Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike: Mit einem Ausblick auf Mittelalter und Neuzeit 9783666251146, 9783525251140

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Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike: Mit einem Ausblick auf Mittelalter und Neuzeit
 9783666251146, 9783525251140

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H Y P O M N E M A T A H E F T 24

HYPOMNEMATA UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTIKE U N D ZU I H R E M N A C H L E B E N

Herausgegeben von Albrecht Dihle / H a r t m u t Erbse Christian Habicht / Günther Patzig / Bruno Snell

H E F T 24

VANDENHOECK

& RUPRECHT

IN

GÖTTINGEN

WOLFGANG S P E Y E R

Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike Mit einem Ausblick auf Mittelalter und Neuzeit

V A N D E N H O E C K & R U P R E C H T IN

GÖTTINGEN

, άκρφης ετύγχανε ν ών, ΰπόλευκος δέ τό χρώμα, σπιθαμιαία δέ την διάμετρον κατά μέγεθος άλλ' ενίοτε μείζων έγίνετο και έλάττων, καίπορφυροεώης 'άλλοτε, και γράμματα

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wisser Eusebios habe einst gesehen, wie in der Nähe von Emesa plötzlich eine Feuerkugel vom Himmel herabfiel und wie ein Löwe sich zu ihr gesellte, der aber sogleich verschwand. Als das Feuer erloschen war, sei Eusebios zur Kugel geeilt und habe sie — es war ein Meteor - aufgehoben und gefragt, welchem Gott sie gehöre. Der Stein habe geantwortet, er gehöre dem Gott Gennaios (diesen Gott verehrten die Bewohner von Heliopolis unter dem Bild eines Löwen im Heiligtum des Zeus). Darauf habe Eusebios ihn nach Hause mitgenommen. . . . Das Äußere des Steins habe Eusebios folgendermaßen beschrieben: Der Stein sei vollkommen kugelförmig gewesen, von weißlicher Farbe, und habe einen Durchmesser von dreiviertel Fuß aufgewiesen. Doch sei er bald größer, bald kleiner geworden14, bisweilen aber habe er wie Purpur ausgesehen. Eusebios habe auch Buchstaben gezeigt, die auf dem Steine mit Zinnober geschrieben waren, und er habe ihn an einer Wand ( . . . ) befestigt < . . . >. Durch die Buchstaben habe der Stein dem, der ihn befragte, das gewünschte Orakel gegeben. Auch habe er eine feine Stimme ertönen lassen, die Eusebios deutete". Soweit der Bericht des Damaskios. Der Meteor ist eine Erscheinungsform des Gottes Gennaios. Eusebios ist der Prophet dieses Gottes. Er vermag die Gottesbotschaft aus den Schriftzeichen und den leisen Tönen, die der Stein aussendet, zu vernehmen. Meteor und schriftliche Himmelsbotschaft sind hier miteinander verbunden. Die alchimistische Literatur bietet ein weiteres Beispiel. In ihm sind die beiden Vorstellungen vom Himmelsbrief und vom Buchfund im Tempel eigenartig miteinander verflochten. PsDemokrit, hinter dem vielleicht Bolos von Mendes zu sehen ist, berichtet in den Quaestiones naturales et mysticae über seinen Aufenthalt in Memphis ls . Vom großen Ostanes und seinen Schülern wird er im Heiligtum des Ptah empfangen. Jedoch stirbt Ostanes, bevor er Demokrit hat einweihen können und ohne ihm seine geheimen Schriften übergeben zu haben. Wie der gleichnamige Sohn des Ostanes mitteilt, ist der Vater infolge von Unvorsichtigkeit an einer Vergiftung gestorben. Vor seinem Tode wollte er die Schriften dem Sohne zeigen. Demokrit beschwört daraufhin den Schatten des Ostanes aus dem Hades und fragt nach den Büchern. Ostanes sagt: ,Sie liegen im Tempel'. Jedoch sucht man die Schrif-

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äveSe^ev ήμϊν ev rcp λό9ω -γβΎραμμένα, χρώματι τ φ καλούμενη τιγγαβαρίν^ κατακεχρωσμένα, και £ν τοίχο? Se + έ-γκρούσας f · δι ών άπε&ί&ου τον ζητούμενου τφ iwvdavoßevoj χρησμόν, και ψωνην -ηφίβι λεπτού συρίσματος, ήν ήρμήνευερ ό Εύσέβως." Siehe u. S. 41 f. zum Gral. Hrsg. von M. B e r t h e l o t — Ch. E. R u e 11 e, Collection des anciens alchimistes Grecs 2 (Paris 1888, Nachdruck Osnabrück 1967) 42f.; vgL J. Β i d e ζ - F . C u m ο η t, Les mages heüenises 2 (Paris 1938) 318, 4f. ( l , 2 0 3 f . ) ; VS 68 Β 300,18.

ten dort vergebens. Wörtlich heißt es weiter: „Bei einer Festfeier aber, als wir im Tempel waren, brach plötzlich von selbst ein Stein mitten durch. Wir besahen ihn, fanden aber nichts in ihm. Ostanes, der Sohn, aber sagte, daß in ihm die vom Vater stammenden Bücher als Schatz bewahrt würden, und er brachte sie heraus. Wir bückten uns darüber und sahen mit Verwunderung, daß wir nichts außer acht gelassen hatten außer diesem sehr nützlichen Satz, den wir dort fanden: ,Die Natur ist über die Natur entzückt, die Natur triumphiert über die Natur und die Natur herrscht über die Natur.' Wir waren sehr erstaunt, daß Ostanes in so wenigen Worten sein ganzes Werk zusammengefaßt hatte" 16 . Um zu einer angemessenen Deutung dieser fünf Berichte zu kommen, vergleichen wir sie mit Nachrichten über christliche Himmelsbriefe. Ein christlicher Sonntagsbrief, den am Ende des 6. Jahrhunderts der karthagische Bischof Licinianus im Schreiben an Vincentius, Bischof von Ibiza, zum ersten Mal genauer erwähnt 17 , soll nach den orientalischen Fassungen Β und C vom Patriarchen von Jerusalem, Johannikios, in einem Stein eingeschlossen, aufgefunden sein18. Allerdings scheinen bisher nur die mittel- und neugriechischen Fassungen davon zu berichten: „Ein kleiner Stein fiel in der Stadt Bethlehem nieder. Der Stein war klein, aber furchtbar an Gewicht. . . Der Patriarch nahm den Stein, wälzte ihn hin und her; sogleich öffnete er 16

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ώς ούν ήμενεν τ φ vaC^j, έξ αυτομάτου στήλη τις {κίων ήν} διαρρή^/νυται, ήν ημείς έωρώμεν ενδονούδέν εχο^σαν. ö δε Όστάνης 'έφαακεν εν αύτη ι τ ας πατρώιας τεϋησαυρίσϋαι βίβλους και προκομίσας εις μέσον rjyayev έ·γκύφαντες &έ (ϋαυμάζομεν ότι μηδέν ήμεν παραλείψαντες,πλην τούτον τόν λό-γον εϋρομεν έκει •πάνυ χρήσιμονή φύσις ττ) φύσει τέρπεται και ή φύσις την φύσιν νικά και ή φύσις την φύσιν κρατεί... Den Zusatz κίων ήν haben J. B i d e z - F. C u m o n t mit Recht getilgt. Ein byzantinischer Schreiber wollte wohl das vieldeutige Wort στήλη näher bestimmen; vgl. auch F e s t u g i e r e 1,2292 (320f.). Zu der Formel ή φύσις ττι φύσει τέρπεται. . .vgl. B i d e z - C u m o n t 1,244/6; Firm. Mat. math. 4,22, 2 schreibt sie Nechepso zu: et quia natura alia natura vincitur et quia deum frequenter alius deus vincit. - Vgl. G. Μ a s ρ e r o, Notes au jour le jour, V: Proceed. Soc. Bibl. Arch. (1898) 140/4, der in dem eigentlich persischen Weisen Ostanes den ägyptischen Thot wiedererkannt hat. PL 72,699; vgl. S t ü b e 12/27 und A. d e S a n t o s - O t e r o , Der apokryphe sogenannte Sonntagsbrief: Studia patristica 3, hrsg. von F.L. C r ο s s : TU 78 (1961) 290/6, wo leider die Arbeiten von S t ü b e und Ρ r i e b s c h nicht beachtet sind. Hrsg. von Μ. Β i 11 η e r, Der vom Himmel gefallene Brief Christi in seinen morgenländischen Versionen und Rezensionen: Denkschr. d. Kaiserl. Akad. Wien, Phil.Hist. Kl. 51 (1906) 26; vgl. G. G r a f , Der vom Himmel gefallene Brief Christi: Zeitschr. f. Semitistik 6 (1928) 10/23 zu einer arabischen Bearbeitung nach syrischer Vorlage; S t ü b e 44; d e S a n t o s - O t e r o a. O. 291 und dens., Los Evangelios apocrifos 2 (Madrid 1963) 670/82, wo die griechische Fassung A des Sonntagsbriefes abgedruckt ist; vgl. E. R e n o i r : Diet, d'archeol. ehret, et de litt 3 (1913) 1534/46.

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sich und der Patriarch fand folgendes Schreiben"19. Die späte Bezeugung dieses Textes ist kein Grund, um das Alter dieser Vorstellung zu bezweifeln. Der Glaube, daß Schriften in Steinen eingeschlossen vom Himmel gefallen sind, hat sich bis in die Neuzeit erhalten.Ein bezeichnendes Beispiel nennt R. Hünnerkopf: „Besonders verehrt werden Meteorsteine, die vom Himmel gefallen sind. Im Udvarhelyer Stuhl (Siebenbürgen) fiel 1851 ein Stein vom Himmel: er öffnete sich, und eine Schrift lag darin, die mit dem Weltuntergang drohte, wenn das Volk sich nicht bessere. Der Stein Schloß sich dann wieder, und das Volk wallfahrtet jetzt scharenweis hin"20. In das Frühmittelalter führt uns die Vita des hl. Beregisus zurück (lO.Jhdt.). Er gilt als der Gründer des Klosters Andaina (Andagina) im Ardennenwald, das wenig später nach St.Hubertus genannt wurde. Die Vita des Beregisus ist um 937 verfaßt. Der Hagiograph beruft sich für die folgende Mitteilung auf eine wahre Überlieferung21. Beregisus unternahm mit der Gemahlin Pippins, Plectrudis, eine Reise durch den Ardennenwald. In der Mittagshitze ruhen sie vom anstrengenden Wege aus. Plectrudis erwacht und sieht, wie die Reisebegleiter eingeschlafen sind, die Pferde aber sich im Wald zerstreuen. Sie treibt die Pferde zusammen und will sich, müde geworden, auf einem Steinhaufen ausruhen. Im Text heißt es weiter (§ 14): ergo cum accessisset, subito ob insoliditatem tumuli lapidibus in circuitu collabentibus respiciens cartam quondam intra saxa decidentem miratur. hoc miraculo attonita contingere (earn) praesumit, sed, quia litterarum ignara, subsistebat, quid promeret scire non valens; sed tarnen hoc non sine alicuius magnae rei prodigio factum credens celandam in sinu collocat. Plectrudis kehrt darauf eilig zu Pippin zurück. Beregisus liest den Himmelsbrief vor und erkennt, was 19

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λίϋος eneaev μικρός ev Βηι3λββμ rrj πόλει και ö λίϋος μικρός ην, τό δε βάρος φοβε ρόν... και λαβών ό πατριάρχης τον λίϋον και κυΚίσας, ευθέως ήνοίχΰη ό λίϋος, και ΐύρών ταύτα τ/εη/ραμμένα (Rez. βι I bei B i t t n e r a. Ο. 26 (8f.); die sogenannte Jerusalem-Rezension; vgL Fassung y und 71 ebd. 33. 36 und BHG 812 r. In der griechischen Fassung 71 wird gesagt, der Himmelsbrief sei auf dem Grab der hl. Jungfrau Maria in Gethsemane gefunden worden. Nach der armenischen Fassung 7 findet der Sakristan den Brief beim Grabmal Petri (vgL die Inhaltsangabe bei B i t t n e r 42). Die Vorstellung vom Buchfund im Grab scheint hier eingewirkt zu haben (s. auch S. 42). - In den bulgarischen Damaskinen des 18. und 19. Jahrhunderts ist der Sonntagsbrief unter der Bezeichnung bekannt: ,Kamäk padna' (Ein Stein ist (herunter) gefallen); vgL D. P e t k a n o v a - T ο t e ν a, Damaskinite ν bälgarskata literatura (Sofia 1965) 1211 [Hinweis von G. W e i s s]. Handwörterbuch d. deutschen Aberglaubens 8 (1936/37) s. v. Stein 396. ASS Oct. 1,525f.: ut relatio verissima tradit. - Im folgenden bieten wir den Text mit einigen Verbesserungen, die H. F u c h s vorgeschlagen hat - Vgl. F. Β a i x, Art. Beregise: Diet. hist, et de geogr. eccles. 8 (1935) 355/8.

er zu tun hat: scilicet quod locus ille, ubi inventa apparuit, a deo electus teneretur, quoniam praescitum esset aliquando (eum) a devota plebe inhabitandum esse et [et esse codd.] ex eo multas animas in caelum dirigendas. Beregisus erhält daraufhin das Land geschenkt und errichtet ein Kloster. Daß diese Himmelsbotschaft erfunden ist, hat bereits C. de Β y e ausgesprochen, der die Vita in den Acta Sanctorum herausgegeben hat 22 . Die Frage bleibt nur, ob die Geschichte ersonnen wurde, um das Ansehen des Klosters St. Hubertus zu vergrößern oder ob ein - von uns so genanntes - echtes religiöses Pseudepigraphon vorliegt, das zur Gründung des Klosters beigetragen hat. In der Folgezeit ist die Überlieferung weiter ausgeschmückt worden. Bei der Lesung des Offiziums der Augustiner Regularkleriker der Windesheimer Kongregation erinnert man sich B. Huberti, Leodiensis episcopi, cui angelus etiam chartulam aureis litteris eadem continentem attulerat23. Diese Verdoppelung des Motivs des Himmelsbriefes sollte wohl die Wahrheit des Berichtes in ähnlicher Weise sichern wie die mehrfache Traumvision bei anderen Buchfunden Im 11. Jahrhundert hat ein Fälscher diese Erzählung in seine erfundene Schenkungsurkunde Pippins (vom 13. November 687) eingefügt. Mit Hilfe der erfundenen Urkunde suchte er den bedrohten Rechten der Abtei zu Hilfe zu kommen 25 . 22 23 24 25

ASS Oct. 1,509f. 526 (n). Vgl. ASS Oct. 1,496F und 510D/F. Siehe u. S. 63 f. Anm. 60. ed. G. K u r t h , Chartes de l'abbaye de Saint-Hubert en Aidenne 1 (Bruxelles 1903) S. 2f. (von uns in der o. Anm. 21 erwähnten Weise wiedergegeben): In nomine sanctae trinitatis. Omnis sublimitas terrena divinae ordinationi omnimodis debet esse subiecta. eapropter, cum supremus caeli terraeque dominus, qui bonorum nostrorum non eget, mirabili tarnen in me bonitate Castrum Ambra, Amberlacensis flsci caput, schedula e caelo prodigiose delapsa in servorum suorum Patrimonium dignatus sit eligere, ego Pipinus, illustris Anchisi filius, cum illustri matrorw mea Plectrude notum facio omnibus praesentibus et futuris, quod praedictum ditionis meae Castrum, ab Ardennae principatu avulsum, cum limitibus et confiniis infra designatis ita omnipotenti deo {con} tradidi sicut ei nunc [etiam K u r t h ] in persona venerabilis Beregisi et successorum eius trado... Sogar ein angebliches Zitat aus dem Himmelsbrief wird angeführt: Hic est vero schedulae caeli tenor: ,Hic locus a deo electus ad salutem animarum multarum terra sancta est, valde magniflcanda, servorumque Dei Patrimonium, quod augebitur et a potestatibus protegetur; raro [varie K u r t h ] tarnen tribulabitur. Qui vero hunc locum vexaverit, sie in radice marcescat, ut in ramis non florescat, aut ultrices ultionis aeternae poenas sustineaf (zu der Fluchsicherung vgl. Verf., Art. Fluch: RAC 7[ 1969] 1264/6. 1268f.). Vgl. auch G. K u r t h , Les premiers siecles de l'abbaye de Saint-Hubert: Compte Rendu Commiss. Roy. Hist. 5,8 (Bruxelles 1898) 9/15 (La legende de la lettre tombee du ciel).

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Mit diesen christlichen Zeugnissen scheinen die folgenden Angaben der koptischen Pistis Sophia (c. 134), die freilich von gnostischer Spekulation überwuchert sind, verwandt zu sein 2 6 : „ Denn selbst für die Gerechten (δίκαιοι), die niemals etwas Böses getan und die überhaupt nicht gesündigt haben, ist es notwendig, daß sie die Mysterien (μυστήρια) finden, die in den Büchern des Jeu (enthalten sind), die ich [d.i. Jesus] Henoch im Paradies habe schreiben lassen, indem ich mit ihm aus dem Baume der Erkenntnis und aus dem Baume des Lebens redete, und ich ließ ihn sie auf den Felsen (πέτρα) Ararad niederlegen und stellte den Archon (άρχων) Kalapatauroth . . . auf als Wächter über die Bücher des Jeü wegen der Sinflut (κατακλυσμός), und damit keiner von den Archonten auf sie neidisch (φϋονείν) sei und sie verderbe — diese, welche ich euch geben werde, wenn ich euch die Ausbreitung des Alls gesagt haben werde". Auch hier sind gewisse für den Himmelsbrief kennzeichnende Züge festzustellen: Bücher, die der göttliche Offenbarer herabsendet; der Felsen; das Auffinden durch Menschen. Vergleichen wir diese christlichen Beispiele mit den zuvor genannten heidnischen, so werden die Übereinstimmungen deutlich. In allen Nachrichten sind heilige Texte — entweder Orakel, Mysterientexte, geheime Naturlehren oder bei den Christen göttliche Befehle zur Sonntagsheiligung, zur Errichtung eines Klosters, geheime religiöse Mitteilungen — in Verbindung zu Steinen gebracht. Die schriftlichen Aufzeichnungen befinden sich in Steinen, die sich ö f f n e n , oder auf Steinen oder in Verbindung mit ihnen. Cicero nannte den Feuerstein als die Steinart, in der die Losorakel verborgen waren. Der Silex galt als Abbild des Donnerkeils und damit als Sinnbild des blitzeschleudernden Himmelsgottes 2 7 . Meteore empfingen im Altertum oft

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GCS 45, hrsg. von C. S c h m i d t und W. Τ i 11 3 (1962) 228f. Vgl. A u s t , Art. Juppiter: R o s c h e r , Myth. Lex. 2,1 (1890/4) 674f. - Plinius berichtet nat. hist. 37,135: Sotacus et alia duo genera fecit cerauniae, nigrae rubentisque; similes eas esse securibus. ex his quae nigrae sint ac rotundae sacras esse; urbes per illas expugnari [vielleicht expurgari\ et classes; baetulos vocari; quae vero longae sint, ceraunias. faciunt et aliam raram admodum, Magomm studiis expetitam, quoniam non aliubi inveniatur quam in loco fulmine icto. Die Bemerkung similes eas esse securibus zeigt, daß im Altertum die prähistorischen Werkzeuge, vor allem die Äxte aus Feuerstein als vom Himmel gefallen betrachtet wurden; vgl. S a i n t y v e s 212/29; O l b r i c h , Art. Donnerkeil: Handwörterbuch d. deutschen Aberglaubens 2 (1929/30) 325/31, bes. 328; T s c h u m i , Art. Steinbeil: ebd. 8 (1936/37) 401/4; H a b e l , Art. Ancile: PW 1,2 (1894) 2113,8/25; K. G r o s s , Die Unterpfänder der römischen Herrschaft: Neue deutsche Forschungen, Abt. Alte Geschichte 1 (Berlin 1935) 97/116; F. B ö r n e r im Kommentar zu Ovids Fasten 2 (Heidelberg 1958) 160 (zu fast. 3,259). Vgl. auch die rationalistische Theorie Lucans 9,471/80. Auch bei den Skythen gab es ähnliche Überlieferungen, wie Herodot 4,5 zeigt; vgl. K. M e u l i , Scythica: Hermes 70 (1935) 161.

göttliche Verehrung. Es gab zum Beispiel den Kult des Zeus Κ α π π ώ τ α ς , des Zeus Καβάτας und des Zeus Κεραυνός 28 . Claudian bezeichnet De raptu Proserpinae 1,202 f. den Meteor im Tempel der Magna Mater als relligiosa silex29. Die oft festgestellte magnetische Kraft vieler Meteore erregte die Verwunderung der Menschen 3 0 . Religiöse Verehrung der Steine war die Folge. Nach den besprochenen Zeugnissen kann jedenfalls kein Zweifel darüber bestehen, daß die Meteore wesentlich zur Entstehung und Ausgestaltung der religiösen Vorstellung des Himmelsbriefes beigetragen haben. Ihr plötzlicher Niederfall ließ die Menschen aufschrecken und machte sie geneigt, in ihnen eine Offenbarung des Gotteswillens zu sehen. Die Oberfläche des Steins mochte überdies Schriftkundige an bekannte Buchstaben erinnern 31 . Indem Priester diese geheimen Zeichen deuteten, wurde eine Götterbotschaft entschlüsselt. Zur Erklärung könnte man darauf verweisen, daß in ähnlicher

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Vgl. H. U se η e r , Keraunos: Rhein. Mus. 60 (1905) 1/30 = Kleine Schriften 4 (Leipzig 1913) 478. 480f. 484; Α. B. C o o k , Zeus 2 (Cambridge 1925; Nachdruck New York 1965) 11/22; K. L a t t e , Art. Steinkult: PW 3,2 A (1929) 2299, 41/60. 2303,9/11. Der Keraunios hatte nach dem Glauben der Alten die Kraft, Orakel zu geben. Zu weissagenden Steinen vgl. L a t t e a. O. 2303, 22f. 29 F. v o n D a l b e r g , Über Meteor-Cultus der Alten (Heidelberg 1 8 1 1 ) ; R e i s c h , Art. Αργοί λίθοι: PW 2 (1895) 723/8; Τ ü m ρ e 1, Art. Abaddir: PW 1 (1893) 10f.; ders., Art. Baitylia: PW 2,2 (1896) 2779/81; Η ο ρ f η e r 2 § 303; Ε. Μ a a s s , Heilige Steine: Rhein. Mus. 78 (1929) 1/25 und die semasiologische Studie von G. Z u n t z , Baitylos and Bethel: Class, et Mediaev. 8 (1946) 169/219. In den Meteoren hat man auch mit Recht die Hauptursache für den Glauben an Bilder, die vom Himmel gefallen sind, vermutet; vgl. E. v o n D o b s c h ü t z , Christusbilder: TU 18 (1899) 14f. 16. 24 (dieser wichtige Beitrag für die Geschichte des Palladion ist PW 18,3 |1949] s. v. Palladion nicht beachtet worden. Auf den Zusammenhang mit den Himmelsbriefen weist v o n D o b s c h ü t z 18 f. kurz hin); S a i n t y v e s 229/39; N i l s s o n l 2 , 201; C. S c h n e i d e r , Art. Acheiropoietos: RAC 1 (1950) 68/71. - An den Fall eines Meteoriten hat sich wohl folgende Legende angeknüpft: Vita S. Finniani abbat. Clonardensis c. 9, ed. W.W. H e i s t , Vitae Sanctorum Hiberniae: Subs, hagiogr. 28 (Bruxelles 1965) 98: et respondit angelus: Altare ediflcabis, et quicumque illud devote adierit, quodcumque ibi petierit pura mente, inveniet ibi petitionem quam Rome invenerit'. et ut ferunt periti, hoc altare de celo missum est in campum predictum, super quod sanctus Finnianus hostiam salutarem obtulit deo omnipotenti. 30 Vgl. H o p f n e r 1 § 565. 31 Nach verbreiteter antiker Überlieferung sollen die Phönizier die Buchstaben erfunden haben. Man erzählte sich aber auch, daß in Phönizien die Buchstaben vom Himmel gefallen seien (Schol. Dionys. Thrac. art. gramm.: Gramm. Graec. 1,3 p. 182, 18f. 185, 9f.). - Anhangsweise sei noch auf B e r t h o l e t 21 hingewiesen: „Das Passionsevangelium, der Himmelsbrief zerschlagen die Wolken und machen Blitze unschädlich" (mit Belegen aus der Neuzeit). Diesem Sympathiezauber mag eine Erinnerung an die wahre Herkunft des Himmelsbriefes zugrundeliegen. 31

Weise die Priester in Delphi aus den gestammelten Lauten der in Verzückung geratenen Pythia Orakel geformt haben. Das Beispiel des christlichen Himmelsbriefes von Andaina (o. S. 28 ff.) zeigt, wie diese Motiverscheinung zur Rechtfertigung bestimmter Handlungen verwendet werden konnte.

