Bankvertragsrecht. Band 1, Grundlagen und Commercial Banking [1] 9783110485714, 9783110498585, 9783110497465, 2019953834

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German Pages XIX, 1266 p. [1296] Year 2020

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Bankvertragsrecht. Band 1, Grundlagen und Commercial Banking [1]
 9783110485714, 9783110498585, 9783110497465, 2019953834

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht & Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Bankvertragsrecht
Band 1. Grundlagen und Commercial Banking
ERSTER TEIL. Kreditwesen und Organisation
ZWEITER TEIL. Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis
DRITTER TEIL. Zahlungsgeschäft
VIERTER TEIL. Kreditgeschäft
ERSTER ABSCHNITT. System, Rechtsrahmen und Instrumente
ZWEITER ABSCHNITT. Das Passivgeschäft
DRITTER ABSCHNITT. Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts
VIERTER ABSCHNITT. Der Unternehmenskredit
FÜNFTER ABSCHNITT. Der Verbraucherkredit
SECHSTER ABSCHNITT. Vertragliche Kreditsicherung
Sachregister

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Grundmann Bankvertragsrecht De Gruyter Kommentar

I

II

Grundmann

Bankvertragsrecht Grundlagen und Commercial Banking | Kommentar

Herausgegeben von Stefan Grundmann Bearbeiter: Erster–Dritter Teil Stefan Grundmann Vierter Teil Moritz Renner Band 1

III

Diese Sonderausgabe enthält die grundlegend überarbeitete und aktualisierte Fassung der Partien zum Kreditwesen, dem Bank-Kunden-Verhältnis und zum Commercial Banking (Zahlungs-, Einlagen- und Kreditgeschäft) aus den Bänden 10/1 und 10/2 der 5. Auflage des Staub, Großkommentar zum Handelsgesetzbuch. Professor Dr. Stefan Grundmann, Humboldt-Universität zu Berlin/European University Institute, Florenz Professor Dr. Moritz Renner, Universität Mannheim Zitiervorschlag: z.B. Renner in Grundmann, Bankvertragsrecht Vierter Teil Rn 17 oder Grundmann/Renner Vierter Teil Rn 17 Sachregister: Christian Klie

ISBN 978-3-11-048571-4 e-ISBN (PDF) 978-3-11-049858-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-049746-5 Library of Congress Control Number: 2019953834 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz/Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen www.degruyter.com

IV

Vorwort

Vorwort Vorwort Vorwort https://doi.org/10.1515/9783110498585-202 Mit diesen beiden Sonderbänden werden die 2015–2018 veröffentlichten Bände 10/1, 10/2, 11/1 und 11/2 des Staub’schen Großkommentars (5. Auflage) mit ihrer Gesamtkommentierung zum Bankvertragsrecht als nunmehr zusammenhängendes Gesamtwerk mit (nahezu) einheitlichem Bearbeitungsstand vorgelegt. In vielen Teilen bedeutete bereits die Spanne von zwei bis fünf Jahren eine grundlegende Revision oder sogar Neukommentierung. Wie schon 2015–2018 handelt es sich um eine Kommentierung des gesamten Bankvertragsrechts „aus einer Hand“, mit sehr wenigen Autoren und intensiver Abstimmung – sowie dem Großteil der Kommentierung ohnehin in der Verantwortung allein des namengebenden Autors. Zudem handelt es sich wieder um eine Kommentierung des gesamten Bankvertragsrechts mit all seinen relevanten Bezügen – namentlich einschließlich seiner institutionellen, organisatorischen, internationalen, europarechtlichen und (im sinnvollen Umfang) interdisziplinären Kontextualisierung. Zentral ist wieder die Feststellung, dass Bankrecht im Gehalt primär europarechtlich verfasst ist, es sich also in seiner Gesamtarchitektur um einen Europäischen Kommentar handelt. Wie schon das maßstabsetzende Vorgängerwerk von Claus-Wilhelm Canaris erscheint das Werk also fortan gleichermaßen periodisch als gewichtige Bandfolge im Staub’schen Großkommentar als auch – in einem Stück – als eigenständige Sonderpublikation zum gesamten Bankvertragsrecht. Die Kernidee blieb – trotz der Tiefe von Revision und Neukommentierung – diejenige aus der 5. Auflage des Staub’schen Großkommentars: Als Claus-Wilhelm Canaris – im Staub und als Sonderveröffentlichung – das Vorgängerwerk zu dieser Darstellung schrieb, war die Aufgabe ein völlig andere. Mit seiner Kommentierung schuf er das Bankrecht in Deutschland erst wirklich. Im Kontext relativ weniger Publikationen, zu einer Zeit, als sich der Bankrechtssenat am BGH noch aus dem Gesellschaftsrechtssenat herauszuentwickeln hatte, fasste er Judikate, Aufsätze, einige Monographien und vor allem allgemeine deutsche privatrechtliche Theorie und Dogmatik zusammen und bildete daraus das Bankrecht in Deutschland. Ein Prometheus. Er schuf damit eine der berühmtesten deutschen Kommentierungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Heute ist die Situation eine gänzlich andere. Zum Bankrecht gibt es eine Vielzahl von Publikationen, alle größeren verantwortet von einem personenreichen Autorenteam, zum Bankrecht judiziert ein eigener BGH-Senat – neben vielen Obergerichten – und nicht selten auch der EuGH. Das Bankrecht ist jedoch keineswegs nur ungleich materialreicher. Es ist längst auch nicht mehr allein Ausfluss einer privatrechtlichen Theorie und Dogmatik, sondern auch, vielleicht sogar vorrangig aufsichtsrechtlich verfasst und dies auch in den Beziehungen zwischen Marktteilnehmern, besonders deutlich im Effekten-, aber auch im Kredit- und Zahlungsgeschäft. Der Wertpapierhandel bei Canaris ist Vertragsrecht, der Wertpapierhandel heute ist vor allem Marktrecht – mit auch privatrechtlichen Durchsetzungsmechanismen. Und nicht zuletzt ist das Bankrecht auch längst nicht mehr primär deutsches Recht, überwiegend ist es Europäisch verfasst. Eine Neukommentierung muss also nicht nur wegen der Lücke von fast vier Jahrzehnten, sondern wegen der völligen Neustrukturierung des Gebiets einen gänzlich anderen Charakter haben. Wo das Bankrecht am stärksten Europäisch verfasst ist und wo sich aufsichtsrechtliche und vertragsrechtliche Dimension am stärksten mischen, im Effektengeschäft („Investment Banking“), da ist die zeitliche Lücke auch besonders groß und inhaltlich besonders naheliegend: Diesen Bereich hat Canaris zuletzt 1981 überarbeitet. Dieses Gebiet ist aber schon seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts stärker Europäisch und markt- und aufsichtsrechtlich verfasst als jeder andere bankrechtliche Bereich. Eine Gesamtdarstellung „aus einer Hand“ kann nicht in Detailtiefe und -reichtum mit vielbändigen Handbüchern aus der Feder von zwei- bis dreistelligen Autorenzahlen konkurrieren, nicht mit Kommentierungen von Einzelgesetzen, etwa dem WpHG, von teils mehreren Tausend Seiten. Ziel kann vielmehr nur dreierlei sein: Ziel ist es, die Gesamtmaterie wieder in einer V https://doi.org/10.1515/9783110498585-202

Vorwort

durchgängigen Struktur zu sehen, mit einem roten Faden, insbesondere auch die Querbezüge zwischen den Einzelstücken betonend, den Blick hierfür schärfend, aus „einer Feder“ oder jedenfalls aus „einem Guss“. Ziel ist es sodann, das Bankrecht nicht allein als deutsches zu verstehen, sondern durchgängig – geradezu mit gleichem Gewicht – in seiner meist internationalen (überwiegend europarechtlichen) Herkunft und in seiner Einbettung in internationale Kontexte, d.h. grenzüberschreitende Sachverhalte. Das Bankgeschäft ist nicht zuletzt (auch) international. Und Ziel ist es zuletzt, den großen Bogen zwischen privater Gestaltung und Gestaltungsfreiheit, „Vertragsrecht“, einerseits und (aufsichtsrechtlicher) Ordnung, vor allem Marktordnung, andererseits immer durchgängig zu spannen und zu problematisieren. Das Bankgeschäft ist – wie nicht zuletzt die globale Finanzkrise wieder zeigte – (auch) systemisch, und erschöpft sich nicht nur in Individualbeziehungen. Zugleich ist es in besonderem Maße Kautelarrecht, mit AGBs von branchenweiter Bedeutung. Schon in Canaris Feder wurde das Bankvertragsrecht ein Paradigma des Privatrechts allgemein, beispielsweise, indem er es (erstmals) unternahm, jeweils den Vertrag von seiner „Geburt“ bis hin zu seinem „Tod“, bis hinein in die Insolvenz, durchzuformen und nachzuzeichnen, oder auch, indem er es aus dem Bankrecht heraus unternahm, ein neues Bereicherungsrecht – insbesondere in der Dreiecksbeziehung – zu schreiben. Ähnlich paradigmatisch ist Bankrecht heute, freilich in anderen Punkten: in der Internationalität (mit fast schon kodifikatorischer Durchbildung auf EU-Ebene), in der Verbindung von Einzelbeziehung und allgemeiner Marktordnung, and aus beiden Gründen letztlich auch in seinem Methodenreichtum, gerade auch als Kernmaterie für disziplinenübergreifende Denkansätze. All dies auch für praktische Ansprüche handhabbar zu machen und darzustellen, ist Reiz und Herausforderung der Aufgabe, der vorliegenden Gesamtdarstellung. Dieser Gesamtidee folgen alle Teile. Zuerst werden Funktion und institutioneller Rahmen des Bankgeschäfts – dieses ist im Kern Bankvertragsrecht – vorgestellt, einschließlich einer methodischen Grundlegung (in Ökonomik, breiterer Interdisziplinarität und Europäischem Zuschnitt). In den verbleibenden sieben Teilen werden zuerst die Pfeiler der allgemeinen BankKunden-Beziehung analysiert (Verhaltenspflicht mit Bankgeheimnis, Kontokorrent und Kautelarrecht mit AGB-Banken – Teil 2), sodann die Einzelgeschäfte. Auf das Europäisch kodifizierte Zahlungsgeschäft (Teil 3) folgt das Einlagen- und Kreditgeschäft, das in dem einen Zweig, dem Verbraucherkreditrecht, ebenfalls stark Europäisch überformt ist (4. Teil) – all dieses im vorliegenden ersten Band der Gesamtdarstellung und Sonderveröffentlichung (Grundlagen und Commercial Banking). Im zweiten Band folgt – im Abstand von wenigen Monaten – das Investment Banking. Dieses ist – funktional – aufgefächert in die drei wichtigsten Dimensionen: das Handeln am Markt (6. Teil); die Organisation der Wertpapierfirmen nach innen, die Risikomanagement und Compliance mit dem komplexen Rechtsrahmen verbürgen soll, sowie die Marktorganisation (7. Teil); und die individuelle Kundenbeziehung mit Beratungs-, Informations-, Interessenwahrungs-, Gestaltungs- und sonstigen Fairness- und Sorgfaltspflichten (8. Teil). Einleitet wird auch dieser zweite Band durch einen Allgemeinen Teil (5. Teil) – nun speziell zur Materie Investment Banking mit ihrer eigenen Komplexität und Dynamik –, durch einen Allgemeinen Teil, der seinerseits auf Teil 1 aufsetzt und ihn für den spezifischen Kontext fortentwickelt. Die Autoren haben den ganzen Band gemeinsam diskutiert und konzipiert, dabei lag die Verantwortung für das Kreditrecht bei Moritz Renner, für die anderen Materien bei Stefan Grundmann. Über die in den Bänden 10/1 bis 11/2 genannten Mitarbeiter hinaus wollen die Autoren sehr herzlich danken Frau Nadja Rode, Anna Hillenbrand und Uta Müldner sowie den Herren Dr. Nikolai Badenhoop, Jan Böhle, Henning Böttcher, Dr. Michael Denga, Dr. Roman Kehrberger, Torsten Kindt, Dr. Philipp Schmalenbach, Sebastian Seidel und Zeno Wirtz, die mit großem Engagement mitgewirkt haben. Und sie danken für die zahlreichen Anregungen aus dem Kollegenkreis und der Praxis. Das Werk ist – in Band 1 – auf dem Stand vom 1.1.2020, vereinzelt darüber hinaus. Berlin und Florenz, im Frühling 2020 VI

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht https://doi.org/10.1515/9783110498585-203 Vorwort | V Inhaltsverzeichnis | IX Abkürzungsverzeichnis | XVII Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur | XXVII

Bankvertragsrecht Band 1 · Grundlagen und Commercial Banking Bankvertragsrecht: Kreditwesen und Organisation; Bank-Kunden-Verhältnis; Commercial Banking: Zahlungs- und Kreditgeschäft ERSTER TEIL Kreditwesen und Organisation | 1 ERSTER ABSCHNITT Kreditwesen und Bankgeschäft | 1 ZWEITER ABSCHNITT Aufsicht und Organisation des Kreditwesens | 23 DRITTER ABSCHNITT Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext | 113 ZWEITER TEIL Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis | 125 ERSTER ABSCHNITT System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses | 125 ZWEITER ABSCHNITT Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten | 135 DRITTER ABSCHNITT Bankkonto | 196 VIERTER ABSCHNITT Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) | 278 DRITTER TEIL Zahlungsgeschäft | 357 ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente | 373 ZWEITER ABSCHNITT Organisationsrahmen der Parteien | 428 DRITTER ABSCHNITT Initiierung der Einzeltransaktion | 497 VIERTER ABSCHNITT Ausführung und Haftung (mit Klauselanhang) | 545 FÜNFTER ABSCHNITT Sonstige Zahlungsinstrumente | 708

VII

Inhaltsübersicht

VIERTER TEIL Kreditgeschäft | 781 ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen und Instrumente | 782 ZWEITER ABSCHNITT Das Passivgeschäft | 793 DRITTER ABSCHNITT Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts | 822 VIERTER ABSCHNITT Der Unternehmenskredit | 921 FÜNFTER ABSCHNITT Der Verbraucherkredit | 1020 SECHSTER ABSCHNITT Vertragliche Kreditsicherung | 1187 Sachregister | 1229

VIII

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110498585-204 Vorwort | V Inhaltsübersicht | VII Abkürzungsverzeichnis | XVII Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur | XXVII

Bankvertragsrecht Band 1 · Grundlagen und Commercial Banking Bankvertragsrecht: Kreditwesen und Organisation; Bank-Kunden-Verhältnis; Commercial Banking: Zahlungs- und Kreditgeschäft ERSTER TEIL Kreditwesen und Organisation | 1 ERSTER ABSCHNITT Kreditwesen und Bankgeschäft | 1 Bankgeschäft und Kreditwirtschaft (mit Bankbetriebswirtschaft) | 4 I. II. Kreditwesen (Institutionen) | 13 III. Rechtlicher Bezugsrahmen des (Handels-)Rechts der Bankgeschäfte | 22 ZWEITER ABSCHNITT Aufsicht und Organisation des Kreditwesens | 23 Regulierungsrahmen und Institutionelles System der Bankaufsicht | 34 A. I. Materiellrechtliche Regulierung auf Europäischer Ebene | 35 II. Europäische Bankenunion und sonstiges Institutionelles System der Bankaufsicht | 51 III. Umsetzung, autonome Regulierung und Zuständigkeiten in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten | 68 B. Bankaufsicht und Bankprivatrecht | 92 I. Regulierung (etwa Bankaufsichtsrecht) und Privatrecht im Grundsatz | 92 II. Bankaufsicht und Bankorganisationsrecht (einschließlich Abwicklung) | 95 III. Bankaufsicht und Bankprivatrecht i.e.S. (Kundenbeziehung) | 99 C. Wichtige materiellrechtliche Einzelfelder der Bankaufsicht – Grundzüge | 101 I. Erlaubnispflicht | 101 II. Solvabilitäts- und Liquiditätsvorgaben (mit Eigenkapitalanforderungen) | 103 III. Organisationsvorgaben | 106 IV. Aufsichtsrecht der Bankenkrise (Sanierung, Abwicklung, Einlagensicherung) – Grundzüge | 108 DRITTER ABSCHNITT Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext | 113 I. Überblick und System (mit Verweis) | 114 II. Inter-/Supranationales Recht als Obergrenze | 115 III. Inter-/Supranationales Recht als Untergrenze | 119 IV. Hauptregelsetzer und -gebiete | 123 IX

Inhaltsverzeichnis

ZWEITER TEIL Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis | 125 ERSTER ABSCHNITT System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses | 125 I. Vielzahl der Einzelgeschäfte – Einbettung in eine Geschäftsbeziehung | 126 II. Konglomerat von Privatrecht und Regulierung (Schutzregime), auch supranational | 130 ZWEITER ABSCHNITT Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten | 135 A. Bankverhaltenspflichten (insbesondere Aufklärung, Warnung, Beratung, Haftung) | 142 I. Bankverhaltenspflichten | 142 II. Aufklärung, Warnung und Beratung – Allgemeine Grundsätze | 148 III. Aufklärung, Warnung, Beratung in den einzelnen Bankgeschäften | 158 B. Bankgeheimnis sowie Datenschutz und ihre Durchbrechungen (mit Bankauskunft, SCHUFA-System und Geldwäsche) | 167 I. System des Geheimnisschutzes im Bankgeschäft – Überblick | 167 II. Bankgeheimnis | 169 III. Datenschutz als konkurrierendes Schutzinstrument | 173 IV. Standardisierte Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit | 176 V. Durchbrechungen im Steuer- und Strafrecht | 186 VI. Sonstige Durchbrechungen im Zivilrecht | 192 DRITTER ABSCHNITT Bankkonto | 196 A. Bankkontokorrent – Grundidee, Grundzüge und Bestand | 204 I. Inhalt und Zweck des Konto- und Bankkontokorrents | 204 II. Eröffnung und Kündigung des Bankkontos | 209 B. Wirkung des Bankkontokorrents | 217 I. Voraussetzungen von Kontokorrent und Kontozugehörigkeit | 217 II. Lähmung, Saldierung und Anerkenntnis als die zentralen Rechtsfolgen | 220 III. Überformung des Bankkontokorrents durch den Girovertrag | 225 IV. Einzelbuchung | 227 V. Einzelne spezifische Rechtsfolgen | 230 C. Kontoformen und Zuordnung | 234 I. Fremdwährungskonto | 234 II. Fragen der Berechtigung und Verfügungsmacht an Bankkonten | 236 III. Bankkonto im Erbfall | 246 D. Bankkonto in der Krise | 252 I. Pfändung | 252 II. Insolvenz | 262 Anhang 1: AGB Oder-Konto | 268 Anhang 2: AGB Und-Konto | 271 Anhang 3: AGB Anderkonten | 274 X

Inhaltsverzeichnis

VIERTER ABSCHNITT Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) | 278 A. AGB-Regelwerke, Anwendungsfragen und Kontrolle | 281 I. AGB-Regelwerke der Kreditinstitute | 281 II. Anwendungsfragen und Kontrolle | 285 B. Die einzelnen AGB (Banken/Sparkassen) | 295 I. Grundregeln (Nr. 1–6 AGB-Banken) | 295 II. Kontoführungs- und Mitwirkungsfragen (Nr. 7–11 AGB-Banken) | 307 III. Entgeltfragen (Nr. 12 AGB-Banken) | 320 IV. Sicherheiten (Nr. 13–17 AGB-Banken) – Überblick | 329 V. Kündigung des Rahmenvertrages (Nr. 18, 19 AGB-Banken) | 339 VI. Einlagensicherung und Verfahrensfragen (Nr. 20, 21 AGB-Banken) | 342 Anhang 1: AGB-Sparkassen | 345 DRITTER TEIL Zahlungsgeschäft | 357 ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente | 373 Vor § 675c BGB: Zahlungsverkehr, (Europäisches) Zahlungsdiensterecht A. und Zahlungsinstrumente | 373 I. Zahlungsverkehr und (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Rechtsund Organisationsrahmen | 374 II. Zahlungsdienste und -instrumente | 386 B. §§ 675c, 675e BGB: (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Anwendungsbereich und Abdingbarkeit | 408 I. Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts – Gesamtsystem und Überblick | 409 II. Begriffsbestimmungen des KWG, ZAG, E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 bis 4 BGB) | 412 III. Allgemein-Schuldrechtliche Vertragstypen als Auffangregeln (§ 675c Abs. 1 BGB) | 417 IV. Ausnahmen vom Anwendungsbereich und Abdingbarkeit (§ 675e BGB) | 419 V. Klauselwerke des Zahlungsdienstleistungsverkehrs | 424 ZWEITER ABSCHNITT Organisationsrahmen der Parteien | 428 C. Valutaverhältnis: Insbes. Zulassung und Erfüllungswirkung des Zahlungsdienstes(-instruments) | 428 I. Regelung im Allgemeinen Schuldrecht | 428 II. Überweisung | 429 III. Lastschrift | 435 IV. Kartenzahlung | 439 V. Alternative Zahlungssysteme (insbes. PayPal) | 442 D. § 675d BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB: Allgemeine Informationspflichten im Zahlungsdienstevertrag | 443 I. System, insbes. Standardisierte Informationspflichten | 450 II. Standardinformation – Inhalt und Form (§ 675d Abs. 1, 2 und 5 BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB) | 452 XI

Inhaltsverzeichnis

III.

E.

F.

Standardinformation – Sonstige Modalitäten (§ 675d Abs. 3 und 4 BGB) | 456 §§ 675f bis 675h BGB: Zahlungsdienste-, insbes. Zahlungsdienste-Rahmenvertrag und sein Bestand | 457 I. § 675f Abs. 1–5 BGB: Begründung und Inhalt des Zahlungsdienstevertrages (auch Zahlungsauslösedienst), insbes. zum Zahler („Deckungsverhältnis“) | 458 II. § 675f Abs. 6 BGB: Zahlungsdienstvertrag (bei Kartenzahlung) im Verhältnis zum Zahlungsempfänger/Händler („Zuwendungsverhältnis“) | 478 III. § 675g, 675h BGB: Änderung, Anpassung und Beendigung des Zahlungsdienstevertrages | 480 § 675i BGB: Elektronische Geldbörse und ähnliche Kleinbetragsinstrumente | 486 I. Sonderregime für Kleinbetragsinstrumente | 487 II. Insbes. GeldKarte – Elektronische Geldbörse | 490 III. Annex: Kontaktloses Zahlen mit Kleinbetragsinstrumenten? | 495

DRITTER ABSCHNITT Initiierung der Einzeltransaktion | 497 G. §§ 675j bis 675p BGB: Kundenauftrag zur Zahlungsausführung | 497 § 675j BGB: Initiierung („Autorisierung“) von Zahlungsdiensten I. („Auftragserteilung“) | 499 II. §§ 675k bis 675m BGB: Nutzungsbegrenzung, Sperre und Missbrauchsprävention bei Zahlungsinstrumenten | 516 III. §§ 675n, 675o BGB: Zugang der Autorisierung und Ablehnung der Ausführung von Zahlungsdiensten | 531 IV. § 675p BGB: Widerruf der Autorisierung von Zahlungsdiensten | 538 VIERTER ABSCHNITT Ausführung und Haftung | 545 H. §§ 675q bis 675t BGB: Ausführung von Zahlungsdiensten | 545 §§ 675q, 675r BGB: Ausführungspflicht, insbes. ungekürzte ValutaI. weitergabe und Auftragsstrenge | 546 II. §§ 675s, 675t BGB: Ausführungsfrist und Wertstellungs- bzw. Verfügbarkeitsdatum bei Zahlungsdiensten | 575 I. §§ 675u bis 675x BGB: Haftung bei nicht autorisierten Zahlungsdiensten | 582 Vorbemerkung zu §§ 675u bis 676c BGB | 583 I. § 675u BGB: Zahlungsdienste ohne Autorisierung – Risikotragung der Institute | 585 II. §§ 675v, 675w BGB (mit § 676b Abs. 1 BGB): Haftung des Kunden für Ermöglichung von Zahlungsdienstemissbrauch | 595 III. § 675x BGB: Erstattung bei Lastschrift und anderen empfängerinitiierten Zahlungsdiensten nach Widerspruch gegen Autorisierung | 618 J. §§ 675y bis 676c BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von (autorisierten) Zahlungsdiensten | 632 XII

Inhaltsverzeichnis

I.

§§ 675y bis 676a BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von Zahlungsdiensten | 633 II. §§ 676b Abs. 2 bis 676c BGB: Ausschlussfristen und Haftungsausschluss | 656 Anhang zu Abschnitt 1–4: Klauselwerke zu Zahlungsdiensten | 660 K. Klauselwerke zu Zahlungsdiensten | 660 FÜNFTER ABSCHNITT Sonstige Zahlungsinstrumente | 708 Überblick und Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für DokumentenL. Akkreditive (ERA) (Grundzüge) | 709 I. Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten, paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs (ERA) | 711 II. Funktion, ERA als anwendbares Recht, Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang (Art. 1–3 ERA) | 715 III. Valutaverhältnis und Akkreditiv (Art. 4, 5 ERA) | 723 IV. Akkreditiveröffnung und sonstige Verpflichtungsbegründung im Deckungsund Zuwendungsverhältnis (Art. 6–12 ERA) | 726 V. Rembours im Interbankenverhältnis (Art. 13 ERA) | 739 VI. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Grundlagen (Art. 14–17 ERA) | 740 VII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Einzelne Dokumente (Art. 18–28 ERA) | 752 VIII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Modalitäten, Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 29–37 ERA) | 758 IX. Übertragung und Beendigung (Art. 38, 39 ERA) | 763 M. Dokumenteninkasso, Scheck, Wechsel (Überblick) | 767 I. Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Überblick zum Inhalt | 768 II. Scheckgesetz (SchG) – Überblick zum Inhalt | 776 III. Wechselgesetz (WG) – Überblick zum Inhalt | 778 VIERTER TEIL Das Kreditgeschäft | 781 ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen und Instrumente | 782 I. System des Kreditgeschäfts | 783 II. Rechts- und Organisationsrahmen | 790 III. Instrumente des Kreditgeschäfts | 791 ZWEITER ABSCHNITT Das Passivgeschäft | 793 I. Das Einlagengeschäft | 794 II. Das Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte | 816 III. Andere Passivgeschäfte | 820 IV. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 820 DRITTER ABSCHNITT Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts | 822 I. Das Kreditgeschäft | 829 II. Der Krediteröffnungsvertrag | 832 XIII

Inhaltsverzeichnis

III. IV. V.

Das Gelddarlehen (§§ 488–490 BGB) | 849 Die Kreditleihe | 916 Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 919

VIERTER ABSCHNITT Der Unternehmenskredit | 921 I. Grundlagen | 929 II. Allgemeine Strukturen | 932 III. Besondere Finanzierungsformen | 966 IV. Der Kredithandel | 1004 V. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 1013 FÜNFTER ABSCHNITT Der Verbraucherkredit | 1020 I. Grundlagen | 1032 II. Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) | 1037 III. Werbung für Verbraucherdarlehen (§§ 6, 6a, 6b, 6c PAngV) | 1056 IV. Vorvertragliche Informationspflichten (§ 491a BGB, Art. 247 §§ 2–5, 8–13b EGBGB) | 1063 V. Form und Inhalt (§ 492 BGB, Art. 247 §§ 6, 7 und 14 EGBGB) | 1083 VI. Kopplungsgeschäfte bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen (§§ 492a, 492b BGB) | 1094 VII. Informationen während des Vertragsverhältnisses (§ 493 BGB, Art. 247 §§ 15–18 EGBGB) | 1095 VIII. Rechtsfolgen von Formmängeln (§ 494 BGB) | 1100 IX. Widerrufsrecht und verbundene Geschäfte (§§ 495, 356b, 356d, 357a, 358–359 BGB) | 1110 X. Einwendungsverzicht (§ 496 BGB) | 1135 XI. Verzug des Darlehensnehmers (§ 497 BGB) | 1140 XII. Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen (§ 498 BGB) | 1143 XIII. Kündigungsrecht des Darlehensgebers (§ 499 BGB) | 1147 XIV. Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (§ 500 BGB) | 1150 XV. Kostenermäßigung (§ 501 BGB) | 1152 XVI. Vorfälligkeitsentschädigung (§ 502 BGB) | 1154 XVII. Immobiliendarlehensverträge (§ 503 BGB) | 1156 XVIII. Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit und Beratungspflicht (§§ 504, 504a BGB, Art. 247 § 16 EGBGB) | 1157 XIX. Geduldete Überziehung (§ 505 BGB, Art. 247 § 17 EGBGB) | 1162 XX. Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen (§§ 505a–505e BGB, § 18a KWG) | 1166 XXI. Finanzierungshilfen (§§ 506–509 BGB) | 1174 XXII. Beratungsleistungen bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen (§ 511 BGB, Art. 247 § 18 EGBGB) | 1178 XXIII. Abweichende Vereinbarungen (§ 512 BGB) | 1181 XXIV. Anwendung auf Existenzgründer (§ 513 BGB) | 1183 XXV. Unentgeltliche Darlehensverträge und Finanzierungshilfen (§§ 514, 515 BGB) | 1185

XIV

Inhaltsverzeichnis

SECHSTER ABSCHNITT Vertragliche Kreditsicherung | 1187 I. Grundlagen | 1191 II. Covenants | 1192 III. Haftungskredite auf schuldrechtlicher Grundlage | 1205 IV. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 1226 Sachregister | 1229

XV

Inhaltsverzeichnis

XVI

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis https://doi.org/10.1515/9783110498585-205

aA aaO abl. ABl. ablehn. Abs. Abschn. abw. AcP aE AEUV a.F. AG AGB AGG AIF AktG Aktz. allg. allgM a.M. amtl. amtl. Begr. Anh. Anl. Anm. AO AöR AP ArbG ArbGG Art. Aufl. ausf. AV AWD

anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend Amtsblatt ablehnend Absatz Abschnitt abweichend Archiv für civilistische Praxis am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung 1. Amtsgericht 2. Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Alternativer Investmentfonds Aktiengesetz Aktenzeichen allgemein allgemeine Meinung andere(r) Meinung amtlich(e) Amtliche Begründung Anhang Anleitung Anmerkung(en) Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Artikel Auflage ausführlich Ausführungsverordnung Allgemeiner Wirtschaftsdienst

BaFin BAnz Basel I

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesanzeiger Ausschuss für Bankenbestimmmungen und -überwachung: Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen (1988) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Kapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen, überarbeitete Rahmenvereinbarung (2004) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähige Banken und Bankensysteme (2010) Gesetz über Bausparkassen Bayerisches Oberlandesgericht Bundesarbeitsgericht Der Betriebs-Berater Gesetz über die deutsche Bundesbank Band

Basel II

Basel III BauspG BayObLG BAG BB BBG; BBAnkG Bd.

XVII https://doi.org/10.1515/9783110498585-205

Abkürzungsverzeichnis

BdB BDSG Bek. v. Begr. Beschl. BeurkG BFH BFHE BFuP BGB BGBl. BGH BGHR BGHZ BIZ BKartA BKR Bl. BMJ BörsG BörsO BörsZulV BR-Drucks. BRRD BRRD-Richtlinie

BSpKG BStBl BT BT-Drucks., BT-Drs. BuB BVerfG BVerfGE bzgl. bzw. CaR CD CDS cic CISG CRD IV

CRDIVAnpV CRR

Bundesverband deutscher Banken e. V. Bundesdatenschutzgesetz Bekanntmachung vom Begründung Beschluss Beurkundungsgesetz Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofes Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Basel Bundeskartellamt Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Blatt Bundesministeriums der Justiz Börsengesetz Börsenordung Börsenzulassungs-Verordnung; Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse Bundesratsdrucksache Bank Recovery and Resolution Directive Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapieren; ABl. EU L 173 v. 12.6.2014 Gesetz über Bausparkassen Bundessteuerblatt Bundestag Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis, hrsg. v. Hellner/Steuer/Piekenbrock/Siegmann/Höche, Loseblatt-Sammlung, Köln Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bezüglich beziehungsweise Credit at Risk Certificate of Deposit Credit Default Swap(s) culpa in contrahendo United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, UN-Kaufrecht Capital Requirements Directive IV; Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. EU L 176 v. 27.6.2013 Verordnung zur Anpassung von aufsichtsrechtlichen Verordnungen an das CRD IVUmsetzungsgesetz Capital Requirements Regulation; Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kredit-

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

CRR-Kreditinstitute

institute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 6486/2012; ABl. EU L 321 v. 30.11.2013 Kreditinstitute, die (ggf. auch allein) das Einlagen- und das Kreditgeschäft betreiben (früher Einlagenkreditinstitute)

DAV DepG ders. DB DepG DGS d.h. dies. DIHT Dipl. Diss DJT DNotZ DR DSGV DStR DVBl DVO DZWIR

Deutscher Anwaltsverein Depotgesetz; Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren derselbe Der Betrieb Depotgesetz; Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren Depot Guarantee Scheme (Einlagensicherungssystem) das heißt dieselbe(n) Deutscher Industrie- und Handelstag Diplom Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitung Deutsches Recht Deutscher Sparkassen- und Giroverband Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

E EABG EBA EBJS EDV EFSF EG EGBGB EGHGB ehem. Einl. EIOPA

Entscheidung Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz European Banking Authority (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn Elektronische Datenverarbeitung European Financial Stability Facility (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch ehemalige Einleitung European Insurance and Occupational Pensions Authority (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge) Entscheidung Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz elektronisches Register Erläuterung European Supervisory Authorities European System of Financial Supervision (Europäisches Finanzaufsichtssystem) European Stability Mechanism (Europäischer Stabilitätsmechanismus) European Securities and Markets Authority European Systemic Risk Board (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken) Einkommenssteuergesetz Europäisches System der Zentralbanken Et alii (und andere) Et cetera Europäische Union Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2010/78/EU vom 24. November 2010 im Hinblick auf die Einrichtung des Europäischen Finanzaufsichtssystems Europäischer Gerichtshof

Entsch. ErbStG E-Register Erl. ESA ESFS ESM ESMA ESRB EStG ESZB et al. etc. EU EUFAAnpG EuGH

XIX

Abkürzungsverzeichnis

EuGHE EuG EuGVVO EuGVÜ

EuInsVO EuZVO EuZW EuroEG EWiR EWIV EWR EWS EV EzA EZB f. FamFG FAZ ff. FG FMFG FMSA FMStFG Fn FRUG

FS FSB GbR gem. GenG GewO GesRZ GG ggf. GK GmbH GmbHG GmbHR GroMiKV

Großkreditrichtlinie GRUR GRUR-RR GV GVG

Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Europäisches Gericht Erster Instanz Verfahrensverordnung des Europäischen Gerichts Erster Instanz vom 1.3.2002 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, vom 27.9.1968, seit dem 1.3.2002 weitgehend durch die EuGVVO ersetzt Europäische Insolvenzverordnung Europäische Zustellungsverordnung Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Euro- Einführungsgesetz Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum 1. Europäisches Währungssystem 2. Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht 1. Eigentumsvorbehalt 2. Einführungsverordnung Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Europäische Zentralbank folgende Familienverfahrensgesetz Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Finanzgericht Finanzmarktförderungsgesetz; Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung Finanzmarktstablisierungsfondsgesetz v. 17.10.2008 (BGBl. I S. 1982) Fußnote Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) v. 16.7.2007 Festschrift Financial Stability Board (Rat für Finanzstabilität) Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Der Gesellschafter Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Großkredit- und Millionenkreditverordnung; Verordnung über die Erfassung, Bemessung, Gewichtung und Anzeige von Krediten im Bereich der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften des Kreditwesengesetzes EG-Richtlinie für die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht/Rechtsprechungsreport Gebührenverzeichnis Gerichtsverfassungsgesetz

XX

Abkürzungsverzeichnis

GVO GWB

Gerichtsvollzieherordnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

hA Halbbd. Hdb. HGB HK hL hM HRR Hrsg., hrsg. Hs./Hs

herrschende Ansicht Halbband Handbuch Handelsgesetzbuch Handelskammer herrschende Lehre herrschende Meinung Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber, herausgegeben Halbsatz

IAS IASB ICC idF idR idS IDW ie iE i.E. ieS IFRC IFRS IHR iHv insbes. InsO InvG IOSCO IPRax IPRsp. iRd iS iSd ISDA iSv i.V.m. i.w.S. IZPR

IASC Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements, International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Chamber of Commerce in der Fassung in der Regel in diesem Sinne Institut der Wirtschaftsprüfer id est im Einzelnen im Ergebnis in engerem Sinne International Financial Reportings Committee International Financial Reporting Standards Internationales Handelsrecht in Höhe von insbesondere Insolvenzordnung Investmentgesetz International Organization of Securities Commissions Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die Deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts im Rahmen des im Sinne im Sinne des/der International Swaps and Derivatives Association, Inc. im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne Das Internationale Zivilprozess

JA jew. JR JURA JuS JW JZ

Juristische Arbeitsblätter jeweils Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KAG KAGB

Kapitalanlagegesellschaft Kapitalanlagegesetzbuch

XXI

Abkürzungsverzeichnis

Kapitaladäquanzrichtlinie KfW Kfz KG KMU KO KOM krit. KTS KWG

Richtlinie 2006/49/EG v. 14.6.2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABl. EU 177/201 v. 30.6.2006 Kreditanstalt für Wiederaufbau Kraftfahrzeug 1. Kammergericht 2. Kommanditgesellschaft Kleines oder mittelständisches Unternehmen Konkursordnung Kommissionsdokumente kritisch Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kreditwesengesetz; Gesetz über das Kreditwesen

LAG LG lit. LM LS Ltd. LVA LZ

Landesarbeitsgericht Landgericht litera Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes, hrsg. v. Lindemaier Leitsatz Private Company Limited by Shares Landesversicherungsanstalt Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

m. M. MaRisk

Mio. MittBayNot mN MoMiG Mrd. MünchKomm m.w.N.

mit Meinung Mindestanforderungen an das Risikomanagement, Rundschreiben der BaFin 10/2012 (BA) v. 14.12.2012 Markengesetz Mindestanforderung an die Ausgestaltung von Sanierungsplänen, Rundschreiben der BaFin 3/2014 (BA) v. 25.4.2014 mit anderen Worten mit Besprechung meines Erachtens Markets in Financial Instruments Directive; Richtlinie 2004/39/EG v. 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG L 145/1 v. 30.4.2004 Richtlinie 2014/65/EU v. 15.5.2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Neufassung), ABl. EU L 173/349 v. 12.6.2014 Markets in Financial Instruments Regulation; Verordnung (EU) Nr. 600/2014 v. 15.5.2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. EU L 173/84 v. 12.6.2014 Millionen Mitteilungen der Bayerischen Notarkammer mit Nachweisen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Milliarde Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen; mit weiteren Nennungen

Nachw. n.F. NJOZ NJW NJW-RR NotBZ

Nachweise neue Fassung Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift, Rechtssprechungsreport Zeitschrift für die notarielle Beurkundungspraxis

MarkenG MaSan m.a.W. m. Bespr. m.E. MiFID

MiFID II

MiFIR

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Nr. NRW n.v. NVwZ NWB NZA NZG NZI NZM

Nummer Nordrhein-Westfalen nicht veröffentlicht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NWB Steuer- und Wirtschaftsrecht (bis 2008: Neue Wirtschafts-Briefe für Steuer- und Wirtschaftsrecht) Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

o. o.ä. ÖBA OGA OGAW OHG OLG OLGR OTC OWiG

oben oder ähnliches Österreichisches Bankarchiv (Zeitschrift) Organismus für Gemeinsame Anlagen Organismus für Gemeinsame Anlagen in Wertpapieren Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Report: Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Over The Counter Gesetz über Ordnungswidrigkeiten

PfandBG; PfandbriefG PflegeVG

Pfandbriefgesetz Pflege-Versicherungsgesetz

RabelsZ RAG RBerG RdA Rdsch. RdW RefE RegBegr. RegE RG RGSt RGZ RIW RL RNotZ Rn ROHGE Rpfleger Rs. Rspr. RUF RuS RVO Rz

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Rundschau Das Recht der Wirtschaft Referentenentwurf Regierungsbegründung Regierungsentwurf 1. Reichsgericht 2. Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Richtlinie Rheinische Notar-Zeitschrift Randnummer Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Rechtspfleger Rechtssache Rechtsprechung Revolving Unterwriting Facility Recht und Schaden Rechtsverordnung Randziffer

s. S. s.a. SAE ScheckG

siehe Seite siehe auch Sammlung arbeitsgerichtlicher Entscheidungen Scheckgesetz vom 14.8.1933

XXIII

Abkürzungsverzeichnis

SE SGB SIFI Slg. sog. SolvV

st. st. Rspr. Stgb StGB StPO str. StuB StuW s.u.

Societas Europaea – Europäische Gesellschaft Sozialgesetzbuch Systemically Important Financial Institutions Sammlung Sogenannt Solvabilitätsverordnung, Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding Gruppen Single Resolution Mechanism, Einheitlicher Abwicklungsmechanismus Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften … im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus. ABl. EU 2014 L 225/1 Single Supervisory Mechanism, Einheitlicher Aufsichtsmechanismus Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15.10.2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. EU L 287 v. 29.10.2013 ständige ständige Rechtsprechung Die Steuerberatung Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig Zeitschrift für das Steuerrecht und die Rechnungslegung der Unternehmen Steuer und Wirtschaft siehe unten

TUG Tz Tz.

Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz Teilziffer Textziffer

u.a. u.ä. UG umf. UmwG unstr. Unterabs. UrhG Urt. usf. UWG u.U.

unter anderem; und andere und ähnliches Unternehmergesellschaft umfassend Umwandlungsgesetz unstrittig Unterabsatz Urheberrechtsgesetz Urteil und so fort Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unter Umständen

v. Verf. VerkprospG vgl. v.H. VO Vol. Voraufl. Vorb. VVG VW VwVfG

von/vom Verfasser Verkaufsprospektgesetz Vergleiche von Hundert Verordnung Volume Vorauflage Vorbemerkung Gesetz über den Versicherungsvertrag Versicherungswirtschaft Verwaltungsverfahrensgesetz

SRM SRM-Verordnung

SSM SSM-Verordnung

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

WechselG WG Wistra WM WpAIV WPg WpHG WPO WpÜG WRP WuB WuW WuW-E

Wechselgesetz Wechselgesetz Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 1. Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift) 2. Wohnwirtschaft und Mietrecht Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Wertpapierhandelsgesetz Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer. (Wirtschaftsprüferordnung) Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Wettbewerb in Recht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungen zum Kartellrecht

Z z.B. ZBB ZErb ZEuP ZEV ZfA ZfBF ZfgK ZfIR ZGR ZHR ZIP ZInsO ZPO ZR ZRP ZS ZSR z.T. zust. zutr. ZVersWiss ZVertriebsR ZVglRWi(ss)

(in Zusammenhängen) Zeitschrift, Zeitung, Zentralblatt zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Erbrechts- und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zivilprozessordnung Zivilrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat 1. Zeitschrift für Schweizerisches Recht 2. Zeitschrift für Sozialrecht zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Vertriebsrecht Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

XXV

Abkürzungsverzeichnis

XXVI

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur https://doi.org/10.1515/9783110498585-206

Soweit andere als im nachfolgenden Verzeichnis angegebene Auflagen zitiert werden, sind diese mit einer hochgestellten Ziffer gekennzeichnet. AnwKommBGB/Bearbeiter Assmann/Schneider/ Mülbert/Bearbeiter Assmann/Schütze/Bearbeiter Assmann/Schütze/ Buck-Heeb/Bearbeiter Bamberger/Roth/Bearbeiter BankR-HdB/Bearbeiter Baumbach/Hefermehl/ Casper/Bearbeiter WechselG u. ScheckG Baumbach/Hueck/ Bearbeiter GmbHG Baumbach/Hopt/Bearbeiter Baumbach/Lauterbach/ Hartmann/Bearbeiter BeckRS Bohnert OWiG Bokelmann Firmenrecht Boos/Fischer/SchulteMattler/Bearbeiter KWG Braun, InsO Canaris Bankvertagsrecht Canaris Handelsrecht Canaris Vertrauenshaftung Derleder/Knops/Bamberger Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Bearbeiter; EBJS Erman/Bearbeiter FK-InsO/Bearbeiter Fülbier/Aepfelbach/Langweg Gortsos Single Supervisory Mechanism Grabitz/Hilf/Nettesheim/ Bearbeiter Großkommentar AktG/ Bearbeiter Großkommentar AktG/ Bearbeiter GroßkommHGB/Bearbeiter

Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, 5 Bd., Bonn, 2005 ff. Assmann/Schneider/Mülbert (Hrsg.), Wertpapierhandelsrecht – Kommentar – WpHG, MAR, PRIIP, MiFIR, Leerverkaufs-VO, EMIR, Köln, 7. Aufl. 2019 Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, München, 3. Aufl. 2007 Assmann/Schütze/Buck-Heeb (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, München, 4. Aufl. 2020 Bamberger/Roth/Hau/Poseck, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 5 Bd., München, 4. Aufl. 2019 Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechtshandbuch, 5. Aufl. 2017 Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen: WG ScheckG, Kartengestützte Zahlungen, München, 23. Aufl. 2008 Baumbach/Hueck, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, München, 22. Aufl. 2019 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, München, 39. Aufl. 2020 Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, Zivilprozessordnung ZPO, München, 78. Aufl. 2020 Beck Rechtsprechung Bohnert, OWiG, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, München, 3. Aufl. 2010 Das Recht der Firmen- und Geschäftsbezeichnungen, Freiburg, 5. Aufl. 2000 Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), KWG, CRR-VO: Kommentar zu Kreditwesengesetz, VO (EU) Nr. 575/2013 (CRR) und Ausführungsvorschriften, 5. Aufl. 2016 Braun (Hrsg.), Insolvenzordnung: Insolvenzordnung (InsO), München, 8. Aufl. 2020 zitiert: Bearbeiter in: Braun, InsO Canaris, Claus-Wilhelm, Bankvertragsrecht, 2. Aufl. 1981 (1. Teilband 3. Aufl. 1988) Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, München, 24. Aufl. 2006 Canaris, Claus-Wilhelm, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, München 1971 Derleder, Peter/Knops, Kai-Oliver/Bamberger, Heinz Georg, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, Berlin, 3. Aufl. 2017 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Band 1 §§ 1–342e, München, 3. Aufl. 2014, Band 2 §§ 343–475h, München, 3. Aufl. 2015 Erman, BGB, Kommentar, Köln, 15. Aufl. 2017 Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, München, 9. Aufl. 2018 Fülbier/Aepfelbach/Langweg, GWG – Kommentar zum Geldwäschegesetz, 5. Aufl. 2006 Gortsos, The Single Supervisory Mechanism (SSM) – Legal aspects of the first pillar of the European Banking Union, 2015 Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union: EUV/AEUV, Loseblattausgabe, 69. Ergänzungslieferung (Stand: 12/2020) Hopt/Wiedemann (Hrsg.), Aktiengesetz Großkommentar, Berlin, 4. Aufl. 1992 ff. Hirte/Mülbert/Roth (Hrsg.), Aktiengesetz Großkommentar, Berlin, 5. Aufl. 2017 ff. Staub, Hermann, Handelsgesetzbuch: Großkommentar, Berlin, 5. Aufl. 2008 ff.

XXVII https://doi.org/10.1515/9783110498585-206

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Grüll/Janert Die Konkurrenzklausel Grundmann EG-Schuldvertragsrecht Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht Grundmann Treuhandvertrag Habersack/Verse Hartmann-Wendels/Pfingsten/ Weber Bankbetriebslehre Heymann/Bearbeiter HGB HK-HGB Hüffer/Koch AktG KölnKomm-AktG/Bearbeiter Lackhoff Single Supervisory Mechanism Lutter/Bearbeiter UmwG Lutter/Hommelhoff/ Bearbeiter GmbHG Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/ Weber KWG und CRR Martinek/Stoffels/WimmerLeonhardt/Bearbeiter Medicus/Petersen MünchHdbGesR/Bearbeiter

Grüll/Janert, Die Konkurrenzklausel, Heidelberg, 5. Aufl. 1993 Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht – das Europäische Recht der Unternehmensgeschäfte (nebst Texten und Materialien zur Rechtsangleichung), 1999 Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011 Grundmann, Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997 Habersack/Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, München, 5. Aufl. 2019 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, 7. Aufl. 2019 Horn (Hrsg.), Heymann, Handelsgesetzbuch (ohne Seerecht), Kommentar, 4 Bd., Berlin, 2. Aufl. 1995 ff. Glanegger/Kirnberger/Kusterer u.a., Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Heidelberg, 7. Aufl. 2007, zitiert: Bearbeiter HK-HGB Hüffer/Koch, Aktiengesetz, München, 14. Auflage 2020 Zöllner/Noack (Hrsg.), Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Köln, 3. Aufl. 2004 ff. Lackhoff, Single Supervisory Mechanism – A Practitioner’s Guide, München/Oxford/ Baden-Baden 2017 Lutter (Hrsg.), Umwandlungsgesetz (UmwG), 2 Bd., Köln, 6. Aufl. 2019 Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Köln, 20. Aufl. 2020

Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR: Kommentar zu KWG, CRR, SolvV, WuSolvV, GroMiKV, LiqV und weiteren aufsichtsrechtlichen Vorschriften, 3. Aufl. 2015 Martinek, Michael / Michael Stoffels / Markus Wimmer-Leonhardt (Hrsg.), Handbuch des Leasingrechts, München, 2. Aufl. 2008 Medicus, Dieter/Petersen, Jens, Bürgerliches Recht, München, 27. Aufl. 2019 Leible/Reichert (Hrsg.) Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 6 Bd., München, 4. Aufl. 2013 MünchKommAktG/Bearbeiter Goette/Habersack/Kalss (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl., München 2019 ff. MünchKommBGB/Bearbeiter Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, München, 8. Aufl. 2018 ff. MünchKommBilR/Bearbeiter Hennrichs/Kleindiek/Watrin (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, Band 1 IFRS, München 2014 MünchKommHGB/Bearbeiter Schmidt, Karsten (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch: HGB, München, 4. Aufl. 2018 ff. MünchKommInsO/Bearbeiter Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3 Bd., München, 4. Aufl. 2020 MünchKommZPO/Bearbeiter Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4 Bd., München, 6. Aufl. 2020 Oetker/Bearbeiter HGB, Kommentar, München, 6. Aufl. 2019 Palandt/Bearbeiter Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, München, 79. Aufl. 2020 Reithmann/Martiny/ Reithmann/Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht Internationales VertragsBearbeiter recht, Köln, 8. Aufl. 2015 RGRK/Bearbeiter BGB Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes, Berlin, 12. Aufl. 1975–1999 Röhricht/v. Westphalen/ Röhricht/Westphalen/Haas (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Kommentar zu Haas/Bearbeiter Handelsstand, Handelsgesellschaften, Handelsgeschäften und besonderen Handelsverträgen (ohne Bilanz-, Transport- und Seerecht), Köln, 5. Aufl. 2019 Roth/Altmeppen GmbHG-Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommentar, München, 9. Aufl. 2019 Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Rowedder/Schmidt-Leithoff (Hrsg.), Gesetz betreffend die Gesellschaften mit Bearbeiter GmbHG beschränkter Haftung: GmbHG, München, 6. Aufl. 2017 Schlegelberger/Bearbeiter Schlegelberger/Geßler, Handelsgesetzbuch Kommentar, München, 5. Aufl. 1973

XXVIII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

K. Schmidt Gesellschaftsrecht K. Schmidt Handelsrecht K. Schmidt/Lutter AktG Scholz/Bearbeiter GmbHG Schwark/Zimmer/Bearbeiter Soergel/Bearbeiter Spindler/Stilz/Bearbeiter AktG Staub ADHGB Staub/Bearbeiter Staudinger/Bearbeiter Thiele Finanzaufsicht Uhlenbruck/Bearbeiter Ulmer/Brandner/Hensen/ Bearbeiter AGB-Recht Ulmer/Habersack Ulmer/Habersack/Löbbe/ Bearbeiter GmbHG von Godin/Wilhelmi Vortmann Aufklärungspflichten

XXIX

Schmidt, Karsten, Gesellschaftsrecht, Köln, 4. Aufl. 2002 Schmidt, Karsten, Handelsrecht, Köln, 6. Aufl. 2014 Schmidt, Karsten/Lutter, Marcus, Kommentar zum Aktiengesetz, Köln, 3. Aufl. 2015 Scholz (Hrsg.), Kommentar zum GmbHG, 3 Bd., Köln, 12. Aufl. 2018 ff. Schwark/Zimmer (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, München, 5. Aufl. 2020 Soergel/Siebert (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Stuttgart, 13. Aufl. 2001 ff. Spindler/Stilz (Hrsg.), Aktiengesetz, Kommentar, 2 Bd., München, 4. Aufl. 2019 Staub, Hermann: Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Berlin, 5. Aufl. 1897 Staub, Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, HGB, Berlin, 1.–15. Aufl.; 5. Aufl. neuer Zählung Canaris/Habersack/Schäfer (Hrsg.), Berlin 2008 ff. J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung, Berlin 1993 ff. Thiele, Finanzaufsicht – Der Staat und die Finanzmärkte, Tübingen 2014 Uhlenbruck/, heute Hirte/Vallender (Hrsg.), Insolvenzordnung: InsO, Kommentar, München, 15. Aufl. 2020 Ulmer/Brandner/Hensen (Hrsg.), AGB-Recht Kommentar, Köln, 12. Aufl. 2016 Ulmer/Habersack, Verbraucherkreditgesetz, München, 2. Aufl. 1995 Ulmer/Habersack/Löbbe (Hrsg.), GmbH-Gesetz, Kommentar, 3 Bd., Tübingen, 2. Aufl. 2016 ff. Aktiengesetz, Kommentar, Berlin, 4. Aufl. 1971 Vortmann, Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 12. Aufl. 2018

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

XXX

1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

ERSTER TEIL Kreditwesen und Organisation 1. Teil – Kreditwesen und Organisation 1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft Grundmann https://doi.org/10.1515/9783110498585-001

Übersicht 1. Abschnitt: Kreditwesen und Bankgeschäft I. Bankgeschäft und Kreditwirtschaft (mit Bankbetriebswirtschaft) | 3 II. Kreditwesen (Institutionen) | 16 III. Rechtlicher Bezugsrahmen des (Handels-)Rechts der Bankgeschäfte | 26 2. Abschnitt: Aufsicht und Organisation des Kreditwesens A. Regulierungsrahmen und Institutionelles System der Bankaufsicht I. Materiellrechtliche Regulierung auf Europäischer Ebene | 31 II. Europäische Bankenunion und sonstiges institutionelles System der Bankaufsicht | 49 III. Umsetzung, autonome Regulierung und Zuständigkeiten in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten | 72 B. Bankaufsicht und Bankprivatrecht I. Regulierung (etwa Bankaufsichtsrecht) und Privatrecht im Grundsatz | 80 II. Bankaufsicht und Bankorganisationsrecht (einschließlich Abwicklung) | 84

III.

Bankaufsicht und Bankprivatrecht i.e.S. (Kundenbeziehung) | 88 C. Wichtige materiellrechtliche Einsatzfelder der Bankaufsicht – Grundzüge I. Erlaubnispflicht | 93 II. Solvabilitäts- und Liquiditätsvorgaben (mit Eigenkapitalanforderungen) | 95 III. Organisationsvorgaben | 99 IV. Aufsichtsrecht der Bankenkrise (Sanierung, Abwicklung, Einlagensicherung) – Grundzüge | 101 3. Abschnitt: Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext I. Überblick und System (mit Verweis) | 107 II. Inter/Supranationales Recht als Obergrenze | 109 III. Inter/Supranationales Recht als Untergrenze | 112 IV. Hauptregelsetzer und -gebiete | 114

ERSTER ABSCHNITT Kreditwesen und Bankgeschäft Schrifttum 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Adrian/Heidron Der Bankbetrieb, 15. Aufl. 2000; Assies/ Beule/Heise/Strube (Hrsg.) Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019; Becker/ Peppmeier Bankbetriebslehre, 10. Aufl. 2015; Betge Bankbetriebslehre, 1996; Th. Bishop Money, Banking and Monetary Policy, 2012; Bitz/Stark Finanzdienstleistungen, 9. Aufl. 2014; Büschgen Bankbetriebslehre – Bankgeschäfte und Bankmanagement, 5. Aufl. 1998; Büschgen/Börner Bankbetriebslehre, 4. Aufl. 2004; Claussen (Hrsg.) Bank- und Börsenrecht, 5. Aufl. 2014; Decressin/Brunner/Hardy/Kudela Germany’s Three Pillar Banking System: Cross-Country Perspectives in Europe, International Monetary Fund 2004; Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.) Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2017; Deutsche Bundesbank Kapitalmarktstatistik, Statistisches Beiheft 2 zum Monatsbericht, April 2019; Ehrenberg Das Zeitalter der Fugger: Geldkapital und Creditverkehr im 16. Jahrhundert, 3. Aufl. 1922; Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre: Grundlagen – Internationale Bankleistungen – Bank-Management, 8. Aufl. 2011; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2018; Freixas/ Rochet Microeconomics of Banking, 2. Aufl. 2008, Fritsche Universalbanken- oder Trennbankensystem? Gründe für und gegen die Trennung des Investment Banking vom Commercial Banking, 2014; Gerhardus Konkurrentenschutz im europäischen und nationalen Bankenaufsichtsrecht, 2013; Gorton/Winton Financial Intermediation, NBER Working Paper Series No 8928, 2002; Grill/Perczynski Wirtschaftslehre des Kreditwesens, 51. Aufl. 2017; Harrison Competition Law and Financial Services, 2014; Heffernan Modern Banking, 2005; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, 7. Aufl. 2019; Hellenkamp Bankwirtschaft, 2. Aufl. 2018; Kaufman (Hrsg.) Banking Structures in Major Countries, 1992 (zu den USA: Baer/Mote The United States Financial System, S. 469–553); Kümpel/Mülbert/ Früh/Seyfried (Hrsg.), Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019; Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bank-

1 https://doi.org/10.1515/9783110498585-001

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

rechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Lastra International Financial and Monetary Law, 2. Aufl. 2015; Liikanen Final Report of the High-level Expert Group on reforming the structure of the EU banking sector, 2012, http:/ec.europa.eu/ internal_market/bank/docs/high-level_expert_group/report_en.htm; Mishkin The Economics of Money, Banking, and Financial Markets, 12. Aufl. 2019; Möslein/Omlor (Hrsg.) FinTech-Handbuch – Digitalisierung, Recht, Finanzen, 2019; Osterloh Universal- oder Trennbankensystem? Ein Vergleich globaler Finanzsysteme in Hinblick auf gesamtund einzelwirtschaftliche Faktoren, 2013; Reuther Bankensystem und Wirtschaftskrise: Trennbanken- vs. Universalbankensysteme, 2013; Rheinholdson/Olsson The Separation of Commercial and Investment Banking – a Literature Review, 2012; Rosak Bankentrennung. Untersuchung der aufsichtsrechtlich veranlassten Trennung von Einlagen- und Eigengeschäft, 2016; Schäfer Das öffentlich-rechtliche Bankensystem. Bestandsaufnahme, Rechtfertigung und aktuelle Probleme, 2015; Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechtshandbuch, 2 Bde., 5. Aufl. 2017; Schlierbach/ Püttner Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 2003; Schwintowski Bankrecht, 5. Aufl. 2018; Seikel Der Kampf um öffentlich-rechtliche Banken – Wie die Europäische Kommission Liberalisierung durchsetzt, 2014; Tieben Das Drei-Säulen-System des Bankenmarktes als regulierungsrechtliche Steuerungsressource, 2012. 2. Aufsätze und Beiträge: Altvater/v. Schweinitz Trennbankensystem – Grundsatzfragen und alternative Regulierungsansätze, WM 2013, 625; Baumann Einführung eines Trennbankensystems?, GWR 2013, 307; Benston Universal Banking, 8 Journal of Economic Perspectives 121 (1994); Beckemper Das Rechtsgut „Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte“, ZIS 2011, 318; Berger Schiedsgerichtsbarkeit und Bankgeschäft – eine Zeitenwende, WM 2012, 1701; Binder Ring-Fencing: An Integrated Approach with Many Unknowns, EBOR 2015, 97; Brömmelmeyer Der Ombudsmann im Finanzsektor, WM 2012, 337; Diamond Financial Intermediation and Delegated Monitoring, 51 Review of Economic Studies 393 (1984); ders./Dybvig Bank Runs, Deposit Insurance, and Liquidity, 91 Journal of Political Economy 401 (1983); Ekkenga Bitcoin und andere Digitalwährungen – Spielzeug für Spekulanten oder Systemveränderung durch Privatisierung der Zahlungssysteme?, CR 2017, 762; Habetha Auswirkungen von § 3 Abs. 2–4 KWG i.d.F. des Trennbankengesetzes auf die Finanzierung von Private-Equity-Transaktionen durch CRRKreditinstitute? ZIP 2014, 9; Hageböke/Leuering Übertragung risikoreicher Aktivitäten nach dem „Trennbankengesetz“, NJW-Spezial 2013, S. 463; Hartmann Digitale Ökonomie am Beispiel der Fintechs, BKR 2017, 321; Hellwig Allowing for Risk Choices in Diamond’s „Financial Intermediation as Delegated Monitoring“, Working Paper 98–04 SFB 504, 1998; ders., Banks, Markets and the Allocation of Risks in an Economy, 154 Journal of Institutional and Theoretical Economics 328 (1998); Heppe/Tielmann Die Neuerungen des Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act – eine Auswahl, WM 2011, 1883; Hoeren Der Bankenombudsmann in der Praxis – ein erstes Resümee, NJW 1994, 362; Huertas Das Finanzsystem in den USA, in: v. Hagen/v. Stein (Hrsg.), Geld-, Bank- und Börsenwesen, 40. Aufl. 2000, S. 470; van Kann/Rosak Das geplante Trennbankengesetz – Ausgliederung spekulativer Geschäfte zur Abschirmung von Risiken, NZG 2013, 572; dies. Der Regierungsentwurf des Trennbankengesetzes, BB 2013, 1475; Kashyap/Rajan/Stein Banks as Liquidity Providers – An Explanation for the Coexistence of Lending and DepositTaking, 57 Journal of Finance 33 (2002); Lehmann/Rehahn Trennbanken nach Brüsseler Art. Der Kommissionsvorschlag vor dem Hintergrund nationaler Modelle, WM 2014, 1793; Lerch Bitcoin als Evolution des Geldes: Herausforderungen, Risiken und Regulierungsfragen, ZBB 2015, 190; Martin-Ehlers Anstaltslast und Gewährträgerhaftung – Much ado about nothing? EWS 2001, 263; Matei/Silvestru Internet Banking Integration within the Banking System, 2 Revista Informatica Economicá 55 (2008); Möslein Die Trennung von Wertpapier- und sonstigem Bankgeschäft – Trennbankensystem, ring-fencing und Volcker-Rule als Mittel zur Eindämmung systemischer Gefahren für das Finanzsystem, ORDO 64 (2013) 349; ders. Grundsatz- und Anwendungsfragen zur Spartentrennung nach dem sog. Trennbankengesetz, BKR 2013, 397; Niemeyer/Hirsbrunner Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei Sparkassen und die Zwischenstaatlichkeitsklausel in Art. 87 EG, EuZW 2000, 364; Ombudsmann der Privaten Banken, Tätigkeitsbericht 2018, Januar 2019 (und frühere); Smits/Badenhoop Toward a Single Standard of Professional Secrecy for Financial Sector Supervisory Authorities – A Reform Proposal (2019) 44 (3) European Law Review 295; Santomero Modeling the Banking Firm – A Survey, 16 Journal of Money, Credit, and Banking 576 (1984); Steck FinTechs – Konkurrenz oder Kooperation? In: Mülbert (Hrsg.) Bankrechtstag 2016, 2017, S. 95; Swank Theories of the Banking Firm – A Review of the Literature, 48 Bulletin of Economic Research 173 (1996); Tilly Banking Institutions in Historical and Comparative Perspective: Germany, Great Britain and United States in the Nineteenth and Early Twentieth Century, 145 Journal of Institutional and Theoretical Economics 189 (1989); Vogel Öffentliche Kreditinstitute und EU-Beihilferecht, ZBB 2001, 103; Wiesel Sparkassen und Landesbanken auf dem Prüfstand des europäischen Wettbewerbsrechts, ZBB 2002, 288; S. Williamson Costly monitoring, financial intermediation, and equilibrium credit rationing, 18 Journal of Monetary Economics 159 (1986). Vgl. außerdem Schrifttum unten 2. Abschnitt.

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

I.

II.

Übersicht Bankgeschäft und Kreditwirtschaft (mit Bankbetriebswirtschaft) 1. Bankgeschäfte und Gesamtsystem | 4 2. Hauptfunktionen von Kreditwirtschaft und Bankgeschäft | 7 a) Hauptfunktionen | 7 b) Bedeutung des Bankrechts | 14 Kreditwesen (Institutionen) 1. Gesamtsystem: Steuerung und Aufsicht vs. Bankgeschäft im Kundenverhältnis | 16 2. Insbesondere: Kreditinstitute im Bankgeschäft mit dem Kunden | 17

Einteilung | 17 Universalbanken | 19 Spezialbanken und Direktbanken | 22 d) Internationale Aspekte, insbes. Trennbankensystem | 24 Rechtlicher Bezugsrahmen des (Handels-)Rechts der Bankgeschäfte 1. Handelsrecht der Bankgeschäfte, Bankenund Finanzmarktregulierung und Bankaufsichtsrecht i.e.S. | 27 2. Deutsches Handelsrecht der Bankgeschäfte im internationalen Umfeld | 28 a) b) c)

III.

Das Bankgeschäft ist alt und eine Schlüsselindustrie. Greift man exemplarisch einen Zeit- 1 punkt heraus, das Bankgeschäft der Medici im frühen 15. Jahrhundert, so zeigt sich: Das Bankgeschäft kann Volkswirtschaften bewegen und sogar den Zeitgeist prägen, und zugleich lebt es von Gestaltung und Geschäftsidee. Die Entwicklung eines aus heutiger Sicht eher unscheinbaren Instruments wie des Wechsels, mit dem der Handel ungleich sicherer wurde (durch nunmehr bargeldlose (!) Zahlung), und von dem auf Grund seiner Lage („hinter dem räuberischen Apennin“) vor allem Florenz profitierte, begründete den Reichtum vor allem der Medici. Und weil gerade Cosimo der Alte (1389–1464) ein gläubiger und dem Gemeinwohl ungewöhnlich intensiv verpflichteter Mann war, erscheint es nicht allzu sehr verkürzt, wenn man formuliert, dass die Erfindung des Wechsels zu einem Gutteil diejenige Entwicklung finanzierte, die heute als die Früh- und beginnende Hochrenaissance und die Geburt des modernen Denkens gesehen wird: Der individuelle Mensch wird zum Mittelpunkt. Die Stadt, für die Michelangelo mit dem David den Inbegriff des selbstbewussten, monumental konzipierten Siegers schuf (1501–04), in der Machiavelli mit dem „Principe“ erstmals den modernen, zweckrationalen politischen Führer dachte (1513), und in der die Medici-Familie auch noch Galilei (1564–1642) im Tod Zuflucht gewährten (in der sog. Pazzi-Kapelle) nach seinem „Und sie bewegt sich doch!“ Und obwohl dies nur eine Episode der Weltgeschichte sein mag – immerhin der Auftakt der Moderne oder ein Stück hiervon –, belegt sie doch jedenfalls besonders plastisch, wie zentral das Bankgeschäft für die Realwirtschaft ist und dass dieses Wirtschaft und Gesellschaft erheblich beeinflussen und formen kann und dass die Weltfinanz- und -wirtschaftskrise (ab 2007) und der tiefe gesellschaftliche Einschnitt, den sie hinterließ, hierfür keinen Einzelfall darstellt. Das Bankgeschäft ist so zentral, weil die wichtigsten Geschäfte, die den Schlüsselfaktor Kapital betreffen, hierin gebündelt erscheinen. Dies rechtfertigt seine besondere (sektorspezifische) Regulierung (unten 2. Abschnitt), die den Rahmen setzt für das private Bankrecht und Bankgeschäft, die wiederum den eigentlichen Gegenstand dieses Kommentars bilden (unten Zweiter bis Achter Teil). Regulierung und Bankgeschäft selbst zählen – nicht zuletzt wegen ihrer herausragenden Bedeutung – zu den am stärksten internationalisierten Geschäftstypen und Regelungsfeldern. Daher ist auch die supra- und internationale Einbettung schon in diesem 1. Teil, der dem Gesamtsystem gewidmet ist, in den Blick zu nehmen (unten 3. Abschnitt). Insgesamt versteht der vorliegende Kommentar das Bankgeschäft und Bankrecht als Schlüsselbereich mit großer prägender Kraft für paradigmatische Entwicklungen des Privatrechts insgesamt: das Zusammenspiel zwischen privatrechtlicher Gestaltung und Regulierung, die Inter- und Supranationalisierung und die Einbettung in ein gesellschaftswissenschaftliches Verständnis von Recht1 (vgl. bereits Vorwort).

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1 Das betrifft – selbstverständlich – die ökonomische Theorie, aber nicht nur: Nicht von ungefähr wurde die Rechtssoziologie fast schon primär am Subsystem Wirtschaft entwickelt: M. Weber Wirtschaft und Gesellschaft –

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

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Auszugehen freilich ist von dem Phänomen und vor allem von der Erklärung dazu, warum und wie das Bankgeschäft den Schlüsselfaktor Kapital in so bestimmender Weise zum Gegenstand hat und haben kann (hier im 1. Abschnitt). Es ist zu fragen: (i) warum Banken als „Verwalter“ des Faktors Kapital fungieren, auch, inwieweit andere Akteure oder Institutionen ihnen hierbei Konkurrenz machen (etwa Versicherungen, Finanz- und Kapitalmärkte oder „Schattenbanken“), also warum Banken zu den dominanten Intermediären beim Kapital werden (Funktion des Bankgeschäfts und des Kreditwesens, „funktionaler Begriff“ des Kreditwesens, dazu unten Unterabschnitt I.); jedoch (ii) auch, wie das Kreditwesen dann aufgebaut ist, d.h. welche Akteure und Institutionen das Kreditwesen konstituieren („institutioneller Begriff“ des Kreditwesens; dazu unten Unterabschnitt II.). I. Bankgeschäft und Kreditwirtschaft (mit Bankbetriebswirtschaft)

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Für das Verständnis des Bankgeschäfts – und der Funktion der Kreditwirtschaft – sind zwei Spannungslagen wichtig, stets mit zu denken und vorweg in den Mittelpunkt zu stellen: Das ist die Spannungslage zwischen den Einzelgeschäften und dem Gesamtsystem (unten 1.), zugleich jedoch die Spannungslage zwischen privatrechtlicher Gestaltungsgrundlage (vor allem dispositivem Recht) und Gestaltung einerseits und Regulierung (Steuerung und Aufsicht) andererseits. Beide Spannungslagen sind miteinander verschränkt zu sehen. Solch eine Sicht hilft insbesondere auch bei der Erörterung der Frage, welche Funktion(en) die Kreditwirtschaft erfüllt und wie der rechtliche Rahmen die Verwirklichung dieser Funktionen beeinflusst (unten 2.).

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1. Bankgeschäfte und Gesamtsystem. Im Folgenden wird – auch äußerlich die Kontinuität mit den Vorauflagen wahrend, die Einteilung vielleicht noch schärfer betonend – von drei Grundtypen im Bankgeschäft ausgegangen: dem Zahlungsgeschäft, dem Kreditgeschäft iwS (Aktiv- und Passivgeschäft (Einlagegeschäft), unten 3. und 4. Teil), und dem (besonders facettenreichen) Geschäft mit Kapitalanlagen (Effektengeschäft iwS, Teile 5–8). Natürlich gibt es Überschneidungen und auch Strukturähnlichkeiten. So eignet dem Zahlungsverkehrsinstrument Wechsel ein Element der Kreditierung (unten Dritter Teil Rn 652–654) und so ist es nicht immer leicht, ein Instrument als Kreditvertrag oder als Kapitalanlageinstrument einzuordnen, was sich dann etwa in der Frage auswirkt, ob das Einlagensicherungssystem einen Anspruch des Kunden aus dem jeweiligen Instrument gegen das Kreditinstitut abdeckt oder nicht.2 Und umgekehrt sind die Parallelen zwischen bestimmten Gestaltungen in den drei Hauptgeschäftsbereichen unverkennbar, etwa zwischen Überweisungsgeschäft („Giroverkehr“) und Effektengiro, nicht nur rein sprachlich. Dennoch erfüllen die drei Geschäfte grundsätzlich verschiedene Funktionen – was Auswirkungen hat oder haben sollte bei der Gestaltung des privatrechtlichen Rahmens, bei den Abreden der Parteien, aber auch etwa der AGB-Kontrolle –, und dennoch sind die Risikolagen so verschieden, dass – unter einem einheitlichen Dach – die drei Geschäfte Aufsichtsregimen unterworfen sind, die gegeneinander durchaus eine signifikante Selbständigkeit aufweisen (vgl. nur § 1 Abs. 1 KWG, § 1 Abs. 1a KWG und das ZAG). Die Funktion des Kreditwesens ist daher als eine Polyvalente, auf eine Reihe von Geschäften und ihren Nutzen Bezogene zu verstehen – anders als häufig in der ökonomischen Theorie diskutiert, wo die Frage nach der

_____ Grundriß der verstehenden Soziologie, (Tübingen, Mohr, 1922, Untertitel seit der Aufl. von 1956), vgl. Kapitel 7, S. 378–513; und auch die Neue Wirtschaftssoziologie entwickelte seit den 1980er/1990er Jahren wichtige alternative Erklärungsmodelle zur ökonomischen Theorie. Vgl. zu beidem Kurzübersicht und Diskussion zentraler Texte und Gedankenlinien bei Renner bzw. Grundmann in: Grundmann/Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie, 2015, S. 118–129, 1293–1317 und 1998–2018. 2 Vgl. nur BGH Urt. v. 27.9.2011 – XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 (Tz. 31). Urt. v. 20.9.2011 – XI ZR 436/10, juris (Tz. 13– 15). EuGH Urt. v. 25.6.2014 – C-671/13 Einlagenzertifikate, ABl. EU 2015 C 279/10 = ZIP 2015, 1625 (jeweils Leitsätze).

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

Funktionalität umgekehrt jedoch besonders zentral aufgegriffen wird und wo wichtige Antworten zu finden sind. Auch begrifflich ragen die drei genannten Hauptbankgeschäfte hervor: So wurden die 5 beiden erstgenannten Hauptgeschäftstypen namensprägend für die Hauptakteure, die Banken/ Kreditinstitute: Banco (Bank, banque, bank) oder auch – griechisch – trapeza stehen für den Tisch bzw. die Waage, auf dem und mit der der Geldwechsel stattfand, anfangs ein, vielleicht sogar das Kernstück des „Zahlungsgeschäfts“, das heute jedoch durch die unbare Übertragung als Kernstück verdrängt ist (Geldwechsel nur noch als Teil dieser Transaktion oder als „sonstiges Geschäft“).3 Und der Begriff Kreditinstitut (credit institution etc.) verweist umgekehrt (sogar noch unmittelbarer) auf das Kreditgeschäft – aktiv durch Kreditvergabe oder passiv durch (idR verzinsliche) Einlagenentgegennahme. Solchermaßen sind die Begriffe „Kreditinstitut“ und „Bank“ sogar komplementär, stehen für die beiden klassischen Geschäfte. Sie prägen in der Tat die Anfänge und lange Jahrhunderte der Kreditwirtschaft, im deutschen System jedoch auch bei der großen Mehrzahl der Institute – fast allen Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken (Genossenschaftsbanken) – das heutige Geschäft. 4 Im Folgenden werden sie – weil alle Universalbanken zumindest diese beide Geschäfte betreiben (vgl. unten Erster Teil Rn 17, 19–21) – synonym verwandt – außer wenn es (ausnahmsweise) auf folgenden begriffstechnischen Unterschied ankommt: Das KWG als das Grundgesetz zur bankaufsichtsrechtlichen Regulierung wählt als umfassenden Begriff denjenigen des Kreditinstituts (§ 1 Abs. 1 KWG), um dann hiervon (für stärker eingeschränkte Geschäftszuschnitte) weitere Institutstypen abzugrenzen (mit weniger umfassender oder alternativer Aufsicht). Kreditinstitut ist also (auch) der technisch präzise Begriff, etwa im Gegensatz zu einem („bloßen“) Finanzinstitut. Und unter den Kreditinstituten in der Form von „Universalbanken“ (der Begriff „Universalkreditinstitut“ wäre noch „präziser“, aber allzu sperrig) werden in Deutschland drei – vor allem hier übliche –5 Institutsgruppen unterschieden: „Privatbanken“ („Banken“ auf allgemein-privatrechtlicher Grundlage), Sparkassen (auf öffentlichrechtlicher Grundlage) und Genossenschaftsbanken (auf genossenschaftsrechtlicher Grundlage) (dazu sogleich noch). „Banken“ sind dann – im Gegensatz zu Sparkassen und auch Genossenschaftsbanken – als eine bestimmte Institutsgruppe zu verstehen, die sich von den anderen Institutsgruppen durch das Recht ihrer Organisationsgrundlage unterscheidet, heute aber praktisch nicht (mehr) im Recht, das dem Kunden gegenüber zur Anwendung kommt. Im Verhältnis zum Kunden – dem hier geltenden Recht – ist der technische Unterschied zwischen Kreditinstitut und Bank demnach unerheblich. Das dritte Bankgeschäft schließlich – das Effektengeschäft iwS, das die Gestaltung und Vermittlung von Investments in Kapitalanlagen zum Gegenstand hat – wird vor allem in Abgrenzung zum Kreditgeschäft gesehen, als Alternative zu diesem, als eine alternative Form der Finanzierung. Diese Abgrenzung hat auch begrifflich prominent ihren Niederschlag darin gefunden, dass das Commercial Banking (mit Zahlungs-, vor allem jedoch Kreditgeschäft) dem Investment Banking gegenübergestellt wird. Dies ist – wo ein Trennbankensystem diese Art der Unterscheidung zugrunde legt – auch aufsichtsrechtlich so (so vor allem der Glass-Steagall Act

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3 Zur Begriffsgeschichte, aber auch der Entwicklung der Kreditwirtschaft und der überragenden Bedeutung gerade von Zahlungs- und Aufbewahrungsfunktionen für die Entstehung der Kreditwirtschaft vgl. etwa Süchting/ Paul Bankmanagement, 4. Aufl. 1998, S. 3–11, 58–63; Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, 2. Aufl. 2008, S. 2–7. 4 Für die Geschichte vgl. etwa: Ehrenberg Zeitalter der Fugger: Geldkapital und Creditverkehr; für die heutigen Geschäftsfelder von Sparkassen und Genossenschaftsbanken unten Erster Teil Rn 19–21 und im Ausland Nachw Rn 23 f; historische und vergleichende Perspektive (bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts) schön verknüpfend: Tilly 145 Journal of Institutional and Theoretical Economics 189 (1989). 5 Zur Unterscheidung dieser Institutsgruppen in Deutschland unten Erster Teil Rn 17–23. Zum – teils zwar vergleichbaren, vor allem aber durch das Regionalprinzip und das (fortwirkende) Trennbankensystem geprägten – Aufbau der Institutsgruppen etwa in den USA vgl. Nachw unten Erster Teil Rn 24.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

1933 in den USA).6 Dies ist jedoch nicht zuletzt auch in den Hauptdiskussionslinien in der Ökonomik so, wenn es um die Frage nach der zentralen Funktion (und marktwirtschaftlichen Berechtigung) des Kreditwesens geht. 6 Sind einerseits die drei genannten Hauptgeschäftsgruppen funktionsverschieden und daher zu trennen, so sind doch andererseits auch die Gemeinsamkeiten erheblich und vorab zu betonen, namentlich folgende drei: In allen Bankgeschäften (i) fungiert das Kreditwesen dem Kunden gegenüber als Intermediär, der Lösungen ermöglicht, die ohne Intermediation schlechter (weniger kostengünstig oder weniger nachfragegerecht) oder gar nicht zur Verfügung stünden (dazu dann unten 2.). In allen Bankgeschäften ist zentrale Voraussetzung für diese Intermediationsleistung, dass die Bank als praktisch sichere Gegenpartei gesehen werden kann (Ausfallrisiko vernachlässigbar) – was dann das umfangreiche Aufsichtsrecht erklärt, also das Kreditwesen als einen der wichtigsten, wenn nicht den wichtigsten und frühesten Fall eines regulierten Sektors nahelegt (dazu dann unten 2. Abschnitt). In allen Bankgeschäften zeichnet sich (ii) der Intermediär durch überlegene Professionalität und vor allem ungleich bessere Information aus,7 was dann ein weiteres Kernprinzip des Bankrechts unverzichtbar macht: Es handelt sich um ein Geschäft, in dem der Leistungserbringer umfangreichen Informationspflichten und (überwiegend) treuhänderischen Bindungen unterworfen werden muss. Rechtlich gewendet, ist also (iii) zu formulieren: Intensive Aufsicht und (überwiegend) treuhänderischer Charakter des Bankgeschäfts insgesamt, vor allem der allgemeinen Bank-Kunden-Beziehung, sind das Korrelat der – notwendigen – Intermediation durch die Banken, die mit einem Informationsübergewicht einhergeht. Ausdruck dieser Gemeinsamkeiten sind dann u.a. auch – neben dem gemeinsamen Dach bei der Bankaufsicht – gemeinsame privatrechtliche Institute wie das Bankgeheimnis, die Warn-, Aufklärungs- und Beratungspflichten, allgemeiner die Interessenwahrungs- und Rücksichtnahmepflichten, die trotz ihrer auch bankgeschäftsspezifischen Ausdifferenzierung doch für alle Bankgeschäfte einen gemeinsamen Geltungsgrund haben. Jedenfalls in diesem Sinne ist von einem allgemeinen Bankvertrag durchaus zu sprechen, der auf (rechtsgeschäftlich verabredeter!) Zusammenarbeit zwischen Bank und Kunde beruht (näher noch unten Zweiter Teil Rn 1–5).

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6 Dieses Trennbankensystem aufgehoben 1999, vgl. unten Rn 24, abzugrenzen von der Trennung zwischen Institutsaufsicht (auch über Investmentfirmen) und Kapitalmarktaufsicht. Auch die zweitgenannte Form der Trennung steht heute freilich in der Kritik, u.a. die Trennung und die unterschiedliche Ausbildung eines Aufsichtssystems auf EU-Ebene (nur bei der Institutsaufsicht). Vgl. besonders explizit: Armour/Awrey/Davies et al. Principles of Financial Regulation, 2016, S. 4–7 („Securities law and banking regulation have undergone significant reform over the subsequent eighty years (not least with the repeal in 1999 of the Glass–Steagall Act’s separation requirements), but the fundamental regulatory divide between securities markets and banking remains intact and is the basis of modern financial regulation in the US and many countries around the world. Yet while the conceptual framing of financial regulation has remained the same, the financial system has not. […] We argue in this book that these changes in the nature of financial systems—the growth of markets in relation to financial intermediaries and the internationalization of markets—have had profound effects on the risks inherent in these systems. These changes in risks in turn require a different structure of financial regulation from that which was established in the first half of the twentieth century and, in particular, a rethink of the historical separation between securities markets and banking regulation and between the domestic activities of national regulators.“). 7 Zu diesem Hauptcharakteristikum der allermeisten Intermediationsformen vgl. etwa Grundmann/Kerber Information Intermediaries and Party Autonomy – the example of securities and insurance markets, in: Grundmann/Kerber/Weatherill (Hrsg.) Party Autonomy and the Role of Information in the Internal Market, 2001, S. 264–310; früh Gehrig Intermediation in search markets, 2 Journal of Economics and Management Strategy 97 (1993); Rose The economics, concept, and design of information intermediaries, 1999; Yavas Search and Trading in intermediated markets, 5 Journal of Economics and Management Strategy 195 (1996).

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

2. Hauptfunktionen von Kreditwirtschaft und Bankgeschäft a) Hauptfunktionen. Für alle drei Hauptgeschäfte der Banken stellt sich die Frage, welche 7 Leistung Banken jeweils erbringen, die nicht auf Märkten für Kapital, d.h. auch Märkten für Kontrakte über Kapital, auch ohne Einschaltung von Banken angeboten und nachgefragt werden könnten. Ungleich breiter ist die Diskussion für das Kredit- und das Effektengeschäft, einfacher für das Zahlungsgeschäft. aa) In der bankwirtschaftlichen Literatur, in der diese Frage ungleich zentraler thematisiert 8 wird als in der rechtswissenschaftlichen,8 wird die Funktion von Banken, also die Frage, welches marktwirtschaftliche Bedürfnis (nur) Banken befriedigen, vor allem für die Kreditvergabe diskutiert. Als Hauptfrage wird diskutiert, warum eine Kreditvergabe von Darlehensgebern nicht direkt an Darlehensnehmer in hinreichendem Umfang erfolgen kann, über Märkte, genauer: über Märkte für Kontrakte zur Kapitalbereitstellung/Finanzierung, also Kapital- oder Finanzmärkte (oder einem bestimmten Segment hiervon). Die Frage wird also im Kern so gestellt, dass zwei Hauptbankgeschäfte bzw. -betätigungsfelder als Alternative verstanden und – in der Tradition der Institutionen- und Transaktionsökonomik – in ihren Vor- und Nachteilen diskutiert werden, das Kredit- und das Effektengeschäft – freilich mit der Besonderheit, dass es für eine Kreditvergabe über Kapitalmärkte theoretisch auch denkbar ist, dass Darlehensgeber und Darlehensgeber gänzlich ohne Intermediation von Banken kontrahieren, allein auf Grundlage einer die Suche und den Ausgleich erleichternden Markteinrichtung. Wenn Kreditinstitute zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer treten, sich mögliche 9 Darlehensgeber also für eine Bankeinlage entscheiden und mögliche Darlehensnehmer für einen Kredit seitens einer Bank (nicht eines sonstigen Darlehensgebers am Markt), so leistet das Kreditinstitut vor allem Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformation:9 indem es (häufig) kurzfristige Einlagen (etwa jederzeit abziehbare Sichteinlagen), die zudem auch kleine Losgrößen haben mögen, so bündelt und, wenn sie abgezogen werden, kontinuierlich neu einwirbt, dass es damit deutlich größere, längerfristige Kredite, etwa an Unternehmen gewähren und ihre Refinanzierung dauerhaft sicherstellen kann. Sowohl Fristen- als auch Losgrößentransformation ist theoretisch auch in umgekehrter Richtung denkbar – viele kleine, kurzfristige Kredite werden herausgelegt und große, langfristige Einlagen eingeworben, praktisch jedoch ungleich seltener und weitgehend unbedeutend (idR unrentabel). Jedenfalls sind beide Transformationstypen in vielfach verschiedener Form denkbar (in unendlich vielen Fristigkeiten und vielen Losgrößen). Fristen- und Losgrößentransformation begründen – solange der Kreditnehmer nicht ausfällt, keinerlei Solvabilitäts- oder Überschuldungsproblem, wohl aber ein Problem des Liquiditätsmanagements und des liquiditätsbezogenen Teils der Bankaufsicht (zu beidem und der Abgrenzung vgl. unten 2. Abschnitt unter C. II.). Zu dieser Fristen- und Losgrößentransformation – die Anpassung in Kreditlaufzeiten und -umfang – tritt als dritte Transformationsleistung die Risikotransformation dahingehend, dass der Darlehensgeber nicht mehr das Risiko des Ausfalls des

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8 Vgl. etwa Burghof/Rudolph Bankenaufsicht – Theorie und Praxis der Regulierung, 1996, bes. S. 4–14, 17–25; Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, S. 15 ff.; Greenbaum/Thakor/Boot Contemporary Financial Intermediation, 4. Aufl. 2019, bes. S. 39 f; Mishkin Economics of Money, Banking, S. 165 ff.; Überblicke über die Ansätze vor allem bei: Bhattacharya/Thakor Contemporary Banking Theory, 3 Journal of Financial Intermediation 2 (1993); Deakin The evolution of theory and method in law and finance, in Moloney/Ferran/Payne (Hrsg.), Handbook, S. 13 ff.; Swank 48 Bulletin of Economic Research 173 (1996); und stark auf die Theorie der Finanzintermediation fokussiert: Allen/Santomero The Theory of Financial Intermediation, 21 Journal of Banking and Finance 1461 (1997). 9 Zu diesen drei Transformationsleistungen näher: Betge Bankbetriebslehre, S. 12–13; Becker/Peppmeier Bankbetriebslehre, S. 26–29; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 5–9; Büschgen Bankbetriebslehre, S. 39–40; Langer/Weber Banken als Finanzintermediäre in: v. Hagen/v. Stein (Hrsg.) Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 201 (bes. 203–205); Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, S. 4–5.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Kreditnehmers trägt, der die Valuta nutzen soll, sondern die des Kreditinstituts, und dieses statt seiner das Ausfallrisiko des Kreditnehmers. Für den Einleger bedeutet die Risikotransformation, dass er statt des Letztempfängers der Darlehens- oder Kreditvaluta einen Schuldner erhält, dessen Ausfallrisiko weitgehend zu vernachlässigen ist und sogar praktisch vollständig, wenn die Einlage durch das Einlagensicherungssystem abgedeckt ist (dazu sogleich noch). In der Klarstellung der genannten Transformationsleistungen erschöpft sich freilich die 10 Frage nach der Funktion der Kreditwirtschaft auch für den Bereich des Kreditgeschäfts noch nicht. Vielmehr werden für alle drei Formen der Transformation dann Marktlösungen als Alternative gedacht und es wird gefragt, aus welchem Grunde sie dem Bankkredit unterlegen sein könnten, aus welchem Grund also die Intervention von Banken marktwirtschaftlich „nötig“ ist: d.h. ein „Bedarf“ besteht, den Kapitalmärkte nicht oder nur schlechter bedienen können, genauer: ein Bedarf, der so groß ist, dass er die durch die Bankenintervention verursachten Kosten überwiegt. Für die Fristen- und Losgrößentransformation wird gefragt, ob nicht auch handelbare Kontrakte verschiedener, standardisierter Fristigkeiten und verschiedener standardisierter Losgrößen auf Märkten (Börsen) gehandelt werden könnten und der Darlehensgeber den seinen Einlagewünschen entsprechenden anbietet und sich der Darlehensgeber aus der Vielzahl der Angebote bedient, häufig revolvierend und die Angebote kumulierend (so im Regelfall, dass der jeweilige Kreditwunsch längerfristig und von den Losgrößen her größer ist), während es dann bei längerfristigen Kreditangeboten zu Preisaufschlägen kommen könnte. Hinsichtlich der Fristentransformation könnten Märkte zudem, soweit die Kontrakte handelbar sind und hierfür Sekundärmärkte entwickelt werden, auch so gestaltet werden, dass für den Kreditnehmer langfristige (oder gar ewige) Kontrakte für den Kreditgeber (oder Eigenkapitalgeber) als jederzeit liquidierbar gestaltet werden (so bekanntlich etwa bei Aktien, aber auch längerfristigen Anleihen). Die Risikotransformation schließlich könnte durch Portfoliobildung, d.h. Diversifizierung und Aufteilung in viele kleine, von jedem Kreditgeber gemischt ins Portfolio genommene Kontrakte bewirkt werden.10 Dies setzt freilich entsprechend gute Fähigkeit – also vor allem Information und Informationsverarbeitungskapazität – bei den Kreditgebern (wie alternativ bei den Banken als Intermediären) voraus, die Kredite im Portfolio zu bewerten und die richtige Mischung für die Diversifikation zu wählen, aber auch hinreichend Volumen, um diese Diversifikation gleich kostengünstig zu vollziehen. Die Erkenntnis von Diamond und anderen (in den 1980er Jahren) geht dahin, dass in der Tat diese Alternative jegliches Engagement von Banken im Bankkredit verdrängen müsste, wenn vollkommene Finanzmärkte existierten, nicht jedoch auf den real existierenden Finanzmärkten: d.h. nur auf Märkten, auf denen vollkommener Wettbewerb herrscht, keine Transaktionskosten und Steuern anfallen und die Teilnehmer über vollständige Information verfügen11 – ein, wie seit den 1960er Jahren mit der Transaktionskostenökonomik konzeptualisiert, gänzlich unrealistisches Szenario.12 Diamonds entscheidender

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10 Grundlegend schon Markowitz Portfolio Selection – Efficient Diversification of Investments, 1959. 11 Grundlegend Diamond 51 Review of Economic Studies 393 (1984); auch schon ders./Dybvig 91 Journal of Political Economy 401 (1983). Heute etwa: Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, S. 15 f.; Hartmann-Wendels/ Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 106 ff.; Langer/Weber Banken als Finanzintermediäre in: v. Hagen/v. Stein (Hrsg.) Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 201 (207 f.). 12 Eine Annäherung an eine solche ideale Marktsituation wird versucht mit dem sog. Peer-to-Peer-Lending (auch Crowd-Lending), bei dem über Internetplattformen – etwa mittels Auktion, auf der die potentiellen Kreditgeber sich mit dem Zinsangebot unterbieten, oder durch Vermittlung von Intermediärs-Gesellschaften, die den Preis festsetzen – zwischen Privatpersonen („Peers“) typischerweise ungesicherte Kredite vergeben werden und der Kreditgeber sein Kreditportfolio diversifiziert. Vgl. dazu eingehend etwa Renner „Banking Without Banks“? Rechtliche Rahmenbedingungen des Peer-to-Peer Lending, ZBB 2014, 261 (269 ff.) (dort auch zur Notwendigkeit von Intermediären und ihrer Transformationsfunktion); ders. Peer-to-peer lending in Germany, EuCML 2016, 224; ders. Kreditfinanzierung (Crowdlending) – Theoretische und dogmatische Grundlagen, in: Möslein/Omlor (Hrsg.) Fintech-Handbuch – Digitalisierung, Recht, Finanzen, 2019, S. 255 ff.; Siering Kreditfinanzierung (Crowdlending) – Praktische Anwendungsfragen, in: Möslein/Omlor (Hrsg.) Fintech-Handbuch – Digitalisierung, Recht, Finanzen,

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

Schritt geht nun dahin, zu konstatieren, dass es für Kreditgeber einen Unterschied macht, ob sie auf (wie auch immer optimierten) Märkten ihre Kredite selbst anbieten und die Kreditprüfung und Diversifikation selbst vornehmen (ggf. auch unter Hinzuziehung professionellen Rates) oder diese Aufgabe delegieren (sog. Delegationsmodell zur Erklärung der ökonomischen Funktion des Bank-Kreditgeschäfts und der darin übernommenen Transformationsleistungen der Banken).13 Entscheidendes Gewicht haben in diesem Erklärungsansatz die Problematiken fehlender vollständiger Information sowie – damit zusammenhängend – unterschiedlicher Risikobereitschaft und -tragfähigkeit. Die zwingend verbleibende Restunsicherheit über Ausfallwahrscheinlichkeiten und Wert des Kreditportfolios wird delegiert, weil die Risikobereitschaft und -tragfähigkeit beim Einzelkreditgeber geringer ist als bei Kreditinstituten – etwa weil der Kreditgeber bei kleinerem Vermögen das Restrisiko schlechter tragen kann und weil Bankeneigner selbst ihre Eigentumspositionen (und damit die Verlustrisiken) wieder diversifizieren können. Selbst bei professionellem Rat wüsste der Kreditgeber weniger sicher als der Ratgeber selbst (oder eben das kreditgebende Institut selbst), auf welchen Grundlagen und Bemühungen der Rat gründet. Es besteht also eine strukturell nicht zu vermeidende Minderinformation – verglichen mit derjenigen beim selbst prüfenden Kreditgeber, d.h. den kreditgebenden Banken, die auch selbst das Risiko übernehmen. All diese Überlegungen stehen sichtlich in der Nachfolge der grundlegenden Arbeiten sowohl zum Versagen von Märkten bei der Informationsbereitstellung (strukturell bedingte Informationsasymmetrien) und damit einhergehender adverser Selektion (Akerlof u.a.) als auch zum ex-post-opportunistischen Verhalten in Situationen ungleicher Informationsverteilung, namentlich zwischen Geschäftsbesorger/führer und Prinzipal (Jensen/Meckling, Williamson u.a.).14 Risikoübernahme kann dabei nicht nur in einer Form, sondern in einer Bandbreite von Formen erfolgen, die exakten Zuschnitte der Risikoübernahmen und der Vergleich zwischen ihnen sind daher der Gegenstand einer Reihe von vertiefenden Arbeiten zum Diamond’schen Modell.15 Die fortbestehende Prominenz der bankenbasierten Finanzintermediation mag – neben den hier genannten ökonomischen Gründen – teils auch sozio-kulturelle Ursachen haben, jedenfalls im Umfang, in dem sie jeweils ausgeprägt ist. Dafür spricht namentlich die Unterschiedlichkeit der Struktur der Finanzsysteme in Kontinentaleuropa einerseits (primär bankenbasierte Finanzintermediation) und im anglo-amerikanischen Raum andererseits (stärker marktbasierte Finanzintermediation).

