist. Vgl. etwa Hennis, aaO (Anm. 7), S. 14, 33; Klein, aaO (Anm. 35), S. 25, 26, 28. 48 Vgl. dazu unten unter II. 49

Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 12 ff., 33 f.; Klein, aaO (Anm. 35), S. 26.

50

Vgl. Hennis, aaO (Anm. 49). Α. Μ. ζ. B. Jahn, aaO (Anm. 37), S. 590.

51

Vgl. dazu Klein, aaO (Anm. 35), S. 26, 28. Vgl. dazu Leisner, Mitbestimmung (Anm. 24), S. 26, 27 ff. VGHE 23 (II), 23 = VerwRspr. 21, 642 (647 f.).

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oder der ihnen unterstellten zuständigen Beamten auch andere Personen oder Gremien mit zu befinden hätten, nicht ableiten. 4. Diese klare verfassungsrechtliche Ausgangslage ändert allerdings nichts daran, daß schon heute in der Alltagsdiskussion derjenige, der zwar für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintritt, aber Front gegen das ständige Demokratisierungsgerede macht, mit den gängigen Abqualifizierungen zu rechnen hat.54 Das rührt nicht zuletzt daher, daß der Begriff der „Demokratisierung" bereits unter demokratischem Denkmalsschutz steht (Hennis). 55 Die Folge davon ist, daß die Verbrämung jeder politischen Maßnahme oder Forderung mit dem Etikett „Demokratisierung" inzwischen auf zahlreichen Gebieten dazu geführt hat, daß eine echte Sachdiskussion überhaupt nicht mehr oder nur unter besonderen Schwierigkeiten möglich ist.56 Unter diesen Umständen kann den Autoren 57 nicht beigepflichtet werden, 58 die da meinen, daß die verfassungsrechtlich verfehlte Berufung auf das demokratische Prinzip im Grundgesetz in der politischen Rhetorik nicht illegitim zu sein brauche. Denn hier wird verkannt, daß auch die Auflösung klarer Begrifflichkeit im Gerede ihren Preis kostet. 59 Vor der bereits wiederholt aufgezeigten Gefahr einer „Entliberalisierung durch Demokratisierung" 60 sollte niemand seine Augen verschließen. 61 Daß diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen ist, wird auch für den Bereich der Planung - genauer: für den im Schrifttum fast ausschließlich behandelten Be-

54

Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 16, 21. Ebenda, S. 21. 56 Insoweit scheint die bewußtseinsverändernde Sprachrevolutionierung, von der Hennis (aaO, S. 16, 33 f. Anm. 45) noch als einer Gefahr sprach, bereits eingetreten zu sein. 57 Ζ. B. Kriele, VVDStRL 29 (1971), 74, 75. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die ungenaue Verwendung des Demokratiebegriffs bei Kriele, Ordnungsrecht an den Hochschulen?, ZPR 72, 25 ff. 58 Ebenso Hennis, aaO (Anm. 7), S. 14 ff., 21 f., 33 f. 59 In Abwandlung des bereits oben (im Text m. Anm. 19) zitierten Ausspruchs von 55

Forsthoff.

Vgl. H. H. Klein, öffentliche und private Freiheit (Zur Auslegung des Grundrechts der Meinungsfreiheit), Der Staat 10 (1971), 145 ff. (169), und zwar im Anschluß an Forsthojf, Der Verfassungsschutz der Zeitungspresse, 1969, S. 16; Derselbe, Neue Aspekte der Pressefreiheit, Der Staat 5 (1966), 1 ff. (14). 61 Vgl. dazu die Diskussionsbeiträge von Leibholz und Dürig, VVDStRL 29 (1971), S. 104 ff., 126 ff. (127, 128); die oben in Anm. 7 zitierten Aufsätze von Schelsky und Kuhn; ferner Rupp, Konzertierte Aktion (Anm. 23), S. 1 ff. (7 ff); Derselbe, Demokratie (Anm. 21), S. 612 f.

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reich der Stadtplanung 62 - offenkundig, wenn man die mit der Forderung nach „Demokratisierung von Planungsprozessen" 63 häufig verfolgten Ziele ins Auge faßt: Dazu gehört einmal „der Abbau von eigentums- und kapitalorientierten Herrschafts- und Interessenstrukturen in Planungsprozessen" (Schäfers) Außerdem ist die „Demokratisierung von Planungsprozessen" nach Schäfers „ein wichtiger - nicht der einzige! - Eckpfeiler der Demokratisierung weiterer Sozialbereiche als Vorbedingung einer demokratischen Staats- und Gesellschaftsordnung". 6 5 Ziel Vorstellung ist für manche auch hier die „Emanzipation der Massen". 66 Da „man sich jedoch über die Schwierigkeiten der Emanzipation in der Bundesrepublik klar ist", kann „es sich dabei nur um einen Kampf der Nichtprivilegierten gegen die Privilegierten handeln" ( Széll )67 Die dabei anzuwendende Strategie hat Schelsky 68 treffend als das Prinzip „Revolution durch Verfahren" gekennzeichnet.

I I . „Demokratisierung" und „Partizipation" 1. A u f diesem Hintergrund kann der mit den Problemen der Planung vertraute Jurist die bislang vorwiegend von Politologen und Soziologen geführte Diskussion um „die Demokratisierung von Planungsprozessen" häufig nur mit Kopfschütteln verfolgen. Denn diese Diskussion knüpft in der Regel nicht an das geltende, in der Bundesrepublik ζ. B. im Bereich der Raumplanung schon

62 Alle anderen Bereiche der Raumplanung - insbesondere die Fachplanungen -werden in der Diskussion um „Demokratisierung" und „Partizipation" weithin vernachlässigt, vgl. unten unter III 2 (m. Anm. 105 f.). Vgl. in diesem Zusammenhang mchKube, DÖV 72, 118 ff. 63 Nach Hennis , aaO (Anm. 7), S. 19 Anm. 16 (im Anschluß an Schelsky, Abschied von der Hochschulpolitik oder: Die Universität im Fadenkreuz des Versagens, 1969, S. 114) gehört der Begriff „Prozeß" zu jenen „scheinsachlichen Modeworten", welche „die zeitgenössische Soziologie dem allgemeinen politischen Jargon vermacht hat". 64 Vgl. Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 201. Vgl. auch Derselbe, Planung (Anm. 16), S. 196 ff. 65 Ebenda. 66

So Széll, aaO (Anm. 12), S. 246, 250. Vgl. dazu Hennis, aaO (Anm. 7), S. 19 (Anm.

17). Zur „Radikaldemokratisierung" vgl. im übrigen die Nachweise oben in Anm. 12. 67 Vgl. Széll, aaO (Anm. 12), S. 250. Deshalb gehören nach Széll (aaO S. 247 Anm. 36) zur Grundausbildung eines Wissenschaftlers und Planers die „Vier philosophischen Monographien" („Über die Praxis", „Über den Widerspruch", „Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke" und „Woher kommen die richtigen Ideen der Menschen?") von Mao-Tse-tung. 68 Vgl. Schelsky, Die Strategie der „Systemüberwindung" (Anm. 7).

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weithin durchnormierte Planungsrecht (Verfahrensrecht) an - um dessen behutsame Fortentwicklung es sich allenfalls handeln kann -, 69 sondern sie nimmt jeweils ihren Ausgangspunkt, was natürlich einfacher ist, bei allgemeinen Prinzipien oder scheinsachlichen Modeformeln, 70 die dann als feststehend und ohne weitere Begründung - und ohne jede Rücksicht auf die Besonderheiten der jeweiligen Materie - abgehandelt bzw. verkauft werden. Ein solches die allgemeine Diskussion weit über den Bereich der Planung hinaus beherrschendes Modewort ist - neben dem Begriff „Demokratisierung" - das der „Partizipation". 71 2. Auf diesen unbesehen aus dem Angelsächsischen übernommenen 72 und in einem kaum mehr überschaubaren soziologischen und politikwissen-

69

Vgl. dazu auch Ernst, RuS 71, 245 f. Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 63. 71 Zur „Partizipation" vgl. aus dem umfangreichen Schrifttum neben den Nachweisen oben in Anm. 16 vor allem Naschold, Organisation und Demokratie, 2. Aufl. 1971; Narr/Naschold, Theorie der Demokratie, 1971, S. 157 ff; Scharpf, Demokratietheorie zwischen Theorie und Anpassung, 1970, S. 54 ff; Derselbe, Planung als politischer Prozeß, Die Verwaltung 4 (1971), 1 ff. (2 ff. u. pass.); Stahl (Hrsg.), Das Nürnberger Gespräch 1969: Teilhabe - Kommunikation und Partizipation in unserer Gesellschaft (oben Anm. 25); die zahlreichen Beiträge in: Partizipation (Aspekte politischer Kultur), Offene Welt, Nr. 110/1970 (oben Anm. 9), insbes. Dienel, Techniken bürgerschaftlicher Beteiligung an Planungsprozessen, ebenda, S. 144 ff; Derselbe, Planung als Demokratisierungschance, RuS 70, 154 ff.; Derselbe, Partizipation an Planungsprozessen (Mögliche bildungsplanerische Konsequenzen), Raumforschung und Raumordnung 70, 212 ff; Derselbe, Partizipation an Planungsprozessen als Aufgabe der Verwaltung, Die Verwaltung 4 (1971), 151 ff; Derselbe, Wie können die Bürger an Planungsprozessen beteiligt werden? (Planwahl und Planungszelle als Beteiligungsverfahren), Der Bürger im Staat 71, 151 ff.; Derselbe, Bürgerinitiative und Selbstverwaltung - Zur Partizipation an Planungsprozessen, in: Der aktive Bürger - Utopie oder Wirklichkeit? (Ein Cappenberger Gespräch), 1971, S. 16 ff. (dazu Berg, DVB1. 71, 494 f.); Grauhan, Der politische Willensbildungsprozeß in der Gemeinde, Der Bürger im Staat 71, 106 ff. ( I l l ) ; J. J. Hesse, AfK 10 (1971), 41 ff; Steffani, Parlamentarische Demokratie - Zur Problematik von Effizienz, Transparenz und Partizipation, in: Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Kritik Bd. III, 1971, S. 17 ff.; Pankoke, Kommunale Beteiligung als Problem der Verwaltungsorganisation, Die Verwaltung 4 (1971), 395 ff; Damkowski, Die Planung unserer Städte, DÖV 72, 82 ff. (87 ff); ferner den Bericht „Citizen participation and local government, AfK 10 (1971), 419 ff. Kritisch zur „Partizipation" Rupp, Konzertierte Aktion (Anm. 23), S. 3 f., 7 ff.; Derselbe, Demokratie (Anm. 21), S. 611 ff. 72 Vgl. z. B. Ellwein, Wege zur Teilhabe, in: Stahl (Hrsg.), Das Nürnberger Gespräch 1969 (Anm. 25), S. 17 ff. (17 m. Anm. 2). - Über Stadtplanung und „Partizipation" in den USA informieren z. B. die Beiträge in Stadtbauwelt 27/1970; vgl. auch Dammann, Kommunalpolitik in vergleichender Sicht (Schwerpunkte nordamerikanischer Forschung), AfK 9 (1970), 314 ff.; Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 51 f. (zur Anwaltsplanung). Für England vgl. den vielerörterten Skeffington Report (People 70

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schaftlichen Schrifttum traktierten Schlüsselbegriff fallen in neuerer Zeit zunehmend auch Juristen herein. 73 Weithin ohne irgendwelche Vorbehalte und ohne Rücksicht auf die bedeutsamen Unterschiede zwischen dem angelsächsischen und dem weit fortschrittlicheren deutschen Recht wird dieser schillernde Begriff der „Partizipation" bzw. der „Teilhabe" ζ. B. auf das komplizierte und ganz andersartige deutsche Planungsverfahren übertragen. Noch gravierender aber ist, daß in der deutschen Diskussion bis heute weder der Begriff „Partizipation" noch der damit zusammenhängende Begriff „Betroffener" geklärt sind. Obwohl ζ. B, praktisch jeder Autor etwas anderes unter „Partizipation" versteht, 74 wird ständig - und auf einer hohen Abstraktionsebene 75 - von „Partizipationsmechanismen", „Partizipationsformen" und „Partizipationssträngen", von „Partizipationsproblemen" und „Partizipationspraktikern- und -theoretikern", von „Partizipationschancen" und „Partizipationsprozessen" oder - um diese unvollständige Sammlung abzuschließen - von „partizipativen Initiativen" geredet. 76 Als „Partizipation" werden so - je nach den Zielvorstellungen oder Wunschträumen des betreffenden Autors - alle im öffentlichen Recht schon längst bekannten Mitwirkungs- oder Beteiligungsformen 77 angeboten, angefangen von der schlichten Befragung oder Anhörung über die Möglichkeiten der direkten oder indirekten Einflußnahme bis zur Form der Mitentscheidung etwa in Form der gruppenparitätischen Mitbestimmung. Die bestehenden Unklarheiten werden auch nicht dadurch geringer, daß etwa für den Bereich der Planung der Begriff „Partizipation" häufig als Beteiligung oder Mitwirkung der Bürger und and Planning, Report of the Committee on Public Participation in Planning, London 1969). 73 Vgl. ζ. Β. die unkritische Verwendung des Begriffs „Partizipation" durch v. Simson, Das demokratische Prinzip im Grundgesetz, VVDStRL 29 (1971), 3 ff. (23 m. Anm. 47, 29, 37, 42 f., 45); Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972; vgl. Leitsätze 3, 28, 49, DÖV 71, 734, 736, 737); Ernst, RuS 71, 245, 246; Redeken Sozialstaatliche Gestaltung und rechtsstaatliche Bindung, DVB1. 71, 369 ff (372). Auf der Salzburger Staatsrechtslehrertagung 1972 referieren Walter und SchmittGlaeser über das Thema „Partizipation an Verwaltungsentscheidungen". 74 Ebenso ζ. B. Wittkämper, „Ressourcenplanung" (Die Teilnahme Betroffener bei Planungsvorgängen), Arbeitspapier für den Wissenschaftlichen Kongreß 1971 der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, S. 6 (m. Anm. 36). An dieser Stelle kann auf die teilweise merkwürdigen Ausführungen von Wittkämper nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu auch Rupp, Konzertierte Aktion (Anm. 23), S. 3 f. (unter Hinweis auf Naschold, Organisation und Demokratie, 2. Aufl. 1971). 76 Vgl. aus neuester Zeit ζ. Β. Ρ ankoke, Die Verwaltung 4 ( 1971 ), 395 ff. 77 Vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Bd.: Allgemeiner Teil, 9. Aufl. 1966, S. 227 ff. Uber die Formen des Zusammenwirkens von Organen bzw. Behörden vgl. auch H. J. Wolff, Verwaltungsrecht II, 3. Aufl. 1970, § 77 V (S. 112 ff.).

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der Öffentlichkeit an Planungsprozessen und Entscheidungen imschrieben wird. 78 Nicht viel besser steht es in der allgemeinen Partizipationsdiskussion mit dem Begriff des „Betroffenen". Während ζ. B. nach der Systematik des deutschen Planungsrechts 79 seit jeher scharf zwischen dem einwendungsberechtigten „Jedermann" 80 und den zu beteiligenden Behörden bzw. Trägern öffentlicher Belange zu unterscheiden ist, 81 wird diese zentrale und ζ. B. für die Klagebefugnis im nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren erhebliche Unterscheidung 82 durch den in der nichtjuristischen Diskussion verwendeten Begriff „Betroffener" praktisch wieder zugedeckt.83 Wie oberflächlich in der Partizipationsdiskussion mit derartigen Begriffen noch immer umgegangen wird, zeigt ζ. B. das von Wagener dem Wissenschaftlichen Kongreß 1971 der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft vorgelegte Arbeitspapier über „Teilhabe Betroffener bei Planungsvorgängen am Beispiel des Nordrhein-Westfalen-Programms 1975".84 In diesem Arbeitspapier werden als „Betroffene" der genannten ressortübergreifenden mittelfristigen Aufgaben- und Ausgabenplanung „zwölf abgrenzbare Personenkreise oder Institutionen" genannt, nämlich die Führung in der Staatskanzlei, die Landesressorts, die Landesregierung, das Parlament, die

78

Vgl. ζ. B. Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 49; Pankoke, Die Verwaltung 4 (1971), 395 (Anm. 4). 79 Vgl. in diesem Zusammenhang ζ. B. auch die genaue Umschreibung usw. der „Beteiligten" (im nichtförmlichen undförmlichen Verwaltungsverfahren) in §§ 12, 21, 22, 53 des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, BT-Dr. VI/1173 (Entwurf VwVfG). Zu diesen Einwendungsberechtigten gehörten schon immer nicht nur Grundstückseigentümer, sondern auch Mieter und sonstige Personen. Vgl. ζ. B. Ernst/ Zinkahn/Bielenberg, Bundesbaugesetz, Kommentar, 1965 ff, § 2 Rdnr. 38 f.; Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 46), S. 34 f. (Rdnr. 71 ff.); BayVGH vom 26. Mai 1970, BayVBl. 71, 66; ferner die Nachweise unten in Anm. 82. 81 Vgl. ζ. B. für das Planfeststellungs verfahren § 18 FStrG und § 60 Entwurf VwVfG, für die Bauleitplanung § 2 Abs. 5, 6 BBauG. Zum gewerberechtlichen, zum atomrechtlichen und zu sonstigen Genehmigungsverfahren vgl. unten unter III 4. 82 Vgl. dazu ζ. B. BVerwG vom 29. 5. 1967, DÖV 67, 825 = DVB1. 67, 917; Marschall, Bundesfernstraßengesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1971, § 18 Rdnr. 2, 5 (S. 486 f.); Hofmann, Luftverkehrsgesetz, Kommentar, 1971, § 10 Rinr. 7, 8 (S. 197 ff); Sieder/Zeitler, Bayer. Straßen- und Wegegesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1972, Art. 39 Rdnr. 10, 11, 13, 21 (S. 474 f., 478); Weyreuther, Probleme der Rechtsprechung zum Enteignungsverfahren, DVB1. 72, 93 ff. (100 m. Anm. 82, 90). 83 Zur politikwissenschaftlichen Differenzierung zwischen „Beteiligten" und „Betroffenen" vgl. Scharpf, Die Verwaltung 4 (1971), 2 ff., 7 ff. 84 Maschinenschrift, S. 5 ff. Vgl. auch Wagener, Das Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, in: Jahrbuch 1970, hrsg. vom Minister für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesamt für Forschung), 1971, S. 475 ff.

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kommunalen Spitzenverbände, sonstige Verbände, die Regierungspräsidenten, Experten, die Landesplanungsdienststellen, die Massenmedien, die Bevölkerung und die Bundesregierung. Bei einer solchen Aufzählung fragt man sich, zumal wenn man die häufige Gleichsetzung von „Demokratisierung" und „Partizipation" 8 5 im Auge behält, worin der Nutzen einer derart unscharfen Verwendung von Begriffen - hier des Begriffs „Betroffener" - liegen soll.

I I I . Rechtsstaatliche Planung 1. Wer als Jurist nach Lösungen sucht, um den offenkundigen Mängeln der gegenwärtigen Planungspraxis abzuhelfen, sollte nach alledem die Modeformeln „Demokratisierung" und „Partizipation" vermeiden und sich allein mit den Sachproblemen als solchen befassen. Denn bei der Frage der Verfahrensbeteiligung der Planungsbetroffenen geht es nicht um „demokratische" 86 Mitwirkung oder gar Mitbestimmung, 87 sondern ausschließlich um den effektiven und rechtzeitigen Rechtsschutz der von der Planung Betroffenen bzw. um die Gewährung rechtlichen Gehörs. 88 Dieses rechtsstaatliche - und damit auf einer ganz anderen Ebene angesiedelte - Problem wird bewußt oder unbewußt, absichtlich oder unabsichtlich, von denen umgangen, welche in diesem Zusammenhang von „Demokratisierung" und „Partizipation" sprechen. Um es ganz klar zu sagen: „Demokratisierung" (oder „Partizipation") verbessert mitnichten die Rechtsstel85 Vgl. dazu z. B. Hennis, aaO (Anm. 7), S. 10; Rupp, Konzertierte Aktion (Anm. 23), S. 7 ff.; auch J. J. Hesse, AfK 9 (1970), 41. 86 Insofern abweichend Kopp, Verfassungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, 1971, S. 180 ff. (187 ff); Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, WDStRL 30 (1972), unter III 2 b cc, 5 (m. Anm. 68 ff, 100) und Leitsätze 9, 12 (DÖV 71, 739). Brohm spricht hier von „demokratischer Rückkoppelung" und beruft sich zusätzlich zu den rechtsstaatlichen Erfordernissen auch auf das „Demokratiegebot der Transperenz und der Konsensherstellung". Ähnlich bereits Brohm, Art. Städtebau III, Staatslexikon, 6. Aufl., Erg.-Bd. III, 1970, Sp. 339 ff. (344 f.) Vgl. dazu auch die insoweit kritischen Diskussionsbeiträge von Rupp und Blümel, WDStRL 30 (1972; dazu Folz, DÖV 71, 733); ferner Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 25. 87 Zu dieser „demokratischen" Mitbestimmung bei der Planung im Sinne einer „echten Mitentscheidung aller Betroffenen" vgl. ζ. B. die Forderungen der Jungsozialisten zum Bodenrecht und Städtebau, RuS 71, 162 f.; Dienel, RuS 70, 154: „Der demokratische Ordnungsversuch aber verheißt die Beteiligung aller an der Herrschaft". Dazu kritisch Damkowski, DÖV 72, 88 f.; vgl. im übrigen die Nachweise in den folgenden Anmerkungen. 88 Vgl. dazu ζ. B. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 138, 156, 158 (Anm. 129);

Seilmann, aaO (Anm. 46), S. 24, 26; Weyreuther,

Meyer, AöR 97 (1972), 24 ff.

DVB1. 72, 99 (m. Anm.70, 75); Klaus

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

111

lung des einzelnen Planungsbetroffenen. Sie politisiert und ideologisiert vielmehr die zu treffenden Sachentscheidungen und fuhrt im Falle der erstrebten institutionellen Verfestigung 89 und der paritätischen oder proporzmäßigen Mitbestimmung bei Planungsentscheidungen - von allen sonstigen Bedenken gegen die Aushöhlung der demokratischen Legitimation der planenden Verwaltung abgesehen90 - zur Unterwerfung des einzelnen Betroffenen unter einen fragwürdigen Mehrheitswillen und damit zum Abbau der ihm von der Verfassung gewährleisteten Rechte.91 Mit Recht ist daher in letzter Zeit schon verschiedentlich darauf hingewiesen worden, daß eine Hegemonie einzelner Bürger über andere Bürger mit dem Grundgesetz nicht in Einklang steht 92 Wie leichtfertig indessen in der allgemeinen Partizipationsdiskussion über diese verfassungsrechtlichen Grenzen hinweggegangen wird, zeigt ζ. B. der Vorschlag eines Soziologen (Dienel), 93 die an der Planung zu beteiligenden Personen bzw. Betroffenen nach ihrem Geburtsdatum auszuwählen! Da derartige Überlegungen keine Einzelerscheinungen sind, kann nicht deutlich genug vor der ständig geforderten Institutionalisierung von Bürgerinitiativen, 94 Bürgerforen 95 und ähnlichen „Partizipationsformen" 96 gewarnt werden. 97

89 Vgl. ζ. B. Damkowski, DÖV 72, 88 f.; Dienel, in: Der aktive Bürger (Anm.71), S. 18, 20, 21, 22 f., 26 ff., 49, 50, 52 f., 54. Vgl. dazu die kritischen Diskussionsbeiträge dieses Cappenberger Gesprächs von v. Unruh, Oettle, Ansorge und Hennis, ebenda, S. 35 ff, 39 ff, 48 f., 50, 53 f., 55 f. Vgl. ferner die kritischen Diskussionsbeiträge von Blümel und Kisker auf der Regensburger Staatsrechtslehrertagung 1971, WDStRL 30 (1972; dazu Folz, DÖV 71, 733); Kube, DÖV 72, 119 (m. Anm. 21 ff.). 90 Vgl. dazu vor allem v. Unruh, in: Der aktive Bürger (Anm. 71), S. 35 ff.; 53 f.; ferner Hennis, ebenda, S. 55 f. 91 Vgl. Rupp, Konzertierte Aktion (Anm. 23), S. 7 ff; ferner die Nachweise oben in Anm. 60 f. Der abweichenden Auffassung von Redeker, DVB1. 71, 372 kann daher nicht zugestimmt werden. 92

93

Vgl. v. Unruh, aaO (Anm. 90), S. 53 f.

Vgl. Dienel, in: Der aktive Bürger (Anm. 71), S. 31. Dagegen Oettle, ebenda, S. 42 f. Zwar erwähnt Dienel (aaO S. 26, 46) beiläufig die verfassungsrechtlichen Grenzen einer institutionalisierten Mitwirkung an Planungsprozessen. Mit seinen Vorschlägen setzt er sich jedoch über diese verfassungsrechtlichen Grenzen hinweg. 94 Vgl. dazu neben den Nachweisen oben in Anm. 16, 71 f. auch Grossmann (Hrsg.), Bürgerinitiativen - Schritte zur Veränderung?, 1971; ferner unten im Text (m. Anm. 125 ff.). 95 Ζ. B. „Münchner Diskussionsforum für Entwicklungsfragen e. V." (Münchner Forum); dazu Pflaumer, aaO (Anm. 16), S. 24 ff., 41 ff.; J. J. Hesse, AfK 9 (1970), 44 f.; Grauhan, Zur Teilhabe Betroffener an der Stadtentwicklungsplanung, Arbeitspapier für den Wissenschaftlichen Kongreß 1971 der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, S. 8 f.; Nürnberg-Beratung (Anm. 16), S. 19 ff. Vgl. ferner BBB1. 71, 170 ff., 215 ff. 96 Vgl. dazu den Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung, aaO (Anm. 16), S. 51 ff.

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Solche Bürgerinitiativen sind zwar überall da sinnvoll, wo eine Vielzahl von Bürgern durch eine Planung in ihren unmittelbaren Lebensinteressen betroffen wird und der einzelne mit seinem Vorbringen wenig oder nichts erreichen kann. Als spontane und freiwillige Zusammenschlüsse und als Reaktion auf unpopuläre Maßnahmen und Mißstände sind sie zu begrüßen. 98 Gegen ihre Aktivitäten ist auch dann noch nichts einzuwenden, wenn sie die einzelnen Betroffenen über das jeweilige Projekt informieren und sie zur Wahrnehmung ihrer verfahrensrechtlichen und prozessualen Möglichkeiten ermuntern. 99 Dagegen steht die direkte und unmittelbare Mitwirkung bzw. Mitbestimmung derartiger Gremien an der Planungsentscheidung, zumal wenn sie nach bekanntem Muster selbst „demokratisiert" sind, mit unserer Rechtsordnung nicht in Einklang. Von Verfassungs wegen kann es auch bei Planungsentscheidungen der Verwaltung nur eine vorhergehende Anhörung der Betroffenen zur rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Interessen und Rechte sowie einen nachfolgenden Gerichtsschutz, 100 niemals aber eine Mitwirkung im Sinne von Mitentscheidung geben. 2. Gegenüber dem Gerede der „Partizipationspraktiker und -theoretiker" ist daher mit allem Nachdruck zu verdeutlichen, daß angesichts der Mängel der gegenwärtigen Planungspraxis 1 0 1 die eigentliche Aufgabe die Verbesserung des verfahrensmäßigen und gerichtlichen Rechtsschutzes des einzelnen Planungsbetroffenen ist. Das wiederum setzt aber eine juristische Kleinarbeit voraus, die von Soziologen und Politologen nicht geleistet werden kann. Bestandteil dieser schwierigen Detailarbeit ist zunächst einmal die kritische Überprüfung des geltenden Planungsrechts. Zugleich ist aber zu ermitteln, warum die heutige Planungspraxis aus der Sicht der Betroffenen noch immer unbefriedigend ist. Daß

97 Vgl. die kritischen Diskussionsbeiträge oben in Anm. 89; ferner die Nachweise oben in Anm. 91. 98 Vgl. dazu auch Hennis, in: Der aktive Bürger (Anm. 71), S. 55; Siedentopf, Zu den Grenzen neuer kommunal verfassungsrechtlicher Organisationsformen, Die Verwaltung 4 (1971), 279 ff. (286 f.). 99 Zu der neuerdings geforderten Verbandsklage vgl. (jeweils m. w. Ν.) H. H. Rupp, Popularklage m Umweltschutzrecht?, ZRP 72, 32 ff. (34 f.); Brohm, VVDStRL 30 (1972), unter V 3 b (m. Anm. 164 ff.) und Leitsatz 18 (DÖV 71, 740); Faber, Die Verbandsklage im Verwaltungsprozeß, 1972. Vgl. auch den Materialienband zum Umweltprogramm der Bundesregierung, zu BT-Dr. VI/2710, S. 576; ferner VGH Baden-Württemberg vom 23. Februar 1972, NJW 72, 1101. 100 Zur Verbesserung des gerichtlichen Rechtsschutzes vgl. auch unten im Text (m. Anm. 139). 101 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 137 ff., 140 ff.; Derselbe, Entscheidungsanmerkung, DVB1. 72, 122 ff.

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

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dabei auch ein Blick auf den Verwaltungsstil 102 unserer Zeit und auf die verständliche Zurückhaltung der Planer 103 zu werfen ist, versteht sich von selbst. Erst wenn sich bei dieser Untersuchung herausstellt, daß für die aufgezeigten Mängel nicht der Verwaltungsstil und die Einstellung der Planer ursächlich sind, sondern daß das geltende Recht selbst nicht ausreicht, kann es sich darum handeln, diese Lücken durch verfassungsrechtlich einwandfreie Regelungen zu schließen.104 Die hier nur in Umrissen skizzierte Aufgabe ist umfassender, als das die allgemeine Diskussion über die „Partizipation" der Planungsbetroffenen vermuten läßt. Überblickt man nämlich das umfangreiche nichtjuristische Schrifttum zu dieser Frage, dann fällt auf, daß der große Bereich der Fachplanung105 fast völlig außer Betracht bleibt. Bevorzugter Gegenstand des Interesses ist allein die Stadtplanung, die ihrerseits wieder nur einen Ausschnitt aus der Gesamtplanung darstellt. In allen genannten Planungsbereichen stellen sich aber die genannten Rechtsschutzprobleme mit derselben Intensität.106 Das kann im folgenden nur angedeutet werden. 3. Für den Bereich der Fachplanung ist bereits früher darauf hingewiesen worden, daß das im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens stattfindende Anhörungsverfahren bei großen Bauvorhaben seinen Zweck offenbar nur unzureichend erfüllt. 107 Da bei Einleitung des Planungsfeststellungsverfahrens wesentliche Entscheidungen bereits gefallen sind, wurde wiederholt vorgeschlagen, 108 den verfahrensmäßigen und den gerichtlichen Rechtsschutz über die Plan-

102

Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 156; Derselbe, DVB1. 72, 122 (m.

Anm. 2), 123 (m. Anm. 11); Brohm, Art. Städtebau III (Anm. 86), Sp. 345; Derselbe,

WDStRL 30 (1972), unter III 5 (m. Anm. 105); Kube, DÖV 72, 122 (m. Anm. 56, 60); ferner unten im Text (m. Anm. 146). 103 Vgl. dazu (m. w. N.) Damkowski, DÖV 72, 89 f. Zum beruflichen Selbstverständnis des Planers vgl. die Antworten auf eine Umfrage in Stadtbauwelt 28/1970, S. 268 ff. Über das Verhältnis Planer-Soziologe vgl. Schäfers, Soziologie als mißdeutete Stadtplanungswissenschaft, AfK ( 1970), 240 ff. 104 Ebenso Haarmann, Buchbesprechung (Schäfers, Planung und Öffentlichkeit), DVB1. 72,125. 105 Zur Unterscheidung zwischen Fachplanung und Gesamtplanung vgl. (m. w. N.) Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970, S. 18 ff., 21; Blümel, DVB1. 72, 124 (m. Anm. 23 ff.); Ernst, Buchbesprechung (Forsthoff/Blümel), Die Verwaltung 4 (1971), 487 ff. (488). 106 Vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 159 ff. 107 Ebenda, S. 137 ff., 157 ff. Vgl. auch Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 46), S. 32 (Rdnr. 65). 108

Vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 138 f., 140 f., 155 ff., 159; Hoppe,

Rechtsschutz (Anm. 46), S. 28 ff. (Rdnr. 52-56); Redeker, DVB1. 71, 372.

114

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feststellung hinaus auch auf die vorangehende Planungsstufe, 109 also ζ. B. beim Bau von Bundesfernstraßen oder von Verkehrsflughäfen auf die Planung nach § 16 FStrG oder auf die Genehmigung nach § 6 LuftVG 1 1 0 zu erstrecken. Dieser Gedanke wurde von Brohm u auf der Regensburger Staatsrechtslehrertagung 1971 erneut aufgegriffen. Auch nach seiner Auffassung setzt eine effektive Verfahrensbeteiligung rechtlich gesicherte Einwirkungsmöglichkeiten auf den Inhalt der Entscheidung voraus. Diese wiederum lassen sich nach Brohm in begrenztem Umfange über die „rechtliche Erfassung der einzelnen (abgrenzbaren) Stufen des Entscheidungsprozesses - als „Teilentscheidungen" 112 - erreichen. Auch wenn vieles für diese Aufspaltung und damit für eine Vorverlegung der verfahrensmäßigen Beteiligung der Betroffenen auf frühere Entscheidungs- oder Planungsstufen spricht, bleibt doch zu bedenken, daß die Gerichte und der Gesetzgeber in Bund und Ländern bisher wenig Neigung gezeigt haben, die rechtliche Verselbständigung vorangehender Planungsentscheidungen mitzumachen. 113 Diese Zurückhaltung ist nicht ganz unberechtigt. Denn auch den - bisher ohne förmliche Beteiligung der voraussichtlich Betroffenen ergehenden und von diesen nicht selbständig anfechtbaren - Planungsentscheidungen nach § 16 FStrG 114 oder § 6 LuftVG 115 sind ihrerseits wiederum Planungsentscheidungen und Planungsverfahren vorgeschaltet, bei denen eine Verfahrensbeteiligung von einzelnen Personen aus rechtlichen und sachlichen Gründen nicht in Betracht kommt. 116 Gemeint sind etwa die in § 5 BROG genannten (die Ziele der Raumordnung und Landesplanung enthaltenen) übergeordneten und zusammenfassenden Programme oder Pläne der Länder 117 sowie die auf Bundesebene 118 und zwischen Bund, Ländern und Gemeinden stattfindenden Raumord109 Zu den einzelnen Planungsstufen vgl. Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht (Anm. 105), S. 22 f.; Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 46), S. 14 f. (Rdnr. 25 ff.). 110 Zur Qualifizierung der Genehmigung nach § 6 LuftVG als Planungsentscheidung vgl. z. B. (m. w. N.) BVerwG vom 14. Februar 1971, DVB1. 71, 415 (416) = DÖV 71, 490 (491). 111 Vgl. Brohm, WDStRL 30 (1972), unter III 5, IV 1 und Leitsätze 12, 14 (DÖV 71, 739, 740). 112 Vgl. dazu auch Achterberg, Der Verwaltungsvorakt, DÖV 71, 397 ff. (399 f., 401). 113 Vgl. dazu auch Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 159. 114 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 138 (m. Anm. 35), 149 f.; BVerwG vom 30. Juni 1970, VkBl. 70, 729. 115 Vgl. BVerwG vom 11. Oktober 1968, NJW 69, 340 = DÖV 69, 283. 116 Vgl. dazu auch Brohm, WDStRL 30 (1972), unter III 5 (m. Anm. 104). 117 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 138; ferner Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht (Anm. 105), S. 120 ff., 122 ff., 163 ff. 118 Vgl. dazu ζ. B. Forsthoff/B lümel, Raumordnungsrecht (Anm. 105), S. 148 ff., 167 ff.

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115

nungsverfahren. 119 Der rechtlichen Erfassung von vorausliegenden Planungsstufen - und damit auch der Beteiligung der Betroffenen - sind also schon von der Sache her Grenzen gesetzt. Hinzu kommt ein weiteres. Zwar steht es dem Gesetzgeber durchaus frei, bestimmte Planungsentscheidungen oder -elemente als Teilentscheidungen in ein vorgeschaltetes Verfahren mit verbindlichem Abschluß zu verweisen. 120 Diese Aufspaltung in mehrere verbindliche Entscheidungen kostet aber ihren Preis. Denn die Kehrseite der durch Art. 19 Abs. 4 GG gesicherten Anfechtungsbefugnis ist, worauf Weyreuther 21 zutreffend hinweist, die Anfechtungslast: 122 „Die Aufspaltung eines Verfahrens spaltet daher zwangsläufig zugleich die entsprechenden Anfechtungs- und Einwendungsmöglichkeiten". 123 Auch dieser Unstand muß bei der Frage der rechtzeitigen Verfahrensbeteiligung der Betroffenen berücksichtigt werden. Soweit und solange nach geltendem Recht bei den der Planfeststellung vorangehenden Planungsstufen eine verfahrensmäßige Beteiligung der einzelnen Betroffenen nicht in Betracht kommt, 124 bleibt es diesen unbenommen, ihre Interessen jeweils durch ad hoc gebildete Gremien (Bürgerinitiativen, 125 Schutzgemeinschaften usw.) zu vertreten. Die gegenwärtige Planungspraxis bietet reiches Anschauungsmaterial in dieser Richtung. 126 Die frühzeitige Einflußnahme derart organisierter Interessen ist heute nicht nur im Stadium der Planung von Bundesfernstraßen (§ 16 FStrG) - Beispiel: Umgehungsstraße von Eltville am Rhein 127 119

Ebenda, S. 133 ff., 139 ff. Vgl. Weyreuther, DVB1. 72, 97 (m. Anm. 49 ff.); auch Brohm, WDStRL 30 (1972), unter IV 1 (m. Anm. 134 ff.). 120

121

Vgl. Weyreuther,

DVB1. 72, 99 f.

122

Vgl. dazu auch die oben in Anm. 115 genannte Entscheidung des BVerwG. Unrichtig daher Brohm, WDStRL 30 (1972), unter IV 1 (m. Anm. 137): „Für eine Klage braucht deswegen noch kein Rechtsschutzinteresse zu bestehen; vielmehr hängt es vom Einzelfall ab, ob dem Betroffenen das Zuwarten bis zur Endentscheidung zuzumuten ist". 123 Zur Rechtsschutzproblematik bei Teilgenehmigungen und Vorbescheiden (§§ 7, 7a, 7b Abs. 2 AtomG; §§ 7, 8, 11 Entwurf eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes, BT-Dr. VI/2401) vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 148 (Anm. 89); Begründung zu den genannten Vorschriften des Entwurfs eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes, aaO, S. 33 f., 34 f.; BVerwG vom 16. März 1972 (betr. Kernkraftwerk Würgassen; noch n.

v.).1 2 4

Und die vorangehende Planungsentscheidung als solche nicht angefochten werden

kann. 125

Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 94). Zur Mitwirkung des Bürgers durch Bürgerinitiativen vgl. auch das Umweltprogramm der Bundesregierung, BT-Dr. VI/2710, S. 21. 126 Vgl. dazu auch Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 158 f. 127 Vgl. dazu ζ. B. den Bericht „Eltville und die Rheinuferstraße - Die Pläne liegen aus/Aktion gegen Umweltzerstörung", FAZ vom 13. Mai 1971.

116

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und von Verkehrsflughäfen (§ 6 LuftVG) - Beispiel: Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen 128 - zu beobachten, sondern sie setzt - wie im Falle des geplanten Flughafens München II - bereits während der dem luftrechtlichen Genehmigungsverfahren vorangehenden Raumordnungsverfahren ein. 129 4. Die zuvor für die Planung von planfeststellungspflichtigen Verkehrsanlagen angestellten Überlegungen gelten ζ. B. für die Planung der in § 16 ff. GewO, in §§ 4 f., 7 f., 20 ff. des Abfallbeseitigungsgesetzes 130 oder in §§ 2, 5 ff. des Entwurfs eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes131 genannten Anlagen ebenso wie für die Planung der nach §§ 7 ff. Atomgesetz genehmigungspflichtigen Atomanlagen. 132 Auch bei solchen Anlagen hat die Praxis gezeigt, daß wichtige Planungsentscheidungen bereits vor Einleitung des förmlichen Genehmigungsverfahrens (Planfeststellungsverfahrens) fallen. Da bei diesen Vorentscheidungen (ζ. B. Vorabentscheidung einer Landesregierung, Änderung eines Gebietsentwicklungsplanes13' usw.) eine förmliche Beteiligung der Betroffenen nicht vorgesehen ist, bleibt allein die Möglichkeit des organisierten Widerstands. Gerade die jüngsten Beispiele des Kampfes gegen den Bau von Kernkraftwerken, 114 Großraffinerien 135 oder anderen Industrieanlagen (ζ. B. Floatglas-

128

Die Genehmigung für diesen Flughafen wurde am 6. August 1971 erteilt. Damit wurde die frühere Genehmigung vom 23. März 1965 gegenstandslos. Vgl. in diesem Zusammenhang den Bericht „Hamburg klagt über besonders betonte Umweltschützer", FAZ vom 30. Dezember 1971, S. 7. 129 Zu den Auseinandersetzungen um den Standort des Flughafens München II vgl. Grauhan/Green/Linder/Strubelt, Politikanalyse am Beispiel des Verstädterungsproblems, Politische Vierteljahresschrift 10 (1971), 413 ff. (426 f., 434, 435 ff.); Blümel, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 30 (1972). 130 Vom 7. Juni 1972 (BGBl. I S. 873). Vgl. dazu W. Weber, Umweltschutz im Verfassungs- und Verwaltungsrecht, DVB1. 71, 806 ff. (810 f.); Blümel, DVB1. 72, 124 (Anm.22). 131 Vgl. oben in Anm. 123; femer W. Weber, DVB1. 71, 811 f. 132 Vgl. oben in Anm. 123. Vgl. in diesem Zusammenhang die Stellungnahme des Hauptausschusses der Ministerkonferenz für Raumordnung zur Standortbestimmung von Kernkraftwerken, RuS 71, 157 ff; ferner den Bericht des Bundesinnenministeriums über die thermische Belastung von Gewässern durch Kernkraftwerke, BT-Dr. VI/3052. 1 Wie im Falle der VEBA-Großraffinerie im Rheinbogen von Orsoy. Vgl. ζ. B. Bewerunge, Streit um die Großraffinerie am Niederrhein, FAZ vom 1. Dezember 1971, S. 8. - Über die neuen Abfallbeseitigungspläne vgl. § 6 AbfG. 134 Vgl. ζ. B. die Leserbriefe von Raskild („Eile bei Atomkraftwerken"), Siebler („Atomkraftwerke in Wohngebieten?") und Montanus („Sicherheit bei Atomkraftwerken gewährleistet"), FAZ vom 22. Januar 1972, 23. Februar 1972 und 21. März 1972. 135 Vgl. ζ. B. Lignau, Landwirte zwischen Guntersblum und Worms wittern Verrat Geschlossene Front gegen ein Raffinerie-Projekt im Weinbaugebiet, FAZ vom 3. Dezember 1971, S. 10; ferner oben in Anm. 133.

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

117

anlage in Gelsenkirchen) 136 haben aber zugleich deutlich werden lassen, daß hier die Betroffenen vielfach für andere Zwecke mißbraucht werden. 13 ' 5. Für den Bereich der Bauleitplanung sind die Mängel des geltenden Rechts und der kommunalen Planungspraxis schon häufig erörtert worden. 138 In rechtlicher Hinsicht ist hier vor allem der trotz Art. 19 Abs. 4 GG noch immer unzureichend ausgebildete gerichtliche Rechtsschutz gegen Bebauungspläne zu verbessern. 139 Diese Verbesserung kann, da das Bundesverfassungsgericht 140 nach wie vor die meist zu spät kommende Inzidentprüfung des Bebauungsplanes für ausreichend erachtet und alle Lösungsversuche im Schrifttum die Billigung der Gerichte bisher nicht gefunden haben,141 offenbar nur vom Bundesgesetzgeber - durch eine Änderung des § 47 VwGO - herbeigeführt werden. 142 Dagegen beruhen die allseits beklagten Mängel des in § 2 Abs. 5-8 BBauG geregelten Verfahrens bei der Aufstellung von Bauleitplänen143 weniger auf der Fassung dieser Vorschriften 144 als auf ihrer Handhabung durch Planer und Be-

136 Vgl. dazu VG Gelsenkirchen vom 2. Juli 1971, BB 71, 1030 = DB 71, 1518; Ο KG Münster vom 12. April 1972 (noch n. v.). 137 Vgl. Bewerunge, Mit Freibier für den Umweltschutz - Die Strukturpolitik in Nordrhein-Westfalen gerät in Schwierigkeiten, FAZ vom 16. September 1971, S. 2; Throm, Umweltschutz - aber ohne Hexenjagd, FAZ vom 10. November 1971, S. 17. 138

Vgl. ζ. B. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 145 f., 159 ff.; Rupp, ZRP 72, 32 f.;

ferner die Nachweise oben in Anm. 102. 139 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 72, 124 f.; Derselbe, WDStRL 30 (1972); Rupp, ZRP 72, 33; Brohm, WDStRL 30 (1972), unter III 5 (m. Anm. 114); Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 25, 27 ff. Abweichend neuerdings Redeker, Fragen der Kontrolldichte verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung, DÖV 71, 757 ff. (758, 759, 760 f.,762). Vgl. auch Derselbe, DVB1. 71, 372 ff. (zustimmend Brohm, aaO, unter III 4 m. Anm. 97). - Vgl. auch unten unter III 7 (m. Anm. 175). 140 Vgl. BVerfG vom 27. Juli 1971, DVB1. 71,740 (m. krit. Anm. v. Umbach). Vgl. dazu auch die Kritik von Blümel, DVB1. 72, 122 (m. Anm. 4), 124 f.; Derselbe, WDStRL 30 (1972); Rupp, ZRP 72, 33 (m. Anm. 3); v. Mutiiis, VerwArch. 63 (1972), 207 ff. 141 Vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 46), S. 160 f. Eine erfreuliche Ausnahme bildet das Urteil des VG Hannover vom 14. Dezember 1971 (Az.: IV A 51/71). Vgl. dazu auch Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 29 f.; OVG Berlin vom 8. Mai 1970, AS 11,57 = JR 70, 395 = BauR 70, 220 = BRS 23, 1. 142 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 72, 125 (a. E.); Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 28 f.; ferner ausführlich v. Engelhardt, Der Rechtsschutz gegen Rechtsnormen, 1971, insbes. S. 244 ff., 249 ff. 143 Vgl. ζ. B. Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 50, 54; Kube, DÖV 72, 121 f. 144

Vgl. dazu Blümel, Zur inhaltlichen Überprüfung des Bebauungsplanes im nachfolgenden Enteignungsverfahren, DÖV 65, 297 ff. (302 m. Anm. 46 ff.).

118

Willi Blümel

hörden. 145 Die berechtigte Kritik am bisherigen Verwaltungsstil 146 und das zunehmende Interesse der Öffentlichkeit an der Bauleitplanung haben indessen dazu geführt, daß die von den Betroffenen vorgebrachten Bedenken und Anregungen schon heute nicht mehr überall als lästige Einmischung in eine mehr oder weniger abgeschlossene Planung, 147 sondern als erwünschte Entscheidungshilfen betrachtet werden. 148 Gegenwärtig wendet sich das Interesse der Betroffenen in zunehmendem Maße auch der ersten Stufe der Bauleitplanung, nämlich dem Verfahren zur Aufstellung der Flächennutzungspläne149 zu. Während früher die Entwürfe von Flächennutzungsplänen aus vielen Gründen nur auf geringes Interesse der Betroffenen bzw. der Öffentlichkeit stießen,150 hat sich dies in letzter Zeit geändert. Das zeigen ζ. B. die Auseinandersetzungen um den umstrittenen Flächennutzungsplan-Entwurf 218 der Stadt Köln, der die Aussiedlung von über 7000 Personen zugunsten einer Industrieansiedlung vorsieht. 151 In Hamburg wurden im November 1971 nach Abschluß der öffentlichen Auslegung des Entwurfs des neuen Flächennutzungsplanes mehr als 1200 Eingänge mit rund 32 000 Unterschriften registriert. 152 Diese Mobilisierung und Beteiligung der Betroffenen ist nicht zuletzt den spontan entstandenen Bürgerinitiativen zu verdanken. Gerade das Beispiel Hamburg zeigt, daß bereits das geltende Recht Möglichkeiten für eine frühzeitige Beeinflussung der Planung durch die Betroffenen eröffnet. 6. Allerdings kann nicht übersehen werden, daß gegenwärtig die wesentlichen Entscheidungen über die kommunale Entwicklung - und damit auch über die städtebauliche Entwicklung (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1

145

Ebenso Haarmann, DVB1. 72, 125; auch Ernst, RuS 71, 245, 246. Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 102). 147 Vgl. Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 50, 54, 55. 148 So werden bereits jetzt in zahlreichen Gemeinden vor und während der Offenlegung der Entwürfe von Bauleitplänen Informationsgespräche, Anhörungstermine usw. durchgeführt. Vgl. dazu auch Kube, DÖV 72, 120. 149 Daß auch die Entwürfe von Flächennutzungsplänen nach § 2 Abs. 6 BBauG öffentlich auszulegen sind (und für sie ζ. Β. § 1 Abs. 4 BBauG gilt), wird völlig übersehen von Ρ ankoke, Verw. 4 (1971), 407 ff. (408, 409 f.), 417. 150 Das verdeutlichen die folgenden Zahlen (Bedenken und Anregungen): München 1964: 670; Berlin, Nürnberg 1965: etwa 500; Bremen 1966: 202; Stuttgart 1969: 700. Vgl. Guratzsch, Bürgerinitiativen: Kein Platz für rote Suppenköche, Die Welt vom 15. Januar 1972, Beilage S. I. 151 Vgl. Kurylo, Zerstörte Umwelt: Auf der Flucht vor qualmenden Schloten, Die Zeit vom 29. Oktober 1971, S. 72. 152 Vgl. Guratzsch, aaO (Anm. 150); Hamburger Grundeigentum 71, 473. 146

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

119

BBauG) - schon vor der Aufstellung der zuvor erörterten Bauleitpläne, also auch vor Aufstellung der Flächennutzungspläne fallen. 153 Da die in den letzten Jahren in Mode gekommene gemeindliche Entwicklungsplanung (Stadtentwicklungsplanung) 154 gesetzlich nicht geregelt ist, 155 stellt sich die Frage, ob bzw. wie hier eine Einschaltung der potentiell Betroffenen in das Planungsverfahren bewirkt werden kann. Vergegenwärtigt man sich den Charakter dieser gemeindlichen Entwicklungsplanung, die ja im wesentlichen Zielplanung für die gemeindliche Gesamtentwicklung ist, 156 dann erweist sich, daß in diesem Planungsstadium eine Anhörung der einzelnen Betroffenen nicht möglich ist. Unter diesen Umständen kann nur davor gewarnt werden, 157 im Rahmen der beabsichtigten Novellierung des Bundesbaugesetzes für die Entwicklungsplanung unter Berufung auf das Demokratiegebot ein „demokratisches" Kontroll- und Entscheidungsverfahren zu normieren und dafür die bisherige Beteiligung der Betroffenen an der Bauleitplanung einzuschränken. 158 Zwar sind alle Bestrebungen zu unterstützen, „den Bürger zu einer wirklichen demokratischen Aktivität" (Forsthoff) 159 zu gewinnen. Dies lann aber nicht dadurch geschehen, daß man an der Entwicklungsplanung, die den Kern der Kommunalpolitik bzw. der kommunalen Verwaltung ausmacht, anstelle der unmittelbar Betroffenen irgendwelche Verbände und

153 Vgl. dazu ζ. B. Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 54 f.; Ernst, RuS 71, 244, 246. Auf die Problematik der Aufstellung der gesetzlich nicht geregelten Generalverkehrspläne der Gemeinden (Städte) kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu § 3 Nr. 1 Buchst, b Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 239); ferner Kodal, Straßenrecht, 2. Aufl. 1964, S. 529; Blümel, Art. Planung III (Planungsrecht), Evangelisches Staatslexikon, 1966, Sp. 1526 ff. (1528 a. E.); Schroeter/Wittich, Zuwendungen für den Verkehrswegebau in den Gemeinden, Kommentar zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, 1971, S. 44. 154 Vgl. dazu (jeweils m. w. Ν.) ζ. B. Albers, Vom Fluchtlinienplan zum Stadtentwicklungsplan, AfK 6 (1967), 192 ff; Wagener, Von der Raumplanung zur Entwicklungsplanung, DVB1. 70, 93 ff; Derselbe, Zur Praxis der Aufstellung von Entwicklungsplanungen, AfK 9 (1970), 47 ff.; Boeddinghaus, ebenda, S. 128 ff.; Derselbe, Stadtentwicklungsprogramm Bremen, Stadtbauwelt 32/1971, S. 306 ff.; Grauhan, Teilhabe (Anm. 95). Zu den wiederum die Stadtentwicklungsplanung beeinflussenden Plänen und Programmen der Länder vgl. Wagener, Ziele der Stadtentwicklung nach Plänen der Länder, 1971. 155 Vgl. dazu auch die Nachweise oben in Anm. 153. 156 Vgl. Grauhan, Teilhabe, (Anm. 95), S. 1 f. 157 Vgl. dazu auch Ernst, RuS 71, 246. 158 So aber der Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 55. Vgl. auch unten unter III 7 (m. Anm. 179 f.). 159 Vgl. Forsthoff, Stadt und Bürger in der modernen Industriegesellschaft, 1965, S. 29; ferner Derselbe, Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, 1958.

120

Willi Blümel

Vereinigungen beteiligt. 160 Aufgabe der Gegenwart ist daher mitnichten die Lösung der „schwierigen institutionell-rechtlichen Fragen", welche die „Demokratisierung von Planungsprozessen" aufwirft, 161 sondern eine behutsame Fortentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung als solcher. Bevor indessen hier an gesetzliche Neuerungen gedacht wird, wäre zu überprüfen, ob die im geltenden Kommunalrecht enthaltenen Möglichkeiten der aktiven Mitwirkung des Bürgers 162 bisher ausgeschöpft worden sind und ob es zu einer solchen Mobilisierung überhaupt einer gesetzlichen Grundlage bedarf. 163 Jedenfalls haben die bisher angebotenen Modelle für eine „Demokratisierung des Planungsprozesses" mit einer „Mobilisierung und Aktivierung des demokratischen Potentials" (Rupp) UA auf kommunaler Ebene nichts zu tun. 7. Die politische Aktivierung des Bürgers in der Gemeinde darf nicht auf Kosten des Individualrechtsschutzes erfolgen. Eben zu dieser Verkürzung des verfahrensmäßigen und gerichtlichen Rechtsschutzes führt aber die auch von der gegenwärtigen Bundesregierung 165 angestrebte „Demokratisierung" des Planungsprozesses. Ein anschauliches Beispiel für dieses rechtsstaatliche Defizit pseudodemokratischer Systeme stellt das im Jahre 1971 in Kraft getretene Städtebauförderungsgesetz dar. 166 Für städtebauliche Sanierungs-und Entwicklungsmaßnahmen wurde zwar in § 1 Abs. 4 Satz 3 und 4, § 4 Abs. 1 und 2, § 8

160

Vgl. dazu auch oben im Text (m. Anm. 89 ff.). So aber der Städtebaubericht 1970 der Bundesregierung (Anm. 16), S. 52. 162 Vgl. dazu z. B. Pagenkopf, Kommunalrecht, 1971, S. 187, 188 ff, 206; Klüber, Handbuch der Kommunalpolitik, 1971, S. 138 ff., 214 ff.; Derselbe, Das Gemeinderecht in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, 1971, S. 86 f. Vgl. ferner Krämer, Die bürgerschaftliche Selbstverwaltung unter den Notwendigkeiten des egalitären Sozialstaats (Eine Untersuchung am Beispiel des Großstadtbezirks), 1970; Siedentopf, Die Verwaltung 4 (1971), 284 ff; v. Unruh, Selbstverwaltung als staatsbürgerliches Recht, DÖV 72, 16 ff. (21,23). 163 Vgl. dazu auch Laux, Kommunale Selbstverwaltung im Staat der siebziger Jahre, AfK (1970), 217 ff. (225 ff, 231 ff); Reschke, Kann die öffentliche Verwaltung öffentlich verwalten? (Bemerkungen zum Problem der kommunalen Öffentlichkeit mit Bürgerbeteiligung), AfK 10 (1971), 1 ff; Ellwein, Parteien und kommunale Öffentlichkeit, ebenda, S. 11 ff.; Gassner, Lehren aus Beispielen, RuS 71, 54 ff.; Hämmerlein, Buchbesprechung, AfK 10 (1971), 332 ff. 164 Vgl. H. H. Rupp, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts und die Gegenwartsaufg^ben der Verwaltung, DVB1. 71, 669 ff. (671, 672, 673). 165 Vgl. dazu oben unter I 2 (m. Anm. 44); ferner Lauritzen, Zur Reform des Bodenrechts, Bulletin der Bundesregierung Nr. 18/1972, S. 176 ff. (179 f., 181). 166 Hierzu und zum Folgenden vgl. Blümel, VVDStRL 30 (1972); Sellmann, aaO (Anm. 46), S. 23 ff., 26 ff; Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 15, 24 ff. (25 f.), 30. Vgl. auch die bemerkenswerte Kritik von Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 201 ff.; ferner o. Verf., Städtebauforderungsgesetz: Donner ohne Blitz, RuS 71, 170 ff. (171). 161

„Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?

121

Abs. 2, 1 6 7 § 9, § 57 Abs. 1 Nr. 1 StBFG168 in Form von Soll Vorschriften 169 und in unterschiedlichem Maße 170 die „Partizipation" der Betroffenen rechtlich verankert. Dieser „Vorteil" der - rechtsförmlich bzw. verfahrensmäßig nicht eindeutig abgesicherten 171 - frühen Beteiligung der Betroffenen wurde allerdings durch den Abbau der im geltenden Recht für die späteren Planungsstufen bereits bekannten Beteiligungsformen erkauft. Während alle bisherigen Bemühungen um eine Effektuierung des Rechtsschutzes bei Planungen darauf gerichtet waren, zusätzliche (rechtzeitige) Beteiligungen und rechtliche Sicherungen bei der sich in Stufen vollziehenden Planung einzubauen, werden nunmehr vom Gesetzgeber bei der Vorverlegung der Beteiligung die schon vorhandenen Sicherungen - gleichsam nach rückwärts abgebrochen. 172 So ist die Mehrheit im Deutschen Bundestag dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion nicht gefolgt, entsprechend den Empfehlungen des Innenausschusses und des Bundesrates zu bestimmen, daß der Entwurf der Sanierungssatzung öffentlich auszulegen ist und den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden soll, gegen den Entwurf Bedenken und Anregungen vorzubringen. 173 Im Stadium der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets (§§ 5, 11 StBFG) oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs (§ 53 StBFG) hat der einzelne Betroffene damit keine Einwendungsmöglichkeit mehr. 174 Nimmt man

167

Zum neueingeführten Sozialplan vgl. ζ. B. Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 202

f.; Lauritzen, aaO (Anm. 165), S. 180, 181; Dieterich/Farenholtz,

Städtebauforderungsge-

setz für die Praxis, 1972, insbes. S. 67 ff, 111 ff., 198; ferner die zahlreichen Beiträge in Stadtbauwelt 31/1971. 168 Wie sich aus der Fassung des § 57 Abs. 1 Nr. 1 StBFG ergibt, ist die Beteiligung der Betroffenen bei städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen ganz erheblich eingeschränkt. Vgl. dazu kritisch Hein, Kommentar zum Städtebauforderungsgesetz, 1971, § 1 Anm. 6 (S. 122 f.); Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 203 f.; ferner Dieterich/Fahrenholtz, aaO (Anm. 167), S. 169 f., 184, 188. Vgl. auch unten in Anm. 170. 169

Vgl. dazu Klaus Mever, AöR 97 (1972), 25, 26; Dieterich/Fahrenholtz,

aaO (Anm.

167), S. 36. 170 Von den zuvor erwähnten Vorschriften betreffen § 8 Abs. 2, § 9 StBFG erst die Durchführung der Sanierung, d. h. also die Zeit nach derförmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets. Vgl. dazu auch oben in Anm. 168 sowie die weiteren Erwägungen im Text; ferner allgemein Dieterich/Fahrenholtz, aaO (Anm. 167), S. 36 f., 93 ff. 171 Vgl. dazu kritisch Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 202. Hiergegen Lauritzen, aaO (Anm. 165), S. 180. 172 Vgl. dazu Blümel, WDStRL 30 (1970). 173 Vgl. dazu den Ausschußbericht über den Entwurf des Städtebauförderungsgesetzes, zu BT-Dr. VI/2204, S. 5; BT-SteuB VI/S. 7340, 7378 ff., 7396 ff., 7414, 7416. Vgl. auch BT-Dr. VI/510, S. 57, 72. 174 Vgl. dazu auch die Kritik von Seilmann, aaO (Anm. 46), S. 28 f.; Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 203. Unrichtig Hein, aaO (Anm. 168), § 5 Anm. 2 (S. 132).

122

Willi Blümel

hinzu, daß der nachfolgende gerichtliche Rechtsschutz gegen die Sanierungssatzung bzw. die Entwicklungsbereichsverordnung im geltenden Recht noch nicht ausreichend geregelt ist, 175 dann wird offenkundig, in welchem Maße durch die „Demokratisierung des Sanierungsvorganges" 176 rechtsstaatliche Sicherungen abgebaut bzw. ausgehöhlt werden. Hierbei ist noch gar nicht berücksichtigt, daß die „Partizipationsformen" des Städtebauförderungsgesetzes nach den in § 93 StBFG enthaltenen ÜberleitungsVorschriften für die förmliche Festlegung in einer Übergangszeit, d. h. also für die anstehenden Sanierungen, grundsätzlich nicht gelten. 177 Schließlich erscheint die vielgepriesene „Demokratisierung" der Planung auch dann in einem ganz anderen Licht, wenn - was die Regel sein wird - zur Erfüllung von Aufgaben, die der Gemeinde bei der Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung oder der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme obliegen, Sanierungsträger (Entwicklungsträger) eingeschaltet werden (§§ 33-37,55 StBFG).178 Unter diesen Umständen muß den Bestrebungen der Bundesregierung 179 entschieden widersprochen werden, die unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes unbefriedigende, im übrigen aber unausgegorene und wahrscheinlich auch unpraktikable Lösung des Städtebauförderungsgesetzes im Bundesbaugesetz zu verankern. 180 Ohne eine ausreichende Erprobung sollten neuartige und umstrittene „Partizipationsformen" keinen Eingang in das Städtebaurecht finden. Außerdem verbieten die inzwischen in anderen Bereichen mit der „Demokratisierung" gewonnenen Erfahrungen ein derartiges Vorgehen. 181

175

Vgl. dazu Blümel, DVB1. 72, 125 (m. Anm. 36); Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 27

ff.; ferner oben unter III 5 (m. Anm. 139 ff). 176 Vgl. den Ausschußbericht (Anm. 173), S. 5; ferner Dieterich/Fahrenholtz, aaO (Anm. 176), S. 93. 177 Daß die Gemeinden die in § 93 StBFG gesetzte Frist bis zum 1. August 1972 nutzen werden, versteht sich von selbst. 178 Vgl. dazu auch Schäfers, Stadtbauwelt 31/1971, S. 204; Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 26 f., 30; Kesting, Eine Brücke direkt ins Kaufhaus - Wie in Hameln und andernorts „saniert" wird, FAZ vom 1. April 1972, Beilage. 179 Vgl. Lauritzen, aaO (Anm. 165), S. 180 f. (181). 180 Vgl. dazu auch oben unter III 6 (m. Anm. 158). Das Manuskript wurde Anfang April 1972 abgeschlossen. Nicht mehr berücksichtigt werden konnten daher die einschlägigen Beiträge in der im Mai 1972 erschienenen Festschrift der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer: „Demokratie und Verwaltung" (mit Ausnahme des bereits als Manuskript zugänglichen Beitrags von Rupp, Anm. 21).

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung'

Die in diesem Heft abgedruckte Entscheidung des BVerwG vom 21.2. 1973 kann nicht unwidersprochen bleiben. Als einer der Prozeßbevollmächtigten der unterlegenen Gemeinden beschränke ich mich im folgenden allerdings auf einige Bemerkungen zu denjenigen Teilen des Beschlusses, die Bedeutung über den vorliegenden Fall hinaus haben. Meine Kritik richtet sich einmal gegen die falsche Qualifizierung des Klagebegehrens als Verlangen nach vorbeugendem Rechtsschutz. Zum anderen habe ich erhebliche Zweifel, ob das nicht nur in dieser Entscheidung des BVerwG 1 durchschimmernde statische Verständnis der Raumordnung (und Landesplanung)2 sowie der kommunalen Selbstverwaltung 3 bzw. seine Auslegung der in der Raumordnungsklausel des § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG verwendeten Begriffe („Erfordernisse der Raumordnung, der Landesplanung") 4 mit der Gesetzeslage und letztlich mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar sind. Insgesamt hinterläßt der vorliegende Beschluß des BVerwG den Eindruck, als ob mit ihm eine Kehrtwendung in der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts zur Zugleich Besprechung des Beschlusses des BVerwG vom 21.2. 1973 - IV CB 69.72 - abgedr. in diesem Heft S. 448. 1 Vgl. auch das Krabbenkamp-Urteil des BVerwG vom 8. 9. 1972, DVB1. 73, 34 (37 f.) = BVerwGE 40, 323 = MDR 73, 74. Ebenso schon die Vorinstanz: OVG Lüneburg vom 17. 11. 1970, DVB1. 71, 322 (324) = BBauBl. 71, 582 = BRS 23, 55. Vgl. ferner das Berufungsurteil des BayVGH in der vorliegenden Streitsache vom 17. 5. 1972, DVB1. 72, 790 (794 f.) sowie unten im Text (m. Anm. 52 ff.). 2 Zur statischen und dynamischen Bedeutung der Raumordnung vgl. SchmidtAßmann, Gesetzliche Maßnahmen zur Regelung einer praktikablen Stadtentwicklungsplanung - Gesetzgebungskompetenzen und Regelungsintensität -, in: Raumplanung Entwicklungsplanung, Veröff. der Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Bd. 80, 1972, S. 101 ff. (121 ff). Vgl. auch Friauf, Baurecht und Raumordnung, in: v. Münch (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1972, S. 456. 3 Zur Unterscheidung zwischen statischem und dynamischem Selbstverwaltungsverständnis vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S. 129 ff; ders., Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 145 f. Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 57 ff.). 4 Vgl. dazu ausführlich Forsthoff/B lümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970, insbes. S. 114-162, 162-174; ferner Göb, Das staatliche Planungsermessen bei der Anlage von Flugplätzen, structur 72, 217 ff.

124

Willi Blümel

Planungshoheit der Gemeinden5 vollzogen worden sei. Jedenfalls steht dieser Beschluß nach meiner Auffassung mit dem als Markstein zu bezeichnenden Urteil desselben Senats des BVerwG vom 14. 2 19696, insbesondere mit den dortigen bemerkenswerten Ausführungen über das Verhältnis überörtlicher und örtlicher Planung7 nicht mehr in Einklang. 1. Betrachtet man alle in der vorliegenden Streitsache ergangenen und veröffentlichten Entscheidungen, nämlich neben dem vorstehenden Beschluß des BVerwG das der Klage stattgebende Urteil des VG München vom 24. 5. 19718 und das die Klage als unzulässig abweisende Berufungsurteil des BayVGH 17. 5. 19729, dann zeigt sich, daß mit dem Berufungsurteil und mit dem Beschluß des BVerwG das Klagebegehren gleichsam auf ein falsches Gleis geschoben wurde. Die Klage war in erster Linie gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten, für das Projekt Verkehrsflughafen München II vor Erteilung der Genehmigung nach § 6 LuftVG das gerade für solche Fälle in § 4 Abs. 5 BROG (also bundesrechtlich) vorgesehene 10 und in Art. 23 BayLPIG ausdrücklich geregelte förmliche Raumordnungsverfahren durchzuführen. Nach Art. 23 Abs. 1 BayLPIG11 haben nämlich die Landesplanungsbehörden in einem förmlichen Verfahren (Raumordnungsverfahren) a) vorzuschlagen, wie raumbedeutsame Pla5 Vgl. dazu neben dem in Anm. 6 zitierten Urteil vor allem BVerwG vom 14. 2. 1969 (IV C 215.65), BVerwGE 31, 263 = DÖV 69, 853 = VerwRspr. 20, 877 = VkBl. 70, 219 = BRS 22, 62 = RuS 69, 188 = JuS 70, 137 = BayVBl. 73, 107 (nur LS), vom 13. 2. 1970, DVB1. 70, 577 = DÖV 70, 387 = BauR 70, 104 = VerwRspr. 21, 738 = BRS 23, 61 = BayVBl. 73, 106, vom 16. 3. 1970, DVB1. 70, 578 - BayVB1.70, 288 = VkBl. 70, 587 = VerwRspr. 22, 82 = BRS 23, 63, vom 11. 12. 1970, DVB1. 71, 186 = VkBl. 71, 247 = VerwRspr. 22, 756 = BRS 23, 66 = BayVBl. 73, 107 (nur LS), und vom 8. 9. 1972, aaO (Anm. 1). Vgl. auch Blümel, DVB1. 72, 796 ff. (798 m. Anm. 19 ff.). 6 DVB1. 69, 362 = DÖV 69, 428 = BayVBl. 69, 244 - ZLW 69, 249 = VerwRspr. 20, 605 = MDR 69, 783 = BRS 22, 60 = RuS 69, 244 - VRS 37, 72 = JuS 69, 436. Vgl. zu diesem Urteil auch Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 133 (m. Anm. 80 f.); ders., Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 145 f. (m. Anm. 177); ferner Forsthoff/

Blümel, aaO (Anm. 4), S. 63 (m. Anm. 238), 135 (Anm. 670). 7

DVB1. 69, 362 (363 f.). - Vgl. zu diesem Urteil im übrigen unten in Anm. 53 sowie im Text (m. Anm. 81 f.). 8 DVB1. 71, 796 = BayVBl. 71,310. 9 DVB1. 72, 790 = BayVBl. 73, 270. 10 So eindeutig die Begr. zu Art. 24 Entwurf BayLPIG, LT-Drucks. 6/1332, S. 24 f., auch abgedruckt bei Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 146 f. (Anm. 751). Vgl. auch Bielenberg, DÖV 69, 376 ff. (380, 381, 382, unter Nr. 4 a. E); ferner unten im Text (m. Anm. 33 f., 47). 11 Zu Art. 23 Abs. 1 BayLPIG (= Art. 24 Abs. 1 Entwurf BayLPIG) vgl. auch Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 132 f.; ferner die Bek. des Bayer. Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen über die Durchführung von Raumordnungsverfahren vom 24. 11. 1971 (LUMB1. S. 17).

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

125

nungen und Maßnahmen öffentlicher und sonstiger Planungsträger unter Gesichtspunkten der Raumordnung aufeinander abgestimmt werden können, und b) festzustellen, ob raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmen 12. Zumindest die zweite Variante liegt bei dem Projekt Verkehrsflughafen München II zweifellos vor 13 . Nach Art. 23 Abs. 2 BayLPIG kann das Raumordnungsverfahren von Amts wegen oder auf Antrag eines Planungsträgers, also auch der Gemeinden (Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 BayLPIG)14, eingeleitet werden 15. Im Raumordnungsverfahren sollen alle von den raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen berührten öffentlichen Planungsträger (ζ. B. auch Gemeinden) beteiligt werden (Art. 23 Abs. 4 BayLPIG) 16 . Das zuvor umrissene Klagebegehren qualifizierten das Berufungs- und das Revisionsgericht trotz gegenteiliger Ausführungen der klagenden Gemeinden irrigerweise als Verlangen nach vorbeugendem Rechtsschutz, der dann mangels Rechtsschutzinteresses verweigert wurde. Vorbeugender Rechtsschutz in Ansehung einer erst bevorstehenden Verwaltungsentscheidung (hier: Genehmigung nach § 6 LuftVG) und klageweise Durchsetzung eines Anspruchs auf vom Beklagten ausdrücklich abgelehnte - Einleitung und Durchführung des gesetzlich vorgesehenen besonderen Verwaltungsverfahrens (hier: Raumordnungsverfahren nach § 4 Abs. 5 BROG i. Verb. m. Art. 23 BayLPIG) sind jedoch 12

Vgl. auch Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 BayLPIG: „Aufgabe der Landesplanung ist es, nach Maßgabe des Raumordnungsgesetzes und dieses Gesetzes ... 2. raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen der Behörden des Bundes und des Freistaates Bayern, bundes- oder landesunmittelbarer Planungsträger sowie der unter Aufsicht des Bundes oder des Freistaates Bayern stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (öffentliche Planungsträger) und sonstiger Planungsträger mit den Erfordernissen der Raumordnung abzustimmen." 13 Vgl. Begr. zu Art. 24 Entwurf LP1G (Anm. 10), S. 25, auch abgedruckt bei Forsthojf/Bliimel, 14

aaO (Anm. 4), S. 133.

Vgl. das Zitat in Anm. 12. ]:> In Art. 24 Abs. 2 Satz 2 Entwurf BayLPIG hieß es noch: „Dem Antrag eines öffentlichen Planungsträgers ist zu entsprechen." Zur Streichung dieses nicht Gesetz gpwordenen Satzes vgl. auch BayVGH vom 17. 5. 1972, DVB1. 72, 790 (794). Vgl. im übrigen Abschn. III der oben in Anm. 11 zitierten Bek. vom 24. 11. 1971; ferner unten im Text (m. Anm. 46). ' Vgl. Abschn. II der oben in Anm. 11 zitierten Bek. vom 24. 11. 1971. - Zum Umfang der Beteiligung der Gemeinden am Raumordnungsverfahren nach früherem Recht (Art. 10 BayLPIG v. 1957) vgl. BayVGH vom 29. 5. 1968, BayVBl. 68, 326 = BayBgm. 68, 300 = DVB1. 69, 277 = RuS 69, 164 sowie den die Revision in dieser Sache zulassenden Beschluß des BVerwG vom 13. 1. 1969 - IV Β 153.68 - (η. v.); BayVGH vom 22. 5. 1969, VGH n. F. 22, 91 = BayVBl. 69, 322, vom 18. 7. 1969, VGH n. F. 22, 94 = BayVBl. 69, 360, und vom 29. 10. 1969, VGH n. F. 23, 56 - BayVBl. 70, 294 (nur LS); BVerwG vom 26. 5. 1970 - IV Β 6.70 - (η. v.); BayVerfGH vom 26. 2. 1971, VerfGH 24,48 = BayVBl. 71, 225. Vgl. auch Blümel, DVB1. 72, 798 (Anm. 28 a. E.).