2. Weitere Nachrichten über Himmelsbriefe Im folgenden gebe ich im Anschluß an R. S t ü b e eine Zusammenstellung der sonst bekannten antiken Nachrichten über Himmelsbriefe. In Ägypten, dem Land heiliger Schriften, ist öfters von ihnen die Rede. Der Bauplan des Tempels von Edfu soll nördlich von Memphis vom Himmel gefallen sein 1 . Von einer Isisbeschwörung wird im Londoner medizinischen Papyrus erzählt, col. 8,8/13: „Diese Schrift wurde in der Nacht gefunden, niedergefallen in der Halle des Tempels in Koptos, als Geheimnis dieser Göttin, seitens des Vorlesepriesters dieses Tempels" 2 . Diodor berichtet 1,87,8, ein Falke habe zu den Priestern in Theben ein Buch mit gottesdienstlichen Ordnungen gebracht 3 . (Der Falke war für die Ägypter nicht nur Götterbote, sondern eine Erscheinungsform des Gottes. Horus wurde als Falke dargestellt 4 . Nach Porphyrios, de abstin. 3,5 dienten Falke und Rabe Apoll als Herold.) Seit dem 2. Jahrhundert vor Christus sind auch für Griechenland Äußerungen über Himmelsbriefe bezeugt. Pausanias erzählt 10, 38, 13 von der wunderbaren Heilung des Phalysios, der an einem Augenleiden erkrankt war. Asklepios schickte zu ihm die Dichterin Anyte mit einem versiegelten Schreiben, das der Kranke lesen sollte. Diesen Auftrag erhielt sie in einem Traum, der sich sogleich bestätigt; denn beim Erwachen fand sie ein gesiegeltes Schreiben in 1

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Vgl. K. S e t h e , Imhotep: Untersuchungen zur Geschichte u. Altertumskunde Ägyptens 2 (1902) 108f. - L e i p o l d t - M o r e n z 30f. bemerken treffend: „Wer ägyptische Verhältnisse kennt, wird in diesem Bauplan |d. i. in der Schrift des .Imhotep' von der Anlage des Horos-Tempels] ein gottesdienstliches Buch erblicken: es enthielt gewiß all die Bräuche, die bei der Arbeit beobachtet werden mußten". Mitgeteilt von L e i p o l d t - M o r e n z 28; vgl. J. H. B r e a s t e d , The Edwin Smith Surgical Papyrus 1 (Chicago 1930) 5. τινες be φααιν eν τοις ά ρ χ α ώ ι ς χρόνοις ίέρακα βφλίον eveyneiv eis Θήβας τοϊς icpcvai φοινικω ^άμματι περιειΚημένον, 'έχον ye γ ρ α μ μ έ ν α ? τας τώι> ι ϊ ε ώ ν tfepajretας re κ αϊ η μ ά ς · δω και τούς ίερογραμμα τεϊς φορε'ιν φοινικοϋ ν ράμμα και πτερον

ίερακος επί της κεφαλής. Das Aition für die liturgische Gewandung ist spätere Zutat und hat mit der ursprünglichen Überlieferung nichts zu tun. 4

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Vgl. H. B o n n e t , Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte (Berlin 1952) 178/80.

ihren H ä n d e n 5 . Ailios Aristeides berichtet Serm. sacr. 1,78 K. Ähnliches von einem Brief, den er angeblich von Asklepios erhalten hatte und durch den er geheilt wurde 6 . Wenn es von der Regula Epikurs heißt, sie sei vom Himmel gefallen, so ist hier die Vorstellung schon fast zum bildlichen Ausdruck verblaßt 7 . Plutarch verwendet in seiner Streitschrift gegen Kolotos c. 1 9 , 1 1 1 8 A den Ausdruck τούς διοπβτβΓς... κανόνας bereits mit Ironie. Der Syrer Menip-

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Von A. D i e t e r i c h , Kleine Schriften (Leipzig 1911) 246 besprochen. Da der Himmelsbrief aus dem Bereich der Götter zu den Menschen kommt, meinte man auch, er sei mit heilender Kraft erfüllt. Heiden und Christen glaubten an eine entsprechende Heilwirkung schriftlicher Aufzeichnungen, besonders von Briefen der θείοι 'άνδρες, der Heiligen. Vom weisen Brahmanen Iarchas erzählte man, er habe einen Knaben, der von einem Dämon besessen war, durch einen Brief geheilt (Philostr. vit. Apoll. 3,38 a. E.); vgl. ferner Pslulian. ep. 59,2f. (60,5) (380f. H e r c h e r ) ; dazu J. B i d e z , Ausgabe der Briefe Kaiser Julians 1,2 (Paris 1960) 233f. 236. 237. Hier knüpfen christliche Wundererzählungen an: Schon Gregor der Wundertäter soll mit Hilfe von Briefen Dämonen vertrieben haben (Sokr. hist, eccl. 4,27 [PG 67.536C]; vgl. Rufin. hist. eccl. 7,25 [GCS 9,2,954 f.]). Darauf spielt der Verfasser der Vita S. Eugendi an: Vitae patrum Iurensium 143, ed. F. M a r t i n e (Paris 1968): SC 142; ebd. 144 wird ein entsprechender Brief des hl. Eugendus an einen Dämon mitgeteilt. Diese Briefe stellen eine Form des Exorzismus dar. Ähnliche Heilkraft hat angeblich auch ein Brief des hl. Martin besessen (Sulp. Sev. vit Martini 19,1 [SC 133,292]). - Mit einem schriftlich abgefaßten Gebet des hl. Hypatius heilte man das verletzte Auge eines Knaben, indem man das Gebet in Flüssigkeit tränkte und als Heilmittel auf das Auge legte (Callinicus, Vita S. Hypatii, edd. Sem. philol. Bonn, sodales [Leipzig 1895] 113, 12f. 19/28). Wunderheilungen mittels Briefen der Heiligen sind ferner durch PsProchoros, Acta Johann, (hrsg. von Th. Z a h n [Erlangen 1880] 63: Johannes schreibt in Briefform einen Exorzismus, der einen Dämon aus dem Rhetor Apollonides vertreibt) und Venantius Fortunatus, Vita S. Germani 57 (MG AA 4,2,23) bezeugt. Nach dem Bericht des Venantius leckte der kranke Mönch die Unterschrift, die der hl. Germanus unter seinen (diktierten) Brief gesetzt hatte, ab und wurde so geheilt [Hinweis von Dr. H.-J. H o r n ] , Dieses Zeugnis für magisches Essen fehlt bei A. L u m p e , Art. Essen: RAC 6 (1966) 633. Der Brief Jesu an Abgar wurde als Phylakterion nicht nur in der Stadt Edessa benutzt (vgl. R. S t u b e , Art. Abgarsage: Handwörterbuch d. deutschen Aberglaubens 1 [1927] 88f.; J a c o b y : ebd. 9 [1938/41] Nachträge 1). Der Brief Jesu an Abgar steht auf gleicher Stufe wie die Briefe der ϋεϊοι avSpes und der Heiligen. Als eigentlichen Himmelsbrief darf man ihn jedoch nicht werten; anders S t ü b e 37/9 (s. o. S. 17f.). - Heilige Schriften haben heilende Wirkung; vgl. Joh. Saresberiensis polier. 2,1 (416 A/B) (dazu der Herausgeber C. C. I. W e b b ζ. St. [London 1909, Nachdruck Frankfurt 1965]). Cie. fin. 1,63: servata ilia quae quasi delapsa de caelo est ad Cognitionen* omnium regula; nat. deor. 1,43: ex illo caelesti Epicuri de regula et iudicio volumine, gemeint ist die Schrift nepi κριτηρίου η κανών, vgl. Η. U sen er, Epicurea (Leipzig 1887, Nachdruck Rom 1963) 104f. - Damit kann Iuvenal. 11,27: e caelo descendit yvdidi aeavrov verglichen werden. A. D i e t er ich: Hess. Blätter f. Volkskunde 1 (1902) 21 will diese Stelle nicht nur bildlich verstehen.

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pos von Gadara schrieb ,Briefe, die sich rühmen, vom Angesicht der Götter zu kommen' 8 . Der Himmelsbrief, der besonders im Orient verbreitet war, wird hier von einem Orientalen vielleicht zum ersten Mal als literarische Form für eine Satire verwendet. Unter dem Eindruck seiner Menipplektüre verfaßte Lukian seinen Briefwechsel mit Kronos, die Epistulae Saturnales9. Aus dem religiösen Gedanken des Himmelsbriefes entstand so eine literarisch verstandene Briefgattung, die dem Unterhaltungsbedürfnis einer aufgeklärten Leserschaft entgegenkam10. In dieser Weise wird sich auch Tiberianus im 4. Jahrhundert nach Christus dieses Motivs bedient haben, wie einer Bemerkung des Servius zu Vergil, Aen. 6,532 zu entnehmen ist: Tiberianus etiam inducit epistolam vento allatam ab antipodibus, quae habet: superi inferis salutem. Hier sind die Antipoden zu .Überirdischen' geworden und der Wind zum Götterboten. Die religiöse Vorstellung ist im literarischen Spiel entmythisiert und parodiert. Das Erstarken der jüdischen, gnostischen und christlichen Überlieferung führte später zu einer rückläufigen Bewegung. Aber auch hier ging die religiöse Idee, wie wir noch sehen werden (u. S. 39 f.), allmählich unter. Sie wurde jedoch nicht rationalistisch zersetzt, sondern erstarrte zum Legendenmotiv. Erst in der Mystik des Mittelalters erlebt der Himmelsbrief eine innere Erneuerung. Auch Israel kannte den Himmelsbrief. Abgesehen von Ezechiel 2,8/3,3 und Jesaja 9,8 (im Wortlaut der Vulgata: verbum misit Dominus inlacob etcecidit in Israelu), sind einige spätjüdische Apokryphen zu erwähnen 12 . Am Schluß der syrisch überlieferten Apokalypse des Baruch spricht der Prophet (c. 87): „Nachdem ich diesen Brief vollendet und ihn mit Sorgfalt bis zu End geschrieben, da faltete ich ihn, versiegelte ihn behutsam und band ihn an des

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Zu dieser Aufschrift vgl. D i e t e r i c h a. O. 1 9 f . ; S t ü b e 3 2 . 3 3 ; R . H e l m , Lucian und Menipp (Leipzig 1 9 0 6 , Nachdruck Hildesheim 1 9 6 7 ) 2 2 2 / 6 (zu den Kronosbriefen);ferner C h r i s t - S c h m i d - S t ä h l i n

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2,1,895.

Vgl. auch die im Ton ähnlichen Saturnalia (Dialog) und den Kronosoion (witziger Erlaß des Priesters und Gesetzgebers im Dienste des Kronos).

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Die Briefform ist zu allen Zeiten für literarische Erfindungen benutzt worden: fiir die Neuzeit vgl. H. R o g g e , Fingierte Briefe als Mittel politischer Satire (München 1 9 6 6 ) .

11

Vgl. Th. Β ο m a η, Das hebräische Denken im Vergleich mit dem griechischen

5

(Göttingen 1 9 6 8 ) 4 8 f . , der eine abweichende Erklärung gibt. - Vgl. ferner Zach. 5, 1 / 4 ; 2 ParaL 2 1 , 1 2 ; zu dieser SteUe vgl. R. David Kimchi ( 1 1 6 0 / 1 2 3 5 ) , den J . A . F a b r i c i u s , Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti (Hamburg 1 7 1 3 ) 1 0 7 5 anführt. 12

R i e s s l e r 4 6 3 übersetzt slav. Henoch c. 3 3 , 1 1 : ,Ich ließ ein Blatt auf die Erde fallen . . . ' . Diese Übertragung wird jedoch durch den slavischen T e x t nicht gestützt; vgl. A . V a i l l a n t , L e livre des secrets d'Henoch (Paris 1 9 5 2 ) 3 5 .

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Adlers Hals. Alsdann entließ ich ihn und schickte ihn mit diesem Briefe fort"13. Der Adler erscheint hier als Überbringer der Gottesbotschaft ebenso wie der Falke in der oben S. 32 mitgeteilten Bemerkung Diodors 14 oder der Adler im gnostischen Perlenlied der Thomasakten, der den Königssohn an seine wahre Bestimmung erinnert. Dort wurden der Adler und der Brief noch als Einheit erfaßt, c. 111: „Und mein Brief war ein Brief, den der König mit seiner Rechten (versiegelt hatte)... Er flog in Gestalt des Adlers, des Königs (alles) Gefieders, er flog und ließ sich nieder neben mir und wurde ganz Rede.. ."1S. Angesichts einer solchen Äußerung darf man wohl schliessen, daß erst später die Meinung aufkam, ein Götterbote in Gestalt eines Vogels habe den Himmelsbrief zur Erde gebracht.

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Übersetzung von R i e s s l e r 113. Die Apokalypse gehört wohl noch dem 1. Jh. n. Chr. an. J. M i c h l : LThK 1 (1957) 697 datiert sie um 100/130 n. Chr. Der Adler ist der göttliche und himmlische Vogel; er wohnt bei den Göttern und trägt die Waffen des Blitz- und Donnergottes; vgl. O d e r , Art. Adler: PW 1 (1893) 373f. - B. V i o l e t sieht in der Adlerpost eine Umschreibung für menschliche Briefträger (Die Apokalypse des Esra und des Baruch |GCS 32 (1923)] 90*). Seine Erklärung scheint mir in diesem Fall jedoch nicht zuzutreffen, obgleich diese rationalistische Deutung vielleicht durch Ephräm, Brief an die Bergeinsiedler (deutsch von P. Z i n g e r l e [18711 58; zur Frage des Verfassers vgl. A. V ö ö b u s , Α Letter of Ephrem to the Mountaineers: Contrib. of the Baltic Univ. 25 (Pinneberg 1947]) gestützt werden könnte: „und auf den Schultern christlicher Adler, die überall herumfliegen, schicke ich Eurer Liebe in alle Weltgegenden (hin) aus den Gruß als Ermutigung für Eure Abgeschiedenheit und als Trost für Eure Einsamkeit". Das erklärt Z i n g e r l e mit: „wohl etwa schnell reisende christliche Boten und Briefträger". Nach der syrischen Baruchapokalypse 77,19/26 und dem ,Rest der Worte Baruchs' 6,11/7,31 (bei R i e s s l e r 911/6) befördert der Adler Briefe zwischen Baruch in Israel und Jeremias in Babylon; vgl. H. G u n k e l , Das Märchen im Alten Testament (Tübingen 1921) 33 f. Das Motiv blieb bis ins Mittelalter wirksam, wie aus den Miracoli di nostra donna, gesammelt von S. R a ζ ζ i (Firenze 1576) 155 (nach der lateinischen Überlieferung bei J. H e r o l t , genannt Discipulus, gest. 1468, Promptuarium de miraculis B. Mariae Virginis (Nürnberg 1486] nr. 87) zu entnehmen ist: Als das ,Salve Regina' noch nicht bekannt war, hörte eine vornehme Dame, wie der Hymnus in der Kirche gesungen wurde. „Ecco che un giorno un ucellino miracolosamente gliele porta scritta in una cedola e la posa nel luogo proprio dove ell' era solita stare in orazione". - Ein weiteres Beispiel bietet die Legende von Robert dem Teufel in der Fassung bei Etienne de Bourbon (13. Jhdt.), De diversis materiis praedicabilibus, ed. A. L e c o y d e l a M a r c h e (Paris 1877) 146 nr. 168. - Nach der Legende brachte ein Falke die Leys d'amour zum König Artus.

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Übersetzt von G. B o r n k a m m , Thomasakten: E. H e n n e c k e - W . S c h n e e m e 1 c h e r, Neutestamentliche Apokryphen 2 3 (Tübingen 1964) 351. Der Brief ist nach H . J o n a s , The Gnostic Religion 2 (Boston 1963) 120 eine Verdoppelung, da der angerufene Schläfer selbst der Bote ist.

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Im Neuen Testament ist der Himmelsbrief nicht zu belegen 1 6 . Gewiß aber sollte dem jüdischen Buch des Elchasai als Himmelsbrief göttliche Verehrung entgegengebracht werden 11 . Der Ursprung dieser heiligen Urkunde einer judenchristlichen Taufgemeinschaft wird verschieden dargestellt. Nach der Mitteilung des Origenes, in Ps. 82, die Eusebios, hist. eccl. 6 , 3 8 erhalten hat, behaupten die Anhänger des Elchasai, das Buch stamme vom Himmel: „Und sie bringen ein Buch, von dem sie sagen, daß es v o m Himmel gefallen sei und daß, wer darauf hört und ihm glaubt, Nachlassung der Sünden empfangen werde, eine andere Vergebung als diejenige, welche Jesus Christus vergab" 18 . Hingegen berichtet Hippolytos, ref. 9 , 1 3 , 2 , Alkibiades aus Apamea in Syrien habe ein Buch nach R o m gebracht und behauptet, ein gerechter Mann, Elchasai, habe es von den Serern Parthiens erhalten; er selber habe das von einem Engel offenbarte Buch einem gewissen Sobiai übergeben 1 9 . Vielleicht sind in diesem Bericht des Hippolytos zwei Überlieferungen, die ursprünglich selbständig waren, miteinander verknüpft. Das Buch ist einerseits ehrwürdig, da es von einem weit entfernt wohnenden und

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S t ü b e 34 verweist zwar auf Joh. Apoc. 10,10, eine Stelle, die nach Ezechiel 3, 1/3 gebildet ist. Hier wird die Berufung im Bild der von Gott gereichten Buchrolle, die der Prophet Gottes verschlingt, dargestellt (vgl. E. F a s c h e r , ΠΡΟΦΗΤΗΣ [Gießen 1927] 135 und o. S. 17f.). Die sieben Sendschreiben an die Gemeinden Kleinasiens (Apoc. 2. 3) wird man kaum mit S t ü b e 37; A. D e i s s m a n n , Licht vom Osten 4 (Tübingen 1923) 208. 321 und J. S c h n e i d e r , Art. Brief: RAC 2 (1954) 576 als Himmelsbriefe bezeichnen dürfen. Sie gehören nur in den Zusammenhang geschriebener göttlicher Offenbarungen. Vgl. auch K. R e n g s t o r f , Art. έπιστβλλω, επιστολή: ThWb 7,5944; ebd. 594f. zu der schwer deutbaren Stelle 2 Kor. 3,3a: ort eare επιστολή Χριστού διακ,ονηβείσα ύφ' ημών. Zu Elchasai, der zur Zeit Trajans lebte und das Buch um 116 n. Chr. geschrieben hat, vgl. außer H. W a i t z, Das Buch des Elchasai, das heilige Buch der judenchristlichen Sekte der Sobiai: H a r n a c k - E h r u n g (Leipzig 1921) 87/104 (zur Datierung lOlf.) besonders G. S t r e c k e r , Art. Elkesai: RAC 4 (1959) 1171/86 und J. I r m s c h e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,529/32. Die Fragmente sind zu finden bei A. H i l g e n f e i d, Hermae Pastor 2 (Lipsiae 1881) = ders., Novum Testamenten extra canonem reeeptum 3 2 (Lipsiae 1884) 229/40. Darauf geht wohl Theodoret von Kyros, haer. fab. 2,7 (PG 83,393 B) zurück. έπήλιϊε [sc. Alcibiades] τη 'Ρώμη φέρων βίβλον τινά φάσκων ταύτην άπό Σηρών της Παράίας -παρειΚηφέναι τινά 'άνδρα δίκαιον Ήλχασαί, ην παρέδωκέ τι vi Xeyo μένψ Σοβιαΐ χΡηματωdeiaav νπό äyyeXov, ού το ϊ/ψος σχοίνων ΐ'ικοσιτεοσάρων. Wegen des Doppelsinnes des Verbums παραδώόναι kann dieser Satz, wie S t r e k k e r a. O. 1177 gesehen hat, verschieden übersetzt werden: „Das von einem Engel offenbarte Buch habe er [d. i. Elchasai] einem gewissen Sobiai übergeben" oder „Das Buch, von dem er [d. i. Elchasai] behauptet [überliefert], daß es von einem Engel einem gewissen Sobiai geoffenbart wurde". Die erste Möglichkeit ist wohl vorzuziehen.

als weise gedachten Volke, den Serern, stammt 20 . Ferner aber zeigt sich die Heiligkeit des Buches in seinem überirdischen Ursprung: Ein Engel von gewaltiger Größe hat die Offenbarung übermittelt21. Trotz der uneinheitlichen Überlieferung dürfte soviel noch zu erkennen sein, daß zu Beginn des heiligen Buches die außernatürliche Herkunft der Schrift geschildert war22.

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άπό Σηρών της Παρθίας. Vermutlich sind unter den Serern die Chinesen zu verstehen (vgl. Η e r r m a η η , Art. Seres: PW 2,2 A [1923] 1678/83) und nicht, wie S t r e c k e r a. Ο. 1173 meint, „ein mythologischer Volksstamm, der geographisch nicht fixiert werden kann". Vgl. auch K. K e s s l e r , Mani 1 (Berlin 1889) 56f. und u. S. 123 zu dem Topos maior e longinquo reverentia. Vgl. Hippolyt, ref. 9,13,2 und Epiphan. haer. 19,4,1 f.; 30,17,6f.; 53,1,9. - Bei der Beschreibung göttlicher Wesen, vor allem anläßlich ihrer Erscheinung vor Menschen, wird oft auf ihre Größe hingewiesen. Die Raum- und Zeitdimension dient dem religiösen Menschen dazu, seine Erfahrung des Göttlichen sich selbst sinnenhaft darzustellen. So kommen die Aussagen von der Riesengestalt des göttlichen Wesens zustande. Der Größe im Raum entspricht das ewige Leben; Ewigkeit wird hierbei als Dauer in der Zeit verstanden. Diese Anschauungsform begegnet schon im Alten Orient: Die babylonische Geschichte eines Leidenden und seine Erlösung Taf. 3,8/10 (übersetzt bei H. G r e s s m a n n , Altorientalische Texte zum Alten Testament 2 [Berlin 1926] 277). Aus der griechisch-römischen Literatur sind zu nennen: Horn. II. 4,442f.: Iris (vgl. Verg. Aen. 4,176f.: Fama); Kallim. hymn. 6, 58 (2,37 P f e i f f e r ) ; Pap. Oxyrrh. 1381: Imuthes; Xenoph. Ephes. 1,12,4; Iambl. myst. 3,5; Poimandres 1, edd. A. D. N o c k - Α . J. F e s t u g i e r e , Corpus Hermeticum l 2 (Paris 1960) 7 (vgl. R e i t z e n s t e i n , Poimandres 122); Ov. fast 2,503 und 4,861 mit dem Kommentar von F. B ö r n e r (Heidelberg 1958); Plin. ep. 7,27, 2: Africa; Tac. ann. 11,21,2; hist. 4,83f.; Claud, in Eutrop. 1,390: Roma; Fulgent, mitol. 1,25: Musa; Boeth. cons. l , l f . (vgl. K. R e i c h e n b e r g e r , Untersuchungen zur literarischen Stellung der Consolatio Philosophiae: Kölner Rom. Arb. NF. 3 [Köln 1954] 6. 10f.);vgl. ferner H. W a g e n v o o r t , Roman Dynamism (Oxford 1947) 122 und P. S a t t l e r , Studien aus dem Gebiet der alten Geschichte (Wiesbaden 1962) 59. Aus der jüdischen u. christlichen Literatur sind zu nennen: Sap. Salom. 18,16; Slav. Henoch 1,4f.;Christus soll nach der Auffassung der Doketen bald riesengroß, bald klein erschienen sein (vgl. .Leucius Charinus' bei Phot. bibl. 114); Petrusevang. 40 (Ubersetzt von Chr. M a u r e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 1,123); vgl. A. G r i l l m e i e r , Der Logos am Kreuz (München 1956) 56/8 und E. S t o m m e l , Bischofsstuhl und Hoher Thron: JbAC 1 (1958) 72/4. Von den Passionen sind zu nennen: Passio S. Perpetuae 10,4 (39 K n o p f - K r ü g e r - R u h b a c h ) ; Passio SS. Mariani et Jacobi 7,3 (ebd. 70); Passio SS. Montani et Lucii 8,4 (ebd. 76); Passio SS. Serapiae et Sabinae nr. 9 (ASS Aug. 6,502); Acta S. Niconis nr. 20 (ASS März 3,445); Syrische Akten des Johannes, ed. and transL W. W r i g h t (London 1871) 23; Georgisches Leben der hl. Nino (4. Jhdt.), übersetzt von M. und J. O. W a r d r o p : Stud. Bibl. et Eccles. 5 (1903) 17; vgl. Pontius, Vita Cypriani 12,3 (150 P e l l e g r i n o ) mit Parallelen. Zu farblos ist jedoch der Vorschlag von W a i t ζ a. Ο. 91: „Jedenfalls hat am Anfang etwas Ähnliches gestanden wie in der Offenbarung Johannes 1,1; etwa: Dies ist das Buch, das der große und höchste Gott dem Elchasai geoffenbart hat, wie

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Da der Himmelsbrief und der Dialog zwischen dem offenbarenden Gott und seinem Propheten, dem eine Offenbarungsschrift übergeben wird, miteinander verwandt sind, konnten sie gegeneinander ausgetauscht oder verbunden werden. Das zeigen die Nachrichten über die heilige Urkunde der Eichasaiten. Wenn dazu noch der Gedanke anklingt, das heilige Buch stamme aus einem fremden Lande des fernen Ostens, so erscheint damit eine Vorstellung, die auch bei anderen Nachrichten über Bücherfunde begegnet23. Die Gnostiker haben fast sämtliche Formen der Offenbarungsübermittlung benutzt, um der Welt ihre abweichende Botschaft von Jesus zu verkünden. Wie weit sie vorsätzlich diese Einkleidung als Beglaubigungsfiktion benutzt haben, ist nicht immer mehr zu sagen. Oft haben sie ihre Schriften als geheime Reden des Auferstandenen an seine Jünger ausgegeben24. Daneben haben sie auch die Form des Himmelsbriefes verwendet. So ist von Epiphanios, haer. 31,5 f. ein Schreiben des Νοϋς an die wahren Gnostiker überliefert. Auf das Perlenlied der Acta Thomae haben wir schon früher hingewiesen 25 . In anderen gnostischen Schriften wird der Himmelsbrief fast zu einem dichterischen Symbol erhoben. So geschieht es in der 23. Ode Salomons, V. 6/22: „Und er wurde entsandt wie ein Pfeil vom Bogen, der abgeschnellt wird mit Gewalt. Und hin eilten zu dem Briefe viele Hände, ihn zu packen und zu nehmen und zu lesen. Und er entzog sich ihren Fingern . . ," 26 . Die magische Kraft des Briefes ist hier genau so deutlich wie in späten Einkleidungen des christlichen Sonntagsbriefes. Auch dort wird mitgeteilt, daß nur der Geweihte den Brief in seine Hände zu nehmen vermoch-

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er es dem [bzw. den] Sobiae überliefert hat." Aber jeder Wiederherstellungsversuch wird unsicher bleiben. Siehe u. S. 77 f. zu PsPlaton, Axiochos. VgL ferner W. Β r a η d t, Elchasai, ein Religionsstifter und sein Werk (Leipzig 1912) 9 / l l ; S t r e c k e r a . 0 . Vgl. C. S c h m i d t - I . W a j n b e r g , Gespräche Jesu mit seinen Jüngern nach der Auferstehung: TU 43 (1919) passim. Siehe o. S. 35. Auch die Manichäer haben das Himmelsbriefmotiv benutzt. Der Lebendige Geist schickt einen Brief an den Urmenschen und erhält ein Antwortschreiben. Der aus Christus zur heiligen Kirche gesandte Licht-Νοϋς wird als .Brief des Friedens' bezeichnet; die .lichte Nachkommenschaft' der heiligen Kirche wird ebenfalls Brief genannt (Kephalaia 1 c. 75: Manichäische Handschriften der StaatL Museen Berlin 1 [Stuttgart 1940] 181 f.). - Der persische Geschichtsschreiber Mfrchönd berichtet von Mani: „Er [d. i. Mani] zeigte ein Buch vor, das Evangelium, und sagte: .Dieses Buch ist vom Himmel hernieder gekommen'"; vgL Κ. Κ e s s 1 e r, Mani 1 (Berlin 1889) 379. Zu dem ebd. 377/81 berichteten Höhlenaufenthalt des Mani vgl. ähnliche Berichte über Zalmoxis und Pythagoras (dazu A. D e 1 a 11 e, Ausgabe des Diogenes Laertios, Vita Pythagorae: Acad. Roy. Belg., Mem. 2 ser. 17,2 [Bruxelles 1922] 244/6; K. v o n F r i t z , Art. Zalmoxis:PW 9, 2 A [1967]2302f.). Übersetzt von W. B a u e r , Oden Salomons: H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2 3 , 604; vgl. H. G r e s s m a n n , Ode Salomos 23: Sitz. Ber. Akad. Berlin (1921) 616/24.

te27. - Im übrigen hat das Motiv des Himmelsbriefes auch auf die gnostisch beeinflußte Epistula Apostolorum eingewirkt28. Bei katholischen Christen wurde das Motiv manchmal zu einem Stilmittel, so wenn Ephrem in einem Hymnus von einem Brief spricht, den Gott durch seinen Boten Gabriel zur Jungfrau Maria gesandt habe29. In der Legendenliteratur wird aus dem religiösen Gedanken ein Mittel, die Darstellung zu schmücken und zugleich wohl auch um größeren Glauben für sie zu gewinnen. In einer Handschrift der Vita der hl. Märtyrerin und Jungfrau Julia aus Karthago, der Patronin von Korsika, steht folgender Zusatz: itti autem pervenerunt in insulam Gorgonensem [d. i. eine Insel bei Korsika] et deponentes corpus eius [sc. S. Juliae] de navi invenerunt vitam et passionem eius ac certamen angelicis manibus descriptum30. 27

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Nach der Fassung αϊ 1,1 (S. 17 B i t t n e r ) hing der Brief drei Tage lang in der Luft und erst danach gelangte er in die Hände des Bischofs von Rom; vgL ] ξύλων τα πτυχία; ähnlich auch die Suda s.v. ϋύϊνα nr. 541 Adler: εύαγγέλων 'έχον πτυχία ϋύϊνα.

vorhebt 11 . Severus von Antiochien, der Nachfolger des Petrus Fullo, bezeugt in einem Brief, daß er dieses Evangelium in Konstantinopel zur Zeit des Patriarchen Makedonios (495-511) selber eingesehen habe. Die Handschrift sei prächtig ausgestattet gewesen 12 . Nach N. S. G r i f f i n 1 3 und 0 . S c h i s s e l v o n F i e s c h e n b e r g 1 4 beruht diese Auffindungsgeschichte auf der Einleitung des Diktys. Jedoch läßt sich dies nicht mit Sicherheit beweisen. Gewiß gewäiirleistet hier wie dort der Kaiser selbst die Echtheit des aufgefundenen Buches, indem er es in eine Bibliothek aufnimmt. Dieser Topos begegnet aber in manchem Fundbericht 15 . Wichtig bleibt der Unterschied, daß die Zyprer tatsächlich Reliquien ausgegraben haben, womit die Auffindung des Evangeliums wahrscheinlich in Zusammenhang stand, während der angebliche Fund der Diktys-Tagebücher nur als Beglaubigung gedacht war. PsDiktys hat seine Fälschung um eines literaturgeschichtlichen Zweckes willen oder vielleicht auch aus gewinnsüchtigen Absichten veröffentlicht. Er suchte Homers Darstellung des Trojanischen Krieges durch angebliche Urkunden zu widerlegen. Die Zyprer hingegen wollten mit Hilfe religiösen und literarischen Trugs kirchenpolitische Tagesfragen zu ihren Gunsten entscheiden. An eine unmittelbare Abhängigkeit beider Fundgeschichten braucht man also nicht zu denken. Das Konzil von Ephesos (431) hatte der zyprischen Kirche die Selbständigkeit zugesichert 16 . Der Streit um diese Stellung brach aber einige Jahrzehnte später unter dem Patriarchen von Antiochien, Petrus Fullo (um 488), erneut aus. Petrus Fullo behauptete, Zypern sei von Antiochien aus zum Christentum bekehrt worden und darum müsse es dieser apostolischen Gründung unterworfen bleiben. In solcher Not half den bedrängten Zyprern ihr Apostel Barnabas 17 . Denn seit dem 5. Jahrhundert wird im kirchenpoliti11

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Α. O. 446 D. Zu dieser Formel vgl. W. Η a r t k e, Römische Kindelkaiser (Berlin 1951) Register s. v. mv/ic-Formeln; R. E. G. D ο w η e y, References to Inscriptions in the Chronicle of Malalas: Transactions and Proceedings of the Americ. Philol. Association66 (1935) 65/9 und ο. S. 16 Anm. 1, zu den von einem Engel dem Abt Endeus übergebenen vier Evangelien, die „bis heute" aufbewahrt sind. Ep. 108 (Patrol. Orient. 14,266(4361 - 272|442)), nach 518 geschrieben. 13. Das Dictyszeugnis des Arethas: Hermes 45 (1910) 35. Siehe u. S. 129ff. VgL M a n s i 4,1468f. Zum kirchenpolitischen Hintergrund der Fälschungen, des Matthäusevangeliums und der Barnabasakten (dazu s. u. S. 84), vgl. J. H a c k e t t , A History of the Orthodox Church of Cyprus 1 (London 1901) 13/32, bes. 23f.; D u c h e s n e a. O. 46; A. v o n H a r n a c k , Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten 3 Jahrhunderten 2 4 (Leipzig 1924, Nachdruck ebd. 1965) 676/8; G. H i l l , A History of Cyprus 1 (Cambridge 1948) 273/8.