_____ 2019, S. 287 ff.; Becker/Ulrich/Nolte Crowdlending als Alternative zum Bankkredit in KMU – eine theoretische und empirische Standortbestimmung, ZfKE 2017, 93; Zetsche/Preiner Cross-Border Crowdfunding: Towards a Single Crowdlending and Crowdinvesting Market for Europe, EBOR 2018, 217; monographisch etwa Polke Crowdlending oder Disintermediation in der Fremdkapitalvergabe: Eine Analyse der finanzmarktaufsichts- und gewerberechtlichen Regulierung in Deutschland, 2017. 13 Prägnante Darstellungen von Diamonds Delegationsmodell (und auch Varianten und Alternativen dazu) etwa bei Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, S. 30–34; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 119–124 und 131–133; Matthews/Thompson The Economics of Banking, 3. Aufl. 2014, S. 47–49; Casu/Girardone/ Molyneux Introduction to Banking, 2006, S. 15; Langer/Weber Banken als Finanzintermediäre, in: v. Hagen/v. Stein (Hrsg.), Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 201 (211 f.). 14 Grundlegend Akerlof The Market for ‚Lemons‛: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, 84 Quarterly Journal of Economics 488–500 (1970); Jensen/Meckling Theory of the Firm: Managerial Behavior, Agency Costs and Ownership Structure, 3 Journal of Financial Economics 305–360 (1976); Williamson Transaction-Cost Economics: The Governance of Contractual Relations, 22 Journal of Law & Economics 233–261 (1979); ausführlicher zu diesen Ansätzen, zu den jeweiligen Diskussionskontexten und dem heutigen Meinungsstand: Grundmann in Grundmann/Micklitz/Renner Privatrechtstheorie, 2015, S. 968–984, 1293–1317 und 1507–1527. 15 Vgl. vor allem Hellwig Working Paper 98–04 SFB 504, 1998; ders. 154 Journal of Institutional and Theoretical Economics 328 (1998); Boyd/Prescott Financial Intermediary Coalitions, 38 Journal of Economic Theory 211–232 (1986); Williamson Costly Monitoring, Financial Intermediation, and Equilibrium Credit Rationing, 18 Journal of Monetary Economics 159–179 (1986); Haubrich Financial Intermediation: Delegated Monitoring and Long-Term Relationships, 13 Journal of Banking and Finance 9–20 (1989); aber auch Diamond Financial Intermediation as Delegated Monitoring: A Simple Example, 82 FRB Richmond Economic Quarterly 51 (1996).

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

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Diamonds Delegationsmodell überzeugt zwar noch heute als Grundgerüst (und das bankwirtschaftliche Schrifttum folgt ihm im Grundsatz weit mehrheitlich), es geht in der Erklärung jedoch noch nicht weit genug. Überlegene Risikoeinschätzung und vor allem Diversifikationsfähigkeit sowie Abwälzung des Fehleinschätzungsrisikos auf die Banken allein erklärt noch nicht hinreichend die Funktion des Bankeinlagen- und -kreditgeschäft, wie es in der Praxis zu finden ist. Freilich datieren die hier maßgeblichen Entwicklungen auch teils nach Diamonds Grundsatzüberlegungen: In der Alternative Bankkredit oder Kreditvergabe über Kapitalmärkte spielt eine weitere Rolle, dass Einleger (Kreditgeber an Banken, anders als Kreditgeber an Kapitalmärkten) noch nicht einmal allein mit der Delegation hinreichend „beruhigt“ werden können. Die Erfahrung zeigt – zuletzt wieder Northern Rock (Bank-Run) –, dass zur bloßen Delegation eine weitere Risikoübernahme durch Dritte – die Eigner der Bank – hinzukommen muss, dies in Form der (aufsichtsrechtlich gewährleisteten) zwingenden (Mindest-)Eigenkapitalausstattung (unten – 2. Abschnitt unter C II.). Andernfalls wäre ein (wohl eher großer) Teil der potentiellen Einleger zu risikoavers, um Einlagen zu tätigen. Ein weiterer würde dazu neigen, bei Anzeichen einer krisenhaften Entwicklung bei der Bank die Einlage sofort abzuziehen, was, wenn massenhaft so vollzogen, zum sog. Bank-Run führt und bald zur Illiquidität des Instituts. Und selbst diese bankaufsichtliche Gewähr einer zwingenden (Mindest-)Eigenkapitalausstattung – die Risikoübernahme durch Dritte bezogen auf diesen einen Intermediär – genügt allein noch nicht. Der Einleger wird bei Einlagen bis zu einem gewissen Betrag (heute EU-weit 100.000,– €, vgl. unten 2. Abschnitt unter C IV.) kollektiv versichert durch das vom gesamten Kreditwesen getragene Einlagensicherungssystem (genauer: nach Institutsgruppen getrennt). Dieses System mag auch sozialpolitisch motiviert sein (Schutz der Ersparnisse und ggf. Altersvorsorge), wird aber durchaus auch mit der weiteren Reduzierung und Minimierung der Gefahr eines Bank-Runs begründet. In der Tat kann der Einleger auch nicht erkennen, ob nicht die Entscheidungsträger in der Bank zwar das Kreditrisiko übernehmen (Delegation), auch zur Vorhaltung des zwingenden (Mindest-)Eigenkapitalausstattung aufsichtsrechtlich verpflichtet werden, aber dennoch aus individuellen Gewinninteressen oder fehlender Voraussicht ein zu riskantes Kreditportfolio, namentlich mit zu hoher Hebelwirkung, anlegen (oder, realistischer, andere Bankgeschäfte, namentlich im Investment Banking tätigen, die das Risiko zu stark anwachsen lassen, das sich dann realisiert). 12 Aus dem bisher Gesagten ergeben sich einige allgemeinere Punkte, auch zur Begrifflichkeit, die kurz anzusprechen sind, bevor die Funktion von Banken bei anderen Bankgeschäften in den Blick genommen wird (unten bb)) ebenso wie die Frage, inwieweit diese Funktionserfüllung rechtlich unterstützt wird (unten b). Aus dem bisher Gesagten ergibt sich zunächst, dass Banken (bei der Kreditvergabe) nicht nur untereinander im Wettbewerb stehen, sondern auch im Verhältnis zu Kapitalmärkten:16 Kreditgeber investieren – unter Abwägung von Risiko und Ertrag – entweder in die Kreditvergabe über Kapitalmärkte oder über Bankeinlagen. In der Tat zielt das Projekt Europäische Kapitalmarktunion17 im Kern darauf ab, das in Europa als überpropor-

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16 Allen/Gale Financial Markets, Intermediaries and Intertemporal Smoothing, 105 Journal of Political Economy 523, 538 f. (1997); Allen/Santomero 21 Journal of Banking and Finance 1461, 1474 (1997); Hartmann-Wendels/Pfingsten/ Weber Bankbetriebslehre, S. 9, 16; Hellwig 154 Journal of Institutional and Theoretical Economics 328, 332 (1998). 17 Grünbuch der Kommission vom 18.2.2015: Schaffung einer Kapitalmarktunion, KOM(2015) 63 endg.; zu diesen Plänen – und ihrer zunehmenden Umsetzung – etwa Claeys/Demertzis/Efstathiou et al. Analysis of developments in EU capital flows in the global context- Taking the perspective of the Capital Markets Union, Final Report Bruegel, November 2018; Strauch/Berrigan/Schoenmaker et al. Cross-border capital flows and capital markets union: Quo vadis Europe?, ESM Discussion Paper Series 3/2018; Quaglia/Howarth The policy narratives of European capital markets union, JEPP 2018, 990; Busch The Future of the Capital Markets Union After Brexit, Rivista Orizzonti del Diritto Commerciale 2/2018; Kotz/Schäfer EU Capital Markets Union – an alluring opportunity or a blind alley? The macro-perspective. CMU and risk sharing, 2017; Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The European Capital Markets Union A viable concept and a real goal? 2015; Micheler Building a Capital Markets Union – Improving the Market

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

tioniert gesehene Engagement der Banken in Bankkrediten teils zu ersetzen durch direkte Kreditvergaben über Kapitalmärkte. Zwei Präzisierungen sind sofort anzuschließen: Banken werden auch für die Kreditvergabe auf Kapitalmärkten bekanntlich als Intermediäre tätig, etwa bei der Effektenemission und mit Wertpapierdienstleistungen beim Effektenhandel. Diese Form der Intermediation ist ebenfalls bankaufsichtsrechtlich reguliert, wenn auch mit anderen Anforderungen. Durch eigene Kreditvergabe ersetzen Banken Kreditvergabe auf Kapitalmärkten zwar, zugleich jedoch ergänzen sie diese auch durch eigene Mediationsleistungen auf solchen Kapitalmärkten.18 Die Intermediationsleistung, die Banken bei beiden Formen der Kreditvergabe erbringen, wird begrifflich unterschiedlich gefasst: Während in der juristischen Begriffsbildung vor allem im Hinblick auf Wertpapierdienstleistungen, also für die Vermittlungs- und Beratungsleistungen auf (sekundären) Kapitalmärkten, von den Banken als Intermediären gesprochen wird (und im Kreditgeschäft eher nicht), wird im betriebswirtschaftlichen Schrifttum die Schwerpunktsetzung meist umgekehrt vorgenommen: Dort wird die (direkte Bank-)Kreditvergabe als direkte Finanzintermediation gesehen, weil hier die Banken selbst als Schuldner und Gläubiger zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer treten, während Wertpapierdienstleistungen mit ihren bloßen Vermittlungsleistungen als indirekte Finanzintermediation gesehen werden und aus Sicht der jüngeren Entwicklungen erscheint diese Sicht in der Ökonomik besonders interessant:19 Unter der Bezeichnung FinTech werden all diejenigen Entwicklungen und Produkte verstanden, in denen technologischer Fortschritt (namentlich in Form von Digitalisierung) dazu genutzt wird, Bankdienstleistungen schneller oder kostengünstiger bereitzustellen – und in Konkurrenz mit dem Kreditwesen zumindest zum Teil außerhalb von diesem bereitzustellen. Damit wird auch die Intermediärsrolle der Banken (jedenfalls theoretisch) in Frage gestellt, häufig werden regulatorische Fragen aufgeworfen, im Effektengeschäft massiv etwa mit dem Hochfrequenzhandel (unten Bd. 11). Wohl am prominentesten ist die Entwicklung jedoch im Zahlungsverkehr, mit Systemen wie M-Pesa, einem System, das es erlaubt den Zahlungsauftrag per SMS und mit Authentifizierung durch die Telefongesellschaft abzugeben (vgl. dazu und das sog. E-Geld auch unten Dritter Teil Rn 72). Das Verhältnis zwischen Kreditwesen und dem Dienstleistungssektor (eingesetzt zu seiner technologischen Unterstützung) wird umgekehrt, wenn nicht mehr die Bank die technologische Ausführung auslagert („outsourct“), sondern umgekehrt die technologischen Dienstleister sich (zur Erfüllung bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben [§ 10 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZAG]) eine sog. Frontrunning Bank errichten.

_____ Infrastructure, EBOR 2016, 481; Kumpan Die Europäische Kapitalmarktunion und ihr Fokus auf kleinere und mittlere Unternehmen, ZGR 2016, 2; Moloney Capital market union. “Ever Closer Union” for the EU financial system? European Law Review 2016, 307; J. Schmidt Das Grünbuch zur Schaffung einer Kapitalmarktunion – EUKapitalmarkt 4.0? GPR 2015, 129; Hopt Die Schaffung einer Kapitalmarktunion in Europa – langwierig und schwierig, aber notwendig, EuZW 2015, 289; Cruccolini Das Grünbuch „Schaffung einer Kapitalmarktunion“ der Europäischen Kommission BetrAV 2015, 230; Veil, Europäische Kapitalmarktunion – Verordnungsgesetzgebung, Instrumente der euröpäischen Marktaufsicht und die Idee eines „Single Rulebook“, ZGR 2014, 544; Véron Defining Europe’s Capital Markets Union, Bruegel Policy Contribution 2014/12; schon U. Schneider Auf dem Weg in die europäische Kapitalmarktunion – Die Vertreibung aus dem Paradies – oder auf dem Weg ins kapitalmarktrechtliche Arkadien? AG 2012, 823. Näher Teile 5–8 (Investment Banking), passim. 18 Saunders/Cornett Financial Markets and Institutions, 7. Aufl. 2019, S. 15 f.; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 9, 16 f. 19 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 2 f.; Bitz/Stark Finanzdienstleistungen, S. 4 f.; Bryant Turbulent Waters: Cross-Border Finance and International Governance 2003, S. 27 f. („direct and securitized intermediation“). Zu den jüngeren Entwicklungen, mit wieder zunehmender Transformation der Intermediärsrolle, vgl. nur die plastischen Überblicke bei Baumann/Weitnauer Mobile Payment – Neuer Wein in alten Schläuchen? GWR 2014, 493; Hartmann BKR 2017, 321 (zu FinTechs); Knops/Wahlers BKR 2013, 240 (M-Pesa); MacMillan The End of Banking: Money, Credit, and the Digital Revolution, 2014; Möslein/Omlor (Hrsg.) FinTech-Handbuch; Steck Bankrechtstag 2016, 2017, S. 95 (Fin Tech).

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bb) Neben die Kreditbereitstellungsfunktion (beim direkten Bankkredit) und die Kreditvermittlungs- und -unterstützungsfunktion (bei der Kreditvergabe über Kapitalmärkte) treten mit dem dritten Hauptgeschäftstyp der Banken – dem Zahlungsgeschäft und Giroverkehr – zwei weitere Funktionen: die Zahlungs- und die Aufbewahrungsfunktion. Dabei wird die Geldaufbewahrungsfunktion vor allem mit zwei Instrumenten erfüllt: mit dem Kontokorrent, dem allgemeinen Abwicklungsinstrument, das jedoch vor allem für den Zahlungsverkehr Wichtigkeit hat, und mit dem Einlagengeschäft (als einem Teil des Kreditgeschäfts). Beide Funktionen werden in der ökonomischen Theorie ungleich weniger grundsätzlich in den Blick genommen.20 Dies ist aus historischer Sicht schwer zu rechtfertigen, wenn die Ermöglichung unbarer Zahlung zentral zur Entwicklung der Kreditwirtschaft beitrug. Auch wenn man die Funktion für die Realwirtschaft und Rechtsgeschäfte allgemein in den Fokus rückt, ist gerade die Funktion, eine unbare Zahlung zu ermöglichen, offensichtlich zentral, werden doch ca. 80% des Zahlungsvolumens unbar abgewickelt (vgl. Dritter Teil Rn 16 ff.). Wieder wäre die Frage zu stellen, ob nicht alternative Marktlösungen vergleichbar gut diese Funktion erfüllen könnten (und mit dem bereits angesprochenen Mobile Payment auch ansatzweise in Ergänzung zum Zahlungsgeschäft durchaus tun). Es zeigt sich: Auch alternative „Marktlösungen“ müssten und müssen vergleichbare Netzwerke umfassen wie sie für den Zahlungsverkehr der Banken üblich sind, wobei sich ohne eine zentrale Vernetzung wie über die Zentralbanken wohl auch Probleme kollektiven Handelns einstellen würden. Vor allem jedoch wäre für eine Antwort wieder auf eine Delegationswirkung hinzuweisen, die auch hier zentral erscheint: Der Durchbruch der Überweisung als des mit Abstand wichtigsten unbaren Zahlungsinstruments wird m.E. sehr überzeugend darauf zurückgeführt, dass die Gutschriftbuchung abstrakt ist (§ 780 BGB) und einen Anspruch gegen einen Schuldner begründet, dessen Ausfallrisiko vernachlässigbar erscheint.21 Das zur Solvenzund Liquiditätsaufsicht (erste Absicherungsstufe) und zur Einlagensicherung Gesagte (zweite Absicherungsstufe) gilt auch hier. Und dies sind auch die Gestaltungsbesonderheiten, die die Aufbewahrungsfunktion in einem Umfang verwirklicht erscheinen lassen, der ohne diese beiden Absicherungsstufen, d.h. ohne (entsprechend) reguliertes Kreditwesen nicht zu erreichen wäre.

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b) Bedeutung des Bankrechts. Aus diesen Überlegungen zu den Funktionen des Kreditwesens erklärt sich zugleich auch zwingend die Bedeutung des Bankrechts für deren Realisierung. Die beiden Absicherungsstufen, die vorliegend für die Funktionserfüllung als ungleich zentraler herausgestrichen wurden als üblicherweise in den Standarderklärungen in der Ökonomik, sind unmittelbar dem Regelbereich bankaufsichtliche Regulierung und – als Untergebiet – Regulierung der Einlagensicherungssysteme zuzuordnen (unten Abschnitt 2.). Auch unter dem Gesichtspunkt, dass die rechtliche Rahmenordnung für die Erfüllung der Funktionen der Kreditwirtschaft jedenfalls in ihren Kernstücken vollständig abgebildet werden sollte, ist also (auch in einem HGB-Kommentar) ein vertiefter Blick auf das Regulierungsumfeld zwingend geboten. Stärker die klassisch handels- und kautelarrechtlichen Fragen sind umgekehrt jedoch angesprochen, wenn die in der Ökonomik im Vordergrund stehende Frage näher erörtert wird: nämlich, inwieweit eine Portfoliobildung und Standardisierung hinsichtlich Losgrößen und Fristen und auch eine Risikotransformation in auf Kapitalmärkten gehandelten Finanz- oder Kreditkontrakten möglich ist und gestaltet werden kann, insbesondere jedoch: welche Risiken Kreditgeber übernehmen müssen, wenn sie diese Alternative zur Einlage bei Banken wählen.

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20 Zu beiden genannten Funktionen, zugleich jedoch charakteristisch für die geringere theoretische Tiefe der Durchdringung: Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 3; Betge Bankbetriebslehre, S. 8 f.; Freixas/Rochet Microeconomics of Banking, S. 2–4. 21 Schwintowski/Schäfer (1. Aufl.) § 4 Rn 123; und unten Dritter Teil Rn 16 f.

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In diesem Zusammenhang erscheint eine (formal im Bankaufsichtsrecht verankerte) Rege- 15 lung von Bedeutung, die erst in jüngerer Zeit formuliert wurde und die zugleich zeigt, dass Funktionserfüllung nicht nur aus der Perspektive der Kunden (Kreditgeber und -nehmer) gesehen werden kann, sondern auch aus der Perspektive der Banken als der zentralen Akteure gesehen werden muss. Es handelt sich hier um die Pflicht von Kreditinstituten, bei Kreditvergabe, wenn die Kredite danach gebündelt, verbrieft und verkauft werden, einen Eigenhaftungsanteil von 10 % (bis 2015: 5%) zu behalten (Selbstbehalt, Art. 405 CRR).22 Da Kreditinstitute auch alternativ die Rolle übernehmen könnten, Kreditgeber und Kreditnehmer auf Kapitalmärkten zusammenzuführen, indem sie die Emission vergleichbar strukturierter Anlagepapiere begleiten und dies ganz ohne Selbstbehalt, handelt es sich bei dieser Regel vor allem um zweierlei: Es wird, erstens, offenbar auch aus Transparenzgründen eine (wenn auch nicht vollständige) Abgrenzung beider Segmente und Alternativen gefordert: Der Bankkredit (direkte Intermediation) soll nicht sogleich in einen an Kapitalmärkten gehandelten Kreditkontrakt in Form eines Fremdkapital-Wertpapiers (indirekte Intermediation) umgewandelt werden können, jedenfalls nicht vollständig. Dahinter steht, zweitens, die Überlegung, dass gute Funktionserfüllung auch nicht nur von der Wahlmöglichkeit der Kunden (Kreditgeber) her verstanden werden darf, sondern auch von der Anreizlage beim Intermediär her zu sehen ist: Beim Bankkreditgeschäft wird nicht nur die Portfoliobildung, sondern bereits die Prüfung des Kreditnehmers auf die Bank verlagert. Der Kreditgeber soll die Kreditnehmerprüfung gerade nicht übernehmen (müssen) und kann dies auch nicht. Diese Delegation erfüllt ihren Hauptzweck freilich nur, wenn die Anreizlage so ist, dass die Bank die Prüfung auch vornimmt. Ob freilich nicht der (eher niedrige) Ansatz des Selbstbehalts mit 10% dazu führt, dass Prüfungsbemühungen dennoch suboptimal bleiben, bleibt dennoch offen. Gerade dieses Beispiel belegt plastisch, wie sich die rechtliche Rahmensetzung fortentwickelt, damit die Funktionalität der Kreditwirtschaft oder von Segmenten derselben verbessert wird. Zugleich zeigt es, welcher Sog besteht vom Segment Bankkredit hin zum Segment des kapitalmarktgehandelten Kredits – ein Sog, der für die Entstehung der letzten Weltwirtschaftskrise mit verantwortlich zeichnete – und wie die Kreditwirtschaft trotz dieses Sogs in jedem Segment eine zentrale Funktion übernimmt.23 II. Kreditwesen (Institutionen) 1. Gesamtsystem: Steuerung und Aufsicht vs. Bankgeschäft im Kundenverhältnis. Die 16 Institutionen – oder Akteure – unterfallen idealtypisch in zwei Ebenen: diejenige der Steuerung und Beaufsichtigung des Gesamtsystems und diejenige der einzelnen Kreditinstitute und Institutsgruppen, die dem Kunden gegenüber handeln und die Kapitaldienstleistungen ihm gegenüber erbringen.24 Vorrangiger Betrachtungsgegenstand ist im vorliegenden Kommentar die zweite Ebene, denn sie hat direkten Bezug zum privaten Bankgeschäft. Dass – anders als in den Vorauflagen dieses Kommentars – die erste Ebene überhaupt in den Blick genommen wird und dass sie im Ersten Teil sogar den Hauptgegenstand bildet, ist dem Umstand geschuldet, dass die Regelungen zur Steuerung und Beaufsichtigung des Gesamtsystems auch rechtlich auf das private Bankgeschäft einwirken und zwar im Sinne einer Begründung von individuellen (pri-

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22 Dazu ausführlich Hoffmann Selbstbehalt und Beziehungsstrukturen bei Verbriefungstransaktionen – eine empirische Analyse US-amerikanischer Hypothekenverbriefungen, 2014, bes. S. 41 f.; vgl. auch Arlt WM 2012, 107 und Kreppel/Baierlein BKR 2011, 228. 23 Allen/Santomero 21 Journal of Banking and Finance 1461, 1474 (1998); Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 9 und 182 ff. 24 Vgl. etwa Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 4 f., 18 ff. Die Ausführungen dort freilich zu sehr vom Bild einer Gesamtsteuerung der Kreditwirtschaft von oben geprägt, während doch bankrechtlich gesehen die Aufsicht eher nur eine Regulierung eines (ohnehin und längst vorher) stattfindenden Bankgeschäfts darstellt. Für die Geldschöpfung und Geldpolitik mag das Bild von der Steuerung von oben her schon zutreffender sein.

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vatrechtlichen) Rechten und Pflichten namentlich im Verhältnis zwischen (Einzel-)Kreditinstituten und Kunden. Gerade dieser Punkt wird ausführlich begründet (unten Erster Teil Rn 88– 91). 2. Insbesondere: Kreditinstitute im Bankgeschäft mit dem Kunden a) Einteilung. Kreditinstitute, die im Bankgeschäft dem Kunden direkt gegenübertreten und die drei großen Bankgeschäfte betreiben (Zahlungs-, Kredit- und Effektengeschäft iwS), dürfen in Deutschland – mit wenigen Ausnahmen – alle Sparten des Bankgeschäfts in einer Rechtsperson anbieten. Dies ist zwar auch in den meisten EU-Mitgliedstaaten so, international jedoch nicht selbstverständlich – was auch die Diskussion in der EU und in Deutschland insbesondere in den letzten Jahren (wieder) beeinflusst hat (zum Trennbankensystem als Gegenmodell unten Erster Teil Rn 24 f.). Die Beschränkung auf einige Sparten oder auch nur eine bildet also idR eine geschäftspolitische Entscheidung. Als Universalbanken werden diejenigen Institute verstanden, die nicht kraft Satzung (oder sonstiger Organisationsentscheidung) allein ein spezifisches Bankgeschäft betreiben, auch wenn sie nicht alle Geschäfte anbieten (dazu unten b)). Obwohl auch als Universalbanken unterschiedliche Institutsgruppen tätig werden, ist die Entwicklung der letzten 15 Jahre dadurch geprägt, dass die rechtlichen Unterschiede zwar auch weiterhin noch die Eignerstruktur betreffen, nicht mehr jedoch das Verhältnis zum Kunden (näher unten Erster Teil Rn 20 f.). Im Zahlungsgeschäft, im Kreditgeschäft und im Effektengeschäft treffen das Institut also unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Institutsgruppe die gleichen Pflichten und der Kunde hat die gleichen Rechte, auch im Hinblick auf das Haftungssubstrat. Der wichtigste Unterschied liegt in den AGB- oder sonstigen Regelwerken, die die Institutsgruppen noch (teils) getrennt erarbeiten und empfehlen, die jedoch umgekehrt kaum voneinander abweichen und die zunehmend auch durch Die Deutsche Kreditwirtschaft (bis 2011: den Zentralen Kreditausschuss) gemeinsam für alle drei Institutsgruppen erarbeitet werden – etwa das Rulebook für den Zahlungsverkehr. Die Spezialbanken bieten demgegenüber allein ein Geschäftssegment an. Obwohl auch 18 Universalbanken es anbieten könnten, ist das jeweilige Geschäft entweder so gestaltet, dass typischer Weise Spezialisierungsvorteile erwartet werden können, die Spezialisierung also rein geschäftspolitisch begründet ist. Ein Beispiel hierfür bilden die Teilzahlungsbanken. Alternativ können Spezialbanken freilich auch auf der Grundlage eines Sondergesetzes handeln und bei Einhaltung der Regelvorgaben dieses Gesetzes einen besonderen Bezeichnungsschutz genießen bzw. dieses Geschäft ihnen vorbehalten ist. Heute ist dies so bei den Bausparkassen (vgl. § 1 Abs. 1 BauSparkG), früher auch bei Hypothekenbanken, soweit sie zur Refinanzierung Pfandbriefe oder Kommunalobligationen ausgaben. In diesem Fall konnte das Geschäft zwar auch von Universalbanken angeboten werden. Weil freilich die genannten Regelvorgaben auch einen Spezialitätsgrundsatz enthielten, konnte der spezifische Bezeichnungsschutz nicht erreicht werden – was Nachteile etwa bei der Refinanzierung mit sich brachte. Heute ist das Pfandbriefgeschäft jedoch allgemein Kreditinstituten bei Einhaltung der Zusatzvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Pfandbriefgesetz eröffnet (zum Pfandbriefgeschäft vgl. Vierter Teil Rn 71 ff.). Häufig agieren (und agierten) auch die Spezialbanken immerhin in einer Institutsgruppe, als Tochtergesellschaften von Universalbanken, und umgekehrt haben große Universalbanken praktisch durchweg Tochtergesellschaften für die wichtigsten Formen von Spezialbanken. 17

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b) Universalbanken. Universalbanken unterfallen in Deutschland in drei Institutsgruppen oder -arten mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Vom Bilanzvolumen her deutlich die größte Gruppe bilden die sog. Kredit- oder auch Privatbanken mit etwas mehr als 3.200 Milliarden € kumulierter Bilanzsumme (etwa gleich viel wie die beiden anderen Institutsgruppen zusammen; davon Sparkassen und Landesbanken etwa 70%, Genossenschaftsbanken und genosGrundmann

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senschaftliche Zentralbanken etwa 30%).25 Anders als in den anderen Institutsgruppen verteilen sich die Aktiva auch auf drei etwa gleich große Stücke: Kredite an Nichtbanken, Kredite an Banken und (etwas geringer) sonstige Aktiva, während in den anderen Gruppen bei den Instituten ohne Zentralfunktion (Landesbanken, genossenschaftliche Zentralbanken) der Kredit an Nichtbanken und umgekehrt das reine Einlagengeschäft mit jeweils ca 75% gänzlich dominiert (gleiche Statistik). Freilich gibt dieser Blick auf das Bilanzvolumen eine insoweit verzerrte Sicht, als Dienstleistungen (vor allem im Investment Banking) hierbei nicht oder unzureichend abgebildet sind – was jedoch umgekehrt einen entsprechenden weiteren zu berücksichtigenden „Zuwachs“ vor allem bei den Kredit- und Privatbanken sowie (im Sparkassensektor) bei den Landesbanken bedeutet.26 Doch auch bei den Kredit- oder Privatbanken sind zentrale „sonstige Aktivitäten“ im Wesentlichen auf die vier Großbanken aufgeteilt, namentlich das Emissions- und das Konsortialkreditgeschäft:27 Dies sind die Deutsche Bank AG, die Commerzbank AG (seit 2008/09 mit Dresdner Bank), die Unicredit Bank AG (seit 2005/2008 mit HypoVereinsbank, zuerst als Tochtergesellschaft) und die Postbank AG (ab 2008 sukzessive übernommen und Tochtergesellschaft der Deutschen Bank AG, mit Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag 2012, am 25.5.2018 dann Eintragung der Fusion). Drei der genannten (ehemals unabhängigen) fünf Banken verloren demnach in der Konsolidierungswelle nach 2002 ihre Unabhängigkeit/Selbständigkeit. Die Konsolidierungswelle erfasst auch die sonstigen Kredit- oder Privatbanken,28 deren Zahl derzeit nur noch bei knapp 400 liegt: namentlich die sog. Regionalbanken, die heute freilich ihre Geschäfte jedenfalls ebenfalls auch überregional, wenn auch weniger international betreiben. Teils werden auch noch Privatbanken besonders ausgewiesen, deren Eigentümer eine Form der persönlichen Haftung übernehmen, sowie ausländische Zweigniederlassungen, weil sie, soweit sie nicht von einer Bank aus dem EU-Ausland eingerichtet werden, nach § 53 Abs. 1 KWG als eigenes Institut gelten (bei EU/EWR-Banken greift demgegenüber die Herkunftslandaufsicht, § 53b KWG). Die vom Bilanzvolumen (und auch von der Zahl der Institute) her zweitgrößte Institutsgrup- 20 pe bilden die Sparkassen, deren Träger Körperschaften öffentlichen Rechts sind (Gemeinden, Kreise, Zweckverbände) und die ihre Organisationsgrundlage in Landessparkassengesetzen (und darauf aufbauenden Satzungen) haben. Freilich fiel mit dem 18. Juli 2005 die sog. Anstaltslast weg, nach der der jeweilige Träger die „wirtschaftliche Basis der Anstalt für die gesamte Dauer ihres Bestehens“ zu gewährleisten hatte, desgleichen die Gewährträgerhaftung, nach der

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25 Deutsche Bundesbank Monatsbericht April 2019, Statistischer Teil, S. 24; Becker/Peppmeier Bankbetriebslehre, S. 112. Für die Zahl der Institute (genau umgekehrte Reihenfolge, mit den Genossenschaftsbanken als deutlich größter Gruppe, die ca. 2 ½ so viele Institute [allerdings nicht: Zweigstellen] zählt wie die Sparkassen und Landesbanken zusammen) vgl. ebenfalls Deutsche Bundesbank Monatsbericht April 2019, Statistischer Teil, S. 24. 26 Diese Geschäfte betreiben breit nur die genannten Banken, vgl. im Folgenden. Bilanziert werden diese Dienstleistungen nach der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung (RechKredV) idF der Bekanntmachung vom 11.12.1998, BGBl. I S. 3658, zuletzt geändert durch Artikel 8 Absatz 13 des Gesetzes vom 17. Juli 2015, BGBl. I S. 1245, wobei auch die CRD IV keine grundlegenden Änderungen brachte: Unterproportional abgebildet werden sie, weil Forderungen aus Dienstleistungen grds erst zu dem Zeitpunkt im Umlaufvermögen ausgewiesen werden, in dem die Leistung erbracht und der Anspruch auf Gegenleistung entstanden ist (vgl. Schubert/F. Huber, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 11. Aufl. 2018, § 247 HGB Rn 99 f.), also etwa bei einem mehrjährigen Beratungsvertrag erst, wenn sie angefallen sind (vorher nur als „unfertige Leistungen“ mit den Herstellungskosten). Umgekehrt wird eine mögliche Haftung erst bei konkreten Anhaltspunkten in Höhe des Wahrscheinlichkeitswerts, nicht auf Grund des abstrakten Risikos angesetzt. In der Gewinn- und Verlustrechnung sind Provisionen und ähnliche Erträge (aus Dienstleistungen, nicht Krediten!) nach § 30 Abs. 1 RechKredV auszuweisen (vgl. hierzu Scharpf/Schaber, Handbuch Bankbilanz, 7. Auflage 2018, S. 1197 ff.). 27 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 31–33; Bak Aktienrecht zwischen Markt und Staat, 2003, S. 132 f. 28 Vgl. etwa graphische Übersicht bei Osterloh, Universal- oder Trennbankensystem? S. 37 (von den führenden Industrieländern nur Japan nicht von dieser Konsolidierungswelle erfasst). In naher Zukunft steht – u.a. aufgrund gestiegener Regulierungskosten und zunehmendem Wettbewerbsdurck aus der sog. FinTech-Branche – eine weitere Konsolidierung in allen drei Institutsgruppen zu erwarten, mit weiterer Abnahme der Institutszahl.

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der Träger für die Verbindlichkeiten (unmittelbar) mithaftete. Letztere bestand für die nach dem 18. Juli 2005 eingegangenen Verbindlichkeiten nie und lief auch für alle diejenigen Verbindlichkeiten am 31.12.2015 aus, die in den vier Jahren vor Wegfall der Gewährträgerhaftung eingegangen wurden (ab 18. Juli 2001). Sie gilt nur für den kleinen Teil der noch älteren Verbindlichkeiten fort.29 Verantwortlich für diesen Fortfall von Sonderregimen war vor allem das Europäische Wettbewerbs- und Beihilfenrecht und eine von der EU-Kommission geforderte Vereinbarungslösung: Auf Beschwerde des Europäischen Bankenverbandes war die EU-Kommission im Jahr 2001 davon ausgegangen, dass beide Sonderregime den Wettbewerb gegenüber Kredit- und Privatbanken verzerrten, namentlich auch die Gewährträgerhaftung eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe darstelle.30 Die Vereinbarungslösung beinhaltete dann die oben genannten Übergangsfristen, außerdem die Abrede dahingehend, dass Beihilfen nur noch im Rahmen des EU-Rechts und unter Gleichbehandlung aller Institutsgruppen gewährt würden – was dann in der Finanzkrise 2008–09 auch bald relevant wurde. Vom Haftungssubstrat ebenso wie von der Eigentümerstruktur- und -verantwortung her unterscheiden sich die Sparkassen also nurmehr insofern von den Kredit- und Privatbanken auf allgemein-privatrechtlicher Organisationsgrundlage, als die Eigner Körperschaften öffentlichen Rechts sind, die zudem die Organisation durch (Landes-) Gesetz und Satzung vornehmen. Im Verhältnis zum Kunden wirkt sich diese Sonderstellung hingegen nicht mehr aus, auch nicht im Haftungs- und Insolvenzfall. Vom Gleichheitsgrundsatz her, der dieser Entwicklung zugrunde liegt, ist es paradigmatisch, dass auch die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Bankgeheimnis, die nur für öffentliche Amtsträger gilt/galt, als gleichheitswidrig eingestuft und deswegen in der Judikatur aufgegeben wurde (unten Zweiter Teil Rn 77, 80). Sparkassen sind auch heute noch überwiegend regional tätig und finanzieren sich zu ca. 75% durch Einlagen und vergeben zu ca. 75% ihres Geschäftsvolumens Kredite vor allem in der Region, sind also der lokalen Kreditversorgung verpflichtet.31 Spitzeninstitute in der Institutsgruppe Sparkassen sind die Landesbanken, die im Eigentum eines oder mehrerer Bundesländer sowie von Sparkassen ihres Abdeckungsbereichs stehen. Ihr großes Bilanzvolumen (mit gut 1.000 Milliarden € in der Summe vergleichbar dem aller Sparkassen kumuliert) erklärt sich damit, dass sie in signifikantem Umfang auch Kredite an Banken vergeben und „sonstige Aktivitäten“ entfalten, namentlich die Effekten- und Investmentgeschäfte für die Institutsgruppe Sparkassen bündeln, aber idR auch als Kreditgeber ihrer Trägerländer fungieren („Hausbank“).32 Die kleinste Institutsgruppe (vom Bilanzvolumen, nicht von der Institutszahl her) bilden die 21 Genossenschaftsbanken, ebenfalls mit Zentralinstitut(en) (DZ-Bank und WGZ-Bank, Letztere 2016 auf die DZ-Bank verschmolzen). Organisiert sind sie nach dem Genossenschaftsgesetz, was nach dessen § 1 zur Folge hat, dass sie der Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft ihrer Mitglieder verpflichtet sein müssen. Diese müssen Anteile halten (einschließlich einem beschränk-

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29 Näher zu diesem Regime Füßer ZBB 300 (301, 307 f.); Weinkamm EG-Beihilfen und die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland, 2004, S. 108, 116 f.; Wiesel ZBB 2002, 288 (bes. 295); Schlierbach/Püttner Sparkassenrecht, S. 152 f.; auch Seikel Kampf um öffentlich-rechtliche Banken, S. 165 f. 30 Vgl. hierzu Wiesel ZBB 2002, 288 (bes. 289 f.); Schlierbach/Püttner Sparkassenrecht, S. 150 f.; zustimmend Weinkamm EG-Beihilfen und die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland, 2004, S. 63–105; sowie Niemeyer/Hirsbrunner EuZW 2000, 364 (bes. 366 f.); ablehnend hingegen Vogel ZBB 2001, 103 (108 f.); sowie MartinEhlers EWS 2001, 263 (267 f.); ausführlich zu dieser Entwicklung Seikel Kampf um öffentlich-rechtliche Banken, S. 137–167. Zentral war insoweit auch, dass Ratingagenturen in der Tat das höhere Rating von Sparkassen auch mit dem Bestehen einer Gewährträgerhaftung begründet hatten und daraus die Wahrscheinlichkeit abgeleitet wurde, dass Sparkassen daraus auch Vorteile bei der Refinanzierung (im Vergleich zu verzerrungsfrei funktionierenden Märkten) haben könnten. 31 Dazu Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 35 f.; Schlierbach/Püttner Sparkassenrecht, S. 116 f. 32 Zu all dem vgl. etwa Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 36; BankR-Hdb/Rümker/ Winterfeld § 124 Rn 139–150; Büschgen Bankbetriebslehre, S. 89 f.; Sinn, Der Staat im Bankwesen – zur Rolle der Landesbanken in Deutschland, 1997, bes. 19 ff.

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ten Haftsummenzuschlag) und nehmen Teil an der Gewinnverteilung. Doch ist seit 1974 auf Grund von § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG die Kreditvergabe auch an Nichtmitglieder zulässig, wenn die Satzung das vorsieht.33 Von den Aktivitäten her sind die Genossenschaftsbanken ähnlich (weit) überwiegend auf das Einlagen- und Kreditgeschäft an Nichtbanken fokussiert, freilich ohne die im Sparkassensektor übliche regionale Beschränkung. Im Verhältnis zum Kunden ist – abgesehen von der Besonderheit einer genossenschaftsrechtlichen Gesellschafterstellung – wiederum kein anderes Recht anzuwenden als für Kunden anderer Institutsgruppen, auch nicht für die Frage der Institutshaftung und -insolvenz. c) Spezialbanken und Direktbanken. Die Spezialbanken bilden eine heterogene Gruppe, 22 zu ihnen werden vor allem gezählt: – Realkreditinstitute (Hypotheken- und Pfandbriefinstitute)34 – Bausparkassen35 – Teilzahlungsbanken36 – Wertpapiersammelbanken – Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 17 KAGB, früher Kapitalanlagegesellschaften)37 – Kreditinstitute mit Sonderaufgaben, sowie – Direktbanken. Die drei erstgenannten Gruppen sind im Kreditgeschäft verortet und unterfallen dort Sonderregeln namentlich bei der Refinanzierung (durch Pfandbriefe, vor allem mit der 60%-igen Beleihungsgrenze, und durch Kommunalobligationen), bzw. unterliegen einem Spezialitätsgrundsatz (§ 1 BausparkG). Rein aus geschäftspolitischen Gründen und ohne Spezialgesetz als Grundlage konzentrieren sich die Teilzahlungsbanken auf ein anderes kreditgeschäftliches Teilsegment, den Bereich der Ratenkredite, idR ungesichert, jedenfalls nicht grundpfandrechtlich gesichert, an Verbraucher (näher zu allem Vierter Teil Rn 71–88 und 795–804). Die viertgenannte Gruppe ist demgegenüber im Effekten-, namentlich im Depotgeschäft wichtig (näher dazu unten Achter Teil). Diesen vier Typen von Spezialbanken, die in einem der drei Hauptbankgeschäftstypen zu verorten sind, stehen die anderen drei als deutlich heterogene Gruppe gegenüber (heterogen untereinander sowie zu den bisher Genannten): Die Kapitalverwaltungsgesellschaften, mit den sog. In-

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33 Vgl. BankR-Hdb/Rümker/Winterfeld § 124 Rn 163. Insgesamt zu den Besonderheiten und zum Volumen der genossenschaftlichen Institutsgruppe: Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 36 f.; Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 34; Raab-Kratzmeier Genossenschaftsbanken im Wettbewerb, 2014, S. 7–16; Dietl Das Ende der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, 2010, S. 14–15; Thiesler Zukunftsfähigkeit von genossenschaftlichen Primärbanken in Deutschland, 2000, S. 8–16; Büschgen Bankbetriebslehre, S. 94 f. 34 Vgl. hierzu etwa: BankR-Hdb/Rümker/Winterfeld § 124 Rn 168 f.; Adrian/Heidron Bankbetrieb, S. 32; HartmannWendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 38; Redenius Strukturwandel und Konzentrationsprozesse im Hypothekenbankenwesen, 2009. 35 Vgl. hierzu etwa: Berndt/Degner/Hamm/Zehnder (Hrsg.), Die Bausparkassen – Bausparfinanzierung und Bausparförderung, 7. Aufl. 2009; BankR-Hdb/Rümker/Winterfeld § 124 Rn 68–74; Adrian/Heidron Bankbetrieb, S. 33; Becker/Peppmeier Bankbetriebslehre, S. 117; Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre, S. 134; HartmannWendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 38. 36 Vgl. hierzu etwa: Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre, S. 125; Schöttl Die Stellung der Teilzahlungsbanken im Kreditgewerbe – eine Strukturanalyse unter besonderer Berücksichtigung der Wettbewerbssituation, 1981. 37 Vgl. hierzu vor allem: Baur/Tappen Investmentgesetze, 3. Aufl. 2016, § 17 KAGB (S. 163 ff.) (4. Aufl. 2019 für 9/2019 angekündigt); Emde/Dornseifer/Dreibus/Hölscher Investmentgesetz, 2013, S. 186 ff. (verschiedene Bearbeiter); Emde/Dornseifer/Dreibus KAGB: Kapitalanlagegesetzbuch – Kommentar, 2. Aufl. 2019; Geurts/Schubert KAGB kompakt: eine strukturelle Einführung in das neue Investmentrecht, 2014; Patzner/Döser/Kempf Investmentrecht, 3. Aufl. 2017, § 17 KAGB; Weitnauer/Boxberger/Anders KAGB, 2. Aufl. 2017, § 17 (S. 144 ff.); Moritz/Klebeck/Jesch Frankfurter Kommentar zum Kapitalanlagerecht: Band 1: KAGB, 2016; Verfürth KAGB: Textund Materialsammlung zum Kapitalanlagegesetzbuch, 2015; zusammenfassend etwa Becker/Peppmeier Bankbetriebslehre, S. 118; Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre, S. 126.

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vestmentfonds, betreiben ein Geschäft, das aus dem Kreditwesen i.e.S. ausgeklammert ist (Ausnahme nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b KWG), und in der Tat erscheint das Geschäft vom Bankgeschäft deutlich abgesetzt, auch wenn die großen Universalbanken und die Institutsgruppen jeweils ihre Kapitalverwaltungsgesellschaften als Tochtergesellschaften oder Einrichtung der Gruppe haben. Die Kreditinstitute mit Sonderaufgaben sind vor allem Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft mit Förderungsaufgaben, namentlich die IKB Deutsche Industriebank (vor allem mit langfristigen Investitionskrediten an kleine und mittelständische Unternehmen bis 2008; nach Verkauf an den amerikanischen Finanzinvestor Lone Star jedoch allgemeine Geschäftsbank), die KfW Bankengruppe (mit strukturpolitischen Förderprogrammen) und die AKA Ausfuhrkreditbank (zur Finanzierung von Exportgeschäften, gehalten von knapp 20 anderen Banken).38 Die Direktbanken sind demgegenüber keine echten Spezialbanken. Vielmehr unterschei23 den sie sich – idR auf allgemein privatrechtlicher Grundlage organisiert – von den Privat- und Kreditbanken vor allem dadurch, dass sie ihre Bankdienstleistungen ohne ausgebautes Filialnetz und daher grds. auch ohne oder mit deutlich reduzierten Beratungs- und Kundenpräsenzmöglichkeiten anbieten. Insbesondere aufgrund des wenig ausgebauten Bankautomatennetzes hat dies auch zu erheblichen Spannungen mit anderen Institutsgruppen, namentlich den Sparkassen geführt.39 Soweit zwingendes Recht nicht entgegensteht oder – wie bei den Wohlverhaltenspflichten nach §§ 63 ff. WpHG entsprechend angepasst und punktuell reduziert wurde – handelt es sich um eine geschäftspolitische Entscheidung, primär nur die Abwicklungsleistungen („execution only“) anzubieten. Der Erfolg ist schon heute erheblich, die Dynamik der Entwicklung wird unterschiedlich eingeschätzt.40 Direktbanken können sich als Spezialbanken auf ein bestimmtes Geschäft spezialisieren, sie agieren jedoch häufig auch flächendeckend mit entsprechend reduziertem Betreuungs- und Präsenzangebot. 24

d) Internationale Aspekte, insbes. Trennbankensystem. Für eine Betrachtung der Strukturen im internationalen Umfeld ist es vorliegend weniger wichtig, auf Institutsgruppen im Ausland41 oder das Zusammenspiel zwischen Steuerung/Aufsicht und Kreditwirtschaft dem Kunden gegenüber einzugehen – zumal Letzteres für die Eurozone jetzt vereinheitlicht ist (Europäische Bankenunion). Für die USA42 ist immerhin auf den zentralen Vorgang für die Marktstrukturen seit 2008 hinzuweisen: namentlich dass alle großen Investmentbanken, die auch nach formaler Aufhebung des Trennbankensystems durch den sog. Gramm-Leach-Bliley-Act 199943 noch fortbestanden, im Ge-

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38 Vgl. etwa BankR-Hdb/Rümker/Winterfeld § 124 Rn 170 ff.; Becker/Peppmeier Bankbetriebslehre, S. 125; Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre, S. 130; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 39. 39 Vgl. OLG München Urt. v. 17.6. 2010 – U (K) 1607/10, WM 2010, 1598, Anm. Hess a.a.O. 1971; sowie Kapp/Rauhut WM 2010, 1111; LG Verden Urt. v. 15.12.2008 – 10 O 102/08, WM 2009, 656, Anm. Lettl, WuB V B § 4 UWG 1.09; dazu auch etwa MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 65; BankR-Hdb/Bunte § 140 Rn 76 f. 40 Vor allem: Swoboda Direct Banking: Wie virtuelle Institute das Bankgeschäft revolutionieren, 2000; Härtl Direktbanken als Wettbewerbsfaktor im deutschen Bankenmarkt, 2003; sowie Ambros Retail Banks am Scheideweg, WM 2000, 563; Blessing Auf dem Weg zur Multikanalbank, WM 2001, 1146; Brückner Ratgeber Direktbanken, 2008, S. 15 ff.; zur Kostensenkung etwa Matei/Silvestru 2 Revista Informatica Economicá 55 (2008); Engelke Direct Banking – attraktiv für Firmenkunden? Die Bank 2011, 66; Schulze Kunden-Kommunikation und -Beratung in einer Direktbank: Schwerpunkte verschieben sich, FLF 2013, 136. 41 Dazu etwa Mugler Das deutsche Bankensystem im internationalen Vergleich, 2014, S. 107 ff.; Heffernan Modern Banking, 2005, S. 221 ff.; Decressin/Brunner/Hardy/Kudela Germany’s Three Pillar Banking System: Cross-Country Perspectives; Kaufman (Hrsg.) Banking Structures; Tilly 145 Journal of Institutional and Theoretical Economics 189 (1989). 42 Näher zum Kreditwesen in den USA, das dort ungleich stärker für viele Institute auch rechtlich die regionale Fokussierung vorschreibt und das ebenfalls ein großes System von Spezialbanken zur Förderung bestimmter Zwecke aufweist: Baer/Mote The United States Financial System, in: Kaufman (Hrsg.) Banking Structure, S. 469–553. 43 Financial Services Modernization Act of 1999; dazu Huertas in: v. Hagen/v. Stein (Hrsg.) Geld-, Bank- und Börsenwesen, S. 470 (bes. 501–504); Kochinke/Krüger Allfinanzunternehmen in den USA – neue Chancen durch den Gramm-Leach-Bliley Act, RIW 2000, 518; Macey The Business of Banking – Before and after Gramm-Leach-Bliley,

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

folge der Finanzkrise entweder in die Insolvenz gingen (Lehman Brothers), von Kreditbanken übernommen wurden (Merrill Lynch durch die Bank of America und Bear Stearns durch JPMorgan Chase) oder aber sich in Bank Holding Companies umwandelten, was die Unterstellung unter die Aufsicht für Kreditbanken nach sich zog (Goldman Sachs und Morgan Stanley). Große, prägende eigenständige Investment Banks verschwanden damit aus der US-amerikanischen Bankenlandschaft.44 Damit ist auch das Thema angesprochen, das für die Strukturen auch grenzüberschreitend zentral und am relevantesten ist, namentlich auch weil es die deutsche und Europäische Gesetzgebung beschäftigt(e): die Diskussion um das Universalbankensystem, wie es in Deutschland und ganz überwiegend in der EU traditionell vorherrscht(e) und für besonders stabil gehalten wird/ wurde,45 oder das Trennbankensystem (vor allem zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken), wie es der Glass Steagall Act von 1933 (bis 1999) vorsah und – als Zwischenform – um das sog. ring-fencing, wie es in der EU aufgrund des entsprechenden Vorschlags der EU-Kommission zweitweise stark diskutiert wurde.46 Dabei sind vor allem folgende Formen zu unterscheiden, die sich aus der Vielzahl der denkbaren (Zwischen-)Lösungen als international – in Gesetzgebungsprozessen – besonders relevant herauskristallisiert haben: Im Glass-Steagall-Act 1933 war besonders rein ein Trennungsgebot niedergelegt, für die Geschäftsbanken in sec. 16 und für die Investmentbanken, spiegelbildlich, in sec. 21 sowie in sec. 20, 32 fortgeführt auch auf Konzernebene.47 Nach

_____ 25 Journal of Corporate Law 691 (1999/2000); O’Neal, Summary and Analysis of the Gramm-Leach Bliley Act, Securities Regulation Law Journal 2000, 28; zu bereits vorangegangenen Aufweichungen (Ausnahmen zu GlassSteagall-Act 1933) Hoffmann Das Ende des amerikanischen Trennbankensystems, WM 2000, 1773; Markey Why Congress must amend Glass-Steagall – Recent trends in breaching the wall separating commercial and investment banking, 25 New England Law Review 457 (1990–1991). 44 Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 24; Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 40 (auch jeweils die größere Robustheit der Universalbanken betonend). 45 Überblick zur Verbreitung etwa bei Benston Universal Banking, 8 Journal of Economic Perspectives 121 (1994); Decressin/Brunner/Hardy/Kudela Germany’s Three Pillar Banking System: Cross-Country Perspectives in Europe; Kaufman (Hrsg.) Banking Structure in Major Countries, 1992; Reuther Bankensystem und Wirtschaftskrise, S. 57. Jüngste systematische Studie: Osterloh Universal- oder Trennbankensystem? – mit vor allem folgenden Ergebnissen: Renditezyklen von Kredit- und Wertpapierbanken meist gegenläufig und daher in der Universalbank einander „neutralisierend“ (S. 15–41) und Effizienz und daher auch Stabilität höher (S. 61–70, deutsche Banken danach mit der höchsten Risikotragfähigkeit, S. 69), desgleichen Profitabilität (S. 42–60: obwohl Eigenkapitalrendite bei Trennbanken höher, Gegenteil der Fall, wenn Eigen- und Fremdkapitalrendite kumuliert betrachtet), und sogar Wettbewerb intensiver (gemessen nach Lerner-Index, S. 38–41); sehr weitgehend sich deckend mit der Studie vor allem zu (Großbritannien und) Deutschland bei Edwards/Fischer. Banks, Finance and Investment in Germany, 1994 (dort jedoch etwas andere Vergleichsparameter, etwa Aufsichtsratsbesetzung, Wettbewerbsvorteile und Informationsfluss). Vgl. rechtspolitisch auch, insbesondere zur (höheren) Risikotragfähigkeit: Reuther Bankensystem und Wirtschaftskrise, S. 27; und Überblick zu den mannigfachen Diskussionslinien (allerdings ohne das Trennungsregime im Vickers-Report und Trennbankengesetz) Rheinholdson/Olsson Commercial and Investment Banking – Literature Review. 46 Vgl. Europäische Kommission Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über strukturelle Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Kreditinstituten in der Union vom 29.1.2014, KOM(2014) 043 endg. (sog. Banken-Struktur-Verordnung); dann Dokument RAT: 9894/15, vgl. http://www.parla ment.gv.at/PAKT/EU/XXV/EU/06/98/EU_69804/index.shtml; aufbauend auf: Final Report of the High-level Expert Group on reforming the structure of the EU banking sector (‚Liikanen Report‛), 2. Okt. 2012, http:/ec.europa.eu/inter nal_market/bank/group_of_experts/index_en.htm. Inzwischen wurde der Vorschlag freilich zurückgenommen, vgl. Annex 4 zum Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2018 (COM(2017) 650 final) unter Nr. 3 (auf Seite 2), abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/file_import/cwp_2018_annex_iv_de.PDF; Presseberichterstattung dazu: http://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/finanzbranche -eu-zieht-entwurf-fuer-trennbanken-gesetz-zurueck/20498838.html; https://www.nzz.ch/wirtschaft/trennbankenvorschlag-stirbt-in-der-eu-einen-stillen-tod-ld.1324140; allgemeiner zum ring-fencing Schwarcz Ring-Fencing, 87(1) Southern California Law Review 69 (2013); Binder Ring-Fencing: An Integrated Approach with Many Unknowns, EBOR 2015, 97. 47 Federal Reserve Bank of New York. „1248. Banking Act of 1933,“ Federal Reserve Bank of New York Circulars (June 22, 1933), abrufbar unter https://fraser.stlouisfed.org/title/?id=466#!15952. Dazu etwa Fein Securities Activities of Banks, 4. Aufl. 2011 (Loseblatt), § 4.03; Möslein ORDO 64 (2013) 349 (357–360).

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Einführung verschiedener Ausnahmen über mehrere Jahrzehnte hinweg wurde dieses Trennungsgebot schließlich 1999 durch den Gramm-Leach-Bliley-Act gänzlich aufgehoben (Fn 43). Im Anschluss an die Finanzkrise 2007–2009 wurde kaum einmal auf Wiedereinführung des strikten Trennungsgebots plädiert, umgekehrt jedoch internationalisierte und erstreckte sich die Diskussion – auf die wichtigsten Finanzzentren und Bankenplätze (und Volkswirtschaften der EU). Die wichtigsten Zwischenformen zwischen Trennbankensystem (ggf. auch Verbot der Verbindung im Konzernverbund) einerseits und Universalbankensystem andererseits sind Folgende:48 Denkbar sind, erstens, punktuelle Aktivitätsbeschränkungen, mit denen Kreditbanken (CRR-Instituten) gewisse Aktivitäten (namentlich Eigenhandel für eigene Rechnung49 sowie Kredit- und Garantiegeschäfte mit Hedge-, Dachhedge- und Private Equity-Fonds) untersagt werden (Volcker-Rule in den USA);50 denkbar sind, zweitens, allgemeine Spartentrennungsgebote mit denen vorgeschrieben wird, dass alle Kreditbanken gewisse Aktivitäten (im Wesentlichen wieder die oben Genannten) nicht durch dieselbe Rechtsperson abwickeln dürfen, wohl aber durch andere Rechtspersonen im Konzern (Vickers-Vorschlag in Großbritannien);51 denkbar sind schließlich drittens, vergleichbare Spartentrennungsgebote, die jedoch nur für Kreditbanken vorgesehen werden, bei denen aufgrund gewisser Größenkriterien (vor allem Bilanzsumme und/oder erheblicher Anteil der genannten Aktivitäten am Gesamtgeschäft) eine besondere Systemrelevanz und Ansteckungsgefahr angenommen wird (Liikanen-Report und – inzwischen zurückgezogener – EU-Verordnungsvorschlag [oben Fn 46] und deutsches Trennbankengesetz). Das durch das Trennbankengesetz52 in Deutschland eingeführte System, das (mit dem 25 französischen) auch dem Liikanen-Report und dem (inzwischen allerdings zurückgezogenen) EU-Verordnungs-Vorschlag am nächsten steht, ist in der Quintessenz wohl als weniger invasiv als die Volckers-Rule, aber auch der Vickers-Vorschlag anzusehen, geht aber über Alternativvorschläge hinaus, namentlich denjenigen, Eigengeschäfte und Geschäfte mit Hedge-Fonds nur mit der Pflicht zur Vorhaltung eines zusätzlichen Kapitalpuffers zu belegen.53 Die Kernelemente der deutschen Regelung sind drei: Die Schwellenwerte wurden dahingehend festgesetzt, dass das Geschäftsvolumen des Instituts bzw. der Gruppe zum Bilanzstichtag des Vorjahres

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48 Vgl. namentlich Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625 (625–630); Möslein ORDO 64 (2013) 349 (357–367); Renner Bankkonzernrecht, 2019, S. 207–237. 49 Zur zentralen Rolle bei der Entstehung der Finanzkrise, die in den USA gerade dem Eigenhandel (d.h. Beständen von Effekten [außer Staatsanleihen] in den Aktiva) zugeschrieben wurde, vgl. Möslein ORDO 64 (2013) 349 (360); Richardson/Smith/Walter Large Banks and the Volcker Rule, in: Acharya u.a. (Hrsg.), Regulating WallStreet – The Dodd-Frank Act and the New Architecture of Global Finance, 2009, S. 181 (202 f.); Whitehead The Volcker Rule and Evolving Financial Markets, 1 Harvard Bus. Law Review 40 (41–43) (2011). 50 Vgl. Art. 619 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act: Title 12 U.S.C., Chapter 17: Bank Holding Companies, § 1851 „Prohibitions on proprietary trading and certain relationships with hedge funds and private equity funds“; dazu etwa Heppe/Tielmann WM 2011, 1883 (1887 f.); Renner Bankkonzernrecht, 2019, S. 231 ff. 51 Vgl. http://webarchive.nationalarchives.gov.uk/20131003105424/https:/hmt-sanctions.s3.amazonaws.com/ ICB%20final%20report/ICB%2520Final%2520Report%5B1%5D.pdf. 52 Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen vom 7.8.2013, BGBl. 2013 I, S. 3090; dazu vor allem Rosak Bankentrennung; Baumann GWR 2013, 307; Brandi/Gieseler DB 2013, 741; Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (19–23); Möslein ORDO 64 (2013) 349; ders. BKR 2013, 397; Schelo/Steck ZBB 2013, 227; sowie Hageböke/Leuering NJW-Spezial 2013, S. 463; sowie zum Entwurf Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625; van Kann/Rosak NZG 2013, 572; dies. BB 2013, 1475. Rechtsvergleichend im Hinblick auf den Kommissionsvorschlag: Lehmann/Rehahn WM 2014, 1793; Möslein ORDO 64 (2013) 349 (357–367). Speziell zur Auswirkung auf das Private-Equity-Geschäft: Habetha ZIP 2014, 9; Krahnen/Götz/Tröger Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2017, 205. Vor allem rechtspolitisch (namentlich im Hinblick auf Effizienzvorteile, Krisenfestigkeit und Lehren aus der Finanzkrise): Fritsche Universalbanken- oder Trennbankensystem? und Nachw oben Fn 45. 53 Vgl. rechtsvergleichend und zu den verschiedenen Modellen Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625 (627 f.); Möslein ORDO 64 (2013) 349 (357–367 und 367–369) (verfassungsrechtlich milderes Mittel sogar geboten); siehe ferner Binder EBOR 2015, 97.

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1. Abschnitt – Kreditwesen und Bankgeschäft

100 Mrd. € überstieg oder wenn die Bilanzsumme die letzten drei Jahre zum Bilanzstichtag jeweils 90 Mrd. € überstieg und das Volumen der betroffenen „gefährlichen“ Geschäfte 20% der Bilanzsumme übersteigt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 KWG).54 Die betroffenen Aktivitäten werden dahingehend umrissen, dass Eigengeschäft, also der Erwerb und die Veräußerung von Finanzinstrumenten, für eigene Rechnung unter den in § 1 Abs. 1a Satz 3 KWG gennanten Bedingungen, erfasst ist, ebenso Eigenhandel i.S.v. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 4 lit. d) KWG, daneben Kreditund Garantiegeschäfte mit Hedgefonds, Dach-Hedgefonds und AIF-Fonds, soweit sie in erheblichem Umfang Hebelwirkung einsetzen, und deren jeweiligen Verwaltungsgesellschaften (§ 3 Abs. 2 Satz 2 KWG).55 Schließlich wird zwar die Auslagerung auf ein anderes Institut der Gruppe gestattet, es muss freilich organisatorische, rechtliche und finanzielle Eigenständigkeit in folgender Form gewährleistet werden: Das betroffene „gefährliche“ Geschäft muss in einem Maße isoliert werden, dass einer „Ansteckung“ der Gruppe vorgebeugt wird (insbesondere sind die organisatorischen Zentraleinrichtungen beim Mutterinstitut anzusiedeln, vgl. § 25f bes. Abs. 5–7 KWG).56 Hinzu tritt die Befugnis der BaFin, im Einzelfall eine vergleichbare Gefährdung zu bejahen, auch wenn die Schwellenwerte nicht erreicht sind, und das beschriebene Regime anzuwenden (§ 3 Abs. 4 KWG). Die Kritik am Trennbankengesetz ist teils prozeduraler Art („nationaler Alleingang“,57 wohingegen freilich eingewandt werden kann, dass offenbar alle wichtigen Volkswirtschaften und Bankenplätze in Europa die Option eines schnellen Handelns und eines möglichen „Vorsprungs“ auch im EU-Verhandlungsprozess wählten, und letztlich ja der EUVorschlag auch zurückgezogen wurde), vor allem jedoch inhaltlicher Art: Es hätten (etwa mit der Anordnung zusätzlicher Kapitalpuffer) weniger invasive Alternativen bestanden (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz!); und durch die Ausgliederung würden hohe Komplexitätskosten verursacht und dennoch das Risiko nicht wirklich vermindert: zum einen verhinderten die Schwellenwerte nicht, dass potentiell durchaus vergleichbar systemrelevante und ansteckungsgefährdete Institute (in zudem wettbewerbsverzerrender Weise) nicht erfasst würden; und zum anderen sei der Eigenhandel für Kunden vergleichbar ansteckungsgefährdet wie derjenige für eigene Rechnung.58 Bei den zuletzt genannten Kritiken ist freilich zu bedenken, dass die Größenabgrenzung doch auch Überlegungen zu einem Übermaßverbot berücksichtigt, und dass „gefährliche“ Geschäfte, die durch Abspaltung „isoliert“ werden sollen, ggf. doch eher mit Zusatzkosten belegt werden können und sollen, wenn sie zusätzlich auch nicht der Realwirtschaft zugutekommen. Beide Entscheidungen stehen doch jedenfalls in einer Linie mit rechtspolitischen Entscheidungen, wie sie mit der Bankaufsichtsreform der letzten Jahre getroffen wurden („Systemkohärenz“). Daher ist m.E. die Kritik, dass weitere Kapitalpuffer nicht als Alternative hinreichend in Erwägung gezogen wurden, wohl die gewichtigste.

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54 Näher zu den Schwellenwerten vgl. Habetha ZIP 2014, 9 (12); Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (21); Möslein BKR 2013, 397 (401 f.). 55 Näher zu den Aktivitäten vgl. Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625 (627); Habetha ZIP 2014, 9 (12–16) (auch speziell zum Geschäft mit Private Equity Fonds); Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (20 f.); Möslein ORDO 64 (2013) 349 (360–362); ders. BKR 2013, 397 (402–404). 56 Näher zur „Abschirmung“ innerhalb des Konzerns: Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625 (628 f.); Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (21 f.); Möslein BKR 2013, 397 (404 f.); erstmals operational seit dem 1.7.2015, mit einer Frist von 12 Monaten, die jeweils für den Umbau gewährt wird (§ 3 Abs. 2 S 1 KWG). 57 Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (20 und 22) („einhellige Kritik“); zum vergleichbaren Vorgehen jedenfalls in den großen Volkswirtschaften, namentlich Frankreich und Großbritannien, vgl. neben den Nachw oben Fn 53: sog. Vickers-Report (Fn 51); Loi no. 2013-672 du 26 juillet 2013 de séparation et de régulation des activités bancaires, J.O. n° 173 du 27 juillet 2013, S. 12530; sowie dazu Lehmann/Rehahn WM 2014, 1793 (1796). 58 Zu diesen verschiedenen Kritiken vgl. Altvater/v. Schweinitz WM 2013, 625 (626 f., 629); Höche Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3 (22 f.); Möslein ORDO 64 (2013) 349 (367–369); prägnante, zugleich gut differenzierende Gegenüberstellung von pros und cons bei Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 22–24.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

III. Rechtlicher Bezugsrahmen des (Handels-)Rechts der Bankgeschäfte 26

Kerngegenstand dieses Kommentars zum HGB ist das Recht – überwiegend Zivil- und Handelsrecht –, das die im 1. Abschnitt beleuchteten Bankgeschäfte in Deutschland regelt. Hinreichend erfasst werden kann dieser Regelungszugriff jedoch nur, wenn zumindest zwei Formen der Einbettung des Kernregelungsbereichs Zivil- und Handelsrecht mit bedacht werden. Dies ist einerseits das Regulierungsrecht, das Banken und Finanzmärkte aus Gründen des Funktions- und Publikumsschutzes, also im (auch) allgemeinen Interesse vorgegeben wird und das ihre Organisation und Transaktionen maßgeblich (mit)formt. Dies ist andererseits das supranationale und internationale Regelungsumfeld, das auf sehr verschiedene Weise auf das häufig international getätigte, aber auch bei reinen Inlandstransaktionen häufig von supranationalen Vorgaben beeinflusste Bankgeschäft einwirkt. Beide Formen der „Einbettung“ des (nationalen) Zivil- und Handelsrechts der Bankgeschäfte bilden einen Rahmen, der im 2. und 3. Abschnitt dieses 1. Teils abzustecken ist, nachdem hier im 1. Abschnitt dieses 1. Teils unter I. und II. Transaktionen/Funktionen und Akteure als Phänomen vorgestellt wurden. Beide Formen der Einbettung, die in den nächsten beiden Abschnitten näher aufzugreifen sind, sind wiederum miteinander verschränkt und können folgendermaßen resümiert werden:

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1. Handelsrecht der Bankgeschäfte, Banken- und Finanzmarktregulierung und Bankaufsichtsrecht i.e.S. Die Rechtsgrundlage des Bankgeschäfts bilden – aus Sicht der Institute – vor allem die Regelungskomplexe: (i) Bankaufsichtsrecht (Überblick, teils vertieft, unten Abschnitt 2); (ii) sonstige Regulierung, einerseits des Zentralbank- und Währungsrechts (mit der Geldmengensteuerung), vor allem jedoch, andererseits, der Finanzmärkte (dazu vertieft Teile 5– 8, Investment Banking); das Organisationsrecht der Institute, etwa Aktienrecht (mit Corporate Governance), heute erheblich überformt durch das Bankaufsichtsrecht und teils auch die Finanzmarktregulierung (etwa § 80 WpHG); (iv) das klassische Zivil- und Handelsrecht der BankKunden-Beziehung, und (v.) das AGB- und sonstige Kautelarrecht für ebendiese Beziehung (die beiden Letztgenannten Hauptgegenstände von Teilen 2–8). Diese Rechtsgrundlage ist, spiegelbildlich – aus Sicht der Kunden bzw. der Bank-Kunden-Beziehung – modifiziert zu sehen: Sie ist nicht notwendig in allen Teilen auch (privat- und handelsrechtlich) für diese Beziehung gleich relevant. Die drei erstgenannten Regelkomplexe wirken zwar immer wieder ein, doch unterschiedlich stark und deswegen im vorliegenden Kommentar auch unterschiedlich intensiv mitberücksichtigt: am umfangreichsten und direktesten sicherlich die Finanzmarktregulierung, weswegen diese in Teilen 5–8 auch weitgehend flächendeckend miterörtert wird; deutlich weniger die drei anderen Teile, die daher nur dort, wo sie ihren Einfluss auch auf die Bank-KundenBeziehung spürbar ausüben, mit erörtert werden. Beim Zentralbank- und Währungsrecht sind die Einwirkungen am „entferntesten“, sie müssen ausgeblendet bleiben.59 Schon für das Bankaufsichtsrecht ist eine Einbeziehung in handelsrechtlichen Kommentaren, aber auch in Bankrechts-Kommentaren unüblich und bildet es auch im Bankrechts-Handbuch kein wirklich zentrales Stück. Deswegen ist diese „Mitberücksichtigung“ im Folgenden gesondert zu begründen, namentlich, dass der Einfluss des (weitestgehend Europäischen oder Europäisierten) Bankaufsichtsrechts auf das (auch substantiell Europäisierte, teils jedoch auch nationale oder parteige-

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59 Breite Überblicke zum (überwiegend nicht bankrechtsspezifischen) Geld- und Währungsrecht aus privatrechtlicher Sicht in MünchKommBGB/Grundmann §§ 244 f. und Staudinger/Omlor § 244 f.; andere nicht behandelte Bereiche: Gerhardus Konkurrentenschutz im europäischen und nationalen Bankenaufsichtsrecht, 2013; aber auch Fragen der alternativen Rechtsdurchsetzung, namentlich durch Ombudsmann und Schiedsgerichtsbarkeit. Dazu etwa Berger WM 2012, 1701; Brömmelmeyer WM 2012, 337; Hoeren NJW 1994, 362; Ombudsmann der Privaten Banken, Tätigkeitsbericht 2018, Januar 2019 (und frühere); zum italienischen Recht Sirena Il ruolo dell’Arbitro Bancario Finanziario nella regolazione del mercato creditizio, Osservatorio del diritto civile e commerciale 1/2017.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

staltete) Zivil- und Handelsrecht der Bank-Kunden-Beziehung in der Tat erheblich ist (2. Abschnitt). Die beiden Klammerzusätze deuten es bereits an: Bei allen Regelkomplexen ist nicht nur das Zusammenspiel zwischen den fünf Regelungsbereichen zu bedenken, auch wenn die beiden zuletzt genannten am umfangreichsten und unmittelbarsten das Bank-KundenVerhältnis regeln; vielmehr ist zugleich auch für alle Regelkomplexe in ihrer Vernetzung zu berücksichtigen, dass sie auf mehreren Regelungsebenen gestaltet werden, also ein Zusammenspiel der Regelebenen hinzutritt. Recht eigentlich sind mit dem klassischen Zivil- und Handelsrecht der Bank-Kunden-Beziehung, und dem AGB- und sonstige Kautelarrecht bereits zwei Ebenen der Regelsetzung angesprochen; nimmt man den supra- und internationalen Kontext hinzu, kommen folgende Kerngesichtspunkte hinzu: 2. Deutsches Handelsrecht der Bankgeschäfte im internationalen Umfeld. Das Bankauf- 28 sichtsrecht und (weniger umfangreich) auch die Finanzmarktregulierung gründen in einer internationalen Rahmenrechtssetzung, namentlich mit den Basel-III-Grundsätzen für die Eigenkapital-, Liquiditäts- und Risikoregulierung und mit den IOSCO-Grundsätzen für die (kapitalmarktrechtliche) Primärmarktpublizität. Obwohl diese Rahmenrechtssetzung völkerrechtlich nicht im engeren Sinne bindend ist, wird sie zum einen doch in Europäischen Regeln sehr getreu umgesetzt und ist sie aus methodischer Perspektive durchaus als Auslegungshilfe für die Europäischen Umsetzungsregeln heranzuziehen. Für die Regelanwendung wichtiger, weil unmittelbar anwendbar oder jedenfalls mit Auslegungsvorrang ausgestattet, ist die Europäische Rechtssetzung. Sie betrifft nun das Bankaufsichtsrecht (zu einem Gutteil sogar unmittelbar anwendbare EUVerordnungen und im Kern für die Eurozone sogar administrativ auf die Europäische Ebene gehoben), die Finanzmarktregulierung (ebenfalls praktisch flächendeckend auf Europäischer Ebene geregelt und wiederum auch zunehmend mit EU-Verordnungen, allerdings weitgehend ohne zentralisierte Aufsicht auf EU-Ebene), aber auch das klassische (objektive) Zivil- und Handelsrecht der Bank-Kunden-Beziehung. Teils, wie im Zahlungsgeschäft, ist das unbestritten (Zahlungsdienste-Richtlinie unstreitig auch „Privatrecht“ und flächendeckend für alle wichtigen Zahlungsinstrumente). Teils ist das umstritten, namentlich für den Wertpapierhandel (Europäisiertes Wertpapierdienstleistungsrecht auch maßgeblich für die privatrechtliche Beziehung? Unstreitig die Privatrechtswirkung demgegenüber wieder im Prospekt- und sonstigen Publizitäts-, wiederum weniger im Marktmissbrauchsrecht). Teils betrifft das nur einen von zwei Hauptteilen des fraglichen Geschäfts (so im Europäisierten Verbraucherkreditrecht, wohingegen die Grundlage des Kreditgeschäfts gegenüber beruflichen Kunden stark national und kautelarjuristisch verfasst blieb). Insgesamt jedoch ergibt sich das Bild von einer Internationalisierung und vor allem Europäisierung des Rechts in allen Bereichen, das nicht nur methodisch immer wieder zentral zu berücksichtigen ist, sondern das auch den Grad der Internationalisierung des Geschäfts, aber auch seine grenzüberschreitende wirtschafts- und zuletzt vor allem auch finanzpolitische Bedeutung reflektiert. All dies wird im 3. Abschnitt noch einmal aufgenommen. 2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

ZWEITER ABSCHNITT Aufsicht und Organisation des Kreditwesens Schrifttum 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Achtelik Bankenunion I: Aufsicht durch die EZB: Auswirkung auf den genossenschaftlichen Bankensektor, 2014; Achtelik/Schmidt-Seidl Bankenunion II: Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten – Auswirkungen auf den genossenschaftlichen Bankensektor, 2016; Admati/ Hellwig Des Bankers neue Kleider – Was bei Banken wirklich schief läuft und was sich ändern muss, 2013; Allen/ Carletti (Hrsg.) Bearing the Losses from Bank and Sovereign Default in the Eurozone, 2014; Allen/Carletti/Gray (Hrsg.) Political, Fiscal and Banking Union in the Eurozone? 2013; Amtenbrink The Democratic Accountability of Cen-

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

tral Banks – a Comparative Study of the European Central Bank, 1999; Andrae/Hellmich/Schmaltz Bankaufsichtliches Risikomanagement, 2018; Antoniazzi La Banca Centrale Europea tra politica monetaria e vigilanza bancaria, 2013; Arnaboldi Deposit guarantee schemes: a European perspective, 2014; Auerbach (Hrsg.) Banken- und Wertpapieraufsicht, 2015; Armour/Awrey/Davies et al. (Hrsg.) Principles of Financial Regulation, 2016; Avgouleas Governance of Global Financial Markets – The Law, The Economics, The Politics, 2012; Bach Agency-Beziehungen und Depositensicherung – Theorie und Praxis, 1995; Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung – Die Durchsetzung von System- und Individualschutz mit Mitteln des Privatrechts, 2020; Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union – Achievements and Open Problems, 2014; Basel Committee on Banking Supervision, Basel III: International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring, 2010; Basel Committee on Banking Supervision Basel III: The Liquidity Coverage Ratio and liquidity risk monitoring tools, 2013; Basel Committee on Banking Supervision, Basel III: Leverage ratio framework and disclosure requirements, 2013; Bauer/Schuster (Hrsg.) Nachhaltigkeit im Bankensektor: Konzepte – Rechtsfragen – Kulturwandel, 2016; Beck (Hrsg.) Banking Union for Europe – Risks and Challenges, 2012; ders./Coyle/Dewatripont/Freixas/Seabright (Hrsg.) Bailing out the Banks: Reconciling Stability and Competition: An Analysis of State-Supported Schemes for Financial Institutions, 2010; Beck/Samm/Kokemoor (Hrsg.) Kreditwesengesetz mit CRR: Kommentar mit Materialien und ergänzenden Vorschriften (Loseblattsammlung – 205. EGL mit Stand März 2019); Bieg/Krämer/Waschbusch Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 5. Aufl. 2018; Bigus/Leyens Einlagensicherung und Anlegerentschädigung – Reformüberlegungen aus ökonomischer und rechtsvergleichender Sicht, 2008; Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, 2018; Binder/Gortsos (Hrsg.) The European Banking Union – A Compendium, 2016; Blumer Bankenaufsicht und Bankenprüfung – Grundkonzepte, Problembestand und Perspektiven der institutionellen Ausgestaltung ausgewählter Bankenüberwachungssysteme, 1996; Boccuzzi The European Banking Union: Supervision and Resolution, 2015; Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.) KWG, CRR-VO: Kommentar zu Kreditwesengesetz, VO (EU) Nr. 575/2013 (CRR) und Ausführungsvorschriften, 5. Aufl. 2016; Brandt Die Steuerung von Liquiditätsrisiken im Aktienrecht und Bankaufsichtsrecht, 2016; Brixner/Schaber Bankenaufsicht. Institutionen, Regelungsbereiche und Prüfung, 2016; Bronnert-Härle Aufsichtsratsausschüsse als neue Akteure der internen Corporate Governance von Banken. Auswirkungen des § 25d KWG auf den Aufsichtsrat einer Bank-AG, 2016; Bührle Unternehmerische Gestaltungsfreiheit versus aufsichtsrechtliche Regulierung, 2016; Burghof/Rudolph Bankenaufsicht – Theorie und Praxis der Regulierung, 1996; Burghof/Geschwandtner Bankenaufsicht: Betriebliche Anwendungen, Institutionen, Normen und Rechtspraxis, 2019 (angekündigt); Busch/Ferrarini (Hrsg.) European Banking Union, 2015; Capriglione L’Unione bancaria europea – una sfida per un’Europa più unita, 2013; Castañeda/Mayes/Wood (Hrsg.) European Banking Union – Prospects and Challenges, 2016; Chattopadhyay Bridge Banks in Deutschland: Abwicklung und Restrukturierung systemrelevanter Banken durch Vermögensübertragung, 2018; Chiu (Hrsg.) The Law on Corporate Governance in Banks, 2015; Cech/Helmreich (Hrsg.) Meldewesen für Finanzinstitute: Was bringt die neue europäische Aufsicht?, 2017; Dachs Die Reform der Bankenrestrukturierung. Nachgelagerte und präventive Maßnahmen und ihre Wirksamkeit, 2017; D’Ambrosio Due process and safeguards of the persons subject to SSM supervisory and sanctioning proceedings, Quaderni di Ricerca Giuridica (Banca d’Italia) N° 74, 2013; Derleder/Knops/Bamberger (Hrsg.) Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2017; Deutsche Bundesbank Basel III Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, 2011; Deutsche Bundesbank Die Umsetzung von Basel III in europäisches und nationales Recht, Monatsbericht Juni 2013; Dewatripont/Freixas (Hrsg.) The Crisis Aftermath – New Regulatory Paradigms, 2012 (Centre for Economic Policy Research, London); Dickschen Empfehlungen und Leitlinien als Handlungsform der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden. Eine dogmatische Vermessung, 2017; Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery and Resolution Directive: Europe’s Solution for „Too Big to Fail“? 2013; dies. (Hrsg.) Too Big to Fail III: Structural Reform Proposals: Should We Break Up the Banks? 2015; dies. (Hrsg.) The European Capital Markets Union: A viable concept and a real goal? 2015; Eidenmüller/Habersack/Klöhn European Banking Regulation: A Handbook (angek. für 2020); European Central Bank Legal framework of the Eurosystem and the European System of Central Banks – ECB legal acts and instruments, 2014 (update); European Central Bank Financial Integration in Europe – The Single Resolution Mechanism – the Second Pillar of Banking Union, 2014; Europäische Zentralbank Leitfaden zur Bankenaufsicht, 2014; Faia/Hackethal/Haliassos/Langenbucher (Hrsg.) Financial Regulation – A Transatlantic Perspective, 2015; Ferran/Moloney/Hill/Coffee The regulatory aftermath of the global financial crisis, 2012; Gendrisch/Gruber/Hahn (Hrsg.) Handbuch Solvabilität – Aufsichtliche Kapitalanforderungen an Kreditinstitute, 2. Aufl. 2014; Giovanoli/Devos (Hrsg.) International Monetary and Financial Law – the Global Crisis, 2010; Gleeson Gleeson on the International Regulation of Banking, 3. Aufl. 2018 (Voraufl. ders. International Regulation of Banking – Basel II: Capital and Risk Requirements, 2010); Gleeson/Guynn Bank Resolution and Crisis Management – Law and Practice, 2016; Goodhart/Dimitrios Financial Stability in Practice – Towards an Uncertain Future, 2012; Gortsos The Single Supervisory Mechanism (SSM) – Legal aspects of the first pillar of the Grundmann

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

European Banking Union, 2015; ders. The new Directive (2014/49/EU) on deposit guarantee schemes – an element of the European Banking Union, 2014; ders. The Single Resolution Mechanism (SRM) and the Single Resolution Fund (SRF): Legal aspects of the second pillar of the European Banking Union, 2015; Grabowski Die EZB als Aufsichtsbehörde. Stellung und Funktion der EZB im ESFS und SSM, 2016; Grieser/Heemann (Hrsg.) Europäisches Bankaufsichtsrecht, 2016; Gros The SRM and the dream to resolve banks without public money, 2013; Grünewald The Resolution of Cross-Border Banking Crises in the European Union: a legal study from the perspective of burden-sharing, 2014; Grundmann/Hofmann/Möslein (Hrsg.) Finanzkrise und Wirtschaftsordnung, 2009; Grundmann/ Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution: Beacon for Advanced Integration or Death-Knell for Democracy? 2019; Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Bankenregulierung, Insolvenzrecht, Kapitalanlagegesetzbuch, Honorarberatung, Bankrechtstag 2013, 2014; Han Die Unabhängigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 2015; Hannemann/Steinbrecher/Weigl Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) – Kommentar, 5. Aufl. 2019; Hartmann-Wendels Basel II – Die neuen Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung von Kreditrisiken, 2003; Hermeling Der Sanierungs- bzw. Reorganisationsberater und der Sonderbeauftragte nach dem Restrukturierungsgesetz, 2016; Herdegen Bankenaufsicht im Europäischen Verbund – Banking Supervision within the European Union, 2010; Hilke Risiko und Bankenaufsicht, 2015; Hinojosa-Martínez/Beneyto (Hrsg.) European Banking Union. The New Regime, 2015; Hissnauer Die Reform der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung in Deutschland, 2013; Hölscher Die Eigenkapitalvorgaben nach Basel III und CRR/CRD IV unter besonderer Berücksichtigung der relevanten Regelungen für öffentlich-rechtliche Sparkassen in Deutschland, 2016; Hopt/Wohlmannstetter (Hrsg.) Handbuch Corporate Governance von Banken, 2011 (2. Aufl. angekündigt 2020 Hopt/ Binder/Böcking); Howarth/Quaglia The political economy of European Banking Union, OUP 2017; Huang/Schoenmaker Institutional Structure of Financial Regulation: Theories and international experiences, 2015; International Monetary Fund Cross-Border Bank Resolution – Recent Developments, 2014; Jahn/Schmitt/Geier (Hrsg.) Handbuch Bankensanierung und -abwicklung, 2016; Jung/Bischof Europäisches Finanzmarktrecht, 2015; Kattel/Kregel/ Tonveronachi (Hrsg.) Financial Regulation in the European Union, 2016; Kaufhold Systemaufsicht – Anforderungen an die Ausgestaltung einer Aufsicht zur Abwehr systemischer Risiken entwickelt am Beispiel der Finanzaufsicht, 2016; Kemter Corporate Governance nach der Finanzkrise – unter besonderer Berücksichtigung des Bankensektors, 2013/14; Kleftouri Deposit Protection and Bank Resolution, 2015; Kohtamäki Die Reform der Bankenaufsicht in der Europäischen Union, 2012; Konesny Gesetze über das Kreditwesen, 28. Aufl. 2014; Kronberger Kreis Europäische Bankenunion: Vom Prinzip Hoffnung zum Prinzip Haftung, 2014; LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.) Managing Risk in the Financial System, 2011; Lackhoff The Single Supervisory Mechanism: A Practitioner’s Guide, 2017; Ladler Finanzmarkt und institutionelle Finanzaufsicht in der EU, 2016; Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Lannoo (Hrsg.) ECB Banking Supervision and Beyond, Report of the CEPS Task Force, CEPS 2014; Lastra International Financial and Monetary Law, 2. Aufl. 2015; ders. (Hrsg.) Cross-Border Bank Insolvency, 2011; Lessenich Basel III: Die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, 2013; Lo Schiavo The role of financial stability in EU law and policy, 2017; Lütgerath Die Vorgaben zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation im Bankaufsichtsrecht. Entwicklung, Auswirkung und gesellschaftsrechtliche Implikation der §§ 25a ff. KWG, 2016; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) Kreditwesengesetz (KWG): Kommentar zu KWG, CRR, SolvV, WuSolvV, GroMiKV, LiqV und weiteren aufsichtsrechtlichen Vorschriften, 3. Aufl. 2015; dies. (Hrsg.) CRR Visuell – die neuen EU-Vorschriften der Capital Requirements Regulation, 2. Aufl. 2015; Macht, Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht und Basel II – Bankenregulierung auf einem internationalen level playing field, 2007; Mehmeti Die europäische Bankenunion, 2014; Moloney The Age of ESMA – Governing EU Financial Markets, 2018; Moloney/Ferran/Payne (Hrsg.) The Oxford Handbook of Financial Regulation, 2015; Moss/Wessels/ Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, 2. Aufl. 2017; Mösbauer Staatsaufsicht über die Wirtschaft, 1990; Niehoff/Hirschmann (Hrsg.) Aspekte moderner Bankenregulierung, 2014; Ohler Bankenaufsicht und Geldpolitik in der Währungsunion, 2015; Olivares-Caminal/Douglas/Guynn et al. Debt Restructuring, 2. Aufl. 2016; Pannen (Hrsg.) Sanierung, Abwicklung und Insolvenz von Kreditinstituten, 4. Aufl. 2019 (im Erscheinen); Patz Staatliche Aufsicht über Finanzinstrumente. Eine rechtsvergleichende juristisch-ökonomische Analyse zur Begründung einer materiellen staatlichen Aufsicht über Finanzinstrumente, 2016; Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“, 2014; Poelzig Normdurchsetzung durch Privatrecht, 2012; Quaglia The European Union and Global Financial Regulation, 2014; Raschauer Finanzmarktaufsichtsrecht, 2015; Rehm Die Europäische Bankenunion. Ein Element der internationalen Bankordnungspolitik, 2015; Reinicke Verordnungen zum KWG und zur CRR – Kommentierung der Liquiditäts-, Solvabilitäts-, Großkredit- und Millionenkredit-, Anzeigen- sowie Inhaberkontrollverordnung, BVR-Bankenreihe 30, 4. Aufl. 2017; Reischauer/Kleinhans Kreditwesengesetz (KWG) Kommentar für die Praxis nebst CRR, Nebenbestimmungen und Mindestanforderungen, Loseblattsammlung – EGL mit Stand 2/19; Renner Bankkonzernrecht, 2019; Ringe/Huber (Hrsg.) Legal Challenges in the Global Financial Crisis – Bail25