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zwei völlig verschiedene Dinge und können nicht gleichgesetzt werden. In einem parallelen Fall hat daher auch das OVG Lüneburg (Urteil vom 17. 11. 1970)17 die Klage zweier Gemeinden gegen den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein (Landesplanungsbehörde) auf Durchführung des von ihnen vergeblich beantragten Raumordnungsverfahrens nach § 8 SchlHLPlG von 196118 nicht als vorbeugende Klage, sondern ohne weiteres als (zulässige) Leistungsklage, gerichtet auf Vornahme einer Amtshandlung, qualifiziert. Da also die Prämissen nicht stimmen, ist schon aus diesem Grunde das Ergebnis des Beschlusses des BVerwG - wie des Berufungsurteils - falsch. Unter Berufung auf die als solche im wesentlichen zutreffenden grundsätzlichen Ausführungen des BVerwG zu den Voraussetzungen vorbeugenden Rechtsschutzes im Kraftfutterwerk-Urteil vom 16. 4. 197119 und im Krabbenkamp-Urteil vom 8. 9. 197220 durfte die Klage bzw. die Nichtzulassungsbeschwerde daher nicht abgewiesen werden. Wie bereits angedeutet wurde, sollte durch das von den Gemeinden beantragte förmliche Raumordnungsverfahren entsprechend Art. 23 Abs. 1 Buchst, b BayLPIG festgestellt werden, ob das Projekt Verkehrsflughafen München II als raumbedeutsame Planung mit den Erfordernissen der Raumordnung (und Landesplanung) übereinstimmt. Da sich die Gemeinden mit ihrem Klagebegehren eindeutig im Anwendungsbereich des Art. 23 BayLPIG hielten, bleibt dunkel, wie der in diesem Zusammenhang entscheidende Satz im Beschluß des BVerwG zu verstehen ist, wonach die Klägerinnen „mit ihrer Forderung nach Durchführung eines förmlichen Raumordnungsverfahrens und - in dessen Rahmen - nach Vornahme bestimmter planerischer Untersuchungen in Wirklichkeit nicht etwa eine konkrete raumbedeutsame Maßnahme oder Planung im Sinne des Raumordnungsrechts" erstrebten. Das konnten sie indessen schon deshalb nicht, weil ein solches Begehren überhaupt nicht Gegenstand eines Raumordnungsverfahrens sein kann. Zwar sind nach dem Raumordnungsrecht bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (§ 3 Abs. 1 BROG) ζ. B. die Grundsätze der Raumordnung (§ 2 i. Verb. m. § 3 Abs. 1 BROG, Art. 2, 3 BayLPIG), die Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 5 Abs. 4 BROG) und die sonsti-

17

Vgl. S. 6 (in Verb, mit S. 3, 4) des insoweit in DÖV 71, 495 und in BRS 23, 31 nicht abgedruckten Urteils (I A 73/70). 18 Vgl. dazu die Nachweise unten in Anm. 29. Für Schleswig-Holstein vgl. jetzt die Neufassung in § 14 SchlHLPlG von 1971. 19 DVB1. 71, 746 = DÖV 71, 619 = JZ 71, 726 = BauR 71, 100 = VerwRspr. 23, 207 = BRS 24, 257 = RdL 71, 247. Vgl. dazu Friauf, DVB1. 71, 713 ff.; Bartlsperger, 71, 723 ff. (m. Anm. 12 ff.); Sendler, WiR 72, 453 ff. 20

Vgl. oben in Anm. 1.

DVB1.

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

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gen Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung21 zu beachten. Solche Planungen und Maßnahmen können aber ihrerseits nach Raumordnungsrecht nicht „erstrebt" werden. Auch an dem zitierten Satz wird daher deutlich, daß das BVerwG das Klagebegehren der Gemeinden falsch eingeordnet hat. 2. Die klagenden Gemeinden haben die Qualifizierung des bundesgesetzlich vorgesehenen und landesgesetzlich geregelten förmlichen Raumordnungsverfahrens 22 als selbständiges, abgrenzbares Verfahren nicht „erfunden". Zu dieser Annahme muß aber der unvoreingenommene Betrachter gelangen, wenn er die weiteren Ausführungen des BVerwG zur stufenweisen Planung, zur materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Bedeutung des § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG und zur Rechtsposition betroffener Gemeinden liest. Ganz so klar und eindeutig, wie das BVerwG behauptet23, ist indessen der Gesetze s Wortlaut oder die Auslegung des § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG nicht. In dieser Hinsicht kann dem BVerwG der Vorwurf nicht erspart werden, daß es dem komplizierten Verhältnis zwischen der (früheren) Raumordnungsklausel des § 6 Abs. 2 LuftVG und dem (späteren) Raumordnungsgesetz des Bundes (in Verbindung mit dem jeweiligen Landesplanungsrecht) nicht gerecht geworden ist 24 . So werden die für die Verzahnung von Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht bedeutsamen Vorschriften des § 4 Abs. 5 BROG und der Art. 1 Abs. 1 Nr. 2, 23 BayLPIG vom BVerwG mit keinem Wort erwähnt. Dabei liegt es auf der Hand, daß das spätere (materielle und formelle) Raumordnungsrecht eine ältere Raumordnungsklausel in einem Fachplanungsgesetz je nachhaltiger beeinflußt, je enger die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Bedeutung einer Raumordnungsklausel gezogen wird 25 . Auch noch heute in erster Linie oder ausschließlich auf § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG abstellen kann man daher nur dann, wenn man - wie der Verf. auch den insoweit unvollständigen Raumordnungsklauseln (wie z. B. § 6 Abs. 2 LuftVG) einen bestimmten verfahrensrechtlichen Inhalt zuerkennt 26. In verfah21

Zu diesen sonstigen Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung vgl. aus-

führlich Forsthoff/B

lümel, aaO (Anm. 4), S. 119 ff., 128 ff., 133 ff., 138 ff., 148 ff. (son-

stige Erfordernisse der Bundesraumordnung), 165 ff; Göb, structur 72, 218 (m. Anm. 11 f.). 22 Vgl. oben im Text (m. Anm. 10 ff). 23 Bezeichnend der Satz: „Insoweit ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, daß ..." 24 Mit diesem komplizierten Verhältnis beschäftigt sich ausführlich das dem Bundesminister des Innern erstattete Rechtsgutachten von Forsthoff/B lümel, aaO (Anm. 4). Vgl. dazu auch die Gutachterfragen, ebenda, S. 13 ff. 25

Vgl. dazu Forsthoff/B

Anm. 706 f.) 26

Vgl. Forsthoff/Blümel,

lümel, aaO (Anm. 4), S. 133 (Anm. 662), 138 ff., 140 (m. aaO (Anm. 4), S. 30 (m. Anm. 63), 133 ff., 138 ff. (139, 140,

141, 143 f.). Zweifelnd Ernst, Verw. 71, 487 ff. (490 f.).

128

Willi Blümel

rensrechtlicher Hinsicht muß also, wie an anderer Stelle begründet wurde 27 , etwa im luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht nur die Landesplanungsbehörde beteiligt werden. Vielmehr hat diese Behörde, wenn konkrete, nach § 5 Abs. 4 BROG verbindliche Ziele der Raumordnung und Landesplanung noch nicht aufgestellt oder nicht vorhanden sind 28 , das förmliche Raumondnungsverfahren nach den hierfür bestehenden gesetzlichen Vorschriften 29 durchzuführen, um die Übereinstimmung des von einem Fachplanungsträger beantragten Projekts mit den noch zu entwickelnden oder zu ermittelnden Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung festzustellen 30 . Versteht man dagegen § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG nicht in diesem weiten Sinne, dann ergibt sich dieselbe Verpflichtung unmittelbar, d. h. insoweit mit konstitutiver Wirkung, aus dem Raumordnungsrecht (§ 4 Abs. 5 BROG i. Verb. m. dem jeweiligen Landesplanungsgesetz) 31 . In keinem Fall, weder nach seinem Inhalt noch nach seinen Voraussetzungen, kann jedoch dieses gesetzlich vorgesehene und besonders geregelte förmliche Raumordnungsverfahren mit dem - nur den Anlaß für seine Einleitung und Durchführung bildenden - luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren gleichgesetzt werden.

27 Hierzu und zum Folgenden vgl. Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 130 f. (m. Anm. 647), 134 ff, 166 f. 28 Vgl. dazu unten im Text (m. Anm. 38 ff.). 29 Vgl. dazu die Zusammenstellung der gesetzlichen Vorschriften (nach dem Stand von 1969) und die zahlreichen Nachweise zum Raumordnungsverfahren bei Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 135, 136 (Anm. 674 f.); ferner § 11 HessLPIG i. d. F. von 1970; Art. 23 BayLPIG von 1970; § 14 SchlHLPlG von 1971. Vgl. auch unten in Anm. 31, 37. 30 Vgl. Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 130 f. (m. Anm. 647), 133 (Zitat), 135 ff, 166 f. Im Hinblick auf die Gutachterfragen (vgl. insbes. Tz. 1.3.4 Buchst, b der Punktation, aaO, S. 15) wurde seinerzeit eingehend nur die Frage geprüft, ob die Bundesplanung überhaupt in ein Raumordnungsverfahren einbezogen werden kann. Dagegen wurde nicht ausführlich erörtert, in welchen Fällen bzw. unter welchen Voraussetzungen nach den bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist (vgl. dazu aber aaO S. 130 f. m. w. N. in Anm. 647). Wie im Text auch Bielenberg, DÖV 69, 380 (für schwer eingreifende oder viele Lebensbereiche berührende Fachplanungen). 31

Vgl. Forsthoff/Blümel,

aaO (Anm. 4), S. 138 ff. (139, 140); ferner Bielenberg, DÖV

69,381,382 (Nr. 4 a. E.). In den Ländern, deren Landesplanungsgesetze unter Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des § 4 Abs. 5 BROG (vgl. unten im Text m. Anm. 33 f., 47) noch kein förmliches Raumordnungsverfahren vorsehen (Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Saarland), folgt diese Verpflichtung unmittelbar aus § 4 Abs. 5 BROG. In Baden-Württemberg ist die Einführung des RaumordnungsVerfahrens vorgesehen; vgl. Scheurer/ Äugst, Landesplanungsrecht für Baden-Württemberg, 1973, S. 13.

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

129

3. Rechtsgrundlage des förmlichen Raumordnungsverfahrens im vorliegenden Fall ist § 4 Abs. 5 BROG i. Verb. m. Art. 23 BayLPIG32. Nach der weder vom Berufungsgericht noch vom BVerwG in Betracht gezogenen wichtigen Vorschrift des § 4 Abs. 5 BROG 33 , die unmittelbar geltendes Recht und nicht lediglich eine Rahmenvorschrift ist 34 , haben u. a. die Behörden des Bundes und der Länder sowie die Gemeinden ihre Planungen und Maßnahmen aufeinander und untereinander abzustimmen (Satz 1). Das gilt vor allem für Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und die Bauleitplanung (Satz 2). Die Länder regeln die Mitwirkung der für die Raumordnung zuständigen Landesbehörden bei dieser Abstimmung (Satz 3). Aus dem Wortlaut des gesamten § 4 Abs. 5 BROG ergibt sich also einmal, daß die ausdrücklich genannten Gemeinden an dem jeweiligen, der Abstimmung dienenden Raumordnungsverfahren in gleicherweise wie die Behörden des Bundes und des jeweiligen Landes zu beteiligen sind. Zum anderen aber haben die Gemeinden bereits nach dieser bundesrechtlichen Vorschrift einen Rechtsanspruch auf Einleitung und Durchführung eines solchen Raumordnungsverfahrens, wenn sie im konkreten Fall von dem Vorhaben eines anderen Planungsträgers berührt werden. Der gegenteiligen Auffassung des Berufungsgerichts 35 und des BVerwG 36 , die mit unterschiedlicher Begründung einen solchen Rechtsanspruch ablehnen, kann daher nicht gefolgt werden 37 . Das zuvor unmittelbar aus § 4 Abs. 5 BROG abgeleitete Ergebnis wird nämlich durch folgende weitere Überlegung untermauert. Der Sache nach dient das besondere förmliche Raumordnungsverfahren nicht nur der Abstimmung (im engeren Sinne), sondern in diesem Rahmen auch der Feststellung, d. h. der Ermittlung oder der Entwicklung der konkreten Erfordernisse der Raumordnung

32 33

Vgl. oben im Text (m. Anm. 10 ff). Vgl. dazu Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 106 f. (m. Anm. 511 ff.), 139 f.; Bie-

lenberg, DÖV 69, 381, 382 (Nr. 4 a. E.). 34

Vgl. Forsthoff/B

lümel, aaO (Anm. 4), S. 72 f. (73 m. Anm. 113 ff.); Brügelmann (v.

d. Heide), Raumordnungsgesetz, 1965 ff., Einl. Anm. III 1 c dd, 2 a, b, 3 b (jeweils zu § 4 Abs. 5 BROG). 35 Vgl. BayVGH vom 17. 5. 1972, DVB1. 72, 790 (794 f.). 36 Vgl. unten im Text (m. Anm. 52 ff). - Abweichend insoweit auch Hendler, Gemeindliches Selbstverwaltung^recht und Raumordnung, 1972, S. 41 f 37 Das OVG Lüneburg hat in seinem Urteil vom 17. 11. 1970, aaO (Anm. 17) die Frage offengelassen, ob sich aus § 8 Abs. 1 SchlHLPlG von 1961 (vgl. oben in Anm. 29) ein Rechtsanspruch eines Planungsträgers auf Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ergibt. § 4 Abs. 5 BROG wurde nicht erwähnt. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 17 Abs. 2 Satz 2 i. Verb. m. § 15 NdsLPIG; dazu Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 159 (m. Anm. 192); ferner unten in Anm. 72.

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und Landesplanung38. Es kommt daher einmal in Betracht, wenn die sich aus bereits aufgestellten (rechtsverbindlichen) Programmen oder Plänen ergebenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 5 Abs. 2, 4, § 6 BROG) nicht ausreichend konkretisiert sind und daher wegen ihres Richtliniencharakters für die im Einzelfall von der Fachbehörde (etwa nach § 6 LuftVG) zu treffende Entscheidung nichts hergeben 39. Ein Raumordnungsverfahren ist aber auch und gerade dann einzuleiten und durchzuführen, wenn - wie bis heute in Bayern - noch keine Raumordnungspläne (Programme und Pläne der Landesplanung) aufgestellt und damit auch keine verbindlichen Ziele der Raumordnung und Landesplanung vorhanden sind 40 . In einem solchen Fall müssen die (sonstigen) Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung im Raumordnungsverfahren ermittelt bzw. entwickelt werden 41. Für die Rechtsposition der Gemeinden ist dabei nun von ausschlaggebender Bedeutung, daß nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BROG bei der Aufstellung der - für alle in § 4 Abs. 5 BROG genannten Stellen nach Maßgabe des § 5 Abs. 4 (§ 6) BROG verbindlichen - Ziele der Raumordnung und Landesplanung diejenigen Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine konkrete Anpassungspflicht begründet wird 42 , oder deren Zusammenschlüsse (nach näherer Maßgabe des Landes38 Vgl. auch den Wortlaut des oben in Anm. 12 zitierten Art. 1 Abs. 1 Nr. 2 BayLPIG. 39

Vgl. Forst hoff/B lümel, aaO (Anm. 4), S. 130 f.; ferner Brenken/Schefer,

Handbuch

der Raumordnung und Planung, 1966, S. 194. Vgl. auch oben im Text (m. Anm. 27 ff.). Anders sind die Verhältnisse im Falle des geplanten Verkehrsflughafens HamburgKaltenkirchen, dessen Standort - allerdings ohne ausreichende Beteiligung der anpassungspflichtigen Gemeinden (dazu unten im Text m. Anm. 42 ff.) - in Nr. 57 Abs. 2 des Raumordnungsplanes für das Land Schleswig-Holstein (Bek. vom 16. 5. 1969, ABl. SchlH S. 315) festgelegt wurde; vgl. OVG Lüneburg vom 23. 11. 1972, DVB1. 73, 151. Demgemäß verweist die Genehmigungsurkunde für den Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen vom 6. 8. 1971 (dazu VkBl. 71, 445) auf S. 16/17 hinsichtlich der Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung einfach auf diesen Raumordnungßplan. Über die beim VG Schleswig anhängige Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbescheid ist noch nicht entschieden. Vgl. auch OVG Lüneburg vom 13. 7. 1972, DVB1. 72, 795 (mit krit. Anm. von Blümel) und vom 17. 4. 1973 - VI OVG A 60/72 - (η. v.); kritisch jetzt auch H. J. Wolff Verwaltungsrecht III, 3. Aufl. 1973, § 158 I c (S. 304). Vgl. im übrigen unten in Anm. 91 40 Vgl. Forsthoff/B lümel, aaO (Anm. 4), S. 129 (m. Anm. 638). Über die vorhandenen und die in Vorbereitung befindlichen zusammenfassenden Programme und Pläne im Aufgabenbereich der Landesplanung vgl. jetzt (Stand: 1. 9. 1972) die Angaben im Raumordnungsbericht 1972, BT-Drucks. IV/3793, S. 67, 68 ff. 41 Vgl. Begr. zu Art. 24 Entwurf BayLPIG, S. 25, abgedruckt bei Forsthoff/B lümel, aaO (Anm. 4), S. 133; Bielenberg, DÖV 69, 380 (oben in Anm. 30). 42 Vgl. dazu OVG Lüneburg vom 10.(11.?) 9. 1970 (I OVG A 145/69), BRS 23, 26, und vom 4. 11. 1970, DVB1. 71, 320 = DÖV 71, 492 = VerwRspr. 22, 944 = BRS 23,

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rechts) zu beteiligen sind 43 . Diese für die Rechtsstellung der Gemeinden (und Gemeindeverbände) in der Raumordnung und Landesplanung fundamentale bundesrechtliche Vorschrift könnte, wenn die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts und des BVerwG zuträfe, von einem Land dadurch unterlaufen werden, daß es keine Raumordnungspläne aufstellt oder sich dabei ungebührlich viel Zeit läßt. Diese „Prämie" für den Verzug einiger Länder (u. a. Bayerns) schließt jedoch gerade die Vorschrift des § 4 Abs. 5 BROG aus, die vorsieht, daß auch schon vor der Aufstellung von verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung im Rahmen einer durch eine konkrete Fachplanung veranlaßten Abstimmung die Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung ermittelt bzw. entwickelt werden müssen. Aus diesem Verhältnis des § 5 Abs. 2 zu § 4 Abs. 5 BROG folgt aber zwingend, soll die noch näher zu charakterisierende Vorschrift 44 des § 5 Abs. 2 BROG nicht doch umgangen werden können, daß die Gemeinden nicht nur dann an einem Raumordnungsverfahren zu beteiligen sind (so das Berufungsgericht) 45, wenn es eingeleitet und durchgeführt wird. Vielmehr haben die Gemeinden als öffentliche Planungsträger nach diesen bundesrechtlichen Vorschriften einen Rechtsanspruch auf Einleitung und Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, wenn wie im vorliegenden Streitfall noch keine verbindlichen Ziele der Raumordnung und Landesplanung vorhanden sind. Soweit demgegenüber Art. 23 Abs. 2 BayLPIG - in Abweichung vom Regierungsentwurf 46 - den Gemeinden nur ein Antragsrecht zubilligt, die Einleitung des Raumordnungsverfahrens aber gleichwohl in das Ermessen der zuständigen Landesplanungsbehörde stellt, verstößt diese Ermessenseinräumung gegen die unmittelbar geltende47, insoweit also zwingende bundesrechtliche Vorschrift des § 4 Abs. 5 BROG 48 (i. Verb. m. § 5 Abs. 2 BROG). Im vorlie-

29. Dazu Naumann, Stadtbauwelt 31/1971, S. 238 ff. Vgl. ferner Bielenberg, DÖV 69, 381 f. Unklar insoweit noch BayVGH vom 29. 5. 1968, aaO (Anm. 16). Dazu sowie zu dem die Revision in dieser Sache zulassenden Beschluß des BVerwG vom 13. 1. 1969 (Anm. 16) vgl. auch Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 129 f. (Anm. 639 a E.); ferner unten in Anm. 60. 43 Vgl. dazu Hendler, aaO (Anm. 36), S. 39 ff. - Zur Beteiligung der Gemeinden und Gemeindeverbände an der Regionalplanung vgl. § 5 Abs. 3 BROG. 44 Vgl. unten im Text (m. Anm. 63 ff). 45 DVB1. 72, 790 (794 f.). 46 Vgl. oben in Anm. 15. Vgl. oben im Text (m. Anm. 33 f.). 48 Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Krabbenkamp-Urteil des BVerwG vom 8. 9. 1972, aaO (Anm. 1), in dem es zu der § 4 Abs. 5 BROG entsprechenden Vorschrift des § 2 Abs. 4 BBauG heißt (DVB1. 73, 34, 37): „Ebensowenig unterliegt einem Zweifel, daß dem objektivrechtlichen Abstimmungsgebot subjektivrechtlich ein Anspruch entspricht."

132

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genden Fall kommt es daher gar nicht mehr auf die Frage an, ob bei einem raumrelevanten Projekt in der Größenordnung, wie es ein neuer Verkehrs flu ghafen für den internationalen Verkehr darstellt 49, das Ermessen nicht auf Null reduziert ist 50 . Immerhin ist daraufhinzuweisen, daß in dem vom BVerwG durch Urteil vom 14. 2. 196951 entschiedenen Fall allein wegen der Errichtung eines kleinen Landeplatzes (!) 12 Raumordnungsverfahren nach Art. 10 BayLPIG von 1957 durchgeführt wurden und Raumordnungsverfahren für alle möglichen Vorhaben zur alltäglichen Praxis der Landesplanungsbehörden in Bayern gehören. Entgegen den hier entwickelten und auch im Verwaltungsstreitverfahren vorgetragenen rechtlichen Überlegungen stellt das BVerwG im vorstehenden Beschluß kurz und bündig - unter bloßer Bezugnahme auf Art. 5, 6 BayLPIG52 - fest: Soweit den klagenden Gemeinden im luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren eine geschützte Rechtsposition überhaupt zukomme, beruhe diese nicht auf gesetzlichen Regelungen zur Raumordnung und Landesplanung 53 , deren Träger sie nicht seien, sondern ausschließlich auf nachbarschützenden Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes und der den Gemeinden zu49 Vgl. dazu auch Abschn. III 3 der oben in Anm. 11 zitierten Bek. vom 24. 11. 1971; Bielenberg, DÖV 69, 380; Göb, structur 72, 217, 218. 50 Dazu das erstinstanzliche Urteil des VG München vom 24. 5. 1971, DVB1. 71, 796 (797) = BayVBl. 71,310; ferner Bielenberg, DÖV 69, 380. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die weiteren Ausführungen des VG München über das Verhältnis des noch nach altem Recht abgeschlossenen Raumordnungsverfahrens zu dem - von den Gemeinden beantragten - Raumordnungsverfahren nach neuem Recht. 51 Vgl. Anm. 6 52 Nicht erwähnt wird vom BVerwG Art. 1 Abs. 2 BayLPIG: „Landesplanung ist Aufgabe des Staates." 53 Gemeindefreundlicher insoweit BayVerfG vom 26. 2. 1971, aaO (Anm. 16), wo es unter Bezugnahme auf das Urteil des BVerwG vom 11. 10. 1968, ZLW 69, 129 = NJW 69, 340 = DÖV 69, 283 (dazu Blümel, DVB1. 72, 797 m. Anm. 14, 798 f. m. Anm. 35), heißt: „Das BVerwG hat aaO nur die Möglichkeit, nachbarrechtliche Einwendungen geltend zu machen, für das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG in der angeführten Entscheidung verneint, nicht aber das Recht, Einwendungen hinsichtlich der in § 6 Abs. 2 Satz 1 LuftVG angesprochenen Erfordernisse der Raumordnung vorzubringen." Vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG vom 14. 2. 1969, aaO (Anm. 6), insbesondere die bemerkenswerten Ausführungen über die Pflicht zur Information der Gemeinden (im Raumordnungsverfahren nach Art. 10 BayLPIG von 1957 bzw. im Genehmigungsverfahren) über Alternativstandorte in anderen Gemeinden (DVB1. 69, 362, 364). Dagegen (fur das Raumordnungsverfahren nach Art. 10 BayLPIG von 1957) ausdrücklich BayVGH vom 22. 5. 1969, vom 18. 7. 1969 und vom 29. 10. 1969, aaO (Anm. 16); BayVerfGH, aaO (Anm. 16); in der Sache ebenso das Urteil des Berufungsgerichts vom 17. 5. 1972, DVB1. 72, 790 (794 f.). - Zum Alternativstandort als Abwägungsgesichtspunkt vgl. jetzt auch Sendler, WiR 72, 453 ff. (473).

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133

stehenden Planungshoheit für ihren eigenen örtlichen Bereich. Daraus folge, daß die Klägerinnen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Durchführung eines förmlichen Raumordnungsverfahrens geltend machen könnten. Ganz ähnlich hatte schon die Vorinstanz 54 unter Berufung auf das bereits erwähnte Urteil des OVG Lüneburg vom 17. 1 1. 197055 argumentiert. Nach Auffassung des OVG Lüneburg, die auch und besonders in dem zweiten Urteil vom 17. 11. 197056 zum Ausdruck kommt, gehören Raumordnung und Landesplanung nicht zu den Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung; denn sie sei die zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes, die dem Land und dem Bund obliege. Alle diese lapidaren Feststellungen fordern jedoch zum Widerspruch heraus. Sie sind richtig und falsch zugleich. Ihnen liegt nämlich das bereits eingangs gerügte (überholte) statische Verständnis der Raumordnung und Landesplanung einerseits und der kommunalen Selbstverwaltung andererseits zugrunde. 4. Die Beteiligung der Gemeinden an Fachplanungsverfahren (etwa am luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren) und ihre Beteiligung an den verschiedenen Verfahren der Raumordnung und Landesplanung können nicht einfach gleichgesetzt werden. Beide Arten der Beteiligung haben einen unterschiedlichen Zweck und sind von unterschiedlicher Intensität57. Während die Gemeinden in den gegenüber der Bauleitplanung (Gesamtplanung) letztlich vorrangigen Fachplanungsverfahren 58 - ζ. B. nach dem Bundesbahngesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Bundesfernstraßengesetz oder dem Luftverkehrsgesetz - eingeschaltet werden müssen, sie ihre Einwendungen gegen das jeweilige Projekt vorbringen können und eine Abwägung der widerstreitenden öffentlichen Interessen erfolgen muß 59 , werden den Gemeinden durch die ge54

BayVGH vom 17. 5. 1972, aaO (Anm. 9, 53). Vgl. oben im Text (m. Anm. 17). 56 Vgl. oben in Anm. 1. Dazu auch das ebenfalls in Anm. 1 zitierte KrabbenkampUrteil des BVerwG (in dieser Sache) vom 8. 9. 1972. 57 Vgl. dazu auch Bielenberg, DÖV 69, 381 f. - Zu den nach Art und Intensität unterschiedlichen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten vgl. z. B. H. J. Wolff, Verwaltungsrecht II, 3. Aufl. 1970, § 77 V (S. 112 ff.); Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 133 f., 154; ders., Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 146, 147, 149; Emst, RuS 71, 242 ff. (243) = BayBgm. 72, 57 ff. (58, 59). 58 Vgl. dazu Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 24, 26 (m. Anm. 49), 28, 64 (Anm. 253), 91 f.; Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 137 ff. 59 Vgl. dazu die oben in Anm. 5 f. zitierten Entscheidungen, insbes. BVerwG vom 14. 2. 1969, BVerwGE 31, 263 (266, 271 f.). - Zum allgemeinen Abwägungsgebot vgl. auch BVerwG vom 11. 10. 1968, DÖV 69, 283 (285 a. E.; weitere Nachweise in Anm. 53), vom 30. 4. 1969, DVB1. 69, 697 (699) = DÖV 70, 64 = BayVBl. 69, 389 = NJW 69, 1868 = BauR 70, 35 = BRS 22, 5, vom 12. 12. 1969, BVerwGE 34, 301 (307, 309) = 55

134

Willi Blümel

setzlich vorgesehene Beteiligung an den verschiedenen Verfahren der Raumordnung und Landesplanung (§ 5 Abs. 2, 3, § 4 Abs. 5 BROG i. Verb. m. dem jeweiligen Landesplanungsrecht) 60 - Gesamtplanung - weitergehende Mitwirkungsrechte eingeräumt. Die Gemeinden sind in diesen Verfahren nicht auf die Position des lediglich Anhörungsberechtigten beschränkt, sondern die jeweilige raumordnerische Entscheidung kann wegen der gegenseitigen Verflochtenheit der verschiedenen Belange und Räume61 bzw. wegen der Verzahnung von örtlicher und überörtlicher Gesamtplanung62 nur im Zusammenwirken zwischen den jeweils zuständigen staatlichen Behörden und den Gemeinden (und Gemeindeverbänden) erfolgen. Wenn z. B. § 5 Abs. 2 BROG die Beteiligung der anpassungspflichtigen Gemeinden usw. bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung vorschreibt 63 , dann dient diese Beteiligung der verfahrensmäßigen Absicherung 64 des für die Raumordnung und Landesplanung fundamentalen Gegenstromprinzips, das seinen gesetzlichen Niederschlag in § 1 Abs. 4 BROG gefunden hat 65 . Raumordnung und Landesplanung sind daher mitnichten, wie das BVerwG, der BayVGH und das OVG Lüneburg in den zitier-

DVB1. 70, 414 = DÖV 70, 277 = BayVBl. 70, 180 = MDR 70, 702 = VerwRspr. 21, 571 = BauR 70, 31 = BRS 22, 7, vom 16. 4. 1971, DVB1. 71, 746 (749 f.; weitere Nachweise oben in Anm. 19), vom 8. 5. 1972, DÖV 73, 169, und vom 20. 10. 1972, DVB1. 73, 42 (43, 44); OVG Münster vom 12. 4. 1972 (Floatglas-Urteil), DVB1. 72, 687 (m. krit. Anm. von David) = BauR 72, 210 = DÖV 72, 830 (nur LS); Hoppe, BauR 70, 15 ff.; Weitzel, DÖV 71, 842 ff. (847 f.); Badura, in: Verfassung und Verfassungsrechtspiechung, Festschrift zum 25jährigen Bestehen des BayVerfG, 1972, S. 157 ff. (179 ff.); Sendler, WiR 72, 453 ff. (456 ff.). 60

Vgl. ζ. B. auch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 BayLPIG. Die verschiedenen Verfahren der Raumordnung und Landesplanung wurden ζ. B. in dem Urteil des BayVGH vom 29. 5. 1968, aaO (Anm. 16) nicht sorgfältig unterschieden; vgl. auch oben in Anm. 42. 61 Vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 130, 131, 132, 133, 153, 154; ders., Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S 144 ff.; ders., DVB1. 72, 627 ff. (627, 628, 630). Vgl. auch Ernst, RuS 71, 243 = BayBgm. 72, 58; Weitzel,

DÖV 71, 844; Bielen-

berg, Rechts- und Verwaltungsfragen der kommunalen Entwicklungsplanung - eine Einführung, in: Raumplanung - Entwicklungsplanung, aaO (Anm. 2), S. 55 ff. (71 m. Anm. 41 f.); ferner Matzerath, AfK 72, 243 ff. (272 f.). 62 Vgl. dazu Forsthoff/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 18 ff.; Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung und gemeindlicher Bauleitplanung, 1966. 63 Vgl. oben im Text (m. Anm. 42 ff). 64

Ebenso Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 132 f.; Brügelmann (Asmuß), aaO (Anm. 35), § 5 Anm. III 6 a; Bielenberg, DÖV 69, 380, 381 f. 65 Vgl. dazu ζ. B. Zinkahn/Bielenberg, Raumordnungsgesetz des Bundes, Kommentar, 1965, § 1 Rdnr. 7 (S. 22 f.), § 5 Rdnr. 8 (S. 86 f.); Brügelmann (Cholewa), aaO (Anm.

35), § 1 Anm. III 1; Brenken/Schefer,

aaO (Anm. 39), S. 80 f.; H. J. Wolff,

Verwaltung-

recht I, 8. Aufl. 1971, § 38 III d (S. 258); Friauf aaO (Anm. 2), S. 462 f.; Hendler, aaO (Anm. 36), S. 33 ff., 35.

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

135

ten Entscheidungen66 (unter Berufung auf landesrechtliche Vorschriften) meinen, eine ausschließliche Angelegenheit des Staates67. Raumordnung und Landesplanung sind vielmehr, worauf zuletzt Schmidt-Aßmann 68 in mehreren sorgfältigen Analysen hingewiesen hat, ein weiteres Beispiel kondominaler Verwaltung zwischen Staat und Gemeinde. Dem starken Gewicht dieser Mitwirkungsrechte der Gemeinden etwa bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung69 entsprechen daher auch die weitgehenden Folgen eines insoweit fehlerhaften Aufstellungsverfahrens. Denn die Verletzung der kommunalen Mitwirkungsrechte führt, gleichgültig wie die Programme und Pläne der Raumordnung und Landesplanung zu qualifizieren sind 70 , folgerichtig zur Nichtigkeit der betreffenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung71. Das zuvor zur Mitwirkung im Aufstellungsverfahren Gesagte gilt aber gleichermaßen für das hier interessierende, regelmäßig durch ein Fachplanungsverfahren veranlaßte förmliche Raumordnungsverfahren. Auch in diesem Verfahren haben die betroffenen Gemeinden bei der Ermittlung und Entwicklung der konkreten Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung eine über die bloße Anhörung hinausgehende Mitwirkungsbefugnis, insbesondere unter den obengenannten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Einleitung und Durchführung des Raumordnungsverfahrens 72. 66

Vgl. oben im Text (m. Anm. 52 ff.). Vgl. demgegenüber ζ. Β. § 1 Abs. 3 NRWLP1G: „Die Landesplanung ist nach näherer Bestimmung dieses Gesetzes eine gemeinschaftliche Aufgabe von Staat und Selbstverwaltung." Vgl. ferner § 1 Abs. 1 HessLPIG; § 1 Abs. 2, § 11 Abs. 4 SchlHLPlG von 1971. Dazu Niemeier, Entwicklungstendenzen im Landesplanungsrecht, in: Raumplanung - Entwicklungsplanung, aaO (Anm. 2), S. 1 ff. (17 ff). 67

68

Vgl, Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 129 ff. (131 f.), 153 f.; ders., Ge-

setzliche Maßnahmen, S. 144 ff. (145 f.), 149 f.; ferner Halstenberg, aaO (Anm. 62), S. 17 („kommunale Mitentscheidung"); Ernst, RuS 71, 243 = BayBgm. 72, 58 f.; Hendler, aaO (Anm. 36), S. 42 f. 69 Vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 133 f., 154, 159 (m. Anm. 191 f.); ders., Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 145 f., 150; Bielenberg, DÖV 69, 381; Ernst, RuS 71, 243 = BayBgm. 72, 58 f.; Hendler, aaO (Anm. 36), S. 35 ff., 39 ff. Vgl.

auch oben in Anm. 57 sowie unten in Anm. 83. 70 Vgl. dazu OVG Lüneburg vom 23. 11. 1972, aaO (Anm. 39); Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 141 ff., 149 ff., 157. 71

Vgl. Bielenberg, DÖV 69, 381; Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 154

(Anm. 166), 159 (m. Anm. 193); Beyer, Städte und Gemeindebund 73, 15 ff. (17 a. E.); femer (insbes. zur einschlägigen Rechtsprechung des OVG Lüneburg) Forsthojf/Blümel, aaO (Anm. 4), S. 27 f. (m. Anm. 54). Vgl. auch Hendler, aaO (Anm. 36), S. 44 ff. 72 Ebenso Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 159 (m. Anm. 191 f.). Vgl. auch oben in Anm. 37. Nach dem Krabbenkamp-Urteil vom 8. 9. 1972 (Anm. 1) braucht keine Gemeinde hinzunehmen, daß ihre Planungshoheit durch fremde Planungen rechtswidrig verletzt

136

Willi Blümel

Wer heute gegen die Qualifizierung der Raumordnung und Landesplanung als einer Spielart kondominaler Verwaltung Einwendungen erhebt, übersieht, daß die Alternative ausschließlicher staatlicher Kompetenz mit der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG schwerlich noch zu vereinbaren ist. Das folgt nicht nur aus der bereits erwähnten „Verwobenheit überörtlicher und örtlicher Belange in der Raumplanung" (Schmidt-Aßmann) 17,. Fügt man dem nämlich noch die Beobachtung hinzu, daß in der Praxis - ähnlich wie die Stadtplanung74 auch die Raumordnung und Landesplanung immer mehr in die Richtung einer umfassenden (Gesamt-) Entwicklungsplanung tendiert 75, dann wird sicher kein Gespenst an die Wand gemalt 76 , wenn angesichts dieser gefährlichen und ver-

wird. Schon hieraus ergibt sich, daß eine Gemeinde jeden Rechtsfehler einer sie berührenden fremden Planung rügen kann, sie also nicht nur auf Gesichtspunkte des Städtebaus beschränkt ist. Deshalb kann eine Gemeinde gegenüber der Planung eines Verkehrsflughafens für den interkontinentalen Verkehr ζ. B. vorbringen, daß Erfordernisse der Raumordnung und Landesplanung dem Projekt entgegenstehen oder daß die bisherige verfehlte bzw. unkoordinierte Flughafenpolitik der Länder bzw. des Bundes (dazu Blümel FAZ vom 20. 1. 1973, S. 19 = BBahn 73, 212; Göb, structur 72, 218) mit den Erfordernissen der Bundesraumordnung (dazu Forsthoff/Blümel aaO - Anm. 4 -, S. 148 ff, 167 ff.) nicht in Einklang steht. Unrichtig auch insoweit daher OVG Lüneburg vom 17. 4. 1973 - VI OVG A 60/72 - (u. v., oben Anm. 39), S. 21 f., 25, 29, wonach die Mitwirkungsbefugnis der Gemeinden und Kreise eingeschränkt sei. Das Mitwirkungsrecht dieser Körperschaften ist jedoch nicht derart beschränkt, daß sie lediglich befugt seien, ihre aus den Belangen ihres kommunalen Raumes, insbesondere der örtlichen oder Kreisentwicklungsplanung hergeleiteten Bedenken gegen die Flughafenplanung geltend zu machen. 73 Vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 154; femer die Nachweise oben in Anm. 61. Zur Stadtentwicklungsplanung vgl. aus dem inzwischen umfangreichen Schrifttum neben den bereits zitierten Veröffentlichungen von Bielenberg, aaO (Anm. 61) und Schmidt-Aßmann, aaO (Anm. 2), die weiteren in Raumplanung und Entwicklungsplanung, aaO (Anm. 2), enthaltenen Beiträge von Wagener, aaO, S. 23 ff. (42 ff.; vgl. unten in Anm. 76) und von Laux, Entwicklungsplanung in der Kommunal Verwaltung, aaO, S. 83 ff; femer Blümel, in: Festschrift für Emst Forsthoff, 1972, S. 9 ff. (32 f. m. Anm. 154 ff.); J. J. Hesse, Stadtentwicklungsplanung: Zielfindungsprozesse und Zielvorstellungen, 1972; Bielenberg, Empfehlen sich weitere bodenrechtliche Vorschriften im städtebaulichen Bereich?, 49. DJT, Bd. I (Gutachten), Teil B, 1972, S. Β 21 ff.; femer unten in Anm. 78. 75

Vgl. Schmidt-Aßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 141, 154 f. (m. Anm. 169); ders.,

Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 126 f., 127 f.; W. Weber, Planende Verwaltung als Aufgabe der Gegenwart, in: Aufgabe und Möglichkeiten der Raumplanung in unserer Zeit, Veröff d. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Bd. 78, 1972, S. 9 ff. (15 ff., 17 f., 21 ff.); vgl. auch den Diskussionsbericht von Lange, ebenda, S. 43 ff. 76 Man vgl. ζ. B. nur die weitreichenden Vorschläge und Vorstellungen von Wagener, Für ein neues Instrumentarium der öffentlichen Planung, in: Raumplanung - Entwicklungsplanung, aaO (Anm. 2), S. 23 ff. (24 f., 34 ff, 50 ff., 53 f.); ders., Regierungsprogramme und Regierungspläne in Bund und Ländern - Überblick -, in: Regierungspno-

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

137

fassungsrechtlich problematischen Entwicklung 77 im Bereich der Raumordnung und Landesplanung 78 von einer demnächst zu erwartenden totalen Verplanung nicht nur des Individuums 79 , sondern auch der Gemeinden 80 gesprochen wird. A u f diesen Umstand hat das BVerwG ebenfalls bereits in seinem Urteil vom 14. 2. 196981 unter Berufung auf die Ausführungen von Scholtissek 82 zutreffend hingewiesen. Dieser totalen Verplanung der von der kommunalen Neugliederung übrigbleibenden Gemeinden von oben, d. h. durch den Staat, kann aber nur entgegengewirkt werden, wenn die bereits vorhandenen gesetzlichen Vorschriften über kommunale Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte in der Raumordnung und Landesplanung nicht restriktiv, sondern unter Berücksichtigung des Art. 28 Abs. 2 GG extensiv interpretiert werden 83 . In keinem Fall kann man solche Rechte einfach ignorieren. Angesichts der aufgezeigten Entwicklung im Bereich der Raumordnung und Landesplanung ist es daher zu bedauern, daß das BVerwG den vorliegenden Fall nicht zum Anlaß genommen hat, seine bisherige Rechtsprechung zu überprüfen und fortzuentwickeln. 5. Ebenso unbefriedigend sind die Ausführungen des Gerichts zur stufenweisen Planung. Einer Auseinandersetzung etwa mit den beachtlichen, im Ve rwaltungsstreitverfahren vorgetragenen Thesen von Brohm 4 über die rechtliche Erfassung der einzelnen (abgrenzbaren) Stufen des Entscheidungsprozesses als „Teilentscheidungen" - ist das Gericht aus dem Wege gegangen. Dabei hätte die Prüfung nahegelegen, ob dieser Gedanke für die Rechtsposition der Gemein-

gramme und Regierungspläne, Schriftenreihe der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Bd. 51, 1973, S. 13 ff., 15 f.; 22 ff., 33 ff.; vgl. dazu auch den Bericht von Klose, DÖV 73, 42 ff. (42 f.). 77 Vgl. dazu W. Weber, aaO (Anm. 75), S. 18, 21 ff.; Niemeier, aaO (Anm. 67), S. 2,

12 ff. (15 f., 17). 78 Diese Bedenken gelten nicht für die im Text (m. Anm. 73) erwähnte Stadtentwicklungsplanung. Ebenso W. Weber, aaO (Anm. 75), S. 18, 22 f., 23 f. 79

Vgl. dazu W. Weber, aaO (Anm. 75), S. 18, 21 f., 23 f.; Lange, aaO (Anm. 74), S.

43 ff. 80

Vgl. dazu auch Seibert, AfK 71, 353 ff. (356). DVB1. 69, 362 (363 f.); vgl. oben Anm. 6. 82 DVB1. 68, 825 ff. (825, 827, 830). 83 Vgl. oben in Anm. 69. Zu den gesetzespolitischen Überlegungen vgl. SchmidtAßmann, Grundfragen (Anm. 3), S. 133 f., 154; Derselbe, Gesetzliche Maßnahmen (Anm. 2), S. 146, 147, 150, 151. Vgl. auch Ernst, RuS 71, 243 = BayBgm. 72, 58 f.; Beyer, Städte- und Gemeindebund 73, 16 f.; Matzerath, AfK 72, 273. 84 Vgl. Brohm, VVDStRL 30 (1972), 239 ff. (279 ff., 281, 289 ff., 310). Dazu auch 81

Blümel, aaO (Anm. 74), S. 26 f.; JA 73, ÖR S. 21 ff.

138

Willi Blümel

den in der Raumordnung und Landesplanung eher fruchtbar zu machen ist als für die des betroffenen Bürgers. Schließlich steht zu befürchten, daß die vom BVerwG auch im vorliegenden Fall wieder bemühte These von den Erfordernissen einer sinnvollen Konzentration des Rechtsschutzes85, die schon nit zur weitgehenden Rechtsschutzlosigkeit des Bürgers 86 bei stufenweisen Planungen geführt hat, die nun ebenfalls als bloße Drittbetroffene eingestuften Gemeinden nach anderen Abhilfen suchen läßt. Denn diese Rechtsprechung, die aus prozeßökonomischen Gründen grundsätzlich auf den repressiven Rechtsschutz gegen die späteren Planungsentscheidungen87 verweist - und damit in bemerkenswerter Weise von der Rechtsprechung des 1. Senats des BVerwG zur Anfechtbarkeit von Teilgenehmigungen (und Vorbescheiden) zur Errichtung eines Kernkraftwerkes abweicht 88 -, ist ja bereits mit ursächlich dafür, daß die von raumrelevanten Planungen betroffenen Bürger immer mehr auf andere (wirksamere) Einflußmöglichkeiten ausweichen89. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erfüllt ihre rechts staatliche Funktion aber nicht mehr, wenn der gerichtliche Rechtsschutz wegen der inzwischen geschaffenen vollendeten Tatsachen regelmäßig zu spät kommt 90 . In den Augen der Bürger - und dasselbe gilt nun wohl auch für die Gemeinden - haben etwa bei einer schon längst getroffenen Standortentscheidung für ein Großpro85

Dazu kritisch Hofmann, Luftverkehrsgesetz, Kommentar, 1971, § 6 Rdnr. 72 (S.

166 f.); Blümel, DVB1. 72, 798 (m. Anm. 19 f.). 86

So ausdrücklich auch W. Weber, aaO (Anm. 75), S. 20 (m Anm. 12); vgl. ferner H.

J. Wolff 87

aaO (Anm. 39), § 158 II b 6 a. E. (S. 308).

In der vorliegenden Entscheidung verweist das BVerwG - ebenso wie das Berufungsgericht (DVB1. 72, 790, 793) - auch auf den nachträglichen Rechtsschutz gegen die Genehmigungsversagung für örtliche Bauleitpläne. Abgesehen von der Aussichtslosigkeit derartiger Klagen (dazu Blümel, DVB1. 72, 799 Anm. 45) nützt dieser Hinweis den Gemeinden aber schon deshalb nichts, weil ihnen angesichts des von den staatlichen Behörden praktizierten faktischen Baustopps nicht zuzumuten ist, das schwierige Aufstellungsverfahren für Bauleitpläne überhaupt erst einzuleiten, nur um damit die Genehmigungsversagung als anfechtbaren Verwaltungsakt zu provozieren. Vgl. dazu auch Blümel, DVB1, 72, 122 ff. (125). 88 Vgl. das Würgassen-Urteil des BVerwG vom 16. 3. 1972, DVB1. 72, 678 = DÖV 72, 757 = NJW 72, 1292. Dazu auch Blümel, aaO (Anm. 74), S. 28 (m. Anm. 123), 29 (m. Anm. 132); Sendler, WiR 72, 453, 454. - Im Würgassen-Urteil wurden aus den Hinweisen in den Gesetzesmaterialien zur verbindlichen Entscheidung vorgreiflicher Einzelfragen für den Rechtsschutz genau die entgegengesetzten Schlüsse wie in dem zu § 6 LuftVG ergangenen Urteil des 4. Senats des BVerwG vom 11. 10. 1968, aaO (Anm. 53; vgl. auch die Wiedergabe bei Blümel, DVB1. 72, 798 f. m. Anm. 35), gezogen. 89 Vgl. dazu Blümel, in: Festgabe für Ernst Forsthoff, 1967, S. 133 ff. (158 f.); ders., aaO (Anm. 84), S. 28 f., 29 f. 90 Vgl. die Nachweise in Anm. 86, 88; ferner Wolf 49. DJT, Bd. II (Sitzungsberichte), Teil L, 1972, S. L 68 ff. (73), 197 ff., 224 f.

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung

139

jekt 91 die anschließenden gesetzlich vorgesehenen Verwaltungsverfahren weithin nur eine Alibifunktion. Daran läßt sich aus mancherlei Gründen gewiß nicht viel ändern 92. Aber prozeßökonomische Überlegungen der Gerichte auch dort, wo das Gebot effektiven und rechtzeitigen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) 9 3 geradezu das Gegenteil verlangt, sind - da ein Ventil für frühzeitige und sachgerechte Einwendungen (sogar der Gemeinden) unnötigerweise verstopft wird nur dazu angetan, die heute unter dem Deckmantel der „Demokratisierung" der Planung operierenden und dabei häufig ganz andere Zwecke verfolgenden Bürgerinitiativen, Demonstrationen und sonstige Aktionen gegen jedwede Planung 94 zu legitimieren. Wer aber das Ziel einer sinnvollen und optimalen, d. h. nach allen Seiten hin abgestimmten Planung nicht aus dem Auge verliert, wird sich immer wieder auch die Frage stellen müssen, welcher Weg letztlich der planenden Verwaltung mehr nützt.

91

Zur Frage der rechtlichen Verbindlichkeit einer solchen Standortentscheidung vgl. Blümel, DVB1. 72, 798 f. (m. Anm. 30 ff.), gegen OVG Lüneburg vom 13. 7. 1972; H. J. Wolff, aaO (Anm. 39), § 158 I c, II b 6 (S. 304, 308); ferner oben in Anm. 39. 92 Ebenso für die Bauleitplanung im Falle der Industrieansiedlung bzw. des Europäischen Patentamts in München Sendler, WiR 72, 455 ff. (456, 457, 458 f., 460 ff.). Vgl. auch Blümel, aaO (Anm. 74), S. 27 f. 93 Vgl. dazu Blümel, aaO (Anm. 89), S. 138; Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, 1973, S. 16 f. (m. Anm. 12 ff,), 150 f. 94 Vgl. dazu Blümel, aaO (Anm. 74), S. 29 f.

MassenelnWendungen im Verwaltungsverfahren

I. In seinem weit ausgreifenden Referat über „Planende Verwaltung als Aufgabe der Gegenwart" (1971) nahm der Jubilar, dem diese Festschrift gewidmet ist, auch zur Partizipation an den Planungsprozessen bzw. zu ihrer „Demokratisierung" Stellung 1 . Am Schluß seiner Erörterungen führte Werner Weber aus: „Nun soll in diesem Zusammenhang keineswegs einer allgemeinen Demokratisierungsideologie das Wort geredet und die Verläßlichkeit des Könnens und des gemeinwohlbezogenen Verantwortungsbewußtseins der Planungsstäbe geschmälert werden. Aber wenn man es für richtig hält, daß die planende Verwaltung sich ihrer Durchschlagskraft wegen verständlich und vertrauenswürdig hält, und wenn man in der bejahenden Teilhabe der Betroffenen an den existenzbestimmenden Planungsvorgängen ein wesentliches Element eines freiheitlichen Staatswesens erkennt, dann wird man das Problem der Partizipation an den Planungsprozessen als eine sehr reale und aktuelle Aufgabe der freiheitlichen Demokratie einschätzen2." Es soll hier nicht erneut der Versuch unternommen werden, dieser - wenn auch behutsamen, so doch im ganzen positiven - Beurteilung der gegenwärtigen Partizipationsdiskussion einige kritische Einwände entgegenzusetzen. Das ist bereits an anderer Stelle geschehen3. Dort wurde darauf hingewiesen, daß es

1 W. Weber, in: Aufgaben und Möglichkeiten der Raumplanung in unserer Zeit, Referate und Diskussionsbericht anläßlich der Wissenschaftlichen Plenarsitzung 1971 in Stuttgart, Veröff. d. Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Bd. 78, 1972, S. 9 ff. (20 f.). 2 W. Weber, S. 21 (Anm. 14) verweist an dieser Stelle u. a. auf die Studien von Schäfers, Öffentlichkeits- und Interessenstrukturen in Planungsprozessen (1970), und Dienel Partizipation an Planungsprozessen, Verw. 71, 151 ff. 3 Vgl. Blümel, „Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?, in: Festschrift für Ernst Forsthoff, 1972, S. 9 ff. (15 ff., 23 ff.; zit: Blümel, „Demokratisierung"); derselbe, Raumplanung und Vermessungswesen, Zeitschrift für Ingenieure und Techniker im öffentlichen Dienst Nr. 6/1973, 140ff. (148 ff. m. Anm. 160 ff.; zit: Blümel, Vermessungswesen; auch abgedruckt in: Die Verwaltung 1974); derselbe, Sicherung des Baus von Anlagen und Leitungsnetzen - Planfeststellungsverfahren, Referat auf der zweiten Sitzung der Arbeitsgemeinschaft „Die Perspektiven der Energiewirtschaft im

142

Willi Blümel

sich bei der allseits geforderten Beteiligung bzw. Partizipation an Planungen nicht - wie immer wieder behauptet wird - um mehr Demokratie, sondern um ein schon lange bekanntes rechtsstaatliches Problem handelt, nämlich um das Problem der Effektuierung des verfahrensmäßigen und auch des gerichtlichen Rechtsschutzes, also des Individualrechtsschutzes. Gegenstand der nachfolgenden Überlegungen sind vielmehr einmal die Konsequenzen, die sich inzwischen in der Praxis aus der Partizipationsdiskussion 4 bzw. dem allgemeinen Demokratisierungsgerede 5 ergeben haben, zum anderen die Versuche des Gesetzgebers, diesen offenbar unerwünschten Folgen durch problematische Regelungen zu begegnen.

II. Betrachtet man das gegenwärtige Planungsgeschehen, dann ist der Befund klar: Die fälschlicherweise auf das Demokratieprinzip gestützte Forderung nach Beteiligung der Bürger an allen Planungsentscheidungen und die jahrelange, teilweise hysterische Diskussion um den Umwe ltschutz 6 haben inzwischen dazu

nächsten Jahrzehnt" im Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld am 7./8. 12. 1973 (im Druck), im Text (m. Anm. 5 f., 63 ff.; zit: Blümel, Planfeststellungsverfahren). 4 Vgl. dazu vor allem die Nachweise bei Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), insbes. S. 11, 19 f. (Anm. 16, 71); derselbe, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 148 f. (Anm. 161 ff., 170); ferner unten in Anm. 5, 8. 5 Daß es sich vielfach um ein unqualifiziertes Gerede handelt, wurde bereits früher an einzelnen Beispielen nachgewiesen. Vgl. Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 12 ff., 17 ff; derselbe, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 148 f. (m. Anm. 162: zur Agitation des Bundes Deutscher Architekten auf der Deutschen Baufachmesse in Essen 1973). In diesem Zusammenhang wurde nicht das „Demokratiegebot" der Verfassung, sondern der Begriff der „Demokratisierung" als „Modeformel", „Wundermittel", „Zauberspruch" usw. bezeichnet. Das gegen v. Münch, Gemeinschaftsaufgaben im Bundesstaat, WDStRL 31 (1973), 51 ff. (81 f.). Zur Forderung nach „Demokratisierung" (bzw. „Partizipation") vgl. auch Redeker, Bürger und Anwalt im Spannungsfeld von Sozialstaat und Rechtsstaat, NJW 73, 1153 ff. (1156, 1157); Stich, Die Planstufen der Orts-, Regional- und Landesplanung, DVB1. 73, 589 ff. (591, 597 f.); Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 1973, insbes. S. 111 f., 113 ff, 158 ff., 251 ff, 471 ff.; Zeidler, Der Standort der Verwaltung in der Auseinandersetzung um das Demokratieprinzip, DVB1. 73, 719 ff.; Geizer, 49. Kurs „Städtebau und Recht" in Berlin, BauR 6/73, baurecht aktuell, S. 5. 6 Zum Umweltschutz vgl. etwa (jeweils m. w. N.) W. Weber, Umweltschutz im Verfassungs- und Verwaltungsrecht (Stand und Tendenzen der Gesetzgebung), DVB1. 71, 806 ff.; Ule, Umweltschutz im Verfassungs- und Verwaltungsrecht, DVB1. 72, 437 ff; Soell, Rechtsfragen des Umweltschutzes, WÌR73, 72 ff.

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geführt, daß heute jede Art von raumrelevanter Planung (Gesamtplanung und Fachplanung)7 immer mehr auf den gezielten und organisierten Widerstand von Bürgerinitiativen, Interessen-, Schutz-, Aktions- und Notgemeinschaften trifft 8 .

Zum Zielkonflikt zwischen Energieversorgung und Umweltschutz vgl.: Die Energiepolitik der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/1057, S. 16 f. (Tz. 72 ff.); Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 63, 82 ff.); femer die Nachweise unten in Anm. 13. - Zum Schutz vor Verkehrslärm vgl. z. B. Fickert, Zur Zumutbarkeitsgrenze bei Beeinträchtigung durch Verkehrslärm und ihre rechtliche Behandlung (zugleich ein Beitrag zum Verhältnis des Rechts der Straßenplanung zur Bauleitplanung), BauR 73, 1 ff.; Lorenz, Entschädigungs- und Ausgleichsansprüche bei Beeinträchtigung durch Fluglärm, Betr. Beilage Nr. 6/73. Zum Umweltschutz für den Verkehrsbereich vgl. auch die Antwort der Bundesregierung vom 5. 9. 1973 auf die Große Anfrage der CDU/CSUFraktion, betr. Verkehrspolitik der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/985, S. 5 (Nr. 12). Zur Industrieansiedlung vgl. Sendler, Industrieansiedlung, Umweltschutz, Planungs- und Nachbarrecht, WiR 72, 453 ff. (453, 468 ff.). Vgl. auch die Nachweise unten in Anm. 143 f. Zu dieser Unterscheidung vgl. ausführlich (jeweils m. w. N.) Forsthoff /Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970, S. 17 ff.; Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 26 ff. (m. Anm. 105 ff.); derselbe, Vermessungswesen, S. 142 ff. (m. Anm. 39 ff.); derselbe, Planfeststellungsverfahren, im Text (m. Anm. 121). 8 Vgl. dazu bereits - vor der allgemeinen Partizipationsdiskussion - Blümel, Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Festgabe für Emst Forsthoff, 1967, S. 133 ff. (158 f.; zit.: Blümel, Raumplanung). Zur Tätigkeit von Bürgerinitiativen usw. (insbes. im Bereich der Raumplanung) vgl. ausführlicher (jeweils m. w. N.) Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 24 f., 26 ff. (28 f., 29 f.); derselbe, Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung, DVB1. 73, 436 ff. (442 m. Anm. 89, 94); derselbe, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 f. (m. Anm. 170 ff.); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 54 ff); Battis/Vogt, Projektgruppe „Bürgerinitiative und repräsentatives Prinzip" am Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin, JuS 73, 524 ff; v. Mutius, Zulässigkeit der Verbandsklage?, VerwArch. 73, 311 ff. (311, 317 f.); Redeker, Zum neuen Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, DVB1. 73, 744 ff. (747 m. Anm. 21 ff); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allg. Teil, 10. Aufl. 1973, S. 78 f. (79), 303 f. (Anm. 2); femer die Nachweise oben in Anm. 4 f. sowie unten in Anm. 14 ff. - Aus dem übrigen Schrifttum vgl. zuletzt Bilstein/Troitzsch, Bürgerinitiative - Chancen politischer Einflußnahme, Gegenwartskunde 72, 263 ff; Dittberner, Bürgerinitiative als partielles Partizipationsbegehren (Überlegungen aus Anlaß eines städtebaulichen Entscheidungsprozesses in Berlin-Wilmersdorf), Zeitschr. f. Parlamentsfragen 73, 194 ff; Bericht einer Forschungsgruppe an der Freien Universität Berlin: Zur Rolle und Funktion von Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik und West-Berlin, ebd., S. 247 ff. \Joerger, Bürgerinitiativen in der Schweiz, in Frankreich und in Deutschland, StT 73, 419 ff; Klaus Wagner, Die Bürger wehren sich - Partizipation oder: Die einzige Alternative? (Bürgerinitiativen am Beispiel Hamburgs), FAZ vom 27. 10. 1973, Beilage (Bilder und Zeiten), S. 1. Über die Vorbehalte der Verwaltung vgl. ζ. B. Riedl, Mitwirkung der Bürger an der städtebaulichen Planung, StT 73, 207 ff. (209 ff); Jäger, Demokratisierung des Planungsprozesses (Erfahrungen mit der öffentlichen Planung in München-Lehel), ebd., S.

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Das gilt vor allem für die Fachplanungen9, also insbesondere die Planung und die Linienführung bzw. die Standortwahl von Verkehrsanlagen (ζ. B. Bundesfernstraßen 10, Bundeswasserstraßen, neue Eisenbahnen11, unterirdische Verkehrsanlagen, Verkehrsflughäfen) 12 und von Großprojekten (ζ. B. Kernkraftwerke, Kraftwerke, Großraffinerien oder andere Industrieanlagen) 13. Nach Angaben des Bundeskanzlers 14 gab es Ende 1973 allein in Nordrhein-Westfalen 105

249 ff. (251); Beckert, Für die Stadtplaner kommen harte Zeiten, FAZ vom 26. 10. 1973, S. 8. Vgl. auch Sendler, WiR 72, 463 f. (464); ferner unten im Text (m. Anm. 38, 41). 9 Hierzu und zum Folgenden vgl. die zahlreichen Beispiele bei Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 28 ff.; ferner die Nachweise in den folgenden Anmerkungen. I Neuere Beispiele: Schwarzwald-Autobahn von Freiburg nach Donaueschingen (vgl. dazu Sturm, Bürger wollen keine Autobahn, FAZ vom 17. 8. 1973; Gebhardt-Bauer, Aufstand im Schwarzwald, Zeitmagazin Nr. 7/1974, S. 4 ff.); Autobahnring um München. Vgl. im übrigen die Nachweise unten im Text (m. Anm. 29 ff). II Beispiele: Rangierbahnhof München; vgl. dazu ζ. B. die Antwort des Bundesministers für Verkehr vom 30. 3. 1972 auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucks. VI/3311; — Neubau der Strecke Hannover-Kassel; vgl. dazu ζ. B. Delvendahl, Planung und Ausführung von Neubaustrecken (Probleme und Wege zu ihrer Lösung), BBahn 73, 575 ff; den Bericht „Neubauten der Bundesbahn verzögert", FAZ vom 1.11.1973; zum Ausbauprogramm für das Netz der Deutschen Bundesbahn vgl. die Angaben bei Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 143 (m. Anm. 50); - Versuchsanlage für Verkehrstechniken im Donauried; vgl. dazu den Entwurf eines Gesetzes über den Bau und den Betrieb von Verkehrsanlagen zur Erprobung von Techniken für den spurgeführten Verkehr, BRDrucks. 591/73 („Lex Donauried"); Stellungnahme des Bundesrates vom 9. 11. 1973, BR-Drucks. 591/73 (Beschluß); BBahn 73, 699 f.; ferner unten in Anm. 82. 12 Beispiele: die Verkehrsflughäfen Hamburg-Kaltenkirchen und München II; vgl. dazu Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 29 f. (30); derselbe, Diskussionsbeitrag, WDStRL 30 (1972), 345 ff. (346); - Regionalflughafen Nagelsholz (bei Bielefeld); vgl. dazu auch unten im Text (m. Anm. 25). - Die jahrelang geplanten und heftig umstrittenen Großflughäfen Stuttgart II und Bremen II (im Unterwesergebiet) werden nicht gpbaut; vgl. die Berichte „Besserer Empfang für Fluggäste in Bremen" und „Kein Groß-Flughafen für Baden-Württemberg", FAZ v. 22. 10. 1973, S. 10, und v. 23. 10. 1973, S. 11; Bischoff, Schwäbische Bescheidung, Die Zeit v. 9. 11. 1973, S. 14. 13 Vgl. dazu die Beispiele bei Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 29 f. sowie unten im Text (m. Anm. 26); ferner: Die Energiepolitik der Bundesregierung, (Anm. 6), insbes. S. 16 f. (Tz. 72 ff.); woche im bundestag (wib) 3/17/73, S. 13, 14; Schwarze, Rechtsfragen bei der Errichtung von Kernkraftwerken, DÖV 73, 700 ff. (702 m. Anm. 26); die Berichte „Der Kraftwerksbau bleibt auf der Strecke (Das Bonner Energieprogramm ist durch die Genehmigungsverfahren bedroht)", Die Welt vom 28. 9. 1973, S. 14 und „Die Bleinorm ist bis 1976 nicht zu erfüllen (Industrie: Umweltschützer erschweren rechtzeitigen Ausbau der Raffinerie-Kapazitäten)", FAZ vom 2. 10. 1973, S. 16. Vgl. im übrigen ausführlich Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), insbes. im Text (m. Anm. 34 ff, 50 ff.). 14 Vgl. Brandt, Die Verantwortung der Kommunen für den Ausbau der Demokratie, Bulletin, Nr. 126 vom 6. 10. 1973, S. 1237 ff. (1238; dazu auch unten im Text m. Anm. 39). Vgl. auch Stiftung „Mitarbeit" (Hrsg.), Bürgerinitiativen in Westfalen, Dokumenta-

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Bürgerinitiativen für den Umweltschutz; in der gesamten Bundesrepublik bezifferte man sie auf über 500. Nicht berücksichtigt sind bei dieser Zusammenstellung die zahllosen Bürgerinitiativen etwa gegen Verkehrsbelästigungen. Daß die vielfach als eingetragene Vereine organisierten Bürgerinitiativen 15 nicht immer sachlich orientiert sind und häufig für andere Zwecke mißbraucht werden, zeigt die bisherige Praxis 16. Der zumeist auf Verhinderung des jeweiligen Vorhabens abzielende, in jedem Falle aber zu Verzögerungen führende Widerstand der Initiativen 17 äußert sich heute nicht mehr nur in mehr oder weniger gut formulierten Protesten in Zeitungen, in öffentlichen Versammlungen, Demonstrationen oder in anderen Aktionen 18 . Vielmehr haben die inzwischen auf Landes- und Bundesebene kooperierenden und ihre Erfahrungen austauschenden Bürgerinitiativen 19 längst erkannt, tion, Heiligenhaus 1972. Joerger, StT 73, 419, schätzt die Zahl der Bürgerinitiativen in der Bundesrepublik Deutschland auf rund 30 000. Vgl. im übrigen Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 55 ff). 15 Zur Organisation der Bürgerinitiativen vgl. auch den Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 251, 252, 264 ff. 16 Vgl. dazu Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 29 f.; derselbe, DVB1. 73, 442 (m. Anm. 94); derselbe, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 150 (m. Anm. 186); Scharn-

berg, Empfehlen sich weitere bodenrechtliche Vorschriften im städtebaulichen Bereich?, Verhdl. d. 49. DJT, Bd. II (Sitzungsberichte), Teil L, 1972, S. L 25 ff. (31); Riedl, StT 73, 209, 210; Brandt (Anm. 14), S. 1238; Klaus Wagner (Anm. 8). Vgl. auch den Bericht

einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 252, 253 ff., 283 f. (zu den Bürgerinitiativen mit „systemüberwindendem Anspruch"); femer unten im Text (m. Anm. 130). 17 Über die Erfolge der Bürgerinitiativen vgl. etwa den Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 252, 269 ff., 273 ff., 284. Zu den gescheiterten Großflughäfen Bremen II und Stuttgart II vgl. oben in Anm. 12; über die Änderungen des neuen Flächennutzungsplanes für Hamburg (Stadtverkehrsplanung) vgl. unten im Text (m. Anm. 24). Über die Verzögerungen beim Bau von Kraftwerken, Raffinerieanlagen usw. vgl. die Nachweise oben in Anm. 13 sowie unten in Anm. 26. Über das gescheiterte Kernkraftwerk Breisach, das jetzt in Wyhl gebaut werden soll, vgl. auch die Berichte in: Energiewirtschaftliche Tagesfragen (ET) 72, 615 f. und 73, 540. 18 Vgl. dazu ζ. B. den Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 267 ff.; Bilstein/ Troitzsch, 19

Gegenwartskunde 72, 263, 268 f.; Joerger, StT 73, 420.

Über den „Bundesverband Bürgerinitiativen - Umweltschutz e. V.(BBU)" vgl. ζ. B. den Bericht von Koerber, Umweltschützer: Stoppt den Bau von Atomkraftwerken (Erste Diskussion zwischen BBU und Innenministerium), Die Welt vom 30. 4. 1973, S. 20 (dazu auch ET 73, 250 f.); Joerger, StT 73, 419; Bericht „Energieprogramm umweltfeindlich?", ET 73, 531 f.; Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 58). Nach dem Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 276 - der sich allerdings nur auf 61 Bürgerinitiativen bezieht - soll der Kooperationsgrad zwischen den Bürgerinitiativen erstaunlich gering sein.

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daß es wirksamere Mittel zur Artikulierung und Durchsetzung ihrer Forderungen gibt. Dazu gehört u. a. 20 die massenhafte Inanspruchnahme der in den einschlägigen Gesetzen schon immer vorgesehenen Beteiligungs- und Rechtsschutzformen21. So hat die von der Bundesregierung 22 begrüßte „Bewußtseinsänderung" bei dem vom Bundespräsidenten 23 gepriesenen „mündigen Bürger" inzwischen bewirkt, daß heute sowohl im Bauleitplanverfahren nach dem Bundesbaugesetz als auch in den Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren nach den Fachplanungsgesetzen Masseneinsprüche von Tausenden, ja von Zehntausenden von Bürgern an der Tagesordnung sind. In Hamburg wurden im November 1971 nach Abschluß der öffentlichen Auslegung des Entwurfs des neuen Flächennutzungsplanes mehr als 1200 Eingänge mit rund 32 000 Unterschriften registriert 24. In dem den Regionalflughafen Nagelsholz (bei Bielefeld) betreffenden luftrechtlichen Planfeststellungsverfahren (1973) erhoben 14 000 Bürger Einwendungen 25 . In Baden-Württemberg wurden in einem Verfahren nach § 16 GewO, 20

Zur Einschaltung der Träger politischer Mandate (ζ. B. von Abgeordneten) vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 8), S. 158; Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971, S. 30 (m. Anm. 3); Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 282. Über die Beziehungen der Bürgerinitiativen zu den politischen Parteien vgl. ebd., S. 251, 279 f.; Bilstein/Troitzsch, Gegenwartskunde 72, 268 f , 270, 273 ff. Ein wichtiges Kampfmittel der Bürgerinitiativen ist auch die Einholung von Gegengutachten; vgl. den Bericht einer Forschungsgruppe (Anm. 8), S. 267; Joerger, StT 73, 420; Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 59); ferner die Nachweise unten in Anm. 31 (Umgehungsstraße Eltville am Rhein). - Mit Lob bedacht wurde das - die Errichtung eines Kernkraftwerks betreffende - Projekt einer Physikergruppe der Universität Bremen von v. Dohnanyi, Die Bedeutung der Hochschule für die soziale Entwicklung, Bulletin, Nr. 138 vom 26. 10. 1973, S. 1376 ff. (1377). 21 Vgl. dazu bereits Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 25. 22 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, betr. Vollzug des Städtebauförderungsgesetzes, vom 14. 5. 1973, BT-Drucks. 7/557, S. 4. Dazu auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 (m. Anm. 172); Stich, DVB1. 73, 597 (Anm. 79). 23 Vgl. Heinemann, Der mündige Bürger in Staat und Gesellschaft, Bulletin, Nr. 15 vom 13. 2. 1973, S. 125 ff. Dazu etwa Ströhm, Der „mündige" Bürger, Die Welt vom 13. 2. 1973. Vgl. auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 150 (m. Anm. 185); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 66). 24 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 31 (m. Anm. 152); T. Krüger, Neuer Flächennutzungsplan für Hamburg, StT 73, 251 ff. (254). Vgl. im übrigen den Bericht „Weniger Stadtautobahnen in Hamburg", FAZ vom 3. 10. 1973; Klaus Wagner (Anm. 8); ferner oben in Anm. 17. 25 Nach Berichten in der Bielefelder Presse. Vgl. ζ. B. „Stadt Bielefeld hält fest am Regionalflughafen Nagelsholz", Neue Westfälische vom 18. 12. 1973 (dazu auch unten in Anm. 34). - Über die Zahl der Einwendungen im gegenwärtig (1973) laufenden Planfeststellungsverfahren für den Großflughafen Hamburg-Kaltenkirchen (vgl. oben in Anm. 12) liegen noch keine verläßlichen Angaben vor.

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das die Erweiterung einer Ölraffinerie zum Gegenstand hat, rund 34 000 Einwendungen gezählt, in einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren (Kernkraftwerk Breisach) sogar Einwendungen von rund 64 000 Personen 26. Massenverfahren mit Hunderten oder Tausenden von Beteiligten sind jedoch nichts Neues, wie gerade auch frühere Planfeststellungsverfahren zeigen 21 . So wurden ζ. B. schon im Jahre 1961 gegen den Plan für den Ausbau des Verkehrsflughafens Düsseldorf annähernd 6000 Einwendungen erhoben 28. Daß demgegenüber bei Straßenplanungen in der Vergangenheit derart hohe Zahlen nur selten erreicht wurden, hängt nicht zuletzt mit der bei Verkehrswegen üblichen abschnittsweisen Planfeststellung 29 zusammen. Immerhin steigen auch bei Straßenplanungen die Einsprüche seit geraumer Zeit ständig an 30 . Machten etwa 1973 in dem die Umgehungsstraße von Eltville am Rhein betreffenden (wiederholten) Planfeststellungsverfahren 1100 Bürger von ihrem Einwendungsrecht

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Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zu § 63 des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), BT-Drucks. 7/910 (Entwurf VwVfG 1973), S. 105 (Nr. 26); Joerger, StT 73, 419; Begründung zu Art. II § 17 des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Versorgung mit leitungsgebundener Energie (Energieversorgungsgesetz) - Stand 30. 5. 1973 (n. v.) -, S. 70 (zum Entwurf vgl. Blümel, Vermessungswesen - Anm. 3 -, S. 149 f. m. Anm. 169, 177; derselbe, Planfeststellungsverfahren - Anm. 3 -, im Text m. Anm. 12). Vgl. auch Lauer, Praktische Erfahrungen in Genehmigungsverfahren für Kernkraftwerke, ET 72, 225 ff. (229); Smidt, Engpaß Genehmigungsverfahren?, atom Wirtschaftatomtechnik (atw) 73, 116 ff. (116); Lukes, Die zukünftige Entwicklung des Kernenergierechts, NJW 73, 1209 ff. (1212); Schwarze, DÖV 73, 702 (m. Anm. 26); Bericht „36 000 Einsprüche gegen Grafenrheinfeld", ET 73, 327; Begründung zu § 68 Entwurf VwVfG 1973, S. 87; femer oben in Anm. 17. 27 Vgl. ζ. B. Blümel, Raumplanung (Anm. 8), S. 157 f.; Sieder/Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1972, Art. 39 Rdnr. 30, 48 (S. 481, 487); femer BVerwG vom 17. 2. 1969, VRS 37, 154 (155) = HGBR Rspr. 3, 315 (316) = DÖV 69, 724 (Nr. 255; nur LS); VG Schleswig vom 29. 6. 1970, DVB1. 72, 515 (516). Über ein Bebauungsplanverfahren mit über 9200 Einsendungen vgl. schon Dienel, Partizipation an Planungsprozessen als Aufgabe der Verwaltung, Verw. 71, 151 ff. (151); vgl. im übrigen Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 30 ff.; femer unten im Text (m. Anm. 38,41). 28 Vgl. den - nur 26 Seiten umfassenden - Planfeststellungsbeschluß des Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen vom 2. 1. 1964 (V/C-31-21), S. 11. Dazu VG Düsseldorf vom 27. 2. 1964 - 4 L 6/64 - (n. v.) und VG Münster vom 23. 2. 1964 - 4 L 16/64 - (n. v.). 29 Vgl. dazu ausführlich Blümel, Raumplanung (Anm. 8), S. 148ff.; femer derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 135); BVerwG vom 22. 3. 1973, DÖV 73, 785 30 Vgl. auch Fickert, BauR 73, 1.