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sehen Ringen um den Vorrang der Bistümer der Beweisgrund der apostolischen Gründung immer s t a l e r eingesetzt. In Antiochien hatte damit Domnus (448 n.Chr.) begonnen 18 . Wie der Mönch Alexander und die zuvor genannten byzantinischen Geschichtsschreiber aussagen, wurde Zypern fortan als apostolische Mutterkirche anerkannt und hat nicht länger mehr unter der Herrschaft von Antiochien gestanden. Nikephoros berichtet, daß Justinian dieses Recht zum Ruhm seiner Gemahlin Theodora, die aus Zypern stammte, bekräftigt habe 1 9 . Der gleichen Zeit gehören die Akten des hl. Barnabas an. Sie will Johannes Marcus, geschrieben haben, der sich, wie es so oft in Heiligenviten geschieht, als Augenzeuge einführt 20 . Die Akten stammten natürlich nicht vom überlieferten Verfasser des kanonischen Markusevangeliums, sondern von einem Zyprer vom Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrhunderts 21 . Auch diese Fälschung diente dazu, die Echtheit der Reliquien und die Auffindung des Matthäusevangeliums zu sichern. Markus wurde als Verfasser gewählt, weil er der Vetter des Leviten Barnabas war 22 . An drei Stellen der Akten wird das Matthäusevangelium erwähnt: in c. 15, wo es heißt, Barnabas habe von Matthäus die Wissenschaft (μα&ήματα) empfangen, ein Buch der Stimme Gottes, eine Schrift von Wundern und Lehren; in c. 22, wo Barnabas erscheint, wie er in der Synagoge von Salamis auf Zypern aus dem Matthäusevangelium lehrt; in c. 24, wo PsJohannes Marcus die Asche (!) des Barnabas in einer Höhle beigesetzt haben will „mit den Lehren, die er von Matthäus erhalten hatte". Zweifellos sollte hier die eine Fälschung die andere beglaubigen. Die Geschichte der Auffindung des PsMatthäusevangeliums bei den Reliquien des Barnabas und die Barnabasakten des PsJohannes Marcus gehören der gleichen Zeit an. Die eine Fälschung ist uns noch erhalten, die andere verloren. Leider wissen wir sonst nichts über dieses Matthäusevangelium. In zwei Kanonverzeichnissen wird jeweils ein Barnabasevangelium als apokryph ver18 19

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Vgl. F. D v o r n i k , The Idea of Apostolicity in Byzantium and the Legend of the Apostle Andrew (Cambridge, Mass. 1958) 69. Ob Theodora wirklich dort geboren wurde, ist ganz ungewiß; vgL B. R u b i n , Das Zeitalter Justinians 1 (Berlin 1960) 99mit Anm. 150, ferner G. G e n t z F. W i n k e l m a n n , Die Kirchengeschichte des Nicephorus Callistus Xanthopulus und ihre Quellen: TU 98 (1966) 1622. C. 1/3. 26; hrsg. von R. A. L i p s i u s - M. B o n n e t , Acta apostolorum apocrypha 2,2 (Leipzig 1903, Nachdruck Darmstadt 1959) 292/302. Vgl. L i p s i u s 2,2,270/320; B a r d e n h e w e r l 2 , 116; W. S c h n e e m e l c h e r A. d e S a n t o s O t e r o bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,404. CoL 4,10. Wie Barnabas war er ein Mitarbeiter des hL Paulus; vgL W. B a u e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,36f.

worfen: das sogenannte Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis erwähnt 5,3,2 (= 269 f.) nach dem Evangelium nomineMathiae apocryphum23ein Evangelium nomine Bamabae apocryphum24. Auch das Verzeichnis der sechzig kanonischen Bücher' nennt vor dem Matthiasevangelium ein Barnabasevangelium25. Da sonst nichts über ein Barnabasevangelium bekannt ist 26 , war vielleicht das zyprische Evangelium des PsMatthäus, das Barnabas geschrieben haben soll, das von den beiden Kanonverzeichnissen verurteilte Apokryphon27. Über seinen Inhalt ist nichts bekannt. Vielleicht war es nur eine Abschrift des kanonischen Matthäusevangeliums, dem Fälscherhände ein altertümliches Aussehen gegeben haben. b) Ein Zacharias-Apokryphon Zu den schwierigsten Kapiteln der Apokryphenforschung gehört die Frage nach den Zachariasapokryphen, die zuletzt vor mehr als fünfzig Jahren von A. B e r e n d t s behandelt worden ist 28 . Hier soll nur ein einziges Problem herausgegriffen werden. Beim Vergleich mit den zuvor besprochenen Fundberichten fällt nämlich neues Licht auf eine Nachricht über die Auffindung der Schriften des alttestamentlichen Propheten Zacharias. Sozomenos teilt Hist. eccl. 9,17,1/6 folgendes mit: „Chaphar Zacharia ist ein Dorf in der Gegend von Eleutheropolis in Palästina29. Den Ort verwaltete Kalemeros, 23 24 25 26

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Einige Handschriften bieten statt dessen: matthaei; vgL aber E. von D o b s c h ü t z , Das Decretum Gelasianum: TU 38,4 (1912) 293=. Von D o b s c h ü t z a. O. 294 führt nicht weiter. Deutsche Übersetzung bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r l,25f. Die christenfeindliche mohammedanische Fälschung aus dem 14. Jahrhundert, die als Barnabasevangelium ausgegeben wurde, kommt hier nicht in Betracht (zu ihr vgl J. S c h m i d , A r t Barnabas: RAC 1 [1950] 1209/12). - VgL ferner H a r n a c k , Literaturgeschichte 1,18; B a r d e n h e w e r l 2 , 115f. und W. B a u e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,36. VgL auch J. A. F a b r i c i u s , Codex apocryphus Novi Testamenti 1.2 (Hamburg 1719) 341 mit Hinweis auf I. C a s a u b o n u s , De rebus sacris et ecclesiasticis. Excercitationes XVI ad Baronium (Genevae 1655) 343, wo aber nur gesagt wird: „sunt qui Barnabae apostolo, sunt qui Lucae et Paulo id ipsum (sc. evangelium Matthaei] attribuunt". Studien über Zacharias-Apokryphen und Zacharias-Legenden (Leipzig 1895); ders., Die handschriftliche Überlieferung der Zacharias- und Johannes-Apokryphen: TU 26,3 (1904); vgL J. J e r e m i a s , Heiligengräber in Jesu Umwelt (Göttingen 1958) 733;W. S c h n e e m e l c h e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,534 und C. C o l p e , A r t Zacharias nr. 1.6: FW 9,2 A (1967) 2210f. Zum Ort vgL B e r e n d t s , Studien 14f. - VgL auch das Dorf Kephar GamlS bei Jerusalem, wo 415 n. Chr. der Presbyter Lucianus die Reliquien des Gamaliel mit den Gebeinen des hL Stephanus u. a. gefunden haben wilL VgL J. M a r t i n , Die Revelatio S. Stephani und Verwandtes: Hist. Jahrb. 77 (1958) 419/33. Auch

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ein für dieses Land bestellter Sklave, der seinem Herrn wohlgesonnen war, aber drückend, mürrisch und ungerecht gegen seine bäuerlichen Nachbarn. Einem solchen Mann erschien in wachem Zustand der Prophet, tat sich ihm kund und, indem er auf einen Garten wies, sagte er: ,Wohlan, hier grabe nach, indem du die zwei Ellen von der Dornenhecke bis zum Garten abmissest, den Weg entlang, der zum Dorfe Bettherebim führt. Du wirst einen doppelten Kasten finden, der innere ist aus Holz, der äußere aus Blei; um den Kasten ist ein gläsernes Gefäß, mit Wasser gefüllt, darin zwei zahme und unschädliche Schlangen — gleichsam an die Hand gewöhnt — von mäßiger Länge'. Nach der Anordnung des Propheten machte sich Kalemeros bei der bezeichneten Stelle mit Eifer ans Werk. Nachdem der heilige Schrein unter den vorhergenannten Kennzeichen geöffnet wurde, kam der göttliche Prophet zum Vorschein, angetan mit einem Unterkleid und einem weißen Kleid, wie es sich für einen Priester ziemt. Unter seinen Füßen, außerhalb des Schreines, lag ein Kind, das eines königlichen Begräbnisses gewürdigt war. Auf dem Kopf trug es einen goldenen Kranz; es war angetan mit goldenen Sandalen und einem wertvollen Kleid. Da die Priester und Weisen nicht wußten, wer und woher das Kind stamme, und weshalb es in dieser Weise gekleidet war, soll Zacharias, der Abt des Klosters von Gerar sich bemüht und eine alte, hebräisch geschriebene Schrift gefunden haben, die nicht zu den von der Kirche anerkannten gehörte. Sie hatte folgenden Inhalt: Als Joas, der König von Judäa, den Propheten Zacharias ermordet hatte, traf ihn bald im eigenen Haus ein schlimmes Unglück. Am siebten Tage nach der Ermordung des Propheten starb plötzlich sein sehr geliebtes Kind. Da er aber vermutete, daß er wegen des Zornes Gottes in solches Leid geraten sei, begrub er den Knaben unter den Füßen des Propheten, indem er sich dadurch für das entschuldigte, was er gegen den Propheten gesündigt hatte". Anschließend berichtet Sozomenos noch, wie wohlerhalten der Leib des Propheten ausgesehen habe, - ein Gemeinplatz derartiger Nachrichten über Reliquienfunde 30 . Die Auffindung hat nach Sozomenos um 423 stattgefunden 31 .

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hier hat der Name des Ortes die namentliche Bestimmung aufgefundener Reliquien mitveranlaßt. - Zu einer vergleichbaren Etymologie: ,Nyse' in Arabien (es wurde auch in anderen Ländern vermutet; vgL A. H e r r m a n n , Art Νύσα: PW 17,2 [1937] 1654/61) als Geburtsort des ,Dionysos' bei Diod. 1,27,3 vgL D. Müll e r , Ägypten und die griechischen Isis-Aretalogien: Abh. d. Sächs. Akad. 53,1 (Leipzig 1961) 12/4. VgL R. N o l l in seiner Ausgabe des Eugippius, Vita Severini (Berlin 1963) 144f. zu c. 44,6. B e r e n d t s , Studien 132 hingegen datiert den Fund nach anderen Zeugnissen in das Jahr 415 n. Chr. - Von Sozomenos ist Nikephoros Kallistos, hist eccL 14,8 (PG 146, 1080f.) abhängig.

Aus dieser Erzählung sind folgende Tatsachen hervorzuheben: Erscheinungen veranlassen wie bei der Paulusapokalypse (s. o. S. 63), dem PsMatthäusevangelium (s. o. S. 82) und anderen Fundberichten (s. o. S. 67) die Entdeckung des Grabes. Eine alte Schrift in hebräischer Sprache gibt über die ausgegrabenen Reliquien näheren Aufschluß. Wo die Schrift gefunden wurde, sagt Sozomenos nicht. Nur auf ihr Alter und die Fremdsprache wird hingewiesen. Bei vielen anderen Fälschungen und auch bei angeblichen Buchfunden aus der Erde sollen die altertümliche Schrift und die fremde Sprache die Neugier des Lesers reizen. Funde schriftlicher Mitteilungen, besonders von Inschriften, sind mit der Entdeckung von Reliquien oft verbunden, da so am einfachsten die Echtheit der ausgegrabenen Heiligen gesichert werden konnte. Da auch liier Reliquienfund und deutende Schrift aufeinander bezogen sind, dürfte aus der Entsprechung zu den bereits behandelten Funden mit Sicherheit zu folgern sein, daß der Abt Zacharias, der nicht zufällig den Namen des Propheten trägt, das angeblich hebräische Buch zum Zwecke der urkundlichen Reliquienbeglaubigung erschwindelt hat. Vielleicht veranlaßten ihn lokalpatriotische Absichten zu dieser Fälschung. Sozomenos bezeichnet die Schrift, die über Zacharias und den königlichen Knaben Auskunft gab, als „nicht in der Kirche gebraucht". Dieser Ausdruck umschreibt den sonst geläufigeren: .apokryph'. Vielleicht meinte die im .Verzeichnis der sechzig kanonischen Bücher' genannte Apokalypse des Zacharias, die zwischen den Apokalypsen des Sophonias und des Esdra genannt wird, eben dieses von Sozomenos genannte Apokryphon über den alttestamentlichen Propheten Zacharias32. Der christliche Bericht des Sozomenos ist ägyptischen Vorstellungen verpflichtet, ja er ähnelt auffallend einer der bekanntesten ägyptischen Erzählungen über Buchfunde, der Geschichte vom Prinzen Seton Chaemwese und dem Zauberbuch. In dieser Geschichte, die vom weisen Sohn des Königs Ramses II handelt, erzählt der verstorbene und zum Leben zurückgerufene Ni-noferka-Ptah, wie er sein Leben bei der Suche nach dem Zauberbuch verloren hat. Der Priester sagte zu Ni-noferka-Ptah: „Das genannte Buch liegt mitten im Wasser von Koptos in einem Kasten von Eisen. In dem Kasten von Eisen ist ein Kasten von Bronze. In dem Kasten von Bronze ist ein Kasten von Sandelholz. In dem Kasten von Sandelholz ist ein Kasten von Elfenbein und Ebenholz. In dem Kasten von Elfenbein und Ebenholz ist ein Kasten von Silber. In dem Kasten von Silber ist ein Ka32

B e r e n d t s , Studien 13/6 ist der Meinung, daß es ein Apokryphon unter dem Namen des Propheten Zacharias nicht gegeben habe; auch könne wegen der hebräischen Sprache die bei Sozomenos genannte Schrift keine größere Verbreitung gewonnen haben. In Wahrheit aber war die hebräische Sprache gewiß nur vorgetäuscht, ein Kunstgriff des Fälschers.

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sten von Gold. Und in diesem das Buch. Eine Meile im Umkreis um den Kasten, in dem das Buch liegt, hausen alle Arten von Drachen, Skorpionen und Schlangen, und um den genannten Kasten selbst ringelt sich eine ewige Schlange"33.

c) Hagiographische und andere Fälschungen Auch Verfasser von Heiligenleben verwendeten zur Beglaubigung ihrer Darstellung das Motiv von dem Buche, das die Vita oder Passio des Märtyrers enthielt und zusammen mit seinen Gebeinen aufgefunden wurde. Der hl. Ambrosius hatte 386 in Mailand die Reliquien der hl. Gervasius und Protasius ausgegraben34. Niemand wußte bis dahin etwas von diesen Heiligen35. Am Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrhunderts hat ein Fälscher in Ravenna eine kunstvolle Erfindung ausgeklügelt. Er schreibt unter der Maske des Ambrosius einen Brief und berichtet darin von der Vita, die ein Zeitgenosse der Heiligen abgefaßt und den beiden Märtyrern ins Grab mitgegeben habe 36 . Aus dieser Lebensbeschreibung erfährt der Leser, daß die Eltern der beiden Heiligen Vitalis und Valesia hießen und aus Ravenna stammten 37 . Die Fälschung hat noch bei Gregor von Tours Glauben gefunden. Er beruft sich De gloria martyrum 46 (MG Scr. rer. Mer. 1,2,69) bei der kurzen Nachricht über die beiden Märtyrer auf sie: sicut ipsa passionis narrat historia. Eine ähnliche Fundgeschichte begegnet in der Vita der hl. Nazarius und Celsus, deren Gebeine ebenfalls von Ambrosius aufgefunden waren. Eine Lebensbeschreibung hatte es zunächst nicht gegeben: sie wurde später erdichtet. Am Schluß wird in ihr erzählt, ein Philosoph habe sie verfaßt und, durch ein Traumgesicht ermahnt, einem gewissen Ceratius übermittelt. Die33

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Übersetzt von B r u n n e r - T r a u t 177f. - R. R e i t z e n s t e i n , Himmelswanderung und Drachenkampf in der alchemistischen und frühchristlichen Literatur: Festschrift F. C. Andreas (Leipzig 1916) 404 bemerkt dazu: „Der Grundgedanke der Erzählung ist nach dem ganzen Zusammenhang, daß man das geheime Wissen in seiner höchsten Vollendung nur im Totenreich erwirbt. Auch hier sind Schlangen die Hüter . . . " Auch die Stoffreliquien der Gottesmutter lagen in einem Schrein, der aus mehreren Behältern bestand; vgL Georgios von Nikomedien (zitiert bei M. J u g i e , La mort et l'assomption de la S. Vierge: Studi e Testi 114 [Cittä del Vaticano 1944] 6 9 9 0 . Siehe o. S. 20. Vgl. Paulinus, vit Ambrosii 14, ed. Μ. Ρ e 11 e g r i η ο (Roma 1961). epist. 2,7/18 (PL 17,822/5). VgL F. S a v i o , Due lettere falsamente attribuite a S. Ambrogio: Nuovo Bull. Archeol. Crist 3 (1897) 153/77; über den Zweck der Fälschung ebd. 165 „un mal inteso amor patriae".

ser habe das Büchlein laut Befehl der Heiligen in ihrem Grabe ad capita eorum niedergelegt. Dort sei es bis zur Stunde der Auffindung unter Kaiser Theodosius und Ambrosius verborgen geblieben38. Der Beglaubigungstopos ist auch in die Marienapokryphen eingedrungen. Wie bekannt, wurden seit dem 5. Jahrhundert Berichte über den Heimgang Mariens unter falschem Namen verbreitet 39 . Die lückenhafte kirchliche Überlieferung über das Ende der heiligen Jungfrau sowie der Kampf gegen Häretiker forderten zu Fälschungen auf. Seit den dogmatischen Streitigkeiten mit Arius und Nestorius war die Gottesmutter in den Mittelpunkt des christlichen Denkens gerückt. So erzeugten die neuerwachte Marienfrömmigkeit und der Streit der theologischen Meinungen zahlreiche Apokryphen. Die Syrer haben gewetteifert, in derartigen Schriften die Echtheitsbeglaubigungen zu häufen. In dem von W. W r i g h t bekannt gemachten syrischen Transitus Mariae sind die Farben besonders stark aufgetragen 40 : Vom Sinaikloster aus erging an Bischof Cyrius von Jerusalem (gemeint ist wohl Cyriacus) der Wunsch, das Buch vom Heimgang der allerseligsten Jungfrau zu erhalten. In Jerusalem fand man ein Buch, in dem geschrieben stand: „Ich, Jacobus, Bischof von Jerusalem, habe mit meiner eigenen Hand in dieses Buch geschrieben, daß im Jahre 345 [d. i. 33/34 n.Chr.] meine Dame Maria von dieser Welt gegangen ist". Sechs Bücher wurden über den Heimgang verfaßt, jedes von zwei Aposteln. Johannes kannte u. a. den Verbleib dieser Bücher. Ein Brief des Bischofs Cyrius bestätigte die Echtheit der Schrift des Jacobus. — Nach einer Lücke in der Handschrift wird erzählt, wie zwei Mönche vom Sinaikloster abgesandt wurden und im Gebet um die Erscheinung des Johannes bitten. Johannes macht ihnen im Traum den Ort kund, wo das Buch liege: ,Es ist bei mir', das heißt im Grab des Apostels in Ephesos. Dort wird tatsächlich die Schrift gefunden41. Sie war in hebräischer, griechischer und lateinischer Sprache abgefaßt, so wie die dreisprachige Aufschrift am Kreuz Jesu (Joh. 19,19 f.) 42 . 38

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ed. Μ ο m b r i t i u s 2,326/34; vgL ebd. 334, 10/5 und F. S a ν i ο, La leggenda dei Santi Nazario e Celso: Ambrosiana (Milano 1897) fasc. 7,26 (griechische und lateinische Fassung). Nach S a v i o stammt die Schrift von einem aus Nordafrika vor den Vandalen nach Mailand geflüchteten Christen des 5. Jahrhunderts. Vgl. Verf., Literarische Fälschung, Reg. s. v. Transitus Mariae. The Departure of my Lady Mary from the World: Joura of Sacred Literatur 7 (1865) 129/60, bes. 131/3. „And the morning rose, and the verger [παραμονάριος] opened the door, and entered [the place] where the grace of Mär John flows; and there he found a written volume, placed upon the mouth of the spot whence the grace flows. And he took it up . . . " (übersetzt von W r i g h t a. O. 132f.). Nach der Legende soll Helena mit den drei Kreuzen auch die Kreuzaufschrift gefunden haben; vgl. Sokr. hist. eccL 1,17 (PG 67,117 C).

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In der Schrift stand der Satz: ,Jesus ist der Messias, von Maria geboren; er ist Gott im Himmel und auf Erden' 43 . In Ephesos soll dann die Schrift ins Syrische übersetzt, zum Sinai gesandt und von dort, abgeschrieben, nach Jerusalem geschickt worden sein. Die ganze Rüstkammer der Fälscherkunststücke ist aufgeboten, um das Unwahrscheinliche annehmbar zu machen. Der Verfasser verwendet die herkömmlichen Mittel der Fälscher: vorgetäuschte Verfasserangabe, Traumerscheinungen, Buchauffindung und angebliche Übersetzungen. Auch in zwei arabisch überlieferten Predigten über die Flucht Jesu nach Ägypten wird mit solchen Mitteln gearbeitet. Die beiden, fast gleichlautenden Predigten sollen von Cyriacus, dem Bischof von al-Bahnasä, dem früheren Oxyrrhynchos, vorgetragen worden sein. Außer der pseudepigraphischen Zuschreibung bieten sie Doppelvisionen, die zur Auffindung eines versiegelten Schreins aus der Zeit Diokletians mit einer langen Inschrift gefuhrt haben sollen. Im Schrein habe ein Buch gelegen über Joseph den Zimmermann und die Flucht nach Ägypten, das der Priester Thomas aufgezeichnet habe 44 . Wie G. G r a f treffend vermutet, haben ägyptische Mönche aus Liebe zu ihrem Kloster diese literarische Erfindung ausgeklügelt45. Sogar für den Auferstehungsglauben, ein Hauptstück christlicher Lehre, mußte das Buch im Grabe eine letzte urkundliche Bestätigung geben. Die im Morgen- und Abendland weit verbreitete Legende von den Siebenschläfern sucht Zweifel an der Auferstehung der Toten zu begegnen46. Die vom Legendenschreiber vorausgesetzten Ketzer — unter anderen wird ein Bischof Theodoros genannt - sind allerdings geschichtlich nicht nachzuweisen47. Mit derartigem Unglauben war aber seit den Tagen Jesu zu rechnen. Die Siebenschläferlegende ist jedenfalls eine Tendenzgeschichte. Damit rücken die vorkommenden Beglaubigungen in die Nähe von Fälschermitteln. Als die Siebenschläfer von Ephesos im 5. Jahrhundert wieder zum Leben erwacht waren und dem Bischof, der zu ihrer Höhle gekommen war, in der 43 44

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Siehe u. S. 93 zu einer byzantinischen Fälschung. P. D i b, Deux discours de Cyriaque sur la fuite en Egypte: Rev. Orient. Chret. 2 S. 5 (1910) 158/61 gibt nur eine Inhaltsangabe, die jedoch nicht frei von Unklarheiten ist: S. 159 sagt er: „avec le livre 6crit par saint Joseph sur la fuite de Notre-Seigneur en Egypte et son s6jour en ce lieu", während er S. 160 vom Buch des hL Joseph spricht, „ecrit de la main du pretre Thomas". Geschichte der christlichen arabischen Literatur 1: Studi e Testi 118 (Cittä del Vaticano 1944) 23 2 f. VgL die Darstellung der Legende bei Gregor von Tours, glor. mart. 94 (MG Scr. rer. Mer. 1,2,100/2), die er Syro quodam interpretante ins Lateinische übertragen hat, und Phot. bibl. 253. VgL Μ. Η ü b e r , Die Wanderlegende von den Siebenschläfern (Leipzig 1910) 100 und J. O s w a l d , Art Siebenschläfer: LThK 9 (1964) 737f.

sie fast zweihundert Jahre geruht hatten, ihre Leidensgeschichte erzählt hatten, soll man am Eingang der Höhle bleierne Tafeln mit den Namen der Heiligen und einer Mitteilung über ihren zur Zeit des Kaisers Decius erlittenen Tod gefunden haben 4 8 . Diese Urkunde bestätigte die mündlichen Aussagen der Siebenschläfer über ihre Lebenszeit. Der Bischof meldete das Wunder dem Kaiser Theodosius 4 9 . Dieser Kaiser war auch in der Paulusapokalypse von besonderer Bedeutung 5 0 . Während in dieser Erzählung das Motiv in gewohnter Weise begegnet, ist es in einem neutestamentlichen Apokryphon eigentümlich abgewandelt. In der .Höllenfahrt Christi' kommen Leucius und Charinus, die Söhne des greisen Simeon, aus ihren Gräbern hervor, verlangen Tinte und Papyrus und schreiben sodann getrennt ihre Erlebnisse aus dem Jenseits auf 5 1 . Später erkennt man durch Vergleich der beiden Berichte, die genau miteinander übereinstimmen, die Wahrheit ihrer Mitteilungen 5 2 . Mit dieser Erzählung 48 49 50

VgL H u b e r a. O. 99f. Gemeint ist Theodosius II (408-450); vgL Η ü b e r a. O. lOOf. PsAnanias will die hebräisch abgefaßten Pilatusakten unter der Regierung des Kaisers Theodosius II ins Griechische übersetzt haben; vgL F. S c h e i d w e i l e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 1,3342 und G. C. O ' C e a l l a i g h , D a t i n g the Commentaries of Nicodemus: Haiv. TheoL Rev. 56 (1963) 21/58. Der fromme Kaiser Theodosius II hatte mit Leidenschaft die heiligen Schriften der Christen gesammelt, wie Sokrates, hist. eccL 7,22 (PG 67,785 Α) hervorhebt Wahrscheinlich wurde deshalb diese Zeitangabe erfunden. 51 Der Descensus Christi ad inferos ist zusammen mit den Acta Pilati, die auch als Evangelium Nicodemi bezeichnet werden, überliefert, war aber wohl zunächst ein selbständiges Stück und wurde erst später hinzugefügt (vgL M. R. J a m e s , The Apocryphal New Testament [Oxford 1953] 117f.; S c h e i d w e i l e r a . 0 . 1 , 332f. und J. M i c h L Art. Evangelien II nr. 18: LThK 3 [1959] 1226). - Der Text ist herausgegeben von C. T i s c h e n d o r f , Evangelia apocrypha (Leipzig 1876, Nachdruck Hildesheim 1966) 417/32 und von d e S a n t o s O t e r o 455/ 71; vgL die deutsche Übersetzung von S c h e i d w e i l e r a. O. l,354f. 356. 52 Auch nach der entwickelten Form der Septuagintalegende schreiben die Übersetzer, in einzelnen Zellen getrennt, ihre Übertragung auf. Nach Beendigung ihrer Arbeit stellte man die Übereinstimmung ihrer Texte fest VgL Eiren. haer. 3,21,2 bei Eus. hist. eccL 5,8,13f. u. a.; dazu A. P e l l e t i e r in seiner Ausgabe des Aristeasbriefes (SC 89 [Paris 1962] 97. 81f. [78/98]) und die Testimonia in der Ausgabe des Aristeas von P. W e n d l a n d (Leipzig 1900) 87/166. Hieronymus bekämpfte den Glauben an die wunderbare Entstehung der griechischen Übersetzung praef. in Pent. (PL 28,181 A): et nescio, quis primus auctor septuaginta cellulas Alexandriae mendacio suo exstruxerit, quibus divisi eadem scriptitarent, cum Aristeas eiusdem Ptolemaei υπερασπιστής et multo post tempore Iosephus nihil tale rettulerint, sed in una basilica congregates contulisse scribant, non prophetasse. aliud enim est vatem, aliud esse Interpretern . . . ; vgL W e η d 1 a η d a. Ο. 162. Auch J. Κ ι ο 11, Gott und Hölle: Studien d. BibL Warburg 20 (Leipzig 1932, Nachdruck Darmstadt 1963) 87 weist auf das Septuagintamotiv im Descensus Christi hin (vgL ebd. 85/7). 91

der beiden für kurze Zeit aus dem Jenseits Zurückgekehrten gewann man ein urkundliches Zeugnis für die Auferstehung Christi und der Toten. Der Unterschied gegenüber den zuvor genannten Fundberichten ist nicht ohne Bedeutung. Finden sonst Lebende viele Jahre nach dem Tod des Heros, Weisen oder Heiligen in seinem Grab eine Offenbarungsschrift, so kommen hier die lebendig gewordenen Toten selbst, schreiben ihre Jenseitsschau auf und übergeben sie den Menschen. Ein unmittelbares Vorbild für diese Abwandlung aus der antiken Überlieferung gibt es wohl nicht. Einigermaßen vergleichbar ist die Erzählung von Apollonios von Tyana, der ein Buch mit den Lehren des Pythagoras aus der Unterwelt hervorholt 53 , oder die Tafel von Opis und Hekaerge im pseudoplatonischen Axiochos54 sowie der Brief des toten Geometers Dionysodoros an seine Verwandten 55 .

d) Religiöse und politische Orakelfälschungen in byzantinischer Zeit Auch die Christen der byzantinischen Zeit haben den angeblichen Buchfund benutzt, um Orakeln mit religiöser oder politischer Zielrichtung ein glaubwürdiges Ansehen zu verleihen. Zweifel an der Echtheit der Sprüche wurde manchmal schon bei ihrem ersten Auftauchen laut. Nach dem Sieg des Valens über den Aufrührer Prokopios im Jahre 366 wurden die Mauern der Stadt Chalkedon, die zu Prokopios gehalten hatte, geschleift56. In den Fundamenten will man ein in Versen abgefaßtes Orakel entdeckt haben, das den Neubau einer Wasserleitung fur Konstantinopel voraussagte und auf den Einfall der Barbaren in Thrakien und ihren Untergang hinwies 57. Während der Regierung Justinians wurde Antiochien wieder durch ein furchtbares Erdbeben heimgesucht. Auf Geheiß des hl. Symeon des Wundertäters soll die Stadt in Theopolis umbenannt worden sein. „Es wurde aber in Antiochien ein Orakelspruch gefunden, der so lautete: ,Und du, unglückselige Stadt, wirst nicht nach Antiochos genannt werden' 58 ". Ebenfalls unter Ju53 54 55

Siehe u. S. 132. Siehe o. S. 78. Siehe o. S. 49. VgL ferner Er-Zoroaster bei Klem. Alex, ström. 5,14, 103, 2f. ( B i d e z - C u m o n t 2,158f.).