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

outs, The Euro and Regulation, 2014; Rost Der Verstoß gegen § 32 KWG an der Schnittstelle von Bankenaufsichtsrecht und Zivilrecht, 2014; Schillig Resolution and Insolvency of Banks and Financial Institutions, 2016; Schimansky/ Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechtshandbuch, 2 Bde., 5. Aufl. 2017; Schoenmaker From Risk to Opportunity: A Framework for Sustainable Finance, 2017; Schott Reaktionen des Staates auf die Bedrohung der Finanzsystemstabilität durch Insolvenz systemrelevanter Kreditinstitute, 2014; Schwennicke/Auerbach (Hrsg.) Kreditwesengesetz (KWG) mit Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), 3. Aufl. 2016; Schwintowski Bankrecht, 5. Aufl., 2018; Sun/Stewart/ Pollard (Hrsg.) Corporate Governance and the Global Financial Crisis – International Perspectives, 2011; Thaten Die Ausstrahlung des Aufsichts- auf das Aktienrecht am Beispiel der Corporate Governance von Banken und Versicherungen. Zugleich ein Beitrag zur Koordination von Privat- und öffentlichem Recht, 2016; Theissen EU Banking Supervision, 2014; Thiele Finanzaufsicht, 2014; K. Tuori/K.Tuori The Eurozone Crisis: A Constitutional Analysis, 2014; Uffelmann Maßnahmen der Vor-Insolvenz zur Vermeidung von Bankenkrisen, 2017; Viñals/Pazarbasioglu/ Surti/Narain/Erbenova/Chow Creating a Safer Financial System – Will the Volcker, Vickers, and Liikanen Structural Measures Help? IMF Staff Discussion Note 2013 (SDN/13/4); von der Crone/Rochet (Hrsg.) Finanzstabilität – Status und Perspektiven, 2014, Wandel International Regulatory Cooperation – an Analysis of Standard Setting in Financial Law, 2014; Waschbusch Bankenaufsicht – Die Überwachung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute nach dem Gesetz über das Kreditwesen, 2000; Weismann European Agencies and Risk Governance in EU Financial Market Law, 2016; Wiegand (Hrsg.) Basel II – die rechtlichen Konsequenzen, 2006; Wörner Rechtlich weiche Verhaltenssteuerungsformen Europäischer Agenturen als Bewährungsprobe der Rechtsunion – Wirkungen und Grenzen abstrakt-genereller unverbindlicher Rechtssetzung durch Regulierungsagenturen am Beispiel von Leitlinien und Empfehlungen der Europäischen Finanzaufsichtsagenturen, 2017; Wolfson/Epstein (Hrsg.) The Handbook of the Political Economy of Financial Crises, 2013; Wollersheim Von der Krise zur Allfinanzaufsicht, 2015; Wundenberg Compliance und prinzipiengeleitete Aufsicht über Bankengruppen, 2012; Wymeersch/Hopt/Ferrarini (Hrsg.) Financial Regulation and Supervision – a Post-Crisis Analysis, 2012; Wyplosz/Collignon/Gros/Belke (Hrsg.) The ECB, the EFSF and the ESM – Roles, Relationships and Challenges, 2011. 2. Aufsätze und Beiträge: Acharya Banking union in Europe and other reforms, in: Beck (Hrsg.) Banking Union, S. 45; Adolff/Eschwey Lastenverteilung bei der Finanzmarktstabilisierung, ZHR 2013, 902; Akinsoyinu European Banking Recovery and Resolution Directive: Potential Impacts on European Systemic Important Financial Institutions, 4 International Journal of Finance & Banking Studies 11 (2015); Albuquerque Resolving Banco Espirito Santo: an overview of the application of recovery and resolution measures in Portugal, 31 Journal of International Banking Law and Regulation 534 (2016); Alexander European Banking Union – a legal and institutional analysis of the Single Supervisory and the Single Resolution Mechanism, ELR 2015, 154; ders. The EU single rulebook. Capital requirements for banks and the maximum harmonisation principle, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.) European Banking Union 2015, S. 21; Almhofer Die Haftung der Europäischen Zentralbank für rechtswidrige Bankenaufsicht: Verantwortungsabgrenzung und Anspruchskonkurrenzen, AöR 2016, 59; Amorello Europe Goes ‘Countercyclical’ – A Legal Assessment of the New Countercyclical Dimension of the CRR/CRD IV Package, EBOR 2016, 137; ders./Huber Recovery planning – a new valuable corporate governance framework for credit institutions, 3 Law and Economics Yearly Review 296 (2014); Angelini The European Framework for Financial Stability – A bird’s eye view, in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union: Achievements and Open Problems, 2014, S. 33; Annuß/Sappa Die Institutsvergütungsverordnung 2017, BB 2017, 2612; Antoniazzi L’Unione Bancaria Europea – i nuovi compiti della BCE di vigilanza prudenziale degli enti creditizi e il meccanismo unico di risoluzione delle crisi bancarie, Rivista italiana di diritto pubblico comunitario, 24 (2014) 359 und 717; Armour Making Bank Resolution Credible, ecgi Law Working Paper N° 244/2014; Augsberg Hybride Regulierungsinstrumente im Finanzmarktrecht. Grundkonzept, aktuelle Anwendungsfälle und Entwicklungspotential, Die Verwaltung 2016, 369; Avgouleas The Global Financial Crisis, Behavioural Finance and Financial Regulation: In Search of a New Orthodoxy, (2009) 9(1) Journal of Corporate Law Studies 23; Avgouleas/Cullen Market Discipline and EU Corporate Governance Reform in the Banking Sector: Merits, Fallacies and Cognitive Boundaries, 41 Journal of Law and Society 28 (2014); dies. Excessive leverage and bankers’ incentives – refocusing the debate, 3 The Journal of Financial Perspectives 19 (2015); Avgouleas/ Goodhart Critical Reflections on Bank Bail-ins, Journal of Financial Regulation 2015, 1 (dies. CEPR Discussion Paper Series N° 10065); Avgouleas/Goodhart/Schoenmaker Living Wills as a Catalyst for Action, DSF Policy Paper 2010/04; Babis European Bank Recovery and Resolution Directive: Recovery Proceedings for Cross-Border Banking Groups, (2014) EBLR 459; dies. Single Rulebook for Prudential Regulation of Banks: Mission Accomplished? Legal Studies Research Paper Series, University of Cambridge, Paper No. 37/2014; Badenhoop Banking Communication Nonbinding and Burden-sharing Approved: Kotnik, ERCL 2017, 299; ders. Private Law Duties deriving from EU Banking Regulation and its Individual Protection Goal, ERCL 2020, 233; Bastian/Werner Banken zwischen ErtragserwartunGrundmann

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

gen und Regulatorik. Bericht über den Bankrechtstag am 30. Juni 2017 in Frankfurt a.M, WM 2017, 1533; Bauerfeind Die aufsichtliche Abkehr von externen Ratings in der europäischen Bankenaufsicht, WM 2015, 1743; ders. Das externe Rating unter Basel IV. Eine Analyse der neuen Due-Diligence-Prüfung, WM 2016, 1528; ders. Aufsichts- und gesellschaftsrechtliche Grenzen der Vorstandsvergütung bei Finanzinstituten, GWR 2016, 89; ders. Regulierungsbedarf und -maßnahmen bei der Verwendung externer Ratings, BKR 2017, 187; Bauerschmidt Der einheitliche Bankenabwicklungsmechanismus. Legalität und Legitimation einer neuartigen Konstruktion, in: Bauerschmidt/ Fassbender/Müller/Siehr/Unseld (Hrsg.) Konstitutionalisierung in Zeiten globaler Krise, 2015, S. 347; Beck Gläubigerrechte und „Moratorium“ nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG. Überlegungen zu OLG Frankfurt a.M. WM 2012, 2390, WM 2013, 301; Berger Der einheitliche Aufsichtsmechanismus (SSM) – Bankenaufsicht im europäischen Verbund, WM 2015, 501; ders. Die neue Einlagensicherung, BKR 2016, 144; ders. Rechtsanwendung durch die EZB im Single Supervisory Mechanism (SSM) (I und II), WM 2016, 2325 und 2361; ders. EuG 16. Mai 2017 – T-122/15: Frage der Zuständigkeit der EZB zur Aufsicht über eine Landeskreditbank, WuB 2018, 60; ders./Badenhoop Financial Services and Brexit – Navigating Towards Future Market Access, EBOR 2018, 679; dies. Brexit – Folgen für Kreditinstitute, WM 2018, 1078; ders./Schirmer Informationsfreiheit· und Finanzaufsicht. Fragen zum Informationszugang im „Single Supervisory Mechanism, SSM“, DVBl. 2015, 608; Biljanovska Aligning Market Discipline and Financial Stability – A More Gradual Shift from Contingent Convertible Capital to Bail-in Measures, EBOR 2016, 105; Binder Verbesserte Krisenprävention durch paneuropäische Aufsicht? Zur neuen Aufsichtsinfrastruktur auf EU-Ebene, GPR 2011, 34; ders. Vorstandshandeln zwischen öffentlichem und Verbandsinteresse – Pflichten- und Kompetenzkollisionen im Spannungsfeld von Bankaufsichts- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2013, 760; ders. An den Leistungsgrenzen des Insolvenzrechts: Systemische Bankeninsolvenz und verfahrensförmige Sanierung, KTS 2013, 277; ders. Durchsetzung von Marktdisziplin mittels zwangsweiser Übertragung systemrelevanter Teile von Banken? ORDO 64 (2013) 377; ders. Auf dem Weg zu einer europäischen Bankenunion – Erreichtes, Unerreichtes, offene Fragen, in: Hopt/ Tzouganatos (Hrsg.) Das Europäische Wirtschaftsrecht vor neuen Herausforderungen – Beiträge aus Deutschland und Griechenland, 2014, S. 3; ders. Resolution Planning and Structural Bank Reform within the Banking Union, House of Finance (SAFE) Working Paper Series N° 81 (2014); ders. Komplexitätsbewältigung durch Verwaltungsverfahren? Krisenbewältigung und Krisenprävention nach der EU-Bankensanierungs- und -abwicklungsrichtlinie, ZHR 179 (2015), 83; ders. Gleichung mit (zu?) vielen Unbekannten. Nachhaltige Bankenstrukturen durch Sanierungs- und Abwicklungsplanung?, ZBB 2015, 153; ders. The European Banking Union – Rationale and Key Policy Issues, in: Binder/Gortsos (Hrsg.) Banking Union: A Compendium, 2016, S. 1; ders. Banking Union and the Goverance of Credit Institutions – a Legal Perspective, House of Finance (SAFE) Working Paper Series N° 96 (2015); ders. „Alternativen. Keine“? Gesetzesfolgenabschätzung in der Finanzmarktregulierung, FS Köndgen 2016, S. 65; ders. Zivilrechtliche und strafrechtliche Aufarbeitung der Finanzmarktkrise, ZGR 2016, 229; ders. Systemkrisenbewältigung durch Bankenabwicklung? Aktuelle Bemerkungen zu unrealistischen Erwartungen, ZBB 2017, 57; ders. Vom offenen zum regulierten Markt: Finanzintermediation, EU – Wirtschaftsverfassung und der Individualschutz der Kapitalanbieter, ZEuP 2017, 569; ders. The Banking Union and National Authorities 2 years down the Line – Some Observations from Germany, EBOR 2017, 401; ders. Der Aufsichtsrat von Kreditinstituten drei Jahre nach dem „Regulierungstsunami“ – eine Bestandsaufnahme, ZGR 2018, 88; Black Reconceiving Financial Markets – From the Economic to the Social, (2013) 13(2) Journal of Corporate Law Studies 401; Blum Why ‚Basel II‛ May Need a Leverage Ratio Restriction, Schweizerische Nationalbank Working Paper 2007; Boegl Die neue Bankenaufsicht bei der EZB, in: Niehoff/Hirschmann (Hrsg.) Aspekte moderner Bankenregulierung, 2014, S. 29; Börner Aktuelle Entwicklungen in der Bankenregulierung, in: Paetzmann/Schöning (Hrsg.) Corporate Governance von Kreditinstituten: Anforderungen – Instrumente – Compliance, 2014, S. 33; von Bonin/Glos Die neuere Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Bereich des Banken- und Kapitalmarktrechts, WM 2013, 1201; dies. Die neuere Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts, WM 2014, 1653; dies. Die neue Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts, WM 2015, 2257; dies. Die neue Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts – Teil I, WM 2017, 2173; dies. Die neue Rechtsprechung der europäischen Gerichte im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts – Teil II, WM 2017, 2221; Bonneau L’Union bancaire européenne – propos introductifs, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 25; Boving Stichwort „Bankenunion“, in: Bergmann (Hrsg.) Handlexikon der Europäischen Union, 5. Aufl. 2015; Bracht/Hanten Die Europäisierung des Bankaufsichtsrechts im Praxistest. Die L-Bank-Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union, ZBB 2017, 236; Brandi/Gieseler Vorschläge der EU-Kommission zur einheitlichen Bankenaufsicht in der Eurozone, BB 2012, 2646; dies. Entwurf des Trennbankengesetzes. Sanierungs- und Abwicklungsplanung, Risikoabschirmung des Kundengeschäfts, Verschärfung von Geschäftsleiterpflichten, DB 2013, 741; Breilmann/Fuchs Bankenregulierung, Insolvenzrecht, Kapitalanlagegesetzbuch, Honorarberatung – Bericht über den Bankrechtstag am 28. Juni 2013 in Berlin, WM 2013, 1437; Brescia Morra The relationship between the Single Resolu27

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

tion Fund and the National Deposit Guarantee Schemes, in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union – Achievements and Open Problems, 2014, S. 145; Brescia Morra The Administrative and Judicial Review of Decisions of the ECB in the Supervisory Field, EBOR 2017, 567; Bruni European Banking Union and Market Discipline, in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union: Achievements and Open Problems, 2014, S. 63; Burgard/Heimann E. IV. Bankrecht, in: Dauses (Hrsg.) EU-Wirtschaftsrecht, 4/2013; Busch Governance of the European Banking Union’s Single Resolution Mechanism, EBI Working Paper Series 2017 – no.9; Cabotte La nouvelle organisation de la supervision bancaire au sein de la Banque centrale européene, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 26; Carmassi/Herring Living wills and cross-border resolution of systemically important banks, 5 Journal of Financial Economic Policy 361 (2013); Carr Banking Union – story of the Emperor’s new clothes? Butterworths Journal of International Banking and Financial Law 2013, 67; Ceyssens Teufelskreis zwischen Banken und Staatsfinanzen – Der neue Europäische Bankaufsichtsmechanismus, NJW 2013, 3704; Chattopadhyay Der Vorschlag für eine Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten, WM 2013, 405; Chiti The New Banking Union: The Passage from Banking Supervision to Banking Resolution, Rivista Italiana di Diritto Pubblico Comunitario (2) 2014, 1; ders. In the Aftermath of the Crisis – The EU Administrative System between Impediments and Momentum, CYELS 17 (2015), 311; Chiu Corporate governance: the missing paradigm in the mandatory bail-in regime for creditors of banks and financial institutions, Journal of Business Law 2014, 611; dies. Regulatory duties for directors in the financial services sector and directors' duties in company law: bifurcation and interfaces, Journal of Business Law 2016, 465; Cichy/Behrens Sanierungspläne als zentrales Element zur Verhinderung künftiger Bankenkrisen, WM 2014, 438; Clarich Governance of the Single Supervisory Mechanism and Non-Euro Member States, in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union: Achievements and Open Problems, 2014, S. 73; Dammann The Banking Union: Flawed by Design, 45 Georgetown Journal of International Law 1057 (2014); Danwerth Aktuelle Entwicklungen im Bank- und Kapitalmarktrecht 2014. Tagungsbericht zum 5. Münsteraner Bankrechtstag, ZBB 2014, 196; Darvas/Merler The European Central Bank in the Age of Banking Union, Bruegel Policy Contribution 2013/13; Darvas/Wolff Should Non-Euro Area Countries join the Single Supervisory Mechanism? Bruegel Policy Contribution 2013/06; P. Davies Liquidity Safety Nets for Banks, (2013) 3 Journal of Corporate Law Studies 287; R. Davies/Tracey Too Big to Be Efficient? The Impact of Implicit Subsidies on Estimates of Scale Economies for Banks, 46 Journal of Money, Credit and Banking 219 (2014); Dechent Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung. Unabhängige Behörden in der Bankenaufsicht?, NVwZ 2015, 767; Deutsche Bundesbank Der Start in die Bankenunion – Der einheitliche Aufsichtsmechanismus in Europa, Monatsbericht Oktober 2014, S. 45 (http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichtsaufsaetze/2014/2014_10_bankenunion.pdf?__blob=publicationFile); Dewatripont European Banking – Bailout, Bail-in and State Aid Control, 34 International Journal of Industrial Organization 37 (2014); ders./Freixas Bank Resolution – Lessons from the Cristis, in: Dewatripont/Freixas (Hrsg.), The Crisis Aftermath – New Regulatory Paradigms, 2012; DeYoung/Kowalik/Reidhill A Theory of Failed Bank Resolution: Technological Change and Political Economics, 9 Journal of Financial Stability 612 (2013); Di Noia/Furlò The New Structure of Financial Supervision in Europe – What’s Next? In: Wymeersch/Hopt/Ferrarini (Hrsg.) Financial Regulation and Supervision – a Post-Crisis Analysis, 2012, S. 172; Dietrich Mittel- und langfristige Effekte der Bankenregulierung. Eine Herausforderung für die europäischen Institutionen, Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 12/2015, 19; Dinov Europäische Bankenaufsicht im Wandel, EuR 2013, 593; Drijber/Burmester Competition Law in a Crashed Economy, Ondernemingsrecht 2009, 1389; D’Sa ‚Instant’ State Aid Law in a Financial Crisis – A U-Turn? (2009) 2 European State Aid Law Quarterly 139; Dübel The Capital Structure of Banks and Practice of Bank Restructuring, CFS Working Paper 2013/4 (www.econstor.eu/handle/10419/83956); Eckhardt Bankenabwicklungsmechanismus mit Mängeln, in: Niehoff/Hirschmann (Hrsg.) Aspekte moderner Bankenregulierung, 2014, S. 71; Einsele Verhaltenspflichten im Bank- und Kapitalmarktrecht, ZHR 2016, 233; Engelbach/Friedrich Die Umsetzung der BRRD in Deutschland, WM 2015, 662; Eufinger Aufsichtsrechtliche Bestimmungen des Finanzmarktes zur Zuverlässigkeit von Personen und ihre arbeitsrechtliche Umsetzung, WM 2017, 1581; Fabbrini On Banks, Courts and International Law: The Intergovernmental Agreement on the Single Resolution Fund in Context, (2014) 21 Maastricht Journal of European and Comparative Law 444; Faia/di Mauro Cross-Border Resolution of Global Banks, House of Finance (SAFE) Working Paper Series N° 88 (2015); Fernandez-Bollo Inside Perspective – The ACPR’s View on the Operational Functioning of the Banking Union, EBOR 2017, 421; Ferran The Existential Search of the European Banking Authority, EBOR 2016, 285; dies./Alexander Can soft law bodies be effective? Soft Systemic Risk Oversight Bodies and the special case of the European Systemic Risk Board, (2010) 57 ELR 751; dies./Babis The European Single Supervisory Mechanism, (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255; Ferrarini/Chiarella Common Banking Supervision in the Eurozone – Strengths and Weaknesses, ECGI Law Working Papers 223/2013; Ferrarini/Chiodini Regulating cross-border banks in Europe – a comment on the de Larosière report and a modest proposal, (2009) 4 Capital

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Markets Law Journal 123; Finesi Suitability of bank directors in Europe. just a matter of being “fit & proper”?, ECFR 2015, 45; Friedrich/Bühler Bankaufsichtsrechtliche Aspekte der Verwaltung von Darlehensfonds, WM 2015, 911; Friedrich/Skorobogatov Vorschläge der EU- Kommission zur Harmonisierung der Bail-in- Haftungskaskade sowie der MREL- und TLAC- Anforderungen, WM 2017, 840; Garcimartin Resolution Tools and Derivatives, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 181; Geber Bankenaufsicht ohne Verwaltungsverfahrensrecht?, EuZW 2013, 298; Geva Systemic risk and financial stability – the evolving role of the Central Bank, 28 Journal of International Banking Law and Regulation 403 (2013); Gestel/Golen Enforcement by the new European supervisory agencies. Quis custodiet ipsos custodes?, in: Purnhagen/Rott (Hrsg.) Varieties of European Economic Law and Regulation 2014, S. 757; Gilliams Stress Testing the Regulator: Review of State Aid to Financial Institutions after the Collapse of Lehman, (2011) 36 European Law Review 3; Gioia-Carabellese/Chessa The socalled Pan-European depositors' protection scheme. A further Euro own-goal? a critical analysis of directive 2014/49, Maastricht Journal of European and Comparative Law 2016, 241; Gleeson Legal Aspects of Bank Bail-Ins, LSE Financial Markets Group Paper Series 2012/205; ders. The Importance of Group Resolution, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery and Resolution Directive: Europe’s Solution for „Too Big to Fail“?, 2013, S. 25; Goodhart/Schoenmaker Institutional Separation between Supervisory and Monetary Agencies, in: Goodhart (Hrsg.) The Central Bank and the Financial System, 1995, S. 333; Gordon/Ringe Bank Resolution in the European Banking Union – A Transatlantic Perspective on What it Would Take, 115 Columbia Law Review 1297 (2015); Gortsos The „Single Supervisory Mechanism“ – a Major Building Block towards a European Banking Union (the full Europeanisation of the „Bank Safety Net“), ECEFIL Working Paper Series 8/2013; ders. „Basel III“ – the reform of the existing regulatory framework of the Basel Committee on Banking Supervision for strengthening the stability of the international banking system, Festschrift 60 Jahre Europa-Institut, 2011, S. 167; ders. Safeguarding the Stability of the Greek Banking System Amidst the Fiscal Crisis in the Euro Area: Arrangements Before and After the Establishment of the European Banking Union, EBOR 2017, 479; Gourio Le mécanisme de résolution unique – les nouveaux instruments et les pouvoirs des autorités de résolution bancaires, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 30; Goyal/Brooks/Pradhan/Tressel/Dell’Ariccia/Leckow/Pazarbasioglu A Banking Union for the Euro Area, International Monetary Fund Staff Discussion Note 13/01 (2013), S. 12 (abrufbar unter http://www.imf.org/external/pubs/ft/ sdn/2013/sdn1301.pdf); Green/Johnston/William Corporate governance in financial institutions, Compliance Officer Bulletin 2017; Gros/Schoenmaker European Deposit Insurance and Resolution in the Banking Union, 52 JCMS 529 (2014); Grundmann Europäisches Wirtschaftsrecht im Wandel – von der Wettbewerbsunion zur Finanzunion, Festschrift 200 Jahre Heymans-Verlag 2015, S. 193; ders. Bankenunion und Privatrecht – Spannungspunkte, Einflusslinien, Beispiele, ZHR 179 (2015), 563; ders. The Banking Union Translated into (Private Law) Duties: Infrastructure and Rulebook, EBOR 2015, 357; ders. Von der Europäischen Wettbewerbsunion zur EU-Finanzunion, in: Ruffert (Hrsg.) European Economy and people's mobility, 2016, S. 127; ders. Privatrecht und Regulierung, FS Canaris II, 2017, S. 907; ders. The Europan Banking Union and Integration, in: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution: Beacon for Advanced Integration or Death-Knell for Democracy? 2019, S. 85; Gunkel/Richter Banken im Spannungsfeld regulatorischer Anforderungen und der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle. Bericht über den Bankrechtstag am 24. Juni 2016 in Frankfurt a. M, WM 2016, 1517; Gurlit Handlungsformen der Finanzmarktaufsicht. ZHR 177 (2013), 862; dies. Die Entwicklung des Banken- und Kapitalmarktaufsichtsrechts in den Jahren 2015/16, WM 2016, 2053; dies. Instrumente makroprudenzieller Bankenaufsicht, 1. Unter besonderer Berücksichtigung zusätzlicher Kapitalanforderungen, WM 2015, 1217; dies. Instrumente makroprudenzieller Bankenaufsicht, 2. Unter besonderer Berücksichtigung zusätzlicher Kapitalanforderungen, WM 2015, S.1257; dies. Verbraucherschutz und Institutsaufsicht, Bankrechtstag 2015, 2016, S. 3; dies./Schnabel The New Actors of Macroprudential Supervision in Germany and Europe – A Critical Evaluation, ZBB 2015, 349; Haar Financial Regulation in the EU – cross-border capital flows, systemic risk and the European Banking Union as reference points for EU financial market integration, House of Finance (SAFE) Working Paper Series N° 57 (2014); Hadjiemmanuil Special resolution regimes for banking institutions – objectives and limitations, in: Ringe/Huber (Hrsg.) Legal Challenges in the Global Financial Crisis, 2014, S. 209; ders. Bank Resolution Financing in the Banking Union, LSE Law, Society and Economy Working Papers 6/2015; ders. The Banking Union and Its Implications for Private Law: A Comment, EBOR 2015, 383; Hanten Bankenstabilisierung durch die nationale und europäische Bankenaufsicht, in: Korte/Ludwigs/ Thiele/Wedemeyer (Hrsg.), Energiewende und Finanzkrise als aktuelle Herausforderungen des Europarechts, 2016, S. 76; Hanten/Hanten Die neue Bankenabgabe, WM 2017, 649; Hartmann-Wendels Basel III – Auswirkungen auf Banken und Finanzsystem, ZfBF 67 (2013) 72; Heid The cyclical effects of the Basel II capital requirements, 31 Journal of Banking and Finance 3885 (2007); Hellwig Yes Virginia, There is a European Banking Union! But It May Not Make Your Wishes Come True, MPI Collective Goods Preprint, 2014; Helm/Keller Das Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 KWG. Absolutes bzw. relatives Verfügungsverbot oder rein interne Maßnahme ohne

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Drittwirkung?, BKR 2016, 59; Hemeling Europäische Finanz- und Kapitalmarktregulierung auf dem Prüfstand ZHR 2017, 595; Herdegen Europäische Bankenunion: Wege zu einer einheitlichen Bankenaufsicht, WM 2012, 1889; ders. Der Verordnungsvorschlag der EU- Kommission zur Schaffung eines Europäischen Einlagenversicherungssystems. Würdigung aus europa- und staatsrechtlicher Sicht – Teile 1 und 2, WM 2016, 1857 und 1905; Herrmann Risikofrüherkennungspflichten und kundengerechte Kreditberatung – Zur Genese des Prinzips geteilten Risikovertrauens, ZBB 2016, 260; Herz Die Entwicklung des europäischen Bankaufsichtsrechts in den Jahren 2016/2017, EuZW 2018, 5; Heun Finanzaufsicht im Wandel, JZ 2012, 235; Hilbert Vertikale Aufhebungsentscheidungen. Zu einem neuen Phänomen der Verbundverwaltung im Europäischen Bankenaufsichtsrecht, Die Verwaltung 2017, 18; Hill/McDonnell International financial regulation – first, do no harm, FS Kirchner, 2014, S. 79; Hinze/Menk/Mies Kriseninstrument Contingent Convertible Bond: Struktur und aktuelle Entwicklungen der Bilanzierung, ZBB 2017, 95; Höche, Bankenregulierung zur Bewältigung der Finanzmarkt- und Staatschuldenkrise, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Bankenregulierung, Insolvenzrecht, Kapitalanlagegesetzbuch, Honorarberatung, Bankrechtstag 2013, 2014, S. 3; Höfling, Finanzmarktregulierung – Welche Regelungen empfehlen sich für den deutschen und europäischen Finanzsektor?, Gutachten F zum 68. DJT (2010); Hopt Corporate Governance of Banks after the Financial Crisis, in: Wymeersch/Hopt/Ferrarini (Hrsg.) Financial Regulation and Supervision – a Post-Crisis Analysis, 2012, S. 337; ders. Corporate Governance von Finanzinstituten. Empirische Befunde, Theorie und Fragen in den Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, ZGR 2017, 438; Horsch/Kleinow Der Bankenstresstest 2014 im Vorfeld des Single Supervisory Mechanism: Theorie und Empirie zu einem Lackmustest der neuen europäischen Bankenregulierung, ZBB 2015, 1; Howarth/Quaglia The Steep Road to European Banking Union – Constructing the Single Resolution Mechanism, 52 JCMS 2014, 125; Huber/v. Pföstl The Single Supervisory Mechanism within the Banking Union – Novel Features and Implications for Austrian Supervisors and Supervised Entities, Financial Stability Report 25 (Österreichische Nationalbank), 2013, S. 52; Hübner/Leunert Sanierung und Abwicklung von Banken nach SAG und SRMVO, ZIP 2015, 2259; Hüpkes ‚Living Wills‛ – An International Perspective, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery and Resolution Directive: Europe’s Solution for „Too Big to Fail“? 2013, S. 71; Huertas The Case for Bailins, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery and Resolution Directive: Europe’s Solution for „Too Big to Fail“? 2013, S. 167; Ipsen/Röh, Der lange Weg zur Rechtssicherheit. Das erste Urteil zum SSM, WM 2017, 2228; Jordans Zum aktuellen Stand der Finanzmarktnovellierung in Deutschland, BKR 2017, 273; Kämmerer Bahn frei der Bankenunion? Die neuen Aufsichtsbefugnisse der EZB im Lichte der EU-Kompetenzordnung, NVwZ 2013, 830; ders. Das neue Europäische Finanzaufsichtssystem (ESFS) – Modell für eine europäisierte Verwaltungsarchitektur? NVwZ 2011, 1281; ders. Die europäische Bankenunion zwischen Bail-in und Bail-out. Eine kritische Positionsbestimmung aus deutscher Perspektive, in: Hatje/Iliopoulos/Iliopoulos-Strangas/Kämmerer (Hrsg.) Verantwortung und Solidarität in der Europäischen Union, 2015, S. 34; ders. Rechtsschutz in der Bankenunion, WM 2016, 1; ders. Tektonische Verwerfungen im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) der Bankenunion, Kritische Betrachtungen aus Anlass der L-Bank-Entscheidung des EuG, ZBB 2017, 317; ders./Starski Die Europäische Zentralbank in der Bankenunion, ZG 2013, 318; Kaufhold Systemaufsicht. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken im Finanzsystem als Ausprägung einer neuen Aufsichtsform, Die Verwaltung 2013, 21; dies. Makroaufsicht über das Finanzsystem. Nationale und europäische Gremien im Strukturvergleich, WM 2013, 1877; dies. Instrumente und gerichtliche Kontrolle der Finanzaufsicht, Die Verwaltung 2016, 339; dies. Die Europäische Bankenunion – vollendet unvollendet? Eine Zwischenbilanz, ZG 2017, 18; Kerjean What’s what in Europe – European Systemic Risk Board, Euredia 2011, 303; Kirchhartz Europäisches Bankaufsichtsrecht 1.0 – Das CRD IV-Paket und seine Auswirkungen auf das Kreditwesengesetz, GWR 2013, 395; Kotz/Schmidt Corporate governance of banks. A German alternative to the standard model, ZBB 2016, 427; Kraufkopf/Langner/Rötting Some Critical Aspects of the European Banking Union, Banking & Finance Law Review 2014, 241; Krimphove Die „neue“ MaRisk (BA) 9/2017, BKR 2018, 1; Kube EU-Rechtswidrigkeit einer Refinanzierung des ESM bei der EZB, WM 2013, 57; Kusserow/Scholl Kreditderivate im Kraftfeld der BRRD – Teil 1, WM 2015, 360; dies. Kreditderivate im Kraftfeld der BRRD, 2. die neuen Musterbedingungen für Kreditderivate, WM 2015, 413 Lackhoff/Baldus Das Großkreditregime der CRR und die Änderungsvorschläge des Baseler Ausschusses, ZBB 2015, 245; Ladler Finanzmarktregulierung in der Krise oder Krise der Finanzmarktregulierung? Kritische Anmerkungen zur Übertragung der Banken- und Finanzaufsicht auf die EZB, GPR 2013, 328; Landier/Ueda The Economics of Bank Restructuring: Understanding the Options, IMF Staff Position Note June 5, 2009; Langenbucher Vorstandshaftung und Legalitätspflicht in regulierten Branchen, ZBB 2013, 16: Lannoo Bank State Aid under BRRD and SRM, (2014) 4 European State Aid Law Quarterly 630; Lastra Banking Union and Single Market – Conflict or Companionship? 36 Fordham International Law Journal 1190 (2013); dies./Wood The crisis of 2007–09 – nature, causes and reactions, (2010) 13 Journal of International Economic Law 531; Lehmann La résolution et le droit international privé, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 31; ders. Die Ausgestaltung grenzüberschreitender Bankenaufsicht als ordnungspolitisches Problem, ORDO 2013 (64), 327; ders. Single Supervisory Mechanism Without RegulatoGrundmann

30

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

ry Harmonisation? Introducing a European Banking Act and a 'CRR Light' for Smaller Institutions, EBI Working Paper Series 2017 – no. 3; ders./Manger-Nestler Einheitlicher Europäischer Aufsichtsmechanismus: Bankenaufsicht durch die EZB, ZBB 2014, 2; Lenaerts EMU and the EU's constitutional framework (2014) 39(6) European Law Review 753; Lensdorf Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die IT von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten. Eine Tour d'horizont von der Einführung des § 25a KWG zur MaRisk 2017 und den BAIT 2017, CR 2017, 753; Leuschner/Wolfgarten Corporate Governance. neue Anforderungen an Verwaltungs- und Aufsichtsräte von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, WPg 2015, 37; Leyens/Schmidt Corporate Governance durch Aktien-, Bankaufsichts- und Versicherungsaufsichtsrecht – Ausgewählte Einflüsse, Impulse und Brüche, AG 2013, 533; Lintner De/centralized Decision Making Under the European Resolution Framework: Does Meroni Hamper the Creation of a European Resolution Authority?, EBOR 2017, 591; Llewellyn The Economic Rationale for Financial Regulation, FSA Occasional Papers in Financial Regulation, April 1990; Lo Schiavo Conditions and obligations in ECB supervisory decisions as ancillary provisions under SSMlaw, ECFR 2017, 94; ders. The Single Supervisory Mechanism. Building the new top-down cooperative supervisory governance in Europe, in: Fabbrini/Ballin/Somsen (Hrsg.) What form of government for the European Union and the Eurozone? 2015, S. 111; Louis La difficile naissance du mécanisme européen de résolution des banques, Cahiers de droit européen 2014, 7; ders. Vers l’Union bancaire, Cahiers de droit européen 2012, 289; ders. The implementation of the Larosière report – a progress report, in: Giovanoli/Devos (Hrsg.) International Monetary and Financial Law – the Global Crisis, 2010, S. 146; Löw/Glück Anforderungen an die variable Vergütung nach der lnstitutionsvergütungsverordnung, ZBB 2015, 186; Lütgerath Die Auswirkungen der Bail-inlnstrumente des SAG auf das Aktienrecht sowie auf bank- und wertpapieraufsichtsrechtliche Kontrollverfahren, BKR 2016, 279; Madaus Bank Failure and Pre-emptive Planning, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 49; Manger-Nestler Die Bankenunion: Einheitliche Mechanismen zur Bankenaufsicht und -abwicklung, in: Blanke/Pilz (Hrsg.) Die „Fiskalunion“: Voraussetzungen einer Vertiefung der politischen Integration im Währungsraum der Europäischen Union, 2014, S. 299; Manger-Nestler/Böttner Ménage à trois? Zur gewandelten Rolle der EZB im Spannungsfeld zwischen Geldpolitik, Finanzaufsicht und Fiskalpolitik, EuR 2014, 621; Maryskova Averting Future Crisis – The European Banking Union’s Single Supervisory Mechanism, 33 Review of Banking and Financial Law 525 (2014); Mayer Kompetenzverschiebungen als Krisenfolge – Die USVerfassungsentwicklung seit dem New Deal und Lehren für die Euro-Krise, JZ 2014, 593; ders./Kollmeyer Sinnlose Gesetzgebung? Die Europäische Bankenunion im Bundestag, DVBl. 2013, 1158; Meissner The Supervisory Review and Evaluation Process (SREP): ultimate test for the banking union? 31 Journal of International Banking Law and Regulation 331 (2016); Meyer Finanzmarktkrise und Organhaftung, CCZ 2011, 41; Micossi/Bruzzone/Cassella Bail-in Provisions in State Aid and Resolution Procedures: Are They Consistent with Systemic Stability? CEPS Policy Brief 318/2014; Moloney Resetting the location of regulatory and supervisory control over EU financial markets: lessons from five years on, 62 International and Comparative Law Quarterly 955 (2013); dies. European Banking Union – assessing its risks and resilience, CMLR 51 (2014) 1609; dies. EU financial market regulation after the global financial crisis – „more Europe“ or more risks? CMLR 47 (2010) 1317; dies. Financial markets regulation, in: Arnull/Chalmers (Hrsg.) The Oxford Handbook of European Union law, 2015, S. 757; dies. The 2013 Capital Requirements Directive IV and Capital Requirements Regulation: Implications and institutional effects, ZöR 2016, 385; dies. International Financial Governance, the EU, and Brexit – The ‘Agencification’ of EU Financial Governance and the Implications EBOR 2016, 451; Möllers Transnationale Behördenkooperation – Verfassungs- und völkerrechtliche Probleme transnationaler administrativer Standardsetzung, ZaöRV 2005, 351; Möschel Die Finanzkrise und der Ruf nach mehr Europa, ORDO 2013 (64), 475; Möslein The focus of regulatory reforms in Europe after the global financial crisis: from corporate to contract governance, in: Sun/Stewart/Pollard (Hrsg.), Cor- porate Governance and the Global Financial Crisis – International Perspectives, 2011, S. 284; ders. Finanzinnovation als Rechtsproblem, ZBB 2013, 1; ders. Third Parties in the European Banking Union: Regulatory and Supervisory Effects on Private Law Relationships Between Banks and their Clients or Creditors, EBOR 2015, 547; Mülbert Bankenaufsicht und Corporate Governance – Neue Organisationsanforderungen im Finanzdienstleistungsbereich, BKR 2006, 349; ders. Anlegerschutz und Finanzmarktregulierung: Grundlagen, ZHR 177 (2013), 160; ders./Sajnovits Vertrauen und Finanzmarktrecht, ZfPW 2016, 1; Müller-Graff Der Rechtsschutz in der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank, FS Lindacher II, 2017, S. 287; Müller/Fischer/Müller Rechtsschutz bei der Erteilung und Entziehung von Erlaubnissen für Kreditinstitute, WM 2015, 1505; Murphy Financial Crisis in Ireland and the Use of the State Aid Rules by the EU Commission, (2013) European State Aid Law Review 260; Nemeczek/Pilz Der Begriff der Finanzholdinggesellschaft im Rahmen der konsolidierten Aufsicht von Finanzholdinggruppen, BKR 2016, 495; Neumann The supervisory powers of national authorities and cooperation with the ECB – a new epoch of banking supervision, EuZW-Beil. 2014, 9; Nobel Vergütung von Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitgliedern bei SIFIs – Praktische Aspekte, in: von der Crone/Rochet (Hrsg.) Finanzstabilität – Status und Perspektiven, 2014, S. 145; Oebbecke Sparkassenaufsicht und Ban31

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

kenaufsicht, ZBB 2016, 336; Ohler Finanzmarktregulierung und -aufsicht, in: Ruffert (Hrsg.) Europäisches Sektorales Wirtschaftsrecht, Enzyklopädie Europarecht, Bd. V, 2013, § 10; ders. Modelle des Verwaltungsverbunds in der Finanzmarktaufsicht, Die Verwaltung 2016, 309; Pascher Die Europäische Zentralbank in der Bankenunion, in: Korte/Ludwigs/Thiele/Wedemeyer (Hrsg.) Energiewende und Finanzkrise als aktuelle Herausforderungen des Europarechts, 2016, S. 112; Paul/Stein/Kaltofen Auf die Größe kommt es an: Mittelstandsprivilegien im Rahmen von Basel III und die Auswirkungen auf die Kosten von Unternehmenskrediten, DStR 2013, 1849; Paulus Staatenpleiten und Bankenpleiten: Eine gewollte Mesalliance?, KTS 2013, 155; Peters Die geplante Europäische Bankenunion – eine kritische Würdigung, WM 2014, 396; Peuker Die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften durch Unionsorgane – ein Konstruktionsfehler der europäischen Bankenaufsicht, JZ 2014, 764; Philipp Systemänderung: Amputiertes Aktienrecht für Banken – Das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG), AG 2015, 7; Pistor Law in Finance, 41 Journal of Comparative Economics 311 (2013); dies. Legal Theory of Finance, 41 Journal of Comparative Economics 315 (2013); Potacs Anwendung der BRRD auf eine bestehende Abbaueinheit? EuZW 2017, 10; Pötzsch Aktuelle Schwerpunkte der Finanzmarktregulierung – national, europäisch, international, WM 2016, 11; Prüm L’union Bancaire européenne et les les autorités de surveillance nationales, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 28; Quaglia/Spendzharova The conundrum of solving „too big to fail“ in the European Union: Supranationalization at different speeds, JCMS 2017, 1110; Renner/Kowolik Die Abwicklung von Bankengruppen und der Einfluss von Trennbankenregeln im transatlantischen Rechtsvergleich, ZVglRWiss 2018, 83; Renz/Brenner Auswirkungen der neuen EBA-Leitlinien zur internen Governance im Compliance-Bereich der Banken, CB 2017, 397; Ress/Ukrow Art. 63 AEUV Freier Kapital- und Zahlungsverkehr, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.) Das Recht der Europäischen Union, 69. EL 2/2020, Rn 338 ff.; Rocha de Sousa/Caetano Será a União Bancária uma solução para a crise do Euro? Debater a Europa 2013, 87; Rocholl Wie kann eine erfolgreiche Bankenunion gestaltet werden? FS Kirchner 2014, S. 169; Rubner/Raible Die Novelle der Institutsvergütungsverordnung – neue Anforderungen an die Vergütungssysteme der Banken, NZG 2017, 1052; Rugemintwari The Leverage Ratio as a Bank Discipline Device, 62 Revue Economique 479 (2011); Ruthig Die EZB in der europäischen Bankenunion, ZHR 178 (2014) 443; Rutsch/Schöning Vorstellung eines adäquaten Verfahrens zur Ermittlung und Verrechnung der Kosten des Liquiditätspuffers bei Kreditinstituten, ZBB 2016, 89; Sacarcelik Europäische Bankenunion – Rechtliche Rahmenbedingungen und Herausforderungen der einheitlichen europäischen Bankenaufsicht, BKR 2013, 353; Saunders Is Basel turning banks into public utilities? 3 The Journal of Financial Perspectives 1 (2015); Schäfer A banking union of ideas? The impact of ordoliberalism and the vicious circle on the EU banking union, JCMS 2016, 961; Schelo/Steck Das Trennbankengesetz. Prävention durch Bankentestamente und Risikoabschirmung, ZBB 2013, 227; Schirrmacher Damoklesschwert oder Symbolpolitik? Die Rückforderung von Bankerboni im Spiegel des Arbeitsrechts, ZBB 2017, 281; Schmitt/Bär Rechtsschutz gegen Abwicklungsmaßnahmen, WM 2016, 493; Schmolke Der Lamfalussy-Prozess im Europäischen Kapitalmarktrecht – eine Zwischenbilanz, NZG 2005, 912; S. H. Schneider Sanctioning by the ECB and national authorities within the Single Supervisory Mechanism, EuZW, Beilage 2014, 18; U. Schneider Inconsistencies and Unsolved Problems in the European Banking Union, (2013) 13 European Journal of Business Law 441 = EuZW 2013, 452; ders. Europäische Bankenunion – ein Etikettenschwindel! EuZW 2012, 721; ders. Auf dem Weg in die europäische Kapitalmarktunion – die Vertreibung aus dem Paradies – oder auf dem Weg ins kapitalmarktrechtliche Arkadien? AG 2012, 823; U. H. Schneider/S. H. Schneider Der Aufsichtsrat der Kreditinstitute zwischen gesellschaftsrechtlichen Vorgaben und aufsichtsrechtlichen Anforderungen, NZG 2016, 41; Scholz-Fröhling FinTechs und die bankaufsichtsrechtlichen Lizenzpflichten, BKR 2017, 133; Schroeder Regulatorische Entwicklungen auf dem Verbriefungsmarkt, in: Niehoff/Hirschmann (Hrsg.) Aspekte moderner Bankenregulierung, 2014, S. 79; Schüller Europäische Bankenunion in einem interventionistischen Ordnungsmilieu, ORDO 2015, 175; Schuster The banking supervisory competences and powers of the ECB, EuZW-Beil. 2014, 3; ders./Pitz SREP capital ratios and due process, ZBB 2016, 342; de Seriere BailIn – Some Fundamental Questions, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 153; Sigrist, Basel II – kurz erklärt, in: Wiegand (Hrsg.) Basel II – die rechtlichen Konsequenzen, 2006, 1; Singh The Centralisation of European Financial Regulation and Supervision: Is There a Need for a Single Enforcement Handbook?, EBOR 2015, 439; Skauradszun Europäisches Bankenabwicklungsrecht: Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss nach Art. 85 SRM-VO – Teile 1 und 2, WM 2017, 1041 und 2017, 1085; Smeets/Schmid Europäische Staatsschuldenkrise, lender of last resort und Bankenunion, ORDO 2014, 47; Smits Is my Money Safe at European Banks? Reflections on the ‚Bail-In‛ Provisions in Recent EU Legal Texts, (2014) 9 Capital Markets Law Journal 137; Smits Competences and alignment in an emerging future version – After L-Bank: how the Eurosystem and the Single Supervisory Mechanism may develop, ADEMU WP 2017/077; Smits/Badenhoop Towards a Single Standard of Professional Secrecy for Financial Sector Supervisory Authorities: A Reform Proposal (2019) 44(3) European Law Review 295; Sommer Why Bail-In? And How?, (2014) 20 Economic Policy Review 1; Sousi Le champ d’application du Mécanisme de surveillance unique (MSU), Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 27; Spindler VorstandsGrundmann

32

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

vergütungen zwischen Regulierung und Markt, FS Kirchner, 2014, S. 343; Steck/Petrowsky Neue Voraussetzungen für die Abwicklung von Banken, DB 2015, 1391; Synvet L’Union bancaire européenne – Présentation, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 24; Teixera The Legal History of the Banking Union, EBOR 2017, 535; Thiele Die EZB vor Gericht, ZBB 2015, 295; ders. Krise der europäischen Integration? Die Bankenunion als Beleg für die Handlungsfähigkeit der EU – Teil 1, GewArch 2015, 111; ders. Krise der europäischen Intergration? Die Bankenunion als Beleg für die Handlungsfähigkeit der EU – Teil 2, GewArch 2015, 157; ders. Krise der Europäischen Integration?, in: Korte/Ludwigs/Thiele/Wedemeyer (Hrsg.) Energiewende und Finanzkrise als aktuelle Herausforderungen des Europarechts, 2016, S. 90; Thole Bankenabwicklung nach dem SAG, ZBB 2016, 57; Tison Do Not Attack the Watchdog! Banking Supervisor’s Liability After Peter Paul, CMLR 2005, 639; Tocqueville d’Hérouville La loi de separation et de régulation des activités bancaires – une transposition avant l’heure de la directive resolution, Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 29; Torres The EMU’s Legitimacy and the ECB as a Strategic Political Player in the Crisis Context, (2013) 35 Journal of European Integration 287; Triantafyllakis Italienische Banken: Wenn nicht alle Wege zum Bail-in führen, WM 2016, 2248; Tröger Der einheitliche Aufsichtsmechanimsus (SSM) – Allheilmittel oder quacksalberische Bankenregulierung? – Eine kritische Bewertung der neuen Architektur für die Bankenaufsicht unter Ägide der EZB, ZBB 2013, 373 = (2014) 15 EBOR 4; ders. The Single Supervisory Mechanism – Panacea or Quack Banking Regulation? Preliminary Assessment of the New Regime for the Prudential Supervision of Banks with ECB Involvement, EBOR 2014, 449; ders. Zu kompliziert, um zu funktionieren – Eine kritische Bewertung des Bail-inInstruments im europäischen Recht der Bankenabwicklung, ZBB 2018, 20; Troost/Ötsch Bail-in statt Bail-out – Bankenunion ohne Biss, Blätter für deutsche und internationale Politik 2014, 83; Tuominen The European Banking Union: A shift in the internal market paradigm? CMLR 2017, 1359; Tusch/Herz Die Entwicklung des europäischen Bankaufsichtsrechts in den Jahren 2014/2015, EuZW 2015, 814; dies. Die Entwicklung des europäischen Bankaufsichtsrechts in den Jahren 2015/2016, EuZW 2016, 887; Tusch/Schuster/Herzberg Die Institutsvergütungsverordnung 3.0, WM 2017, 2289; Ulrich Institutsvergütungsverordnung 2017 und gruppenangehörige Verwaltungsgesellschaften: Betragsmäßige Deckelung der variablen Vergütung durch die Hintertür?, ZBB 2017, 335; Verhelst Assessing the Single Supervisory Mechanism – Passing the Point of No-Return for Europe’s Banking Union, 2013 (Egmont Paper 58); Véron The Challenges of Europe’s Fourfold Union, Bruegel Policy Contribution 2012/13; ders. A Realistic Bridge Towards European Banking Union, Bruegel Policy Contribution 2013/09; Véron/Wolff From Supervision to Resolution: Next Steps on the Road to European Banking Union, Bruegel Policy Contribution 2013/04; Vollmer ‘Stairway to Heaven‘ oder ‘Highway to Hell‘? – Eine Einschätzung der Europäischen Bankenunion, ORDO 66 (2015), 147; ders./Wiese, Minimum Capital Requirements, Bank Supervision and Special Resolution Schemes: Consequences for Bank Risk-Taking, 9 Journal of Financial Stability 487 (2013); Waldhoff/Dieterich Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht auf EU-Ebene – ein Überblick über die Rechtsprobleme, EWS 2013, 72; Wellerdt Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion – Vorschlag eines Legislativpakets zur Reform des Regulierungsrahmens für die Finanzmärkte, EuZW 2017, 172; ders. Bail-in statt bail-out: Die Abwicklung und Restrukturierung von Banken erfordert TLAC und MREL, BKR 2017, 363; Windthorst/Bussian Europäische Bankenaufsicht und Legal Privilege – Weigerungsrechte bei Dokumentenanforderungen im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM), WM 2015, 2265; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen Stellungnahme zur aktuellen Entwicklung der Europäischen Bankenunion. Plädoyer für ein glaubwürdiges Bail-In, 2014; Wissink Challenges to an Efficient European Centralised Banking Supervision (SSM) – Single Rulebook, Joint Supervisory Teams and Split Supervisory Tasks, EBOR 2017, 431; Witte Die Europäische Bankenunion als mehrgleisiges Reformvorhaben, in: Hilpolt (Hrsg.) Europa im Umbruch, 2017, S. 29; ders. Die Architektur des einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus und die Bedeutung administrativer Widerspruchsverfahren im europäischen Prozessrecht – Anmerkung zum Urteil des Gerichts der EU vom 16.5.2017 in der Rs. T-122/15 (L-Bank), EuR 2017, 648; Wojcik Bail-in in the Banking Union, 53 CMLR 91 (2016); ders./Ceyssens Der einheitliche EUBankenabwicklungsmechanismus: Vollendung der Bankenunion, Schutz des Steuerzahlers, EuZW 2014, 893; Wolfers Europäische Zentralbank und Bankenaufsicht – Rechtsgrundlage und demokratische Kontrolle des Single Supervisory Mechanism, BKR 2014, 177; ders./Voland Europäische Zentralbank und Bankenaufsicht – Rechtsgrundlage und demokratische Kontrolle des single supervisory mechanism, BKR 2014, 177; dies. Level the playing field – the new supervision of credit institutions by the European Central Bank, Common Market Law Review 2014, 1463; Wymeersch The lnstitutional Reforms to the European Financial Supervisory System, ECFR 2010, 240; ders. The European Banking Union – a First Analysis, Financial Law Institute WP 2012–07; ders. The Single Supervisory Mechanism or „SSM“, Part One of the Banking Union, ecgi Law Working Paper N° 240/2014; ders. The Structure of Financial Supervision in Europe: About Single Financial Supervisors, Twin Peaks and Multiple Financial Supervisors, EBOR 2007, 237; ders. The European Financial Supervisory Authorities or ESAs, in: Wymeersch/Hopt/Ferrarini (Hrsg.) Financial Regulation and Supervision – a Post-Crisis Analysis, 2012, S. 232; Zagouras Verwaltungssanktionen der Europäischen Zentralbank: Bußgelder, Kompetenzen, Bemessungsmaßstäbe, WM 2017, 558; Zavvos/Kaltsouni The 33

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Single Resolution Mechanism in the European Banking Union – Legal Foundation, Governance Structure and Financing, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Research Handbook on Crisis Management in the Banking Sector, 2015, S. 117; Zimmer Finanzmarktregulierung – Welche Regelungen empfehlen sich für den deutschen und europäischen Finanzsektor?, Gutachten G zum 68. DJT (2010); ders./Fuchs Die Bank in Krise und Insolvenz: Ansätze zur Minderung des systemischen Risikos, ZGR 2010, 597; Zumbansen Transnational Private Regulatory Governance: Ambiguities of Public Authority and Private Power (2013) 76(2) Law and Contemporary Problems 117. Weiteres Schrifttum zur Europäischen Bankenunion in Gortsos The Single Supervisory Mechanism, S. 337– 386; zu dieser und zum KWG/CRR vgl. Standardkommentare zum KWG.

A.

Übersicht Regulierungsrahmen und Institutionelles System der Bankaufsicht I. Materiellrechtliche Regulierung auf Europäischer Ebene 1. Überblick und Entwicklung im Gefolge der Finanzkrise | 31 2. Materielles Recht der laufenden Bankaufsicht | 36 3. Materielles Recht der bankaufsichtlichen Sanierung und Abwicklung (mit Einlagensicherung) | 39 4. Ausführungsgesetzgebung und Single Rulebook | 43 a) Ausführungsgesetzgebung („Lamfalussy-Verfahren“) | 44 b) Single Rulebook zur Bankaufsicht | 47 II. Europäische Bankenunion und sonstiges institutionelles System der Bankaufsicht 1. Regelungsakte und Zuständigkeitsverteilung in der Europäischen Bankenunion – Überblick | 49 2. Zuständigkeitsverteilung in den Hauptregelungsgebieten | 52 a) Zuständigkeitsverteilung im SSM (laufende Aufsicht) | 52 b) Zuständigkeitsverteilung im SRM (Abwicklung) | 60 c) Flankierende „Aufsicht“ durch den ESRB | 65 3. Leitprinzipien der laufenden Aufsicht durch die EZB | 66 4. Zusammenarbeit mit den sonstigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden auf EU-Ebene (insbes. ESFS) | 70

III.

B.

C.

Umsetzung, autonome Regulierung und Zuständigkeiten in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten 1. Umsetzungsakte in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten | 72 2. Umsetzung und Ausübung der mitgliedstaatlichen Wahlrechte in den Einzelfragen – Übersicht | 76 Bankaufsicht und Bankprivatrecht I. Regulierung (etwa Bankaufsichtsrecht) und Privatrecht im Grundsatz | 80 II. Bankaufsicht und Bankorganisationsrecht (einschließlich Abwicklung) | 84 1. Bankaufsichtsrecht und Gesellschaftsorganisationsrecht | 84 2. Bankaufsichtsrecht und „Privatrecht“ von Sanierung und Abwicklung | 86 III. Bankaufsicht und Bankprivatrecht i.e.S. (Kundenbeziehung) | 88 Wichtige materiellrechtliche Einsatzfelder der Bankaufsicht – Grundzüge I. Erlaubnispflicht | 93 II. Solvabilitäts- und Liquiditätsvorgaben (mit Eigenkapitalanforderungen) | 95 III. Organisationsvorgaben | 99 IV. Aufsichtsrecht der Bankenkrise (Sanierung, Abwicklung, Einlagensicherung) – Grundzüge | 101 1. Vorsorge und Sanierung | 102 2. Abwicklung | 103 3. Einlagensicherung | 106

A. Regulierungsrahmen und Institutionelles System der Bankaufsicht 29

Dies ist kein Kommentar zum Bankaufsichtsrecht i.e.S.,60 sondern zum Recht der Bankdienstleistungen, vor allem vertraglicher Art, daneben auch zum (Sonder-)Recht der Bankenorga-

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60 Zu Begriff und Abgrenzung vgl. bereits oben Erster Teil Rn 11, 16, 26 f. und unten Zweiter Teil Rn 5 f. Zum Anwendungsbereich des Bankaufsichtsrechts i.e.S. näher dann unten Erster Teil Rn 93 ff.

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nisation, das vor allem der Compliance, der Regelbeachtung im Kundenverhältnis und gegenüber Allgemeininteressen dient. Auch ein solchermaßen zugeschnittener Kommentar kann heute freilich nicht ohne den Blick auf das institutionelle Umfeld sinnvoll bestehen. Das gilt schon rein technisch deswegen, weil Aufsichtsrecht das Privatrecht erheblich beeinflusst oder überformt bzw. dies zu erwarten steht. Es ist schwer vorstellbar, dass sub-prime loans, bei denen der Maßstab einer „verantwortungsbewussten Kreditvergabe“ massenweise missachtet wurde, einerseits Auslöser der Finanzkrise waren und andererseits der Konnex zwischen dieser (privatrechtlichen) Praxis und dem Bankaufsichtsrecht als Thema eines modernen Kommentars zum Recht der Bankdienstleistungen ausgeblendet bleiben soll (dazu schwerpunktmäßig unten Unterabschnitt B.). Grundsätzlicher ist freilich zu betonen, dass diejenigen, die Bankdienstleistungen gestalten, durch Missachtung der bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben oder Überdehnung der „Interpretationsspielräume“ zur Finanzkrise – in ihrer ersten Phase vor allem einer Krise wegen Versagen des Bankaufsichtsrechts – erheblich beigetragen haben. Auch wenn die Kommentierung vor allem auf die Bankdienstleistungen zielt, bildet doch der Konnex zwischen Regulierung und diesen Banktransaktionen einen Kerngehalt derselben. Soll hier einerseits kein Kommentar zum Bankaufsichtsrecht vorgelegt werden, andererseits 30 der Konnex zum Privatrecht (und der Regulierung) der Bankdienstleistungen selbst doch thematisiert werden, so sind vor allem die Regelungsarchitektur der Bankaufsicht – wenn auch summarisch – darzustellen (hier Unterabschnitt A.), der Einfluss und die Einflussformen auf das Bankprivatrecht zu erörtern (unten Unterabschnitt B.) und jedenfalls die Kernregelungskomplexe des materiellen Bankaufsichtsrechts überblicksweise zu skizzieren (unten Unterabschnitt C.). Ein Zuschnitt, der sich auf das Paradigmatische beschränkt, ist hierbei unvermeidbar. Für die Regelungsarchitektur der Bankaufsicht (hier Unterabschnitt A.) sind die Europäischen Regulierungsvorgaben dominant, so dass von ihnen – zunächst den materiellrechtlichen Vorgaben – auszugehen ist (unten I.). Wirklich autonome nationale bankaufsichtsrechtliche Regulierung ist verschwindend wenig bedeutsam, zudem wenn man berücksichtigt, dass die heute noch bestehenden Optionen auch überwiegend in den nächsten ein bis zwei Jahren auslaufen. Das nationale Recht ist vor allem als die Umsetzungsform wichtig, nicht als der Kerngehalt (dazu unten III., auch im Zusammenspiel beider Ebenen). Doch auch die Administration hat heute mit der Europäischen Bankenunion ihren Schwerpunkt auf Europäischer Ebene (dazu unten II.): Nicht nur rein volumenmäßig erfasst die unmittelbare EZB-Aufsicht in der Eurozone mit etwa 85% des Bilanzvolumens den Großteil des Bankgeschäfts, jedenfalls in der Eurozone,61 also auch in Deutschland und dem Großteil der anderen hier miterörterten EU-Staaten. Vielmehr hat die EZB zudem auch – wie noch darzulegen sein wird – die bankaufsichtliche Gesamtverantwortung über alle anderen Kreditinstitute der Eurozone (umfassende, jedenfalls mittelbare EZB-Aufsicht). Das legt es nahe, für eine Darstellung der bankaufsichtlichen Regelungs- und Aufsichtsarchitektur von der Europäischen Ebene auszugehen und sie in den Vordergrund zu stellen: I. Materiellrechtliche Regulierung auf Europäischer Ebene 1. Überblick und Entwicklung im Gefolge der Finanzkrise. Das Europäische Bankauf- 31 sichtsrecht in seinem heutigen Bestand unterfällt in drei Hauptstränge: das Regelungskonvolut zur laufenden Bankaufsicht, dasjenige zur bankaufsichtlichen Sanierung und Abwicklung

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61 Dies ist der Anteil der 119 Banken(gruppen), die als systemisch eingestuft wurden und der unmittelbaren Aufsicht der EZB unterliegen (Stand 1.3.2019), am Bankgeschäft, das Banken der Eurozone tätigen (gemessen am Bilanzvolumen aller Banken der Eurozone). Zu diesen Zahlen im einzelnen: Lannoo (Hrsg.) ECB Banking Supervision and Beyond, Report of the CEPS Task Force, CEPS 2014, S. 27; und außerdem Nouy Tomasso PadoaSchioppa Memorial Lecture, 25.6.2015. abrufbar unter: https://www.bankingsupervision. europa.eu/press/ speeches/date/2015/html/se150626.en.html; am geringsten jedoch in Deutschland vgl. Howarth/Quaglia JMCS 2014, 125 (130 f.). Zu den unmittelbar von der EZB beaufsichtigten 119 Banken(gruppen) noch unten Erster Teil Rn 49 f., 52 f.

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(„Bankeninsolvenz“) und – mit Letzterem eng verbunden – der Regelungsbestand zu Absicherungssystemen für bestimmte Bankeinlagen in bestimmter Höhe (Einlagensicherung). In seiner heutigen Gestalt ist es als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 und dann die Bankenkrise in Spanien und Zypern 2012 zu verstehen, als Reaktion namentlich auf die Schwächen des über drei Dekaden gewachsenen vorherigen EG/EU-Bankaufsichtssystems, die mit diesen Ereignissen deutlich sichtbar wurden. Die Finanzkrise erscheint bei zusammenfassender Betrachtung dieser Entwicklung zu einem Hauptteil als eine Krise und ein Versagen des Bankaufsichtsrechts,62 gerade auch in der EU.63 Vor allem der erste, aber auch der dritte Hauptstrang dieses bankaufsichtsrechtlichen Be32 standes blicken auf eine lange Geschichte zurück, während umgekehrt das Regime zur bankaufsichtlichen Sanierung und Abwicklung („Bankeninsolvenz“) auf EU-Ebene als ein hinlänglich entwickeltes materiellrechtliches „System“ überhaupt erst 2014 etabliert (und 2009, als unmittelbare Reaktion auf die Finanzkrise, angestoßen) wurde. Die laufende Bankaufsicht (Hauptstrang 1) wurde auf EU-Ebene erstmals mit der sog. 1. und vor allem 2. Banken-Richtlinie von 1977 und 1989 systematisch geregelt,64 Zweitere schon mit einer EG-rechtlichen Regelung des Kernstücks Eigenmittel und dem sog. EG/EU-weiten „Pass“ für Kreditinstitute, die unter der Aufsicht auch nur eines Mitgliedstaates zum Bankgeschäft zugelassen waren. Die Eigenmittelausstattung wurde dann 1993 nochmals differenzierter geregelt,65 was die beiden wichtigsten Unterstränge, in denen sich das Europäische Recht der laufenden Bankaufsicht damals entwickelte, und ihre auch kodifikatorische Auftrennung besonders betonte: die Regelungen zur Bankenzulassung und -aufsicht allgemein und die Regelungen zum traditionellen Kernstück der laufenden Bankaufsicht, der Eigenkapitalausstattung (im Verhältnis zum eingegangenen Risiko, woraus sich der sog. Solvabilitätskoeffizient ergibt; dazu näher unten Unterabschnitt C. unter II.). Dabei wurde parallel auch für Wertpapierdienstleister ein diesem Geschäft und seinem

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62 Etwa für die USA: Hellwig/Adamati The banker’s new clothes: what’s wrong with banking and what to do about it, 2014 (vgl. deutsche Fassung im Lit.Verz.); Kindelberger/Aliber Manias, panics and crashes: a history of financial crises, 2011, bes. S. 297–301; White Lessons from the History of Bank Examination and Supervision in the United States 1863–2008, in: Gigliobianco/Toniolo (Hrsg.) Financial Market Regulation in the Wake of Financial Crises, 2009, S. 15 (bes. 37). Zur Geschichte der legislatorischen Aktivitäten in Antwort auf diese Illing Deutschland in der Finanzkrise – Chronologie der Deutschen Wirtschaftspolitik 2007–2012, 2013. 63 Für die EU: Begg Regulation and Supervision of Financial Intermediaries in the EU: The Aftermath of the Financial Crisis, JCMS 2009, 1107; Wymeersch/Hopt/Ferrarini (Hrsg.) Financial Regulation and Supervision – A Post-Crisis Analysis, 2012, S. vi, vii et passim. Zum europaspezifischen, zentralen Sonderaspekt des sog. „financial trilemma“, d.h. der regulatorischen „Unmöglichkeit“, eine nationale Finanzmarktregulierung bei gemeinsamer Währung und integrierten Märkten langfristig beizubehalten: Schoenmaker The financial trilemma, Duisenberg school of finance Tinberger Institute Discussion Paper, 2011, TI11–019/DSF 7; ders. A new financial stability framework for Europe, The Financial Regulator, 2008, 1; auch Dragomir European prudential banking regulation and supervision – the legal dimension, 2009, bes. S. 65–93. Zu den frühen Stimmen pro Bankenunion: Zavvos Towards a European Banking Union: Legal and Policy Implications, Harvard International Law Journal, 1990, 463; und schon Nachw vorige Fn; zur Reaktion darauf etwa Bauer/Schuster (Hrsg.) Nachhaltigkeit im Bankensektor. 64 Erste Richtlinie 77/780/EWG des Rates vom 12. Dezember 1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. 1977 L 322/30; Zweite Richtlinie 89/646/EWG des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG, ABl. 1989 L 386/1. Zur Geschichte näher Gortsos The crisis-based European Union financial regulatory intervention: are we on the top of the prudential wave? ERA Forum, 2015, 89; Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht S. 587 f.; Padoa-Schioppa Regulating finance: balancing freedom and risk, 2004. Daneben trat – flankierend – insbesondere die Richtlinie zu Großkrediten: Richtlinie 92/121/EWG des Rates vom 21. Dezember 1992 über die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten, ABl. 1992 L 29/1 (aufgehoben bzw. in den dortigen Gesamtkontext einbezogen mit der Kodifizierungs-Richtlinie 2000). Zur Zergliederung in mehrere Stücke (vor allem auch bankkonzernrechtlicher Art) sowie auch zur (zeitweisen) Bündelung und Zusammenführung, namentlich in der Kodifizierungs-Richtlinie 2000, dann noch im Text. 65 Richtlinie 93/6/EWG des Rates vom 15. März 1993 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABl. 1993 L 141/1.

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Risiko adäquates eigenes Solvabilitäts- und Eigenkapitalregime ausgebildet (etwa für reine Investmentbanken). Zeitgleich zu dieser Vertiefung und prominenten Regelung speziell des Solvabilitätsregimes für die laufende Bankaufsicht wurde dann auch erstmals, 1994, ein Einlagensicherungssystem (Hauptstrang 3) Europäisch vorgeschrieben.66 Dieser Regelbestand im ersten und dritten oben genannten Hauptstrang bildete also zur Einführung des Euro 1999/2002 bereits ein voll ausgebildetes System, das nochmals in seinen Hauptstücken zusammengefasst wurde in der sog. Kodifizierungs-Richtlinie (für die Regelungen zur laufenden Bankaufsicht) aus 2000.67 In ihr wurden auch Nebenstücke kodifikatorisch in den einen Rechtsakt einbezogen, namentlich die Großkredit-Richtlinie 1992 (Fn 64), aber auch die Richtlinie zu Sonderregeln bei der Aufsicht über Bankengruppen.68 Allein das Bankbilanzrecht, mit dem nicht nur bankaufsichtliche Zielsetzungen verfolgt werden, sondern auch An- und Einlegerinformation bezweckt wird und das vorliegend auch nicht näher in den Blick genommen werden soll, blieb gesondert geregelt.69 Die Fortentwicklung dieses Systems in der letzten Dekade, über die (Erste) Eigenkapital- 33 Richtlinie 2006 (CRD I) bis hin zur heute maßgeblichen CRD IV (2013) und ihrer Ausdifferenzierung (bis heute) betrifft bereits im Kern das materielle EU-Recht der laufenden Bankaufsicht und ist daher dort wiederaufzugreifen (unten 2.). Parallel betrifft auch die ungleich weniger etappenreiche Fortentwicklung des Regelungsbestandes zu den Einlagensicherungssystemen das materielle EU-Recht der bankaufsichtlichen Krisenbewältigung: mit namentlich der Einlagensicherung, heute aber ungleich prominenter zudem auch mit der bankaufsichtlichen Sanierung und Abwicklung („Bankeninsolvenz“), zu der nach dem Gesagten freilich erst 2014 überhaupt ein substantieller Rechtsakt auf EU-Ebene erging (zu diesem Strang der Entwicklung dann unten 3.). Insgesamt ist in dieser – auf die Kodifizierungs-Richtlinie 2000 folgenden – Phase schon bald wieder eine Aufgliederung in mehrere Richtlinien namentlich für die laufende Bankaufsicht zu konstatieren. Fasst man vorab die drei Dekaden zwischen 1977 und 2008 in ihrer vorherrschenden Regulierungsphilosophie zusammen, d.h. die Dekaden, die für Deutschland praktisch mit dem Zeitraum zwischen der (ungleich beschränkteren) Herstatt-Krise (1974) und der weltweiten Finanzkrise zusammenfällt, also die Phase zwischen den letzten beiden Bankenkrisen, die zugleich als die „Vorgeschichte“ des heutigen Regimes zu verstehen ist, so sind – stark ver-

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66 Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl. 1994 L 135/5; zu späteren Novellen hierzu unten Erster Teil Rn 42; wenig später ein paralleles Schutzregime für Kleinanleger, das freilich inhaltlich dem Investment Banking zuzurechnen ist (7. Teil Rn 10): Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABl. 1997 L 84/22. 67 Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute [„Kodifizierungsrichtlinie“], ABl. 2000 L 126/1. Vgl. namentlich Erwägungsgrund 1, in dem die Stücke benannt werden, die zusammengeführt werden sollen: Bankenzulassung und -aufsicht, Solvabilitätskoeffizient, Großkredite und Sonderrecht der Aufsicht über Bankengruppen. 68 Richtlinie 83/350/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 über die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis, ABl. 1983 L 193/18; ersetzt durch Richtlinie 92/30/EWG des Rates vom 6. April 1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis, ABl. 1992 L 110/52 (dort Art. 10 Abs. 1); diese dann selbst wieder aufgehoben und eingegangen in die Kodifizierungs-Richtlinie von 2000 (vorige Fn). 69 Erstmals Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluß und den konsolidierten Abschluß von Banken und anderen Finanzinstituten, ABl.EG 1986 L 372/1; dann Überarbeitung in: Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Änderung der Richtlinien des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABl.EG 2006 L 224/1; darüber hinaus findet die allgemeine BilanzRichtlinie Anwendung: Richtline 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, ABl.EU 2013 L 182/19.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

dichtend und resümierend – zwei Hauptentwicklungsphasen kennzeichnend: diejenige des Ausbaus und der Vertiefung, bald der Europäisierung der Bankaufsicht; und dann, ab etwa der Jahrtausendwende und maßgeblich geprägt durch die sog. Basel II-Grundsätze (mit ersten Konsultationspapieren Juni 1998 und Januar 2001 und Rahmenvereinbarung Juni 2004), diejenige einer stärkeren Ausdifferenzierung sowohl auf der Eigenkapital- wie auf der Risikoseite: die stärkere Auffächerung beim Eigenkapital einerseits (mit Zulassung weiterer Eigenkapitalelemente) und die Individualisierung der Risikobemessung andererseits (mit der Möglichkeit eigener Berechnungsmodelle je Institut nach dem sog. IRB-Ansatz, aber auch mit differenzierterer und stärkerer Berücksichtigung verschiedener Sicherungsinstrumente). Insgesamt wurde die erste Phase als Aufbau und Verschärfung der Bankaufsicht verstanden, die zweite in den Auswirkungen (trotz Ausweitung von Aufsichtsbefugnissen und Offenlegungspflichten) eher als Deregulierung („Aufweichung“ des Eigenkapitals einerseits und verstärkte Möglichkeiten einer Rückrechnung des Risikos andererseits).70 Einer näheren Betrachtung der jüngsten Regelsetzungsentwicklung für die laufende Bank34 aufsicht einerseits und die Sanierung & Abwicklung sowie die Einlagesicherung andererseits (im Anschluss an die Finanzkrise, unten 2. bzw. 3.) ist freilich überblicksweise noch eine kurze allgemeinere Bemerkung zu dieser jüngsten Entwicklung vorauszuschicken: Nach den ersten punktuellen Reaktionen auf die Finanzkrise schon in der CRD II (2009) sind wiederum zwei Phasen der Reform und der sehr grundlegenden Neugestaltung zu erkennen, diesmal freilich zeitlich ungleich enger getaktet: In der ersten Phase, die den Zeitraum zwischen 2009 und den ersten Monaten 2012 umfasst, wurde zwar auf Hauptschwachpunkte energisch reagiert, das Schwergewicht der legislativen Reaktionen lag jedoch auf dem materiellen Recht allein der laufenden Bankaufsicht und (zwar eher schon krisenunabhängig angestoßen, jedoch durchaus auch Krisensymptome kurierend) dem materiellen Recht der Einlagensicherungssysteme.71 Umgekehrt wurde in dieser ersten Phase ein Bankenabwicklungsregime erst konzipiert und diskutiert. In dieser Phase wurden die CRD III und IV politisch beschlossen (CRD IV erst Juni 2013 endgültig verabschiedet und auch inhaltlich am Übergang stehend), außerdem fällt die Verabschiedung der EinlagensicherungsRichtlinie EG/2009/14 auf den Anfang dieser Phase (zu allen Rechtsakten und Zitaten unten Erster Teil Rn 36 f. und 42). Auf institutioneller Ebene wurde demgegenüber weiterhin nur auf Zusammenarbeit der nationalen Bankaufsichtsbehörden gesetzt, wenn auch mit verstärkter Koordinierung, namentlich auch unter der Führung von genuinen EU-Behörden, die es vorher nur als Europäische Beratungsausschüsse für die Ausführungsvorschriften im Gesetzgebungsprozess gegeben hatte, etwa CESR im Bereich des Kapital-marktrechts, die jedoch jetzt flächendeckend als echte

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70 Vgl. (vor allem) zu den Deregulierungstendenzen: Derleder/Knops/Bamberger/Frisch Bd. 2, S. 191 f.; Moloney Financial Markets Regulation, in: Chalmers/Arnull (Hrsg.) Oxford Handbook of EU Law, 2015, S. 757 (für die Finanzmärkte); Veron Financial reform after the crisis, in: Eichegreen/Park (Hrsg.) The World Economy After the Global Crisis, 2012, S. 7 (passim); De Bellis EU and Global Private Regulatory Regimes – The Accounting and Auditing Sectors, in Chiti/Mattarella (Hrsg.) Global administrative law and EU administrative law – relationships, legal issues and comparison, 2011, S. 269 (passim). Zur Rolle, die hierbei auch der stärkere Rekurs auf IFRS als Bilanzierungsstandards spielte, vgl. Schaub The Use of International Accounting Standards in the European Union, Northwestern Journal of International Law & Business, 2011, 609; Goodhart, Procyclicality and Financial Regulation, Revista de Estabilidad Financiera, Banco de España, 2009, 11. 71 Hauptgrund für die massive Steigerung des Absicherungsumfangs 2009/2014 war (neben sozialpolitischen Zielen) die Erkenntnis, dass die erheblichen Unterschiede im Absicherungsniveau auch Stabilitätsauswirkungen haben (können), namentlich durch einen Unterbietungswettbewerb in einem sonst integrierten Finanzmarkt. Zu den genannten beiden Zielen von Einlagensicherungssystemen grundlegend Diamond/Dybvig 91 Journal of Political Economy 401 (1983) (sog. Diamond & Dybvig model). Daher wurde schon mit der Steigerung des Absicherungsniveaus durch Richtlinie 2009/14/EG zugleich eine Verpflichtung der EU-Kommission festgeschrieben, bis 31.12.2009 einen weiteren Vorschlag vorzulegen. Zu den genannten Stabilitätsbedenken vgl. Gros/Schoenmaker European Deposit Insurance and Resolution in the Banking Union, JCMS 2014, 529; sowie Colaert Deposit Guarantee Schemes in Europe: Is the Banking Union in need of a third pillar? SSRN Research Paper, 2015. Zu den Überflegungen einer weiteren Europäisierung und Stärkung unten Rn 42.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

„Authorities“ installiert wurden (mit ESMA [als Nachfolgebehörde zu CESR], mit der European Banking Authority [EBA] für das Bankaufsichtsrecht und mit EOPIA für die Versicherungsaufsicht; zu allem noch unten Erster Teil Rn 70 f.). Die Reformen in dieser Phase waren insgesamt jedoch nicht nur materiellrechtlich auf nur einen Hauptteil beschränkt (laufende Bankaufsicht und Einlagensicherung) und institutionell eher zurückhaltend, sie waren in ihrem wichtigsten Teil (CRD IV) auch von außen angestoßen, namentlich von der Vereinbarung der sog. Basel IIIStandards (näher unten 2.). Ungleich stärkerer EU-spezifischer Reformwillen zeigte sich demnach erst in der zweiten Reformphase, ab Mitte 2012, institutionell ebenso wie materiellrechtlich, namentlich mit dem EU-Gipfelbeschluss zur Einrichtung einer Europäischen Bankenunion (29.6.2012) sowie der politischen Einigung auf ein Europäisches Regime für Bankeninsolvenzen als „Startschuss“: Nunmehr wurde – wenn auch nur für die Eurozone – eine Zentralisierung/Europäisierung auch der verwaltungsmäßigen bankaufsichtlichen Durchsetzung im Einzelfall beschlossen, ein Integrationsschritt von herausragender Bedeutung, also eine radikale Neuorientierung im institutionellen Zuschnitt (dazu unten II.), und zudem wurde mit dem Europäischen Bankeninsolvenzrecht in der BRRD erstmals seit den 1990er Jahren wieder ein ganzes neues Teilgebiet des materiellen Bankaufsichtsrechts auf EU-Ebene (für alle Mitgliedstaaten) ausgebildet – dieses nun freilich in der Diskussion schon seit 2009 angelegt –,72 zudem ein Teilgebiet von politisch höchster Brisanz (näher unten 3.). Auslöser für diesen ungleich radikaleren Doppelschritt – Schaffung einer Bankenunion sowie tatsächliche Umsetzung eines genuinen EU-Bankeninsolvenzrechts – war der politische „Flächenbrand“, den die Ereignisse in der ersten Hälfte 2012 auslösten: das Aufflammen von radikalen Bankenkrisen in Spanien und Zypern, also die Ausbreitung der Sanierungsfälle über Griechenland (und die radikal und schnell geregelte Irlandkrise) hinaus und ihre spezifische Verankerung im Bankensektor, sowie die Reaktionen hierauf seitens der Märkte, die ohne solch grundsätzliche Reformschritte nicht eindämmbar erschienen.73 So krisengetrieben die Entwicklung auch ist, das Ergebnis erscheint heute als eines, in dem 35 die bankaufsichtsrechtliche Architektur der EU grundlegend neu angelegt wurde –74 und dies wohl für eine erhebliche Zeit und solide Grundlage für eine zukunftsorientierte Kommentierung des Bankgeschäfts, die hierauf aufbauen kann. 2. Materielles Recht der laufenden Bankaufsicht. Kernstück des materiellen Rechts für 36 die laufende Bankaufsicht in der EU sind heute die EU-Eigenkapital-Richtlinie und -Verordnung von 2013, die Capital Requirements Directive IV und die Capital Requirements Regulation

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72 Im Oktober 2009 erste öffentliche Konsultation hierzu von der EU-Kommission angestoßen, vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission vom 20.10.09, IP/09/1549, abrufbar unter: http://europa.eu/rapid/pressrelease_IP-09-1549_de.htm?locale=de). Im Oktober 2011 dann Vorlage durch das Financial Stability Board von „Key Attributes of Effective Resolution Regimes“, vgl. ecgi Law Working Paper N° 240/2014. 73 Für eine Analyse dieser Entwicklungen (teils auch mit politologischen Interpretationen) vgl. etwa Ferran The regulatory aftermath; Howarth/Qualia JCMS, 2014, 125; Alexander ELR 2015, 154 (159 f.); Wymeersch ecgi Law Working Paper N° 240/2014; spezifisch zur politischen Ökonomie der Entwicklung und Entscheidungen: Wolfson/Epstein (Hrsg.) Handbook of the Political Economy of Financial Crises; Howarth/Quaglia Political economy of European Banking Union. Zu dem Bankenstresstest 2014, den die EZB durchführte/durchführen wollte, bevor sie die Aufsicht über die krisengeschwächte Branche übenahm/übernehmen wollte: Horsch/Kleinow ZBB 2015, 1 (“Theorie und Empirie zu einem Lackmustest der neuen europäischen Bankenregulierung”). 74 Zur unterschiedlichen rechtspolitischen Bewertung vgl. etwa (grds. positiv) Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255 (Erfolg wahrscheinlich, wenn Zusammenarbeit zwischen den Ebenen gelingt); sehr abgewogen breit auch Wymeersch ecgi Law Working Paper No 240/2014; und zum Zusammenspiel mit Binnenmarktbedenken: Lastra 36 Fordham International Law Journal 1189 (2013); und zur Robustheit des Regimes Moloney CMLR 51 (2014) 1609; sehr negativ hingegen etwa Dammann Georgetown Journal of International Law, 2013–2014, 1057; Hellwig MPI Collective Goods Preprint, 2014; Legrain Europe’s Bogus Banking Union, Project Syndicate, 8 April 2014; Tröger ZBB 2013, 373 = (2014) 15 EBOR 4. Vgl. auch breit zu diesen „konstitutionellen“ Fragen – und zu demokratietheoretischen Rückwirkungen – die Beiträge in: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

(CRD IV und CRR).75 Mit ihnen werden vor allem Vorgaben zu (kontinuierlich geforderter) Kapitalausstattung, Liquidität und Risikostreuung bei jedem Bankenengagement, jedoch auch zur internen Governance einer Bank (vor allem Vergütungsleitlinien und Risikomanagement) gemacht – und dies für die gesamte EU, die Eurozone ebenso wie die Nichteurozone. Dabei betrifft die direkt anwendbare Verordnung (CRR) vor allem bankaufsichtsrechtliche Anforderungen i.e.S., vor allem zu Eigenkapital und Risikogewichtung, die so technisch und zugleich zentral erschienen, dass ein Umsetzungsspielraum erst gar nicht gewährt werden sollte, es handelt sich also um eine Verordnung erster Ebene (parallel zur Richtlinie, nicht etwa Ausführungs-Verordnung), während die Richtlinie (CRD IV) ebenfalls diesen Bereich betrifft, ansonsten jedoch vor allem die Corporate Governance und die Zulassung (Marktzutritt). Entgegen dem, was der Name der Rechtsakte suggeriert, indem er die „Capital Requirements“ in den Mittelpunkt rückt, ist also das gesamte materielle Bankaufsichtsrecht in diesen beiden Rechtsakten zusammengefasst, so dass sie als das Europäische Gegenstück zum KWG erscheinen (und in die Umsetzungstabelle unten Rn 77–79 auch eingestellt werden). Nachdem die Kommission bereits Ende 2016 Änderungen für CRD IV76 und CRR77 vorgeschlagen hatte, verabschiedeten die Europäischen Gesetzgeber im Mai 2019 das sog. „Banken-Paket“, bestehend aus vier Gesetzen: CRD V78, CRR II79, BRRD II80 und SRM-VO II81. Es handelt sich nicht um Ersetzungen der alten Regelwerke, sondern lediglich um Abänderungen und Ergänzungen, die im Fall der CRR II mit 225 Seiten freilich sehr umfassend ausfallen. Die CRD V und BRRD II sind als Richtlinien erst bis zum 28. Dezember 2020 umzusetzen.82 Wenngleich

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75 Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG [„CRD IV“], ABl.EU 2013 L 176/338, sowie, als der zweite Rechtsakt zur „Ausführung“ der Basel III-Grundsätze, insbesondere derjenigen Standards, die direkt anzuwenden waren und für die eine Richtlinie unangebracht erschien: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 [„CRR“], ABl.EU 2013 L 176/1; in Deutschland umgesetzt durch Umsetzungsgesetz vom 28.8.2013, vgl. unten Fn 163. 76 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen, Brüssel 23.11.2016, COM(2016) 854 final („CRD V-Vorschlag“). 77 Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, Brüssel 23.11.2016, COM(2016) 850 final („CRR II-Vorschlag“). 78 Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen [„CRD V“], ABl.EU 2019 L 150/253. 79 Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 [„CRR II“], ABl.EU 2019 L 150/1. 80 Richtlinie (EU) 2019/879 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und der Richtlinie 98/26/EG, ABl.EU 2019 L 150/296. 81 Verordnung (EU) 2019/877 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen [„SRM-VO II“], ABl.EU 2019 L 150/226; flankierend RL (EU) 2019/879. 82 Art. 2(1) CRD V, Art. 3(1) BRRD II.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

einige wenige Bestimmungen der CRR II bereits seit dem 27. Juni 2019 unmittelbar Anwendung finden, gilt die überwiegende Mehrheit der CRR II-Bestimmungen erst ab dem 28. Juni 2021.83 Die dem institutionellen Bankabwicklungsrecht zuzuordnende SRM-VO II gilt ab dem 28. Dezember 2020.84 Inhaltlich verschärft das Banken-Paket einerseits die Eigenkapital-, Liquiditätsanforderungen (MREL und TLAC) sowie Governance-Regeln. Andererseits passt es anhand der neuen Kategorien der „kleinen und nicht komplexen Institute“ und „großen Institute“ (neuer Art. 4 Abs. 1 Nr. 145 und 146 CRR) die aufsichtsrechtlichen Pflichten aus Verhältnismäßigkeitserwägungen leicht an die Größe an.85 Während auf die materiellrechtlichen Gehalte sinnvoll nur im Zusammenspiel mit der Um- 37 setzung und für die Hauptfragestellungen jeweils getrennt eingegangen werden kann (wenn auch nur überblicksweise, vgl. unten Unterabschnitt C.), können die Hauptziele der Reform am besten anhand der Basel III-Grundsätze geklärt werden, auch auf dem Hintergrund der Entwicklung ab 2006: Mit CRD I waren – nunmehr wieder aufgeteilt in zwei Kernrechtsakte für die laufende Bankaufsicht, also die Kodifizierung von 2000 wieder aufbrechend –86 die Basel II Grundsätze87 (mit Wirkung ab 1.1.2007) umgesetzt worden. Auf den internationalrechtlichen Hintergrund ebenso wie das (in Vielem absolut prägende) internationale institutionelle Umfeld (Basel Committee, aber auch G7/G8 und ab 2008 verstärkt das Financial Stability Board) ist im 3. Abschnitt zur internationalen Einbettung noch zurückzukommen, hier soll zunächst nur die (Europäische) Gesetzgebungsentwicklung zusammenfassend nachgezeichnet werden: Schon vor Basel II und CRD I waren (wieder) „Sonderaufsichtsrechte“ für bestimmte Banktypen und -verbünde entstanden, namentlich mit Erleichterungen zur Förderung von E-Geld-Instituten88 und mit einem Regelwerk zu Finanzkonglomeraten („Allfinanz“), das eine Abstimmung zwischen den verschiedenen Aufsichtsvorgaben namentlich im Versicherungs- und Bankaufsichtsrecht gewährleisten sollte.89 CRD I hatte sich ausgezeichnet durch eine Ausweitung der bank-

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83 Art. 3(2) und (3) CRR II; abweichender Geltungsbeginn nach Art. 3(4) CRR II (28. Dezember 2020), Art. 3(5) CRR II (1. Januar 2022), Art. 3(6) CRR II (28. Juni 2023), Art. 3(7) CRR II (12 Monate nach Inkrafttreten bestimmter technischer Regulierungsstandards); eine Bestimmung gilt sogar rückwirkend seit dem 1. Januar 2019, Art. 3(8) CRR II. 84 Art. 2(2) SRM-VO II. 85 Zum Banken-Paket allgemein Arnaboldi Risk and Regulation in Euro Area Banks – Completing the Banking Union, 2019, S. 92–98; Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 60–63; Lasagni Banking Supervision and Criminal Investigation – Comparing the EU and US Experiences, 2019, S. 118–121, passim; de Tocqueville/Bonzom/Feunteun Focus sur la réforme CRR2, Revue de Droit Bancaire et Financier, N° 6, NovembreDécembre 2019, contribution 15; speziell zu VO (EU) 2019/2033 und RL (EU) 2019/2034 und der dort neu eingeführten Differenzierung nach Größen vgl. Behrens/Bauernfeind GWR 2019, 99; Wojcik ZBB 2019, 272 (277 f.). 86 Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung) [„CRD I – Banken-Richtlinie“], ABl.EG 2006 L 177/1; Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung) [„CRD I – KapitaladäquanzRichtlinie“], ABl.EG 2006 L 177/201. 87 Basel Committee on Banking Supervision International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Framework, comprehensive version (2006) (Basel II), abrufbar unter http://www.bis.org/ publ/bcbs128.htm (11. April 2019); dazu etwa Blum Working Paper Schweizerische Nationalbank 2007 (schon früh die Ermöglichung exzessiver Hebelwirkung problematisierend); ausf. Hartmann-Wendels Basel II – Die neuen Vorschriften zur Eigenmittelunterlegung. 88 Richtlinie 2000/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, ABl.EG 2000 L 275/39; heute ersetzt durch Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/ 60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG, ABl.EG 2009 L 267/7; zuletzt geändert durch CRD IV und Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG, ABl.EU 2015 L 337/35. 89 Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

aufsichtsrechtlichen Befugnisse und der Offenlegungspflichten (Säulen II und III von Basel II), vor allem jedoch durch die Änderungen bei den Mindestkapitalanforderungen, die passgenauer und gezielter auf das tatsächlich eingegangene Risiko zugeschnitten werden sollten (im Ergebnis häufig mit einer Verringerung der Eigenkapitalunterlegung, „faktische Deregulierung“, Fn 70): Risiken wurden jetzt nach Kundenbonität abgestuft gewichtet, was einer vorrangigen Herauslegung von Krediten an „schlechte“ Schuldner (bei höherem Zins) entgegenwirken sollte, jedoch i.Erg. die Abhängigkeit von Ratings (für die Bemessung der Kundenbonität) mit sich brachte ebenso wie letztlich eine Abnahme der Eigenkapitalunterlegung bei den „guten“ Kreditnehmern. Zudem sollten neben den Kredit- und den Marktpreisrisiken (bei Krediten und Anlageinstrumenten) auch die sog. operationellen Risiken, etwa durch Fehlverhalten von Händlern (wie Nick Leeson in Singapur), eigenkapitalunterlegt werden, auch letztlich als gewisser Ausgleich für das Absinken der Eigenkapitalquoten bei den Kreditrisiken (mit Abschlägen bei guter Bonität). Hinzu kam die Möglichkeit, dass jedes Kreditinstitut nach dem IRB-Ansatz („internal rating based“) sein individuelles Risikobewertungsmodell zugrunde legen konnte (vorab genehmigt und mit laufenden Offenlegungspflichten), wodurch die Eigenkapitalunterlegung umso mehr abgesenkt werden konnte, je genauer das Modell abbilden konnte, dass die tatsächlichen Risiken unter denen des Standardmodells lagen.90 Damit begünstigte das Regime (idR große) Banken mit ausgefeiltem IRB-System und wirkte konjunkturell prozyklisch (bei Abschwung Ratingverschlechterung bei den von den Instituten gehaltenen Aktiva [Kredite, Investments], was umgekehrt in Zeiten von Kapitalknappheit und dringender Kreditnachfrage alternativ die Nachkapitalisierung der Banken oder die Reduzierung des Kreditvolumens nötig machte, beides die Kapitalknappheit verschärfend). CRD I wurde daher bereits drei Jahre später wieder ersetzt: Während dann CRD II mit dem sog. Sidney Price Release nur punktuell erste Reaktionen auf die Finanzkrise umsetzte,91 bildet dann CRD III die erste Annäherung in Richtung der (erst unmittelbar danach verabschiedeten) Basel III-Grundsätze und gibt erste Antworten auf die Finanzkrise (u.a. Strafaufschläge beim Mindestkapital bei riskanten Investitionsentscheidungen; umfassen-

_____ Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl.EG 2003 L 35/1; geändert vor allem durch CRD IV sowie dann ergänzt durch Delegierte Verordnung (EU) Nr. 342/2014 der Kommission vom 21. Januar 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen Bedingungen für die Anwendung der Methoden zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen für Finanzkonglomerate festgelegt werden, ABl.EU 2014 L 100/1 und durch Delegierte Verordnung (EU) 2015/2303 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Begriffsbestimmungen und zur Koordinierung der zusätzlichen Beaufsichtigung der Risikokonzentration und der gruppeninternen Transaktionen, ABl.EU 2015 L 326/34. 90 Näher zum Basel II und zum CRD I Regime: Cluse/Engels (Hrsg.) Basel II – Handbuch zur praktischen Umsetzung des neuen Bankenaufsichtsrechts, 2005; auch noch Bieg/Krämer/Waschbusch Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 3. Aufl. 2009; Camili Basel-Brussels One Way? The EU in the Legalisation Process of Basel Soft Law, in: Chiti/Mattarella (Hrsg.) Global administrative law and EU administrative law: relationships – legal issues and comparison, 2011, S. 550; Dierick/Scheicher/Spitzer The new Basel capital framework and its implementation in the European Union, ECB Working Paper 42/2005; Gordy/Heitfield Risk-Based Regulatory Capital and Basel II, in: Berger/Molyneux/Wilson (Hrsg.) The Oxford Handbook of Banking, 2012, S. 357; Tarullo Banking on Basel: The Future of International Financial Regulation, 2008; mit der Frage nach der verbleibenden/entfallenen Relevanz seit der Krise: Buckley/Howarth Internal market: gesture politics? Explaining the EU’s response to the financial crisis, JCMS, 2010, 1. Näher insbesondere zum IRB-Ansatz: Cluse/Engels a.a.O S. 167–208 (Cluse/Stellmacher); Bieg/Krämer/Waschbusch Bankenaufsicht in Theorie und Praxis, 4. Aufl. 2011, S. 463 ff. 91 Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement [„CRD II“], ABl.EU 2009 L 302/97. Vgl. näher Hoerning Hybrides Kapital im Jahresabschluss – zugleich zum Begriff des Eigenkapitals in Insolvenzrecht, Bankaufsichtsrecht und Ratingmethodik, 2011, S. 162–173.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

derer Risikoansatz von komplexen Verbriefungen),92 eine Zielsetzung, die allerdings erst mit CRD IV als flächendeckendem Rechtsakt zur laufenden Bankaufsicht (vorige Rn) umfassend und (bis auf Weiteres) abschließend umgesetzt wurde. Insbesondere die faktisch deregulierende Wirkung der Zulassung interner Risikobewertungsmodelle, die schon mit den Basel III Grundsätzen und CRD IV zurückgedrängt werden sollte, wird freilich nach Vorschlägen des Baseler Ausschusses in naher Zukunft noch geschärft und zahlenmäßig klar umrissen: Solche Modelle dürfen dann nur noch zu einer Absenkung auf höchstens 72,5 % desjenigen Ergebnisses führen, das sich bei Anwendung des Standardsmodells ergäbe (inoffiziell „Basel IV“).93 Die Ziele, die mit der Verabschiedung der Basel III Grundsätze als der zentralen Reaktion 38 auf die Finanzkrise (Verabschiedung Dezember 2010) und dann mit der Umsetzung in CRD III und vor allem CRD IV verfolgt wurden, lassen sich folgendermaßen umreißen:94 Der Fokus liegt ganz auf der dauerhaften Stärkung der Kapitalquoten und der Reduktion prozyklischer Effekte im Krisenfall: der Stärkung vor allem des harten Kernkapitals, das nur noch eingezahltes Gesellschaftskapital und Gewinnrücklagen umfassen darf95 und schrittweise bis zum 1.1.2019 auf 4,5% anwachsen musste, wozu dann ein Kapitalerhaltungspuffer von (ab 1.1.2019) 2,5% kommen muss, der zwar nicht zwingend vorgeschrieben ist, dessen Anhäufung aber Voraussetzung für die Auszahlung von Dividenden, Tantiemen und die Durchführung von Aktienrückkaufprogrammen ist. Freilich sind die genannten Auszahlungen und Programme zu wichtig, als dass Banken bei stabiler Konjunktur auf den Aufbau dieses weiteren Puffers wirklich verzichten könnten, so dass im Regelverlauf das Kernkapital mindestens 7% beträgt. Mit anderen Worten: Dieser zusätzliche Kapitalpuffer soll bei starker Konjunktur angesammelt werden und dann auch dauerhaft vorliegen, um umgekehrt bei zyklisch bedingter Kapitalknappheit überbrückungsweise aufgebraucht