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Gebrauch 31, so wurden 1972 in dem Verfahren zur Feststellung des Planes für die Ostumgehung Darmstadt im Zuge der neuen A 91 rund 7000 Einwendungen erhoben 32 . Diese Beispiele ließen sich beliebig vermehren. Im übrigen haben auch die Gesetzgeber in Bund und Ländern das Problem der Massenverfahren schon lange gesehen, wie die noch zu erörternden Vorschriften zeigen33. Der Form nach kommen die geschilderten Masseneinsprüche vielfach so zustande, daß in den fraglichen Gemeinden von den Bürgerinitiativen Unterschriftslisten ausgelegt werden, in die sich jedermann unter Angabe seiner Anschrift eintragen kann 34 . Eine andere Möglichkeit besteht darin, daß der einzelne Bürger seine Einwendungen nach einer ihm zur Verfügung gestellten Vorlage abfaßt oder hierfür sogleich hektographierte oder gar gedruckte Formulare verwendet, die er lediglich mit Namen, Anschrift und Unterschrift versieht 35. Auf diesen inzwischen eingespielten Praktiken beruht dann der im ^sentlichen gleichlautende oder gleichartige Inhalt der meisten Einwendungen. Daneben gibt es selbstverständlich nach wie vor die individuellen Einwendungen, die von den damit befaßten Behörden (Anhörungs-, Planfeststellungsbehörden usw.) gelegentlich als „echte" Einsprüche bezeichnet werden 36.

31 Vgl. dazu die Anzeige des Vereins zum Schutze der Eltville-WalluferRheinuferlandschaft e. V. Eltville („Es wäre eine Schande für das Land Hessen! Herr Ministerpräsident Oswald greifen Sie endlich ein!"), FAZ vom 24. 7. 1973. - Zu dem jahrelangen Streit um die Umgehungsstraße von Eltville am Rhein vgl. auch Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 28 f. (m. Anm. 29); Steiger, Zur Entscheidung kollidierender öffentlicher Interessen bei der politischen Planung als rechtlichem Problem, in: Fortschritte des Verwaltungsrechts, Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 385 ff. (385 f.); ferner Neander, Der befürchtete Volksaufstand in Eltville fand nicht statt, Die Welt vom 18. 3. 1972, S. 24; die Berichte „Trügerische Ruhe über der Rheinuferpromenade", FAZ vom 7.8.1972, und „Die Eltviller geben nicht auf, FAZ vom 17. 2. 1973, S. 7; Behr, Über die Autobahn von Eltville werden Richter entscheiden, FAZ vom 14. 1. 1974, S. 7. 32

33

Vgl. Neander (Anm. 31).

Vgl. dazu unten in Anm. 119 Abs. 2 sowie im Text (m. Anm. 95, 133 ff.). Vgl. dazu auch die Nachweise oben in Anm. 18; ferner Lauer, ET 72, 229. In dem oben in Anm. 25 zitierten Bericht (Neue Westfälische vom 18. 12. 1973) werden die Listen als „Autogrammsammlung" bezeichnet. 35 Die Verwendung gedruckter Formulare gibt es neuerdings sogar im Verfassungsbeschwerdeverfahren. So lagen dem Bundesverfassungsgericht zum Zeitpunkt seiner ablehnenden Entscheidung vom 2. 10. 1973 (NJW 73, 2099) mehr als 1700 Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz über die Erhebung eines Zuschlags zur Einkommensteuer und zur Körperschaftssteuer für die Kalenderjahre 1973 und 1974 vom 26. 6. 1973 (BGBl. I S. 681) vor. Die Mehrzahl der Beschwerdeführer benutzte den vom Bund der Steuerzahler in Bayern herausgegebenen Musterschriftsatz „Stabilitätszuschlag". 36 Vgl. ζ. B. die oben in Anm. 31 erwähnte Anzeige. 34

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III. Es liegt auf der Hand und bedarf keines Nachweises, daß die massenhafte Inanspruchnahme und Ausnutzung der durch die gesetzlichen Vorschriften gebotenen Beteiligungsmöglichkeiten im Einzelfall zu einem enormen Aufwand an Kosten und Zeit und damit zumindest zu Verzögerungen führen 37. So wird denn auch von der Verwaltung allenthalben und in zunehmendem Maße die übermäßige Belastung des Verwaltungsverfahrens und des Bauleitplanverfahrens 38 beklagt. Gleichwohl werden aber diejenigen, welche die „Demokratisierung" der Planung auf ihre Fahne geschrieben haben, nicht müde, weiterhin dieses „Erfolgsrezept" zu propagieren. So riet selbst der Bundeskanzler 39 noch Ende 1973, daß man die mancherorts sehr reservierte Haltung zu Bürgerinitiativen und anderen Gruppen interessierter Bürger überprüfen solle. Man sollte versuchen, den Bürgern dort, wo sie ein politisches Informationsbedürfnis und Mitspracherecht anmeldeten, auch Gehör zu schenken. Daß dies im Einzelfall unbequem sei, dürfe nicht schrecken: „Der Bürgerstaat ist nicht bequem". Verschreckt scheinen allerdings die Verwaltungen in Bund, Ländern und Gemeinden, neuerdings auch die Fachministerien und der Bundesgesetzgeber zu sein 40 . Das zeigen mit aller Deutlichkeit nicht nur die zunehmenden Klagen kompetenter Praktiker über die Nachteile der personell und finanziell sehr aufwendigen „öffentlichen Planung" (Stadtplanung, etwa in München) 41 , sondern auch 37 Ebenso die Stellungnahme des Bundesrates zu § 63 Entwurf VwVfG 1973 und die Begründung zu Art. II § 17 des Referentenentwurfs eines Energieversorgungsgesetzes (oben Anm. 26). Vgl. aber auch unten in Anm. 92. 38 Vgl. dazu auch unten im Text (m. Anm. 41). 39 Zu der Rede des Bundeskanzlers vor dem Deutschen Städte- und Gemeindebund am 5. 10. 1973 (Anm. 14) vgl. auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 (Anm. 167 a); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 69). Seine positive Einschätzung der Bürgerinitiativen hinderte den Bundeskanzler allerdings nicht daran, in seiner Rede vor der BASF-Belegschaft am 3. 12. 1973 die angebliche bürokratische Langatmigkeit im Prüfungsverfahren für Kernkraftwerks-Projekte anzuprangern; vgl. Bulletin, Nr. 157 vom 5. 12. 1973, S. 1565 ff. (1566). 40 Hierzu und zum Folgenden vgl. bereits Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 f. (m. Anm. 171 ff.); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 70 ff.). 41 Vgl. die Nachweise oben in Anm. 8 Abs. 3. - Selbst Bundesminister Vogel warnt neuerdings vor der massiven Bürgerbeteiligung bei der Stadtplanung - die er als „Phonokratie" bezeichnet - und spricht sich für eine Stärkung der Rechte des einzelnen aus. Vgl. dazu den Bericht „Vogel für Gemeindebegehren nach Schweizer Muster", FAZ vom 1. 12. 1973, S. 6. Abweichend allerdings der Wohnungs- und Städtebaukongreß der SPD in Hamburg, der noch Mitte November 1973 eine weitreichende „Demokrat isierung" der Stadtplanung (ohne Rücksicht auf die bekannten Erschwernisse) forderte; vgl. Broich-

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neuere Gesetzesvorhaben, mit denen man dem Problem der Masseneinsprüche im Verwaltungsverfahren in radikaler Weise Herr zu werden versucht 42. Diese letzteren Vorhaben laufen allesamt auf eine bedenkliche Einschränkung des Individualrechtsschutzes hinaus 43 . Denn im Ergebnis sollen auch hier die durch das unqualifizierte Demokratisierungsgerede heraufbeschworene kostspielige Mehrarbeit der Verwaltung und die damit verbundenen Belastungen und Verzögerungen des Planungsverfahrens - ähnlich wie im Städtebauförderungsgesetz44 - nun wieder dadurch kompensiert werden, daß man die dem Schutz des einzelnen betroffenen Bürgers dienenden und bewährten rechtsstaatlichen Sicherungen immer weiter abbaut.

IV. Bekanntlich zeichnen sich die hier interessierenden förmlichen Verwaltungsverfahren und Planfeststellungsverfahren 45 - bei allen Abweichungen im einzelnen - durch ganz bestimmte Eigentümlichkeiten bzw. Förmlichkeiten 46 aus. So werden im förmlichen Verwaltungsverfahren die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung individuell, und zwar mit angemessener Frist schriftlich geladen (z. B. § 29 BerlVwVerfG, § 134 SchlHLVwG)47. Dasselbe gilt nach herkömmlicher Übung für das weithin dem Planfeststellungsverfahren entsprechende und bewährte 48 gewerberechtliche Genehmigungsverfahren nach §§ 16 ff. GewO 49 .

hausen, Wenn Stadtluft krank macht, FAZ vom 17. 11. 1973, S. 20; Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 67). ~ Vgl. dazu Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 f. (m. Anm. 168 ff); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 72 ff); ferner unten im Text (m. Anm. 86 ff.). 43 Vgl. dazu Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 148 ff. (m. Anm. 160 ff.). Vgl. Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 33 ff. 45 Vgl. dazu ausführlich H. J. Wolff, Verwaltungsrecht III, 3. Aufl. 1973 (zit: H. J. Wolff, VerwR III), §§ 157, 158. 46 Redeker, DVB1. 73, 747, unterscheidet im Verwaltungsverfahren zwischen technisch-organisatorischen und echten verfahrensrechtlichen Problemen. Zu den (bloß) technisch-organisatorischen Fragen gehören nach seiner Auffassung die Ladung und die Zustellung. Damit wird jedoch die große Bedeutung dieser Förmlichkeiten für den Rechtsschutz ebenso verkannt wie ihr verfassungsrechtlicher Hintergrund. Vgl. dazu die weiteren Ausführungen, insbes. im Text (m. Anm. 93 ff, 116 ff). 47 vgl. auch Κ J. Wolff VerwR III, § 157 I b 4 (S. 296). - Zu § 134 SchlHLVwG vgl. auch unten im Text (m. Anm. 67). 48 Vgl. ζ. B. Begründung zu § 9 des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und

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Denn hier hat es sich seit langem eingebürgert, daß diejenigen, die auf die öffentliche Bekanntmachung und Auslegung der Unterlagen hin fristgerecht Einwendungen erhoben haben (§ 17 Abs. 2 GewO), zu dem Erörterungstermin (§ 19 Abs. 2 GewO) besonders (mit Zustellungsurkunde) geladen werden 50. Diese individuelle Ladung zum Erörterungstermin entfällt allerdings im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren nach §§ 7 ff. AtG i. Verb. m. §§ 1 ff. AtAnVO 5 1 , da hier zur Beschleunigung des Verfahrens 52 bereits in der öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens der Erörterungstermin zu bestimmen ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 AtAnVO) 5 2 a . Der das förmliche Verwaltungsverfahren abschließende Verwaltungsakt wird allen Beteiligten (dem Antragsteller und den Widersprechenden) ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz), BT-Drucks. 7/179 (Entwurf BImSchG), S. 34. - Zum Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. 3. 1974 (BGBl. I S. 721) vgl. auch unten in Anm. 52 a, 72, 77, 85, 117, 120, 127, 131, 144 sowie im Text (m. Anm. 142). 49 Vgl. dazu Beyer, Die Rechtsstellung des Nachbarn bei der gewerberechtlichen Genehmigung lästiger Anlagen, 1970, insbes. S. 21 ff, 106 ff, 127 ff. Vgl. auch Thieme, Umweltschutz und gewerberechtliches Genehmigungsverfahren, BB 73, 713 ff. (mit nicht billigenswertem Ergebnis); ferner unten im Text (m. Anm. 110, 127). 50 Vgl. Nr. 6.14, 8.1 der nordrhein-westfälischen VerwaltungsVorschriften zum Genehmigungsverfahren nach §§ 16 ff. der Gewerbeordnung (GewO), Ani. zum Gem. RdErl. vom 1. 10. 1962 (MB1. NW. S. 1699/SMB1. NW. 7130) - VV zu §§ 16 ff. GewO (NRW) -. Für das Beschlußverfahren vgl. Nr. 8.11 VV zu § 16 ff. GewO (NRW), wo für die Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung auf §§ 11 ff. (insbes. § 16) des Ersten Vereinfachungsgesetzes vom 23. 7. 1957 (GV. NW. S. 189/SGV. NW. 2004) verwiesen wird. Vgl. dazu auch H. J. Wolff, VerwR III, § 157 II a 4 (S. 298). 51 Zu den viel diskutierten Genehmigungsverfahren vgl. ausführlich (m. w. N.) Pelzer, Grundzüge, Entwicklung und Bilanz des Atomgesetzes, WiR 72, 230 ff. (239 ff); ferner Smidt, atw 73, 116 ff.; Lukes, NJW 73, 1209 ff.; Schwarze, DÖV 73, 700 ff.;

Blümel, Planstellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 8 ff.). Über den Erörterungstermin (§ 3 Abs. 2 AtAnVO) vgl. die Kritik von Pfaffelhuber, Neue Tendenzen im Atomrecht, ET 72, 213 ff. (219), und von Lauer, ebd., S. 229 f.; Fischerhof, Erläuterungen zur Atomanlagen-Verordnung, in: Das Deutsche Bundesrecht, unter III E 50 a, S. 5/12 (311. Lieferung, Juni 1972), § 2 Anm. zu Abs. 2, § 3 Anm. zu Abs. 2 Satz 2 (S. 9, 11). 52 Vgl. Mattern /Raisch, Atomgesetz, Kommentar, 1961, § 7 Rdnr. 26 (S. 127). 52a Ebenso § 9 Abs. 3 a Nr. 3 Entwurf BImSchG (Anm. 48) in der am 5. 12. 1973 vom Innenausschuß des Deutschen Bundestages (wib 3/71/73, S. 5) und am 18. 1. 1974 vom Deutschen Bundestag (BT-Drucks. 7/1508, S. 7 ff, BT-Drucks. 7/1513, S. 3, 5; BTStenB vom 18. 1. 1974, S. 4677 ff.) beschlossenen Fassung (jetzt § 10 Abs. 4 Nr. 3 BImSchG). Vgl. zu dieser Ausschußfassung auch Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 78 ff); ferner unten in Anm. 72, 77, 85, 117, 120, 127, 131, 142, 144. Zur abweichenden Regelung in § 17 Abs. 6 WaStrG vgl. unten im Text (m. Anm. 61 f.).

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zugestellt (z. B. § 27 BerlVwVerfG, § 136 SchlHLVwG, § 19 Abs. 2 Satz 3 GewO 53 , § 4 Abs. 2 AtAnVO) 5 4 . Außerdem ist in § 7 b Abs. 1 AtG seit 1969 bestimmt, daß eine Ausfertigung des erteilten Bescheids mit einer Rechtsmittelbelehrung zwei Wochen zur Einsicht auszulegen ist; Zeit und Ort der Auslegung sind in derselben Weise wie das Vorhaben bekanntzumachen; mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid gegenüber Dritten, die keine Einwendungen erhoben haben, als zugestellt 55 . 56 Auch im Planfeststellungsverfahren ist es seit langem - teilweise ohne gesetzliche Regelung - Übung, dass die Betroffenen 57 (Beteiligten) individuell benachrichtigt werden und ihnen der Planfeststellungsbeschluß zugestellt wird. Können Beteiligte ohne besondere Schwierigkeiten festgestellt werden, soll ihnen im wasserstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach § 17 Abs. 5 WaStrG der Inhalt der Bekanntmachung (über die Auslegung der Planunterlagen) mitgeteilt werden 58 . Bei der straßenrechtlichen Planfeststellung schreiben die Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz (Planfeststellungsrichtlinien FStrG) 59 in Nr. 37 b vor, daß betroffene Grundstückseigentümer, die ihren Sitz oder ihre Wohnung nicht im Gemeindegebiet

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Vgl. dazu auch Nr. 10.7 (früher 10.6) VV zu §§ 16 ff. GewO (NRW). Vgl. auch H J. Wolff, VerwR III, § 157 I b 8, II c 4 (S. 296, 300 f.). 55 Vgl. dazu Lauer, ET 72, 230; OVG Münster vom 16. 10. 1972, ET 72, 614. - Über ähnliche Regelungen in anderen Fachplanungsgesetzen vgl. unten im Text (m. Anm. 73 f.). 56 Vgl. dazu (m. w. Ν.) H. J. Wolff VerwR III, § 158 II (S. 304 ff.); Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3). Zum Begriff des „Betroffenen" vgl. unten im Text (m. Anm. 109 ff., 113, 122 ff.). 58 Vgl. dazu Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, Kommentar, 1971, § 17 Anm. 5 (S. 160 f.); Mintzel, Bundeswasserstraßengesetz, Handkommentar, 1969, § 17 Anm. 3 (S. 107); Nr. 3.2.4 der Richtlinien über das Planfeststellungsverfahren nach dem Bundeswasserstraßengesetz (PlanfRWaStrG) vom 27. 4. 1972 (VkBl. S. 278). Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 71). 59 VkBl. 1962, S. 178, 1965, S. 341. Die Richtlinien sind ζ. B. abgedruckt bei Marschall, Bundesfernstraßengesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1971, S. 808 ff, sowie bei Wicher, Handbuch für das Straßenwesen in Nordrhein-Westfalen, 1969, S. 63 ff. Zur Übernahmepraxis der Länder vgl. Blümel, Bundesstaatsrechtliche Aspekte der Verwaltungsvorschriften, AöR 93 (1968), 200 ff. (206 ff. m. Anm. 30, 37, 46, 48, 50, 58, 215 m. Anm. 83). Die Planfeststellungsrichtlinien FStrG finden sinngemäße Anwendung nicht nur bei Planfeststellungen nach den Landesstraßengesetzen (so ausdrücklich der bei Wicher, a.a.O., abgedruckte nordrhein-westfälische RdErl. vom 26. 7. 1968, MB1. NW. S. 1454/ SMB1. NW. 911), sondern ζ. B. auch bei Planfeststellungen nach dem Personenbeförderungsgesetz und dem Luftverkehrsgesetz. Vgl. z. B. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, Kommentar, 1971, § 8 Anm. 1 (S. 177). 54

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haben, möglichst durch einen kurzen Hinweis über die Auslegung und deren Bekanntmachung gesondert benachrichtigt werden sollen 60 . Zum Erörterungstermin sind nach § 17 Abs. 6 Satz 2 WaStrG diejenigen Beteiligten, die ohne besondere Schwierigkeiten festgestellt werden können, mit angemessener Frist schriftlich zu laden 61 . Diese Einzelladung entfällt allerdings, wenn die Ladung mit der Bekanntmachung über die Planauslegung verbunden worden ist (§ 17 Abs. 6 Satz 3 WaStrG) 62 . Für die straßenrechtliche Planfeststellung ist in Nr. 40 b Planfeststellungsrichtlinien FStrG bestimmt 63 , daß Beteiligte, die Einwendungen erhoben haben, von dem Erörterungstermin gesondert zu benachrichtigen 64 sind 65 ; werden durch Einwendungen, denen stattzugeben in Aussicht genommen ist, die Belange anderer Beteiligter neu oder stärker als bisher berührt, so sind diese unter Hinweis hierauf ebenfalls gesondert zu benachrichtigen 66 . Nach § 140 Abs. 6 Satz 2 SchlHLVwG gelten für die Erörterung im Anhörungsverfahren die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 134, 135), also auch die Vorschrift über die Ladung der Be-

60 Zu dieser Sollvorschrift vgl. OVG Lüneburg vom 19. 10. 1965, DVB1. 66, 411 (413 f.). Zu dieser Entscheidung vgl. auch unten in Anm. 127. 61

Vgl. dazu Friesecke (Anm. 58), § 17 Anm. 9 (S. 164 f.); Mintzel (Anm. 58), § 17

Anm. 4 (S. 107); Nr. 4.5.1 PlanfR-WaStrG (Anm. 58). 62 Vgl. dazu die Nachweise in Anm. 61; femer Nr. 3.2.3 Ziff. 7 PlanfR-WaStrG. - Vgl. auch oben und unten im Text (m. Anm. 51 ff, 140 f.). 63 Ebenso für die Planfeststellung nach Landesstraßenrecht Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 36 (S. 482); Α. M Böhm, Das Hessische Straßengesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1971, § 35 Anm. 3 (S. 252): „Keine Bedenken bestehen, wenn diejenigen, die Einwendungen erhoben haben, unmittelbar (durch Postkarte u. ä.) eine Einladung erhalten; verlangen können die Betroffenen eine solche Verfahrensweise jedoch nicht." 64 Das BVerwG spricht in seinem Beschluß vom 17. 2. 1969 (Anm. 27) - in Übereinstimmung mit Marschall (Anm. 59), § 18 Rdnr. 2.7 (S. 487) - auch insoweit ausdrücklich von „Ladung". Ebenso Blümel, Raumplanung (Anm. 8), S. 157 f. (m. Anm. 127); Hoppe (Anm. 20), S. 39 (Rdnr. 87). 65 In Nr. 40 b PlanfR FstrG in der in Nordrhein-Westfalen geltenden Fassung (vgl. Anm. 59) heißt es außerdem: „Bei einer Sammeleinwendung mehrerer Einwendung*führer sind die mit Anschrift Genannten zu benachrichtigen." Vgl. dazu auch unten im Text (m. Anm. 129). 66 Nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist bei geringfügigen Planänderungen im Anhörungsverfahren den neu oder stärker Betroffenen Kenntnis und Gelegenheit zur zusätzlichen späteren Äußerung zu geben. Vgl. ζ. B. BVerwG vom 10. 4. 1968, BVerwGE 29, 282 (286) = NJW 68, 1736 = DVB1. 68, 941 = DÖV 68, 738, und vom 17. 2. 1969 (Anm. 27, 64); Kodal, Straßenrecht, 2. Aufl. 1964, S. 498; Marschall (Anm. 59), § 18 Rdnr. 2.7 (S. 488); Sieder/ Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 37 (S. 483); Böhm (Anm. 63), § 35 Anm. 3 (S. 253);

Hoppe (Anm. 20), S. 33 f., 39 f. (Rdnr. 70, 89); H. J. Wolff (S. 307). - Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 68).

VerwR III, § 158 II b 5 a. E.

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teiligten (§ 134 Abs. 1 SchlHLVwG) 67 entsprechend. Wird eine Änderung des ausgelegten Planes erforderlich und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder Rechte Dritter erstmalig stärker als bisher berührt, so ist diesen nach § 140 Abs. 7 SchlHLVwG 68 die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; wirkt sich die Änderung auf das Gebiet einer anderen Gemeinde aus, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen. Über den Planfeststellungsbeschluß, der einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt, heißt es in den einschlägigen Fachplanungsgesetzen regelmäßig 69: Die Feststellung des Planes und die Entscheidungen über die Einwendungen sind zu begründen und den am Verfahren Beteiligten mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen (z. B. § 18 Abs. 6 FStrG, §§ 10 Abs. 7 LuftVG, § 30 Abs. 8 PBefG, § 19 Abs. 1, § 20 Abs. 1 WaStrG 70, § 141 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SchlHLVwG). Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 20 Abs. 1 Satz 1 WaStrG ist der Planfeststellungsbeschluß auch solchen Beteiligten zuzustellen, denen der Inhalt der Bekanntmachung nach § 17 Abs. 5 WaStrG 71 mitgeteilt worden ist. Im übrigen kann nach § 20 Abs. 2 WaStrG 72 die Zustellung an die Beteiligten, die ihren Wohnsitz in den Gemeinden haben, in deren Bereich sich das Vorhaben auswirkt, auf den verfügenden Teil beschränkt werden; dabei ist darauf hinzuweisen, daß eine Ausfertigung des Planfeststellungsbeschlusses in der Gemeinde zwei Wochen zur Einsicht ausliegt. Zeit und Ort der Auslegung sind mitzuteilen. Nach einigen Landesstraßengesetzen kann die Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses

67

Vgl. oben im Text (m. Anm. 47). Zur einschlägigen Rechtsprechung vgl. die Nachweise oben in Anm. 66. 69 Vgl. dazu auch Hoppe (Anm. 27), S. 42, 44 ff. (Rdnr. 100, 107 ff.); H. J. Wolff VerwR III, § 158 IIb 6 (S. 307). 70 Vgl. femer § 19 Abs. 1 WaStrG sowie Nr. 6.2.1 Ziff. 1 und 2, Nr. 6.6.2, 6.7 PlanfRWaStrG (Anm. 58). 71 Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 58). 72 Zu dieser problematischen Vorschrift, wonach in Ausnahmefällen ausgerechnet die für den Rechtsschutzsuchenden wichtige Zustellung der Begründung entfällt, vgl. Friesecke (Anm. 58), § 20 Anm. 3 (S. 194); Mintzel (Anm. 58), § 20 Anm. 3 (S. 117); Nr. 6.8

PlanfR-WaStrG (Anm. 58). Vgl. auch unten in Anm. 92. In rechtsstaatlicher Hinsicht noch bedenklicher ist die vom Deutschen Bundestag beschlossene Fassung des § 9 Abs. 5 b Entwurf BImSchG (Anm. 52 a) - jetzt § 10 Abs. 8 BImSchG -. Danach kann sogar bei über 500 Einwendenden die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung des verfügenden Teils des Bescheids ersetzt werden; der Bescheid und seine Begründung können dann bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich angefordert werden. Vgl. dazu kritisch Blümel, Planfeststellungs verfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 78 ff); femer unten in Anm. 117, 120.

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gegenüber den Beteiligten, die keine Einwendungen erhoben haben, durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen (§ 8 Abs. 5 Satz 2 RhPfLStrG; ferner § 41 Abs. 6 Satz 1 BaWüStrG, Art. 39 Abs. 6 Satz 2 - 4 BayStrWG, § 40 Abs. 6 Satz 2 4 NdsStrG, § 43 Abs. 6 Satz 2, 3 SchlHStrWG) 73; ähnliches gilt nach § 141 Abs. 2 Satz 2, 3 SehlHLVwG74.

V. Die zuvor wiedergegebenen, teils in förmlichen Gesetzen, teils nur in Verwaltungsvorschriften enthaltenen Verfahrensregelungen fanden sich bisher auch in den einzelnen Fassungen des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes. Für die als Modell 75 gedachte Regelung des förmlichen VerwaltungsVerfahrens ist auf § 53 Abs. 1, § 55 Abs. 2 EVwVerfG 1963 (= Münchener Fassung)76, § 54 Abs. 1, § 56 Abs. 2 Entwurf VwVfG 197077 und auf § 63 Abs. 1, § 65 Abs. 2 Entwurf VwVfG 197378 zu verweisen, für das ebenfalls als Musterregelung 79 gedachte Planfeststellungsverfahren auf § 59 Abs. 6 Satz 2, § 60 EVwVerfG 1963, § 59 Abs. 6 Satz 2, Abs. 7, § 60 EVwVerfG („Münchener Fassung"), § 60 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 3, 4, Abs. 7, § 61 Entwurf VwVfG 1970 und auf § 69 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 3,4, Abs. 7, § 70 Entwurf VwVfG 1973. Die zitierten Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren sind aus der Fassung des Entwurfs VwVfG 1970

73

Vgl. dazu BayVGH vom 30. 8. 1966, BayVBl. 67, 31; Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 48 (S. 487 f.); auch H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II b 6 (S. 307). - Vgl. auch oben im Text (m. Anm. 55). Abweichend hiervon hat die nicht gesetzlich vorgeschriebene, aber in Nr. 41 d PlanfR FStrG (nebst Muster 17) vorgesehene Auslegung des Planfeststellungsbeschlusses (nach ortsüblicher Bekanntmachung) keinen Einfluß auf die Wirksamkeit des Planfeststellungsbeschlusses und auf den Lauf der Rechtsmittelfristen. Diese Fristen laufen vielmehr von der Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses an. 75 Vgl. zuletzt Begründung zu Teil V 1 Entwurf VwVfG 1973, S. 84. Dazu auch H. J. Wolff VerwR III, § 157 I a 2 (S. 295). 76 Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 1964, 2. Aufl. (mit Anhang „Münchener Fassung"), 1968. 77 BT-Drucks. VI/1173. - Auf die §§ 52 - 58 Entwurf VwVfG 1970 verweist noch § 9 Abs. 5 Entwurf BImSchG (Anm. 48). Dagegen ist in der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Fassung des § 9 Entwurf BImSchG (Anm. 52 a, 72) - jetzt § 10 BImSchG ein solcher Verweis nicht mehr enthalten. Vgl. dazu auch Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 139). 78

7 9 Vgl.

oben in Anm. 26. Vgl. zuletzt Begründung zu Teil V 2 Entwurf VwVfG 1973, S. 87; ferner oben in Anm. 75.

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außerdem in das Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz - AbfG) vom 7. 6. 1972 (BGBL I S. 873)80 sowie in den 1972 dem Bundesrat 81 und 1973 erneut den gesetzgebenden Körperschaften zugeleiteten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (2. FStrÄndG) 82 übernommen worden.

VI. Von den zuvor beschriebenen und eingebürgerten Förmlichkeiten des förmlichen Verwaltungsverfahrens und des Planfeststellungsverfahrens will der Bundesrat, der noch in der 6. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages die Regierungsentwürfe der genannten Gesetze (Entwurf VwVfG 1970, Entwurf 2. FStrÄndG 1972)83 im ersten Durchgang und den Entwurf des Abfallbeseitigungsgesetzes84 in zwei Durchgängen ohne entsprechende Änderungs- und Ergänzungswünsche hatte passieren lassen85, seit 1973 plötzlich nichts mehr wissen 86 . Während die Bundesregierung die Problematik der Massenverfahren in ihrem 1973 in veränderter Forms7 vorgelegten Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes ausdrücklich (und insoweit erstmals) nur an einer Stelle, nämlich bei der Frage der Akteneinsicht im Planfeststellungsverfahren (§68 Satz 2 Entwurf VwVfG 1973)88 berücksichtigte, verlangt der Bundesrat in seinen beiden 80

Vgl. § 21 Abs. 5 Satz 3, § 22 Abs. 1 Satz 3, 4, § 23, § 25 Abs. 1, 2, 5, 7 AbfG. Vgl. Art. 1 Nr. 1 (§ 18 Abs. 5 Satz 3, § 18 a Abs. 1 Satz 3, 4, § 18 b, § 18 d Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 5, 7) Entwurf 2. FStrÄndG 1972, BR-Drucks. 302/72. 82 Vgl. Art. 1 Nr. 16 (§ 18 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6 Satz 3, 4, Abs. 7, § 18 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 4) Entwurf 2. FStrÄndG 1973, BT-Drucks. 7/1265. Auf diese Vorschriften ist wiederum verwiesen in § 5 Entwurf „Lex Donauried'4 (Anm. 11); vgl. dazu auch die Begründung zu § 5, S. 6. Dagegen ist der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 9. 11. 1973 (Anm. 11) der Auffassung, daß aus verfassungsrechtlichen Gründen auf § 36 Abs. 2 BBahnG verwiesen werden muß. 83 Vgl. die Stellungnahmen des Bundesrates zum Entwurf VwVfG 1970, BT-Drucks. VI/1173, S. 83 ff. (86 f.), und zum Entwurf 2. FStrÄndG 1972, BR-Drucks. 302/72 (Beschluß), S. 22 f. Dazu auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 f. (Anm. 175). 84 Vgl. BT-Drucks. VI/2401, 3154, 3293, 3417. 85 Dasselbe gilt auch für den zweimal eingebrachten (gleichlautenden) Entwurf eines Bundes-Immissionsschutzgesetzes, BT-Drucks. VI/2868 und 7/179 (Anm. 48); vgl. die Stellungnahmen des Bundesrates, jeweils S. 53 (zu § 9 Entwurf BImSchG). 86 Vgl. auch oben im Text (m. Anm. 42 ff). 87 Vgl. Begründung zum Entwurf VwVfG 1973, S. 29 f.; Redeker, DVB1. 73, 744 ff. 88 Vgl. Begründung zu § 68 Entwurf VwVfG 1973, S. 87. Die für die Akteneinsicht im Planfeststellungsverfahren getroffene Regelung ist allerdings bedenklich. Die Berufung 81

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

157

Stellungnahmen vom 4. 5. 1973 unter Hinweis auf die oben geschilderte Praxis solche Fassungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes 89 und des Bundesfernstraßengesetzes90, die sicherstellen, daß bei Massenverfahren sämtliche Verfahrensbeteiligten nicht mehr individuell geladen bzw. von der Auslegung und von dem Erörterungstermin nicht mehr benachrichtigt werden müssen und ihnen der abschließende Verwaltungsakt bzw. der Planfeststellungsbeschluß nicht mehr zugestellt zu werden braucht 91. An die Stelle der individuellen Ladung (Benachrichtigung) und Zustellung soll in diesen Fällen die ortsübliche Bekanntmachung treten. 92 An diesen Stellungnahmen des Bundesrates erstaunt - ja bestürzt- vor allem zweierlei: Einmal die Radikalität der Änderungs- und Ergänzungswünsche 93, die weder differenzierte Lösungen auch nur ins Auge fassen 94 noch versuchen, die

auf den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Beteiligten ist schon deshalb verfehlt, weil zwischen den verschiedenen Beteiligten durchaus sachgemäß abgegrenzt werden kann. Vgl. dazu unten im Text (m. Anm. 122). Abweichend Redeker, DVB1. 73, 747. 89 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf VwVfG 1973, S. 99 ff. (105 f.), insbes. Ziff. 26 (zu § 63 VwVfG), Ziff. 27 (zu § 65), Ziff. 28 b (zu § 69 Abs. 6 Satz 3), Ziff. 29 (zu § 70). 90 Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf 2. FStrÄndG 1973, S. 27 ff. (30 ff.), insbes. Ziff. 14 b (Streichung von § 18 Abs. 5 Satz 3 FStrG, mit teilweise unzutreffender Bezugnahme auf das Bundeswasserstraßengesetz - oben im Text m. Anm. 58 und die Wassergesetze der Länder), Ziff. 14 c aa (Neufassung von § 18 Abs. 6 Satz 3 FStrG), Ziff. 14 d (Anfügung eines Satzes in § 18 Abs. 6 FStrG), Ziff. 14 f bb (öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses). Ähnliche Vorstellungen - öffentliche Zustellung von Entscheidungen über Masseneinwendungen (im wesentlichen gleichlautenden Inhalts) - finden sich jetzt auch in Art. II § 17 Entwurf Energieversorgungsgesetz nebst Begründung (S. 21, 57, 70 f.) (Anm. 26). Vgl. auch Fischerhof (Anm. 51), § 4 Anm. zu Abs. 2 (S. 12); ferner unten im Text (m. Anm. 131). 92 Auch Redeker, DVB1. 73, 747, behauptet ganz pauschal, daß die Behörden nicht darauf eingerichtet seien, Zustellungen an Hunderte oder Tausende von Personen durchzuführen. Ähnlich Lauer, ET 72, 230; Fischerhof (Anm. 91). Vgl. demgegenüber aber z. B. Friesecke (Anm. 58), § 20 Anm. 3 (S. 194; vgl. oben im Text m. Anm. 72): „Insgesamt kommt der beschränkten Zustellung nur eine geringe praktische Bedeutung zu, da der Planfeststellungsbeschluß in der Regel vervielfältigt und gedruckt wird. Somit verursacht es geringeren Aufwand, einheitlich und vollständig nach § 20 Abs. 1 (WaStrG) zuzustellen." Auch die bisherigen großen Verfahren (oben im Text m. Anm. 27 ff.) wurden von den Behörden ohne allzu große Schwierigkeiten bewältigt. - Zum Problem der fehlenden oder nicht lesbaren Anschriften vgl. BayVGH vom 30. 8. 1966, BayVBl. 67, 31; Sieder/ Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 26 (S. 480); Redeker, DVB1. 73, 747. - Vgl. im übrigen oben und unten im Text (m. Anm. 37 f., 93 ff, 129). 93 Vgl. auch oben im Text (m. Anm. 42 ff). 94 Kritisch insoweit auch die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf VwVfG 1973 (Anm. 89), S. 110, 111 (zu Ziff. 26 -

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Willi Blümel

schon im geltenden Recht insoweit bereits vorhandenen Ansätze 95 fortzuentwickeln; zum andern aber die kurze Begründung für diese Vo rschläge, die nur als verfehlt bezeichnet werden kann. So heißt es in der Begründung des Änderungsantrags zu § 63 Abs. 1 Entwurf VwVfG 197396 (auf die für das Planfeststellungsverfahren in der Begründung des Änderungsvorschlags zu § 69 Abs. 6 Satz 3 ausdrücklich Bezug genommen wird) 97 , daß der Gesetzentwurf vom herkömmlichen Verwaltungsverfahren ausgehe, das nur eine begrenzte Zahl von Verfahrensbeteiligten kenne98. In diesem Falle sei es gerechtfertigt, daß jeder Beteiligte einzeln zu der mündlichen Verhandlung geladen (bzw. von dem Erörterungstermin benachrichtigt) werde. Diese Regelung sei aber ungeeignet für Ve rfahren mit einer sehr großen Zahl von Beteiligten. Die Bundesregierung 99 ist dieser Argumentation des Bundesrates gefolgt mit dem Hinweis, „daß die Regelung des förmlichen Verwaltungsverfahrens im vorliegenden Gesetzentwurf von der Vorstellung eines Individualverfahrens geprägt" sei. Die Bundesregierung werde „deshalb im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens grundsätzlich prüfen, ob das förmliche Verwaltungsverfahren nach dem Gesetzentwurf in Richtung auf seine Verwendbarkeit bei Massenverfahren weiterentwickelt werden soll; in diesem Fall würden aber möglicherweise die vom Bundesrat erwogenen Ergänzungen nicht ausreichen" 100.

29), wo es u.a. heißt: „Die Bundesregierung wird im Verlauf des weiteren Gesetzgpbungsverfahrens prüfen, ob die vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzungen im Hinblick auf die Gewährleistung eines ausreichenden Rechtsschutzes der Betroffenen unbedenklich in das Verwaltungsverfahrensgesetz übernommen werden können." Vgl. dazu auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 150 (Anm. 176); unten im Text (m. Anm. 100,

120, 121).

Vgl. ferner die rechtsstaatlichen Bedenken der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf 2. FStr-ÄndG 1973 (Anm. 90), S. 35 f. (zu Ziff. 14 b, 14 c, d, 14 f bb); unten in Anm. 126. 95 Vgl. dazu unten in Anm. 119 Abs. 2 sowie im Text (m. Anm. 133 ff). 96 BT-Drucks. 7/910, S. 105 (oben Anm. 89). 97 S. 106. 98 Ähnlich Redeker, DVB1. 73, 747. 99 BT-Drucks. 7/910, S. 110 (zu Ziff. 26, 27). Vgl. ferner oben in Anm. 94 Abs. 2. 100 Vgl. auch oben in Anm. 94.

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

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VII. Vergleicht man die an bewährte Vorbilder 101 anknüpfenden Vorschriften des Entwurfs des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit eben diesen bereits geltenden Vorschriften über einzelne förmliche Verwaltungsverfahren und Planfeststellungsverfahren, dann zeigt sich, daß die Qualifizierung des förmlichen Verwaltungsverfahrens und des Planfeststellungsverfahrens als (bloße) Individualverfahren nicht richtig ist. Sowohl die wichtigsten der in diesem Zusammenhang interessierenden förmlichen Verwaltungsverfahren, nämlich das gewerberechtliche und das atomrechtliche Genehmigungsverfahren 102, als auch die verschiedenen Planfeststellungsverfahren nach Bundes- und Landesrecht, kennen vielmehr von jeher eine Vielzahl von Beteiligten 103 . Sie haben somit einen Doppelcharakter. Wer etwas anderes behauptet, wird dem Sinn und dem Zweck gerade dieser Verfahren nicht gerecht. Zwar ist das die Ausnahme 104 bildende förmliche Verwaltungsverfahren - und dasselbe gilt für das Planfeststellungsverfahren - „nur in solchen Fällen gerechtfertigt, in denen die Entscheidung der Verwaltung einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen enthält oder erhebliche Auswirkungen auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse haben kann" 105 . Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen ist den Betroffenen daher rechtliches Gehör vor der Entscheidung zu gewähren 106 , sind sie zur mündlichen Ver-

101

Vgl. dazu Begründung zum EVwVerfG 1963 (Anm. 76), S. 76 ff. (77 f.); Begründung zu Teil V 1, 2 Entwurf VwVfG 1973, S. 83 f , 87. 102 Vgl. oben im Text (m. Anm. 48 ff.). 103 Vgl. dazu bereits oben im Text (m. Anm. 27 ff). 104 Vgl. Begründung zu § 59 Entwurf VwVfG 1973, S. 84; ferner H. J. Wolff, VerwR III, § 156 IV a (S. 283). 105 Vgl. Begründung zum EVwVerfG 1963 (Anm. 76), S. 77 (Ziff. 8.1); ferner H. J. Wolff, VerwR III, § 157 vor I, I a 2 (S. 295). Für das Planfeststellungsverfahren ebenso BVerwG vom 25. 8. 1971, DÖV 72, 129 (132) = VkBl. 72, 153 = VerwRspr. 23, 607 = VRS 42, 466 (zum Sinn und Zweck des Gebots der vorherigen Planfeststellung). 106 Zu diesem fundamentalen, aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsatz des vorherigen rechtlichen Gehörs vgl. für das förmliche Verwaltungsverfahren z. B. §133 (abweichend § 87) SchlHLVwG, § 62 (abweichend § 24) Entwurf VwVfG 1973 nebst Begründung (S. 85, 51 f.); H. J. Wolff, VerwR III, § 157 Vor I, I a 3 (S. 295, 296); Weyreuther, Probleme der Rechtsprechung zum Enteignungsverfahren, DVB1. 72, 93 ff. (99 m. Anm. 70, 75); ferner Forsthoff ÇAnm. 8), S. 188, 235 f., 256 ff.; Seilmann, Neue bodenrechtliche Vorschriften für die städtebauliche Sanierung, 1969, S. 26; Klaus Meyer, Betrachtungen über das Städtebauforderungsgesetz im Spannungsfeld des Grundgesetzes, AöR 97(1972), 12 ff. (24 ff.).

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handlung (zum Erörterungstermin) zu laden 107 und ist ihnen die begründete abschließende Entscheidung zuzustellen108. Das zuvor Gesagte trifft jedoch nur die eine Seite dieser Verfahren. Sowohl in den genannten förmlichen Verwaltungsverfahren als auch im Planfeststellungsverfahren sind nämlich nicht allein die unmittelbar Bbtroffenen (ζ. B. Grundstückseigentümer 109) einwendungsberechtigt. Einwendungen kann vielmehr jedermann erheben, dessen Belange durch das Vorhaben bzw. durch den Plan berührt werden (z. B. § 18 Abs. 2 Satz 2 FStrG) 110. Diese Formulierung etwa in den Planfeststellungsvorschriften hat die Verwaltungsgerichte in ständiger Rechtsprechung zu der Feststellung veranlaßt, das Anhörungsverfahren diene „lediglich der Erforschung der allgemeinen Anschauung und damit der Unterstützung der Behörde bei der Entschließung" 111 . Speziell zum rechtlichen Gehör im Planfeststellungsverfahren vgl. ζ. B. Schotthöfer, Die Planfeststellung im Meinungsstreit, BayVBl. 68, 342 ff. (343 m. Anm. 60 ff.); Hoppe (Anm. 20), S. 33, 34 (Rdnr. 66, 72); Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 13 ff. (S. 475 ff.); auch Marschall (Anm. 59), § 18 Rdnr. 2.7 (S. 488 f.); Blümel, Raumplanung (Anm. 8), S. 158 (Anm. 129); derselbe, „Demokratisierung" (Anm. 3), 23 (m. Anm. 88). Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 118, 120). 107 Vgl. oben im Text (m. Anm. 47 ff., 61 ff.); femer Forsthoff (Anm. 8), S. 256 ff. 108 Vgl. oben im Text (m. Anm. 53 ff, 69 ff.). 109 Zum Begriff des „Betroffenen" vgl. Blümel, „Demokratisierung" (Anm.3), S. 21 f.; derselbe, Diskussionsbeitrag, VVDStRL 31 (1973), 300 ff. (301); Schmitt Glaeser, Partizipation an Verwaltungsentscheidungen, VVDStRL 31 (1973), 179 ff. (225 f. m. Anm. 203, 244 f. m. Anm. 283). Zur Abgrenzung der unmittelbar Betroffenen (und Klagebefugten) von den übrigen Einwendungsberechtigten vgl. unten im Text (m. Anm. 113, 122 ff). 110 Vgl. dazu ζ. B. BVerwG vom 29. 5. 1967, DÖV 67, 825 = DVB1. 67, 917; Schotthöfer, BayVBl. 68, 342 f.; Marschall (Anm. 59), § 18 Rdnr. 2.5 (S. 486 f.); Hofmann (Anm. 59), § 10 Rdnr. 7.8 (S. 197 ff.); Böhm (Anm. 63), § 35 Anm. 2 b, 6 (S. 251 f., 256); Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 21 (S. 478); Weyreuther, DVB1. 72, 100

(m. Anm. 90); Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 21 f. (m. Anm. 80, 82). Für das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren vgl. BVerwG vom 24. 10. 1967, BVerwGE 28, 131 (132 ff.) = DÖV 67, 856 = DVB1. 68, 33; Fuhr, Kommentar zur Gewerbeordnung, Loseblattausgabe, 1960 ff, § 17 Anm. 4, § 19 Anm. 2; Landmann/Rohmer/Eyermann/Fröhler, Gewerbeordnung, Kommentar, Loseblattausgabe, 12. Aufl. 1968 ff, § 19 Rdnr. 1 ff.; Beyer (Anm. 49), S. 114 ff. (m. Anm. 30 ff.). - Für das atomrechtliche Genehmigungsverfahren vgl. (m. w. N.) Schwarze, DÖV 73, 101 f. (m. Anm. 24 ff.). 111 Vgl. dazu bereits (m. w. N.) Blümel, Unwirksamkeit der gewerberechtlichen Ausschlußfrist für Einwendungen gegen „genehmigungspflichtige Anlagen", BB 63, 882 ff. (883 m. Anm. 24 ff.); femer BVerwG vom 14. 4. 1967, BVerwGE 26, 302 (303) = VkBl. 67, 460 = DÖV 67, 824 = DVB1. 67, 916, und vom 10. 4. 1968, BVerwGE 28, 282 (284) = DÖV 68, 738 = DVB1. 68, 911 = NJW 68, 1736; Hiddemann, Die Planfeststellung im Flurbereinigungsgesetz, 1970, S. 36 (m. Anm. 1931); Marschall (Anm. 59), §18 Rdnr. 5.2 (S. 497); Hoppe (Anm. 20), S. 34 f., 48 (Rdnr. 71 ff., 119 f.); Hofmann (Anm. 59),

§ 10 Rdnr. 8 (S. 198 f.); Diekmann, Die wasserwirtschaftliche Planfeststellung, Diss. Münster 1972, S. 89 ff; Zeller, Mitwirkung und Rechtsschutz der Gemeinden im Be-

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

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Mag diese Formel auch zu einseitig sein 112 , so hat die Qualifizierung der Einwendungen als Bedenken und Anregungen doch umgekehrt zur Folge, daß nicht alle, die im Anhörungsverfahren zu Wort gekommen sind und eine Entscheidung über ihre Einwendungen erhalten haben, nun auch klageberechtigt sind. Die Klagebefugnis eines Beteiligten setzt vielmehr voraus, daß er die Ve rletzung eigener Rechte geltend machen kann (§ 42 Abs. 2 VwGO) 1 1 3 . Die hier nur skizzierte rechtliche Einordnung der Einwendungen, aus welcher der Doppelcharakter der genannten Genehmigungsverfahren und Planfeststellungsverfahren erhellt, ist im neueren Schrifttum sowohl für das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren als auch für das Planfeststellungsverfahren weiter vertieft worden 114 . Hierauf muß an dieser Stelle verwiesen werden. Für den vorliegenden Zusammenhang folgt jedoch aus der zuvor klargestellten weitgespannten Funktion dieser förmlichen Verwaltungsverfahren bzw. Planfeststellungsverfahren, daß man die Problematik der Massenverfahren - und Massenverfahren waren die hier interessierenden Verfahren schon immer 115 - nicht einfach dadurch lösen kann, daß man - wie der Bundesrat 116 - ab einer unbestimmten - der Festsetzung durch die Behörde anheimgegebenen - Zahl von Beteiligten 117 generell den Aspekt des rechtlichen Gehörs und des Individualrechtsreich der Planung (mit Ausnahme der Bauleitplanung), DVB1. 73, 599 ff. (599 f. m. Anm. 9 ff.); die Nachweise in Anm. 110, 113. 112 Vgl. dazu vor allem Schotthöfer, BayVBl. 68, 343; Hoppe (Anm. 20), S. 35 (Rdnr. 73); Diekmann (Anm. 111), S. 89 ff. (90, 91); ferner unten im Text (m. Anm. 125). 113

Vgl. dazu Blümel, BB 63, 883 (m. Anm. 26), 884 (m. Anm. 39); Marschall (Anm.

59), § 18 Rdnr. 5.2 (S. 497); Gehrmann, Zum Rechtsschutz gegen straßenrechtliche Planfeststellungen, SchlHAnz. 70, 147 ff. (148 f.); Weyreuther, DVB1. 72, 100 (m. Anm. 90); H. J. Wolff, VerwR III, § 158 II b 6 (S. 307); die Nachweise oben in Anm. 110; ferner BVerwG vom 14. 2. 1969, BVerwGE 31, 263 (267 f.) = DÖV 69, 853 = VkBl. 70, 219 = VerwRspr. 20, 877 = BRS 22, 62 (Nr. 30) = JuS 70, 137, und vom 16. 3. 1970, DVB1. 70, 578 = VkBl. 70, 587 - VerwRspr. 22, 82 = BRS 23, 62 (Nr. 29); OVG Münster vom 21. 9. 1966, VerwRspr. 18, 594 = VkBl. 67, 70 = DVB1. 67, 203 = DÖV 67, 393 (Nr. 157; nur LS), vom 3. 3. 1971, VerwRspr. 23, 748 = VRS 42, 158 = DÖV 72, 139 (Nr. 70; nur LS), und vom 22. 11. 1971, OVGE 27, 152 (154) = VRS 42, 477; OVG Lüneburg vom 14. 9. 1972, ET 73, 610 (611). Vgl. auch unten in Anm. 122. 114 Vgl. vor allem Beyer (Anm. 49), S. 114 ff.; Hoppe (Anm, 20), S. 34 f , 48 (Rdnr. 71 ff., 119 f.); Diekmann (Anm. 111), S. 89 ff. 115

Vgl. dazu bereits oben im Text (m. Anm. 27 ff, 103); ferner unten im Text (m. Anm. 129). 116 Vgl. oben im Text (m. Anm. 89 f.). Dazu auch unten in Anm. 119. Zur Fassung des Art. II § 17 Entwurf Energieversorgungsgesetz vgl. oben in Anm. 91 sowie unten im Text (m. Anm. 131). 117 In § 9 Abs. 5 b Satz 1 Entwurf BImSchG (Ausschußfassung; Anm. 52 a, 72) -jetzt § 10 Abs. 8 BImSchG - ist die Ermessensentscheidung der Behörde bei Zustellungen (wenigstens) insofern eingeschränkt, als die Ersetzung der Zustellungen durch öffent-

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Willi Blümel

schutzes118 ignoriert. Eine auch verfassungsrechtlich einwandfreie 119, d. h. nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip 120 und die umfassende Garantie ausreichenden Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) 1 2 1 verstoßende gesetzliche Regelung muß daher von der Unterscheidung zwischen den unmittelbar Betroffenen (und Klagebefugten) und den übrigen Beteiligten ausgehen122. Im Planfeststellungsverfahren kann gar nicht anders vorgegangen werden, da es in der Regel der Fest-

liche Bekanntmachung (Anm. 72) kraft Gesetzes zur Voraussetzung hat, daß mehr als 500 Zustellungen vorzunehmen sind. Zu den Bedenken gegen diese Regplung vgl. Blümel, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 78 ff.); femer oben in Anm. 72. Vgl. auch unten in Anm. 120. 118 Vgl. dazu Hoppe (Anm. 20), S. 33, 34 (Rdnr. 66, 72); femer die Nachweise oben in Anm. 106. 119 Vgl. dazu auch Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 149 f. (m. Anm. 176 f.); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm.73 ff.); femer oben im Text (m. Anm. 43 f.). Die Vorschläge des Bundesrates (Anm. 117) ignorieren ζ. B. bezüglich des Zustellungsersatzes nicht nur die entsprechenden, aber viel sorgfaltiger gefaßten älteren landesrechtlichen Vorschriften (z. B. Art. 80 Abs. 2 Satz 2 - 4 BayWG), sondern auch die einschlägige Entscheidung des BayVerfG vom 12. 10. 1967, VerfGH 20, 167 = BayVBl. 68, 23 = VerwRspr. 19, 542. Vgl. dazu auch Sieder/Zeitler/Dahme, Bayerisches Wassergpsetz, Kommentar, Loseblattausgabe, Stand: 1. 7. 1973, Art. 80 Rdnr. 19 ff.; femer unten in Anm. 135. Zu den rechtsstaatlichen Bedenken bzw. Vorbehalten der Bundesregierung vgl. oben in Anm. 94 sowie im Text (m. Anm. 99 f.). - Zu dem aus dem Rechtsstaatsprinzip ableitbaren Grundsatz des vorherigen rechtlichen Gehörs vgl. oben in Anm. 106. Nach der nicht billigenswerten Auffassung des Deutschen Bundestages ist die von ihm beschlossene Fassung des § 9 Entwurf BImSchG - jetzt § 10 BImSchG - (Anm. 52 a, 72, 117) mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar. Vgl. BT-Drucks 7/1513, S. 3; BTStenB vom 18. 1. 1974, S. 4684 D/4685 A. Dazu kritisch oben in Anm. 72, 92. 121 Vgl. dazu auch die oben in Anm. 94 zitierte Gegenäußemng der Bundesregierung. 122 Dabei wird nicht verkannt, daß diese Unterscheidung bei den verschiedenen gpnehmigungs- oder planfeststellungspflichtigen Vorhaben zu Schwierigkeiten führen kann. Mit diesen Schwierigkeiten sind aber die Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Klagebefugnis, wie die zuvor (Anm. 110, 111, 113) zitierten Entscheidungen zeigen, in der Vergangenheit noch immer fertig geworden. Mit dem Hinweis auf Abgrenzungßschwierigkeiten kann daher die Möglichkeit einer gesetzlichen Differenzierung nicht verneint werden. Besonderheiten gelten im Atomrecht, da hier wegen des Schutzzwecks des Atomgesetzes (§ 1 AtG) bzw. wegen der besonderen Eigenart radioaktiver Gefährdung bei Klagen gegen die Errichtung von Kernkraftwerken von den Gerichten die Klagebefugnis auch weit entfernt wohnender Kläger bejaht wird. Vgl. ζ. B. das Würgassen-Urteil des BVerwG vom 16. 3. 1972, DVB1. 72, 678 = DÖV 72, 757 = ET 72, 315 = BB 72, 1075 = NJW 72, 1292 (nur LS; dazu auch Blümel, DVB1. 73, 442 m. Anm. 88); femer ausführlich (m. w. N.) Schwarze, DÖV 73, 700 (m. Anm. 7), 701 f. (unter 5); auch Lukes, NJW 73, 1212 (m. Anm. 28).

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Stellung des Planes eines raumbeanspruchenden Vorhabens dient und deshalb in bekannter Weise mit dem Enteignungsverfahren verknüpft ist 123 (z. B. § 19 Abs. 2 FStrG) 124 . Soweit daher das jeweilige förmliche Verwaltungsverfahren und das Planfeststellungsverfahren auch dem Schutz betroffener Dritter, also der Verteidigung von Individualrechten - etwa dem Eigentumsschutz - dienen 125 , kann weder auf die individuelle Ladung bzw. Benachrichtigung dieser Einwendenden 126 noch auf die individuelle Zustellung des das Verfahren abschließenden anfechtbaren Verwaltungsakts an Beteiligte, die entsprechende Einwendungen erhoben haben, verzichtet werden. Die ausnahmslose Ersetzung der Ladung bzw. Benachrichtigung 127 und der Zustellung durch die öffentliche Be-

123 Vgl. dazu ausführlich Blümel, Die Bauplanfeststellung I, 1961, S. 29 (Anm. 11), 193 (m. Anm. 220), 207 (Anm. 18); derselbe, Zur Praxis der Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen, DVB1. 66, 63 ff. (65 f. Anm. 32); derselbe, Die Planfeststellung II, 1967 (Maschinenschrift), § 11, 3 c (S. 310 ff.), § 13, 1, 3 (S. 421 ff., 467 ff.); Hoppe (Anm. 20), S. 6 f., 22, 23 ff., 36 ff., 68 ff. (Rdnr. 14, 41, 43 ff., 77 ff., 190 ff.); //. J. Wolff VerwR III, § 158 II b 4, III a 2 (S. 306, 312 f.); BVerwG vom 11. 12. 1970, DVB1. 71, 186 (188 f.) = VkBl. 71, 247 = VerwRspr. 22, 756 = BRS 23, 66 (Nr. 30). 124 Über gleichlautende Vorschriften in anderen Fachplanungsgesetzen vgl. die Nachweise oben in Anm. 124; femer für den Bereich des Energierechts Art. II § 12 Abs. 5 Entwurf Energieversorgungsgesetz (Anm. 26). 125 Vgl. dazu Schotthöfer, BayVBl. 68, 343; Hoppe (Anm. 20), S. 35 (Rdnr.73); Diekmann, (Anm. 111), S. 90; femer oben im Text (m. Anm. 109, 112). 126 Vgl. dazu auch die ablehnende Gegenäußerung der Bundesregierung (Anm. 94) zu dem Vorschlag des Bundesrates, § 18 Abs. 5 Satz 3 FStrG in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 Entwurf 2. FStrÄndG 1973 zu streichen (Anm. 90), (Anm. 82), S. 35 (zu Ziff. 14 b): „Sofern nicht ortsansässige, aber bekannte Personen betroffen sind, muß ihnen aus rechtsstaatlichen Gründen Gelegenheit gegeben werden, von der Auslegung Kenntnis zu nehmen. Die gleiche Regelung enthält § 69 Abs. 5 Satz 3 des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) - BT-Drucksache 7/910 -, die der Bundesrat nicht beanstandet hat." Vgl. auch oben im Text (m. Anm. 58 ff.); femer unten in Anm. 127. 127 Das gilt besonders dann, wenn die Einwendungsfrist eine Ausschlußfrist ist (ζ. B. § 17 Abs. 2 GewO, § 3 Abs. 1 AtAnVO, § 9 Abs. 3 Satz 3 Entwurf BImSchG Ausschußfassung, jetzt § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG; vgl. dazu ausführlich Blümel, BB 63, 882 ff.; Weyreuther, DVB1. 72, 100 (m. Anm. 91 f.); BVerwG vom 29. 9. 1972, DVB1. 73, 645 m. krit. Anm. von Zuck). Zu dieser Ausschlußwirkung bemerkt das OVG Lüneburg im Urteil vom 19. 10. 1965, DVB1. 66, 411 (413 f.; m. w. N.): „Ohne gesonderte Benachrichtigung und ausdrückliche Belehrung aber ist ein derartiger Verlust nicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar." Vgl. auch oben in Anm. 60. Nach h. M. haben die einschlägigen Planfeststellungsvorschriften (z. B. § 18 Abs. 3 FStrG) keine (materielle) Ausschlußwirkung. Vgl. dazu BVerwG vom 14. 4. 1967 und vom 10. 4. 1968 (Anm. 111); femer (jeweils m. w. N.) Blümel, BB 63, 882 ff.; Siehr, Eingeschränkter Verwaltungsrechtsschutz im Planfeststellungs verfahren nach dem Bundesfernstraßengesetz?, DÖV 64, 728 f.; Hoppe (Anm. 20), S. 35 f. (Rdnr. 74 ff.); Marschall (Anm. 59), § 18 Rdnr. 2.6 (S. 487); Hofmann (Anm. 59), § 10 Rdnr. 8 (S. 198);

164

Willi Blümel

kanntmachung128 wäre daher mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar 128a .

VIII. Anders steht es mit den heute üblichen Masseneinwendungen (soweit es sich nicht im Einzelfall um Sammeleinwendungen mehrerer unmittelbar Betroffener - ζ. B. Grundstückseigentümer 129 - handelt). Bei ihnen stellt sich in der Tat die Frage, ob der exzessiven, bisweilen sogar mißbräuchlichen Inanspruchnahme bzw. Ausnutzung der Förmlichkeiten der genannten Verfahren 130 durch eine gesetzliche Neuregelung vorgebeugt werden kann. So sieht ζ. B. der 1973 vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Referentenentwurf eines Energieversorgungsgesetzes in Art. II § 17 vor, daß auch die Zustellung von Entscheidungen über inhaltlich im wesentlichen gleichlautende Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen kann 131 . Bevor aber insoweit (wie auch bei der Ladung bzw. Benachrichtigung) entsprechend den Vorstellungen des BundesraBöhm (Anm. 63), § 35 Anm. 2 b, 6 (S. 251, 252, 256); Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 23 (S. 478 f.); Weyreuther, DVB1. 72, 100 (Anm. 92); Diekmann (Anm. 111),

S. 92 ff.; § 59 Abs. 4 EVwVerfG 1963 nebst Begründung (S. 37, 220); § 69 Abs. 4, 5 Entwurf VwVfG 1973 nebst Begründung (S. 22 f., 88); a. M. Schotthöfer, BayVBl. 68, 343 f. - Etwas anderes gilt aber für das wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren (§ 31 WHG in Verbindung mit dem jeweiligen Landeswasserrecht) und für das wasserstraßenrechtliche Planfeststellungsverfahren (§ 17 Abs. 3, 4, § 22 Abs. 1 WaStrG). Vgl. dazu

Hoppe (Anm. 20), S. 36 (Rdnr. 75); Diekmann (Anm/111), S. 94 ff.; Stortz, Das Was-

serrecht in der Rechtsprechung des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs (1967 - 1971), ZfW 73, 1 ff. (131); Mintzel (Anm. 58), § 17 Anm. 2 (S. 106 f.); Friesecke (Anm. 58), § 17 Anm. 8 (S. 163 f.). 128 Vgl. oben im Text (m. Anm. 89 ff.). 128a Ebenso die oben in Anm. 119 zitierte Entscheidung des BayVerfGH vom 12. 10. 1967. 129 Zu diesen schon immer bekannten Sammeleinwendungen unmittelbar Betroffener und ihrer Behandlung nach geltendem Recht vgl. für das Planfeststellungsverfahren BayVGH vom 30. 8. 1966, BayVBl. 67, 31 = DÖV 67, 393 (Nr. 158; nur LS); Schotthö-

fer, BayVBl. 68, 343 (m. Anm. 69); Hoppe (Anm. 20), S. 35 (Anm. 3); Marschall (Anm.

59), § 18 Rdnr. 2.5 (S. 486); Sieder/Zeitler (Anm. 27), Art. 39 Rdnr. 25 f, 28 ff, 48 (S. 480 ff, 488); Nr. 40 b PlanfR FStrG (NRW; Zitat oben in Anm. 65). Für das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren vgl. Nr. 6.4 VV zu §16 ff. GewO (NRW; Anm. 50).Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 135 f.). 130 Vgl. oben im Text (m. Anm. 16, 20 ff.). 131 Vgl. dazu auch oben in Anm. 91. - Über die neue Regelung in § 10 Abs. 8 BImSchG, die auch im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren Anwendung findet, vgl. oben in Anm. 72, 117, 120.

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

165

tes an die radikalste Lösung gedacht wird 1 3 2 , sollte der Gesetzgeber prüfen, ob die bereits im geltenden Recht vorhandenen und vom Bundesrat ignorierten bzw. übersehenen Ansätze 133 nicht ausreichen oder fortentwickelt werden können. Auf dem Hintergrund dieser Regelungen - die zeigen, daß das Problem als solches nicht so neu ist 134 , wie es hingestellt wird - bieten sich folgende Möglichkeiten an: a) Individuelle Einwendungen werden anders behandelt als gleichlautende Einwendungen. Es ist nicht einzusehen, warum für Einwendungen von einzelnen Bürgern, auch wenn sie nicht der Verteidigung von Individualrechten dienen, vom bisher geltenden Recht abgewichen werden soll. b) Nach Art. 79 Abs. 2 BayWG und Art. 39 Abs. 4 BayStrWG 135 kann mehreren im gleichen Interesse Beteiligten von der Verwaltungsbehörde aufgetragen werden, einen gemeinsamen Bevollmächtigten zu bestellen, soweit sie nicht bereits vertreten sind; kommen die nicht vertretenen Beteiligten der Aufforderung in einer ihnen gesetzten Frist nicht nach, so kann er von Amts wegen bestellt werden; das Recht eines jeden Beteiligten, sich selbst zu vertreten oder vertreten zu lassen, bleibt unberührt. Für das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren sehen ζ. B. die nordrhein-westfälischen VerwaltungsVorschriften vor 136 , daß dann, wenn mehrere gleichartige Einwendungen erhoben worden sind, zur Vereinfachung des Verfahrens darauf hingewirkt werden soll, daß die Widersprechenden zu ihrer Vertretung einen gemeinsamen Bevollmächtigten bestellen. Diese Regelungen könnten für gleichlautende oder gleichartige Masseneinwendungen fortentwickelt werden. Zu denken wäre an eine gesetzliche Verpflichtung der Einwendenden, zu ihrer Vertretung einen gemeinsamen Bevollmächtigten zu bestellen. Eine solche Verpflichtung kraft Gesetzes ist schon deshalb vertretbar, weil derartige Masseneinwendungen regelmäßig von Bürgerinitiativen, Interessengemeinschaften usw. ausgehen137.

132

Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 42 ff., 89 ff.). Vgl. dazu bereits oben im Text (m. Anm. 95). Die im geltenden Recht bereits vorhandenen Ansätze übersieht auch Lukes, NJW 73, 1212 f. 134 Vgl. dazu auch oben im Text (m. Anm. 27 ff., 103, 115, 129). 135 Vgl. zu diesen Vorschriften ausführlich (jeweils m. w. N.) BayVerfGH vom 12. 10. 1967, VerfGH 20, 167 = BayVBl. 68, 23 = VerwRspr. 19, 542 (dazu auch oben in Anm. 133

119, 128 a); Sieder/Zeitler/Dahme

(Anm. 119), Art. 79 Rdnr. 18 ff.; Sieder/Zeitler

(Anm.

27), Art. 39 Rdnr. 28 ff. (S. 480 ff.). 136 Vgl. oben in Anm. 129. 137 Über die Behandlung von Sammeleinwendungen unmittelbar Betroffener vgl. oben im Text (m. Anm. 129).

166

Willi Blümel

c) Bei formularmäßigen Einwendungen 138 könnte festgelegt werden, daß die Anschrift des anzugebenden Herausgebers zugleich als Anschrift für Ladungen bzw. Benachrichtigungen und für Zustellungen (jeweils in einer Ausfertigung) bzw. der Betreffende als Vertreter der Einwendenden gilt. Dasselbe Verfahren bietet sich bei Unterschriftslisten 139 an, bei denen der erste Unterzeichnete oder der fur die Liste(n) Verantwortliche kraft Gesetzes als Bevollmächtigter bestimmt werden könnte. Eine Beschleunigung des Verfahrens läßt sich ferner dadurch herbeiführen, daß allgemein die Vorschrift des § 17 Abs. 6 Satz 2 und 3 WaStrG 140 übernommen wird. Diese flexible Regelung, die der zuständigen Behörde die Freiheit gibt, von der Einzelladung zum Erörterungstermin abzusehen und stattdessen von vornherein die Ladung mit der Bekanntmachung zu verbinden, ist sinnvoller als die starre Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 3 A t A n V O 1 4 1 und des §10 Abs. 4 BImSchG 142 .

IX. Schließlich bleibt zu überlegen, ob das Problem der Masseneinsprüche im Verwaltungsverfahren nicht dadurch entschärft werden kann, daß den Umweltschutzverbänden vom Bundesgesetzgeber nicht nur ein Klagerecht gegen umweltrelevante Verwaltungsakte eingeräumt wird 1 4 3 , sondern ihnen bereits im

138

Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 35). Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 34). 140 Vgl. oben im Text (m. Anm. 61 f.). 141 Vgl. oben im Text (m. Anm. 51 ff). 142 Vgl. oben in Anm. 52 a. 143 Zur Verbandsklage vgl. (jeweils m. w. N.) W. Weber, DVB1. 71, 806 (m. Anm. 5); Naumann, Klagebefugnis von Verbänden im Verwaltungsprozeß, DÖV 71, 378 ff; H. H. Rupp, Popularklage im Umweltschutzrecht?, ZRP 72, 32 ff. (34 f.); Bettermann, Zur Verbandsklage, ZZP 85 (1972), 133 ff.; Ule, DVB1. 72, 445; derselbe, Zur Verpflichtungsklage im Umweltschutzrecht, BB 72, 1076 ff. (1080); Faber, Die Verbandsklage im Verwaltungsprozeß, 1972; Rehbinder/Burgbacher/Knieper, Bürgerklage im Umweltrecht, 1972; Bleckmann, Die Klagebefugnis der Verbände im Anfechtungsprozeß, VerwArch. 72, 183 ff; Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 3), S. 25 (Anm. 99); Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts, WDStRL 30 (1972), 245 ff. (300 f. m. Anm. 164 ff, 311 Leitsatz 18); Hofmann, Das Klagerecht der Natur- und Umweltschutzverbände, BayBVl. 72, 524 ff.; derselbe, BayVBl. 73, 265 f.; Leeb, Nochmals: Das Klagerecht der Naturund Umweltschutzverbände, BayVBl. 72, 6331; v. Mutius, VerwArch. 73, 311 ff; Lu139

kes, NJW 73, 1212 f. (m. Anm. 29); Redeker, DVB1. 73, 747 (m. Anm. 21 ff.). Aus der

Rechtsprechung vgl. ζ. B. OVG Lüneburg vom 23. 10. 1969, NJW 70, 733 = VerwRspr.

Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren

167

förmlichen Verwaltungsverfahren und im Planfeststellungsverfahren ein förmliches Beteiligungsrecht zugebilligt wird 1 4 4 . Auch insoweit erweist sich, daß das Problem der Masseneinsprüche nicht isoliert gesehen und gelöst werden darf. Man kann nicht auf der einen Seite ständig die „Demokratisierung" der Planung fordern und das zunehmende Umweltbewußtsein des „mündigen Bürgers" begrüßen 145 und auf der anderen Seite bereits vorhandene „Partizipationsformen" einfach abbauen, zumal wenn diese auch dem Individualrechtsschutz dienen 146 . Gerade wegen der angedeuteten übergreifenden Zusammenhänge ist es Aufgabe des Gesetzgebers, in diesem Bereich der Raumplanung von einer Gesamtkonzeption auszugehen. Die erforderlichen Regelungen müssen daher sowohl den Individualinteressen der von den Planungen allzu leicht überrollten Bürger als auch dem Interesse der Allgemeinheit an einer zügigen Durchführung der notwendigen Planungen gerecht werden 147 .

21, 376; VGH Baden-Württemberg vom 23. 2. 1972, NJW 72, 1101 = BBB1. 72, 529 = BauR 73, 32; OVG Rheinland-Pfalz vom 23. 10. 1972, ZBR 73, 109; VG Schleswig vom 4. 4. 1973, ET 73, 321 (322); OVG Lüneburg vom 14. 9. 1973, ET 73, 610. 144 Vgl. dazu von den Nachweisen in Anm. 143 vor allem Hofmann, BayVB1.72, 525 f.; Lukes, NJW 73, 1212 f.; Redeker, DVB1. 73, 747. Kritisch auch insoweit Leeb, BayVBl. 73, 634. In den neuen Landesgesetzen über Naturschutz und Landschaftspflege - vgl. dazu Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 143 (Anm. 63); derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 90) - ist die Verfahrensbeteiligung nur unzureichend geregelt. Vgl. Art. 42 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) vom 27. 7. 1973 (GVB1. S. 437); § 22 Abs. 2, § 30 (rheinland-pfälzisches) Landespflegegesetz (LPflG) vom 14. 6. 1973 (GVB1. S. 147); § 50 (schleswig-holsteinisches) Landschaftspflegegesetz (LPflegG) vom 16. 4. 1973 (GVB1. S. 122). Im Bundes-Immissionsschutzgesetz ist die förmliche Beteiligung der Verbände und die Verbandsklage nicht geregelt worden. Vgl. dazu Abg. Hirsch, BT-StenB vom 18. 1. 1974, S. 4684 D/4585 A. 145 Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 6 ff., 22 f., 39); femer Blümel, Vermessungswesen (Anm. 3), S. 148 ff; derselbe, Planfeststellungsverfahren (Anm. 3), im Text (m. Anm. 62 ff.). 146 Vgl. dazu oben in Text (m. Anm. 40 ff). 147 Vgl. dazu auch Blümel, DVB1. 73, 442. - Das Manuskript wurde im November 1973 abgeschlossen; der neueste Stand der Gesetzgebung sowie später veröffentlichte Gerichtsentscheidungen und Aufsätze konnten daher nur zum Teil noch in den Fußnoten berücksichtigt werden.