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VgL W. E n s s l i n , Art. Prokopios nr. 2: PW 23 (1957) 252/6. Ammianus Marcellinus 31,1,4 spricht von einem quadratischen Stein, auf dem die griechischen Verse eingeritzt waren; VgL Sokrates, hist eccl. 4,8 (PG 67,476 f.) und Cassiod. hist tripart. 7,21,3 (CSEL 71,417). Von Tafeln berichten Georg. Kedren.hist. comp. (PG 121,589 D f.); Joh. Zonaras, ann. 13,16 (PG 134,1165 B/C). VgL auch A. N a g L Art. Valens: PW 7 A , 2 (1948) 2131,60ff. Überliefert durch Joh. Malalas, chron. 18 (PG 97,653 A).

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stinian ist Edessa vom Fluß Skirtos überflutet worden. Nach der Überschwemmung sei eine steinerne Tafel mit der Inschrift gefunden worden: ,Der Skirtos wird böse Tänze den Bürgern tanzen' 59 . Ein christliches Apollonorakel ist im 6. Jahrhundert im theopaschitischen und monophysitischen Streit bearbeitet und mit einer Rahmengeschichte versehen worden. Die Weissagung des heidnischen Gottes soll zu Delphi in Italien (!) im 21. Jahr der Herrschaft des Anastasios (d.h. 512 n. Chr.) durch große Regengüsse auf einer Tafel in den Fundamenten des Tempels ans Licht gekommen sein60. Im Jahre 779/80 will man bei den fangen Mauern in Thrakien', einem Befestigungswerk des Kaisers Anastasios (491 -518), einen Schrein mit einem großen Menschen ausgegraben haben 61 . Auf dem Sarkophag habe gestanden: .Christus wird von einer Jungfrau geboren, und ich glaube an ihn. Unter Konstantin und Irene wirst du, Helios, mich Wiedersehen'. Nach anderer, wohl späterer Überlieferung soll der Spruch im Grabe Piatons zu lesen gewesen sein62. Georgios Kedrenos berichtet, daß im Garten eines Senators eine Tafel aus prokonnesischem Stein gefunden wurde, auf der die Gestalten eines Mannes und einer Frau abgebildet waren. Sie trug die Inschrift: .Lange mögen Johannes und Theodora, die Freunde Christi, leben!' Manche seien durch den Fund beunruhigt worden, einige hätten auch von Trug und Täuschung gesprochen, durch die der Besitzer des Gartens sich die königliche Gunst

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Ebenfalls durch Joh. Malalas überliefert: chron. 17 (PG 97,617. 620). VgL dazu das o. S.70f.genannte Alexanderorakel und R. E. G. D o w n e y , References to Inscriptions in the Chronicle of Malalas: Transactions and Proceedings of the Americ. PhiloL Association 66 (1935) 55/72. - Evagr. SchoL hist. eccL 4,8 (159 B i d e z - P a r m e n t i e r ) berichtet von der Überschwemmung Edessas durch den Skirtos, ohne das Orakel, das auf einem Wortspiel beruht ( Σ κ ί ρ τ ο ς - σ κ ι ρ τ ά ν ) , zu erwähnea Text bei Ε r b s e 214 f.; vgl. ebd. 129/34, bes. 133 f. - Zu den Regengüssen s. o. S. 54. Zu diesem .Limes' vgL Evagr. SchoL hist. eccL 3,38 (136 B i d e z - P a r m e n t i e r ) . Zu angeblichen Gigantengräbern s. u. S. 120 f. VgL E r b s e 94. In der Orakelsammlung Δ nr. 5 spricht Plato selbst das Orakel (221 E r b s e ; vgL ebd. 102f.). Im Mittelalter war diese Auffindungsgeschichte weit bekannt Außer den bei E r b s e 94iso nach V. G r £ c u genannten Stellen vgL Johannes Aegidius von Zamora (um 1270), Liber Mariae 7,14,13 (ungedruckt), aus dem A. M u s s a f i a , Studien zu den mittelalterlichen Marienlegenden: Sitz. Ber. Akad. Wien 119,9 (1889) 31 die Geschichte mitteilt (goldene Platte wie bei Thomas von Aquin, Summa theoL 2 - 2 q . 2a. 7 [s. auch o. S. 15f. Anm. 1 ]) und K r a n t z (s. o. S. 43 Anm. 42).

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zu erwerben gesucht habe. Kedrenos will kein Urteil abgeben. Der Fund ereignete sich zur Zeit des Kaisers Johannes Tzimiskes (gest. 9 7 6 ) 6 3 . Unter dem Namen des Georgios Scholarios, der als Gennadios II Patriarch von Konstantinopel war (gest. nach 1472), ist die Erklärung eines Orakels erhalten, das im Grab Konstantins des Großen gefunden sein soll. Nur die Anfangsbuchstaben des Textes waren angeblich auf dem Deckel des Sarkophags eingehauen. Die Prophezeiung verkündete den Untergang des oströmischen Reiches und das Ende der Türkenherrschaft 64 . Schon der Aesoproman kennt den Kunstgriff einer Folge abgekürzter Wörter, die dann gedeutet werden 6 5 . Die seelische Erschütterung, welche die Christen Ostroms zur Zeit der Eroberung Konstantinopels ergriffen hatte, zeigt auch folgende Fundgeschichte. Eine Tafel mit Prophezeiungen über sämtliche Kaiser Ostroms soll gerade zu jener Zeit zum Vorschein gekommen sein und das Ende der römischen Herrschaft vorausgesagt haben. Als Verfasser wurde Leon VI der Weise ( 8 8 6 / 9 1 2 ) ausgegeben 6 6 .

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Hist. comp. (PG 122,137 A); vgL H. G e 1 ζ e r bei Κ r u m b a c h e r a. O. (s. Anm. 8) 2,987/90. PG 160,767/73. Aesop löst die Buchstaben Α. Β. Δ. Ο. Ε. Θ. X. in dreifacher Weise auf (vit. Aesop. 78/80 P e r r y ) ; vgL Μ. H u b e r , Die Wanderlegende von den Siebenschläfern (Leipzig 1910) 256f. und R. H e r z o g , Die Wunderheilungen von Epidauros: PhiloL SuppL 22,3 (1931) 114/8, bes. 115 f. Nach ASS. Febr. 1,604 nr. 27 standen auf der Engelstafel im Grab der hL Agatha nur die Anfangsbuchstaben: M. S. S. H. D. E. P. L. (s. o. S. 70 Anm. 22 und u. S. 95). VgL Leonardus Chiensis Mitylenaeus episcopus, hist Constantinop. urbis a Mahumete II captae ad NicoL V papam (PG 159,926f.): tabula illa, quam Leoni Sapienti ascribunt, apud monasterium S. Georgii de Mangana constructa, vetusto tempore in Constantinopoli occultata mysterioso iam signo detecta iacturam demonstrat. haec, pater beatissime, cellulis distincta quadratis imperatorum ordinem successionemque ponebat, flniendum tarnen in hoc ultimo Constantino, ita quoque patriarcharum alia in longum tracta tabula ordinem praescribebat. nam ille spiritu prophetico illustratus tot cellulas flgurandorum imperatorum tabulae inscripsit, quot a primo Constantino Magno, Constantinopolis conditore, usque ad ultimam captivitatem futuri erant. in dies itaque cellulae illae repletae, unam modo et ultimam, in qua hie, sub quo urbs periit, collocandus erat, si coronatus fuisset, vacuam praetendunt (vgL auch Laonikos Chalkokondylas, de rebus Turcicis 8 [PG 159,400 C]). - Die literarische Form derartiger Orakelfälschungen müßte genauer untersucht werden. Weissagungen in Form von Regentenverzeichnissen, wie hier eins vorlag, sind öfter zu belegen. Man vergleiche etwa das von Sigebert genannte Verzeichnis der Bischöfe von Metz, das ein Engel dem hL Clemens ausgehändigt haben soll (s. o. S. 16 Anm. 1) oder das bekannte Vaticinium Mar lachiae Hiberni de papis Romanis aus dem Jahre 1590 (hrsg. von C. M i r b t , Quellen zur Geschichte des Papsttums u. des röm. Katholizismus 4 [Tübingen 1924] 353f.; vgL J. A l l e n d o r f f , Art. Malachias: LThK 6 [1961] 1323).

e) Das Motiv des Buchfundes als Stilmittel der Legende Eher als Stilmittel zur Ausschmückung einer Legende wird man die Überlieferung von der steinernen Tafel, die ein Engel der hl. Agatha ins Grab gelegt hat, zu beurteilen haben. Auf dieser Tafel, die ein Jüngling in seidenem Gewand beim Haupt der Heiligen niedergelegt haben soll, standen die Worte: Mentem sanctam, spontaneum honorem deo et patriae liberationem. Diese Tafel soll im 6. Jahrhundert nach Cremona gelangt sein; sie wurde dort auch als Mittel gegen den Blitz verwendet67.

5. Ausblick auf das Mittelalter und die Neuzeit a) Inschriften aus Heiligengräbern Während des Mittelalters suchte man nicht selten die Gebeine der Heiligen, die man entdeckt haben wollte, durch ,Funde' von Inschriften im Grabe als echt zu erweisen. Je älter die Inschrift angeblich war und je seltener die Sprache, in der sie abgefaßt sein soll, um so mehr steigt der Verdacht, daß es sich nur um ein trügerisches Spiel handelt. Wurden in Heiligenviten derartige Inschriften wörtlich mitgeteilt, so sollte dadurch der geschichtliche Wert ihrer Angaben erhöht werden. Jedoch ist auch mit einer literarischen Ausgestaltung des Motivs zu rechnen. Für derartige Inschriftenfunde seien einige Beispiele genannt, die sich gewiß vermehren ließen. Prokopios berichtet De aedificiis 1,4,9/24 über die Auffindung der Gebeine der Heiligen Andreas, Lukas und Timotheus. Beim Neubau der Apostelkirche in Byzanz unter Justinian seien die Schreine mit den eingegrabenen Namen der Apostel zum Vorschein gekommen. Sigebert von Gembloux teilt in seiner Chronik zum Jahre 758 mit: corpus S. PetroniUae, Petri apostoli filiae, α Paulo papa transponitur. in cuius marmoreo sarcofago ipsius apostoli Petri manu sculptum legebatur: AureQi)ae Petronillae dilectissimae filiae'1. Odo von Glanfeuil (9. Jahrhundert) hat die Geschichte des hl. Maurus, eines angeblichen Schülers des hl. Benedikt, gefälscht. Er behauptet, bei der Öff67

ASS Febr. l,623f. 626 A. 629 A. 639f.;s. o. S. 70 Anm. 22. - Vgl. H. D ö r r i e , Alt. Agatha: RAC 1 (1950) 179/84. Über den Zusammenhang von Blitz und Himmelsbrief s. o. S. 31 Anm. 31. 1 MG SS 6,332; vgL H. A c h e 1 i s, Acta SS. Nerei et Achillei: TU 11,2 (1893) 41 f. Zu ipsius ... manu s. o. S. 82 und u. S. 111 Anm. 2 sowie Verfasser, Literarische Fälschung, Reg. s. v. Unterschrift

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nung des Grabes des hl. Maurus am 12. Mai 845 sei neben Reliquien des hl. Stephanus ein Zettel zutage gekommen. Wörtlich sagt er: etiam membranulae vetustissimae portiuncula est inventa, cuius series diutuma oblitteratione pene deleta vix perspicacissima elucidari vahiit indagine. cuius textus tandem enucleatus haec continere repertus est: Jiic requiescit corpus B. Mauri monachi et levitae, qui tempore Theodeberti regis in Galliam venit et octavo decimo kalendas Februarii migravit a saeculo2. Otloh, Mönch des Klosters St. Emmeram in Regensburg (1010—1070), suchte mit seinen Fälschungen von Urkunden und Heiligenleben die Befreiung seines Klosters aus der Macht des Regensburger Bischofs durchzusetzen 3 . In der erfundenen Geschichte von der Übertragung der Gebeine des hl. Dionysius Areopagita nach Regensburg und der Entdeckung seiner Reliquien ist er nicht vor drei Inschriftenfälschungen zurückgeschreckt 4 . Er wollte damit den nicht wenigen Zweiflern in der Stadt Regensburg die Wahrheit seiner Fabeleien urkundlich beweisen 5 . Im Jahre 1072 soll in St. Paulin in Trier eine Bleitafel zum Vorschein ge2

ASS Jan. 2,338 nr. 22. L. Η a 1 ρ h e η, La ,Vie de Saint Maur': Rev. Hist. 30 (1905) 287/95, bes. 294 zweifelt nicht an der Echtheit der Inschrift Er meint, wenn Odo die Inschrift erfunden hätte, hätte er mindestens die Worte hinzugefügt: „Schülers des hL Benedictus". Gegen die Echtheit spricht vor allem, daß Odo die ganze Vita S. Mauri gefälscht hat; dazu kommt die sachliche Übereinstimmung mit anderen angeblichen Inschriftenfundea 3 VgL R. B u d d e , Die rechtliche Stellung des Klosters St Emmeram... : Archiv f. Urkundenforschung 5 (1914) bes. 175/94; K. H a l l i n g e r , Gorze - Kluny 1: Studia Anselmiana 22/23 (Rom 1950) 618/23; G. Μ i s c h , Geschichte der Autobiographie 3,1 (Frankfurt 1959) 99/105. 4 MG SS 30,2,823/37. 5 Die drei Inschriften lauten c. 10 (831 f.) in quo nimirum lapide, licet aliquantisper a vetustate vel calcis iniectione deletis, apertis tarnen adhuc litteris scriptum erat: ,Emmerammus Aquitanus et Dyonisius Ariopagita hie requiescunt sub Arnolfo imperatore et Odone rege';... cumque scriptura hac perlecta omnes simul, acsi e celo fuerit missa [s. o. S. 40], gauderemus ... , inventus est et lapis alius, in quo scriptum erat: ,Sub Eubulone abbate monasterii sancti Dyonisii Gisalpertus furatus est'. ... invenitur etiam lapis tertius, in quo scriptum erat: ,Quinto norms luliifuratus est. Hue venit pridie nonas Decembris tempore Tutonis episcopi'. porro tantae vetustatis erat omnium eorundem lapidum scriptura, ut absque dubio ante annorum multorum curricula, ut adhuc probari potest, videatur facta. Die drei Inschriften enthielten in nuce den ganzen Roman, so daß der Fälscher leicht behaupten konnte: cuius nimirum scripturae brevitati nichil deesse cognoscimus in hiis, quae aut nos aliquando vel alii dubitabant de saneto Dyonisio, quoniam, quis fuerit aut unde aut sub quorum regum et episcopi tempore hue translatus fuerit, in ea cernitur. sed et translationis eius diem, cuius hodiefesta recolimus, apertissime in eadem aspieimus. - Die Steine sind nuto divino gefunden worden (c. 12 [833]; s. u. S. 128 Anm. 16). 96

kommen sein, deren Inschrift gefälscht war 6 . Sie hat auf verschiedene Viten, die zur Verherrlichung und Besitzsicherung Trierer Klöster abgefaßt wurden, eingewirkt 7 . Lambertus de Legia dichtete über die Auffindung der Trierer Matthiasreliquien; daß diese von Matthias stammten, sei erwiesen marmoris indicio, quod erat sermone latino / nominis elogio grecisque notis titulatums. Die griechischen Buchstaben verraten wieder deutlich die Absicht. Ferner ist an den großen Reliquienfund auf dem Gräberfeld bei der Kirche der hl. Ursula in Köln zu erinnern, wo, wie man glaubte, einst die Gebeine der Elftausend Jungfrauen bestattet waren. Seit 1106 fand man dort vermeintliche Überreste der heiligen Märtyrerinnen und ihrer Begleiter. Abt Gerlach von Deutz und sein Küster Theoderich erdichteten dazu in den Jahren 1155 bis 1164 die einzelnen Grabtituli 9 . Abt Gerlach hat sich dann an die Seherin Elisabeth von Schönau gewandt. In ihrem Liber revelationum de sacro exercitu virginum Coloniensium (c. 4) sagt sie darüber: In tempore eodem... reperta sunt inter sepulturas virginum multa corpora sanctorum episcoporum atque aliorum magnorum virorum erantque in monumentis singulorum repositi lapides habentes titulos sibi inscriptos, ex quibus dinoscebatur, qui aut unde fuissent. Horum precipuos ac maxime notabiles transmisit ad me ex supradicta urbe prefatus abbas [sc. Tuiciensis abbas dominus G.(erlacus) ] sperans aliquid mihi per gratiam domini de eis posse revelari et cupiens certificari per me, utrum credendum eis essent, an non. Habebat quippe suspicionem de inventoribus sanctorum corporum, ne forte lucrandi causa titulos illos dolose conscäbi fecissent10. Elisabeth 6

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Vgl. Vita Felic. nr. 5 f.: ASS März 3,621 f.; Acta Thyrsi, Bonifatii et soc. nr. 18 f.: ASS Oct. 2,378; J. d e B u e : ASS Oct. 2,335/53, bes. 351 (nr. 80/2); F.W. R e t t b e r g , Kirchengeschichte Deutschlands 1 (Göttingen 1846) 108. Zweifel sind auch diesem Funde gegenüber bald laut geworden; vgL Acta Thyrsi nr. 21 a. Ο. 380: nec tarnen defuit in ipso fidelium dei collegio ecclesiae malignantis dissensio, quae haec divinae miserationis beneficia non quanta debebat reverentia suscipiebat. - Vgl. F.J. H e y e n , Die Öffnung der Paulinus-Gruft in Trier im Jahre 1072 und die Trierer Märtyrerlegende: Arch. f. mittel-rhein. Kirchengesch. 16 (1964) 23/66, bes. 25 f. VgL besonders E. W i n h e 11er, Die Lebensbeschreibungen der vorkarolingischen Bischöfe von Trier, Diss. Bonn 1935 = Rhein. Archiv 27 (1935) 64f. 66/73. 79. M. M a n i t i u s , Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 3: Handb. d. Altertumswiss. 9,2 (München 1931) 516f. hat den Trug nicht durchschaut. De vita, translatione et inventione ac miraculis S. Matthiae apostoli libri V, hrsg. von R. M. K l o o s : Trierer TheoL Stud. 8 (Trier 1958) 34. VgL außer R e t t b e r g a. O. 111/23 bes. W. L e v i s o n , Das Werden der UrsulaLegende: B o n a Jahrb. 132 (1928) (Sonderausgabe, Köln 1928) 107/25. Hrsg. von F. W. E. R o t h , Die Visionen der hl. Elisabeth und die Schriften der Äbte Ekbert und Emecho von Schönau (Brünn 1884) 124f. R e t t b e r g a. O.

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teilt im folgenden ihre himmlischen Gesichte mit, durch welche die Grabtituli in ihrer Echtheit bestätigt und inhaltlich ergänzt werden. So wußte der schlaue Abt jedem Einwand gegen die Echtheit seiner Funde zu begegnen. Die Folge dieses geglückten Betruges war ein schwunghafter Reliquienhandel. Bei der Auffindung des Leibes des hl. Apollinaris (1173) will der römische Kardinal Ddebrandus eine silberne Tafel am Haupt des Toten mit der Inschrift gefunden haben: Hic requiescit corpus beatissimi Apollinaris pontificis et martyris et episcopi. quod hic deest, in eadem ecclesia per magnam cautelam opificum [opifi cod.] repositum estn. Auf zwei anderen silbernen Täfelchen habe die Lebensbeschreibung des Heiligen gestanden. Der Wortlaut der Täfelchen wird mitgeteilt12. Aber auch hier wird wieder von Zweifeln berichtet: interea calumniatores insibilare coeperunt dicentes: unam laminam ad testimonium tantum non sufficere, cum in eius historia tribus laminis ipsius opera scripta legantur. Bei der Inventio S. Paulini primi Lucani episcopi, eines Schülers des hl. Petrus, soll im Jahre 1261 eine Inschrift ans Tageslicht gekommen sein13. Im Jahre 1330 will man zu Aquila degli Abruzzi Sarkophage mit Reliquien der Heiligen Justinus, Umbrasia, Felix, Florentinus ausgegraben haben. Inschriften gaben jeweils an, welcher Heilige in welchem Sarkophag beigesetzt war 14 . In Byzanz beglaubigte ein Zettel Kleiderreliquien der hl. Jungfrau ls . Auch in der Neuzeit sind Reliquienfälschungen durch angeblich aufgefundene altchristliche Inschriften als echt bezeugt worden. Es seien folgende Beispiele genannt: Ein Papyruszettel sicherte die Echtheit der im Jahre

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1,116f. rechnet damit, daß der Bruder der Seherin, Ekbert, Abt zu St. Florin in Schönau, die Visionen tendenziös bearbeitet habe. ASS Juli 5,362 E/F;vgL auch 331 E. Ebd. 363 D/E; 373 f. ASS Juli 3,249 nr. 16 (BHL 6556;: invenerunt marmoreum monumentum et sie scriptum: ,Hic est corpus B. Paulini, primi Lucani episcopi et discipuli Petri Apostoli, et sanctorum martyrum Severi presbyteri et Theobaldi militis'. ASS Aug. 1,43 nr. 6. Der Auffindungsbericht dürfte sehr viel jünger als die angebliche Auffindung selber sein (BHL 4587). Die hL Umbrasia ist sonst nicht bekannt Ein weiteres Beispiel aus dem 12. Jh. bespricht P. G r ο s j e a η: Anal BolL 71 (1953) 384/6 (403. 404f.). Menologium Basilii imp. (PG 117,613). - Matthaeus Paris., Historia Anglorum 1, 306 (ed. F. Μ a d d e η [London 1866]) berichtet: Anno domini MCL VI in pago Parisiacensi monasterio Argentomonio revelatione divina tunica Salvatoris inconsutilis et subfusi coloris reperta est. Quam sicut litterae cum ea repertae indicabant, gloriosa mater eius fecerat ei, dum adhuc puer esset eqs.

1491 zu Volterra aufgefundenen Reliquien 16 ; ein Täfelchen gab an, daß man am 19. September 1580 in Brixen auf die Gebeine der hl. Afra gestoßen war 17 ; verschiedene ,altchristliche' Inschriften sollen am 25. Oktober 1634 bei dem Reliquienfund der hl. Martina in Rom mitgeborgen worden sein 18 . b) Bücherfunde aus Gräbern und aus der Erde Auch das Mittelalter kannte breit ausgeführte Beschreibungen angeblicher Buchfunde. Die in der Antike erdachten Beglaubigungstopoi wurden weiter verwendet. Verschiedene Fälscher von Heiligenviten benutzten den Beglaubigungshinweis des Buchfundes, um ihren Erzeugnissen damit den Schein der Echtheit zu geben. Ihre Namen sind teilweise noch bekannt. Nadda von Gernrode (10. Jhdt.) verfaßte zu Ehren des hl. Cyriacus, dessen Arm-Reliquie Markgraf Gero (gest. 965) aus Rom nach Gernrode gebracht hatte, eine Vita 19 ; als Quelle nennt er eine angeblich in Schottland aufbewahrte Schrift des Beda Venerabiiis, den Uber miraculorum. Im 7. Jahr des Pontifikats von Papst Gregor dem Großen seien in Anwesenheit Bedas die Reliquien des hl. Cyriacus in einem alten Gebäude an der Via Ostiensis gefunden worden. Im Grab habe die Lebensbeschreibung des Heiligen gelegen, die sein Gefährte, ein Presbyter Johannes, verfaßt hätte 2 0 . Papst Marcellus habe diese Lebensbeschreibung seinerzeit dem Sarg des Heiligen mitgegeben 21 (wie beim Fund der Bücher des Königs Numa wird der ausge16 17

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Auffindung des Dulcissimus, Carissimus, Crescentius, Schüler des hl. Petrus: ASS Juli 2,257 nr. 23 f. VgL Frater Obicius Capucinus (ASS Mai 5,276 nr. 2): inventa pariter et lamella est sic inseripta: ,Hic iacet sacrum corpus sanetae Aphrae, ancillae et martyris Christi'. Die Inschriften sind ASS Jan. 1,18 abgebildet. VgL zu anderen derartigen Funden: C. Β a r ο η i u s, Annales ecclesiastici 2 (Coloniae 1624) 657 zum J. 270 nr. 9; R. d e B u c k : ASS Oct. 13,302 f. (angebliche Auffindung von Reliquien des hL Saturnius mit Inschriften am 12. und 13. Oktober 1621 in Sardinien); ASS Jul. 6,253 Ε; ASS Sept. 7,39/42. - Zu den Martina-Inschriften vgl. aber auch P. F r a n c h i d e ' C a v a l i e r i , Scritti agiografici 2: Studi e Testi 222 (Citta del Vaticano 1962) 61. VgL N. F i c k e r m a n n , Eine hagiographische Fälschung ottonischer Zeit aus Gernrode: Corona quernea, Festgabe K. Strecker (Leipzig 1941) 159/98; Text ebd. 172/9; vgl. c. 10/13. Diese Ausgabe ist im Novum glossarium mediae latinitatis. Index scriptorum (Hafniae 1957) 121 s. v. Nadda nicht verzeichnet. In mehreren Fälschungen kommt als Quelle ein Presbyter Johannes vor (s. u. S. 135'f. und 137). Nadda spielt hier auf die Überlieferungen an, nach der die Gebeine des hL Cyriacus von der Via Salaria zur Via Ostiensis gebracht worden seien. Diese Translatio gehört der Legende an; vgl. Α. P. F r u t a z , Art. Cyriacus: LThK 3 (1959) 118, dem die Vita des Nadda unbekannt ist.