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92 Richtlinie 2010/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik [„CRD III“], ABl.EU 2010 L 329/3. 93 Zur derzeitigen Rechtslage in dieser Frage vgl. Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 59–63. Zu den Reformvorschlägen näher: Kasprowicz/Poschmann Vollendung von Basel III – neue Verfahren zur Ermittlung der RWA, Kreditwesen 2018, 236. Zur Abkehr von der Maßgeblichkeit externer Ratings vgl. etwa Bauerfeind WM 2015, 1743; ders. BKR 2017, 187. 94 Basel Committee on Banking Supervision Basel III: A Global Regulatory Framework for More Resilient Banks and Banking Systems, 2010. Näher insbes. Art. 26 Abs. 1, Art. 28 CRR sowie Art. 36 ff. CRR [Abzüge]; zum Basel III Regime „authentische“ Interpretationen vor allem in: Basel Committee on Banking Supervision, Basel III: International framework for liquidity risk measurement, standards and monitoring, 2010; Basel Committee on Banking Supervision Basel III: The liquidity coverage ratio and liquidity risk monitoring tools, 2013; Basel Committee on Banking Supervision Basel III: Leverage ratio framework and disclosure requirements, 2013; Deutsche Bundesbank Basel-III Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, 2011; Deutsche Bundesbank Die Umsetzung von Basel III in europäisches und nationales Recht, Monatsbericht Juni 2013; sowie Erläuterungen in Buchmüller/Engelbach/ Elbracht/Beekmann/Puppe Eigenmittelregulierung, in: Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, § 7; Gleeson Gleeson on the International Regulation of Banking, S. 53 ff., 77 ff.; BankR-Hdb/Haug § 133a; Becker/Böttger/Ergün/Müller Basel III und die möglichen Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung, DStR 2011, 375; Hartmann-Wendels ZfBF 67 (2013) 72; Nodoushani Stille Einlagen im Lichte von Basel III, ZIP 2011, 1995; Paul/Stein/Kaltofen DStR 2013, 1849; Ayadi/Arbak/De Groen Implementing Basel III in Europe – Diagnosis and avenues for improvement, CEPS Policy Brief No. 275, 2012; Goldstein The EU’s implementation of Basel III: A deeply flawed compromise, VoxEU column, 2012. http://www.voxeu.org/article/eu-s-implementation-basel-iii-deeplyflawed-compromise; auch Babis Single Rulebook for Prudential Regulation of Banks: Mission Accomplished? Legal Studies Research Paper Series, University of Cambridge, Paper No. 37/2014; Quaglia European Union and Global Financial Regulation, S. 43–46 (zu Basel III) und 46–50 (Übernahme in EU); die Regime vergleichend, wenn auch leider sehr unübersichtlich: Duthel Basel I, II, III, Kapital – Kreditrisiko/Vergabe, 2013. 95 Zur Diskussion (in Deutschland), ob stille Reserven hierunter fallen, vgl. Nodoushani ZIP 2011, 1995; BankRHdb/Winterfeld § 124a Rn 237; das harte Kernkapital ist seitdem in Art. 26 CRR geregelt, nicht mehr in § 10 KWG, zu diesem alten Regime: Boos in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl. 2012, § 10 KWG Rn 77. Zum Ausschluss von sog. Hybridkapital: BankR-Hdb/Winterfeld § 124a Rn 235.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

werden zu können (und im späteren Verlauf aufs Neue aufgebaut zu werden).96 Aufsichtsbehörden können zudem situationsabhängig (im Einzelfall) noch einen weiteren antizyklischen Kapitalpuffer fordern (bis 2,5% seit 1.1.2019).97 Gegenüber Kernkapitalquoten, die durch Einrechnung von Hybridkapital in vielen Fällen nur aus ca. 2,5% an Gesellschafterkapital und Gewinnrücklagen bestanden, bedeutet all dies idR eine Verdreifachung der Ausstattung mit Gesellschafterkapital und Gewinnrücklagen.98 Da zugleich der Mindestkapitalquotient (mangels Sonderaufschlägen wie etwa dem Puffer für systemische Risiken, vgl. unten) weiterhin bei 8% des gewichteten Risikos liegt (Art. 92 Abs. 1 lit. c CRR), ist der Kernkapitalanteil aus eingezahltem Kapital + Gewinnrücklagen ungleich höher geworden im Vergleich zum Ergänzungskapital, das nötig wird um diese Schwelle zu erreichen. Weitere Instrumente treten hinzu, auch zur stärkeren Vorsorge gegenüber Liquiditätsengpässen, zur Verbesserung der Qualität auch des Ergänzungskapitals mit einer besseren Ausgestaltung der Präventionsanreize (Verlustteilnahme nicht erst in der Insolvenz, sondern dauerhaft während des laufenden Geschäfts, vgl. Art. 63 CRR), aber auch die stärkere Risikogewichtung komplexer Instrumente (dazu näher unten Erster Teil Rn 97 f.). Nicht bereits in den Basel III Grundsätzen verankert sind einige Instrumente, die im Europäischen Regime prominent hinzutreten: namentlich Organisationsanforderungen, die bei der Vergütung Risikoanreize zurückdrängen, risikoorientierte Strategien zudem mit weiteren Kapitalaufschlägen belegen und für systemrelevante Institute, bei denen das „Too Big to Fail“-Risiko höher ist, weitere „systemische“ Kapitalaufschläge vorsehen (dazu näher unten Erster Teil Rn 97 f.). Insgesamt wird vor allem auf ein Bündel aus höherer Kernkapitalquote und Stärkung der antizyklisch wirkenden Instrumente (und Abbau der prozyklisch Wirkenden) gesetzt, ergänzt (vor allem im Europäischen Regime) um Instrumente, die Anreizen für risikoorientierte Investitionsentscheidungen entgegenwirken sollen, sowohl bei den Entscheidungsträgern als auch für das ganze Unternehmen. Dennoch wurde die Frage gestellt, ob nicht die Mindestkapitalquote (von weiterhin 8%) signifikant höher angesetzt werden müsste, um „sichere Banken“ zu gewährleisten, wogegen freilich eingewandt wird, dass dies auch die Kredite signifikant verteuere.99

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96 Zu diesem Instrument BankR-Hdb/Haug § 133a Rn 46–48; Gleeson Gleeson on the International Regulation of Banking, S. 85–88; auch Paul/Stein/Kaltofen DStR 2013, 1849; Marchesi/Giudici/Cariboni/Zedda/Campolongo Macroeconomic cost-benefit analysis of Basel III minimum capital requirements and of introducing deposit guarantee schemes and resolution funds, JRC Scientific and Policy Reports, 2012; auch Ayadi/Arbak/De Groen CEPS Policy Brief No. 275, 2012; Quaglia European Union and Global Financial Regulation, S. 43; sowie Nachw nächste Fn. 97 Zu diesem Instrument BankR-Hdb/Haug § 133a Rn 49–51; Gleeson Gleeson on the International Regulation of Banking, S. 88 f.; auch Paul/Stein/Kaltofen DStR 2013, 1849; Grosse/Schumann Cyclical behavior of German banks’ capital resources and the countercyclical buffer of Basel III, 34 European Journal of Political Economy (Supplement Juni) 2014, S. 40; Saurina The Countercyclical Capital Buffer of Basel III: A Critical Assessment, CEPR Working Papers 2011; sowie (auch noch teils zum Kapitalerhaltungspuffer): Agur/Sharma Rules, discretion and macroprudential policy, in: Huang/Schoenmaker (Hrsg.) Institutional Structure of Financial Regulation – Theories and International Experiences, 2015, S. 40 (bes. 57); Freixas/Laeven/Peydró Systemic Risk, Crises, and Macrorprudential Regulation, 2015, S. 274, 339; Gersbach Banking on the average: A new way to regulate banks, in: Danielsson (Hrsg.) Post-Crisis Banking Regulation, 2015, S. 59; Grosse/Schumann Cyclical behaviour of German banks’ capital resources and the countercyclical buffer of Basel III, European Journal of Political Economy, 2014, 40; Kowalik Countercyclical capital regulation – should bank regulators use rules or discretion? Federal Reserve Bank of Kansas City Economic Review, 2011, 63. Umgekehrt wird IAS 39 überarbeitet, der mit seinem Verbot von Rückstellungen für drohende Verluste gerade diese Pufferbildung durch autonome Entscheidung des Kreditinstituts unterband, vgl. Schubert in Beck’scher Bilanzkommentar, 9. Aufl 2014, HGB § 249 Rn 338. 98 Zu dieser Rechnung, auch im Vergleich der verschiedenen Regime, näher: BankR-Hdb/Winterfeld § 124a Rn 227 ff. 99 Vgl. einerseits Admati/Hellwig Des Bankers neue Kleider; Admati/DeMarzo/Hellwig/Pfleiderer Fallacies, Irrelevant Facts and Myths in the Discussion of Capital Regulation – Why Bank Equity is Not Expensive, Stanford University Working Paper 86/2010; andererseits Kaserer, Auswirkungen der CRD IV auf die Unternehmensfinanzierung, Studie im Auftrag der vbw, München 2012; Zamil The illusion of bank capital, in: Danielsson (Hrsg.) Post-Crisis Banking Regulation, 2015, S. 49; differenzierend Paul/Stein/Kaltofen DStR 2013, 1849; vgl. auch Bauer/Schuster (Hrsg.) Nachhaltigkeit im Bankensektor; Lo Schiavo Financial stability in EU law.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

3. Materielles Recht der bankaufsichtlichen Sanierung und Abwicklung (mit Einlagen- 39 sicherung). Die größte Neuerung im Europäischen Bankaufsichtsrecht im Gefolge der Finanzkrise – neben der Verlagerung der Aufsichtskompetenz auf die EU-Ebene („Europäische Bankenunion“) – bildet die Schaffung eines Europäisch harmonisierten Sanierungs- und Abwicklungsrechts für Banken, also eines Gesellschaftsrechts der Krise und eines Insolvenzrechts speziell für Banken, durch die Bankensanierungs- und -abwicklungs-Richtlinie – Banking Recovery and Resolution Directive (BRRD).100 Sie wurde taggleich mit der SRM-VO (zur Kompetenzverlagerung auf die EU-Ebene, unten Erster Teil Rn 49) verabschiedet, fällt also in die jüngste Reformphase (ab Mitte 2012). Die BRRD bildet damit zugleich auch den einzigen Harmonisierungsakt (für die gesamte EU), der nicht nur reformiert wurde, sondern überhaupt erst nach der Finanzkrise, im Rahmen der breiten bankaufsichtsrechtlichen Reform in der EU, erstmals aufgelegt wurde: Zuvor gab es kein harmonisiertes Regime der Bankensanierung und -abwicklung. Schon Anfang des Jahrtausends war freilich mit der Bankensanierungs- und -liquida- 40 tions-Richtlinie 2001/24/EG – im Zusammenhang mit der Kodifizierungs-Richtlinie (oben Erster Teil Rn 32) – eine internationalkompetenzrechtliche Regelung eingeführt worden.101 Sie freilich regelte nicht das materielle Bankensanierungs- und -abwicklungsrecht, sondern allein die Zuständigkeiten und auch dies nicht sehr weitgehend: Für Zweigniederlassungen sollte (auch im Zusammenhang mit Sanierung und Abwicklung) die für das Mutterhaus zuständige Behörde zuständig bleiben. Das materielle Recht blieb damals freilich nationales Recht. Kerngehalte sind auch für diesen Komplex – wieder im Verbund mit dem nationalen Umset- 41 zungsrecht – unten aufzugreifen. Hauptgehalte und -ziele der BRRD sind: Schon als Teil der laufenden Aufsicht werden die Institute verpflichtet, Sanierungs-, und spiegelbildlich die Ausichtsbehörden, Abwicklungspläne für den Sanierungs- und den Insolvenzfall aufzustellen (vgl. Art. 5 ff. und 10 ff. BRRD), nach denen zu agieren ist, sobald diese Fälle eintreten (sog. „living wills“). Die Pläne sind jeweils fortzuschreiben und sollen Planbarkeit für alle Beteiligten und

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100 Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates [BRRD], ABl.EU 2014 L 173/190; zuletzt geändert durch Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts, ABl. 2017 L 169/46 und Richtlinie (EU) 2017/2399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge, ABl. 2017 L 345/96 und ergänzt durch Delegierte Verordnung (EU) 2018/344 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien für die Methoden zur Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung bei der Abwicklung, ABl. 2018 L 67/3, Delegierte Verordnung (EU) 2018/345 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Instituten oder Unternehmen, ABl. 2018 L 67/8, und Delegierte Verordnung (EU) 2019/348 der Kommission vom 25. Oktober 2018 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien, anhand deren die Auswirkungen eines Institutsausfalls auf die Finanzmärkte, auf andere Institute und auf die Finanzierungsbedingungen zu bewerten sind, ABl. 2019 L 63/1. 101 Richtlinie 2001/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. April 2001 über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten, ABl. 2001 L 125/15 (mit Änderungen durch die BRRD); dazu etwa Wessels in: Moss/Wessels/Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S. 61 ff.; in Deutschland ursprünglich umgesetzt durch das Gesetz zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten vom 10.12.2003, BGBl. 2003 I. S. 2478 (seit 1.1.2016 außer Kraft) und nunmehr durch das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2091), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3171) geändert worden ist.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

zügige Entscheidungsfindung im Krisenfall verbürgen. Für den Insolvenzfall – und im Abwicklungsplan bereits ausgearbeitet, nunmehr freilich durch die Aufsichtsbehörde (auch inhaltlich) festgesetzt – werden Aktionäre und Gläubiger nach einer voretablierten Rangordnung an den Verlusten des Instituts beteiligt (sog. „bail-in“), zudem wird ihre Insolvenzquote und Rangordnung im einzelnen geregelt (mit entsprechenden Modifikationen im nationalen Insolvenzrecht). Kernziel ist es also, einerseits ein geregeltes Abwicklungsverfahren überhaupt europaweit bereitzustellen, andererseits dieses jedoch präventiv und planbar jeweils schon während des laufenden Geschäfts festzulegen und solchermaßen auch Abweichungen früh zu erkennen und schnell darauf reagieren zu können.102 Mit diesem zweiten Zielebündel sollen zum einen Steuerzahler entlastet werden, zum anderen jedoch die an ihrer Stelle belasteten Bankanleger und -einleger angehalten werden, allzu risikoorientierte Strategien der Kreditinstitute zu disziplinieren.103 Mit der Abwicklung eng verknüpft ist das Einlagensicherungsregime. Mit diesem wird 42 zum einen die Bevorzugung bestimmter Gläubiger gegenüber anderen – wie auch im Abwicklungsregime – verfolgt, und solchermaßen ist das Einlagensicherungsregime essentieller Baustein dafür, dass in der Bankenkrise die Gefahr eines Bankenrun minimiert wird (Absicherung derjenigen Kundengruppen, von denen diese Gefahr am unmittelbarsten ausgeht),104 zugleich ein Baustein sozialer Absicherung von Kleineinlegern (und dies alles, obwohl mit diesem Regime der Anreiz, das Kreditinstitut [auch] nach seiner Solvabilität auszuwählen, reduziert oder [bei den privilegierten Gruppen] eliminiert wird). Dies erklärt, dass dieser Teil des Aufsichtsrechts für Bankenkrisen auch als erster Europäisch geregelt wurde, nach dem Gesagten erstmals 1994 (oben Erster Teil Rn 32). Kerngehalt des Regimes ist (bis heute) die Absicherung bestimmter Einlegergruppen (Privateinleger und KMU), bei denen auch eine solvabilitätsorientierte Auswahl des Kreditinstituts nicht zu erwarten ist, für Einlagen (im Gegensatz zu Investments in Instrumente der Bank)105 bis zu einer bestimmten Höhe – mit dem genannten Ziel. Die wichtigste Reform – namentlich mit sukzessiver Anhebung des Umfangs der Absicherung von anfangs 20.000 € Einlagen bis heute 100.000,– € Einlagen – erfolgte 2009.106 Wenig später jedoch scheiterte ein erster Versuch der Vergemeinschaftung der Administration, es blieb bei einer wenig weitreichenden Reform des Harmonisierungsbestandes in diesem Bereich.107 Es blieb bis auf

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102 Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (670); Armour ecgi Law Working Paper N° 244/2014; Freixas/Laeven/Peydró Systemic Risk, Crises, and Macrorprudential Regulation, 2015, S. 339; Hüpkes ‚Living Wills‛ – An International Perspective, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery, S. 71. 103 Speziell zu diesem (doppelten) Ziel der Verschiebung der Lasten von Steuerzahlern auf Bankanleger und einleger und der damit einher gehenden besseren Anreizsetzung, vgl. etwa Stellungnahme der Bundesregierung vom 28.11.2014, abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/07/2014–07–09-kabinettmassnahmenpaket-bankenunion.html; Kronberger Kreis Europäische Bankenunion … Prinzip Haftung, S. 5 und 25; Bruni European Banking Union and Market Discipline, in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 63 (65–67); Grünewald Resolution of cross-border banking crises; Gros/Schoenmaker 52 JCMS 529 (2014). 104 Ausf. dazu Kleftouri Deposit Protection and Bank Resolution, Kapitel 1; vgl. ferner Sethe in: Assmann/Schütze (Hrsg.) Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl 2015, § 26 Rn 6, 9 ff.; BankR-Hdb/Kolassa § 138 Rn 5; MünchKommHGB/Böcking/Gros/Torabian Vorbem. zu §§ 340f, 340g Rn 6 ff.; Morra in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 145 (146); zur Kritik, dass eine Einlagensicherung Teil des (Europäischen!) Abwicklungsmechanismus sein müsste, mit diesem verzahnt (und dann natürlich auch vergemeinschaftet), wie dies etwa in den USA (mit der Federal Deposit Insurance Company, FDIC) der Fall ist: Aizenman, US Banking over two centuries: Lessons for the Eurozone crisis, in: Beck (Hrsg.) Banking Union, 129–135; Gros/Schoenmaker 52 JCMS 529 (2014); Weder di Mauro Zahnlos? in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), WiSo-Diskurs: Die Bankenunion – Wer zahlt die Zeche? 6/2013, S. 18 (19). 105 Zu dieser Abgrenzung zwischen Anlagen und Einlagen vgl. etwa Sethe (vorherige Fn) § 26. 106 Richtlinie 2009/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 zur Änderung der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme im Hinblick auf die Deckungssumme und die Auszahlungsfrist, ABl. 2009 L 68/3; vgl. Hissnauer Reform der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung in Deutschland. 107 Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme, ABl.EU 2014 L 173/149; vgl. Kleftouri Deposit Protection and Bank Resolution.

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weiteres bei der Absicherung durch nationale (teils, wie in Deutschland, auch innerstaatlich nochmals nach Institutsgruppen aufgegliederte) Einlagensicherungsfonds, aus denen im Falle einer Bankeninsolvenz die genannten Einlagen gewährleistet sein müssen (ergänzt um eine Vorzugsstellung dieser Gruppen auch in der [weiteren] Masseverteilung nach der 2. Säule). Die EU-Kommission nahm den Prozess einer Vergemeinschaftung jedoch mit einem Verordnungsvorschlag von 2015 wieder auf, bei Grundsatzbedenken seitens Mitgliedstaaaten dahingehend, bestehende Risiken erheblichen Umfangs einem gemeinschaftschaflichem System zu unterstellen, weswegen Fortschritte beim Abbau von sog. Non-performing Loans (NPL) im Euroraum die Dynamik potentiell ändern.108 4. Ausführungsgesetzgebung und Single Rulebook. Auf beide Bereiche – die laufende 43 Bankaufsicht ebenso wie die bankaufsichtliche Sanierung und Abwicklung – bezogen sind diejenigen Regelungsinstrumente und -techniken, die eingesetzt werden, um auf der Grundlage des harmonisierten Regelbestandes auch im Einzelfall eine tatsächlich einheitliche verwaltungsmäßige Anwendung in ganz Europa zu gewährleisten oder jedenfalls zu befördern: a) Ausführungsgesetzgebung („Lamfalussy-Verfahren“). Seit Anfang der 2000er Jahre 44 werden im Bank- und Kapitalmarktrecht Richtlinienvorgaben schon auf EU-Ebene nach dem sog. Lamfalussy-Verfahren weiterdifferenziert ausgestaltet.109 Damit soll – durch ein dichter gespanntes Normnetz – tatsächliche – oder doch weitergehende – Einheit beim Normbestand und – etwa durch Reduktion von Ermessensspielräumen – auch bei der Anwendung im Einzelfall gefördert werden. Das wird gerade im Finanzrecht als besonders wichtig angesehen, um einen einheitlichen Europäischen Kapital- und Bankenmarkt zu befördern. Nach dem Lamfalussy-Verfahren werden auf (der ersten, der) Richtlinienstufe (im Prinzip) nur die Grundsätze ausformuliert, die freilich im Falle vieler Richtlinien – ursprünglich vor allem der MIFID von 2004, heute aber gleichermaßen der CRD IV – schon sehr detailliert ausfallen. Auf einer zweiten Stufe werden – ungleich dichter getaktet und auch mit besonderem Gewicht von technokratischer Expertise – diese

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108 Vgl. wieder Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagensicherungssystems vom 25.11.2015, COM(2015) 586 final – abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/ legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52015PC0586). Zu der beschriebenen Entwicklung und den Inhalten Berichterstattung etwa in: http://www.deutschlandfunk.de/abschreibung-fauler-eu-kredite-stolpersteine-auf-demweg.766.de.html?dram:article_id=413001); zu den Inhalten noch näher unten Rn 51. Während der EDIS-Vorschlag noch im Trilog diskutiert wird, plädiert ein jüngster deutsch-französischer Vorschlag aus der Wissenschaft u.a. für eine abgestufte Vergemeinschaftung der Einlagensicherung: Bénassy-Quéré/Brunnermeier/Enderlein et al. Reconciling risk sharing with market discipline – A constructive approach to euro area reform (Franco-German proposal for Euro-area reform), CEPR policy insight no. 1/2018. 109 Zu diesem Verfahren vgl. etwa: Binder Bankenaufsicht als Mehrebenensystem, in: Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, § 1 Rn 11–19; Chatzimanoli Law and governance in the institutional organisation of EU financial services – the Lamfalussy procedure and the single supervisor revisited, 2008 (PhD thesis EUI); Chiti In The Aftermath of the Crisis: The EU Administrative System Between Impediments and Momentum, EUI Working Paper LAW 2015; Ferrarini Contract Standards and the Markets in Financial Instruments Directive (MiFID) – An Assessment of the Lamfalussy Regulatory Architecture, ERCL 2005, 19 (kritisierend, dass auf Richtlinienebene im Falle der MIFID keineswegs nur von „Grundzügen“ gesprochen werden kann); Möllers Europäische Methoden- und Gesetzgebungslehre im Kapitalmarktrecht. Vollharmonisierung, Generalklauseln und soft law im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens als Mittel zur Etablierung von Standards, ZEuP 2008, 480; Schmolke Der Lamfalussy-Prozess im Europäische Kapitalmarktrecht – eine Zwischenbilanz, NZG 2005, 912; ders. Die Einbeziehung des Komitologieverfahrens in den Lamfalussy-Prozess – Zur Forderung des Europäischen Parlaments nach mehr Entscheidungsteilhabe, EuR 2006, 432; Hupka Kapitalmarktaufsicht im Wandel – Rechtswirkungen der Empfehlungen des Committee of European Securities Regulators (CESR) im deutschen Kapitalmarktrecht, WM 2009, 1351; Rötting/Lang Das Lamfalussy-Verfahren im Umfeld der Neuordnung der europäischen Finanzaufsichtsstrukturen, Entwicklung und Ablauf, EuZW 2012, 8; allgemeiner Karpf Der Lamfalussy-Prozeß – Bestandsaufnahme und Ausblick, ÖBA 2005, 573.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Vorgaben (zusätzlich) verfeinert, im Fall der CRD IV durch die unten aufgelisteten Durchführungsrechtsakte, die (allein) von der EU-Kommission auf der Grundlage von Vorarbeiten professionell besetzter Beratungsorgane oder -institutionen erlassen werden, im Falle von CRD IV vor allem der EBA. Seit der Reform von 2010 und mit den neuen Regulierungsagenturen (EBA sowie ESMA und EIOPA) ist auch für die Ausführung des CRD IV-Pakets bzw. der BRRD (mit EBA) zu unterscheiden zwischen (bindenden) Technical Standards, (nicht bindenden) Guidelines und reinen „Questions & Answers“. Die letzten gibt die EBA heraus (unter Mitwirkung der EU-Kommission), während die Ausführungsgesetzgebung in der Hand der EU-Kommission liegt, auf Vorschlag der EBA, teils auch ohne diese (vgl. etwa Art. 460 CRR), aber mit einem Vetorecht von Rat und Parlament (als delegierte oder durchführende Rechtsakte nach Art. 290 oder 291 AEUV). Besonders einflussreich bei den Gesetzgebungsmaßnahmen ist das Repräsentationsorgan der Mitgliedstaaten, das European Banking Committee. Die dritte und vierte Stufe betreffen dann die Umsetzung (und Verbürgung von Einheitlichkeit hierbei) und die Überprüfung derselben. Zur Auslegung der Richtlinie und der Durchführungs-Rechtsakte sind dann ebenfalls noch wichtig die – Gerichte freilich nicht bindenden – bereits erwähnten Erläuterungen seitens der EBA. 45 Die wichtigsten Ausführungsakte zur laufenden Aufsicht (CRD IV-Paket) sind:110 – Änderungsrechtsakte: – Delegierte Verordnung (EU) 2015/62 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Verschuldungsquote, ABl. 2015 L 11/37, – aus derzeit [30.4.2019] 11 von EUR-LEX aufgelisteten delegierten Verordnungen:111 – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 525/2014 der Kommission vom 12. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Definition des Terminus „Markt“, ABl. 2014 L 148/15, – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 527/2014 der Kommission vom 12. März 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Bezeichnung der Klassen von Instrumenten, die die Bonität eines Instituts unter der Annahme der Unternehmensfortführung angemessen widerspiegeln und die für eine Verwendung zu Zwecken der variablen Vergütung geeignet sind, ABl. 2014 L 148/21, – Delegierte Verordnung (EU) Nr. 342/2014 der Kommission vom 21. Januar 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen die Bedingungen für die Anwendung der Methoden zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen für Finanzkonglomerate festgelegt werden, ABl. 2014 L 100/1, – aus derzeit [30.4.2019] 10 verabschiedeten Durchführungsrechtsakten:112 – Durchführungsbeschluss der Kommission vom 12. Dezember 2014 über die Gleichwertigkeit der aufsichtlichen und rechtlichen Anforderungen bestimmter Drittländer und Gebiete für die Zwecke der Behandlung von Risikopositionen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. 2014 L 359/155,

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110 Vgl. Übersichten unter den unten Fn 115 f. genannten Adressen (mit weiterer Erklärung). Siehe auch tabellarische Übersicht unter Rn 77 sowie Grafik/Liste bei Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 43–46. 111 Letzte delegierte VO vom 24.10.2016, vgl. https://eur-lex.europa.eu/search.html?DB_DELEGATED=32013 L0036&qid=1556542223761&DTS_DOM=ALL&type=advanced&lang=de&SUBDOM_INIT=ALL_ALL&DTS_SUBDOM= ALL_ALL&page=1. 112 Letzter Durchführungsakt vom 15.2.2019, vgl. https://eur-lex.europa.eu/search.html?qid=1556542342889& DTS_DOM=ALL&type=advanced&DB_IMPLEMENTING=32013L0036&lang=de&SUBDOM_INIT=ALL_ALL&DTS_SUB DOM=ALL_ALL.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens















Durchführungsverordnung (EU) Nr. 650/2014 der Kommission vom 4. Juni 2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für das Format, den Aufbau, das Inhaltsverzeichnis und den Zeitpunkt der jährlichen Veröffentlichung der von den zuständigen Behörden gemäß der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zu veröffentlichenden Informationen, ABl. 2014 L 185/1, Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1423/2013 der Kommission vom 20. Dezember 2013 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Offenlegungspflichten der Institute in Bezug auf Eigenmittel gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. 2013 L 355/60.

Die wichtigsten Ausführungsakte zur Sanierung und Abwicklung (BRRD) sind: 46 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen, ABl. 2015 L11/44, Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird, ABl. 2016 L184/1, Delegierte Verordnung (EU) 2016/1400 der Kommission vom 10. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Mindestbestandteile eines Reorganisationsplans und des Mindestinhalts der Berichte über die Fortschritte bei der Durchführung eines Reorganisationsplans, ABl. 2016 L228/1, Delegierte Verordnung (EU) 2016/1401 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für Methoden und Grundsätze der Bewertung von aus Derivaten entstehenden Verbindlichkeiten, ABl. 2016 L228/7, Delegierte Verordnung (EU) 2016/1450 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Festlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, ABl. 2016 L237/1.

b) Single Rulebook zur Bankaufsicht. Noch weiter als diese EU-Ausführungsgesetzgebung 47 geht das Konzept eines Single Rulebook, das als solches vor allem im Gefolge der Zahlungsdienste-Richtlinie von 2007 ausgebildet wurde und Anwendung fand. Vielfach wird das Rulebook zur laufenden Bankaufsicht sowie zur Bankensanierung und -abwicklung gar als die vierte Säule einer Bankenunion gesehen.113 Anders als bei SSM, SRM (oder auch der bisher nicht reali-

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113 So nennt etwa das Österreichische Parlament (auf der Grundlage des sog. Vier-Präsidenten-Papiers 2012 [EU/EZB/IWF/Eurogruppe]) folgende Struktur (http://www.parlament.gv.at/PERK/GL/EU/B.shtml): Die Bankenunion umfasst (i) den einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM), (ii) den einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, SRM), (iii) die harmonisierte Einlagensicherung und (iv) das „Single Rulebook“.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

sierten Vergemeinschaftung der Einlagensicherungssysteme) handelt es sich beim Single Rulebook jedoch nicht um ein (weiteres) Rechtsgebiet oder -problem, sondern um ein – die Idee des Lamfalussy-Verfahrens aufnehmendes – Regelungskonzept, das Einheit in der Einzelfallanwendung befördern oder verbürgen soll – ein Regelungskonzept, das schon in anderen Bereichen des Bankrechts Verwendung fand.114 Stets soll die Verlässlichkeit und Einheitlichkeit in der praktischen Implementierung und Anwendung gesteigert und dies auch überprüft werden: Das Single Rulebook enthält – neben den Sekundärrechtsakten selbst – die genannten Durchführungsregelwerke (Tertiärrechtsakte) für die einheitliche Anwendung des CRD IV/CRR-Regulierungspakets (oben 2.) bzw. des BRRD-Regulierungspakets (oben 3.) sowie weitere Leitlinien. Auf der Grundlage dieser – EU-weit geltenden – EU-Verordnungen und -Richtlinien soll eine europaeinheitliche praktische Durchführung zwischen den Institutionen des Kreditwesens, namentlich den Aufsichtsbehörden, gewährleistet werden. Es handelt sich gleichsam um ein Handbuch einheitlicher praktischer Verfahrensweise („Aufsichtshandbuch“). Daher auch ist – soweit es über die genannten Durchführungsregelwerke der EU-Kommission (vorige Rn) noch hinausgeht – für die Ausarbeitung die EBA zuständig, namentlich für die Erstellung der Leitlinien, Empfehlungen und Q&As (wie auch für diejenige des Single Handbook, welches das Rulebook ergänzt),115 und nicht die EZB oder der SRB als die zentralen Trägerinstitutionen in der (grds. auf die Eurozone beschränkten!) Europäischen Bankenunion (vgl. dazu dann unten II.). Dennoch erscheint das Konzept eines Single Rulebook jedenfalls in der Zielsetzung mit denen der Europäischen Bankenunion verbunden: Nicht nur erscheint die Notwendigkeit, dass sich der Rechtsanwender auf eine einheitliche Regelgrundlage stützen muss, am größten, wenn es sich um eine einzige Institution handelt wie die EZB (vgl. freilich Art. 4 Abs. 3 SSM-VO). Auch wird mit der Zuordnung der Aufsichtsbefugnisse an eine EU-Institution und mit der Ausarbeitung eines Single Rulebook das gleiche oder jedenfalls ein vergleichbares Ziel verfolgt: volle Einheitlichkeit auch in der verwaltungsmäßigen Anwendung. Denn das Rulebook soll so detailliert sein, dass es Abweichungen und unterschiedliche Ermessensentscheidungen weitestgehend zurückdrängt. Als eine (vorweggenommene) Bankaufsichtspraxis, die sich in Verwaltungsanweisungen manifestiert, erstreckt das Rulebook die Idee der Vollintegration auf Regelsetzungs- und Anwendungsebene (vgl. unten Erster Teil Rn 49 ff.) auf die gesamte EU. Durch die Kompetenzzuteilung nicht nur an die EU-Kommision für die delegierten und die Durchführungsregeln, sondern auch an die EBA für die (Anwendungs-)Leitlinien, Empfehlungen und Q&As, also jeweils an EUInstitutionen (nicht solche allein der Eurozone), wird die Grundidee für die Einrichtung der Europäischen Bankenunion ansatzweise auf die ganze EU erstreckt. Zudem ist auf Grund des überragenden Gewichts der EZB – institutionell, im Umfang des beaufsichtigten Volumens, aber auch allein schon von der um ein Vielfaches größeren Mitarbeiterstärke her – mittel- und langfristig ein erheblicher Einfluss dieser Institution und ihrer Praxis auf die Ausarbeitung des Single

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114 Für ein zentrales weiteres Beispiel, das Kompendium von Rulebooks für die wichtigsten Zahlungsverkehrsinstrumente, vgl. unten Dritter Teil Rn 84–86, 152, 348 et passim. 115 Vgl. Definition BaFin-Webseite: “Das Single Rulebook harmonisiert das europäische Bankenaufsichtsrecht und ist für alle 28 Mitgliedstaaten der EU anwendbar. Es besteht aus verschiedenen Gesetzen und Verordnungen … Wesentliche Bestandteile dieses einheitlichen Regelwerks sind: die CRR (Capital Requirements Regulation) und die CRD IV (Capital Requirements Directive IV), … die Bestimmungen der Bankensanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (BRRD) und der überarbeiteten Einlagensicherungsrichtlinie (DGSD), die Technischen Regulierungs-/Durchführungsstandards, die die Europäische Kommission auf dieser Grundlage erlassen hat oder noch erlassen wird, die Leitlinien beziehungsweise Empfehlungen der EBA (Europäische Bankenaufsichtsbehörde).“ [abrufbar unter: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/ EUBankenaufsicht/SingleRulebook/single_rulebook_artikel.html]. Zu dieser Kompetenz und zum Rulebook vgl. namentlich Moloney (2013) 62 International and Comparative Law Quarterly 955; U. Schneider Inconsistencies and Unsolved Problems in the European Banking Union, (2013) 13 European Journal of Business Law 441; zur Rechtswirkung und Konzeption dieser Instrumente ausführlich Dicksehen Empfehlungen und Leitlinien als Handlungsform der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Rulebook zu erwarten und bereits zu fühlen. Der Hauptunterschied zwischen Bankaufsicht innerhalb und außerhalb der Eurozone liegt dann nicht mehr in der Einheitlichkeit der Anwendung der technischen Standards (niedergelegt im Rulebook) auch im Einzelfall, sondern in der Institution, die die Aufsicht führt: in dem einen Fall die Institution auf supranationaler Ebene, in dem anderen (noch) eine nationale Behörde. Die wichtigsten Gehalte des Single Rulebook für die laufende Bankaufsicht sowie die 48 Bankensanierung und -abwicklung116 sind die oben für Level 2 Genannten: Abgedeckt wird der gesamte Regelungsbereich der Level 1 Gesetzgebung, nunmehr alle Ausführungsregeln und die Erläuterungen nach Level 2: EBA ist zuständig für den (technisch-redaktionellen) Aufbau des Rulebook sowie die genannten Leitlinien etc. und berät (nach Verordnung Nr. 1093/2010 [Fn 171]) die EU-Kommission bei den bindenden Akten, die auch sämtlich im Amtsblatt veröffentlicht sind, und erlässt die (nicht bindenden) Guidelines sowie Erläuterungen (Q&A) selbst. Es handelt sich also um ein – von der Normqualität her – äußerst heterogenes Kompendium, geeint freilich durch das Ziel, möglichst große Einheitlichkeit EU-weit in der Anwendung zu verbürgen. Alles ist auf der Internetseite der EBA verfügbar (als interaktives Instrument) und zwar in der Ordnung, die der Materie durch die Level 1 Gesetzgebung gegeben wurde. Soweit im Amtsblatt veröffentlicht, ist allein diese Version verbindlich. II. Europäische Bankenunion und sonstiges Institutionelles System der Bankaufsicht 1. Regelungsakte und Zuständigkeitsverteilung in der Europäischen Bankenunion – 49 Überblick. Mit dem Regulierungspaket, das unter dem Begriff der Europäischen Bankenunion zusammengefasst wird, wurde für die einbezogenen Banken die administrative Durchsetzung des Bankaufsichtsrechts (einschließlich Bankensanierung und -abwicklung) für die bedeutenden (i.w.S. systemrelevanten)117 Banken der Eurozone auf die Europäische Ebene gehoben, nur für den Rest der Institute auf der nationalen Ebene belassen. Das Herzstück der Europäischen Bankenunion bildet der „Single Supervisory Mechanism“ (SSM),118 die direkte Bankaufsicht der Europäischen Zentralbank über die 119 bedeutenden Banken(gruppen) der Eurozone (Stand 1.3.2019), kombiniert mit einer nationalen Bankaufsicht über alle anderen Institute der Eurozone

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116 Abrufbar unter: (für CRD IV): https://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/single-rulebook/interactivesingle-rulebook/-/interactive-single-rulebook/toc/2; (für CRR): https://www.eba.europa.eu/regulation-and-policy/ single-rulebook/interactive-single-rulebook/-/interactive-single-rulebook/toc/504; (für BRRD): https://www.eba. europa.eu/regulation-and-policy/single-rulebook/interactive-single-rulebook/-/interactive-single-rulebook/toc/ 2602. Schöne Grafik zum Regelsetzungsprozess bei Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 38–42. 117 Terminologisch ist zu unterscheiden: Die SSM-VO spricht von „bedeutenden/significant“ Banken, etwa in Art. 6(4) SSM-VO. Von Systemrelevanz spricht sie hingegen nur in Art. 3(6) im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Drittstaatenaufsichtsbehörden, die global systemrelevante Institute beaufsichtigen. Während die SSM-VO den Begriff „bedeutender“ Banken verwendet, verwendet die CRD IV den Begriff „systemrelevanter Institute“ vor allem im globalen Kontext, insb. Art. 131–133 CRD IV, ähnlich auch das FSB, wenn es Global systemically important banks (G-SIBs) definiert. Zwar spielt systemische Relevanz für die Einstufung eines Instituts als bedeutend oder weniger bedeutend nach Art. 6(4) SSM-VO eine Rolle, allerdings nur beschränkt auf die Union bzw. den Mitgliedstaat (und zusätzlich im Hinblick auf Größe und Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten). Daher wird im Folgenden für die SSM-VO allenfalls von „systemrelevant iwS“ gesprochen. 118 Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl.EU 2013 L 287/63 (gestützt auf Art. 127 Abs. 6 AEUV). Zur (gegebenen) Kompetenzgrundlage vgl. nur BVerfG Urt. v. 30.7.2019 – 2 BvR 1685/14, 2 BvR 2631/14; NJW 2019, 3204; Voraufl. Rn 49; sowie Ruthig Die EZB in der europäischen Bankenunion, ZHR 178 (2014) 443 (bes. 450–460); Berger Rechtsanwendung durch die EZB im Single Supervisory Mechanism (SSM) (I), WM 2016, 2325 (2329). Zum Angriff auf die SSM-VO als ultra-vires-Akt der EU auch etwa Gurlit Die Entwicklung des Banken- und Kapitalmarktaufsichtsrechts in den Jahren 2015/16, WM 2016, 2053 (2053); Kämmerer Tektonische Verwerfungen im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) der Bankenunion – Kritische Betrachtungen aus Anlass der L-Bank-Entscheidung des EuG, ZBB 2017, 317 (325).

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

unter der Führung der Europäischen Zentralbank (indirekte Aufsicht mit Letztverantwortung bei der EZB). Die „systemrelevanten Banken“ (sog. Systemically Important Financial Insititutions, SIFIs) erscheinen als so herausgehoben, weil bei ihrem Zusammenbruch das Risiko, dass (wieder) Steuergelder zur Rettung benötigt werden, besonders hoch erschien/erscheint. Daher verlagerten die Europäischen Gesetzgeber die Aufsicht über die wichtigsten Banken der Eurozone auf die Europäische Ebene. In diesem Kontext unterscheidet die SSM-VO zwischen „bedeutenden“ Instituten (direkte EZB-Aufsicht) und „weniger bedeutenden“ Instituten (indirekte EZB-Aufsicht), Art. 6 Abs. 4 SSM-VO. Dieses Herzstück ist operational seit dem 4. November 2014. Schon für dieses erste Teilstück des Regelungskonvoluts, das unter dem Begriff einer Europäischen Bankenunion zusammengefasst ist, ist also zweierlei strukturbestimmend: dass einerseits (nur) für einen (sachlich wie räumlich eingeschränkten) Kern des Kreditwesens in der EU – die 119 bedeutenden (iwS „systemrelevanten“) Institute der Eurozone – die laufende Bankaufsicht auf die EZB übertragen wurde, für alle anderen nur die Gesamtverantwortung in Form einer Leitkompetenz der EZB (für die Funktionstüchtigkeit des Aufsichtssystems als Ganzes); und dass andererseits der verabschiedete Rechtsakt (auch) in einer Kontinuität zu sehen ist, als Fortführung eines bereits seit der Krise grundlegend reformierten Regelungsbestandes für die gesamte EU und alle Banken: Die SSM-VO entwickelt die Zuständigkeits- und Befugnisregeln für die Europäische Zentralbank, baut dabei jedoch auf dem reformierten materiellen Aufsichtsrecht des EU-Eigenkapitalregimes von 2013 auf, der Capital Requirements Directive IV und der Capital Requirements Regulation (CRD IV und CRR) (zu diesen Rechtsakten und ihren Kerngehalten daher schon oben Erster Teil Rn 36–38). Flankierend kommt zur SSM-VO die „Geschäftsordnung“ der EZB als Bankaufsichtsbehörde119 und die (Neu-)Regelung der Zusammenarbeit mit der European Banking Authority (EBA) hinzu,120 die, weil sie die Kooperation im Rahmen des ESFS betrifft, unten wieder aufzugreifen ist. Zu dieser laufenden Bankaufsicht für den Regelfall tritt als das zweite Hauptstück der Euro50 päischen Bankenunion der „Single Resolution Mechanism“ (zur Bankensanierung und -abwicklung),121 ebenfalls auf die 119 bedeutenden Banken(gruppen) der Eurozone bezogen. Die (weitgehende) Kompetenzverlagerung der laufenden Aufsicht auf die zentrale Ebene war für die Schaffung eines Einheitlichen Abwicklungsmechanismus für Banken noch umstrittener als im Falle der SSM-VO, auch kompetenzrechtlich.122 Obwohl sie für die von ihr erfassten bedeutenden

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119 Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSMRahmenverordnung), ABl.EU 2014 L 141/1. 120 Verordnung (EU) Nr. 1022/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) hinsichtlich der Übertragung besonderer Aufgaben auf die Europäische Zentralbank gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013, ABl.EU 2013 L 287/5. 121 Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl.EU 2014 L 225/1 (gestützt auf Art. 114 AEUV), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2019/877 (oben Fn 100). Notwendig für die Übertragung der Mittel auf einen vergemeinschafteten Fonds: Übereinkommen (8457/14) über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge (Intergouvernementales Abkommen – IGA) vom 21.5.2014, ratifiziert durch Gesetz zu dem Übereinkommen vom 21.5.2014 über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge vom 17.12.2014, BGBl. 2014 II, S. 1298. Vgl. hierzu Durchführungsverordnung (EU) 2015/81 des Rates vom 19.12.2014 zur Festlegung einheitlicher Modalitäten für die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds, ABl. 2015 L 15/1; näher Fabbrini (2014) 21 Maastricht Journal of European and Comparative Law 444. 122 Zur Möglichkeit, neue Regulierungsbehörden (im Falle der Bankenunion: den Single Resolution Board in Brüssel mit Single Resolution Fund) auf der Grundlage der Binnenmarktkompetenz (Art. 114 AEUV) zu schaffen vgl.

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119 Banken ungleich mehr materielles Abwicklungsrecht enthält als die SSM-VO materielles Aufsichtsrecht, baut auch dieser Rechtsakt maßgeblich auf der Reform bzw. hier sogar der Neuschaffung von vereinheitlichtem materiellen Bankaufsichtsrecht (für Sanierung und Abwicklung) auf, namentlich der BRRD (oben Erster Teil Rn 39–41). Institutionell wurde für diese Aufgabe eine gesonderte Behörde geschaffen, der Single Resolution Board (SRB) mit Sitz in Brüssel, dem (für die Durchführung von Restrukturierungsmaßnahmen) ein von Bankenabgaben gespeister Single Resolution Fund (Art. 67 Abs. 4, 69–71 SRM-VO; angestrebt im Umfang von etwa 55 Milliarden € bis Ende 2023) angegliedert ist (Art. 67–79 der Verordnung, mit Regierungsabkommen). Operational ist das System seit dem 1.1.2016 (Art. 99 Abs. 2 SRM-VO), inzwischen auch in der Praxis angewandt, freilich nicht durchgehend.123 Nur für das dritte Hauptstück, der mit der Abwicklung zusammenhängenden Einlagensi- 51 cherung, wird um die ursprünglich geplante Vergemeinschaftung der Administration weiterhin gerungen, die nun auch mit einer potentiellen Vergemeinschaftung in der Haftung verbunden wäre. Bisher ist es bei der unter I. beschriebenen wenig weitreichenden Reform des Harmonisierungsbestandes verblieben, so dass in der Dritten Säule ein Kernanliegen, das mit der Errichtung einer Europäischen Bankenunion ursprünglich verfolgt wurde, unerfüllt erscheint. Insbesondere ist keine Europäische Verwaltungs- bzw. Fondsstruktur geschaffen, die über die Harmonisierung des materiellen Rechts hinausginge („keine Vergemeinschaftung der Einlagensicherungsfonds“), namentlich deswegen, weil es als Eingriff in bestehende Rechtspositionen gesehen wird, wenn erhebliche schon realisierte Risiken in manchen Jurisdiktionen (Bankenverbänden) über die gemeinschaftliche Einrichtung von anderen (mit-)getragen werden müssten.124 Allerdings liegt ein dahingehender Verordnungsvorschlag vor,125 der vor allem vorsieht, dass ein ein-

_____ (positiv): EuGH Urt. v. 22.1.2014 – Rs. C-270/12 Vereinigtes Königreich ./. Parlament und Rat, Slg. 2014 I-… (N.N.), ABl. C-85 vom 22.3.2014, S. 4, EU:C: 2014:18 = EuZW 2014, 349 (zu ESMA und ihren Regulierungsbefugnissen, namentlich bei Leerverkäufen). Gerade in Bezug auf diesen Teil des Systems Bankenunion (Abwicklung) wird die Kompetenzfrage besonders kritisch gesehen und eine Vertragsänderung gefordert, weil gerade bei Abwicklungsentscheidungen Klagen besonders wahrscheinlich sind: vgl. etwa Bundesbankvizepräsidentin Lautenschläger in: Bundesbank vom 10.2.2014: Europäische Bankenunion – ein Großprojekt; ausführlich etwa Alexander ELR 2015, 154 (179–189). 123 Zum frühen Fall Alpe-Adria vgl. European Parliament ECON Briefing for Public Hearing with Elke König, Chair of the Single Resolution Board, 16 June 2015; Ruffert Europarechtliche Fragen einer Bankenabwicklung in Österreich, ZG 2015, 51; zu den griechischen Banken im Jahr 2015 vgl. http://www.manager-magazin.de/politik/ artikel/bafin-chefin-kritisiert-notkredite-fuer-griechische-banken-a-1038883.html (abgerufen am 27.4.2019). Anwendung fand der Europäische Abwicklungsmechanismus zuletzt auf die spanische Bank Banco Popular, siehe dazu die Erklärung des SRB vom 7.6.2017 unter https://srb.europa.eu/en/node/315. Keine Anwendung fand das Regime dagegen auf die italienischen Banken Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca, siehe dazu die Erklärung des SRB unter https://srb.europa.eu/en/node/341 vom 23.6.2017. Zu diesen Fällen vgl. Gortsos The Single Resolution Mechanism (SRM) and the Single Resolution Fund (SRF) – A Comprehensive Overview of the second main pillar of the European Banking Union, 2017, S. 129 ff.; Badenhoop ERCL 2017, 299 (309); Triantafyllakis WM 2016, 2248 (Nichtanwendung Bail-in-Regime in Italien); und zum portugiesischen Fall Banco Espirito Santo: Albuquerque 31 Journal of International Banking Law and Regulation 534 (2016). 124 Zu den zentralen Argumenten im Streit dazu, ob für die Einlagensicherung ein Gemeinschaftsfonds zu schaffen sei, vgl. Dombret Baustelle europäische Bankenunion – gemeinsame Aufsicht, gemeinsame Abwicklung, gemeinsame Einlagensicherung?, ZfK 13/2016, 632; noch immer wichtig auch: Arnaboldi Deposit guarantee schemes: a European perspective, 2014; U. Schneider Europäische Bankenunion – ein Etikettenschwindel! EuZW 2012, 721; kritisch zum fehlenden Fortschritt, weil eine Verzahnung mit dem Abwicklungsregime zentral sei (wie in den USA mit der Federal Deposit Insurance Company, FDIC): Aizenman US Banking over two centuries: Lessons for the Eurozone crisis, in: Beck (Hrsg.) Banking Union, S. 129; Gros/Schoenmaker European Deposit Insurance and Resolution in the Banking Union, 52 JCMS 529 (2014); Weder di Mauro Zahnlos? in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.) WiSo-Diskurs: Die Bankenunion – Wer zahlt die Zeche? 6/2013, S. 18 (19). 125 Vorschlag der EU Kommission für eine Änderungsverordnung zur SRM-VO im Hinblick auf die Schaffung eines europäischen Einlagenversicherungssystems (oben Fn 108); zu diesem namentlich Herdegen WM 2016, 1857 und 1905 (aus deutscher verfassungsrechtlicher und europearechtlicher Perspektive); sowie (zu den Inhalten) Berger BKR 2016, 144.

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heitliches europäisches Einlagenversicherungssystem (EDIS) in drei Stufen aufgebaut werden soll, in den ersten drei Jahren mit einer Rückversicherung für die nationalen Einlagenversicherungssysteme, in den nächsten vier mit einer Mitversicherung, zuletzt ein voller europäischer Versicherungsschutz, wobei nationale Einlagenversicherungssysteme an diesem vollen Schutz erst teilhaben können sollen, sobald nach den Verordnungsvorgaben (mit detailliertem Kapitalisierungsplan) genügend Mittel aufgebaut sind. Dabei wird die Oberaufsicht – wegen des Zusammenhangs mit dem Abwicklungsregime – dem SRB übertragen und dieser achtet auf die Einhaltung aller Vorgaben, bevor Mittel aus dem europäischen Fonds freigegeben werden – und auch dies nur subsidiär zur Ausschöpfung des jeweiligen nationalen Fonds. 2. Zuständigkeitsverteilung in den Hauptregelungsgebieten 52

a) Zuständigkeitsverteilung im SSM (laufende Aufsicht). Hauptgegenstand der SSM-VO ist das Ineinandergreifen von Befugnissen und Kompetenzen bei der laufenden Aufsicht von einerseits der EZB und andererseits der nationalen Aufsichtsbehörden (zum Zusammenspiel mit anderen EU-Behörden dann unten 3.). Dabei sind im Ausgangspunkt zwei Großbereiche voneinander abzugrenzen: (i) die EZB-Aufsicht über 119 bedeutende (iwS „systemrelevante“) Banken der Eurozone und die Mechanismen der Entscheidungsfindung hierbei und die (ii) (überwiegend nationale) Aufsicht über die anderen Banken der Eurozone und der Nichteurozone. Einer (gesonderten) Erörterung jedes der beiden Bereiche vorauszuschicken ist ein Satz dazu, wie bei einer alternativen – von einer Chronologie der bankaufsichtlichen Entscheidungsfelder ausgehenden – Darstellungsweise die allumfassende Bedeutung der EZBAufsicht in der Eurozone deutlich stärker hervorträte: Dann würde zunächst auf die Bankzulassung einzugehen sein, die für alle Banken der Eurozone letztverantwortlich die EZB erteilt (Art. 4 Abs. 1 lit. a SSM-VO, dort, in lit. c, auch weitere „Grundlagengeschäfte“, die die EZB nach Art. 6 Abs. 4 Uabs. 1 SSM-VO letztverantwortlich genehmigt), zuletzt auch auf die Entziehung der Bankzulassung, für die wieder die ausschließliche EZB-Kompetenz eingreift (Art. 4 Abs. 1 lit. a SSM-VO), dazwischen auf die laufende Überwachung, die nunmehr in der Tat zweigeteilt ist: einerseits die reine EZB-Aufsicht über die 119 bedeutenden Banken, andererseits die grds. nationale Aufsicht über die anderen Banken der Eurozone, die freilich ebenfalls unter einem mehrfachen EZB-Vorbehalt steht: Die EZB kann jede andere grenzüberschreitende Bankengruppe mit relevanter Vernetzung ebenfalls wegen Relevanz für das Gesamtsystem unter ihre Aufsicht ziehen (Art. 6 Abs. 4 Uabs. 3 SSM-VO) – mit anderen Worten: die EZB entscheidet autonom über die Breite des Kreises an Instituten, die sie direkt überwacht –126 und sie behält auch, wenn sie diesen Schritt nicht ergreift, eine Gesamtverantwortung für das aufsichtliche Gesamtsystem in der Eurozone (zur Ausgestaltung dieser Gesamtverantwortung näher unten Erster Teil Rn 54 ff., bes. 59). Solch eine Darstellung würde nicht nur den Umfang der EZB-Aufsicht noch stärker hervortreten lassen, sie würde auch noch klarer machen, dass im Bereich ohne umfassende EZBAufsicht (alle Banken außerhalb der 119 bedeutenden der Eurozone) doch auch nochmals zwei Unterbereiche erheblich divergieren: Innerhalb der Eurozone ist die nationale Aufsicht stark überformt durch EZB-Entscheidungsbefugnisse, außerhalb handelt es sich in der Tat um eine rein nationale Aufsicht, die allein den Koordinierungsbefugnissen der EBA unterfällt (unten 4.).

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126 In diesem Sinne auch im Kern die erste Entscheidung zum SSM (Anwendungsbereich), mit der das EuG die Klage der L-Bank (Landeskreditbank Baden-Württemberg) ablehnte, nicht in die unmittelbare EZB-Aufsicht einbezogen zu werden und zwar mit dem Argument, dass das (Nicht-)Vorliegen der Einbeziehungskriterien aufgrund der genannten Ermessenseinräumung an die EZB nicht überprüft werden kann: EuG Urt. v. 16.5.2017 – Rs. T-122/15 L-Bank, ECLI:EU:T:2017:337 = EuZW 2017, 461 (mit Anm. Tröger); dazu auch Bracht/Hanten ZBB 2017, 236; Kämerer ZBB 2017, 317; Röh/Ipsen WM 2017, 2228; Witte EuR 2017, 648. Derzeit läuft das Rechtsmittelverfahren vor dem EuGH, Rs. C-450/17 P, in dem der Generalanwalt Hogan am 5.12.2018 für eine Zurückweisung des Rechtsmittels plädierte, ECLI:EU:C:2018:982.

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Im Folgenden wird – vor allem weil die Aufteilung nach einzelnen Beteiligten klarer erscheint – dennoch zuerst die EZB-Aufsicht über die 119 bedeutenden Banken der Eurozone dargestellt, danach die gemischt national-europäische Aufsicht über die sonstigen Banken der Eurozone (während die Aufsicht in der Nichteurozone erst unter 4. mit in den Blick genommen wird). Insgesamt relativiert schon dieser Überblick – mit dem Hinweis auf die weitgehenden Befug- 53 nisse der EZB, auch nicht systemrelevante Banken zu „erreichen“ – sehr die bei Etablierung des SSM vielfach und prominent geäußerte Kritik, es handele sich doch nur um eine „kleine Lösung“.127 Dies gilt erst recht, wenn man sich nochmals ins Gedächtnis ruft, dass ca. 85% des Geschäftsvolumens in der Eurozone auf die systemrelevanten Banken(gruppen) entfällt (oben Erster Teil Rn 30) und dass auch die (damals noch) fehlende Regelung der Bankeninsolvenz und einer zentralisierten Aufsicht über diese ersichtlich schon bei Verabschiedung des SSM nur ein „Problem auf Zeit“128 war. Im Folgenden wird auf den richtigen Zuschnitt von Zentralisierung und Aufrechterhaltung dezentraler Aufsichtselemente noch mehrfach zurückzukommen sein. (i) Die genuine EZB-Aufsicht, die umfassende Zentralisierung auch der Verwaltungsbefug- 54 nisse im Einzelfall, betrifft (allein) die 119 bedeutenden Banken(gruppen) in der Eurozone (persönlicher Anwendungsbereich) (Stand: 1.3.2019). Diese sind definiert in Art. 6 Abs. 4 SSMVO, nach dem Kreditinstitute bedeutend sind, wenn sie eines der folgenden Kriterien erfüllen: (i) eine Bilanzsumme (Aktiva) über 30 Milliarden € haben oder (ii), wenn die Aktiva zwar nicht 30 Milliarden, wohl aber 5 Milliarden € erreichen, und die fragliche Bank über 20% des Bruttosozialprodukts des fraglichen Eurostaates auf sich vereint, wenn (iii) die nationale Aufsicht dies der EZB anträgt und diese zustimmt, oder (iv) wenn die fragliche Bank zu den drei größten Kreditinstituten eines Eurostaates zählt (außer Gegenteil durch „besondere Umstände gerechtfertigt“) oder (v) jedes Kreditinstitut, für das Hilfe aus der (temporären) Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) oder dem (permanentem) Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) beantragt wurde, oder (vi) jede Bankengruppe, die die EZB wegen ihrer grenzüberschreitenden Vernetzung sonst als „wichtig“ einstuft und daher unter seine Aufsicht zieht. Den Kreis der 119 solchermaßen bedeutenden Banken hat die EZB unter Anwendung der Kriterien des Art. 6 Abs. 4 SSM-VO und entsprechend dem Verfahren festgelegt, das hierfür in Art. 39–72 SSMRahmen-Verordnung (Fn 119) vorgesehen ist, bisher ohne Rekurs auf die Kompetenz, im Einzelfall eine Bank unter die eigene Aufsicht zu ziehen (Art. 6 Abs. 5 lit. b) SSM-VO).129 Die genuine EZB-Aufsicht ist zudem zweifach eingeschränkt auch im räumlich-sachli- 55 chen Anwendungsbereich: Zum einen sind allein erfasst die bedeutenden Banken der Euro-

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127 Prominent die Kritik etwa bei Legrain, Europe’s Bogus Banking Union, Project Syndicate, 8 April 2014; Goyal et al., A Banking Union for the Euro Area, International Monetary Fund Staff Discussion Note 13/01 (2013), S. 12, abrufbar unter http://www.imf.org/external/pubs/ft/sdn/2013/sdn1301.pdf; U. Schneider/Mülbert Europäische Bankenunion ohne effektiven Rechtsschutz? Börsen-Zeitung vom 5.1.2013. Die Beschränkung der (umfassenden) EZB-Aufsicht auf die bedeutenden Banken stellt denn auch die wichtigste Abweichung zum ursprünglichen Kommissionsvorschlag (und Barrosos politischer Ankündigung im September 2012 in der „State of the Union“-Rede) dar, wird heute freilich auch mit Subsidiaritätsüberlegungen gerechtfertigt (38. und 87. Erwägungsgrund). Allgemeiner die Kritik bei: Bundesbankpräsident Jens Weidmann FAZ vom 19.3.2013; U. Schneider Europäische Bankenunion – ein Etikettenschwindel! EuZW 2012, 721, beide noch geäußert, als (zuerst) nur die SSM-VO, noch nicht die SRM-VO verabschiedet wurde/war. 128 Dass es sich bei dieser „nur“ um einen ersten Schritt handeln soll, dem weitere, insbesondere der SRM, folgen sollten, besagt bereits der 12. Erwägungsgrund der SSM-VO; sowie schon Report of the President of the European Council „Towards a Genuine Economic Union“. 129 Ausf. zu diesem Einstufungsverfahren Lackhoff Single Supervisory Mechanism, S. 137 ff.; Glos/Benzing in: Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, S. 35 ff. Zur Liste der 119 Institute bzw. Institutsgruppen (in Deutschland 22) vgl. https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.listofsupervisedentities 20190301.en.pdf (Stand: 1.3.2019).

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zone (Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Einleitungssatz SSM-VO). Umgekehrt ist freilich zu betonen, dass auch Tochtergesellschaften von systemrelevanten Banken(gruppen) in Eurostaaten, die selbst ihren Sitz in Nichteurostaaten haben, mit unter die Aufsicht auf konsolidierter Basis seitens der EZB fallen (Art. 4 Abs. 1 lit. g) und i) SSM-VO).130 Auch können Nichteurostaaten für ihre Banken für die sog. „enge Zusammenarbeit“ optieren, die insbesondere die Aufsicht der EZB und die gleichberechtigte Mitwirkung in dieser Aufsicht nach sich zieht (Art. 7 SSM-VO).131 Nur Großbritannien hatte (politisch) hiergegen optiert, während umgekehrt andere Mitgliedstaaten, die eine de-facto-Abhängigkeit ohne Mitspracherecht weniger attraktiv finden, sich solch einen Schritt mittelfristig gut vorstellen können.132 Zum anderen ist auch die Zielrichtung der Aufsicht eingeschränkt, um die Aufsicht auf die genuin „Europäische“ Dimensionen zu fokussieren. Die EZB kann also auch bei den 119 bedeutenden Banken(gruppen) nicht jede Art von Aufsicht selbst durchführen. Die eigentliche Aufgabenzuweisung und Kompetenzzuweisung findet sich in Art. 1 Abs. 1 Satz 1, sowie Art. 4 und 6 SSM-VO i.V.m. den Erwägungsgründen.133 Diese Normen behandeln drei Kernfragen: die (Teil-)Zuständigkeit der EZB in Grundsatzfragen auch für die Beaufsichtigung weniger bedeutender Banken (namentlich Art. 4 Abs. 1 lit. a und c SSM-VO, Abgrenzung in [nicht ganz leicht lesbarer Form] in Art. 6 Abs. 4 Uabs. 1 SSM; zu diesem Bereich sogleich unten Erster Teil Rn 59); die Kompetenzabgrenzung auch nochmals für die ausschließliche EZB-Aufsicht über die 119 bedeutenden Banken, die im Grundsatz zwar der EZB obliegt, die jedoch umgekehrt auch wieder gewissen Einschränkungen unterliegt (nächste Rn); und zuletzt auch den Entscheidungsfindungsprozess selbst (unten Erster Teil Rn 57 f.). Stützen darf die EZB Verbotsverfügungen auf Gefahren für die „Finanzstabilität“ und 56 „Stabilität der Kreditinstitute“ (5./6. Erwägungsgrund und Art. 1 Satz 1 SSM-VO) oder für die „Integrität des Binnenmarkts“ (10./30. Erwägungsgrund und Art. 1 Satz 1 SSM-VO). Ausgeschlossen ist umgekehrt eine Verbotsentscheidung durch die EZB selbst, wenn sie primär verbraucherrechtlich (kundenschützend) ausgerichtet sein soll (28. Erwägungsgrund S. 2 a.E. SSM-VO). Dieser Bereich bleibt demnach auch bei systemrelevanten Banken den nationalen Aufsichtsbehörden vorbehalten. Dabei ist freilich nicht klar, ob Verbraucherschutz auch Einle-

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130 Dazu näher Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 145–147; Schuster EuZW-Beil 2014, 3 (4); Ceyssens NJW 2013, 3704 (3707); Babis Legal Studies Research Paper Series, University of Cambridge, Paper No. 37/2014. Von äußerster Wichtigkeit vor allem für die zentral- und osteuropäischen Ländern, in denen idR deutlich mehr als die Hälfte der Tochtergesellschaften in ausländischer Hand sind: für Polen (ca. 60%) Komisja Nadzoru Finansowego Koncentracja Sektora Bankowego, 2015; für Tschechien (82%) Tschechische Zentralbank (Czech National Bank), The Czech Financial Sector, Brief Overview 28 August 2014. Überblick zu den dortigen Aufsichtssystemen in: Apinis/ Bodzioch/Csongrádi/Filipova/Foit/Jiménez-Rodriguez/Porzycki/Vetrák The role of national central banks in banking supervision in selected central and eastern European countries, ECB Legal Working Paper Series Nr. 11/2010. 131 Dazu näher Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 183–193; Ceyssens NJW 2013, 3704 (3706); Clarich in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 73; Darvas/Wolff Bruegel Policy Contribution 2013/06; Schuster EuZW-Beil. 2014, 3 (3); Neumann EuZW-Beil 2014, 9, (10). 132 Osborne Eurozone approaching moment of truth, EU Observer (15 June 2012). Derzeitig freilich nicht geplant, in Polen auch namentlich, weil die Währungspolitik zum Sloti als für die Wirtschaftsentwicklung förderlich eingeschätzt wird: vgl. Heller/Warzala The Effects of Entering the Eurozone on other Central and Eastern European Countries in Relation to Poland 11(1) Journal of Competitiveness (2019) 5. Zu den Auswirkungen des Brexit auf Finanzdienstleister und zu möglichen Zukunftsmodellen des Marktzugangs ausführlich Berger/Badenhoop Financial Services and Brexit – Navigating Towards Future Market Access, EBOR 2018, 679; dies. Brexit – Folgen für Kreditinstitute, WM 2018, 1078. 133 Art. 5 SSM-VO betrifft demgegenüber die makroprudentielle Aufsicht, die die EZB auch über alle anderen (ca. 3000) Banken ausübt (anders als die klassische Bankaufsicht mit Befugnissen nach Art. 4 SSM-VO; vgl. Art. 5 Abs. 2 SSM-VO). Zu diesem Spezialbereich und dem hier geltenden Entscheidungsmechanismus näher Manger-Nestler/ Böttner EuR 2014, 621; Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 152–163; Ceyssens NJW 2013, 3704 (3707); Neumann EuZW-Beil. 2014, 9 (12); Tutsch in: von der Groeben/Schwarz/Hatje (Hrsg.) Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art.25 ESZB/EZB-Satzung Rn 32; Babis Legal Studies Research Paper Series, University of Cambridge, Paper No. 37/ 2014 (@ 14). Inhaltlich betrifft Art. 5 SSM-VO den Spezialfall der Kapitalerhaltungspuffer und zusätzlicher antizyklischer sowie systemischer Puffer.

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ger- und/oder Anlegerschutz mit umfasst oder ob Letzterer schon an sich der EZB-Aufsicht unterfallen soll.134 Die Frage relativiert sich auf Grund von Folgendem: Diese Überantwortung an die nationalen Aufsichtsbehörden jedenfalls für den Verbraucherschutz mag man mit dem Umstand erklären, dass Unterschiede zwischen den Aufsichtskonzepten verschiedener Mitgliedstaaten in der Frage bestehen, ob die Bankaufsicht auch Verbraucherschutz und Codes of Conduct durchsetzen soll.135 Unterschiede in der Reichweite der nationalen Regeln stehen freilich auch sonst einer zentralisierten Aufsicht durch die EZB nicht entgegen (vgl. nur Art. 4 Abs. 3 Uabs. 1 SSM-VO). Vielmehr scheint hier danach abgegrenzt zu werden, in welchen Fragen eine Verwaltungszentralisierung unverzichtbar erscheint und in welchen weniger. Und um solch einen Fall mit geringerem Zentralisierungsbedürfnis handelt es sich beim Verbraucherschutz. Das scheint in der Tat überzeugend (vgl. unten Erster Teil Rn 58). Wenn die Ausnahme jedoch in der Tat nur durch geringeres Zentralisierungsbedürfnis zu rechtfertigen ist, muss sie auch funktional eng verstanden werden: Die EZB-Kompetenz besteht dann durchaus, wenn die Vermarktung eines Produkts geeignet ist, massenweise irreführend für Verbraucher zu wirken und daher allgemeines Misstrauen in Bankkundenkreisen hervorzurufen oder massenweise zu Nichtigkeits- oder Schadensersatzklagen zu führen. Die Ausnahme für die EZB-Aufsicht in Fragen Verbraucherschutz ist also funktional dahingehend begrenzt, dass sie allein für diejenigen Fälle gilt, in denen Verbraucherschutzprobleme allein die individuelle Beziehung betreffen und nicht das Hauptziel einer Aufsicht durch die EZB, die Stabilität (des Finanzsystems oder der 119 Banken[gruppen]) bzw. die Marktintegrität, tangieren. Die Einschränkung der EZB-Aufsicht aufgrund der Differenzierung und Begrenzung der Aufsichtsziele ist also eine eher punktuelle, beschränkt auch Verstöße gegen Verbraucherschutznormen und Codes of Conduct, die nicht geeignet sind, Zweifel an der Marktintegrität als solcher zu begründen oder (auf Grund ihres Umfangs) die Stabilität des Instituts zu tangieren. Also wären die in der Subprime-Krise 2007/08 zugrunde gelegten Geschäftsmodelle durchaus Gegenstand der EZB-Aufsicht gewesen (wenn sie in der Eurozone praktiziert worden wären), obwohl sie durchaus auch ein massives Problem des Verbraucherrechts aufwarfen (und so in den USA auch diskutiert werden). Der Entscheidungsprozess selbst ist dann durch Elemente geprägt, die als „Verbund- 57 verwaltung“ umschrieben werden können: Art. 6 Abs. 1 und 2 SSM-VO sehen den Aufsichtsprozess im SSM als einen, in dem EZB und nationale Aufsichtsbehörden kooperieren. Dies gilt besonders für die hier erörterte Aufsicht der EZB über die bedeutenden Banken, offenbar aber auch für alle weiteren Aufgaben, die die EZB im Restbereich nach Art. 4 Abs. 1 SSM-VO wahrnimmt (dem Bereich unten Erster Teil Rn 59). Für die Informationserhebung und -weitergabe spezifiziert Art. 6 Abs. 2 Uabs. 2 SSM-VO ausdrücklich die Pflicht der nationalen Aufsichtsbehörden gegenüber der EZB.136 Sonstige konkrete Kooperationsschritte sind zwar nicht spezifiziert, eine

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134 Zum Verhältnis beider zueinander – von manchen Autoren wird auch Anlegerschutz primär als Verbraucherschutz verstanden – vgl. Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 66–77, 247–250, 255–272; Buck-Heeb Vom Kapitalanleger- zum Verbraucherschutz, ZHR 176 (2012), 66; Moloney The Investor Model Underlying the EU’s Investor Protection Regime: Consumers or Investors? (2013) 13 EBOR 169; Reifner Europäische Finanzaufsicht und Verbraucherschutz – Wie kann der Schutz der Verbraucherinteressen in die BaFin integriert werden? VuR 2011, 410 (412); und konkreter speziell zu dieser Frage im Rahmen des SSM: Wymeersch The Single Supervisory Mechanism or „SSM“, Part One of the Banking Union, National Bank of Belgium Working Paper No. 255 (2014), 14, abrufbar unter: http://ssrn.com/abstract=2427577. 135 Vgl. rechtsvergleichende Übersicht in Schoenmaker/Kremer Financial stability and proper business conduct: can supervisory structure help to achieve these objectives? in: Huang/Schoenmaker (Hrsg.), Institutional Structure of Financial Regulation 2015, bes. S. 29–39. Wymeersch EBOR 2007, 2 (bes. 247). Zum Verhältnis Verbraucherschutz zur Institutsaufsicht im Folgenden namentlich Grundmann ZHR 179 (2015), 563 (580 f., 590–595); sowie ausf. Gurlit Bankrechtstag 2015, 2016, S. 3. 136 Zum Informationsregime bei dieser Verbundaufsicht Tutsch in: von der Groeben/Schwarz/Hatje (Hrsg.) Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 25 ESZB/EZB-Satzung Rn 34; Tröger (2014) 15 EBOR 4 (470);

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allgemeine Pflicht zu diesen, soweit sie für die EZB-Aufsicht nötig sind, ist jedoch aus der allgemeinen Pflicht, „in gutem Glauben“ zu kooperieren, abzuleiten. Auch sonst ist der Entscheidungsprozess auf eine Bündelung nationaler und supranationaler Stärken zugeschnitten. Das gilt namentlich für die gemischtnationale Zusammensetzung der Aufsichtsteams, sog. Joint Supervisory Teams, (Art. 31 SSM-VO, namentlich Abs. 2), durch die lokales Wissen und supranationale „Distanz“ kombiniert werden, da zwar regelmäßig Aufseher aus dem fraglichen Land beteiligt, jedoch in der Minderheit sein werden.137 Für eine kurze Bewertung dieses Gesamtzuschnitts des Single Supervisory Mechanism 58 und namentlich der Kompetenzabgrenzungen ist auf die – gerade in der Föderalismustheorie intensiv diskutierten und recht weitgehend „geklärten“ – Listen von Vor- und Nachteilen zentraler oder aber dezentraler Regelsetzung und Rechtsdurchsetzung zu rekurrieren:138 Danach sind als Hauptvorteile einer Zentralisierung (neben den hier nicht so relevanten Skalenerträgen) vor allem die Gewinne durch abgestimmte Rechtsanwendung und die Zurückdrängung negativer externer Effekte in anderen (Teilstaat-)Jurisdiktionen zu sehen, während umgekehrt dezentralisierte Regelsetzung und -anwendung ein Eingehen auf heterogene Präferenzen, ein Experimentieren und Lernen, allgemein: eine Nutzung der Vielfalt des Wissens besser ermöglicht. Bezogen auf die wichtigsten Entscheidungen zur Frage „Zentralisierung“ der Aufsichtskompetenzen führt das zu folgendem Bild: Die Aufsichtskompetenz wurde vor allem auf die EZB übertragen, weil die nationale Aufsicht sich vielfach als zu stark von der nationalen Politik beeinflusst gezeigt hatte („regulatory capture“)139 und weil die EZB der budgetmäßigen gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Banken und (ihren) Mitgliedstaaten besser entgegenwirken könne (vgl. Erwägungsgründe 2 ff. der SSM-VO). Über das Maß hinaus, das bei Ansteckung im weltweiten Verkehr allgemein zu befürchten ist, ergeben sich die negativen externen Effekte von Bankenkrisen (ausgelöst durch zu starkes „regulatory capture“) nur und vor allem bei denjenigen Mitgliedstaaten, die die gleiche Währung haben. Für den (primären) Bezug auf die Stabilität des Euro – der Eurostaaten – gibt es einen signifikanten Unterscheidungsgrund: Diesen Staa-

_____ allgemeiner zum Verfahren im „Verbund“: Gortsos Single Supervisory Mechanism S. 174–177; Lackhoff Single Supervisory Mechanism, S. 43 ff.; Ohler Die Verwaltung 2016, 309 (325 ff.). 137 Vgl. zu diesem Zuschnitt der Aufsichtsteams Art. 3 SSM-Rahmen-Verordnung (EU) Nr. 468/2014 (Fn 119) und etwa Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 171–173; Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1648). Zur Aufstellung grenzüberschreitender Aufsichtsteam vgl. auch bereits die (wenn auch etwas andersartigen) grenzüberschreitenden Aufsichts- bzw. Abwicklungskollegien, die schon Art. 116 CRD IV und Art. 89 BRRD vorsehen. 138 Listen für die Vor- und Nachteile zentraler oder aber dezentraler Regelsetzung, teils auch bereits für die Kombination von beiden, bei: Gomez/Ganuza An Economic Analysis of Harmonization Regimes – Full Harmonization, Minimum Harmonization or Optional Instrument? (2011) 7 ERCL 275; Kerber/Grundmann An Optional European Contract Law Code – Advantages and disadvantages, (2005) 21 European Journal of Law and Economics 215; vor allem die besonders schöne und vollständige (auf eine breite Literaturauswertung gestützte) Übersicht von Kerber European System of Private Laws – an Economic Perspective, in: Cafaggi/Muir Watt (Hrsg.) Making European Private Law – Governance Design, 2008, S. 65 (bes. 76, mit Tabelle). Das Folgende ausgeführt auch in: Grundmann Festschrift 200 Jahre Heymanns-Verlag 2015, 193 (205–207). Zentral das sog. Trilemma von Schoenmaker Governance of International Banking – The Financial Trilemma, 2013, wonach Gemeinschaftswährung, nationale Aufsicht und Finanzstabilität nicht co-existieren können (vgl. schon Fn 63). 139 Besonders schön und breit zu diesem und anderen Zielen der Europäischen Bankenunion jüngst Binder, in: Binder/Gortsos (Hrsg.) European Banking Union, S. 5–15. Ausführlich für das Folgende Grundmann in: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution, S. 85. Bahnbrechend zu sog. Regulatory capture, das hier zentral ist: Stigler The theory of economic regulation, 2 Bell J. Econ. Man. Sci. 3 (1971) und schon Bernstein Regulating Business by Independent Commission, 1955; Huntington The Marasmus of the ICC: The Commission, the Railroads, and the Public Interest, 614 Yale Law Journal 467 (1952); dann spezifischer Laffont/Tirole The politics of government decision making. A theory of regulatory capture, 106 Quarterly Journal of Economics 1089 (1991); Levine/Forrence Regulatory capture, public interest, and the public agenda – Toward a synthesis, 6 Journal of Law Economics & Organization 167 (1990). Hierzu, speziell bezogen auf die Finanzkrise und die Regulierung in deren Gefolge: Sahil/Franz/Gandrud/Hallerberg Preventing German Banks Failures: Federalism and decisions to save troubled banks, Politische Vierteljahresschrift 2015, 159.

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ten stehen eigene geldpolitische Instrumente wie Abwertung, Geldmengenfestsetzung etc. nicht mehr zur Verfügung, um auf Haushaltsschieflagen zu reagieren, was eine Isolierung der Bankenrisiken für diese Staaten nochmals wichtiger erscheinen lässt; umgekehrt beeinflussen Haushaltsschieflagen bei diesen Staaten die Eurostabilität und damit Haushalt und Wirtschaft der anderen Euromitgliedstaaten auch ungleich intensiver (direkte Auswirkungen vor allem auf deren Haushalt und Geldwerte von Angehörigen dieser Mitgliedstaaten). Und der zentrale Grund, der für die Einbeziehung auch von Nichteurostaaten gesprochen hätte – die Vermeidung von Regulierungsarbitrage –, hätte ohnehin nicht befriedigend „bedient“ werden können, weil diese Arbitrage möglich geblieben wäre, nur jetzt weltweit.140 Grundsätzlich sprechen daher auch theoretisch wichtige Gründe dafür, die Zentralisierung der Aufsichtsbefugnisse bei der EZB in der Tat auf den Euroraum zu beschränken. Man muss nicht auf politische Widerstände gegen eine weitergehende Integration verweisen. Umgekehrt erstreckt sich die Aufsicht dann auf den gesamten Bankkonzern, auch Tochtergesellschaften in Nicht-Eurostaaten (innerhalb der EU). Dies wiederum wird in der Tat durch das (hier besonders hohe) Interesse an koordinierter Rechtsanwendung nahegelegt, weil es sich bei der Aufsicht über eine Gruppe um ein besonders eng verknüpftes Phänomen handelt. Ökonomisch handelt es sich bei der Bankengruppe um ein integriertes Phänomen („multinational enterprise“), obwohl rechtlich die Juristischen Personen grundsätzlich zu trennen sind. Namentlich im Krisenfall jedoch beeinflussen sich die Gruppenmitglieder meist sehr einschneidend. Sanierungs- und Abwicklungspläne sind praktisch unmöglich ohne eine Gesamtsicht der Gruppe.141 In der Terminologie Kerbers verursacht unkoordinierte oder weniger koordinierte Abwicklung Informationskosten und Kosten uneinheitlicher Rechtsanwendung – die zwei wichtigsten Kostenfaktoren in der Liste neben den negativen Externalitäten (sowie den im vorliegenden Kontext wenig wichtigen Handelsbarrieren). Und nicht zuletzt überzeugt auch die Überantwortung von Verbraucherschutzfragen – soweit sie nicht die Stabilität von Kreditinstituten und des Finanzsystems tangieren – an die nationalen Aufsichtsbehörden deswegen, weil die negativen externen Effekte (durch Ansteckungswirkungen im Ausland) ungleich weniger konkret sind als bei Stabilitätsfragen. Insgesamt erscheint die abgeschichtete Kompetenzverteilung in der Tat als eine, die dem System der Vor- und Nachteile von Zentralisierung erstaunlich genau gerecht wird. (ii) Der Bereich der laufenden Aufsicht über die verbleibenden Banken(gruppen) der 59 Eurozone, die nicht umfassend unter die EZB-Aufsicht fallen, ist gekennzeichnet durch ein Zusammenspiel zwischen nationaler Aufsichtskompetenz – in Deutschland seitens der BaFin und Bundesbank (§ 7 KWG, auch Art. 25.2 ESZB-Satzung) – und einer Reihe von Kompetenzen, die auch bei solchen Banken ausschließlich die EZB hat. Nach Art. 6 Abs. 4 und vor allem Art. 4 Abs. 1 SSM-VO besteht ein vierfacher EZB-Vorbehalt: (a) Nach dem Gesagten kann die EZB jede grenzüberschreitende Bankengruppe mit relevanter Vernetzung, die nicht bereits in den Kreis der 119 bedeutenden Banken(gruppen) fällt, ebenfalls wegen Relevanz für das Gesamtsystem unter ihre Aufsicht ziehen (Art. 6 Abs. 4 Uabs. 3 SSM-VO).142

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140 Vgl. für das Verhältnis zu den USA: Coffee Systemic Risk after Dodd-Frank: Contingent Capital and the Need for Regulatory Strategies beyond Oversight, 111 Columbia Law Review 795 (2011); zum Dodd-Frank Act in dieser Frage: Johnson Regulatory arbitrage, extraterritorial jurisdiction, and Dodd-Frank: the implications of US global OTC derivative regulation, 14 Nevada Law Journal 542 (2014). 141 Vgl. näher hierzu: Wiggis/Tente/Metrick Cross-Border Resolution – Fortis Group, Yale Program on Financial Stability, Case Study 2014–5C-V1, 12 March 2015, 12. Babis (2014) 25 EBLR 459. 142 Hierzu näher Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 183–193; Wymeersch The Single Supervisory Mechanism: Institutional Aspects, in: Busch/Ferrarini (Hrsg) European Banking Union, 2015, 93 (109), Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1632); sowie Art. 70–72 SSM-Rahmenverordnung.

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(b) Nach dem Gesagten erteilt allein die EZB die Bankzulassung und entzieht sie (Art. 4 Abs. 1 lit. a SSM-VO), freilich in der Art, dass die vorläufige Entscheidung die nationale Aufsichtsbehörde, etwa die BaFin trifft, die mangels Veto der EZB durch Fristablauf endgültig wird (Art. 14 SSM-VO). (c) Die EZB behält auch, wenn sie den unter (a) genannten Schritt nicht ergreift, eine Gesamtverantwortung für das aufsichtliche Gesamtsystem in der Eurozone (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 SSM-VO), was in Art. 4 Abs. 1 lit. d und e SSM-VO zwar näher umrissen, aber praktisch nicht eingeschränkt wird (Solvabilität, Großkredite, Liquidität, Organisationsvorgaben einschließlich Vergütungsvorgaben, also alle unten unter C. behandelten materiellrechtlichen Hauptbereiche).143 (d) Sehr wichtig für diese Gesamtverantwortung ist zuletzt, dass (neben der Zulassung) eine Reihe von (weiteren) Grundlagenakten ebenfalls der Zuständigkeit der EZB unterfallen: namentlich die grenzüberschreitende Errichtung von Zweigstellen (Art. 4 Abs. 1 lit. b SSM-VO, vgl. auch Art. 6 Abs. 6 Uabs. 1 SSM-VO), und Erbringung von Bankdienstleitungen sowie Erwerb und Veräußerung qualifizierter Eigentümerpakete (Art. 4 Abs. 1 lit. c SSM-VO, hier gar ausschließliche Zuständigkeit der EZB, vgl. auch Art. 15 SSM-VO)144 und die Sonderereignisse Stress-Test und Sanierungspläne, die die EZB bewertet, während dann die (behördenseitigen) parallel dazu stehenden Abwicklungspläne der SRB erstellt (zu beidem, sog. „living wills“ noch unten Erster Teil Rn 62). All dies zusammengenommen – und das überragende Gewicht der bedeutenden Banken, die die EZB ausschließlich beaufsichtigt – rechtfertigt es, die EZB als die eigentliche „Meisterin“ der Bankaufsicht in den Euroländern insgesamt zu sehen.145 Für die Zusammenarbeit gilt – wiederum – das Gebot gegenseitig „vertrauensvoller Zusammenarbeit“, mit breitem Informationsaustausch (Art. 6 Abs. 1 SSM-VO) (vgl. bereits oben Erster Teil Rn 57), dabei dann jedoch in den meisten Fällen mit einer Vorbereitung der Entscheidungen durch die nationalen Behörden (Art. 6 Abs. 3 und 6 SSM-VO, Art. 90 Abs. 1 SSM-Rahmenverordnung; namentlich der in Art. 4 Abs. 1 SSM-VO genannten Entscheidungsgegenstände), zugleich mit der Kompetenz der EZB, für alle Fragen die Richtlinien und Verordnungen näher zu spezifizieren und vorzugeben (Art. 6 Abs. 5 und 7 SSM-VO, etwa mit Ausführung durch die von der EZB erlassene SSMRahmenverordnung). 60

b) Zuständigkeitsverteilung im SRM (Abwicklung). Während Sanierungsanstrengungen noch in den eben diskutierten Bereich der SSM-Aufsicht fallen, findet sich die dort charakteristische Zweiteilung in eine direkte und umfassende Aufsicht auf zentralisierter Ebene und in (weiterhin) nationale Aufsichten (verbunden mit einer indirekten zentralisierten Aufsicht in Form einer Gesamtverantwortung der SRB) dann anschließend auch im Bereich der Aufsicht über die Abwicklung (daher gilt auch hier das oben Erster Teil Rn 52 f. Gesagte und wird im Folgenden wieder nach beiden Aufsichtssystemen unterschieden). Die Regelung zeichnet sich durch ein durchaus weitgehendes Maß an Parallelität zwischen SRM und SSM aus, mit grds. denselben Banken unter der jeweiligen Aufsicht, mit grds. auch den gleichen Aufsichtszielen, freilich mit nunmehr anderen Aufsichtsgegenständen und -instrumenten und eigenen Entscheidungsvor-

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143 Vgl. zu diesen Grenzen der EZB-Kompetenz näher Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255 (230); Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1631); Wymeersch ecgi Law Working Paper N° 240/2014, S. 31 f., 38. 144 Vgl. zu dieser EZB-Residualkompetenz und ihren Ausübungsvoraussetzungen näher Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255 (231); Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1631); Wymeersch ecgi Law Working Paper N° 240/2014, S. 38. 145 Ähnlich etwa Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 88–92 („main actor“). Noch weitergehend (die „mächtigste EU-Institution“ überhaupt): C. Schneider Einführung und politische Schlussfolgerungen, in: FriedrichEbert-Stiftung (Hrsg.), WiSo-Diskurs: Die Bankenunion – Wer zahlt die Zeche? 6/2013, S. 4 (5).