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

Gegenstand der diesjährigen Beratungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer ist die Lage der dritten Gewalt. Die Vereinigung setzt damit den Schlußpunkt in der auf der Bielefelder Tagung 1974 aus Anlaß der 25jährigen Geltung des Grundgesetzes begonnenen Diskussion über die drei Gewalten1. Dabei überschneidet sich der erste Beratungsgegenstand über die „Bindung des Richters an Gesetz und Verfassung" 2 in vielfältiger Weise mit dem zweiten Beratungsgegenstand, dem die folgenden Zeilen gewidmet sind 3 . Anlaß für die Wahl des Grundsatzthemas „VerwaltungsVerantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit" waren offenbar so spektakuläre Fälle wie der FloatglasFall 4 und der Fall Reynolds 5, die jedoch, wie jeder aufmerksame Beobachter der Verwaltungsszenerie weiß, in einer langen Reihe ähnlicher Fälle stehen6. Her-

1

Vgl. VVDStRL 33 (1975), 5 f. - Beratungsgegenstände der Bielefelder Tagung waren: „Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes (Anlage - Erfahrungen Zukunftseignung)" - Berichterstatter Oppermann, Meyer (S. 7 ff, 69 ff) - und „Organisierte Einwirkungen aif die Verwaltung (Zur Lage der zweiten Gewalt)" - Berichterstatter: W. Schmidt, Bartlsperger

(S. 183 ff., 221 ff.).

" Vgl. dazu Merten, in diesem Heft, S. 677. 3 Vgl. auch Hoppe, in diesem Heft, S. 684. 4 Vgl. BVerwG vom 5. 7. 1974, BVerwGE 45, 309 - DVB1. 1974, 767 - BauR 74, 311 - NJW 1975, 70 (mit Anm. von David) = DÖV 1975, 92 (mit Anm. von Heyl) = JR 1975, 77 = JuS 1975, 257; dazu W. Müller, JuS 1975, 228 ff.; M. Schröder, DÖV 1975,

308 ff.; Papier, DVB1. 1975, 461 ff; Geizer, BauR 1975, 145 ff. (147, 149 ff.). - Vorinstanzen: OVG Münster vom 12. 4. 1972, DVB1. 1972, 687 (mit Anm. von David) = BauR 1972, 210 = BRS 25, 21; VG Gelsenkirchen vom 2. 7. 1971, DVB1. 1971, 832. Vgl. auch die das Urteil vom 5. 7. 1974 bestätigenden Entscheidungen des BVerwG vom 1. 11. 1974, BauR 1975, 35 = NJW 1975, 841 - DVB1. 1975, 492 = DÖV 1975, 101, und vom 14. 2. 1975, BauR 1975, 191 = NJW 1975, 1373 = DVB1. 1975 (in diesem Heft) (dazu unten in Anm. 70). 5 Vgl. OVG Hamburg vom 23. 10. 1974, DVB1. 1975, 207; dazu Niere, DVB1. 1975, 172 ff.; BVerfG vom 18. 12. 1974, EuGRZ 1975, 23. - Zum Hintergrund dieses Falles vgl. ζ. B. die Berichte in: Der Spiegel Nr. 31/1974, S. 27 ff., Nr. 44/1974, S. 49 ff. und Nr. 34/1975, S. 32 ff; Simmersbach, Hamburger Aluminium-Sorgen, FAZ vom 9. 5. 1975, S. 1. 6 Vgl. unten im Text (mit Anm. 36 ff., 46 ff., 55).

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Willi Blümel

ausgekommen ist bei dieser Wahl allerdings eines jener uferlosen und auf früheren Tagungen schon wiederholt - nicht zuletzt vom derzeitigen Vorsitzenden Ipsen 7 - zu Recht kritisierten „Und"-Themen, die es den Referenten so schwer machen, Boden unter die Füße zu bekommen. Schon deshalb ist es nur zu begrüßen, daß der ursprüngliche - nicht ganz eindeutige - Arbeitstitel „Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsrechtsschutz", der möglicherweise auch den außergerichtlichen Rechtsschutz8 mit umfaßt hätte9, wenigstens auf der einen Seite auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeschränkt wurde 10 . Gleichwohl deckt das Thema selbst in dieser Beschränkung noch eine Vielzahl von Fragestellungen, die sowohl das Schrifttum 11 als auch die Vereinigung auf ihren Tagungen 12 immer wieder beschäftigt haben. Sieht man einmal von den einschlägigen Dauerthemen „Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff 4 bzw. „Beurteilungsspielraum" ab 13 , dann braucht nur an die Beratungsgegenstände früherer Tagungen erinnert zu werden 14 , z. B. - um nur einige zu nennen - an „Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung", „Das besondere Gewaltverhältnis", „Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut", „Verwaltung und Schule", „Gesetzgeber und Verwaltung", „Verwaltung und Subventionen", „Grundrechte im Leistungs-

7

Vgl. Ipsen, VVDStRL 28 (1970), 194; femer Bachof, VVDStRL 30 (1972), 194. Allerdings hätte man auch „Verwaltungsrechtsschutz" mit „verwaltungsgerichtlichem Rechtsschutz" gleichsetzen können. Vgl. ζ. B. Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 6. Aufl. 1975, § 1 I 2 (S. 1 f.). 9 Ganz läßt sich aber ζ. B. der Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren auch beim jetzigen Thema nicht ausklammem. Vgl. dazu auch unten in Anm. 56, 144 f. 10 Eine thematische Erweiterung ergibt sich allerdings insofern, als jetzt nicht mehr allein die Rechtsschutzfunktion der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Rede steht, sondern auch ihre umstrittene - von Bachof, VVDStRL 14 (1956), 177, sogenannte - „staatspolitische Funktion", die (nach Bachof, aaO) (auch) in der Wahrung und Durchsetzung des objektiven Rechts und in der Disziplinierung der Verwaltung besteht. Vgl. dazu auch 8

Rumpf VVDStRL 14, 136 ff. (137 ff., 139 f., 207): Scheuner, ebenda, S. 186 f.; Ipsen,

ebenda, S. 193 ff. - A. M. Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 1 II 2, 3, III, 1, 2 (S. 3 ff.); VGH Baden-Württemberg vom 6. 5. 1974, BWVPr. 1975, 11 (14) - ZfW 1974, 386. 11 Vgl. z. B. Ule, VerwPrR (Anm. 8), der unter der Überschrift „Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit" in § 2 (S. 5 ff.) „Freiheit und Gebundenheit der Verwaltung", „Die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Rechtskontrolle der Verwaltung" und „Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Rechtskontrolle" abhandelt. Vgl. auch Ossenbühl, Welche normativen Anforderungen stellt der Verfassungsgrundsatz des demokratischen Rechtsstaates an die planende staatliche Tätigkeit, dargestellt am Beispiel der Entwicklungsplanung?, Gutachten Β zum 50. DJT, 1974, S. 169 f. 12 Vgl. dazu auch Ipsen, AöR 97 (1972), 375 ff. (385 ff., 409 ff., 413 ff.). 13 Vgl. dazu auch oben in Anm. 11, femer unten in Anm. 15 sowie im Text (m. Anm. 35, 100, 253). 14 Vgl. VVDStRL 14 (1956), 15 (1957), 18 (1960), 24 (1966), 25 (1967), 30 (1972), 31 (1973), 33 (1975); femer oben in Anm. 1,10, unten im Text (mit Anm. 19 ff.).

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

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Staat", „Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung", „Partizipation an Verwaltungsentscheidungen" und „Organisierte Einwirkungen auf die Verwaltung (Zur Lage der zweiten Gewalt)". Die zuvor wiedergegebenen Problemkreise werden im folgenden als solche nicht mehr angesprochen 15. Angesichts der Breite des Themas, das auch von den Berichterstattern 16 aufgeteilt wird, nimmt sich der Verfasser vielmehr die Freiheit, einzelne Aspekte auszuwählen. Im Grunde geht es im folgenden darum, einige Gedanken beizusteuern zu der zentralen Frage, ob die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Teil der dritten Gewalt der ihr vom Grundgesetz zugedachten Rolle gegenwärtig noch gerecht wird oder nicht. Aus dieser zugespitzten Fragestellung ergibt sich nahezu zwangsläufig, daß das schwierige und in weiten Bereichen noch unbewältigte Verhältnis der Verwaltungsgerichtsbarkeit zur planenden Verwaltung 17 im Vordergrund der nachfolgenden Überlegungen stehen wird. Ihre Schwerpunkte sind Einzelaspekte der richterlichen Kontrolle des Planungsermessens, der vorläufige Rechtsschutz gegen Planungsentscheidungen sowie der Rechtsschutz bei gestuften Planungen. Die hierzu vertretenen Ansichten beruhen nicht zuletzt auf Erfahrungen, die der Verfasser in einer Reihe einschlägiger Verwaltungsverfahren und Prozesse gesammelt hat. Auch damit mag es zusammenhängen, daß die folgenden Gedanken so gar nicht auf der Linie der gegenwärtig gängigen Meinungen im Schrifttum 18 zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle komplexer Verwaltungsentscheidungen, vor allem also von Planungsentscheidungen liegen.

I. Das Spannungsverhältnis zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Auf der Hamburger Tagung 1955, auf der Becker und Rumpf über „Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung" referierten 19, kritisierte Bachof 0 in 15 Das gilt auch und vor allem für die Bereiche, die durch die Stichworte „Ermessen", „unbestimmter Rechtsbegriff' und „Beurteilungsspielraum" bezeichnet werden. Vgl. oben im Text (mit Anm. 11). 16

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Scholz, Schmidt-Aßmann.

Vgl. dazu auch Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allg. Teil, 10. Aufl. 1973, S. 78 f.; W. Weber, Über die Verläßlichkeit des Grundgesetzes, in: Standorte im Zeitstrom, Festschrift für Arnold Gehlen, 1974, S. 393 ff. (409); ders., Ist Verlaß auf unser Grundgesetz?, 1975, S. 42 f.; ferner W. Schmidt, WDStRL 33 (1975), 183 ff. (184). 18 Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 35, 87 ff, 95, 101, 116). 19 WDStRL 14 (1956), 96 ff, 136 ff.

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der Aussprache, daß das eigentliche Thema, das Spannungsverhältnis zwischen Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung, in den Erörterungen zu kurz gekommen sei. Zwar werde die vielberufene Spannung zwischen Verwaltung und Verwaltungsrechtsprechung erheblich übertrieben und dramatisiert. Daß sie vorhanden sei, lasse sich aber nicht leugnen. Bachof knüpfte damit an die Frage von Becker 21 an, ob wir an Rechtsschutz des Guten zuviel hätten. Er bejahte die Frage 22 , soweit sie auf das Nacheinander, Nebeneinander und Durcheinander von Rechtswegen und auf das Übermaß an Instanzen 23 zielt, verneinte sie aber entschieden, soweit dabei an die Antastung oder den Abbau der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel gedacht sein sollte. Die in den fünfziger Jahren angestellten Erwägungen über eine Einschränkung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel sind zwar - nicht zuletzt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG - heute weitgehend überholt 24 . Geblieben sind aber die Spannungen, die seit Einführung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel bzw. - so die These von Ule 23 - seit ihrer strikten organisatorischen Trennung das Verhältnis von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit kennzeichnen. Dieser Befund steht nicht im Widerspruch zu der Feststellung, daß sich nach bald 3Ojähriger Geltung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel das Pendel zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit im allgemeinen auf eine vernünftige Mittellage eingestellt hat 26 . Auch neuartige Fallgestaltungen haben die Verwaltungsgerichte ohne allzu große Schwierigkeiten in den Griff bekommen, wie etwa die Behandlung der vor allem durch eine verfehlte

20

VVDStRL 14 (1956), 174 ff. (179 f.). VVDStRL 14 (1956), 117 f. (118). 22 Bachofs zusätzliche Kritik an der unübersichtlichen und länderweise verschiedenen Gerichtsorganisation hat sich in der Zwischenzeit durch das Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung erledigt. 23 Vgl. dazu auch Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 1 (S. 15). 24 Vgl. aber ζ. B. Bettermann, AöR 96 (1971), 528 ff. (529), der die Frage stellt, „ob beim Rechtsschutz gegen die öffentliche Gewalt nicht das verfassungsgesetzliche und rechtsstaatliche Soll übererfüllt worden ist". Ebenso Eyermann, BayVBl. 1974, 237 ff. (243 mit Anm. 53). Vgl. auch ders., Verw. 1975, 7 ff. (19). - Über Versuche zur Aushöhlung der Generalklausel vgl. unten im Text (mit Anm. 57 ff.). 25 Vgl. Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 2 (S. 17 f.). 26 Vgl. dazu etwa Menger, Zwanzig Jahre Überverwaltungsgericht Münster, in: Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Land Nordrhein-Westfalen 1945-1969 (Dokumentation), 1970, S. 89 ff. - Daß es bei der Bewertung der Verwaltungsgerichtsbarkeit weder auf die Zahl der entschiedenen Streitsachen noch auf den Prozentsatz der erfolgreichen Klagen ankommt, hat Bachof bereits auf der Hamburger Tagung 1955 zu Recht bemerkt; vgl. VVDStRL 14 (1956), 180 ff.; femer Becker, ebenda, S. 118 ff. 21

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

173

Hochschulgesetzgebung heraufbeschworenen inneruniversitären ten 27 zeigt.

Streitigkei-

Umgekehrt ist es allerdings verwunderlich, daß die Verwaltungsgerichte derjenigen Länder, in denen § 47 VwGO nicht aktuell ist 28 , noch immer keinen Weg gefunden haben, unter der geltenden Verwaltungsgerichtsordnung den unmittelbaren

Rechtsschutz gegen untergesetzliche

Normen 29,

insbesondere gegen

Bebauungspläne, zu etablieren. Dieser Negativposten in der Gesamtbilanz ist um so erstaunlicher, als der erste Senat des BVerfG bereits wiederholt den Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG deutlich vom effektiven Rechtsschutz als Bestandteil des Grundrechts selbst abgehoben hat 30 . Von dieser Ausgangsposition her läßt sich, worauf Bundesverfassungsrichter Dr. Böhmer auf dem 50. Deutschen Juristentag3i unter vorsichtiger Distanzierung von der viel kritisierten Entscheidung des zweiten Senats des BVerfG vom 27. 7. 197132 aufmerksam

27

Vgl. dazu ζ. B. Fuß, WissR 1972, 97 ff.; Hoffmann-Becking, DVB1. 1972, 299 ff.; Franzke, DÖV 1972, 851 ff.; Alberts, WissR 1974, 50 ff.; BVerwG vom 22. 2. 1974, BVerwGE 45, 39 = DÖV 1974, 493 = JR 1974, 437. 28 Hierzu sowie über neuere (gescheiterte) Versuche zur Einführung des Normenkontrollverfahrens (ζ. B. in Nordrhein-Westfalen) vgl. Redeker, NJW 1974, 1648 ff. 29 Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Blümel, Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Festgabe für Ernst Forsthoff, 1967, S. 133 ff. (160 f.); ders., DVB1. 1972, 122 ff. (124 f.); ders., WDStRL 30 (1972), 345 f.; ders., „Demokratisierung der Planung" oder rechtsstaatliche Planung?, in: Festschrift für Ernst Forsthoff, 2. Aufl. 1974, 9 ff. (30, 35 mit Anm. 175); ders., Verw. 1974, 305 ff. (330 mit Anm. 167) = Zeitschrift für Ingenieure und Techniker im öffentlichen Dienst Nr. 6/1973, 140 ff. (149); v. Engelhardt, Der Rechtsschutz gegen Rechtsnormen, 1971, insbes. S. 244 ff, 249 ff; Siemer, Normenkontrolle durch Feststellungsklage?, 1971; Klaus Meyer, AöR 97 (1972), 12 ff. (25, 27 ff.); Brohm, WDStRL 30 (1972), 245 (283); Lorenz, Der Rechtsschutz des Bürgers und die Rechtsweggarantie, 1973, S. 153 ff, 248 (mit Anm. 7 ff.); Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 177 ff. (178), 180 ff, 195; Stern, Zur verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle - Ein Plädoyer für ihre Ausweitung, in: Verfassung, Verwaltung, Finanzkontrolle, Festschrift für Hans Schäfer, 1975, S. 59 ff.; Oldiges, WiR 1974, 277 ff. (285, 286 ff, 302 ff, 308 ff, 318 f.). Vgl. im übrigen die Nachweise unten in Anm. 32. 30 Vgl. BVerfG vom 18. 12. 1968, BVerfGE 24, 367 (401), vom 3. 7. 1973, BVerfGE 35, 348 (361), und vom 23. 4. 1974, BVerfGE 37, 132 (141) = JuS 1974, 733 (733, LS 5, 734 a. E.). 31 Vgl. Verh. d. 50. DJT, Bd. II (Sitzungsberichte), Teil I, 1974, S. 176 ff. (177 f.). Dazu auch unten in Anm. 88 sowie im Text (mit Anm. 124). 32 BVerfGE 31, 364 = DVB1. 1971, 740 (mit krit. Anm. von Umbach).Vg\. dazu die Kritik von Blümel, DVB1. 1972, 122 (mit Anm. 4), 124 f.; ders., WDStRL 30 (1972), 345 f.; ders., „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 30 (m. Anm. 140 ff.); Rupp, ZRP 1972,

32 ff. (33 mit Anm. 3); v. Mutius, VerwArch. 63 (1972), 207 ff.; ders., Rechtsnorm und Verwaltungsakt, in: Fortschritte des Verwaltungsrechts, Festschrift für Hans J. Wolff, 1973, S. 167 ff. (170 Anm. 21); Lorenz, aaO (Anm. 29), S. 153 (Anm. 11), 248 (Anm.

12); Schrödter, Bundesbaugesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1973, § 10 Rdnr. 1, 2 (S. 181 ff.);

174

Willi Blümel

machte, auch das Problem der unmittelbaren gerichtlichen Überprüfung von Bebauungsplänen (und von sonstigen Plänen) sachgerecht lösen. Es sollte deshalb in Zukunft nicht mehr der gewagten Konstruktionen wie etwa in dem erfreulichen Urteil des VG Hannover vom 14. 12. 197133 bedürfen, um auch in dieser seit Jahren diskutierten Rechtsschutzfrage endlich voranzukommen. 2. Nicht zu übersehen sind allerdings die Turbulenzen, die das zuvor konstatierte Gleichgewicht zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit im allgemeinen von Zeit zu Zeit in gehörige Unordnung bringen. Als Paradebeispiel sei das A u f und Ab der Rechtsprechung zum Ermessen und zum Beurteilungsspielraum der Verwaltung genannt34. Und mit den namentlich von Redeker 35 aufgeworfenen „Fragen der Kontrolldichte

verwaltungsgerichtlicher

Recht-

sprechung" - insbesondere bei Planungsentscheidungen - ist der Komplex berührt, bei dem gegenwärtig das Verhältnis von Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit erheblich gestört ist. Das Kapitel „Rechtsschutz in Atomgenehmigungssachen" ζ Β. ist, wie Götz 36 auf dem Dritten Deutschen AtomrechtsSymposium 1974 in Göttingen bemerkte, weder geschlossen noch zur Hälfte geschrieben. Nur zum Teil bewältigt sind die Rechtsschutzprobleme, die bei der Industrieansiedlung 1 auftauchen. Erst in den Anfängen und noch weit entfernt von einer ausgewogenen Lösung stehen die Bemühungen, die mehrstufigen Planungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes in den Griff zu bekommen38.

Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 176 (mit Anm. 155 ff.) 178 (mit Anm. 163, 165) und passim; Stern, aaO (Anm. 29), S. 60 (mit Anm. 5 ff), 65 (mit Anm. 35 f.); Oldiges, WiR 1974, 289 f. (mit Anm. 46 ff.) W. Weber, aaO (Anm. 17); Geizer, BauR 1975, 145

ff. ( 157 f.). 33 Az.: IV A 51/71 (η. v.). Vgl. dazu bereits Blümel, „Demokratisierung", (Anm. 29), S. 30 (Anm. 141). - Vgl. auch Schrödter, aaO (Anm. 32), § 10 Rdnr. 6-10 (S. 186 ff.). 34 Vgl. oben im Text (mit Anm. 13). 35 DÖV 1971, 757 ff. (759 ff.). Teilweise noch abweichend ders., DVB1. 1971, 369 ff. (372 f.). Vgl. auch ders., DVB1. 1972, 896 f.; ders., NJW 1973, 1153 ff. (1155 ff.); ders.,

NJW 1974, 1648 f.; ders., Eltville juristisch (Rechtsschutz der Bürger gegen planende Verwaltung), FAZ vom 18. 1. 1975, Beilage Bilder und Zeiten, S. 3. Redekers heutige Position kommt wohl am besten in diesem Zeitungsartikel zum Ausdruck. Vgl. auch unten in Anm. 87, 116. 36 Drittes Deutsches Atomrechts-Symposium, Referate und Diskussionsberichte, Recht - Technik - Wirtschaft, Bd. 7, 1975, S. 31. Vgl. dazu auch die Referate von Fischerhof Ergebnisse der Rechtsprechung über die Genehmigung von Atomanlagen, ebenda, S. 19 ff, und von Blümel, Rechtsprobleme des Genehmigungsverfahrens - Standortwahl und -Sicherung, ebenda, S. 33 ff; ferner die Nachweise unten in Anm. 41, 47 ff. 37 Vgl. dazu ζ. B. Sendler, WiR 1972, 453 ff.; Geizer, BauR 1975, 145 ff.; ferner die Nachweise oben in Anm. 4 f. 38 Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 67 ff, 91, 128, 142, 173 ff.).

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

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Daß damit die gegenwärtig neuralgischen Stellen im Spannungsverhältnis zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit angesprochen sind, zeigen die nervösen Reaktionen von Behörden und eines Teils des Schrifttums auf bestimmte Verwaltungsgerichtsentscheidungen 39 ebenso wie umgekehrt die zunehmende Bereitschaft der Betroffenen, anstelle der Inanspruchnahme der Ve rwaltungsgerichte ihr Heil in - selbst rechtswidrigen 40, aber gleichwohl in manchen Regierungskreisen 41 und in einem Teil der Öffentlichkeit auf Verständnis stoßenden - Aktionen von Bürgerinitiativen usw. 42 zu suchen43. Das gegenwärtige verwirrende Wechselspiel zwischen Aktion und Reaktion im neuen - das Spannungsverhältnis zwis chen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit in zunehmendem Maße auf- und ablösenden - Dreieck von Verwaltung, Bürgerinitiativen und Verwaltungsgerichten ist in seinen Konsequenzen noch nicht abzusehen44. Kennzeichnend dafür sind nicht nur die Beeinflussung und die zunehmende Verunsicherung der Verwaltungsgerichte über die Reichweite ihrer Kontrollbefugnisse gegenüber Genehmigungen für Kernkraftwerke oder Indu39

Vgl. unten im Text (mit Anm. 46 ff.). Vgl. dazu Knöpfle, DVB1. 1974, 707 ff. (716 a. E.); Geizer, BauR 1975, 157; ferner die Nachweise unten in Anm. 43. - Über das Urteil des Bezirksgerichts Rheinfelden (Schweiz) vom 9. 6. 1975 - Räumungsbefehl für Kaiseraugst- vgl. ET 1975, 268 f, 41 Vgl. dazu z. B. die ausschlußreiche Bundestagsdebatte über die Gefahren der Kernenergie am 14. 3. 1975, BT-StenB 156. Sitzung, S. 10884 f, sowie die Kontroverse zwischen Ministerpräsident Dr. Filbinger und Bundesminister Matthöfer in der 417. Sitzung des Bundesrates am 14. 3. 1975, BR-StenB S. 57 ff. Vgl. auch ET 1975, 169 ff. BTDrucks. 7/3382 und 7/3606; ferner unten im Text (mit Anm. 114). -Über die Auffassung der Bundesregierung vgl. jetzt ihre Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP, betr. Friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drucks. 7/3871, insbes. S. 10 (unter II 3). - Vgl. auch unten in Anm. 187. 42 Vgl. dazu die Referate von W. Schmidt und Bartlsperger sowie die Aussprache auf der Bielefelder Tagung 1974 der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (Anm. 1); ferner Knöpfle, DVB1. 1974, 707 ff.; Battis, ZParl. 1975, 139 ff. 43 Vgl. zu diesen Tendenzen bereits Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 158 f.; ders., 40

„Demokratisierung" (Anm. 29), S. 24 f.; 28 f., 29 f , 31; ders., DVB1. 1973, 442; ders.,

Verw. 1974, 331 (oben Anm. 29); ders., Sicherung des Baus von Anlagen und Leitungsnetzen - Planfeststellungsverfahren, in: Emmerich/Lukes (Hrsg.), Die Sicherheit der Energieversorgung - Ist sie gegenwärtig gefährdet und durch welche Reformmaßnahmen wird sie vergrößert?, Recht - Technik - Wirtschaft, Bd. 4, 1974, S. 49 ff. (59 ff.); ders., Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, in: Im Dienst an Recht und Staat, Festschrift für Werner Weber, 1974, S. 539 ff. (540 ff.); ders., Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 34 ff. Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 112 ff, 240 f.). 44 Vgl. dazu auch Eyermann, BayVBl. 1974, 243 (mit Anm. 54 f.); Fromme, Staat im Korsett, FAZ vom 18. 7. 1975, S. 1. - Über die neuerdings geforderte Allianz der dritten Gewalt mit der „vierten" Gewalt vgl. die bezeichnenden Ausführungen von R. Bender, Funktionswandel der Gerichte?, ZRP 1974, 235 ff. (237). Dazu Eyermann, Verw. 1975, 20.

176

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strieanlagen 45. Nicht minder auffällig sind die kritischen Reaktionen etwa auf die Gerichtsentscheidungen in den eingangs erwähnten Fällen (Floatglas-Fall, Fall Reynolds) 46 sowie auf die ebenfalls aufsehenerregenden Entscheidungen 47 des VG Würzburg vom 26. 8. 1974 (Kernkraftwerk Grafenrheinfeld) 48 und des VG Freiburg vom 14. 3. 1975 (Kernkraftwerk Wyhl) 4 9 , aber auch auf die Begründungen der die Aussetzungsanträge abweisenden Beschlüsse des OVG Lüneburg vom 19./20. 6. 1974 (Kernkraftwerk Stade)50 und vom 20. 2. 1975 (chemische Anlagen der Dow Chemical bei Stade) 51 . Sprach ζ. B. Nebinger 52 1953 von der durch die verwaltungsgerichtliche Generalklausel bewirkten Atemnot der Verwaltung, so wird heute von der Verwaltung, von öffentlichen Planungsträgern, von den betroffenen Unternehmen und von den ihnen verpflichteten Autoren 53 erneut die angebliche Hypertrophie des Rechtsschutzes in der Bundesrepublik Deutschland beklagt. Da wird dann ζ. B. von Fischerhof A nicht nur gegen „den für eine Staatsaufsicht und die Gerichtsbarkeit unwürdigen Einwand der Schaffung und Zulassung vollendeter Tatsachen'" (!) polemisiert oder in der Öffentlichkeit und im Schrifttum der BayVGH wegen seiner Entscheidungen vom 19. 4.

45

Vgl. dazu ausführlicher Blümel, Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 33 ff. Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 4 f. 47 Vgl. vor allem Fischerhof, Ergebnisse (Anm. 36), S. \9iUders., ET1975, 183 ff. 48 ET 1974, 587. Die Entscheidung wurde aufgehoben durch Beschluß des BayVGH vom 22. 11. 1974, DVB1. 1975, 199 = BayVBl. 1975,273 - ET 1975, 51 = GewArch. 1975, 61 (mit Anm. von Heinrich, auch auszugsweise wiedergegeben in ET 1975, 58 f.). Ebenso jetzt VG Würzburg vom 9. 5. 1975 - W 35 II 75 - (n. v.); vgl. ET 1975, 267. 49 DVB1. 1975, 343 - ET 1975, 173. Zu den Auseinandersetzungen um das Kernkraftwerk Wyhl vgl. auch die Nachweise oben in Anm. 41. 50 DVB1. 1975, 190 = ET 1974, 516. Vorinstanz: VG Oldenburg (Kammer Stade) vom 4. 10. 1973, ET 1973, 617. Über die Vorbehalte gegen die in der Begründung (vgl. ζ. B. DVB1. 1975, 195 unter III d) bemerkenswerte Entscheidung des OVG Lüneburg und die Schreiben von angehörten Sachverständigen an das Gericht vgl. ET 1975, 516, 523 if.; ferner die Nachweise oben in Anm. 47. 51 ET 1975, 234. In dieser Entscheidung (aaO, S. 236) finden sich zur Industrieansiedlung im Niederelberaum - vgl. dazu ζ. B. auch Der Spiegel Nr. 44/1974, S. 49 ff. („Hier entsteht ein neuer Ruhrpott") -folgende Ausführungen: „Die Forderung nach einem ökologischen Gesamtgutachten sollte deshalb sehr ernst genommen werden. Das Fehlen derartiger Überlegungen könnte in künftigen Verfahren das Gericht veranlassen, den einer Industrieansiedlung zugrunde liegenden Planungen die Anerkennung als verbindliche Konkretisierung öffentlicher Interessen zu versagen." Vgl. dazu auch Bartlsperger, VVDStRL33 (1975), 260; ferner unten in Anm. 292. 46

52 53 54

DÖV 1953, 626 ff. Vgl. dazu auch Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 1 (S. 15). Vgl. dazu ζ. B. die Nachweise oben in Anm. 5 (Fall Reynolds). ET 1975, 184 (m. Anm. 7).

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197455 im Fall Europäisches Patentamt angegriffen. Vielmehr fehlt es von Zeit zu Zeit selbst nicht an Versuchen der planenden Verwaltung bzw. der betroffenen Unternehmen, mit Hilfe des Gesetzgebers auch den verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz56 gerade in den neuralgischen Bereichen abzubauen57. 3. Stellvertretend für andere Regelungen seien etwa die im Entwurf eines Energieversorgungsgesetzes 58 (1973) vorgesehenen „Verfahrensverbesserungen" genannt, die das Errichten von Energieanlagen erleichtern und Vorsorge für Fälle einer kritischen Versorgungslage treffen sollen59. Derartige Normierungen, insbesondere die generelle Ausschaltung des Suspensiveffekts bei Anfechtungsklagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse und Standortvorbeschei-

55 BayVBl. 1974, 530 (mit krit. Anm. von Zink) = BauR 1974, 324 und BayVBl. 1974, 532 (m. krit. Anm. von Zink) = NJW 1974, 1670 = BauR 1974, 323. Vgl. zu diesem Fall auch Sendler, WiR 1972, 462 f.; Blümel, DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 92); Geher, BauR 1975, 148 f., 151, 157. 56 Über die verfassungsrechtlich bedenklichen, weil dem Individualrechtsschutz nicht ausreichend Rechnung tragenden Einschränkungen des Rechtsschutzes im förmlichen Verwaltungsverfahren und im Planfeststellungsverfahren durch die Sonderbehandlung von Masseneinwendungen in der neueren Gesetzgebung (Bundes-Immissionsschutzgesetz, Bundesfernstraßengesetz 1974, Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, Novelle zum Abfallbeseitigungsgesetz usw.) vgl. (jeweils m. w. N.) Blümel, Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 539 ff. (547 ff.); ders., Verw. 1974, 331 ff; ders., Sicherung (Anm. 43), S. 62 ff.; ders. Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 35 f.; Blümel/Ronellenfitsch, Die Planfeststellung in der Flurbereinigung (unter besonderer Berücksichtigung der Novelle zur Flurbereinigung), Rechtsgutachten, Schriftenreihe für Flurbereinigung, Bd. 63, 1975, S. 79 ff.; Battis, ZRP 1975, 111 ff. (113); ders., ZParl. 1975, 145 f.; unten in Anm. 145. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Pappermanns ursprünglichen Ruf nach dem Gesetzgeber im Floatglas-Fall nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils des VG Gelsenkirchen (Anm. 4) in: Die demokratische Gemeinde 1972, 28. Dazu mit Recht kritisch

W. Müller, JuS 1975, 232 (mit Anm. 33 f.). 58

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Versorgung mit leitungsgebundener Energie (Energieversorgungsgesetz), nicht veröffentlicht (Stand: 30. 5. 1973). Vgl. insbes. Art. II: Gesetz zur Förderung und Sicherung der Versorgung mit leitungsgebundener Energie nebst Begründung. Zu dem Entwurf vgl. structur 1973, 189; ET 1973, 310 f., 454; Hammer, DÖV 1973, 594 ff. (595). Zum jetzigen Stand der Entwurfsarbeiten vgl. ET 1975, 217 f. - Zur Kritik an diesem Entwurf vgl. Blümel, Sicherung (Anm. 43), S. 52 ff. (mit Anm. 12 ff); ders., Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 545 (mit Anm. 26), 555 (Anm. 91), 562 (mit Anm. 131); die Nachweise unten in Anm. 59, 63. Vgl. ferner unten in Anm. 71. 59 So die Formulierung im Deckblatt zum Entwurf eines Energieversorgungsgesetzes (Anm. 58), S. 1 f. (B. Lösung). - Hierzu und zum folgenden vgl. bereits die Kritik von Blümel, Verw. 1974, 332 f. = Zeitschr. f. Ingenieure usw. (Anm. 29) Nr. 6/1973, S. 150; ferner die Nachweise unten in Anm. 63.

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de 60 sowie die Einschränkung des richterlichen Überprüfungsrechts im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (§ 12 Abs. 3, 4, § 13 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs) 61, laufen auf eine unvertretbare Verkürzung des Rechtsschutzes62 hinaus 63 . a) Zwar bleibt es dem Gesetzgeber, wie § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zeigt, unbenommen, in bestimmten Fällen64 die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage auszuschließen 65. Ein solches Unterfangen wäre jedoch mehr als fragwürdig 66 bei solchen Verwaltungsakten, die den Abschluß eines komplexen (mehrstufigen) Verwaltungsverfahrens bilden 67 . Denn gerade

60

Ähnliche Vorstellungen über den Abbau des Suspensiveffekts finden sich auch bei Schmidt-Aßmann, DVB1. 1972, 627 ff. (633). 61 § 12 Abs. 3, 4 des Entwurfs lautet: „(3) Eine Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluß hat keine aufschiebende Wirkung." - „(4) Bei einer Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist die Würdigung der allgemeinen energiewirtschaftlichen Lage und Entwicklung der Nachprüfung des Gerichts entzogen. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage ist nur möglich, wenn 1. emsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bestehen oder 2. die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen gebotene Härte zur Folge hat. Die zuständige Energieaufsichtsbehörde ist im Verfahren nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung zu beteiligen. § 80 Abs. 6 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung findet keine Anwendung. (Alternative: Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 sind unanfechtbar.)" - Nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Entwurfs soll § 12 Abs. 3 und 4 für die Anfechtbarkeit des Standortvorbescheides entsprechend gelten. - Zu § 12 Abs. 3 und 4 des Entwurfs vgl. auch die aufschlußreiche Begründung, aaO, S. 60 f., 61 ff. 62 Selbstverständlich gilt für echte Notfalle etwas anderes. Vgl. dazu ausführlicher Blümel, Sicherung (Anm. 43), S. 49 f.; femer unten im Text (mit Anm. 167). 63 Vgl. Blümel, Verw. 1974, 332 f. = Zeitschr. f. Ingenieure, usw. (Anm. 29) Nr. 6/1973, S. 150. Diese rechtsstaatlichen Bedenken des Verfassers werden geteilt von Fischerhof, ET 1975, 185 f. (186). Differenzierend Borggrefe, BB 1975, 157 ff. (162 ff., 164); vgl. auch ET 1975, 118. 64 Als Vorbild für § 12 Abs. 3 Entwurf EnergVG (Anm. 61) diente § 28 a Abs. 2 AWG, als Vorbild für § 12 Abs. 4 offensichtlich § 63 a Abs. 2 GWB. Vgl. die Entwurfsbegründung, aaO (Anm. 58), S. 60; femer ET 1975, 61. 65 Vgl. dazu auch Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 1 (S. 15), § 66 I 2 c (S. 286). 66 Insoweit abweichend Borggrefe, BB 1975, 162 f., 164 (oben Anm. 63). 67 Dasselbe gilt für Genehmigungen usw. von Energieversorgungsanlagen (Leitungsund Kraftwerksvorhaben) und von Industrieanlagen, da auch diesen Genehmigungen andere Planungsentscheidungen (Vorabentscheidungen) vorausgehen. Zum Verhältnis zwischen Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren nach § 4 EnergG vgl. ζ. B. Blümel, Sicherung (Anm. 43), S. 70; ders., Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 43 f.; v. Keyser, Sicherung des Baus von Anlagen und Leitungsnetzen - Planfeststellungsverfahren, aaO (Anm. 43), S. 75 ff. (78 ff.); Borggrefe, BB 1975, 158, 161; BayVGH vom 20. 11. 1972, BayVBl. 1974, 43; BVerwG vom 28. 5. 1974, ET 1975, 167 (dazu unten in Anm. 198). -

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bei diesen Verwaltungsakten sind wegen der bereits getroffenen und - nach einer unbefriedigenden Rechtsprechung - vom Bürger nicht selbständig anfechtbaren Vorentscheidungen 68 dessen Chancen ohnehin gering, mit seinem Rechtsschutzbegehren durchzudringen 69. Mit der vom BVerfG in mehreren Entscheidungen 70 herausgestellten verfassungsrechtlichen Bedeutung des Suspensiveffekts wäre ein solches Vorhaben des Gesetzgebers, durch das der Schaffung vollendeter Tatsachen durch die Verwaltung noch weiter Vorschub geleistet würde, nicht zu vereinbaren 71. Eine derartige Sonderregelung für Planungsentscheidungen auf dem Energiesektor würde überdies ganz zwangsläufig ähnliche Regelungen auf anderen wichtigen Gebieten (Verkehr, Industrieansiedlung usw.) nach sich ziehen72 und damit das von der Rechtsprechung bestätigte Regel-Ausnahme-Verhältnis von aufschiebender Wirkung und sofortigem Vollzug endgültig umkehren. b) Dieselben Erwägungen gelten aber auch für die fragwürdige Vorschrift in § 12 Abs. 4 Satz 1 Entwurf EnergVG 73, wonach bei einer Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage nach § 80 Abs. 5 V w G O die Würdigung

der allgemeinen

energiewirtschaftlichen

Lage

und Entwicklung der Nachprüfung des Gerichts entzogen sein soll 74 . Würde diese Vorschrift Gesetz, dann könnten von den Gerichten Überlegungen über den zukünftigen Energiebedarf, wie sie sich etwa in den Entscheidungen des

Über Vorabentscheidungen bei der Industrieansiedlung vgl. die Nachweise oben in Anm. 4, 5, 37. Vgl. im Übrigen Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 29 f. 68 Vgl. oben im Text (mit Anm. 38); ferner ausfuhrlich unten im Text (mit Anm. 173 ff.). 69 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1973, 441 f. (442); ferner unten in Anm. 269. 70 Vgl. BVerfG vom 19. 6. 1973, BVerfGE 35, 263 = NJW 1973, 1491, 2196 (Anm. von Birk) = JuS 1974, 121 ; Erichsen, VerwArch. 1974, 99 ff.; Prümm, JuS 1975, 299 ff.;

- BVerfG vom 18. 7. 1973, BVerfGE 35, 382 = DVB1. 1974, 79 = JuS 1974, 251; Menger, VerwArch. 1974, 329 ff.; Eyermann, Verw. 1975, 18 f.; - BVerfG vom 16. 7. 1974, BVerfGE 38, 52 = NJW 1974, 1809 (mit Anm. von Franz) = BayVBl. 1974, 669 (mit Anm. von Petzke); - BVerfG vom 18. 12. 1974, EuGRZ 1975, 23. - Vgl. auch BVerwG vom 29. 4. 1974, NJW 1974, 1294 = DVB1. 1974, 566 = DÖV 1974, 422 = BayVBl. 1974, 562 = BauR 1974, 259. Zu dem im gleichen Fall (Neubaustrecke der Β 42 zwischen Bonn-Beuel und Königswinter) ergangenen Revisionsurteil des BVerwG vom 14. 2. 1975, BauR 1975, 191 = NJW 1975, 1373 vgl. oben in Anm. 4, ferner unten in Anm. 101, 200, 230, 233 sowie im Text (mit Anm. 265 ff.). 71

72

Vgl. dazu Blümel, Verw. 1974, 333 (mit Anm. 181 ff.).

So bereits - mit abenteuerlicher Begründung - für den Gesamtbereich der Wirtschaft Kube, BB 1974, 16 ff.; vgl, auch ET 1974, 61. 73 Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 59, 63. Zur Begründung für diese Entwurfsvorschrift vgl. unten im Text (mit Anm. 98).

180

Willi Blümel

VGH Baden-Württemberg vom 3. 4. 1973 (Kernkraftwerk Neckar) 75, des BayVGH vom 22. 11. 1974 (Kernkraftwerk Grafenrheinfeld) 76 und des VG Freiburg vom 14. 3. 1975 (Kernkraftwerk Wyhl) 77 finden, nicht mehr angestellt werden 78. Dabei ist jedem mit der Materie Vertrauten bekannt, daß gerade die in den letzten Jahren auf den verschiedensten Gebieten und häufig von vornherein angreifbaren Bedarfsprognosen - etwa über das Verkehrsaufkommen (ζ. B. Fluggastzahlen)79, über den Energiebedarf* 0 usw. 81 -, die u. a. den sofortigen Vollzug der entsprechenden Planungsentscheidungen absichern sollten, sich in vielen Fällen als falsch erwiesen haben82. Nicht zuletzt Ölkrise, Inflation, wirtschaftliche Flaute und die daraus resultierende (auch heilsame) Finanznot der öffentlichen Hände haben zahlreiche - wegen eines sonst drohenden Kollapses angeblich notwendigen, im Grunde aber schon immer zu großspurigen - Planungen zur Makulatur werden lassen83. Aus dem Bereich der Bundesverkehrswegeplanung 84 sei etwa an den weitgehend überholten Ausbauplan für die Bundesfernstraßen 19711985 (Gesetz vom 30. 6. 1971) und an das wohl kaum realisierbare Ausbauprogramm für das Netz der Deutschen Bundesbahn von 1970, ferner an die verfehlten Planungen neuer Großflughäfen (ζ. B. Hamburg-Kaltenkirchen) 85 erinnert.

75

ET 1973, 248 = BWVPr. 1974, 177. Vgl. oben in Anm. 48. 77 Vgl. oben in Anm. 49. 7 So bereits für das geltende Recht Fischerhof ET 1975, 185. Ζ. B. für den geplanten Großflughafen Hamburg-Kaltenkirchen. Vgl. dazu auch unten im Text (mit Anm. 85, 218 ff, 296 ff.). 80 Vgl. ζ. B. den Bericht über den im ersten Halbjahr 1975 nur noch um 0,7 Prozent gewachsenen Stromverbrauch in der FAZ vom 29. 7. 1975, S. 7. 81 Über das inzwischen gescheiterte hamburgische Projekt riesiger Hafen- und Industrieanlagen in der Elbemündung (Neuwerk/Scharhörn) vgl. den Bericht im Stern, Nr. 30 vom 17. 7. 1975, S. 104 ff. 82 Vgl. dazu den Bericht „Wachstumsgrenzen - Grenzen der Prognose?" FAZ vom 31. 7. 1975, S. 7. 83 Vgl. dazu auch Blümel, Diskussionsbeitrag auf dem 50. DJT, aaO (Anm. 31), S. 55 ff. (57 f.). 84 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, Verw. 1974, 313 (mit Anm. 49 ff.); ders., Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 542 (mit Anm. 10 ff.). - Zur Kritik am Bundesverkehrswegeplan (1. Stufe), BT-Drucks. 7/1045, vgl. den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vom20. 3. 1975, BT-Drucks. 7/3407 („unrealisierbare Investitionsprogramme"); ferner die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesminister für Verkehr (Gruppe Verkehrs Wirtschaft), Int. Verkehrswesen 27 (1975), 105 ff. (109 ff.). Über die Reduzierung des Ausbauprogramms für die Bundesfernstraßen vgl. den Bericht „Bonn baut weniger Fernstraßen" in der FAZ vom 12. 8. 1975, S. 2. 85 Vgl. dazu auch oben in Anm. 79, ferner unten im Text (mit Anm. 218 ff, 296 ff.). Das Projekt ist vorläufig zurückgestellt. 76

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Und ebenso erweist sich im nachhinein an der sich zuspitzenden Misere des Personennahverkehrs bzw. an den Folgekosten, daß manche vor einigen Jahren für dringend erforderlich erklärte, aber ohne vorherige Kosten-Nutzen-Analyse86 begonnene U-Bahn wohl besser nicht gebaut worden wäre 86a . Da bei derartigen raumbeanspruchenden und -beeinflussenden Projekten regelmäßig Rechte Dritter berührt werden, können sie von den Verwaltungsgerichten im Aussetzungsverfahren (und im Hauptverfahren) nicht einfach unter Berufung auf eine wegen der Verwaltungsverantwortung unzulässige oder eingeschränkte Prognosekontrolle abgesegnet werden. Mit Nachdruck muß daher der namentlich von Ossenbühl* 1 vertretenen These widersprochen werden, daß bei administrativen Planungsentscheidungen dieselben Grundsätze zu gelten hätten, die das BVerfG und die Verfassungsgerichtshöfe der Länder zur legislativen Fehlprognose entwickelt haben88. Wollte man nämlich die Prognosekontrolle wie bei Planungsgesetzen im Wirtschaftsbereich oder bei Neugliederungsgesetzen 89 auf die Fälle eindeutiger Widerlegbarkeit und offensichtlicher Fehlerhaftigkeit beschränken - und dabei allein auf die Beurteilung der Verhältnisse zur Zeit der Entscheidungssituation90 abstellen91 -, dann wäre vor allem das Aussetzungsverfahren, das bei Großvorhaben ohnehin das einzige wirksame Rechtsschutzverfahren darstellt 92 , in entscheidendem Umfange amputiert. Gegen die Übertragung der von den Verfassungsgerichten entwickelten Grund86

Vgl. dazu auch unten im Text (mit Anm. 292 f.) sowie in Anm. 299. Ähnlich Rupp, Zur Planung der Planungsplanung, FAZ vom 20. 6. 1975 (Leserbrief). Hierzu sowie zur „U-Bahn-Euphorie" vgl. jetzt auch die teilweise abweichenden Ausführungen von Fromm, BauR 1975, 239 ff. (242 und Anm. 15 ff.). 87 Vgl. (m. w. N.) Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 185 (a. E.), 188 f, 190 f.; ders., DVB1. 1974, 309 ff. (313); ferner Stüer, DVB1. 1974, 314 ff. (320 f.); VG Schleswig vom 29./30. 4. 1974 - 3 A 10/72 -, S. 30 f. (η. v., nicht rechtskräftig; Verkehrsflughafen Hamburg-Kaltenkirchen). - Widersprüchlich insoweit Redeker, DVB1. 1971, 372 f. (mit Anm. 32) einerseits und DÖV 1971, 762 (mit Anm. 41 f.) andererseits; vgl. auch oben in Anm. 35. - Ausdrücklich gegen Ossenbühl auch OVG Münster vom 27. 6. 1974, GewArch. 1975,243(244). 88 Vgl. dazu auch die vorsichtige Andeutung von Böhmer, aaO (Anm. 31), S 178 (zu den Beschlußvorschlägen VI 7, S. 227). 89 Zur Rechtsprechung vgl. die Nachweise bei Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 189, 190 f. 90 Vgl. Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 189 (mit Anm. 220 f.). 91 Was bei mehrstufigen Planungsverfahren zu nicht geringen Schwierigkeiten führen müßte. Welcher Zeitpunkt soll etwa maßgeblich sein bei einer sich über ein oder zwei Jahrzehnte hinziehenden Planung (ζ. B. der Verkehrsflughäfen Hamburg-Kaltenkirchen und München II)? 92 Vgl. dazu bereits Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 151 ff.; ders., DVB1. 1972, 799 (mit Anm. 44). 86a

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Willi Blümel

sätze zum gesetzgeberischen Prognosespielraum auf administrative Planungsentscheidungen spricht im übrigen der von Ossenbühl selbst 93 eher beiläufig erwähnte - und daher mitunter übersehene94 - Umstand, daß im administrativen Bereich die richterliche Planungskontrolle schon deswegen dichter ausfallen muß, „weil zu den verfassungsrechtlichen Maßstäben auch die gesetzlichen Maßstäbe und Zielweisungen hinzutreten". Damit beginnen aber, wie etwa die Auseinandersetzung um das richtige Verständnis des § 1 Abs. 4 und 5 BBauG zeigt 95 , erst eigentlich die Probleme. 4. Die zuvor kritisierte Vorschrift des § 12 Abs. 4 Satz 1 Entwurf EnergVG, gegen die unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Rechtsschutzes ganz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen96, knüpft bekanntlich an § 70 Abs. 4 Satz 2 GWB an 97 , wonach bei Ermessensentscheidungen der Kartellbehörde die Würdigung der gesamtwirtschaftlichen Lage und Entwicklung der Nachprüfung des Gerichts entzogen ist. Nach der Begründung zu § 12 Entwurf EnergVG 98 ist Grundlage des § 70 Abs. 4 Satz 2 GWB das Prinzip der Gewaltenteilung. Das Gericht dürfe sich nicht an die Stelle der Verwaltungsbehörde setzen. Insofern sei die Wirtschaftspolitik für das gerichtliche Verfahren eine unabänderliche Größe. Zwar wird niemand die ständig wiederholte allgemeine Feststellung bestreiten, daß es nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, „der Verwaltung die Verantwortung für Entscheidungen abzunehmen, die ihr durch das Gesetz übertragen sind. Die Verwaltungsgerichte sollen nicht verwalten, sondern Recht sprechen" 99. Und ganz ebenso ist es richtig, daß die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Teil der rechtsprechenden Gewalt auf die Entscheidung verwaltungsrechtlicher Rechtsstreitigkeiten beschränkt sein muß. Diese Binsenwahrheiten sind jedoch wenig hilfreich, wenn es in kritischen Bereichen um das Abstecken der Grenzen zwischen Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit geht. Das erweist sich bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe 100 ebenso wie bei der un-

93

Vgl. Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 191.

94

Vgl. ζ. B. Papier, DVB1. 1975, 462 (mit Anm. 20).

95 Vgl. dazu zuletzt (m. w. N.) Papier, DVB1. 1975, 461 ff; ferner die Nachweise unten in Anm. 101. 96 Vgl. die Nachweise oben in Anm. 59, 63. 97 Vgl. dazu auch ET 1975,61. 98 Vgl. aaO (Anm. 58), S. 62. 99 So Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 II 2 (S. 14). 100 Vgl. dazu ζ. B. Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 2 (S. 18 ff.).

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gelösten Frage nach den Grenzen des behördlichen Planungsermessens 101. Gegenüber der an sich selbstverständlichen Eigenverantwortung der planenden Verwaltung 102 ist indessen zugleich darauf zu verweisen, daß sich das Grundgesetz und die Landesverfassungen auch für einen umfassenden Rechtsschutz auf dem Gebiet der Verwaltung entschieden haben 103 . Die Gewährleistung dieses umfassenden Rechtsschutzes in Art. 19 Abs. 4 GG 104 stünde nur auf dem Papier, wenn dieses Verfahrensgrundrecht nicht zugleich den Anspruch auf einen effektiven Rechtsschutz 105 zum Inhalt hätte. Die Aufgabe der Verwaltungsgerichte, dem einzelnen gegenüber der Verwaltung effektiven Rechtsschutz zu gewähren, besteht aber heute in besonderem Maße gerade dort, wo - wie bei Planungsentscheidungen - die Verwaltung selbst Partei ist 1 0 6 und ein eigenes Interesse an der Durchsetzung ihrer Planungen oder der Planungen bestimmter Unternehmer (Energieversorgungsunternehmen, Flughafengesellschaften usw.) hat. Wer selbst einmal erlebt hat, wie in der Praxis zuweilen Großprojekte „durchgezogen"

101

Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 159 f. (mit Anm. 136 ff.); 161 (mit Anm. 50); Fickert, BauR 1971, 1 ff.; Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971, Rdnr. 51, 138 ff. (S. 27, 53 ff); ders., Zur Rechtskontrolle von Bebauungsplänen, in: Öffentliches Recht und Iblitik, Festschrift für Hans Ulrich Scupin, 1973, S. 121 ff; ders., DVB1. 1974, 641 ff.; Badura, Das Planungsermessen und die rechtsstaatliche Funktion des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, 1972, S. 157 ff.; ders., Das Verwaltungsverfahren, in: Erichsen/Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 1975, S. 292; Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 160, 183 ff.; M. Schröder, DÖV 1975, 308 ff.; Papier, DVB1. 1975, 461 ff.; unten im Text (mit Anm. 232 ff, 249, 272 ff.). - Zur neueren Rechtsprechung vgl. die Nachweise oben in Anm. 4; zum Urteil des BVerwG vom 14. 2. 1975 (oben Anm. 40, 70) vgl. ferner unten im Text (mit Anm. 265 ff.). 102 Vgl. dazu Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 150, 161 ff. (163). 103 Deshalb überzeugt auch nicht die Unterscheidung zwischen richterlicher Kontrollmöglichkeit und Kontrollkompetenz bei Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 164, 184, 186; vgl. auch Ziff. IV 6 der Beschlußvorlage, aaO (Anm. 31), S. 227; Brohm, WDStRL 30 (1972), 277 f. (Anm. 97); W. Schmidt, WDStRL 33 (1970), 209 f. - Vgl. ferner unten im Text (mit Anm. 122). 104 Zum effektiven Rechtsschutz als Element des Grundrechts selbst vgl. oben im Text (mit Anm. 30 ff.). 105 Vgl. dazu vor allem die oben in Anm. 70 zitierten Entscheidungen des BVerfG und des BVerwG; ferner (m. w. N.) Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 138 (mit Anm. 33) und passim; Blümel/Ronellenfitsch, aaO (Anm. 56), S. 79; Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 171 f. (S. 63); Lorenz, aaO (Anm. 29), S. 16 f , 150 f.; Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 165, 168 ff., 191 ff. - Vgl. auch oben im Text (mit Anm. 30 f.), unten im Text (mit Anm. 252). 106 Vgl. dazu auch Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 1 (S. 16).

184

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werden 107 , der wird dem BVerwG beipflichten müssen, wenn es im Floatglas Urteil vom 5. 7. 1974108 die „Stellung der planenden und darin im guten wie im schlechten Sinne parteiischen Gemeinde" von der Stellung der mit unbeteiligten Fachleuten besetzten Bundesprüfstelle nach den §§ 8 ff. GjS abgrenzt 109. Was hier für die planende Gemeinde gesagt wird, gilt für die planende Verwaltung ebenso wie für diejenigen Behörden, die über die Zulassung von Projekten öffentlicher und privater Unternehmen, zumal auf der Grundlage staatlicher Planungen, zu entscheiden haben. Dabei sind auch die Verfilzungen in Rechnung zu stellen, die in Form von Aufsichtsratsposten zuweilen zwischen den (Spitzen der) Genehmigungs- bzw. Planungsbehörden und den zuvor erwähnten Unternehmen bestehen110. 5. Verliert man diese Besonderheiten nicht aus den Augen, dann kann es nur für verfassungsrechtlich bedenklich und für rechtspolitisch verfehlt angesehen werden, wenn heute gerade bei umweltrelevanten Planungsentscheidungen unter Berufung auf die Eigenart der Planung 111 einer Verminderung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte das Wort geredet wird. Auf einige rechtliche Aspekte wird noch im folgenden eingegangen werden. An dieser Stelle sei jedoch mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die jüngste Entwicklung eigentlich gezeigt haben sollte, wie kurzsichtig die Forderung nach Einschränkung der Kontrollbefugnis der Verwaltungsgerichte ist. Denn die Verminderung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte würde mitnichten wieder zu einer Verstärkung der angeblich bedrohten bzw. beeinträchtigten Eigenverantwortung der Verwaltung führen, sondern endgültig die mit dem Anspruch demokratischer Legitimation operierenden Bürgerinitiativen als dritte Säule neben Verwaltung und Verwaltungsgerichtsbarkeit etablieren 112. Dem von den Verwaltungsgerichten endgültig enttäuschten - unmittelbar betroffenen - Bürger 113 wäre es nicht 107

Vgl. dazu bereits Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 146 ff. Zur Vorgeschichte im Fall Reynolds vgl. die Nachweise oben in Anm. 5. 108 Vgl. oben in Anm. 4. 109 Vgl. dazu ζ. B. die Kritik von Ule, VrwPrR (Anm. 8), § 2 I 3 (S. 12); femer Papier, DVB1. 1975, 466 (mit Anm. 70 f.). 110 Vgl. zu diesem Problem ζ. B. das unbefriedigende Urteil des BayVGH vom 17. 5. 1972 - Nr. 22 VII 71 - (η. v.; Verkehrsflughafen München II). Zu diesem Verfahren vgl. auch unten in Anm. 173. 111 Vgl. dazu Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 150, 161 ff., 183 ff. 112 Vgl. dazu auch oben im Text (mit Anm. 40 ff.); femer unten (mit Anm. 240 f.). 113 Der zwar in der Regel eine ablehnende, aber ausführlich begründete Gerichtsentscheidung akzeptiert, sich jedoch mit Entscheidungen nicht abzufinden vermag, die wegen einer fehlenden Kontrollkompetenz oder gar aus prozeßökonomischen Gründen einer Sachprüfung aus dem Wege gehen. Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1973, 441 f.; femer unten im Text (mit Anm. 158). - Aus dieser Sicht sind nicht nur die oben im Text (mit Anm. 46

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einmal zu verargen, wenn er sich diesen gegenwärtig ohnehin mit höchstem Wohlwollen 114 bedachten Gruppierungen anschließen und mit ihrer Hilfe die Verwaltung bei ihren Planungsaktivitäten lähmen würde. Der angebliche Einbruch der in der Verfassung verankerten dritten Gewalt in den ureigenen Bereich der Verwaltung 115 würde damit endgültig abgelöst durch den Einbruch unkontrollierter und unkontrollierbarer Gruppen in das Gefüge der zweiten Gewalt. Unter diesen Umständen ist es schwer begreiflich, daß im Schrifttum die Stimmen laufend zunehmen, die eine Beschränkung der richterlichen Plankontrolle befürworten 116 . Diese Tendenz, die auf der Grundlage des Gutachtens von Ossenbühl 117 sogar ihren Niederschlag in einem der öffentlichrechtlichen Abteilung des 50. Deutschen Juristentages in Hamburg unterbreiteten, aber nicht angenommenen Beschlußvorschlag fand 118 , steht allerdings in auffalligem Gegensatz zur Praxis der Verwaltungsgerichte" 9, die nach jahrelanger Zurückhaltung gegenüber administrativen Planungsentscheidungen - etwa bei der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes120 - in zunehmendem (wenn auch noch nicht immer ausreichendem 121) Maße ihre „Kontrollmöglichkeiten" 122 wahrnehmen 123 . Damit stimmt auch überein, daß sich im Schrifttum vor allem Richter - etwa Böhmer 124,

ff.) genannten Gerichtsentscheidungen, sondern auch das neue (umfangreiche) Würgassen-Urteil des OVG Münster vom 20. 2. 1975, ET 1975, 220, zu begrüßen. Ebenso Geizer, BauR 1975, 156 f.; auch Fischerhof, ET 1975, 186 (a. E.). Zur Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers vgl. ET 1975, 267. 114 Vgl. oben im Text (mit Anm. 41). 115 Vgl. Ule, VerwPrR (Anm. 8), § 2 III 2 (S. 18 f.). 116

Ζ. B. Ule, Ossenbühl, Hoppe, Papier, früher auch Redeker; vgl. die Nachweise

oben in Anm. 11,35, 87 ff, 95, 101. 117 Vgl. Anm. 11. 118 Vgl. Ziff. IV des Beschlußvorschlags, aaO (Anm. 31), S. 226 f. Zur Diskussion vgl. ebenda, insbes. S. 170 ff. 119 Zu dieser neuen Tendenz in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte vgl. bereits Blümel, Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 33 ff; Redeker, Eltville (Anm. 35). Vgl. im übrigen die oben im Text (mit Anm. 46 ff.) genannten Entscheidungen; BVerwG vom 29. 4. 1974 (Anm. 70); ferner unten im Text (mit Anm. 146 ff, 150 ff.). 120 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 151 ff. 121 Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 173 ff, 264 ff.). 122 Vgl. dazu oben in Anm. 103. 123 Dabei handelt es sich - entgegen Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 186 (mit Anm. 208) - auch nicht um Nachwirkungen anfanglicher Verirrungen. Zur Kontrolle von Bebauungsplänen durch den VGH Baden-Württemberg vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 136 f. (mit Anm. 28 f.). Zuck, DVB1. 1974, 213 ff. 124

Vgl. oben im Text (mit Anm. 31).

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Geizer 125, Zeller 2 6 - fur einen effektiven, d. h. rechtzeitigen und umfassenden Rechtsschutz gegenüber Planungsentscheidungen aussprechen. Die Grundsätzlichkeit, mit der die entgegenstehenden Standpunkte vertreten werden, führt dann leider dazu, daß insbesondere in dem eine Einschränkung der Kontrolldichte befürwortenden Schrifttum wichtige Einzelfragen kaum behandelt werden, mit denen sich die mit praktischen Fällen konfrontierten Verwaltungsgerichte befassen müssen. Dazu gehören prozessuale Fragen - ζ. B. der vorbeugende Rechtsschutz im Planungsbereich 127 - und die schwierige Problematik mehrstufiger Planungsverfahren 128, ebenso die für den Umfang der gerichtlichen Kontrolle zentrale, aber noch ungeklärte Frage, welche Planungsfehler ein unmittelbar Betroffener oder eine Gemeinde gegenüber einer komplexen Planungsentscheidung eigentlich rügen kann 129 . In dieser Hinsicht hat das Schrifttum die Verwaltungsgerichte, vor allem das im allgemeinen (mitunter allerdings nur in den Ergebnissen) um eine mittlere Linie besorgte BVerwG, weithin im Stich gelassen. Bei der bloßen Aufzählung und Wiederholung dessen, was noch alles zu tun sei 130 , kann es aber sein Bewenden nicht haben.

I I . Der Zeitfaktor beim Rechtsschutz Die Bedeutung des Zeitfaktors für den Rechtsschutz gegenüber Planungsentscheidungen ist seit der Erlanger Staatsrechtslehrertagung 1959 131 und namentlich seit den Ausführungen des Verfassers über „Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz" (1967) sowohl in der Rechtsprechung als auch im Schrifttum erkannt worden 132 . Zwar wehren sich noch einige Ver-

125

BauR 1975, 145 ff. DVB1. 1973, 599 ff. 127 Vgl. dazu (m. w. N.) L. Schmidt, BayVBl. 1974, 253 ff.; Blümel, DVB1. 1973, 436 ff; Fromm, BauR 1973, 265 ff; ferner unten im Text (mit Anm. 213). - Allgemein zum vorbeugenden Rechtsschutz im Verwaltungsprozeß vgl. Ule, VerwArch. 1974, 291 ff; 126

Maetzel, DVB1. 1974, 335 ff. 128

Vgl. dazu oben in Anm. 67 f, ferner unten im Text (mit Anm. 173 ff.). Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 248 ff.). 130 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 140 ff.; Brohm, WDStRL 30 (1972), 278 (Anm. 97); Ossenbühl, Gutachten (Anm.l 1), S. 192 ff.; ferner unten im Text (mit Anm. 179 f.). 131 Hierzu und zum folgenden vgl. (m. w. N.) Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 133 ff.; ferner Forsthoff, VerwR (Anm. 17), S. 78 f. 132 Vgl. dazu auch Ossenbühl Gutachten (Anm. 11), S. 165, 191 ff.; Redeker, NJW 1974, 1649 (mit Anm. 11 f.). 129

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waltungsgerichte 133 verbal gegen die naheliegende Annahme 134 , daß sich selbst Richter und Gerichte bei ihren Entscheidungen durch die inzwischen geschaffenen Fakten beeinflussen lassen 3 5 . Und noch immer gibt es Verwaltungsgerichtsentscheidungen 136 und Richter 137 , die das Eigengewicht etwa des Kostenfaktors bei bereits getätigten Investitionen durch den Hinweis bagatellisieren, daß dies alles auf eigenes Risiko des Planungsträgers bzw. des Unternehmens geschehe138. Während aber der kleine Mann bei Verstößen gegen das formelle und materielle Baurecht sein Bauwerk wieder abreißen muß, liegen die Dinge bei den hier interessierenden Vorhaben genau umgekehrt 139 . Die fertige Start- und Landebahn auf einem Flughafen, ein U-Bahn-Tunnel oder eine Bundesfernstraße, aber auch ein Kernkraftwerk oder eine Chemiefabrik werden auch dann nicht mehr beseitigt, wenn ein Betroffener nach Jahren des Prozessierens mit seiner Klage in der Hauptsache durchdringt. Ausnahmen wie der Floatglas-Fall140 mit

133

Vgl. ζ. B. OVG Lüneburg vom 17. 4. 1973, NJW 1974, 821 (822; Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen; unten Anm. 296). Vgl. demgegenüber aber die gegenteilige Ansicht eines anderen Senats des OVG Lüneburg in den unten in Anm. 135 genannten Entscheidungen. - Vgl. ferner BayVGH vom 20. 11. 1972, BayVBl. 1974, 43 (45; oben Anm. 67, 173). 134 Vgl. Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1959, S. 75; Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 138, 160; auch Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 181 (mit Anm. 186 f.). 135 Wie hier dagegen ζ. B. OVG Lüneburg vom 14. 9. 1973, ET 1973, 610 (614; Kernkraftwerk Krümmel) und vom 19./20. 6. 1974, DVB1. 1975, 190 (194) = ET 1975, 516 (518; Kernkraftwerk Stade; vgl. oben Anm. 50); VG Freiburg vom 14. 3. 1975, DVB1. 1975, 343 (347 a. E.) = ET 1975, 172 (177; Kernkraftwerk Wyhl; vgl. oben Anm. 49). Kritisch hierzu Niere, DVB1. 1975, 174 (mit Anm. 8). - Für das Kernkraftwerk Krümmel vgl. auch das in der Hauptsacheergangene Urteil des VG Schleswig vom 28. 5. 1974, ET 1974, 444. 136 Vgl. z. B. VGH Baden-Württemberg vom 3. 4. 1973, ET 1973, 248 (250) BWVPr. 1974, 177 (179; Kernkraftwerk Neckar); BayVGH vom 22. 11. 1974, DVB1. 1975, 199 (207; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld; oben Anm. 48). 137 Vgl. Heinrich, GewArch. 1975, 67 f. (68); oben Anm. 48. 138 Im Fall Reynolds (oben im Text mit Anm. 5) waren vollendete Tatsachen bereits teilweise geschaffen. Das hatte nachteilige Auswirkungen auf den vorläufigen Rechtsschutz insoweit, als nicht mehr auf die Erfolgsaussichten der Klage abgestellt wurde. Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 148 ff). 139 Hierzu und zum folgenden vgl. bereits (m. w. N.) Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 144 (mit Anm. 63 ff.), 153 (mit Anm. 111). Zur entsprechenden Praxis bei Kraftwerken vgl. Borggrefe, BB 1975, 163 (mit Anm. 24). Aus der neueren Rechtsprechung vgl. vor allem OVG Münster vom 24. 10. 1973, OVGE 29, 113 = BauR 1974, 265 = BRS 27 Nr. 189 = BauR 1974, 265 = BB 1974, 393 = MDR 1975, 253 (Raffinerie; dazu Geizer, BauR 1975, 156 f.); BVerwG vom 29. 4. 1974 (Anm. 70); vgl. ferner unten im Text (mit Anm. 143 ff, 148 ff.). 140 Vgl. oben in Anm. 4.

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Willi Blümel

seinen verbauten 20 Millionen D M 1 4 1 bestätigen eigentlich nur die bisher geltende Regel. 1. Da bei den genannten Vorhaben schon lange vor der verbindlichen (durchführenden) Planungsentscheidung142, spätestens aber nach Baubeginn die Weichen endgültig gestellt sind, ist ein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz, wenn überhaupt, nach der derzeitigen Rechtslage in der Regel nur im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, insbesondere also im Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, zu erreichen 143. Zwar ist die vom Verfasser bereits im Jahre 1967 erhobene Forderung nach Schaffung eines planungsadäquaten verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzverfahrens 144 bisher vom Gesetzgeber nicht erfüllt worden 145 . Jedoch sind in der Zwischenzeit die Verwaltungsgerichte 146 in zunehmendem Maße 147 auf die Linie des OVG Lüneburg eingeschwenkt148, wonach es bei den hier in Rede stehenden Vorhaben für die Verwaltungsgerichte bereits im Aussetzungsverfahren geboten ist, die Sach- und Rechtslage so vollständig aufzuklären, wie es die Kürze der Zeit zuläßt. Nach Auffassung des OVG Lüneburg erfordert die Effektivität des Rechtsschutzes in diesen Fällen, die Er141

Vgl. dazu Geizer, BauR 1975, 156. Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 173 ff.). 143 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 151 ff.; ders., DVB1. 1972, 799 (mit Anm. 44); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 229 ff. (S. 83 ff.); Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 195; femer unten im Text (mit Anm. 163 f.). 144 Vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 154 f. Vgl. auch die Überlegungen zum vorverlegten (gerichtlichen) Rechtsschutz von Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 192 142

ff.; ferner Schmidt-Aßmann, DÖV 1974, 547 (mit Anm. 38); Battis, ZRP 1975, 111 ff. 145

Statt dessen wird vom Gesetzgeber an Symptomen kuriert und der Individualrechtsschutz in den Massenverfahren eingeschränkt. Vgl. dazu oben in Anm. 56. 146 Vgl. dazu die den Bau von Kernkraftwerken und die Industrieansiedlung betreffenden Verwaltungsgerichtsentscheidungen oben in Anm. 5, 48 ff; femer OVG des Saarlandes vom 12. 4. 1972, AS 12, 420; OVG Münster vom 24. 10. 1973 (Anm. 139). 147 Über die früher abweichende Rechtsprechung der übrigen Verwaltungsgerichte, insbesondere des Bay VGH, vgl. die Nachweise bei Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 152 f. (mit Anm. 105, 107); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 234 (S. 86). Noch im Beschluß vom 22. 11. 1974 (Grafenrheinfeld; oben Anm. 48) spricht der Bay VGH von einer „teilweise vertretenen Meinung", zu der er jedoch nicht Stellung bezieht. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch die unbefriedigende Entscheidung des BayVGH vom 24. 10. 1973, BayVBl. 1974, 42 (43; dazu auch unten im Text mit Anm. 212), die im Widerspruch steht zum Urteil des BVerwG vom 6. 7. 1973, DÖV 1973, 785 = VkBl. 1973, 818 = MDR 1974, 167 (Vorinstanz: OVG Münster vom 22. 7. 1969, DVB1. 1970, 394); dazu Blümel, DVB1. 1972, 797 (mit Anm. 4 ff.). - Vgl. jetzt femer den allein auf eine Interessenabwägung abstellenden Beschluß des BayVGH vom 12. 3. 1975, GewArch. 1975, 241 (242, 243; Deponie). 148 Nachweise dieser Rechtsprechung bei Blümel, Hoppe und Ossenbühl (Anm. 143). Vgl. femer OVG Lüneburg vom 27. 9. 1973, DVB1. 1974, 366 (Deponie).