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zeichnete Erhaltungszustand des Schriftstücks hervorgehoben: quasi eodem die manu alicuius scribentis esset formata). Papst Gregor habe zitternd das Buch geöffnet, dann aber die Schrift zusammen mit Reliquien des hl. Cyriacus im Altar verborgen, damit kein Mißbrauch entstehe. Am gleichen Tag habe der Papst den Inhalt jener Vita der staunenden Menge in einer Predigt verkündet. Beda habe die Papstrede aufgezeichnet. — Nadda hat diese Geschichte ausgedacht, um der Verehrung des in Gernrode bis dahin unbekannten Heiligen eine Grundlage zu schaffen. Gewiß waren irregeleitete Liebe zu dem Heiligen und der Wunsch, seinem Kloster größere Bedeutung zu erwirken, die Triebkräfte seines Handelns. Bekannter als Nadda ist der schon früher von uns genannte Otloh 22 . In seiner Translatio Dionysii Areopagitae spricht er von einem Brief, der beim Grab des hl. Emmeram in der Verfolgungszeit versteckt worden sei23. Ein späterer Bearbeiter, der ebenfalls dem Regensburger Kloster St. Emmeram angehörte, teilt einen Brief mit, den man beim Haupt des hl. Dionysius in Paris entdeckt habe 24 . Dieser Brief diente dazu, die Reliquien als echt zu beglaubigen. Schon im Jahre 1052 wurde der Brief auf Pergament abgeschrieben und Papst Leo IX gegeben, der ihn in der Kapelle Sancta Sanctorum des Lateran verwahren ließ25. - Ferner ist die Vita S. Magni zu erwähnen (10. Jhdt.? ), die Otloh stilistisch bearbeitet hat 26 . Hier wird erzählt, wie der Begleiter des hl. Magnus, Theodorus, die Lebensbeschreibung, die er angefertigt haben soll, unter das Haupt des Toten gelegt habe 27 . Ein derartiger 22 23 24

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Siehe o. S. 96. c. 8 (MG SS 30,2,830). c. 25 (MG SS 11,366). Diese weiter ausgeschmückte Tianslationserzählung ist nach S. R i e t s c h e l : Neues Arch. d. Ges. f. ältere deutsche Geschichtskunde 29 (1904) 641/51 um das Jahr 1060 verfaßt. Vgl. B u d d e a. O. (s. o. S. 96 Anm. 3) 181: „Als im Jahre 1052 Papst Leo IX. nach Regensburg kam, gab man ihm einen Schulterknochcn des angeblichen Areopagiten mit und ein Pergamentblatt, auf das man den Text eines natürlich gleichfalls gefälschten Beglaubigungsdokumentes und der Steininschriften abschrieb". Das Pergament ist noch erhalten und vielleicht von Otloh selbst geschrieben (abgebildet bei H. G r i s a r , Die römische Kapelle Sancta Sanctorum und ihr Schatz [Freiburg 19081140; vgl. ebd. 139/41). Vgl. M. C ο e η s, La vie de S. Magne de Füssen par Otloh de Saint-Emmcran: Anal. Boll 81 (1963) 159/227, bes. 174. Nr. 66 (ASS Sept. 2,755): . . . ponentes [sc. Tozzo episcopus et Theodorus] eius vitam in capite suo, scriptam virtutibus plenam sub auctoritate Theodori. Ego itaque Theodorus monachus ex monasterio S. Galli iussu Tozzonis episcopi sicut a Theodegiselo monacho sancti Columbani de tanti viri conversationibus simul cum beato Columbano comperi et post oculis meis ipse vidi et auribus audivi... plurima, sed non omnia in pittacio meo (pitatione mea cod. corrcxi;cf. Du Cange, Gloss, med. et infim. lat. 3. v. pittacium] scribere curavi et ad caput eius posui reconditum in sepulchre eqs. Vgl. Otloh, vit. Magni c. 24 (220 f. C ο e η s).

sich namentlich vorstellender Begleiter, der als Augen- und Ohrenzeuge auftritt, begegnet in vielen ungeschichtlichen Passionen der Heiligen. Er beteuert vielfach, das Leben oder wenigstens die Marter des Heiligen wahrheitsgemäß aufgezeichnet zu haben 28 . Im achten Kapitel wird von der - in Wahrheit wohl nie erfolgten - Erhebung der Gebeine unter Bischof Lanto von Augsburg (um 850) berichtet 29 . Man habe die Vita unter dem Haupt des hl. Magnus gefunden. Der Legendenschreiber spricht zwar von einem fast verfaulten Zettel (pitacium peneputidum), sagt dann aber bezeichnenderweise, die Schrift sei doch noch lesbar gewesen. Bischof Lanto habe das Schriftstück dem Mönch Ermenrich übergeben, damit dieser es verbessere und wiederherstelle. In Wirklichkeit hat Ermenrich wohl nichts mit der Vita zu tun gehabt30. Wie Matthaeus Parisiensis in den Gesta abbatum monasterii S. Albani mitteilt, fand man zur Zeit des Abtes Eadmarus (9./1 OJhdt.) bei Ausgrabungen der Römerstadt Verolamium ein kostbares Buch mit dem Leben des hl. Alban. Nachdem ein alter Priester namens Unwona den altenglischen Text gedeutet hatte und der Inhalt bekannt geworden war, zerfiel angeblich das Original in Staub31. Schließlich sei noch auf zwei weitere Passionen hingewiesen: 1. Die unechte Passio SS. Leontii, Hypatii et Theoduli endet mit der Behauptung: „Diese Gedenkschrift hat Kyros, ein Gerichtsschreiber [commentariensis], auf Bleitafeln beim Grabmal des Märtyrers niedergelegt als eine schöne Erinnerung für spätere Geschlechter in Christus Jesus unserem Herrn". - 2. Die ganz fabulose Vita S. Benedictae wurde angeblich dreihundert Jahre nach dem Tod der Heiligen in ihrem Grabe entdeckt 32 . Auch das Motiv einer Buchauffindung, das dem Mittelalter durch heidnische Schriften, wie dem vielgelesenen Diktys-Septimius (s. o. S. 55 ff.), nahegebracht worden war, wird weiterhin zu Fälschungen und Erdichtungen weltlichen Inhalts angewandt. Gervasius von Tilbury (gest. um 1220) erzählt in den ,Otia imperialia' die Geschichte, wie ein nicht näher genannter englischer Lehrer vom König Roger II von Sizilien (1095—1154) er28 29 30

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VgL PsAmbros. ep. 2 (PL 17,821/5); dazu o. S. 88 und Verf., Literarische Fälschung, Reg. s.v. Augenzeugenschaft ASS Sept. 2,757f. (= MG SS 4,426). Auch hier wieder geht der Auffindung eine Traumerscheinung voraus. VgL W. S c h w a r z , Die Schriften Ermenrichs von Ellwangen: Zeitschr. f. Württembergische Landesgeschichte 12 (1953) 181/9, bes. 185/7 und Α. ν ο η S t e i c h e 1 e , Das Bistum Augsburg 4 (Augsburg 1883) 338/69, bes. 347f.; teilweise irreführend; vgL C ο e η s a.O. 163/5. Hrsg. von H. Th. R i 1 e y 1 (London 1867) 26f.; vgl. auch W i l h e l m 322f. ASS Juni 4,462 nr. 15 (BHG 986 f.). Möglicherweise ist nr. 15 als Schlußstück erst später hinzugefügt worden. ASS Oct. 4,214 nr. 10; 217f. nr. 29.

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mächtigt worden sei, die Gebeine Vergils auszugraben 33 . Beim Haupt des Dichters habe die ars notoria cum aliis studii eius characteribus gelegen. Gervasius setzt bestätigend hinzu: „Wir selbst haben einiges aus jenem Buch durch den neapolitanischen Kardinal Johannes zur Zeit des Papstes Alexander [III ( 1 1 5 9 - 1 1 8 1 ) ] gesehen und können so die Überlieferung als wahr anerkennen". Johannes von Salisbury scheint Polycr. 2,23 auf diese Legende anzuspielen. Mit Recht bezweifelt D. C o m p a r e t t i , der die Überlieferung eingehend besprochen hat, daß man in Neapel ein angebliches Grab Vergils tatsächlich unter den von Gervasius mitgeteilten Umständen aufgedeckt h a b e K e i n zeitgenössischer Schriftsteller berichte darüber außer Gervasius. Wie C o m p a r e t t i vermutet, sollte diese Legende dienen: „ad autenticare od accreditare (come soleva farsi allora e dopo) un qualunque libro d'arti segrete, che Gervasio dice aver veduto, dando ad intendere che esso provenisse dal sepolcro di Virgilio" 35 . Mehr noch als Vergil ist Ovid im Mittelalter als Verfasser erfundener Schriften in Anspruch genommen worden 3 6 . Die umfangreichste Dichtung, die sein Name ziert, ist das drei Bücher umfassende Epos ,De vetula' 3 7 . Dieses 33

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l,112;vgl.dieAuswahlausgabevonF.Liebrecht (Hannover 1856). Die dort 160 vorgetragene Folgerung, Alexander ab Alexandra berichte die nämliche Geschichte als unlängst vorgefallen, ist falsch. Vielmehr bietet er eine gänzlich andere Fundgeschichte (s. u. S. 103ff.). VgL auch W i l h e l m 324f. Virgilio nel medio evo 2 2 (Firenze 1896) 45/9; vgL 134. 256f. - Nach einer anderen Legende, die Vergil zum Magier machte, soll er im Möns Barbarus bei Neapel unter dem Haupte Chirons ein Buch mit geheimen Wissen entdeckt haben (vgL C o m p a r e t t i a. O. 2 2 , 101 f. 134 f.). Diese Legende entspricht der Überlieferung vom Fund des Zauberbuches des Ni-noferka-Ptah und der Tabula Smaragdina (s. o. S. 87f. 74f.). C o m p a r e t t i lOlibemerkt: „Anche sulmago Eliodoro e su Pietro Barliario la leggenda ha un racconto circa il modo come si procacciarono un simile libro". - Eine ars notoria, quam creator altissimus Salomoni per Angelum suum super altare Tempil ministravit begegnet bei H. C. A g r i p ρ a von Nettesheim, Opera 1 (Lugduni o. J. [um 1600]) 603/60. VgL P. L e h m a n n , Pseudoantike Literatur des Mittelalters: Studien d. BibL Warburg 13 (Leipzig-Berlin 1927, Nachdruck Darmstadt 1964) und F. M u n a r i , Ovid im Mittelalter (Zürich-Stuttgart 1960). VgL D. M. R ο b a t h a n, Introduction to the Providian De Vetula: Transactions and Proceedings of the Americ. PhiloL Association 88 (1957) 197/207; M u n a r i a. O. 24 f.; Ε. F r e n z el, Gefälschte Literatur: Archiv f. Geschichte d. Buchwesens 4 (1962) 734. Zum Prooemium von De vetula vgL B. N o g a r a , Di alcune vite e commenti medioevali di Ovidio: Miscellanea Ceriani (Milano 1910) 431; F. G h i s a l b e r t i , Mediaeval Biographies of Ovid: Journ. Warburg Inst. 9 (1946) 50f.; dort die Stelle: in capite vero sepulcri capsella eburnea inventa est, et in ea liber iste nulla vetustate consumptus, cuius litteras non agnoscentes indigene miserunt eum Constantinopolim Vathasii pnncipis tempore, cuius mandato Leoni sacri palacii prothonotario traditus est, et ipse eum perlectum publicavit et ad multa climata derivavit. - P. K l o p s c h , Pseudo-Ovidius, De vetula, Untersuchun-

Gedicht, angeblich eine Selbstdarstellung Ovids, soll ihm in Tomi mit ins Grab gelegt worden sein. Die Vorrede berichtet, wie es während der Regierung des byzantinischen Kaisers Vatachius (d. i. Johannes III Dukas Vatatzes 1222-1254), der in Nizäa regierte, aufgefunden wurde. Roger Bacon hat das Werk noch unbefangen benutzt; erst Petrarca hat die Erfindung gebrandmarkt 38 . Die Vermutung, daß Richard de Fournival der wahre Verfasser sei, scheint sich nicht bewährt ?u haben 39 . Freilich wird man hier wohl nicht von einer Fälschung sprechen dürfen; vielmehr scheint eine rein literarisch gemeinte Erfindung vorzuliegen40. Die Beglaubigung der Echtheit des Buches durch den Bericht über dessen Auffindung war fur Fälscher ein allzu wohlfeiles Mittel, als daß es nicht auch das Mittelalter überlebt hätte. Besonders in den Ländern des Mittelmeergebietes hat man zur Verwirklichung politischer und religiöser Absichten weiterhin mit diesem Trug gearbeitet. Neue Ziele kamen in der Neuzeit hinzu. Christliche Missionare haben die Erwähnung eines Buchfundes gelegentlich als Mittel benutzt, um das Christentum in außereuropäischen Ländern erfolgreicher zu verbreiten. Der neue Stand der Humanisten und Altertumsfreunde ließ solche Fälschungen aus wissenschaftlichem Ehrgeiz entstehen. Das Nationalbewußtsein und die Kolonialpolitik waren die Voraussetzung für Fälschungen aus übersteigertem patriotischen Gefühl. Jedoch wurde durch die neuerwachte geschichtliche Kritik zumeist verhindert, daß der Glaube an solche Fälschungen lange anhielt. Seit dem 18. Jahrhundert wurde der Buchfund mehr und mehr zum Stilmittel Uterarischer Erfindungen. Als einzigartiges Gebilde ragt aus der Fülle dieser Fälschungen und Mystifikationen das Buch Mormon hervor, das eine religiöse Offenbarungsurkunde sein will. Um die Lebenskraft des Motivs sichtbar zu machen, seien hier einige aufschlußreiche Beispiele aus der nachantiken Zeit aufgeführt. Schon der erste vorgetäuschte Buchfund im Zeitalter der Renaissance, der alle wesentlichen Züge, wie sie das Altertum entwickelt hat, aufweist, ist von kritischen Zeitgenossen als Fälschung entlarvt worden. Die verschiedenen sich widersprechenden Berichte, die für diesen Fund vorliegen, seien hier ausführlicher behandelt.

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gen und Text: Mittellateinische Studien u. Texte 2 (Leiden-Köln 1967) 17f. 193f. Noch nicht zugänglich war mir die neue Ausgabe des PsOvid, De vetula, von D. M. R o b a t h a n (Amsterdam, Α. M. Hakkert 1968). VgL R o b a t h a n , Introduction 1 9 8 s ; K l o p s c h a. O. 78/81. 83. VgL Κ 1 ο ρ s c h a. O. 84/99. Vgl. Verf., Literarische Fälschung, Reg. s. v. Mystifikation. - Andere Beispiele aus der französischen und deutschen Literatur des Mittelalters nennt W i l h e l m 286/9. 326/39; vgL ferner G a n s z y n i e c , Archiv 35 3 f.

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Der neapolitanische Jurist Alessandro Alessandri (um 1461—1532) sucht in seinem Werk ,Genialium dierum libri sex' durch Beispiele zu erweisen, daß zukünftiges Unheil durch Zeichen vorherverkündet wird. Als ein solches wunderbares Zeichen nennt er eine Prophezeiung, die den Untergang des Königreiches Neapel vorherverkündet habe 41 . Der hl. Cataldus von Tarent sei, als noch tiefer Friede in Neapel herrschte, einem Geistlichen mehrmals im Traum erschienen und habe ihn aufgefordert, ein von ihm geschriebenes Buch, das er zu Lebzeiten an einem verborgenen Platze versteckt hatte, auszugraben und sofort dem König zu überbringen42. Da der Priester dieser Erscheinung nicht ohne weiteres glaubte, sei der Bischof ihm mehrfach im Schlafe, dann aber auch sinnfällig in der Kirche entgegen getreten und habe ihm mit Strafe gedroht, wenn er nicht sogleich dem erteilten Befehle nachkomme. Am folgenden Tage sei der Priester in feierlichem Zugein Anwesenheit des Volkes zu dem bezeichneten Versteck gegangen und habe das Buch, das mit Bleitafeln bedeckt und mit einem Schlüssel verschlossen war, gefunden 43 . Das Buch habe dem Königreich Neapel schlimmes Unheil verkündet. Während Alessandro Alessandri außer Cataldus keinen Namen anführt, bieten die Acta Sanctorum noch folgendes: Die Erscheinungen seien am 8. April 1492 dem Diakon Raphael Cucera zuteil geworden; das Buch aus Blei müsse König Ferdinand verschlossen übergeben werden, andernfalls drohe dem Reich Verderben44. Der schlichten Erzählung des Alessandri, die in der Art der mittelalterlichen Legenden gestaltet ist, steht der kritische Bericht gegenüber, den der berühmte neapolitanische Dichter und Staatsmann Giovanni G. Pontano (1426—1503) demselben Ereignis gewidmet hat. In seinem 1499 erschienenen Werk ,De sermone' fuhrt er diesen Buchfund als Beispiel einer bestimmten Art der Täuschung an 45 . Der ungebildete, freche und anmaßende Frater Franciscus Hispanus habe auf der Kanzel zu behaupten gewagt, daß er seine Predigt der Offenbarung eines Engels verdanke, daß er auf des Engels Geheiß Zukünftiges vorhersagen solle und daß er anzugeben vermöge, wer im Himmel und wer in der Hölle sei. Die Wirklich41 42 43 44

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3,15 (Francoforti 1594) 368. Zu Alexander ab Alexandio vgL Ε. G i n g u e n 6 : Biogr. Univers. 1 (Paris o. J. [um 1855]) 395f. Cataldus von Tarent ist eine legendäre Gestalt; vgl. F. Ο' Β r i a i n: Diet hist, et degeogr. eccl6s. 11 (1949) 1490f. Man sieht, wie hier zwei verschiedene Buchformen, die antike Bleitafel und der Foliant des Mittelalters, zu einer Mischform verbunden sind. ASS Mai 2,574f.: De inventione linguae S. Cataldi et libri ab eo scripti (nr. 38). Bartholomaeus M o r o n u s ( M o r o n i ) , Vita S. Cataldi e miracoli di S. Cataldo vescovo (Napoli 1779) war mir nicht zugänglich. 2,17,7 (edd. S. L u p i - A. R i s i c a t o [Lucani 1954] 80f.).

keit aber sah anders aus: Da der König Ferdinand sich nicht zu einer Judenverfolgung habe überreden lassen, sei jener Frater schließlich auf folgenden Trug verfallen: In der Nähe von Tarent verbarg er in einer halbverfallenen Kapelle unter der Wand eine Bleitafel, die er zuvor beschrieben und mit dem Namen des Cataldus versehen hatte. Nach drei Jahren sorgte er dafür, daß man sie fand. Dem Priester sagte er, Cataldus sei ihm im Schlaf erschienen und habe ihm gezeigt, wo die Tafel verborgen sei; auch habe er ihn gemahnt, sie in Anwesenheit des Volkes und der Priester auszugraben und darauf zum König zu bringen, der den Inhalt seinem treuesten und besten Diener anvertrauen solle. Für den Fall, daß er dem Inhalt der Tafel nicht folge, drohe Gott mit Verderben. In dunkler Rede habe die Botschaft gelautet, die Juden müßten vertrieben werden. Wie Pontano weiter berichtet, hat der König den Trug sogleich durchschaut, ließ aber den Frater Franciscus nicht rufen, sondern hielt alles geheim. Der Frater habe seinen Zorn auf der Kanzel in wüsten Schimpfreden ausgetobt, so daß selbst der Papst in Rom beunruhigt gewesen sei. Pontano überzeugt durch seinen nüchternen, aber doch immer anschaulichen Bericht. Verschiedene Einzelheiten stimmen mit Alessandris Angaben überein, werden aber anders erklärt. Den beiden gegensätzlichen Darstellungen hegen jedoch nicht zwei verschienene Anschauungsformen zugrunde, die sich etwa durch die Begriffe von »mythisch-religiös' und aufgeklärtrationalistisch' erfassen ließen. Pontano schildert vielmehr, wie mit Hilfe eines bewußten Betruges ganz bestimmte Absichten durchgesetzt werden sollten. Bei Alessandri ist daraus eine erbauliche Legende geworden. Um einen ähnlichen kritischen Bericht zu finden, müssen wir bis zu Lukians Alexandros zurückgehen. Auch hier hat ein Zeitgenosse den religiösen Trug eines Schwindelpropheten aufgedeckt 46 . Im folgenden seien noch einige andere Buchfunde der Neuzeit aufgezählt. Von einiger Bedeutung für die spanische Kirchengeschichte waren die im Jahre 1595 angeblich auf dem Monte Sacro bei Granada gefundenen achtzehn frühchristlichen Schriften. Sie waren in lateinischer, spanischer (!) und arabischer (!) Sprache auf Bleitafeln eingeritzt und trugen zum Teil den Namen erdichteter Schüler des hl. Jakobus (Thesiphon, Caecilius) 47 . 46 47

Siehe o. S. 77. Pontano hat die Werke Lukians gekannt VgL ASS Mai 7,280; P. B. G a m s , Die Kirchengeschichte von Spanien 1 (Regensburg 1862, Nachdruck Graz 1956) 178/83 und d e S a n t o s O t e r o 26 (mit Literatur). - Ein neutestamentliches Apokryphon, das in Italien im 16. Jahrhundert entstanden ist, die Sententia Pilati, beginnt mit einer ähnlichen Fundgeschichte (ed. E. F. S u t c l i f f e : Catholic Biblical Quarterly 9 [1947] 436/41; abgedruckt auch bei d e S a n t o s O t e r o 533/5). Dieses Urteil des Pilatus soll 1580 in Aquila degli Abruzzi (s. o. S. 98) unter antikem Marmor in einem eisernen Kasten

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Auch hier erfolgte, wenn auch spät, die öffentliche Verurteilung: 1641 durch Urban VIII und 1 6 8 2 durch Innozenz XI. Hermicus Caiadus, ein Schüler Angelo Polizianos, wurde beschuldigt, in Portugal einen Sibyllenspruch gefälscht zu haben, den er angeblich auf eine Marmorsäule einritzte und dann ausgraben ließ. Dadurch sollte die Kolonialpolitik des Königs Emanuel in Indien unterstützt werden 4 8 . Die neuerwachte Liebe zur altitalischen Vergangenheit verbunden mit patriotischem Eifer ließ die Fälschung der ,Etruskischen Altertümer' entstehen. C. Inghirami, vielleicht selbst das Opfer eines Betruges, will sie auf seinem Gut bei Fiesole ausgegraben haben 4 9 . Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung besonders mit Leone Allacci war die Folge 5 0 . Diese Fälschung hatte jedenfalls das Verdienst, die wissenschaftliche Erforschung des antiken Buchwesens angeregt zu haben.

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entdeckt worden sein. Angeblich war es in hebräischer Sprache abgefaßt. - Zu einer ähnlichen hagiographischen Fälschung aus Spanien vgl. B. d e G a i f f i e i : Anal. Boll. 51 (1933) 305. VgL Gaspar V a r r e r i u s ( B a r r e i r o s ) , Censura in quendam auctorem qui sub falsa inscriptione Berosi Chaldaei circumfertur (Romae 1598) 15f. B a r r e i r o s selber hat den Trug durchschaut. Die Inschrift wurde sogleich zum König gebracht; er läßt sie abschreiben und im Archiv verwahren (s. u. S. 117). Wie B a r r e i r o s weiter berichtet, wurde der Sibyllenspruch nach Frankreich und Deutschland verbreitet und als Flugblatt mit einer ausgeschmückten Einleitung versehen. Als Datum der Entdeckung wird hier der 9. August 1505 genannt. VgL A. M o m i g l i a n o , Enrico Caiado e la falsificazione di CIL 2,30*: Athenaeum NS. 42 (1964) 3/11 = ders., Terzo contributo alla storia degli studi classici (Roma 1966) 111/9. - A . K r a n t z , Ecclesiastica historia sive metropolis (Basileae 1568) 1. 8,13 S. 238 Β berichtet von folgendem Orakelfund: Zur Zeit des Streites zwischen Friedrich II und seinem Sohn Heinrich VII, der vom Papst als deutscher König unterstützt wurde, erlitt der österreichische Herzog von den Ungarn eine Niederlage und das Land blieb ohne Fürst: unde hi versus in quodam loco Austriae in lapide sunt inventi coelatura veteri: ,Αηηο milleno centeno terque triceno, / his quinquaginta si misces, tunc bene disces, / Austria quod tota sit principibus viduata / terraque cornuto discat servire tributo'. Geb. 29. Dezember 1614; gest. 23. Dezember 1655. L e o A l l a t i u s , Animadversiones in antiquitatum etruscarum fragmenta ab Inghiramio edita (Parisiis 1640; Romae 1642); ferner: Bennonis Durkhundurkhi Slavi in Spenti accademici sepulti epistolam ,Pro Antiquitatibus Etruscis Inghiramiis': adversus Leonis Allatii, contra easdem animadversiones examen (Coloniae 1642); auch diese 126 Seiten umfassende geistvolle Entgegnung stammt von L. A l l a c c i ; vgL ferner H. E r n s t , Variae observationes ad antiquitates Ethruscas (Amstelodami 1639). Trotzdem gab sich Inghirami nicht geschlagen; er antwortete mit dem umfangreichen Discorso sopra l'opposizioni fatte all' Antichita Toscane (Firenze 1645). - Um gelehrt zu scherzen, hat Paris de Grassis ein Epitaph auf sein Maultier vergraben und finden lassen; vgl. J. M a b i l l o n - M . G e r m a i n , Museum Italicum 1,1 (Luteciae Parisiorum 1687)176.