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

aussetzungen und einer eigenen zuständigen EU-Institution: Als solche tritt hier nun der SRB an die Stelle der EZB. Im einzelnen: (i) Auch die Aufsicht im Abwicklungsfalle findet zentralisiert nur über dieselben 119 bedeu- 61 tenden Banken (Art. 7 Abs. 2 lit. a) SRM-VO) statt, also diejenigen aus der Eurozone (Art. 2 lit. a), Art. 4 Abs. 1 SRM-VO i.V.m. Art. 2 SSM-VO). Optieren Nichteurostaaten für eine „enge Zusammenarbeit“ nach Art. 7 SSM-VO, so werden sie auch für den SRM einbezogen (vgl. Art. 4 SRM-VO). Die Einbeziehungskriterien für bedeutende Banken sind die gleichen wie unter dem SSM, namentlich ist der SRB auch zuständig, wenn die EZB eine weitere Bank wegen ihrer Bedeutung von sich aus unter ihre Aufsicht gezogen hat (Art. 7 Abs. 2 lit. a) ii) SRM-VO). Hinsichtlich des persönlich-räumlichen Anwendungsbereichs (Bedeutung/Eurozone oder Ausübung des Optionsrechts) ist also die zentralisierte Aufsicht in SSM und SRB deckungsgleich,146 mit einer Ausnahme: Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b) SRM-VO ist der SRB auch verantwortlich für Abwicklungspläne und Abwicklung aller (sonstigen) grenzüberschreitenden Gruppen – über die in lit. a) genannten 119 bedeutenden Banken(gruppen) hinaus.147 Die Koordinierung auf einheitlicher Rechtsgrundlage ist nach dem Gesagten (Erster Teil Rn 58) gerade in dieser späteren Phase der Krise besonders wichtig. Die Einheitlichkeit ist jedoch bei allen grenzüberschreitenden Bankengruppen gefährdet (nicht nur bei Gruppen mit Systemrelevanz), weil verschiedene Verfahren konkurrieren würden, unterschiedliche Insolvenzrechte Anwendung fänden und die EU-Insolvenz-Verordnung eine einheitliche Abwicklung der Gruppe auf Grund der Eurofood-Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung nicht gewährleistet.148 Bei den Aufsichtszielen ist zwar grds. ebenfalls eine Übereinstimmung in der generellen 62 Ausrichtung zu konstatieren: Finanzstabilität, Stabilität der Institute und Marktintegrität werden in den Erwägungsgründen zur SSM-VO (oben Erster Teil Rn 56) ausdrücklich auch auf den Bereich der Abwicklungspläne und Abwicklung bezogen (12. Erw.grund). SSM und SRM sind jedoch komplementär für verschiedene Phasen der Aufsicht, weswegen die Abwicklungsziele auch nochmals eigenständig in Art. 14 Abs. 2 SRM-VO (bzw. parallel Art. 31 BRRD) definiert werden („Abwicklungsziele“):149 Neben die Ziele, mit denen das Generalziel Finanzstabilität nur für

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146 Vgl. oben Erster Teil Rn 54 f.; und zur Deckungsgleichheit und dieser einen Ausnahme namentlich Busch Governance of the Single Resolution Mechanism, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.) European Banking Union, 2015, S. 281 (284), Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1639); breit Haentjens Title I: Scope, definitions, and authorities, in: Moss/Wessels/Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S.177 ff.; und ausf. zum institutionellen Arrangement Moss/Wessels/Haentjens The EU Financial Institution Insolvency Law Framework, in: dies. (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S. 3 ff. 147 Vgl. zum näheren Zuschnitt dieser Ausnahme – gemeint sind die Gruppen namentlich nur, wenn die Muttergesellschaft in einem Euromitgliedstaat (oder hineinoptierten Nichteuromitgliedstaat) ansässig ist: Benzing Institutioneller Rahmen: SRM, SRB und nationale Abwicklungsbehörden in: Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, S. 667 ff.; Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1639); zur Abwicklung grenzüberschreitender Gruppen, namentlich auch im Verhältnis zu Drittstaaten Haentjens Titles V and VI: Cross-border group resolution and third countries, in: Moss/Wessels/Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S.285 ff. 148 Vgl. nur EuGH Urt. v. 2.5.2006 – Rs. C-341/04 (Eurofood IFSC Ltd.), Slg. 2006 I-3818 (bes. Tz. 38); stark sich auf die „authentische Interpretation“ im Bericht zur EU-Insolvenz-VO stützend (Virgós/Schmidt Report on the EC Convention on Insolvency Proceedings 11900/1/95 REV, (Insolvency Service of the Department of Trade and Industry, London 1 February 1996); sowie ausführlich heute Paulus Europäische Insolvenzverordnung: EuInsVO – Kommentar, 5. Aufl. 2017, Art. 3 Rn 20 ff. Seit 26.6.2017 (Verfahrenseröffnung) gilt Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren, ABl.EU 2015 L 141/19 (vgl. deren Art. 84), die freilich in ihrem Art. 3 Abs. 1 im Wesentlichen Vergleichbares festschreibt, nunmehr explizit (Vermutung, dass der Mittelpunkt der Interessen am Gesellschaftssitz liegt). 149 Zu diesen Zielen ausführlich Armour ecgi Law Working Paper N° 244/2014, S. 1; Freixas/Laeven/Peydró Systemic Risk, Crises, and Macrorprudential Regulation, 2015, S. 221; Dombret Solving the Too-Big-To-Fail-Problem for Financial Institutions, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) The Bank Recovery, S. 7 (7–14); zu den Grundprinzipien ausf. Moss/Wessels/Haentjens Principles for Cross-border Financial Institution Insolvencies, in: dies. (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S. 29 ff.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

die Abwicklungssituation spezifiziert wird (Abs. 2 lit. a und b, namentlich der Erhaltung systemwichtiger Funktionen und der Verhinderung von Ansteckung, treten nunmehr zwei weitere Ziele prominent, die in einem gewissen Spannungsverhältnis zu dem für den SSM Geltenden zu stehen scheinen: Ziele des Kundenschutzes sind durchaus prominent (Abs. 2 lit. d und e; vgl. demgegenüber nochmals Erw.grund 28 der SSM-VO), freilich eines Kundenschutzes, dessen Verletzung in der Tat die Gefahren von Banken-Runs heraufbeschwören könnte (also mit Relevanz auch für die Systemstabilität) bzw. massenweise Misstrauen gegenüber der Marktintegrität hervorrufen könnte. Insofern bestätigen Abs. 2 lit. d und e das oben zur Abgrenzung zwischen Verbraucherschutz und Finanz/Institutsstabilität Gesagte (oben Erster Teil Rn 56). Schließlich tritt mit dem Ziel, die Inanspruchnahme öffentlicher Haushalte „geringer“ ausfallen zu lassen (Abs. 2 lit. c), ein gänzlich Eigenständiges hinzu, obwohl auch dieses bereits in Erw.grund 6 der SSM-VO jedenfalls angesprochen war (Brechung der als problematisch erkannten engen Verknüpfung von Staatshaushalten und Bankinvestments). Die eigenständige Formulierung der Aufsichtsziele – vor allem einer Adaption der in der SSM genannten Ziele auf die Besonderheiten der fortgeschrittenen krisenhaften Zuspitzung – wirft die Frage nach dem Übergang von der Phase der laufenden Aufsicht auf die Phase der Abwicklung, namentlich dem Zeitpunkt, auf. In der Tat wird die Phase möglicher Sanierung zwar von der Nomenklatur (und auch den Instrumenten) her der BRRD zugeschlagen, die Abgrenzung zwischen SSM und SRM ist aber eine andere: Die aufsichtliche Sanierungsbegleitung (mit Sanierungsplänen durch die Institute, Sanierung und Frühintervention)150 fällt grds. noch in die Kompetenz der EZB (bzw. der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde, die BRRD spricht von der „zuständigen Behörde“, vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 21 BRRD), erst Abwicklungspläne und Abwicklung selbst sind dem SRM (in Zusammenarbeit mit EU-Kommission und Rat) überantwortet (vgl. Art. 1, 7, 13 SRM-VO) bzw. der sonst zuständigen Abwicklungsbehörde, wobei diesen dann die Sanierungsläne zu übermitteln sind (Art. 6 Abs. 4 und Art. 14 BRRD, vgl. auch ErwG 37 BRRD).151 Über die Sanierungsschritte im Rahmen der Frühintervention unterrichtet die EZB den SRB nur. Daher fällt auch insbes. die periodische Aufstellung und Anpassung der Sanierungspläne (sog. „Living wills“) noch in die Kompetenz der EZB (bzw. der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde). Die EZB ist sogar noch (teilweise) in die eigentliche Entscheidung über die Abwicklung einbezogen: Die eigentliche Entscheidung über die Abwicklung bezieht sich auf das Ob und auf das Wie 63 (Art der Abwicklungsmaßnahme). Geregelt ist beides im Zusammenspiel zwischen Art. 16 und 18 SRM-VO. Für die Entscheidung über die Art der Maßnahme liegt die Kompetenz grds. allein beim SRB (Präsidium, vgl. Art. 18 Abs. 6, 7 SRM-VO), außer in Fragen der Höhe des Beitrages des Fonds bei der Abwicklung, in denen EU-Kommission und Rat gemeinsam intervenieren können (vgl. Art. 18 Abs. 7 SRM-VO).152 Ob eine Abwicklung eingeleitet werden kann, hängt vom Vorliegen der drei Voraussetzungen ab, die Art. 18 Abs. 1 SRM-VO benennt: a) Ausfall(swahrscheinlichkeit), b) unzureichende Rettungsaussicht und c) öffentliches Interesse an einer (geordneten) Abwicklung. Ob ein Ausfall vorliegt oder (höchst-)wahrscheinlich ist, beurteilt sich nach den Kriterien in Abs. 4, von denen nur eines erfüllt sein muss, darunter auch die Überschuldung.153

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150 Vgl. Zur Frühintervention ausf. Uffelmann Maßnahmen der Vor-Insolvenz zur Vermeidung von Bankenkrisen. 151 Zum Zeitpunkt des Übergangs der Kompetenzen ausführlicher Chiti The Transition from Banking Supervision to Banking Resolution: Players, Competences, Guarantees, in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 89. 152 Näher zu diesem Ausnahmebereich: Binder Komplexitätsbewältigung durch Verwaltungsverfahren? Krisenbewältigung und Krisenprävention nach der EU-Bankensanierungs- und -abwicklungsrichtlinie, ZHR 179 (2015), 83 (128 f.). 153 Näher zu diesen Kriterien: Armour ecgi Law Working Paper N° 244/2014, S. 24; auch (wenn auch allgemeiner und nicht konkret zur BRRD, die Wichtigkeit dieser Aufgreifkriterien betonend und diskutierend): ihák/Nier The Need for Special Resolution Regimes for Financial Institutions – The Case of the European Union, IMF Working Paper WP/09, 2009, bes. S. 13 f.; Financial Stability Board, Key Attributes of Effective Resolution Regimes for

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Das öffentliche Interesse ist in Abs. 5 näher umrissen, darunter auch das Interesse, öffentliche Haushalte zu schonen oder das Vorliegen eines anderen der oben genannten Abwicklungsziele nach Art. 14 SRM-VO.154 Insgesamt handelt es sich bei der Entscheidung, ob alle drei Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 SRM-VO vorliegen, um eine gebundene, rechtsförmige Entscheidung, wobei den Entscheidungsträgern ein Beurteilungsspielraum (auch) auf der Tatbestandsseite zukommen dürfte (unbestimmte Rechtsbegriffe und – inhaltlich – prognostische Abwägung).155 Die Entscheidungszuständigkeiten sind bei allen drei Voraussetzungen unterschiedliche. Während über die Ausfall(wahrscheinlichkeit) die EZB primär entscheidet, der SRB die Ausfall(wahrscheinlichkeit) jedoch nach Ankündigung und bei dreitägiger Untätigkeit der EZB auch selbst feststellen kann,156 ist der SRB bei den beiden anderen Elementen der Hauptentscheidungsträger, der auch von sich aus initiativ werden darf und muss. Die besondere Stellung der EZB im ersten Punkt erklärt sich daraus, dass die Frage, ob der Ausfall schon vorliegt oder jedenfalls (höchst)wahrscheinlich ist, maßgeblich von den Bewertungen von Risiko und Eigenkapital abhängt, die wiederum primär in der laufenden Aufsicht vorgenommen werden. In den anderen beiden Fragen steht die Entscheidungskompetenz grundsätzlich dem SRB zu. Dies gilt ganz für die Frage, ob eine Rettung dennoch möglich erscheint (Art. 18 Abs. 1 lit. b SRM-VO), aber auch hinsichtlich des öffentlichen Interesses (Art. 18 Abs. 1 lit. c SRM-VO). Zwar kann die EU-Kommission Einwände erheben, jedoch nur im Zusammenspiel mit dem Rat (und dann mit einem komplizierten „Vermittlungsverfahren“ zwischen SRB und den beiden politischen Organen) (vgl. Art. 18 Abs. 7 SRM-VO).157 Insgesamt ist also eine erhebliche Abschottung des SRB gegenüber allzu viel politischer Einflussnahme zu konstatieren, namentlich auch gegenüber Entscheidungen, in denen der Rat die EU-Kommission überstimmt (wie in den 2000er Jahren bei der [Nicht-]Sanktionierung der Verstöße durch Mitgliedstaaten gegen die Kriterien des Stabilitätsund Wachstumspakts). Wenn freilich Auszahlungen aus dem Abwicklungsfonds (Recovery Fund) nach 67, 76–79 SRM-VO nötig werden, ist für deren Genehmigung, da sie dem Beihilfenrecht unterworfen werden (Art. 19 SRM-VO),158 die EU-Kommission zuständig.

_____ Financial Institutions, 2011, S. 7; Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893 (895); speziell für Großbritannien: Davies Bank resolution in the UK – creating a culture of early intervention, (2015) 8 Law and Financial Markets Review 4. 154 Näher zu diesen Kriterien: Zavvos/Kaltsouni in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Research Handbook, S. 117; Busch Governance of Single Resolution Mechanism, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.), European Banking Union, 2015, S. 326. 155 Näher in diesem Sinne Armour ecgi Law Working Paper N° 244/2014, S. 24; Moloney CMLR 51 (2014) 1609 (1639–1641); allg. zu den Kriterien für eine reduzierte gerichtliche Kontrolldichte des EuGH im wirtschaftlichen Bereich (unbestimmter Rechtsbegriff als solcher rechtfertigt noch keine reduzierte Kontrolldichte, erst Hinzutreten prognostischer Elemente): vgl. (mit Auswertung der EuGH-Rechtsprechung) Grabitz/Hilf/Nettesheim/Dörr, Art. 263 AEUV Rn 191. 156 Hierzu auch Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893 (895). Dazu, wie sehr sich gerade die Entscheidungszuständigkeit in Fragen des „Ob“ seit dem Vorschlag änderte, vgl. kurze Darstellung bei Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 25 (damals EZB und EU-Kommission als Hauptentscheidungsträger). 157 Näher hierzu Busch (Fn 146), S. 326; Wojcik/Ceyssens EuZW 2014, 893 (895); kritisch zur Abschottung aus demokratietheoretischer Sicht Möllers Some Reflections on the State of European Democracy with Regard to the Banking Union and the ECB, in: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution, S. 205, 207–217. 158 Zu dieser Frage (und auch dazu, dass der Fonds aus Bankabgaben, nicht allgemeinen Steuern gespeist wird) vgl. EU Legal Service Opinion on Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council establishing uniform rules and a uniform procedure for the resolution of credit institutions and certain investment firms in the framework of a Single Resolution Mechanism and a Single Bank Resolution Fund and amending Regulation (EU) No. 1093/2010 of the European Parliament and of the Council (13. September 2012), Rn 45. Zu den Gründen, warum das EU Sanierungs- und Abwicklungsregime grds. tatsächlich mit dem Beihilfenrecht verknüpft ist, vgl. Lannoo Bank State Aid under BRRD and SRM, (2014) 4 European State Aid Law Quarterly 630; bedeutend ist in diesem Kontext das EuGH-Urteil vom 19.7.2016, Rs. C-526/14, Kotnik u. a./Državni zbor Republike Slovenije, ECLI:EU:C:2016:570; hierzu Badenhoop Banking Communication Non-binding and Burden-sharing Approved: Kotnik, ERCL 2017, 299.

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(ii) Der Bereich der „indirekten“ Aufsicht des SRB auch über alle anderen Banken(gruppen) ist im Zusammenspiel zwischen SRB-Eingriffsbefugnissen und grds. nationaler Zuständigkeit etwas anders geregelt als im Rahmen des SSM zwischen EZB und nationalen Aufsichtsbehörden: Zwar findet sich in Art. 7 Abs. 1 SRM-VO wiederum der Grundsatz, dass der SRB die Gesamtverantwortung für alle Teile des Bankenabwicklungssystems trägt (wie in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 SSM-VO für die EZB). Während jedoch Art. 4 Abs. 1 SSM-VO der EZB zentrale Aufgaben der laufenden Aufsicht auch noch im Bereich grds. nationaler Zuständigkeit vorbehält („Grundlagengeschäfte“), handelt es sich beim Abwicklungsplan bzw. der Abwicklung zwangsläufig immer um solch ein „Grundlagengeschäft“. Der Weg, diese „Grundlagengeschäfte“ stets dem SRB vorzubehalten, den „Rest“ der Aufsicht jedoch den nationalen Behörden zu überantworten, war daher nicht gangbar. Die Abgrenzung erfolgt also hier nun in Art. 7 Abs. 3–5 SRMVO abweichend so, dass eine allgemeine Residualkompetenz des SRB verbleibt: Die nationalen Behörden sind für alle Fragen von Abwicklungsplan und Abwicklung zuständig, der SRB kann jedoch jederzeit umfassend die Abwicklung übernehmen (vgl. namentlich Abs. 4 lit. b und auch Abs. 5).159

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c) Flankierende „Aufsicht“ durch den ESRB. Eine weitere einheitliche „Aufsicht“ auf EUEbene wurde schon vor Einrichtung der Europäischen Bankenunion (mit SSM und SRM) installiert und zwar im Rahmen der ersten – weniger weit reichenden – Reform- und Neugestaltungswelle bis Mitte 2012, also parallel zum bloßen Koordinierungsmechanismus ESFS (unten 4.): Geschaffen wurde der sog. European Systemic Risk Board (ESRB),160 eine im Wesentlichen nur Daten sammelnde und analysierende Behörde zu makroprudentiellen Risiken, nicht unmittelbar mit klassischen Aufsichtsaufgaben und -befugnissen betraut bzw. ausgestattet.161 Institutionell steht diese „Aufsicht“ insofern SRM und besonders SSM nahe, als sie europaeinheitlich verwaltungsmäßig durchgeführt wird, um Risiken frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen anderer Institutionen, namentlich der EZB anzustoßen, und als diese Behörde zudem auch schon damals bei der EZB angesiedelt wurde. Eine Einwirkung der Praxis dieser Behörde auf bankprivatrechtliche Fragen (Bankenorganisation, Bankensanierung bzw. -abwicklung und auf das BankKunden-Verhältnis sowie die Marktverhaltenspflichten der Banken) liegt jedoch fern.

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3. Leitprinzipien der laufenden Aufsicht durch die EZB. Die genuin Europäische Bankaufsicht durch die EZB (in den Euro-Mitgliedstaaten) zeichnet sich vor allem durch drei Leitprinzipien aus, von denen die letzten beiden ihre Parallelen auch beim Handeln des SRB haben.162 Die Aufsicht durch die EZB zeichnet sich zunächst durch funktional-institutionelle Tren67 nung der Aufgabenbereiche und Entscheidungsprozesse aus: Unverzichtbar (auch und gerade aus deutscher Sicht) ist die funktionale Trennung innerhalb der EZB zwischen den Funk-

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159 Zu diesem Zusammenspiel vgl. etwa Busch (Fn 146), P.9.01. 160 Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken, ABl.EU 2010 L 331/1. 161 Näher zum ESRB und seinen Aufgaben und Befugnissen: Angelini in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 33; Ferran/Alexander (2011) 37 ELR 751; Kaufhold Die Verwaltung 2013, 21; Kerjean Euredia 2011, 303; Selmayr in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. 127 AEUV Rn 47 ff.; Wymeersch ecgi Law Working Paper N° 240/2014, S. 64–66; Thiele Finanzaufsicht, S. 501 ff. 162 Zur Unabhängigkeit des SRB: Alexander ELR 2015, 154 (170); Macchia The Independence Status of the Supervisory Board and the Single Resolution Board: An Expansive Claim of Autonomy? in: Barucci/Messori (Hrsg.) European Banking Union, S. 117 (121–123). Zur Vernetzung bei der Entscheidungsfindung des SRB vgl. bereits oben Erster Teil Rn 62 f.; sowie Busch (Fn 146), 331; kritisch zur (faktisch sehr weitreichenden) Unabhängigkeit vor allem des SRB: Möllers in: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution, S. 205, 215–217.

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tionen Geldpolitik und Geldwertstabilität einerseits und Bankaufsicht andererseits. Sie erscheinen strikt voneinander getrennt, mit einem gesonderten „Organ“ für die Bankaufsicht, dem sog. Supervisory Board (vgl. Art. 25 f. SSM-VO, „Aufsichtsgremium“) – wenn auch (primärrechtlich vorgegeben) die Letztentscheidungsmacht jeweils beim EZB-Rat liegt. Damit wird jedenfalls eine Annäherung bewirkt an das deutsche System – mit seiner institutionellen Trennung, bei gleichzeitiger Verschränkung vor allem bei der Informationserhebung (vgl. § 7 KWG). In der Tat wurde die Anbindung der auf EU-Ebene zentralisierten Bankaufsicht an der EZB gerade in Deutschland kritisch gesehen, wo (unabhängige) Geldpolitik und (vom Finanzminister abhängige) Bankaufsicht stets getrennt waren.163 Die Trennung innerhalb der EZB soll durch Trennung des Personals, der (Sitzungen und Beratungen) der Leitungsorgane sowie Offenlegungspflichten gegenüber Europäischem Parlament und Rat abgesichert werden (Art. 25 Abs. 2, 4 SSM-VO). Zugleich soll bei Entscheidungen, die beide Bereiche betreffen, ein Mediationsausschuss eine sinnvolle Abstimmung ermöglichen (Art. 25 Abs. 5 SSM-VO). Die weitgehende funktionale „Unabhängigkeit“ des Aufsichtsgremiums in seinen Entscheidungen (vgl. Art. 25–27 SSM-VO) wird vor allem dadurch verfahrensmäßig gestärkt, dass seine Entscheidungen durch Zeitablauf verbindlich werden, wenn der EZB-Rat kein Veto einlegt (Art. 26 Abs. 8 Satz 3 SSM-VO).164 Die Aufsicht durch die EZB – Aufsichtsgremium sowie EZB-Rat – zeichnet sich außerdem 68 durch „volle Unabhängigkeit“ aus (75. Erwägungsgrund, Art. 19 SSM-VO). Diese „Unabhängigkeit“ der Bankaufsicht war gerade für Deutschland problematisch, hier wurde (wie herkömmlich) eine klare politisch-demokratische Verantwortlichkeit in diesem Bereich gefordert.165 Die Unabhängigkeit besteht einerseits gegenüber EU-Institutionen, andererseits jedoch auch gegenüber der nationalen Aufsicht einschließlich Ministerien (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SSM-VO). Dies gebieten schon die Grundsätze des Vorrangs und der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts. Umstrittener war daher die Unabhängigkeit von jeglicher politisch-demokratischen Verantwortlichkeit auch auf EU-Ebene. Freilich fordern schon die Basel III-Grundsätze bedingungslos eine „Unabhängigkeit“ der Bankaufsicht gegenüber dem Einfluss anderer politischer Institutionen. Auch wurde gerade die zu starke Bereitschaft nationaler Aufsichtsbehörden, auf „politische Notwendigkeiten“ Rücksicht zu nehmen, als mitverantwortlich für Aufsichtsversagen und Finanzkrise erkannt; die Brechung des Konnexes zwischen Mitgliedstaatspolitik und Bankaufsicht – einschließlich der gegenseitigen Ansteckungsgefahren bei den finanziellen Belastungen – war zentrales Ziel der Einführung einer Europäischen Bankenunion (vgl. 6. Erwägungsgrund).166 Daher ist Unabhängigkeit mit ihren beiden genannten Dimensionen in der Tat

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163 Zur Kritik etwa Herdegen WM 2012, 1889 (1898); Ruthig ZHR 178 (2014) 443 (bes. 466 ff.); Torres The EMU’s Legitimacy and the ECB as a Strategic Political Player in the Crisis Context, 35 Journal of European Integration 287 (2013); K. Tuori/K.Tuori The Eurozone Crisis: A Constitutional Analysis, 2014, bes. S. 185 f., 227 f., 253 ff. (Bedenken vor allem in Deutschland); Wolfers/Voland BKR 2014, 177. 164 Hierzu, namentlich zur Trennung, näher: Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255; Mehmedi Europäische Bankenunion, S. 58 f.; Tröger EBOR 2014, 449 (bes. 480); ausf. Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 124–136; zum primärrechtlichen Hintergrund für dieses Vetorecht und zum darin liegenden Potential für Interessenkonflikte eingehend: Krauskopf/Langner/Rötting Some Critical Aspects of the European Banking Union, Banking and Finance Law Review, 2014, 241. 165 Zu diesem Bedenken, aber auch dazu, dass dieses in Europa deutlich eine Minderheitsposition darstellt: Herdegen WM 2012, 1889 (bes. 1894 f., 1898) (nach seiner Meinung sogar primärrechtswidrig); Ruthig ZHR 178 (2014) 443 (bes. 466 ff.); Torres 35 Journal of European Integration 287 (2013); K. Tuori/K.Tuori The Eurozone Crisis: A Constitutional Analysis, 2014, bes. S. 185 f., 227 f., 253 ff. (Bedenken wiederum vor allem in Deutschland); zur (neuen) Unabhängigkeit speziell der BaFin vgl. namentlich Dechent NVwZ 2015, 767. 166 Zu diesem Rechtfertigungsansatz für eine Unabhängigkeit, die derjenigen in der Geldpolitik in der Tat vergleichbar erscheint: (aus ökonomischer Sicht grundlegend): Becker A theory of competition among pressure groups for political influence, The Quarterly Journal of Economics 1983, 371; „capture“ noch verstärkt in Zeiten von Bankkrisen, so dass hier eine stärker beeinflussbare Bankaufsicht besonders problematisch erscheint: Llewellyn An analysis of the causes of recent banking crises, The European Journal of Finance, 2002, 152. Zur EZB als Bankaufsicht: Wymeersch ecgi Law Working Paper No 240/2014, S. 25; zur EZB allgemein schon EuGH Urt. v.

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als eine Absage gegenüber einer direkten Weisungsabhängigkeit zu verstehen: zugunsten einer bloßen Verantwortlichkeit gegenüber dem Europäischen Parlament (und nationalen Parlamenten) in Form von Rechenschaftspflichten und deren Mitwirkungsmöglichkeiten bei Besetzung und Abberufung der Mitglieder des Supervisory Board (vgl. Art. 20 f., 26 SSM-VO). In der laufenden Aufsicht selbst soll die Expertise des Aufsichtsorgans nicht durch politische Überlegungen konterkariert werden.167 Umgekehrt wird die Compliance Funktion im Supervisory Board mit seinen fast 1000 Mitarbeitern besonders ernst genommen, namentlich auch durch Klärung der Verhaltensstandards in einem Verhaltenskodex.168 Die Unabhängigkeit bedeutet umgekehrt keine Freistellung von rechtsförmiger Überprüfung und Rechtswegegarantie (Art. 22–24 SSM-VO).169 69 Als drittes Leitprinzip der Aufsichtstätigkeit ist eine spezifische Form der „Verbundverwaltung“ zu sehen, die eine Reihe von Einzelregeln zur Zusammenarbeit von EZB und nationalen Aufsichtsbehörden, aber auch zur Ausgestaltung des Aufsichtsgremiums und seiner Arbeitseinheiten prägt. Eine Reihe dieser Regeln wurde bei der Darstellung der Zusammenarbeit bereits angesprochen, paradigmatisch sei hier eine nochmals herausgegriffen: Die einzelnen Aufsichtsteams sollen aus verschiedenen Nationalitäten bzw. gemischt zwischen Mitarbeitern des Supervisory Body der EZB und der nationalen Aufsichtsbehörde(n) zusammengestellt werden (oben Erster Teil Rn 57). Bewertet man dies unter dem Aspekt der Vor- und Nachteile verstärkter Integration,170 so sollen hier sichtlich die Vorteile besserer (dezentraler) Information im Einzelfall – d.h. der Umstände „vor Ort“ und im fraglichen Land – kombiniert werden mit den Vorteilen von Zentralisierung, namentlich dahingehend, dass die Gefahr eines „regulatory capture“ der Aufsichtsbehörde gegenüber der beaufsichtigten Bank vermindert wird. Solche Teams vereinen den Vorteil lokaler Detailkenntnis mit dem, dass Abhängigkeitslagen nicht so leicht ausgebildet werden könne, weil die Mitglieder rotieren und die der beaufsichtigten Bank nahestehenden Aufsichtspersonen (etwa solche gleicher Nationalität) im Aufsichtsgremium jeweils nur eine Minderheitsposition haben (und in deren Schutz auch selbst leichter streng „objektiv“ entscheiden können). 70

4. Zusammenarbeit mit den sonstigen Regulierungs- und Aufsichtsbehörden auf EUEbene (insbes. ESFS). Neben die Zusammenarbeit im Vertikalverhältnis im Rahmen von SSM

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10.7.2003 – Rs. C-11/00 Kommission ./. EZB, Slg. 2003, I-7174 (Tz. 134 f.) (Unabhängigkeit unverzichtbar für verzerrungsfreie Aufgabenerfüllung, freilich dennoch Einbettung in die Europäische Gesellschaft und rechtsstaatliche Bindung); zur Unabhängigkeit von Regulierungsbehörden als sektorübergreifendes unionsrechtliches Konzept Ruthig/Storr Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2015 Rn 185 ff.; für eine sachliche Rechtfertigung der Unabhängigkeit gegenüber dem Demokratieprinzip als „distanzstiftender Entkoppelung“ Ruffert FS Scheuing 2011, 399 (411 f.); ferner Herdegen WM 2012 1889 (1894) (im Übrigen kritisch): „Für diese Unabhängigkeit lässt sich im Interesse sachgerechter Entscheidungen die Abschottung von Entscheidungsprozessen gegen Weisungen im nationalen Interesse ins Feld führen“; und auch im Hinblick auf die Basel-III Grundsätze mit ihrem Unabhängigkeitsgebot: Chorafas Basel III, the Devil and Global Banking, 2012, S. 241–246; und ganz allgemein: The Economist 10.2.1990, S. 10 „the only good central banker is one that can say no to politicians.“ 167 Allgemeiner zur Stellung der EZB als Spitzeninstitution der Bankaufsicht in der Eurozone: Grabowski Die EZB als Aufsichtsbehörde. Stellung und Funktion der EZB im ESFS und SSM. Zur politischen Ökonomie von EZB und Europäischer Bankenunion: Grundmann/Micklitz (Hrsg.), The European Banking Union and Constitution; Howarth/Quaglia The political economy of European Banking Union; auch Wolfson/Epstein (Hrsg.) The Handbook of the Political Economy of Financial Crises. 168 Vgl. nur Guideline (EU) 2015/856 of the European Central Bank of 12 March 2015 laying down the principles of an Ethics Framework for the Single Supervisory Mechanism (ECB/2015/12). 169 Hierzu und namentlich zur auch gerichtlichen Anfechtbarkeit: D’Ambrosio Quaderni di Ricerca Giuridica (Banca d’Italia) N° 74, 2013; Brescia Morra EBOR 2017, 567; Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255; Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 278–283; Kämmerer WM 2016, 1; Lackhoff Single Supervisory Mechanism, S. 237 ff.; Müller/Fischer/Müller WM 2015, 1505; Wymeersch ecgi Law Working Paper No 240/2014, S. 61 f.; Ruthig/Storr Öffentliches Wirtschaftsrecht, 4. Aufl. 2015, Rn 186; zur Haftung namentlich: Almhofer AöR 2016, 59. 170 Vgl. Nachw. oben Fn 138.

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und SRB tritt eine zweite Form der Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden, nunmehr in der ganzen EU und zwischen nationalen und Europäischen Behörden und Institutionen gemischt, aber auch zwischen Europäischen Behörden und Institutionen untereinander, also vertikal, diagonal und horizontal. Hier geht es nicht mehr um klare Kompetenzabgrenzung im hierarchischen Verbund, sondern um Koordination, aber auch Ausdifferenzierung in der Regelsetzung. Im Mittelpunkt steht das European System of Financial Supervision (ESFS), mit der European Banking Authority (EBA) für den Bereich der Bankenaufsicht. Systematisch-praktisch ist diese Zusammenarbeit für die Eurozone zwar sicherlich nachrangig gegenüber der klarer durchstrukturierten Zusammenarbeit unter SSM (und auch SRM), historisch aber geht jene dieser voraus: Das ESFS wurde in der ersten Reformphase nach der Finanzkrise – gleichsam als „erste“, noch undifferenziert EU-weit konzipierte „Antwort“ – etabliert – als die Spanien- und Zypernkrise noch nicht dazu geführt hatten, dass in der Eurozone echte Zentralisierung der Aufsichtsbefugnisse für unverzichtbar eingeschätzt wurden. Mit dem ESFS wurden drei Koordinierungs-, teils auch Regulierungsbehörden auf EU- 71 Ebene etabliert, am wichtigsten für das Bankprivatrecht die European Banking Authority (EBA) für das Bankaufsichtsrecht und die European Securities Markets Authority (ESMA) für die Kapitalmarktaufsicht (unten 5. Teil Rn 95 f.), daneben (und hier nicht relevant) EIOPA für das Versicherungswesen.171 Den Aufsichtsbehörden wurden freilich im Wesentlichen nur koordinierende Befugnisse eingeräumt172 sowie eine zentrale Rolle in der normgebenden Verfeinerung der Richtlinienvorgaben durch Ausführungs-Verordnungen. Die eigentliche Verwaltungskompetenz im Einzelfall blieb demgegenüber bei den nationalen Aufsichtsbehörden. Heute agiert die EZB im Rahmen des Lenkungsorgans der EBA zwar nur als beobachtendes Mitglied (vgl. Art. 40 Abs. 1 lit. d EBA-Verordnung, jetzt in der Fassung von 2013), hat aber starken koordinierenden Einfluss auf die Euroländer, die die Stimmrechte halten. Die Rolle der EZB als EU-vertraglich verankerter unabhängiger Institution machte es auch nötig, das interinstitutionelle Gleichgewicht so zu justieren, dass sie nicht etwa (den erst durch Sekundärrecht geschaffenen Aufsichtsund Regulierungsbehörden!) EBA und ESMA – im Rahmen von deren „Koordinierungsbefugnissen“ – untergeordnet erschien (zu beidem vgl. Verordnung [EU] Nr. 1022/2013, Fn 120). Die für das Bankprivatrecht wichtigste Aufgabe der EBA – die Mitwirkung, teils federführend, bei der Entwicklung des Single Rulebook – bezieht sich auf die Gesetzgebung zum materiellen Bankaufsichtsrecht und wurde daher auch in diesem Rahmen bereits erörtert (oben Erster Teil Rn 47 f.).

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171 Aufgezählt sind die drei Behörden des ESFS in Art. 2 Abs. 2 von Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission, ABl.EU 2010 L 331/84: die ESMA (geschaffen durch Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 selbst, als Nachfolgebehörde für die in diesem Bereich bereits bestehende Europäische Koordinierungsbehörde CESR); die EBA (geschaffen durch Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission, ABl.EU 2010 L 331/12); sowie EIOPA als die Versicherungsaufsichtsbehörde. Vgl. etwa Binder GPR 2011, 34; Kämmerer NVwZ 2011, 1281; Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies, 255 (282); Gortsos Single Supervisory Mechanism, S. 8–15; Ferran EBOR 2016, 285. 172 Hierzu näher für die EBA: Enria The new role of the European Banking Authority in the Banking Union, Rede vom 29.9.2013, abrufbar unter https://www.eba.europa.eu/documents/10180/421063/2013+09+26++ESE+Conference+Frankfurt.pdf; Ferran/Babis (2013) 13 Journal of Corporate Law Studies 255 (279); Gurlitt EuZW 2014, 14; zu möglichen Schwächen der EBA: Babis Legal Studies Research Paper Series, University of Cambridge, Paper No. 37/2014, S. 27.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

III. Umsetzung, autonome Regulierung und Zuständigkeiten in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten 72

1. Umsetzungsakte in Deutschland und den anderen großen EU-Mitgliedstaaten. In Deutschland wurde das CRD IV-Paket umgesetzt durch das sog. CRD IV-Umsetzungsgesetz vom 28. August 2013.173 Die Änderungen namentlich zu den Kapitalanforderungen und zum Bankaufsichtssystem, die das CRD IV-Umsetzungsgesetz mit sich brachte, erfolgten primär im Kreditwesengesetz (KWG) als dem bankaufsichtsrechtlichen Kerngesetz sowie in den auf ihm basierenden Ausführungsregeln.174 In diesem Rechtsakt wurden auch die Wahlrechte aus der CRR, soweit Deutschland sie überhaupt wahrnahm, ausgeübt (vgl. ggf. auch näher in der Tabelle unten). Die BRRD mit den Sanierungs- und Abwicklungsregeln wurde umgesetzt im sog. BRRDUmsetzungsgesetz vom 10. Dezember 2014.175 Den Hauptteil dieses Gesetzes bildet das neue Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG), das am 1.1.2015 in Kraft trat und die vorher unbekannten Instrumente eines Sanierungs- und Abwicklungsplans sowie die Eingriffs- und Abwicklungsbefugnisse regelt. Die weiteren Teile des BRRD-Umsetzungsgesetzes betreffen Änderungen vor allem des Kreditwesengesetzes (KWG) und anderer Gesetze sowie Ausführungsvorschriften.176 Die Reform des EU-Einlagensicherungsgesetzes machte hingegen nur geringfügige Umsetzungsschritte nötig (nach dem Gesagten steht EDIS noch aus).177 Als Bankaufsichtsbehörde zuständig sind – soweit die SSM-VO die Aufsicht nicht vollständig auf die EZB überträgt – (primär) die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin, vgl. § 3 Abs. 2 SAG i.V.m. § 1 Abs. 5 KWG) und (begleitend) die Bundesbank (vgl. §§ 6, 7 KWG). Als Sanierungs- und Abwicklungsbehörde nach dem SAG – soweit die EU-SRM-VO die Aufgaben nicht auf den SRB überträgt – war bis zum 31.12.2017 die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung zuständig (§ 3 Abs. 1 SAG a.F.), seit 1.1.2018 ist dies ebenfalls die BaFin, genauer die Nationale Abwicklungsbehörde (NAB) als eigenständig operierender Geschäftsbereich der BaFin (§ 3 Abs. 1 SAG n.F.).178 Die gesetzliche Umsetzung des CRD IV-Pakets in Frankreich erfolgte durch (gesetzeser73 setzenden Regierungserlass) Ordonnance no. 2014–158 vom 20. Februar 2014 (im Folgenden

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173 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IVUmsetzungsgesetz) vom 28. August 2013, BGBl. 2013 I, S. 3395; abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/ start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&start=//*%255B@attr_id=%27bgbl113s3395.pdf%27%255D#__bgbl__% 2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl113s3395.pdf%27%5D__1556619672419. 174 Vgl. im einzelnen Tabelle unten sowie Reinicke Verordnungen zum KWG und zur CRR. Knappe, informative Zusammenfassung bei Kirchhartz GWR 2013, 395. 175 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) vom 10. Dezember 2014, BGBl. 2014 I, S. 2091; abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Gesetze/ 2014-12-18-BRRD-Umsetzungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=5. 176 Vgl. im einzelnen Tabelle unten sowie Reinicke Verordnungen zum KWG und zur CRR. Knappe, informative Zusammenfassung bei Engelbach/Friedrich WM 2015, 662. 177 Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (DSGD-Umsetzungsgesetz) vom 28.5.2015, BGBl. 2015 I, S. 786; abrufbar unter: https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27 bgbl117s2789.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl117s2789.pdf%27%5D__ 1556619811954. 178 Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSANeuordnungsgesetz – FMSANeuOG) vom 23. Dezember 2016, BGBl. I S. 3171.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

„Ordonnance“),179 die in ihrem Hauptteil für das Bankaufsichtsrecht den Code Monétaire et Financier als den bankaufsichtsrechtlichen Hauptakt an die Vorgaben anpasste (1. Kapitel), und durch zwei (gesetzesmodifizierende) Verordnungen (Décrets), no. 2014–1315 und 2014– 1316 vom 3. November 2014, mit weiteren Adaptionen im Code Monétaire et Financier. Hinzu treten eine Reihe Ministerial-Verordnungen als Ausführungsregelungen.180 In diesen Rechtsakten wurden ebenfalls die Wahlrechte zur CRR, soweit Frankreich sie überhaupt ausübte, wahrgenommen (vgl. ggf. auch näher Tabelle unten). Die zuständige Aufsichtsbehörde für das CRDIV Paket sowie Sanierung und Abwicklung ist in Frankreich – soweit die EU-SSM-VO die Aufsicht nicht vollständig auf EZB bzw. die EU-SRM-VO die Aufgaben auf den SRB überträgt – die Autorité de contrôle prudentiel et de résolution (ACPR).181 Frankreich setzte die materiellrechtlichen Vorgaben der BRRD zu Sanierung und Abwicklung in sieben Rechtsakten um.182 In Italien wurde das CRD IV-Paket (erst) ab Oktober 2014 umgesetzt und zwar zuerst durch 74 Gesetzesdekret n. 154 vom 7. Oktober 2014 (für EU-Rechtsakte 2013),183 das in seinem Art. 3 die

_____

179 Ordonnance n° 2014–158 du 20 février 2014 portant diverses dispositions d’adaptation de la législation au droit de l’Union européenne en matière financière, Journal Officiel (ABl.) 2014, S. 3022; abrufbar unter: http://legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000028625279&categorieLien=id. 180 Décret n° 2014–1315 du 3 novembre 2014 portant diverses dispositions d’adaptation au droit de l’Union européenne en matière financière et relatif aux sociétés de financement, Journal Officiel (ABl.) 2014, S. 18575; abrufbar unter: http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do;jsessionid=((Fragez))cidTexte=JORFTEX T00002 9699787&dateTexte=&oldAction=dernierJO&categorieLien=id; Décret n° 2014–1316 du 3 novembre 2014 portant diverses dispositions d’adaptation au droit de l’Union européenne en matière financière et relatif aux sociétés de financement, Journal Officiel (ABl.) 2014, S. 18590; abrufbar unter: http://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do; jsessionid=((Fragez))cidTexte=JORFTEX T000029700428&dateTexte=&oldAction=dernierJO&categorieLien=id; für eine umfassende Liste der Umsetzungsgesetzgebung vgl.: http://www.tresor.economie.gouv.fr/10404_trans position-en-france-du-paquet-crd4-et-de-la-directive-ficod. 181 Zur französischen CRD IV-Umsetzung Capdeville Transposition de la directive CRD IV, La Semaine Juridique, Édition Générale, N°10–11, 10 Mars 2014, 470; ders. Renforcement de l’encadrement légal des succursales d’établissements de crédit de pays tiers, La Semaine Juridique, Édition Générale, N° 22, 1er Juin 2015, 1046; Lecourt Le gourvernement d’entreprise dans les banques: lorsque le droit des sociétés doit s’adapter au droit bancaire (transposition de la directive „CRD 4“), Revue des Sociétés, Mai 2014, 335; Piedelièvre La rémunération du trader, Revue de Droit Bancaire et Financier, Mars–Avril 2015, Dossier 19; Samin La réforme du statut d’établissement de crédit en vue de l’entrée en vigueur du règlement européen CRR I (Capital Requirements Regulation): des sociétés financières aux sociétés de financement, Revue de Droit Bancaire et Financier, Septembre–Octobre 2013, Dossier 44; Samin/Torck Dissociation des fonctions de président du conseil d’administration et de directeur général, Revue de Droit Bancaire et Financier n°5, Septembre 2018, Commentaire 116; Teller Les fonctions de la procédure en droit bancaire et financier, Revue Internationale de Droit Économique, 2015, 503. 182 Article 1er de LOI n° 2014–1662 du 30 décembre 2014 portant diverses dispositions d’adaptation de la législation au droit de l’Union européenne en matière économique et financière, Journal Officiel (ABl.) 2014, S. 23238, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000029999826&cate gorieLien=id; Ordonnance n° 2015–1024 du 20 août 2015 portant diverses dispositions d’adaptation de la législation au droit de l’Union européenne en matière financière; Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 14652, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000031070122&categorieLien=id; Décret no 2015–1160 du 17 septembre 2015 portant diverses dispositions d’adaptation au droit de l’Union européenne en matière financière, Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 16619, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affich Texte.do?cidTexte=JORFTEXT000031184193&categorieLien=id; Arrêté du 11 septembre 2015 relatif aux plans préventifs de rétablissement, Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 16624, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/ affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000031184280&categorieLien=id; Arrêté du 11 septembre 2015 relatif aux plans préventifs de résolution, Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 16625, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affich Texte.do?cidTexte=JORFTEXT000031184289&categorieLien=id; Arrêté du 11 septembre 2015 relatif aux critères d’évaluation de la résolvabilité, Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 16626, abrufbar unter: https://www.legifrance. gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT000031184296&categorieLien=id; Arrêté du 11 septembre 2015 précisant les modalités d’intervention du fonds de garantie des dépôts et de résolution dans le cadre de la résolution, Journal Officiel (ABl.) 2015, S. 16627, abrufbar unter: https://www.legifrance.gouv.fr/affichTexte.do?cidTexte=JORFTEXT 000031184304&categorieLien=id. 183 Legge 7 ottobre 2014, n. 154, Delega al Governo per il recepimento delle direttive europee e l’attuazione di altri atti dell’Unione europea – Legge di delegazione europea 2013 – secondo semester, Gazetta Ufficiale (ABl.),

69

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Umsetzungsleitlinien für die eigentliche Umsetzung der CRD IV durch Regierungs-Verordnung spezifizierte. Auf dieser Grundlage erließ dann die Regierung das Decreto n. 72 vom 12. Mai 2015 (in Kraft seit dem 27. Juni 2015), das das Bankaufsichtsgesetz (Testo Unico in materia Bancaria, T.U.B.) änderte (Art. 2 f.) sowie auch den Finanzmarktkodex (Testo Unico della Finanza, T.U.F.) anpasste (Art. 4 ff.).184 Schon vorher hatte die Banca d’Italia im Rundschreiben 285 vom 17. Dezember 2013 Teile der Vorgaben umgesetzt (mit späteren Änderungen, vgl. vorige Fn). In diesem Zusammenhang wurden auch die Wahlrechte nach der CRR, soweit Italien sie wahrnahm, ausgeübt. Zum Zwecke der Umsetzung der BRRD mit ihren Sanierungs- und Abwicklungsregeln erging dann das Gesetzesdekret n. 114 vom 9. Juli 2015 (für EU-Rechtsakte 2014), das die Umsetzungsbefugnisse für 58 Richtlinien auf die Regierung delegiert,185 unter diesen auch für die BRRD (2014/59/EU) und die Deposit Guarantee Scheme Directive (DGSD) (2014/49/EU). Die Umsetzungsleitlinien finden sich in Art. 8 des Gesetzes. Italien setzte die BRRD 2015 per Regierungsdekret um.186 Zuständige Behörde für die laufende Bankaufsicht ist die Banca d’Italia für das CRD IV-Paket. Gleiches gilt für die Aufgaben unter der BRRD (Art. 3 des Decreto n. 72 vom 12. Mai 2015, s.o.). 75 Die gesetzliche Umsetzung des CRD IV-Pakets erfolgte in Großbritannien primär durch die Capital Requirements Regulations 2013 vom 10. Dezember 2013 (in Kraft seit dem 1.1.2014).187 Dies wurden weiter ausdifferenziert bzw. ergänzt durch die Capital Requirements (Country-byCountry Reporting) Regulations 2013188 zu den Offenlegungspflichten, den Financial Services

_____

Serie Generale n.251 vom 28.10.2014; abrufbar unter: http://www.gazzettaufficiale.it/eli/id/2014/10/28/14G00167/ sg. 184 Decreto Legislativo 12 maggio 2015, n. 72, Attuazione della direttiva 2013/36/UE, che modifica la direttiva 2002/87/CE e abroga le direttive 2006/48/CE e 2006/49/CE, per quanto concerne l’accesso all’attivita’ degli enti creditizi e la vigilanza prudenziale sugli enti creditizi e sulle imprese di investimento. Modifiche al decreto legislativo 1° settembre 1993, n. 385 e al decreto legislativo 24 febbraio 1998, n. 58. Gazetta Ufficiale (ABl.) Serie Generale n.134 vom 12.6.2015; abrufbar unter: http://www.gazzettaufficiale.it/eli/id/2015/06/12/15G00087/sg. Die beiden geänderten Gesetze: Decreto Legislativo 1 settembre 1993, n. 385, Testo unico delle leggi in materia bancaria e creditizia, Gazetta Ufficiale (ABl.) n.230 vom 30.9.1993 (Suppl. Ordinario n. 92), abrufbar unter http://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:decreto.legislativo:1993–09–01;385; sowie Decreto Legislativo 24 febbraio 1998, n. 58, Testo unico delle disposizioni in materia di intermediazione finanziaria, ai sensi degli articoli 8 e 21 della legge 6 febbraio 1996, n. 52, Gazetta Ufficiale (ABl.) n.71 vom 26.3.1998 (Suppl. Ordinario n. 52), abrufbar unter http://www.normattiva.it/uri-res/N2Ls?urn:nir:stato:legge:1998; 58. Liste und Einzelregeln abrufbar unter: https://www.bancaditalia.it/compiti/vigilanza/normativa/archivionorme/ circolari/c285/CIRC_285_10_ AGGTO_integrale-segnalibri.pdf; zur italienischen CRD IV-Umsetzung Amorello Macroprudential policy tools: „State of the Art“ in Italy in view of the ESRB report „A review of macro-prudential policy in the EU one year after the introduction of the CRD/CRR“, 2015, available at https://ssrn.com/abstract=2659801; Circolare Assonime Il regime delle sanzioni nel decreto di recepimento della CRD-IV Rivista Delle Società 2016, fascicolo 6, 1178; Donato La specialità della società bancaria ai tempi della Banking Union, Rivista di Diritto dell’impresa 1/2017, 113; Pagani La riforma del credito cooperativo in prospettiva comparata, Banca Impresa Società agosto 2016, fascicolo 2, 203. 185 Legge 9 luglio 2015, n. 114, Delega al Governo per il recepimento delle direttive europee e l’attuazione di altri atti dell’Unione europea – Legge di delegazione europea 2014, Gazetta Ufficiale (ABl.), Serie Generale n.176 vom 31.7.2015; abrufbar unter: http://www.gazzettaufficiale.it/eli/id/2015/07/31/15G00127/sg; sowie www.governo.it (Recepimento della direttiva 2014/59/UE …). 186 Decreto Legislativo 16 novembre 2015, n. 180, Attuazione della direttiva 2014/59/UE del Parlamento europeo e del Consiglio, del 15 maggio 2014, che istituisce un quadro di risanamento e risoluzione degli enti creditizi e delle imprese di investimento e che modifica la direttiva 82/891/CEE del Consiglio, e le direttive 2001/24/CE, 2002/47/CE, 2004/25/CE, 2005/56/CE, 2007/36/CE, 2011/35/UE, 2012/30/UE e 2013/36/UE e i regolamenti (UE), n. 1093/2010 e (UE) n. 648/2012, del Parlamento europeo e del Consiglio. (15G00195) (GU Serie Generale n.267 del 16-11-2015), abrufbar unter: https://www.gazzettaufficiale.it/eli/id/2015/11/16/15G00195/sg; sowie www.governo.it (Recepì mento della direttiva 2014/59/UE ...). 187 Statutory Instrument (SI) 2013, No. 3115; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/uksi/2013/3115/pdfs/ uksi_20133115_en.pdf.; mit instruktivem jüngerem Überblick über die Bankenregulierung des Vereinigten Königreichs: Purves/Simpson The Regulation of Banks, in: Odgers (Hrsg.), Paget’s Law of Banking, 15. Aufl. 2018, S. 4 ff. 188 Statutory Instrument (SI) 2013, No. 3118, abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/uksi/2013/3118/ made.

Grundmann

70

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

(Banking Reform) Act 2013 mit Teil 4 zu den Verhaltensregeln der Entscheidungsträger in Banken und die Capital Requirements (Capital Buffers and Macro-prudential Measures) Regulations 2014.189 Die Aufsichtsbehörden (PRA und FCA, s.u.) haben Ausführungsregeln zur CRD IV mit ihren rulebooks erlassen: darunter namentlich, seitens der FCA, das General Prudential Sourcebook (GENPRU), das Prudential Sourcebook for Banks, Building Societies and Investment Firms (BIPRU), die Senior Management Arrangements, Systems and Controls (SYSC) und das Prudential Sourcebook for Investment Firms (IFPRU) sowie, seitens der PRA, das PRA Rulebook.190 In diesem Zusammenhang wurden auch jeweils die Wahlrechte nach der CRR, soweit Großbritannien sie wahrnahm, ausgeübt (vgl. sonst ggf. auch noch die Tabelle unten). Zur Umsetzung der BRRD in Großbritannien kommen Regelwerke des Schatzministeriums (HM Treasury legislation) und Ausführungsregeln der Aufsichtsbehörden (PRA und FCA, s.u.) zusammen. Ein Bail-in-Regime wurde in Großbritannien bereits vor der Verabschiedung der BRRD mit dem Financial Services (Banking Reform) Act 2013 eingeführt,191 so dass in der Folge nur noch Anpassungen nötig waren: durch den Bank Recovery and Resolution Order 2014 und den Bank Recovery and Resolution (No. 2) Order 2014,192 die am 1. bzw. 10. Januar 2015 in Kraft getreten sind (mit Ausnahme einer Mindestschwellenregel für bail-ins, die erst zum 1.1.2016 in Kraft tritt). Weitere Einzelheiten des Bail-in-Regimes regeln: The Banking Act 2009 (Restriction of Special Bail-in Provision, etc.) Order 2014, the Building Societies (Bail-in) Order 2014 und The Banking Act 2009 (Mandatory Compensation Arrangements Following Bail-in) Regulations 2014. 193 Schließlich setzt die Banks and Building Societies (Depositor Preference and Priorities) Order 2014 diejenigen Regeln der BRRD um, die im engen Sinne insolvenzrechtlich wirken, namentlich die Rangordnung und Vorzugsrechte bei Insolvenzforderungen.194 Die zuständigen mikroprudenziellen Aufsichtsbehörden sind in Großbritannien die PRA (Prudential Regulation Authority), eine selbstständige Untergliederung der Bank of England (BoE), und die FCA (Financial Conduct Authority). Beide wurden dazu aufgerufen, alle den EU-Akten widersprechenden Regeln zu reformieren. Sie sind zuständig sowohl für die Bankaufsicht als auch für die Maßnahmen zu Sanierung und Abwicklung. Makroprudenzielle Aufsichtsaufgaben nimmt das Financial Policy Committee (FPC) wahr, das ebenfalls bei der Bank of England angesiedelt ist.195 Die Frage nach

_____

189 Zu den Verhaltensregeln Financial Services (Banking Reform) Act 2013 chapter 33; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2013/33/contents/enacted. Zu den Kapitalregeln Statutory Instrument (SI) 2014, No. 894; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/uksi/2014/894/contents/made. 190 Alle abrufbar unter: http://www.prarulebook.co.uk sowie https://www.handbook.fca.org.uk. 191 Financial Services (Banking Reform) Act 2013 chapter 33; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ ukpga/2013/33/contents/enacted. 192 Statutory Instrument (SI) 2014, No. 3329; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/uksi/2014/3329/ contents/made; und Statutory Instrument (SI) 2014, No. 3348; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/uksi/ 2014/3348/contents/made. 193 Statutory Instruments (SI) 2014, No. 3350, 3344 und 3330; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ uksi/2014/3350/contents/made, http://www.legislation.gov.uk/uksi/2014/3344/contents/made und http://www.legislation.gov.uk/uksi/2014/3330/contents/made. 194 Statutory Instrument (SI) 2014, No. 3486; abrufbar unter: http://www.legislation.gov. uk/uksi/2014/3486/contents/made. 195 Zur britischen CRD IV-Umsetzung Bainbridge et al. The Banking Reform Act 2013, Compliance Officer Bulletin 2014, 114(Mar), 1; Bank of England Response to the European Commission’s public consultation on the possible impact of the CRR and CRD IV on bank financing of the economy, 7 October 2015; Brooke et al. Measuring the macroeconomic costs and benefits of higher UK bank capital requirements, Financial Stability Paper No. 35, Bank of England, December 2015; Financial Conduct Authority Policy Statement PS13/10 – CRD IV for Investment Firms, Feedback and final rules for CP13/6, CP13/9 (Chapter 16) and CP13/12, December 2013; dies. CRD IV Pillar 2 Summary and Stress Testing Observations, September 2016; Lopez/Saeidinezhad UK Financial Reforms: Bank of England 2.0, MPRA Paper No. 76624, 2016; Lu The regulation of bankers' remuneration in the UK: a ten-year retrospective analysis, Journal of Business Law 2019, 8, 594; Prudential Regulation Authority Policy Statement PS7/13 – Strengthening capital standards: implementing CRD IV, feedback and final rules, December 2013; dies. Policy

71

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

den immer noch spekulativen – Auswirkungen eines Brexit auf das britische Aufsichtsrecht ist differenzierend zu beantworten:196 Ein Großteil der EU-Aufsichtsregeln, darunter insbesondere die CRD-IV und die BRRD, sind nach dem Gesagten heute ohnehin bereits in britisches Recht umgesetzt worden. Diese Umsetzungsrechtsakte sollen bis auf Weiteres auch nach Wirksamwerden des EU-Austritts fortgelten. Mit Blick auf das unmittelbar anwendbare EU-Recht sieht Clause 2 des European Union (Withdrawal) Act 2018 vor,197 dass dieses mit Inkrafttreten des EU-Austritts automatisch in britisches Recht überführt wird (sog. Äquivalenzregime). Im hiesigen Zusammenhang betrifft die Regelung damit v.a. die CRR, die SRM-VO und sämtliche Tertiärrechtsakte (delegierte Verordnungen und Durchführungsverordnungen) auf dem Gebiet des Bankenaufsichtsrechts. Auch sie gelten damit, zumindest kurzfristig, als dann autonomes britisches Recht fort. Freilich unterliegt das gesamte Recht der Finanzmarktaufsicht nach dem EU-Austritt wieder der uneingeschränkten Rechtssetzungskompetenz des Vereinigten Königreichs. Welche Folgen sich dadurch mittel- und langfristig aus dem Brexit ergeben, bleibt abzuwarten.198 76

2. Umsetzung und Ausübung der mitgliedstaatlichen Wahlrechte in den Einzelfragen – Übersicht. Eine Übersicht über die Materien des materiellen Europäischen und nationalen Bankaufsichtsrechts, von denen die Wichtigsten unten in Unterabschnitt C. in Grundzügen angesprochen werden sollen, ist am plastischsten graphisch zu geben. Ausgegangen wird dabei von der Ordnung der Materien, wie sie – für die laufende Aufsicht – der Grundrechtsakt CRD IV sowie die CRR und dann – für Sanierung und Abwicklung – die BRRD vorgeben:

_____ Statement PS3/14 – Implementing CRD IV: capital buffers, April 2014; Seiler/Fischer ‘Bonus Bonds’ for Bankers: A New Type of Debt-Based Remuneration in the Financial Industry, ECFR 2015, 425, 441–446. 196 Ausführlicher zu den aufsichtsrechtlichen Folgen des Brexit etwa Berger/Badenhoop Financial Services and Brexit – Navigating Towards Future Market Access, EBOR 2018, 679; dies. Brexit – Folgen für Kreditinstitute, WM 2018, 1078; Merkt/Culler Folgen des Brexit für das Bestandsgeschäft der Finanzwirtschaft, WM 2018, 1817; Hanten/Sacarcelik Die Auswirkungen des Brexit auf den Marktzugang von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, WM 2018, 1872; Aurich Harter Brexit – Harte Folgen, GWR 2018, 443; Herz Neues zu den aufsichtsrechtlichen Implikationen des Brexit, EuZW 2017, 993; ders. Die Entwicklung des europäischen Bankaufsichtsrechts in den Jahren 2017/2018 (Teil II), EuZW 2019, 60 (65 f.). 197 European Union (Withdrawal) Act 2018 chapter 16; abrufbar unter: http://www.legislation.gov.uk/ukpga/ 2018/16/contents/enacted. 198 Für verschiedene Modelle eines zukünftigen Freihandelsabkommens bezüglich Finanzdienstleistungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Berger/Badenhoop Financial Services and Brexit – Navigating Towards Future Market Access, EBOR 2018, 679, 697–713; dies. Brexit – Folgen für Kreditinstitute, WM 2018, 1078, 1081–1085.

Grundmann

72

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Gegenstände von CRD IV, CRR und BRRD und ihrer Umsetzung in Deutschland (KWG/ 77 SAG), Frankreich, Italien und Großbritannien (Wahlrechte grau unterlegt) (i) Kapitaladäquanz-Richtlinie – Capital Requirements Directive 2013/36/EU („CRD IV“) Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Befugnisse der

L612 Code

Art. 6 Abs. 3 (bis)

Reg. 4 CRR 2013

Zuständigen

Monétaire et

des T.U.B., einge-

Qualifying EU

Behörde

Financier

fügt durch Art. 1

Provisions Order

(idF der

Abs. 3 LD

No. 2 2013 S. 1 und

4

§ 6 KWG

Ordonnance

2 Financial Ser-

2014-158)

vices (Banking Reform) Act 2013

Zulassung

8

(authorisation)

L511-10,

– BOI C – Teil I

S. 40 und 55Z

nischer Regu-

L532-1 Code

Titel I Kap. I

FSMA 2000 s. 40

lierungsstan-

Monétaire

Sektion I, Art. 1;

und 55Z, Schedule

dard (EBA/

et Financier

– BOI C – Teil I

6 idF v. CRR 2013

RTS/2017/08)

(idF v.

Titel I Kap. I Sek-

FCA/PRA Ausfüh-

und Entwurf

Ordonnance

tion V, Art. 1–2

rungsregeln

technischer

2014-158)

Entwurf tech-

§ 32 KWG

Durchführungsstandard (EBA/ITS/2017 /05), jeweils vom 14.7.2017, Umsetzung durch die Kommission steht weiterhin aus Verbot der

§§ 32 und

Art. L318-1

– Art. 10 Abs. 2

Wahlrecht ausge-

Entgegen-

9

1 KWG (Zu-

CMF (Option

T.U.B. – BOI C –

übt in den PRA/

nahme von

lassungser-

Art. 9 Abs. 2

Teil I Titel I Kap. I

FCA Ausführungs-

Einlagen oder

fordernis),

CRD)

Sektion I, Art. 1

regeln

anderen Rück-

§ 2 KWG

zahlbaren

(Ausnah-

Geldern des

men entspr.

Publikums199

Art. 9 Abs. 2 CRD-IV)

_____

199 Mitgliedstaaten-Wahlrecht unter Art. 9 Abs. 2 CRD, solch eine Entgegennahme auch anderen spezifizierten Institutionen bei gleichwertigem Schutz zu gestatten.

73

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Zulassung –

10

Vorausset-

§ 32 Abs. 1

L511-10 CMF

Nr. 5 KWG

zung: Ge-

BOI C – Teil I

Schedule 6 FSMA

Titel I Kap. I Sek-

2000, Ausfüh-

tion III, Art. 1, 2, 3 rungsregeln FCA/

schäftsplan &

PRA

Organisation Zulassung –

12

§ 33 Abs. 1

BOI C – Teil I

Schedule 6 FSMA

Anfangskapital

Abs. 1

Nr. 1 lit. d

Titel I Kap. I Sek-

2000 Ausfüh-

KWG

tion II, Art. 1

rungsregeln FCA/

L511-11 CMF

PRA Zulassung –

12

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht nicht

Wahlrecht aus-

Anfangs-

Abs. 4

nicht aus-

ausgeübt in

ausgeübt

geübt durch

geübt

Art. 1(b) und

PRA-Ausführungs-

(c) der VO

regeln

kapital – Wahlrechte200

92/14 Anteilseigner

– Art. 25 des

Schedule 6 FSMA

und Gesell-

Nr. 6 lit. a

T.U.B.; – BOI C –

2000

schafter

KWG; § 33

Teil I Titel I Kap. I

Abs. 1 Nr. 3,

Sektion IV,

4 KWG

Art. 1–2

Verweigerung

14

15

der Zulassung

§ 32 Abs. 1

L511-10 CMF

BOI C – Teil I

§ 33 Abs. 4

L511-15, L511-

S. 2 KWG

15-1 CMF

§ 33b KWG

L511-33,

Titel I Kap. I Sek-

R-511-3-1 CMF

tion VIII, Art. 1–2

L511-13 CMF

BOI C – Teil I

Titel I Kap. I Sektion V, Art. 3 BOI C – Teil I

Vorabkon-

16

sultation der

Part 4A, S. 55H und 55I FSMA 2000, Reg. 8 CRR 2013

zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten Entzug der

18

§ 35 KWG

S. 45 FSMA 2000

Titel I Kap. I Sek-

Zulassung

tion V, Art. 3 Anzeige der Zulassung bzw. ihres Entzugs

20

§§ 7a, 7b KWG

L-632-6-1 CMF

– BOI C – Teil I

Part 4A, S. 55Z2A

Titel I Kap. I Sek-

FSMA 2000 idF

tion I, Art. 1 –

CRR 2013

BOI C – Teil I Titel I Kap. I Sektion V, Art. 1–2

_____

200 Mitgliedstaaten-Wahlrecht, die Anforderungen an die anfängliche Kapitalausstattung von 5.000.000 € bis auf 1.000.000 € abzusenken, wenn der Mitgliedstaat dies der EU-Kommission notifiziert und die Gründe hierfür mitteilt.

Grundmann

74

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Befreiung für

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht nicht

Wahlrecht nicht

Kreditinstitute,

21

nicht aus-

ausgeübt in

ausgeübt

ausgeübt

die Ständig

geübt

R511-3, 512-4,

S. 55O FSMA 2000

einer Zentral-

R515-1 CMF

organisation zugeordnet sind201 Erwerb Quali-

22

Durchfüh-

§ 2c Abs. 1,

Inhaber-

L-511-12-1

Art. 15 des T.U.F.

fizierter Betei-

i.V.m.

rungsverord-

1a KWG

kontroll-

CMF

idF von Art. 4

ligungen

27

nung (EU)

verordnung

Abs. 13 der LD

2017/461202 Beurteilungs-

23

kriterien für

§ 2c Abs. 1b,

R511-3-2 CMF

– Art. 25 T.U.B.

S. 55O FSMA 2000,

idF von Art. 1

2 KWG

solch einen

Abs. 12 der LD –

Erwerb

Art. 61 Abs. 3 des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 20 der LD – Art. 80 Abs. 3 des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 21 der LD

Anfangskapital

29, 29

§ 33 Abs. 1

Frankreich

Wahlrecht nicht

Wahlrecht

bestimmter

Abs. 3

Nr. 1 lit. a)

machte von

ausgeübt

ausgeübt

KWG

diesem Wahl-

Arten von Wertpapier-

recht Ge-

firmen203

brauch in VO 96-15

Besitzstandsklausel (grandfathering)204

32

§ 64e Abs. 2,

Wahlrecht

Wahlrecht nicht

Wahlrecht nicht

3 KWG

nicht aus-

ausgeübt

ausgeübt

geübt

_____

201 Wahlrecht, solche Kreditinstitute von den Anforderungen nach Art. 10, 12 und 13 Abs. 1 freizustellen (zu Organisation, anfänglichem Kapitel und hinreichenden Fähigkeiten bei der Geschäftsführung nach Art. 91). 202 Durchführungsverordnung (EU) 2017/461 der Kommission vom 16. März 2017 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für gemeinsame Verfahren, Formulare und Muster für den Konsultationsprozess zwischen den jeweils zuständigen Behörden bei dem geplanten Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl.EU 2017 L72/57. 203 Mitgliedstaatenwahlrecht, das Anfangskapital der genannten Investmentfirmen 125.000.– € auf 50.000,– € zu reduzieren, wenn das Unternehmen weder Kundengelder noch -papiere halten darf und nicht für eigene Rechnung handeln oder feste Übernahmeverpflichtungen eingehen darf. 204 Mitgliedstaatenwahlrecht, Wertpapierfirmen oder Firmen nach Art. 30 der Richtlinie 2013/36/EU weiterhin zuzulassen, wenn sie vor dem 31.12.1995 zugelassen waren, obwohl das Eigenkapital unter dem Mindestkapital Art. 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 und 3 oder 30 der Richtlinie liegt.

75

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Niederlas-

35, vgl.

Durchfüh-

§§ 33 Abs. 1

L511-22; L511-

BOI C – Teil I

– Reg. 15 CRR 2013

sungsrecht von

auch 39

rungsverord-

Nr. 6, 53,

23; L511-57;

Titel I Kap. V

– SUP 14.1.4 (PRA

Kreditinstitu-

nung (EU) 926/

53b KWG

L511-28; R511-

Sektion II, Art. 2

Supervisory Rule-

ten und Anzei-

2014205 + Dele-

gepflicht

gierte Verord-

book)

4 CMF

nung (EU) 1151/2014206 Berichts-

§ 53 Abs. 2

Wahlrecht

– Art. 52 bis – 52

Wahlrecht nicht

pflichten im

40

KWG, § 53b

ausgeübt in

ter T.U.B., einge-

ausgeübt

Gastland207

Abs. 2 KWG

Art. L613-33

führt durch Art. 1

CMF

Abs. 18 der LD – Art. 8 bis – 8 ter T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 8 der LD

Sicherungs-

43

maßnahmen

§ 53b Abs. 4

R613-34 CMF

– Art. 79 T.U.B.,

Reg. 15 CRR 2013

geändert durch

KWG

Art. 1 Abs. 31 der

im Gastland

LD – Art. 52 Abs. 3 quarter des T.U.F., eingeführt durch Art. 4 Abs. 18 der LD Aufsichts- und Sanktionsbefugnisse

64

§ 6 Abs. 3 KWG

L612 CMF

– Art. 53 bis

S. 63A FSMA 2000

T.U.B., eingeführt durch Art. 1 Abs. 20 der LD – Art. 7 T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 5 der LD

_____

205 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 926/2014 der Kommission vom 27. August 2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards in Bezug auf Standardformulare, -meldebögen und -verfahren für Notifizierungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Niederlassungsrechts und des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. 2014 L254/2. 206 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1151/2014 der Kommission vom 4. Juni 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen festgelegt wird, welche Angaben bei Ausübung des Niederlassungsrechts und des freien Dienstleistungsverkehrs zu übermitteln sind, ABl. 2014 L309/1. 207 Die zuständigen Behörden des Gastlandes dürfen zum Zwecke der Information, Statistik und Aufsicht verlangen, dass Kreditinstitute mit Zweigstellen in ihrem Land periodisch Anzeige erstatten über ihre Geschäfte in diesem Land, namentlich auch um festzustellen, ob die Zweigstelle „bedeutend“ i.S.v. Art. 51 Abs. 1 von Richtlinie 2013/36/EU ist.

Grundmann

76

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Verwaltungs-

65

§ 56 KWG

L612-39 CMF

– Art. 53 bis

S. 66 FSMA 2000

T.U.B., einge-

sanktionen

führt durch Art. 1 Abs. 20 der LD – Art. 12 des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 10 der LD – Art. 52 bis und

SYSC 18 SYSC

Verstößen –

S. 6 Nr. 3

52 ter T.U.B.,

4.1.15 (Senior Man-

whistleblowing

KWG

eingeführt durch

agement

Art. 1 Abs. 18 der

Arrangements,

LD – Art. 8 bis

Systems and Con-

und 8 ter des

trols sourcebook

T.U.F., geändert

von PRA)

Meldung von

71

L511-41

§ 25a Abs. 1

durch Art. 4 Abs. 8 der LD Interne An-

L511-41-A, B

- Art. 53 Abs. 2 ter

Benchmarking

und C CMF

T.U.B., geändert

interner Risikobe-

(EU) 530/

durch Art. 1

messungsmetho-

2014209

Abs. 19 der LD –

den (BIA), PRA-

Art. 6 Abs. 1 bis

Rulebook

Delegierte

§ 10 Abs. 1

sätze zu Risiko

Verordnung

KWG

und Festsetzung von Ei-

77

§§ 3–6 SolvV

genmitteln208

des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 10 der LD Unterneh-

EBA-Leitlinien

§§ 25a, 25d

MaRisk (BA)

L511-50 bis

BOI C – Teil I

SYSC 4.3 SYSC

mensführung

zur internen

KWG

09/2017 (al-

L511-70 CMF

Titel IV Kap. I

5.1.7

und -kontrolle

Governance

lerdings nur

(EBA/GL/2017/

norminter-

11)

pretierende

88

Sektion III

Verwaltungsvorschrift)

_____

208 In der CRD ist im Unterabschnitt 2 (des 2. Kapitels, 2. Abschnitt) zu den „Technischen Kriterien für die Organisation und Behandlung von Risiken (Art. 76 ff.) der neue Aufsichtsansatz zur Risikobewertung und zum diesbezüglichen Benchmarking festgehalten. Aufsichtsbehörden haben insbesondere das Ausfallrisiko der Gegenpartei zu bewerten (Art. 79), das Restrisiko (Art. 80), das Konzentrationsrisiko (Art. 81), das Verbriefungsrisiko (Art. 82), das Marktrisiko (Art. 83), das Zinsänderungsrisiko bei Geschäften des Anlagebuchs (Art. 84), das operationelle Risiko (Art. 85), das Liquiditätsrisiko (Art. 86) und das Risiko übermäßiger Verschuldung (eigentlich: Hebelwirkung) (Art. 87). Vor allem hinsichtlich des Liquiditätsrisikos wird der EBA die Kompetenz eingeräumt, Empfehlungen dazu auszusprechen, wann die Aufsichtsbehörden eingreifen sollten, weil dieses Risiko die Stabilität individueller Institute oder des Systems gefährdet (Art. 87 Abs. 3 CRD). 209 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 530/2014 der Kommission vom 12. März 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen für interne Ansätze zur Ermittlung spezifischer Risiken im Handelsbuch bedeutende Risikopositionen und Schwellen definiert werden, ABl.EU 2014 L 148/50.

77

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Leitungsorgan

91

§ 25c KWG

L511-51 CMF

– Art. 26 T.U.B.,

S. 186(B) FSMA

geändert durch

2000 idF der CRR

Art. 1 Abs. 13 der

2013 SYSC 4.3

LD – Art. 61 Abs. 3 des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 20 der LD – Art. 80 Abs. 3 des T.U.F., geändert durch Art. 4 Abs. 21 der LD Variable Ver-

Delegierte

§§ 24, 25a

Instituts-

Wahlrecht

BOI C – Teil I

Reg. 36 CRR 2013

gütungs-

94

Verordnung

KWG

vergV

nicht ausge-

Titel IV Kap. 2

SYSC 19.A.3, SYSC

bestandteile210

(EU) 527/

übt

Sektion III, Art. 2

19C.3

2014,211 EBALeitlinien EBA/ GL/2014/01212 Aufsichtliche

EBA-

§ 6b Abs. 1

L511-41-C

BOI C – Teil I

Reg. 34 CRR 2013,

Überprüfung

97

EBA/GL/2014/1

KWG

CMF

Titel III Kap. I

Reg. 34 und 35

und Bewer-

3213

Sektion I, Art. 1

SS5/13 (FCA)

tung – „supervisory review and evaluation Process“ (SREP)

_____

210 Mitgliedstaaten dürfen die variablen Vergütungsbestandteile auch auf weniger als 100% der festen Vergütung für jedes einzelne Vorstandsmitglied festsetzen. Mitgliedstaaten dürfen der Hauptversammlung gestatten, eine höhere, jedoch höchstens 200% betragende Grenze vorzusehen. Mitgliedstaatenwahlrechte auch im Hinblick auf den Diskontsatz und die Vergütungsinstrumente, die zugelassen sind. 211 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 527/2014 der Kommission vom 12. März 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Bezeichnung der Klassen von Instrumenten, die die Bonität eines Instituts unter der Annahme der Unternehmensfortführung angemessen widerspiegeln und die für eine Verwendung zu Zwecken der variablen Vergütung geeignet sind, ABl.EU 2014 L 148/21. 212 EBA-Leitlinien für den auf die variable Vergütung anzuwendenden Nominaldiskontsatz vom 27. März 2014, EBA/GL/2014/01. 213 Überarbeitete Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) sowie für die aufsichtlichen Stresstests, zur Änderung der EBA/GL/2014/13 vom 19. Dezember 2014; zuletzt geändert durch EBA-Leitlinien EBA/GL/2018/03; die überarbeiteten Leitlinien ersetzen EBA-Leitlinien zu Kapitalmaßnahmen für Fremdwährungskreditvergabe an nicht abgesicherte Kreditnehmer im Rahmen der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung (SREP) vom 20. Dezember 2013, EBA/GL/2013/02.

Grundmann

78

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Stresstests

100

Vgl EBA/GL/

§ 6b Abs. 3

2018/04214

KWG

L511-41-3 CMF BOI C – Teil I

Reg. 34 CRR 2013

Titel III Kap. I Sektion II Art. 3.2.1

Frühzeitige

102

Abhilfemaß-

§ 6 Abs. 1, 2

L511-41-3 CMF Art. 53 bis T.U.B.,

Reg. 35 CRR 2013

eingeführt durch

KWG

Art. 1 Abs. 20 der

nahmen

LD Aufsichts-

104

befugnisse

§§ 6 Abs. 3,

L511-41-3 CMF Art. 53 bis T.U.B.,

10 Abs. 3

eingeführt durch

KWG

Art. 1 Abs. 20 der

Reg. 34 CRR 2013

LD Aufsicht auf

§ 8 Abs. 3

L613-20-1

Art. 109 T.U.B.,

Reg. 20, 29–30 CRR

Konsolidierter

S. 1 KWG;

CMF

geändert durch

2013

Basis

§ 8a KWG;

111

Art. 1 Abs. 36 der LD

§ 53b KWG Kapitalpuffer

128

Definitionen

L-511-41-1-A,

BOI C – Teil I

CRR (Capital Buf-

in §§ 10a ff.

Ministerial-

Titel II Kap. I

fers) Regulation

KWG

erlass vom

Sektion I Art. 3

2013

3. November 2014 (Kapitalpuffer-Verordnung)215 Kapitalerhal-

L-511-41-1-A,

BOI C – Teil I

Reg. 35. CRR (Capi-

tungspuffer

129

§ 10c KWG

Ministerialer-

Titel II Kap. I

tal Buffers) 2013

(2,5%)216

lass vom

Sektion II Art. 1

3. November 2014 (KapitalpufferVerordnung, s.o.)

_____

214 EBA-Leitlinien zu den Stresstests der Institute vom 19. Juli 2018, EBA/GL/2018/04; freilich liegen die EBALeitlinien betreffend aufsichtlicher Stresstests weiterhin nur in Entwurfsfassung vor: Konsultationspapier EBA/CP/2016/28 vom 18.12.2015 (https://eba.europa.eu/documents/10180/1314203/EBA-CP-201528+%28%20CP+on+the+GL+on+stress+testing+and+supervisory+stress+testing%29.pdf). 215 Arrêté du 3 novembre 2014 relatif aux coussins de fonds propres des prestataires de services bancaires et des entreprises d’investissement autres que des sociétés de gestion de portefeuille. Abrufbar unter: http://www.legifrance.gouv.fr/eli/arrete/2014/11/3/FCPT1423261A/jo/texte. 216 Mitgliedstaaten dürfen KMU-Wertpapierfirmen von den Anforderungen nach Art. 129 Abs. 1 freistellen, wenn dies die Finanzstabilität in diesem Mitgliedstaat nicht beeinträchtigt.

79

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Anforderung

130

§ 10d KWG

eines instituts-

§§ 33–36

L-511-41-1-A

BOI C – Teil I

Reg. 2, 7, 20, 35

SolvV

CMF, Ministe-

Titel II Kap. I

CRR (Capital Buf-

spezifischen

rial Erlass vom Sektion III Art. 1

Antizyklischen

3. November

Kapital-

2014 (Kapital-

puffers217

puffer-Verord-

fers) 2013

nung, s.o.) Wahlrecht für Ausnahmen für KMU unter Art. 130(2) nicht ausgeübt EBA-Leitlinien

§§ 10f, 10g,

relevante und

EBA/GL/2014/

10h KWG

andere Sys-

Global System-

BOI C – Teil I

Reg. 21–26, 29–31,

Titel II Kap. I

35 CRR (Capital

10,218 Delegierte

Sektion IV Art. 1–

Buffers) 2013

temrelevante

Verordnung

2

institute

(EU) 2016/

131

L612-1 CMF

1608219 Pflicht zum

L-511-41-1-A,

Wahlrecht nicht

Wahlrecht nicht

Vorhalten

133

§ 10e KWG

Ministerial

ausgeübt

ausgeübt

eines System-

Erlass vom

risikopuffers

3. November

(1%)220

2014 (Kapital-

Wahlrecht nicht

Wahlrecht nicht

puffer Verordnung, s.o.) Anerkennung einer System-

134

§ 10e Abs. 8

Ministerial Er-

KWG

lass vom 3. No- ausgeübt

risikopuffer-

vember 2014

quote221

(Kapitalpuffer-

ausgeübt

Verordnung, s.o.)

_____

217 Mitgliedstaaten dürfen KMU-Wertpapierfirmen von den Anforderungen nach Art. 130 Abs. 1 freistellen, wenn dies die Finanzstabilität in diesem Mitgliedstaat nicht beeinträchtigt. 218 EBA-Leitlinien für die Kriterien zur Festlegung der Anwendungsvoraussetzungen für Artikel 131 Absatz 3 der Richtlinie 2013/36/EU (CRD) in Bezug auf die Bewertung von anderen systemrelevanten Instituten (A- SRI) vom 16.12.2014, EBA/GL/2014/10. 219 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1608 der Kommission vom 17. Mai 2016 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1222/2014 durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Methode zur Bestimmung global systemrelevanter Institute und zur Festlegung der Teilkategorien global systemrelevanter Institute, ABl.EU 2016 L240/1. 220 Nach Art. 133 Abs. 18 CRD können Mitgliedstaaten einen zusätzlichen Kapitalpuffer für systemische Risiken (namentlich für systemrelevante Banken) vorsehen. 221 Andere Mitgliedstaaten können den zusätzlichen Kapitalpuffer für systemische Risiken, der nach Art. 133 vorgesehen wird, anerkennen und auf diejenigen Risiken anwenden, die ihre eigenen Kreditinstituten in dem Mitgliedstaat eingehen, der diesen zusätzlichen Puffer vorsieht.

Grundmann

80

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Ausführungs-

Umsetzung

Ausfüh-

Frankreich

Italien (Banco

Großbritannien

(materielles

gesetzgebung

Deutsch-

rungsge-

(CMF – code

d’Italia Rund-

(CRR 2013 – Capi-

Aufsichtsrecht)

EU

land

setzgebung

Monétaire et

schreiben n. 285

tal requirements

Deutsch-

Financier)

(BoI C); Geset-

regulations 2013;

zesdekret

FSMA – Financial

72/2015 (LD))

and securities

Gegenstand

Artikel

land

markets act 2000) Festlegung der

136

Quoten des

§ 10d Abs. 3

§§ 33–36

L-511-41-1-A

BOI C – Teil I

Reg. 7, 9–12 CRR

KWG

SolvV

CMF

Titel II Kap. I

(Capital Buffers)

Sektion III Art. 2

2013

Antizyklischen kapitalpuffers Anerkennung

137

von Quoten des

§ 10e Abs. 8,

L-511-41-1-A

BOI C – Teil I

Reg. 14–15, 17–18

9 KWG

CMF

Titel II Kap. I

CRR (Capital Buf-

Sektion III Art. 3

fers)

L-511-41-1-A

BOI C – Teil I

Reg. 15, 17–18 CRR

CMF

Titel II Kap. I

(Capital Buffers)

Sektion III Art. 4

2013

L-511-41-1-A

BOI C – Teil I

PRA/FCA Ausfüh-

CMF

Titel II Kap. I

rungsregeln

Antizyklischen Kapitalpuffers Über 2,5% Quoten Anti-

138–

§ 10d

zyklischer Ka-

139

Abs. 6–9

pitalpuffer in

§ 35 SolvV

KWG

Drittländern Berechnung

Delegierte

§ 10d

Der Quote des

140

Verordnung

Abs. 2–3

Institutsspezi-

(EU)

KWG

fischen Anti-

1152/2014222

§ 33 SolvV

Sektion III Art. 5

zyklischen Kapitalpuffers Kapitalaus-

141

schüttungsbe-

§ 10i Abs. 2,

§ 37 SolvV

N/A

3 KWG

schränkungen Kapitalerhaltungsplan

BOI C – Teil I

PRA/FCA Ausfüh-

Titel II Kap. I

rungsregeln

Sektion V Art. 1 142

§ 10i Abs. 6– 8 KWG

N/A

BOI C – Teil I

Reg. 35 CRR (Capi-

Titel II Kap. I

tal Buffers) 2013

Sektion V Art. 2

_____

222 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1152/2014 der Kommission vom 4. Juni 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen festgelegt wird, wie für die Berechnung der Quote des institutsspezifischen antizyklischen Kapitalpuffers der Belegenheitsort der wesentlichen Kreditrisikopositionen zu ermitteln ist, ABl.EU 2014 L309/5.

81

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

78

(ii) Kapitaladäquanz-Verordnung – Capital Requirements Regulation (EU) 575/2013 („CRR“) (zentrale Wahlrechte – sonst kein Umsetzungsbedarf) Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausführungs-

(Materielles

rungsgesetz-

Deutsch-

gesetzgebung

Aufsichtsrecht)

gebung EU

land

Deutschland

Artikel

Frankreich

Italien

Großbritannien

Behandlung Indi-

4

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht

rekter Beteiligun-

Abs. 2

nicht aus-

nicht ausge-

nicht ausgeübt

nicht ausgeübt

geübt

übt

gen an Immobilien223 Aufschub für die

6

§ 2 Abs. 9d

Wahlrecht

Wahlrecht

IPFRU 1.1.5

Einhaltung von

Abs. 4

KWG

nicht ausge-

nicht ausgeübt

(FCA)

Liquiditätsanfor-

übt

derungen bei Wertpapierfirmen224 Methoden der

18

Konsultation

Wahlrecht

BOI C – Einlei-

IPFRU 8.1

Aufsichtlichen

Abs. 6

zu Entwurf

ausgeübt

tende Regeln

(FCA)

technischer

durch Einzel-

Sektion V

Regulierungs-

fallentscheid

standards

2013-C-110,

aktuell noch

Annex.

Konsolidierung225

§ 10a KWG

im Gange226 Risikogewichtung

89

Statt ange-

Wahlmöglich-

Wahlmöglich-

Die Banca d’Ita- – IPFRU 3.2.2

und Verbot Quali-

Abs. 3

kündigter

keit (a) getrof-

keit (a) getrof-

lia entschied

(FCA) – PRA

fizierter Beteili-

EBA „Guide-

fen mit Allge-

fen in Einzel-

sich für Wahl-

Rulebook An-

gungen außerhalb

lines on bank-

meinverfügung

fallentscheid

möglichkeit b)

nex C (Defini-

des Finanz-

ing activities“

der Bundesan-

2013-C-110

BOI C – Teil 3

tion of Capital)

sektors227

jetzt: Q&A228

stalt für Fi-

Kap. I Sek-

in 3.1 (PRA)

nanzdienstleis-

tion III Art. 1

_____

223 Mitgliedstaatenwahlrecht dahingehend, indirekt gehaltene Beteiligungen an Immobilien direkt gehaltenen gleichzustellen, wenn diese Inhaberschaft gesondert reguliert und der direkt gehaltenen Beteiligung unter Absicherungsaspekten gleichwertig ist. 224 Solange der Bericht der EU-Kommission nach Art. 508 Abs. 3 aussteht, dürfen die zuständigen nationalen Behörden davon absehen, die Vorgaben von Teil 6 (zur Liquiditätsvorsorge) absehen, müssen dabei jedoch Größe und Komplexität der Aktivitäten der Wertpapierfirma in Rechnung stellen. 225 Ermessen der zuständigen nationalen Behörden, wie (atypische) Abhängigkeitsbeziehungen, die nicht unter Art. 18 Abs. 1 und 4 fallen, zu erfassen sind, jedoch ohne Doppelerfassung; vgl. im einzelnen Art. 18 Abs. 5 und auch 6. 226 EBA Consultation Paper on Draft Regulatory Technical Standards on the methods of prudential consolidation under Article 18 of Regulation (EU) No 575/2013 (Capital Requirements Regulation – CRR) vom 9.11.2017, EBA/CP/ 2017/20. 227 Mitgliedstaatenwahlrecht, ob bei Überschreitung der zulässigen Beteiligungsschwellen a) ein Risikozuschlag von 1,25% auf den Überschreitungsbetrag angewandt werden soll oder b) die Überschreitung untersagt werden soll. Die zuständigen Behörden veröffentlichen ihre Entscheidung zu den Buchstaben a oder b. 228 https://eba.europa.eu/regulation-and-policy/single-rulebook/interactive-single-rulebook/-/interactivesingle-rulebook/article-id/3101. Am 20.12.2016 veröffentlicht: Joint Guidelines on the prudential assessment of acquisitions and increases of qualifying holdings in the financial sector (JC/GL/2016/01). Diese Leitlinie betrifft allerdings das aufsichtliche Verfahren und die Beurteilungskriterien bei einem Erwerb qualifizierter Beteiligungen innerhalb des Finanzsektors. Leitlinien zu Art. 89 CRR (qualifizierte Beteiligungen außerhalb des Finanzsektors) sind bis dato nicht zu finden.

Grundmann

82

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausführungs-

(Materielles

rungsgesetz-

Deutsch-

gesetzgebung

Aufsichtsrecht)

gebung EU

land

Deutschland

Artikel

Frankreich

Italien

Großbritannien

tungsaufsicht (BaFin) vom 20.2.2014 zu Artikel 89 der Verordnung (EU) Nr. 575/ 2013 Meldung über

99

Durchfüh-

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht

Eigenmittelanfor-

Abs. 3

rungsverord-

nicht aus-

nicht ausge-

nicht ausge-

nicht ausgeübt

derungen und

nung (EU)

geübt

übt

übt, da IFRS in

Finanzinforma-

2015/1278230

Italien einge-

tionen229

führt

Risikogewichti-

124

Konsulta-

Wahlrecht

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

– PRA Rule-

gung bei durch

Abs. 2

tionsverfah-

nicht aus-

nicht ausge-

Kap. II Sek-

book Annex E

Immobilien besi-

ren zur Risi-

geübt

übt

tion III Art. 3

(Credit Risk) in

cherten Risikopo-

kogewichtung

4 (PRA) – IP-

sitionen231

(RTS) von

FRU 4 (FCA)

Hypothekarkrediten angestoßen, aber inzwischen offenbar gestoppt232 Risikopositionen

129

Wahlrecht

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

bei Gedeckten

Abs. 1

nicht aus-

nicht ausge-

Kap. II Sek-

nicht ausgeübt

geübt

übt

tion III Art. 2

Schuldverschreibungen233

_____

229 Die zuständigen Behörden können diejenigen Institute, die für die Meldung ihrer Eigenmittel auf konsolidierter Basis die Internationalen Bilanzierungsstandards gemäß Art. 234 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1606/ 2002 heranziehen, verpflichten, zusätzlich auch die nach Abs. 2 geforderten Finanzinformationen (auf konsolidierter Basis) zu erteilen. 230 Durchführungsverordnung (EU) 2015/1278 der Kommission vom 9. Juli 2015 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die aufsichtlichen Meldungen der Institute in Bezug auf die Erläuterungen, Meldebögen und Definitionen, ABl.EU 2015 L 205/1. 231 Die zuständigen Behörden können – aus Gründen der Finanzstabilität – höhere Risikogewichtungen vornehmen oder strengere Kriterien anwenden als in Art. 125 Abs. 2 und Art. 126 Abs. 2 vorgesehen. 232 Vgl. https://eba.europa.eu/-/eba-consults-on-conditions-for-capital-requirements-for-mortgage-exposures. Danach jedoch Meldung unter: https://www.regulationtomorrow.com/de/eba-letter-to-european-commission-onrts-on-conditions-for-capital-requirements-for-mortgage-exposures/. 233 Die zuständigen Behörden dürfen (nach Abstimmung mit der EBA) teils von den Anforderungen nach lit. (c) des 1. Unterabsatzes absehen (bis zu 10% des Bestandes an gedeckten Schuldverschreibungen), wenn andernfalls erhebliche potenzielle Konzentrationsprobleme dargetan werden können.

83

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausführungs-

(Materielles

rungsgesetz-

Deutsch-

gesetzgebung

Aufsichtsrecht)

gebung EU

land

Deutschland

Artikel

Frankreich

Italien

Großbritannien

Verlustquote bei

164

Wahlrecht

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

Ausfall (von Im-

Abs. 5

nicht aus-

nicht ausge-

Kap. IV Sek-

nicht ausgeübt

geübt

übt

tion III Art. 1

mobilienbesicherten Risikopositionen)234 Obergrenze für

395

EBA-Leitli-

Wahlrechte

Wahlrechte

Wahlrechte

Wahlrechte

Großkredite

Abs. 1

nien EBA/GL/

nicht aus-

nicht ausge-

nicht ausgeübt

nicht ausgeübt

2015/20235

geübt

übt

GroMiKV

Liquiditätsde-

412

Delegierte

Bisheriges

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

ckungsanforde-

Abs. 5

Verordnung

Regime beibe-

Kap. X Sek-

nicht ausgeübt

(EU)

halten durch

tion III Art. 3

2015/61237

Instruction no.

rung236

LiqV

2009-05 der Commission Bancaire238 Stabile Refinanzie-

413

Wahlrecht

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

rung239

Abs. 3

nicht aus-

nicht ausge-

Kap. XI Sek-

nicht ausgeübt

geübt

übt

tion III Art. 2

Liquiditätsmel-

415

Durchfüh-

Bisheriges

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

dungen240

Abs. 3

rungsverord-

Regime beibe-

Kap. XI Sek-

ausgeübt (kei-

nung (EU)

halten durch

tion III Art.3

ne Rechtsände-

2015/1278241

Instruction no.

LiqV

rung in 2015)

2009-05 der Commission Bancaire (s.o.)

_____

234 Auf der Basis der nach Art. 101 erhobenen Daten und unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklung von Immobilienmärkten und aller weiteren relevanten Indikatoren haben die zuständigen Behörden wiederkehrend, mindestens einmal jährlich, zu prüfen, ob die LDG-Mindestwerte nach Abs. 4 angemessen sind und dürfen im Lichte von Finanzstabilitätsüberlegungen diese Mindestwerte für Risikopositionen höher ansetzen, die mit Immobilien in ihrem Territorium besichert sind. 235 EBA-Leitlinien für Obergrenzen für Risikopositionen gegenüber Schattenbankunternehmen, die außerhalb eines Regelungsrahmens Banktätigkeiten ausüben, gemäß Artikel 395 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 vom 3.6.2016, EBA/GL/2015/20. 236 Mitgliedstaaten dürfen eigene Vorschriften Liquiditätsdeckungsanforderungen beibehalten, solange keine unionsrechtlichen Standards hierfür nach Art. 510 eingeführt sind. 237 Delegierte Verordnung (EU) 2015/61 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Liquiditätsdeckungsanforderung an Kreditinstitute, ABl.EU 2015 L 11/1. 238 Abrufbar unter at: http://acpr.banque-france.fr/fileadmin/user_upload/acp/Textes_de_reference/ Instruction2009-05-de-la-commission-bancaire.pdf. 239 Mitgliedstaaten dürfen eigene Vorschriften im Bereich stabile Refinanzierung einführen, solange keine unionsrechtlichen Standards hierfür nach Art. 510 eingeführt sind. 240 Die zuständigen Behörden dürfen das bisherige nationale Regime (insbes. die Beobachtungsstandards) beibehalten und weiter anwenden, um die Einhaltung der Liquiditätsstandards zu überprüfen. 241 Durchführungsverordnung (EU) 2015/1278 der Kommission vom 9. Juli 2015 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die

Grundmann

84

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausführungs-

(Materielles

rungsgesetz-

Deutsch-

gesetzgebung

Aufsichtsrecht)

gebung EU

land

Deutschland

Artikel

Übergangsbe-

465

stimmungen für

Abs. 2

Frankreich

Italien

Großbritannien

Option ausge-

BOI C – Teil 2

FCA PS13/10,

übt mit Ent-

Kap. XI Sek-

Annex 2

Eigenkapital

scheidung

tion III Art. 4

2014242

2013-C-110,

§ 23 SolvV

Annex Übergangsbe-

467

Option ausgeübt Option ausge-

BOI C – Teil 2

FCA PS13/10,

stimmungen für

Abs. 2

mit Allgemein-

übt mit Ent-

Kap. XIV Sek-

Annex 2

nicht realisierte

verfügung der

scheidung

tion II Art. 1

Verluste 2014–17243

BaFin vom 20.2.

2013-C-110,

2014 zu Art. 467

Annex

Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 Übergangsbe-

468

stimmungen für

Abs. 3

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

PRA Rulebook

ausgeübt mit

Kap. XIV Sek-

Annex C (Defi-

Zeitwertbilanzier-

Entscheidung

tion II Art. 2

nition of Capi-

te unrealisierte Ge-

2013-C-110,

winne 2014–17244

Annex

§ 25 SolvV

tal) unter 10.5

Zusätzliche Kor-

481

Delegierte

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

– FCA PS13/10,

rekturposten und

Abs. 3

Verordnung

nicht ausge-

Kap. XIV Sek-

Annex 2 – PRA

(EU)

übt

tion II Art. 3

Rulebook An-

Abzüge 2014–17245

§ 30 SolvV

241/2014246

nex C (Definition of Capital) unter 10.14

Ausnahmen von

493

Art. 2(4) Order

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

Großkreditvorga-

Abs. 3

of 23 Decem-

Kap. XIV Sek-

nicht ausgeübt

ben (bei gedeckten

lit. a)

ber 2014 on

tion II Art. 9

§§ 1, 2 GroMiKV

schuldverschrei-

CRR

bungen)247

Art. 493(3)

_____ aufsichtlichen Meldungen der Institute in Bezug auf die Erläuterungen, Meldebögen und Definitionen, ABl.EU 2015 L 205/1. 242 Die zuständigen Behörden legen die harte Kernkapitalquote und die Kernkapitalquote innerhalb der Bandbreiten von Abs. 1 lit. a) fest. 243 Unter Abweichung von Abs. 1 können die zuständigen Behörden eine Praxis von vor dem 1.1.2014 fortführen, nach der den Instituten erlaubt ist, jegliche unrealisierte Gewinne oder Verluste bei Risikopositionen gegenüber Zentralregierungen unberücksichtigt zu lassen, wenn die Position im Umlaufvermögen nach IAS 39 geführt wird. 244 Die zuständigen Behörden legen den Prozentsatz innerhalb der Bandbreiten nach Abs. 2 lit. a) bis c) fest, bis zu dem unrealisierte Gewinne im harten Kernkapital berücksichtigt werden dürfen, und veröffentlichen ihn. 245 Abweichungen nach Art. 36 Abs. 1 Ziffer i und Art. 49 Abs. 1 und 3 betrafen den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Mai 2014. 246 Delegierte Verordnung (EU) Nr. 241/2014 der Kommission vom 7. Januar 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute, ABl.EU 2014 L 74/8. 247 Bis zum Inkrafttreten eines Rechtsakts, der nach Gutachten gemäß Art. 507 ergeht, höchstens jedoch bis Ende 2028, können (Teil-)Ausnahmen von Art. 395 Abs. 1 für gedeckte Schuldverschreibungen sowie für vergleichbare „abgesicherte“ Aktiva nach lit. b) bis k) zugelassen werden.