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

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folgsaus sichten des Rechtsmittels bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu prüfen, auch wenn es am Merkmal der Offensichtlichkeit des Erfolgs oder Mißerfolgs fehlt. Während früher - etwa bei Straßenbauvorhaben - Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluß wegen der ausschließlichen Interessenabwägung im Aussetzungsverfahren nur in den seltensten Fällen Erfolg hatten 149 , haben diese Rechtsprechung des OVG Lüneburg und einschlägige Veröffentlichungen 150 , die Entscheidungen des BVerfG zur Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes151 und nicht zuletzt das zunehmende Umweltbewußtsein bewirkt, daß sich die Verwaltungsgerichte 152 bis hin zum BVerwG 153 die Entscheidung über Aussetzungsanträge nicht mehr so leicht machen wie ehedem 154 . Durch die Praxis der Verwaltungsgerichte, bereits im summarischen Aussetzungsverfahren die Sach- und Rechtslage so weit wie möglich aufzuklären - ζ. B. durch Beweiserhebung, durch die Ermöglichung ausreichender rechtlicher Ausführungen, durch Anberaumung der mündlichen Verhandlung (§101 VwGO) -, sind die früheren Bedenken des Verfassers 155 gegen die Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache im wesentlichen ausgeräumt worden 156 . Verwaltungsgerichtliche Entscheidungen im summarischen Aussetzungsverfahren werden - wie gerade die bekannten Fälle (Reynolds, Kernkraftwerke Stade, Wyhl, Grafenrheinfeld) 157 zeigen - heutzutage sorgfaltiger begründet als dies früher bei manchem einschlägigen Urteil der Fall war 158 . Angesichts dieser im großen und ganzen für die Rechtsschutzsuchenden nicht unerfreulichen Entwicklung kann es allerdings nur als bedauerlicher Rückfall bezeichnet werden, wenn Heinrich 159 (Richter am BVerwG) in einer Anmerkung zum - aber insoweit in Abweichung vom - Beschluß des BayVGH vom 22. 149

Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 152 f. Vgl. oben in Anm. 143. 151 Vgl. oben im Text (mit Anm. 70). 152 Vgl. oben in Anm. 146. 153 Vgl. den - allerdings auf einer modifizierten Interessenabwägung beruhenden - Beschluß des BVerwG vom 29. 4. 1974 (Anm. 70). Über die frühere Rechtsprechung des BVerwG vgl. Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 154 (in Anm. 112). Vgl. dazu auch oben im Text (mit Anm. 119 ff). 155 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 154 f. 156 Vgl. dazu die unberechtigte Kritik von Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 95 (mit Anm. 259). 157 Vgl. oben im Text mit Anm. 5, 48 ff. 158 Vgl. dazu auch oben in Anm. 113. 159 AaO (Anm. 137). Auf Heinrich beruft sich Fischerhof ET 1975, 183 ff. (mit Anm. 3, 8, 15). 15 )

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Willi Blümel

11. 1974 (Kernkraftwerk Grafenrheinfeld) 160 die These vertritt, daß wegen der Notwendigkeit einer besonderen Betriebsgenehmigung kein hinreichender Grund für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in Ansehung der Errichtungsgenehmigung(en) gegeben sei, da der Antragsteller durch die Errichtung der Anlage allein noch keinen irreparablen Schaden erleiden werde. Bei dieser formaljuristisch zwar zutreffenden, aber wirklichkeitsfremden Argumentation 161 wird nicht nur das Eigengewicht der bei einem Kernkraftwerk moderner Größenordnung üblichen Investitionen in Milliaidenhöhe bei der späteren Entscheidung über die Betriebsgenehmigung übersehen 162. Vielmehr wird verkannt, daß spätestens mit dem ersten Spatenstich163 der Standort 164 des Kernkraftwerks ein für allemal festliegt. Mit allem Nachdruck muß daher der Auffassung von Heinrich widersprochen werden 165 , daß Klagebefugnis und Interesse des Klägers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels auseinandergehalten werden müßten. Die Besorgnis über die Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vom ausländischen Mineralöl 166 - die der Verfasser teilt 1 6 7 - kann nicht als Begründung dafür herhalten, die zutreffenden Ausführungen des BVerwG im Würgassen-Urteil vom 16. 3. 1972168 zur Klagebefugnis Dritter gegenüber einem Standortvorbescheid bzw. einer Errichtungsgenehmigung für das Aussetzungsverfahren abzulehnen. Wären die Überlegungen von Heinrich richtig, dann wäre ein effektiver Rechtsschutz bei allen Vorhaben ausgeschlossen, für die neben der Errichtungsgenehmigung und/oder Planfeststellung noch eine besondere Betriebsgenehmigung erforderlich ist 169 . Schließlich kann man

160

Vgl. oben in Anm. 48. Zu Recht ist daher das VG Freiburg in seinem Beschluß vom 14. 3. 1975 (Anm. 49) dieser Argumentation von Heinrich nicht gefolgt. 162 Vgl. dazu oben im Text (mit Anm. 133 ff, 136 ff.). 163 Vgl. oben im Text (mit Anm. 143). Zur Standortentscheidung vgl. auch unten im Text (mit Anm. 208, 225, 230 ff, 265 ff.). 165 Dagegen auch Geizer, BauR 1975, 156. 166 Vgl. Heinrich, GewArch. 1975, 67. Dazu auch unten im Text (mit Anm. 171). 167 Vgl. oben in Anm. 62. 168 DVB1. 1972, 678 = DÖV 1972, 757 = ET 1972, 315 = BB 1972, 1075 = NJW 1972, 1292 (nur LS). Vgl. dazu auch Schwarze, DÖV 1973, 700 ff.; Blümel, DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 88). Kritisch Fischerhof, Ergebnisse (Anm. 36), S. 20 ff.; ders., ET 1975, 183 f. (mit Anm. 2 ff.). 169 Umgekehrt müßte im mehrstufigen luftverkehrsrechtlichen Planungsverfahren bereits die Genehmigung nach § 6 LuftVG entgegen der Rechtsprechung (dazu unten im Text mit Anm. 197 ff.) für den einzelnen anfechtbar sein, da schon in dieser Genehmigung - und vor der Planfeststellung - über den Betrieb des Flugplatzes entschieden wird. Vgl. dazu Wahl, DÖV 1975, 373 ff. (380 mit Anm. 40); ferner BVerwG vom 11. 10. 161

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

191

auch nicht - wie Heinrich 170 - die grundsätzlichen Ausführungen des BVerwG in dem für den vorläufigen Rechtsschutz wichtigen Beschluß vom 29. 4. 1974 171 mit der Begründung relativieren, daß er nur das öffentliche Interesse an der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse zwischen zwei Städten betreffe, das weniger gewichtig sei „als das öffentliche Interesse an einer Minderung der Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vom ausländischen Mineralöl durch die möglichst baldige Errichtung weiterer Kernkraftwerke" 172 . 2. Während sich die Verwaltungsgerichte im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf der Grundlage des geltenden § 80 Abs. 5 VwGO in jüngster Zeit insgesamt auf einer sowohl den Interessen der Rechtsschutzsuchenden als auch den Bedürfnissen der planenden Verwaltung gerecht werdenden Linie bewegen, ist die Rechtsschutzfrage in Ansehung der mehrstufigen Verwaltungs- bzw. Planungsverfahren 172 noch ungelöst 174 . Hier, wo die Bedeutung des Zeitfaktors 1968, ZLW 1969, 129 (132; insoweit in NJW 1969, 340 und DÖV 1969, 283 nicht abgedruckt); unten im Text (mit Anm. 204). 170 Vgl. Anm. 166. Ähnlich Fischerhof, ET 1975, 185 (mit Anm. 15). 171 Vgl. oben in Anm. 70, 153. 172 Zutreffend wird daher die Entscheidung des BVerwG im Beschluß des VG Freiburg vom 14. 3. 1975 (Anm. 49) herangezogen. 173 Zur Planung in Stufen (Planungsstufen) vgl. vor allem (jeweils m. w. N.) Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970, S. 22 f.; Forsthoff, VerwR (Anm. 17), S. 305; Blümel,,,Demokratisierung" (Anm. 29), S. 26 ff.; ders., DVB1. 1972, 797 (mit Anm. 16 f.); ders., VVDStRL 30 (1972), 345; ders., DVB1. 1973, 441 (mit Anm. 84); ders. t Sicherung (Anm. 43), S. 70; ders., Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 42, 43 f.; ders., Art. Planung III (Planungsrecht), Evangelisches Staatslexikon, 2. Aufl. 1975, Sp. 1832 ff., Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 25 ff. (S. 14 f.); Brohm, VVDStRL 30 (1972), 239 ff. (281, 285 ff., 289 ff., 310); Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 175 ff. (177), 193, 194; Schmidt-Aßmann,DÖV 1974, 547; Badura, Verwaltungsverfahren (Anm. 101), S. 294 f.; W. Schmidt, VVDStRL 33 (1975), 208; WM, DÖV 1975, 373 ff.(ausführlich). Aus der noch unbefriedigenden Rechtsprechung vgl. BVerwG (2 Beschlüsse) vom 21. 2. 1973, DVB1. 1973, 448 (450) - DÖV 1973, 344 = BayVBl. 1973, 214 = BauR 1973, 291 = VkBl. 1973, 379 = ZLW 1973, 214 und DÖV 1973, 342 (343) - BayVBl. 1973, 388; dazu Blümel, DVB1. 1973, 436 ff.; Fromm, BauR 1973, 265 ff. Vorinstanzen: BayVGH vom 17. 5. 1972, VGHE 26, 82 = DVB1. 1972, 790 - BayVBl. 1973, 270 = VerwRspr. 24, 941 und (Nr. 22 VII 71, η. v.; vgl. oben Anm. 110); VG München vom 24. 5. 1971, DVB1. 1971, 796 = BayVBl. 1971, 310 und vom 12. 1. 1971 (Nr. 3331/70, n. v.); dazu Blümel, DVB1. 1972, 798 (Anm. 22, 25; unten im Text mit Anm. 211). BVerwG vom 29. 11. 1973, ZLW 1975, 58 (60 f.; unten im Text mit Anm. 215, 217, 296), und vom 22. 3. 1974, DVB1. 1974, 562 = DÖV 1974, 418 = NJW 1974, 1961 VkBl. 1974, 566; -BVerwG vom 28. 5. 1974, ET 1975, 167 (Anm. 67, 198); dazu BayVGH vom 20. 11. 1972, BayVBl. 1974, 43 (Anm. 67). - Für das Flurbereinigungsverfahren vgl. etwa BVerwG vom 28. 3. 1974, Bay.-VBl. 1975, 52 (53). 174 Vgl. dazu auch bereits oben im Text (mit Anm. 38, 67 f., 121, 128,142).

192

Willi Blümel

für den Rechtsschutz besonders klar zutage tritt, haben sich die Verwaltungsgerichte, voran das BVerwG, durch unbedachte, an die traditionelle Unterscheidung von Verwaltungsakt und bloß vorbereitender Verwaltungshandlung 175 anknüpfende und prozessuale Gesichtspunkte176 in den Vordergrund stellende Entscheidungen selbst in eine Ecke manövriert 177 , aus der es - trotz des insoweit abweichenden Floatglas-Urteils des BVerwG 178 - so leicht kein Entrinnen gibt. Zu ihrer Entschuldigung kann allerdings auch hier 179 angeführt werden, daß die Verwaltungsrechtswissenschaft die Verwaltungsgerichte bei der Bewältigung dieses gravierenden Rechtsschutzproblems bisher weitgehend im Stich gelassen hat 180 . Der gleiche Vorwurf gilt aber auch dem Gesetzgeber, der zwar immer neue Planungen bzw. Planarten - ζ. B. Entwicklungsplanungen auf den verschiedenen Planungsebenen, Landschaftsplanung (Landschaftspläne), forstliche Rahmenplanung (Rahmenpläne), wasserwirtschaftliche Rahmenplanung181 - institutionalisiert, sich über ihre Rechtsnatur, ihre Rechtswirkungen und über ihr Verhältnis zu bereits vorhandenen Planungen bzw. Planarten aber nur in den seltensten Fällen Gedanken macht 182 . Davon abgesehen zeichnen sich ζ. B. die Fachplanungsgesetze selbst, worauf jüngst wieder Wahl m - am Beispiel des § 16 FStrG 184 - zutreffend hingewiesen hat, nach wie vor durch ein erschreckendes Defizit an materiellrechtlicher Regelung aus 185 .

175 176 177

178

Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 203 ff.). Vgl. unten im Text (mit Anm. 210 ff). Ebenso Wahl, DÖV 1975, 374 (mit Anm. 10 ff.), 378 („Sackgasse").

Oben in Anm. 4. Vgl. dazu auch Blümel, Diskussionsbeitrag auf dem50. DJT, aaO (Anm. 31), S. 176; Wahl, DÖV 1975, 375 (Anm. 18);ferner unten im Text (mit Anm. 246). 179 Vgl. bereits oben im Text (mit Anm. 127 ff., 130). 180 Vgl. die Nachweise oben in Anm. 173. 181 Vgl. dazu Blümel, Verw. 74, 312 ff. (mit Anm. 43 ff, 60 ff.). 182 Vgl. dazu Schmidt-Aßmann, DVB1. 1974, 541, 547 (a. E.); Blümel, Diskussionsbeitrag auf dem 50. DJT, aaO (Anm. 31), S. 55 ff. 183

(1227).

Vgl. Wahl, DÖV 1975, 377 (Anm. 29). Ähnlich Reinhardt, NJW 1974, 1226 ff.

184 Vgl. dazu ausführlich Fors thoff/Blümel, aaO (Anm. 173), S. 30 (mit Anm. 63), 67 ff, 162 ff. Vgl. jetzt auch die neuen Hinweise zu § 16 FStrG des Bundesministers für Verkehr vom 2. 1. 1974 (VkBl. 74, S. 76). 185 Zu der seit jeher üblichen, allerdings fortschreitenden Einschränkung des Planungsermessens durch materiell-rechtliche Regelungen außerhalb der jeweiligen Planungsvorschriften vgl. bereits (m. w. N.) Blümel, Die Bauplanfeststellung I, 1961, S. 198 (mit Anm. 254 f.); ders., Sicherung (Anm. 43), S. 64 f. (mit Anm. 84 ff, 92); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 29 mit Anm. 2 (S. 17). Vgl. auch Badura, Verwaltungsverfahren (Anm. 101), S. 292. - Aus der Rechtsprechung vgl. ausführlich BVerwG vom 14. 2.

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

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Die Einsicht, daß (auch) die Raumplanung in Stufen - ζ. B. von der Kabinettsentscheidung (über den Bau eines Verkehrsflughafens, über Industrieansiedlung usw.) oder einem Raumordnungsplan 186 bzw. fachlichen Entwicklungsplan 1 8 7 (Ziele der Raumordnung und Landesplanung nach § 5 Abs. 2-4 ROG 188 ) über das förmliche Raumordnungsverfahren 189 und über die Planungsentscheidung nach § 16 FStrG, § 13 WaStrG oder § 6 LuftVG 190 bis hin zum endgültigen Planfeststellungsbeschluß - erfolgt 191 , ist inzwischen allgemein 192 . Hat nämlich eine Planung - Gesamtplanung oder Fachplanung - die letzte Planungsstufe erreicht, dann sind dieser verbindlichen Planungsentscheidung bereits zahlreiche Vorabentscheidungen vorausgegangen, die wiederum - wie etwa die Planungsentscheidungen nach § 16 FStrG oder § 6 LuftVG die Bauleitplanung der Gemeinden 193 - andere Planungen zur Anpassung gezwungen und auch sonst bereits vielfältige Folgewirkungen ausgelöst haben. Hält man sich diesen Befund vor Augen, dann wird klar, daß der ausschließlich an der Entscheidung der letzten Stufe eines langen und kontinuierlichen Planungsprozesses anknüpfende Rechtsschutz in den meisten Fällen zu spät kommt und kommen muß 194 . Die inzwischen geschaffenen vollendeten Tatsachen reduzieren die Erfolgsaussichten jeder gegen einen Planfeststellungsbeschluß gerichteten Klage praktisch auf nahezu Null 1 9 5 . Während die Verwaltungsgerichte aus diesen Einsichten bei den hintereinandergeschalteten Teilentscheidungen im atomrechtlichen Genehmigungsver-

1975, BauR 1975, 191 = NJW 1975, 1373 (oben Anm. 4, 70). - Vgl. auch unten im Text(mit Anm. 262 f.). 186 Vgl. dazu OVG Lüneburg vom 23. 11. 1972, DVB1. 1973, 151, 457 (Anm. von Körting) = BauR 1973, 94 = SchlHAnz. 1973, 51 = JuS 1973, 788; BayVGH vom 18. 11. 1974, BayVBl. 1975, 168; Mayer/Helbig, BayVBl. 1975, 163 ff.; Blümel, aaO (Anm. 182), S. 175. 187 Vgl. dazu ζ. B. Blümel, Rechtsprobleme (Anm. 36), S. 39 ff; ferner die oben in Anm. 41 zitierte Antwort der Bundesregierung, S. 22 ff. (Standortvorsorgeplanung und -Sicherung für Kernkraftwerke). 188 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1973, 436 ff. 189 Ebenda. 190 Vgl. dazu auch oben in Anm. 67 sowie unten im Text (mit Anm. 197 ff, 215 ff, 290 ff). Zur Grobtrassierung (Linienbestimmung) von Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn vgl. Küchler, BBahn 1975, 369 ff. (371 ff). 191 Vgl. dazu auch Wahl, DÖV 1975, 374 (mit Anm. 3 ff.). 192 Hierzu und zum folgenden vgl. die Nachweise oben in Anm. 173. 193 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1972, 798 (mit Anm. 21, 30). 194

Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 91 f.); Wahl, DÖV 1975, 377

(Anm. 30). 195 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 86 ff.).

194

Willi Blümel

fahren die für einen effektiven Rechtsschutz (insbesondere gegen die jeweilige Standortentscheidung) gebotenen Konsequenzen im wesentlichen gezogen haben 196 , kann das für die übrigen mehrstufigen Planungsverfahren nicht gesagt werden 197 . Denn die zuvor skizzierten und in zahlreichen Verwaltungsstreitverfahren aufgezeigten Zusammenhänge haben das BVerwG und die ihm folgenden Instanzgerichte in vergleichsweise einfachen Fallkonstellationen - Verhältnis der Planungsentscheidungen nach § 6 LuftVG und § 16 FStrG zum nachfolgenden Planfeststellungsbeschluß 197, Verhältnis der Entscheidung (Nichtbeanstandung) nach § 4 EnergG zu den Genehmigungen für konventionelle Kraftwerke und für Kernkraftwerke sowie zur Enteignung 198 -bisher gleichwohl nicht gehindert, den rechtsschutzsuchenden Bürger (und bis in die jüngste Zeit sogar die in ihrer Planungshoheit beeinträchtigten Gemeinden199) auf die Anfechtung des jeweiligen Planfeststellungsbeschlusses, also der Entscheidung der letzten Planungsstufe, zu verweisen 200 . Die stereotype Begründung 201 dieser unbefriedigenden Rechtsprechung geht dahin, daß die vorangegangene Planungsentscheidung dem Bürger gegenüber nichts verbindlich regele und deshalb nicht geeignet sei, ihn im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG in seinen Rechten zu verletzen; in dem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren (und anschließenden Verwaltungsstreitverfahren) sei der Betroffene mit seinen Einwendungen gegen das Vorhaben nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine positive Planungsentscheidung voran-

196 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 88); auch Wahl, DÖV 1975, 373 (Anm. 1); ferner die oben im Text (mit Anm. 48 ff., 75 ff, 113, 157 ff, 168 f.) gewürdigten Verwaltungsgerichtsentscheidungen. 197 Vgl. dazu auch oben im Text (mit Anm. 190). 198 Zu dem unbefriedigenden Beschluß des BVerwG vom 28. 5. 1974, ET 1975, 167 vgl. auch oben in Anm. 67, 173, ferner unten im Text (mit Anm. 201). 199 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1972, 797 ff.; Forsthoff, VerwR (Anm. 17), S. 312 f.; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht III, 3. Aufl. 1973, § 158 I c (S. 304); Wahl, DÖV 1975, 370 (mit Anm. 23), 376 (mit Anm. 34); Badura, Verwaltungsverfahren (Anm. 101), S. 295 (mit Anm. 15 f.). Zum Beschluß des BVerwG vom 29. 11. 1973 (Anm. 173) vgl. auch unten im Text (mit Anm. 215), zu dessen Urteil vom 22. 3. 1974 (Anm. 173) auch unten in Anm. 200 sowie im Text (mit Anm. 205 f.). 200 Vgl. dazu die Nachweise bei Blümel, DVB1. 1972, 797 f. (mit Anm. 18) sowie bei Badura, Verwaltungsverfahren (Anm. 101), S. 294 f. (mit Anm. 14); BVerwG vom 22. 3. 1974, DVB1. 1974, 562 (565; oben in Anm. 173), und vom 14. 2. 1975, BauR 1975, 191 (192) = NJW 1975, 1373 (oben Anm. 70, unten Anm. 230 sowie im Text mit Anm. 265 ff). - Über das ebenfalls gestufte Verhältnis von Planfeststellung und Enteignung bzw. vorzeitiger Besitzeinweisung vgl. (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1972, 797 (mit Anm. 4 ff), 798 (Anm. 32); BVerwG vom 6. 7. 1973, aaO (Anm. 147). 201 Vgl. ζ. B. BVerwG vom 28. 5. 1974 (Anm. 198).

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gegangen sei. Der Inhalt dieser Planungsentscheidung gehe in den Planfeststellungsbeschluß ein und sei als dessen Element mit diesem angreifbar 202. Diese Rechtsprechung geht bekanntlich zurück auf das Urteil des BVerwG vom 11. IO. 1968203, in dem das Gericht sich erstmals ausführlich über das Verhältnis der Genehmigung nach § 6 LuftVG zum Planfeststellungsbeschluß nach § 9 LuftVG äußerte. Danach handle es sich bei der Genehmigung um einen gestaltenden Verwaltungsakt. Er erlaube nicht nur die Anlage eines Flugplatzes, sondern auch seinen Betrieb, mit dem das etwa nachfolgende Planfeststellungsverfahren unmittelbar nichts mehr zu tun habe204. Allerdings könne wegen der Notwendigkeit des Planfeststellungsverfahrens auf Grund der Genehmigung vorerst ein Flughafen weder angelegt noch betrieben werden, so daß die Genehmigung insoweit nur einer „leeren Hülse" gleiche, die erst auf Grund der Planfeststellung mit Inhalt angefüllt werde; aber nach wohl allgemeiner Auffassung würden durch die Genehmigung nach § 6 LuftVG erst die Voraussetzungen für das Planfeststellungsverfahren nach § 8 ff. LuftVG geschaffen. Obwohl das BVerwG seine mißverständlichen und häufig mißverstandenen Formulierungen (Urteil vom 11. 10. 1968) inzwischen im Urteil vom 22. 3. 1974 (Flughafen Frankfurt) 205 „klargestellt" hat 206 , ist das schiefe Bild von der „leeren Hülse" in zahlreiche Verwaltungsgerichtsentscheidungen eingegangen. Auf die Spitze getrieben wurde allerdings diese „Hülsen"-Spielerei, die am Kern des Problems vorbeigeht, im Urteil des OVG Lüneburg vom 26. 6. 1974 (Flugplatz Flensburg) 207 . Nach dieser Entscheidung in einem besonders gelagerten Fall wandelte sich die ursprünglich vollgültige, zureichend konkretisierte Gestattung nach § 6 LuftVG „im Sinne des bildhaften Vergleichs des Bundesverwaltungsgerichts inhaltlich zu einer zwar nicht gänzlich ,leeren', jedoch nur noch ,teilgefüllten Hülse4, zu einem imperfekten Verwaltungsakt, der nunmehr der weiteren konkretisierenden Ausfüllung durch die festzustellenden Pläne bedurfte. Damit veränderte sich zugleich ihre rechtliche Qualität". Nach Auffassung des OVG Lüneburg besteht die Teilfüllung der Hülse offenbar in der noch nicht bindenden Entschei202

Vgl. dazu auch Wahl, DÖV 1975, 375 (mit Anm. 15). AaO (oben Anm. 169). Vgl. auch die wörtlichen Zitate bei Blümel, DVB1. 1972, 798 f.; femer unten im Text (mit Anm. 257). - Vorangegangen (zu § 16 FStrG) war das Urteil des BVerwG vom 1. 7. 1968, RdL 1968, 305 = DVB1. 1969, 307 = VkBl. 1969, 108 (in dem noch von einem „justizfreien Hoheitsakt" die Rede war), sowie das Urteil des OVG Lüneburg vom 19. 10. 1965, DVB1. 1966,411 (412). 204 Vgl. dazu bereits oben in Anm. 169). 205 DVB1. 1974, 562 (564; oben Anm. 173). - Zur Vorgeschichte dieses Prozesses vgl. 203

Wahl, DÖV 1975, 374 (Anm. 12). 206 207

Ebenso Wahl, DÖV 1975, 374 (mit Anm. 11 f.). ZLW 1975,69 (76 f.).

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dung über den Standort der Anlage und die Arten des Luftverkehrs, die nach der Errichtung der Anlage zulässig sein sollen 208 . Allen Versuchen, diese den Rechtsschutz bei gestuften Planungen verkürzende Rechtsprechung im Prozeßwege wenigstens für die in ihrer Planungshoheit betroffenen Gemeinden (und Gemeindeverbände) 209 aufzulockern, begegneten die bisher angerufenen Berufungsgerichte und das BVerwG 210 - in Abweichung von mehreren aufgehobenen erstinstanzlichen Urteilen 211 - im wesentlichen mit vordergründigen Überlegungen zur sinnvollen Konzentration des Rechtsschutzes 212. Aus Gründen der Prozeßökonomie und im Interesse der Verfahrenskonzentration wurden die Klagen und Anträge der Gemeinden - irrig als Verlangen nach vorbeugendem Rechtsschutz213 qualifiziert - als unzulässig abgewiesen214. Immerhin hat das BVerwG in seinem kaum bekannten Beschluß vom 29. 11. 1973215 offenbar wenigstens seine zuvor unentschiedene Haltung 216 in der Frage der Anfechtungsbefugnis

von Gemeinden gegen die Genehmigung

nach

§ 6 LuftVG trotz nachfolgender Planfeststellung revidiert 217 . In einem Urteil vom 208

In der Entscheidung (aaO S. 77) heißt es wiederum: „Nur gegen den das Planfeststellungsverfahren abschließenden Planfeststellungsbeschluß ist ihnen sodann die Klagemöglichkeit eröffnet. Damit wird der Rechtsschutz der Flugplatznachbarn sachlich nicht beschränkt, sondern er wird ihnen - nicht zuletzt im Interesse eines sinnvollen, sachgerechten und konzentrierten Einsatzes ihrer Rechtsmittel - in der Verfahrens stufe eröffnet, in der die vorgesehene Luftverkehrsanlage in ihrer konkreten Gestalt erkennbar wird und die sich auf ihr abwickelnden Luftverkehrsvorgänge mit ihren Auswirkungen auf die Umgebung einschätzbar werden, ohne daß zuvor bereits ein einzelnes Element der Planung (etwa der Standort) bindend festliegt." Vgl. dazu aber unten im Text (mit Anm. 225). 209 Vgl. oben im Text (mit Anm. 199). 210 Vgl. die Nachweise bei Blümel, DVB1. 1972, 798 (mit Anm. 19 f.), 799 (Anm. 45); ders., DVB1. 1973, 441 f. (mit Anm. 85); Wahl, DÖV 1975, 374 (mit Anm. 10); oben in

Anm. 173. 211

Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1972, 798 (mit Anm. 25 ff.); Wahl, DÖV 1975, 374

(Anm. 9); oben in Anm. 173. 212 Vgl. oben im Text (mit Anm. 176), ferner das Zitat in Anm. 208. - Wohin diese Art der Begründung führen kann, zeigt auch das bereits in anderem Zusammenhang (oben Anm. 147) kritisierte Urteil des BayVGH vom 24. 10. 1973, BayVBl. 1974, 42 (43). Vgl. ferner BayVGH vom 20. 11. 1972, BayVBl. 1974, 43 (44 f.; oben Anm. 67, 173). 213 Vgl. dazu oben in Anm. 127. 214 Vgl. dazu kritisch Blümel, DVB1. 1973, 436 ff. 215 ZLW 1975, 58 (60). Vgl. dazu auch oben in Anm. 173 sowie unten in Anm. 217, 296. 216 Vgl. dazu die insoweit unterschiedliche Bewertung dieser Rechtsprechung bei Blümel, DVB1. 1972, 798 (mit Anm. 24) und bei Wahl, DÖV 1975, 374 (mit Anm. 9). 217 In der Entscheidung (Anm. 215) heißt es: „Es kommt jedoch hinzu, daß das Luftverkehrsgesetz das luftverkehrsrechtliche Planungsverfahren bei der hier zur Rede stehenden Art in das Genehmigungs- und das Planfeststellungsverfahren mit je einer diese

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29./30. 4. 1974 hält das VG Schleswig 218 die als unbegründet abgewiesene Klage gegen die Genehmigung des Flughafens Hamburg-Kaltenkirchen mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Falles und unter Bezugnahme auf Ausführungen des Verfassers zwar für zulässig, schränkt die gerichtliche Überprüfung jedoch aus den erneut bemühten Gründen der Prozeßökonomie allein auf die Standortfrage ein. Die Kontrolle der einzelnen in der Genehmigung enthaltenen Entscheidungen (genaue Festlegung des Flughafenbezugspunktes, Dimensionierung des Flughafens, Auflagen) soll dagegen der Planfeststellung und dem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorbehalten bleiben 219 . Man darf gespannt sein, wie das gegen dieses Urteil angerufene OVG Lüneburg entscheidet, nachdem die Errichtung des an der verkehrten Stelle geplanten Flughafens Hamburg-Kaltenkirchen zumindest vorläufig dem Rotstift zum Opfer gefallen ist 220 . Schließlich steht zu erwarten, daß das VG München in absehbarer Zeit über den Aussetzungsantrag und die Klage betroffener Gemeinden gegen die für sofort vollziehbar erklärte Genehmigung des Flughafens München II vom 9. 5. 1974221 entscheiden wird. Geht man von der sich abzeichnenden unterschiedlichen Einwendungs- und Anfechtungsbefugnis von Gemeinden und privaten Flughafennachbarn aus, dann stellt sich für das luftverkehrsrechtliche - wie auch für alle übrigen mehrstufigen - Planungsverfahren mit ganzer Schärfe die in jüngster Zeit namentlich von Wahl 222 erörterte, von der Rechtsprechung und im übrigen Schrifttum? 23 bisher weithin vernachlässigte Frage, wie der „Inkongruenz zwischen dem Sachgehalt der vom Gesetz vorgesehenen Teilentscheidungen und ihrem Rechtsgehalt" begegnet werden kann. Denn wenn Gemeinden sowohl gegen vorausgehende Planungsentscheidungen als auch gegen den jeweiligen Planfeststellungsbeschluß vorgehen können, dann zwingt die notwendige Aufspaltung der

Verfahren abschließenden Verwaltungsentscheidung gliedert und damit dem davon rechtlich Betroffenen in beiden Verfahrensstufen nachträglichen Rechtsschutz ermöglicht." (Hervorhebung vom Verf.). - Badura, Verwaltungsverfahren (Anm. 101), S. 295 (mit Anm. 16) beruft sich für das Klagerecht der Gemeinden außerdem auf das Uleil des BVerwG vom 22. 3. 1974 (oben Anm. 173, 200). 218 Vgl. oben in Anm. 87. 219 Genau umgekehrt argumentiert nunmehr Wahl, DÖV 1975, 375 ff, 379 f. Vgl. dazu auch unten im Text (mit Anm. 231). Vgl. dazu auch oben im Text (mit Anm. 85). 221 Vgl. dazu auch VkBl. 1974, 516. 222 DÖV 1975, 373 ff. (376). 223 Vgl. jetzt die Andeutungen bei Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 175 ff. (177), und bei Schmidt-Aßmann, DÖV 1974, 547.

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Einwendungs- und Anfechtungslast 224 die Verwaltungsgerichte dazu, sich endlich dazu zu äußern, worin der Regelungsgehalt der jeweiligen Planungsentscheidung besteht. Außerdem wird klar, daß man für Gemeinden nicht eine bestandskräftige Vorabentscheidung (Teilentscheidung) annehmen und gleichwohl so tun kann, als ob für den privaten Flughafennachbar im abschließenden Planfeststellungsverfahren noch alles offen, d. h. nicht ein einziges Element der Planung (etwa der Standort) bindend festgelegt sei 225 . Wie Wahl 226 zutreffend bemerkt hat, wird Folgerichtigkeit „in diese ineinander verschlungenen Fragen der Betroffenheit, Einwendungs- und Klagebefugnis auf der einen Seite und Bestandskräftigkeit auf der anderen Seite nur kommen, wenn man unabhängig von und vor prozessualen Überlegungen nach materiellrechtlichen Gesichtspunkten die inhaltliche Betroffenheit zum Maßstab der Strukturierung des mehrstufigen Verwaltungsverfahrens macht: Danach hat jeder Einwendungs- und Klagebefugnis, der durch eine Teilentscheidung im mehrstufigen Planungsverfahren betroffen ist". Obwohl sonach der grundsätzlichen Ausgangsposition von Wahl zuzustimmen ist, kann seinem eigenen Versuch 227 der differenzierenden Bestimmung der Betroffenheit einzelner durch Planungsentscheidungen - als Beitrag zu dem von Ossenbühl 228 geforderten „Stufensystem der Betroffenheit" 229 - nicht gefolgt werden. Mit der von Wahl gegebenen Begründung 230 läßt sich bei der generellen Standortwahl eines Flughafens (oder einer anderen Anlage) die Betroffenheit einzelner nicht verneinen. Weder der Umstand, daß von einem Flughafen an jedem Standort Grundstückseigentümer und Nachbarn betroffen werden noch die gesetzliche Anerkennung des Enteignungsrechts und der Duldungspflicht 231

224 Vgl. dazu Weyreuther, DVB1. 1972, 97 (mit Anm. 49 ff.), 99 f.; Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 28 (mit Anm. 121 ff.); ders., DVB1. 1972, 798 (mit Anm. 31 f.); Kopp, VVDStRL 30 (1972), 347 ff. (349); Wahl, DÖV 1975, 378 (mit Anm. 35). 225

So aber ζ. B. OVG Lüneburg vom 13. 7. 1972, DVB1. 1972, 795 und vom 26. 6. 1974, ZLW 1975, 69 (77; Zitat oben in Anm. 208). Dazu kritisch Blümel, DVB1. 1972, 798 f. (mit Anm. 30 ff.); ders., DVB1. 1973, 439 (Anm. 39), 442 (mit Anm. 91). Vgl.

auch oben im Text (mit Anm. 193). 226 DÖV 1975,378. 227

Vgl. Wahl, DÖV 1975, 378 ff.

228

Gutachten (Anm. 11), S. 177 (mit Anm. 160), 193, 194. Vgl. auch unten im Text (mit Anm. 244). 229

230

Vgl. Wahl, DÖV 1975, 380 (a. E.).

Die sich jetzt allerdings auch im Urteil des BVerwG vom 14. 2. 1975 (oben Anm. 4, 70, 200) wiederfindet. Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 265 ff.). 231 Vgl. Wahl, DÖV 1975, 379 (1. Sp.). Mit diesen Ausführungen steht die Differenzierung auf S. 379 f. nicht in Einklang. Vgl. dazu auch oben im Text (mit Anm. 219).

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schließen es (völlig) aus, daß Private durch die Standortwahl in ihren Rechten verletzt sein können 232 . Denn bereits die Standortwahl - oder die Trassenwahl (Linienführung) eines Verkehrsweges 233 - kann wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (i. w. S.) 234 fehlerhaft sein. Ergibt sich ζ. B , daß der Träger des Vorhabens selbst über geeignetes Gelände verfügt oder entsprechende Grundstücke der öffentlichen Hand vorhanden sind, dann wäre die Inanspruchnahme von Grundstücken Dritter unzulässig 235 . Dasselbe gilt dann, wenn mit einer bestimmten Standort- oder Trassenvariante (eines nicht standortgebundenen Vorhabens) ein insgesamt weniger starker Eingriff verbunden ist 2 3 6 . Auf diese Problematik wird in anderem Zusammenhang noch einmal zurückzukommen sein 237 . Unzutreffend ist auch der Hinweis von Wahl 238, daß etwa auf der Ebene der Raumordnungsentscheidung die Interessen einzelner Grundstückseigentümer und Mieter von Wohnbezirken nur als städtebauliche Interessen, die von Landwirten und Gewerbetreibenden als Interessen der Landwirtschaft und der Wirtschaft relevant würden. Diese Sicht der privaten Interessen ist viel zu eng, wie ζ. B. die Qualifizierung als städtebauliche Interessen zeigt 239 . Im übrigen geht

232

Würde die Auffassung von Wahl (aaO) zutreffen, dann könnten einzelne auch nicht durch die Wahl des Standorts für ein Kernkraftwerk oder eine Industrieanlage betroffen werden. Die Rechtsprechung - Floatglas-Urteil des BVerwG (Anm. 4), Rechtsprechung zur Genehmigung von Atomanlagen (Anm. 36 ff., 48 ff.) - geht jedoch ersichtlich vom Gegenteil aus. Vgl. auch oben im Text (mit Anm. 164) sowie unten in Anm. 273. 233 Vgl. dazu Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 148 ff. (149 mit Anm. 93), 158 f.; ders., Die Planfeststellung II, 1967, § 13, 3 b (S. 473 ff, 475 ff.; Maschinenschrift); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 55, 189, 190 ff. (193) (S. 29 f , 68, 69); ferner unten in Anm. 249. - Aus der Rechtsprechung vgl. ζ. B. BVerwG vom 14. 2. 1969, VRS 37, 157 und vom 19. 3. 1970 (2 Beschlüsse), DVB1. 1970, 582 = BauR 1970, 105 und BVerwG IV Β 156.69 - (η. v.). - Im Urteil des BVerwG vom 14. 2. 1975 (S. 35; insoweit in BauR 1975, 191 und NJW 1975, 1373 - oben Anm. 4, 230 - nicht abgedruckt) werden die im Text (mit Anm. 234 ff.) genannten Gesichtspunkte nur als für die Planung sprechende Belange berücksichtigt. Der Betroffene soll sich auf sie nicht berufen können. Vgl. dazu auch unten in Anm. 278. 234 Vgl. dazu auch Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 159 f. 235 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, Die Planfeststellung II (Anm. 233), § 13, 2 c und 3 b (S. 439, 473 ff.); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 194 (S. 69 f.). 236 Vgl. dazu (m. w. N.) ausführlich Blümel, Die Planfeststellung II (Anm. 233), § 13, 2 c und 3 b (S. 443 ff. - 446 f. -, 478 f.); Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 196 (S. 70). 237 Vgl. unten im Text (mit Anm. 272 ff.). 238 DÖV 1975, 378 f. 239 Vgl. ζ. B. § 6 Abs. 2 LuftVG.

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es schwerlich an, die Wahrnehmung solcher aggregierter Interessen allein den Trägern öffentlicher Belange zu überlassen. Gerade bei den voraus liegenden Planungsstufen stellt sich vielmehr, wie auch die Aktivitäten von Bürgerinitiativen zeigen 240 , das nach wie vor ungelöste Problem, wie eine ausreichende (gebündelte), den Individualrechtsschutz ergänzende 241 Interessenwahrnehmung gesichert werden kann 242 . Abgesehen von den vorstehenden Vorbehalten wird man Wahl 243 allerdings zugeben müssen, daß nur eine differenzierende Betrachtung zu dem von Ossenbühl 244 geforderten „Stufensystem der Betroffenheit" führen wird. Die hierfür erforderliche „mühevolle Kleinarbeit" 245 ist noch nicht geleistet. Zu ihr und zu einer Revision der bisher unbefriedigenden Rechtsprechung nötigt nicht zuletzt das Floatglas-Urteil des BVerwG vom 5. 7. 1974246, mit dem in der Tat die Vorstellung von der Wiederholung der Erwägungen in den nachfolgenden Stufen nicht zu vereinbaren ist.

I I I . Vorüberlegungen zu einem Stufensystem der Betroffenheit Einige der vorangegangenen Überlegungen zeigen bereits, daß sich das „Stufensystem der Betroffenheit" (Ossenbühl) nur erarbeiten läßt, wenn zuvor die damit zusammenhängende, aber umstrittene Frage geklärt ist, was einzelne - als unmittelbar Betroffene 247 - oder Gemeinden überhaupt an Einwendungen gegen 240

Vgl. dazu oben im Text (mit Anm. 40 ff, 112 ff.), ferner unten im Text (mit Anm.

279). 241

Ebenso Schmidt-Aßmann, DÖV 1974, 547 (mit Anm. 39). Vgl. jetzt auch § 18 BREntwurf BNatSchG nebst Begründung, BT-Drucks. 7/3879, S. 18 f , 25. 242 Auf die Probleme der Verbandsbeteiligung und der Verbandsklage kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Blümel, Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 564 f.; W. Schmidt, WDStRL 30 (1975), 209 f. (210); Bartlsperger, ebenda, S. 259 ff; Knöpfle, DVB1. 1974, 715; femer - insbesondere für die Flurbereinigung Blümel/Ronellenfitsch, 243

aaO (Anm. 56), S. 82 ff

DÖV 1975,380 a. E. 244 Vgl. oben im Text (mit Anm. 228). 245 So Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 177. 246 Vgl. dazu oben im Text (mit Anm. 178). 247 Nur von solchen unmittelbar Betroffenen (ζ. B. Grundstückseigentümer, Nachbarn des Vorhabens) ist hier und im folgenden die Rede. Vgl. dazu Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 21 f.; ders., Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 550 (mit Anm. 57), 557 ff. (mit Anm. 109 ff, 113), 560 ff. (mit Anm. 122 ff.); auch Schmidt-Glaeser, WDStRL 31 (1973), 225 f. (mit Anm. 203), 244 f. (mit Anm. 281 ff.); Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 175 ff.; unten in Anm. 248.

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komplexe Planungsentscheidungen im Verwaltungsprozeß 248 vorbringen können. Insoweit sind die zahlreichen, insbesondere Planfeststellungsbeschlüsse betreffenden Verwaltungsgerichtsentscheidungen, und hier wiederum die besonders interessanten Nichtzulassungsbeschlüsse des BVerwG, noch nicht umfassend und nach dem neuesten Stand ausgewertet worden 249 . Immerhin lassen einige der dem Verfasser vorliegenden Entscheidungen gerade aus jüngster Zeit das verstärkte Bemühen verschiedener Verwaltungsgerichte 250 erkennen, durch eine Reduzierung der zulässigen Einwendungen bzw. Anfechtungsgründe den Umfang der verwaltungsgerichtlichen Prüfung einzuschränken 251. Die hier sichtbar werdenden Tendenzen könnten für einen effektiven Rechtsschutz252 gefahrlicher werden als die gängigen allgemeinen Überlegungen zur Ausdehnung des Beurteilungsspielraums der Verwaltung oder zum Planungsermessen253. Im übrigen erweckt die Spruchpraxis der Verwaltungsgerichte 254 mitunter den Eindruck, als würde von diesen Gerichten mehr Gewicht auf die Eindämmung möglicher Einwendungen gegen fehlerhafte Planungsentscheidungen gelegt als auf die angemessene und vertretbare Planungs- bzw. Plankontrolle selbst255. Auf eine solche Kontrolle kann jedoch nicht verzichtet werden, wenn die durch eine Planungsentscheidung unmittelbar betroffenen Bürger und kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die Verwaltungsgerichte bemühen, weil sie sich in ihren rechtlich geschützten Belangen beeinträchtigt fühlen. Hier handelt es sich also in Wirklichkeit nicht um die von Eyermann 256 beklagte Aufblähung der Klagebefugnis, sondern um die lapidare Frage, wie effektiver Rechtsschutz auch 248

Zu der wichtigen Unterscheidung zwischen Einwendungsbefugnis (im Verwaltungsverfahren bzw. Planfeststellungsverfahren) und Klagebefugnis vgl. vor allem (m. w. N.) Blümel, aaO (Anm. 247), ders., VVDStRL 33 (1975), 311. Aus der neueren Rechtsprechung vgl. ζ. B. BayVGH vom 22. 11. 1974, DVB1. 1975, 199 (202; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld; oben Anm. 48). Eine bis zum Jahre 1967 reichende Zusammenstellung der sich aus Art. 14 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (oben im Text mit Anm. 232 ff. ) ergebenden Einwendungen findet sich bei Blümel, Die Planfeststellung II (Anm. 233), § 13, 2 c, d, 3 a, b (S. 439 ff., 452 ff., 469 ff., 473 ff.). Vgl. dazu auch Hoppe, Rechtsschutz (Anm. 101), Rdnr. 78 f. (S. 36 f.), 190 ff. (S. 68 ff.); Diekmann, Die wasserwirtschaftliche Planfeststellung, Diss. Münster 1972, S. 108 ff. 250 Auch in Atomgenehmigungssachen. Vgl. ζ. B. VGH Baden-Württemberg vom 3. 4. 1973, BWVPr. 1974, 177 (178; Kernkraftwerk Neckar; oben Anm. 136); BayVGH vom 22. 11. 1974, aaO (oben Anm. 48; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld). 251 So auch die Empfehlung von Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 183. 252 Vgl. dazu oben im Text (mit Anm. 30 f., 70, 105). 253 Vgl. oben im Text (mit Anm. 13, 101). 254 Vgl. ζ. B. BayVGH vom 22. 11. 1974, aaO (Anm. 48, 250). 255 Vgl. oben in Anm. 247. 256 BayVBl. 1974, 237 ff.

202

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gegenüber Fehlentscheidungen der planenden Verwaltung gewährleistet werden kann. 1. Ist im Einzelfall eine Planungsentscheidung als gestaltender Verwaltungsakt zu qualifizieren, dessen Regelungsgehalt - wie bei der Genehmigung nach § 6 LuftVG - schlechthin wirkt und sich nicht auf den Unternehmer begrenzen läßt 257 , dann müßten gegen diesen (auch und vor allem belastenden) Verwaltungsakt alle Einwendungen zulässig sein, welche die Rechtmäßigkeit des Ve rwaltungsakts betreffen. Da bei belastenden Verwaltungsakten deren Rechtswidrigkeit zugleich und ohne weiteres die Rechtsverletzung impliziert 258 , würde jeder Planungsfehler relevant sein; der Verwaltungsakt müßte in jedem Fall vom Verwaltungsgericht aufgehoben werden (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Schon die übliche Qualifizierung etwa der Planfeststellungsbeschlüsse als Verwaltungsakte mit Doppelwirkung 259, ihr mehr oder weniger großer Adressatenkreis sowie ein Blick auf die Nachbarklage 260 zeigen aber, daß die Dinge ganz offensichtlich so einfach nicht liegen. Nach traditioneller Lehre wird dem einzelnen ein subjektives öffentliches Recht nur zuerkannt, wenn der einschlägige Rechtssatz nicht nur öffentlichen, sondern zumindest auch Individualinteressen zu dienen bestimmt ist 261 . Diese Prüfung stößt jedoch bei Planungsentscheidungen, wie Wahl 262 zutreffend bemerkt, nicht zuletzt wegen des großen Defizits an materiellen Regelungen in den Fachplanungsgesetzen263 auf erhebliche Schwierigkeiten. Die uferlose Diskussion um das subjektive öffentliche Recht kann an dieser Stelle nicht aufgenommen und für den Bereich der Planung fortgeführt werden.

257 Vgl. dazu z. B. BVerwG vom 11. 10. 1968 und vom 22. 3. 1974, aaO (oben im Text mit Anm. 203 ff.). 258 Vgl. Ule, VerwPrR (Anm. 7), § 33 IV (S. 159). 259 Auch in Fällen, in denen der Staat selbst Träger des Vorhabens ist. Vgl. z. B. Kodal, Straßenrecht, 2. Aufl. 1964, S. 470; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, Kommentar, 1971, § 19 Anm. 2 (S. 176). - Zur Qualifizierung der atomrechtlichen Genehmigung als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung vgl. z. B. BayVGH vom 22. 11. 1974, DVB1. 1975, 199 (200 f., 202; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld; oben Anm. 48). 260 Vgl. dazu (m. w. N.) Wolff/Bachof Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1974, § 43 I b 2 (S. 323); Wolff, VerwR III (Anm. 199), § 136 VI d 2 (S. 148 f.). Vgl. auch die Nachweise in der folgenden Anmerkung. Vgl. dazu neben den Nachweisungen in Anm. 260 noch Lorenz, aaO (Anm. 29), S. 51 ff. (58 ff.); Ossenbühl, Gutachten (Anm. 11), S. 175 f.; Bartlsperger, WDStRL 33 (1975), 251 ff.; Wahl, DÖV 1975, 376 f. 262 DÖV 1975, 377 (mit Anm. 29). Vgl. auch Bartlsperger, WDStRL 33 (1975), 252 (mit Anm. 125). 263 Vgl. dazu bereits oben im Text (mit Anm. 183 ff).

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

203

Hier soll vielmehr lediglich auf die Tendenzen der neueren Rechtsprechung aufmerksam gemacht werden, welche bei den weiteren Überlegungen zu diesem Thema nicht unberücksichtigt bleiben können. Dem häufig umfangreichen Vorbringen eines Klägers begegneten die Gerichte bisher immer wieder mit dem lapidaren Hinweis, daß er vor den Verwaltungsgerichten nur eigene Rechte wahrnehmen könne. Dieser Feststellung ist sicher beizupflichten, soweit sich ein Kläger „auf das wohlverstandene Interesse der Allgemeinheit und auf die überregionale Bedeutung der Planungsentscheidung beruft und daraus Folgerungen für die Notwendigkeit einer umfassenden Plankontrolle durch die Gerichte herzuleiten versucht" 264 . Der Verweis auf die Vorschriften des § 42 Abs. 2 und des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO stößt jedoch auf Bedenken, wenn er - wie in dem in einem Musterprozeß 265 zum Planungsermessen bzw. zur planerischen Gestaltungsfreiheit ergangenen Grundsatzurteil des BVerwG vom 14. 2. 1975266 - im Ergebnis dazu führt, daß der von der geplanten Neubaustrecke einer Bundesstraße Betroffene trotz des vorangegangenen Massenverfahrens 267 nur in seiner Isoliertheit gesehen und ihm daher zwar ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf angemessene Schutzmaßnahmen (§ 17 Abs. 4 FStrG) 268 zugebilligt wird, seine vorrangigen Einwendungen gegen die Linienführung - entgegen der bisherigen Rechtsprechung 269 - wegen des Übergewichts der öffentlichen Interessen für das Vorhaben jedoch praktisch abgeschnitten werden. Da die hier in Rede stehenden Fachplanungen „voraussetzungsgemäß immer im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG Aufgaben zum Wohle der

264

BVerwG vom 14. 2. 1969, VRS 37, 157 (158). Vgl. zu dieser Entscheidung auch oben in Anm. 233, femer unten im Text (mit Anm. 302). 265 Vgl. die Pressemitteilung des BVerwG, NJW Heft 11/75, S. II (ζ. T. zitiert unten in Anm. 275); femer unten in Anm. 267. 266 BauR 1975, 191 = NJW 1973, 1373 (oben Anm. 70, 230, 233). 267 In dem eine vierspurige, 8,5 km lange Neubaustrecke der Β 42 zwischen BonnBeuel und Königswinter betreffenden Verfahren hatten mehr als 1000 Personen Einwendungen gegen die Behördentrasse erhoben und eine andere Linienführung verlangt. 268 Diese Argumentation ist deshalb widersprüchlich, weil in solchen Fällen ζ. B. bei Lärmschutzanlagen schon im Hinblick auf die Kostenfrage nicht auf den einzelnen Betroffenen allein abgestellt werden kann. § 17 Abs. 4 (und 6) FStrG spricht denn auch von den benachbarten Grundstücken in der Mehrzahl. 269 Vgl. oben im Text (mit Anm. 233 ff.). - Daß Einwendungen gegen die Linienführung eines Verkehrsweges oder die Standortwahl in den meisten Fällen erfolglos bleiben werden, steht auf einem anderen Blatt. Vgl. dazu bereits Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 149 f. (m. Anm. 91 ff.; ders., DVB1. 1973, 442 (mit Anm. 86); femer oben im Text (mit Anm. 69). Auch in dem vom BVerwG im Urteil vom 14. 2. 1975 (Anm. 206) entschiedenen Fall war die Bestimmung der Linienführung offenbar sachgerecht.

204

Willi Blümel

,Allgemeinheit'" erfüllen 270 und sich in nahezu allen Fachplanungsgesetzen dem § 17 Abs. 4 FStrG vergleichbare Vorschriften finden 271 - damit handelt es sich also entgegen den Ausführungen des BVerwG (aaO) nicht um eine „spezifisch straßenrechtliche Schranke der planerischen Gestaltungsfreiheit" -, wären auf Grund dieser Rechtsprechung Angriffe einzelner Bürger auf die behördliche Trassen- bzw. Standortwahl ein für allemal unterbunden. Die in § 17 Abs. 4 FStrG und entsprechenden Vorschriften enthaltene Konfliktsregelung kann jedoch, wie bereits ausgeführt wurde 272 , erst dann eingreifen, wenn zuvor festgestellt worden ist, daß die behördliche Wahl des Standorts oder der Linienführung des Vorhabens nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt und damit als solche rechtmäßig ist 273 . Der vom BVerwG 274 allein erörterte Fall, daß das Vorhaben in der geplanten Form dann scheitert, wenn ein Ausgleich durch Schutzanlagen unmöglich ist, dürfte - nicht zuletzt wegen der vom Gericht erwogenen Alternative der förmlichen Enteignung bzw. der Zubilligung einer angemessenen Entschädigung in Geld (§ 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG 1974) - praktisch nicht vorkommen. Sollte die vorstehende Interpretation des Urteils des BVerwG vom 14. 2. 1975 richtig sein - und dafür spricht auch die Pressemitteilung des Gerichts 275 -, dann kann den einzelnen Betroffenen in Fällen, in denen die Trassenwahl oder Standortentscheidung als solche umstritten ist, nur geraten werden, in Zukunft die Kosten eines Verwaltungsgerichtsprozesses zu sparen. Der Fall Eltville 276 und ähnlich umstrittene Fälle 277 könnten - da jeder Kläger für sich al-

270 BVerwG vom 14. 2. 1975, BauR 1975, 191 (195; oben Anm. 266). Ähnlich Wahl, aaO (im Text mit Anm. 230 f.). - Zur Bedeutung des Art. 14 Abs. 3 GG („Wohle der Allgemeinheit") vgl. Blümel, Die Planfeststellung II (Anm. 233), § 13, 2 e (S. 463 ff.). 271 Vgl. ζ. B. aus dem Bundesrecht nur § 9 Abs. 2 LuftVG, § 29 Abs. 2 PBefG. Zum früheren Recht vgl. ζ. B. schon § 14 PrEisenbG (1838). Dazu Blümel, Die Bauplanfeststellung I, 1961, S. 87 ff., 96 ff. (98 f.). 272 Vgl. oben im Text (mit Anm. 233 ff.). 273 Bei Kernkraftwerken und Industrieanlagen wurde von der Rechtsprechung bisher auch und vor allem die Standortentscheidung überprüft. Vgl. oben in Anm. 232. 274 BauR 1975, 191 (196; oben Anm. 266). 275 AaO (Anm. 265): „Im Hinblick auf die vom Kläger in erster Linie angestrebte Verlegung der Bundesstraße aus der Ortslage heraus und ihre Ausführung als Hanglinie am Rande des Siebengebirges entlang, hebt das BVerwG demgegenüber hervor, daß der betroffene Anlieger zwar gegebenenfalls einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf angemessene Schutzmaßnahmen, grundsätzlich aber keinen Anspruch auf eine bestimmte Trassenführung habe." 276 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 28 f. (mit

Anm. 29); ders., Masseneinwendungen (Anm. 43), S 546 (mit Anm. 31); Redeker, Elt-

villejuristisch (Anm. 35).

Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit (I)

205

lein betrachtet wird - selbst durch gleichartige Klagen einer Vielzahl von Betroffenen nicht bereinigt werden. Denn nach dem Urteil des BVerwG 278 hat der einzelne Kläger zwar ein subjektives öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung, aber keinen „Anspruch darauf, daß die Belange anderer Beteiligter gerecht abgewogen sind oder daß etwa die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht" 2783 . Angesichts einer solchen Rechtsprechung solle sich allerdings auch niemand wundern, wenn die durch ein Vorhaben unmittelbar Betroffenen von vornherein nach anderen - offenbar wirksameren - Abhilfen Ausschau halten 279 . 2. Die Folgen einer solchen Rechtsprechung sind um so bedenklicher, als die Verwaltungsgerichte auf dem besten Wege sind, einen bereits vielfach beschrittenen 280 und auch im einschlägigen Schrifttuirf 81 befürworteten Ausweg aus dem Dilemma, nämlich die Interessenwahrnehmung durch die Gemeinden (Selbstverwaltungskörperschaften), zu blockieren. Überblickt man die einschlägige Rechtsprechung 282, dann wiederholt sich in diesen Fällen, in denen sogar häufig ein echter Konflikt der örtlichen Planung mit anderen Planungen (Gesamtund Fachplanungen) vorliegt 283 , der zuvor beschriebene Vorgang 284 : Mit Blick 277 Vgl. die Beispiele bei Blümel, „Demokratisierung" (Anm. 29), S. 28 f., 29 f.; ders., Masseneinwendungen (Anm. 43), S. 541 f. (mit Anm. 9 ff), 545 f. (mit Anm. 27 ff). 278 BauR 1975, 191 (194 f.; oben Anm. 266). - Über den (eingeschränkten) Umfang der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung heißt es in dem Urteil (aaO, S. 195): „Bei dieser Sicht wird zugleich deutlich, welche Stelle die allgemeinen, das Straßenbauvorhaben selbst betreffenden Planungsgesichtspunkte wie etwa: Zweckmäßigkeit von Linienführung und technischer Gestaltung der Straße, ihre Wirtschaftlichkeit in Bau und Unterhaltung, ihre Einwirkung auf ihre Umgebung, ihre Beziehung zur Raum- und Ortsplanung, ihre Rücksichtnahme bei der notwendigen Inanspruchnahme fremden Grundeigentums sowie auf den Landschafts- und Naturschutz, in der Abwägung einnehmen. Sie können nicht vom Kläger mit der Behauptung, ihnen sei bei der Planung nicht optimal Rechnung getragen worden, gegen das Planvorhaben angeführt, wohl aber umgekehrt von der Planfeststellungsbehörde als - öffentliche - Belange für die Planung eingesetzt werden." Vgl. auch oben in Anm. 233 (a. E.). 278d Die negativen Konsequenzen des Urteils für das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BBauG und damit für die Fehlerfolgen bei Bebaungsplänen lassen sich bereits erahnen. Zu der schon bisher zu beobachtenden Relativierung dieser Fehlerfolgen vgl. ζ. B. (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1972, 123 (m. Anm. 19); Brohm, VVDStRL 30 (1972), 283 (m. Anm. 113); Bachof, ebenda, S. 357 f. (358). 279 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1973, 441 f.; femer oben im Text (mit Anm. 40 ff., 112 ff., 240). 280 Vgl. dazu auch Blümel, VVDStRL 33 (1975), 311. 281

Vgl. ζ. B. Schmidt-Aßmann, DÖV 1974, 543, 544;

Wahl, DÖV 1975, 379

(Anm. 36). 282 Vgl. auch VGH Baden-Württemberg vom 6. 5. 1974, aaO (Anm. 10 a. E.). 283 Zu dieser Planungskollision vgl. Blümel, DVB1. 1972, 798.

206

Willi Blümel

auf § 42 Abs. 2 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO werden die vielfältigen Einwendungen der Gemeinden Stück für Stück als unzulässig zurückgewiesen und damit der auch aus Gründen der Effektivität propagierte kompensatorische Rechtsschutz 285 mit Hilfe der kommunalen Gebietskörperschaften unmöglich gemacht. Zwar braucht nach dem Krabbenkamp-Urteil des BVerwG vom 8. 9. 1972286 keine Gemeinde hinzunehmen, daß ihre Planungshoheit durch fremde Planungen rechtswidrig verletzt wird. Hieraus wurde aber bisher von den Gerichten 287 mitnichten der Schluß gezogen, daß die Gemeinde jeden Rechtsfehler einer sie berührenden und zumeist vorrangigen 288 fremden Planung rügen kann 289 . Schon in dem als Markstein zu bezeichnenden Urteil vom 14. 2. 1969 290 bemerkte das BVerwG, daß die in § 6 Abs. 2 Satz 2 LuftVG erwähnten Gesichtspunkte (Eignung des Geländes, Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung) nicht im Interesse der klagenden Gemeinden zu berücksichtigen seien und daher von ihnen im Verfahren nicht geltend gemacht werden könnten. Die dem Urteil zugrunde liegende Auffassung, „daß die Gemeinden als Planungsträger für die örtliche Planung gegenüber den überörtlichen ihre örtlichen Bedürfnisse, so wie sie aus ihrer Sicht erscheinen, zu vertreten befugt" seien, wurde ζ. B. vom BayVGH 291 in zahlreichen Entscheidungen mit der Formulierung wiederholt, daß die Gemeinden nur die Belange

ihrer

eigenen örtlichen

Planung

geltend ma-

chen könnten. Wie einschränkend dieser Satz gemeint ist, zeigt ζ. B. das Urteil des BayVGH vom 17. 5. 1972292, in dem gegenüber den zahlreichen Einwendun284

Aufschlußreich ζ. B. BayVGH vom 22. 11. 1974, aaO (Anm. 48; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld). Vgl. dazu unten im Text (mit Anm. 300 f.). 285 Ausdruck von Schmidt-Aßmann, DÖV 1975, 547. 286 BVerwGE 40, 323 = BauR 1972, 352 = MDR 1973, 74 = DVB1. 1973, 34 = DÖV 1973, 200 = BayVBl. 1973, 273 = VkBl. 1973, 227 = BRS 25, 44 = VerwRspr. 25, 47; Vorinstanz: OVG Lüneburg vom 17. 11. 1970, DVB1. 1971, 322 = BRS 23, 55. Vgl. dazu auch Blümel, DVB1. 1973, 436 (mit Anm. 1); Hoppe, Zwischengemeindliche planungsrechtliche Gemeindenachbarklage, in: Fortschritte des Verwaltungsrechts, aaO (Anm. 32), S. 307 ff 287 Auch nicht vom BVerwG im Krabbenkamp-Urteil (Anm. 286). Vgl. dazu die berechtigte Kritik von Hoppe, aaO (Anm. 286), S. 313 ff. 288 Vgl. dazu (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1973, 440 f. (mit Anm. 57 ff.). 289 Vgl. dazu bereits Blümel, DVB1. 1973, 441 (Anm. 72). 290 DVB1. 1969, 362 (364 a. E.). Vgl. zu diesem Urteil (m. w. N. und Fundstellen) Blümel, DVB1. 1973, 437 (mit Anm. 6). 291

Vgl. BayVGH vom 22. 5. 1969, VGH n. F. 22, 91 = BayVBl. 1969, 322, vom 18. 7. 1969, VGH n. F. 22, 94 = BayVBl. 1969, 360, und vom 29. 10. 1969, VGHE n. F. 23, 56 = BayVBl. 1970, 294 (nur LS); dazu Blümel, DVB1. 1973, 437 (Anm. 16), 440 (Anm. 53). 292 DVB1. 1972, 790 (792, 793 f., 794 f.; oben Anm. 173). - Zur Erstellung von Kosten-Nutzen-Analysen vgl. auch oben im Text (mit Anm. 86), femer unten in Anm. 299).

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gen der den Flughafen München II bekämpfenden Gemeinden - ζ. B. Unterbleiben eines erneuten Raumordnungsverfahrens, Nichtanstellen von Erwägungen über Alternativstandorte, Fehlen einer Kosten-Nutzen-Analyse (§ 6 Abs. 2 HGrG, § 7 Abs. 2 BHO), Interessenkollision in der Person der Behördenvertreter, Investierung erheblicher öffentlicher Mittel in den Grunderwerb - festgestellt wird, daß sich aus dem Recht der Selbstverwaltung und der Planungshoheit nur Rechte der örtlichen Planung stützen lassen293. In dem die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil zurückweisenden Beschluß vom 21. 2. 1973 294 stellte das BVerwG u. a. fest: Soweit den klagenden Gemeinden im luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren eine geschützte Rechtsposition überhaupt zukomme, beruhe diese nicht auf gesetzlichen Regelungen zur Raumordnung und Landesplanung, deren Träger sie nicht seien, sondern ausschließlich auf nachbarschützenden Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes und der den Gemeinden zustehenden Planungshoheit für ihren eigenen örtlichen Bereich 295 . In ähnlicher Weise verfuhr das OVG Lüneburg im Urteil vom 17. 4. 1973296 mit den entsprechenden Einwendungen der klagenden Selbstverwaltungskörperschaften (Gemeinden, Kreis) gegen die Planung des Flughafens HamburgKaltenkirchen. Da jedoch das Gericht die hier erörterte Frage wenigstens zum Teil offenließ und - als rechtsgrundsätzliche Frage - insoweit in das die Anfechtungsklage gegen die luftverkehrsrechtliche Genehmigung betreffende Verwaltungsstreitverfahren 297 verwies, seien im folgenden die einschlägigen Passagen wie folgt zitiert 298 : „Die hiergegen mit der Berufung vorgetragenen Angriffe verkennen zu einem Teil, daß die Kläger weder in dem Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG noch in dem Planfeststellungsverfahren nach §§ 8 ff. LuftVG berufen sind, Interessen der Allgemeinheit oder einzelner Einwohner ihrer Gebietskörperschaften wahrzunehmen. Ihre Mitwirkungsbefugnis an diesen Verfahren gründet sich allein auf ihre örtliche bzw. auf das Kreisgebiet beschränkte Planungshoheit, die in dem ihnen in Art. 28 Abs. 2

- Über die Notwendigkeit ökologischer Gesamtgutachten vgl. oben in Anm. 51. - Über die neuerdings im Schrifttum geforderte Umweltverträglichkeitsprüfung vgl. ζ. B. Wegener, DVB1. 1974, 327 ff.; ders,, DVB1. 1975, 176 ff. (181); Wälde, ZRP 1975, 105 ff. 293

Vgl. jetzt auch BayVGH vom 22. 11. 1974, DVB1. 1975, 199 (204; Kernkraftwerk Grafenrheinfeld; oben Anm. 48, 284). 294 DVB1. 1973, 448 (450; oben Anm. 173). 295 Dazu kritisch Blümel, DVB1. 1973, 440 (mit Anm. 52 ff.). 296 NJW 1974, 821 (oben Anm. 133). Ebenso bereits die Vorinstanz: VG Schleswig vom 30. 3. 1972 - 10 A 155/71 -, S. 17 f. (η. v.). Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des OVG Lüneburg wurde zurückgewiesen durch Beschluß des BVerwG vom 29. 11. 1973, ZLW 1975, 58 (oben Anm. 173,215,217). 297 Vgl. dazu oben im Text (mit Anm. 218 ff.). 298 NJW 1974, 821 (1. Sp.).

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GG eingeräumten Selbstverwaltungsrecht wurzelt. Als Träger der örtlichen bzw. der Kreisentwicklungsplanung sind sie von überörtlichen Planungen, die ihren Bereich berühren allerdings nicht nur zu unterrichten. Sie sind vielmehr an dem Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß des Trägers der überörtlichen Planung in der Weise zu beteiligen, daß ihnen Gelegenheit zu geben ist, ihre aus den Belangen ihres Gebietes, insbesondere den örtlichen bzw. auf Kreisebene entwickelten Planungen, hergeleiteten Bedenken gegen die überörtliche Planung rechtzeitig und ausreichend geltend zu machen. In dem hier zur Entscheidung stehenden Verwaltungsprozeß kann die für die Beurteilung der gegen die Genehmigung nach § 6 LuftVG gerichteten Anfechtungsklage bedeutsame - Frage unerörtert bleiben, ob dieses Beteiligungsrecht die Befugnis einschließt, übergreifende, die örtliche Planung nicht unmittelbar berührende Bedenken gegen die Planungen des Beklagten - wie Zweifel an der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Flughafenprojektes und an der zweckmäßigen Verwendung öffentlicher Mittel bei der Planung und Durchführung dieses Projektes - vorzubringen und gestützt auf sie die Planungsentscheidungen anzugreifen. Einer Klärung dieser rechtsgrundsätzlichen Frage bedarf es im Rahmen der im vorliegenden Verfahren zu treffenden Entscheidung nicht ... 299 " In jüngster Zeit hat schließlich der BayVGH im Beschluß vom 22. 11. 1974 (Kernkraftwerk Grafenrheinfeld) 300 eingehend - wenn auch nicht abschließend die Frage geprüft, ob die Stadt Schweinfurt klagebefugt ist, soweit sie den Schutz ihrer Bürger vor den Gefahren der Kernenergie, den Schutz der Landschaft, den Schutz gemeindlicher Einrichtungen (Trinkwasserversorgung, Abwasserbeseitigung), den Schutz gemeindlicher Grundstücke und die Weiterentwicklung ihres Gemeindegebiets verfolgt. Ungeklärt blieb in diesem Aussetzungsverfahren insbesondere die „schwierige Rechtsfrage", ob dem kompensatorischen Rechtsschutz mit Hilfe juristischer Personen § 42 Abs. 2 VwGO entgegensteht 301 . 3. Bereits dieser kursorische Überblick über einige markante Verwaltungsgerichtsentscheidungen dürfte die eingangs aufgestellte These des Verfassers bestätigt haben, daß die Verwaltungsgerichte insbesondere bei mehrstufigen Planungsverfahren mit der Rechtsschutzfrage noch nicht fertig geworden sind. Zwar werden vom Verfasser nicht die aus der Natur der Sache begrenzten Möglichkeiten der Gerichte verkannt, „die bei der einen Einzelfall betreffenden Entscheidung keine weiträumige Planung betreiben können" 302 . Mit diesem im-

299

Vgl. auch die darauf Bezug nehmenden weiteren Ausführungen des Gerichts, NJW 1974, 822 (1. Sp.), 823 (1. Sp.; vergleichende Standortuntersuchung, Kosten-NutzenAnalyse). Kritisch zu diesen Ausführungen bereits Blümel, DVB1. 1973, 441 (Anm. 72). 300 Anm. 48, 284. 301 Vgl. dazu bereits oben im Text (mit Anm. 285). 302 So BVerwG vom 14. 2. 1969, VRS 37, 157 (158 f.; oben im Text mit Anm. 264), unter Berufung auf Blümel, Raumplanung (Anm. 29), S. 149 (mit Anm. 31). Vgl. dazu aber oben im Text (mit Anm. 99 ff.).

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mer wiederholten Hinweis läßt sich jedoch nicht rechtfertigen, daß von den Gerichten eine Plankontrolle in zunehmendem Maße auch insoweit abgelehnt wird, als sie im Einzelfall geboten und möglich ist.

Die Standortvorsorgeplanung für Kernkraftwerke und andere umweltrelevante Großvorhaben in der Bundesrepublik Deutschland1

I. Zur gegenwärtigen Lage 1. Die Suche nach Standorten Wer in diesen Monaten, insbesondere nach den Ereignissen von Brokdorf Ende 19762, Presse, Rundfunk und Fernsehen aufmerksam verfolgt, wird leicht

1

Vortrag, gehalten am 27. 1. 1977 auf dem 48. Kolloquium über Fragen des Energierechts des Instituts für Energierecht an der Universität zu Köln; vgl. den Bericht von Haeusler, ET 1977, 155 f. Der Vortrag geht zurück auf die (überarbeitete) Antrittsvorlesung des Verf. an der Hochschule für VerwaltungsWissenschaften Speyer am 5. 7. 1976 (hektographiert). Das Manuskript dieser Antrittsvorlesung bildete die Grundlage der Diskussion mit dem Verf. in der 4. Arbeitssitzung des Fachausschusses I »Umweltpolitik und Umweltplanung« der Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen e.V. am 13. 12. 1976 in Bonn (vgl. Kurzprotokoll, S. 4 ff). Außerdem wurde der Text als Sitzungsunterlage den Teilnehmern des Umweltforums 1976 am 18. 11. 1976 in München (Schwerpunktthema: »Umweltschutz durch Standortplanung - Probleme der Landesentwicklung«) zur Verfügung gestellt; vgl. Das Umweltgespräch, Aktuell: Umweltforum 1976, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen e. V., 1976, S. 39; Umwelt Nr. 52/1977, S. 26. Vgl. auch unten Anm. 46, 131, 262 sowie im Text (m. Anm. 490 f.). 2 Vgl. dazu ζ. B. die Berichte in ET 1976, 684 f., 685, 750; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Plenarprotokoll 8/28 vom 23. 11. 1976, S. 1918 ff.; LT-Drucks. 8/525, 8/528, 8/529, 8/530; Plenarprotokoll 8/29 vom 7. 12. 1976, S. 2044; LT-Drucks. 8/526; Kohl, BT -Plenarprotokoll 8/6 vom 17. 12. 1976, S. 59 f.; Mischnick, ebenda, S. 80; Stoltenberg, BT -Plenarprotokoll 8/8 vom 20. 1. 1977, S. 271 ff.; Friderichs, ebenda, S. 310 f.; FAZ vom 19. 3. 1977, S. 4. Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 230 ff.). Vgl. ferner die Beschlüsse des VG Schleswig vom 4. 11. 1976, vom 15. 11. 1976, vom 15. 12. 1976 und vom 9. 2. 1977 (Baustopp); dazu: ET 1976, 685, 750; 1977, 75 f. = DVB1. 1977, 219 = Die Gemeinde 1977, 58 f.; ET 1977, 166 und in diesem Heft; atomwirtschaft - atomtechnik (atw) 1977, 101; Naumann, Verwaltungsverfahrensgesetz und Massenverfahren (dargestellt an der Genehmigung für Kernkraftwerke), GewArch. 1977, 41 ff.; FAZ vom 11.2. 1977, S. 4. Zu den Demonstrationen und Aktionen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf am 19. 2. 1977 vgl. die Erklärungen der Bundesregierung

212

Willi Blümel

feststellen: In der Bundesrepublik Deutschland - und nicht nur hier - ist das große Suchen im Gange: das Suchen nämlich nach Standorten. Gesucht werden Standorte für Kernkraftwerke 3 sowie - und dies, vor allem nach dem vorläufigen Baustopp in Nordrhein-Westfalen 3a, besonders dringlich - ein Standort in Norddeutschland für den zentralen

nuklearen

Entsorgungspark

A

,

d. h. für eine Wie-

vom 4. 2. 1977 und des Bundeskanzlers vom 17. 2. 1977, Bulletin Nr. 10/1977, S. 90 f., Nr. 15/1977, S. 137 f. Vgl. ferner unten Anm. 33 (Wyhl), 226 (Grohnde). 3 Ein Bericht über die Ausbauplanungen, ein Verzeichnis sowie eine Karte der Standorte aller bestehenden sowie der bis 1978/80 geplanten Kraftwerke über 1000 MW (nicht nur Kernkraftwerke) finden sich - nach dem Stand von 1974 - in dem von der Bundesregierung unter dem 29. 4. 1975 vorgelegten Raumordnungsbericht 1974, BT-Drucks. 7/3582, S. 81/84 (unten im Text m. Anm. 302 f.). Vgl. dazu auch ET 1975, 318; ferner den Bericht und Antrag des Ausschusses ftir Raumordnung, Bauwesen und Städtebau des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 7/4786 (vom 20. 2. 1976). Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 5, 6). - Über die Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland (Stand: Februar 1977) vgl. die Angaben in atw 1977, 124/33. - Über den in Vorbereitung befindlichen Industrieatlas (Handbuch zur ökologischen Planung) vgl. unten im Text (m. Anm. 304). 3a Vgl. Protokoll der Fragestunde der Landespressekonferenz mit Ministerpräsident Kühn am 13. 1. 1977 (hektographiert), insbes. S. 4 ff., 9, 10, 13; die Berichte in der FAZ vom 14. 1. 1977, S. 1, vom 15. 1. 1977, S. 1/2, 2, 11, und vom 17. 1. 1977, S. 4; atw 1977, 53. Zu dem Junktim zwischen atomrechtlicher Genehmigung und Entsorgung der Kernkraftwerke vgl. die Nachweise unten in Anm. 4 sowie im Text (m. Anm. 235 ff., 246). Hierzu sowie zu den erst beginnenden Auseinandersetzungen um diesen zentralen nuklearen Entsorgungspark vgl. ζ. B. ET 1975, 116; 1976, 61, 184 ff. (185, 186, 187), 242 f., 311, 464, 551, 623, 684, 744; 1977, 72 ff.; die Berichte in Der Spiegel, Nr. 14/29. 3. 1976, S. 67 f., Nr. 46/8. 11. 1976, S. 102 ff., Nr. 47/15. 11. 1976, S. 46 ff., Nr. 51/13. 12. 1976, S. 77 ff., Nr. 4/17. 1. 1977, S. 30 ff., Nr. 9/21. 2. 1977, S. 24 ff. Vgl. ferner: Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. friedliche Nutzung der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drucks. 7/3410, 7/3871, S. 17 ff. (dazu BT-StenB 215/22. 1. 1976, S. 14916 ff.); Entsorgung der Kerntechnik (Berichte des Symposiums am 19./20. 1. 1976 in Mainz), hrsg. vom Deutschen Atomforum e. V., 1976 (dazu ET 1976, 50); Pfaffelhuher, Das Sicherheitskonzept der Bundesregierung zur Entsorgung, ET 1976, 84 ff.; Sicherheitskonzept der Bundesregierung zur Entsorgung von radioaktiven Abfällen, Umwelt Nr. 48/1976, 6 ff; Schmude, Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, Bulletin der Bundesregierung Nr. 39/1976, S. 365 ff. (367 f.; dazu ET 1976, 184 f.); öffentliche Anhörung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages am 9. 6. 1976 zu dem Thema »Die Energiewirtschaft und die Entsorgung ihrer Kernkraftwerke«, Anlage zu Protokoll Nr. 114 (dazu ET 1976, 309 f.; woche im bundestag - wib - 14/1976, S. 5, 24); Bericht und Antrag des Ausschusses fur Forschung und Technologie des Deutschen Bundestages betr. friedliche Nutzung der Kernenergie, Brennstoffkreislauf, BT-Drucks. 7/3827, 7/5466 (BT-StenB 256/1. 7. 1976, S. 18447 B); Beantwortung einer Anfrage, BT-Drucks. 7/5681, S. 9 f. (Nr. 11, 12) = ET 1976, 623; Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks. 7/5699) betr. Brennstoffkreislauf, friedliche Nutzung der Kernenergie, BT-Drucks. 7/5863 (21.9. 1976), S. 4 f. (Entsorgung); Baum, Ansprache vom

Die Standortvorsorgeplanung fur Kernkraftwerke

213

deraufbereitungsanlage und für eine Anlage zur säkularen Endlagerung radioaktiver Abfälle 43 . Gesucht werden aber auch Standorte für Kohle- 5 und andere Kraftwerke,

für neuzeitliche Abfallbeseitigungsanlagen

1

sowie für Anlagen

zur

16. 11. 1976, Umwelt Nr. 52/1977, 4 ff. (5 f.); Maihofer, Schreiben vom 28. 10. 1976, ebenda, S. 10; Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Schmidt, BTPlenarprotokoll 8/5 vom 16. 12. 1976, S. 36 = Bulletin Nr. 135/1976, S. 1291 (Nr. 28). Jahreswirtschaftsbericht 1977 der Bundesregierung, BT-Drucks. 8/72 (28. 1. 1977), S. 16 (Tz. 31) = ET 1977, 160; Grundlinien und Eckwerte für die Fortschreibung des Energieprogramms (Beschluß des Bundeskabinetts vom 23. 3. 1977), Bulletin (Sonderausgabe), Nr. 30/1977, S. 265 ff. (273, 277 f., 284; Tz. 24, 32, 63). - Beschlüsse der Umweltministerkonferenz vom 9. 2. 1976, 28. 6. 1976, 19. 11. 1976 und 7. 2. 1977 Umwelt Nr. 47/1976, 4 ff. (5), Nr. 50/1976, 1, Nr. 52/1977, 2; ET 1977, 162. - Niedersächsischer Landtag, Plenarprotokoll 8/58 vom 17. 2. 1977, Sp. 5427 ff.; LT-Drucks. 8/2100, 8/2237. - Schmidt-Küster/Popp, Kernenergiediskussion im Wandel, atw 1977, 24 ff; Maller, Moratorium für Kernkraftwerke?, atw 1977, 65; vgl. auch oben Anm. 3 a. Entwurf einer Allgemeinen Weisung (Richtlinie) des Bundesministers des Innern vom 2. 12. 1976, ET 1977, 72 ff. (vgl. auch ET 1976, 744). Zu den durch die Entsorgung aufgeworfenen Rechtsfragen vgl. Pelzer, Zur rechtlichen Problematik der Beseitigung radioaktiver Abfälle, ET 1975, 102 ff. Zur 4. AtomgesetzNovelle vgl. unten im Text (m. Anm. 114 ff., 334 ff., 472). Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 66, 72, 95, 116 f., 228 f., 266, 325 a f.). 4a Zur Standortsuche für Zwischenlagerbecken vgl. den Bericht »Gorleben für Entsorgungszentrum geeignet«, FAZ vom 2. 3. 1977, S. 5; Kleine Anfrage, NdsLT-Drucks. 8/2206 (20. 1. 1977). Zur Standortsuche für eine Urananreicherungsanlage (Investitionssumme nach heutigem Geldwert rd. 1 Milliarde DM) vgl. ET 1976, 745; Der Spiegel, Nr. 51/13. 12. 1976, S. 77 ff.; unten Anm. 71. 5 Über die vorwiegend in den Revieren Ruhr und Saar geplanten neuen Steinkohlekraftwerke vgl. ζ. B. Odrich, Die Chance der Kohle (Sie kann die »Kernkraft-Lücke« ausfüllen), FAZ vom 30. 12. 1976, S. 11 (dazu auch unten Anm. 64 f.); ET 1977, 152 (Saar; vgl. unten Anm. 217). Über das neue Steinkohlekraftwerk Wilhelmshaven vgl. unten Anm. 10. Vgl. ferner den Bericht »Kraftwerkspläne im Südwesten (Großkraftwerk Mannheim will großen Kohleblock bauen)«, FAZ vom 12. 3. 1977, S. 17. Über die Schwierigkeiten beim Bau von Steinkohlekraftwerken vgl. ζ. B. die Nachweise unten in Anm. 34, 37, 111 ff; ferner: ET 1976, 537; Friderichs, BT-Plenarprotokoll 8/8 vom 20. 1. 1977, S. 311; Berens, Kurzschlüsse statt Energiepolitik, Süddeutsche Zeitung vom 12-/13. 2. 1977, S. 31. Nach einer Aufstellung der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie vom Februar 1977 ist in der Bundesrepublik der Neubau von 8 Steinkohlekraftwerken mit einer Leistung von über 7000 Megawatt - neben Voerde und Berlin (unten im Text m. Anm. 34, 37) noch Scholven, Dorsten, Herne, Datteln/Waltrop, Castrop-Rauxel, Bergkamen - durch Gerichtsentscheidungen und Aktionen von Bürgerinitiativen blockiert; vgl. FAZ vom 12. 2. 1977, S. 9; Süddeutsche Zeitung vom 12./13. 2. 1977, S. 33. Zur zweiten Fortschreibung des Energieprogramms der Bundesregierung vgl. die Nachweise unten in Anm. 62 ff. Über den Anteil der verschiedenen Energieträger an den geplanten Kraftwerken vgl. die Nachweise oben in Anm. 3. Vgl. auch die Information »25 neue Großkraftwerke in drei Jahren«, ET 1975, 385; ferner unten im Text (m. Anm. 247).