Zu Zwecken ihrer Missionspropaganda haben Jesuiten 1625 in Siganfü, der Hauptstadt des Königreiches Schensi in China, einen bedeutenden literarischen Betrug durchgeführt. Athanasius Kircher hat darüber ausführlich berichtet; freilich glaubt er an die Echtheit der ,ausgegrabenen' Tafel 5 1 . Bis ins 19. Jahrhunder leben die alten Formen weiter: Eine politisch wirkende Schrift ist der Mekkabrief, der angeblich durch ein Traumgesicht am Grabe des Propheten Mohammed entdeckt wurde 5 2 . Vielfach sind unechte Inschriften durch eine Fundgeschichte als echt ausgegeben worden S 3 . In der literarischen Erfindung, also im Roman, k o m m t der Buchfund o f t als Einkleidung, seltener - wie etwa bei Gustav Freytag, Die verlorene Handschrift — als Gegenstand einer Erzählung vor 5 4 . Der bedeutendste und folgenreichste angebliche Buchfund der Neuzeit ist zweifellos das Buch Mormon des Joseph Smith (geb. 23. Dezember 1805;

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China monumentis illustrata (Amstelodami 1667) 4/45. Den sechsten Teil seines Folianten über China hat A. Kircher dieser offenkundigen Fälschung gewidmet. Wie C. Inghirami a. O., so gibt auch er eine genaue Abbildung des betreffenden .Denkmals' (ectypon monumenti Sinico-Syriaci [nach S. 12]). Die angebliche Steininschrift bezeugt Christen in China für die Zeit von 782 n.Chr. Aus dieser Fälschung läßt sich manches über die Methoden der Chinamission lernen. Vielleicht übrigens hat A. Kircher selbst mit Hilfe einer Fundgeschichte eine musikgeschichtliche Fälschung verübt Er behauptet, eine antike Melodie zu Pindars erster pythischer Ode in der Klosterbibliothek San Salvatore dei Greci zu Messina gefunden zu haben (veröffentlicht in seiner Musurgia universalis sive Ars magna consoni et dissoni 1 [Romae 1650] 541 f.). Kircher weiß sehr wohl, wie bedeutungsvoll sein Fund ist: r e s . . . uti incognita ita et desideratissima. Die Echtheit ist umstritten; vgL W. V e t t e r , Art. Griechenland: Musik in Geschichte und Gegenwart 5 (1956) 851. 862f.; Faksimile der Melodie 841 f. Vgl. C. H. B e c k e r , Materialien zur Kenntnis des Islam in Deutsch-Ostafrika: Der Islam 2 (1911) 43/7 und S t u b e 40f. VgL P. B. G a m s , Die Kirchengeschichte von Spanien 1 (Regensburg 1862, Nachdruck Graz 1956) 391 f. zu einer angeblich 1857 ausgegrabenen Säuleninschrift; vgL ferner Α. Β ο e ck h, De titulis Melitensibus spuriis: Ges. Kleine Schriften 4 (Leipzig 1874) 365 sowie S. d e R i c c i , Notes d'Spigraphie egyptienne: Bulletin de la Soc. Arch£oL d'Alexandrie 11 (1909) 346/9 über angebliche Inschriften des im 19. Jahrhundert tätig gewesenen berüchtigten Fälschers Constantin Simonides. Gustav Freytag, Gesammelte Werke 6/7 (Leipzig 1887). - VgL ζ. B. Abbe Gabriel Brizard, Fragment de X&iophon nouvellement trouve dans les ruines de Palmyre par un Anglois et depose au Museum Britannicum a Londres, traduit du grec par un Franqois et lu ä Fassembl6e publique du MusSe de Paris, du jeudi 6 Mars 1783 (Paris 1783) 52 Seiten, eine geistvolle Spielerei mit der Maske ohne die Absicht der plumpen Fälschung. - Sholem Ash, The Nazarene (Wien 1950) wandelt das Motiv charakteristisch ab. 107

erschossen am 27. Juni 1844) s s . Hier ist das Motiv der vergrabenen und wiederaufgefundenen Tafeln mit der Vorstellung der von Gott oder seinem Boten übergebenen Offenbarungsurkunde verknüpft. Smith hat über die Umstände, wie er in den Besitz der Offenbarung gekommen ist, in seiner Lebensbeschreibung berichtet. Die entscheidenden Abschnitte sind in den neueren Ausgaben des Buches Mormon abgedruckt 56 . Wie Smith behauptet, ist ihm nach einer vorangegangenen Gotteserscheinung in der Nacht des 21. September 1823 der Engel Moroni dreimal (!) erschienen und hat ihn aufgefordert, im Hügel Cumorah nahe dem Dorfe Manchester bei Palmyra (Ν. Y.) nach goldenen Platten zu suchen. Mit Hilfe der ebendort verborgenen beiden Steine Urim und Thummim sollte er sie übersetzen 57 . Nach einer weiteren Erscheinung des Engels am folgenden Tag findet er die Platten in einem steinernen Behälter unter einem Stein 58 . Er durfte sie aber noch nicht an sich nehmen. Erst nach vier Jahren, am 22. September 1827, erlaubte ihm dies der Engel. Danach beginnt er mit der Übersetzung. Als sie vollendet war, nimmt der Engel die Platten wieder weg S9 . In den Ausgaben des Buches Mormon stehen vor dem Text Zeugnisse von drei Augenzeugen, welche die Tafeln in der Hand des Engels während einer gemeinsamen Vision gesehen haben wollen, sowie die Versicherung von acht weiteren Zeugen, daß ihnen J. Smith die Tafeln gezeigt habe 60 . Die Platten enthielten in Form von Ich-Erzählungen fiktiver Personen der Vorzeit, ζ. B. des Nephi, des Propheten Mormon, die Geschichte der früheren Bewohner Amerikas, der nach der babylonischen Sprachverwirrung eingewanderten Jarediten sowie der um 600 v. Chr. aus Israel gekommenen Nephiten und Lamaniten. In der Schar der Nephiten konnten sich nur Mormon, der letzte der alten Propheten, und sein Sohn Moroni vor der Vernichtung durch die Lamaniten, die Indianer, retten. Sie verfaßten das Buch Mormon als verpflichtende Urkunde für die späteren Einwanderer Amerikas. Auch Offenbarungen des auferstandenen Christus an die 55

The Book of Mormon. An Account Written by the Hand of Mormon upon Plates taken from the Plates of Nephi, translated by Joseph Smith author and proprietor (Palmyra 1830). Der Zusatz .author and proprietor' wurde in den folgenden Auflagen aus naheliegenden Gründen weggelassen. - Die angebliche Übersetzung ist ein beliebter Kunstgriff der Fälscher; vgL Verf.: JbAC 11/12 (1968/69) im Druck. Smith selbst .übersetzte' im April 1829 ein Pergament, das der Apostel Johannes geschrieben und verborgen haben soll; vgL Eduard M e y e r , Ursprung und Geschichte der Mormonen (Halle 1912) 61.

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Ich benutze die Ausgabe Salt Lake City, Utah 1950. Vgl. M e y e r a. O. 9. 17/ 28. 33/61. VgL R. P r e s s , Art. Urim und Thummim: Biblisch-historisches Handwörterbuch 3 (1966) 2066 f. Siehe o. S. 23ff. 42 Anm. 4 2 und u. Anm. 62. Siehe o. S. 16 Anm. 2 zu Hermas. Zur Kritik dieser Angaben vgl. M e y e r a. O. 21/8.

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Nephiten wurden mitgeteilt. J. Smith hat so eine Bibel für Amerika geschaffen, die das Alte und Neue Testament zu ergänzen sucht, in Wahrheit aber sehr abweichende theologische Lehren enthält 61 . Innerhalb des Buches Mormon, das aus fünfzehn Einzelschriften besteht, unter denen wiederum eins als ,The Words of Mormon' und ein anderes als 'Book of Mormon' begegnen, wird häufig von den Tafeln gesprochen, ζ. B. 1. Buch Nephi c. 3 ff. oder ,Worte Mormons' § 3: „And I [d. i. Mormon] found these plates, which contained this small account of the prophets from Jacob down to the reign of this king Benjamin, and also many of the words of Nephi" usw. So ist das Motiv des Buchfundes auch innerhalb der Offenbarungen zu einer wichtigen Beglaubigungsart geworden. Auch in der Umwelt von Smith ist der Buchfund — als literarische Erfindung und als Fälschung — vorgekommen. Möglicherweise hatte Smith von einem Roman des Solomon Spaulding (1761—1816) The Manuscript found gehört 62 . Smith hat sich auch über die Buchstaben, die auf den Tafeln verwendet waren, geäußert; er nannte die Schrift .reformed Egyptian' und hat einige Reihen dieser angeblichen Schrift mitgeteilt, die sogenannten Caractors 63 . Vor dem Hintergrund unserer bisherigen Darlegungen erscheint dieser Hinweis auf Ägypten recht eigentümlich 64 . Ed. M e y e r hat durch seine Forschungen und den aufschlußreichen Vergleich mit der Geschichte Mohammeds und seiner Offenbarungen zeigen können, daß J. Smith nicht als gemeiner Betrüger zu verurteilen ist. Trotz dem großen geistigen Abstand von Mohammed kann man dem ungebildeten, sprachlich ganz unbeholfenen amerikanischen Propheten religiöses Erleben nicht absprechen. Daß er religiöses Charisma besessen hat, zeigt die Wirkung auf seine Umwelt und beweist die Geschichte seiner neuen Kirche. Die drei Zeugen, die feierlich die Echtheit der Übersetzung der Platten des Engels Moro61 62

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VgL K. A l g e r m i s s e n , Konfessionskunde 7 (Celle 1957) 827/42, der allzusehr auf die krankhafte Veranlagung des J. Smith hinweist (s. u. Anm. 65). VgL M e y e r a. O. 44f. Nach der literarisch gemeinten Einkleidung soll die Handschrift in einer Kiste unter einem Stein auf dem Gipfel eines befestigten Hügels entdeckt worden sein. Inhaltlich lassen sich außer der Ich-Erzählung keine Berührungspunkte feststellen. Der Roman wurde erst 1886 gedruckt. S. auch o. S. 108 Anm. 58. — Zu den Buchfunden in Amerika, die von Fälschern vorgetäuscht wurden, vgL M e y e r a. O. 40 Abgebildet bei Μ e y e r a. O. Taf. nach S. 36 und bei G. L a η c ζ k ο w s k i, Heilige Schriften: Urban-Bücher 22 (Stuttgart 1956) Abb. 37. - Zu den tollsten Einfällen des Propheten gehört folgender: 1835 gelangte er in den Besitz zweier ägyptischer Totenpapyri. Er deutete sie als das ,Buch Abrahams', vom Patriarchen mit eigener Hand während seines ägyptischen Aufenthaltes geschrieben, vgL M e y e r a. O. 64f.; Α l g e r m i s s e η a.0. 8 3 0 i 4 . Siehe u. S. 112ff.

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ni durch Smith beteuert haben, sind ihren Aussagen bis zum Tode treu geblieben, obwohl sie schon lange zuvor aus der Kirche ausgestoßen waren und die Feinde der Mormonen kein Mittel ungenutzt ließen, von ihnen gegenteilige Aussagen zu erhalten. Die Vorstellung von einem in wunderbarer Weise aufgefundenen Offenbarungsbuche hat somit bei Smith noch einmal dasselbe ergeben, was im Altertum bei der Vergegenwärtigung von göttlicher Offenbarung bei Männern wie Moses, Minos, Numa und anderen entstanden ist: ,echte' religiöse Pseudepigraphie 6S.

6. Die Herkunft des Motivs ,Das Buch im Grab' Den Inhalt der zuvor besprochenen heidnischen und christlichen Schriften bilden in der Regel religiöse Offenbarungen. Auch politisch wirkende Fälschungen, die als Buchfunde ausgegeben wurden, benutzen die religiöse Einkleidung als Werbemittel. Im Sinne des Altertums wollten diese Schriften insgesamt als iepai βίβλοι gelten1. Ihr Inhalt und die Art, wie sie bekannt wurden, zeugen von außergewöhnlicher Herkunft. 65

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Vgl. Verf.: JbAC 8/9 (1965/66) 88/125. Dort haben wir zu zeigen versucht, daß der Begriff der ,echten religiösen Pseudepigraphie* angewandt werden muß, um eine bestimmte Art der Pseudepigraphie, die gleichsam unter höherem Zwang zustandegekommen ist - man denke an die Apokalyptiker und an bestimmte Orakel - , von der Fälschung und der literarischen Erfindung abzugrenzea Nicht der literarische oder religiös-ethische Gehalt entscheidet, ob in einem bestimmten Fall ,echte religiöse Pseudepigraphie' oder eine Fälschung im Gewand eines religiösen Pseudepigraphons vorliegt, sondern die Feststellung, ob der Schriftsteller glaubte, bei der Abfassung seines literarischen Werkes nur als Werkzeug seines Gottes gehandelt zu haben oder ob er aus außerliterarischen Absichten täuschen wollte. Den subjektiven Glauben an die Inspiration durch Gott muß man aber J. Smith zubilligen, wie die Untersuchung von Ed. M e y e r gezeigt hat (vgL bes. ebd. 53). Zudem zeigt seine religiöse Bewegung in zahlreichen Punkten, wie Zungenreden, Visionen, Heilwundern, eine auffallende Übereinstimmung mit dem Anfang anderer Religionen. J. Smith war ein Religionsstifter und Prophet Da das Ethos seiner Botschaft sehr geringen Gehalt hat und er selbst den Rang etwa eines Mohammed bei weitem nicht erreicht, kann leicht der falsche Schluß gezogen werden, er sei nur ein pathologischer Betrüger gewesen. Insofern kann ich P. M e i n h o l d , Die Anfänge des amerikanischen Geschichtsbewußtseins: Saeculum 5 (1954) 65/86, bes. 70 nicht beipflichten, der das Buch Mormon als die kühnste geschichtliche Fälschung bezeichnet, welche die Neuzeit hervorgebracht habe (beifällig von A l g e r m i s s e n a.O. 829 angeführt); vgL auch Ρ. Μ e i η h ο 1 d, Ökumenische Kirchenkunde (Stuttgart 1962) 575/8. Dieser Ausdruck ist von Plutarch, Numa 22 für die Numabücher gebraucht worden.

Der Ursprung keiner der betrachteten griechischen und römischen Fundgeschichten reicht über die Zeit des 4. Jahrhunderts vor Christus hinaus. Mancher Bericht will zwar, gemessen an den genannten Personen, älter scheinen, ist es aber nicht. Wir haben es also mit einer jüngeren Erscheinung zu tun, die ihrer Eigenart nach in die hellenistische Zeit gehört. Diese Auffassung wird durch die Tatsache gestützt, daß meist eine Offenbarung den Inhalt des ausgegrabenen Buches bildet. Erst während des Hellenismus ist die griechische Welt in verstärktem Maße durch orientalische Offenbarungsreligionen geprägt worden. Die angebliche Auffindung von Offenbarungsurkunden gehörte zu den Mitteln östlicher Religionspropaganda. Man suchte dadurch Zweifeln zu begegnen, weshalb die göttliche Botschaft erst jetzt verkündet wird und nicht schon immer bekannt war. Der Hieros Logos der Offenbarung war im Orient nicht nur in Buchform niedergelegt, sondern auch als Inschrift auf heilige Stelen eingemeißelt worden. Das Land der Stelen ist neben Assur und Babylon vor allem Ägypten 2 . Die Auffindung von Steleninschriften ist gewissermaßen eine besondere Art von Buchentdeckungen3. Ein bezeichnendes Beispiel bietet Euhemeros in seiner heiligen Chronik4. Um beim Leser Glauben zu gewinnen, gibt er neben der Augenzeugenschaft an, daß sein Wissen auf inschriftlichen Aufzeichnungen von der Hand des Zeus und des Hermes beruhes. Er will im Tempel 2

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VgL ζ. B. Herodot 2,102/6 (die Stelen des Sesostris) und den Isishymnus von Andros v. 4 (hrsg. von W. P e e k [Berlin 1930]). - Auf persische Vorbilder geht die von Mar Abas von Mtsurn gefundene Säuleninschrift in der Stadt Mtsbin (d. i. Nisibis), der Residenz des Königs Sanatruk, zurück. Die Aufschrift teilt er mit: „Ich, der Schreiber Agathangelos, habe auf diese Säule mit meiner Hand geschrieben [s. o. S. 95 Anm. 1 ] die Jahre der ersten Könige von Armenien. Auf Befehl des Helden Trdat entnahm ich dem königlichen Archive, was du gleich nachher an seiner Stelle als Abschrift liesest"; vgL P. V e t t e r , Das Buch des Mar Abas von Nisibis: Festgruß an R. von Roth (Stuttgart 1893) 84f. 862. 88 hält diese Überlieferung, die Sebeos, ein armenischer Geschichtsschreiber des 7. Jh. mitteilt, für geschichtlich; P. N. A k i η i a n, Die Reihenfolge der Bischöfe Armeniens des 3. und 4. Jahrhunderts ( 2 1 9 - 4 3 9 ) : AnaL Boll 67 (1949) 74 meint, das Geschichtswerk des Faustus von Byzanz habe mit dieser Inschrift begonnen. Richtig hat R. G a n s z y n i e c , Archiv 353 erklärt, daß Buchauffindung und Entdeckung eines heiligen Textes auf einer Stele im Grunde nur zwei verschiedene Formen der gleichen Sache sind. 'Upä άνα-γραφή, übersetzt R o h d e mit .Heilige Urkunde'; vgL F. S u s e m i h l , Geschichte der griechischen Litteratur in der Alexandrinerzeit 1 (Leipzig 1891, Nachdruck Hildesheim 1965) 3 1 7 3 S und N o r d e n 8 5 t . VgL die Stellen bei J a c o b y , Art. Euemeros: PW 6 (1909) 958,36£ 961,40ff. 965,54/8. Dieser Topos kennzeichnet einen großen Teil der gefälschten Literatur. VgL E. S t e m p l i n g e r , Das Plagiat in der griechischen Literatur (LeipzigBerlin 1912) 98; O. S c h i s s e l v o n F l e s c h e n b e r g , Novellenkränze Lukians: Rhet. Forsch. 1 (Halle 1912) 88f. 98/100 und H a r t k e 27. 31 f. Lukian ver-

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des Zeus Triphylios eine goldene Säule mit einer Inschrift in sogenannten panchaiischen Buchstaben gefunden haben. Diese Schriftart ist wie die ganze Erzählung erdichtet. Aus der Inschrift gehe hervor, daß Uranos, Kronos und Zeus ursprünglich Menschen und zwar Könige gewesen seien. Gemäß dieser angeblichen Quelle schildert Euhemeros die Geschichte der später vergöttlichten Familie. Dazu erfand er, daß Hermes auf der gleichen Säule auch noch die Taten Apollos und der Artemis hinzugefügt habe6. Wie die Auffindungsgeschichten im Altertum vielfach keinerlei Zweifel erregten, so hatte auch Euhemeros mit seiner Erzählung weitgehend Erfolg7. R. R e i t z e n s t e i n hat den ägyptischen Ursprung dieser Einkleidung der Offenbarungsgeschichte verfochten 8 . Ägypten ist in besonderer Weise das Land uralter, heiliger Überlieferungen. Entdeckungen heiliger Texte in Gräbern oder auf alten Stelen werden dort häufig erwähnt9. Einige Beispiele, die sich leicht vermehren lassen, seien angeführt: Vom Zweiwegebuch wird gesagt: „Diese Schrift war unter den Sohlen des Thot". Von einer altertümlichen, medizinischen Abhandlung heißt es: „Gefunden unter alten Schriften in einer Bücherlade, die sich unter den Füßen des Anubis in Letopolis befand" 10 . Im ägyptischen Totenbuch wird in Kapitel 33 berichtet: „Dieser Spruch war in Schmun gefunden unter den Füßen der Majestät dieses erhabenen Gottes auf einem Blocke von oberägyptischem Granit in der Schrift des Gottes s e l b s t . . . " und in Kapitel 64: „Dieser Spruch wurde in Schmun gefunden auf einem Block von Sandstein . . . ausgemalt mit echtem Lapislazuli, unter den Füßen dieses Gottes" 11 . Die sogenannte Metternichstele überliefert gleichfalls einen Fundbericht 12 . In einer demotischen Erzählung behauptet ein ägyptischer Priester, daß er ein Amulettbuch abgeschrieben habe, eine Schutzschrift vom Atmen, die sich auf den Binden des Osiris König Psammetich (663-609 v. Chr.) befand. Auf einem hieratischen Papyrus aus dem 11. Jahrhundert vor Christus steht bei einem Zaubertext die

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spottet im Lügenfreund diese oft mißbrauchte Beglaubigung. - VgL Verf., Literarische Fälschung, Reg. s.v. Augenzeugenschaft. Vgl. J a c o b y a. O. 963,52/62; K. T h r a e d e , Art. Euhemerismus: RAC 6 (1966) 877/9. Vgl. Ν i 1 s s ο η 2 2 , 286 und J a c ο b y a.O. 966,37/45, der bewußte Täuschung des Euhemeros annimmt (ebd. 958,2/5). Wundererzählungen 17; vgl. auch G a n s z y n i e c , Ursprung 10. M ö b i u s , Art. Stele: PW 3,2 A (1929) 2307/25 geht auf unsere Frage nicht ein. Diese und andere Beispiele nennt H. K e c s bei Η. Β o n η et, Reallexikon d. ägypt Religionsgesch. (Berlin 1952) 180 f. Vgl. auch die anderen entsprechenden Fundberichte aus dem Totenbuch bei G. R ο e d e r, Urkunden zur Religion des alten Ägypten (Jena 1923) 260. 282. 285. 288. Angeführt von L e i p o l d t - M o r e n z 2827. VgL auch F e s t u g i f i r e 1,76. VgL R o e d e r a.O. 90f.

Überschrift: „Die Schrift, die am Halse des Königs Usimare Satpnere [d. i. Ramses II 1292—1225 v. Chr.] in der Nekropole gefunden wurde". Die beiletzten Beispiele sind von G. M ö l l e r angeführt 13 , der freilich die Möglichkeit auch echter Funde grundsätzlich nicht bestreiten will14: „Daß im letzten halben Jahrtausend v.Chr. der die alten Gräber nach Schriften der Vergangenheit durchstöbernde Priester keine seltene Erscheinung gewesen ist, steht fest: von den Abenteuern eines solchen berichtet die demotische Gespenstergeschichte vom Prinzen Setne; von dem antiquarischen Interesse der letzten Epigonenzeit legen auch die späten Niederschriften der im Anfang des III. Jahrtausends v. Chr. verfaßten Pyramidentexte Zeugnis ab. So mag denn damals wirklich mehr als eine alte religiöse Urkunde, zum Teil unter merkwürdigen Begleitumständen, der Vergangenheit entrissen worden sein. In den weitaus meisten Fällen, so auch bei dem ,Buch vom Atmen' werden aber solche Angaben einfach in das Reich der Fabel zu verweisen sein; das gilt besonders auch für eine Anzahl Kapitel im späten Totenbuch, die übereinstimmend unter einem König der fernen Urzeit bei Tempelrevisionen gefunden zu sein vorgeben"15. Auch die heiligen Inschriften der Stelen (s. o. S. 111 f.) werden zumeist unter besonderen Umständen entdeckt. Manchmal wollen vergöttlichte Menschen sie auf ihren Wanderungen aufgefunden haben. Dies wird von Nechepso berichtet, der die Schreibtafel des Hermes Trismegistos gefunden habe 16 . Auch von Hermes selbst werden derartige Funde überliefert17. Im Isishymnus von Andros v. 10 f. rühmt Isis von sich, die verborgenen Zeichen der Tafeln des Hermes gefunden und abgeschrieben zu haben 18 . Nach den Kyraniden hat 13

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Amtliche Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen 39 (1917/18) 182f.; ebenfalls abgedruckt bei W. Ε r i c h s e n, Eine neue demotische Erzählung: Abh. Akad. Mainz, Geistes- u. sozialwiss. Klasse (1956) nr. 2 S. 51. Ebd. 183 = E r i c h s e n a.O. 51 f. Zu anderen vergleichbaren .Funden' in Ägypten s. H. B r u g s c h , Die biblischen sieben Jahre der Hungersnoth (Leipzig 1891) 97; C. W e n d e l , Die griechischrömische Buchbeschreibung verglichen mit der des Vorderen Orients: HalL Monogr. 3 (Halle 1949) 14 und S. S c h o t t : Ä g y p t o l o g i e 229f. - Ed. M e y e r , Eine eschatologische Prophetie über die Geschichte in persischer und griechischer Zeit: Sitz. Ber. Akad. Berlin (1915) 287/311 = Kleine Schriften 2 (Halle 1924) 69/91, bes. 89 vermutet, daß in der verlorenen Einleitung des Tachos-Orakels ein Hinweis auf den Fund der .uralten' Prophezeiung gestanden habe. - J. H. B r e a s t e d , The Edwin Smith Surgical Papyrus 1 (Chicago 1930) 5 nennt verschiedene ägyptische Fundberichte; vgL ferner M o r e n z , Religion 231f. VgL R e i t z e n s t e i n , Poimandres 365 (Zusatz zu S. 136 Z. 13 von oben). VgL PsManetho, apotelesm. 2 (6) 1/11 (= FGrHist 609 Τ 12b) und W. K r o l l , Art. Hermes Trismegistos: PW 8 (1913) 802 f. VgL die erklärende Ausgabe von W. P e e k (Berlin 1930) 31/4.

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Hermes Trismegistos sein Wissen den Stelen anvertraut 19 . Harpokration teilt seiner Tochter mit, er habe beim babylonischen Seleukia eherne Säulen gefunden, deren Inhalt ihm ein alter Syrer, der des Griechischen kundig war, gedeutet habe. Den Inhalt dieser Inschriften teile er im folgenden m i t 2 0 . Auch die apokryphe jüdische Überlieferung kennt entsprechende Nachrichten. Josephus berichtet Ant. lud. l , 7 0 f . , Adam habe die Vernichtung der Erde durch Feuer oder Wasser vorausgesagt: u m zu verhindern, daß alles menschliche Wissen mituntergehe, habe Seth diese Verkündigung auf einer Stele aus Stein und einer anderen aus Ziegeln aufgezeichnet; bis in die Zeit des Josephus sei sie (die steinerne Säule) im Lande Seiris (d.i. Idumaea) vorhanden gewesen 2 1 . Ähnliches wird im Leben Adams und Evas c. 4 9 f . erzählt 2 2 . Das Jubiläenbuch c. 8,3 weiß zu berichten, Kainan habe eine Schrift gefunden und abgeschrieben, die seine Vorfahren in den Felsen eingegraben hatten 2 3 ; W. B o u s s e t erklärte diese jüdische Überlieferung treffend mit dem Hinweis auf die babylonische Legende von Xisuthros, wie sie bei Berossos und Abydenos vorliegt 2 4 . — Auch in Phönizien kannte man derartige Fundge19 20 21

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ProL 2, ed. Ch. E. R u e lie, Les lapidaires Grecs: F. d e M e l y , Les lapidaires de l'antiquitß et du moyen age 2 (Paris 1898/99) 6,3f. Kyran. prol. 6/8 (lOf.) (4/6 R u e l l e ) . Zu der nunc-Formel s. o. S. 83 Anm. 11. Zu Seiris vgl. PsManetho bei SynkelL chron. 72 D i η d. (= FGrHist 609 Τ 11 a): έκ των ev TTJ Σηριαδική yfi κειμένων στηλών; G a n s z y n i e c , Ursprung 12/4 und J. R. B a r t l e t t : J o u r a TheoL Stud. NS. 20 (1969) 1/20. Vgl. W. M e y e r , Vita Adae et Evae: Abh. Akad. München 14 (1878) 202. 242f. und die Parallelen bei W. Β ο u s s e t, Die Beziehungen der ältesten jüdischen Sibylle zur chaldäischen Sibylle und einige weitere Beobachtungen über den synkretistischen Charakter der spätjüdischen Literatur: ZNW 3 (1902) 45 3 sowie bei C.de B o o r in seiner Ausgabe des Georgios Monachos 1 (Leipzig 1904) 10. Vgl. ferner Comment. Einsidl. in Don. artem (Gramm. L a l 8 [Leipzig 1870, Nachdruck Hildesheim 1961] 221); Joh. Cass. coli. 8,21 (SC 54,30f.); PsMoses von Choren 1,4 (Collect, des historiens de l'Armenie, ed. V. L a n g l o i s 2 [Paris 1869] 56); Cat. Cod.Astrol. Graec. 7,87; 8,1,160 und W. G u n d e l - H. G. G u n d e l , Astrologumena: Sudhoffs Archiv, Beih. 6 (1966) 54 sowie besonders C. E. L u t z: Mediev. et Human. 10 (1956) 40/9. Die Überlieferung ist gespalten; nach Georg. Mon. chron. 1,10 d e B o o r soll Kainan, nach Georg. Kedren. hist. comp. (PG 121,53 D) hingegen „Sala, wie einige berichten" die Schrift der Giganten gefunden haben; vgl. Anonymi chronol. (PG 97,73 C) und B o u s s e t a. O. 44. Die Manichäer besaßen eine apokryphe Schrift gleichen Titels, die vom Decretum Gelasianum verworfen wurde; vgl. W. B. H e n n i n g , The Book of the Giants: Bulletin of the School of Oriental and African Studies 12 (1947) 52/74. Unter den bei Nag Hammadi gefundenen gnostischen Schriften befindet sich eine mit dem Titel ,Die Stelen des Seth' (vgl. A. B ö h l i g : Le origini dcllo gnosticismo. Colloquio di Messina 13/18 Aprile 1966: Studies Hist. Rel. 12, 1966 [Leiden 1967] 127 f.). v a. O. 43/5. Berossos: FGrHist 680 F 4b; Abydenos: ebd. 685 F 3; vgl. auch G a n s z y n i e c , Ursprung 9.

schichten. Nach Philon von Byblos bei Eusebios, praep. ev. 1,9,26 hat Sanchuniathon die Lehren des Hermes auf Stelen im Allerheiligsten des Amontempels entdeckt 25 . Kehren wir zur griechischen Literatur zurück, so zeigt sich, daß Herodot 2,102/6 und Piaton im Kritias 119 C 26 wohl als erste Griechen von Steleninschriften berichtet haben. — Wenn aber Klemens von Alexandrien, ström. 1,15,69,4 behauptet, Demokrit habe die Stele des weisen Achikar übersetzt, so ist diese Nachricht trotz neuerer Verteidigungen mit großer Vorsicht aufzunehmen 27 . - Im Altertum wurde verschiedentlich behauptet, Piaton habe Stelen der Ägypter abgeschrieben und von dorther seine Weisheit bezogen. So soll er nach Meinung einiger, wie Krantor (um 250 v. Chr.) berichtet, die Atlantiserzählung ägyptischen Stelen verdanken 28 , und wie Jamblich, myst. 1,2 mitteilt, sollen Piaton und zuvor Pythagoras ihre Philosophie von den .alten Stelen des Hermes' (d.h. des Thot) bezogen haben 29 . Diese Angaben sind geschichtlich genau so wertlos wie die verworrenen Nachrichten des PsManetho über Stelen des Thot, die mit Hieroglyphen versehen waren sowie über Abschriften des Agathodaimon und ihre griechische Übersetzung30. 25 26

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Vgl. R. R e i t z e n s t e i n , Hellenistische Theologie in Ägypten: Neue Jahrb. 13 (1904) 1781. 189i. και η/βάμματα ύπό τών πρώτων ev στήλη γεγραμμενα ορειχάλκινη, η κατά μέσην τ·ην νησον εκειτ' ev Up φ Ποσειδώνος; vgl. 119 Ε. Den Atlantismythos berichtet ein ägyptischer Priester aus Sais. J. K e r s c h e n s t e i n e r , Plato und der Orient, Diss. München (Stuttgart 1945) 187/91 leugnet ägyptischen Einfluß. VgL jedoch F. Z u c k e r , Athen und Ägypten bis auf den Beginn der hellenistischen Zeit: Aus Antike und Orient. Festschrift W. Schubart (Leipzig 1950) 157/9, der einen Aufenthalt Piatons für 390 v. Chr. in Ägypten annimmt. Vgl. O. S t ä h l i n - L. F r ü c h t e l zur Stelle (GCS 5 2 3 [I960)); VS 68 Β 299; FGrHist 263 F 1; R e g e n b ο g e n, Art. Theophrast: PW Suppl. 7 (1940) 1541, 13/43. Bei Procl. in Plat. Tim. 1,24 A/B (1,76 D i e hl). Vgl. Th. H o p f n e r , Jamblichus, Über die Geheimlehren (Leipzig 1922) 195 zur Stelle. - Nach Theophilos v. Antiochien adv. Autolyc. 3,2 soll Pythagoras seine Weisheit den Stelen des Herakles entnommen haben. J. C. Th. O t t o verweist in seiner Ausgabe des Theophilos (Jena 1861) zur Stelle auf Philostr. vit. Apollonii 5,5 (s. u. Anm. 33). Bei Synkell chron. 72 D i n d. (= FGrHist 609 Τ 11 a). VgL Β ο u s s e t a. O. 45 f.; R e i t z e n s t e i n , Poimandres 139; W. K r o l l , Art. Hermes Trismegistos: PW 8 (1912) 794, 19/43 und F e s t u g i e r e 1,74 f. - Hier ist auch an PsMelampus περί παλμών zu erinnern: ooa ßev{ev)raiq εμπροσϋβν βίβλοις, κράτιστε ßaaiXeü Πτολεμαίε, συνέγραψα σοι, έκ τών άδντων στηλών τά τέρατα σημειωσάμενος και τα σύμβολα συνέγραψα (hrsg. von Η. D i e Is, Beiträge zur Zuckungsliteratur des Okzidents und Orients 1: Abh. Akad. Berlin [1907] 21); vgl. Cat. Cod. Astrol. Graec. 8,4,105,4f.; vgl. S. E i t r e m , Varia: Symb. Osloens. 14 (1935) 134.