85

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausführungs-

(Materielles

rungsgesetz-

Deutsch-

gesetzgebung

Aufsichtsrecht)

gebung EU

land

Deutschland

Artikel

Frankreich

Italien

Großbritannien

Weitere Ausnah-

496

Wahlrecht

Wahlrecht

BOI C – Teil 2

Wahlrecht

men für Gedeckte

Abs. 1

nicht aus-

ausgeübt mit

Kap. II Sek-

nicht ausgeübt

geübt

Entscheidung

tion III Art. 2

Schuldverschreibungen bis Ende

2013-C-110,

2017248

Annex

Übergangsbe-

500

Keine nach

Wahlrecht

Wahlrecht

Wahlrecht

stimmungen zu

Abs. 5

Mitteilung

nicht aus-

nicht ausgeübt

nicht ausgeübt

Basel I-Unter-

der Bundes-

geübt

grenzen249

bank (http:// www.bun desbank.de/ Redaktion/ EN/Docu mentation/ SDTF/HtmlD oc/downlo ad/discre tion/options. xls), jeweils Einzelfallentscheidung

_____

248 Weitere Ausnahmen dürfen (unter den dort festgelegten Bedingungen) bis zum 31.12.2017 zugelassen werden für Risikopositionen gegenüber den Französischen Fonds Communs de Créances oder vergleichbaren Fonds. 249 Nach Konsultation der EBA dürfen die zuständigen Behörden von der Vorgabe nach Abs. 1 lit. b absehen, wenn alle Vorgaben für den IRB-Ansatz nach Teil III, Titel II, Kap. 3 Abschnitt 6 oder die Bedingungen nach Teil III, Titel III, Kap. 4 für die Verwendung des fortgeschrittenen Messansatzes erfüllt sind.

Grundmann

86

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

(iii) Bankensanierungs- und -abwicklungs-Richtlinie – Bank Revocery and Resolution 79 Directive 2014/59/EU („BRRD“) Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU Benennung der

Italien

Deutschland

3 Abs. 1

Art. 1 Loi Decreto Legisla-

§ 3 SAG

Abwicklungs-

n°2014-

tivo 16 novembre

behörden

1662 du

2015, n. 180,

30 dé-

Gazetta ufficiale

cembre

(ABl.) n. 267 del

2014;

16.11.2015

Ordon-

Art. 3 des Decreto

Sanierungspläne

5

EBA-Leit-

§§ 12–14 SAG Konsultation

linien EBA/

zum Entwurf

GL/2014/

einer Rechts-

06,251 Delegierte

verordnung zu nance den Mindestn°2015-

Verordnung

anforderun-

1024 du

Delegation, nicht

(EU) 2016/

gen an Sanie-

20 août

Umsetzung)

rungspläne

2015

1075,

Großbritannien250

252

EBA-Leitli-

für Institute

nien EBA/GL/

und Wertpa-

2014/06,

253

pierfirmen

Art. 4–5 BRRO 2

Art. 7(1),(3)(a),(4) und 13 BRRO 2

Legislativo 72/ 2015 (bisher nur

Décret no 20151160 du 17 sep-

EBA-Leitli-

(MaSanV)

nien EBA/GL/

abgeschlos-

2015;

2015/16,254

sen,256 Ver-

Arrêté

EBA-Leitli-

ordnungser-

du

nien EBA/GL/

lass noch

11 sep-

2015/02255

ausstehend

tembre

tembre

2015 texte 8, texte 9, texte 10, texte 11

_____

250 Bank Recovery and Resolution Order 2014 – BRRO, Bank Recovery and Resolution Order 2014 – BRRO 2, FSMA – Financial Services and Markets Act 2000, BA 09 – Banking Act 2009, SRR – Special Resolution Regime Code. 251 EBA-Leitlinien über die bei Sanierungsplänen zugrunde zu legende Bandbreite an Szenarien vom 18.7.2014, EBA/GL/2014/06. 252 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird, ABl.EU 2016 L 184/1. 253 EBA-Leitlinien über die bei Sanierungsplänen zugrunde zu legende Bandbreite an Szenarien vom 18.7.2014, EBA/GL/2014/06. 254 EBA-Leitlinien zur Anwendung vereinfachter Anforderungen nach Artikel 4 Absatz 5 der Richtlinie 2014/59/EU vom 16.10.2015, EBA/GL/2015/16. 255 EBA-Leitlinien zur Mindestliste der qualitativen und quantitativen Indikatoren des Sanierungsplans vom 23.7.2015, EBA/GL/2015/02. 256 Konsultationsdokumente abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/ Konsultation/2019/kon_09_19_MaSanV_Rundschreiben.html.

87

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU Bewertung von

6

Delegierte

Italien

Großbritannien250

Deutschland Art. 11, 12(1) und

§§ 15, 16 SAG

Sanierungs-

Verordnung

(2)(3)(a), 13, 14, 15

plänen

(EU)

BRRO 2

2016/1075257 Abwicklungs-

10

pläne

Delegierte

Art. 6, 97 BRRO 1

§ 40 SAG

Art. 37, 53 BRRO 2

Verordnung (EU) 2016/ 1075, 258 Durchführungsverordnung 2016/ 1066259

Gruppen-

12

Delegierte

Art. 8(3)(a), 37(3),

§ 46 SAG

Abwicklungs-

Verordnung

40(1),(4),(6),(7)

pläne

(EU) 2016/

BRRO 2

1075260 Befugnisse zur

Ermächtigung

Art. 6 BRRO 1

(Wieder-)Her-

nien EBA/GL/

zum Erlass

Art. 64(1), 65, 66(1),

stellung der

2014/11261

von Rechts-

(2), (3)(a), (b), (c)(i),

Abwicklungs-

verordnungen

(5), (6)(b), 67, 70

fähigkeit

in § 59 SAG,

und 77 BRRO 2

Gruppeninterne

17

EBA-Leitli-

§ 59 SAG

Delegierte

§§ 22–24

finanzielle

Verordnung

SAG

Unterstützung

(EU) 2016/

19

bisher noch nicht ausge-

Art. 120 BRRO 1 Art. 84, 92 BRRO 2

übt

1075262

_____

257 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird, ABl.EU 2016 L 184/1. 258 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 (vorige Fn). 259 Durchführungsverordnung (EU) 2016/1066 der Kommission vom 17. Juni 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards in Bezug auf Verfahren, Standardformulare und Dokumentvorlagen zur Bereitstellung von Informationen für die Erstellung von Abwicklungsplänen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen gemäß der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl.EU 2016 L181/1. 260 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 (oben Fn 252). 261 EBA-Leitlinien zur Festlegung von Maßnahmen zum Abbau und zur Beseitigung von Abwicklungshindernissen und den Umständen, unter denen die jeweiligen Maßnahmen gemäß Richtlinie 2014/59/EU ergriffen werden können vom 19.12.2014, EBA/GL/2014/11. 262 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 (oben Fn 252).

Grundmann

88

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU Frühzeitiges

27

Italien

Großbritannien250

Deutschland § 36 SAG

Ermächtigung

s. 55L, 55M, 63

Eingreifen

nien EBA/GL/

zum Erlass von

FSMA Art. 111(2), (5)

(Durchsetzung

2015/03263

Rechtsverord-

117(5) BRRO

EBA-Leitli-

Sanierungsplan)

nungen in § 36 SAG, bisher noch nicht ausgeübt

Ersetzung des

28

§ 37 SAG

managements Abwicklungs-

FSMA 31

§ 67 SAG

ziele Voraussetzun-

s. 55L and 55M

s. 4 BA09 Art. 8 BRRO 1

32

EBA-Leitli-

§ 62 SAG

– Art. 12, 90, 92, 91

gen für eine

nien EBA/GL/

BRRO 1 – revised

Abwicklung

2014/09,264

SRR Code

EBA-Leitlinien EBA/GL/ 2015/07265 Allgemeine

34

§ 68 SAG

– Art. 10, 21, 27, 36,

Grundsätze für

55 BRRO 1 – revised

eine Abwicklung

SRR Code

Instrument der

EBA-Leitli-

§ 113 (Art. 38

– Bisheriges Regime

Unternehmens-

nien EBA/GL/

Abs. 1),

von BA 09 und

veräusserung

2015/04266

§§ 111, 112

FSMA Art. 24, 25, 71,

SAG (Art. 38

76, 117, 118, 119

Abs. 4),

BRRO 1 – Restriction

§ 108 SAG

of Special Bail-in

(Art. 38

Provision Order

Abs. 5), § 127

2014 – revised SRR

SAG (Art. 38

code

38

Abs. 6), §§ 118, 120 SAG (Art. 38 Abs. 8f.)

_____

263 EBA-Leitlinie zu den Bedingungen für die Prüfung der Anwendung von Frühinterventionsmaßnahmen gemäß Artikel 27 Absatz 4 der Richtlinie 2014/59/EU vom 29.7.2015, EBA/GL/2015/03. 264 EBA-Leitlinien zu den Arten von Tests, Bewertungen oder Prüfungen, die eine Unterstützungsmaßnahme nach Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe d Ziffer iii der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Banken auslösen können vom 22.9.2014, EBA/GL/2014/09. 265 EBA-Leitlinien zur Interpretation der Umstände, unter denen ein Institut gemäß Artikel 32 Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu betrachten ist vom 6.8.2015, EBA/GL/2015/ 07. 266 EBA-Leitlinien zu den konkreten Umständen, die zu einer wesentlichen Bedrohung der Finanzstabilität führen, sowie zu den Aspekten hinsichtlich der Effektivität des Instruments der Unternehmensveräußerung nach Artikel 39 Absatz 4 der Richtlinie 2014/59/EU vom 7.8.2015, EBA/GL/2015/04.

89

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU Instrument des

40

Brückeninsti-

Italien

Großbritannien250

Deutschland §§ 61, 128–

– Art. 18, 24, 25, 41,

131 SAG

42, 43, 44, 63 BRRO

tuts

1 – Revised SRR code

Instrument der

EBA-Leitli-

§§ 61, 132–

– Art. 11, 15, 19, 63,

ausgliederung

nien EBA/GL/

135 SAG

124, 125 BRRO 1 –

von Vermö-

2015/05267

42

revised SRR Code

genswerten Bail-in-

43

Instrument268

Delegierte

§ 77 (Art. 43

Konsultation

S. 12A BA09 Art. 20,

Verordnung

Abs. 4);

zu den Min-

48,49,53,85 BRRO 1

(EU) 2016/

§§ 89, 90

destanforde-

– Revised SRR code

1401, 269

SAG

rungen zur

Special Bail-in Or-

Delegierte

Umsetzbarkeit

der 2014 – Building

Verordnung

eines Bail-in

Societies (Bail-in)

(EU) 2016/

(MaBail-in)

Order 2014

1400, 270

abgeschlos-

EBA-Leitli-

sen, Konsulta-

nien EBA/GL/

tion 02/2019272

2015/21, 271 Anwendung der

Delegierte

§§ 49, 50

Art. 6 BRRO 1

Mindestanfor-

Verordnung

SAG

Art. 37(2), 121–146,

derung

(EU) 2016/

147, 149 BRRO 2 –

1450273

Revised SRR code

45

_____

267 EBA-Leitlinie zur Festlegung, wann eine Liquidation der Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens negative Auswirkungen auf einen oder mehrere Finanzmärkte gemäß Artikel 42 Absatz 14 der Richtlinie 2014/59/EU haben könnte vom 7.8.2015, EBA/GL/2015/05. 268 Art. 43–55 BRRD regeln detailliert das Bail-in-Instrument, das im nationalen Recht vorzusehen ist. Insbesondere wird festgelegt: die Mindestanforderung einer Heranziehung im Umfang von 8% des realisierten Risikos (Art. 45 BRRD), die Pflicht, den Bail-in-Betrag zu präzisieren (Art. 46 BRRD) und die Art zu spezifizieren, wie Aktionäre beim bail-heranzuziehen sind, einschließlich einer Kaduzierung bzw. Verwässerung ihres Aktienanteils (Art. 47 BRRD). 269 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1401 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für Methoden und Grundsätze der Bewertung von aus Derivaten entstehenden Verbindlichkeiten, ABl.EU 2016 L 228/7. 270 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1400 der Kommission vom 10. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Mindestbestandteile eines Reorganisationsplans und des Mindestinhalts der Berichte über die Fortschritte bei der Durchführung eines Reorganisationsplans, ABl.EU 2016 L 228/1. 271 EBA-Leitlinien zu den Mindestkriterien für einen Reorganisationsplan vom 19.5.2016, EBA/GL/2015/21. 272 Abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Konsultation/2019/dl_kon_02_19_ MaBailin.pdf?__blob=publicationFile&v=3. 273 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1450 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Festlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, ABl.EU 2016 L 237/1.

Grundmann

90

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU

Italien

Großbritannien250

Deutschland

Durchführungsverordnung (EU) 2018/308274 Abfolge der

48

§ 97 SAG

Art. 21 BRRO 1

§ 55 SAG

Art. 48 BRRO 1

§ 4 FMStFG,

S. 256A BA09 (idF

RettungsG

des Art. 109 BRRO 1)

Herabschreibung und Umwandlung Vertragliche

55

Delegierte

Anerkennung

Verordnung

des Bail-in

(EU) 2016/ 1075275

Staatliche Sta-

56

bilisierungsinstrumente

s. 9, 13 BA09 (idF der BRRO 1)

Instrument der

57

staatlichen Ei-

§§ 5a, 6, 7, 8

§§ 2, 3, 4, 5

s. 78A BA 09 (Art. 23

FMStFG

FMStFV

BRRO 1), s. 257 BA

genkapitalun-

09, revised SRR

ter-Stützung Instrument der

code 58

RettungsG

vorübergehen-

s. 13 BA 09, revised SRR code

den Staatlichen übernahme Bestimmungen

60

§ 89 SAG

für die Herab-

Art. 10 und 89 BRRO 1

schreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten Ausschluss be-

68

§ 144 SAG

Art. 62 BRRO 1

stimmter vertraglicher Bedingungen bei frühzeitigem Eingreifen + Abwicklung

_____

274 Durchführungsverordnung (EU) 2018/308 der Kommission vom 1. März 2018 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Formate, Dokumentvorlagen und Definitionen für die Ermittlung und Übermittlung von Informationen durch Abwicklungsbehörden für die Zwecke der Unterrichtung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde über die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, ABl.EU 2018 L 60/7. 275 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 (oben Fn 252).

91

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Gegenstand

Ausfüh-

Umsetzung

Ausfüh-

Frank-

(materielles

rungsge-

Deutsch-

rungsgesetz-

reich

Aufsichtsrecht)

setzgebung

land

gebung

Artikel

EU Befugnis zur

Italien

Großbritannien250

Deutschland

69

§ 82 SAG

Art. 77 BRRO 1

100

§3

Art. 84, 85, 100

RStruktFG

BRRO 1 Revised SRR

Aussetzung bestimmter Pflichten276 Verpflichtung zur Einrichtung von Abwick-

code

lungsfinanzierungsmechanismen

B. Bankaufsicht und Bankprivatrecht I. Regulierung (etwa Bankaufsichtsrecht) und Privatrecht im Grundsatz 80

Das Verhältnis zwischen Regulierungsregimen – für (Schlüssel-)Institutionen und/oder Märkte, mit dem Ziel der Erhaltung ihrer Funktion bzw. der Minimierung der von ihnen ausgehenden Gefahren – und Privatrecht – mit dem vorrangigen Ziel eines Interessenausgleichs, vor allem zwischen den einzelnen Privatrechtssubjekten, teils auch gebündelt in den sog. Verkehrsinteressen – wird jedenfalls seit dem Ordoliberalismus intensiv thematisiert: Wie steht ein Regime, das vorrangig einem öffentlichen Gut verpflichtet ist, zu einem, das primär Einzelinteressen zum Ausgleich bringen soll? Mit dem Ordoliberalismus wurde erstmals Regulierung und ihre Funktion in einer „Privatrechtsgesellschaft“ (F. Böhm) breit thematisiert.277 Die Antwort des wichtigsten Protagonisten – damals zum Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen – war: Regulierung ist nicht primär als Einschränkung der Privatautonomie derjenigen zu konzeptualisieren, die Marktfunktonen mittels Abrede (etwa durch Kartelle) beschneiden, sondern als Durchsetzung materialer (tatsächlicher, nicht nur formaler) (Vertrags-)Freiheit aller Marktteilnehmer.278 Heute hat sich diese Auffassung als Grundsatz durchgesetzt.279 Damit wird ein intensiver Konnex zwischen beiden Regelgruppen postuliert.

_____

276 Die BRRD räumt der Aufsichtsbehörde umfangreiche Befugnisse ein, um die Pflichten des abzuwickelnden Instituts zu modifizieren, einschließlich einer Befugnis, Rechte aus Anleihen/Schuldverschreibungen zu beschneiden (Art. 70 BRRD) oder zeitweise Kündigungsrechte auszusetzen (Art. 71 BRRD). Zugleich schützt die BRRD bestimmte Abreden unter genau spezifizierten Voraussetzungen, vor allem Sicherheiten (Art. 78 BRRD) oder strukturierte Finanzierungsvereinbarungen und gedeckte Schuldverschreibungen (Art. 79). Zudem dürfen nach Art. 80 BRRD Abwicklungsmaßnahmen nicht das Funktionieren von Handels-, Clearing- und Abwicklungssystemen tangieren, die nach der EG-Abrechnungswirksamkeits-Richtlinie 98/26/EG eingerichtet wurden. 277 Böhm Privatrechtsgesellschaft und Marktwirtschaft, ORDO 17 (1966), 75; sowie Eucken Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 6. Aufl. 1990 (1. Aufl. 1952), bes. 241–250 et passim; Übersicht über die Ideengeschichte in Grundmann in: Grundmann/Micklitz/Renner Privatrechtstheorie, 2015, S. 405–420 und 436–443; Riesenhuber (Hrsg.) Privatrechtsgesellschaft – Entwicklung, Stand und Verfassung des Privatrechts, 2007; und die heutige Sicht: Möslein (Hrsg.) Private Macht, 2015. 278 Böhm ORDO 17 (1966), 75 (bes. 85, 88 und 138 f.); auch Eucken (vorige Fn). Ausf. zum Ganzen auch Grundmann FS Canaris 2017, S. 907; speziell für das Europäische Bankaufsichtsrecht (namentlich die Europäische Bankenunion) und das Bankprivatrecht: Grundmann ZHR 179 (2015), 563. Dort auch breiter zum ganzen Unterabschnitt.

Grundmann

92

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Noch deutlich stärker als für das von Böhm diskutierte und propagierte Recht gegen Wett- 81 bewerbsbeschränkungen leuchtet diese Idee von der Wechselbezüglichkeit für das (jüngere) Kapitalmarktrecht ein: Ein guter Schutz des Anlegers – etwa durch Information oder durch Bekämpfung von Marktpraktiken wie Insiderhandel oder Marktmanipulation, die ihn übervorteilen – fördert zugleich gutes Funktionieren der Kapitalmärkte insgesamt, namentlich die Funktion effizienter Mittelallokation, jedenfalls in der Regel.280 Im Begriffspaar des Individualschutzes (Anlegerschutzes) und des Funktionsschutzes (Marktschutzes) kommt dies zum Ausdruck.281 Beim Wettbewerbsrecht ist umgekehrt zwar anerkannt, dass es auch Verbraucherinteressen dient (vgl. nur Art. 101 Abs. 3 AEUV). Es kann allerdings nicht etwa ein vergleichbar direkter Schluss gezogen werden dahingehend, dass etwa ein guter Verbraucherschutz auch unverzerrte Marktstrukturen erhalte oder befördere oder dass umgekehrt die Zurückdrängung von Kartellen auch zu Verträgen führe, in denen die Interessen beider Seiten ausgewogen Berücksichtigung fanden. Selbst die ungleich weniger weitreichende Aussage, dass jedenfalls die Beschränkung des Wettbewerbs auch Rechtspositionen von Privatrechtssubjekten verletze oder beschränke (etwa deren Privatautonomie oder „Recht“ auf Marktteilnahme), konnte sich erst mehr als fünf Jahrzehnte nach Einführung des Kartellverbots in Europa breit durchset-

_____

279 Bes. deutlich schon Mestmäcker Über das Verhältnis des Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen zum Privatrecht, AcP 168 (1968), 235 (bes. 240, 252, 255, 262); zuletzt ders., European Economic Constitution, in: Basedow/Hopt/Zimmermann/Stier (Hrsg.) The Max Planck Encyclopedia of European private law, 2012, S. 588; und breit Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – System der Wechselwirkungen zwischen Marktregulierung und Vertragsrechtsdogmatik, JZ 2013, 379; aus klassisch privatrechtlicher Sicht aufgenommen etwa von Canaris Wandlungen des Schuldvertragsrechts – Tendenzen zu seiner ‚Materialisierung‛, AcP 200 (2000) 273 (277 f.); Wagner Materialisierung des Schuldrechts unter dem Einfluss von Verfassungsrecht und Europarecht – Was bleibt von der Privatautonomie? in: Blaurock/Hager (Hrsg.) Obligationenrecht im 21. Jahrhundert, 2010, S. 13 (24 f.); sowie auch (für das Verbraucherrecht): Drexl Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S. 282 f.; für die Informationsgebote mit ihrer im Bank- und Kapitalmarktrecht paradigmatischen Bedeutung: Grundmann Parteiautonomie im Binnenmarkt – Informationsregeln als Instrument, JZ 2000, 1133; und für das aktuelle Bankaufsichtsrecht monographisch Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, passim. 280 Zwar werden Finanz- und Realmärkte in einem gewissen Umfang voneinander abgekoppelt gesehen, zugleich jedoch Kapitalmärkte und die Unterstützung ihrer Funktion als wichtig angesehen für die bestmögliche (näherungsweise) Bewertung und Allokation von Werten der Realwirtschaft. Zu diesem Verhältnis, der sog. allokativen Effizienz, als einem Kernziel des Kapitalmarktrechts vgl. heute (auch nach der Finanzkrise): Levine Regulating Finance and Regulators to Promote Growth, in: 2011 Jackson Hole Economic Policy Symposium: Achieving Maximum Long-Run Growth, Federal Reserve Bank of Kansas City, S. 271 (2012). Zum Streit in der Frage und zu den verschiedenen Theorien dazu, wie genau („effizient“) Kapitalmärkte Märkte der Realwirtschaft wiederspiegeln, namentlich zur sog. efficient capital market hypothesis (halbstarker Prägung), die davon ausgeht, dass jedenfalls die öffentlich zugänglichen Informationen idR korrekt in den Kursen abgebildet werden und die heute weit überwiegend zugrunde gelegt wird, vgl. grundlegend: Gilson/Kraakman The Mechanisms of Market Efficiency, 70 Virginia Law Review 549 (1984); heute Levine Financial Development and Economic Growth: Views and Agenda, 35 Journal of Economic Literature 688 (1997); Malkiel The Efficient Market Hypothesis and its Critics, 17 Journal of Economic Perspectives 59 (2003); ders. Finance and Growth: Theory and Evidence, in: Aghion/ Durlauf (Hrsg.) Handbook on Economic Growth, 2005, S. 865; Enriques/Gilotta Disclosure and Financial Market Regulation, in: Moloney/Ferran/Payne (Hrsg.) The Oxford Handbook of Financial Regulation, 2015, S. 511 ff. 281 Zum Begriffspaar und dieser Einschätzung grundlegend im deutschen (Kapitalmarkt-) Recht: Hopt Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 51 f., 334–337; ders. 51. DJT 1976, G1 (G47-G51 und G54 f.); Kübler Anlageberatung durch Kreditinstitute, ZHR 145 (1981) 204 (205 f.); heute etwa Koller in: Assmann/Schneider (Hrsg.) WpHG, 7. Aufl. 2019, § 63 Rn 2–7; Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 13–77, 99–139; Kurzüberblick bei Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, Rn 622–624. Allgemein schon: L. Raiser FS Deutscher Juristentag, 1960, S. 101; auch Moloney How to Protect Investors – Lessons from the UK and EU, 2010; dies. EBOR 2012, 169; dies. EU Securities and Financial Markets Regulation, 3. Aufl. 2014, S. 770–853; offensichtlich aber wenig Rechtsprechungspraxis in Großbritannien: Alcock The Financial Services and Markets Act 2000, 2000, S. 178–180 („In the UK, such private resort to the courts has been much rarer.“).

93

Grundmann

1. Teil – Kreditwesen und Organisation

zen.282 Umgekehrt war es für die meisten Regeln des Kapitalmarktrechts – allerdings nicht alle – schon sehr früh unstreitig, dass sie auch Privatrechtssubjekte – als Vertragsstandards, als quasivertragliche Pflichtenlagen oder als Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB – schützen. 82 Selbst in Bereichen, in denen ein enger Konnex zwischen Regulierungsrecht und Privatrecht besteht – wie im Kapitalmarktrecht, etwa mit den (auch) aufsichtsrechtlichen Wohlverhaltenspflichten nach §§ 63 ff. WpHG und den Pflichten aus Beratungsvertrag oder mit der Prospektpflicht und der Prospekthaftung –, ist damit noch nicht geklärt, ob Regulierungsrecht mit den exakt gleichen Inhalten auch als privatrechtliche Pflicht zu verstehen ist. Bekanntlich geht etwa der Bundesgerichtshof für §§ 63 ff. WpHG noch immer davon aus, dass diese keine direkte Wirkung im Privatrechtsverhältnis in dem Sinne hätten, dass alle Pflichten nach §§ 63 ff. WpHG auch solche des Beratungsvertrages seien.283 Deswegen wird davon ausgegangen, die Wirkung sei stattdessen auf eine bloße diffuse „Ausstrahlungswirkung“ beschränkt.284 Immerhin wird auch hiermit bereits ein Konnex zwischen beiden Regelgruppen postuliert, wenn auch kein direkter, sondern ein weniger enger. Die Frage nach dem Konnex zwischen Regulierungsrecht und Privatrecht stellt sich für den 83 vorliegenden Kommentar an verschiedenen Stellen: zunächst hier zwischen dem Bankaufsichtsrecht, das einer Fundamentalreform unterzogen wurde und als neue Architektur erörtert wird, und dem Bankprivatrecht, namentlich dem Bankprivatrecht der Organisation (von Banken), auch der Sanierung und Abwicklung (von Banken) (dazu unten II.) und selbstverständlich auch dem Bankprivatrecht der Transaktionen zwischen Bank und Kunden – im Zahlungsrecht, im Kreditrecht und besonders breit im Effektengeschäft (dazu unten III.). Gerade im zuletzt genannten Gebiet stellt sich die Frage nach dem Konnex zwischen Regulierungsrecht und Privat-

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282 Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl.EU 2014 L 349/1; dazu nur Haus/Serafimova Neues Schadensersatzrecht für Kartellverstöße – die EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen, BB 2014, 2883; Wisking/Dientzel European Commission finally publishes measures to facilitate competition law private actions in the European Union, (2014) 35 European Competition Law Review 185. Zur Entwicklung der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts mit privatrechtlichen Mitteln Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 79–99. Vgl. auch zur (ausführlichen und stark konzeptionellen) Diskussion aus der Entwurfsphase: ursprünglich das entsprechende Weißbuch der Europäischen Kommission, KOM (2008) 165 endg.; und die ausführliche und grundsätzliche Diskussion im Anschluss daran, etwa Zimmer/Logemann Der private Rechtsschutz im Kartellrecht, ZEuP 2009, 489; Basedow Entwicklungslinien des europäischen Rechts der Wettbewerbsbeschränkungen – von der Dezentralisierung über die Ökonomisierung zur privaten Durchsetzung, in: Augenhofer (Hrsg.) Europäisierung des Kartell- und Lauterkeitsrechts, 2009, S. 1; ders. Incentives and Disincentives for the Private Enforcement of EC Competition Law, Festschrift H.-B. Schäfer 2008, S. 499; G. Wagner Should Private Enforcement of Competition Law be Strengthened? in: Schmittchen/Albert (Hrsg.), The More Economic Approach to European Competition Law, 2007, S. 115; Pinotti/Stepina Antitrust Class Actions in the European Union: Latest Developments and the Need for a Uniform Regime, (2011) 2 Journal of European Competition Law & Practice 24. 283 Leitentscheidung: BGH Urt. v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734; inzwischen freilich grds. anders (zumindest für den Bereich der kick-backs, § 70 WpHG) BGH Urt. v. 3.6.2014 – XI ZR 147/12, BGHZ 201, 310 (Tz. 32 ff.). 284 Die (beratungs-)vertraglichen Pflichten jedenfalls in Parallelität zu §§ 63 f. WpHG entwickelt etwa in: BGH Urt. v. 5.10.1999 – XI ZR 296/98, BGHZ 142, 345 (356) = NJW 2000, 359 (361 f.); BGH Urt. 11.11.2003 – XI ZR 21/03, NJW-RR 2004, 484 (484); und so weit nötig, auch die quasivertraglichen (§ 311 Abs. 2 BGB): BGH Urt. v. 2.2.1982 – IVa ZR 118/81, NJW 1983, 1730 = WM 1983, 263 (264); BGH Urt. v. 4.3.1987 – IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 (118 f.) = NJW 1987, 1815; BGH Urt. v. 5.10.1999 – XI ZR 296/98, BGHZ 142, 345 (356); BGH Urt. v. 8.5.2001 – XI ZR 192/00, BGHZ 147, 343 (348); BGH Urt. v. 28.6.2005 – XI ZR 363/04, BGH WM 2005, 1567 (1570); teils noch direktere Wirkung annehmend: Köndgen ZBB 1996, 361 (361); Einsele JZ 2008, 477 (482 f.); Kumpan/Hellgardt DB 2006, 1714 (1715); Vortmann/van Look Prospekthaftung und Anlageberatung, 2000, § 1 Rn 27 f.; grds. zu öffentlichrechtlichen Normen und Vertragsrecht: Dieckmann AcP 213 (2013) 1. Näher zum Ganzen Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 99–139, sowie dann unten 5. Teil Rn 14 ff., 97 ff. und 8. Teil 1. Abschnitt D.

Grundmann

94

2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

recht dann aber auch im Verhältnis von (Kapital-)Marktregulierungsrecht und dem Privatund Handelsrecht der jeweiligen Transaktionen oder Pflichtenlagen (8. Teil). Sollte es für den Bereich der Wohlverhaltenspflichten (Art. 23 ff. MIFID II Nr. 2014/65/EU, §§ 63 ff. WpHG) zu einer Anerkennung seitens des EuGH kommen, dass diese EU-rechtlich begründeten und umrissenen Pflichten auch privatrechtliche Pflichten bilden, d.h. Anleger als solche direkt zu schützen haben, sollte der EuGH hierin einer Reihe von ausländischen höchstrichterlichen Entscheidungen folgen285 und nicht der BGH-Judikatur, muss zwar noch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass dies auf alle anderen Bereiche übertragbar sei. Denn auch für das Europäische Bankaufsichtsrecht und die Europäische Bankenunion ist durchaus zu fragen, ob die Ziele, die mit deren Einrichtung verfolgt wurden, und diejenigen des Bankprivatrechts nicht so sehr divergieren, oder ob nicht die Herangehensweise der Entscheidungsträger so divergent ist, dass dies Probleme für die Übertragung von Wertungen und Ergebnissen aus dem einen Gebiet in das andere aufwirft.286 Für diese anderen Bereiche wird dann jedoch jedenfalls die Diskussion stets unvermeidbar sein, welcher Art der Konnex jeweils ist, und es wird immer zu bedenken sein, ob nicht die Antwort auf diese Frage zuvörderst im zugrunde liegenden Europäischen Rechtsakt – nicht im nationalen Umsetzungsakt – zu suchen sei, ggf. unter Vorlage an den EuGH.287 Und die Entwicklung im Wettbewerbsrecht legt es nahe, dass mittel- oder längerfristig eine Relevanz aller Regulierungsgebiete auch für das Privatrecht bejaht wird (etwa als Schutzgesetz). Für das Bankaufsichtsrecht, das für die Materien dieses Bandes im Vordergrund steht, wird dieser Konnex für manche Gebiete heute schon überwiegend anerkannt: etwa dass Bankvorstände die bankaufsichtsrechtlichen Zielevorgaben auch als gesellschaftsrechtlichen Pflichtenstandard zu beachten haben (dazu nächste Rn). Für andere Gebiete, namentlich allgemeiner die Bank-Kunden-Beziehung, bildet dieser Konnex demgegenüber noch eher Neuland in der Diskussion (unten III.). II. Bankaufsicht und Bankorganisationsrecht (einschließlich Abwicklung) 1. Bankaufsichtsrecht und Gesellschaftsorganisationsrecht. Von allen bankaufsichts- 84 rechtlichen Vorgaben sind vielleicht diejenigen zum Organisationsrecht der Banken am unmittelbarsten mit dem allgemeinen Gesellschaftsprivatrecht verknüpft. Dieses wird unten unter den Einzelgebieten auch besonders herausgegriffen (unten C. IV.). Das Organisationsrecht sticht freilich aus einem zweiten Grunde besonders heraus, wenn es um den Konnex zwischen Regulierung und Privatrecht geht: In einem Hauptgebiet des kundenbezogenen Bankrechts, dem Wertpapierhandelsrecht, das wie kein anderes eines der drei Hauptgeschäfte der Banken, das Investment Banking, formt, hat es nicht erst seit der Finanzkrise und den nachfolgenden Reformen Tradition, dass (Gesellschafts-)Organisationsanforderungen mit der bankprivatrechtlichen Beziehung zum Kunden verknüpft werden: Wenn es im Wertpapierhandel – parallel zu

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285 Bekanntlich hat sich der EuGH bisher sybillinisch geäußert: EuGH Urt. v. 30.5. 2013 – Rs. C-604/11 Bankinter, Slg. 2013, N.N. = ABl.EU 2013 C 225/16 (Leitsatz) = EuZW 2013, 557 = ZIP 2013, 1417, Anm. Herresthal a.a.O. 1420; bestätigt durch EuGH Rs C-312/14 (Banif) ECLI:EU:C:2015:794; für meine Auslegung der Entscheidung: Grundmann ERCL 8 (2013) 267. Zu den neuesten auslandsrechtlichen Entwicklungen, die eine direkte Bindungswirkung der MIFID-Wohlverhaltenspflichten auch im Privatrecht annehmen (etwa in Italien, Spanien, unklar Großbritannien) vgl. nur Nachw. unten 5. Teil Rn 142 f und 8. Teil Rn 274. 286 Dazu näher Grundmann ZHR 179 (2015), 563 (576 ff.); für eine breite Übertragung individualschützender Pflichten des Bankaufsichtsrechts in das Vertrags- und Deliktsrecht aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 243–281. 287 So schon früh Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht – das Europäische Recht der Unternehmensgeschäfte (nebst Texten und Materialien zur Rechtsangleichung), 1999, S. 128 f.; sowie Ebenroth/Boujong/Jost/Strohn/Grundmann HGB-Kommentar, 1. Aufl. 2001, BankR VI Rn 184.

95

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

dem, was § 25a KWG bankaufsichtsrechtlich vorschreibt – um die Zentralpflicht der Interessenwahrung für den Kunden geht, so gründet diese einerseits schon herkömmlich in der treuhänderischen Pflicht im Privatrecht, andererseits jedoch wird ihre Beachtung (bereits seit 1993) zugleich rechtlich unterstützt und flankiert durch Organisationsforderungen, die (jedenfalls auch) aufsichtsrechtlicher Natur sind: ursprünglich Art. 10 (5. Spiegelstrich) und Art. 11 (6. Spiegelstrich) der Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie 93/22/EWG, heute Art. 9 Abs. 3, 16 Abs. 3, 23 (bes. Abs. 2), 27 Abs. 3 MIFID II Nr. 2014/65/EU.288 Das System geht dahin, alle Interessenkonflikte möglichst schon organisatorisch auszuräumen, jedenfalls jedoch (bei Fortbestehen) das Kundeninteresse als oberste Leitlinie aller Entscheidungen dem Kunden gegenüber zu achten und zudem den Kunden aufzuklären, welche Interessenkonflikte fortbestehen (Art. 23 Abs. 2 MIFID II), um ihn zusätzlich zu Selbstschutz und Wachsamkeit anzuhalten. Im Teil zum Investment Banking wird daher der Zusammenhang zwischen Regulierung und 85 Bankprivat-, insbes. auch Bankorganisationsrecht in besonderem Maße und durchgehend im Mittelpunkt stehen (Teile 5–8 passim). Allgemein für das Bankrecht sind die organisationsrechtlichen Grundanforderungen unten bereits etwas breiter aufzugreifen (unter C. III. und IV.). Vorliegend soll jedoch bereits das Grundproblem angesprochen werden: Dieses wird darin gesehen, dass das Leitungsorgan primär auf Stabilitätsziele verpflichtet wird, und auch die Vergütungspolitik sich vorrangig an diesen Zielen zu orientieren habe (vgl. etwa Art. 88 Abs. 1 und 92 CRD IV). Deswegen wird davon ausgegangen, dass das Ziel von Vorstandshandeln nicht mehr (vorrangig oder ausschließlich) in der Maximierung von Gewinnen oder Unternehmenswert für die Aktionäre (Shareholder Value) zu sehen sei, sondern (im Konfliktfall vorrangig) in der Erhaltung der „Stabilität der Kreditinstitute“.289 Dies wird als fundamentaler Bruch mit gesellschaftsrechtlichen Grundprinzipien verstanden. Solch eine Überformung des Gesellschaftsrechts wäre auch zu konstatieren, wenn man die Entwicklung eher als eine Fortentwicklung und Verallgemeinerung älterer wichtiger Grundentscheidungen im Gesellschaftsrecht – gerade auch im deutschen Recht – zu sehen hätte: In der Krise wurden die Pflichten des Leitungsorgans schon bisher modifiziert gesehen, dahingehend, dass mit der Ausfallwahrscheinlichkeit und damit mit Steigen der Gefahren für Verluste der Allgemeinheit auch die Geschäftsleiterpflichten verstärkt von der Gewinn- oder Vermögenswertmaximierung verlagert werden auf die Pflicht, Schäden von Dritten zu minimieren. Breit rechtsvergleichend findet sich ein Sonderrecht der (Gesellschafts-)Leiterpflichten in der Krise, die in diesem Sinne neu definiert wer-

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288 Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl.EG 1993 L 141/27; dann Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. EG 2004 L 145/1 und 2005 L 45/18; heute Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl.EU 2014 L 173/349; grundlegend zum Gesamtbereich: Kumpan Der Interessenkonflikt im deutschen Privatrecht, 2014; sowie Enriques Conflicts of Interest in Investment Services – The Price and Uncertain Impact of MIFID’s Regulatory Framework, in: Ferrarini/Wymeersch (Hrsg.) Investor Protection in Europe – Corporate Law Making. The MIFID and Beyond, 2006, 321; Kumpan/Leyens Conflicts of Interest of Financial Intermediaries – Towards a Global Common Core in Conflicts of Interest Regulation, (2008) 4 ECFR 72; spezifisch zu MiFID II und §§ 63 f. WpHG n.F.: Grundmann/Hacker Conflicts of Interest, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.), Regulation of the EU Financial Markets – MiFID II and MiFIR, 2017, S. 165. Zu den Grundstrukturen Grundmann Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997. 289 Binder ZGR 2013, 760; vgl. auch Langenbucher Finanzinnovationen, Geschäftsleiterhaftung und Corporate Governance in regulierten Branchen, in: Möslein (Hrsg.) Finanzinnovation und Rechtsordnung, 2014, S. 272 und ähnlich Saunders 3 Journal of Financial Perspectives 13 (2015) („banks [as] public utilities“); mit besonderem Fokus auf die zivilrechtliche Haftung Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 143–185 (insbes. 163–185) und 243–281.

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den.290 Eine Neuausrichtung der Pflichten von Bankvorständen wäre dann so zu verstehen, dass die bankaufsichtsrechtlichen Kapitalausstattungsanforderungen nicht so hoch angesetzt wurden, dass davon ausgegangen werden kann, dass jegliches Bankenengagement praktisch risikofrei sei und ihm nicht noch immer ein besonderes Maß an Ausfallwahrscheinlichkeit und/oder Schädigungspotential innewohne; vielmehr ist auf Banken gleichsam dauerhaft ein „Gesellschaftsrecht der Krise“ anzuwenden.291 Mit solch einem Konzept würden Geschäftsleiterpflichten als Teile eines beweglichen Systems gesehen: je gefährlicher die Lage bzw. das Geschäft, desto stärker werden Geschäftsleiter auch auf die Beachtung des Allgemeininteresses verpflichtet. In nuce findet sich dieser Gedanke insofern im letztlich verabschiedeten Regulierungsansatz durchaus, als die bankaufsichtsrechtlichen Pflichten nach innen teils auch je nach Höhe des nach außen eingegangenen Risikos (oder auch je nach Intransparenz der Unternehmens- bzw. Konzernstrukturen) unterschiedlich ausgestaltet sind und werden können.292 Mit solch einer Sicht wird auch betont, dass es zu dieser Verpflichtung der Bankvorstände auf das Stabilitätsziel wohl nur und vor allem kommen musste, weil aufsichtsrechtlich nicht schlicht ein „sattes Maß“ an Eigenmittelausstattung und Risikovorsorge vorgeschrieben wurde, ein Maß, das mit großer Verlässlichkeit Finanzstabilität in Zukunft auch verbürgen würde.293 2. Bankaufsichtsrecht und „Privatrecht“ von Sanierung und Abwicklung. Auch für das 86 neue Aufsichtsrecht der Sanierung und vor allem Abwicklung wird ein sehr direkter Einfluss auf die privatrechtlichen Rechtsverhältnisse allgemein angenommen und allgemein wird konstatiert, dass das Bankeninsolvenzrecht insoweit erheblich vom allgemeinen Insolvenzrecht abweicht. Das ist offensichtlich hinsichtlich der Möglichkeiten, (systemrelevante) Teile auszugliedern (vgl. Art. 14 Abs. 2 lit. a und Art. 22 Abs. 2 SRM-VO, Art. 31 Abs. 2 lit. a und Art. 37 Abs. 2 BRRD sowie unten Erster Teil Rn 102–105), oder hinsichtlich der Möglichkeit, dass gesellschaftsoder vertragsrechtlich begründete Rechtspositionen ausgesetzt oder umgestaltet werden (dazu nächste Rn). Vielleicht am deutlichsten wird die Überformung des allgemeinen Sanierungsund Abwicklungs„privatrechts“ durch die Banking Resolution and Recovery Directive (BRRD) und die SRM-VO an der Rangordnung der Gläubiger, mit der – primär aus bankaufsichtsrechtlichen Überlegungen heraus – vor allem Kleinanleger privilegiert werden sollen.294 Da das Bail-

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290 Vgl. rechtsvergleichend (vom existenzvernichtenden Eingriff bis zum sog. wrongful trading oder action en comblement du passif): Forum Europaeum Konzernrecht Corporate Group Law for Europe, EBOR 1 (2000), 165 (245– 258) = dies. Konzernrecht für Europa, ZGR 1998, 672 (752–766); Strauß Insolvenzbezogene Geschäftsleiterhaftung in Europa, 2001; Ehricke Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz – Wege zur Vergrößerung der Haftungsmasse abhängiger Konzernunternehmungen im Konkurs und Verfahrensfragen – eine rechtsvergleichende Analyse, 1998; Länderberichte etwa in: Sørensen (Hrsg.) Directors’ Liabilities in Case of Insolvency, 1999; Ziegel (Hrsg.) International and Comparative Corporate Insolvency Law, 1994; aktuell zur Frage Binder Organisationspflichten und das Finanzdienstleistungs-Unternehmensrecht – Bestandsaufnahme, Probleme, Konsequenzen, ZGR 2015, 667 (699 ff.). 291 So Grundmann ZHR 179 (2015), 563 (582 ff.). 292 Überblicksweise zu den verschiedenen Kapitalpuffern und den damit verfolgten Ziele (namentlich Anreize zur Risikoverminderung zu schaffen und eine Kompensierung zu gewährleisten für das Eingehen höherer systemischer Risiken auf Grund von Größe, aber auch auf Grund komplizierter Konzernstrukturen) vgl. Avgouleas/ Cullen Market Discipline and EU Corporate Governance Reform in the Banking Sector: Merits, Fallacies and Cognitive Boundaries, 41 Journal of Law and Society 28 (2014); Goodhart/Dimitrios Financial Stability in Practice – Towards an Uncertain Future, 2012; Theissen EU Banking Supervision, 2014, Teil C. Für die U.S.-amerikanische Sicht: Whitehead The Goldilocks Approach – Financial Risk and Staged Regulation, 97 Cornell Law Review 1267 (2011/12). 293 Zu Forderungen, die Eigenkapitalauflagen noch erheblich auszuweiten, vgl. namentlich Admati/Hellwig Des Bankers neue Kleider; breit und grundlegend auch Alexander The role of capital in supporting banking stability, in: Moloney/Ferran/Payne (Hrsg.), Handbook, S. 334 ff. 294 Dies dient der Prävention von Bank-Runs sowie dem Schutz kleinerer Investments (die selbst wiederum häufig der Altersvorsorge dienen). Zu diesem Bereich vgl. etwa Badenhoop ERCL 2017, 299 (307 ff.); Binder KTS 2013, 277; Gleeson/Guynn Bank Resolution and Crisis Management, Rn 10.39 ff.; Hadjiemmanuil Special resolution regimes

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in-Regime mit seinem abgeschichteten System verschiedener Anteilseigner- und Gläubigergruppen ganz offensichtlich ein Sonderinsolvenzrecht bildet, ist sein Einfluss auf das Privat-, besonders Handels- und Gesellschaftsrecht, ein sehr direkter, schon bisher als solcher diskutierter. Wieder ist diese omnipräsente Einwirkung des neuen bankaufsichtsrechtlichen Regimes auf das Privatrecht – Schuld-, Sicherheiten- oder Gesellschaftsrecht – daher auch omnipräsentes Thema bei der etwas ausführlicheren Darstellung der neuen Aufsichtsarchitektur in diesem Bereich (unten C. IV.). An dieser Stelle sollen nur einige wenige paradigmatische Aspekte schon vorweg beleuchtet werden: Die Einflussformen können auf verschiedene Weise kategorisiert werden, u.a. bietet sich 87 folgende Zweiteilung an (wie dann auch unten unter III.): Die bankaufsichtliche Zielsetzung des Abwicklungsregimes, neben die gemäß Art. 19 SRM-VO häufig eine beihilfenrechtliche tritt (vgl. oben Erster Teil Rn 63), kann sich zum einen auf das „Ob“ der Gestaltung auswirken. So kann eine Abwicklungsmaßnahme etwa in Form einer Fusion (vgl. Art. 37 Abs. 3 BRRD und 22 Abs. 2 SRM-VO) einerseits gewünscht erscheinen,295 um die Stabilität des Instituts zu erhöhen, zum anderen jedoch unerwünscht, weil das Risiko eines „Too Big to Fail“ verschärft wird. Der zweitgenannte Gesichtspunkt kann dann – im Hinblick auf die beihilferechtliche und/oder bankaufsichtsrechtliche Zielsetzung des Regimes – die Maßnahme an sich bereits ausschließen.296 Das aufsichtsrechtliche Regime kann zum anderen auch das „Wie“ der Abwicklung selbst beeinflussen, die (Um-)Gestaltung der Rechte im einzelnen. Das Hauptbeispiel für diese Dimension, das auch im Gesetzgebungsprozess wie kein anderes diskutiert wurde, bildet das sog. Bail-inRegime, namentlich seine Zielsetzung. Hier soll es wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung nur um Letztere gehen (für die sonstigen Fragen dieses Regimes und das sonstige Abwicklungsregime dann unten C. IV.). Während in der öffentlichen Diskussion ganz die Entlastung der öffentlichen Haushalte im Vordergrund stand, ist die Anreizsteuerung für die Beteiligten und Akteure als eine zweite Zielsetzung ebenso wichtig, ggf. sogar wichtiger. In der Tat spricht schon Art. 14 Abs. 2 lit. c SRM-VO bei der Definition der Abwicklungsziele nur von einer „geringere(n) Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln.“ Und der Beitrag durch Bail-in-Mechanismen ist betragsmäßig auch auf 8% Eigenbeiträge festgeschrieben (Art. 44 Abs. 5 lit. a BRRD und Art. 27 Abs. 7 lit. a SRM-VO). Dies ist nicht nur als „Schonung“ von Bankeignern und -gläubigern zu verstehen, sondern auch von den neu definierten bankaufsichtlichen Zielen her: Denn diese werden durch das Bail-in durchaus auch negativ tangiert, namentlich wegen der durch dieses ebenfalls begründeten Ansteckungsgefahren und prozyklischen Effekte,297 so dass ein Ausgleich gesucht wurde. In der Tat sollen mit dem Bail-in-Regime ebenfalls die Anreizstrukturen für die Akteure verändert werden. Das gilt gleichermaßen für die durch BRRD und SRM-VO sowie die aufsichtliche Praxis etablierte Rangordnung (vgl. schon vorige Rn) wie für die Gestaltung von Vertragsklauseln zwischen Gläubigern

_____ for banking institutions – objectives and limitations, in: Ringe/Huber (Hrsg.) Legal Challenges in the Global Financial Crisis, 2014, S. 209; Madaus Bank Failure and Pre-emptive Planning, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 49; Schillig Resolution and Insolvency of Banks, Rn 11.13 ff. 295 Zur darin zum Ausdruck kommenden (für das Bankinsolvenzrecht spezifischen, weil besonders starken) Ausrichtung an einer Fortführung der Unternehmenswerte vgl. etwa Huertas The Case for Bail-ins, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.), The Bank Recovery, S. 167 (169). 296 Vgl. Lambert u.a. How Big is the Implicit Subsidy for Banks Considered Too Important to Fail? 2014 (IWF, Washington). Zu Argumentationen im erstgenannten Sinne vgl. Dewatripont European Banking –Bailout, Bail-in and State Aid Control, 34 International Journal of Industrial Organization 37 (2014); Avgouleas/Cullen 41 Journal of Law and Society 28 (2014), bes. S. 49. Für die zweitgenannte Sicht vgl. R. Davies/Tracey Too Big to Be Efficient? The Impact of Implicit Subsidies on Estimates of Scale Economies for Banks, 46 Journal of Money, Credit and Banking 219 (2014). 297 Avgouleas/Goodhart Journal of Financial Regulation 2015, 1 (dies. CEPR Discussion Paper Series N° 10065, http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2501539). Zurecht (im Hinblick auf die „zu geringe“ Größe des Fonds) darauf hinweisend, dass der Fonds erst an vierter Stelle in der Haftungkaskade stehe (nach 8% Bail-in von Gläubigern, Einlegern und Sparern) etwa Mehmedi Europäische Bankenunion, S. 67 f.

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und Banken: etwa wenn die Wirkung bestimmter Vertragsklauseln in der Abwicklung suspendiert werden soll (etwa der sog. close-out netting Klauseln),298 oder wenn vorgeschrieben wird, dass sich der Gläubiger dem Bail-in-Mechanismus vertraglich unterwerfen muss (Art. 55 BRRD). Die Kombination zwischen Neuerungen in der Rangordnung und Vorgaben hinsichtlich der verwendeten Klauseln hat naheligender Weise erhebliche Wirkungen auf Märkte, namentlich auf den Kreis verfügbarer Produkte und deren Bepreisung.299 Teils wird umgekehrt sogar der breite Ermessensspielraum kritisiert, den die Abwicklungsbehörden unter der BRRD genießen – wiederum die privatrechtliche Gestaltung unmittelbar beeinflussend und überformend – und der Risikoaufschläge bei der Fremdkapitalemission durch Banken provoziere.300 Während es also kein realistisches Ziel sein kann, Steuerzahler gänzlich von den Kosten zu entlasten, die Bankinsolvenzen auslösen, und dies namentlich wegen des „Too Big to Fail“ Problems, ist Verbesserung der Anreize durchaus realistisch und damit immerhin eine Minimierung dieser Belastung. Damit ist das Regime sogar besonders stark auf privatrechtliche Instrumente angewiesen – wenn auch sicherlich nicht unter Ausschluss öffentlicher Aufsichtsbemühungen. Dabei waren gleichzeitig die Verlustbeteiligungen so zu kalibrieren, dass negative Externalitäten der Abwicklung minimiert wurden (namentlich Vertrauensverlust in Finanzmärkte und Regulierungsarbitrage). III. Bankaufsicht und Bankprivatrecht i.e.S. (Kundenbeziehung) Deutlich weniger als für das Bankgesellschaftsrecht und für das Recht von Sanierung und 88 Abwicklung wird für die Bank-Kunden-Beziehung der Einfluss der neuen bankaufsichtsrechtlichen Architektur diskutiert. Unter den Einwirkungsformen erscheinen drei besonders prominent: Zum ersten sind Produktverbote zu erwarten, die mit bankaufsichtsrechtlichen Zielsetzun- 89 gen (Finanz- oder Institutsstabilität, ggf. auch Marktintegrität) begründet werden. Denkbar ist das bei Verboten im Einzelfall, etwa wenn Produkte bei massenhaftem Vertrieb als zu ausfallgefährdet eingestuft werden oder jedoch, weil zu komplex, sowohl als zu riskant als auch ggf. nicht mehr transparent erklärbar.301 Dass es sich hierbei nicht um abstrakte Möglichkeiten, sondern um voraussichtlich nicht selten auftretende Fallgestaltungen, belegt der Umstand, dass die wichtigste EuGH-Entscheidung in diesem Bereich ein Verbot aus Gründen der Finanzmarktstabilität (das EU-weite Verbot von Leerverkäufen) betraf, freilich nicht im Einzelfall ausgesprochen sondern im Verordnungswege.302 Diese Einwirkungsform auf das Privatrecht, soweit sie von der

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298 Vgl. Art. 68 BRRD; Lehmann Revue Du Droit Bancaire et Financier 4 (Juli 2014): Rn 37; für eine frühe Analyse vgl. Peach Systemic Risk, Regulatory Powers and Insolvency Law – The Need for an International Instrument on the Private Law Framework for Netting, Working Paper (Institute for Law and Finance, 2010). Zu deren Sonderstellung im Insolvenzrecht bisher ausführlich Garcimartin Resolution Tools and Derivatives, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 190. Teils wird eine – flexiblere – Regelung durch Abrede (wie bisher) gegenüber der staatlichen Regelung als vorzugswürdig gesehen: etwa Cahn/Kenadjian Contingent Convertible Securities: From Theory to CRDIV, Working Paper Series (Institute for Law and Finance, 2014), S. 5. 299 De Seriere in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 153; Lehmann Bail-In and Private International Law, 2016, S. 9, abrufbar unter https://ssrn.com/abstract-2759763. 300 Haentjens Work of International Organisations on Bank Recovery and Resolution: An Overview, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution – A Conference Book, 2014, S. 18. Zur Frage, ob darin das Bail-in-Risiko oder andere Kosten der Finanzstablität reflektiert werden: Tröger Regulatory Influence on Market Conditions in the Banking Union, SAFE Working Paper Series, 2015, S. 10. 301 Wie etwa im Zinswettefall aus der BGH-Judikatur: BGH Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949 (1952 f.) = WM 2011, 682 = BKR 2011, 293 (CMS Spread Ladder Swap – Zinswette); vgl. dazu Köndgen BKR 2011, 283 (283 f.), der zu Recht davon ausgeht, dass in diesem Fall eine transparente Aufklärung überhaupt unmöglich sein dürfte. Dort freilich unzureichende Aufklärung schon unter Anlegung der zivilrechtlichen Aufklärungsstandards angenommen. 302 Nachw. oben Fn 122.

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Verwaltungspraxis der EZB oder auch vom Single Rulebook ausgeht, wirkt freilich idR insofern „automatisch“, als es dann gar nicht erst zu Transaktionen kommt. Erst bei bankseitigen Verstößen gegen die bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben stellt sich die Frage nach Nichtigkeitsfolgen (etwa nach § 134 BGB).303 Weniger „versteckt“ und wohl auch zahlenmäßig wichtiger sind, zweitens, die Fälle, in 90 denen es darum geht, ob bankaufsichtsrechtliche Anforderungen, ggf. konkretisiert in Anordnungen der Aufsichtsbehörde oder im Single Rulebook, Inhalt schuldrechtlicher Verhaltensanforderungen werden, etwa als vorvertragliche Pflichten oder Vertragspflichten. Im Zahlungsdiensterecht (Zahlungsverkehr) sind etwa im Rulebook Rückgriffsrechte im Interbankenverhältnis geregelt, wenn Kunden dem erfolgten Lastschrifteinzug widersprechen. Vor Schaffung des Einheitlichen Europäischen Zahlungsraums (SEPA) mit seiner Umgestaltung gerade der Infrastruktur waren diese Rückgriffsrechte in (privatrechtlichen) Interbankenabkommen geregelt, aus denen (drittschützend) Rechte auch des widersprechenden Kunden abgeleitet wurden. Es liegt nahe, dass die aufsichtsrechtlich etablierte Infrastruktur diese Wirkungen ebenfalls zeitigen wird (vgl. hierzu unten Dritter Teil Rn 348, 481–485). Da für nicht ordnungsgemäß erfolgten Zahlungstransfer die beteiligten Banken ohnehin ganz überwiegend eine verschuldensunabhängige Erfolgshaftung und nur bei Folgeschäden eine (teils) verschuldensabhängige Haftung trifft (vgl. Art. 89–91 Zahlungsdienste-Richtlinie II, §§ 675y, 675z S. 2–5 BGB, unten Dritter Teil Rn 493–504 und 516–523), sind Verstöße gegen Anforderungen im Zahlungsdiensteaufsichtsrecht, die die Infrastruktur betreffen, außerhalb von Folgeschäden idR kaum von zusätzlicher Bedeutung für das Privatrecht. Freilich kann das Aufsichtsrecht für den Verschuldensvorwurf bei Folgeschäden und für die Erfüllungshaftung jedenfalls für die Abgrenzung in einem Punkte herangezogen werden: Jedenfalls von höherer Gewalt i.S.v. Art. 93 Zahlungsdienste-Richtlinie II und § 676c BGB kann nicht ausgegangen werden, wenn zahlungsdiensteaufsichtsrechtliche Anforderungen bestanden und verletzt wurden (hierzu unten Dritter Teil Rn 338, 433, 517, 540). Und ein Verstoß gegen zahlungsdiensteaufsichtsrechtliche Standards, auch etwa im Rulebook, zur Kartensicherheit begründet wohl ein Mitverschulden und mindert Haftungsansprüche gegen den Kunden wegen Kartenmissbrauchs aus Art. 70 Zahlungsdienste-Richtlinie II bzw. § 675m BGB oder schließt sie ganz aus (hierzu näher unten Dritter Teil Rn 248, 275–280). Im Kreditrecht bzw. -verkehr ist denkbar, dass regulatorische Vorgaben betreffend die staatliche Förderung der Kreditvergabe im Bank-Kunden-Verhältnis dann kreditvertragliche Treuepflichten

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303 Zur Frage, ob auch Verbote von Aufsichtsbehörden als „Verbotsgesetze“ i.S.v. § 134 BGB gesehen werden können vgl. (ablehnend) Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler KWG, 5. Aufl. 2016 § 6 KWG Rn 29 mwN. Die h.M. lehnt eine solche Verbotswirkung ab: BGH Urt. v. 28.4.2015 – XI ZR 378/13, BGHZ 205, 117 (Rn 66) = NJW 2015, 2248; Urt. v. 16.1.1996 – XI ZR 116/95, WM 1996, 387 (389); LG Frankfurt a.M. Urt. v. 19.9.1994 – 2/21 O 415/93, WM 1995, 106; Cahn/Müchler Produktinterventionen nach MiFID II – Eingriffsvoraussetzungen und Auswirkungen auf die Pflichten des Vorstands von Wertpapierdienstleistungsunternehmen, BKR 2013, 45 (54); Beck/Samm/Kokemoor/Früh § 18 KWG Rn 4; Früh WM 1995, 1701 (1709). Dies wird vor allem damit begründet, dass nur Gesetze im Sinne des Art. 2 EGBGB als Verbotsgesetze nach § 134 BGB angesehen werden; Verwaltungsakte und -normen werden überwiegend nicht als Verbotsgesetze betrachtet: Soergel/Hefermehl § 134 Rn 5; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Wendtland § 134 Rn 8. Die h.M. nimmt an, ein Gericht wäre bei einer Beurteilung der Verträge nicht an die Rechtsauffassung der Behörde gebunden, so dass die Institute selbstständig zu beurteilen hätten, ob sie die Vorgaben im Verhältnis zum Kunden umsetzen (dann ggf. zivilrechtlich unwirksame Verträge) oder nicht (dann ggf. Verstoß gegen Aufsichtsrecht). Hierzu (auch dass diese Lage problematisch sei): Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler KWG, 5. Aufl. 2016 § 6 KWG Rn 29. Allgemeiner zur Anerkennung von KWG-Normen als Verbotsnormen Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 238–242, 274–276. Vgl. zu den parallel gelagerten Fällen der Leerverkaufs-VO Mülbert/Sajnovits Das künftige Regime für Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps nach der Verordnung (EU) Nr. 236/2012, ZBB 2012, 666, sowie zur MiFID II Cahn/Müchler BKR 2013, 45 (54), dort auch (zweifelnd) zum Schutzgesetzcharakter der Art. 31, 32 MiFiD iSd § 823 Abs. 2 BGB.

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begründen (näher unten Vierter Teil Rn 110–113), dass die aufsichtsrechtlichen Regeln zur Prävention systemischer Risiken auch die vertragliche Weitergabe von Kreditrisiken beschränken, also ggf. sogar ein Verbot (vorige Rn) begründen (hierzu näher unten Vierter Teil Rn 188), dass aus dem Aufsichtsrecht breit ein allgemeines Transparenzgebot bei der Kreditberatung hergeleitet wird (dazu unten Vierter Teil Rn 166) und dass die Pflichten zur Prüfung der Kreditwürdigkeit, die im Aufsichtsrecht eine ältere Tradition haben und im Vertragsrecht erst zuletzt und auch noch nicht umfassend eingeführt wurden,304 auch auf privatrechtlich bisher nicht geregelte Fälle ausstrahlen.305 Das prominenteste und am breitesten diskutierte Beispiel freilich entstammt dem Investmentbanking (Wertpapierhandelsrecht). Hier ist bekanntlich schon herkömmlich für die wichtigste Regel zur Finanzintermediation, die Kerninformations- und -beratungsregel in §§ 63 f. WpHG, höchst umstritten, ob sie rein aufsichtsrechtlicher Natur ist oder aber auch zivilrechtliche Standards festlegt (vgl. bereits oben Erster Teil Rn 82 und unten 5. Teil Rn 141–143 und 8. Teil Rn 223–225). Als dritte Einwirkungsform ist denkbar, dass bankaufsichtsrechtliche Anforderungen auch 91 als Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB verstanden werden.306 Wie für § 134 BGB (s.o.) stellt sich die Frage, ob Anordnungen durch Aufsichtsbehörden, wenn sie von supranationaler Ebene stammen und zudem von einer EU-Institution ausgehen, die in „Unabhängigkeit“ handelt, nicht doch also solche gesehen werden können. C. Wichtige materiellrechtliche Einzelfelder der Bankaufsicht – Grundzüge Auf das Bankprivatrecht kann vorrangig, vielleicht sogar ausschließlich nur das materielle 92 Bankaufsichtsrecht Einfluss nehmen. Aus diesem Grund werden im Folgenden die wichtigsten Einzelfelder des materiellen Bankaufsichtsrechts skizziert, äußerst knapp zwar, jedoch immer wieder auch mit Bezügen zum Privatrecht. I. Erlaubnispflicht Für die gewerbsmäßige Erbringung von Bankdienstleistungen iwS besteht eine Erlaubnis- 93 pflicht (§§ 32 Abs. 1 S. 1 KWG, 10 Abs. 1 S. 1 und 11 Abs. 1 S. 1 ZAG). Diese ist eng verbunden mit der Definition der erfassten Bankdienstleistungen. Die Entwicklung über die letzten Jahre zeichnet sich durch zwei Entwicklungen aus, die jeweils die Ordnung des Kreditwesens beeinflussen: einerseits dadurch, dass zwischen verschiedenen Erbringern von Bankdienstleistungen iwS zunehmend differenziert wird, womit sich auch die Marktstrukturen verändern und verändern sollen (erleichterter Marktzutritt in den Bereichen mit geringeren Anforderungen); andererseits auch dadurch, dass die Abgrenzung vom Bereich jenseits des Kreditwesens (ohne Zulassungspflicht) gesetzgeberisch und richterrechtlich kontinuierlich problematisiert wurde, mit einer

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304 Im Kreditgeschäft wurde erst durch die Hypothekarkredit-Richtlinie von 2014 eine Pflicht zur verantwortungsbewussten Kreditvergabe (unzweifelhaft) eingeführt und dies nur für ihren Anwendungsbereich (der freilich das wichtigste Verbraucherkreditsegment abdeckt): vgl hierzu Art. 18 Abs. 5 Nr. 5 lit. a) der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/ 2010, ABl.EU 2014 L 60/34; vgl. dort auch Art. 7. 305 So früh Hofmann Die Pflicht zur Bewertung der Kreditwürdigkeit, NJW 2010, 1782 (1785 f.) (auf der Grundlage von § 18 Abs. 2 KWG); ausführlich Atamer Duty of Responsible Lending, in: Grundmann/Atamer (Hrsg.) Financial Services, Financial Crisis, and General European Contract Law – Failure and Challenges of Contracting, 2011, S. 179; Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 203–226 (insbes. 225 f.). 306 Ausführlich hierzu Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 226–238, 276–281.

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Tendenz, den regulierten Bereich auf funktional vergleichbare Geschäfte auszudehnen (Stichwort „Schattenbanken“, dazu noch nächste Rn). Die zunehmende Differenzierung verschiedener Typen von Bankdienstleistern wirkt sich bei der Zulassung zunächst (nur) indirekt aus, weil zwar alle Typen einer Zulassungspflicht unterworfen werden, weil jedoch zugleich inhaltlich an verschiedene Typen von Bankdienstleistern unterschiedliche Anforderungen, namentlich auch Eigenkapitalanforderungen gestellt werden (etwa bei den sog. CRR-Kreditinstituten mit Einlagen- und Kreditgeschäft [§ 1 Abs. 3d Satz 1 KWG] 5 Mio. € Mindesteigenkapital, bei den Finanzdienstleistungsunternehmen zwischen 50.000,– und 730.000,– €, vgl. 33 Abs. 1 KWG) und deren Erfüllung auch bereits als Zulassungsbedingung geprüft wird. Jedenfalls jedoch stellt sich die Frage nach der Einordnung bei der Erlaubniserteilung erstmals. Vier Typen sind zu unterscheiden: (1) (Einlagen-)Kreditinstitute nach § 1 Abs. 1 KWG (und parallel, wenn auch enger Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 CRR, „CRR-Institute“), (2) Finanzdienstleistungsinstitute nach § 1 Abs. 1a KWG (und parallel Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 CRR);307 (3) Zahlungsdienstleister (und E-Geld-Institute) nach § 1 Abs. 1 ZAG; sowie – nicht mehr in den erlaubnispflichtigen Bereich fallend – (4) die Finanzunternehmen (§ 1 Abs. 3 KWG, die selbst den bankaufsichtsrechtlichen Regeln nicht unterfallen, sondern nur für die Adressaten des KWG als Gegenpartei relevant sind).308 Erstere sind als Gruppe vor allem durch den Betrieb des Einlagengeschäfts und des Kreditgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 KWG) charakterisiert, wobei es bei der Einlage entscheidend auf das Merkmal der „unbedingten“ Rückzahlungspflicht und der Hereinnahme „vom Publikum“ ankommt (vor allem Sichteinlagen, Termin- oder Kündigungseinlagen, Spareinlagen; vgl. Beispiele nächste Rn) und wobei nach dem Gesagten auch heute noch die verschiedenen Transformationsleistungen zwischen Einlagengeschäft und Kreditgeschäft das Kernbetätigungsfeld der Institutsgruppen Sparkassen und Genossenschaftsbanken und auch großer Teile der Privatbanken bilden (oben Erster Teil Rn 19–21). Dieser Gruppe von Bankdienstleistern sind alle sonstigen Bankgeschäfte ebenfalls gestattet, denn für diese wird mit Zulassung als Kreditinstitut eine parallele Zulassung fingiert, so dass es sich bei diesen Instituten um die Universalbanken handelt. Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1a KWG) sind demnach nur solche Institute, die allein Finanzdienstleistungen anbieten (wollen), mit namentlich der Anlagevermittlung, -beratung und -verwaltung, auch Handel in Finanzinstrumenten für fremde Rechnung, Hochfrequenzhandel, dem best effort Emissionsgeschäft (bei firm commitment Kreditinstitut, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 KWG) und verschiedenen Formen der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage von Kapitalanlagen (insbes. multilateraler Handelssysteme). Finanzdienstleistungsinstitute sind demnach reine Investmentbanken. Sie und Kreditinstitute werden nach dem KWG beaufsichtigt (§ 1 Abs. 1b KWG), inhaltlich zudem der CRR. Und Zahlungsdienstleister sind solche Institute, die – ohne Universalbanken („Kreditinstitute“ i.S.v. § 1 Abs. 1 KWG) zu sein – (allein) Zahlungsdienstleistungen anbieten; sie werden dann allein nach dem ZAG beaufsichtigt. Die Wichtigkeit der Ausdifferenzierung zeigt sich vor allem an den erheblich divergierenden Anforderungen, etwa Eigenkapitalanforderungen. Für die bankprivat- und -vertragsrechtliche Sicht wohl noch wichtiger als die Abschattie94 rung verschiedener Arten von Bankdienstleistern erscheint die Abgrenzung gegenüber dem unregulierten Bereich jenseits des Kreditwesens. Dieser unregulierte Bereich wird in der Folge der Finanzkrise auch legislatorisch grundsätzlich in Frage gestellt, namentlich der Kernbereich von Hedge Fonds oder Geldmarktfonds hat(te) hohe Priorität auch international309 und der

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307 CRR-Einlageinstitute sind allein diejenigen, die Einlage- und Kreditgeschäft betreiben, auch der Begriff der Wertpapierfirma ist etwas enger als der des Finanzdienstleistungsinstituts, vgl. Luz/Neus/Schaber/Schneider/ Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, § 1 KWG Rn 17 und 78. 308 Vgl. im einzelnen Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler KWG, 5. Aufl. 2016, § 1 KWG Rn 223. 309 Vgl. nur Commission MEMO/13/763 (Sept. 4, 2013); Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Jahresbericht 2013 S. 21, abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Jahresbericht/

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

zweitgenannte Bereich ist inzwischen durch EU-Verordnung reguliert.310 Eine zentrale Ausweitung des bankaufsichtsrechtlich regulierten Bereichs erfolgte schon bisher beispielsweise mit der Einbeziehung der Anlageberatung in den Kreis der Wertpapierdienstleistungen durch die MIFID (bereits I und II) und ihre Umsetzung (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1a KWG, auch § 2 Abs. 8 Nr. 10 WpHG).311 Richterrechtlich stehen die Einzelabgrenzungen im Vordergrund, etwa dass, wenn Winzer routinemäßig Gelder bei einer Winzergenossenschaft über den jährlichen Abrechnungszeitraum hinaus stehen lassen, dies als Einlagengeschäft zu qualifizieren sei (durchaus vom Publikum aufgenommen), umgekehrt jedoch die Überlassung von Geldern zu Spekulationsgeschäften nicht (mangels unbedingter Rückzahlungspflicht).312 Für die Kunden von Bankdienstleistungen ist dies vor allem deswegen zentral, weil die (Einhaltung der) Erlaubnispflicht als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB bzw. als Vertragspflicht einzustufen ist313 – überzeugend, wenn Regulierung und Überwachung als zentral für die Qualität von Bankdienstleistungen und insbesondere für den Aufbau hinreichender organisatorischer Voraussetzungen zu sehen sind und dies gerade auch im Kundeninteresse. Die fehlende Einholung einer Zulassung genügt also als haftungsbegründender Tatbestand. Die Haftung trifft gesamtschuldnerisch die Vorstände des Unternehmens und dieses selbst. Da Erwägungsgrund 61 der SSM-VO eine Staatshaftung für fehlerhafte Bankaufsicht (durch die EZB) ausdrücklich nicht ausschließt, wird potentiell der Kreis der Haftenden signifikant ausgeweitet, auf stets solvente Schuldner.314 II. Solvabilitäts- und Liquiditätsvorgaben (mit Eigenkapitalanforderungen) Der erste große Reformschwerpunkt lag in der Verbreiterung der Ausstattung der Kredit- 95 institute mit Eigenkapital. Das ist verbunden mit einem gezielteren Zuschnitt auf spezifische Risikosituationen (zusätzliche Kapitalpuffer), namentlich: mit einerseits einer stärkeren Vorbereitung auf Krisensituationen und antizyklischen Maßnahmen und andererseits der stär-

_____ dl_jb_2013.html; G20 Leaders’ Declaration Saint Petersburg Summit, 2013 Nr. 76, abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/G8_G20/G20-erklaerung-petersburg-en.html?nn=393164; sowie Kommission der Europäischen Union, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Geldmarktfonds, KOM (2013) 615 endg. (September 2013); zu dieser Diskussion auch Binder Konzepte zur Beaufsichtigung von Schattenbanken, in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Band 2, Teil 9 (S. 3145 ff.). Siehe zur aktuellen Bewertung der Aktivitäten und Risiken im Schattenbankensektor sowie der einhergehenden Regulierungsnotwendigkeiten Financial Stability Board Assessment of shadow banking activities, risks and the adequacy of post-crisis policy tools to address financial stability concerns (3.7.2017); dazu Tochtermann Schattenbankensektor, BaFin-Journal 07/2017, 38. 310 Verordnung (EU) 2017/1131 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über Geldmarktfonds, ABl. 2017 L169/8; dazu Grabitz/Hilf/Nettesheim/Ress/Ukrow Art. 63 Rn 437. 311 Vgl. dazu, der Heraufstufung von einer (grds. aufsichtsfreien) Wertpapiernebendienstleistung zu einer Wertpapierdienstleistung Fleischer BKR 2006, 389 (392); Teuber BKR 2006, 429 (429). 312 Für das Erste BGH Urt. v. 19.3.2013 – VI ZR 56/12, WM 2013, 874; für das Zweite BGH Urt. v. 9.11.2010 – VI ZR 303/09, WM 2011, 17 (18); näher dann zu den Abgrenzungen die Standardkommentare, etwa Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, § 1 KWG Rn 16–94; knappe Zusammenfassungen etwa bei Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 19–22; Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 31– 51; Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 58–65. 313 Grundlegend BGH Urt. v. 21.4.2005 – III ZR 238/03, WM 2005, 1217; dann BGH Urt. v. 11.7.2006 – VI ZR 339/04, WM 2006, 1898; Urt. v. 11.7.2006 – VI ZR 340/04, WM 2006, 1896 (1897); Urt. v. 23.3.2010 – VI ZR 57/09, WM 2010, 928 (929); BGH (vorige Fn), WM 2011, 17 (18); Urt. v. 23.11.2010 – VI ZR 244/09, WM 2011, 20 (21) (auch zugunsten von Drittstaateneinlagenvermittlung); das Ausgangsurteil in Abgrenzung zur zeitgleichen Entscheidung betreffend das Fehlen eines Anspruchs gegen die Aufsichtsbehörden: BGH Urt. v. 21.4.2005 – III ZR 48/01, BGHZ 162, 49 (57 f.); Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 227–230; monographisch und zu den Grundlagen Rost Verstoß gegen § 32 KWG an der Schnittstelle von Bankenaufsichtsrecht und Zivilrecht. 314 AA freilich die h.M., vgl. etwa Ohler Bankenaufsicht und Geldpolitik in der Währungsunion, S. 179 ff. sowie Lackhoff Single Supervisory Mechanism, S. 260.

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keren Berücksichtigung eines (von solchen krisenhaften Entwicklungen unabhängigen) systemischen Risikos, das typischer Weise aus der Größe des Instituts oder der Art der Verbindlichkeiten resultiert. Dies ist der Teil der Reform, den die Basel III-Grundsätze anstießen (oben Erster Teil Rn 38) und der in der CRR, also in unmittelbar anwendbarem EU-Recht, verankert ist.315 Insgesamt erscheint die Möglichkeit, dass die diesbezüglichen Regeln auf bankprivat- und -vertragsrechtliche Fragen Einfluss nehmen, ungleich geringer als bei den Organisationsvorgaben und dem Sanierungs- und Abwicklungsregime (unten III. und IV.). Die Verbreiterung der Ausstattung der Kreditinstitute mit Eigenkapital ist nicht dem 96 Umstand geschuldet, dass unter CRD IV/CRR die Summe der Eigenmittel einen höheren Prozentsatz des risikogewichteten Gesamtforderungsbetrages abdecken müssten als zuvor (unter CRD II und III). Dieser Prozentsatz blieb unverändert bei 8% (Art. 92 CRR). Entscheidend ist vielmehr, dass auf beiden Seiten der Relation, vor allem jedoch auf der Seite der Eigenmittel Verschärfungen vorgenommen wurden. Diese betreffen zunächst die Qualität der Eigenmittel: Nach Art. 92 CRR müssen die Kreditinstitute 4,5% als sog. hartes Kernkapital, weitere 1,5% als „zusätzliches Kernkapital“ vorhalten, während Ersteres zuvor nur 2% betragen musste, Zweiteres ebenfalls 2%.316 Dabei besteht hartes Kernkapital im Wesentlichen aus Gesellschaftsanteilen bzw. Rücklagen aus realisierten Gewinnen (keine Rückzahlung, keine Ausschüttungsverpflichtung, Nachrang mit uneingeschränkter und unmittelbarer Verfügbarkeit für die Abdeckung von Risiken, näher Art. 28 CRR mit 13 Einzelkriterien).317 Zusätzliches Kernkapital (Art. 52 CRR) steht ähnlich dauerhaft zur Verfügung, hat vergleichbaren Nachrang und ebenfalls keine Ausschüttungsverpflichtungen, etwa stille Vermögenseinlagen oder dauerhaft bedingte Pflichtwandelanleihen.318 Im Vergleich zu zuvor ist also die Kernkapitalquote um 50% gestiegen, die des harten Kernkapitals hat sich mehr als verdoppelt. Dies ist freilich nur die erste Ebene eines dreifach verstärkten Solvabiltitässicherheitsnetzes. Das Ergänzungskapital (Art. 62 i.V.m. 60 CRR, wiederum mit Nachrang, ohne Kündigungsrecht des Gläubigers und zwar mit Ausschüttungsverpflichtungen, jedoch ohne Steigerung bei sinkender Bonität)319 füllt nur noch eine Lücke von (bis zu) 2%. Die zweite Ebene des verstärkten Solvabilitätssicherheitsnetzes besteht aus vier Kapitalpuf97 fern, mit denen differenziert und teils auch flexibel besondere Risikopotentiale abgedeckt werden sollen. Aufsummiert können sie bis zu 8,5% des risikogewichteten Gesamtforderungsbetrages erreichen (vgl. nochmals Graphik oben Fn 304). Dies ist umso wichtiger, als für die Kapitalpuffer stets hartes Kernkapital aufzubringen ist.320 Beim sog. Kapitalerhaltungspuffer von

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315 Die Regelung ist sehr technisch und umfangreich. Von den 11 Teilen sind die wichtigsten: Teil 2 Eigenmittel (Art. 25–91), Teil 4 Großkredite (Art. 387–403) sowie Teil 6 Liquidität (Art. 411–428) und eher punktuell auch Teil 3 Eigenmittelanforderungen (Art. 92–386). 316 Anschaulich die Graphik bei Hartmann-Wendels ZfBF 67 (2013) 72 (75); zu den Grundideen der (besseren) Anreizsteuerung durch solch eine Anhebung (neben der – offensichtlich auch – besseren Abdeckung des Risikos): Rugemintwari The Leverage Ratio as a Bank Discipline Device, 62 Revue Economique 479 (2011); Vollmer/Wiese (2013) 9 Journal of Financial Stability 487; kritisch zum Maß der Anhebung (zu gering) vor allem Hellwig/Adamati The banker’s new clothes: what’s wrong with banking and what to do about it, 2014; zum Eigenmittelregime im Überblick auch z.B. Buchmüller/Engelbach/Elbracht/Beekmann/Puppe Eigenmittelregulierung, in: Binder/Glos/Riepe (Hrsg.) Handbuch Bankenaufsichtsrecht, § 7 sowie Fischer/Boegl Eigenmittel und Liquidität, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.) Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2017, § 129; spezifisch im Hinblick auf die Institutsgruppe der Sparkassen und ihrer Besonderheiten: Hölscher Die Eigenkapitalvorgaben nach … CRR/CRD IV unter besonderer Berücksichtigung der … Sparkassen. 317 Näher etwa Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 67–72; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/ Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. 26–35 CRR Rn 40–63 und Art. 36–49 Rn 1ff. (zu Abzügen). 318 Näher etwa Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 73–75; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/ Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. 51–61 CRR bes. Rn 1–34. 319 Näher etwa Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 75–77; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/ Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. 62–71 CRR bes. Rn 1–34. 320 Lannoo Great Financial Plumbing, S. 90; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 355 f.; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, § 10c KWG Rn 4 und § 10d KWG Rn 6.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

2,5% (Art. 129 CRD IV, § 10c KWG) handelt es sich um das allgemeinste, zugleich jedoch auch für die Banken besonders flexible Instrument. Grundidee ist, dass die Institute diesen in Zeiten guter Ergebnisse aufbauen sollen, um ihn in Krisen- oder Verlustphasen abbauen zu können, ohne dass das Kreditengagement zurückgefahren werden muss (und so die Gefahr erheblich ist, dass sich die Ertragslage nochmals verstärkt eintrübt und die Krise vertieft wird und, wenn massenweise geschehen, dass auch eine Kreditklemme für die Realwirtschaft droht). Deswegen besteht keine Pflicht, diesen Puffer stetig vorzuhalten, freilich sind Ausschüttungen erst zulässig, sobald er umfassend aufgebracht ist, so dass nicht nur der Anreiz stark sein sollte, diesen Kapitalpuffer in Zeiten guter Ergebnisse aufzubauen, sondern bis zu seinem Aufbau auch vermehrt Mittel vorliegen.321 Gezielt auf die jeweilige Konjunkturlage ist dann der antizyklische Kapitalpuffer von bis zu 2,5% zuzuschneiden (Art. 130 CRD IV, § 10d KWG), dies von der Aufsichtsbehörde, freilich nach internationalen Standards, die auf die Belegenheit der jeweiligen Verbindlichkeiten abstellen. Jedes Kreditinstitut hat auf dieser Grundlage seinen eigenen Prozentsatz zu errechnen, der der Verteilung seines Kreditportfolios entspricht. In Zeiten guter Konjunktur werden so Puffer aufgebaut, aus denen bei schlechterer Konjunktur Abschreibungen auf Forderungen getätigt werden können, die wegen konjunkturbedingten Forderungsausfällen nötig werden.322 Neben diese beiden auf die Konjunkturlage zugeschnittenen Puffer treten zwei weitere, die primär auf (konjunkturunabhängige) systemische Risiken zugeschnitten sind und die auch aufeinander angerechnet werden (also nicht kumuliert werden, Art. 131 CRD IV, § 10h KWG).323 Dies ist zum einen ein spezifischer Kapitalpuffer für systemisch relevante Banken, die anhand einer Liste von Kriterien in fünf Kategorien eingeteilt werden, denen Kapitalpuffer von 1 bis 3,5% zugeordnet sind, die wiederum ein Äquivalent für größen- und komplexitätsbedingte Risiken (namentlich das „too-big-to-fail“) bilden sollen (Art. 131 CRD IV, §§ 10f und 10g KWG). Daneben tritt zum anderen, freilich aufeinander anzurechnen, ein allgemeiner Kapitalpuffer, den die zuständige Aufsichtsbehörde für systemische Risiken festsetzen kann, die mitgliedstaatlichen in einer Höhe bis zu 3%, darüber nur nach Genehmigung durch die zuständigen Institutionen auf EU-Ebene, namentlich die EUKommission, ESRB und EBA (Art. 133 CRD IV, § 10e KWG). Die dritte Ebene des gestärkten Sicherheitsnetzes durch Eigenmittelausstattung ist in einer 98 umfassenderen Abbildung von Risiken, vor allem bei den Marktpreisrisiken und bei den operationellen Risiken (Art. 107 ff. CRR),324 sowie in den nunmehr kodifzierten Liquiditätsaufsichtsanforderungen (Art. 411–428 CRR) zu sehen, mit denen für Verbindlichkeiten, die in Zeithorizonten von 30 Tagen (LCR) bzw. einem Jahr (NSFR) fällig werden, entsprechend hohe, verfügbare und zeitgleich liquide Mittel gewährleistet werden sollen.325 Eine Darstellung der sehr komplizierten Regeln würde den Rahmen einer Übersicht sprengen.

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321 Zu diesem Kapitalpuffer vgl. näher Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 77–79; Hartmann-Wendels/ Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 356; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, § 10c KWG Rn 1–4. 322 Zu diesem Kapitalpuffer vgl. näher Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 77–79; HartmannWendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 356; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. 62–71 CRR, § 10d KWG Rn 1–16. 323 Zu diesen beiden Kapitalpuffern vgl. näher Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 77–79; HartmannWendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 356 f.; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. §§ 10e bis 10h KWG. 324 Zu diesem Regime Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 79–92; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 342 f., 533–568, 569–581 und 663–667; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. 107 ff. CRR, bes. Art. 107 und 108 CRR. 325 Zu diesem Regime Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 92–98; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 422–429; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. 411–428 CRR; und im Vergleich zu den aktienrechtlichen Anforderungen: Brandt Steuerung von Liquiditätsrisiken im Aktienrecht und Bankaufsichtsrecht.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

III. Organisationsvorgaben Die Corporate Governance der Banken ist zu einem eigenständigen (internationalen) Diskussionsfeld geworden.326 § 25a Abs. 1–4 KWG, der Vorgaben in Art. 88 f. CRD IV umsetzt, bildet den rechtlichen, teils auch etwas technisch wirkenden Kern hiervon. Die Organisationsvorgaben für Banken bilden denjenigen Hauptteil des regulatorischen Regimes, der – anders als die Eigenkapitalregeln und die Bankensanierung und -abwicklung – nicht auf internationalen Grundsätzen und Vorschlägen beruht (Baseler Ausschuss, FSB),327 sondern eine Besonderheit des Europäischen Rechts bildet. Die dichte Statuierung von Organisationspflichten im Aufsichtsrecht ist auch hier ein Spezifikum des Bankrechts, beginnend 1993 mit der EG-Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie. Die Leitprinzipien sind folgende drei: (1) die Zuordnung der gesamten Organisationsverantwortung – generalklauselmäßig offen – zur Leitungsebene (Abs. 1 Satz 2);328 (2) die Verpflichtung, für alle wichtige Funktionen spezialisierte Verfahren einzurichten, selbstverständlich allgemein für das Risikomanagement (Abs. 1 Satz 3), vor allem jedoch ein Risikocontrolling-Verfahren (Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 lit. c)) und ein Compliance-Verfahren (Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 lit. c));329 (3) die zusätzliche Flankierung dieser Verfahren durch prozedurale Absicherungen, namentlich durch detaillierte prozedurale Beschreibung und durch Prüfer derselben sowie minutiöse Dokumentation (Abs. 1 Satz 3 und 6) und durch Ermutigung zur Aufdeckung von Missständen (Whistleblowing, Abs. 1 Satz 6 Nr. 3). Die Wichtigkeit, die diesen Organisationsregeln zugemessen wird, führte auch dazu, dass die BaFin als Aufsichtsbehörde diese Vorgaben nochmals mehrfach durch Verwaltungsanleitung verfeinerte: zuletzt durch das Rundschreiben 09/2017 zu Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk).330 Am revolutionärsten – und auch politisch am umstrittensten – erscheint das Vergütungs100 regime, das auf der Grundlage von Art. 92–94 CRD IV mit § 25a Abs. 5–6 KWG sowie der Institutsvergütungs-Verordnung etabliert wurde; die Verordnung wurde auf der Grundlage von § 25a 99

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326 Vgl. nur Hopt/Wohlmannstetter Handbuch Corporate Governance von Banken; Börner in: Paetzmann/Schöning (Hrsg.), Corporate Governance von Kreditinstituten, S. 33; Hopt in: Wymeersch/ Hopt/Ferrarini (Hrsg.), Financial Regulation … Post-Crisis, S. 337; Mülbert/Wilhelm CRD IV framework for banks‘ corporate governance, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.), European Banking Union, S. 155; die Besonderheiten im deutschen Regime bes. betonend Kotz/Schmidt ZBB 2016, 427; monographisch ferner Bronnert-Härle Aufsichtsratsausschüsse als neue Akteure der internen Corporate Governance von Banken; Bührle Unternehmerische Gestaltungsfreiheit versus aufsichtsrechtliche Regulierung; Kemter Corporate Governance … des Bankensektors; Lütgerath Die Vorgaben zur ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation im Bankaufsichtsrecht; Wundenberg Compliance und prinzipiengeleitete Aufsicht über Bankengruppen; sowie Chiu (Hrsg.) The Law on Corporate Governance in Banks; Thaten Ausstrahlung des Aufsichts- auf das Aktienrecht am Beispiel der Corporate Governance von Banken; zu empirischen Studien und (auch interdisziplinärer) Theoriebildung in diesem Bereich vgl. namentlich Hopt ZGR 2017, 438. 327 Anders freilich bei den spezifisch sanierungs- und krisenbezogenen Governance-Vorgaben, die heute im Sanierungsplanungsrecht verwirklicht sind (§§ 12 ff. SAG) und die durchaus schon in den Vorgaben des FSB zu finden sind, vgl. Financial Stability Board, Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions, 2011, S. 16 ff., 43 ff. 328 Dazu etwa Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 131 f.; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 312–314, 372; Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 66 f.; Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.), KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 1–4 KWG bes. Rn 5 f., 90 f. 329 Dazu etwa Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 133–144; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 355–358; Kirchhartz in: Claussen (Hrsg.) Bankrecht, S. 66f.; Luz/Neus/Schaber/ Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 1–4 KWG bes. Rn 11, 114–124. 330 BaFin Rundschreiben 09/2017 (BA) – Mindestanforderungen an das Risikomanagement, MaRisk, 27.10.2017, abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2017/ rs_1709_marisk_ba.html; ausführliche Kommentierung etwa in Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, § 25a KWG sowie Hannemann/Steinbrecher/Weigl Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk); speziell zur neuesten Überarbeitung der MaRisk etwa Krimphove BKR 2018, 1 und Schulte-Mattler/ Dürselen Die fünfte MaRisk-Novelle, Bank 02/2018, S. 30–35.

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2. Abschnitt – Aufsicht und Organisation des Kreditwesens

Abs. 6 KWG erlassen331 und erfasst nach ihrem § 1 alle nach KWG (§ 1 Abs. 1b) beaufsichtigten Institute (Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute). Während wichtige Eckpunkte in der Vorgabe der CRD IV zu finden sind, lässt diese doch durchaus Gestaltungsspielraum, den das deutsche Recht substantiell nutzte. In geradezu diametralen Gegensatz zur Diskussion in den 1990er und frühen 2000er Jahren, in der Boni als das zentrale Anreizinstrument gesehen wurden, wird das heutige bankrechtliche Vergütungsregime auf Europäischer wie nationaler Ebene vor allem damit gerechtfertigt, dass die Risikofreudigkeit der zentralen Entscheidungsträger eingedämmt werden müsse.332 Freilich sind die Einzelregeln i.Erg. als die Suche nach einem Mittelweg zu verstehen: mit Risikobeschränkungselementen, die jedoch die Leistungselemente (einschließlich Anreizen zu angemessener Risikoübernahme) keineswegs gänzlich oder auch nur überwiegend ausräumen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 InstitutsVergVO). Das deutsche Regime unterscheidet zwischen Regeln für alle Institute (§§ 3 ff. InstitutsVergVO) und Verschärfungen für bedeutende Institute (§§ 18 ff. InstitutsVergVO), wobei freilich Letztere praktisch durchweg eher moderate Verschärfungen als grundsätzlich eigenständige zusätzliche Anforderungen enthalten. Das Regime beruht vor allem auf vier Pfeilern, zwei stärker formal-institutionellen Vorgaben, zwei inhaltlichen: Die Vergütungssysteme müssen in Form einer Gesamtstrategie und im Einklang mit der Gesamtstrategie des Instituts festgeschrieben werden, und hierfür hat das Leitungsorgan – für den Vorstand der Aufsichtsrat – die Verantwortung zu übernehmen (Art. 92 Abs. 2 bes. lit. a und c CRD IV, § 25a Abs. 5 Satz 1 KWG und §§ 4 bzw. 3 InstitutsVergVO)333 – womit dann schon eine deutliche Regularisierungswirkung verbunden ist, die noch dadurch verstärkt wird, dass Abweichungen bei einzelnen Amts- und Entscheidungsträgern (nach oben) zu begründen sind (§ 10 Abs. 1 InstitutsVergVO). Zudem hat das Vergütungsregime nicht nur den Betroffenen bekanntgemacht, sondern allgemein veröffentlicht zu werden (Art. 450 CRR, § 16 InstitutsVergVO).334 Die beiden inhaltlichen Vorgaben stützen sich auf die Unterscheidung zwischen festen und variablen Vergütungsbestandteilen, betreffen zwar grds. beide Formen, wirken beschränkend oder regulierend jedoch vor allem für die Variablen: Der Zuschnitt der Vergütung, vor allem der variablen, muss so vorgenommen werden, dass er weder zu übermäßiger Risikofreude einlädt noch die Kontrollfunktion des Betroffenen beeinträchtigt (Art. 92 Abs. 2 bes. lit. e CRD IV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InstitutsVergVO),335 wozu dann einerseits gehört, dass er exzessives Risiko nicht belohnen darf bzw. dass er beim Kontrolleur eine allzu große Identifikation mit den operationalen Zielen nicht fördern darf (§ 5 Abs. 4 InstitutsVergVO), andererseits jedoch auch, dass dieser Zuschnitt keine allzu große (existenzielle) Abhängigkeit von Erfolgsfaktoren vorsehen darf (namentlich § 5 Abs. 3, aber auch § 8 InstitutsVergVO). Solch eine Vergütung wird als „angemessen“ verstanden, was zeigt, dass Angemessenheit vor allem im Hinblick auf die Ver-

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331 Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung – InstitutsVergV) vom 16.12.2013, BGBl. 2013 I, S. 4270, zuletzt geändert durch Zweite Verordnung zur Änderung der Institutsvergütungsverordnung vom 15. April 2019, BGBl. 2019 I, S. 486. Zum Sonderregime bei bedeutenden Banken, hier namentlich SIFIs Nobel in: von der Crone/Rochet (Hrsg.) Finanzstabilität, S. 145. Zum Wechselspiel zwischen Regulierung und Vorstandsmärkten: Spindler FS Kirchner, 2014, S. 343. Speziell zur letzten Novelle der InstitutsVergV Annuß/Sappa BB 2017, 2612; Rubner/Raible NZG 2017, 1052; Tusch/Schuster/Herzberg WM 2017, 2289; Ulrich ZBB 2017, 335; ausf. Hannemann/Steinbrecher/Weigl Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) … unter Berücksichtigung der InstitutsVergütungsverordnung. 332 Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 152f.; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 10–12. 333 Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 8 f. 334 Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 154; Gendrisch/Huber/Hahn/Jerzembek/Rosteck Handbuch Solvabilität, S. 440–443; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 21, 24–26. 335 Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 153; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 10–12.