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Behandlung von Abwasser 8. Gesucht werden nach wie vor bzw. schon wieder Standorte für Industrieanlagen . Zwar hat der Konjunktureinbruch der letzten Jahre manches ehrgeizige Ansiedlungsprojekt - leider, wie ζ. B. im Falle des großen Chemiekomplexes des schweizerischen Alusuisse-Konzerns in Wilhelmshaven 1 0 , nicht immer rechtzeitig - scheitern lassen 11 . Und in schwierigen Zeiten, in

7 Zur Festlegung geeigneter Standorte für Abfallbeseitigungsanlagen in den Abfallbeseitigungsplänen der Länder vgl. § 6 AbfG i. V. mit den entsprechenden Vorschriften der Landesabfallgesetze. Zum Streit um die in der Grube Messel (bei Darmstadt) geplante »größte Mülldeponie Europas« vgl. ζ. B. Flad/Schnorrenberg, Die Fundgrube Messel und der Kultusminister, FAZ vom 21. 12. 1976, S. 19; Bericht »Freilichtmuseum statt Mülldeponie? (Vorschlag der hessischen CDU für die Fossilienfundstätte Grube Messel)«, FAZ vom 7. 1. 1977, S. 8. Über das umstrittene Projekt der Sondermülldeponie Mainflingen vgl. ζ. B. BT-StenB 201/7. 11. 1975, S. 13906 f. (Anm. 11); Eckhardt, Tropfenweise Neues aus den Ämtern (Wieder in Hessen ein Mülldeponieplatz ohne Alternative/Warum Bürger opponieren), FAZ vom 7. 1. 1977, S. 7/8. 8 Zur Festlegung der Standorte für bedeutsame Anlagen zur Behandlung von Abwasser in den Abwasserbeseitigungsplänen der Länder vgl. § 18 a Abs. 3 WHG (1976) i. V. mit den entsprechenden (noch zu erlassenden) Vorschriften der Landes wassergesetze. 9 Über das kaum finanzierbare hamburgische Projekt riesiger Hafen- und Industrieanlagen in der Elbemündung (Neuwerk/Scharnhörn) vgl. ζ. B. Broichhausen, Visionen von einem Industrie-Kombinat im Watt (Hamburger Pläne für die Elbmündung und stärker werdende Gegenströmungen/Hafen für Mammutschiffe), FAZ vom 1. 2. 1975, S. 5/6; Bericht »Moloch im Meer«, Stern, Nr. 30 vom 17. 7. 1975, S. 104 ff; Antrag der CDUFraktion der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg betr. Tiefwasserhafen Neuwerk vom 28. 1. 1976, Drucks. 8/1286; Umwelt Nr. 49/1976, 57; Wiborg, Wenn der Zwang kommt, das eine zu tun ... (Wie Ökologen in die Klemme geraten/Ein Tiefwasserhafen-Projekt und eine einzigartige Wattenlandschaft), FAZ vom 13. 12. 1976, S. 8; »Die Oekologen sprechen mit«, FAZ vom 3. 1. 1977, S. 9. Vgl. auch NdsStGH vom 23. 1. 1974, NdsMBl. 1974, 367 (368, 372 - Ziff. 7 -, 374); Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVB1. 1975, 695 ff. (699 Anm. 81); unten im Text (m. Anm. 17 f., 222 f.). Zur Industrieansiedlung vgl. im übrigen die Nachweise in den folgenden Anmerkungen. 10 Vgl. dazu den Kommentar »Ins Wasser gefallen«, FAZ vom 16. 12. 1975 (Wirtschaft). Über die Industrieansiedlung in Wilhelmshaven vgl. ζ. B. den Bericht »Ansiedlungsvertrag unterzeichnet«, FAZ vom 8. 7. 1976, S. 15. Über den Bau eines Steinkohlekraftwerks in Wilhelmshaven vgl. den Leserbrief von Engelhardt, FAZ vom 4. 12. 1975, S. 9; von Dziembowski, Der 670 MW-Block der NWK in Wilhelmshaven, ET 1976, 580; ET 1976, 739. Zum Umweltschutz bei der Industrieansiedlung in Wilhelmshaven vgl. Umwelt Nr. 51/1976, 13. Vgl. im übrigen oben Anm. 5 sowie unten im Text (m. Anm. 13 ff.). 11

Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1975,699 (m. Anm. 82 ff.).

Die Standortvorsorgeplanung f r Kernkraftwerke

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denen unter der verniedlichenden Bezeichnung »Kapazitätsanpassung« Raffinerien umstrukturiert bzw. ganz oder teilweise stillgelegt werden 12 oder in denen Industrieanlagen sich plötzlich alles andere als krisenfest erweisen und Verluste an Arbeitsplätzen entstehen: in solchen Zeiten, in denen von der vor allem für den Steuerzahler kostspieligen Ansie dlungseuphorie früherer Jahre nichts mehr zu verspüren ist 13 , werden neue Industrieansiedlungen nur zögernd und mit Bedacht in Angriff genommen14. Gleichwohl sind jedoch auch gegenwärtig noch oder schon wieder führende Industrieunternehmen auf der Suche nach neuen Standorten 15. Als ein Beispiel für viele sei die BASF genannt, die bekanntlich

12

Vgl. dazu z. B. die Berichte »Raffinerie-Kapazitäten nicht zu halten? (Mineralölindustrie spricht von 2 Milliarden DM Verlust)«, FAZ vom 5. 5. 1976, S. 9; »Kapazitätsabbau >ohne Dirigismus< (Mineralölindustriebe grüßt ein Gutachten der Euro-päischen Kommission)«, FAZ vom 6. 8. 1976 (Wirtschaft); »Der Ölverbrauch wächst langsamer«, FAZ vom 29. 12. 1976, S. 11; »Milliardenprojekt für Dinslaken«, FAZ vom 14. 1. 1977, S. 13; Der Spiegel, Nr. 13/21. 3. 1977, S. 34 ff. (36). Über die Planung neuer Raffinerien vgl. z. B. Raumordnungsbericht 1974, aaO (Anm. 3), S. 81; Energieprogramm 1975, hrsg. vom Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr des Landes Baden-Württemberg, 1975, S. 21 (Rdnr. 26); Landesentwicklungsprogramm Bayern, Anlage zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 10. 3. 1976 (GVB1. S. 123), Teil Β (Fachliche Ziele), X (Energieversorgung), 4.1, 4.2 (S. 105 f.). - Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 100, 103). 13 Vgl. in diesem Zusammenhang die aufwendige AnsiedlungsWerbung des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr in den überregionalen Zeitungen (ζ. B. FAZ vom 9. 12. 1976). Zur Industrieansiedlung und zum Bau von Kraftwerken in Niedersachsen vgl. ζ. B. Landesentwicklungsprogramm Niedersachsen 1985 - Stand Sommer 1973 -, S. 279 ff. (Industrielle Entwicklung), 305 ff. (Energie); Wiborg, Der Nordwesten wandelt sein Gesicht, FAZ vom 29. 1. 1977, S. 11; Antwort der Landesregierung vom 4. 1. 1977 auf eine Kleine Anfrage betr. Industrieansiedlungsatlas Niedersachsen, NdsLT-Drucks. 8/2173; die Beiträge in ET 1977 Heft 1; ferner unten im Text (m. Anm. 17 f., 224 ff.). - Über das Dollart-Projekt vgl. ζ. B. FAZ vom 31.1. 1977, S. 11 und vom 31. 3. 1977, S. 12. 14 Vgl. dazu auch die Nachweise oben in Anm. 10. Über die Rechtsschutzprobleme bei Industrieansiedlungen vgl. (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1975, 695 (m. Anm. 4 f.), 697 (m. Anm. 37) und passim. Zur besonderen Rechtsschutzproblematik bei Großvorhaben vgl. auch (jeweils m. w. N.) Scholz, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, WDStRL 34 (1976), 145 ff. (158 ff., 185 ff., insbes. 196 f., 211 ff.); Schmidt-Aßmann, ebenda, S. 221 ff. (223 ff., 243 ff., 259 ff); ferner Bartlsperger, Einmaleins der Demokratie im sozialen Verwaltungsstaat (ein ZDF-Fernsehbegleitbuch), 1977, S. 12 f., 103 ff, 117 ff. Vgl. im übrigen unten Anm. 34 (Voerde) sowie unten im Text (m. Anm. 371 ff., 380 ff., 404 ff., 443, 458 ff.). 15 Hier und im folgenden bleiben Anlagenerweiterungen (d. h. standortgebundene Vorhaben) deshalb grundsätzlich außer Betracht, weil für sie andere rechtliche Überlegungen und Grundsätze gelten als für standortungebundene Projekte. Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. 3. 1974, DVB1. 1974, 562 (565 f.) = DÖV 1974, 418 = NJW 1974, 1961 = VkBl. 1974, 566 = BayVBl. 1975, 395; zu dieser Entscheidung vgl. (m. w. N.) Blümel, DVB1.

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nach einem dritten Produktionsstandort an der deutschen oder französischen Küste Ausschau hält 16 . Hinzuweisen ist ferner auf die Industrieansiedlung an der Unterelbe - dem geplanten Ruhrgebiet des Nordens 17 -, die in einem gigantischen Ausmaß, aber leider noch weitgehend unkoordiniert betrieben wird 18 . Standorte für die soeben beispielhaft genannten flächenintensiven bzw. umweltrelevanten Großvorhaben 19 oder Trassen für Verkehrsanlagen 20 und Ener-

1975, 704 (m. Anm. 205 f.). Vgl. ferner §§ 18, 24 Abs. 4 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm) vom 19. 3. 1974 (GV. NW. S. 96); unten im Text (m. Anm. 237 ff.). Wegen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. dazu unten im Text m. Anm. 134 ff.) zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang jedoch die Pläne der Mannesmann AG, ihr Röhrenwerk in Düsseldorf-Rath zu verdoppeln. Vgl. dazu den Bericht »Früh das bürgernahe Gespräch suchen (Mannesmann und Düsseldorf informieren über Investitionspläne)«, Süddeutsche Zeitung vom 13. 12. 1976, S. 15. - Zum Haard-Projekt der Ruhrkohle AG vgl. unten Anm. 36. 16 Vgl. dazu den Bericht »Die BASF sucht Standort an der Küste«, FAZ vom 3. 4. 1976, S. 15. 17 Vgl. dazu Simmersbach, Umweltschutz bremst Industrie (Küstenländer in Bedrängnis), FAZ vom 29. 8. 1974, S. 1; die Berichte »Hier entsteht ein neuer Ruhrpott«, Der Spiegel, Nr. 44/1974, S. 49 ff; Jürgen Westphal, An der Elbe entsteht kein zweites Ruhrgebiet, Die Welt vom 1. 5. 1975, S. 1; »>Wehren, verstecken, weglopen< (BürgerOpposition gegen Bau von Atomkraftwerken und Industrialisierung der Unterelbe)«, Der Spiegel Nr. 15/1976, S. 89 ff; Ulrich, Zuviel Eigenbrötelei an der Unterelbe (Deutscher Rat für Landespflege nimmt zur Industrialisierung der Unterelbe Stellung), FAZ vom 30. 3. 1976, S. 7; auch Blümel, DVB1. 1975, 697 (Anm. 51); ferner oben Anm. 9, 10, 13 sowie unten im Text (m. Anm. 31 f., 219 ff.). 18 Zu dieser »Planlosigkeit« vgl. - neben den Nachweisen in Anm. 17 - auch Matthöfer, Diskussionsbeitrag, Die Zeit vom 14. 1. 1977, S. 14. Zur Erarbeitung einer ökologischen Gesamtdarstellung für den Unterelbe-/ Küstenraum vgl. unten im Text (m. Anm. 222 f.). 19 Auch Verteidigungsanlagen stoßen in zunehmendem Maße auf den Widerstand der Betroffenen. Vgl. dazu den Bericht »Übende Panzer neben Kliniken? (In und um Ulm Proteste gegen Erweiterung des Truppenübungsplatzes)«, Rhein-Neckar-Zeitung vom 23. 12. 1976, S. 14. 20 Zur Verkehrswegeplanung vgl. (jeweils m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung der Planung« oder rechtsstaatliche Planung?, in: Festschrift für Ernst Forsthoff, 2. Aufl. 1974, S. 9 ff. (26 ff., 28 f.); ders., Raumplanung und Vermessungswesen, Verw. 1974, 305 ff. (312 f., 331) = Zeitschrift für Ingenieure und Techniker im öffentlichen Dienst Nr. 6/1973, 140 ff. (143, 149); ders., Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, in: Im Dienst an Recht und Staat, Festschrift für Werner Weber, 1974, S. 539 ff. (542 m. Anm. 9 ff); ders., Sicherung des Baus von Anlagen und Leitungsnetzen - Planfeststellungsverfahren, in: Emmerich/Lukes (Hrsg.), Die Sicherheit der Energieversorgung - Ist sie gegenwärtig gefährdet, und durch welche Reformmaßnahmen wird sie vergrößert?, Recht - Technik - Wirtschaft, Bd. 4, 1974, S. 49 ff. (55, 59); ders., DVB1. 1975, 699 (m. Anm. 83 ff.), 703 (Anm. 190); Arnold/ Gleißner/Huber, Koordinierung der Verkehrswe-

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gieleitungen21 wurden natürlich auch schon in der Vergangenheit gesucht. Neue Straßen 22, Wasserstraßen 23, Eisenbahnstrecken 24, Flughäfen 25 und andere Pro-

geinvestitionen des Bundes in den Jahren 1976-1985, Int. Verkehrswesen 28 (1976), 259 ff; Berichte »Bundesverkehrswegeplanung, zweiter Anlauf«, FAZ vom 17. 2. 1977, S. 12; »Verkehrsplanung koordiniert«, FAZ vom 10. 3. 1977, S. 11. Investitionsprogramm für die Bundesverkehrswege, Bulletin, Nr. 22/1977, S. 220; ferner die Beiträge von H.-P. Weber und Fischer/Meyer/Moosmayer, Int. Verkehrswesen 29 (1977), 7 ff., 12 ff. 21 Zu den Schwierigkeiten auch bei der Planung von Leitungstrassen vgl. ζ. B. Borggrefe, Energieversorgung und Umweltschutz, BB 1975, 157 ff. (158); ferner Blümel, Sicherung (Anm. 20), S. 51 ff, 55 ff; von Keyser, Sicherung des Baus von Anlagen und Leitungsnetzen - Planfeststellungsverfahren, in: Emmerich/Lukes (Hrsg.), aaO (Anm. 20), S. 75 ff. (75, 77, 82 ff., 89); Bericht »Das Licht ging aus«, FAZ vom 15. 4. 1976, S. 13. Für Baden-Württemberg vgl. das Energieprogramm 1975 (Anm. 12), S. 21 (Rdnr. 26: Mineralöl), 22 f. (Rdnr. 28: Erdgas), 26 (Rdnr. 29: Strom), 29 (Rdnr. 35: Die Standortund Trassenwahl als öffentliche Aufgabe), 31 (Rdnr. 38: Trassen für HöchstspannungsFreileitungen; vgl. dazu BaWüLT-Drucks. 7/331 vom 11. 10. 1976, S. 17, Ziff 16); für Bayern vgl. das Landesentwicklungsprogramm Bayern (Anm. 12), Teil Β (Fachliche Ziele), X (Energieversorgung), 2.2 (Stromverteilungsanlagen), 3.2 (Gasversorgung, Einzelmaßnahmen), 4.2.2, 4.2.3 (Mineralölversorgung, Einzelmaßnahmen) (S. 104 ff); für Nordrhein-Westfalen vgl. unten im Text (m. Anm. 238). Vgl. dazu von den Nachweisen oben in Anm. 20 vor allem (m. w. N.) Blümel, Masseneinwendungen, S. 542 (m. Anm. 10), 545 f. (m. Anm. 29 ff.). Vgl. auch Informationen zur Raumentwicklung Heft 8/1975 mit Beiträgen zum Thema »Vollzug des Raumordnungsprogramms durch Fernstraßenplanung«; ferner unten im Text (m. Anm. 27). 23 Vgl. dazu ζ. B. den Bericht »>Milliarden in den Bach geschmissen< (Noch immer bauen die Deutschen Kanäle - nach Expertenmeinung ein kostspieliger Unfug)«, Der Spiegel, Nr. 48 vom 22. 11. 1976, S. 99 ff.; ferner die Nachweise oben in Anm. 20. 24 Über das Ausbauprogramm der Deutschen Bundesbahn vgl. von den Nachweisen oben in Anm. 20 vor allem (m. w. N.) Blümel, Verw. 1974, 313 (m. Anm. 50); ders., Masseneinwendungen, S. 542 (m. Anm. 11); ders., DVB1. 1975, 699 (m. Anm. 84), 703 (Anm. 190); ferner Küchler, Das Planungsrecht bei Neubaustrecken, BBahn 1975, 369 ff.; Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, betr. Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn, BT-Drucks. 7/3897 = BBahn 1975, 551 f.; Bericht »Mit Bähnle spielen«, Der Spiegel, Nr. 34 vom 16. 8. 1976, S. 57 ff. 25 Zur umstrittenen Flughafenplanung in der Bundesrepublik Deutschland vgl. von den Nachweisen oben in Anm. 20 vor allem (m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung«, S. 28 f. (m. Anm. 128 f.); ders., Entscheidungsanmerkung, DVB1. 1972, 796 ff.; ders.,

Raumordnung und kommunale Selbstverwaltung, DVB1. 1973, 436 ff; ders., Verw. 1974, 312 (m. Anm. 47 f.); ders., Masseneinwendungen, S. 542 (m. Anm. 12), 544 f. (m. Anm. 25, 28); ders., DVB1. 1975, 699 (m. Anm. 79, 85), 702 (m. Anm. 173), 704 f. (m.

Anm. 203 ff.), 708 (m. Anm. 290 ff, 296 ff); femer Fromm, Zum vorbeugenden Rechtsschutz ggenüber luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen für Flughäfen, BauR 1973, 265 ff.; Beine, Vorbeugender Rechtsschutz im Verwaltungsprozeß für Feststellungs- und Unterlassungsklagen im luftrechtlichen Planungsverfahren, in: Beiträge zum Luft- und Weltraumrecht, Festschrift zu Ehren von Alex Meyer, 1975, S. 13 ff.; West-

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jekte 26 - man denke nur an die spektakulären Fälle Eltville 2 7 , Großflughafen München II und Großflughafen Hamburg-Kaltenkirchen 28 , Orsoy er Rheinbogen 29 , phal/Walther, Praktische Erfahrungen bei der Genehmigung und bei der Planfeststellung von Flughäfen, ebenda, S. 251 ff; Wahl, Der Regelungsgehalt von Teilentscheidungen in mehrstufigen Planungsverfahren, DÖV 1975, 373; Schmidt-Aßmann, WDStRL 34 (1976), 244 f.; Badura, Die Standortentscheidung bei der Unternehmergenehmigung mit planungsrechtlichem Einschlag, BayVBl. 1976, 515 ff. Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 28) sowie Anm. 142. Zum umstrittenen Ausbau des Flughafens Frankfurt a. M. vgl. die Beschlüsse des BVerwG vom 6. 9. 1976 - u. a. BVerwG IV Β 134.76 und IV Β 139.76 -, durch welche die Revision gegen die Urteile des HessVGH vom 31.3. 1976 zugelassen wurde; ferner das Urteil des HessVGH vom 10. 12. 1976 - IV OE 39/74 - (n. v.). 26 Zur Standortwahl von Großprojekten (Kernkraftwerke, Kraftwerke, Großraffinerien, andere Industrieanlagen) vgl. bereits die Beispiele bei Blümel, »Demokratisierung« (Anm. 20), S. 28 (Anm. 123), 29 f.; ders., Masseneinwendungen (Anm. 20), S. 542 (m. Anm. 13), 545 (m. Anm. 26); ders., Sicherung (Anm. 25), insbes. S. 56 ff. (m. Anm. 34 ff, 50 ff), 67 ff.; ders., Rechtsprobleme des Genehmigungsverfahrens für Atomanlagen Standortwahl und -Sicherung, in: Drittes Deutsches Atomrechts-Symposium, Referate und Diskussionsberichte, Recht - Technik - Wirtschaft, Bd. 7, 1975, S. 33 ff; ders., DVB1. 1975, 695 (m. Anm. 4 ff.), 697 (m. Anm. 36, 41, 45 ff.) und passim; ders., Funktion und Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren, Referat auf dem Fünften Deutschen Atomrechts-Symposium in Münster am 8./9. 12. 1976 (im Druck; vgl. den Bericht in ET 1977, 65 ff, 66 sowie unten Anm. 125, im Text [m. Anm. 21 ff, 76 ff]); ferner D. Bockelmann, Kernkraftwerke - Ihre Standortwahl und ihre Bedeutung für die Raumordnung, Dezember 1974 (Hrsg.: Institut für Regionalwissenschaft der Universität Karlsruhe, Schriftenreihe Heft Nr. 5); Stern/Burmeister, Die Verfassungsmäßigkeit eines landesrechtlichen Planungsgebots für Gemeinden, Landesentwicklung, Schriftenreihe des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 37, 1975, S. 10 und passim; Riffel, Zur Standortproblematik von Kernkraftwerken, in: Otremba und Mitarbeiter, 25 Jahre Forschung und Lehre im Wirtschafts- und Sozialgeographischen Institut der Universität zu Köln, Kölner Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeographie, Bd. 21, 1976, S. 185 ff; Farthmann, in: Das Umweltgespräch, Aktuell: Umweltforum 1975, Sitzungsprotokoll, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft für Umweltfragen e. V., 1976 (Schwerpunktthema: »Umweltschutz und Konjunkturpolitik«), S. 4 ff., 33 ff. (dazu Umwelt Nr. 45/1975, 16 ff.); Badura, BayVBl. 1976, 515 ff.; Schmitt Glaeser, Planende Behörden, protestierende Bürger und überforderte Gerichte (Rechtliche Aspekte zur Genehmigung von Kernkraftwerken), Lkr. 1976, 442 ff. (dazu ET 1977, 76); Jarass, Die Gemeinde als »Drittbetroffener« (Probleme der Klagebefiignis, insbesondere bei der Anfechtung einer atomrechtlichen Genehmigung), DVB1. 1976, 732 ff; Battis, Standortplanung für Kraftwerke (OVG Münster, NJW 1976, 2360), JuS 1977, 162 ff. Vgl. im übrigen unten im Text (m. Anm. 29 ff., 97 ff.). 27 Zu dem jahrelangen Streit um die Umgehungsstraße (Bundesstraße 42) von Eltville am Rhein vgl. (jeweils m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung« (Anm. 20), S. 28 f. (m. Anm. 127); ders., Masseneinwendungen (Anm. 20), S. 546 (m. Anm. 31); ders., DVB1.

1975, 707 (m. Anm. 276); die Beiträge von Bornheim gen. Schilling {»Das Eltviller Modell«), K. Korn (»Kleine Deutsche Riviera«), Sternherger, (»Zu Fuß am Fluß entlang«) und Redeker (»Eltville juristisch - Rechtsschutz der Bürger gegen planende Verwal-

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Gelsenkirchen 30, Stade31, Reynolds 32 , ferner Wyhl 33 , Voerde 34, Brokdorf 35, Hambacher Forst und die Haard 36 , Spandauer Forst 37 -, alle diese Projekte riefen be-

tung«), FAZ vom 18. 1. 1975, Beilage Bilder und Zeiten, S. 1/3 (dazu auch Blümel, DVB1. 1975, 697 Anm. 35); Schweitzer/Meng, Eltville an der Autobahn - Bundesfernstraßenbau und Denkmalschutz, DVB1. 1975, 940 ff. Aus der Rechtsprechung vgl. HessVGH vom 6. 4. 1976 - Az.: II OE 40/75 - (u. v.). 28 Vgl. dazu die Nachweise oben in Anm. 25; ferner Blümel, Funktion (Anm. 26), im Text (m. Anm. 22); unten Anm. 142 sowie im Text (m. Anm. 404). Zum jüngsten (klageabweisenden) Urteil des VG München vom 7. 12. 1976 vgl. den Bericht in der Süddeutschen Zeitung Nr. 286 vom 9. 12. 1976, S. 18. Vgl. ferner Lang, Flughafenplanung ohne Augenmaß? (Umweltausschuß des Landtags will mehr Informationen über das Projekt im Erdinger Moos), ebenda, Nr. 34 vom 11.2. 1977, S. 17. Zum Bau des Großflughafens Hamburg-Kaltenkirchen vgl. auch die Antworten des Ministers für Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein auf zwei Kleine Anfragen, LT-Drucks. 8/306 (12. 3. 1976; vgl. auch Umwelt Nr. 50/1976, 61) und 8/563 (3. 1. 1977). - Zur Rechtsprechung vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 27./28. 11. 1975 - IV OVG A 79/75 - η. v.; nicht rechtskräftig); BVerwG, Beschluß vom 25. 5. 1976 - BVerwG IV Β 68.76 - (η. v.). 29 Über den Streit um die VEBA-Großraffinerie im Orsoyer Rheinbogen vgl. von den Nachweisen oben in Anm. 26 z. B. (m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung« (Anm. 20), S. 29 (m. Anm. 133); Farthmann, aaO (Anm. 26), S. 34; ferner unten im Text (m. Anm. 241,423). 30 Zum Floatglas-Fall vgl. von den Nachweisen in Anm. 26 vor allem (jeweils m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung« (Anm. 20), S. 29 f. (m. Anm. 136); ders., DVB1. 1975,

695 (m. Anm. 4) und passim; Farthmann, aaO (Anm. 26), S. 4 ff, 34; auch Geizer, Die sofortige Vollziehung von Genehmigungsbescheiden für industrielle Großanlagen und Kernkraftwerke, BauR 1977, 1 ff. (4 m. Anm. 10). Dem Floatglas-Urteil des BVerwG vom 5. 7. 1974, BVerwGE 45, 309, hat sich jetzt auch der BGH im Urteil vom 28. 5. 1976, DVB1. 1976, 776 = DÖV 1976, 640 = BauR 1976, 336 = NJW 1976, 1745 = JuS 1976, 819 = BayVBl. 1977, 91, angeschlossen. 31 Zu den Auseinandersetzungen um die Anlagen der Dow Chemical GmbH bei Stade vgl. ζ. B. den Beschluß des OVG Lüneburg vom 20. 2. 1975, ET 1975, 234 = GewArch. 1975, 303 (dazu auch unten im Text m. Anm. 222, 282); Blümel, DVB1. 1975, 697 (m. Anm. 51); Simmersbach, Demonstrationszug gegen Umweltschützer (Sorge um Arbeitsplätze/»Wir alle brauchen Industrie«), FAZ vom 4. 10. 1975; Bericht »Dow Chemical Betriebsrat: 300 Arbeitsplätze bedroht«, FAZ vom 9. 10. 1975, S. 15; Antwort des Niedersächsischen Sozialministers auf eine Kleine Anfrage betr. Industrieansiedlung vom 24. 11. 1975, LT-Drucks. 8/1268 (dazu Umwelt Nr. 48/1976, 60); Bericht »Dow baut neue Anlage in Stade«, FAZ vom 30. 11. 1976, S. 15. Vgl. im übrigen oben im Text (m. Anm. 17 f.). 32 Zum Fall Reynolds vgl. von den Nachweisen oben in Anm. 26 vor allem (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1975, 695 (m. Anm. 5) und passim; Bericht »Die >erste Schwalbe< kostete viel Geld (Untersuchungsausschuß prüft die Reynolds-Ansiedlung)«, FAZ vom 22. 4. 1976, S. 14. Vgl. im übrigen oben im Text (m. Anm. 17 f.).

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Zu den fortdauernden Auseinandersetzungen um das Kernkraftwerk Wyhl vgl. von den Nachweisen oben in Anm. 26 vor allem (m. w. N.) Blümel, DVB1. 1975, 697 (m. Anm. 41, 49), 700 (m. Anm. 114) und passim; ferner unten im Text (m. Anm. 179 ff). Aus der Rechtsprechung vgl. VG Freiburg, Beschluß vom 14. 3. 1975, DVB1. 1975, 343 = DÖV 1975, 611 = ET 1975, 173 = GewArch. 1975, 166, dazu Fischerhof, ET 1975, 183 ff; VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 8. 10. 1975, ET 1975, 541 = DÖV 1975, 744 und 1976, 211 (m. Anm. von Martzloff) = GewArch. 1976, 33 = DVB1. 1976, 538 (m. Anm. von Fischerhof),

dazu Bender, DÖV 1976, 41 ff.; Fischerhof ET

1976, 81 ff., Büdenbender, ET 1976, 439 ff., Hinz, Demokratie und Recht 1976, 248 ff. (249, 254 ff.); VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 15. 10. 1975 - X 1479/75 - (n. v.), vom 18. 12. 1975, ET 1976, 63 = DÖV 1976, 679 und vom 25. 2. 1976, ET 1976, 199 = MDR 1976, 609; VG Freiburg, Beschluß vom 22. 1. 1976, DVB1. 1976, 551; Zwischenurteil vom 8. 4. 1976, DVB1. 1976, 807, und Urteil vom 8. 4. 1976, ET 1976, 383 = DVB1. 1976, 804 = NJW 1976, 2178 (rechtskräftig); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19. 1. 1977, ET 1977, 163 (m. Anm. von Fischerhof); VG Freiburg, Urteil vom 14. 3. 1977 (in diesem Heft); hierzu sowie zur zehntägigen mündlichen Verhandlung (27. 1.8. 2. 1977) vgl. z. B. atw 1977, 50, 102; Der Spiegel, Nr. 13/1977, S. 32 f., 46; Schoeck, Richter als Zivilisations-Zensoren, Welt am Sonntag vom 20. 3. 1977, S. 9. Vgl. auch Geizer, BauR 1977, 2 (m. Anm. 7), 3, 5 (m. Anm. 12). 34 Zum Baustopp für das 1400-M W-Steinkohlekraftwerk der STEAG in Voerde vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 16. 9. 1975, ET 1975, 500; OVG Münster, Urteil vom 7. 7. 1976 (nicht rechtskräftig), DVB1. 1976, 790 = BauR 1976, 331 = ET 1976, 531 GewArch. 1976, 391 = DB 1976, 2199 = NJW 1976, 2360 (m. Anm. von Meyer-Abich) = DÖV 1976, 793 (Nr. 266; nur LS) = JuS 1977, 197. Dazu Farthmann, aaO (Anm. 26), S. 36 f.; Bericht »Steinkohlekraftwerke vordringlich«, ET 1976, 537; Horn, Rechtsstaat und Elektrizität, DVB1. 1977, 13 ff. (dazu ET 1977, 160); von Holleben, Der Standort industrieller Anlagen unter dem Gesichtspunkt des § 5 Nr. 1 BImSchG, GewArch. 1977, 45 ff.; auch Geizer, BauR 1977, 4 (m. Anm. 9), 5 (m. Anm. 11). Vgl. auch oben Anm. 5 sowie unten im Text (m. Anm. 111 ff./ 35 Vgl. dazu oben Anm. 2. 36 Über den Widerstand gegen das Tagebauprojekt Hambach (dem größten der Welt) im Städtedreieck Düren/Jülich/Bergheim vgl. Farthmann, Umweltforum 1976 (Anm. 1), 27; Ulrich, Soll der ganze Wald verschwinden? (Forst bei Hambach muß dem Braunkohletagebau weichen / Bürger fordern breiten Schutzstreifen), FAZ vom 13. 11. 1976, S. 7 f.; ders., Protest der Bürger gegen dieriesigenBagger des Riesen »Rheinbraun« (Es geht vor allem darum, wie weit die Braunkohlegruben an die Dörfer heranrücken dürfen), FAZ vom 13. 12. 1976, S. 8; Bremshey (Rheinbraun-Presseabteilung), Das Tagebauprojekt Hambach (Leserbrief), FAZ vom 2. 12. 1976; Bürgerinitiativen gegen Braunkohlenbergbau, ET 1977, 71. - Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Gesetzentwurf der nordrhein-westfälischen Landtags-Fraktion der CDU zur Änderung des Gesetzes über die Gesamtplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet, LT-Drucks. 8/1334; Plenarprotokoll 8/29 vom 14. 10. 1976, S. 1474 ff.; Landtag intern Nr. 23/1976, S. 8, 15; Nr. 7/1977, S. 7, 12; Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage, LT-Drucks. 8/1631, 8/1790 (unten in Anm. 434); ferner unten im Text (m. Anm. 441). - Über Hilfen für Braunkohlentagebauverdrängte vgl. den Antrag der Fraktion der CDU, LT-Drucks. 8/1287; Plenarprotokoll 8/29 (aaO); Landtag intern Nr. 9/1977, S. 1, 3 f., 7, 12, Nr. 10/1977, S. 4; Plenarprotokoll vom 23. 3. 1977.

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reits in den zurückliegenden Jahren und Monaten die Betroffenen 38 - und solche, die sich dafür hielten oder ausgaben - in steigendem Maße auf den Plan. Indessen läßt sich - zumal nach den Ereignissen von Brokdorf 39 -, bei allen berechtigten Vorbehalten gegen Prognosen 40, die Prognose mit Sicherheit mgen 41 : Die Lösung der Standortfrage für Großvorhaben, insbesondere für Kraftwerke, wird eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft sein 42 . Denn bei der Standortplanung und -entscheidung für derartige Großvorhaben werden in den vor uns liegenden Jahren dieses ausgehenden Jahrhunderts bzw. Jahrtausends

Auf ähnliche Schwierigkeiten stößt auch das Haard-Projekt der Ruhrkohle AG (am Nordrand des Ruhrgebiets bei Haltern). Vgl. dazu ζ. B. Sabinski, Ruhrkohle: Die vier Schächte schaffen neue Arbeitsplätze (Gegenargument: »Hohe Mark« muß Frischluftieserve bleiben), FAZ vom 30. 7. 1976; Bericht »Große Zwickmühle«, Der Spiegel, Nr. 48 vom 22. 11. 1976, S. 68 ff. Wegen der Standortgebundenheit dieses Projekts vgl. auch oben Anm. 15. 37 Zu den Auseinandersetzungen um das im Spandauer Forst (Berlin) geplante Steinkohlekraftwerk der BEWAG und den durch Beschluß und Urteil des VG Berlin vom 6. und 14. 12. 1976 - VG XIII A 419.76 - (in diesem Heft) verhinderten Kahlschlag vgl. z. B. die Berichte »Kampf gegen neues Kraftwerk in Berlin«, ET 1976, 620; »Kraftwerksgelände in Berlin besetzt«, ET 1976, 741; Kinnigkeit, »Kraftwerksbau - uns wird flau« (Bürgerinitiative wehrt sich gegen Klein-Brokdorf in Berlin), Süddeutsche Zeitung, Nr. 275 vom 26. 11. 1976, S. 56; »Glüh, Würmchen«, Der Spiegel, Nr. 51 vom 13. 12. 1976, S. 80 ff.; »Gerichtsentscheid gegen Senat im Berliner Kraftwerksstreit«, FAZ vom 16. 12. 1976, S. 1. Vgl. auch oben Anm. 5 sowie unten im Text (m. Anm. 54); ferner unten Anm. 192 (Kernkraftwerk in Berlin?). Zu den Standortproblemen für Kraftwerke vgl. den Bericht des Senats über Stand und Perspektiven der Energieversorgung des Landes Berlin (Stand: 1. 6. 1976), Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 7/563 (3. 9. 1976), S. 11 f., 22 ff., 26 (Kernkraftwerk). 38 Zum Begriff des »Betroffenen« vgl. (jeweils m. w. N.) Blümel, »Demokratisierung« (Anm. 20), S. 21 f.; ders., Masseneinwendungen (Anm. 20), S. 550 (m. Anm. 57), 557 ff. (m. Anm. 109 ff., 113), 560 ff. (m. Anm. 122 ff.); ders., DVB1. 1975, 706 (m. Anm.

247); ders., Funktion (Anm. 26), im Text (m. Anm. 45 a, 57 f.). Vgl. auch Scholz, WDStRL 34 (1976), 201 f. (Anm. 232), 205 f. (Anm. 240). Teilweise unklar SchmidtAßmann, ebenda, S. 249 (Anm. 95). Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 342 ff., 390, 437, 443 ff.). 39 Vgl. dazu oben im Text (m. Anm. 2). 40 Vgl. dazu Blümel, DVB1. 1975, 698 f. (699); ferner Nierhaus, Zur gerichtlichen Kontrolle von Prognoseentscheidungen der Verwaltung, DVB1. 1977, 19 ff. (dazu ET 1977, 167); Breuer, Legislative und administrative Prognoseentscheidungen, Der Staat 16 (1977), 21 ff.; unten Anm. 60, 466. 41 Diese schon Mitte 1976 (vgl. oben Anm. 1) gegebene Prognose wurde bald durch die Reichstagswahlen in Schweden und die zunehmenden Auseinandersetzungen und Diskussionen seit den Ereignissen von Brokdorf Ende 1976 bestätigt. Vgl. dazu die Nachweise in den folgenden Anmerkungen. Zur Lage in Schweden vgl. zuletzt ET 1976, 552, 626, 752. 42 Vgl. dazu auch wib 18/1975, 30.

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Interessenkonflikte aufbrechen, deren Ausmaß wir uns heute noch nicht vorstellen können 43 . Dabei geht es langfristig - auf eine kurze Formel gebracht-um den grundlegenden Zielkonflikt zwischen dem Wirtschaftswachstum und der Sicherung der Arbeitsplätze auf der einen Seite und dem Schutz vor schädlichen Umwelteinflüssen auf der anderen Seite44. An meiner Prognose von den vor uns liegenden politischen Konflikten, auf die ζ. B. neben dem Mode werdenden Gerede aufgeregter Politiker 45 die zunehmende Zahl von Umweltkonferenzen 46 so

43 Ähnlich bereits Farthmann, aaO (Anm. 26), S. 6, 34. Davon, daß ζ. B. die Diskussion über die Kernkraftwerke schon bis zur nächsten Bundestagswahl - ähnlich wie bereits 1976 in Schweden (vgl. oben Anm. 41) - zum beherrschenden Thema werden wird, geht inzwischen offenbar auch die Bundesregierung aus; vgl. den Bericht »>Bürgerdialog Kernenergie< in neuer Regie«, ET 1976, 625. Vgl. auch unten im Text (m. Anm. 503). Einen Vorgeschmack geben bereits jetzt die ständig zunehmenden Aktionen der »Umweltschützer« (dazu unten im Text m. Anm. 56) und die anschwellende Diskussion um die Notwendigkeit der Nutzung der Kernenergie in den Massenmedien. Vgl. ζ. B. den Bericht »Atomenergie: >Eine chaotische EntwicklungAnlagen< oder >Vorkehrungen< als Gegenstand von Schutzmaßnahmen die Rede ist. Diese weit 88

Vgl. dazu bereits oben im Text (m. Fußn. 26, 30). Zu § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 41 Abs. 1 BImSchG (Straßenbahnen) vgl. auch unten im Text (m. Fußn. 136). 90 Buchholz §6 LuftVG Nr. 1, S. 1 ff. (2) = ZLW 1969, 129 (132); insoweit in DÖV 1969, 283 und NJW 1969, 340 nicht abgedruckt. 91 Buchholz 442.40 §6 LuftVG Nr. 6, S. 16 ff. (22) = DVB1. 1974, 562 (563) = NJW 1974, 1961 (1962) = BayVBl. 1975, 395 (396). 92 BVerwGE 69, 256 (276 f.). Vgl. dazu auch Ule/Laubinger, aaO (Fußn. 2), S. 285 (m. Fußn. 75); ferner Steinberg, aaO (Fußn. 18), S. 259, 263 f. 93 BVerwGE 75,214(243). 94 Hierzu und zum folgenden vgl. auch (m. w. N.) Michler, Rechtsprobleme des Verkehrsimmissionsschutzes, Diss. Speyer 1991 (noch Maschinenschrift), S. 131 ff. Michler folgt im wesentlichen der hier kritisierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Gegenstand der Planfeststellung

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auszulegenden Begriffe erfassen das gesamte Spektrum der in Betracht kommenden sachdienlichen Maßnahmen (Stelkens/Bonk/Leonhardt, aaO, § 74 Rdnr. 30; wegen der Ergänzung der luftverkehrsrechtlichen Vorschriften durch das Verwaltungsverfahrensgesetz vgl. BVerwGE 67, 206 [208]). Der Senat folgt insofern der Rechtsauffassung der Vorinstanzen; ebenso Giemulla/Lau/Barton, § 9 LuftVG Rdnr. 10. § 6 LuftVG steht dem nicht entgegen. Zwar ist es in erster Linie Sache der Genehmigungsbehörde, mit dem Genehmigungsbescheid die notwendigen betrieblichen Regelungen zu treffen. §6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG bestimmt jedoch, daß die Planfeststellung gegenüber der Genehmigung diesbezüglich Vorrang besitzt."95 „Der Änderungsbeschluß vom 7. Juni 1984 ordnet Einschränkungen des Nachtflugbetriebes an. Das ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde ist befugt, bereits im Verfahren der Planfeststellung derartige betriebliche Anordnungen zu treffen." 96 In seinem Urteil vom 27. 7. 198997 Schloß sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit diesen Ausführungen den Erwägungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. 4. 1984 an 98 : „Die in diesen Vorschriften genannten Begriffe >Anlagen< und >Vorkehrungen< sind weit auszulegen und erfassen das gesamte Spektrum der in Betracht kommenden sachdienlichen Maßnahmen, auch ζ. B. Betriebsregelungen (BVerwGE 69, 256, 277). Auch spielt die Unterscheidung zwischen luftrechtlicher Genehmigung und Planfeststellung im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle; denn obwohl zumal Betriebsregelungen in erster Linie in den Genehmigungsbescheid gehören, dürfen sie nach §6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG auch von der Planfeststellungsbehörde (PF-Behörde) verfügt werden und sind daher zulässiger Gegenstand des vorliegenden Verfahrens (BVerwG, aaO)." Zugleich entwickelte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jedoch einschneidende Beschränkungen für den Tagflugbetrieb in Form einer „Lärmkontingentierung" 99 . Danach sollten in der Zeit zwischen 6 und 22 Uhr auf dem neuen Flughafen nur so viele Starts und Landungen erlaubt sein, wie es der „Lärmmenge" entspricht, die von 797 leisen, sogenannten Kapitel-3-Flugzeugen erzeugt wird. Ebenso wurden vom Verwaltungsgerichtshof Nachtflugbeschrän95

Fußn. 92. Vgl. auch den Leitsatz 5 des Urteils, BVerwGE 69, 256 f. Fußn. 93. Vgl. auch den Leitsatz 12 des Urteils, BVerwGE 75, 214 (215). 97 DVB1. 1990, 114(115) = BayVBl. 1990, 82, 113. 98 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die die Änderung des Flughafens Stuttgart betreffenden Urteile des VGH Baden-Württemberg (u. a.) vom 19. 6. 1989, DVB1. 1990, 108(111 ff.) = VB1BW 1990, 56 = NVwZ-RR 1991, 137 (nur LS; Az. 5 S 3111/87) und VB1BW 1990, 100 (Az.: 5 S 3056/87); femer zwei die Nichtzulassungsbeschwerden zurückweisenden Beschlüsse des BVerwG vom 5. 10. 1990, NVwZ-RR 1991, 129 (131 ff.) = UPR 1991, 39 (nur LS) = ZLW 1991, 187 (nur LS; Az.: CB 1.90) und NVwZ-RR 1991, 118 (125 f.) = VB1BW 1991, 171 = UPR 1991,39 (nur LS) = ZLW 1991, 186 (nur LS; Az.: 4 Β 249/89). Dazu Schmidt, Rechtsfragen bei der Ermittlung und Bewertung von Fluglärm, in: Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts, Bd. 12, 1990, S. 159 ff. (168); Michler, aaO (Fußn. 94), S. 133 („Lärmfestschreibung''). 99 Vgl. dazu auch die Berichte in der SZ vom 31.5. 1991. 96

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kungen - nicht jedoch vollständige Nachtflugverbote - für notwendig erachtet, und zwar in zeitlicher Hinsicht, bezüglich der Lärmimmissionen und bezüglich eines vorzusehenden Nachtflugkontingents 100 . Das Flughafen-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. 7. 1989 hielt bekanntlich der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand; es wurde durch das umfangreiche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. 1. 1991101 in weiten Teilen aufgehoben: Mit dem von ihm entwickelten Lärmschutzkonzept habe der Bayerische Verwaltungsgerichtshof seine Kontrollbefugnis überschritten. Im einzelnen faßte das Bundesverwaltungsgericht seine hier interessierende Auffassung in den folgenden amtlichen Leitsätzen zusammen: „Als ein Mittel zur Bewältigung der aufgeworfenen Lärmproblematik gibt § 9 Abs. 2 LuftVG der Planfeststellungsbehörde die rechtliche Grundlage, mit der Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Durchführung von Schutzmaßnahmen das Ziel einer umfassenden und gerechten planerischen Abwägung zu erreichen. >Notwendig< im Sinne des § 9 Abs. 2 LuftVG sind solche Schutzmaßnahmen durch Dritte jedoch nur dann, wenn die Planfeststellungsbehörde sich auf der Grundlage einer fehlerfreien Abwägung nicht in der Lage sieht, die Problembewältigung durch eigene planerische Gestaltung des Flughafens einschließlich seines Betriebes zu leisten."1 2 „Dem Vorhabenträger können aufgrund des §9 Abs. 2 LuftVG nur solche Schutzmaßnahmen aufgegeben werden, die er in rechtlich zulässiger Weise durchzusetzen vermag. Dazu gehört nicht der Lärmschutz durch eine Lärmkontingentierung, die auf unmittelbar kapazitätssteuemden Koordinierungseckwerten beruht. Diese kann als Betriebsregelung in Form einer allgemeingültigen Auflage ausgesprochen werden." 103 „Soweit Lärmschutz bereits durch die Betriebsregelungen der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung bewirkt wird, darf die Planfeststellungsbehörde hiervon ausgehen. Es kommt dann für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nur darauf an, ob damit eine abschließende planerische Bewältigung der Lärmproblematik gegeben ist oder ob zusätzliche Schutzmaßnahmen aktiver oder passiver Art erforderlich sind. Die inhaltliche Überprüfung durch das Gericht bezieht sich auf die durch die beiden miteinander verzahnten Verwaltungsentscheidungen (luftverkehrsrechtliche Genehmigung und Planfeststellungsbeschluß) getroffene Gesamtregelung; Gegenstand des prozessualen Aufhe-

100 Vgl. dazu den Leitsatz 6 des Urteils des BayVGH vom 23.7. 1989, DVB1. 1990 114(115). 101 Das 159 Seiten umfassende Urteil, dem eine Gliederung der Entscheidungsgründe vorangestellt wurde, ist nunmehr (gekürzt) abgedruckt in BVerwGE 87, 332. Weitere Fundstellen: DVB1. 1991, 885 (nur LS), 1142 = DÖV 1991, 853 (nur LS) = UPR 1991, 398 (nur LS) = BayVBl. 1991, 661 (nur kurzer Auszug) = NVwZ-RR 1991, 601 (ausführlich). Im folgenden wird das Urteil nach dem amtlichen Umdruck (UA) zitiert. Zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vgl. auch Michler, aaO (Fußn. 94), S. 131 f. u. pass. 102 Verwiesen wird in allen Leitsätzen auf die Entscheidungsgründe, hier auf UA, S. 43 = BVerwGE 87, 332 (342 f.). 103 Dazu UA, S. 44 f. = BVerwGE 87, 332 (343 f.).

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bungsanspruchs ist allein der Planfeststellungsbeschluß als abschließende Verwaltun^entscheidung."104 „Die gerichtliche Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde zur planerischen Bewältigung des Fluglärms im Wege einer bestimmten Lärmkontingentierung überschreitet den Rahmen der gerichtlichen Befugnisse, weil sie in die planerische Gestaltungsfreiheit der Behörde eingreift." 105. „Die Anwohner eines internationalen Großflughafens haben keinen Rechtsanspruch auf Festlegung eines absoluten Nachtflugverbots in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr. Jedoch schränkt das Gebot besonderer Rücksichtnahme auf die Nachtruhe der Bevölkerung (§ 29 b Abs. 1 Satz 2 LuftVG) die planerische Gestaltungsfreiheit der Behörde ein und steht der Zulassung eines allein am Verkehrsbedarf orientierten, schrankenlosen nächtlichen Flugbetriebs entgegen. Die Festlegung des Nachtendes auf 6.00 Uhr begegnet keinen rechtlichen Bedenken." „Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Planfeststellungsbehörde für das Wochenende und für Feiertage keine zusätzlichen Lärmschutzmaßnahmen vorsieht; dies entspricht den Erfordernissen eines internationalen Großflughafens." 107 Die weitgehenden Folgerungen, welche vor allem das Bundesverwaltungsgericht für den Gegenstand der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung aus § 6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG zieht, wären nur dann gerechtfertigt, wenn § 8 Abs. 1 LuftVG die Planfeststellung - ähnlich wie bei der abfallrechtlichen und der atomrechtlichen Planfeststellung - sowohl für die Errichtung als auch für den Betrieb vorgeschrieben hätte, was jedoch nicht der Fall ist 108 . Auch die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 LuftVG (Auflagen und Befristungen) gilt nur für die luftverkehrsrechtliche Genehmigung. Ebenso sind die nach § 9 Abs. 2 LuftVG in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG zulässigen Schutzvorkehrungen - wie auch allgemeine Auflagen nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG - entgegen der Meinung der Verwaltungsgerichte und des überwiegenden Schrifttums insoweit akzessorisch, als ihr Inhalt nicht weiter reichen kann als der Gegenstand der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung selbst. Hieraus folgt, daß die zulässigen Schutzvorkehrungen und allgemeinen Auflagen vom jeweiligen - nach der derzeitigen Gesetzeslage unterschiedlichen - Gegenstand der einzelnen Planfeststellungen abhängen109. c) Mag man auch die abweichende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bis zur - längst überfälligen - Neuregelung eines dann hoffentlich 104

Dazu UA, S. 53 f. = BVerwGE 87, 332 (348 f.). Dazu UA, S. 46 = BVerwGE 87, 332 (344 f.). 106 Dazu UA, S. 102 ff, 113 f. = BVerwGE 87, 332 (368 ff, 371 f.; teilweise). 107 Dazu UA, S. 57 ff. - BVerwGE 87, 332 (349 f.). 108 Vgl. dazu bereits Blümel, aaO (Fußn. 2, 16), S. 183. 109 Α. M. offenbar Ule/Laubinger, aaO (Fußn. 2), S. 285. Vgl. auch Michler, (Fußn. 94), S. 129 ff, 131 ff. 105

aaO

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einheitlichen und umfassenden luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahrens (ohne Genehmigung)110 hinnehmen müssen, so haben die vorstehenden Überlegungen jedenfalls bezüglich derjenigen Planfeststellungen Bestand, die oben in der ersten Gruppe zusammengefaßt wurden 111 . Dies ist deshalb mit Nachdruck zu unterstreichen, weil sich auch insoweit - obwohl die Gesetzeslage eindeutig ist - bereits Zweifelsfragen ergeben haben. Dies gilt vor allem für die bundesbahnrechtliche Planfeststellung nach § 36 BbG. (1) So hatte sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem (noch nicht rechtskräftigen) - den Neubau des Umschlagbahnhofs (Containerbahnhofs) München-Riem112 betreffende - Urteil vom 30. 4. 1991113 mit Anträgen von Gemeinden und Privatklägern zur Begrenzung der Umschlag-und Verkehrsmengen und der Umschlagzeiten, auf Beschränkung des Betriebs auf bestimmten Anlagenteilen (Ausziehgleis) sowie mit Anträgen auf Ausschluß oder Beschränkung des Umschlags gefährlicher Güter zu befassen 114. In dem sämtliche Anträge ablehnenden Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs heißt es zu der hier interessierenden Frage 115 : „Der Senat hat die Rechtsgrundlage für Betriebsbeschränkungen, wie sie hier gefordert werden, bisher in Anknüpfung an die zum Flughafen München ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 1984 (BVerwGE 69, 256/276 ff.) in §74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG/BayVwVfG beziehungsweise in entsprechenden Vorschriften der Fachplanungsgesetze gesehen. Nach dem neuerdings zum Flughafen München getroffenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Januar 1991 soll indessen eine auf unmittelbar kapazitätssteuemden Koordinierungseckwerten beruhende Lärmkontinge ntierung nicht als Schutzauflage nach § 9 Abs. 2 LuftVG, Art. 74 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, sondern allenfalls als allgemeingültige Auflage auf der rechtlichen Grundlage von §8 Abs. 1 i. V. mit §6 Abs. 4 Satz 1 LuftVG angeordnet werden können. Entsprechendes soll für besondere Beschränkungen des Flugbetriebs während der Nacht, am Wochenende und an Feiertagen sowie sonstige auf aktive Lärmschutz zielende Betriebsregelungen gelten (BVerwG vom 29. 1. 1991, U A S. 45, 56, 61). Der Senat läßt offen, ob diese Rechtsprechung angesichts der bei der bundesbahnrechtlichen Planfeststellung nach §36 BbG gegebene Identität von Vorhabensträger und 110

Blümel, aaO (Fußn. 108). Zum andersartigen Konzept von Ronellenfitsch vgl. die Nachweise oben in Fußn. 14. 111 Vgl. oben im Text (m. Fußn. 19 ff.). 112 Vgl. dazu Fechner/Wollny, Neubau Umschlagbahnhof München-Riem, Die Bundesbahn 1989, 875 ff. 113 Das bisher nicht veröffentlichte, 61 Seiten umfassende Urteil trägt die Az. 20 A 88.40103, 40105, 40113, 40117. Der Verf. ist Prozeßvertreter der Deutschen Bundesbahn in den den Umschlagbahnhof München-Riem betreffenden Verwaltungsstreitsachen. 114 UA, S. 32 ff. (35 ff., 41 ff., 53 f.). 115 UA, S. 34 f.

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Planfeststellungsbehörde auf den vorliegenden Fall übertragbar ist. Denn die hier geforderten Betriebsbeschränkungen können, wie nachfolgend für die einzelnen Anträge näher dargelegt wird, der Beklagten weder gemäß §36 BbG noch gemäß §74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG auferlegt werden." An diesen und den folgenden Ausführungen in der Urteilsbegründung ist zu bemängeln, daß der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die geforderten Betriebsbeschränkungen zwar aus sachlichen Erwägungen im einzelnen ausschließt, jedoch mit keinem Wort auf die entscheidende Vorfrage eingeht, ob solche Betriebsbeschränkungen überhaupt Gegenstand der bundesbahnrechtlichen Planfeststellung und damit auch von Schutzvorkehrungen nach §74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG sein können116. Entgegen der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann für die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die bundesbahnrechtliche Planfeststellung nach § 36 BbG ferner die hier gegebene Identität von Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde keine Rolle spielen. Denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind auch bei der bundesbahnrechtlichen Planfeststellung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Schutzauflagen etwa zugunsten der Nachbargrundstücke nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG geboten117. Für die entsprechende wasserstraßenrechtliche Planfeststellung, die ebenfalls durch die Identität von Vorhabensträger und Planfeststellungsbehörde beprägt ist, ergibt sich dies sogar unmittelbar aus dem Wortlaut des § 19 Nr. 1 WaStrG 1990. Mit einer Übertragung der an sich schon problematischen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Gegenstand der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung auf die bundesbahnrechtliche Planfeststellung im Wege der Auslegung überschreiten die Verwaltungsgerichte ihre Kompetenz. Es ist nicht ihre Aufgabe, sondern die des (Bundes-)Gesetzgebers, darüber zu befinden, ob in einem bundesbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluß etwa aus Gründen des Lärmschutzes118 Geschwindigkeitsbegrenzungen für die ICE oder Betriebsbeschränkungen für die modernen Rangierbahnhöfe und Umschlagbahnhöfe angeordnet werden können. Da insoweit nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit der Bundeseisenbahnen auf dem Spiele steht, handelt es sich um eine rechtspolitische Frage, deren Beantwortung dem Gesetzgeber, nicht aber den Verwaltungsgerichten obliegt. Jedenfalls nach geltendem Recht können Betriebsregelungen - insbesondere Betriebsbeschränkungen - nicht Gegenstand einer bundesbahnrechtlichen Planfeststellung sein 119 .

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Für Auflagen nach § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG gilt dasselbe. Vgl. dazu das oben in Fußn. 76 zitierte Urteil des BVerwG vom 14. 12. 1979. Zu § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 41 Abs. 1 BImSchG vgl. unten im Text (m. Fußn. 136 ff.). Über abweichende Stimmen vgl. unten im Text (m. Fußn. 137).

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Dies gilt übrigens auch dann, wenn - wie im Falle des Umschlagbahnhofs München-Riem - in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses 120 und im Erläuterungsbericht ein Betriebsprogramm bzw. ein Transportprogramm enthalten ist. Denn diese Aussagen sind nichts anderes als - „zumindest teilweise prognostische - Annahmen der Planfeststellungsbehörde zum Aufkommen im kombinierten Ladungsverkehr, zur Anlagenkapazität und zu den sich aus dem Arbeitsrhythmus der Wirtschaft ergebenden Betriebsbedingungen" 121. Aus dem Betriebsprogramm können daher allenfalls Schlüsse für die Planrechtfertigung und die Dimensionierung der geplanten Anlage sowie die Notwendigkeit technisch-realer Schutzvorkehrungen 122 gezogen werden; nicht aber ist das Bbtriebsprogramm selbst Gegenstand der bundesbahnrechtlichen Planfeststellung 123 . (2) Für die straßenrechtliche Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz und den Landesstraßengesetzen gilt im Prinzip nichts anderes. Jedoch besteht bei diesen Planfeststellungen die Besonderheit, daß bereits der Bundes- und die Landesgesetzgeber selbst den Gegenstand der straßenrechtlichen Planfeststellung 124 ausführlicher und weiter als den der übrigen Planfeststellungen geregelt haben. So ergibt sich ζ. B. aus dem Zusammenspiel zwischen den Vorschriften des § 17 Abs. 1 und des § 1 Abs. 4 FStrG, daß sich die bundesfernstraßenrechtliche Planfeststellung nicht nur auf den Straßenkörper und den Luftraum über dem Straßenkörper (§ 1 Abs. 4 Nr. 1,2 FStrG), sondern auch auf das Zubehör (Verkehrszeichen; Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit oder Leichtigkeit des Straßenverkehrs oder dem Schutz der Anlieger dienen 125 ; Bepflanzung; § 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG), auf die Nebenanlagen (§ 1 Abs. 4 Nr. 4 FStrG) und auf die Nebenbetriebe an den Bundesautobahnen (§ 1 Abs. 4 Nr. 5, § 15 Abs. 1 FStrG) 126 erstreckt. Außerdem wurde der gegenständliche Umfang der bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellung durch

120

Vom 25. 8. 1988, S. 88 ff. BayVGH, aaO (Fußn. 113), UA, S. 37 f. 122 Zu diesem Begriff vgl. ζ. B. Paetow, aaO (Fußn. 10), S. 438. 123 BayVGH, aaO (Fußn. 113), UA, S. 36 ff. 124 Vor allem Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnr. 4 (S. 855 ff.); ferner Fickert, Planfeststellung für den Straßenbau, Kommentar, 1978, S. 135 ff. (Erl. Nr. 7 PlafeR); ders., Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 3. Aufl. 1989, § 2 Rdnm. 16 ff. (S. 60 ff.), § 38 Rdnr. 11 (S. 729). 125 Vgl. dazu Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 6 Rdnm. 12.2 und 12.3 (S. 182 f.), Kap. 34 Rdnr. 4.1 (S. 856), Kap. 42 (S. 1270 ff.), insbes. Kap. 42 Rdnr. 4.4 (S. 1278); femer Fickert, Planfeststellung, aaO (Fußn. 124), S. 139 f. (Tn. 6, 7 der Erl. Nr. 7 PlafeR); ders., Straßenrecht, aaO (Fußn. 124), § 2 Rdnm. 51 f. (S. 75). 126 Vgl. dazu ζ. Β. Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnr. 4.12 (S. 856). 121

Der Gegenstand der Planfeststellung

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§ 17 a FStrG um die Festsetzung der Flächen für Anlagen der Verkehrsüberwachung, der Unfallhilfe und des Zolls erweitert 127 . Im übrigen sind auch bei der straßenrechtlichen Planfeststellung notwendige Folgemaßnahmen an anderen Anlagen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) und Schutzmaßnahmen (§ 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) Gegenstand dieser Planfeststellung 128. Im Schrifttum 129 wird aus den genannten Vorschriften - insbesondere § 17 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG, § 74 Abs. 2 Satz 2, § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG - gefolgert, daß im Wege der Planfeststellung auch über die Anordnung 1 3 0 der zur Ausstattung der Straße notwendigen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen zu entscheiden sei (Beschilderungsplan) 131. Die Regelung des Verkehrs auf der neuen oder veränderten Straße und die dazu erforderliche Anbringung von Verkehrszeichen oder -einrichtungen sei durchaus Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses, der insoweit auch die Funktion der Straßenverkehrsbehörde an sich ziehe 132 . Dagegen könnten Verkehrsregelungen durch den Baulastträger nicht Gegenstand einer Auflage sein, weil diese, obwohl durch Verkehrszeichen und -einrichtungen (im weitesten Sinne also „bauliche" Anlagen) kenntlich zu machenden „Vorkehrungen", einer besonderen gesetzlichen Regelung im Straßenverkehrsrecht unterlägen 133. Diese Differenzierung - Zulässigkeit der Anordnung der zur Ausstattung der Straße (wegen deren baulichen Gestaltung) notwendigen Verkehrszeichen und -einrichtungen durch die Planfeststellungsbehörde 134 - leuchtet ζ. B. für den Fall ein, daß eine Autobahn nur für eine sogenannte Entwurfsgeschwindigkeit 127

Vgl. dazu ζ. B. Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnr. 4.2 (S. 856). Vgl. dazu z. B. Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnm. 4, 4.3 und 4.4 (S 855, 857 f., 858). 129 Vgl. Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 42 Rdnr. 4.4 (S. 1278). 130 Vgl. dazu Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 42 Rdnr. 2 (S. 1273 f.). 131 Zum Beschilderungsplan in der Planfeststellung vgl. Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnr. 50.3 (S. 969), Kap. 35 Rdnm. 2.1, 2.4 (S. 1007, 1008), Kap. 42 Rdnr. 4.4 (S. 1278). 132 Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 34 Rdnr. 13.33 (S. 877). 133 Ebenda. Unrichtig daher Michler, aaO (Fußn. 95), S. 130 (m. Fußn. 7), der aus den Ausführungen von Kodal/Krämer, aaO (Fußn. 65), Kap. 42 Rdnr. 4.4 (S. 1278) nicht gerechtfertigte Schlüsse zieht. 134 Vgl. schon Nr. 15 der alten Richtlinien für die Planfeststellung (Planfeststellungsrichtlinien) (VkBl. 1962 S. 178), z.B. abgedruckt bei Marschall, Bundesfernstraßengesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1963, S. 846 ff. (860): „15. Straßenverkehrsrecht - In der Planfeststellung kann die sich aus der baulichen Gestaltung notwendig ergebende Aufstellung von amtlichen Verkehrszeichen und -einrichtungen (Anlage der StVO) geregelt werden." Dazu auch K.-F. Meyer, Rechtsprobleme des Immissionsschutzes bei Planung, Bau und Betrieb öffentlicher Straßen, Diss. Mainz 1977, S. 127 f. 128

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von 120 km/h ausgebaut wird 1 3 5 . Schwieriger zu beantworten ist jedoch die andere - umstrittene - Frage, ob die Planfeststellungsbehörde auch im übrigen beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen - sowie von Eisenbahnen und Straßenbahnen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 41 Abs. 1 BImSchG) 136 - ζ. B. zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm verkehrslenkende Maßnahmen (ζ. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen) anordnen darf (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO) 137 . Da das Bundes-Immissionsschutzgesetz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 BImSchG nur für den Bau öffentlicher Straßen und Schienenwege gilt und - die dem § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hinsichtlich der Anspruchs Voraussetzungen vorgehende 138 Vorschrift des - § 41 Abs. 1 BImSchG dem Bau die wesentliche Änderung dieser Verkehrswege gleichstellt 139 , wird man die gestellte Frage mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum 140 verneinen müssen. Diese Auffassung wird durch § 1 der 16. BImSchV141 bestätigt, wonach sich die wesentliche Änderung allein auf bauliche Eingriffe bezieht142. Ohne eine dahin gehende gesetzliche Regelung des Gegenstands der Planfeststellung (wie ζ. B. in § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 4 Nr. 3 FStrG) 143 können daher in den hier angesprochenen Planfeststellungsbeschlüssen ζ. B. Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen nicht angeordnet werden. Das gegenteilige Ergebnis läßt sich - wie bereits erwähnt wurde 144 - allein mit der Konzentrationswirkung der Planfeststellung 135 Vgl. ζ. B. den Sachverhalt im Urteil des BVerwG vom 13. 12. 1979, BVerwGE 59, 221 („Frankenschnellweg" als Teilstück der Autobahn Nürnberg-Bamberg). 136 Zum Verhältnis des § 41 BImSchG zu § 74 Abs. 2 Sätze 2, 3 VwVfG vgl. BVerwG vom 22. 3. 1985, BVerwGE 71, 150 (1523 ff.); Kühling, aaO (Fußn. 18), S. 111 (m. Fußn. 9); Miehlen aaO (Fußn. 94), S. 130. 137 Für diese Befugnis der Planfeststellungsbehörde haben sich ausgesprochen: Stich/Porger, Immissionsschutzrecht des Bundes und der Länder, Bd. 1: Kommentar zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, Loseblattausgabe, Stand: August 1990, §41 Rdnr. 18; Meyer, aaO (Fußn. 134), S. 127 ff.; Michler, aaO (Fußn. 94), S. 129 ff., allerdings unter unzutreffender Berufung auf Kodal/Krämer (s. o. Fußn. 133). Α. M. dagegen Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, 1983, §41 Rdnr. 1; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Bd. III: Umweltrecht, Kommentar, Loseblattausgabe, Stand: Februar 1890, §41 Rdnr. 40; Hofmann, Planungs- und entschädigungsrechtliche Fragen des Verkehrslärmschutzes, Diss. Würzburg 1988, S. 193. Vgl. auch die Nachweise in Fußn. 145. 138 Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 136. 139 Vgl. dazu Michler, aaO (Fußn. 94), S. 165. 140 Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 137. 141 Vom 12. 6. 1990 (BGBl. 1 S. 1036). 142 Vgl. dazu (m. w. N.) Michler, aaO (Fußn. 94), S. 164. 143 Vgl. oben im Text (m. Fußn. 124 ff, 129 ff.). 144 Vgl. oben im Text (m. Fußn. 80 f.).

Der Gegenstand der Planfeststellung

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(§ 75 Abs. 1 VwVfG) nicht begründen. Für die hier vertretene Auffassung spricht schließlich, daß auch im umgekehrten Fall nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum 145 verkehrslenkende oder betriebslenkende Änderungen von dem Begriff der wesentlichen Änderung von Verkehrswegen (§ 41 Abs. 1 BImSchG, § 1 der 16. BImSchV) nicht umfaßt werden. Dies hat zur Folge 146 , daß eine Erhöhung der Lärmpegel etwa durch das Anbringen einer Lichtzeichenanlage oder Verkehrsverlagerungen (bei der Deutschen Bundesbahn durch Betriebsänderungen, ζ. B. Erhöhung der Streckengeschwindigkeit, Einsatz zusätzlicher Züge) nicht dem Anwendungsbereich des § 41 BImSchG und des § 1 der 16. BImSchV unterfallen. 6. Als Ergebnis der vorstehenden Überlegungen ist festzuhalten, daß Betriebsregelungen bzw. verkehrslenkende Maßnahmen in einem Planfeststellungsbeschluß nur insoweit zulässig sind, als nicht allein der Bau, sondern auch der Betrieb einer Anlage nach der gesetzlichen Ausgestaltung Gegenstand der jeweiligen Planfeststellung ist. Aus den Vorschriften über die gebotenen Schutzmaßnahmen (z. B. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) und über die Konzentrationswirkung der Planfeststellung (z. B. § 75 Abs. 1 VwVfG) ergibt sich wegen deren Akzessorietät nichts anderes.

145 Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Ule/Laubinger, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Kommentar, Loseblattausgabe, Stand: 1991, §43 Rdnr. 3 (Stand April 1979); femer Stich/Porger, aaO (Fußn. 137), §41 Rdnm. 10, 12; Fickert, Straßenplanung und Straßenbau unter der Rechtsgeltung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und unter Einbeziehung des Entwurfs einer Straßenschallschutzverordnung, BauR 1976, 1 ff. (7 f.); Schroeter, Überlegungen zu einer Straßenschallschutzverordnung nach dem BundesImmissionsschutzgesetz, DVB1. 1976, 759 ff. (763); Meyer, aaO (Fußn. 134), S. 122; Nedden, Immissionsschutz beim Straßenbau, DVB1. 1977, 265 ff. (266); Jarass, aaO (Fußn. 137), §41 Rdnr. 4; Hansmann, aaO (Fußn. 137), §41 Rdnr. 30, Janning, Verkehrslärmschutzverordnung, StGR 1989, 327 ff. (327); Holder, Die Verordnung zum Schutz vor Verkehrslärm, in: Koch (Hrsg.), Schutz vor Lärm, 1990, S. 171 ff. (179 f.); Keppel, Die VerkehrslärmschutzVerordnung, Die Bundesbahn 1990, 951 ff. (951); Ullrich, Lärmschutz an Straßen nach der neuen Verkehrslärmschutzverordnung und den RLS-90, Straße und Autobahn 1990, 547 ff. (548) = ders., in: Blümel (Hrsg.), Verkehrslärmschutz - Verfahrensbeschleunigung, Speyerer Forschungsberichte 95, 1991, S. 37 ff. (40 f.); Kiepe, Verkehrslärmschutz aus kommunaler Sicht - unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrslärmschutzverordnung, ebenda, S. 49 ff. (60 f.); Alexander, Aktuelle Fragen des Verkehrslärmschutzes unter besonderer Berücksichtigung der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BIMSchV), ebenda, S. 5 ff. (9 f.) = ders., NVwZ 1991, 318 ff. (319); Michler, aaO (Fußn. 94), S. 164, 165; Wellmann, Verkehrslärmschutz aus kommunaler Sicht, DÖV 1991, 1011 ff. (1012). A. M. (m. w. N.) Hofmann, aaO (Fußn. 137), S. 133 f. 146

Beispiele bei Michler, aaO (Fußn. 94), S. 164.