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Nach Theon von Smyrna hat Euander gesagt, auf einer ägyptischen Stele sei eine Inschrift des Königs Osiris und der Königin Rhea gefunden worden, in der es geheißen habe „der älteste aller Könige, Osiris, weihe den unsterblichen Göttern, dem Pneuma, dem Himmel, der Erde, der Nacht, dem Tage und dem Vater von allem Gegenwärtigen und Zukünftigen, dem Eros, ein Denkmal seiner Tugendkraft und Lebensordnung" 3 1 . Für die Einwirkung derartiger Vorstellungen auf Griechenland zeugt die Angabe des PsDositheos im 12. Buch der Hermeneumata, Apollo habe in Delphi seine Vorschriften auf einer Säule aufgeschrieben 3 2 . Auch Biographen und Verfasser romanhafter Geschichtsdarstellungen haben das Stelenmotiv als Stil- und Beglaubigungsmittel nicht verschmäht; so begegnet es etwa in Philostrats Biographie des Apollonios von Tyana und bei den Alexanderhistorikern 3 3 . Während hier aber die Steleninschrift als Tat31 32 33

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Expositio rerum mathematicarum, hrsg. von Ε. Η i 11 e r (Leipzig 1878) 105,6/11. Coip. Gloss. Lat. 3, hrsg. von G. G ο e t ζ (Leipzig 1892) 386 f. VgL auch IambL de myst. 8,4. Vit. Apoll. 5,4f., wo die unbekannten Schriftzeichen hervorgehoben werden: es waren weder ägyptische noch indische noch andere, die man vergleichen könnte; 2,43 (angebliche Inschrift Alexanders des Großen auf dem Altar und der Stele am Hyphasis); vgl. Ed. M e y e r , Apollonios von Tyana und die Biographie des Philostratos: Hermes 52 (1917) 371/424, bes. 377. 382 = Kleine Schriften 2 (Halle 1924) 133/91. - VgL ferner PsKallisth. 2,39 C. 41; Lukian. Tox. 6; R e i tz e η s t e i n, Wundererzählungen 38 und F. Ρ f i s t e r, Studien zur Sagengeographie: Symb. Osloens. 35 (1959) 5/22, bes. 16 f. - Auch dieses Motiv ist in die christliche Legende eingedrungen. Nach Prokop. belL Vand. 2,10,21 f. standen in Tigisis (Numidien) zwei Stelen aus hellem Stein mit phönizischen Buchstaben beschrieben. Die Mauren, die Nachkommen der Gergesäer und Jebusäer, sollen die folgende Inschrift verfaßt haben: „Wir sind diejenigen, die dem Räuber Jesu Nave entkommen sind" [Jesu Nave, d. h. Josua, Sohn des Nun, der Nachfolger des Moses; VgL Jos. 9,1 f.]. Nach Chronogr. anni CCCLIIII: üb. gen. 216 (MG A A 9,110) wurden die Balearen von Chananei fugientes a facie Ihesu fili Nave bewohnt. - Als der Kaiser Nikephoros I (802—811) an der asiatischen Küste nahe bei einem Satyrostempel jagte, fand er einen Altar mit der Inschrift: „Dies ist der Räucheraltar des Erzfeldherrn Michael, den der Apostel Andreas errichtet hat" (Theophanes continuatus 1,10 [PG 109,33 D]). - VgL PsAmbros. mor. Brachmanorum, ed. V. S c h e i w i 11 e r (Milano 1956) 1: refert. .. conspici kpideam columnam Alexandri nomine hoc titulo sculptam: ,Ego Alexander hue perveni'. - Zu der legendären Inschrift des von Kaiser Augustus auf dem Kapitol errichteten Altares: Haec est ara primogeniti deivgL Joh. Malalas chron. 10 (PG 97, 357 B) und W. W e b e r , Studien zur Chronik des Malalas: Festgabe für A. Deissmann (Tübingen 1927) 31/6. In der mittelalterlichen Bearbeitung der Passio S. Albani (ASS Juni 5,129 nr. 2) behauptet der Verfasser: cives quondam Verolamii ob elationem cordis sui declarandam qualiter passus sit beatissimus Albanus in muris civitatis sculptum reliquerunt. quam scripturam longo post tempore in muris eorum iam ruinosis et ad ruinam inclinatis inveni (s. auch o. S. 101).

Sache mitgeteilt wird, ist sie für Lukian nur noch ein Beglaubigungsmittel von Trugschriftstellern, das nichts als Spott verdiente 34 . Die Steleninschrift als Übermittler geheimnisvoll klingender, vielfach religiöser Botschaften mußte auch die Phantasie der christlich gewordenen Völker des Ostens anregen. Dieses Motiv, das in Dichtung, Legende und Fälschung so oft verwendet wurde, hat daher auch das untergehende Heidentum überlebt. Die Christen scheuten sich nicht, für ihre Missionspropaganda Orakel zu verbreiten, in denen heidnische Götter den eigenen Untergang und das Kommen des Erlösers voraussagten. Das Religionsgespräch am Hof der Sassaniden und verschiedene Orakelsammlungen, wie die Theosophie, legen davon Zeugnis ab 3S . Um ein solches Orakel besser als echt ausgeben zu können, wurde zuweilen behauptet, es sei auf einer Stele eingemeißelt worden. So sollen zum Beispiel eine Reihe der Orakel in der sogenannten Theosophie in einer berühmten Stadt Ägyptens auf Stelen aufgezeichnet gewesen sein 36. Johannes Malalas berichtet (chron. 3), daß ein solches Orakel dem Pharao Petissonios, dem Gegner des Moses, gegeben worden sei. Jener habe es auf steinerne Stelen eingraben lassen, die ,bis heute' im Heiligtum zu Memphis zu sehen seien37. In den erwähnten heidnischen und christlichen Fundberichten ist mehrmals davon die Rede, daß sich ein König oder Kaiser um das gerade entdeckte Buch gekümmert habe 38 . Dieser Zusammenhang ist leicht zu erklären, wenn 34

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Ver. hist. 1,7: ορώμέυ τινα στήλη ν εκ χαλκού παπονημένην Έλληνικοϊς Ύράμμασι Karayeyραμμένων αμυδροϊς δέ και eurer ρ ιμμένοις λ€Ύουοαν ,αχρι τούτων 'Ηρακλής και Διόνυσος άφίκοντο' κτλ. (vgL Herodot 2,103,1) 1,20 έγγράψαι be τάς συνΟήκας στήλτ] ήλεκτρίνρ και άναστήσαι έν μ έ σ ψ τ φ äepι έιιί τοις μβδορίοις (vgl. 2,28). Vgl. Ε. B r a t k e , Das sogenannte Religionsgespräch am Hof der Sasaniden: TU 19,3 (1899) passim; E r b s e passim; Verf., Literarische Fälschung, Reg. s.v. Weissagungen, messianische. § 4 5 / 4 9 (177f. E r b s e ) ; v g l . Symphonia 7 (204 E r b s e ) . PG 97, 144. Vgl. Georg. Kedren. hist. comp. (PG 121,104 A B); Ε r b s e 114.207. Zu der /wnc-Formel s. o. S. 83 Anm. 11. Erinnert sei an die Stelen von Memphis, auf denen die Urschrift der Isisaretalogien eingemeißelt gewesen sein soll. Auch hier wird dieser Hinweis nur eine Echtheitsbeglaubigung gewesen sein (vgL A. D. N o c k : Gnomon 21 [ 1 9 4 9 ] 222. 226). Agesilaos: Tafel der Alkmene (s. o. S. 68ff.); Alexander: Roman des Antonius Diogenes (s. o. S. 78f.); Caesar: Hippokratesschriften (s. o. S. 74); Nero: Diktysbücher (s. o. S. 5 5 f f . ) ; Konstantin: Orakel (s. u. S. 127);TheodosiusII: Paulusapokalypse (s. o. S. 60ff.); Zeno: Matthäusevangelium des Barnabas (s. o. S. 8 I f f . ) . Auch mittelalterliche und neuzeitliche Fundberichte wissen davon, ζ. B. Johannes II Dukas Vatatzes: Ovid, De vetula (s. o. S. 102 f.) oder Ferdinand II: Cataldus, Oraculum (s. o. S. 103 ff.). - Zur Auffindung des Deuteronomiums unter König J osia s. u. S. 128. - Cassius Dio 7 5 , 1 3 ( 3 , 3 5 0 B o i s s e v a i n ) berichtet, Septimius Severus habe aus den Tempeln der Ägypter alle dort auffindbaren gehei-

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man bedenkt, daß im Orient der König als gottnaher Mensch betrachtet wurde. Er besaß unmittelbaren Zugang zu der Welt der Götter. Nach einigen Fundberichten soll der König selbst das Buch entdeckt haben 39 . Auch diese Einzelheit kann durch einen Vergleich besser verstanden werden. Eine demotisch geschriebene Geschichte handelt von der schon erwähnten Auffindung des ,Buches vom Atmen' bei der Mumie des Königs Psammetich40. Ein Priester kommt zum Pharao (der Name ist nicht erhalten) und erzählt ihm, wie er ein Amulettbuch abgeschrieben habe, „eine Schriftrolle, eine Schutzschrift vom Atmen, die sich auf den Binden des Osiris König Psammetich befand. Da sagte der König: ,Man bringe . . . das Amulettbuch . . . ' Er ergriff die Amulettschrift vom Atmen, er reichte sie dem Pharao, der Pharao rollte sie a u f . . . Da sagte der Priester: .Mein hoher Hen, wirst Du nicht vergessen . . . ?' Da sagte der Pharao: , . . . alles, was geschrieben steht in dem Amulettbuch, der Schriftrolle, der Schutzschrift vom Atmen' ". Dazu bemerkt G . M ö l l e r : „Der Zweck der . . . Erzählung ist offensichtlich: durch die Behauptung, daß die Urschrift bei der Leiche des Herrschers gefunden sei, dem Ägypten seine letzte Glanzzeit zu verdanken hatte, und durch einen seiner Nachfolger . . . zu kanonischem Ansehen erhoben sei, glaubte man der Verbreitung des Buches vom Atmen die Wege zu ebnen" 41 . In den von J. H. B r e a s t e d gesammelten ägyptischen Fundberichten über medizinische Bücher wird ebenfalls hervorgehoben, die Schrift sei zum Pharao gebracht worden 42 . Fälscher haben natürlich durch den Hinweis, der König habe sich sofort der entdeckten Schrift angenommen, die Bedeutung ihrer Trugschrift steigern wollen. Schon in einem der ältesten griechischen Zeugnisse für Buchfunde wurde ausdrücklich Ägyptens gedacht. Wie Plutarch, De genio Socratis c. 5,577f.; 7,578 f. berichtet, waren die Buchstaben auf der Tafel aus dem Grabe der Alkmene (s. o. S. 68ff.) den ägyptischen Zeichen sehr ähnlich, und von ägyptischen Priestern sei die Inschrift enträtselt worden. In dieser Äußerung wird die Absicht erkennbar, die Griechen als gelehrige Schüler der Ägypter zu erweisen. Schon in Piatons Timaios (22 C) ist die uralte Weisheit der Ägypter dem jugendlichen Alter der Griechen gegenübergestellt worden 43 . Von Ägyp-

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men Bücher holen lassen (vielleicht aber hat das dort verwendete Wort äveiKe den Sinn .beseitigen'; vgl. L e i p o l d t - M o r e n z 193). Vgl. B o l l 8. 136f. Vgl. G. M ö l l e r und W. E r i c h s e n (s. o. S. 112f.). Zitiert bei E r i c h s e n a. O. 51. Siehe o. S. 113 Aiun. 15. Vgl. W. K r o l l , Studien zum Verständnis der römischen Literatur (Leipzig 1924, Nachdruck Darmstadt 1964) 322f.; Th. Η ο ρ f η e r , Orient und griechische Philosophie: Beih. z. .Alten Orient' 4 (Leipzig 1925) und besonders Z u c k e r (s. o. Anm. 26).

ten war im 7. Jahrhundert vor Christus die Papyrusrolle nach Griechenland gelangt und hatte dort von der technischen Seite her das Aufblühen der Literatur gefördert 44 . Mindestens seit 640 v. Chr., als der Pharao Psammetich griechische Söldner nach Ägypten geholt hatte, beginnt die Auseinandersetzung zwischen den beiden so gegensätzlichen Völkern. Der Bewunderung Herodots und Piatons fur Ägypten steht der Spott der Komödiendichter gegenüber. Das .Buch im Grab', wie es als Beglaubigungsmittel in der griechischen und römischen Literatur begegnet, ist seiner Herkunft nach ägyptisch. Durch diesen Nachweis haben wir ein neues Beispiel für den Einfluß Ägyptens auf Griechenland und Rom gewonnen 4 5 .Bisher haben wir nur die eine Tatsache berücksichtigt, daß ein verborgenes heiliges Buch durch einen Menschen, der häufig von einem Gott im Traum dazu aufgefordert wurde, entdeckt wird 46 . Insbesondere galt der König als zugänglich für die göttliche Offenbarung und wurde so nicht selten mit der Auffindung heiliger Schriften in Verbindung gebracht. In Ägypten sollen sogar von Göttern heilige Texte aufgefunden worden sein. Seltener erfahren wir hingegen von der ergänzenden Maßnahme, dem Verbergen des Buches. Ein Gott verbirgt die heiligen Schriften, die nach vielen Jahren ein begnadeter Mensch entdeckt: „Bel-Kronos befiehlt Xisuthros [Noah] wegen der bevorstehenden Sintflut Ursprung, Fortgang und Ende der Welt auf Steinsäulen aufzuzeichnen und diese Stelen in §amaä' Stadt, Sippar, zu hinterlegen. Nach der Sintflut befiehlt Xisuthros, der inzwischen von der Erde entrückt war, den Seinigen, daß sie nach Babylon gehen sollten, und sagt, daß sie vom Schicksal ausersehen wären, seine Schriften aus Sippar mitzunehmen und der Menschheit zu überliefern" 47 . So verbirgt Hermes im hermetischen Traktat der Kore Kosmu seine heiligen Offenbarungen (iepai βίβλοι)48, die dann Isis und Osiris finden und auf Stelen und Obelisken ein-

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Ε. Β e th e, Buch und Bild im Altertum, hrsg. von Ε. Κ i r s t e η (Leipzig/Wien 1945) 11/21. S. M o r e n z , Totenaussagen im Dienste des Rechtes: Würzb. Jahrb. 3 (1948) 290/ 300 hat dies für einen anderen Topos, der ebenfalls in die christliche Hagiographie eingedrungen ist, dargelegt. Zum Einfluß Ägyptens auf Griechenland vgL R ei tz e n s t e i n , Theologie 183; N o r d e n , Geburt des Kindes passim; S. M o r e n z , Ägypten und die altorphische Kosmogonie: Aus Antike und Orient Festschrift W. Schubart (Leipzig 1950) 64/111; ders.: Ägyptologie 201/6; ders., Religion 258/65 und Z u c k e r a. O. Unsere Frage wird hier jedoch nie berührt Siehe o. S. 67 zum Testament des Aristomenes und S. 63 zur Paulusapokalypse. Vgl. G a n s z y n i e c , Ursprung 9 mit Anm. 15. Berossos: FGrHist 680 F 4. c. 5.8.: Corpus Hermeticum, ed. A. J. F e s t u g i e r e und A. D. Ν ο c k 4 (Paris 1954) 2 f.

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meißeln werden49. Hermes offenbart dem König Ostanes alle Weisheit, die Amon auf sieben Stelen aufzeichnete und an einem geheimen Orte verbarg50. — Dieser Gedanke ist auch in die jüngeren Teile des Alten Testamentes eingegangen. Gott befiehlt seinem Propheten Daniel 12,4: „Und du Daniel, verbirg diese Worte und versiegele diese Schrift bis auf die letzte Zeit"51. Das Motiv findet man vergröbert im vierten Esrabuch wieder (12,35/8; 14,7f.). Im Testament (Apokalypse) des Adam sagt Seth: „ . . . und wir versiegelten dieses Testament und legten es in die Schatzhöhle nieder, wo es bis auf diesen Tag verblieb . . . " s2 . Im slavischen Henochbuch befiehlt Gott, die Schriften des Adam und Seth zu vergraben, damit sie nicht in der Sintflut umkommen53. Unter den in Nag Hammadi entdeckten gnostischen Schriften war das .Heilige Buch des Großen Unsichtbaren Geistes' mit einer solchen Geheimhaltungsklausel verschlossen54. Zur Erklärung der überlieferten griechischen und römischen Fundberichte heidnischer und christlicher Zeit muß neben dem ägyptischen Vorbild auch noch einer einheimischen Wurzel gedacht werden. Verschiedentlich wird im heidnischen Altertum erzählt, man habe plötzlich Gräber von Heroen, Giganten oder Autochthonen entdeckt. Durch die Wirkung des Wassers, durch Erdbeben, durch Pflügen des Bodens oder auch beim Ausschachten seien die Gebeine ans Tageslicht gekommen. An den selben Stellen sollen oft auch Inschriften gefunden worden sein, die über die Reliquien nähere Auskunft gaben. Die geschichtliche Tatsächlichkeit derartiger Funde ist im Einzelfall nicht mehr nachzuprüfen. In allen Gebieten, in denen alte Schriftkulturen von jüngeren überlagert sind oder wo eine Schriftkultur auf ein hohes Alter zurückblickt, haben Inschriften mit altertümlichen Buchstaben ausgegraben werden können. Unverständliche oder falsch gedeutete Inschriften haben bekanntlich im Altertum wie im Mittelalter die Legendenbildung oft angeregt55. Überreste urzeitlicher Tiere, wie des Mammuts, werden die Fabel veranlaßt 49 50 51 52 53 54 55

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Ebd. c. 66 f. VgL Κ. Ρ r e i s e η d a η ζ, Art. Ostanes: PW 18,2 (1942) 1637f. Vgl. Daniel 12,9f.; 8,26 und Isaias 8,16 sowie Jerem. 39 (32), 14. c. 3,20;übersetztvonR i e s s 1 e r 1088. c. 11, ed. A. V a i l l a n t (Paris 1952) 35. Vgl. ferner Assumptio Moysis c. 1,16/8 (486 R i e s s l e r ) . Angeführt von P. V i e l h a u e r bei H e n n e c k e - S c h n e e m e l c h e r 2,421; vgl. ebd. 408. Die altrömische Inschrift Semoni Sanco Deo ... auf der Tiberinsel in Rom verleitete Justin apol. 1,26 zu der Behauptung, in Rom sei Simon Magus als Gott verehrt worden; vgl. L i p s i u s 2,l,33f.; zu dem altrömischen Gott L a t t e , 127f. Vgl. auch I. von D ö H i n g e r , Die Papst-Fabeln des Mittelalters2 (Stuttgart 1890) 32/5 Uber den Ursprung der Sage von der Päpstin Johanna.

haben, man sei auf die Gräber von Giganten gestoßen 5 6 . Phlegon von Tralles bietet nach dem von ihm benützten Werk des Apollonios mehrere Beispiele für derartige Inschriftenfunde 5 7 . Die Messenier etwa hätten das Haupt des Idas gefunden, den Homer besingt 5 8 . Auch die Athener sollen auf solche Gräber gestoßen sein S 9 . Bekannter ist die römische Sage, nach der auf dem Kapitol während der Regierung des Tarquinius Priscus ein menschliches Haupt zum Vorschein kam, das mit etruskischen Buchstaben als Caput Olis regis bezeichnet sei 60 . Die rationalistische Lehre des Euhemeros über die Entstehung des Götterglaubens hat sich in verschiedenen Inschriften geäußert, die sich auf Göttergräbern befunden haben sollen, wie die Aufschrift auf dem Grab des Zeus in Kreta 6 1 oder die Grabschrift des Tros und seines Sohnes Ganymed 6 2 . Legende, Erdichtung und Fälschung überlagern sich in derartigen Fällen und 56

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58 59

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Vgl. Pausan. 1,35,7; Phlegon, de mirab. 19 (= FGrHist 257 F 36,19); Philostr. heroic. 139 K a y s e r ; Verg. georg. 1,497 grandiaque effossis mirabitur ossa [sc. antiquorum et heroum: Serv. zur Stelle] sepulchris; Plin. nat hist. 7,73 in Creta terrae motu rupto monte inventum est corpus stans XLVI cubitorum, quod alü Orionis alii Oti esse arbitrabantur; Solin. 9,6f. (63f. Μ o m m s e n ) ; Tertull. resurr, mort. 42,7f. (CCL 2,977): nec gigantum autem antiquissima cadavera devorata constabit, quorum crates adhuc vivunt. diximus iam de isto alibi, sed et proxime in ista civitate cum Odei fundamenta, tot veterum sepulturarum sacrilega [s. o. S. 58 ], collocarentur, quingentorum fere annorum ossa .. . populus exhorruit. Vgl Ρ f i s t e r 425/8. 507/9. De miiab. 11 (= FGrHist. 257 F 36,11). F. J a c o b y vermutet zur Stelle, daß Apollonios mit dem Alexandriner Anteros, einem Schüler Apions zur Zeit des Claudius, identisch sei. Ilias 9,558/60. Zu dem Grab des Idas vgl. auch Pausan. 3,13,1. Vgl. Phlegon de mirab. 17 (= FGrHist 257 F 36,17): Die Athener sollen beim Mauerbau auf einer Insel in der Nähe Athens einen Riesen von hundert Ellen ausgegraben haben. Auf seinem Sarg hätten die Worte gestanden: ,Der Makrosiris liege ich hier auf einer kleinen Insel begraben, nachdem ich 5 000 Jahre gelebt habe' (vgl. ebd. § 18). PsAristot. de mirab. auscult. 131 p. 843 b 1 berichtet, die Athener hätten beim Bau des Demeterheiligtums in Eleusis eine eherne Stele mit der Inschrift gefunden: ,Das Grab der Deiope' (vgl. Ε s c h e r , Art. Deiope: PW 4,2 [1901] 2400). Nach einer apokryphen Überlieferung bei Diog. Laert 1,48 hat Solon auf Salamis alte athenische Gräber freigelegt Chronogr. anni CCCLIIII (MG AA 9,144); vgl. Isid. orig. 15,2,31; St. W e i n s t ο c k, Art. Olenus: PW 17,2 (1937) 2445/51. - Die Fundgeschichte sollte natürlich ein Aition für den Namen Capitolium abgeben. Ennius, Euhem. frg. 11 V. 2 (durch Lact. inst. div. 1,11,46 überliefert). Diogenes Laertios 1,120 teilt die erfundene Grabschrift des Pherekydes von Syros mit. Porphyrios erzählt vit. Pyth. 16f., Pythagoras habe Epigramme auf den Gräbern des Apollo und des Zeus angebracht. Kyrill. Alex. c. Iul. 10 (PG 76,1028 B) führt die angebliche Inschrift des Zeusgrabes nach Porphyrios an. Vgl. Joh. Malalas, chron. 4 (PG 97,161 C). Philöchoros (FGrHist 328 F 7 b) bei Joh. Malalas, chron. 2 (PG 97,117) teilt die Grabinschrift vom Grab des Dionysos mit. 121

sind nicht mehr zu scheiden. Wie Valerius Maximus 1,1,12 über den Fund der Numabücher mitteilt, hat eine Inschrift auf einem der steinernen Behälter angegeben, daß hier die Gebeine des Numa ruhten. Vielleicht haben die Fälscher des Jahres 181 v.Chr. die Aufschrift selbst geschaffen, vielleicht aber ist die Legende erst später entstanden 63. Als Ergebnis der bisherigen Untersuchung kann demnach festgestellt werden: Im griechischen und römischen Altertum begegnen seit dem 4. Jahrhundert Berichte von Büchern, die aus Gräbern stammen sollen. Diese Buchfunde haben sich nie ereignet, sondern sind vorgetäuscht. Das Buch im Grabe hatte für die Religion der Griechen und Römer keine Bedeutung. Anders verhält es sich in Ägypten. Hier wurden den Toten Bücher ins Grab mitgegeben, um mit ihrer Hilfe die Reise ins Jenseits zu bestehen 64 . Echte Funde auf Gräberfeldern Ägyptens sind durchaus glaubhaft und werden vorgekommen sein. Die ägyptischen Priester, die vornehmlich im Nilland die Literatur schufen und sie in Bibliotheken verwahrten, besaßen angesichts solcher Funde aber auch eine entsprechende Möglichkeit, neu verfaßten Schriften zu Ansehen und Einfluß zu verhelfen. Die Angabe, daß ein Buch aufgefunden sei, wurde so zum Mittel der Beglaubigung. Die Griechen und Römer haben dieses Verfahren übernommen. Der Inhalt der meisten der in Griechenland und Rom angeblich entdeckten Bücher bestand aus Offenbarungen. Auch hierin zeigt sich die Nähe zur heiligen Literatur der Ägypter. Eine wichtige Voraussetzung für die Beliebtheit und damit für die Verbreitung dieser Beglaubigungsform kann in der Haltung und Gestimmtheit der Menschen des Hellenismus und der Kaiserzeit gesehen werden. Kennzeichnend für späte Epochen ist das Gefühl der Unterlegenheit gegenüber frühe63

Hier sei noch auf Cie. de leg. 2,58 hingewiesen. In Rom habe man an einem Altar eine Blechplatte aufgefunden mit der kurzen Inschrift: Honoris. Der Fund sei der Anlaß gewesen, dem Honos einen Tempel zu errichten (vgl. S a m t e r, Art. Honos: PW 8,2 [1913] 2293,58/64). - Der Fälscher der Historia Augusta teilt verschiedentlich Inschriften kaiserlicher Gräber mit, die er sich selbst ausgedacht hat (ζ. B. Prob. 21,4; Gord. 34,2/4; tyr. trig. 7,2; 33,4f.). Von der Grabinschrift Gordians behauptet er dreist, sie sei abgefaßt: et Graecis et Latinis et Persicis et Iudäicis et Aegyptiacis litteris, ut ab omnibus legeretur (s. o. S. 89). - Angebliche Grabinschriften werden auch in gefälschten Passionen der Heiligen wörtlich mitgeteilt. Der erschwindelte Augenzeuge Crisentianus setzt dem Märtyrerbischof Alexander die Inschrift: Hie requiescit sanetus et venerabilis martyr Alexander episcopus cuius depositio celebratur undeeimo Kai. Octobris (ASS Sept. 6,234 nr. 15). Der hl. Auxibius soll sich selbst sein Grab angelegt und darauf die Worte geschrieben haben: Adiuro vos per sanctum corpus et sanguinem Christi et Dei, ut hanc nemo arcam aperiat, donee consummatus sit frater meus Themistagoras (ASS Febr. 3,130 nr. 19).

64

Siehe ο. S. 47 f.