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träglichkeit mit gesamtgesellschaftlichen Zielen verstanden wird – was seit der Novelle 2017 nicht nur diese Stabilitäts- und Risikoeindämmungsziele, sondern ausdrücklich auch verbraucher- und kundenschützende Belange umfasst (§ 5 Abs. 1 Nr. 3–5 InstitutsVergVO). Teils wird Angemessenheit freilich auch traditioneller – im Interessenausgleich zwischen den Parteien – verstanden, namentlich wenn vorgeschrieben wird, dass ohne besondere Leistung auch kein (variabler) Bonus geschuldet sein darf (vgl. § 5 Abs. 5 InstitutsVergVO). Die zweite inhaltliche Regelung betrifft nicht die Angemessenheit der (variablen) Vergütung für sich, sondern ihr Verhältnis zur festen Vergütung (Art. 92 Abs. 2 lit. g und 94 CRD IV, §§ 25a Abs. 5 S. 2–9 KWG und § 6 InstitutsVergVO): Das Gewicht der variablen Vergütung – und damit einer Risikofreudigkeit – wird mit diesen Regeln nun ungleich konkreter beschränkt als durch die bisher diskutierte generalklauselartige Zielangabe (die Wirkung von variabler Vergütung wird jedoch eben auch nicht eliminiert): Zum einen wird die variable Vergütung auf 100% der festen Vergütung begrenzt (auch bei Aktionärsvotum auf 200% mit zusätzlichen Kautelen), und allgemein darf die variable Vergütung nicht existentiell wichtig werden (Art. 94 Abs. 1 lit. f CRD IV, § 5 Abs. 3 Nr. 1 InstitutsVergVO).336 Zum anderen müssen Haltezeiten eingebaut und die Referenzzeiten lange genug festgesetzt werden, um den Anreiz des „schnellen Geldes“ und zum kurzfristig ausgerichteten Handeln zu nehmen (Art. 92 Abs. 2 bes. lit. b CRD IV, § 5 Abs. 1–3 InstitutsVergVO).337 Dass all dies auch privatrechtliche Rechte, Pflichten und Haftungslagen begründet, liegt auf der Hand.338 IV. Aufsichtsrecht der Bankenkrise (Sanierung, Abwicklung, Einlagensicherung) – Grundzüge 101

Vorliegend wird das „Aufsichtsrecht der Bankenkrise“ im Verbund beschrieben, mit den drei Teilen Sanierung, Abwicklung und Einlagensicherung. Dies widerspricht zwar vordergründig der Architektur der Aufsicht, namentlich der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden: für den ersten Bereich die EZB (ggf. die BaFin), für den Zweiten der SRB (ggf. die BaFin), für den Dritten (verwaltungsmäßig nicht vergemeinschaftet) allein die BaFin (§ 50 EinSiG). Funktional wird dieser Verbund jedoch vielfach betont – und dies hat für eine Kommentierung, die primär der Architektur des Kreditwesens gilt, den Ausschlag zu geben. Der funktionale Verbund liegt vor allem in Folgendem (vgl. bereits oben Erster Teil Rn 41 f.): Mit der kontinuierlichen Planung zukünftiger Abwicklungsszenarien – schon vor Krisenzeiten – (unten 1.) sollen zum einen die Umstände, die eine Krise auslösen (können), bewusster werden, zugleich eine zügigere Reaktion bei Eintritt der Krise ermöglicht werden und so Verhalten vor der Krise gesteuert werden. Und mit der Einlagensicherung (unten 3.) soll im Moment der Krise u.a. Bank-Runs vorgebeugt werden, um bessere Voraussetzungen für eine geordnete Abwicklung oder auch noch Sanierung zu schaffen. Demnach bilden die Vorbeugung der Krise, jedoch auch ihre geordnete Bewältigung die Ziele aller drei genannten Teile des Regimes.

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336 Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 153f.; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 14 f. Zur praktischen Folge, dass die starke Regulierung variabler Vergütungen eine durchaus erhebliche Erhöhung der Fixgehälter in den Instituten nach sich zog, vgl. aus jüngerer Zeit: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/banker-in-frankfurt-veraengstlicht-demotiviert-gut-bezahlt-a1186876.html. 337 Auerbach Banken- und Wertpapieraufsicht, S. 154; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber (Hrsg.) KWG und CRR, Art. § 25a Abs. 5–6 KWG bes. Rn 18. 338 Zu arbeitsrechtlichen Folgefragen und Spannungslagen (im Verhältnis zum Aufsichtsrecht) etwa Jensen Jahresverlust und variable Vergütung – Banken im Spannungsfeld zwischen Institutsvergütungsverordnung und Arbeitsrecht, BB 2014, 2869; Zürn/Böhm Neue Regeln für die Vergütung in Banken – Arbeitsrechtliche Umsetzung der Änderungen der Instituts-Vergütungsverordnung, BB 2014, 1269.

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1. Vorsorge und Sanierung. Zentral für und völlig eigenständig und neu im Banken- 102 Insolvenzrecht ist der Fokus auf Krisenprävention – mit Ausformulierung eigener Krisenvorsorgepflichten, namentlich der Pflicht jedes Kreditinstituts, Sanierungspläne bereits vorab zu entwickeln (Art. 5 BRRD) und dies unter der Überwachung durch die Aufsichtsbehörde, dabei vor allem auch die Strategien zu skizzieren, die bei erheblicher Verschlechterung der Finanzlage ergriffen werden würden.339 Zwar behalten in dieser Phase („early intervention“, aber auch noch Sanierung/„recovery“) die Aktionäre und Entscheidungsträger ihre Entscheidungskompetenz bei (39. Erwägungsgrund), alle Maßnahmen erfolgen jedoch bereits unter Aufsicht der Abwicklungsbehörde(n) (vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 18, 21 und Art. 5 BRRD)340 und mit dem Ziel, Sanierungshindernisse möglichst früh auszuräumen oder gar nicht erst entstehen zu lassen (vgl. Art. 27 BRRD). Die zuständigen Behörden können den Sanierungsplan prüfen, Änderungen verlangen, insbesondere dem Institut Maßnahmen zur Minderung des Risikoprofils abverlangen, namentlich bei seiner Refinanzierung und in seiner corporate governance (Art. 6 bes. Abs. 6 BRRD, §§ 15 f. SAG). Zuständig ist bereits die Abwicklungsbehörde, die vor allem Hindernisse identifizieren soll, die eine mögliche Abwicklung später behindern könnten, namentlich wenn kritische Operationen nicht hinreichend abgeschottet sind (ring-fencing) (Art. 6 Abs. 4 und 15 BRRD mit Annex unter C., § 15 Abs. 1 und § 57 SAG). Sanierungspläne sind wichtig als früh eingreifendes Präventivinstrument (vgl. Art. 27 BRRD, § 12 SAG), insbesondere auch wenn die Gefahr besteht, dass aufsichtsrechtliche Vorgaben aus dem CRD IV-Paket missachtet wurden (vgl. Art. 16 Abs. 1 SSM-VO und Art. 18 SRM-VO). Dies kann so weit gehen, dass ein provisorischer Verwalter eingesetzt wird (Art. 29 BRRD, § 38 SAG). Das Gebot einer Sanierungsplanung, mit den sog. „living wills“ als ihrem Kernstück, soll dazu führen, dass Kreditinstitute negative Externalitäten schon prospektiv internalisieren – ganz im Sinne des oben angedachten allgemeinen „KrisenGesellschaftsrechts“ (vorige Fn). Der Einfluss dieser Pflicht auf die privatrechtlichen Rechte und Pflichten – namentlich im Verhältnis verschiedener Kreditinstitute zueinander und innerhalb der Organisation von Kreditinstituten – kann folgendermaßen umrissen werden: In die Planungen einzubeziehen ist vor allem das Risiko von Systemversagen und zwar in die Planung des laufenden Geschäfts. Das bedeutet präventiver Kapitalerhalt (Aussetzung von Dividendenzahlungen, Verkauf von Beteiligungen, gerade auch Mehrheitsbeteiligungen)341 und dies nicht nur im Hinblick auf die Abwicklungssituation, sondern bereits die Sanierungssituation – weil ja die

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339 EBA hat zahlreiche technische Regulierungsstandards und Guidelines für die Erstellung und Bewertung der detaillierten Sanierungspläne aufgestellt und auf ihrer Internetseite veröffentlicht, vgl. European Banking Authority Regulatory Technical Standards on the content of recovery plans under Article 5(10) of Directive 2014/59/EU establishing a framework for the recovery and resolution of credit institutions and investment firms vom 18. Juli 2014; dies. Regulatory Technical Standards on the assessment of recovery plans under Article 6(8) of Directive 2014/59/EU vom 18. Juli 2014; dies. Guidelines on the minimum list of qualitative and quantitative recovery plan indicators vom 6. Mai 2015; dies. Guidelines on the range of scenarios to be used in recovery plans vom 18. Juli 2014; dies. Guidelines on the application of simplified obligations under Article 4(5) of Directive 2014/59/EU vom 7. Juli 2015. Die BaFin hat zudem im August 2017 den Konsultationsentwurf einer Rechtsverordnung zu den Mindestanforderungen an Sanierungspläne für Institute und Wertpapierfirmen und Entwurf eines Merkblatts zur Sanierungsplanung (MaSanV) sowie eines Merkblatt zur Sanierungsplanung vorgelegt und im April 2019 erneuert, die die Anforderungen an die Sanierungsplanung näher konkretisieren (abrufbar unter: https://www.bafin.de/ SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Konsultation/2019/kon_09_19_MaSanV_Rundschreiben.html). Siehe zum Ganzen auch Carmassi/Herring 5 Journal of Financial Economic Policy 361 (2013); ausführlich zur Philosophie dieses Vorbeugeregimes: Madaus in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 49; auch Amorello/Huber 3 Law and Economics Yearly Review 296 (2014). 340 Avgouleas/Goodhart/Schoenmaker Living Wills as a Catalyst for Action, DSF Policy Paper 4 (2010); ausf. Haentjens Titles II and III: preparation and early intervention, in: Moss/Wessels/Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S.195 ff.; auch Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (662 f.) Chattopadhyay WM 2013, 405 (407) (auch speziell zu Ausräumung von Abwicklungshindernissen); zum Vergleich mit dem früheren KWG-Regime Binder KTS 2013, 277 (281–292). 341 Hüpkes in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.), The Bank Recovery, S. 71.

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Wiederherstellung der finanziellen Stabilität als vorrangiges Ziel durch den Regulierungsgesetzgeber festgeschrieben ist. In den (sehr umfangreichen) „regulatory technical standards“ – heute bereits umgesetzt in Art. 3 ff. Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 – und „guidelines“, die die EBA seit 2014 veröffentlichte (vgl. Fn 327), stechen die Regeln zu einer Interaktion mit anderen Marktakteuren besonders hervor, gerade auch in den Momenten, da sich die Finanzlage verschlechtert. Sanierungsplanung und Krisenprävention soll insoweit vor allem dazu genutzt werden, die Transparenz zwischen Marktteilnehmern zu erhöhen (auch innerhalb von Gruppen), namentlich dadurch dass alle Institute in den Stand versetzt werden sollen, die Risikostreuung ihrer geschäftlichen Engagements besser zu verfolgen.342 Durch Statuierung dieser Transparenzpflichten soll vor allem auch das gegenseitige Vertrauen der Institute zueinander wieder gestärkt werden, weil gerade dessen Fehlen als Hauptgrund für die eingetretene Kreditklemme („credit crunch“) gesehen wird. Eine offene privatrechtliche Folgefrage ist dann die nach der Sanktionierung dieser Transparenzregeln durch Schadensersatzansprüche. Jedenfalls liegen erhebliche Auswirkungen dieser Neuregelung auf die zu treffenden Entscheidungen nahe – sowohl zur internen Organisation als auch zu Engagements nach außen.343 103

2. Abwicklung. Die Abwicklung selbst ist im Rahmen von BRRD und SRM-VO als ein Prozess mit fester Reihenfolge konzipiert, in dem von einer unabhängigen, realistischen und vorsichtigen Bewertung auszugehen ist (Art. 36 Abs. 1 BRRD, Art. 20 Abs. 1 SRM-VO, § 69 SAG),344 weil erst dies dann die Grundlage für die weiteren Reaktionsformen und Instrumente bildet, auch die beiden neuartigen, die mit dem neuen Regime eingeführt wurden: dem sog. Bail-in und der Auswahl zwischen verschiedenen Strukturmaßnahmen zur Fortführung der essentiellen Funktionen des Instituts bzw. der Institutsgruppe. Bevor es zu diesen kommt, sind freilich in einem zweiten Schritt zuerst das harte Kernkapital, das sonstige Kernkapital und das Ergänzungskapital herabzuschreiben (Art. 37 Abs. 2 BRRD, Art. 22 Abs. 1 SRM-VO, § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 1– 3 SAG), dies gemäß der Regeln in Art. 60 BRRD, Art. 21 Abs. 1 SRM-VO, § 101 SAG, also alle Eigenmittel.345 Mit diesen sind also die Verbindlichkeiten zuerst zu befriedigen, etwa durch Übertragung der Anteile auf Gläubiger oder Herabsetzung des Nennwertes. Diese Reihenfolge wiederholt Art. 48 Abs. 1 lit. a bis d BRRD, Art. 17 Abs. 1 SRM-VO, § 97 SAG, bevor es dann nach Art. 48 Abs. 1 lit. e BRRD zum eigentlichen Bail-in bzw. zu den verschiedenen Strukturmaßnahmen kommt. Sie alle bilden nach Art. 37 Abs. 3 BRRD, Art. 22 Abs. 2 SRM-VO, § 77 SAG die (weiteren) Abwicklungsinstrumente, namentlich: die Unternehmensveräußerung (näher zu ihr dann Art. 38 f. BRRD, Art. 24 SRM-VO, § 107 Abs. 1 Nr. 1 lit. a SAG), die Errichtung eines Brücken-

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342 Dombret, Solving the Too-Big-To-Fail-Problem for Financial Institutions, in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.), The Bank Recovery, S. 12. 343 Binder Resolution Planning and Structural Bank Reform within the Banking Union, in: Castañeda/Mayes/Wood (Hrsg.) European Banking Union: Prospects and Challenges, 2016, S. 129. Zum Wechselspiel zwischen Abwicklung und Strukturreform in der Europäischen Agenda vgl. Gordon/Ringe Bank Resolution in Europe: The Unfinished Agenda of Structural Reform, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.), European Banking Union, 2015, S. 500. 344 Dazu näher Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (666, 668); de Seriere, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 153 (177 f.); Gourio Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 30, n 17; breit Haentjens Title IV: Resolution, in: Moss/Wessels/Haentjens (Hrsg.) EU Banking and Insurance Insolvency, S.219 ff.; schöne Darstellung der politischen „Schlachten“, die um die Ausgestaltung von BRRD/SRM-VO ausgetragen wurden, bei Howarth/Qualia JCMS, 2014, 125 (128 ff.); ausführlich zum Gesamtsystem: Gleeson/Guynn Bank Resolution and Crisis Management, S. 131 ff.; Gortsos Single Resolution Mechanism (SRM) and the Single Resolution Fund (SRF); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“; Schillig Resolution and Insolvency of Banks, Kapitel 9–12, 16; zum anwendbaren Recht: Lehmann Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 31. 345 Lannoo Great Financial Plumbing, S. 125; Binder ZHR 173 (2015), 83 (108); Gourio Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 30, n 17.

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instituts (näher hierzu dann Art. 40 f. BRRD, Art. 25 SRM-VO, § 107 Abs. 1 Nr. 1 lit. b SAG), die Ausgliederung von Vermögenswerten (näher zu ihr dann Art. 42 BRRD, Art. 26 SRM-VO, § 107 Abs. 1 Nr. 2 SAG) und schließlich das Bail-in (näher dazu dann Art. 43–55 BRRD, Art. 27 SRM-VO, §§ 89 f. SAG). Zwischen diesen vier wählt die Abwicklungsbehörde frei (Art. 37 Abs. 4 BRRD, Art. 22 104 Abs. 4 SRM-VO, § 77 Abs. 4 SAG) nach wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit und Belastungswirkung für die Betroffenen. Die Behörde muss also selbst, wenn mit der genannten Herabschreibung das Institut nicht saniert werden kann, das Bail-in-Instrument nicht notwendig nutzen.346 Während die Unternehmensveräußerung das unkomplizierteste Instrument bildet,347 in dem der Kaufpreis zur Tilgung der Verbindlichkeiten genutzt werden kann und im Extremfall sogar so, dass ein besonders günstiger Kaufpreis sie alle abdeckt, dienen die anderen Instrumente, teils in Kombination, besonders direkt dem Ziel, die „kritischen Funktionen“ und die „Kerngeschäftsgebiete“ (Definition in Art. 2 Abs. 1 Nr. 35 und 36 BRRD) aufrecht erhalten zu können (vgl. Art. 31 Abs. 2 lit. a BRRD, Art. 14 Abs. 2 lit. a SRM-VO, § 67 Abs. 1 Nr. 1 SAG), dann aufgenommen (nur) für das Instrument des Brückeninstituts (vgl. Art. 40 Abs. 1 BRRD, Art. 14 Abs. 2 lit. a) SRM-VO, § 128 Abs. 3 Nr. 1 SAG). Um also die kritischen Funktionen zu erhalten und solchermaßen Ansteckungsgefahren zu minimieren, können diese auf das Brückeninstitut übertragen werden und zwar mit den hoheitlichen Befugnissen, die Art. 40 Abs. 1 BRRD, Art. 25 Abs. 2 lit. a) SRM-VO, § 107 Abs. 1 SAG einräumen, um die für die kritischen Funktionen unverzichtbaren Instrumente und Vermögenswerte dann in Händen der Abwicklungsbehörde oder anderer öffentlicher Stellen zu halten (jeweils Abs. 2).348 Während diese Instrumente und namentlich dasjenige eines Brückeninstituts vor allem der 105 Aufrechterhaltung der kritischen Funktionen (in öffentlicher Hand) dienen, zielt das andere neuartige Instrument, das Bail-in-Instrument, auf die Reduktion des Gesamtverbindlichkeitsbetrages des Instituts ab. Denn insbesondere können Schuldverschreibungen und andere Formen von Fremdkapital nicht nur herabgeschrieben werden (Hair-cut), sondern, ohne dass es sich um Wandelschuldverschreibungen mit Wahlrecht beim Schuldner handelt, in eben diesem Sinne behandelt werden, also in Eigenkapital umgewandelt werden (Art. 41 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 Abs. 1 lit. f BRRD, Art. 27 Abs. 1 lit. b SRM-VO, § 101 Satz 2 bes. Nr. 5 SAG).349 Damit soll erreicht werden, dass keine oder weniger Nachschüsse aus öffentlichen Geldern dafür notwendig werden, um eine Insolvenz und vollständige Abwicklung des Instituts zu verhindern.350 Zugleich soll die Perspek-

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346 De Seriere in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 153 (157–159); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“, S. 330 (zu Unrecht freilich davon ausgehend, dass Kombination mit anderen Abwicklungsmaßnahmen unzulässig). 347 Zu diesem Instrument näher Chattopadhyay WM 2013, 405 (410); Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (665 f.); Binder KTS 2013, 277 (305–307); ders. ZHR 173 (2015), 83 (95–102) (mit Vergleich zur bisherigen Rechtslage nach KWG); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“, S. 316 f. 348 Lannoo Great Financial Plumbing, S. 127 f.; Chattopadhyay WM 2013, 405 (410 f.) sowie monographisch ders. Bridge Banks in Deutschalnd; ferner Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (665 f.); Binder ZHR 173 (2015), 83 (95–102); Gourio Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 30, n. 12, 14; Hadjiemmanuil Ringe/Huber (Hrsg.) Legal Challenges, S. 209 (223–230) (mit schöner Darstellung, wie dies unterschiedlich zu verstehen ist bei der Gefahr für einfache Banken, systemrelevanten Banken und systemischen Ansteckungsgefahren); Huertas in: Dombret/ Kenadjian (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 167 (169–171); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“ 306–318; zu den rechtspolitischen Überlegungen grundsätzlich Binder ORDO 64 (2013) 377. 349 Chattopadhyay WM 2013, 405 (412); Binder KTS 2013, 277; ders. ZHR 173 (2015), 83 (105 f.); de Seriere in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 153 (157 f.); Gourio Revue de Droit bancaire et financier 2014, dossier 30, n 21; Huertas in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.), Bank Recovery and Resolution, S. 167 (169, 178 ff.) (ausführlich, auch je nach Unternehmensstruktur, zu den verschiedenen Formen); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“, S. 330, 332 f., 335 f. 350 Alexander ELR 2015, 154 (185 f.) (zweifelnd); Lannoo Great Financial Plumbing, S. 124; Chattopadhyay WM 2013, 405 (409); Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (663 f.); Binder ZHR 173 (2015) 83 (104 f.); de Seriere in:

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tive, dass beim jeweiligen Gläubigerinstrument in der Krise ein Bail-in im Raum steht, die Gläubiger dazu anhalten, nicht in Banken mit allzu risikoreicher Geschäftsstrategie zu investieren, also präventiv disziplinierend wirken.351 Für beide Ziele ist es nötig, dass jede Bank verpflichtet ist bzw werden kann, stets hinreichend viele (für ein Bail-in) „berücksichtigungsfähige“ Verbindlichkeiten aufrecht zu erhalten (also Verbindlichkeiten außerhalb der Eigenmittel und abzüglich der bis 100.000,– € abgesicherten Einlagen, namentlich Schuldverschreibungen, Anleihen, Einlagen oberhalb der Absicherungsschwelle von 100.000,– €; Art. 2 Abs. 1 Nr. 71 BRRD, § 91 SAG). Die exakte Höhe setzt der Single Resolution Board (die Abwicklungsbehörde) fest (Art. 12 Abs. 1 SRMVO),352 mit dem Ziel, die doppelte Zielsetzung möglichst gut abzusichern. Die Abwicklungsbehörde entscheidet dann auch, in welcher Höhe das Bail-in-Instrument genutzt wird, darf jedoch Gelder vom SRF (Single Resolution Funds) frühestens einfordern, wenn in Höhe von mindestens 8% der Gesamtsumme aller Verbindlichkeiten (einschließlich Eigenmittel) ein Bail-in durchgeführt wurde (Art. 27 Abs. 7 lit. a SRM-VO). Auch hierbei handelt es sich nach dem Gesagten noch nicht um Steuergelder, sondern um einen aus Bankabgaben gespeisten Fonds (oben Erster Teil Rn 41, 63). Freilich wäre, wie ebenfalls bereits ausgeführt, die Inanspruchnahme der Mittel des SRF dann zudem an den Beihilfenregeln des AEUV zu messen,353 so dass auch dessen regulatorische Ziele die jeweils privatrechtliche Gestaltung (etwa Spaltung oder Übernahme etc.) insofern überformen, als sie über Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Maßnahme entscheiden (§ 134 BGB). Die jeweilige Gestaltung ist offensichtlich eine privatrechtliche und zugleich eine, die die Marktstruktur sehr direkt beeinflusst – der Binnenmarkt darf in keinem Fall verzerrt werden. 106

3. Einlagensicherung. Anders als bei der Abwicklung ist die Aufsicht über die und die Sicherstellung der Einlagensicherung keiner EU-Behörde überantwortet, es blieb bei der allein legislativen Harmonisierung.354 Mit ihr wird europaeinheitlich eine Absicherung von Einlagen in

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Haentjens/Wessels (Hrsg.), Bank Recovery and Resolution, S.153 (158 f.); Hadjiemmanuil Ringe/Huber (Hrsg.), Legal Challenges, S. 209 (214 f.); Huertas in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.), Bank Recovery and Resolution, S. 167 (167 f.). 351 Hierzu (sowie teils zum no-creditor-worse-off Prinzip, nach dem die Belastung nicht höher sein darf als bei gewöhnlicher Insolvenz) Binder ZHR 173 (2015), 83 (117 f.); de Seriere in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 153 (163–166); Hadjiemmanuil Ringe/Huber (Hrsg.) Legal Challenges, S. 209 (222); Huertas in: Dombret/Kenadjian (Hrsg.) Bank Recovery and Resolution, S. 167 (173). 352 Delegierte Verordnung (EU) 2016/1450 der Kommission vom 23. Mai 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards zur Präzisierung der Kriterien im Zusammenhang mit der Methode zur Festlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, ABl.EU 2016 L 237/1; Lannoo Great Financial Plumbing, S. 126; Chattopadhyay WM 2013, 405 (412); Engelbach/Friedrich WM 2015, 662 (667); Binder ZHR 173 (2015), 83 (115–118); Pflock Europäische Bankenregulierung und das „Too big to Fail-Dilemma“, S. 335 f; speziell zum Verhältnis zwischen Eigenkapital- und Bail-In-Kapitalanforderungen siehe Friedrich/Skorobogatov WM 2017, 840; Wellerdt BKR 2017, 363. 353 Die Beihilfen-Praxis, die die EU-Kommission bereits einführte, als sie über Bankensanierungen und -abwicklungen noch allein nach Beihilfenrecht zu entscheiden hatte (vor Verabschiedung von BRRD und SRM-VO), blieb im Grundsatz auch unter dem neuen Regime bestehen: Vgl. dazu grds. Lannoo (2014) 4 European State Aid Law Quarterly 630: ders. Great Financial Plumbing, S. 139–164. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass der EuGH im Urteil Kotnik (s.o. Fn 158) das Prinzip der Gläubigerbeteiligung (bail-in), das sowohl die Bankenmitteilung der Kommission als auch die BRRD enthalten, auf primärrechtlicher Ebene anerkannt hat, vgl. Badenhoop Banking Communication Non-binding and Burden-sharing Approved: Kotnik, ERCL 2017, 299 (307 ff.). Eine zentrale Vorgabe zu jeglicher Gestaltung, die durch Beihilfen gefördert werden soll, geht dahin, dass sie den Binnenmarkt nicht behindern oder verzerren darf, d.h. grenzüberschreitende Ströme von Angeboten und Investitionen. Vgl. insbesondere Drijber/Burmester Competition Law in a Crashed Economy, Ondernemingsrecht 2009, 1389; D’Sa ‚Instant‛ State Aid Law in a Financial Crisis – A U-Turn? (2009) 2 European State Aid Law Quarterly 139; Gilliams Stress Testing the Regulator: Review of State Aid to Financial Institutions after the Collapse of Lehman, (2011) 36 European Law Review 2; Murphy Financial Crisis in Ireland and the Use of the State Aid Rules by the EU Commission, (2013) European State Aid Law Review 260. 354 Nachw. oben Fn 107 f. (dort auch zum Vorschlag der EU-Kommission, EDIS einzuführen); Umsetzung durch Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) vom 28.5.2015, BGBl. I, S. 786; ausführlich: Arnaboldi Deposit guarantee

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

Höhe von mindestens 100.000,– € gewährleistet (Art. 6 der Richtlinie, § 8 Abs. 1 EinSiG). Einlagen bis zur dieser Höhe nehmen dann auch nicht am Bail-in teil (vgl. näher Art. 27 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 SRM-VO und Art. 44 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 94 BRRD, § 91 Abs. 2 Nr. 1 SAG). Mit dieser Privilegierung der Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000,– € wird ein Kompromiss gesucht zwischen dem weiterreichenden (öffentlichen) Interesse an der Schonung öffentlicher Mittel (gefördert namentlich durch weitgehenden Bail-in) und dem (ebenfalls weiterreichenden) Interesse der Einleger an vollem Schutz.355 Freilich benennen sowohl BRRD als auch SRM-VO den Schutz von Einlegern selbst ohnehin auch als eines der Abwicklungsziele (vgl. oben). 3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

DRITTER ABSCHNITT Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext Schrifttum (Auswahl) 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Adrian Grundprobleme einer juristischen (gemeinschaftsrechtlichen) Methodenlehre, 2009; Alexander/Andenas (Hrsg.) The World Trade Organization and Trade in Services, 2008; Alexander/Dhumale (Hrsg.) Research Handbook on International Financial Regulation, 2012; Anweiler Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, 1997; Bengoetxea The Legal Reasoning of the European Court of Justice – Towards a European Jurisprudence, 1993; Buck Über die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft, 1998; Dederichs Die Methodik des EuGH – Häufigkeit und Bedeutung methodischer Argumente in den Begründungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften, 2004; Fikentscher Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung, 4 Bde. 1975–77; Franzen Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Gebauer/Wiedmann (Hrsg.) Zivilrecht unter europäischem Einfluss – Die richtlinienkonforme Auslegung des BGB und anderer Gesetze – Kommentierung der wichtigsten EU-Verordnungen, 2. Aufl. 2010; Gruber Methoden des internationalen Einheitsrechts, 2004; G. Hager Rechtsmethoden in Europa, 2009; Henninger Europäisches Privatrecht und Methode – Entwurf einer rechtsvergleichend gewonnenen juristischen Methodenlehre, 2009; Hesselink The New European Legal Culture, 2001; Martens Methodenlehre des Unionsrechts, 2013; Neergaard/Nielsen (Hrsg.) European Legal Method – in a Multi-Level EU Legal Order, 2012; dies./ Roseberry (Hrsg.) European Legal Method – Paradoxes and Revitalisation, 2011; Préchal Directives in European Community Law – a Study of Directives and their Enforcement in National Courts, 1995; Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre – Handbuch für Ausbildung und Praxis, 3. Aufl. 2015; Walter Rechtsfortbildung durch den EuGH – Eine rechtsmethodische Untersuchung ausgehend von der deutschen und französischen Methodenlehre, 2009. 2. Aufsätze und Beiträge: Alexander The GATS and Financial Services – Liberalisation and Regulation in Global Financial Markets, in: Alexander/Andenas a.a.O., S. 561; Evans International Trade in Financial Services and the GATS, in: Alexander/Andenas a.a.O., S. 745; Bachmann Globale Finanzmarktregulierung als Herausforderung des Rechts – Zu Strukturen und Problemen transnationaler Wirtschaftsrechtsetzung, in: Bachmann/Breig (Hrsg.), Finanzmarktregulierung zwischen Innovation und Kontinuität in Deutschland, Europa und Russland, 2014, S. 1; Freitag Bankverträge, in: Reithmann/Martiny (Hrsg.) Internationales Vertragsrecht – das Internationale Privatrecht der Schuldverträge, 8. Aufl. 2015, Rn 6.529 ff.; Gkoutzinis How Far is Basel from Geneva? International Regulatory Convergence and the Elimination of Barriers to International Financial Integration, in: Alexander/Andenas a.a.O., S. 635; Grundmann EG-Richtlinie und nationales Privatrecht – Umsetzung und Bedeutung der umgesetzten Richtlinie im nationalen Privatrecht, JZ 1996, 274; ders. Richtlinienkonforme Auslegung im Bereich des Privatrechts –

_____ schemes; Gortsos Directive (2014/49/EU) on deposit guarantee schemes; Kleftouri Deposit Protection and Bank Resolution; zum Verhältnis zum Abwicklungsregime ausführlich: Morra in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union, S. 145. 355 Binder Resolution Planning and Structural Bank Reform within the Banking Union, in: Castañeda/Mayes/ Wood (Hrsg.) European Banking Union: Prospects and Challenges, 2016, S. 129; Hadjiemmanuil in: Ringe/Huber (Hrsg.), Legal Challenges, S. 209 (220 f.); Morra in: Barucci/Messori (Hrsg.) Towards the European Banking Union, S. 145; Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung, S. 186–192.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

insbesondere: der Kanon der nationalen Auslegungsmethoden als Grenze? ZEuP 1996, 399; ders. Binnenmarktkollisionsrecht – vom klassischen IPR zur Integrationsordnung, RabelsZ 69 (2000) 457; ders. „Inter-InstrumentalInterpretation“ – Systembildung durch Auslegung im Europäischen Unionsrecht, RabelsZ 75 (2011) 882; Grundmann/Riesenhuber Die Auslegung des Europäischen Privat- und Schuldvertragsrechts, JuS 2001, 529; Haentjens Work of International Organizations on Bank Recovery and Resolution: An Overview, in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery and Bank Resolution – A Conference Book, 2014, S. 3; ders. Bank Recovery and Resolution: An Overview of International Initiatives, IILR 2014, 255; Höpfner/Rüthers Grundlagen einer europäischen Methodenlehre, AcP 209 (2009) 1; Kaufmann/Weber Reconciling Liberalized Trade in Financial Services and Domestic Regulation, in: Alexander/Andenas a.a.O., S. 411; Lastra Do we need a World Financial Organization? in: Segura Serrano (Hrsg.), The reform of international economic governance, 2016, S. 40; Leible/Domröse § 8 Die primärrechtskonforme Auslegung, in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 146; Nielsen Auslandsgeschäft, Bankrecht und Bankpraxis, Stand 4/2015, Rn 5/1ff.; Pechstein/Drechsler § 7 Die Auslegung und Fortbildung des Primärrechts, in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 125; Riesenhuber § 10 Die Auslegung, in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 199; W.-H. Roth/Jopen § 13 Die richtlinienkonforme Auslegung, in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 263.

I. II.

Übersicht Überblick und System (mit Verweis) | 107 Inter-/Supranationales Recht als Obergrenze | 109

III. IV.

Inter-/Supranationales Recht als Untergrenze | 112 Hauptregelsetzer und -gebiete | 114

I. Überblick und System (mit Verweis) „Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext“ verweist auf Vielerlei. Dies ist zwar kein Kommentar zum Internationalen Bankrecht, schon eher einer zum Europäischen – weil die Gehalte weit überwiegend europäisiert sind –, in jedem Falle jedoch sind die internationalen und supranationalen Dimensionen im Blick zu behalten: „Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext“ kann vor allem auf drei Dimensionen verweisen, namentlich, (1) dass das Bankgeschäft selbst grenzüberschreitend erfolgt (geradezu paradigmatisch globalisiert ist), (2) dass das Regelwerk selbst – aufgrund seines weit überwiegend europarechtlichen Ursprungs – einer anderen Methodik unterliegt, als dies bei autonom national gesetztem Recht der Fall wäre, und (3) dass als Hintergrund und Erklärungshilfe für das bestehende Regelwerk, aber auch als Hinweis auf die Gewichtungen in der internationalen Gesetzgebungsentwicklung der letzten Jahre die maßgeblichen internationalen Akteure in den Blick zu nehmen sind, die für den heutigen Regelbestand verantwortlich zeichnen. Die letzten beiden Dimensionen sollen im Folgenden in Grundzügen erörtert werden. 108 Demgegenüber betrifft die erste Dimension in ihrem Kern die Frage nach dem auf die BankKunden-Beziehung anwendbaren Recht. Die mit dieser Dimension angesprochenen Fragen des Internationalen Bankvertragsrechts (IPR)356 und auch der lex mercatoria („new law merchant“) sollen hier jedoch nicht vertieft werden. Das IPR (und IZPR) wird in seinem Kern – der vertraglichen Bank-Kunden-Beziehung – im Zusammenhang mit Nr. 6 AGB-Banken aufgegriffen, weil sich dort eine Rechtswahlklausel findet (unten Zweiter Teil Rn 305 f. sowie auch Rn 287): Die (zulässige) Rechtswahl (Art. 3 Rom-I-VO) wird dort (wirksam) dahingehend ausgeübt, dass das Recht des Kreditinstituts Anwendung findet – im Verhältnis zu beruflichen Kunden umfassend, im Verhältnis zum Verbraucherkunden vorbehaltlich existierenden Verbraucherschutzrechts, für das umgekehrt das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kunden Anwendung findet. Da freilich ausländische Verbraucherkunden kaum grenzüberschreitend geworben werden, sondern idR über eine Tochtergesellschaft im Ausland, ist auch dieser Vorbehalt selten wichtig. Das grenzüberschreitende Element wird im Bankgeschäft gerne in das Interbankenverhältnis 107

_____ 356

Maßstäbe setzt hier: Freitag in: Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht Rn 6.529 ff.

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

oder in die konzernrechtliche Beziehung verlagert, also das Bank-Kunden-Verhältnis hiervon entlastet – so dass es für dieses (trotz Globalisierung des Bankgeschäfts) allenfalls mittelbar von Bedeutung ist. Ein Charakteristikum des Bankvertrags-IPRs ist für die Erfassung seiner Wirkungsweise von besonderer Bedeutung: Zwar ist das Bankvertrags-IPR auf die Rom-I-Verordnung gestützt, d.h. auf einen EG-Sekundärrechtsakt, seine Wirkung ist jedoch für das Bankgeschäft aus deutscher Sicht derjenigen eines Rechtsakts des Internationalen Einheitsrechts vergleichbar, weil es sich um eine sog. loi uniforme handelt (Art. 2 Rom-I-VO), demnach all seine internationalprivatrechtlichen Verweisungen auf alle Fälle weltweit ausgelegt sind und nicht nur auf diejenigen, die zwischen Mitgliedstaaten angesiedelt sind. Das Gesagte betrifft freilich nur das klassische Bankvertragsrecht. Daneben treten – in bestimmten Situationen – internationalsachenrechtliche Fragen (mit dem Grundsatz der lex rei sitae, vgl. etwa unten Zweiter Teil Rn 353 und 8. Teil Rn 358–361), vor allem jedoch die Frage nach dem Einfluss von Regulierung im öffentlichen Interesse (Art. 9 Rom-I-VO). Diese Frage wird im Folgenden zentral gestellt, sie ist freilich m.E. sinnvoll nur im Zusammenspiel mit europarechtlichen Grundsätzen zu erörtern (dazu dann unten II. und III.). Auch die Fragen nach der Existenz einer lex mercatoria – namentlich ob diese privat gesetzten Regeln einer nationalen AGB-Kontrolle unterliegen oder nicht – sind besser im Kontext der wenigen Beispiele zu stellen, in denen sie im Bankvertragsrecht wirklich eine Rolle spielen (vgl. namentlich Dritter Teil Rn 561–566, zu den ISDA-Standards vgl. 6. Teil Rn 144, 284). II. Inter-/Supranationales Recht als Obergrenze Der Ansatz, Inter- und Supranationales Recht vor allem als Ober- und als Untergrenze zu 109 verstehen (hier II. und dann unten III.), ist ein vom EG/EU-Recht geprägter. Herkömmlich bilden vor allem Grundfreiheiten eine Obergrenze für zwingendes (Regulierungs-)Recht (Sperrwirkung, Höchstmaß), EG/EU-Richtlinien hingegen eine Untergrenze für zwingendes (Regulierungs-)Recht ebenso wie harmonisiertes Vertragsrecht (Mindestmaß und Mindestharmonisierung). In der Tat erfasst solch ein Ansatz auf besonders knappe Weise diejenigen Eiwirkungsformen, namentlich des EG/EU-Rechts, die in der täglichen Anwendung von Bankregulierungsund Bankvertragsrecht heute allgegenwärtig sind, flächendeckend bei (fast) jeder Normanwendung.357 Zugleich werden durch diese Sicht jedoch Teilaspekte des internationalen Regelbestandes tendenziell aus dem Blickfeld gerückt, sie sind freilich für das Bankrecht in der Tat auch peripher: Die Einwirkung des GATT-Systems (mit WTO und GATS) könnte noch durchaus als die Etablierung einer Obergrenze konzipiert und damit in die hier zugrunde gelegte binäre Sicht einbezogen werden. Freilich bindet dieses System zwar Mitgliedstaaten und auch EU, wird jedoch vom EuGH schon die unmittelbare Anwendbarkeit grds. verneint,358 was eine Berufung auf

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357 Für eine breitere Systematisierung der verschiedensten Einwirkungsformen internationaler Rechtsquellen und Regelwerke auf das nationale Recht der Handelsgeschäfte vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann HGB 3. Aufl. 2015, Vor § 343 Rn 1–17, dann durchgespielt durch die verschiedensten Regelgebiete und auf den verschiedenen Ebenen (EU-Primärrecht, EU-Sekundärrecht, GATT/GATS, Internationales Einheitsrecht, internationale Handelsbräuche) in Rn 18–90. 358 EuGH Urt. v. 5.10.1994 – Rs. C-280/93 – Bananen, Slg. 1994, I-4973 (5071–5074) = NJW 1995, 945; Urt. v. 12.12.1995 – Rs. C-469/93 – Chiquita Italia, Slg. 1995, I-4533 (4565–4568) = EuZW 1996, 118; Urt. v. 30.9.2003 – Rs. C-93/02 – Biret International SA in Liquidation, Slg. 2003, I-10497 = EuZW 2003, 758 (auch kein Schadensersatzanspruch); Urt. v. 1.3.2005 – Rs. C-377/02 – Léon Van Parys NV, Slg. 2005, I-1465 = EuZW 2005, 214 (ebenso für WTO-Streitbeilegungsentscheidungen); auch EuGH Urt. v. 21.12.2011 – Rs. C-366/10 – Air Transport Association of America, Slg. 2011, I-13755 = NVwZ 2012, 226; und zuletzt EuGH Urt. v. 18.12.2014 – Rs. C-306/13 – LVP NV, ECLI:EU:C:2014:2465; ausführlich: Berrisch/Kamann EWS 2000, 89; Cottier CMLR 35 (1998) 325; Hilpold Die EU im GATT/WTO System, 2009, S. 165–320; Hermes TRIPS im Gemeinschaftsrecht – zu den innergemeinschaftlichen Wirkungen von WTO-Übereinkünften, 2002; Maczynski EuZW 2006, 459; Sauer EuR 2004, 463; Steinbach EuZW 2005, 331; für Abschattierungen: Eeckhout CMLR 34 (1997) 11; Schroeder/Selmayr JZ 1998, 344. Gegen den EuGH das

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

dieses Systems im Widerstreit zu EU-Recht oder nationalem Recht vor nationalen Gerichten oder dem EuGH ausschließt. Zum anderen entfaltet das System Sperrwirkung wohl ohnehin nur gegen öffentlichrechtliche Verbote und Vorgaben,359 so dass es vor allem für das Bankaufsichtsrecht Bedeutung hätte, das umgekehrt jedoch vor allem an der innerstaatlichen Kapitalausstattung und Organisation des beaufsichtigten Instituts ansetzt. Erst wenn Instituten aus Drittstaaten die Genehmigung unter Berufung auf bankaufsichtsrechtliche Vorgaben versagt wird, Bankgeschäfte in der EU zu tätigen, greift die liberalisierende Wirkung des GATT-Systems im Kern ein. In der Tat wurden die Initiativen im Gefolge der Finanzkrise seitens des Baseler Ausschusses und des Gremiums für Finanzstabilität (unten Erster Teil Rn 114) primär zwar von regulatorischen Überlegungen getrieben, sekundär jedoch auch mit dem Ziel ergriffen, durch Setzung vergleichbarer Standards Handels- und vor allem Dienstleistungshemmnisse entsprechend den Vorgaben des GATT-Systems zurückzudrängen. Mit der eingangs genannten binären Sichtweise wird zudem weitgehend vom Internationalen Einheitsrecht und seinen Wirkungsformen abgesehen. Dieses hat jedoch im Bankvertragsrecht heute ohnehin eine verschwindend geringe Bedeutung, weil Wechsel und Scheck, Gegenstand der wichtigsten Akte von Internationalem Einheitsrecht noch in den 1930er Jahren, aber auch Dokumentenakkreditiv und -inkasso, Gegenstand des herkömmlich wichtigsten international-kodifizierten Handelsbrauchs im Bankrecht, heute nicht einmal mehr 1% des Zahlungsverkehrs ausmachen (vgl. ausführlicher zu Rechtsquellen, dogmatischer Behandlung und wirtschaftlicher Bedeutung unten Dritter Teil Rn 551–566). Mit Regelwerken wie dem ISDA-Code sind punktuell solche Regelwerke durchaus zu berücksichtigen (unten 6. Teil Rn 144, 284). Und im Bankaufsichtsrecht sowie der sonstigen Regulierung des Bankgeschäfts findet sich zwar Internationales Einheits„recht“ in signifikantem Umfang. Durchweg freilich hat es allein empfehlenden Charakter, obwohl es idR durchaus „befolgt“ wird (näher unten Erster Teil Rn 114). 110 Der Schwerpunkt der Sperrwirkung gegenüber nationalem Recht („Höchstmaß“) liegt daher auf der Anwendungskontrolle auf der Grundlage der EG/EU-Grundfreiheiten. Zentral sind folgende Gesichtspunkte,360 die zunächst für die unharmonisierten Bereiche entwickelt wurden (zur Sperrwirkung bei Zusammenspiel mit EG/EU-Sekundärrecht dann nächste Rn): Grundfreiheiten sind mit ihren Vorgaben unmittelbar anwendbar im innerstaatlichen Rechtsverkehr (müssen also von nationalen Gerichten selbständig durchgesetzt wer-

_____ WTO-Panel am 12.4.1999 (WT/DS27/RW/ECU – Recourse to Art. 21.5 by Ecuador), Teilabdruck EuZW 1999, 431; gleichwohl für Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Verordnung(en): EuGH Urt. v. 2.5.2001 – Rs. C307/99 – OGT Fruchthandelsgesellschaft mbH/Hauptzollamt Hamburg-St. Annen, Slg. 2001, I-3159 = EuZW 2001, 529; für Neubesinnung hingegen Generalanwalt Tesauro in der Rs. C-53/96 – Hermès, Slg. 1998, I-3603 (3628). Nach der EuGH-Rechtsprechung immerhin Verstoß potentiell GATT-widriger Unionsrechtsakte gegen Grundsätze des Unionsrechts denkbar: EuGH Urt. v. 11.7.2006 – Rs. C-313/04 – Egenberger/Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Slg. 2006, I-6331; Kurzüberblick über den Rechtsprechungsstand des EuGH bei Herdegen Internationales Wirtschaftsrecht, 11. Aufl. 2017, S. 213–216. Ausnahmen gelten demnach nur, wenn unmittelbar anwendbares Unionsrecht selbst auf das GATT-System verweist. Dies wurde angenommen etwa in: EuGH Urt. v. 22.6.1989 – Rs. 70/87 – Fediol, Slg. 1989, 1781 (1830–1832) = EuZW 1990, 64 (EWG-Verordnung Nr. 2641/84, ABl. EG 1984 L 252/1, die Privaten ein Recht verleiht, die Kommission anzuhalten, gegen drittstaatliche Beschränkungen vorzugehen); EuGH Urt. v. 7.5.1991 – Rs. C-69/89 – Nakajima, Slg. 1991, I-2069 (2177f.) (Europäische Antidumping-Verordnung Nr. 2423/88, ABl. EG 1988 L 209/1, die auf den entsprechenden GATT-Kodex von 1979 verweist); vgl. aus jüngerer Zeit (solch einen Verweis verneinend) EuGH Urt. v. 20.5.2010 – Rs. C-160/09 – Ioannis Katsivardas, Slg. 2010, I-4591 = IStR 2010, 625; vgl. auch die oben Genannten. 359 Näher Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann HGB 3. Aufl. 2015, Vor § 343 Rn 60; zu einem ansatzweisen Zivilrechtsbezug, sicherlich jedoch nicht so weitgehend, dass (wie im Schwerpunkt der EuGHRechtsprechung) auch „Maßnahmen gleicher Wirkung“ der Liberalisierungswirkung unterfielen: Hilpold (vorige Fn), S. 281–284; Hinderer Rechtsschutz von Unternehmen in der WTO, 2004, S. 491–503; Schwartmann Private im Wirtschaftsvölkerrecht, 2005, S. 419–421. 360 Ausführlicher, auf das Recht der Handelsgeschäfte insgesamt bezogen: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Grundmann HGB, 3. Aufl. 2015, Vor § 343 Rn 18–37.

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

den)361 und greifen flächendeckend ein, weil sie – mit weitgehend gleichen, zunehmend konvergierenden Gehalten362 – alle Transaktionen abdecken, namentlich weil die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49, 53 AEUV) als Auffanggrundfreiheit verstanden wird, die alle Fälle erfasst, die nicht von den anderen Grundfreiheiten erfasst werden.363 Im Bankrecht ist das sonst namentlich die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 2 AEUV). Die Wirkung der Grundfreiheiten wird treffend dahingehend zusammengefasst, dass durch sie die Privatautonomie über die Grenzen erstreckt werden soll.364 Dabei gelten alle Grundfreiheiten nicht nur für die Einfuhr“, sondern auch die „Ausfuhr“ (obwohl dies vom Wortlaut her nur bei einigen, wie der Kapitalverkehrsfreiheit, klargestellt ist).365 Alle Grundfreiheiten erfassen freilich allein binnenmarktgrenzüberschreitende Sachverhalte und stellen hier jedenfalls Maßnahmen gleicher Wirkung unter Überprüfungsvorbehalt, also alle Maßnahmen, die ausländische Anbieter zwar formal gleichbehandeln, kostenmäßig aber stärker treffen (vgl. Nachweise vorige und nächste Fn). Überwiegend werden sogar Maßnahmen des nationalen Rechts, die inländische und ausländische Anbieter gänzlich gleich treffen, allein aufgrund ihrer Beschränkungswirkung diesem Überprüfungsvorbehalt unterworfen.366 Nach – m.E. überzeugender, inzwischen jedoch teils bestrittener – EuGH-Rechtsprechung

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361 Die dahingehende von der Warenverkehrsfreiheit ausgehende Rspr. des EuGH – EuGH Urt. v. 19.12.1968 – Rs. 13/68 – Salgoil, Slg. 1968, 679 (690–692) – wurde auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit erstreckt: EuGH Urt. v. 3.12.1977 – Rs. 33/74 – van Binsbergen, Slg. 1974, 1299 (1311f.); und vor allem EuGH Urt. v. 4.12.1986 – Rs. 220/83 – Freier Dienstleistungsverkehr – Mitversicherung; 252/83 – Niederlassungsrecht und freier Dienstleistungsverkehr – Mitversicherung; 205/84 – Freier Dienstleistungsverkehr – Versicherung; 206/84 – Freier Dienstleistungsverkehr – Mitversicherung, Slg. 1986, 3702, 3708; 3742 (3747f.); 3793 (3802) = NJW 1987, 572; 3843 (3848 f.); später auf die Zahlungsverkehrsfreiheit: EuGH Urt. v. 11.11.1981 Rs. 203/80 – Casati Slg. 1981, 2595 (2621) = NJW 1982, 204; und seit 1.7.1990 auch auf die Kapitalverkehrsfreiheit: EuGH Urt. v. 23.2.1995 – verb. Rs. C-358/93 und C-416/93 – Bordessa u.a., Slg. 1995, I-361 (387) = JZ 1995, 1007 (Anm.). In jüngerer Zeit auch auf alle bis dahin umstrittenen Formen der Niederlassungsfreiheit: EuGH Urt. v. 5.11.2002 – Rs. C-208/00 – Überseering, Slg. 2002, I-9919 = NJW 2002, 3614; EuGH Urt. v. 13.12.2005 – Rs. C-411/03 – SEVIC Systems, Slg. 2005, I-10805 = NJW 2006, 425 und EuGH Urt. v. 16.12.2008 – Rs. C-210/06 – Cartesio, Slg. 2008, I-9641 = NJW 2009, 569; EuGH Urt. v. 12.7.2012 – Rs. C-378/10 Vale, ECLI:EU:C:2012:440 = WM 2012, 2154; EuGH Urt. v. 25.10.2017 – Rs. C-106/16 Polbud, ECLI:EU:C: 2017:804 = WM 2017, 2359. 362 Vgl nur Behrens EuR 1992, 145; Streinz FS Rudolf, 2001, S. 199; ders. Europarecht, 10. Aufl. 2016, Rn 814; monographisch: Feiden Die Bedeutung der „Keck“-Rechtsprechung im System der Grundfreiheiten: Ein Beitrag zur Konvergenz der Freiheiten, 2003; Kingreen Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1999; Schimming Konvergenz der Grundfreiheiten des EGV unter besonderer Berücksichtigung mitgliedstaatlicher Einfuhr- und Einreisebeschränkungen, 2002; vgl. freilich auch die streng dogmatische, nach Grundfreiheiten geschiedene ausf. Darstellung in Barnard The Substantive Law of the EU: The Four Freedoms, 5. Aufl. 2016. 363 So schon der Wortlaut der Norm; etwa Müller-Graff in: Streinz (Hrsg.) EUV/AEUV – Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, 3. Aufl. 2018, Art. 56 AEUV (ex-Art. 49 EGV) Rn 8; implizit EuGH Urt. v. 14.10.2004 – Rs. C-36/02 Omega, Slg. 2004, I-9609; EuGH Urt. v. 3.10.2006 – Rs. C-452/04 Fidium Finanz AG, Slg. 2006, I-9521. 364 Müller-Graff NJW 1993, 13 (14); Rittner JZ 1990, 838 (841f.); im Grundsatz schon: v. Simson Die Marktwirtschaft als Verfassungsprinzip in den Europäischen Gemeinschaften, in: Zur Einheit der Rechts- und Staatswissenschaften, 1967, 55 (62–68); allgemeiner Mayer/Scheinpflug Privatrechtsgesellschaft und die Europäische Union, 1996. 365 Für die Warenverkehrs- bzw. Kapitalverkehrsfreiheit ergibt sich dies aus Art. 35 AEUV bzw. Art. 63 AEUV. Für die Dienstleistungsfreiheit als die andere wichtige im Bereich der Bankgeschäfte ergibt sich Entsprechendes aus der EuGH-Judikatur: EuGH Urt. v. 10.5.1995 – Rs. C-384/93 – Alpine Investment, Slg. 1995, I-1141 (1176–1178) = NJW 1995, 2541; für die Niederlassungsfreiheit aus EuGH Urt. v. 13.12.2005 – Rs. C-411/03 – SEVIC Systems, Slg. 2005, I-10805 = NJW 2006, 425 (jede grenzüberschreitende Verschmelzung umfasst niederlassungsrechtlich [für unternehmerisch investierende Gesellschafter] auch einen „Wegzug“); näher Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn 846– 848. 366 Besonders plastisch in diese Richtung die Golden Shares Urteile (Kapitalverkehrsfreiheit): EuGH Urt. v. 4.6.2002 – Rs. C-503/99 Kommission/Belgien, Slg. 2002, I-4809 (4830f.); EuGH Urt. v. 4.6.2002 – Rs. C-483/99 Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I-4781 (4801). Für andere Grundfreiheiten etwa: EuGH Urt. v. 30.11.1995 – Rs. C-55/94 Gebhard, Slg. 1995, I-4821 (4897f.) und jüngst EuGH Urt. v. 14.9.2017 – Rs. C-646/15 Panayi, ECLI:EU:C:2017:682 (Niederlassungsfreiheit); EuGH Urt. v. 14.12.2004 – Rs. C-309/02 Radlberger und Spitz, Slg. 2004, I-11763 (Tz. 69) (Warenverkehrsfreiheit); EuGH Urt. v. 6.11.2003 – Rs. C-243/01 Gambelli, Slg. 2003, I-13031 (Tz. 57–59) und EuGH Urt. v. 20.12.2017 – Rs. C-322/16 Global Starnet, ECLI:EU:C:2017:985 (Dienstleistungsfreiheit).

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

sind alle diejenigen Regeln von einer Grundfreiheitenkontrolle freigestellt (weil nicht hinreichend beschränkend), die die Parteien selbst durch Parteiabrede (in Form von Rechtswahl) abbedingen können.367 Offen ist, ob man angesichts ihres faktisch zwingenden Charakters dies anders zu sehen hat bei Normen, von denen nicht wirksam klauselmäßig abgewichen werden kann (vgl. Nachweise vorige Fn). Soweit eine Kontrolle vorgenommen wird, legt der EuGH den Maßstab eines strengen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes an: Anders als bei formal diskriminierenden nationalen Maßnahmen (die nur bei Eingreifen der im Vertrag niedergelegten Ausnahmevorbehalte zulässig sind) kann bei formal nicht zwischen in- und ausländischen Anbietern diskriminierenden nationalen Normen die Beschränkungswirkung, etwa eine Schutzwirkung zugunsten einer Vertragspartei oder zugunsten des öffentlichen Interesses, zwar grds. breiter gerechtfertigt werden. Hierzu müssen jedoch einerseits ebenfalls noch sog. zwingende Gründe des Allgemeininteresses für das Regelungsziel dieser Norm sprechen. Hierzu zählen u.a. der Verbraucher- und Kundenschutz, die Integrität des Marktes insgesamt,368 auch die Finanzstabilität. Stets muss andererseits jedoch zudem das mildeste noch effiziente Mittel gewählt werden (vgl. nächste Fn), und dieses sieht der EuGH unter anderem, wenn Aufklärung geeignet ist, den Kunden hinreichend zu schützen, in bloßen Informationsregeln, die in solchen Fällen inhaltlich zwingenden Normen vorzuziehen sind.369 Diese EuGH-Rechtsprechung wurde vielfach als einseitig deregulierend kritisiert. Jedenfalls im Bankrecht greift jedoch re-regulierendes EG/EU-Sekundärrecht ohnehin in den meisten Bereichen breit und häufig flächendeckend ein. Ist eine Frage durch EG/EU-Sekundärrecht geregelt, so sind zwei Formen der Sperrwir111 kung zu bedenken: Ist der maßgebliche Rechtsakt, konkreter: die maßgebliche EG/EU-rechtliche Regel als mindestharmonisierend konzipiert, so stellt sich die Frage nach der Reichweite dieser Anordnung. Unstreitig ist es dann dem nationalen Gesetzgeber für den Inlandsfall gestattet, strengere nationale Regeln zu erlassen, also solche, die das zu schützende Interesse weiterreichend absichern. Für den binnenmarktgrenzüberschreitenden Fall ist demgegenüber umstritten, ob Gleiches gilt. Teils wird dies bejaht unter Hinweis darauf, dass der Rechtsakt ja solch eine Anordnung treffe; allerdings sei die fragliche nationale Norm nunmehr jedenfalls im überschießen-

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367 EuGH Urt. v. 24.1.1991 – Rs. C-339/89 – Alsthom Atlantique, Slg. 1991, I-107 (124) = DB 1991, 539; in der Tendenz auch für die Beachtlichkeit der Abdingbarkeit bei der Beschränkungsfrage EuGH Urt. v. 29.3.2011 – Rs. C565/08 – Kommission/Italien, Slg. 2011 I-02101 = EuZW 2011, 400; hinsichtlich der Frage der Abdingbarkeit auch kommentiert von Wichary LMK 2011, 318625. Durch Rechtswahl abbedungen werden können durchaus auch Normen, die innerstaatlich als ius cogens zu qualifizieren sind. Überwiegend wird das heute noch als geltende Rechtslage angesehen, wenn auch teils kritisiert: für das Erste etwa Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht, 1. Teil Rn 68; Radicati di Brozolo Rev. crit. d. i. p. 82 (1993) 401 (406–414); Roth VersR 1993, 129 (133); Ludwigs EuR 2006, 370 (bes. 390 ff.); wohl auch Micklitz/Reich/Rott Understanding EU Consumer Law, 2009, S. 45 f. Von Überprüfbarkeit dispositiver Normen ausgehend hingegen: Tassikas Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit, 2004, bes. S. 138–171 und 250–349. Für Kritik (auf die notwendigen Informationskosten über fremdes, dispositives Recht und damit auf eine Restbehinderungswirkung verweisend): Basedow CMLR 33 (1996) 1169 (1174–1178); v. Wilmowsky JZ 1996, 590 (595f.); Möslein Dispositives Recht, 2011, S. 216 und 401–404; Hesselink ERCL 2005, 44 (bes. 67); und ohne Eingehen auf die gegenläufige EuGH-Rspr.: Mülbert ZHR 159 (1995) 2 (10). 368 Grundlegend (primär Verbraucherschutz, aber auch Marktintegrität): EuGH Urt. v. 20.2.1979 – Rs. 120/78 – Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649 (662) = NJW 1979, 1766; sodann (für Verbraucherschutz und Marktintegrität) etwa EuGH Urt. v. 15.12.1982 – Rs. 286/81 – Oosthoek, Slg. 1982, 4575 (4587) = NJW 1983, 1356; des Weiteren die Aufzählungen in EuGH Urt. v. 25.7.1991 – Rs. C-288/89 – Stichting Gouda, Slg. 1991, I-4007 (4041) = EuZW 1991, 699; Urt. v. 25.7.1991 – Rs. C-353/89 – Kommission/Niederlande, Slg. 1991, 4069 (4094) = EuZW 1992, 56; Urt. v. 9.7.1992 – Rs. C-2/90 – Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-4431 (4477) = EuZW 1992, 577; EuGH Urt. v. 8.7.2004 – Rs. C-166/03 – Kommission/Frankreich, Slg. 2004, I-06535 (Tz. 16); EuGH Urt. v. 30.4.2009 – Rs. C-531/07 – Fachverband Buch- und Medienwirtschaft, Slg. 2009, I-03717; EuGH Urt. v. 12.7.2012 – Rs. C-378/10 – VALE, ECLI:EU:C: 2012:440 (Tz. 39); EuGH Urt. v. 8.9.2016 Rs. C-225/15 – Politanò, ECLI:EU:C:2016:645 (Tz. 43). 369 Zu Warenverkehrsfreiheit und Vertragsrecht EuGH Urt. v. 20.2.1979 – Rs. 120/78 Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649 (664); dann zu Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftsrecht: EuGH Urt. v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 Centros, Slg. 1999, I-1459 (1495); ausführlich Grundmann Parteiautonomie im Binnenmarkt – Informationsregeln als Instrument, JZ 2000, 1133.

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

den Teil – wie grds. auch der Rechtsakt des EG/EU-Sekundärrechts selbst370 – der Grundfreiheitenkontrolle nach allgemeinen Grundsätzen unterworfen.371 Denn die Grundfreiheiten sind in ihrem Anwendungsbereich nicht beschränkt. Teils wird jedoch davon ausgegangen, dass nationales Recht, soweit es strengeren Schutz vorsieht, nur im innerstaatlichen Fall zur Anwendung kommen kann, nicht im binnenmarktgrenzüberschreitenden Fall, weil die Harmonisierung ein hohes Schutzniveau verbürgen muss und dann „zwingende Gründe des Allgemeininteresses“ für ein noch höheres Schutzniveau a limine ausgeschlossen erscheinen (präkludiert werden).372 Nach dieser Meinung, die den EG/EU-Sekundärrechtsgeber „beim Wort“ nimmt, besteht eine Anwendungssperre für strengeres nationales Recht im binnenmarktgrenzüberschreitenden Fall, was dem Anbieter erlaubt, binnenmarktweit nach seinem (dem Harmonisierungsstandard entsprechenden) Sitzrecht zu exportieren. EG/EU-Sekundärrecht kann jedoch auch vollharmonisierend konzipiert sein, häufig nur in einem Teil des Rechtsaktes (sog. gezielte Vollharmonisierung).373 In diesem Fall ist es Auslegungsfrage, welche Teile des Rechtsakts solchermaßen Sperrwirkung gegenüber jeder Form von abweichendem nationalen Recht entfalten sollen: gegen überschießenden Schutz ebenso wie gegen hinter der Vorgabe zurückbleibenden Schutz. III. Inter-/Supranationales Recht als Untergrenze Während für die Wirkung von mindestharmonisierenden EG/EU-Richtlinien schon im Grund- 112 satz streitig ist, ob sie als Obergrenze wirken, ist für mindest- und vollharmonisierende EG/EURichtlinien unstreitig, dass sie auch im Inlandsfall als Untergrenze wirken (von den verschwindend wenigen und im Bankrecht heute überholten Fällen abgesehen, in denen Richtlinien nur grenzüberschreitende Fälle erfassen). Streitig ist hier erst, wie diese Wirkung im Einzelnen zu konzipieren ist, namentlich ob diese Wirkung im nationalen Rechtsfall, vor nationalen Gerichten, stets auch in dem Falle eintritt, dass nationales Recht im Widerspruch zur Richtlinie steht oder zu stehen scheint. Für EG/EU-Verordnungen ist demgegenüber klar, dass sie unmittelbar anwendbar sind und gegenstehendes nationales Recht verdrängen (Art. 288 Abs. 2 AEUV). Und Grundfreiheiten bilden keine Untergrenze. Der (freilich abnehmende) Großteil von EU-Vorgaben im Bankrecht beruht hingegen auf EG/EU-Richtlinien, so dass die hier gestellte Frage (noch immer) den Normalfall bildet: Mit drei Instrumenten setzt der EuGH auch den (Mindest-)Schutzgehalt von EG/EU-Richtlinien im innerstaatlichen Recht durch, auch gegen gegenstehendes nationales Recht, obwohl EG/EU-Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV keine unmittelbare Wirkung

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370 EuGH Urt. v. 20.4.1978 – verb. Rs. 80 und 81/77 Commissionaires Réunis und Fils de Henri Ramel, Slg. 1978, 927 (944–947); Urt. v. 14.7.1998 – Rs. C-341/95 Bettati, Slg. 1998, I-4355 (4380f.); vgl. Usher Common organisations: no escape from fundamental Treaty rules, (1978) 3 European Law Review 305 (308); Mortelmans The relationship between the Treaty rules and Community measures for the establishment and functioning of the internal market – Towards a concordance rule, (2002) 39 CMLR 1303; Oliver La législation communautaire et sa conformité avec la libre circulation des marchandises, Cahiers de Droit Européen 1979, 245; monographisch Scheffer Die Marktfreiheiten des EG-Vertrages als Ermessensgrenzen des Gemeinschaftsgesetzgebers, 1997; Schwemer Die Bindung des Gemeinschaftsgesetzgebers an die Grundfreiheiten, 1995. 371 In diesem Sinne etwa Smulders/Glazener (1992) 19 CMLR 775 (797); W.-H. Roth ZEuP 1994, 5 (31f.); ders. (2002) 10 ERPL 761 (771–774); unentschieden Dougan (2000) 37 CMLR 853 (863–885). Die Rechtsprechung des EuGH ist nicht ganz klar, tendiert jedoch wohl deutlich in die entgegengesetzte Richtung (nächste Fn), vgl. Grundmann RabelsZ 69 (2000) 457 (471–474); hingegen geht die EU-Kommission ersichtlich von der hier referierten Meinung aus (tat dies freilich auch im Europäischen Gesellschaftsrecht, bis der EuGH dies dort ganz eindeutig korrigierte). 372 In diesem Sinne etwa Bernard (1996) 33 CMLR 633 (646f.); auch Martin RTDE 30 (1994) 609; Grundmann JZ 1996, 276 (277–281); Klauer (2000) 8 ERPL 187 (201–210); Steindorff Grenzen der EG-Kompetenzen, 1990, 84; Mengozzi Riv.dir.europ. 1994, 447 (459f.); und ausführlich Riesenhuber System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, 2003, S. 146–170. 373 Vgl. statt aller Gsell/Herresthal (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009; Mittwoch Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht – Methode, Implikationen und Durchführung, 2013; Lippstreu Wege der Rechtsangleichung im Vertragsrecht: Vollharmonisierung, Mindestharmonisierung, optionales Instrument, 2014.

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

zukommt. Zunächst spricht sich der EuGH zwar im Grundsatz tatsächlich gegen eine (flächendeckend) unmittelbare Wirkung der EG/EU-Richtlinie aus,374 lässt davon aber überzeugend Ausnahmen zu: Wenn der Gehalt der EG/EU-Richtlinie einem Mitgliedstaat oder seinen Untereinheiten – einschließlich der von ihm dominierten Privatrechtssubjekte – Pflichten auferlegen würde bzw. Privatrechtssubjekten im Rechtsverkehr gegen diese Rechte einräumen würde, so kann sich der Staat bzw. seine Untereinheit nicht auf Nichtumsetzung berufen (ein solches wäre rechtsmissbräuchlich), wenn die Umsetzungsfrist abgelaufen ist und die EG/EU-Richtlinie hinreichend konkret und bedingungslos (ohne Mitgliedstaatenwahlrecht) die Pflicht bzw. das Recht formuliert (unmittelbare Wirkung im Vertikalverhältnis).375 Dies betrifft große Teile des Aufsichtsrechts und der sonstigen Regulierung, freilich im Bankprivatrecht nur, soweit ein Privatrechtssubjekt hieraus Rechte gegenüber hoheitlichen Trägern (oder staatlich dominierten Parteien) ableiten kann. Ebenfalls unmittelbar wirkt die EG/EU-Richtlinie, soweit sie Nichtigkeitsgründe ausräumt, das nationale Recht diese jedoch nicht eliminiert (denn dann setzt die EG/EU-Richtlinie nur den liberalisierenden Gehalt der Grundfreiheiten durch, die selbst unmittelbar anwendbar sind).376 Liegt keiner dieser Ausnahmefälle vor – vor allem im Bankvertragsrecht zwischen Privatrechtssubjekten –, so führt ein zweites Instrument i.Erg. meist doch ebenfalls zu einer („unmittelbaren“) Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsverkehr, das nun nicht nur punktuell, sondern flächendeckend wirkt: das (aus dem Prinzip der Gemeinschaftstreue bzw. der Richtlinienumsetzungspflicht hergeleitete) Gebot richtlinienkonformer Auslegung:377 Danach haben alle nationalen Stellen, vor allem Gerichte, die Pflicht zur „Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm [dem nationalen Gericht] das nationale Recht einräumt“.378 Streitig ist, wie sich dies auf die nationalen Auslegungskanones auswirkt. Während herkömmlich in der Literatur (unterschiedlich) der eine oder andere nationale Auslegungskanon (etwa die äußerste Wortlautgrenze) als unverbrüchlich eingestuft wurde und deswegen hier eine richtlinienkonforme Auslegung ausgeschlossen wurde, habe ich früh vom Zweck her argumentiert, dessentwegen im EU-Recht über-

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374 Für das Vertikalverhältnis (zulasten des Privatrechtssubjekts): EuGH Urt. v. 11.6.1987 – Rs. 14/86 – Pretore di Saló, Slg. 1987, 2545 (2570); Urt. v. 22.2.1990 – Rs. C-221/88 – Busseni, Slg. 1990, I-495 (525) = NJW 1991, 1409. Für das Horizontalverhältnis (zwischen Privatrechtssubjekten): EuGH Urt. v. 26.2.1986 – Rs. 152/84 – Marshall I, Slg. 1986, 723 (748f.) = NJW 1986, 2178; Urt. v. 14.7.1994 – Rs. C-91/92 – Faccini Dori, Slg. 1994, I-3325 (3356) = EuZW 1994, 498; Urt. v. 7.3.1996 – Rs. C-192/94 – El Corte Inglés, Slg. 1996, I-1281 (1303f.); zum Meinungsstand in der Lit. und zur Kritik an dieser Rspr. vgl. die Nachw. etwa bei Emmert Europarecht, 1996, S. 157–162; Müller-Graff NJW 1993, 13 (20 Rn 120); Streinz Europarecht, 10. Aufl. 2016, Rn 488–501. Ebenfalls keine Direktwirkung (sondern richtlinienkonforme Auslegung anordnend): EuGH Urt. v. 22.11.2005 – Rs. C-144/04 – Mangold, Slg. 2005, I-9981 = NJW 2005, 3695; vgl. Riesenhuber/Domröse RIW 2005, 47. 375 EuGH Urt. v. 26.2.1986 (vorige Fn) 748 f.; Urt. v. 22.2.1990 (vorige Fn); grundlegend EuGH Urt. v. 5.4.1979 – Rs. 148/78 – Ratti, Slg. 1979, 1629 (1642) = NJW 1979, 1764. Umgekehrt hängt das Recht des Privaten nach der genannten Entscheidung davon ab, dass er selbst ebenfalls die Richtlinienvorgaben erfüllt; vgl. dazu Götz NJW 1992, 1849 (1855 f.). Die Handlungsform ist unerheblich (auch privatrechtlicher Vertrag des Staates oder eigene, dem Staat jedoch zuzurechnende Rechtsperson): vgl. vor allem, den Rechtsmissbrauchsgedanken konsequent durchführend: EuGH Urt. v. 12.7.1990 – Rs. C-188/89 – Foster, Slg. 1990, I-3313 (3332–3350) (mit Schlussantrag van Gerven) = NJW 1991, 3086. 376 EuGH Urt. v. 13.11.1990 – Rs. C-106/89 – Marleasing, Slg. 1990, I-4135 (4159) = DB 1991, 157 (für Gesellschaftsgründung). Zur Erklärung: Grundmann Die Auslegung angeglichenen Kapitalmarktrechts – insbesondere der Sanktionsregeln, in: Schulze (Hrsg.), Auslegung europäischen und angeglichenen Rechts, 1999, S. 62 (74f.). Für das Vertragsrecht spezifischer EuGH Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 – Messner, Slg. 2009, I-7356. Gleichzeitig stellt der EuGH dort jedoch klar, dass nationales Recht als immanente Schranke auch für EU-Recht solange anwendbar bleibt, als es dessen Integrationswirkung nicht konterkariert, EuGH a.a.O. Tz. 25–29. 377 Vgl. (auch zur Herleitung): Brechmann Die richtlinienkonforme Auslegung – zugleich ein Beitrag zur Dogmatik der EG-Richtlinie, 1994, S. 131–213 oder Grundmann ZEuP 1996, 399 (406 f. und 413); W.-H. Roth/Jopen Die richtlinienkonforme Auslegung, in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 263; sowie Nachw nächste Fußnoten. 378 EuGH Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 14/83 – von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891 (1909) = NJW 1984, 2021; Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 79/83 – Harz, Slg. 1984, 1921 (1942).

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

haupt EG/EU-Richtlinien (überwiegend) EG/EU-Verordnungen als Instrument vorgezogen werden:379 namentlich, um (trotz Harmonisierungsauflage) die Souveränität nationaler Parlamente möglichst weitgehend zu wahren. Dies spricht dafür, eine Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung immer dann zu konstatieren, wenn das nationale Parlament von diesem Souveränitätsvorbehalt nicht aktiv Gebrauch gemacht (also sich „gegen die EG/EU-Richtlinie aufgelehnt“) hat. Mit anderen Worten: Wortlautgrenze, historischer Gesetzgeberwille etc. können nicht gegen eine richtlinienkonforme Auslegung ins Feld geführt werden, wenn nicht der nationale Gesetzgeber es explizit ablehnt, der EG/EU-Richtlinie Gefolgschaft zu leisten. M.E. kann schon die Ausgangsentscheidung des EuGH in Colson/Kamann und Harz nur so gelesen werden, jedenfalls jedoch argumentiert heute auch der Bundesgerichtshof in der Sache genau in diesem Sinne (zur Schuldrechtsmodernisierung).380 Es handelt sich bei der richtlinienkonformen Auslegung also nicht um einen Auslegungsgrundkanon zum EG/EU-Recht, sondern um ein Instrument, (abweichendes) nationales Recht auf eine Linie mit EG/EU-Recht zu bringen. Das Resultat der Auslegung von EG/EU-Recht (zu dieser vgl. nächste Rn) ist die Vorgabe, die es zu erreichen gilt, sie bildet das „Original“, das der nationale Richter umzusetzen hat. Ist – höchst ausnahmsweise – auch eine richtlinienkonforme Auslegung nicht möglich (etwa weil explizit Umsetzung verweigert wird), kommt ein Anspruch gegen den säumigen Staat in Betracht (Staatshaftung), bei dem freilich der Schadensnachweis (mit Kausalität) immer wieder problematisch wird.381 Die Auslegung von EG/EU-Rechtsakten kann zwar durchaus in der Tradition der vier klas- 113 sischen („Savigny’schen) Auslegungskanones (grammatikalische, historische, systematische,

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379 Zur dogmatischen Herleitung und Begründung ausführlich, mit Hinweisen auf die zunehmende Verschärfung der Rspr. und mwN Grundmann ZEuP 1996, 399 (419–423) (umfangreich auch zu Gegenmeinungen, die gewisse Grenzen der nationalen Methodenlehre aufrecht erhalten wollen); in der Tendenz vergleichbar wie hier Riesenhuber/Domröse RIW 2005, 47 (48–52); ihnen folgend etwa BAG Urt. v. 26.4.2006 – 7 AZR 500/04, DB 2006, 1734; W.-H. Roth EWS 2005, 385 (393 f.); W.-H. Roth/Jopen in Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, 263 (282–286). Im Ergebnis zustimmend Schulte/Nölke/Busch in FS Canaris 2007, 795 (808). Solch eine Auslegung (auch über den Wortlaut hinaus) ist allerdings nicht möglich, wenn mit ihr die Strafbarkeit begründet werden soll. 380 Zur Zulässigkeit der richtlinienkonformen Auslegung allein schon unter dieser Voraussetzung: EuGH Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 14/83 (Fn 378) 1909; Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 79/83 (Fn 378) 1942 (jeweils implizit); ähnlich auch: EuGH Urt. v. 22.11.2005 – Rs. C-144/04 – Mangold, Slg. 2005, I-9981 = NJW 2005, 3695; EuGH Urt. v. 4.7.2006 – Rs. C-212/ 04 – Konstantinos Adeneler, Slg. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465 (Tz. 108–111); sehr deutlich dann BGH Urt. v. 26.11. 2008 – VIII ZR 200/05 = NJW 2009, 427 (Tz. 25) sowie BGH Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08 = NJW 2012, 1073 (Tz. 34). 381 Speziell zum hier angesprochenen Rechtsverstoß durch den nationalen Gesetzgeber: EuGH Urt. v. 19.11.1991 – verb. Rs. C-6/90 und C-9/90 – Francovich I, Slg. 1991, I-5357 (5415) = NJW 1992, 165; Urt. v. 5.3.1996 – verb. Rs. C-46/93 und C-48/93 – Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1029 (1141–1145) = EuZW 1996, 205; Urt. v. 8.10.1996 – verb. Rs. C-178/94, C-179/94, C-188/94, C-189/94 und C-190/94 – Dillenkofer u.a., Slg. 1996, I-4845 (4877) = EuZW 1996, 654; EuGH Urt. v. 4.7.2006 (Fn 380) a.a.O.; etwas enger bei gerichtlichem Verstoß („offenkundig“): EuGH Urt. v. 30.9.2003 – Rs. C-224/01 – Köbler, Slg. 2003 I-10239 = NJW 2003, 3539; EuGH Urt. v. 17.4.2007 – Rs. C-470/03 – A.G.M.COS.MET, Slg. 2007, I-2749 (Tz. 77ff.); aus jüngerer Zeit etwa EuGH Urt. v. 24.1.2012 – Rs. C-282/10 – Maribel Dominguez, ECLI:EU:C:2012:33 = NJW 2012, 509 (Tz. 59f.). Aus der Literatur etwa: Henrichs Haftung der EG-Mitgliedstaaten für Verletzung von Gemeinschaftsrecht – die Auswirkungen des Francovich-Urteils des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtsordnungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten, 1995, S. 100 f.; Binia Das Francovich-Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Kontext des deutschen Staatshaftungsrechts, 1998; Lembach Grundlagen und Ausgestaltung gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftung, 2003; Tietjen Das System des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsrechts, 2010; Dörr EuZW 2012, 86; Hartmann Haftung in der Europäischen Union, in: Dörr (Hrsg.), Staatshaftung in Europa, 2014, 31. Zum insoweit zentralen Tatbestandsmerkmal eines „hinreichend qualifizierten Rechtsverstoßes“ (bejaht bei schlichter Nichtumsetzung, jedoch nicht, wenn Umsetzungsfehler „vertretbar“): EuGH Urt. v. 26.3.1996 – Rs. C-392/93 – British Telecommunications, Slg. 1996, I-1631 (1668); EuGH Urt. v. 25.11.2010 – Rs. C429/09 – Günter Fuß/Stadt Halle – Slg. 2010, I-12167 = NZA 2011, 53 (Tz. 51 ff.); EuGH Urt. v. 28.7.2016 Rs. C-168/15 – Milena Tomájová, ECLI:EU:C:2016:602. Speziell zur Staatshaftung bei Richtlinienumsetzung: Claßen Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien – von der unmittelbaren Wirkung bis zum Schadensersatzanspruch, 1999, bes. S. 262– 266; Siegerist die Neujustierung des Kooperationsverhältnisses zwischen dem Europäischen Gerichtshof und den mitgliedstaatlichen Gerichten, 2010, S. 88–94. Den Vorrang der nichtlinienkonformen Auslegung betonend: EuGH Urt. v. 19.4.2016 – Rs. C-441/14 – Dansk Industri, ECLI:EU:C:2016:278 (Tz. 42).

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

teleologische) gesehen werden.382 Wichtig sind jedoch die (modifizierten) Gewichtungen und folgende Ausgangspunkte: EG/EU-Recht unterliegt jedenfalls dem Grundsatz einheitlicher Auslegung in der gesamten EU383 sowie dem Grundsatz, dass es von der Auslegung nationalen Rechts unabhängig ist, sogar wenn ein nationales Recht einmal Vorbild für die Harmonisierung oder Vereinheitlichung wurde.384 Dahinter steht der Gedanke, dass EU-Mitgliedstaaten schon im Ausgangspunkt gleich behandelt werden müssen, zugleich jedoch die Funktionsfähigkeit von EG/EU-Recht als supranationaler Rechtsordnung mit Vorrang auch im innerstaatlichen Recht zu erhalten ist. EG/EU-Recht wird tendenziell in besonderem Maße teleologisch ausgelegt, der sog. „effet utile“ wurde nicht nur als Konzept und begrifflich besonders herausgearbeitet, sondern ist tatsächlich zu einem überragenden Auslegungsziel geworden.385 Solche Grundsätze wie die besonders weitreichende richtlinienkonforme Auslegung (vorige Rn) sind ebenso hieraus abzuleiten wie derjenige, dass Sanktionen für die Verletzung von EG/EU-Recht stets hinreichend abschreckend (effizient) sein müssen und mindestens so scharf wie die Sanktionierung vergleichbarer nationaler Normen (nicht diskriminierend).386 Auch kann der EuGH unter Heranziehung des Gleichheitssatzes und ungeschriebener Grundprinzipien oder Grundrechte teils sehr

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382 Zu den Methoden der Auslegung des Unionsrechtsakts selbst (stark teleologisch; Vielsprachigkeit; sog. rechtsvergleichende Auslegung): Bleckmann ZGR 1992, 364; ders. NJW 1982, 1177; Buck Über die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft, 1998; Franzen JJZ 1997, 285; Grundmann Die Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den Europäischen Gerichtshof – zugleich eine rechtsvergleichende Studie zur Auslegung im Völkerrecht und im Gemeinschaftsrecht, 1997; Meyer Jura 1994, 455; W.-H. Roth/Jopen in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, S. 263 (275–279); eingehend Weber Grenzen EU-rechtskonformer Auslegung und Rechtsfortbildung, 2010, S. 92–130. 383 EuGH Urt. v. 6.10.1982 – Rs. 283/81 CILFIT, Slg. 1982, 3415 (3430 f.) („eigene, besondere Terminologie“); EuGH Urt. v. 18.5.1982 – Rs. 155/79 AM & S, Slg. 1982, 1575 (1612); vgl. außerdem Grundmann/Riesenhuber Die Auslegung des Europäischen Privat- und Schuldvertragsrechts, JuS (2001) 529 (533–534) (auch zur bloßen Hilfsfunktion der Rechtsvergleichung, die sich hieraus ergibt); und Bleckmann Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1982, 1177 (1182), der davon aus ausgeht, der EuGH greife beim Vollzug durch nationale Verwaltungen auf eine Auslegung anhand nationalen Rechts zurück, während er beim Vollzug durch Gemeinschaftsorgane autonom auslege. Näher zur Frage der autonomen Auslegung oder des Rückgriffs auf nationales Recht: Riesenhuber in: ders. (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 201 (201–204); des Weiteren zur Rolle der Rechtsvergleichung in der Rechtsprechung des EuGH: Adrian Grundprobleme einer juristischen (gemeinschaftsrechtlichen) Methodenlehre, 2009, S. 454–456; Vogenauer Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent, 2001, S. 353f.; sowie Müller/Christensen Juristische Methodik, Bd. II, 3. Aufl. 2012, S. 118ff. und 418ff. 384 Grundmann/Riesenhuber JuS (2001) 529 (529); Bleckmann NJW 1982, 1177 (1180); Anweiler Die Auslegungsmethoden des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, 1997, S. 165–168; Grabitz/Hilf/ Nettesheim/Mayer Art. 19 EUV, Rn 53; Riesenhuber in: ders. (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 199 (201–204, 209 f.) mit Nachweisen zur Rechtsprechung. Vgl. aus der Rechtsprechung: EuGH Urt. v. 27.1.2005 – Rs. C-188/03 Junk, Slg. 2005, I-885 (Tz. 27–30); EuGH Urt. v. 18.1.1984 – Rs. 327/82 Ekro, Slg. 1984, 107 (Tz. 11); EuGH Urt. v. 14.1.1982 – Rs. 64/81 Corman ./. Hauptzollamt Gronau, Slg. 1982, 13 (24) sowie EuGH Urt. v. 21.5.1963 – Rs. 75–63 Unger, Slg. 1964, 379 (395). 385 Zur überragenden Bedeutung des effet utile vgl. nur: Anweiler (vorige Fn) S. 219–224 („wichtige Ausprägung der teleologischen Auslegung“) sowie Vogenauer Die Auslegung von Gesetzen in England und auf dem Kontinent, 2001, S. 390 und 426f. („dabei steht immer wieder der Grundsatz des effet utile im Vordergrund“, „das starke Gewicht … insbesondere des effet utile“). Aus jüngerer Zeit; Tichý „Effet utile“: Phantom oder Selbstverständlichkeit in der Rechtsprechung des EuGH 2015; S. Seyr Der effet utile in der Rechtsprechung des EuGH, 2002, S. 328 ff.; Rebhahn ZfPW 2016, 281 (294); Potacs EuR 2009, 465. Insbesondere gehen Höpfner/Rüthers Grundlagen einer europäischen Methodenlehre, AcP 209 (2009) 1 (12), davon aus, dass die „systematische Auslegung“ sich oft auf einen Hinweis auf den „effet utile“ beschränke. Pechstein/Drechsler in: Riesenhuber (Hrsg.) Europäische Methodenlehre, S. 125 (134 f.) weisen darauf hin, dass der EuGH teilweise zugunsten des effet utile von einer bestehenden Systematik abweiche. 386 EuGH Urt. v. 21.9.1989 – Rs. 68/88 – Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 2965 (2985) = NJW 1990, 2245; Urt. v. 10.7.1990 – Rs. C-326/88 – Hansen, Slg. 1990, I-2911 (2935) = RIW 1991, 683; der Sache nach schon EuGH Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 14/83 (Fn 356) 1908; Urt. v. 10.4.1984 – Rs. 79/83 (Fn 368) 1941 f.; ausführlich: Riesenhuber Europäisches Vertragsrecht, 2. Aufl. 2006, Rn 220–225a. Für Beispiele aus dem deutschen Kapitalmarktrecht: Grundmann/Selbherr WM 1996, 985 (987–989 und 991 f.). Speziell zu den Sanktionen der EZB etwa Zagouras WM 2017, 558.

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3. Abschnitt – Bankgeschäft im supra- und internationalen Kontext

aktivistisch systemische Stimmigkeit zwischen verschiedenen Normen „herstellen“.387 Nach diesen Auslegungsmethoden entscheiden sich alle Auslegungsfragen zum EG/EU-Recht. Dazu gehört auch – in Deutschland auch höchstrichterlich übersehen, im Bankrecht jedoch zentral wichtig – die Frage, ob ein Rechtsakt allein öffentlichen Zielen dient oder auch privatschützenden Charakter hat.388 So hat der BGH ebendiese Frage, die sich im Zusammenhang mit §§ 63 ff. WpHG in einer Unzahl von Fällen stellt, – trotz zahlreicher Plädoyers in diesem Sinne – nie dem EuGH zur Entscheidung anhand der MIFID-Vorgaben vorgelegt. IV. Hauptregelsetzer und -gebiete Bei den Regelsetzern auf internationaler Ebene ist zwischen denen auf EU-Ebene und denen 114 auf globaler Ebene zu unterscheiden – und zwar grundsätzlich schon von der Regelanwendung her. Während nämlich die Erstgenannten geltendes Recht im innerstaatlichen Verkehr setzen, das zudem Vorrang genießt (vgl. zu den Grundzügen der diesbezüglichen Dogmatik oben II. und III.), und während deren Rechtssetzung zudem praktisch flächendeckend den regulierenden Teil zum Bankvertragsrecht, aber auch noch weit überwiegend den eigentlich vertragsrechtlichen Teil des Bankvertragsrechts umfasst, während also Bankvertragsrecht in Deutschland weitgehend Europäisches Bankvertragsrecht ist, und während deswegen dieses Spannungsverhältnis in seinen Konzepten etwas breiter erörtert wurde und im Folgenden im Kommentar mit seinen dogmatischen Erörterungen omnipräsent ist, ist das bei den Regelsetzern auf globaler Ebene anders. Sie sollen jetzt kurz in den Blick genommen werden, sie setzen freilich durchweg nicht bindendes Recht – und schon gar nicht Recht, das im Inlandsfall unmittelbar anwendbar wäre oder auch nur verbindliche Auslegungsmethoden vorgäbe –, sie geben nur Empfehlungen ab, die rahmenartig offen sind, gerade im Bankaufsichts- und -regulierungsrecht. Sie werden jedoch umgekehrt durchaus dicht befolgt, für Deutschland vor allem durch Umsetzung in EG- oder EU-Richtlinien und -Verordnungen, und sie formulieren die Leitlinien – und als solche, vor allem für den Regelungszweck, werden diese Empfehlungen auch im kommentierenden Teil immer wieder angesprochen (vgl. etwa oben Erster Teil Rn 38). Als erster für das Bankrecht zentraler Regelsetzer auf globaler Ebene trat der sog. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision) hervor,389 gegründet 1974 im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Bretton Woods Systems stabiler Wechselkurse und dadurch ausgelöster Bankturbulenzen und angegliedert an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit Sitz in Basel. Die erste Übereinkunft (Empfehlungen), die sog. Basel I Grundsätze von 1988 (sog. Basle Capital Accord) belegen es bereits: Stets konzentrierte sich der Ausschuss auf die Bankenaufsicht – nicht Geldpolitik und Währungsstabilität – und hier vor allem auf die Kapitaladäquanz (Solvenz- und Liquiditätsregeln), seit den Basel II-Grundsätzen (2006) stark auch auf Offenlegungspflichten als Präventivmaßnahmen. Während die Basel II-Grundsätze vor allem den spezifischeren Zuschnitt der Regeln in den Vordergrund rückten (stärkere Diffferenzierung bei der Gewichtung des Risikos, Zulassung institutsspezifischer Bewertungsmodelle) und im Ergebnis eine Deregulierung bewirkten und auch prozyklischen Effekten Vorschub leisteten, wie sich ab 2008 in der Subprime-Finanzkrise zeigte, reagierten eben hierauf die Basel III Grundsätze mit ihrer Anhebung des Kernkapitals und den verschiedenen Kapitalpuffern (für spezielle Risiken und prozyklische Effekte) (vgl. oben Erster

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387 Vgl. ausführlich Grundmann „Inter-Instrumental-Interpretation“ – Systembildung durch Auslegung im Europäischen Unionsrecht, RabelsZ 75 (2011) 882. 388 Schon sehr früh: EuGH Urt. v. 19.12.1968 – Rs. 13/68 Salgoil, Slg. 1968, 679 (693); Steindorff, EG-Vertrag und Privatrecht, 1996, S. 358; mustergültig vom Europarecht her entwickelt bei Hellgardt AG 2012, 154. 389 Vgl. etwa Basel Committee on Banking Supervision A brief history of the Basel Committee, 10/2014; Bachmann Globale Finanzmarktregulierung als Herausforderung des Rechts, in: Bachmann/Breig (Hrsg.), Finanzmarktregulierung zwischen Innovation und Kontinuität, S. 1 (7 f.); Haentjens in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery, S. 3 (10f.); ders. IILR 2014, 255 (260 f.).