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne' Der 100. Geburtstag des Verwaltungsarchivs im Jahre 1993 gibt Veranlassung, diesen Rechtsprechungsbericht einem Thema zu widmen, das in der Bundesrepublik Deutschland Gerichte und Schrifttum seit Jahrzehnten beschäftigt. Dabei wird es einem Mitherausgeber dieser Zeitschrift erlaubt sein, in dem Bericht auch persönliche Erinnerungen und Hinweise auf den eigenen Anteil an der Fortentwicklung des Planungsrechts und an der Verbesserung des gerichtlichen Rechtsschutzes1 einfließen zu lassen. An der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer gehört das vom Verfasser angebotene Seminar „Rechtsschutz gegen Planungen" seit Jahren zum Standardprogramm für die Ausbildung insbesondere der Rechtsreferendare.

I. Raumordnungspläne In einem gedrängten Rechtsprechungsbericht kann die Entwicklung der Rechtsprechung zum Rechtsschutz gegen Planungen allerdings nicht insgesamt dargestellt werden. Der vorliegende Bericht beschränkt sich daher darauf, die Entwicklung und den gegenwärtigen Stand des unmittelbaren Rechtsschutzes gegen Raumordnungspläne (kritisch) zu beleuchten. Gerade am Beispiel dieser Raumordnungspläne läßt sich aber zeigen, wie schwer sich Gerichte und Schrifttum immer wieder tun, wenn es um die adäquate Bestimmung der Rechtsnatur einer neuartigen Planart und um ihre Einordnung in die Rechtsformen des Ve rwaltungshandelns geht2. Als Raumordnungspläne werden hier sowohl die Programme und Pläne der hochstufigen Landesplanung einschließlich der räumlichen und sachlichen Universitätsprofessor Dr. Rudolf Morsey zum 65. Geburtstag am 16. 10. 1992 in kollegialer Verbundenheit gewidmet. 1 Vgl. dazu Michler, Das wissenschaftliche Werk Willi Blümeis, VerwArch. 80 (1989), 2 ff. 2 Vgl. auch Erbguth, Beschleunigung von Infrastrukturplanungen versus private oder staatliche Mediation: Warum wird das Raumordnungsverfahren übersehen?, NVwZ 1992, 551 ff. (551 mit Fußn. 1).

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Teilprogramme und Teilpläne (§ 5 Abs. 1 Sätze 1-4 ROG) als auch die Regionalpläne (§ 5 Abs. 3 ROG) verstanden3. Diese Raumordnungspläne müssen nach § 5 Abs. 2 ROG unbeschadet weitergehender bundes- und landesrechtlicher Vorschriften diejenigen Ziele der Raumordnung und Landesplanung enthalten, die räumlich und sachlich zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung nach § 2 ROG erforderlich sind. Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung sind von den in § 4 Abs. 5 ROG genannten Stellen bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen4 zu beachten (§ 5 Abs. 4 ROG). Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen5. Aus Raumgründen nicht ausführlicher behandelt6 werden im folgenden die bekannten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen diejenigen Raumordnungspläne, deren Rechtsform (förmliches Gesetz, Rechtsverordnung, Satzung) der Gesetzgeber in den Landesplanungsgesetzen bereits selbst bestimmt hat7.

I I . Rechtsschutz der Gemeinden Nach der früher herrschenden Lehre kam auch den nicht rechtssatzförmig erlassenen Raumordnungsplänen die erwähnte Bindungswirkung zu. Dies provozierte in den sechziger und siebziger Jahren mit der zahlenmäßigen Zunahme solcher Raumordnungpläne naturgemäß die Frage, ob diese weder als Rechtss atz noch als Einzelakt, sondern vielfach als aliud eingestuften Pläne gerichtlich überprüft werden können8. 3 Vgl. dazu bereits Blümel, Die Standortvorsorgeplanung für Kernkraftwerke und andere umweltrelevante Großvorhaben in der Bundesrepublik Deutschland, DVB1. 1977, 301 ff. (310 mit Fußn. 177 ff), 316 ff.; ders., Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: Blümel (Hrsg.), Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, 1982, S. 23 ff. (88 f)· Vgl. im übrigen die zusammenfassenden Darstellungen (jeweils m. w. N.) bei Dörr, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, in: Achterberg/Püttner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1, 1990, S. 285 ff. (312 ff), und bei Steiner, Raumordnungsund Landesplanungsrecht, in: Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltung?recht, 4. Aufl. 1992, S. 697 ff (711 ff.). 4 Vgl. § 3 Abs. 1 ROG. 5 Zu § 5 Abs. 4 ROG, § 1 Abs. 4 BauGB (früher § 1 Abs. 3 BBauG) vgl. bereits ausführlich Forsthoff/Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970, S. 59 ff, 112 ff., 124 f., 138 f., 141 ff., 165 6 Vgl. aber unten im Text (mit Fußn. 22 ff). 7 Vgl. dazu Dörr, aaO (Fußn. 3), S. 315 ff. 8 Vgl. dazu näher (m. w. N.) vor allem Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, 1972, S. 140 ff, 149 ff.; femer Hohberg, Das Recht der Landesplanung, 1966,

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

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1. Es war zuerst das OVG Lüneburg, das Anfang der siebziger Jahre in zwei Entscheidungen zur Frage der Rechtsnatur von Raumordnungsplänen Stellung nahm. In einem Rechtsstreit, in dem es um die Rechtmäßigkeit der Versagung der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde für die Änderung eines Flächennutzungsplans ging, kam das OVG Lüneburg in seinem klageabweisenden Urteil vom 4. 11. 19709 zu dem Ergebnis, daß die Änderung des Flächennutzungsplans den Zielen der Raumordnung und Landesplanung widersprach (§ 1 Abs. 3 BBauG). Die klagende Gemeinde hatte demgegenüber geltend gemacht, daß der maßgebliche, durch Erlaß des Ministerpräsidenten festgestellte schleswig-holsteinische Raumordnungsplan vom 12. 11. 1963 (ABl. Schl.-H., S. 587) eine Rechtsverordnung und deswegen mangels formgerechter Verkündung unwirksam sei. Das Gericht 10 sah indessen in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung 11 den Raumordnungsplan „als eine hoheitliche Maßnahme eigener Art an, als eine rechtlich relevante Planungsstufe". Der Raumordnungsplan nach dem schleswig-holsteinischen Landesplanungsgesetz von 1961 sei keine Rechtsverordnung und bedürfe daher nicht der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt. Vielmehr genüge eine seinem Zweck und eine seiner Bindungswirkung nach § 1 Abs. 3 BBauG entsprechende Art der Publikation. Gelegenheit zur Überprüfung seiner Auffassung bot sich dem OVG Lüneburg im Zusammenhang mit den Angriffen mehrerer betroffener Gemeinden (und eines Kreises) gegen die - später (Anfang der achtziger Jahre) gescheiterte - Planung des Flughafens Hamburg-Kaltenkirchen 12. In den zahlreichen Verwaltungsstreitverfahren 13 wurden die Gemeinden (Kreis) u. a. von Forsthoff und S. 95 ff. (99); G. Klein, Zur Rechtsnatur und Bindungswirkung der Ziele der Landesplanung, 1972, S. 66 ff., 84 ff.; H.-D. Schultze, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung als Rechtsbegriff (Zur Rechtskontrolle von Raumordnungsplänen), 1973 (dazu Schmaltz, DVB1. 1974, 790); Motyl, Die Gemeinden in der Landesplanung, 1973. Für den Rechtssatzcharakter der Raumordnungspläne hatte sich schon damals vor allem Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 221 ff, 224 ff, 227 ff., 232 f. (zum Rechtsschutz) ausgesprochen. Vgl. im übrigen zur früheren Rechtsprechung und zum früheren Schrifttum die Nachweise bei Erbguth, in: Bielenberg/Erbguth/Söfker, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht des Bundes und der Länder, Loseblatt-Kommentar und Textsammlung, Stand Juli 1992, Bd. II, M 500 Rdnm. 11 ff., 16 ff. (Stand 1984). 9 OVGE 27, 328 = BVB1. 1971, 320 = DÖV 1971, 492 = BRS 23 Nr. 12. 10 OVGE 27, 328 (330) = DVB1. 1971, 320 (321) = DÖV 1971, 492. 11 Vgl. dazu die Nachweise oben in Fußn. 8. 12 Zum Hintergrund vgl. auch Löwer, Gemeindliches Selbstverwaltungsrecht und Landesplanung - OVG Lüneburg, DVB1. 1973, 151; JuS 1975, 779 ff. (779). 13 Vgl. dazu OVG Lüneburg vom 13. 7. 1972, DVB1. 1972, 795 (m. krit. Anm. von Blümel), vom 17.4. 1973, NJW 1974, 821, vom 28. 11. 1975. SchlHAnz. 1976, 112, und vom 9. 10. 1981, DÖV 1982, 204 (mit Anm. von Fromm); BVerwG vom 11. 12. 1978 BVerwG 4 C 11.76 -, Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 9; VG Schleswig vom 3. 11.

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Willi Blümel

vom Verfasser als Prozeßbevollmächtigte vertreten bzw. beraten 14. Die Klagen (und Anträge nach § 123 VwGO) richteten sich einmal gegen die am 6. 8. 1971 erteilte luftverkehrsrechtliche Genehmigung nach § 6 LuftVG und den späteren Planfeststellungsbeschluß nach §§ 8 ff. LuftVG (vom 30. 6. 1977)15, zum anderen aber aus prinzipiellen Erwägungen gegen die zugrundeliegende landesplanerische Zielsetzung. Mit ihrem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO beantragten die Stadt Elmshorn und die Gemeinde Kiebitzreihe, den Raumordnungsplan für das Land Schleswig-Holstein

v o m 16. 5. 1969 (ABl. Schl.-H., S. 315) in Nr. 57 (2)

Satz 1 und in der anliegenden Karte insoweit für ungültig zu erklären, als dort ein Flughafen Hamburg-Kaltenkirchen eingetragen ist. Dieser erste Antrag nach § 47 VwGO gegen einen Raumordnungsplan überhaupt hatte jedoch keinen Erfolg. Der I. Senat des OVG Lüneburg (Meyer, Groschupf, Schlichter), festgelegt durch sein bereits erwähntes Urteil vom 4. 11. 197016, vermochte sich in seinem Normenkontrollbeschluß vom 23. 11. 197217 damals der vor allem in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Argumentation von Forsthoff und des Verfassers 18 nicht anzuschließen, daß es sich bei dem Raumordnungsplan um eine landesrechtliche Verordnung bzw. um eine andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift (§ 47 VwGO a. F.) handelt. Die von Forsthoff und vom Verfasser in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob wenigstens eine unmittelbare Nachprüfung der Nr. 57 (2) des Raumordnungsplanes im Wege einer sonstigen - atypischen - Klage zulässig wäre, ließ das Gericht leider offen 19. 2. Es dauerte trotz der anhaltenden wissenschaftlichen Diskussion 20 immerhin fast zehn Jahre, bis 198221 eine weitere einschlägige, für den Rechts1980 - 12 A 180/79 - (η. v.); Blümel, Gemeinden und Kreise vor den öffentlichen Aufgaben der Gegenwart, WDStRL 36 (1978), 171 ff. (267 f. Fußn. 497). 14 Vgl. dazu bereits die Hinweise bei Blümel, DVB1. 1972, 796 (Fußn. 1); ders., Wesensgehalt und Schranken des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, in: v. Mutius (Hrsg.), Selbstverwaltung im Staat der Industriegesellschaft, Festgabe zum 70. Geburtstag von Georg Christoph von Unruh, 1983, S. 265 ff. (303 Fußn. 346). 15 Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 13. 16 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 9). 17 DVB1. 1973, 151, 457 (Anm. von Körting) = SchlHAnz. 1973, 51 = VerwRspr. 25, 9 = BauR 1973, 94 = JuS 1973, 788 (H. Weher). Vgl. dazu Löwer, JuS 1975, 779; Blümel, aaO (Fußn. 13), S. 258 (mit Fußn. 446); Erbguth, aaO (Fußn. 8), Κ § 5 Rdnr. 89 (Stand 1989), M 500 Rdnm. 13, 15 (Stand 1984). 18 Die Gegenseite - der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein - wurde durch Redeker vertreten. 19 DVB1. 1973, 151 (156). - Vgl. dazu auch unten im Text (mit Fußn. 74). 20 Vgl. dazu die bei Blümel, Zur Verwirkung des Antragsrecht im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO, VerwArch. 74 (1983), 153 ff. (158 Fußn. 28) zitierten Autoren

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

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schütz der Gemeinden erfreuliche Entscheidung erging. Zwar betraf schon der Beschluß des BayVGH vom 18. 11. 197422 ebenfalls einen Raumordnungsplan. Da jedoch der angegriffene Teilabschnitt des Landesentwicklungsprogramms „Bestimmung der zentralen Orte" vom 3. 8. 1973 (GVB1., S. 459) gemäß Art. 13 Abs. 2 Nr. 3, Art. 14 Abs. 3 und 4 BayLPIG als Rechtsverordnung erlassen worden war, war in diesem Fall der Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO bereits deshalb insoweit zulässig 23 . Anders verhielt es sich dagegen in dem Fall, der dem Urteil des BayVGH vom 30. 3. 198224 zugrunde lag. Angriffsgegenstand der Normenkontrollanträge der Gemeinde Eching und der vom Verfasser beratenen Gemeinde Neufahrn 25 , die sich auch im übrigen mit zahlreichen Klagen (Anträgen) gegen den neuen Flughafen München II wehrten, war hier Abschnitt III/7 (Lärmschutz) der „Einzelnen

(jeweils m. w. N.): Hosch/Höhnberg, Programme und Pläne nach dem Bayerischen Landesplanungsgesetz, BayVBl. 1974, 657 ff., 691 ff. (659 ff., 662 ff.); Mayer/Helbig, Ziele der Raumordnung und Landesplanung, BayVBl. 1975, 163 ff. (165); Hosch, Probleme des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes bei Zielen der Raumordnung und Landesplanung, WiVerw. 1977, 36 ff. (39 ff); femer (allgemein) Lohr, Gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten der Gemeinden gegen Regionalpläne, DVB1. 1981, 13 ff. (15 ff); Schmidt-Aßmann, Rechtsstaatliche Anforderungen an Regionalpläne, DÖV 1981, 237 ff. (238 ff); Erbguth, Zur Rechtsnatur von Programmen und Plänen der Raumordnung und Landesplanung, DVB1. 1981, 557 ff; Zoubek, Fachliche Programme und Pläne - ein landesplanerisch zweifelhaftes Rechtsinstrumentarium?, BayVBl. 1982, 97 ff., 135 ff. (137 ff.). 21 Vgl. dazu unten im Text (mit Fußn. 24). 22 VGHE I 27, 108 = BayVBl. 1975, 168. Vgl. dazu Mayer/Helbig, BayVBl. 1975, 163 ff.; Erbuth, aaO (Fußn. 8), M 500 Rdnr. 14. 23 Vgl. in diesem Zusammenhang auch die einen Normenkontrollantrag und eine Popularklage der Stadt Mitterteich gegen die landesplanerische Festlegung einer Sammelstelle für die Zwischenlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfalle (Änderungsverordnung zur Verordnung über das Landesentwicklungsprogramm Bayern vom 9. 3. 1982, GVB1. S. 151) betreffenden Entscheidungen: BayVGH vom 7. 7. 1983, VGHE I 36, 70 = DVB1. 1983, 1157 = BayVBl. 1983, 723 - ET 1984, 141; BayVerfGH vom 3. 5. 1984, BayVBl. 1984, 528 = NVwZ 1984, 711; femer BayVGH vom 12. 7. 1983, BayVBl. 1983, 532, und vom 24. 5. 1984, BayVBl. 1984, 659 = NVwZ 1984, 740. 24 BayVBl. 1982, 726. Vgl. zu dem Urteil Blümel, VerwArch. 74 (1983), 157 ff. (mit Fußn. 25, 27 ff.); ders., Wesensgehalt (Fußn. 14), S. 303 (mit Fußn. 345 f.); femer Evers, Tendenzen zur Verrechtlichung der Raumordnung, BayVBl. 1982, 709 ff. (710 mit Fußn. 6); Heibig, Verrechtlichung der Raumordnung, insbesondere ihrer Programme und Pläne, BayVBl. 1982, 713 ff. (714 mit Fußn. 4); Höhnberg, Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der Landesplanung, BayVBl. 1982, 722 ff. (725 f.); Hoppe, Kommunale Selbstverwaltung und Planung, in: v. Mutius, aaO (Fußn. 14), S. 555 ff. (575 Fußn. 119); Erbguth, aaO (Fußn. 8), Κ § 5 Rdnr. 89, M 500 Rdnr. 14 f. 25 Gutachtliche Stellungnahme des Verf. für den Prozeßvertreter der Gemeinde vom 30. 3. 1977.

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Willi Blümel

Ziele der Raumordnung und Landesplanung für das Umland des geplanten Verkehrsflughafens München am Standort Erding-Nord/Freising" vom 13. 4. 197626. Für solche einzelnen Ziele der Raumordnung

und Landesplanung

nach Art. 26

BayLPIG hatte der Gesetzgeber die Rechtsform nicht festgelegt. In seinem vom Verfasser schon in einem früheren Rechtsprechungsbericht 27 gewürdigten, für den Rechtsschutz gegen landesplanerische Zielsetzungen grundlegenden Urteil vom 30. 3. 1982 kam der BayVGH zu dem Ergebnis, daß einzelne Ziele der Raumordnung und Landesplanung gemäß Art. 26 BayLPIG, soweit sie generelle und abstrakte Regelungen mit Bindungswirkung enthalten, landesrechtliche, im Range unter dem Gesetz stehende Rechtsvorschriften sind, deren Kontrolle im Rahmen der Gerichtsbarkeit des Verwaltungsgerichtshofs liegt (§ 47 VwGO) 28 . 3. Schon damals war vom Verfasser 29 vermutet worden, daß der BayVGH diese Qualifizierung der einzelnen Ziele nach ihrem materiellen Gehalt auch auf die in (für verbindlich erklärten) Regionalplänen (Art. 17, 18 BayLPIG) und in fachlichen Programmen und Plänen (Art. 15, 16 BayLPIG) enthaltenen Ziele der Raumordnung und Landesplanung übertragen würde. Diese Vermutung wurde in der Folgezeit durch mehrere Normenkontrollentscheidungen des BayVGH bestätigt. In allen Entscheidungen wurde festgestellt, daß die angegriffenen landesplanerischen Zielsetzungen nach ihrem sachlichen Gehalt als Rechtsnormen anzusehen sind und damit zulässiger Prüfungsgegenstand einer Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sein können. Dies gilt einmal für das den „sachlichen Teilabschnitt des Regionalplans für die Region Donau-Wald über die Bestimmung der zentralen Orte der untersten Stufe (Kleinzentren)" vom 15. 10. 1980 (LUMB1., S. 162) betreffende, ausführlich begründete Normenkontrollurteil des BayVGH vom 14. 12. 198330. Es gilt aber auch

26 Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 13. 4. 1976 (GVB1. S. 162). Vgl. auch die spätere Änderung durch Bekanntmachung vom 25. 8. 1982 (GVBl. S. 741). 27 Blümel VerwArch. 74 (1983), 157 ff. 28 Ebenso das vom BayVGH in den Entscheidungen zitierte Urteil des VG München vom 30. 7. 1979 - M XVII-180 I 77 - (n. v.). Vgl. dazu auch Blümel, VerwArch. 74 (1983), 158 (Fußn. 27), 162 (mit Fußn. 52); Erbguth, aaO (Fußn. 8), M 500 Rdnr. 14. Grundsätzlich anderer Meinung ist offenbar Kopp, VwGO, Kommentar, 9. Aufl. 1992, § 47 Rdnr. 16 a. 29 Vgl. Blümel, VerwArch. 74 (1983), 158 f. Ebenso Evers, BayVBl. 1982, 710 (mit Fußn. 7; für die Regionalpläne); Heibig, BayVBl. 1982, 714; Höhnberg, BayVBl. 1982, 725 f. 30 VGHE I 36, 104 - BayVBl. 1984, 240 = UPR 1984, 384 = DÖV 1984, 476 = NVwZ 1985, 502. Vgl. dazu auch Goppel, Die Rechtswirkungen des Regionalplans, BayVBl. 1984, 229 ff. (230 Fußn. 2 a); Weidemann, Regionale Raumordnungspläne als Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle (Zur Rechtsnatur regionalpla-

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

für die Urteile des BayVGH vom 9. 1. 198631 und vom 5. 2. 198732, welche fallbeseitigungsplan, Teilplan Hausmüll

373

Ab-

Teilplan Sondermüll 33 und den Abfallbeseitigungsplan, und hausmiillähnliche Abfälle 34 - beide aufgestellt als (ver-

bindliche) fachliche Pläne nach § 6 AbfG, Art. 1 BayAbfG a. F. und Art. 15, 16 BayLPIG35 - zum Gegenstand hatten. An dieser Rechtsprechung hielt der BayVGH auch in seinem Beschluß vom 4. 2. 198836 fest, der den Normenkontrollantrag einer Gemeinde gegen die Bestimmung einer Vorrangfläche für den Kies - und Sandabbau auf ihrem Gebiet in einem für verbindlich erklärten Regionalplan wegen fehlender Antragsbefugnis ablehnte. Der BayVGH war der Auffassung, daß im vorliegenden Fall ein die Befugnis zur Einleitung des Normenkontrollverfahrens begründender „Nachteil" i. S. von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gegeben sei. Die Nichtvorlagebeschwerde der Gemeinde hatte jedoch Erfolg 37 . Das BVerwG kam in seinem Be-

nerischer Ziele), DVB1. 1984, 767 ff.; Erbguth, aaO (Fußn. 8), Κ § 5 Rdnr. 89. - Das Urteil des BayVGH vom 14. 12. 1983 wurde bestätigt durch Beschluß des BayVGH vom 12. 9. 1990, NVwZ-RR 1991, 332 (grenzüberschreitender Regionalplan). 31 BayVBl. 1986, 752 = UPR 1986, 430 - NuR 1987, 369. Vgl. dazu auch Weidemann, Abfallentsorgungspläne - ein wirksames Instrument des Entsorgungsrechts?, NVwZ 1988, 977 ff. 32 Nr. 20 86.01258 (n. v.). Dieser Beschluß des BayVGH wird zitiert im Urteil des OVG Bremen vom 15. 12. 1987, DVB1. 1988, 546 (546 LS 5, 547) = DÖV 1988, 568 NVwZ 1988, 1051 sowie im Beschluß des BVerwG vom 20. 12. 1988, BVerwGE 81, 128 (130). Vgl. dazu unten im Text (mit Fußn. 83 ff.). 33 Vom 22. 12. 1976 (GVB1. 1977 S. 55) nebst Fortschreibungen vom 15. 10. 1980 (GVB1. S. 626) und vom 6. 9. 1989 (GVB1. S. 474); Bek. des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 1. 2. 1977 (LUMB1, S. 1) und vom 15. 12. 1980 (LUMB1. 1981, S. 6). 34 Vom 17. 4. 1978 (GVB1, S. 199) nebst Fortschreibung vom 28. 5. 1980 (GVB1., S. 348). Vgl. dazu Dörr, aaO (Fußn. 3), S. 317 (mit Fußn. 184). 35 Nach Art. 11 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und sonstigen Entsorgung von Abfällen und zur Erfassung und Überwachung von Altlasten in Bayern (Bayerisches Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz - BayAbfAlG) vom 27. 2. 1991 (GVB1., S. 64) wird nunmehr der Abfallentsorgungsplan (§ 6 AbfG) von der Staatsregierung mit Zustimmung des Landtags als Rechtsverordnung aufgestellt. Vgl. dazu auch Jörgensen, Rechtsschutz gegen Abfallentsorgungspläne, BayVBl. 1992, 353 ff; femer unten im Text (mit Fußn. 95 ff). 36 Nr. 1 Ν 87.01982 (η. v.), Beschlußabdruck S. 5. 37 Abweichung (vgl. § 47 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 7 Satz 3 VwGO) vom Urteil des BaWüVGH vom 12. 6. 1984, NuR 1984, 274 = VB1BW 1985, 25. Vgl. dazu bereits Blümel, Das Selbstgestaltungsrecht der Städte und Gemeinden, in: Blümel/Merten/ Quaritsch (Hrsg.),Verwaltung im Rechtsstaat, Festschrift für Carl Hermann Ule zum 80. Geburtstag, 1987, S. 19 ff. (25 f. Fußn. 37).

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Willi Blümel

schluß vom 15. 3. 198938 zu dem zutreffenden Ergebnis, daß eine Gemeinde die Prüfung der Gültigkeit einer von ihr zwar nicht erlassenen, aber in ihrem Gebiet geltenden Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO stets beantragen kann, wenn sie die Vorschrift als Behörde zu beachten hat. Außerdem entschied das BVerwG, daß für einen Antrag der Gemeinde auf Prüfung der Gültigkeit von Festlegungen in einem ihr Gebiet umfassenden Regionalplan - sofern die Festlegungen als Rechtsvorschriften ergangen sind - im Hinblick auf die Beachtens- und Anpassungsgebote nach § 5 Abs. 4 i. V. mit § 4 Abs. 5 ROG sowie § 1 Abs. 4 BauGB ein Rechtsschutzinteresse besteht. Das BVerwG war zwar an die Qualifizierung der Festlegungen des Regionalplans als Rechtsvorschriften durch den BayVGH - als Ergebnis der Auslegung des irrevisiblen bayerischen Landesplanungsrechts (Art. 17, 18 i. V. mit Art. 8 BayLPIG) - gebunden. Immerhin verwies es jedoch in den Entscheidungsgründen 39 „zur Rechtsnormqualität von Festlegungen in den nach Landesplanungsrecht aufgestellten Plänen" auf das Urteil des OVG Lüneburg vom 11.4. 198640 und den Beschluß des BVerfG vom 23. 6. 198741. Auf beide Entscheidungen ist sogleich zurückzukommen. 4. Bereits 1983 hatte der Verfasser 42 in anderem Zusammenhang die Hoffnung geäußert, daß das OVG Lüneburg in absehbarer Zeit von seinem unbefriedigenden Beschluß vom 23. 11. 197243 wieder abrückt. Anlaß zu dieser Hoffnung gab ein Referat von H. Sommer (Richter am OVG Lüneburg) im Rahmen des Städteforums Lüneburg am 17. 11. 198144. In diesem Referat qualifizierte nämlich Sommer das durch Beschluß des niedersächsischen Landesministeriums festzustellende, damals im Entwurf vorliegende Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen Teil II als Verordnung im Sinne des Art. 34 i. V. mit Art. 28 Abs. 2 Nr. 6 der Niedersächsischen Verfassung. In seinem bereits erwähnten, ausführlich begründeten Urteil vom 11.4. 198645 kam dann das OVG Lüneburg in Anlehnung

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BVerwGE 81, 307 = DVB1. 1989, 662 = BayVBl. 1989, 602 = UPR 1989, 340 = NVwZ 1989, 654 = DÖV 1989, 858 = BauR 1989, 573. 39 BVerwG 81, 307 (309). 40 Vgl. unten im Text (mit Fußn. 45). Vgl. unten im Text (mit Fußn. 51). 42 Vgl. Blümel, Wesensgehalt (Fußn. 14), S. 303 (Fußn. 346). 43 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 17 ff). 44 Vgl. H. Sommer, Überprüfbarkeit von Raumordnungsentscheidungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in: Regionale Raumordnung und gemeindliche Planungshoheit im Konflikt?, Schriftenreihe des Niedersächsischen Städteverbandes, Heft 10, 1982, S. 32 ff. 45 ZfBR 1986, 287 (insoweit nur LS). Das Urteil ist abgedruckt bei Cholewa/ Dyong/von der Heide/Arenz, Raumordnung in Bund und Ländern, Kommentar, Lose-

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

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an die Rechtsprechung des BayVGH zu dem Ergebnis, daß die Ziele der Raumordnung in Teil II des niedersächsischen Landes-Raumordnungsprogramms 46 Rechtsvorschriften im Range unter dem Landesgesetz (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) seien, weil sie überwiegend Rechtssatz-Charakter hätten. Im Unterschied zu der mit Beschluß des OVG Lüneburg vom 23. 11. 197247 entschiedenen Streitigkeit beruhe „die hier angefochtene Planaussage nicht auf einem Landesplanungsgesetz, mit dem der Gesetzgeber die Ausgestaltung gerade dieser Planaussage als Rechtsverordnung bewußt abgelehnt hätte" 48 . 5. Der Normenkontrollantrag der Stadt Wilhelmshaven richtete sich gegen die ihr Gebiet betreffende Festlegung eines Vorrangstandortes für großindustrielle Anlagen am seeschifftiefen Fahrwasser in Abschnitt C 2 06 des Teils II des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen. Da der Antrag durch das Urteil des OVG Lüneburg vom 11. 4. 198649 als unbegründet zirückgewiesen wurde, erstreckte die Stadt Wilhelmshaven ihre bereits im Mai 1983 gegen den als formliches Gesetz erlassenen Teil I des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen 50 erhobene Kommunalverfassungsbeschwerde im Dezember 1986 auf die Regelungen in Abschnitt C 2 06 des Teils II des Raumordnungsprogramms. Durch Beschluß des BVerfG vom 23. 6. 198751 wurde die Verfassungsbeschwerde (als unzulässig) verworfen, soweit sie sich gegen die Regelungen in Abschnitt Β 1.5 des Teils I des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen richtete. Im übrigen wurde die Verfassungsbeschwerde - als zwar zulässig, aber unbegründet - zurückgewiesen. Nach Auffassung des BVerfG stellen die Regelungen des Teils II des Raumordnungsprogramms einen zulässigen Angriffsgegenstand im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG und des § 91 BVerfGG dar 52:

blatt, 16. Lfg. März 1987, Synop. landpl. 5.4.3, S. 24-26. Vgl. zu dem Urteil auch Beckmann, Die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungsvorschriften im Wege der verwaltungsgerichtlichen Nonnenkontrolle, DVB1. 1987, 611 ff. (611 mit Fußn. 1). 46 Bekanntmachung des Niedersächsischen Ministers des Innern vom 16. 6. 1982 (Nds. MB1., S. 717). 47 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 17 ff). 48

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UA, S. 19 f. = Cholewa/Dyong/v.

d Heide/Arenz,

aaO (Fußn. 45), S. 28.

Vgl. oben im Text (mit Fußn. 45 ff.). 50 Anlage zu Art. II des Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über Raumordnung und Landesplanung sowie über die Feststellung des LandesRaumordnungsprogramms Niedersachsen - Teil I - vom 1. 6. 1982 (GVB1., S. 123). 51 BVerfGE 76, 107 = DVB1. 1988, 41 = DÖV 1988, 122 = UPR 1988, 19 = BayVBl. 1988, 12 = NVwZ 1988, 47 = ZfBR 1988, 85 = NuR 1988, 188. Vgl. dazu auch Erbguth, aaO (Fußn. 8), Κ § 5 Rdnm. 88 (a. E.), 114 b. 52 BVerfGE 76, 107(114).

376

Willi Blümel

„Als >Gesetz< im Sinne dieser Vorschriften sind alle vom Staat erlassenen Rechtsnormen anzusehen, die Außenwirkung gegenüber einer Kommune entfalten. Dies ist für Rechtsverordnungen bereits in den Entscheidungen BVerfGE 26, 228 (236); 56, 298 (309); 71, 25 (34) ausdrücklich ausgesprochen worden. Es gilt gleichermaßen auch für alle anderen Arten vom Staat erlassener Rechtsnormen, weil auch bei ihnen der maßgebliche Gesichtspunkt zutrifft, daß andernfalls eine mit der Rechtsschutzfunktion der Kommunalverfassungsbeschwerde unvereinbare Lücke entstünde (vgl. BVerfGE 26, 228 [236]). Die Regelungen des Teils II des Raumordnungsprogramms sind in diesem Sinne - mit der Kommunalverfassungsbeschwerde angreifbare - untergesetzliche Rechtsnormen. Dieser Qualifizierung steht ihre Bekanntmachung im Ministerialblatt nicht entgpgen; Teil II ist als Beschluß der Landesregierung generell - ohne konkret-individuelle Bekanntgabe an die einzelnen Betroffenen - bekanntgemacht worden. Inhaltlich weisen die Regelungen neben Elementen eines Einzelakts auch normative Elemente auf. Insofern sind sie sonstigen baurechtlichen und raumbezogenen Regelungen, insbesondere Bauleitplänen, vergleichbar; letztere hat der Bundesgesetzgeber von Gesetzes wegen als Satzungen und damit als Rechtsnormen qualifiziert (§ 10 des Baugesetzbuches vom 8. Dezember 1986, BGBl. I, S. 2253; ebenso früher § 10 des Bundesbaugesetzes, Bekanntmachung vom 18. August 1976, BGBl. I, S. 2257)."' Mit dieser etwas mageren Begründung wurde vom BVerfG immerhin eine Rechtsfrage entschieden, die - wie gesagt - Rechtsprechung und Schrifttum über Jahre hinweg beschäftigt hatte. Die Entscheidung des BVerfG ist noch in einem weiteren Punkt von erheblicher - prozessualer - Bedeutung, nämlich unter den Gesichtspunkten der Rechtswegerschöpfung nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG und der fristgerechten Einlegung der Verfassungsbeschwerde. Nach der Entscheidung des BVerfG 53 ist nämlich vor der Erhebung einer Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen eine untergesetzliche Rechtsnorm, soweit statthaft, ein Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO) durchzuführen. Dieses Normenkontrollverfahren muß, soll die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde offengehalten werden und obwohl in § 47 VwGO eine Antragsfrist nicht vorgesehen ist, innerhalb der in § 93 Abs. 2 BVerfGG vorgesehenen Jahresfrist seit dem Inkrafttreten der Rechtsnorm eingeleitet werden. Mit Abschluß des fachgerichtlichen Verfahrens (Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO) beginnt dann die Jahresfrist des § 93 Abs. 2 BVerfGG erneut, d. h. zum zweiten Mal zu laufen 54. 6. Der Beschluß des BVerfG vom 23. 6. 1987 konnte nicht ohne Auswirkungen auf die Rechtsprechung derjenigen Landesverfassungsgerichte bleiben, zu denen - wie etwa in Nordrhein-Westfalen 55 - die Kommunalverfassungsbeschwerde erhoben werden kann (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 BVerfGG). 53

BVerfGE 76, 107 (107 - LS 2 -, 114 f.). BVerfGE 76, 107 (107 - LS 2 -, 115 f.). 55 Vgl. dazu Art. 75 Nr. 4 LV, § 12 Nr. 8, § 52 LG HG NW vom 14. 12. 1989 (GV. NW. S. 708); Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, 3. Aufl. 1991, § 12 Rdnr. 62 (S. 194), 54

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

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Zwar hatte Hoppe 56 es noch 1983 als fraglich bezeichnet, ob sich der VerfGH NW an seiner extensiven Auslegung des Beschwerdegegenstandes „Landesrecht" (§ 50 Abs. 1 VGHG NW) im Urteil vom 16. 4. 198257 (zum örtlichen Gewohnheitsrecht) in dem Sinne festhalten lasse, daß auch untergesetzliche Rechtsvorschriften - Hoppe nennt ζ. B. die Gebietsentwicklungspläne - „in das Rügepotential der gemeindlichen Verfassungsbeschwerde aufzunehmen" wären. Hoppe gab damals zu bedenken, „daß jede weitere Ausdehnung der in Betracht zu ziehenden Beschwerdegegenstände zu einer weiteren Belastung der Landesverfassungsgerichte führt. Die insbesondere seit den Verfahren im Zuge der kommunalen Gebietsreform ständig zunehmende Zahl anhängiger kommunaler Verfassungsbeschwerden hat die Kapazität der Gerichtshöfe seit langem ausgeschöpft, zumal deren Mitglieder weitgehend diese richterliche Tätigkeit nicht im Hauptberuf ausüben". Die neuere Rechtsprechung des VerfGH NW hat jedenfalls diese Bedenken zerstreut. In seinem Grundsatzurteil vom 15. 12. 198958 hielt der VerfGH NW im Anschluß an den Wilhelmshaven-Beschluß des BVerfG vom 23. 6. 1987 die Verfassungsbeschwerde einer kreisfreien Stadt im Ruhrgebiet gegen einen Gebietsentwicklungsplan59 mit folgender Begründung für zulässig: „Der Begriff >Landesrecht< umfaßt nicht allein Gesetze im formellen Sinn. Das hat der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf die nach dem Schutzzweck der Kommunalverfassungsbeschwerde gebotene weite Auslegung bereits für Rechtsverordnungen - auch solche ordnungsbehördlicher Art - und für Gewohnheitsrecht ausgesprochen (OVGE 33, 318, 319; DÖV 1983, 28, 29; NWVB1. 1988, 11 ff.). Gleiches gilt, um dem Schutzzweck zu genügen, auch für andere vom Land selbst oder den dazu ermächtigten Stellen erlassene untergesetzliche Rechtsnormen, die Außenwirkungen gegenüber Gemeinden als Selbstverwaltungsträgerinnen entfalten (vgl. BVerfGE 76, 107, 114).

§ 29 Rdnr. 49 (S. 602); femer Blümel, Wesensgehalt (Fußn. 14), S. 294 (Fußn. 248 f.), 303 (Fußn. 343). 56 Vgl. Hoppe, Die kommunale Verfassungsbeschwerde vor den Landesverfassungsgerichten, in: Starck/Stern (Hrsg.), Landesverfassungsgerichtsbarkeit, Teilband II, 1983, S. 257 ff. (281 ff.). Zum Geschäftsanfall beim VerfGH NW in den Jahren 1991 und 1992 (bisher) vgl. Stüer, 40 Jahre Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, NWVBL 1992, 200 ff. (200 mit Fußn. 9). 57 DVB1. 1982, 1043 (mit Anm. von Krebs) = NVwZ 1982, 431 = DÖV 1983, 28 (mit Anm. von Rüfner). Vgl. dazu auch Blümel, Wesensgehalt (Fußn. 14), S. 294 (Fußn. 248), 303 (Fußn. 343). 58 DVB1. 1990, 417 = NWVBL 1990, 51. Vgl. dazu auch Beckmann, Gebietsentwicklungspläne als Gegenstand der kommunalen Verfassungsbeschwerde in NRW, StuGR 1990, 87 ff; Pestalozza, aaO (Fußn. 55), § 29 Rdnr. 49 (S. 602 Fußn. 65). 59 Vgl. dazu bereits Blümel Wesensgehalt (Fußn. 14), S. 303 (Fußn. 343). Zur dreifach abgestuften Festlegung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung in Nordrhein-Westfalen vgl. das Urteil des OVG Münster vom 19. 11. 1991, UPR 1992, 314 (315 f.) - NVwZ-RR 1992, 536 (537); femer Dörr, aaO (Fußn. 3), S. 320 ff, 331 f.

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Willi Blümel

Bei den angegriffenen Ausweisungen im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk Düsseldorf handelt es sich in diesem Sinne um untergesetzliche Rechtsnormen. Neben der Außenwirkung, die ihnen aufgrund ihrer verbindlichen Beschränkung der kommunalen Planungshoheit zukommt, weisen sie auch insoweit normative Elemente auf, als sie für alle durch die Lage des regionalen Grünzuges betroffenen Gemeinden sowie für alle anderen öffentlichen Planungsträger im Bezug auf eine unbestimmte Vielzahl künftiger Planungsentscheidungen verbindlich sind (§ 5 Abs. 4 Satz 1 ROG; § 1 Abs. 4 BauGB/ BBauG i. V. mit §§ 11, 14 Landesplanungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachungen vom 28. 11. 1979/5. 10. 1989, GV NW 1979, 878/1989, 476 - LP1G -). Als Normergänzungen zum Raumordnungsgesetz und Landesplanungßgesetz sind sie hinreichend abstrakt. Sie sind in ihrer inhaltlichen Wirkung mit sonstigen baurechtlichen und raumbezogenen Regelungen, insbesondere Bauleitplänen vergleichbar. Bei letztgenannten hat der Gesetzgeber diese Wirkung ausdrücklich durch ihre Qualifizierung als Rechtsnorm in § 10 BauGB/BBauG anerkannt (vgl. BVerfGE 76, 107, 114). Die Nachprüfbarkeit von Regionalplänen im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren entspricht in besonderer Weise dem mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde verfolgten Zweck, nach Möglichkeit einen lückenlosen Rechtsschutz für die Gemeinden bereitzustellen, zumal solche Pläne in Nordrhein-Westfalen wegen Fehlens einer landesgesetzlichen Regelung im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht einer gerichtlichen Prüfung im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO unterzogen werden können." Inzwischen hat der VerfGH NW durch Urteile vom 18. 6. 199160, vom 28. 1. 199261 und vom 11. 2. 199262 über weitere Kommunalverfassungsbeschwe rden gegen Gebietsentwicklungspläne - in der Sache jeweils abschlägig - entschieden. Auch wenn damit für Nordrhein-Westfalen anerkannt ist, daß Raumordnungspläne Gegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde sein können, läßt sich nach diesen wenigen Entscheidungen des VerfGH NW noch nicht abschließend beurteilen, ob damit der Rechtsschutz der Gemeinden gegenüber landesplanerischen Zielsetzungen ausreichend gewährleistet ist. Nach der Auffassung von Hoppe/Stüer 63 geht „die verfassungsgerichtliche Kontrolle von Raumordnungsplänen auf der regionalen Ebene in Nordrhein-Westfalen (Gebietsentwicklungspläne) im Rahmen der Verfassungsbeschwerde vor dem VerfGH NW - wenn sie nicht verbessert wird - praktisch ins Leere, weil der VerfGH in den bisher zur Entscheidung anstehenden Verfahren die einfachrecht -

60

NVwZ 1991, 1173 = UPR 1991, 449 = NWVBL 1991,371. DVB1. 1992, 710 = NVwZ 1992, 875 = UPR 1992,312. 62 NVwZ 1992, 874 = UPR 1992, 13 = NWVBL 1992, 242. 63 Vgl. Hoppe/Stüer, Die kommunale Gebietsreform in den östlichen Bundesländern, DVB1. 1992, 641 ff. (650 mit Fußn. 69). Zum Problem der Kontrolldichte bei der kommunalen Verfassungsbeschwerde vgl. bereits Blümel/Ronellenfitsch/Bambey, Rechtsgutachten zu Fragen der Braunkohlenplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet, erstattet im Auftrag der Stadt Neuss, April 1984 (Maschinenschrift, n. v.), S. 83; femer die Nachweise unten in Fußn. 69. 61

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

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liehen Vorgaben nicht hinreichend zur Kontrolle heranzieht64 ... und weil Wertungen und Prognosen, die bei der Planung entscheidend sind65 im Unterschied zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung nur darauf kontrolliert worden sind, >ob diese offensichtlich fehlerhaft oder eindeutig widerlegbar sind oder der verfassungsrechtlichen Ordnung widersprechen^ 66 . Das von Hoppe/Stüer angedeutete Defizit des Rechtsschutzes der Gemeinden könnte und sollte in Nordrhein-Westfalen dadurch behoben werden, daß endlich die Normenkontrolle gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften durch das Oberverwaltungsgericht (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) eingeführt wird. Dies läge auch auf der Linie des Wilhelmshaven-Beschlusses des BVerfG vom 23. 6. 198767. Nach der weiten Auslegung des Begriffs „Landesrecht" in § 50 Abs. 1 VGHG NW durch den VerfGH NW steht zu erwarten, daß das Gericht auch verbindliche Braunkohlenpläne (§§ 24, 25, 33-36 LP1G NW) 68 als Beschwerdegegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde anerkennen wird 6 9 .

I I I . Rechtsschutz von Privatpersonen Von den vier zuvor erwähnten Urteilen des VerfGH NW beziehen sich allein drei jeweils auf die Darstellung des Standorts einer Mülldeponie in dem betreffenden Gebietsentwicklungsplan. Dies leitet über zu der grundsätzlichen Frage,

64

Hoppe/Stüer, aaO (Fußn. 62) verweisen an dieser Stelle auf Dietlein, Einfachrechtliche Kontrollmaßstäbe im kommunalen Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen untergesetzliche Normen, NWVBL 1992, 1 ff. 65 Im Anschluß an BVerfGE 76, 107 (121). 66 VerfGH NW vom 15. 12. 1989, aaO (Fußn. 57). 67 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 53). 68 Zur Bürgerbeteiligung bei der Braunkohlenplanung in Nordrhein-Westfalen vgl. bereits Blümel, Grundrechtsschutz (Fußn. 3), S. 89 (mit Fußn. 409). 69 Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Blümel/Ronellenfitsch/Bambey, aaO (Fußn. 63), S. 81 ff, 87; Blümel/Ebling, Rechtsgutachten zu Fragen der Braunkohlenplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet, Teil 1: Rechtmäßigkeit des Braunkohlenplans Inden II, erstattet im Auftrag der Stadt Düren, August 1989 (Maschinenschrift, n. v.), S. 117 ff., 120 ff, 125; dies., Rechtsgutachten zu Fragen der Braunkohlenplanung im Rheinischen Braunkohlengebiet, Rechtsschutzmöglichkeiten gegen den Braunkohlenplan Inden II, erstattet im Auftrag der Gemeinde Langerwehe, April 1991 (Maschinenschrift, n. v.), S. 30 ff, 47; femer Blümel, Selbstgestaltungsrecht (Fußn. 37) S. 23 (mit Fußn. 19 ff.), 35 (mit Fußn. 116).

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ob solche gebiets- und funktionsscharfen Ausweisungen 70 in einem Gebietsentwicklungsplan - und gleiches gilt in Nordrhein-Westfalen für detaillierte bzw. grundstücksscharfe Festlegungen71 in den Landesentwicklungsplänen - nicht nur in das Selbstverwaltungsrecht von Gemeinden, sondern auch in die Rechtsposition von Grundstückseigentümern (oder von sonstigen Dritten) eingreifen und von diesen unmittelbar im Wege der Normenkontrolle (§ 47 VwGO) angegriffen werden können. Das ist zwar in Nordrhein-Westfalen und in denjenigen Ländern 72 nicht möglich, in denen § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht aktuell ist73 und Privatpersonen - abgesehen von der allgemeinen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 BVerfGG) - nur die normalen verwaltungsgerichtlichen Klagearten 74 zur Verfügung stehen. Ist jedoch in dem betreffenden Land ein Normenkontrollantrag gegen untergesetzliche Rechtsvorschriften nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO möglich, dann stellt sich die Frage, ob ein Grundstückseigentümer (oder sonstiger Dritter) antragsbefugt ist, d. h. durch einen Raumordnungsplan einen Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erleiden kann 75 .

70

Vgl. VerfGH NW vom 15. 12. 1989, DVB1. 1990, 417 (419; oben Fußn. 58); OVG Münster vom 19. 11. 1991, UPR 1992, 314 (316) = NVwZ-RR 1992,536 (537). 71 Vgl. OVG Münster vom 19. 11. 1991, UPR 1992, 314 (316) = NVwZ-RR 1992, 536 (537). 72 Berlin, Hamburg. Die Rechtslage in den neuen Bundesländern bleibt (vorläufig) außer Betracht. Zur Einschränkung der Normenkontrolle in Rheinland-Pfalz durch § 4 Satz 2 AGVwGO - sie kommt nicht in Betracht bei Rechtsverordnungen, die Handlungen eines Verfassungsorgans i. S. des Art. 130 Abs. 1 LV sind - vgl. OVG Rheinland-Pfalz vom 2. 4. 1990 - 10 C 59/89 - (n. v.); BVerwG vom 1. 8. 1990, DÖV 1991, 162. In dem Normenkontrollverfahren hatte die Ortsgemeinde Heuchelheim-Klingen beantragt, die Landesverordnung über den Abfallbeseitigungsplan - Teilplan Hausmüll und hausmüllähnliche Abfälle (Regierungsbezirk Rheinhessen-Pfalz) - vom 28. 8. 1986 für nichtig zu erklären. Zu diesem vieldiskutierten Thema vgl. (jeweils m. w. N.) die oben in Fußn. 69 zitierten Rechtsgutachten; femer ζ. B. Hoppe, Planung und Pläne in der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, in: Erichsen/Hoppe/v. Mutius, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift für Christian-Friedrich Menger, 1985, 747 ff. (762 ff.); ders., Planung, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 1988, § 71 Rdnm. 113, 118 ff. (S. 706 f., 708 f.); Dämmert, Abfallentsorgungsplanung (Aufstellung, Inhalt ind Kontrolle von Abfallentsorgungsplänen), 1991, S. 215 ff, 222 ff.; Kleinschnittger, Die abfallrechtliche Planfeststellung, 1992, S. 75 f.; Jörgensen (Fußn. 35), BayVBl. 1992, 355 ff; femer oben im Text (mit Fußn. 19). 75 Hierzu und zum Folgenden vgl. auch Weidemann, Zum Rechtsschutz gegen abfallrechtliche Standortentscheidungen, NVwZ 1989, 1033 ff. (1033 f„ 1035).

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

381

Bisher wurde dem rechtsschutzsuchenden Bürger die Antragsbefugnis gegen Festlegungen in Raumordnungsplänen abgesprochen 76. Bei der in Stufen erfolgenden Planung wird er auf die Anfechtung der jeweiligen Entscheidung auf der letzten Planungsstufe (Planfeststellungsbeschluß oder Genehmigung) verwiesen. Die Begründung dieser unbefriedigenden (höchstrichterlichen) Rechtsprechung geht dahin, daß die vorangegangenen Planungsentscheidungen gegenüber dem Bürger keine verbindliche Regelungen enthielten und ihn deshalb nicht in seinen Rechten verletzen könnten; in dem nachfolgenden Ve rwaltungsverfahren (und anschließenden Verwaltungsstreitverfahren) sei der Betroffene mit seinen Einwendungen gegen das Vorhaben nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil eine positive Planungsentscheidung vorangegangen sei. Ihr Inhalt gehe in die abschließende Verwaltungsentscheidung (Planfeststellungsbeschluß oder Genehmigung) ein und sei erst als deren Element mit ihr angreifbar. Die gängige Behauptung, daß Raumordnungspläne nur für die in § 5 Abs. 4, § 4 Abs. 5 ROG genannten Stellen, nicht aber für Private (unmittelbar) verbindlich seien (§ 3 Abs. 3 ROG) 77 , war in dieser allgemeinen und undifferenzierten Form schon immer fragwürdig. Sie kann, worauf der Verfasser 78 bereits vor Jahren hingewiesen hat, in keinem Fall für konkrete landesplanerische Standortentscheidungen gelten. Zwar hielt auch der BayVGH in den bereits erwähnten Urteilen vom 9. 1. 198679 und vom 5. 2. 198780 daran fest 81, daß die für verbindlich erklärten Festlegungen in den als fachliche Pläne aufgestellten Abfallentsorgungsplänen (Teilplan Sondermüll und Teilplan Hausmüll) einzelnen Bürgern gegenüber keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfalten 82. Diese Rechtsprechung ist jedoch seit der Grundsatzentscheidung des BVerwG vom 20. 12. 198883 zur Abfallentsorgungsplanung überholt. 76

Vgl. dazu ausführlicher Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVB1. 1975, 695 ff. (702 ff.); ders. (Fußn. 3), DVB1. 1977, 317 ff.; Blümel/Lang, Art. Standortvorsorge, in: Kimminich u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. II, 1. Aufl. 1988, Sp. 393 ff. (395), 2. Aufl. im Druck. 77 Vgl. z. B. nur (m. w. N.) Erbguth, aaO (Fußn. 8), Κ § 5 Rdnm. 70, 89 a. 78 Vgl. Blümel (Fußn. 3), DVB1. 1977, 317 ff.; ders., Grundrechtsschutz (Fußn. 3), S. 88 f.; ders., Selbstgestaltungsrecht (Fußn. 37), S. 39 (mit Fußn. 145 f.). 79 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 31). 80 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 32). 81 Vgl. dazu auch Weidemann (Fußn. 75), NVwZ 1989, 1034 (mit Fußn. 2). 82 BayVBl. 1986, 752 (753). Ebenso z. B. (m. w. N.) BayVGH vom 26. 4. 1990, DVB1. 1990, 783 (784) = NVwZ 1990, 983 = DÖV 1990, 752 = UPR 1990, 357. 83 BVerwGE 81, 128 - DVB1. 1989, 512 - DÖV 1989, 1089 = NVwZ 1989, 458 = UPR 1989, 184 = JZ 1989, 538 (mit Anm. von Peine) = NuR 1990, 71 = ZfW 1989,

212. Vgl. auch den weiteren Beschluß des BVerwG vom 20. 12. 1988, BVerwGE 81, 139

382

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In diesem Beschluss kam das BVerwG entgegen der Auffassung des Normenkontrollgerichts - Urteil des OVG Bremen vom 15.12.198784 - und des BayVGH in dem (vom BVerwG ausdrücklich zitierten) Beschluß vom 5. 2. 198785 (Abfallbeseitigungsplan, Teilplan Hausmüll) zu dem zutreffenden Ergebnis, dass ein (benachbarter) Grundstückseigentümer - oder ein sonstiger Dritter 86 - durch einen rechtssatzmäßig für verbindlich erklärten Abfallbeseitigungsplan (jetzt Abfallentsorgungsplan) nach § 6 AbfG einen Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erleiden kann, wenn der Plan den Standort einer Abfallbeseitigungsanlage (Abfallentsorgungsanlage) konkret festlegt und zu erwarten ist, daß von der Anlage schädliche Umweltauswirkungen auf sein benachbartes Grundstück ausgehen werden. Ein solcher die Antragsbefugnis vermittelnder Nachteil kommt nach dem Beschluß des BVerwG vom 20. 12. 198887 „allerdings nur dann in Betracht, wenn die Festlegungen des Plans zu dem Standort, möglicherweise zusammen mit weiteren verbindlichen Festlegungen ζ. B. über die Art der Abfälle, die Größe und Kapazität der Anlage und über die anzuwendende Beseitigungßtechnik, sachlich und räumlich so konkretisiert sind, daß sich bereits auf dieser Planstufe ein negatives Betroffensein in rechtlich geschützten Interessen für den Fall der Verwirklichung des Vorhabens absehen läßt". In seinem Normenkontrollbeschluß vom 18. 12. 199088 ergänzte das BVerwG die zitierten Ausführungen durch die Aussage, daß insoweit auch hinreichend konkretisierte Festlegungen über Transportwege Art und Ausmaß möglicher Immissionen bestimmen können. Außerdem folgert das BVerwG in dem zuletzt zitierten Beschluß89, „dass für die Annahme eines Nachteils der Standort zwar nicht notwendig so genau wie in einem Planfeststellungsbeschluß 90, aber doch räumlich so eingegrenzt sein muß, daß von jedem innerhalb des festgelegten Be-

= DVB1. 1989, 515 = DÖV 1989, 588 = NVwZ 1989, 461 = ZfW 1989, 217 = NuR 1990, 74. Zu beiden Entscheidungen des BVerwG vom 20. 12. 1988 vgl. Weidemann (Fußn. 75), NVwZ 1989, 1033 ff.; Ibler, Die Gerichtskontrolle mehrstufiger Fachplanungen, insbesondere der Abfallentsorgungsplan, DVB1. 1989, 639 ff. (640); Dämmert, aaO (Fußn. 74), S. 218 ff.; Kleinschnittger, aaO (Fußn. 74), S. 72 f.; Jörgensen (Fußn. 35), S. 353 (mit Fußn. 7), 354 (mit Fußn. 22 ff.). 84 DVB1. 1988, 564 = DÖV 1988, 568 = NVwZ 1988, 1051 = UPR 1988, 196 = NuR 1988, 351 = ZfW 1988, 430. 85 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 32) 86 BVerwGE 81, 128 (135, 137) 87 BVerwGE 81, 128 (130) 88 DVB1. 1991, 399 = UPR 1991, 192 = BB 1991, 577. 89 DVB1. 1991,399 90 In dem Beschluß des BVerwG vorangestellten Leitsatz - DVB1. 1991, 399 - heißt es, daß nicht notwendig eine parzellenscharfe Ausweisung vorausgesetzt wird. - Zur parzellenscharfen Festlegung eines Standorts vgl. auch BVerwGE 81, 128 (138).

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reichs in Betracht kommenden Standort konkretisierbare nachteilige Wirkungen auf das Grundstück des betreffenden Antragsstellers ausgehen könnten". Allein aus der Größe und der Betriebsdauer der in einem Abfallentsorgungsplan festgelegten Anlage lasse sich allerdings ein individueller Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht herleiten 91. Das BVerwG stützte das in seinem Grundsatzbeschluß vom 20. 12. 198892 gefundene Ergebnis nicht nur auf die allgemeine Erwägung über die Bedeutung von Abfallbeseitigungsplänen für das Zulassungsverfahren (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AbfG). Nach seiner Auffassung kam vielmehr als entscheidender Gesichtspunkt hinzu 93 , daß in dem zweistufigen abfallrechtlichen Planungsverfahren „auf der ersten Stufe die verbindliche überörtliche Abfallbeseitigungs-(-entsorgungs)planung u. a. die Funktion hat, Standortalternativen zu überprüfen und endgültig auszuscheiden". Es versteht sich von selbst, daß sich diese Erwägungen des BVerwG zur Antragsbefugnis von Grundeigentümern und sonstigen Dritten gegen konkrete Standortentscheidungen in für verbindlich erklärten Abfallentsorgungsplänen 94 nicht nur auf die Fälle übertragen lassen, in denen solche Abfallentsorgungspläne - wie ζ. B. früher in Bayern 95 und jetzt in Baden-Württemberg 96 - als Raum-

91

UPR 1991, 192 (192 - LS 2 -, 193 a. E.) BVerwGE 81, 128 (135). Vgl. dazu auch Paetow, Zur Struktur der abfallrechtlichen Planfeststellung, in: Franßen/Redeker/Schlichter/Wilke (Hrsg.), Bürger - Richter Staat, Festschrift für Horst Sendler, 1991, S. 425 ff. (434). 93 BVerwGE 81, 128 (128 - LS 4-, 135 ff.). 94 Zum unbefriedigenden und uneinheitlichen Stand der Abfallentsorgungsplanung in den alten Bundesländern vgl. (jeweils m. w. N.) Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Abfallwirtschaft, Sondergutachten Sept. 1990, 1991, S. 74 (Nr. 245). 77 ff. (Nm. 266 ff.); Dämmert, aaO (Fußn. 74), S: 231 ff.; Kleinschnittger, aaO (Fußn. 74), S. 76 ff. Die Zurückhaltung einzelner Länder bei der Aufstellung bzw. Fortschreibung der Abfallentsorgungspläne dürfte noch zunehmen, nachdem der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Juli 1992 den Entwurf eines „Gesetzes zur Förderung einer rückstandsarmen Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Entsorgung von Abfallen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW/AbfG)" vorgelegt hat, das das bisherige Abfallgesetz ablösen soll. Nach § 24 des Gesetzesentwurfs soll die Abfallentsorgungsplanung zur Abfallwirtschaftsplanung erweitert werden. 95 Vgl. dazu oben in Fußn. 35. 96 Nach § 10 Abs. 3 des Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von Abfallen und die Behandlung von Altlasten in Baden-Württemberg (Landesabfallgesetz - LAbfG) vom 8. 1. 1990 (GBl., S. 1) ist der verbindliche Abfallentsorgungsplan ein fachlicher Entwicklungsplan i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Landesplanungsgesetzes ( j e t z t ) L d. F. der Bek. vom 8. 4. 1992 (GBl. S. 229). Für die Aufstellung und Verbindlicherklärung der Abfallentsorgungspläne gelten nach § 10 abs. 2 LAbfG § 5 Abs. 2 bis 5, § 6 Abs. 1 bis 3 und § 7 LP1G. 92

384

Willi Blümel

Ordnungspläne (fachliche Pläne oder fachliche Entwicklungspläne) aufgestellt und für verbindlich erklärt werden 97. Ein Normenkontrollantrag von Privatpersonen nach § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 VwGO muss vielmehr bei Vorliegen der vom BVerwG entwickelten (eingeschränkten) Voraussetzungen gegen jede konkrete Standortfestlegung eines Vorhabens in Raumordnungsplänen, zulässig sein 98 . Auf die Möglichkeit der Anfechtung der späteren Zulassungsentscheidung (Planfeststellung oder Genehmigung) braucht sich der Antragssteller nicht verweisen zu lassen99. Auch die - angeblich - begrenzte Bindungswirkung landesplanerischer Ziele (§ 5 Abs. 4 i. V. m. § 4 Abs. 5, § 3 Abs. 3 ROG) 100 steht einem Normenkontrollantrag gegen konkrete Standortfestlegungen in Raumordnungsplänen nicht entgegen 101 .

I V . Ausblick Bereits 1977 hat der Verfasser festgestellt, daß die Lösung der Standortfrage für Großvorhaben eine der wichtigsten Aufgaben der Zukunft sein wird 1 0 2 . Von anderen Autoren 103 wurde dieser Befund bestätigt. Inzwischen ist das Schrifttum zur Standortfrage, vor allem bei der Planung und Zulassung von Abfallentsorgungsanlagen, kaum mehr zu überblicken 104 . Wenn aber die Festlegung von Standorten so sehr in den Mittelpunkt rückt, dann muß auch die Rechtsschutz-

97

Zum Verhältnis der Abfallentsorgungsplanung zur Raumordnung und Landesplanung vgl. ausführlich (m. w. N.) Dämmert, aaO (Fußn. 74), S. 159 ff. 98 Vgl. dazu bereits ausführlich Blümel (Fußn. 3), DVB1. 1977, 317 ff. (320); ders., Grundrechtsschutz (Fußn. 3), S. 88 f. 99 BVerwGE 81, 128 (137 f.). 100 Vgl. dazu bereits oben im Text (mit Fußn. 77). 101 Im Ergebnis wohl ebenso Weidemann (Fußn. 75), NVwZ 1989, 1033 f , 1035. 102 Blümel (Fußn. 3), DVB1. 1977, 304. Vgl. auch Michler (Fußn. 1), VerwArch. 80 (1989), 6 (mit Fußn. 22). 103 Vgl. ζ. B. (jeweils m. w. N.) Hoppe/Beckmann, Zur Bedeutung von Standortalternativen bei der Zulassung von Entsorgungsanlagen, DÖV 1990, 769 ff. (770 mit Fußn. 2 f.); Bender/Pfaff, Zur Standortproblematik im Recht der Abfallentsorgungsanlagen, DVB1. 1992, 181 ff. (181 mit Fußn. 1). 104 Vgl. zuletzt etwa Bender/Pfaff, aaO (Fußn. 103); Erbguth, Rechtliche Anforderungen an Alternativprüfungen in (abfallrechtlichen) Planfeststellungsverfahren und vorgelagerten Verfahren, NVwZ 1992, 209 ff; ders., Informale Standortsuche und Abwägungsgebot anhand eines praktischen Beispiels, NuR 1992, 262 ff.; Kretz, AnlagenstandortBestimmung und Standortverantwortlichkeit in der abfallrechtlichen Planfeststellung, UPR 1992, 129 ff.

Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne

385

frage 105 neu gestellt werden. Dem Bürger kann der allein effektive rechtzeitige Rechtsschutz106 gegen verbindliche Standortentscheidungen nicht mehr länger nur deshalb vorenthalten werden, weil diese Entscheidungen in Raumordnungsplänen getroffen werden.

105

Blümel DVB1. 1977, 320 (mit Fußn. 443 ff.). Vgl. dazu Blümel, Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Doehring (Hrsg.), Festgabe für Emst Forsthoff zum 65. Geburtstag, 1967, S. 133 ff. (137 ff.). 106

Fachplanung durch Bundesgesetz (Legalplanung)

I. System der Raumplanung Im deutschen System der Raumplanung1 wird herkömmlich nicht nur zwischen Fachplanungen und Gesamtplanungen (ζ. B. Raumordnung und Landesplanung, Bauleitplanung) unterschieden. Bei jeder dieser Varianten erfolgt die Raumplanung vielmehr auch auf verschiedenen Ebenen (Bund, Länder, Regionen/Kreise, Gemeinden) sowie in Stufen. Diese Planung in Stufen (mehrstufige Planung) 2 ist bei der Bauleitplanung noch insofern übersichtlich, als hier neben den Flächennutzungsplan als vorbereitendem Bauleitplan (§§ 5 ff. BauGB) der Bebauungsplan als verbindlicher Bauleitplan (§§8 ff. BauGB) tritt und beide wiederum über § 1 Abs. 4 BauGB/§ 5 Abs. 4 ROG mit den in Raumondnungsprogrammen (einschließlich Regionalplänen) enthaltenen Zielen der Raumordnung und Landesplanung3 verknüpft sind.

1 Hierzu und zum Folgenden vgl. bereits (m. w. N.) Blümel, Die Straßenplanung im System der Raumplanung, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 309 ff.; clers., Art. Planung III (Planungsrecht), Ev. Staatslexikon, 3. Aufl. 1987, Bd. 2, Sp. 2518 ff. 2 Vgl. dazu vor allem und zusammenfassend (jeweils m. w. N.) Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVB1. 1975, 695 ff. (702 ff); ders., Straßenplanung (Fußn. 1), S. 313 ff.; ders., Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: Blümel (Hrsg.), Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, 1982, S. 23 ff. (78 ff.); Wahl, Der Regelungsgehalt von Teilentscheidungen in mehrstufigen Planungsverfahren, DÖV 1975, 373 ff.; Ronellenfitsch, Vorüberlegungen zur Bereinigung des luftrechtlichen Verfahrensrechts, DVB1. 1984, 501 ff. (507 ff.); Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im öffentlichen Recht, 9. Aufl. 1996, S. 623 (§ 58 Rdnr. 26 Fußn. 72). Zu den »vorgelagerten Planstufen« bzw. zu den »vorgelagerten Verfahren« (§9 Abs. 3, §§ 15-17 UVPG) vgl. jetzt auch (m. w. N.) BVerwG vom 14. 5. 1996, BayVBl. 1996, 666 = DÖV 1996,916. 3 Vgl. dazu näher Blümel, Rechtsschutz gegen Raumordnungspläne, VerwArch. 1993, 123 ff.; Hoppe, »Ziele der Raumordnung und Landesplanung« und »Grundsätze der Raumordnung und Landesplanung« in normtheoretischer Sicht, DVB1. 1993, 681 ff.; Sauer, Rechtsnatur und Bindungswirkung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung, VB1BW 1995, 465 ff; Scheipers, Ziele der Raumordnung und Landesplanung aus

388

Willi Blümel

Nicht ganz so einfach liegen die Dinge jedoch bei den Fachplanungen4. Zwar kann nach den Fachplanungsgesetzen des Bundes und der Länder hier in einigen Fällen ebenfalls zwischen der vorbereitenden Planung - Planung im engeren Sinne (§ 16 FStrG5 , § 13 WaStrG)6 - und der durchführenden, d.h. rechtsverbindlichen Planung (= Planfeststellung) unterschieden werden. Inzwischen sind jedoch aufgrund der in den neunziger Jahren nach der Wiedervereinigung ausgebrochenen Beschleunigungseuphorie des Bundesgesetzgebers7 nach Maßgabe des Verkehrswegeplanungsbeschleuniungsgesetzes vom 16. 12. 19918,

Sicht der Gemeinden, Beiträge zum Siedlungs- und Wohnungswesen und zur Raumplanung, Bd. 164, 1995; Runkel, Neuordnung des Rechts der Raumordnung, DVB1. 1996, 698 ff. (701 f.); ferner unten unter II (mit Fußn. 37 f.). 4 Hierzu und zum Folgenden vgl. bereits Blümel, Straßenplanung (Fußn. 1), S. 313 ff. Zur Bedeutung und Rechtsnatur der Straßenplanung m engeren Sinne (Linienbestimmung) vgl. (m. w. N.) Blümel, Straßenplanung (Fußn. 1), S. 316 ff., 319 ff., 321 ff., 325 ff.; ders., Grundrechtsschutz durch Verfahrensgestaltung, in: Blümel (Hrsg.), Frühzeitige Bürgerbeteiligung bei Planungen, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 87, 1982, S. 23 ff. (80 ff.); Kühling, Fachplanungsrecht, 1988, S. 230 f. (Rdnr. 548); Steinberg, Fachplanung, 2. Aufl. 1993, § 8 Rdnrn. 83 ff. (S. 393 ff.). Aus der Rechtsprechung vgl. die Urteile des BVerwG vom 26. 6. 1981, BVerwGE 62, 342 (344 ff.), vom 28. 11. 1995, NVwZ 1996, 389 (389 -LS 4-, 392), und vom 15.5. 1996, DVB1. 1996, 925 (926 - LS 2 -, 926), zuletzt jeweils zur eisenbahnrechtlichen Linienbestimmung nach dem inzwischen wieder geänderten §2 Abs. 1 VerkPBG (unten im Text m. Fußn. 8). - Zur bereits erwogenen Linienbestimmung durch Bundesgesetz vgl. unten unter VI (mit Fußn. 174). 6 Nach §8 Abs. 6 LuftVG (n. F.) ist die luftverkehrsrechtliche Genehmigung inzwischen nicht mehr Voraussetzung für ein Planfeststellungsverfahren oder ein Plangenehmigungsverfahren. Vgl. dazu Blümel (FIrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland, Speyerer Forschungsberichte Nr. 105, 1991, 3. Aufl. 1993; ders., Verkehrswegeplanung in Deutschland, in: Blümel/Magiera/Merten/Sommermann (Hrsg.), Verfassungsprobleme im vereinten Deutschland, Speyerer Forschungsberichte Nr. 117, 1993, 4. Aufl. 1994; ders., Einführung, in: Blümel/Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 114, 1994, S. 19 ff.; ders. (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, Schriftenreihe der Hochschule Speyer Bd. 115, 1994; ders., Einführung, in: Blümel/Pitschas (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozeß im Wandel der Staatsfunktionen, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, 1997 (im Druck); Blümel/ Pfeil, Neuere Entwicklungen im Umwelt- und Verwaltungsverfahrensrecht, Speyerer Forschungsberichte Nr. 145, 1995, S. 5 ff., 96 ff. Vgl. auch Schulze, Beschleunigung bei der Femstraßenplanung: Bericht vom 34. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar, NVwZ 1996, 773 f. 8 Gesetz zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz) vom 16. 12. 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. 12. 1995 (BGBl. I S. 1840) Vgl. dazu aus den Gesetzgebungsmaterialien BT-Drucks. 13/1444 (Gesetzentwurf des Bundesrates), 13/2752 (Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr);

Fachplanung durch Bundesgesetz (Legalplanung)

389

des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. 12. 19939, des Magnetschwebebahnplanungsgesetzes vom 23. 11. 199410 und des Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 12. 9. 199611 auf der Stufe der rechtsverbindlichen Fachplanung zur überkommenen Planfeststellung noch die (qualifizierte) Plangenehmigung n,

ferner die atypische Planfeststellung

durch zwei

Bundesgeset-

femer Blümel, Verkehrswegeplanung in Deutschland (FB 117, Fußn. 7), S. 6 ff. Zur einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. Paetow, Rechtsprechung zum Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel (Fußn. 7), S. 213 ff. - ders., DVB1. 1994, 94 ff.; ders., Beschleunigungsmaßnahmen bei der Femstraßenplanung (Erfahrungen aus der Gerichtspraxis), ZUR 1996, 57 ff. 9 Gesetz zur Vereinfachung der Planungsverfahren für Verkehrswege (Planungsvereinfachungsgesetz - PIVereinfG) vom 17. 12. 1993 (BGBl. I S. 2123). Vgl. dazu Blümel, Einführung 1994 (Fußn. 7), S. 30 ff; Ronellenfltsch, Neues Verkehrswegeplanungsrecht, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel (Fußn. 7), S. 179 ff. = ders., DVB1. 1994, 441 ff.; Steinberg/Berg, Das neue Planungsvereinfachungsgesetz, NJW 1994, 488 ff; Steiner, Das Planungsvereinfachungsgesetz, NVwZ 1994, 313 ff; ders., Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege im gesamten Bundesgebiet, in: Blümel/Pitschas (Hrsg.), Reform (Fußn. 7), S. 151 ff.; ders., Möglichkeiten und Grenzen des Umweltund Planungsrechts für den Ausbau bestehender und die Einführung neuer Verkehrssysteme, in: Umwelt und Verkehr (Umweltgerechter Verkehr oder Recht auf Mobilität?), Umwelt und Technikrecht (hrsg. von Di Fabio/Marburger/Schröder), Bd. 35, 1996, S. 63 ff. (66 f., 68 ff.). 10 Gesetz zur Regelung des Planungsverfahrens für Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnplanungsgesetz - MBP1G) vom 23. 11. 1994 (BGBl. I S. 3486). Vgl. dazu Blümel, Schriftliche Stellungnahme zur Anhörung des BT-Ausschusses für Verkehr am 18. 5. 1994, ADr. 650, S. 27 ff.; AProtokoll Nr. 67, S. 207 ff. (210 ff.); JuS 1995, 564; Falkner, Magnetschwebebahn zwischen Hamburg und Berlin, Speyerer Arbeitshefte Nr. 105, 1996 (vom Verf. betreute Magisterarbeit), S. 3 und pass.; Steiner, Möglichkeiten (Fußn. 9), S. 69, 70 f. 11 Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren (Genehmigungsverfahrensbeschleumgungsgesetz - GenBeschlG -) vom 12. 9. 1996 (BGBl. I S. 1354). Vgl. dazu Blümel/Eckert, Schriftliche Stellungnahme zur gemeinsamen Anhörung des Innen-, Rechts-, Wirtschafts- und Umweltausschusses am 8. 5. 1996, ADr. 13/271, Teil I, S. 378; AProtokoll Nr. 31, S. 23 ff, 112 ff.; Schmitz/Wessendorf Das Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz - Neue Regelungen im Verwaltungsverfahrensgesetz und der Wirtschaftsstandort Deutschland, NVwZ 1996, 955 ff.; Jäde, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren nach dem Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz, UPR 1996, 361 ff; Eckert, Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, Speyerer Forschungsberichte Nr. 164, 1997. - Vgl. auch unten in Fußn. 45. 12 Vgl. dazu neben den Nachweisen in Fußn. 8-11: Ringel, Die Plangenehmigung im Fachplanungsrecht - Anwendungsbereich, Verfahren und Rechtswirkungen, 1996; Pfeil, Die Voraussetzungen der Plangenehmigung gemäß § 18 Abs. 2 AEG, in: Blümel/ Kühlwetter (Hrsg.), Aktuelle Probleme des Eisenbahnrechts, Speyerer Forschungsberichte Nr. 160, 1996, S. 147 ff.; Steiner, Möglichkeiten (Fußn. 9), S. 68 ff. - Vgl. auch unten in Fußn. 21,44.