122

ren Zeiten. Der Hellenismus und die römische Kaiserzeit sind weithin von diesem Gefühl geprägt. Hier besaß alles, was alt war, einen größeren Wert; aufgrund seines höheren Alters schrieb man ihm wunderbare und geheimnisvolle Kräfte zu. Das Wort des Tacitus, ann. 1,47,2 maior e longinquo reverentia gilt nicht nur für die räumliche, sondern auch für die zeitliche Entfernung65. Während der hellenistischen Zeit wuchs mit dem Einströmen der orientalischen Offenbarungsreligionen das Vertrauen zu allem Fremden. Der Glaube an die höhere Weisheit der den Griechen benachbarten Völker, der Ägypter, Juden, Perser, Inder, ja selbst der Geten und Skythen, gewinnt immer mehr Macht über die Geister. Das Volk, das den Begriff der Philosophie geschaffen hatte, bewundert nunmehr die Barbarenphilosophie66. In einer solchen Umwelt war das angeblich in einem alten Heroengrabe entdeckte Buch ein willkommenes Mittel, um die Anteilnahme der Leser zu erwecken. Politisch-religiöse und lokalpatriotische Beweggründe und Ziele herrschen bei diesen Erfindungen vor. Hier begegnet selbst ein so berühmter Name wie Epameinondas (s. o. S. 65f.). Außer Alexander von Abonuteichos werden auch andere Fälscher solche Echtheitsbeglaubigungen angewendet haben, um geldliche Vorteile aus ihnen zu ziehen (s. o. S. 77). Diese Einkleidungsform sollte auch Fälschungen mit religionsphilosophischen Zielen, wie den Numabüchern (s. o. S. 51 ff.), zur Anerkennung verhelfen. Überdies reizte die bruchstückhafte literarische Überlieferung dazu, Verlorenes durch Erfindungen zu ersetzen. Dieses dürfte für die unechten Genealogien des PsAkusilaos gelten (s. o. S. 76). Christliche Fälscher haben das Mittel des Buchfundes für kirchenpolitische Zwecke verwendet. Dazu kam die Liebe zur Vaterstadt und die Absicht, Reliquien von Heiligen zu beglaubigen oder die Lücken der Überlieferung zu schließen. Im griechischen Osten suchte man mit dieser literarischen Einkleidung bis ins späte Mittelalter politisch zu wirken. Das ,Buch im Grab' haben aber auch Erzähler und Romanschriftsteller nicht verschmäht, um ihren Geschichten eine wirkungsvolle, auf die Neugier des Lesers berechnete Einleitung zu geben, wie Antonius Diogenes zeigt (s. o. S. 78f.). Da man im Altertum Schriften über geschichtliche Personen und Schauplätze als Urkunden betrachtet, werden pseudepigraphische Darstellungen, die wir als Geschichtsromane ansehen, von ihren Verfassern kaum nur als freie künstlerische Erfindungen beabsichtigt gewesen sein. Der Ge65

Vgl. auch Horaz, epist. 2,l,20f.; Macrob. Sat. 3,14,2: vetustas quidem nobis semper, si sapimus, adoranda est; Prokop, bell G o t 4,6, 9 f . ; F e s t u g i e r e 1,14; L e i p o l d t - M o r e n z 24 und E. R. C u r t i u s, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter 3 (Bern-München 1961) 256 f.

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Vgl. I. O p e l t - W . S p e y e r , Art. Barbar: JbAC 10 (1967) 258f.

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schichtsroman als eine Gestaltungsform künstlerischer Erfindung war der literarischen Theorie des Altertums unbekannt. Solche Schriften wurden durchgehend als Urkunden gewertet. So waren ζ. B. Diktys für Johannes Malalas und Dares für Isidor die ältesten griechischen Geschichtsschreiber 67 . Der Buchfund im Sinne eines literarischen Stilmittels wird demnach nicht oft vorgekommen sein. Neben der Angabe, ein Buch sei in einem Grab oder in der Erde gefunden worden, begegnet öfters auch die Behauptung, das Buch, von dem gerade die Rede ist, stamme aus einem Tempel, einer Bibliothek oder einem Archiv. Während für Griechenland und Rom kein aus einem Grabe geborgenes Buch beglaubigt ist, dieser Beglaubigungstopos seinen wahren ,Sitz im Leben' vielmehr in Ägypten hatte, sind Bücher, die wirklich in Tempeln und Bibliotheken gefunden wurden, sowohl aus Griechenland wie aus Rom bekannt 68 . Um so mehr haben die Fälscher sich auch dieser Behauptung bedient, um ihren Erzeugnissen den Schein des Echten zu geben. 67 68

124

Siehe o. 5- 5 8 f. In diese Reihe gehört auch Sisyphos von Kos; vgl. Joh. Malalas, chron. 5 (PG 97,228 C) und FGrHist 50. Zum Papyrusfund von Derveni s. o. S. 44 Anm. 6.

III. T E I L

Bücher aus Tempeln, Bibliotheken und Archiven

1. Angebliche

Buchfunde

in

Tempeln

Schriftsteller des Altertums berichten verschiedentlich über Aufzeichnungen, die in Tempeln niedergelegt oder in Steine gemeißelt aufgestellt worden seien. Diese Nachrichten können zum Teil durchaus geschichtliche Wahrheit beanspruchen, bei andern aber liegt der Verdacht nahe, der Hinweis sei nur erdichtet worden, um einem gerade angefertigten Werk den Schein höheren Alters und großer Heiligkeit zu verleihen. Tempel und Bibliotheken waren in Ägypten o f t eng miteinander verbunden. So berichtet Diodor 1,49, 3 nach Hekataios von Abdera über die Bibliothek, die sich im Totentempel des Osymandyas (d.i. Ramses II) befunden hat 1 . Zu erinnern ist auch an die großen griechischen Bibliotheken der Ptolemäer im Museion, d . h . in einem Musenheiligtum, und im Serapeion, einem Tempel des Serapis. In R o m sind seit der Kaiserzeit zahlreiche Bibliotheken in nächster Nähe der Tempel eingerichtet worden 2 . 1

2

Vgl. C. W e n d e l , Art. Bibliothek: RAC 2 (1954) 232 und S. M o r e n z - J . L e i p o l d t , Art. Buch II: RAC 2 (1954) 688. Zu dem Buchfund des Sanchuniathon in Tempeln Ägyptens vgl. R e i t z e n s t e i n , Poimandres 161 (1071). - Eine Zauberformel des 3. Jh. gibt vor, eine Abschrift eines heiligen Buches zu sein, das in der Schatzkammer des Hermes gefunden wurde (Pap. Oxyrrh. 6,200 f.nr. 886 Z. 2/5); vgl. Cat. Cod. Astrol. Graec. 7,59.62 (8,4,105/7) - Galen, compos, medic, per gen. 5 (13,773/6 K ü h n ; auch bei Th. Η ο ρ f η e r , Fontes historiae religionis Aegyptiacae 3 [Bonn 1923] 362/4) teilt zwei Rezepte mit, deren Urschrift im Hephaistostempel von Memphis aufbewahrt würden. Er gibt den Inhalt der Heilmittel nach seinem Gewährsmann wieder, dem gelehrten Arzt Heras aus Kappadokien. Der Hinweis auf die Tempelbibliothek sollte den Wert der Rezepte steigern. - Nach zwei Nachrichten, die auf Ptolemaios Chennos zurückgehen, hat Phantasma, die Tochter des Nikarch, Ilias und Odyssee gedichtet und sie im Heiligtum des Hephaistos zu Memphis niedergelegt. Homer habe von den Priestern Abschriften erhalten und danach die beiden Epen verfaßt; vgL Phot. bibL 190; Eustath. prooem. in Odyss. 1379,62f.; H ö f e r , Art Phantasia: R o s c h e r , Myth. Lex. 3,2 (1902/9) 2271 f. - Zur Entdeckung von Stelen in ägyptischen Tempeln vgl. R e i t z e n s t e i n , Poimandres 363f. (Zusatz zu S. 104 Z. 9 von oben und zu S. 107); B i d e z - C u m o n t , Index general s. v. Steles (1,285) und F e s t u g i e r e 1,2306. 319/24. Sieheu. S. 130 Anm. 4. 125

In Griechenland wurden schon in frühen Zeiten bestimmte Schriften, wie Götterhymnen, in Tempeln aufgestellt und hinterlegt. Heraklit soll seine Schrift ,Über die Natur' dem Artemistempel zur Verwahrung gegeben haben3. Nach Pausanias 9,16,1 hat Pindar dem libyschen Ammon einen Hymnus gesandt, der bis zur Zeit des Pausanias auf einer dreikantigen Säule vorhanden gewesen ist4. M. Fulvius Nobilior, Konsul im Jahre 189 v. Chr., hat sein Werk ,De fastis' im Tempel Herculis Musarum verwahrt5. Anschließend seien einige Fälschungen, in denen der Hinweis auf einen Tempel vorkommt, mitgeteilt. Bekannt ist die Nachricht von dem Papyrus-Brief des trojanischen Helden Sarpedon, den der Konsul L. Mucianus in einem Tempel Lykiens gesehen haben will6. Vergleichbare Funde sind auch für römische Tempel überliefert. Nach Livius 4,20,6f. hat Kaiser Augustus im wiederhergestellten Tempel des Juppiter Feretrius eine Aufschrift auf dem Linnenpanzer des Tolumnius gelesen7. Wie es scheint, hatte Augustus, um seine Stellung zu sichern, diese Aufschrift selbst veranlaßt8. Zuvor schon hatte Licinius Macer sich auf linnene Bücher, libri lintei, berufen, die im Tempel der Moneta entdeckt sein sollen9. Nach Julius Obsequens (c. 50) soll ein gewisser Eutychides aus dem Tempel des Zeus Trophonios in Lebadaia gemeint ist wohl das Höhlenheiligtum - eine eherne Tafel mit einer Botschaft, die sich auf Rom bezog, hervorgeholt haben. Hier war wohl Priestertrug im Spiele. Dasselbe gilt für das folgende Ereignis: Wie Sueton, Galba 9,2 berichtet, trat Kaiser Galba seine Herrschaft unter glückverheißenden Vorzeichen und Prophezeiungen an. Die Orakel wurden dadurch als echt erwiesen, daß in Clunia im ,diesseitigen Spanien' ein Priester des Jupiter ähn3 4 5 6 7

8

9

Vgl. Diog. Laert. 9,6. B i r t , Buchrolle 211 f. 222/5 und Th. B e r g k , Griechische Literaturgeschichte 1 (Berlin 1872) 214TO nennen andere Beispiele. Vgl. B u r k e r t 241i. Plinius, der Nat. hist. 13,88 darüber berichtet, zweifelt wegen des Papyrus an der Echtheit des Schreibens; vgl A. Kalkmann, Pausanias der Perieget (1886) 5. Zum König, der heilige Schriften findet oder mit ihnen in Zusammenhang gebracht wird, s. o. S. 117. - Zum Linnen als Beschreibstoff vgl. G a r d t h a u s e n 121 f. 154 und Birt, Kritik 258 f. H. D e s s a u , Livius und Augustus: Hermes 41 (1906) 142/51; anders K l o t z , Art. Livius nr. 9: PW 13 (1926) 836,5/37. Ungeschichtlich sind auch Nachrichten über Bundesverträge aus der Königszeit; ζ. B. soll nach Dionys. Halic. 4,58,4 der Friedensschluß des Tarquinius mit Gabii, der auf dem Fell des dabei geopferten Stieres aufgezeichnet wurde, noch zu seiner Zeit im Tempel des Sancus zu sehen gewesen sein. Die -γράμματα άρχαίκά werden ausdrücklich erwähnt. Vgl. S c h a n z - H o s i u s l,320f.; zu den libri lintei ebd. l,27f.; vgl. aber A. K l o t z , Diodors römische Annalen: Rhein. Mus. 86 (1937) 217/9 und R. M. O g i l v i e , Livy, Licinius Macer and the libri lintei: Journ. of. Rom. Stud. 48 (1958) 40/6.

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liehe Orakel aus dem Tempelinneren hervorholte, die zweihundert Jahre früher angeblich eine Prophetin erteilt hatte. Ein Traumbild hatte ihn zu diesem Fund angehalten. Der Inhalt der Botschaft war, daß einmal ein Herrscher aus Spanien kommen werde. Byzantinischen Fälschern christlicher Orakel kam diese Art der Beglaubigung gelegen. In der Tübinger Theosophie wird eine Doppelauffindung erzählt 10: Das Orakel des Apollon über den dreieinigen Gott, die Menschwerdung Gottes und die Jungfrau Maria, die später seinen Tempel besitzen werde, soll nach einer Überlieferung zur Zeit des Kaisers Leon I (457-474 n.Chr.) in einem Heiligtum zu Kyzikos wie auch in Athen gefunden worden sein11. Nach anderer Überlieferung sollen schon die Argonauten das Orakel erhalten, mit ehernen Buchstaben auf eine Marmortafel geschrieben und am Heiligtum der Mater deorum angebracht haben. Dieser Tempel sei darauf unter Kaiser Zenon zu einer Marienkirche umgestaltet worden 12 . In einer späteren Bearbeitung angeblich heidnischer, in Wahrheit von Christen erfundener Prophezeiungen ist eine Auffindungsgeschichte ausführlicher mitgeteilt: ,die Erzählung eines Philosophen über die Vorhersagen der sieben griechischen Philosophen' [d. s. die .Sieben Weisen']13. Nach dieser späten byzantinischen Überlieferung hatte Diogenes die Orakel im Heiligtum des Apollon niedergelegt. Konstantin habe sie bei der Errichtung einer Kirche für die Gottesmutter entdeckt und „zur Erbauung des christlichen Glaubens und zur Vernichtung der Häretiker" in seinen Palast bringen lassen. Durchaus legendär ist ein Bericht des Nikephoros Kallistos: er will seine Kenntnisse einer geheimen Quelle verdanken 14 . Als die Juden unter Julian versuchten, ihren Tempel wieder aufzubauen, habe man in den Fundamenten eine unterirdische Kammer entdeckt, die mit Wasser angefüllt war. Auf einer Stele habe ein Bauarbeiter ein Büchlein gefunden, das neu und unberührt aussah. Es war in ein ganz weiches und sehr reines Tuch eingeschlagen. Die Schrift war aber nichts anderes als das kanonische Johannesevan10

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Die zweifache Auffindung an verschiedenen Orten dient der Echtheitsbeglaubigung ähnlich wie Doppelvisionen oder Doppelträume bei Reliquienfunden (s. o. S. 68 Anm. 12). § 53 (180 E r b s e ) ; wiederholt in der Symphonia 9 (205 E r b s e ) . Vgl. auch die .Orakel und Theologien griechischer Philosophen' 10 (211 E r b s e ) und die ,Prophetie der sieben Weisen' 1 (213 E r b s e ) . Theodotos von Ankyra, serm. 6 in S. deiparam 14 (PG 77,1430 C/D) erwähnt wohl erstmals dieses Orakel. Vgl. E r b s e 117/21. Johannes Malalas, der dieses chron. 4 (PG 97,157 f.) überliefert, hat nach E r b s e 121 wahrscheinlich selbst diese Verbindung mit dem Argonautenzug vollzogen. 220/22 E r b s e . Hist. eccl. 10,33 (PG 146,541 f.) ev άπορρήτοις; seine Quelle aber war Philostorgios, hist, eccl 7,14 (GCS 21, 99).

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gelium. — Es ist nicht ausgeschlossen, daß auf diesen Bericht die alttestamentliche Überlieferung von der Auffindung des Deuteronomiums eingewirkt hat, das zur Zeit des Königs Josia im Jahre 621 v. Chr. im Tempel von Jerusalem zutage getreten war l s . Im 9. Jahrhundert haben sich vielleicht von hier Hilduin von St. Denis und Hinkmar von Reims zu ihren Beglaubigungen anregen lassen16. Die Möglichkeit einer in Szene gesetzten Buchauffindung ist auch beim Deuteronomium nicht ganz abzuweisen17. 15 16

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2 Kön. 22,8f.; 2 Chion. 34,14f. Hilduin, der nachzuweisen suchte, der hl. Dionysius von Paris sei kein anderer als der Areopagite, spielt in seinem Schreiben an alle Söhne der katholischen Kirche auf den Fund des Deuteronomiums an (MG epist. 5,336). Im Brief an Ludwig den Frommen nennt er c. 5 (MG epist 5,330) als eine seiner angeblichen Quellen die conscriptio Visbii, quae in tomo satis superque abdito Parisiis divino est nutu inventa (vgl· C. de B y e : ASS Oct. 4,706). Der nutus divinus wird oft als Anlaß zu Buch- und Reliquienfunden genannt. Vgl M. B u c h n e r , Die Areopagitica des Abtes Hilduin von St. Denis und ihr kirchenpolitischer Hinteigrund: Hist. Jahrb. 56 (1936) 465 f. - VgL Hinkmar in der Vorrede zu seiner Vita des hL Remigius (MG Scr. rer. Mer. 3,250/4; dazu W i l h e l m 307/11). Vgl. M ö l l e r (s. o. S. 113) 183f.; L e i p o l d t - M o r e n z , Heilige Schriften 28f. und S. Μ ο r e η ζ : Ägyptologie 201 haben diese Auffindung mit angeblichen ägyptischen Buchentdeckungen verglichen, ohne von den durch E. N a v i l l e nach 1907 für einige Jahre ausgelösten Diskussionen zwischen den Alttestamentlern zu wissen (vgl. zusammenfassend S. E u r i n g e r , Die ägyptischen und keilinschriftlichen Analogien zum Funde des Codex Helciae [4 Kg 22 u. 2 Chr 34]: Biblische Zeitschr. 9 [1911] 230/43. 337/49; 10 [1912] 13/23. 225/37). Vgl. ferner A. Alt, Die Heimat des Deuteronomiums: Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel 2 (München 1953) 250/75; O. E i s s f e l d t , Einleitung in das Alte Testament 3 (Tübingen 1964) 308/10; M. N o t h , Geschichte Israels^ (Göttingen 1966) 248f.; ders.. Gesammelte Studien zum Alten Testament: Theol. Bücherei 6 3 (München 1966) 59f. und D. J. M c C a r t h y , Der Gottesbund im Alten Testament: Stuttgarter Bibelstudien 13 (1966) 43/5. - Von einem Buchfund berichtet eine Urkunde der Hethiter: die sogenannten Pestgebete Königs Mursiiis II (um 1353-1325 v.Chr.); Umschrift und Übersetzung von A. Götze, Die Pestgebete des MursiliS: Kleinasiatische Forschungen 1 (1930) 161/251 (vgl. R. P e t t a z z o n i , La confessione dei peccati 2,3 [Bologna 1936] 39/46): Die Pest wütet schon seit zwanzig Jahren im Hethiterland. (Krankheit und Unheil faßt man überall im Orient als Folgen der Sünde auf.) König Mursiiis tut Buße und bekennt die Sünden seines Vaters, da unter seiner Regierung die Pest schon ausgebrochen war. Aber die im ersten Gebet bekannten Verfehlungen können nicht die einzigen sein, weil die Pest immer noch nicht erloschen ist. Im zweiten Gebet berichtet der König über das Leid im Lande und wie er sich wegen des Zorns der Götter (s. o. S. 58 Anm. 37) an das Orakel gewandt habe: Wörtlich heißt es (2,3,4): „[Da fand ich] zwei uralte Tafeln". Die eine Tafel sprach über die unterlassenen Opfer für den Mala-Fluß, die andere über Eide, welche die Hethiter mit den Ägyptern geschlossen, aber nicht gehalten hatten; vgl. 2,3,5; 2,4,1; 2,6,1 (209/13 G ö t z e ) ; 2,5,2: „Und wie ich da die erwähnte Tafel über das Land Ägypten vorfand, machte ich darüber eine Orakelanfrage an die Gottheit". Der König bekennt darauf dem Wettergott die Schuld seines

2. Der vorgetäuschte Hinweis auf Bibliotheken und angebliche Funde in Bibliotheken oder Archiven Während in der griechischen und römischen Welt echte Buchfunde in Gräbern, von den Orphikern einmal abgesehen, nicht vorgekommen sein können, derartige Fundberichte daher sogleich Argwohn erwecken müssen und entweder in das Reich der dichterischen Erfindung und der Legende gehören oder aber Fälschungen sind, können entsprechende Nachrichten über Funde in Bibliotheken und Archiven sehr wohl auf Wahrheit beruhen. Meist verrät der Inhalt einer Schrift, die dort gefunden sein soll, ob derartigen Angaben zu trauen ist oder nicht. Selbst wenn die Schriften nicht mehr vorhanden sind, kann man oft noch zuverlässig urteilen, da die Verfasser sich durch ihre Mitteilungen über den Inhalt des wirklich oder angeblich gefundenen Buches in ihrem Wesen zu erkennen geben. Bevor wir einzelne heidnische und christliche Nachrichten über angebliche Bibliotheks- und Archivfunde vorführen, sollen die Hinweise auf eine Verwahrung in Bibliotheken, wie sie mehrfach in den schon besprochenen Fundberichten vorgekommen sind, und andere vergleichbare Zeugnisse erläutert werden. Wie hoch die Bibliotheken im Altertum geschätzt wurden, zeigt nicht zuletzt das Vorgehen der Fälscher. Verschiedene Berichte über Buchfunde aus der Erde schließen damit, daß der Kaiser die Schriften einer öffentlichen oder der eigenen Bibliothek zur Aufbewahrung anvertraut habe. Mit diesem Hinweis sollte die Bedeutung und der hohe Wert des entdeckten Buches erwiesen werden. Diktys-Septimius sagt in der Vorrede zu seinem Trojabuch, daß Nero annates nomine Dictys inscriptos in Graecam bibliothecam recepiti. Johannes Malalas spricht dabei von einer öffentlichen Bibliothek2. Da der ständige Regierungssitz des Kaisers Rom ist, so ist auch bei dieser griechischen Bibliothek an eine Bibliothek Roms zu denken. Die stadtrömischen Bibliotheken bestanden meist aus zwei Abteilungen, der bibliotheca Graeca und der bibliotheca Latina. An welche Bibliothek von Rom Diktys-Septimius gedacht hat, läßt sich nicht mehr ermitteln. Von Nero weiß man, daß er in Vaters gegenüber den Ägyptern und seine eigene gegen den Mäla-Fluß. - Auffallend ist die Angabe, daß die Tafeln uralt gewesen sind, da die auf den Tafeln berichteten Ereignisse nur wenige Jahre zurücklagen. Vielleicht haben die Priester den Willen der Götter selbst gedeutet und ihre Erklärung dem König geschickt zugespielt. Da Verbindungen zu Ägypten bestanden, kann die gewählte Beglaubigung durch ägyptische Vorbilder beeinflußt worden sein. 1 Diktysp. 3,11/3 E i s e n h u t . 2 Chron. 10 (PG 97,381 A); ev rfi δημοσίςι βφλιοϋήκχ,.

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seinem Palast, der Domus aurea, eine Privatbibliothek einbauen ließ 3 . Da es in Rom aber seit Asinius Pollio und Augustus fünf große öffentliche Bibliotheken gegeben hat, dürfte der Bericht des Diktys-Septimius vielmehr eine von diesen gemeint haben4. Die Vorrede zur Paulusapokalypse schloß in der griechischen Fassung damit, daß Theodosius II die Urschrift nach Jerusalem sandte und eine Abschrift zurückbehielt, in der lateinischen Übersetzung aber so, daß Theodosius das Original verwahrte und die Abschrift nach Jerusalem schicktes. Die Bibliothek zu Jerusalem wird von A. E h r h a r d als die älteste Palästinas bezeichnet6. Alexander, Bischof von Jerusalem, hatte die Bibliotheca Aelia um 212 n.Chr. gegründet. Eusebios konnte sie, als er seine Kirchengeschichte abfaßte, mit Erfolg benutzen7. Nach Ehr h a r d hat die Bibliothek des hl. Grabes mit der von Eusebios bezeugten nichts zu tun 8 . Jene Bibliothek des hl. Grabes erwähnt ein Presbyter Hesychios im ungeschichtlichen Martyrium S. Longini. Hesychios aber ist gewiß nicht der bekannte im 5. Jahrhundert lebende Presbyter, sondern entweder ein anderer gleichnamiger Hesychios des 7. Jahrhunderts oder eher ein Fälscher, der sich hinter der Maske des Presbyters verbirgt9. Die Paulusapokalypse ist am Anfang 3

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Der apsisförmige Raum mit rechteckigen Nischen ist heute noch erhalten. Vgl. Chr. C a l l m e r , Antike Bibliotheken: Opuscula archaeologica 3 = Skrifter utgivna av Svenska Institutet i Rom 10 (Lund-Leipzig 1944) 160f. (mit Grundriß). C. Asinius Pollio errichtete 39 v. Chr. eine öffentliche Bibliothek im Tempel der Libertas, in der Nähe des Forums. Augustus stiftete die Bibliotheken auf dem Palatin in der Porticus des 28 v. Chr. geweihten Apollotempels und auf dem Marsfeld in der Porticus der Octavia (nicht vor 23 v. Chr.). Diese Bibliotheken bestanden aus einer griechischen und einer lateinischen Abteilung. Auf Livia und Tiberius geht die Bibliothek im sogenannten Neuen Tempel des Augustus auf dem Palatin zurück. Schließlich war noch eine fünfte Bibliothek in der domus Tiberiana untergebracht. Vgl. K. D z i a t z k o , Art. Bibliotheken: PW 3 (1899) 417f.; C. W e n d e l , Art. Bibliothek: RAC 2 (1954) 244 und C. W e η d e 1 - W. G ö b e r : Handbuch der Bibliothekswissenschaft 3 2 (Wiesbaden 1955) 119/22. Die Zeugnisse der antiken Schriftsteller zu den genannten Bibliotheken findet man bei H. F u n a i o l i , Grammaticae Romanae tragmenta 1 (Leipzig 1907) 29*f. Zu den Gebäuden vgl. C a l l m e r a. O. 156/60. Vgl. W e n d e l - G ö b e r l 3 8 f . Dieses Zeugnis über die Bibliothek in Jerusalem ist in den Arbeiten über antike Bibliotheken bisher ebenso übersehen worden wie die zuvor (s. o. S. 129 f.) erwähnte Bemerkung des Diktys über eine Bibliotheca Graeca in Rom. Die griechische Patriarchal-Bibliothek von Jerusalem (Die Bibliothek des hl. Grabes): Rom. Quartalschr. 6 (1892) 339/65. Hist. eccl. 6,11,20. 27 Rom. Quartalschr. 6,34 2 f. PG 93,1560 A: εγώ 'Ησύχιος πρεσβύτερος 'Ιεροσολύμων πολλά epevνήσας μετά πολλού καμάτου ήδυνήδην evpelv τοϋ äylov Aoyyivov τοϋ εκατοντάρχου . . .

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des 5. Jahrhunderts verfaßt. Möglicherweise bestand damals in Jerusalem noch die von Eusebios benutzte Bibliothek10. Ob man nach der Meinung des Verfassers annehmen sollte, die Apokalypse sei in diese Bibliothek oder in die des hl. Grabes aufgenommen, läßt sich nicht beantworten. Der Fälscher mußte jedenfalls bei allen Angaben, die zu seiner Zeit noch leicht nachzuprüfen waren, große Vorsicht walten lassen. Deshalb sind die Nachrichten über die Bibliotheken auch ziemlich farblos gehalten. Die Erzählung von der Auffindung des Matthäusevangeliums im Grab des hl. Barnabas endet mit dem Hinweis, Kaiser Zenon habe das Evangelium in die Palastkirche des hl. Stephanus in ,Daphne' bringen lassen. Diese Bemerkung ist nicht erfunden, denn wenig später hat Severus von Antiochien tatsächlich das kostbar eingebundene Evangeliar dort gesehen11. Hier hat also die Fälschung ihr Ziel erreicht. Hingegen ist der Schlußabschnitt der ,Erzählung eines Philosophen über Orakel der sieben griechischen Philosophen [d. s. die .Sieben Weisen']' gänzlich erdichtet. Konstantin soll diese Weissagungen, die in Wirklichkeit christliche Fälschungen waren, in seine Residenz gebracht haben12. Die hier nicht ausdrücklich genannte Bibliothek — vielleicht die private Büchersammlung des Kaisers - darf man wohl nach den vergleichbaren Berichten erschließen. Für diese Art der Beglaubigungen seien noch einige weitere Beispiele angereiht: Schon den Kritikern des Altertums ist es nicht entgangen, daß sich vor den Phainomena des Arat verschiedene unechte Vorreden befunden haben13. Die sogenannte zweite Isagoge des Anonymus II (8.Jhdt.n.Chr.)bietet dazu folgende Angaben: de praefatione autem quod esset Arati et quoniam in Macedonia{m} est invention in Antigoni bibliotheca {m} quidam