390

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ze (Investitionsmaßnahmengesetze)13 hinzugetreten. Dabei handelt es sich um das Gesetz über den Bau der »Südumfahrung Stendal« der Eisenbahnstrecke Berlin-Oebis felde vom 29. 10. 199314 (Lex Stendal) und um das Gesetz über den Bau des Abschnitts Wismar West-Wismar Ost der Bundesautobahn A 20 Lübeck-Bundesgrenze (A 11) vom 2. 3. 199415. Dagegen ist der Entwurf eines Gesetzes über den Bau des Abschnitts Könnern-Löbejün der Bundesautobahn A 14 Magdeburg-Halle (Saale)16 damals vom Deutschen Bundestag nicht mehr verabschiedet worden, nachdem schon im ersten Durchgang ein Beschluß des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf in der 657. Sitzung des Bundesrates am 28. 5. 1993 nicht zustande gekommen war. 17 Der Planfeststellung bzw. der Plangenehmigung als rechtsverbindlicher Stufe der Fachplanung gehen nicht nur die bereits erwähnten 18 Planungen im engeren Sinne, sondern auch die mit einer landesplanerischen Beurteilung 19 abschlie-

13

Vgl. zu diesen Maßnahmengesetzen besonderer Art bereits Ronellenfitsch, Maßnahmengesetze zur Beschleunigung von Verkehrsprojekten, DÖV 1991, 771 ff.; ders., Verkehrswegeplanung in Deutschland: Beschleunigungsgesetz - Investitionsmaßnahmengesetze, in: Blümel (Hrsg.), Verkehrswegeplanung in Deutschland (FB 105; Fußn. 7), S. 5 ff., 107 ff.; Stüer, Investitionsmaßnahmengesetze als Verfassungspioblem, ebenda, S. 21 ff. = DVB1. 1991, 1333 ff.; Würtenherger, »Maßnahmegesetze« zur Beschleunigung der Verkehrsplanung?, VB1BW 1992, 1 ff.; Blümel, Der Gegenstand der Planfeststellung, VerwArch. 1992, 146 ff. (147 m. Fußn. 8); ders., Diskussionsbeitrag, in: Stem (Hrsg.), Deutsche Wiedervereinigung, Bd. II: Zur Wiederherstellung der inneren Einheit, Teil 1: Vermögensfragen - Öffentlicher Dienst - Universitäten, 1992, S. 55 ff.; ders., Verkehrswegeplanung in Deutschland (FB 117; Fußn. 7), S. 14 ff.; ders., Einfuhrung 1994 (Fußn. 7) S. 29 f.; Blümel/Pfeil (Fußn. 7), S. 9, 99; Weis, Einführung von Maßnahmengesetzen für Raum- und Investitionsentscheidungen, in: Stem (aaO), S. 43 ff, 60 f.; weitere Diskussionsbeiträge von Stern, Stelkens, Wiirtenberger,

Engel, Wahl, Pohl, Tettinger,

da, S. 52 ff. Vgl. im übrigen unten unter IV. 14 BGBl. I S. 1909. Das Gesetz (§ 1 Abs. 1) betrifft allein den Abschnitt von km 99,95 bis km 113,00 + 155 der Eisenbahnstrecke. Vgl. dazu unten unter IV. 15 BGBl. I S. 734. Das Gesetz (§ 1 Abs. 1) betrifft allein die Umgehung Wismar, Baukm 31,7 bis Bau-km 41,8 der BAB A 20. 16 BT-Drucks. 12/5000 vom 29.6.1993. Das Gesetz (§1 Abs. 1) sollte nur für den Abschnitt von Bau-km 30,6 bis Bau-km 19,0 gelten. 17 Vgl. zu BR-Drucks. 246/93 - Anlage 2 zu BT-Drucks. 12/5000 (S. 14). 18 Vgl. oben im Text (mit Fußn. 4 ff). 19 Zur nach wie vor umstrittenen Rechtsnatur des Ergebnisses des Raumordnungsverfahrens (jetzt §6a Abs. 9, 10 ROG) vgl. Blümel, Straßenplanung (Fußn. 1), S. 327 ff.; ders., Grundrechtsschutz (Fußn. 5), S. 87 f. Aus der Rechtsprechung vgl. BVerwG vom 20. 1. 1984, BVerwGE 68, 311 (319), vom 3. 12. 1992, DVB1. 1993, 435 (437), und vom 30. 8. 1995, UPR 1995, 448 (449).

eben-

Fachplanung durch Bundesgesetz (Legalplanung)

391

ßenden Raumordnungsverfahren (§ 6 a ROG) voraus 20, durch die wiederum festgestellt wird, 1. ob raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung (insbesondere den Zielen der Raumordnung und Landesplanung) übereinstimmen bzw. 2. wie raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen unter den Gesichtspunkten der Raumordnung aufeinander abgestimmt oder durchgeführt werden können. Dabei schließt diese Feststellung die Prüfung vom Träger der Planung oder Maßnahme eingeführter Standort- oder Trassenalternativen ein. Die Straßenplanungen nach § 16 Abs. 1 FStrG und verschiedene Planfeststellungen bzw. Plangenehmigungen21 sind kraft Gesetzes außerdem eingebettet in vorausgehende Ausbauplanungen, die ebenfalls als Planungsstufen bezeichnet werden können 22 . Dazu rechnen auf Bundesebene23 die beiden Bedarfspläne -

für die Bundesfernstraßen nach dem Fernstraßenausbaugesetz (FStrAbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 1 1. 1993 24 und

20 Vgl. dazu auch die Raumordnungsverordnung vom 13. 12. 1990 (BGBl. I S. 2766), zuletzt geändert durch das Magnetschwebebahnplanungsgesetz vom 23. 11. 1994 (oben im Text mit Fußn. 10). 21 In den nachfolgend genannten Gesetzen ist jeweils nur eine Verbindlichkeit der Feststellung des Bedarfs für die Planfeststellung statuiert. Man wird jedoch davon ausgehen müssen, daß damit auch die an die Stelle der Planfeststellung tretende Plangenehmigung eingeschlossen ist. Ob eine solche Interpretation bei allen Gesetzesvorschriften möglich ist, die auf Planfeststellungen Bezug nehmen (z.B. §17 Abs. 3 FStrG; §78 VwVfG), bedarf allerdings jeweils der besonderen Prüfung. Zur von § 17 Abs. 3 FStrG abweichenden Fassung des § 29 Abs. 3 PBefG vgl. unten unter II (mit Fußn. 44). 22 Vgl. dazu bereits (jeweils m. w. N.) Blümel, Straßenplanung (Fußn. 1), S. 314 f.; ders., Diskussionsbeitrag (Fußn. 13), S. 57; Ossenbühl, Die Ausbauplanung für öffentliche Straßen, in: Bartlsperger/Blümel/Schroeter (Fußn. 1), S. 297 ff.; Schroeter, Straßenplanung und Umweltschutz, ebenda, S. 429 ff. (436 ff.); ferner Graf Vitzthum, Parlament und Planung, 1978, S. 114 ff.; Badura, Planung durch Gesetz, in: Festschrift für Hans Huber, 1981, S. 15 ff. (22); Springob, Ausweisung in Bedarfsplänen und Planfeststellung, in: Blümel (Hrsg.), Bedarfsplanung - Planfeststellung - Immissionsschutz, Speyerer Forschungsberichte Nr. 65, 3. Aufl. 1989, S. 81 ff. (89 ff., 96 ff.); Stüer, Bedarfsplanung - Planfeststellung - Immissionsschutz, Bericht, DÖV 1988, 507 ff. (509 f.); ders., Bauund Fachplanungsrecht (Planung - Genehmigung - Rechtsschutz), 1997 (im Druck), S. 380 f. (Rdnr. 1414), 386 (Rdnr. 1434), 431 (1596) der Druckvorlage; Zeitler,Aktuelle Probleme des Straßenrechts, NVwZ 1992, 830 ff. (831 f.); Kodal/Krämer, Straßenrecht, 5. Aufl. 1995, S. 906 ff., 908 ff. - Inzwischen wurde auch ein Wasserstraßenausbaugesetz in Aussicht gestellt; vgl. Schulze (Fußn. 7), NVwZ 1996, 773. 23 Auf Landesebene sind zu erwähnen: §1 Abs. 1 Satz 2 des nordrhein-westfalischen Gesetzes über den Bedarf und die Ausbauplanung der Landesstraßen (Landesstraßenausbaugesetz - LStrAusbauG) i. d. F. der Bek. vom 20. 4. 1993 (GV NW S. 297) sowie § 1 Abs. 2 des brandenburgischen Landesstraßenbedarfsplangesetzes (LStrBPIG) vom 26. 10. 1995 (GVB1. S. 250). 24 BGBl. IS. 1878.

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- für die Bundesschienenwege nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz vom 15. 11. 199325. Hinzu tritt das Magnetschwebebahnbedarfsgesetz vom 19. 7. 199626, dessen § 1 (Baubedarf) wie folgt lautet27: »Es besteht Bedarf für den Neubau einer Magnetschwebebahnstrecke von Berlin nach Hamburg über Schwerin. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Planfeststellung nach §2 des Magnetschwebebahnplanungsgesetzes28 verbindlich.« 29 In § 1 Abs. 2 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes heißt es fast gleichlautend30: »Die Feststellung des Bedarfs im Bedarfsplan ist für die Planfeststellung nach § 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes verbindlich.« Ausführlicher geraten ist dagegen die durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28 . 6. 199031 in das Fernstraßenausbaugesetz eingefügte Vorschrift des § 1 Abs. 2 32 : »Die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben entsprechen den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Linienbestimmung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes und für die Planfeststellung nach § 17 des Bundesfernstraßengesetzes verbindlich.«

I I . Rechtsformen der Raumplanung Schon aus dem vorstehenden Überblick ergibt sich ansatzweise, daß in der Raumplanung alle denkbaren - und für die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bürgers und der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften maßgeblichen - öf25

Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) vom 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1874). 26 Gesetz zur Feststellung des Bedarfs von Magnetschwebebahnen (Magnetschwebebahnbedarfsgesetz - MsbG) vom 19. 7. 1996 (BGBl. I S. 1018). Vgl. femer das Allgemeine Magnetschwebebahngesetz (AMbG) vom 19. 7. 1996 (BGBl. I S. 1019). Zu beiden Gesetzen vgl. Falkner (Fußn. 10), S. 3, 25 ff., 27 ff. 27 Vgl. auch §2 MsbG (Vereinbarung): »Die Durchführung der in dieses Gesetz aufgenommenen Maßnahme und deren Finanzierung bedürfen einer Vereinbarung zwischen dem Bund und den privaten Projektträgem über die Verteilung der Investitions- und Betriebslasten.« Dazu unten Fußn. 166 f. Vgl. oben im Text (mit Fußn. 10). Vgl. dazu ausführlich unten unter V 2. Vgl. dazu ausführlich unten unter V 1. 31 BGBl. I S. 1221 (1228: Art. 27). Vgl. dazu unten unter V 1 (mit Fußn. 117). 32 Vgl. dazu ebenfalls unten unter V 1.

Fachplanung durch Bundesgesetz (Legalplanung)

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fentlich-rechtlichen Rechtsformen des Verwaltungshandelns verwendet werden. Relativ neu, atypisch und verfassungsrechtlich problematisch ist allerdings das Steuerungsmittel des förmlichen Bundesgesetzes im Bereich der Fachplanung, sei es wie bei den beiden Investitionsmaßnahmengesetzen33 als Ersatz für die sonst üblichen Verwaltungsakte (Planfeststellung, Plangenehmigung), sei es wie bei der bundesgesetzlichen Feststellung des Bedarfs zur Bindung von Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten 34. Umstritten - wenn auch höchstrichterlich entschieden - ist nach wie vor die Rechtsnatur der Planung im engeren Sinne (Linienbestimmung nach § 16 FStrG, § 13 WaStrG) 35 und der landesplanerischen Beurteilung (Ergebnis des Raumordnungsverfahrens nach § 6 a Abs. 9, 10 ROG) 36 . Im Bereich der Gesamtplanung dominiert die Rechtssatzform. Die Programme und Pläne nach § 5 Abs. 1 ROG ergehen teils als förmliches Landesgesetz37, teils als untergesetzliche Rechtsvorschrift (Rechtsverordnung, Satzung). Wo dies nicht ausdrücklich der Fall ist, werden die Raumordnungspläne (hochstufige Landesplanung, Regionalplanung) neuerdings von Literatur und Rechtsprechung ebenfalls als untergesetzliche Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eingestuft 38. Auf der örtlichen Ebene ergeht der Bebauungsplan als Satzung (§ 10 BauGB)39, während für einen Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur feststeht, daß er keine Satzung im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist40. Nach § 246 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB bestimmen die Länder Berlin und Hamburg, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der im Baugesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt; das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Während in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nur der Rechtsverordnungen aufgrund des § 246 Abs. 2 BauGB gedacht wird, gibt es in Hamburg neben solchen Rechtsverordnungen als Regelform auch (förmliche) Bebauungsplangesetze, die jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG als Satzungen

j3

Vgl. oben unter I (mit Fußn. 13 ff.). Vgl. oben unter I (mit Fußn. 22 ff.). ">5 Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 5. Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 19. 37 Vgl. ζ. B. Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen - Teil I - (Anlage zu Art. II des Gesetzes vom 1. 6. 1982, GVB1, S. 123). Dazu der Wilhelmshaven-Beschluß des BVerfG vom 23. 6. 1987, BVerfGE 76, 107 (108, 112 f.). 38 Vgl. die Nachweise in Fußn. 3; femer BVerfGE 76, 107 (1 14). j9 Vgl. dazu aber unten unter III 1. 40 Vgl. BVerwG vom 20. 7. 1990, DVB1. 1990, 1352. 34

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im Sinne von §47 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verstehen sind 41 . Schließlich bleibt dann zu erinnern, daß Bebauungspläne nach § 9 BauGB ζ. B. nach § 17 Abs. 3 FStrG 42 die bundesfernstraßenrechtliche Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG13 und nach § 28 Abs. 3 PBefG (n. F.) die personenbeförderungsrechtliche Planfeststellung nach § 28 Abs. 1 PBefG sowie (jetzt auch) die personenbeförderungsrechtliche Plangenehmigung nach § 28 Abs. la PBefG 44 ersetzen 45.

I I I . Vertauschbarkeit der Rechtsformen der Raumplanung und Mißbrauch der Gesetzes- bzw. Rechtssatzform Die zuletzt erwähnten Vorschriften des § 17 Abs. 3 FStr und des § 28 Abs. 3 PBefG sowie entsprechende Vorschriften in anderen Gesetzen zeigen, daß die öffentlich-rechtlichen Rechtsformen des Verwaltungshandelns bei der Planung früher gern als aliud bezeichnet46 - offenbar austauschbar sind. An die Stelle eines Verwaltungsakts tritt der Rechtssatz mit der Folge, daß die Anfechtungsklage nach §42 VwGO und der vorläufige Rechtsschutz nach §§ 80-80 b VwGO ausscheiden. Die Rechtsschutzmöglichkeiten einschließlich des vorläufigen Rechtsschutzes (allgemeine oder kommunale Verfassungsbeschwerde, Normenkontrolle nach § 47 VwGO) richten sich dann nach der Einstufung als förmliches Gesetz bzw. als untergesetzliche Rechtsvorschrift. Da diese Rechtsschutzmö glichkeiten gegen Rechtsnormen aber in vielerlei Hinsicht hinter dem normalen

41

BVerfG vom 14. 5. 1985, BVerfGE 70, 35 (36 - LS 4 -, 53 ff.) Vgl. dazu näher unten unter III 4. 42 Ähnliche Vorschriften finden sich auch in den Landesstraßengesetzen. Vgl. dazu Blümel, Straßenplanung (Fußn. 1), S. 337; Kodal/Krämer (Fußn. 22), S. 959 (Rdnr. 8.1), 1500 ff. 43 Vgl. dazu näher unten unter III 2. 44 Vgl. dazu bereits oben in Fußn. 21. 45 Nicht Gesetz geworden ist der vom Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren (Genehmigungsverfahrensbeschleunigungsgesetz; oben unter I m. Fußn. 11 ) eingebrachte - und bereits von der Bundesregierung abgelehnte - Vorschlag (BT-Drucks. 13/3995, S. 14, 15, 17), in § 18 AEG einen dem § 17 Abs. 3 FStrG entsprechenden Absatz einzufügen. 46 Vgl. (m. w. N.) Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I: Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, S. 310 (mit Fußn. 3). - Zur Definition von Plan und Planung vgl. etwa Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. 1995, S. 329 ff. (§39 Rdnm. 2 ff.). Zum Begriff »Planfeststellung« vgl. bereits Blümel, Die Bauplanfeststellung I, 1961, S. 24 ff.; ders., Die Planfeststellung, Zweiter Teil: Die Planfeststellung im geltenden Recht (Habilitationsschrift aus dem Jahre 1967), Speyerer Forschungsberichte Nr. 140, 1994, 2 Bde., Bd. 1, S. 31 ff., 36 ff.

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verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz zurückbleiben 47, gab es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Versuche des Gesetzgebers und - bei durch Gesetz eingeräumten Wahlmöglichkeiten - der Exekutive, durch die Wahl der Rechtssatzform für bestimmte Planungen den Rechtsschutz von Bürgern (und Kommunen)48 zu verkürzen. Hierauf wie auch auf den gelegentlich anzutreffenden Mißbrauch der Gesetzes- bzw. Rechtssatzform hat der Verfasser seit Ende der fünfziger Jahre immer wieder hingewiesen.

1. Rechtsschutz gegen Bebauungspläne Die Problematik der rechtlichen Qualifizierung einer Planungsentscheidung durch den Gesetzgeber bzw. die Frage nach den Grenzen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit wurde bekanntlich erstmals ausführlicher in Zusammenhang mit der Regelung des § 10 des Bundesbaugesetzes vom23. 6. I960 49 diskutiert 50 , wonach die Gemeinde den Bebauungsplan als Satzung51 beschließt. Dies hatte die - vom Bundesgesetzgeber auch so gewollte - Folge, daß Bebauungspläne wie schon zuvor - auch nach Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. 1. 1960 am 1. 4. 1960 (§ 195 Abs. 1 VwGO) wegen des Vorbehalts der Landesgesetzgebung in § 47 VwGO (a. F.) bis zum Inkrafttreten (1.1. 1977) des Gesetzes zur Änderung prozessualer Vorschriften vom 24. 8. 1976 nur in BadenWürttemberg, Bayern, Bremen, Hessen und Schleswig-Holstein sowie zuletzt in Niedersachsen 52 mit dem Normenkontrollantrag nach §47 VwGO unmittelbar angegriffen werden konnten 53 . In den übrigen Bundesländern (Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland) gab es allein die - häufig ange-

47

BVerfGE 70, 35 (56). Vgl. dazu unten unter III 4 (mit Fußn. 84). Gegen überörtliche Planungen. 49 BGBl. I S. 341. 50 Vgl. dazu (jeweils m. w. N.) Forsthoff, Norm und Verwaltungsakt im geltenden und künftigen Baurecht, DVB1. 1957, 113 ff. (115 Fußn. 2); Blümel, Zur inhaltlichen Überprüfung des Bebauungsplanes im nachfolgenden Enteignungsverfahren, DÖV 1965, 297 ff. (298 Fußn. 13, 305, 306); ders., Raumplanung, vollendete Tatsachen und Rechtsschutz, in: Doehring (Hrsg.), Festgabe für Emst Forsthoff, 1967, S. 133 (159 ff); ders., Entscheidungsanmerkung, DVB1.1972, 122 ff. (123 m. Fußn. 13). 51 Zu den Besonderheiten in den Stadtstaaten (jetzt § 246 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB) vgl. oben unter II (mit Fußn. 41) und III 4. 52 Zweites Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 28. 5. 1976 (GVB1. S. 125). 53 Vgl. dazu Forsthoff (Fußn. 46), S. 311; Eyermann/Fröhler Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl. 1977, §47 Rdnr. 1 (S. 376). 48

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zweifelte - Möglichkeit der Inzidentprüfung des Bebauungsplanes54. Zu dieser mißlichen Lage trug auch das Bundesverfassungsgericht mit seinem unhaltbaren - erst 198555 revidierten - Beschluß vom 27. 7. 197156 bei, wonach Bebauungspläne von Grundeigentümern wegen fehlender unmittelbarer Grundrechtsbetroffenheit nicht einmal mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden konnten.

2. Isolierte Straßenplanung durch Bebauungsplan in Hamburg Verschärft wurde die Lage bis zum Inkrafttreten der VwGO-Novelle 1976 in den zuletzt genannten Ländern durch die gesetzlich eröffnete Wahlmöglichkeit zwischen Planfeststellung und Bebauungsplan bei der Straßenplanung und bei der U-Bahn-Planung. Von dieser Wahlmöglichkeit, insbesondere nach § 17 Abs. 3 FStrG und § 28 Abs. 3 PBefG 57, wurde in der Praxis häufig Gebrauch gemacht. Dies gilt vor allem für Hamburg 58. In diesem Stadtstaat erfolgten alle Straßenplanungen, also auch die Planung von Bundesfernstraßen, durch Bebauungsplan59. Dazu bestimmte §2 Abs. 1 und 2 des früher geltenden hamburgischen Gesetzes über die Feststellung von Bauleitplänen und ihre Sicherung vom 3. 7. 196160, daß der Senat Bebauungspläne durch Rechtsverordnung feststellt, die Bürgerschaft sich aber vorbehält, sie durch Gesetz festzustellen. Mit der Ersetzung von bundesfernstraßenrechtlichen Planfeststellungen durch solche Bebauungspläne war natürlich in Hamburg bis Ende 1976 der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz völlig ausgeschlossen. Dieses gewollte Ergebnis wurde vom Bundesverwaltungsgericht in

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Vgl. dazu ausführlich (m. w. N.) Blümel (Fußn. 50), DÖV 1965, 297 ff. Zur unterschiedlichen Bewertung der Inzidentkontrolle vgl. BVerfGE 45, 297 (333 f.) einerseits und BVerfGE 70, 35 (52; 61: abweichende Meinung von Steinberger) andererseits. 55 BVerfGE 70, 35 (35 f. - LS 1, 2 -, 50 ff., 58 f.; 61: abweichende Meinung von Steinberger). Vgl. dazu auch unten unter III 4 (mit Fußn. 80 f.). 56 BVerfGE 31, 364 (368 f.) = DVB1. 1971, 740 (m. krit. Anm. von Umbach). Vgl. dazu ebenfalls kritisch Blümel (Fußn. 50), DVB1. 1972, 122 (mit Fußn. 4). 57 Vgl. bereits oben unter II (mit Fußn. 42 ff). 58 Vgl. dazu auch Wahl (Fußn. 13), S. 57. 59 Vgl. dazu Fickert, Reichweite und Grenzen der Straßenplanung durch Bebauungsplan, in: Blümel (Hrsg.), Planung und Sondemutzung von Straßen, Speyerer Forschungsberichte 75, 2. Aufl. 1991, S. 5 ff. (14) = ders., BauR 1988, 678 ff. (682). 60 GVB1. S. 232. Das hamburgische Gesetz vom 1961 ist ebenso wie das nachfolgende Gesetz vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 89) insoweit wiedergegeben in BVerfGE 70, 35 (38 f., 54 f.). Zu den hamburgischen Bebauungsplangesetzen vgl. bereits oben unter II (mit Fußn. 41) sowie unten unter III 4.

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seinem problematischen Urteil vom 3. 6. 197161 selbst in einem Fall gebilligt, bei dem sich der Bebauungsplan (Rechtsverordnung) auf die Festsetzung von für den Bau einer Bundesautobahn (Abschnitt Westliche Umgehung von Hamburg) benötigte Verkehrsflächen (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 BBauG) beschränkte (isolierte Straßenplanung durch Bebauungsplan). Immerhin wurden die ärgerlichsten Auswüchse einer solchen Praxis damals vom Bundesverwaltungsgericht dadurch korrigiert, daß es den von der Wahlfreiheit zwischen Planfeststellung und Bebauungsplan Gebrauch machenden Behörden verwehrte, zum Nachteil der Betroffenen auch noch die jeweiligen Vorzüge des Planfeststellungsverfahrens und des Bebauungsplanverfahrens zu kumulieren, d. h. sich jeweils die Rosinen aus jedem der beiden Verfahren herauszupicken 62. So führte ζ. B. im geschilderten Hamburger Fall die Festsetzung durch Bebauunsgplan nicht zu der damals von den dortigen Behörden gewünschten Veränderungssperre nach § 9a Abs. 1 Satz 1 FStrG (a. F.) 63 .

3. Planung unterirdischer Verkehrsanlagen in Hamburg Auch für die beschleunigte Planung und den Bau unterirdischer Verkehrsanlagen (insbesondere Untergrundbahnen) versuchte man in Hamburg - allerdings letztlich vergeblich - mit Hilfe der Gesetzesform den Rechtsschutz der Betroffenen nachhaltig zu verkürzen. So wurde im Zweiten Teil (§§ 8-16) des Hamburgischen Enteignungsgesetzes vom 14. 6. 196364, der die Inanspruchnahme von Grundstücken für unterirdische Verkehrsanlagen regelte, anstelle der Begründung privatrechtlicher Dienstbarkeiten die Rechtsfigur der öffentlichen Last eingeführt. Die öffentliche Last sollte in den Fällen des § 28 Abs. 3 PBefG mit dem Inkrafttreten des Bebauungsplans, in den übrigen Fällen (z. B. § 17 Abs. 1 FStrG) mit der Bekanntmachung, daß der Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, kraft Gesetzes entstehen. In seinem - vom Verf. als Prozeß-

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BVerwGE 38, 152 = DVB1. 1972, S. 119 (m. krit. Anm. von Blümel). Vgl. dazu ausführlicher (jeweils m. w. N.) Blümel (Fußn. 61), DVB1. 1972, 122 ff.; ders., Urteilsanmerkung, DVB1. 1973, 507 f.; ders., Straßenplanung (Fußn. 1), S. 337 (mit Fußn. 112). 63 Vgl. BVerwG, aaO (Fußn. 61). 64 Vgl. dazu Bielenberg, Neue Rechtsgrundlagen für den Bau unterirdischer Verkehrsanlagen in Hamburg (Zum neuen Hamburgischen Enteignungsgesetz), DVB1. 1964, 501 ff.; ders., Stellungnahme, DVB1. 1964, 907 ff. Kritisch vor allem Blümel, Zur Teilnichtigkeit des neuen Hamburgischen Enteignungsgesetzes, DVB1. 1964, 905 ff; ders., Planfeststellung II (Fußn. 46), S. 11 (mit Fußn. 66 ff.), 211 ff., 214 ff., 285 (mit Fußn. 14 f.), 487 ff. 62

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Vertreter erstrittenen - Beschluß vom 10. 5. 19776:> stellte das Bundesverfassungsgericht fest, daß der Zweite Teil des Hamburgischen Enteignungsgesetzes gegen Art. 14 Abs. 3 GG und Art. 74 Nr. 1 GG verstößt 66 und deshalb nichtig ist. Die Begründung der öffentlichen Last sei keine Enteignung durch Gesetz im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG (Legalenteignung)67. Sie sei vielmehr eine mit Art. 14 Abs. 3 GG unvereinbare Mischform von Legal- und Administrativenteignung 68 . Sie vermische Aufgaben der Gesetzgebung und Verwaltung, verkürze den - sich nicht nur aus Art. 19 Abs. 4 GG, sondern bereits aus dem Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden - Anspruch auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz69 und lasse für die Anwendung des Ve rhältnismäßigkeitsprinzips keinen ausreichenden Raum70.

4. Hamburgische Bebauungsplangesetze Angesichts der dargestellten Besonderheiten in Sachen Rechtsschutz in Hamburg 71 konnte es nach Inkrafttreten der VwGO-Novelle 1976 (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) am 1. 1. 1977 nicht ausbleiben, daß auch die bereits erwähnte 72 Formenwahl für hamburgische Bebauungspläne einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterzogen wurde. In dem einschlägigen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. 5. 198573 wurde zur Praxis in Hamburg unter Bezugnahme auf Äußerungen in der 78. Sitzung des BT-Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 10. 3. 1976 festgestellt 74, daß etwa die Hälf-

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BVerfGE 45, 297 ff. (300). Die im Zweiten Teil des Hamburgischen Enteignungsgesetzes getroffene Regelung verstieß auch gegen die bundesrechtliche Regelung in §31 PBefG; vgl. BVerfGE 45, 297 (298 - LS 3 -, 335 ff.). 67 BVerfGE 45, 297 (297 - LS 2 a -, 325 f., 329), unter Bezugnahme auf BVerfGE 24, 367 (395 ff.) - hamburgisches Deichordnungsgesetz - und BVerfGE 31, 275 (281, 289 f., 291 ff.) - § 135 Urheberrechtsgesetz -. Vgl. femer BVerfGE 58, 300 (331 f.) - Wasserhaushaltsgesetz -. 68 Hierzu und zum Folgenden vgl. BVerfGE 45, 297 (297 f. - LS 2 b -, 330 ff.). 69 BVerfGE 45, 297 (297 f. - LS 2 b -, 333 ff.). Vgl. dazu unten unter III 4 (mit Fußn. 85). 70 BVerfGE 45, 297 (297 f. - LS 2 b -, 335). 71 Vgl. dazu auch Wahl (Fußn. 13), S. 57. 72 Vgl. oben unter II (mit Fußn. 41). 73 BVerfGE 70, 35. Zu dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 2. 1987 (NJW 1987, 2571) über die Erstattung von Auslagen der Beschwerdeführer nach §34 a Abs. 3 BVerfGG vgl. unten in Fußn. 82. 74 BVerfGE 70, 35 (40). 66

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te der Bebauungspläne, und zwar diejenigen, die ziemlich unstrittig seien, als Rechtsverordnung des Senats erlassen würden; politisch umstrittene Pläne dagegen ergingen als formelle Gesetze75. Damit stellte sich für das Bundesverfassungsgericht die Frage des Rechtsschutzes des Bürgers: »Die von einem durch Gesetz festgestellten Bebauungsplan Betroffenen würden jedenfalls nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften - insbesondere § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO - in einer von Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu rechtfertigenden Weise schlechter gestellt.« 76 Die - in einem Sondervotum von Steinberger 77 abgelehnte - Begründung der Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. 5. 1985 bedarf der genaueren Analyse schon deshalb, weil derselbe Senat in einem ähnlich gelagerten Fall (Lex Stendal)78 mit dem noch zu würdigenden Beschluß vom 17. 7. 199679 in der Rechtsschutzfrage ganz anders judiziert hat. Zu dieser Frage konnte der Senat in dem die hamburgischen Bebauungsplangesetze betreffenden Beschluß vom 14. 5. 1985 allerdings erst vordringen, nachdem er unter ausdrücklicher Aufgabe der im bereits erwähnten 80 Beschluß vom 27. 7. 1971 vertretenen Auffassung nunmehr zutreffend die unmittelbare Grundrechtsbetroffenheit der diese Bebauungspläne angreifenden Beschwerdeführer bejaht hatte 81 . Zu der jedermann überraschenden Auslegung 82 des § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach hamburgische Bebauungsplangesetze als Satzungen im Sinne dieser 75

Vgl. dazu auch BVerfGE 70, 35 (46 f., 49, 57, 58); unten im Text (mit Fußn. 88). BVerfGE 70, 35 (55). 77 BVerfGE 70, 35 (59 ff.). Vgl. auch oben in Fußn. 54 f. 78 Vgl. oben unter I (mit Fußn. 14). 79 Az. 2 BvF 2/93. Vgl. dazu die Pressemitteilung des BVerfG Nr. 60/96 vom 22. 10. 1996, abgedruckt ζ. B. in NJW 46/1996, S. XII (NJW-Informationen). Vgl. im übrigen unten unter IV. 80 Vgl. oben unter III 1 (mit Fußn. 56). 81 BVerfGE 70, 35 (35 - LS 1 -, 50 ff.). 82 Vgl. dazu auch den bereits oben in Fußn. 73 erwähnten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 2. 1987, in dem es heißt: »Gem. §34 a III BVerfGG kann das BVerfG - abweichend von § 34 a II BVerfGG - volle oder teilweise Erstattung der Auslagen eines Bf. auch dann anordnen, wenn die Verfassungsbeschwerden in der Sache keinen Erfolg haben. Eine solche Anordnung setzt besondere Billigkeitsgründe voraus. Sie liegen hier vor. Das BVerfG hat - unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung - in seiner Entscheidung vom 14. 5. 1985 (BVerfGE 70, 35 = NJW 1985, 2315) festgestellt, daß für die Bf. der Rechtsweg zum OVG eröffnet war. Damit hatten die Bf. nicht rechnen müssen. Wäre die der Entscheidung des BVerfG zugrundeliegende Auslegung des Gesetzes nicht möglich gewesen, hätten die Verfassungsbeschwerden Erfolg gehabt (BVerfGE 70, 35 [55 ff.] = NJW 1985, 2315). Insofern liegt es hier ebenso wie in der Entscheidung 76

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Vorschrift zu verstehen sind, kam das Bundesverfassungsgericht aufgrund verschiedener Überlegungen: Ginge man von der den angegriffenen Bebauungsplänen verliehenen Gesetzesform aus83, könnten die Beschwerdeführer nur die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben. »Der außerordentliche Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde vermöchte aber den Beschwerdeführern keinesfalls die Fülle desjenigen Rechtsschutzes zu vermitteln, wie er von den - hier in ihren Prüfungsmaßstäben nicht beschränkten - Oberverwaltungsgerichten im Verfahren nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gewährt« werde 84 . Dies ergebe sich vor allem »aus der Beschränkung der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht auf die Frage einer Verletzung des Verfassungsrechts des Bundes«. Während der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in seiner U-BahnEntscheidung vom 10. 5. 197785 einen von der Verfassung garantierten Anspruch auf einen umfassenden und effektiven Rechtsschutz nicht nur aus Art. 19 Abs. 4 GG, sondern bereits aus dem Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitet hatte, beschränkte sich der Zweite Senat in der Bebauungsplangesetz-Entscheidung86 insoweit auf die Heranziehung der erstgenannten Grundgesetzvorschrift, die zudem noch einschränkend ausgelegt wurde: Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gebiete nicht, daß der Gesetzgeber Bebauungspläne oder auch andere grundlegende Planungsentscheidungen in diejenige Rechtsform kleide, die dem Bürger in jedem Fall den Rechtsbehelf der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle oder in anderer Weise den bestmöglichen Rechtsschutz gewährleiste. Auch seien die in dem Hamburgischen Gesetz genannten Abgrenzungsmerkmale dafür, wann der Senat Bebauungspläne durch Rechtsverordnung feststellt und wann die Bürgerschaft diese als Gesetz beschließt, für diese Abgrenzung verfassungsrechtlich unbedenklich. Im Hinblick auf den Rechtsschutz des vom

BVerfGE 42, 243 (251 f.) = NJW 1976, 1837, die gleichfalls eine Auslagenerstattung aus Billigkeitsgründen angeordnet hat. Erstattungspflichtig ist die Freie und Hansestadt Hamburg. Daß es möglicherweise dem Bundesgesetzgeber zuzurechnen ist, daß die Bf. Anlaß zu einer Anrufung des BVerfG sahen und zunächst nicht ein verwaltungsgerichtliches Normenkontrollverfahren nach §47 I Nr. 1 VwGO beim OVG Hamburg eingeleitet haben, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Entscheidend ist, daß die angegriffenen Hoheitsakte jedenfalls deshalb der Freien und Hansestadt Hamburg zuzurechnen sind, weil es ihr offenstand, durch entsprechende landesrechtliche Regelung den von gesetzesförmigen Bebauungsplänen Betroffenen die Möglichkeit der Erlangung von Rechtsschutz gem. §47 I Nr. 1 VwGO zu eröffnen, oder die in Rede stehenden Bebauungspläne in Form einer Rechtsverordnung zu erlassen.« 83 BVerfGE 70, 35 (55 f.). 84 Vgl. dazu auch oben unter III (mit Fußn. 47). 85 BVerfGE 45, 297 (333; m. w. N.). 86 BVerfGE 70, 35 (36 - LS 3 -, 56).

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Bebauungsplan betroffenen Bürgers 87 dagegen stellten sich die im Gesetz genannten Abgrenzungskriterien als eher zufällig dar. Sie knüpften auch nicht etwa an die Lage und Beschaffenheit der betroffenen Grundstücke, an bestimmte örtliche Verhältnisse oder besondere planerische Verhältnisse an und enthielten damit keine objektivierbare Beziehung zu den vom Bebauungsplan unmittelbar Betroffenen. Eine derartige Abgrenzung mit der Folge, daß in ein und demselben Bundesland - zumal in einem Stadtstaat wie Hamburg mit seinem engbegrenzten Gebietsumfang - der Rechtsschutz gegen bestimmte Bebauungspläne eröffnet, gegen andere - und zwar gerade die möglicherweise besonders kontroversen 88 dagegen verschlossen sei, erweise sich, nachdem der Bundesgesetzgeber das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren gegen Bebauungspläne und andere in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO genannte Satzungen und Rechtsverordnungen gerade bundesweit eröffnet habe, als nicht sachgerecht im Sinne des Art. 3 Abs. 1GG.

I V . Investitionsmaßnahmengesetze Vor diesem Hintergrund ist kaum nachvollziehbar, daß das Bundesverfassungsgericht in seinem gemäß § 24 BVerfGG 89 ergangenen Beschluß vom 17. 7. 199690, wonach die Lex Stendal91 mit dem Grundgesetz vereinbar ist, mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und ohne Bezugnahme auf die Ausführungen im zuvor erörterten Beschluß genau umgekehrt entschied92. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG wegen der räumlichen Begrenzung des Gesetzes auf den Streckenabschnitt »Südumfahrung Stendal« komme von vornherein nicht in Betracht. Gerade in diesem Streckenabschnitt lägen im Vergleich zu den übrigen Streckenabschnitten der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover-Berlin mehrere besondere Umstände vor, die eine Bauzulassung durch Gesetz anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses rechtfertigten. Zu den »guten Gründen« für die Planfeststellung des Streckenabschnitts »Südumfahrung 87

BVerfGE 70, 35 (56 f.). Vgl. dazu auch oben im Text (mit Fußn. 75). 89 Zur ungewöhnlichen Verwerfung des Normenkontrollantrags der Landesregierung des Landes Hessen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 Nr. 1 BVerfGG) als offensichtlich unbegründet vgl. die Entscheidungsgründe unter Β I (S. 21 f. des Umdrucks). 90 Vgl. oben Fußn. 79. Im Folgenden wird nur die Rechtsschutzfrage näher thematisiert. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Investitionsmaßnahmengesetze vgl. die Nachweise oben in Fußn. 13. Vgl. oben unter I (mit Fußn. 14). Entscheidungsgründe unter Β III 3 (S. 39 des Umdrucks). 88

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Stendal« durch Gesetz zählte das Bundesverfassungsgericht 93 den Umstand, daß ein reguläres Planfeststellungsverfahren auch bei Nutzung des Verkehrs wegeplanungsbeschleunigungsgesetzes hier drei Jahre anstelle der durchschnittlichen Verfahrensdauer von zwei Jahren für Planfeststellungen entlang der Stammstrecke Berlin-Oebisfelde gedauert hätte. Dies leitete der Gesetzgeber nach der Begründung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts daraus ab, »daß in dem Streckenabschnitt in stärkerem Maße öffentliche und private Belange berührt würden und auch die Stadt Stendal bereits im Vorfeld der Planungen aus ökologischen Gründen erheblichen Widerstand angekündigt habe. Eine zeitgleiche Fertigstellung und Inbetriebnahme aller Streckenabschnitte im Jahre 1997 war damit in Frage gestellt.« Aus diesen Ausführungen wird klar, daß für die Wahl der Gesetzesform die Vermeidung des Rechtsschutzes durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausschlaggebend war. Insoweit wurde aber vom Bundesverfassungsgericht überhaupt nicht die Frage geprüft, wie lange der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz gegen besonders umstrittene Planfeststellungsbeschlüsse nach dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz in der Praxis überhaupt dauert 94. So wurden ζ. B. im Falle des komplizierten Bauvorhabens »Verkehrsanlagen im Zentralen Bereich Berlin« die gegen den sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschluß vom 12. 9. 1995 gerichteten Aussetzungsanträge nach §80 Abs. 5 VwGO vom Bundesverwaltungsgericht bereits durch Beschluß vom 28. 11. 199595 und die Klagen in der Hauptsache durch Urteil vom 18.4. 199696 abgewiesen. In seinem Lex-Stendal-Beschluß behandelte das Bundesverfassungsgericht dagegen allein die Frage, wie lange ein reguläres Planfeststellungsverfahren für den Streckenabschnitt »Südumfahrung Stendal« gedauert hätte 97 . Dabei ging das Bundesverfassungsgericht von der - »von der Bundesregierung vertretbar angenommenen« - Dauer von drei Jahren für ein behördliches Planfeststellungsverfahren aus und folgerte sodann, daß sich die Fertigstellung des Strekkenabschnitts gegenüber den anderen Streckenabschnitten um mindestens ein Jahr verzögert hätte. Dagegen habe die Planfeststellung durch Bundesgesetz bewirkt, daß der Streckenabschnitt - wie geplant - zugleich mit den anderen

93 Entscheidungsgründe unter Β II 2 b (S. 27 ff. - 29 - des Umdrucks) i. V. mit A I 3 (S. 6 des Umdrucks); femer Leitsatz 2. Vgl. dazu auch die Nachweise oben in Fußn. 8. 95 NVwZ 1996, 389 = UPR 1996, 109 = NJ 1996, 97 = BayVBl. 1996, 345. 96 DVB1. 1996, 921 = NVwZ 1996, 901 = NuR 1996, 523 = ZUR 1996, 202. 97 Entscheidungsgründe unter Β II 2 b (S. 30 des Umdrucks) i. V. mit A I 3 (S. 6 des Umdrucks). Entgegen der Annahme des Bundesverfassungsgerichts kann mit einer zeitgleichen Fertigstellung und Inbetriebnahme aller Streckenabschnitte nicht zum Fahrplanwechsel 1997, sondern frühestens im Jahre 1998 gerechnet werden.

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Streckenabschnitten zum Fahrplanwechsel 1997 in Betrieb genommen werden könne. Daß dieses Ziel des Gesetzgebers auch bei einer behördlichen Planfeststellung zu erreichen gewesen wäre, erschien dem Bundesverfassungsgericht wenig wahrscheinlich. Die vom Gericht angeführten »guten Gründe« für die Planfeststellung durch Gesetz, die eine Verletzung der durch Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG gebotenen Gewaltenteilung ausschließen98, decken sich im Kern mit den »triftigen Gründen«, welche nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts 99 die - wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung - mit der Planfeststellung (Legalplanung) verbundene Legalenteignung 100 im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 3 GG rechtfertigen. Sie sind letztlich jedoch nicht überzeugend. Denn auch bei einem regulären Planfeststellungsverfahren für den Streckenabschnitt »Südumfahrung Stendal« unter weitgehender Einschaltung der Planungsgesellschaft Schnellbahnbau Hannover-Berlin mbH hätte es nicht zu der von Bundesregierung, Bundesgesetzgeber und Bundesverfassungsgericht angenommenen Verzögerung kommen müssen. An der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts fällt auf, daß zwar die Aktivitäten der Planungsgesellschaft vor und während des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach erwähnt werden 101 , nicht aber thematisiert wird, welche Rolle diese 1990 gegründete - und nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete - Planungsgesellschaft bei den vom Gericht so genannten »behördlichen« Planfeststellungsver-

98

Vgl. oben im Text (mit Fußn. 93). Entscheidungsgründe unter Β III 1 b und d aa (S. 33 f., 35 des Umdrucks); femer Leitsatz 3. 100 Zur »Legalenteignung im Gewände einer Legalplanung« (Entscheidungsgründe unter Β III 1 a, S. 31 ff. - 33 - des Umdrucks) vgl. bereits Blümel, Diskussionsbeitrag (Fußn. 13), S. 56. - Unzutreffend ist es, wenn das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang (zu Art. 14 Abs. 3 GG) ausführt: »Außerdem erzeugt die gesetzliche Projektzulassung dadurch Bindungen für ein nachfolgendes Enteignungsverfahren, daß nach § 1 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes mit der planerischen Zulassung des Vorhabens alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen der damaligen Deutschen Reichsbahn als Träger des Vorhabens und den Betroffenen rechtsgestaltend geregelt werden.« In diesem Sinne wurde die von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung zu unterscheidende Gestaltungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (ζ. B. § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG) nie verstanden; mit der Regelung der privatrechtlichen Beziehungen hat sie nichts zu tun. Vgl. dazu (m. w. N.) Ule/Laubinger (Fußn. 46), S. 399 f. (§41 Rdnr. 23); Busch, in: Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 1996, §75 Rdnrn. 4-4.2.2 (S. 1110 f.). Unklar Kühling (Fußn. 5), S. 150 ff. (Rdnm. 340 ff.). Zum Verhältnis von Planfeststellung und Enteignung vgl. im übrigen ausführlich Blümel, Planfeststellung II (Fußn. 46), S. 282 ff., 293 ff., 305 ff., 421 ff., 467 ff. 99

101

Entscheidungsgründe unter Β II 2 b bb (3) (S. 30 f.) und Β III 1 d bb und cc (S. 36, 38) i.V. mit A I 1, 2 (S. 3, 4 f.).

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fahren (für die übrigen Streckenabschnitte 102) jedenfalls in der Anfangszeit spielte 103 . Offenbar hat sich das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang von dem Vorbringen der Bundesregierung beeindrucken lassen104, »kumulierende Fristüberschreitungen seien bei den sich erst im Aufbau befindlichen, unter Personalknappheit leidenden und bisher nur über geringe Erfahrungen bei der Anwendung der gesetzlichen Planungsvorschriften verfügenden Verwaltungsbehörden der neuen Länder mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen«. Da im bundesbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahren nach altem Recht (§ 36 BbG in Verbindung mit § 73 VwVfG) die Verwaltungsbehörden der neuen Länder nicht Planfeststellungsbehörden, sondern lediglich Anhörungsbehörden bzw. von diesen zu beteiligende Behörden waren 105 , und in der Praxis die Anhörungsverfahren nebst anschließender Planfeststellung faktisch von der privaten Planungsgesellschaft betrieben wurden 106 , ist nicht nachvollziehbar, daß im vorliegenden Fall angesichts der Zeitvorgaben das Verfahren bis zum Erlaß des behördlichen Planfeststellungsbeschlusses wesentlich länger als bei den übrigen Streckenabschnitten gedauert hätte. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 1993 war eigentlich allen Kennern der Materie - einschließlich dem neuen Bundesverkehrsminister Wissmann - schon klar 107 , daß wegen der erheblichen Beschleunigung der Fachplanungen durch das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. 12. 1991 108 die »Beschleunigung der Beschleunigung« durch einzelne Investitionsmaßnahmengesetze obsolet geworden war. So schaffte denn der Bundesgesetzgeber auch nur

102

Entscheidungsgründe unter Β II 2 b bb (2) (S. 30) und Β III 1 d aa (S. 35). Vgl. dazu ausführlicher (m. w. N.) Wahl, Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in den Straßenbau, in: Blümel (Hrsg.), Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau - Innenstadtverkehr, Speyerer Forschungsberichte Nr. 115, 1993, 4. Aufl. 1994, S. 24 ff. (36 f, 55 f, 57 f.); ders., Die Einschaltung privatrechtlich organisierter Verwaltungseinrichtungen in den Straßenbau, DVB1. 1993, 517 ff; Blümel, Verkehrswegeplanung (FB 117; Fußn. 7), S. 18 ff; femer Klofat, Einschaltung Privater beim Verkehrswegebau, in: Blümel (aaO), S. 7 ff,; Junker/Klofat, DEGES - Methoden und Fortschritte bei der Verwirklichung der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit, Straße + Autobahn 1996, 502 ff. 104 Entscheidungsgründe unter A III 1 a bb (S. 16) i. V. mit Β II 2 b bb (S. 29). 105 Vgl. dazu ζ. B. Ronellenfltsch, Einführung in das Planungsrecht, 1986, S. 115 ff. (119). 106 Vgl. dazu Blümel, Verkehrswegeplanung (FB 117; Fußn. 7), S. 20; Wahl (Fußn. 103), DVB1. 1993, 523 (mit Fußn. 39). 107 Vgl. dazu den Bericht von Leithäuser, Ein symbolisches Loch und dann lange nichts (Das beschleunigte Verfahren zum Autobahnbau in den neuen Ländern funktioniert so schleunig nicht), FAZ vom 12. 10. 1993; Blümel/Pfeil (Fußn. 7), S. 9, 99. 108 Vgl. oben unter I (mit Fußn. 8). 103

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noch ein weiteres 109 , wegen der vertikalen Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern problematisches 110 Investitionsmaßnahmengesetz (Umgehung Wismar). Ein dritter Gesetzentwurf blieb sogar im Gesetzgebungsverfahren stekken 111 . Weitere Gesetzentwürfe wurden entgegen den früheren Absichten erst gar nicht mehr auf den Weg gebracht. Auch deshalb sind Zweifel angebracht, ob der vom Bundesverfassungsgericht bei der »Lex Stendal« angenommene Ausnahmefall überhaupt gegeben war. Mit der durch die Flutkatastrophe des Jahres 1962 geschaffenen außergewöhnlichen Situation, welche nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. 12. 1968112 die durch das Hamburgische Deichordnungsgesetz vom 29. 4. 1964113 bewirkte Legalenteignung rechtfertigte, waren die Gegebenheiten bei der Südumfahrung Stendal jedenfalls nicht vergleichbar. Die nach alledem nach wie vor aufrechterhaltenen verfassungsrechtlichen Bedenken114 gegen derartige Investitionsmaßnahmengesetze besagen nicht, daß die Planfeststellung für den Streckenabschnitt »Südumfahrung Stendal« inhaltlich zu beanstanden wäre. Als Verwaltungsakt ergangen hätte sie wohl auch einer Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht standgehalten.

V. Gesetzliche Bedarfsfeststellung 1. Fernstraßenausbaugesetz und Bundesschienenwegeausbaugesetz Auch die bereits erwähnte Bedarfsplanung durch Bundesgesetz115 dient der Einschränkung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber Verkehrswegeplanungen 116. Die erstmalige verbindliche Festlegung des Bedarfs

109

Vgl. oben unter I (mit Fußn. 15). Vgl. dazu Blümel (Fußn. 13), S. 56; femer jetzt die Andeutung des BVerfG in der Lex Stendal-Entscheidung unter Β II 1 d dd (S. 26 f.). 111 Vgl. oben unter I (mit Fußn. 16 f.). 112 BVerfGE 24, 367 (367 - LS 6 -, 402 f.). 113 GVB1. IS. 79. 114 Vgl. die Nachweise oben in Fußn. 13, 90. 115 Vgl. oben unter I (mit Fußn. 22 ff.). Hierzu und zum Folgenden vgl. auch Vallendar, Planungsrecht im Spiegel der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, UPR 1996, 121 ff. (123); Murswiek, Entscheidungsbesprechung, JuS 1996, 943 ff. 110

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durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. 6. 1990117 verfolgte ausdrücklich das Ziel, die dem Gesetzgeber mißfallende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 118 zu korrigieren, wonach die Planrechtfertigung eines Straßenbauvorhabens trotz dessen Aufnahme in den Bedarfsplan nach dem Femstraßenausbaugesetz der vollen gerichtlichen Prüfung unterlag. So wurde noch während des damaligen Gesetzgebungsverfahrens im Jahre 1990 vom Innenaus schuß des Deutschen Bundestages ein neuer Art. 26 a (jetzt 27) in das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz eingefügt 119 , dessen Begründung wie folgt lautet 1 2 0 : »Um die Verbindlichkeit der Bedarfsfeststellung im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen sicherzustellen, muß § 1 Femstraßenausbaugesetz neu gefaßt werden. Diese Neufassung ist verfassungskonform, da der Gesetzgeber über den Bedarfsplan entscheidet - aufgrund umfangreicher Untersuchungen und eingehender Analysen und - nach Abwägung aller von dem Vorhaben berührten Belange, soweit sie im Bedarfsplan erkennbar sind. Da im Abstand von fünf Jahren überprüft wird, ob der Bedarfsplan anzupassen ist, ist eine etwa erforderliche Anpassung an sich ändernde Verkehrsbedürfnisse gewährleistet. Bisher ist der im Bedarfsplan enthaltene Bedarf für Femstraßenmaßnahmen nach der Rechtsprechung des BVerwG in jedem Stadium der Planung überprüfbar. Die vorgeschlagene Formulierung stellt nunmehr ausdrücklich fest, daß die in dem Bedarfsplan enthaltenen Femstraßenvorhaben mit § 1 Abs. 1 Satz 1 FStrG (Netzbildung, Verkehrsverbesserungen, Strukturhilfe) übereinstimmen und für die Linienbestimmung nach § 16 FStrG und die Planfeststellung nach §17 FStrG verbindlich sind. Verwaltung und Gerichte sind dann an diese gesetzliche Feststellung gebunden. Zeitraubende Prüfungen bzw. Nachweise hinsichtlich des Bedarfs entfallen damit sowohl im Planfeststellungsverfahren als auch bei Gerichtsverfahren.« Bis zu dieser Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes war der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung 121 davon ausgegangen, daß die Bedarfsplanung lediglich ein Instrument der Finanzplanung sei, als solches nur haushaltsrechtliche Wirkung erzeuge und für die Frage der Plan117

Vgl. dazu oben unter I (mit Fußn. 31). Zu den eher positiven Seiten des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. 6. 1990 vgl. Blümel (Fußn. 13), VerwArch. 1992, 146, 147 f.; ders., Einführung 1994 (Fußn. 7), S. 25 f., 27. 118 Vgl. unten im Text (mit Fußn. 121 f.). 119 BT-Drucks. 11/6805, S. 21. 120 BT-Drucks. 11/6805, S. 67. 121 Vgl. ζ. B. BVerwG vom 22. 3. 1985, BVerwGE 71, 166 (169), vom 6. 12. 1985, BVerwGE 72, 282 (287), vom 24. 11. 1989, BVerwGE 84, 123 (131), und vom 3. 4. 1990, Buchholz 407.4 §17 FStrG Nr. 86 = NVwZ-RR 1990, 454. Zur älteren Rechtsprechung insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts vgl. ausführlich Springob (Fußn. 22), S. 98 ff, 101 ff.

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rechtfertigung nur indizielle Bedeutung habe 122 . Nach dem Inkrafttreten der Neuregelung am 1. 7. 1990 waren es zunächst die Oberverwaltungsgerichte 123, welche die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsplanfeststellung, auch für die gerichtliche Überprüfung, herausstellten 124. Demgegenüber bot die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wo nach dem Inkrafttreten des Schienenwegeausbaugesetzes ein weiterer Senat für Fragen der Bedarfsplanung zuständig geworden war, zunächst ein eher verwirrendes Bild. Während nämlich der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluß vom 21. 7. 1994125 beiläufig (zu § 17 Abs. 6 a Satz 1 FStrG) von dem »vom Gesetzgeber - für das Gericht bindend - festgestellten vordringlichen Bedarf« sprach, hielt der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem (insoweit obsoleten) Beschluß vom 2. 8. 1994126 - weitergehend - sogar eine Berufung auf Trassenalternativen (Neubau statt Ausbau der Strecke) wegen der Festschreibung des Vorhabens als »Ausbaustrecke« in der Anlage zu § 1 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes für ausgeschlossen. Die von mehreren Gemeinden unter Berufung auf diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen das Schienenwegeausbaugesetz erhobenen Kommunalverfassungsbeschwerden (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG, § 91 BVerfGG) wurden vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 19. 7. 1995 127 als zulässig behandelt, jedoch als unbegründet zurückgewiesen: Zwar stieße es auf verfassungsrechtliche Bedenken, wenn die angegriffenen Vorschriften dahingehend auszulegen wären, daß sie der Sache nach bereits endgültig über die 122 Abweichend hiervon sprach nach Auffassung des Bad.-Württ. VGH - Urteil vom 15. 12. 1987, VB1BW 1988, 299 = NVwZ-RR 1989, 59 - schon damals vieles dafür, in dem Bedarfsplan für Bundesfernstraßen eine verbindliche Entscheidung des Gesetzgpbers für den Bau einer Straße zu sehen, die nur auf ihre Verfassungsmäßigkeit sowie darauf zu überprüfen ist, ob die Planung durch zwischenzeitliche Veränderungen obsolet geworden ist. 123 Vgl. ζ. B. Bad.-Württ. VGH vom 3. 9. 1993, VB1BW 1994, 271 = NuR 1994, 234 und vom 9. 12. 1994, VB1BW 1995, 275 (277 f.); OVG Lüneburg vom 20. 10. 1993, DVB1. 1994, 770 (771); BayVGH, Urteile vom 5. 7. 1994, BayVBl. 1995, 50 und BayVBl. 1995, 304 = DVB1. 1994, 1198 (1199; nur LS); OVG Rheinland-Pfalz vom 1. 9. 1994, NuR 1995, S. 413; femer unten im Text (mit Fußn. 138). 124 Vgl. dazu jetzt auch Murswiek (Fußn. 116), JuS 1996, 943 (944 mit Fußn. 12 f.). 125 BVerwGE 96, 239 (241) = DVB1. 1994, 1197 (1198). Vgl. dazu auch Bad.-Württ. VGH vom 9. 12 .1994, VB1BW 1995, 275 (277). - Dem § 17 Abs. 6 a Satz 1 FStrG entspricht § 18 Abs. 5 Satz 1 AEG. 126 NVwZ 1994, 1000 = BayVBl. 1995, 120 = ZUR 1995, 39 = GewArch. 1995, 87 = NJW 1995,475 (nur LS). 127 NVwZ 1996, 261 = BayVBl. 1996, 107= NuR 1996, 506 = NJW 1996, 3203 (nur LS der Redaktion). Vgl. dazu auch Vallendar (Fußn. 116), UPR 1996, 123 (mit Fußn. 26 f.).

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Durchführung des Verkehrsprojekts auf dem Gebiet der Beschwerdeführerinnen entschieden und so den Beschwerdeführerinnen die Möglichkeit abschnitten, ihre Belange in die Entscheidung einzubringen 128. Eine solche Auslegung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes sei jedoch weder durch dessen Wortlaut vorgezeichnet noch vom Gesetzgeber gewollt. Der Gesetzgeber habe sich mit diesem Gesetz vielmehr an dem Vorbild des Fernstraßenausbaugesetzes orientiert, dessen Festlegungen im Bedarfsplan lediglich für die Feststellungen des Bedarfs verbindlich seien (§ 1 Abs. 2 FStrAbG), von der fachgerichtlichen Rechtsprechung aber nicht auch für die Linienbestimmung und Trassierung oder für die Abwägung als verbindlich angesehen würden 129 . Daß durch das Schienenwegeausbaugesetz demgegenüber eine prinzipiell weitergehende Bindung der Verwaltung geregelt werden sollte, sei nicht ersichtlich. Wie im Recht des Femstraßenausbaus finde auch im Recht des Ausbaus von Schienenwegen eine endgültige Entscheidung erst im Rahmen der Verwaltungsentscheidungen statt, so daß es den Beschwerdeführerinnen unbenommen bleibe, die Berücksichtigung ihrer Belange rechtzeitig gegenüber der Verwaltung geltend zu machen. Mit dieser sich schon einfach-gesetzlich anbietenden, verfassungsrechtlich aber auch gebotenen Auslegung komme ein Verstoß gegen Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht in Betracht. Mit ähnlicher Begründung wurden vom Bundesverfassungsgericht in der Folgezeit auch weitere Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen130. In der Lex-Stendal-Entscheidung vom 17. 7. 1996131 kommt das Bundesverfassungsgericht hierauf zurück mit der Erwägung, daß der dort gesetzlich zugelassene Plan - anders als etwa die Bedarfsplanung für den Ausbau des Netzes der Bundesfernstraßen nach der Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG - in allen Einzelheiten den Verlauf der Hochgeschwindigkeitsstrecke im Bereich des Streckenabschnittes »Südumfahrung Stendal« bestimme. Kurz vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 7. 1995 hatte der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 8. 6. 1995132 erstmals Gelegenheit, sich ausführlicher und grundsätzlich zum derzeit

128

Das BVerfG verweist auf BVerfGE 56, 298 (313 ff.); BVerfGE 79, 107 (119 ff. und 122). 129 Insoweit bezieht sich das BVerfG auf die früheren Entscheidungen des BVerwG vom 22. 3. 1985, BVerwGE 71, 166 (171 f.), und vom 24. 11. 1989, BVerwGE 84, 123 (126). Vgl. dazu oben im Text (mit Fußn. 121). - Zur inzwischen schon diskutierten Linienbestimmung durch Bundesgesetz vgl. unten unter VI (mit Fußn. 174). 130 Vgl. dazu unten in Fußn. 132, 142. 131 Unter Β III 1 a (S. 32) der Entscheidungsgründe. Vgl. oben Fußn. 79. 132 BVerwGE 98, 339 = DVB1. 1995, 1012 (mit falschem Datum); dazu Vallendar (Fußn. 116), UPR 1996, 123; Murswiek (Fußn. 116), JuS 1996, 943 ff. Die gegen das Urteil des BVerwG erhobenen Verfassungsbeschwerden hat das BVerfG mit Beschlüssen

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geltenden Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zu äußern 133 : Mit der Aufnahme von Bau- und Ausbauvorhaben in diesen Bedarfsplan konkretisiere der Bundesgesetzgeber mit bindender Wirkung auch für die zur Rechtmäßigkeit skontrolle von Planfeststellungen berufenen Verwaltungsgerichte den Bedarf im Sinne der Planrechtfertigung. Der Bundesgesetzgeber habe mit der Neuregelung die bis dahin nach der Rechtsprechung des Senats geltende Rechtslage ändern und die gerichtliche Überprüfung der Planrechtfertigung im bisherigen Umfang einschränken wollen. Verfassungsrecht stehe dem nicht entgegen: Der Bundesgesetzgeber überschreite mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung nicht seine Kompetenzen im gewaltenteilenden Bundesstaat (Art. 20 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG)134. Auch im Hinblick auf enteignungsrechtliche Vorwirkungen der Planfeststellung sei die gesetzliche Bestimmung des Ausbaubedarfs nicht zu beanstanden. Der Bedarfsplan treffe nicht bereits eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung (Legalenteignung), was die Verfassung nur für Ausnahmefalle zulasse135. Er stelle nur eine der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Planfeststellung und damit auch der enteignenden Inanspruchnahme bestimmter Grundstücke für das Straßenbauvorhaben verbindlich fest. Die weiteren, für die konkrete Betroffenheit weit entscheidenderen Voraussetzungen würden erst im Planfeststellungsverfahren durch die Bestimmung des genauen Verlaufs der Trasse bestimmt. Im Rahmen der konkreten Entscheidung sei Raum, Einzelheiten der Trassenführung und mögliche Varianten sowie alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange abzuwägen und zu prüfen, ob das Vorhaben in dieser konkreten Gestalt i. S. des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dem Wohl der Allgemeinheit dient. Die gesetzliche Feststellung des Ausbaubedarfs bedeutet nicht, daß die Gerichte insofern jeglicher Pflicht zur Prüfung enthoben wären. Der Gesetzgeber habe bei der Feststellung des Bedarfs zwar ein weites Ermessen, sei indes nicht völlig frei. Mit der Aufnahme von Straßenbauprojekten in den Plan, für die es im Hinblick auf eine bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte, würde er die Grenzen seines Ermessens überschreiten. Eine derartige Bedarfsfeststellung ließe sich als - partielle - Konkretisierung

vom 9. 2. 1996 - 1 BvR 1752/95 und 1 BvR 1820/95 - nicht zur Entscheidung angenommen. 133 Diese Äußerungen hat sich auch der 11. Senat des BVerwG in seinen Beschlüssen vom 29. 11. 1995, Buchholz 442.09 §18 AEG Nr. 7 (S. 19 f.), und vom 21. 12. 1995 (unten Fußn. 150) zu eigen gemacht. Vgl. Vallendar (Fußn. 116), UPR 1996, 123 (mit Fußn. 24). 134 Wird näher ausgeführt; vgl. BVerwGE 98, 339 (346) = DVB1. 1995, 1012 (1014). 135 Unter Bezugnahme auf BVerfGE 24, 367 (398 ff.); 45, 297 (324 ff.).

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des Allgemeinwohlerfordernisses für die Enteignung (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG) nicht rechtfertigen und wäre verfassungswidrig. Ein Gericht, das bei der Überprüfung einer Planfeststellung Anhaltspunkte für eine solche gesetzgeberische Fehlentscheidung sähe, hätte diesen nachzugehen136 und - im Falle ihrer Bestätigung - die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Da die gesetzliche Bedarfsfeststellung nunmehr praktisch bei jeder verwaltungsgerichtlichen Überprüfung eines angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses mit Blick auf die Planrechtfertigung eine Rolle spielt, dabei jedoch jeweils unterschiedliche Fallgestaltungen137 zu berücksichtigen sind, konnte es nicht ausbleiben, daß inzwischen - vor allem seit 1996 - zahlreiche einschlägige Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte 138 und vor allem der beiden zuständigen Senate des Bundesverwaltungsgerichts zu verzeichnen sind. In seinem Urteil vom 25. 1. 1996139 konnte der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zwar in weitem Umfange auf die Überlegungen in seinem Urteil vom 8. 6. 1995 - einschließlich der Pflicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht - Bezug nehmen. Zugleich stellte er jedoch klar, daß dann, wenn ein Gericht die Planrechtfertigung bejaht, weil es keinen Anhaltspunkt für eine Fehlerhaftigkeit der der Bedarfsplanung zugrundeliegenden Verkehrsprognose sieht, auch bei der Prüfung der Abwägung der Verkehrsbedarf nicht (mehr) in Zweifel gezogen werden könne. All dies verdichtete sich zu dem amtlichen Leitsatz, wonach die Aufnahme eines Vorhabens in den Bedarfsplan die Planungsbehörde daran hindere, den Verkehrsbedarf im Rahmen des Abwägungsgebots zu verneinen, sie aber nicht von der Prüfung entgegenstehender öffentlicher oder privater Belange entbinde. Der gleiche Senat des Bundesverwaltungsgerichts sah in mehreren Parallelurteilen vom 21.3. 1996 zum Autobahnring München 140 keine Veranlassung, seine mit dem Urteil vom 8. 6. 1995 eingeleitete Rechtsprechung zu korrigieren. Mit der Aufnahme eines Bau- oder Ausbauvorhabens in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen entscheide der Gesetzgeber verbindlich nicht nur über die Über-

136

Was natürlich in der Praxis entsprechende Beweisanträge und im Revisionsverfahren Aufklärungsrügen gpradezu provoziert. Vgl. dazu etwa das Urteil des BVerwG vom 21. 3. 1996 - 4 C 26.94 -, BayVBl. 1996, 567 (568; unten im Text mit Fußn. 141). 137 Vgl. dazu bereits ausführlich Springob (Fußn. 22), S. 81 ff., 96 ff. 138 Vgl. ζ. B. Bad.-Württ. VGH vom 17. 11. 1995, VB1BW 1996, 265 (265 - LS 3, 4 -, 266 f., 268 f.; insoweit in DVB1. 1996, 929 nur LS), vom 28. 12. 1995, NVwZ 1996, 928, und vom 28. 3. 1996, VB1BW 1996, 468 (469 - LS 7 -, 472 f.). 139 NVwZ 1996, 788 (788 - LS 7 -, 792 f.) = DVB1. 1996, 677 (insoweit nur LS). 140 Vgl. Fußn. 141 f.

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einstimmung des Vorhabens mit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, sondern auch über das Bestehen eines Bedarfs (§ 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FStrABG) 141 . Die Reichweite dieser ΒindungsWirkung wurde dahin präzisiert 142 , daß der Bedarfsplan nach dem Femstraßenausbaugesetz mit der Feststellung der Zielkonformität und des Bedarfs auch insoweit binde, als er Einzelheiten bestimme143. Schließlich läßt es sich nach dem den sechsstreifigen Ausbau der Bundesautobahn A 9 Berlin-Nürnberg betreffenden Urteil des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom gleichen Tag 1 4 4 rechtlich nicht beanstanden, wenn der Straßenbaulastträger bei einem Straßenbauvorhaben, das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in der Fassung vom 15. 11. 1993 als »vordringlicher Bedarf« dargestellt ist, auf das Jahr 2010 als Prognosehorizont für die Lärmberechnung abstellt. Mit einem vom Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen abweichenden Straßenbauvorhaben sah sich der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluß vom 26. 8. 1996145 konfrontiert, durch den die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. 11. 1995146 zurückgewiesen wurde. In diesem Fall war im Bedarfsplan der Neubau einer Bundesstraße als zweistreifiger Straßentyp ausgewiesen, während der Planfeststellungsbeschluß für ein Teilstück des Vorhabens

141 BVerwG vom 21. 3. 1996 - 4 C 26.94 -, BayVBl. 1996, 567 (567 - LS 1 -, 567 f.) = DVB1. 1996, 914 (insoweit nur LS). 142 BVerwG vom 21. 3. 1996 - 4 C 19.94 -, DVB1. 1996, 907 (908 - LS 6 -, 912 f.). - Ebenso das Parallelurteil vom 21. 3. 1996 - 4 C 1.95 -, UA S. 20 ff. (insoweit in DVB1. 1996, 915 = UPR 1996, 343 nicht abgedruckt). Die gegen dieses Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom BVerfG mit Beschluß vom 14. 8. 1996 - 2 BvR 1341/96 - nicht zur Entscheidung angenommen. 143 Trennung des Verkehrs auf einem Autobahnring durch eine zusätzliche Tangentialverbindung zu einer auf den Ring führenden Autobahn; Autobahnring München mit Eschenrieder Spange (LS 6). 144 BVerwG vom 21. 3. 1996 - 4 A 10.95 -, NVwZ 1996, 1006 (1006 - LS 3 -, 1007). 145 Az.: 4 Β 67/96 (noch nicht veröffentlicht). Vgl. Juris-Dokument Nr. 655322. Schon vorher hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluß vom 2. 2. 1996, NVwZ 1996, 905, entschieden, daß der Eigentümer eines Grundstücks, das von einer Straßenplanfeststellung in Anspruch genommen werde, nicht die Aufhebung der Planfeststellung wegen einer geringeren Dimensionierung des Ausbaus (dreispurig) als im Femstraßenausbaugesetz vorgesehen (vierspurig) verlangen könne, wenn der Minderausbau zu einer geringeren Grundstücksinanspruchnahme führe als ein Ausbau entsprechend dem Femstraßenausbaugesetz. 146 Vgl. Fußn. 138.

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Willi Blümel

vier Fahrstreifen zuließ. Dies wurde vom Bundesverwaltungsgericht gebilligt 147 . Auch eine dem Bedarfsplan nicht entsprechende Maßnahme könne den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG entsprechen. Ebenso folge aus § 6 FStrAbG (Unvorhergesehener Bedarf) nicht, daß eine vom Bedarfsplan abweichende Maßnahme stets der Planrechtfertigung entbehre. Die Vorschrift beziehe sich, wie sich aus § 5 FStrAbG (Planungszeitraum) ergebe, auf die Straßenbaupläne des Straßenbaufinanzierungsgesetzes und habe daher Bedeutung für die Finanzplanung, nicht aber für die Zulässigkeit einer Maßnahme im Rahmen der Planrechtfertigang 148 . Die Aufnahme eines zweistufigen Ausbaus in den Bedarfsplan bedeute demnach nur, daß insoweit der Bedarf vom Gesetzgeber verbindlich festgelegt sei. Damit sei jedoch nicht die - gesetzliche - Aussage verbunden, daß für einen vierstreifigen Ausbau der Sache nach kein Bedarf bestehe. Entscheide sich deshalb die Planfeststellungsbehörde nach sachgerechter Abwägung im Einzelfall für einen vom Bedarfsplan abweichenden Ausbau, dann verstoße sie damit ebensowenig gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung wie der Verwaltungsgerichtshof, der diese Entscheidung nach Überprüfung für rechtmäßig halte. Wie in seinen Beschlüssen vom 29. 11. 1995149 und vom 21. 12. 1995150 knüpfte der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auch noch in seinem Beschluß 147 Beschlußabdruck S. 5 f. Nicht thematisiert wird vom Bundesverwaltungsgericht die Bedeutung der Bezugnahme auf §6 FStrAbG in §17 Abs. 6 a Sätze 3, 4 FStrG (ebenso § 18 Ab. 5 Sätze 3 und 4 AEG). Vgl. dazu unten Fußn. 148 (a. E.). 148 Ebenso bereits der Bad.-Württ. VGH im Urteil vom 17. 11. 1995 (Fußn. 138), VB1BW 1996, 265 (265 - LS 4 -, 268). - In dem ebenfalls den Neubau der Β 31 West (zwischen Freiburg und Breisach) betreffenden Beschluß vom 28. 12. 1995 (Fußn. 138), NVwZ 1996, 928, kam der Bad.-Württ. VGH zu dem Ergebnis, »daß dem Bedarfsplan in räumlicher Hinsicht nur eine beschränkte Aussagekraft zukommt, er sich daher auf die grundsätzliche, also durchgehende Streckencharakteristik beschränkt und punktuelle Besonderheiten außer acht läßt (vgl. auch Senat, NVwZ-RR 1993, 373 = VB1BW 1994, 271 = NuR 1994, 234). Hinzu kommt entscheidend die Zielsetzung, welche das Femstraßenausbaugesetz trotz gewisser Einschränkungen infolge der Neuregelung von § 1 II FStrAbG in der seit 1. 1. 1991 geltenden Fassung nach wie vor im wesentlichen verfolgt. Auch wenn §1 II FStrAbG eine partielle, nämlich die Planrechtfertigung von Neu- und Ausbauvorhaben betreffende Bedeutung planungsrechtlicher Natur hat, bleibt das Femstraßenausbaugesetz doch ein Instrument der Finanzplanung, das in erster Linie Wirkungen haushaltsrechtlicher Art erzeugen will. Dies gilt nicht nur für das >Ob< des Straßenbaus, sondern auch für das >Wie