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1. Teil – Kreditwesen und Organisation

Teil Rn 38). Während der Baseler Ausschuss auch im Gefolge der Finanzkrise die Kapitaladäquanz – und die Umgestaltung der diesbezüglichen Regeln – vorrangig im Blick hatte, etablierte sich in dieser Zeit ein zweiter Ausschuss als für die Bankaufsicht Zentraler, zugleich jedoch breiter Ansetzender, das Forum für Finanzstabilität (Financial Stability Forum, FSF), heute Gremium für Finanzstabilität der G7 (Financial Stability Board, FSB),390 das in den Hauptentwicklungen stets in enger Abstimmung mit den G20 agierte: Der Ausschuss stieß vor allem mit seinen „Principles for Cross-Border Cooperation on Crisis Management“ vom April 2009 – noch als FSF – eine Entwicklung an, die zur Schaffung des zweiten Eckpfeilers der heutigen Bankaufsichtsarchitektur führte: dem Recht der Bankensanierung und -abwicklung.391 In diesem Bereich gelang es dem FSB nicht nur, überhaupt die Überzeugung davon zu schaffen, dass die Existenz eines stabilitätsbewussten Bankeninsolvenzrechts notwendig sei, um Banken dahingehend zu disziplinieren, nicht mehr auf eine unbegrenzte Rettung durch Staatsgelder zu vertrauen, weil Staaten sich ungeregelte Bankinsolvenzen gar nicht „leisten“ konnten („too big to fail“). Vielmehr gelang es auch, die Überzeugung zu wecken, dass ungleich intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordinierung, namentlich bei der Abwicklung, angesichts bestehender Konzernstrukturen unverzichtbar seien. Und schließlich konnte sich das Gremium mit der Formulierung unverzichtbarer Eckpunkte auch durchsetzen und als Leitregelsetzer etablieren.392 Die Schaffung eines (Bewusstseins und der Leitempfehlungen für ein) Bankensanierungs- und -abwicklungsrecht(s) bildet zwar den größten Erfolg für den FSB. Zugleich ist das Gremium jedoch wichtig dafür, dass das Risikoverständnis ungleich breiter wurde, insbesondere auch die makroprudentielle Aufsicht verstärkt in den Blick genommen wurde. Beiden Regelsetzern ist gemein, dass in ihnen zwar die zuständigen nationalen Regulierungsbehörden vertreten sind (die EU als solche hat nur Beobachterstatus), dass sie auch durch Abschlusserklärungen verschiedener G7- oder G20-Gipfel politisch unterstützt wurden und werden, dass sie jedoch keine Kompetenz zu Aushandlung oder Abschluss internationaler Übereinkommen oder zum Erlass von Regelwerken oder Resolutionen im Rahmen der UN haben. Teils werden ihre Empfehlungen freilich von UN-Organisationen, die solch eine Kompetenz haben, aktiv unterstützt (vgl. etwa Fn 369). Zu diesen beiden für das Bankaufsicht und damit für das Bankgeschäft allgemein zentralen Ausschüssen treten weitere, deren Arbeit stärker einzelne Bankgeschäfte betrifft und dort wieder aufgegriffen wird (unten Teil 6 Rn 177 f.): die International Organization of Securities Commissions (IOSCO), die Empfehlungen vor allem für das Kapitalmarktrecht, etwa zu (global vergleichbaren) Prospektinhalten, erarbeitet, und der International Accounting Standards Board (IASB), der indirekt ebenfalls für das Prospektrecht und das Recht periodischer Berichterstattung zentral ist, weil er mit den International Financial Reporting Standards (IFRS, früher International Accounting Standards, IAS) das international maßgebliche Regelwerk zum Rechnungslegungsrecht erarbeitet und fortentwickelt hat. Dieses geht in seiner Normqualität über alle anderen Regelwerke insofern hinaus, als die IFRS Regelcharakter haben und durch Übernahme in der EU im sog. Endorsement-Verfahren nach Art. 3 Abs. 2 IFRS-VO als Regelwerk direkt für anwendbar erklärt werden (vergleichbar EG-Sekundärrecht). Auch UN-Unterorganisationen, namentlich UNCITRAL und Internationaler Währungsfonds (IWF/IMF) sowie Weltbank (World Bank) wirken in den Initiativen mit, ohne bisher ähnlich prominent die Führung zu übernehmen wie die Genannten, namentlich nicht für einen konkreten Bereich.

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390 Vgl. etwa Financial Stability Board Our History, 2015; Bachmann (vorige Fn), S. 1 (5, 9); Haentjens in: Haentjens/Wessels (Hrsg.) Bank Recovery, S. 3 (9 f.); ders. IILR 2014, 255 (259 f.). 391 Financial Stability Forum Principles for Cross-Border Cooperation on Crisis Management, 2 April 2009; aufgegriffen sowohl vom Baseler Ausschuss (Basel Committee on Banking Supervision Report and Recommendations of the Cross-border Bank Resolution Group 2010, S. 3) als auch von offiziellen UN-Einrichtungen, namentlich: International Monetary Fund Resolution of Cross-Border Banks, June 2010, S. 5. 392 Financial Stability Board Implementing the FSB Key Attributes of Effective Resolution Regimes – How Far Have We Come? 15 April 2013 (mit mehreren updates); vgl. bereits oben Rn 34.

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1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses

ZWEITER TEIL Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis 2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis 1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses Grundmann

Übersicht 1. Abschnitt: System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses I. Vielzahl der Einzelgeschäfte – Einbettung in eine Geschäftsbeziehung | 1 II. Konglomerat von Privatrecht und Regulierung (Schutzregime), auch supranational | 6 2. Abschnitt: Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten A. Bankverhaltenspflichten (insbesondere Aufklärung, Warnung, Beratung, Haftung) I. Bankverhaltenspflichten | 11 II. Aufklärung, Warnung und Beratung – Allgemeine Grundsätze | 24 III. Aufklärung, Warnung, Beratung in den einzelnen Bankgeschäften | 53 B. Bankgeheimnis sowie Datenschutz und ihre Durchbrechungen (mit Bankauskunft, SCHUFA-System und Geldwäsche) I. System des Geheimnisschutzes im Bankgeschäft – Überblick | 69 II. Bankgeheimnis | 72 III. Datenschutz als konkurrierendes Schutzinstrument | 81 IV. Standardisierte Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit | 87 V. Durchbrechungen im Steuer- und Strafrecht | 105 VI. Sonstige Durchbrechungen im Zivilrecht | 115 3. Abschnitt: Bankkonto A. Bankkontokorrent – Grundidee, Grundzüge und Bestand I. Inhalt und Zweck des Konto- und Bankkontokorrents | 122 II. Eröffnung und Kündigung des Bankkontos | 131 B. Wirkung des Bankkontokorrents I. Voraussetzungen von Kontokorrent und Kontozugehörigkeit | 141

II.

Lähmung, Saldierung und Anerkenntnis als die zentralen Rechtsfolgen | 145 III. Überformung des Bankkontokorrents durch den Girovertrag | 161 IV. Einzelbuchung | 166 V. Einzelne spezifische Rechtsfolgen | 174 C. Kontoformen und Zuordnung I. Fremdwährungskonto | 184 II. Fragen der Berechtigung und Verfügungsmacht an Bankkonten | 191 III. Bankkonto im Erbfall | 217 D. Bankkonto in der Krise I. Pfändung | 234 II. Insolvenz | 253 Anhänge 1–3: AGB Oder-Konto, AGB Und-Konto, AGB Anderkonten | 268 4. Abschnitt: Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) A. AGB-Regelwerke, Anwendungsfragen und Kontrolle | 271 I. AGB-Regelwerke der Kreditinstitute | 271 II. Anwendungsfragen und Kontrolle | 273 B. Die einzelnen AGB (Banken/ Sparkassen) | 288 I. Grundregeln (Nr. 1–6 AGB-Banken) | 288 II. Kontoführungs- und Mitwirkungsfragen (Nr. 7–11 AGB-Banken) | 307 III. Entgeltfragen (Nr. 12 AGBBanken) | 330 IV. Sicherheiten (Nr. 13–17 AGB-Banken) – Überblick | 343 V. Kündigung des Rahmenvertrages (Nr. 18, 19 AGB-Banken) | 359 VI. Einlagensicherung und Verfahrensfragen (Nr. 20, 21 AGB-Banken) | 364 Anhang 1: AGB-Sparkassen | 367

https://doi.org/10.1515/9783110498585-002

ERSTER ABSCHNITT System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses Schrifttum Vgl. Schrifttum zum 2. Abschnitt.

125 https://doi.org/10.1515/9783110498585-002

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

I.

Übersicht Vielzahl der Einzelgeschäfte – Einbettung in eine Geschäftsbeziehung | 1 1. Tatsächliche Geschäftsbeziehung und vertragliche Grundlage – Vielzahl und Einheit | 1 2. Insbes. Kontokorrentbeziehung und AGB als allgemeine Vertragsgrundlagen | 3 a) Kontokorrentbeziehung | 3 b) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) | 4

II.

Konglomerat von Privatrecht und Regulierung (Schutzregime), auch supranational | 6 1. Bankenregulierung und Privatrecht – mit Verweis | 6 2. Insbes. Informationelle Selbstbestimmung und Geheimhaltungsinteressen | 7 3. Insbes. Zahlungsdienste-Richtlinie | 8 a) Nationales Privatrecht und Europäisches Regulierungsrecht | 8 b) Insbesondere Beendigungsregime | 9 4. Einbettung in EU-Recht und -Methodik – mit Verweis | 10

I. Vielzahl der Einzelgeschäfte – Einbettung in eine Geschäftsbeziehung 1

1. Tatsächliche Geschäftsbeziehung und vertragliche Grundlage – Vielzahl und Einheit.Wenn im Ersten Teil die Vielzahl der Bankgeschäfte diskutiert wurde (Erster Teil Rn 4–6), zugleich jedoch auf die typischerweise bestehende Gründung in einer länger andauernden Geschäftsbeziehung hingewiesen wurde (Erster Teil Rn 6), so hat dies seine Parallele im Bankprivatrecht in der Diskussion um die schuldrechtliche Qualifikation der gemeinsamen Grundlage des allgemeinen Bank-Kunden-Verhältnisses. Hier freilich ist die Diskussion stark auf eine Alternative fokussiert: namentlich, ob diese als vertraglich („allgemeiner Bankvertrag“) oder als quasivertraglich, d.h. in einem Vertrauensverhältnis nach § 311 Abs. 2 BGB gegründet, zu qualifizieren sei.1 Für beide Meinungen sprechen gewichtige Gründe: für die Gründung in einem Vertrauensverhältnis vor allem, dass die Schutzwirkungen unabhängig davon eintreten, ob rechtsgeschäftlich wirksam ein Rahmenvertrag zwischen Kreditinstitut und Kunden abgeschlossen wurde; und für die Gründung in einem (auch) vertraglich gestalteten Verhältnis namentlich, dass der Pflichtenkanon (etwa die Intensität der Aufklärungspflicht) je nach Geschäftstyp (d.h. auch Vertragstyp) variiert, aber auch durch Vertragsabrede vielfältig beeinflusst wird, und dass der Schutz häufig gerade nicht davon abhängt, dass der Kunde tatsächlich Vertrauen in das korrekte Handeln des Kreditinstituts gebildet hat. Und wenn sich der BGH in diesem Streit scheinbar für die Qualifikation als quasivertraglich (oder vor allem gegen eine Qualifikation als vertraglich) aussprach und daher teils bereits vom „‚Aus‛ für den allgemeinen Bankvertrag“ gesprochen wurde,2 so ist es hilfreich, sich die inhaltliche Aussage dieses Judikats in Erinnerung zu rufen: Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob das beklagte Kreditinstitut den Kunden von sich aus auf eine mögliche sinnvollere Ausgestaltung einer laufenden (Fremdwährungs-)Einlage (bei einer seiner Filialen) hätte aufmerksam machen müssen. Die ablehnende Antwort wird vor allem mit zwei Argumenten begründet: einerseits – formal – damit, dass neben dem Darlehens-/Einlagenvertrag nicht auch noch ein – über diesen hinausgehender – allgemeiner Bankvertrag bestehe, auch wenn (wie üblich) die allgemeinen AGB-Banken vereinbart wurden, die viele weitere Fragen regeln; und andererseits – unter substantieller Interessenabwägung – damit, dass es verfehlt sei, die Bank „für verpflichtet zu halten, sich … mit der Umwandlung der tagesfälligen Dollareinlage in ein Jahresfestgeld und dessen [höherer] Verzinsung … ohne Rücksicht darauf

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1 So die Alternative der beiden dominanten Meinungen, vgl. näher unten Zweiter Teil Rn 17–19, dort auch zum Folgenden. 2 BGH Urt. v. 24.9.2002 – XI ZR 345/01, BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281 (ausführlicher); dazu u.a. Lang BKR 2003, 227 („Das Aus für die Lehre“); differenzierter M. Roth WM 2003, 420; und in „Ankündigung“ der Entscheidung: Claussen FS Peltzer, 2001, S. 55.

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1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses

einverstanden zu erklären, ob sie für eine Festgeldeinlage in US-Dollar Bedarf hatte …“ (S. 121). Wichtig an dieser Rechtsfolge ist zum einen, dass das Gericht aus der allgemeinen BankKunden-Beziehung keine weitere Leistungspflichten ableiten will – hier eine Pflicht zu höherer Verzinsung (als Schadensersatz- oder Vertragsanpassungspflicht). Das hieße, das Judikat will keine über das negative Interesse hinausgehende Pflicht begründen. Solche Pflichten nimmt freilich auch die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag gar nicht an. Zum anderen ist jedoch wichtig, dass mit der ablehnenden Haltung gegenüber einer vertragsrechtlichen Argumentation auch eine Einschränkung des Argumentationshorizonts einhergeht: Unschwer wäre die Entscheidung in die (m.E. zurecht restriktivere) Dogmatik zu den Aufklärungspflichten gerade bei Kreditverträgen einzubetten gewesen (unten Zweiter Teil Rn 53–64). Das hätte umso mehr nahegelegen als ein Kreditvertrag, der mit dem fraglichen Anspruch aus Fremdwährungskontokorrent besichert wurde, ja unstreitig vorlag. Damit wäre dann auch auf einen zentralen Gesichtspunkt eingegangen worden, der übergangen wurde: Wenn man sowohl entgangenen Gewinn (durch höhere Verzinsung) als auch Ausfälle als „Schäden“ sieht und wertungsmäßig gleich behandelt (so §§ 249 ff. BGB, vor allem jedoch die wirtschaftliche Betrachtungsweise), so muss erklärt werden, warum der Kunde offenbar kategorisch nicht auf die Möglichkeit hingewiesen werden muss, eine lukrativere Einlageform zu wählen, obwohl sonst Warnpflichten bei erkennbaren Verlustgefahren jedenfalls im Einzelfall bestehen können.3 Letztlich also sollten substantielle Argumente – und nicht die rechtstechnische Konstruktion (§ 311 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB) – den Ausschlag geben und geben das in der Tat häufig auch. Ungleich wichtiger als die Alternative „vertraglich oder quasivertraglich“ erscheint daher 2 die Betrachtung des Zusammenspiels zwischen allgemeiner Grundlage der Rechtsbeziehung und Ausdifferenzierung in einzelnen Geschäftsfeldern und/oder in einzelnen Absprachen. Der „Bankvertrag“ ist auch, soweit er als „allgemein“ gelten kann, etwa mit den Verhaltensund Geheimhaltungspflichten, „allgemein“ und „geschäftsfeldspezifisch“ zugleich. Und dieses Spannungsfeld ist heute ungleich „faszinierender“ und zugleich für die konkrete Anwendung auch praktisch ungleich wichtiger als die herkömmlich diskutierte Alternative. Paradigmatisch hierfür ist, dass etwa die Aufklärungspflicht zwar in einer gemeinsamen Grundidee fußt – m.E. darin, dass das Kreditinstitut ohne Gegenleistung eine besondere Einwirkungsmöglichkeit auf das Vermögen des Kunden erhält und daher Interessenwahrung schuldet (unten Zweiter Teil Rn 19 f., 24, 56) –, dass jedoch zugleich diese Erklärung in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich weit reicht – bei der Anlageberatung weiter als beim Kreditvertrag – und dass auch die Gegebenheiten des Geschäfts unterschiedliche sind – im Zahlungsverkehr automatisierte, massenweise Abwicklung, bei der Anlageberatung wiederum individuell kundenorientierte Bezugnahme auf die individuellen Anlageinteressen und -ziele. Es wird sich im Laufe der Kommentierung zeigen, dass vergleichbar „allgemein“ und „bankgeschäftsspezifisch“ – gleichsam „in Vielfalt geeint“ – auch andere „allgemeine“ Instrumente des Bankgeschäfts gestaltet sind, namentlich das Bankgeheimnis (unten Zweiter Teil Rn 3, 7) oder auch das Kontokorrent, etwa seine Beendigung (unten Zweiter Teil Rn 3, 9). Ein zweites Spannungsverhältnis kommt hinzu, häufig sich mit dem eben genannten überschneidend und auch in den bisher genannten Beispielen

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3 Entscheidend im vorliegenden Fall war m.E. insoweit, dass der Kreditvertrag keinen dauerhaften Beratungsvertrag begründet, unten Zweiter Teil Rn 24 f., 53–56, also keine Pflicht der Bank, laufend die günstigste Gestaltung für den Kunden zu prüfen, vorliegend aber auch, dass der Kunde im konkreten Fall die Einlage auch nicht hätte abziehen dürfen, weil sie verpfändet war, und umgekehrt es in der Tat verfehlt wäre, das Institut ohne Verwendungsmöglichkeit für die Einlage der Entgegennahme derselben als Festgeld zu verpflichten, d.h. der dahingehenden Änderung des Vertrages (mit höherer Verzinsung) zuzustimmen. Dass es freilich bei Bestehen eines Kreditvertrages auf diesen bezogen keinerlei Fälle gäbe, in denen eine „Pflicht der Bank zur Vornahme einzelner vom Kunden gewünschter risikoneutraler“ Rechtsgeschäfte zu bejahen sei (so das Gericht auf S. 120 zur Begründung seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem „allgemeinen Bankvertrag“), widerspricht des Gerichtes eigener Rechtsprechung etwa zur Vorfälligkeitsentschädigung.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

bereits angesprochen (Aufklärungspflichten): das Spannungsverhältnis zwischen allgemeiner zivilrechtlicher Grundlage, sei es nun nach § 311 Abs. 1 BGB (vertraglich) oder § 311 Abs. 2 BGB (quasivertraglich), und Regulierung von überindividuellen Schutzzielen, etwa das Zusammenspiel zwischen Interessenwahrungspflicht zugunsten des Kunden auf der einen Seite und Verfassungsrecht (informationelle Selbstbestimmung, Persönlichkeitsrecht), aber auch etwa öffentliche Ordnung und Haushaltsfinanzierung sowie Schutz Dritter auf der anderen Seite, etwa im Bereich des Bankgeheimnisses. Dieses Spannungsverhältnis zeigt sich dann gleichermaßen bei der Definition seiner Grundlage wie bei derjenigen seiner Grenzen. Darauf wird zurückzukommen sein (unten Zweiter Teil Rn 7). Mit den Themen „Einheit und Vielfalt“ in ihrer Verschränkung und „Privatrecht der Gestaltung und Regulierung“ steht also der „allgemeine Bankvertrag“ im Brennpunkt allgemeiner Fragen des modernen Vertragsrechts von paradigmatischer Bedeutung.4 2. Insbes. Kontokorrentbeziehung und AGB als allgemeine Vertragsgrundlagen 3

a) Kontokorrentbeziehung. Wenn gesagt wurde, dass andere Spannungsverhältnisse für die allgemeine Grundlage des Bank-Kunden-Verhältnisses heute wichtiger seien als die Alternative vertragliche oder quasivertragliche Grundlage desselben, so erschöpft sich damit die Kritik am derzeitigen Diskussionsstand zum allgemeinen Bank-Kunden-Verhältnis freilich noch nicht. Denn das allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis ist auf der anderen Seite auch viel konkreter durchgestaltet als die prominente Diskussion der genannten Alternative das suggeriert – und dies durchaus auf allgemeine, bankgeschäftsübergreifende Weise. Die zwei wichtigsten Instrumente bzw. Gestaltungsformen, die der vertraglichen Grundlage des allgemeinen Bank-KundenVerhältnisses ungleich größere Konkretheit geben, bilden das Bankkonto und die AGB-Banken/Sparkassen. Bei beiden konstatiert man auch die beiden genannten Spannungsverhältnisse allgemein/geschäftstypspezifisch und privatrechtlich/regulatorisch. Das Bankkonto bildet das allgemeine Abwicklungsinstrument vor allem für das Zahlungsgeschäft, vergleichbar für das Kreditgeschäft und in modifizierter Form – über Wertpapierkonten – auch im Recht des Investment Banking. Schon hier – wie dann noch stärker bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute – ist zu konstatieren, dass der „allgemeine Bankvertrag“ kaum Rechtsfolgen zeitigt, die nicht durch Kautelarjurisprudenz und präzisierende Normen näher ausgestaltet wären. Der „allgemeine Bankvertrag“ als vertragliche Grundlage der allgemeinen Bank-KundenBeziehung gewinnt also Konturen namentlich durch das Recht des Bankkontos und die AGBAusgestaltung. Eine der jüngeren Gesamtkommentierungen zum Bankvertragsrecht geht daher – jedenfalls in der Tendenz nachvollziehbar – sogar so weit, von Kontobeziehung zu sprechen und dann den „allgemeinen Bankvertrag“ schlicht diesem Abschnitt zuzuordnen, also das Konkretere in den Vordergrund zu rücken und das Allgemeinere – auch Weiterreichende – bei diesem einzuordnen.5 Das Bankkonto ist sicherlich zuvörderst Abwicklungsinstrument für den Zahlungsverkehr. Manche Regelung – wie das Regime der Storno- und Berichtigungsbuchungen in Nr. 8 AGB-Banken – ist vor allem vom Zahlungsverkehr her zu verstehen, obwohl es durchaus auch fehlerhafte Buchungen von (fälschlich angenommenen) Kredittilgungen erfassen würde. Manch eine Regelung ist gar nur auf einzelne Zahlungsverkehrsinstrumente bezogen, etwa die

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4 Vgl. nur Grundmann Zukunft des Vertragsrechts, Festschrift zum 200-jährigen Bestehen der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität 2010, S. 1015. 5 Müller-Christmann in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.), Bankrechtskommentar, 2. Aufl. 2016 (Kapitel 1: Kontoführung – mit einem Unterabschnitt zum „allgemeinen Bankvertrag“); etwas radikaler noch und praktisch umgekehrt dann Bd. 6 Bankvertragsrecht des Münchener Kommentar Handelsgesetzbuch (4. Aufl. 2019), der die Materien, die herkömmlich mit dem allgemeinen Bankvertrag verbunden werden, gar nicht mehr als allgemeine behandelt, sondern nur den Geschäftstypen zuordnet: manches dann dort deswegen in: Recht des Zahlungsverkehrs A. Giroverhältnis.

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1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses

Vorbehaltsgutschrift nach Nr. 9 Abs. 1 AGB-Banken auf Lastschrift und Scheckeinzug (ebenfalls per Lastschrift). Und manche Kontoform – etwa das Fremdwährungskonto nach Nr. 10 AGBBanken – wirkt mit ihren sehr speziellen Regeln und Risikobewertungen geradezu wie ein eigenes spezifisches Bankgeschäft.6 Umgekehrt jedoch sind andere Teile des Kontokorrentrechts viel allgemeinerer Natur oder auch anderen Bankgeschäften stärker zugeordnet, etwa die Frage nach dem Bankkonto im Erbfall stark der Vermögensplanung (mit Schwerpunkt im Investment Banking) (unten Zweiter Teil Rn 217–233). Und auch verbraucherkreditrechtliche Wertungen wirken teils erheblich ein, etwa beim Überziehungskredit (unten Vierter Teil Rn 738, 845 [Renner]). Entfallen ist 2017 freilich das sog. Bankgeheimnis, das vor allem auf das Konto bezogen war, und damit einer der zentralen „allgemeinen“ durch das Kontokorrent begründeten Schutzräume (vgl. § 30a AO a.F. und unten Zweiter Teil Rn 105 f.). Damit ist auch die zweite Verschränkungsform angesprochen, diejenige zwischen gestaltungsorientiertem klassischen Privatrecht und Regulierung im öffentlichen Interesse. Beim Bankgeheimnis sind beide paradigmatisch verschränkt: schon bei der Begründung wirken privatrechtliche Fundierung und das verfassungsrechtliche Institut einer informationellen Selbstbestimmung zusammen. Vor allem jedoch die Grenzen sind dann teils aus vertragsrechtlichen Schutzüberlegungen zu entwickeln (etwa im Themenkreis Forderungsabtretung und Bankgeheimnis), (wohl) überwiegend jedoch aus Regulierungsgesichtspunkten im öffentlichen Interesse (etwa Steuerrecht), deren Überwiegen in den Augen des Gesetzgebers auch die Streichung von § 30a AO a.F. rechtfertigte. Wie stark kontenbezogen das Bankgeheimnis allerdings auch schon bis 2017 zu denken war, zeigte sich nicht zuletzt an dem Rechtsgebiet, das die „Flucht aus dem Konto“ zum Gegenstand hat: Mit dem Geldwäscheregime wird nicht zuletzt bezweckt, den Versuchen des organisierten Verbrechens zu begegnen, über den Gebrauch von Bargeld – statt kontogebundenen Transfers – einen Nachvollzug von Geldströmen zu erschweren (unten Zweiter Teil Rn 110–114). b) Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfra- 4 gen). Während das Kontokorrent das zentrale (Abwicklungs-)Instrument für das Bankgeschäft und die allgemeine Bank-Kunden-Beziehung bildet, gleichsam die „neutrale Leistung“ und „Plattform“, die bei jedem spezifischen Bankgeschäft zum Einsatz kommt, bilden die AGBBanken/Sparkassen den Kernbestand einer konkreteren – vertraglichen! – Ausgestaltung der allgemeinen Bank-Kunden-Beziehung, also in der Tat das Kernstück eines – insoweit unstreitig vertraglich zu qualifizierenden – „allgemeinen Bankvertrags“. Aus diesem Grunde werden Bankkonto (im 3. Abschnitt) und AGB-Banken/Sparkassen (im 4. Abschnitt) auch im Anschluss an diejenigen Fragen diskutiert, die allgemein für die Bank-Kunden-Beziehung von zentraler Bedeutung sind und letztlich durch ein ganzes Konglomerat von Normen geregelt werden (2. Abschnitt). Als allgemeine Ausgestaltung dieser Beziehung sind die AGB-Banken/Sparkassen – selbstverständlich – ebenfalls von den beiden eingangs genannten Spannungsverhältnissen geprägt: Sie sind daher einerseits allgemein und andererseits spezifisch für einzelne Bankgeschäfte. Sie sind unabhängig vom jeweiligen Bankgeschäft formuliert und auch theoretisch unabhängig davon anwendbar. Doch während im ersten Abschnitt („Grundregeln“) die materiellen Regeln in der Tat gänzlich geschäftstypübergreifend wirken, vor allem zum Bankgeheimnis (Nr. 2 AGB-Banken), weil die Verhältnisse, über die Stillschweigen zu wahren ist, aus allen Sparten stammen können, und auch die Haftungsregel (Nr. 3 AGB-Banken), ist doch auch schon in diesem Abschnitt teils ein Bezug zum jeweiligen Einzelgeschäftstyp unverkennbar: So ist etwa die Frage, wann es sich nur um einen weitergeleiteten Auftrag handelt und die Haftung des Instituts daher erheblich eingeschränkt ist (bloßes „Auswahlverschulden“, Nr. 3 Abs. 2), von

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6 Im Bankrechtshandbuch wird das Auslandsgeschäft unter §§ 115–122 (Schefold, Weber, T. Fischer, Nielsen/Jäger, Janus) in der Tat als solch ein „spezieller Geschäftstyp“ eingereiht.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Geschäft zu Geschäft verschieden und hat sich beispielsweise die Auffassung hierzu für den Überweisungsverkehr in den letzten 20 Jahren diametral gewendet. Noch sichtbarer wird die Mischung allgemein/einzelgeschäftsspezifisch in den folgenden Abschnitten, für denjenigen zum Konto wurde das bereits ausgeführt. Doch gerade auch bei den Zinsen, Entgelten und Aufwendungen (Nr. 12 AGB-Banken) sticht die Mischung besonders ins Auge: Zinsen sind spezifisch ohnehin nur für das Kreditgeschäft (wenn auch teils mit dem Konto verbunden), weil sie von einem geschuldeten Kapitalstock berechnet werden müssen. Entgelte sind gänzlich anders zu sehen im Zahlungsgeschäft als bei jedem anderen Bankgeschäft, weil sie dort an der europarechtlichen Vorgabe (Art. 62 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II, umgesetzt in § 675f Abs. 5 BGB) zu messen sind, die teils der vorherigen BGH-Rechtsprechung diametral widersprach und diese daher auch zu Fall gebracht hat (vgl. Dritter Teil Rn 144). Schließlich gelten im Investment Banking nochmals gänzlich andere Entgeltregeln und -vorgaben, insbesondere weil bestimmte Entgelte, die Interessenkonflikten Vorschub leisten, spezifischen Aufdeckungs-, teils sogar Auskehrungspflichten unterworfen werden. Diese Mischung zwischen allgemein und einzelgeschäftsbezogen muss nicht für alle Re5 geln in den AGB-Banken/Sparkassen aufgezeigt werden. Interessanter ist ein Blick auch noch auf das zweite Spannungsverhältnis, und die eben genannten Zins- und Entgeltregeln sind dafür besonders paradigmatisch. Denn in der Tat sind die AGB-Banken/Sparkassen – andererseits – zugleich auch nur zu verstehen im Spannungsverhältnis zwischen privatrechtlicher Gestaltungsaufgabe und Regulierungsregime im öffentlichen Interesse. Wenn die Zinsregeln vor allem durch verbraucherkreditrechtliche Vorgaben beeinflusst werden, dies auch etwa im Kontokorrentbereich (beim Überziehungskredit, Vierter Teil Rn 738, 845 [Renner]), so wird hier aus Gründen des Schwächerenschutzes regulierend eingegriffen, also zum Ausgleich im Einzelrechtsverhältnis. Das ist anders bereits bei den Entgeltregeln im Investment Banking: Wenn etwa bei den Entgelten hier mittels sog. Kick-back-Regime (§ 70 WpHG) regulierend eingegriffen wird, namentlich durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, so dient das zwar auch dem individuellen Kundenschutz davor, suboptimal informiert zu werden. Die Regulierung dient jedoch weitergehend auch öffentlichen Interessen, insbesondere der Allokationseffizienz an Kapitalmärkten allgemein, weil sie der Gefahr vorbeugen soll, dass das Kreditinstitut Anlagen nicht nach ihrer Qualität empfiehlt, sondern nach dem eigenen Gewinninteresse, also die Anlagen nicht in die renditestärksten Unternehmungen gelenkt werden. Die Entgeltregelung dient also zugleich einem gesamtwirtschaftlichen Effizienzinteresse. Und die Entgeltregel in der EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II) dient letztlich auch dem Ziel, dass Kosten und Kostenfaktoren stärker aufgedeckt werden, indem jede einzelne Bankdienstleistung (Nebenpflichterfüllung) nur kostendeckend bepreist werden darf und daher der Preis für sie nicht mehr so angesetzt werden kann, dass er zur Quersubventionierung herangezogen werden kann. Mit dieser Transparenz und gesonderten Bepreisung jeder Leistung soll letztlich auch der Wettbewerb zwischen Kreditinstituten – auch grenzüberschreitend – gefördert werden. Da die AGB-Banken/Sparkassen letztlich diese Vorgaben allgemein auszuformulieren versuchen, spiegeln sie – sehr indirekt – auch die Spannungslinien zwischen Privatrecht und Regulierung und zugleich zwischen verschiedenen Regulierungszielen. Es verwundert daher nicht, dass hier die AGB nur rahmenhafte Grundsätze formulieren, ansonsten jedoch für die Festsetzung des Zinses/Entgelts auf ein Preisverzeichnis verweisen, das den Vorgaben gerecht zu werden versucht. II. Konglomerat von Privatrecht und Regulierung (Schutzregime), auch supranational 6

1. Bankenregulierung und Privatrecht – mit Verweis. Wenn das Zusammenspiel klassisches Privatrecht (als Gestaltungsunterlage) und Regulierung eines der Großthemen der PrivatGrundmann

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1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses

rechtsentwicklung der Gegenwart bildet,7 so sticht gerade in dieser Frage das Bank- und Bankvertragsrecht als paradigmatisch hervor: Es ist geradezu das Charakteristikum des Regelungskonvoluts „allgemeiner Bankvertrag“, soweit es ihn auch unabhängig von Kontokorrentregelung und AGB-Banken/Sparkassen durchaus gibt, dass es heterogen und facettenreich ist, gerade nicht nur aus einem monolithischen „allgemeinen Bankvertrag“ besteht, aber auch nicht nur aus einem monolithischen gesetzlichen Schuldverhältnis, sondern aus einem variantenreichen Regelungsset, das freilich in der Tat auf der privatrechtlichen Seite in einem oder einigen wenigen Grundprinzipien gründet. Unter all diesen ragt, da in aller Regel ein oder mehrere Verträge durchaus geschlossen werden, die (vertragsrechtliche) Rücksichtnahmepflicht, eine Ausprägung von § 242 BGB, und die ([auch] vertragsrechtliche) Interessenwahrungspflicht heraus, die über die bloße Rücksichtnahme hinausgeht und grundsätzliche Hintanstellung eigener oder konfligierender Interessen fordert.8 Diese privatrechtliche Gründung des Regelungskonvoluts „allgemeiner Bankvertrag“ steht dann allgemein außerdem in einem Spannungsverhältnis zur Bankenregulierung im öffentlichen Interesse. Im Ersten Teil war das Bankaufsichtsrecht deswegen erörtert worden, weil – zentrale Denklinie in diesem Kommentar – der Einfluss der bankaufsichtsrechtlichen Regulierung auf das Privatrecht als erheblich eingestuft wurde (vgl. oben Erster Teil Rn 80–91). Dahinter steht das Leitbild von klassischem Privatrecht und von Regulierung als sich gegenseitig verstärkend, in ihrer Zielverwirklichung unterstützend, als „wechselseitiger Auffangordnung“ –9 besonders stark schon bisher theoretisiert im Kapitalmarktrecht, wo guter Individualschutz (des einzelnen Anlegers) schon herkömmlich weit überwiegend als zentrales Mittel für guten Funktions- oder Marktschutz gesehen wird.10 Das kann verallgemeinert werden: Bankenregulierung ist nicht nur Bankaufsichtsrecht und Kapitalmarktrecht, soweit es mit seinem Kernstück Banken als Intermediäre im Blick hat.11 Vielmehr finden sich daneben noch zahlreiche weitere Regulierungsansätze mit Relevanz auch für das allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis: Auf das Bankgeheimnis mit seinen Bezügen vor allem zur informationellen Selbstbestimmung und damit Rechtsstaatsprinzipien, aber auch zur Finanzausstattung des Staates und Kriminalitätsbekämpfung wurde bereits mehrfach hingewiesen. Daneben treten weitere Fälle, besonders prominent die Überformung durch Europäische Regulierung, namentlich durch die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II).12 Beides soll im Folgenden jedenfalls kurz exemplarisch aufgezeigt werden:

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7 Vgl. neben Nachw. oben Fn 4, vor allem Hellgardt Regulierung und Privatrecht, 2016, und privatrechtstheoretisch zentrales Material hierzu vereinigend und kommentierend: Grundmann/Micklitz/Renner Privatrechtstheorie, 2015, namentlich Teil 2 (S. 403–897) sowie S. 34–37. 8 Näher unten Zweiter Teil Rn 19 f., 24, 56 et passim; Herleitung, Verhältnis zueinander und Geltungsbereich bei Grundmann Der Treuhandvertrag, 1997, Kapitel 4 und 5. 9 Näher oben Erster Teil Rn 80–83; dazu theoretisch und in der praktischen Auswirkung (vor allem Drittschutz) namentlich: Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – System der Wechselwirkungen zwischen Marktregulierung und Vertragsrechtsdogmatik, JZ 2013, 379. 10 Hopt Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, 51 f., 334–337; ders. 51. DJT 1976, G1, G47-G51 und G54 f.; Kübler Anlageberatung durch Kreditinstitute, ZHR 145 (1981) 204 (205 f.); heute etwa Koller in: Assmann/Schneider/ Mülbert (Hrsg.), WpHG7, 2019, § 63 Rn 1, 3; Kurzüberblick bei Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, Rn 622–624. Allgemein schon: L. Raiser FS Deutscher Juristentag, 1960, S. 101; auch Moloney EC Securities And Financial Markets Regulation, 3. Aufl. 2014, S. 564–571; offensichtlich aber wenig Rechtsprechungspraxis in Großbritannien: Alcock The Financial Services and Markets Act 2000, 2000, S. 178–180 („In the UK, such private resort to the courts has been much rarer.“). 11 Daher überrascht es nicht wirklich, dass das deutsche Kapitalmarktrecht theoretisch vom Bankrecht her entwickelt wurde: grundlegend Hopt Der Kapitalanlegerschutz (vorige Fn). Zu Funktion/Rolle von Banken primär als Intermediäre vgl. näher auch oben 1. Teil Rn 7–13. 12 Weitere wichtige Beispiele umfassen: im Kreditrecht (vgl. unten Vierter Teil Rn 12) das Zusammenspiel von staatlicher Förderung der Kreditvergabe und kreditvertraglichen Treuepflichten (unten Vierter Teil Rn 110–113), die Prävention systemischer Risiken bei der vertraglichen Weitergabe von Kreditrisiken (unten Vierter Teil Rn 188), die Entwicklung eines aufsichtsrechtlich inspirierten Transparenzgebots bei der Kreditberatung (unten Vierter Teil

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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2. Insbes. Informationelle Selbstbestimmung und Geheimhaltungsinteressen. Kein Institut des Bankrechts, vor allem im Allgemeinen Teil, erscheint schon herkömmlich so sehr in seiner Grundlage privatrechtlich und durch eine das Gemeinwohl regulierende Ordnung geprägt wie das Bankgeheimnis und zwar sowohl in seiner Begründung wie in der Festlegung von Grenzen. Die verschiedenen privatrechtlichen Begründungsansätze zum Bankgeheimnis – vom Handelsbrauch bis zur Interessenwahrungspflicht – müssen hier nicht ausgebreitet werden (dazu unten Zweiter Teil Rn 72–74, 85, 89 f.). Wichtig ist vorliegend, dass sich parallel – diese Begründungsansätze verstärkend und potentiell auch modulierend – ein verfassungsrechtlich ausgerichteter Begründungsstrang herausbildete, namentlich mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.13 Wichtig im vorliegenden Kontext ist zudem, dass auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung jeweils nicht nur als individualschützend verstanden wurde, sondern ebenfalls als Institution für eine prosperierende rechtsstaatliche Ordnung, also für einen Funktions- oder Institutionenschutz im Allgemeininteresse (im Hinblick auf die politischen Freiheitsrechte). Umgekehrt sind jedoch auch die Grenzen (oder Durchbrechungen) des Bankgeheimnisses stark von Allgemeinschutzinteressen geprägt: Fiskalinteressen, Interessen der öffentlichen Ordnung (vor allem gegenüber organisierter Kriminalität), aber auch durch ein Interesse am Schutz von Marktvertrauen (namentlich bei der Durchbrechung des Bankgeheimnisses gegenüber Firmen, die noch bei bevorstehender Insolvenz Kredit nehmen wollen) (vgl. unten Zweiter Teil Rn 105 ff., 110 ff. und 115 ff.). Wie sehr gerade das zuletzt genannte Interesse nicht nur als individualschützend zu denken ist, sondern auch als im Dienste eines öffentlichen Gutes, zeigte zuletzt die Kreditklemme in der Folge der Insolvenz von Lehman Brothers. 3. Insbes. Zahlungsdienste-Richtlinie

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a) Nationales Privatrecht und Europäisches Regulierungsrecht. Geradezu paradigmatisch für die Verschränkung von Privatrecht und öffentlichem Regulierungsinteresse steht ebenfalls die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II). Dass es sich bei ihr auch nicht um ein Regelwerk ausschließlich für ein Bankgeschäft (den Zahlungsverkehr) handelt, sondern dass sie auch auf die allgemeine Bank-Kunden-Beziehung einwirkt, wird gleich noch zu erläutern sein. Schon rein äußerlich zeigt sich die genannte Verschränkung zwischen Privat- und Regulierungsrecht darin, dass die Richtlinie privatrechtliche Grundlage und Ablauf des Zahlungsvorgangs ebenso regelt wie das Aufsichtsrecht der Zahlungsdienstleister, ein wegen der hier weniger weitreichenden (Kredit-)Risiken zwar weniger anforderungsintensives Aufsichtsrecht (Art. 5 ff. EUZahlungsdienste-Richtlinie II), das freilich dem allgemeinen Bankaufsichtsrecht in seinen Instrumenten dennoch stark vergleichbar ist (zudem seit EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II auch Zahlungsauslösedienstleister). Diese Verbindung hat hier – anders als beim Parallelregime für Wertpapierdienstleister in der EU-Finanzmarkt-Richtlinie (MIFID I und II), ebenfalls mit „Bankaufsichtsrecht“ und Verhaltensregeln gegenüber dem Kunden – auch nicht dazu geführt, dass für die Verhaltensregeln gegenüber dem Kunden (Art. 38 ff. EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II) angezweifelt würde, dass sie umfassend auch privatrechtliche Pflichten statuieren (vgl. einerseits unten Dritter Teil Rn 14 und andererseits unten Achter Teil Rn 125). Auch in diesen Verhaltensregeln sind die individualschützenden und die funktions- und allgemeinschützenden Gehalte immer wieder inhaltlich miteinander verschränkt (dazu sogleich b)). Die EU-Zahlungsdienste-Richt-

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Rn 166) und die parallelen Pflichten zur Prüfung der Kreditwürdigkeit im Aufsichts- und Vertragsrecht (unten Vierter Teil Rn 650–655). 13 BVerfG Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1 (bes. 45) = NJW 1984, 419; Lerche ZHR 149 (1985), 165 (170–174); Canaris Bankvertragsrecht Rn 36 f.; Schwintowski/Schantz BankR Kap. 4 Rn 6; teils auch die Begründung mit dem Persönlichkeitsrecht: Kirchhartz in Claussen Bank- und Börsenrecht § 3 Rn 5; Sichtermann Das Bankgeheimnis als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, MDR 1965, 697; Steindorff Zivilrechtliche Grundfragen von Bankgeheimnis, Bankauskunft und Persönlichkeitsschutz, ZHR 149 (1985), 151.

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1. Abschnitt – System und Rechtsrahmen des Bank-Kunden-Verhältnisses

linie (I und II) geht über die Verschränkung von Privat- und Regulierungsrecht in vielen anderen Beispielen des Bankrechts und auch über das eben genannte Beispiel des Bankgeheimnisses in zwei zentralen Punkten noch hinaus: Zum einen handelt es sich beim regulierenden Eingriff durch die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II) nicht „nur“ um ein Grundrecht oder um Grundprinzipien, sondern um ein flächendeckendes, teils überaus detailliertes Regelwerk, so dass Vorgaben für die Masse der Einzelfälle zu finden sind. Zum anderen handelt es sich um ein Regelsystem und eine Regulierung auf EU-Ebene, so dass hier für ein ganzes Rechtsgebiet – und sehr vergleichbar für fast das gesamte Investment Banking – stets zumindest zwei Ebenen im Zusammenspiel zu sehen sind, mit der entsprechenden Komplexität in der Dogmatik (dazu bereits oben Erster Teil Rn 16–28 und sogleich noch). b) Insbes. Beendigungsregime. Dass es sich bei der EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und 9 II) nicht nur um einen Rechtsakt zum Zahlungsverkehr, sondern auch zum allgemeinen BankKunden-Verhältnis handelt, erklärt sich aus ihrem Bezug auch auf das Kontokorrent. Das Beendigungsregime zeigt besonders deutlich die Verschränkung sowohl von Regelungen allgemein zum Bankkundenverhältnis und speziell zum Einzelgeschäft als auch von Regelungen primär privatrechtlichen Zuschnittes (mit Schutz des Einzelkunden) mit solchen, mit denen Marktstrukturen allgemeiner beeinflusst werden sollen. Die Kernregelung findet sich in Art. 55 EUZahlungsdienste-Richtlinie II und § 675h BGB, die in der Grundtendenz die (ordentliche) Kündigung seitens des Kunden stark erleichtern (zwingend jederzeitiges Kündigungsrecht bei höchstens einem Monat Kündigungsfrist, § 675h Abs. 1 BGB),14 und umgekehrt bei derjenigen durch das Kreditinstitut höchstmögliche Transparenz schon vor Vertragsabschluss, aber auch für die Kündigungserklärung selbst, fordern (§ 675h Abs. 2 BGB): Mit diesem Kündigungsregime wird sicherlich das Bankkonto erfasst, soweit es sich (wie regelmäßig) zur Ausführung von Zahlungsverkehrsvorgängen wie Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung eignet (Zahlungsdiensten), also das Kontokorrent mit einem Giro- oder Zahlungsdiensterahmenvertrag verbunden ist. Zugleich muss jedoch auch nach diesem Regime eine Kündigung einzelner aufbauender Abreden, etwa der Kreditkartenabrede, gesondert möglich sein, insbesondere auch aus wichtigem Grunde, da mit der Kreditkarte zusätzliche Risiken für das Institut begründet werden (vgl. unten Dritter Teil Rn 187 f.), Zwar gilt nun die genannte Regelung nur für die ordentliche Kündigung und beschränkt diejenige aus wichtigem Grunde nicht. Zugleich jedoch zeigt sich, dass das Kündigungsregime, das alle Zahlungsdienste erfasst, sowohl Instrumente des allgemeinen Bank-Kunden-Verhältnisses betreffen kann als auch solche speziell nur eines einzigen Zahlungsdiensteinstruments: einerseits das Bankkonto, über das neben den Zahlungsverkehrsvorgängen auch etwa Abrechnungen zwischen Institut und Kunden von Darlehenszahlungen möglich sind, und andererseits den Kreditkarten- oder Girocard-Vertrag. Zugleich hat die asymmetrische Regelung der ordentlichen Kündigung auch zweierlei Zielrichtung: einerseits den individuellen Kundenschutz, der unschwer das Institut soll wechseln können, ohne den schwierigen Beweis eines wichtigen Grundes antreten zu müssen; andererseits jedoch ebenfalls das Ziel, den Wettbewerb zwischen Kreditinstituten zu beleben, also ein marktstrukturelles Ziel.15 4. Einbettung in EU-Recht und -Methodik – mit Verweis. Das letztgenannte Beispiel deu- 10 tet es bereits an: So zentral allgemein das Zusammenspiel zwischen Privatrecht und Regulierung

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14 Hinzu kommt ein zwingendes Kündigungsrecht bei jedem Vorschlag einer Vertrags-, d.h. AGB-Änderung seitens des Kreditinstituts, vgl. § 675g Abs. 2 BGB und unten Dritter Teil Rn 183 f. 15 BT-Drucks. 16/11643, S. 104. Ein Beispiel für ein tatsächlich (frei) kompetitives (Europäisches) Vertragsrecht, wie es vor allem Micklitz propagiert, vgl. Micklitz Perspektiven eines Europäischen Privatrechts – Ius Commune praeter legem? ZEuP 1998, 253 (265–267) (der Kunde bleibt für Konkurrenzangebote länger offen); dagegen etwa Riesenhuber Europäisches Vertragsrecht, 2. Aufl. 2006, Rn 943–945.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

für den allgemeinen Bankvertrag und alle einzelnen Bankgeschäfte ist, so prominent dabei auch der Einfluss der Verfassung und ihrer Grundrechte an vielen Stellen ist – m.E. am prominentesten beim Schutz von Information und Privatsphäre –,16 so sehr ragt doch eine Einflussform nochmals hervor: Es ist diejenige Europäischer Regulierung auf das Bankprivatrecht. Das Recht des Investment Banking ist gänzlich Europäisch überformt (unten Fünfter bis Achter Teil), praktisch alle maßgeblichen Rechtsakte sind Europäischen Ursprungs, vielfach durchsetzt mit direkt anwendbaren Rechtsakten (EU-Verordnungen und auch AEUV), das Zahlungsverkehrsrecht wird in über 95% seines Volumens von einer Europäischen „Kodifikation“, der vollharmonisierenden EG-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II), geordnet (unten Dritter Teil), und der unbestimmtere Einfluss des Europäischen Bankaufsichtsrechts – ebenfalls flächendeckend „durchkodifiziert“ – auf das Bankprivatrecht kommt noch hinzu (oben Erster Teil). Da wirkt das dritte große Bankgeschäft, das Kreditgeschäft – mit „nur“ der EG-Verbraucherkredit- und der EUWohnimmobilien-Richtlinie, also der Regulierung nur der einen Hälfte des Geschäfts auf EUEbene – fast schon wie der Ausnahmefall (unten Vierter Teil, Rn 536–871 [Renner]). Für das Bankrecht trifft das Bild von einem punktuellen und fragmentierten, „pointillistischen“ Zuschnitt des Europäischen Privatrechts ganz und gar nicht zu.17 Insbesondere wenn man über den „allgemeinen Bankvertrag“ hinausschaut, auf die drei großen Bankgeschäfte selbst, wird die uneingeschränkte Dominanz des Einflusses des Europäischen Regulierungsrechts deutlich. Das war Veranlassung, diese besondere Form des Einflusses von Europäischer Regulierung auf das Bankprivatrecht auch in ihren wichtigsten methodischen Instrumenten gesondert vorweg zu erörtern (vgl. oben Erster Teil, 3. Abschnitt).

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16 Das Bürgschaftsurteil des BVerfG hat zwar die Dogmatik von der Einwirkung der Grundrechte auf das Privatrecht wahrhaft grundlegend geprägt: BVerfG Urt. v. 19.10.1993 – 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89, BVerfGE 89, 214; zuvor noch die sog Handelsvertreterentscheidung: BVerfG Urt. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, BVerfGE 81, 242; bahnbrechend im Schrifttum Canaris Grundrechte und Privatrecht, AcP 184 (1984), 201; ders. Grundrechte und Privatrecht – eine Zwischenbilanz, 1999. Zu den verschiedenen Theorien der Einwirkung etwa Neuner Privatrecht und Sozialstaat, 1999, bes. 158–161, 170–173; zum Einfluss international Grundmann Constitutional Values and European Contract Law – an Overview, in: ders. (Hrsg.), Constitutional Values and European Contract Law, 2008, 1. Dennoch wäre die Frage selbst unschwer auch mit klassisch-privatrechtlichen Mitteln in die gleiche Richtung zu lösen gewesen: vgl. nur rechtsvergleichend, dies für England und Frankreich aufzeigend: Cherednyschenko Fundamental Rights, Contract Law and the Protection of the Weaker Party – a Comparative Analysis of the Constitutionalisation of Contract Law, with Emphasis on Risky Financial Transactions, 2007; Zusammenfassung in dies. EU Fundamental Rights, EC Fundamental Freedoms and Private Law, (2006) 14 European Review of Private Law 23. Und auch sonst kann man vom Kreditrecht und Recht der Kreditsicherheiten nicht behaupten, dass es tiefgreifend und flächendeckend vom BVerfG und seiner Rechtsprechung überformt worden sei. In den Resultaten ist die Grundrechtseinwirkung – trotz der Vielfalt der theoretisch denkbaren und teils auch eingeschlagenen Rechtsbehelfswege – doch ein Instrument für relativ wenige – idR extreme – Ausnahmefälle geblieben („keine Superrevisionsinstanz“). 17 Begriff von Kötz Rechtsvereinheitlichung – Nutzen, Kosten, Methoden, Ziele, RabelsZ 50 (1986) 1 (5) (dort natürlich kritisch gemeint); feinsinnig und weitsichtig kommentiert schon von Riesenhuber System and Principles of EC Contract Law, ERCL 1 (2005), 297; für das Bankrecht schon: Grundmann European Law and Principles on Commercial and Investment Banking Contracts: An Advanced Area of Codification, in: Hartkamp/Hesselink/ Hondius/Ch. Mak/du Perron (Hrsg.), Towards a European Civil Code, 4. Aufl. 2011, 787 (inzwischen vor allem im Recht der Zahlungsgeschäfte, des Wertpapierhandels und im Bankaufsichtsrecht nochmals verstärkt).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

ZWEITER ABSCHNITT Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten 2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten Schrifttum zu A (Rn 11 ff.) 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Armspach Bankhaftung bei drittgläubigerschädigender Kreditvergabe – eine Präzisierung der Verhaltens- und Sorgfaltspflichten der kreditgewährenden und kreditsichernden Banken, 1997; Bartschinger Sorgfaltspflichten der Bank bei der Anlageberatung und Verwaltungsaufträgen, 1992; Becker Verhaltenspflichten und Haftung von Banken bei Kreditvergabe, 2003; Breidenbach Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, 1989; Brunner Die Vermögensverwaltung deutscher Kreditinstitute im Privatkundengeschäft, 1987; Bruske Beweiswürdigung und Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen im Bankrecht, 1994; Burghardt Aufklärungspflichten des Bürgschaftsgläubigers, 1985: Canaris Bankvertragsrecht Rn 100 bis 141; Dirichs Die Haftung für Rat und Auskunft – dargestellt an den Beispielen des Anlageberaters und der Kreditauskunft, Diss. Münster 1976; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Auf. 2018; Fandrich/Karper (Hrsg.), Münchener AnwaltsHandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2018, bes. § 6 (Fandrich/Hofmann zum Kreditgeschäft) und § 8 (v. Buttlar zur Kapitalanlage); Faßbender Innerbetriebliches Wissen und bankrechtliche Aufklärungspflichten, 1998; Fuchs Zur Lehre vom allgemeinen Bankvertrag, 1982; Gaede Die Haftung der Banken für Kreditauskünfte, Diss. Köln 1970; Gawaz Bankenhaftung für Sanierungskredite – eine Untersuchung zur Gläubigergefährdung nach § 826 BGB, 1997; Göertz Der Beweis der Kausalität bei Aufklärungspflichtverletzungen, 2012; Grigoleit Vorvertragliche Informationshaftung – Vorsatzdogma, Rechtsfolgen, Schranken, 1997; Groeschke Die Schuldturmproblematik im Zugriff der vorvertraglichen Pflichten, 1993; Grundmann Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997; Heese Beratungspflichten – eine rechtswissenschaftliche Abhandlung zur Dogmatik der Beratungspflichten und zur Haftung des Ratgebers im Zivil- und Wirtschaftsrecht, 2015; Heidrich Das Wissen der Bank, 2001; v. Heymann/Merz Bankenhaftung bei Immobilienanlagen, 18. Aufl. 2010; Hoffmann Verhaltenspflichten der Banken und Kreditversicherungsunternehmen – zur Situation des Kaufpreisschuldners beim Lieferantenkredit, 1991; Kersting Die Dritthaftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, 2007; Köndgen (Hrsg.), Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, 1987; Jost Vertragslose Auskunfts- und Beratungshaftung, 1991; Löwe-Krahl Die Verantwortung von Bankangestellten bei illegalen Kundengeschäften, 1990; Müller-Graff Rechtliche Auswirkungen einer laufenden Geschäftsverbindung im amerikanischen und deutschen Recht, 1974; Ohlroggen Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (1993) und der allgemeine Bankvertrag, 1997; Roll Vermögensverwaltung durch Kreditinstitute – zur rechtssystematischen Erfassung anhand von standardisierten Vertragsmustern, 1983; Schupeta Aufklärungspflichten der Banken im Hinblick auf die Privatkundschaft, Diss. Kiel 1992; Schwintowski Bankrecht, 5. Aufl. 2018; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 10. Aufl. 2013; Wittig Freizeichnungsklauseln in Banken-AGB, Diss. Tübingen 1994; Wosnitza Das Recht auf Auskunft im bankvertraglichen Dauerschuldverhältnis – systematische Übersicht über Informationsansprüche nach Vertragsschluß bei typischen Bankgeschäften und ihre rechtsdogmatische Abstimmung aufeinander, 1991; Winkler v. Mohrenfels Abgeleitete Informationsleistungspflichten im deutschen Zivilrecht, 1986. 2. Aufsätze und Beiträge: Arendts Bankenhaftung – kann Privatautonomie durch Beratungs- und Aufklärungspflichten erreicht werden? JZ 1995, 165; Assmann Informationspflicht des Anlagevermittlers und Mitverschulden des Anlegers, NJW 1982, 1083; Assmann/Sethe Warn- und Hinweispflichten von Kreditinstituten gegenüber Kunden am Beispiel kundenschädigender Wertpapier- und Depotgeschäfte bankexterner Vermögensverwalter, FS Westermann, 2008, S. 67; Blankenheim Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Beratungspflichtverletzungen, WM 2017, 488; Bauer Sorgfalts- und Aufklärungspflichten der Kreditinstitute und kein Ende, Sparkasse 1999, 414; Berger Haftung für unrichtige Bankauskunft – Abschied vom stillschweigend abgeschlossenen Auskunftsvertrag? ZBB 2001, 238; Bollenberger Vorvertragliche Aufklärungspflichten des Kreditgebers gegenüber dem Kreditnehmer – eine Skizze, FS Koziol, 2010, S. 977; Brandner Verhaltenspflichten der Kreditinstitute bei der Vergabe von Verbraucherkrediten – Leitlinien der Rechtsprechung, ZHR 153 (1989), 147; Buck-Heeb Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Kreditverträgen – Verschärfung durch die EuGH-Rechtsprechung und die Wohnimmobilienkredit-Richtlinie, BKR 2015, 177; dies. Kreditberatung, Finanzierungsberatung, BKR 2014, 221; dies. Private Kenntnis in Banken und Unternehmen – Haftungsvermeidung durch Einhaltung von Organisationspflichten, WM 2008, 281; Bülow Aufklärungspflichten von Banken gegenüber Verbrauchern, NJ 2010, 221; Canaris Schutzgesetze – Verkehrspflichten – Schutzpflichten, FS Larenz, 1983, S. 27; ders. die Vermutung „aufklärungsrichtigen Verhaltens“ und ihre Grundlagen, FS Hadding 2004, S. 3; Claussen Gibt es einen allgemeinen Bankvertrag oder gibt es ihn nicht? FS Peltzer, 2001, S. 55; Dirichs Die Haftung für die Erteilung einer falschen Kreditauskunft bei der Mitwirkung zweier Banken, WM 1976, 1078; Dörr Die vertragliche Haftung der kreditgewährenden Bank für ein Aufklärungsverschulden,

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

MDR 2014, 571; Eckert Übermäßige Verschuldung bei Bürgschafts- und Kreditaufnahme, WM 1990, 85; Fandrich/ Karper Beratungs-, Warn- und Aufklärungspflichten im Kreditgeschäft, in: Fandrich/Karper (Hrsg.), Münchener AnwaltsHandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6; Fischer Neue Entwicklungen in der Haftung für Rat und Auskunft, in: Köndgen (Hrsg.), Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, 1987, S. 95; N. Fischer Bankenhaftung bei „Schrottimmobilien“ – aktuelle BGH-Judikatur, ZAP 2011, 217; Früh Die Aufklärungspflichten von Kreditinstituten bei der Kreditvergabe, WM 1998, 2176; ders. Zur Bankenhaftung bei Immobilien-Kapitalanlagen, ZIP 1999, 701; Gaede Die vertragliche Haftung der Banken für Kreditauskünfte, NJW 1972, 926; Grunewald Die Beweislastverteilung bei der Verletzung von Aufklärungspflichten, ZIP 1994, 1162; Hadding Zur Abgrenzung von Unterrichtung, Aufklärung, Auskunft, Beratung und Empfehlung als Inhalt bankvertraglicher Pflichten, FS Schimansky, 1999, S. 67; Hansen Die Bedeutung der Substitution im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (insbesondere zu Nr. 9 AGBBanken), BB 1989, 2418; Heinsius Anlageberatung durch die Kreditinstitute, ZHR 145 (1981), 177; Henning Haftung der eine Beteiligung an einem Filmfonds finanzierenden Bank – zugleich Besprechung des Urteils des OLG München vom 13.7.2010 – = WM 2012, 168 –, WM 2012, 153; v. Heymann Die neuere Rechtsprechung zur Bankenhaftung bei Immobilien-Kapitalanlagen, NJW 1999, 1577; Hölscheid Warn- und Hinweispflichten der Banken im Zahlungsverkehr, ÖBA 1993, 202; Höpfner/Seibl Bankvertragliche Loyalitätspflicht und Haftung für kreditschädigende Äußerungen nach dem Kirch-Urteil, BB 2006, 673; Hofmann Aufklärungspflichten des Kreditinstituts beim vollfinanzierten Immobilienerwerb durch mittellose Kleinverdiener, ZIP 2005, 688; ders. Aufklärungspflichten der Kreditinstitute über das Finanzierungsmodell beim Immobilienerwerb unter Ausnutzung von Steuervorteilen („Steuersparmodelle“), ZBB 2005, 174; ders. Verbundene Geschäfte auch beim Realkredit: Die Auswirkungen der EuGH-Urteile „Schulte/Badenia“ und „Crailsheimer Volksbank“, BKR 2005, 487; ders. Die Belehrungspflichten bei kreditfinanzierten Anlagemodellen: die neue BGH-Rechtsprechung zu institutionalisiertem Zusammenwirken, WM 2006, 1847; ders. Veränderte Aufklärungs- und Interessenwahrungspflichten im Bankvertragsrecht nach MiFID und der neuen Verbraucherkredit-Richtlinie, in: Riesenhuber (Hrsg.), Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 71; ders. Die neue Erläuterungspflicht des § 491a Abs. 3 BGB, BKR 2010, 232; Hopt Funktion, Dogmatik und Reichweite der Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten der Kreditinstitute, in: Hadding/Hopt/ Schimansky (Hrsg.), Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute – der moderne Schuldturm? Bankrechtstag 1992, 1993, 1 sowie FS Gernhuber, 1993, S. 169; ders. Berufshaftung und Berufsrecht der Börsendienste, Anlageberater und Vermögensverwalter, FS Fischer, 1979, S. 237; ders. Haftung der Banken bei der Finanzierung von Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen, FS Stimpel, 1985, S. 265; Horn Die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, ZBB 1997, 139; ders. Zur Haftung der Banken bei Kreditfinanzierung von Vermögensanlagen, FS für Claussen 1997, S. 469; ders. Sorgfaltspflichten bei der Vermögensverwaltung – Die Vermögensverwaltung durch Kreditinstitute und die Pflichten und die Haftung des Vermögensverwalters, in: FS Schimansky, 1998, S. 265; ders. Die Aufklärungspflichten der Banken beim finanzierten Abzahlungskauf, FLF 1985, 90; Immenga Bankenhaftung bei der Finanzierung steuerbegünstigter Anlagen, ZHR 151 (1987), 148; Junglas Bankenhaftung bei der Finanzierung von Schrottimmobilien – Institutionalisiertes Zusammenwirken, Pflichtenkreise und verbundene Geschäfte, NJOZ 2013, 49 (Kurzfassung NJW 2013, 206); Karner Haftung für Rat und Auskunft zwischen Vertrag und Delikt, FS Koziol, 2010, S. 695; Knütel Diligenzpflichten des Gläubigers gegenüber dem Bürgen, FS Flume, 1978, S. 559; Kohte Die Schlüsselrolle der Aufklärungspflicht – neue Rechtsprechung zur Kombination von Verbraucherkredit und Kapitallebensversicherung, ZBB 1989, 130; Konzen Schadenverursachung und Beweisrisiko bei Verletzung vorvertraglicher und vertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten und bei unterbliebener Widerrufsbelehrung, FS Picker, 2010, S. 497; Krüger Bankenhaftung bei der Vergabe von Existenzgründungskrediten – neue Tendenzen in der BGH-Rechtsprechung (zugleich Anmerkung zum Urteil des BGH vom 11.2.1999 – IX ZR 352/97, VuR 1999, 187 = WM 1999, 678), VuR 1999, 229; Kübler Anlageberatung durch Kreditinstitute, ZHR 145 (1981), 204; Kuntz Haftung von Banken gegenüber anderen Gläubigern nach § 826 BGB wegen Finanzierung von Leveraged Buyouts? ZIP 2008, 814; Lang Das Aus für die Lehre vom „allgemeinen Bankvertrag“? BKR 2003, 227; Lwowski/Roth Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunden, in BuB Rn 2/1 a ff.; Mayen Aufklärungspflichten bei neuen Kreditformen – zur Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Fall der Bausparsofortfinanzierung mit Fremdgeldbesparung, WM 1995, 913; Medicus Informationspflichten der finanzierenden Bank über Risiken aus dem finanzierten Geschäft, FS Westermann, 2008, S. 447; ders. Aufklärungsrichtiges Verhalten, FS Picker, 2010, S. 619; Mertens Zur Bankenhaftung wegen Gläubigerbenachteiligung, ZHR 143 (1979), 174; Möllers Rechtsprechungsänderung zur Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens – Sackgasse oder Königsweg? NZG 2012, 1019; Müller-Graff Die Geschäftsverbindung als Schutzpflichtverhältnis, JZ 1976, 153; Musielak Die „gefestigte Rechtsprechung“ des Bundesgerichtshofs zum Zustandekommen eines Auskunftsvertrages mit einer Bank, WM 1999, 1593; Nobbe Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu fehlgeschlagenen Immobilienfinanzierungen, WM 2007, SB Nr. 1; ders. Verantwortlichkeit der Bank bei der Vergabe von Krediten und der Hereinnahme von SicherheiGrundmann

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ten, ZBB 2008, 78; Obermüller Zahlungsverkehr bei Insolvenz des Empfängers – Warnpflichten der Empfängerbank? ZIP 1981, 1045; Oehler/Höfer/Wendt Dispositionskredite – Fehlende Bonitätsprüfung kostet Verbraucher viel Geld – Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen, ZBB 2013, 350; Oelkers/Wendt Höchtrichterliche Rechsprechung zur Vermittlung von Bank- und Versicherungsprodukten – zur Zurechnung bei selbstständigen Vermittlern, BKR 2014, 89; Pielsticker Verschärfte Haftung für Versicherungen und Banken? – Die aktuelle Rechtsprechung zu kreditfinanzierten Lebensversicherungen, BKR 2013, 368; Pikart Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bankvertrag, WM 1957, 1238; Redeker Verstoß gegen die vorvertragliche Aufklärungspflicht aus § 492 Abs. 1a Satz 2 BGB – Möglichkeit zur Auflösung des Darlehensvertrags bei sinkenden Zinsen? ZGS 2009, 254; Reifner Rechtsprobleme des Lebensversicherungskredits, ZIP 1988, 817; Röttger Die Aufklärungspflichten einer Bank bei der Anlageberatung – Die Rechtsprechung zu den sog. „Schrottanlagen“ nach der Finanzkrise, SchIHA 2011, 256; H. Roth Beweismaß und Beweislast bei der Verletzung von bankvertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten, ZHR 154 (1990), 513; M. Roth Der allgemeine Bankvertrag, WM 2003, 480; Rümker Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute aus der Sicht der Praxis, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute – der moderne Schuldturm? Bankrechtstag 1992, 1993, 29; ders. Haftung bei dem Erwerb und der Finanzierung von Vermögensanlagen, in: Köndgen (Hrsg.), Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, 1987, S. 71; ders. Haftung der Bank aus der Finanzierung von Bauherrenmodellen und geschlossenen Immobilienfonds-Modellen, ZHR 151 (1987), 162; ders. Vertrauenshaftung – ein Strukturprinzip des Bankvertragsrechts? ZHR 147 (1983), 27; Schäfer § 23 Vermögensverwaltung, in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 4. Aufl. 2015; ders. Allgemeine Aufklärungs- und Beratungspflichten – vor einer Wende? in: FS Schimansky, 1998, S. 27; ders. Vereinbarungen über Benachrichtigungspflichten in Vermögensverwaltungsverträgen, WM 1995, 1009; Schimansky Bankvertragsrecht und Privatautonomie, WM 1995, 461; Schnauder Sorgfalts- und Aufklärungspflichten im Kreditgeschäft, JZ 2007, 1009; Schödermeier Nachforschungspflichten einer Bank als Vermögensverwalterin zur Person ihres Kunden, WM 1995, 2053; Schröter Wissenszurechnung aus der Sicht der kreditwirtschaftlichen Praxis, Bankrechtstag 2002, 163; Schwab Die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens bei mehreren hypothetischen Entscheidungsmöglichkeiten, NJW 2012, 3274 Schwark Schuldrechtsreform und Bankvertragsrecht, ZHR 147 (1983) 223; ders. 100 Bände BGH – Bankund Wertpapierrecht, ZHR 151 (1987) 325; Schwintowski Haftung bei der Finanzierung von (atypisch) fehlgeschlagenen steuerbegünstigten Kapitalanlagen, NJW 1989, 2087; Sethe Zivilrechtliche Rechtsfolgen der Korruption am Beispiel von Bankgeschäften, WM 1998, 2309; BankR-HdB/Siol §§ 43–45; Stackmann Aufklärungsdefizite und Verjährung im Bankgewerbe, NJW 2012, 2913; v. Stebut Aufklärungspflichten und Haftungsrisiken von Finanzdienstleistern, ZIP 1992, 1698; Stodolkowitz Beweislast und Beweiserleichterungen bei der Schadensursächlichkeit von Aufklärungspflichtverletzungen, VersR 1994, 11; Stöhr/Döscher Die Entstehung von Aufklärungspflichten, MLR 2010, 8; Strauch Rechtsgrundlagen der Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten, JuS 1992, 897; Tiedtke Die Haftung der Banken für unberechtigte Zusagen ihrer Sachbearbeiter, WM 1993, 1228; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten bei grenzüberschreitenden Bankdienstleistungen, WM 1993, 581; G. Wagner Haftung für Äußerungen zur Kreditwürdigkeit: Bestrafung des Überbringers schlechter Nachrichten? ZInsO 2003, 485; ders. Zur These des BGH über fehlende Aufklärungspflichten objektfinanzierender Kreditinstitute gegenüber GbRs bzw. deren Anleger-Gesellschafter in Sachen fehlender Anschlussförderung, NZG 2011, 847; Wand Aufklärungs- und Beratungspflichten im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, WM 1994, 8; Weller Die Dogmatik des Anlageberatungsvertrags – Legitimation der strengen Rechtsprechungslinie von Bond bis Ille ./. Deutsche Bank, ZBB 2011, 191; Wellkamp Aufklärungspflichten der Kreditinstitute im Kreditgeschäft, VuR 1994, 61; Westermann Verhaltenspflichten der Kreditinstitute bei der Vergabe von Verbraucherdarlehen, ZHR 153 (1989), 123; vgl. auch die Standardkommentare zu §§ 242, 676 BGB, 347 HGB. Vgl. weitere Lit. bei Vortmann und außerdem für die jeweiligen Bankgeschäfte das Schrifttum zum Zahlungsverkehr, zu § 63 WpHG (insbes. Anlageberatung und Vermögensverwaltung) sowie zu Kreditvertrag und Prospekthaftung (§§ 8 ff. WpPG). Schrifttum zu B (Rn 69 ff.) 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Ackermann Geldwäscherei = Money Laundering – eine vergleichende Darstellung des Rechts und der Erscheinungsformen in den USA und der Schweiz, 1992; Althaus Stämpfli Kundendaten von Banken und Finanzdienstleistern: Datenschutz und Bankgeheimnis versus Offenlegungspflichten und Outsourcing, 2. Aufl. 2009; Ammann Datenschutz im Bank- und Kreditbereich – eine Studie zu einem Schweizer Datenschutzgesetz unter Berücksichtigung ausländischer Erfahrungen – insbesondere in der BRD und in den USA, 1987; Aschke Der Straftatbestand der Geldwäsche im Lichte zivilrechtlicher Erwerbsprinzipien, 2012; Auernhammer/Eßer Bundesdatenschutzgesetz – Kommentar, 4. Aufl. 2014; Becker Datenschutzrechtliche 137

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Fragen des SCHUFA-Auskunftsverfahrens: unter besonderer Berücksichtigung des sogenannten „Scorings“. 2006; Beckhusen Der Datenumgang innerhalb des Kreditinformationssystems der SCHUFA: unter besonderer Berücksichtigung des Scoring-Verfahrens ASS und der Betroffenenrechte, 2004; Bode Der Auskunftsanspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegenüber der Bank des Schuldners, 2007; Breinersdorfer Die Haftung der Banken für Kreditauskünfte gegenüber dem Verwender – ein Beitrag zur dogmatischen Vertiefung, 1991; Bruchner/Stützle Leitfaden zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, 2. Aufl. 1990 (vgl. auch Kirchherr/Stützle); Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, 1988; Burr Geldwäsche – eine Untersuchung zu § 261 StGB, 1995; Cahn Bankgeheimnis und Forderungsverwertung, 2004; Canaris Bankvertragsrecht Rn 36–99a; Carl/Klos Bankgeheimnis und Quellensteuer im Vergleich internationaler Finanzmärkte, 1993; Chambost Die Bankgeheimnisse in den Ländern der Welt, 1982; Christopoulou Das Bankgeheimnis im Wirtschaftsverkehr, 1995; Contrael Das Bankgeheimnis bei der Abwicklung notleidender Kreditverhältnisse, 2009; Dahm/Schebesta/Schroeter/Weber Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Praxis, 5. Aufl. 1995; Diergarten Geldwäsche – Kommentar, 3. Aufl. 2013; Eckl Das Bankgeheimnis und die Richtlinie 2003/ 48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen, 2007; Ehmann EG-Datenschutzrichtlinie – Kurzkommentar, 1999; Ehmann/Selmayer Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO – Kommentar, 2. Aufl. 2018; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl. 2018; Fandrich/Karper (Hrsg.), Münchener AnwaltsHandbuch Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2018, bes. § 3 (Neth-Unger); Feuerherdt/Werhahn Das Bankgeheimnis und seine gesetzlichen Einschränkungen, 1965; Flatten Zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche, 1996; Forthauser Geldwäscherei de lege lata et ferenda, 1992; Fülbier/Aepfelbach/Langweg GWG – Kommentar zum Geldwäschegesetz, 5. Aufl. 2006; Füser Intelligentes Scoring und Rating – Moderne Verfahren zur Kreditwürdigkeitsprüfung, 2001; Gärtner Harte Negativmerkmale auf dem Prüfstand des Datenschutzes: ein Rechtsvergleich zwischen deutschem, englischem und österreichischem Recht 2011; Geurts/Koch/Schebesta/Weber Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Praxis, 6. Aufl. 2000; Giovannopoulos Die Harmonisierung des privatrechtlichen Bankgeheimnisses im europäischen Wirtschaftsverkehr: eine rechtsdogmatische und rechtsvergleichende Untersuchung zum deutschen, englischen, französischen und griechischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Datenschutzrichtlinie, der EG-Grundfreiheiten und der Gemeinschaftsgrundrechte. 2001; Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung – Kommentar, 2. Aufl. 2018; Gola/Heckmann BDSG Bundesdatenschutzgesetz, Kommentar, 13. Aufl. 2019; Gutmann Outsourcing bei Kreditinstituten: Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Bank- und Datenschutzrecht; wirtschaftliche Interessen der Banken im Spannungsverhältnis zum Geheimhaltungsinteresse ihrer Kunden, 2007; Hadding/Schneider (Hrsg.) Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland und in ausländischen Rechtsordnungen – Beiträge zum Recht des Bankgeheimnisses und der Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland, Belgien, England, Frankreich, Italien, Japan, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika, 1986; Helfrich Kreditscoring und Scorewertbildung der SCHUFA: Datenschutzrechtliche Zulässigkeit im Rahmen der praktischen Anwendungen, 2010; Herzog (Hrsg.) Geldwäschegesetz – Kommentar, 3. Aufl. 2018; Hirsch Auskünfte durch Kreditinstitute im straf- und steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren, 1991; Th. Hoffmann Rechtliche Schranken interner Informationsflüsse in Kreditinstituten – vom internen Bankgeheimnis zu den Chinese Walls im Insiderrecht, 1998; Hoyer/Klos/Carl Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und ihre Anwendung in der Praxis – Geldwäschegesetz, Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, internationale Regelungen, 2. Aufl. 1998; Huhmann Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2003; Jansen Zulässigkeit und Grenzen des schriftlichen staatsanwaltlichen Erkenntnisgewinns am Beispiel des Bankauskunftsersuchens und der Provideranfrage: zugleich ein Beitrag zum Bankgeheimnis und Fernmeldegeheimnis als Ermittlungsschranken, 2010; Kalkbrenner/Koch Bankgeheimnis und Datenschutz, 3. Aufl. 2016; Kern Geldwäsche und organisierte Kriminalität, Diss. Regensburg 1993; Kirchherr/Stützle Aktuelle Probleme aus der Rechtsprechung und Rechtspraxis zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, 2. Aufl. 1983; Klippl Geldwäscherei, 1994; Körner/Dach Geldwäsche – ein Leitfaden zum geltenden Recht, 1994; Kramme Der Konflikt zwischen dem Bankgeheimnis und Refinanzierungsabtretungen, 2014; Kreutzer Bankgeheimnis und Auskunftspflicht unter besonderer Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen, 1956; Kühling/Buchner (Hrsg.) Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz: DS-GVO/BDSG, Kommentar, 2. Aufl. 2018; Lang/Schwarz/Kipp Regelungen zur Bekämpfung der Geldwäsche, 3. Aufl. 1999; Langohr Datenschutz und Kreditgewerbe – Rechtsfragen des Datenschutzes im Bereich der Banken, Diss. Köln 1986; Magg Der verfassungsrechtliche Schutz des Bankgeheimnisses, 2008; Mallmann/Schroeter Aktuelle Rechtsfragen zum Datenschutz im Bankverkehr, 1988; Mössle Extraterritoriale Beweisbeschaffung im internationalen Wirtschaftsrecht – eine vergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung des US-amerikanischen und deutschen Rechts, 1990; Müller-Brühl Ermittlungen bei Kreditinstituten in Steuerverfahren ihrer Kunden – Voraussetzungen, Methoden, Rechtsmittel, 1990; Neuwald Das steuerliche Bankgeheimnis, Diss. München 1999; Ogbamichael Das neue deutsche Geldwäscherecht, 2011; Ortner Das Bankgeheimnis – Rechtsvergleich Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg, 1995;

Grundmann

138

2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Paal/Pauly Datenschutz-Grundverordnung, Bundesdatenschutzgesetz – Kommentar, 2. Aufl. 2018; Petersen Das Bankgeheimnis zwischen Individualschutz und Institutionenschutz, 2005; Plaumann-Ewerdwalbesloh/Zemke Bankenkommentar zum Geldwäscherecht – Kommentierung, Auslegung und praktische Umsetzung ausgewählter §§ aus GwG, KWG, ZAG, StGB und PrüfbV, 2013; Radbruch Das Bankgeheimnis im deutschen und angloamerikanischen Recht – ein Rechtsvergleich, Diss. Mainz 1976; Reinle Die Meldepflicht im Geldwäschereigesetz: die Banken im Spannungsfeld zwischen Geldwäschereibekämpfung und Vertrauensverhältnis zum Bankkunden, 2007; Schaffland/Holthaus/Schaffland Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO)/Bundesdatenschutzgesetz – (BDSG), Stand 2020; Schork/Groß (Hrsg.), Bankstrafrecht, 2013; Schwintowski Bankrecht, 5. Aufl. 2018; Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis – zur Stellung der Banken im steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen Dritte (Grundlagen, verfassungsrechtliche Schranken, Rechtsschutz), 1981; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik sowie in wichtigen ausländischen Staaten, 3. Aufl. 1987; Simitis (Hrsg.) Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl. 2014; Spitz/Klebe Die Rechtsstellung der Kreditinstitute bei Auskunftsbegehren der Finanzbehörden, 1980; Vahldiek Datenschutz in der Bankpraxis, 2012; Wech Das Bankgeheimnis – Struktur, Inhalt und Grenzen einer zivilrechtlichen Schutzpflicht, 2009; Werner Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996; Wöss Geldwäscherei und Banken – Methoden und Formen, Europarecht, Anpassungsbedarf für Österreichs Banken, 1994. 2. Aufsätze und Beiträge: Adolff Abtretungsverbot und Bankgeheimnis, FS Heldrich 2005, S. 3; Beckhusen Das Scoring-Verfahren der SCHUFA im Wirkungsbereich des Datenschutzrechts, BKR 2005, 335; Behm Datenschutzrechtliche Anforderungen an Scoringverfahren unter Einbeziehung von Geodaten, RDV 2010, 61; Behr Auskunftsverpflichtung des Kreditinstitutes als Drittschuldner (§ 840 ZPO), JurBüro 1998, 626; Bentele/Schirmer Im Geldwäscherecht viel Neues – Das Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention, ZBB 2012, 303; Beucher/Räther/Stock Non-Performing Loans – Datenschutzrechtliche Aspekte der Veräußerung von risikobehafteten Krediten, AG 2006, 277; Bilsdorfer Das Bankgeheimnis, DStR 1984, 498; Bitter Geschäftsschädigende Verlautbarungen börsennotierter Aktiengesellschaften über Vertragspartner im Spannungsfeld zwischen Ad-hoc-Publizität und vertraglicher Rücksichtnahmepflicht – Ist das Urteil in Sachen Kirch/Breuer verallgemeinerungsfähig? –, WM 2007, 1953; ders. Kreditverträge in Umwandlung und Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 379; Böhm Asset Backed Securities und die Wahrung des Bankgeheimnisses, BB 2004, 1641; Bosch Das Bankgeheimnis im Konflikt zwischen US-Verfahrensrecht und deutschem Recht, IPRax 1984, 127; Bruchner Kein „stillschweigender“ Abtretungsausschluss bei Bankforderungen, BKR 2004, 394; Bütter/Aigner Sieg der Vernunft: Notleidende Darlehensforderungen sind abtretbar, BB 2005, 119; Bütter/Tonner Übertragung von Darlehensforderungen und Bankgeheimnis, ZBB 2005, 165; dies. Bankgeheimnis und Schadensersatzhaftung der Bank – Der Fall Kirch gegen Deutsche Bank und Breuer, BKR 2005, 344; Cahn Bankgeheimnis und Forderungsverwertung, WM 2004, 2041; Canaris, Bankgeheimnis und Schutzwirkungen für Dritte im Konzern, ZIP 2004, 1781; ders. Noch einmal: Bankgeheimnis und Schutzwirkungen für Dritte im Konzern, ZIP 2004, 2362; Carl/Klos Die Rechtmäßigkeit der Bankdurchsuchung bei Verdacht der Steuerhinterziehung – die Entscheidung des BVerfG zu den Steuerfahndungsermittlungen bei der Dresdner Bank wegen Schwarzgeldtransfer nach Luxemburg, DStZ 1994, 391; Dammann/Stange Reform des Datenschutzes im Kreditinformationssystem, ZIP 1986, 488; Deutsch Datenschutz und Funktionsauslagerung, Bankrechtstag 2000, 129; Domke/Sperlich Verkauf notleidender Kredite – Zivilrechtliche und strafrechtliche Fragestellungen, BB 2008, 342; Eckhardt EU-DatenschutzV – ein Schreckgespenst oder Fortschritt? CR 2012, 195; Eckl Das Bankgeheimnis und die Rechtsfolgen seiner Verletzung, DZWIR 2004, 221; Ehricke Der Drittschutz beim Bankgeheimnis im Konzern, FS Derleder, 2005, S. 341; Ehricke/Rotstegge Drittschutz zu Gunsten anderer Konzerngesellschaften bei Verletzung des Bankgeheimnisses – zugleich Besprechung BGH v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03, ZIP 2006, 317 (Kirch/Deutsche Bank), ZIP 2006, 925; Eisner Das Bankgeheimnis im deutsch-amerikanischen Handelsverkehr, WM 1969, 198; Eyles Funktionsauslagerung (Outsourcing) bei Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen, WM 2000, 1217; Fest Zum Personalrisiko bei Verletzungen des Bankgeheimnisses, NZG 2012, 622; Feuerborn Neue Grundsätze für die Durchführung des Bankauskunftsverfahrens zwischen Kreditinstituten, Sparkasse 1987, 347; Findeisen Deliktsspezifische Strukturprävention gegen Geldwäsche im Finanzsektor, WM 1998, 2410; Fisahn Bankgeheimnis und informationelle Selbstbestimmung, CR 1995, 632; N. Fischer Öffentliche Äußerungen von Organmitgliedern juristischer Personen als Gefährdung der Kreditwürdigkeit des Vertragspartners, DB 2006, 598, Früh Abtretungen, Verpfändungen, Unterbeteiligungen, Verbriefungen und Derivate bei Kreditforderungen vor dem Hintergrund von Bankgeheimnis und Datenschutz, WM 2000, 497; Gaede Die vertragliche Haftung der Banken für Kreditauskünfte – Vertrag oder Vertragsfiktion, NJW 1972, 926; Hadding Bankgeheimnis und Bankauskunft in der BRD und in ausländischen Rechtsordnungen, Sparkasse 1986, 48; Häde Initiativen zur Bekämpfung der Geldwäsche, EuZW 1991, 553; Hamacher Neue Rechtsprechung zu den Voraussetzungen von Ermittlungsmaßnahmen der Finanzbehörden, DStZ 1987, 224; Hasemer Professionelle 139

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Adäquanz, bankentypisches Verhalten und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wistra 1995, 41; Hendriks Die SCHUFA – Aufgaben und Wirken, ZHR 149 (1985), 199; Herzog Der Banker als Fahnder? Von der Verdachtsanzeige zur systematischen Verdachtsgewinnung – Entwicklungstendenzen der Geldwäschebekämpfung, WM 1996, 1753; Hetzer Der Geruch des Geldes – Ziel, Inhalt und Wirkung der Gesetze gegen Geldwäsche, NJW 1993, 3298; ders. Geldwäsche und Mitteilungspflichten, Zs. f. Zölle 1999, 193; Hey Vollzugsdefizite bei Kapitaleinkommen – Rechtsschutzkonsequenzen und Reformoptionen, DB 2004, 724; Höche/Rößler Das Gesetz zur Optimierung der Geldwäscheprävention und der Kreditwirtschaft, WM 2012, 1506; Hoeren Das neue BDSG und der Handel mit „non-performing loans“, ZBB 2010, 64; ders. Rechtliche Grundlagen des SCHUFA-Scoring-Verfahrens, RDV 2007, 93; Hofmann/Walter Die Veräußerung Not leidender Kredite – aktives Risikomanagement der Bank im Spannungsverhältnis zwischen Bankgeheimnis und Datenschutz, WM 2004, 1566; H. Huber Das Bankgeheimnis in der Insolvenz des Kunden, ZInsO 2001, 289; Jobe Verkauf und Abtretung von Kreditforderungen und das Bankgeheimnis, ZIP 2004, 2415; Kirchherr/Stützle Aktuelle Probleme zu Bankgeheimnis und Bankauskunft, ZIP 1984, 515; Kleiner Privatrechtliche Aspekte der Informationspreisgabe der Bank aus eigenem Interesse, FS Bärmann, 1975, S. 523; Klos Das Bankgeheimnis im Spannungsfeld der Steuerkontrolle durch Steuerfahndung und Außenprüfung – Anmerkungen zum BFH-Beschluß vom 28.10.1997 – VII B 40/49, Information über Steuer und Wirtschaft 1998, 292; Klüwer/Meister Forderungsabtretung und Bankgeheimnis, WM 2004, 1157; Kniffka Die Durchsuchung von Kreditinstituten im Steuerstrafverfahren, wistra 1987, 309; Koberstein-Windpassinger Wahrung des Bankgeheimnisses bei Asset-Backed Securities-Transaktionen, WM 1999, 473; Koch Bankgeheimnis im Online- und Internet-Banking – Auswirkungen auf den Vertrieb von Bankprodukten, MMR 2002, 504; Kort Gesellschaftsrechtliche Aspekte des „Kirch/Deutsche Bank“-Urteils des BGH, NJW 2006, 1098; Kretschmer Das Bankgeheimnis in der deutschen Rechtsordnung – ein Überblick, wistra 2009, 184; BankR-Hdb/Krephold § 39; Krey/Dierlamm Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, JR 1992, 353; Kuder Bankgeheimnis als Abtretungsverbot? ZInsO 2004, 903; Lang Inhalt, Umfang und Reichweite des Bankgeheimisses, ZBB 2006, 115; Lerche Bankgeheimnis – verfassungsrechtliche Rechtsgrundlagen, ZHR 149 (1985), 165; Möhlenkamp Besteht ein ersatzfähiger Schaden durch Verletzung des Bankgeheimnisses? BB 2007, 1126; Möllers/Beutel Haftung für Äußerungen zur Bonität des Bankkunden – Der BGH zum Rechtsstreit Leo Kirch gegen Deutsche Bank und Breuer, NZG 2006, 338; Mülbert Funktionsauslagerung bei Kreditinstituten aus gesellschafts- und konzernrechtlicher Sicht – aufsichtsrechtliche Vorgaben und gesellschafts- sowie konzernrechtliche Folgeprobleme, Bankrechtstag 2000, 3; Musielak Bankgeheimnis und Bankauskunft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland, in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis und Bankauskunft in der Bundesrepublik Deutschland (oben Monographien), S. 9; ders. Die „gefestigte“ Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Zustandekommen eines Auskunftsvertrages mit einer Bank, WM 1999, 1593; Neckels Strafbefreiende Erklärung im Bankgeheimnis, DStZ 1989, 65; Nobbe Bankgeheimnis, Datenschutz und Abtretung von Darlehensforderungen, WM 2005, 1537; ders. Der Verkauf von Krediten, ZIP 2008, 97; Petersen Haftung wegen schuldhafter Verletzung des Bankgeheimnisses? NJW 2003, 1570; ders. Kirch versus Breuer im Lichte der Heberger-Rechtsprechung, BKR 2004, 47; Rehbein Rechtsfragen zum Bankgeheimnis, ZHR 149 (1985), 139; Reifner Bankentransparenz und Bankgeheimnis – zu den Prinzipien der EG-Bankrechtsangleichung, JZ 1993, 273; ders. Der Verkauf notleidender Verbraucherdarlehen, BKR 2008, 142; Rinze/Heda Non-Performing Loan und Verbriefungs-Transaktionen: Bankgeheimnis, Datenschutz, § 203 StGB und Abtretung – zugleich eine Besprechung des Urteils des OLG Frankfurt a.M. vom 25. Mai 2004 = WM 2004, 1386, WM 2004, 1557; Rögner Bankgeheimnis im Spannungsverhältnis mit dem Kapitalmarktrecht? NJW 2004, 3230; Roller Das gläserne Konto? Zum Kontenabruf für Finanz- und andere Behörden ab dem 1.4.2005, VuR 2005, 366; Roßnagel Die Novellen zum Datenschutzrecht – Scoring und Adresshandel, NJW 2009, 2716; Sannwald Entschädigungsansprüche von Kreditinstituten gegenüber auskunftsersuchenden Ermittlungsbehörden, NJW 1984, 2495; Rüth Zum sog steuerlichen Bankgeheimnis – 50 Jahre Bankenerlass und § 30a AO, DStZ 2000, 30; Schaffland Datenschutz und Bankgeheimnis bei Fusion – (K)ein Thema? NJW 2002, 1539; Schalast/Safran/Sassenberg Strafbarkeit von Sparkassenvorständen beim Verkauf notleidender Kredite, NJW 2008, 1486; dies. Bankgeheimnis und Notwehrrecht bei unrichtiger Medienberichterstattung über Kreditverkäufe, BB 2008, 1126; Schebesta Die Verfahrensgrundsätze zum Bankauskunftsverfahren, WM 1989, 429; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer Veräußerung notleidender Kredite – Aktuelle rechtliche Aspekte bei Transaktionen von Non-Performing Loans, DB 2005, 1367; Ch. Schmidt Das neue Kontenabrufverfahren auf dem Prüfstand: Verfassungswidriger Informationszugriff oder verfassungsrechtlich gebotene Durchsetzung der steuerlichen Belastungsgerechtigkeit? BB 2005, 2155; Schraepler Kreditauskunft – Einschränkung des Bankgeheimnisses, NJW 1972, 1836; Schumacher Die Verfassungswidrigkeit der neuen Zinsbesteuerung, FR 1997, 1; Schumann Der Schutz des Kunden bei Verletzungen des Bankgeheimnisses durch das Kreditinstitut, ZIP 2004, 2353; ders. Noch einmal: Bankgeheimnis und Schutzwirkungen für Dritte, ZIP 2004, 2367; Sester/Glos Wirksamkeit der Veräußerung notleidender Darlehensforderungen durch Sparkassen: Keine Verletzung von Privatgeheimnissen gemäß § 203 StGB, DB 2005, 375; Sichtermann Das Bankgeheimnis als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, MDR 1965, Grundmann

140

2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

697; v. Sievers Der Handel mit Not leidenden Forderungen, ZInsO 2005, 290; Smits/Badenhoop Towards a Single Standard of Professional Secrecy for Financial Sector Supervisory Authorities: A Reform Proposal (2019) 44(3) European Law Review 295; Spitz Auskunftspflichten, Bankgeheimnis, Beschlagnahme/Durchsuchung, Zeugenvernehmung im Steuerstrafverfahren, DStR 1981, 428; Stauder B./Stauder H. Bankgeheimnis und amerikanisch-schweizerische Rechtshilfe, IPRax 1984, 46; Steding/Meyer Outsourcing von Bankdienstleistungen: Bank- und datenschutzrechtliche Probleme der Aufgabenverlagerung von Kreditinstituten auf Tochtergesellschaften und sonstige Dritte, BB 2001, 1693; Steindorff Zivilrechtliche Grundfragen von Bankgeheimnis, Bankauskunft und Persönlichkeitsschutz, ZHR 149 (1985), 151; Stiller Asset-Backed-Securities und das Bankgeheimnis, ZIP 2004, 2027; Streck/Mack Banken und Bankkunden im Steuerfahndungsverfahren, BB 1995, 2137; Streck/Peschges Die Fertigung von Kontrollmitteilungen bei Außenprüfungen in Banken, DStR 1997, 1993; Thilo Bankgeheimnis, Bankauskunft und Datenschutzgesetze, NJW 1984, 582; Tiedemann Neue Aspekte zum strafrechtlichen Schutz des Bankgeheimnisses, NJW 2003, 2213; ders., Strafrechtliche Bemerkungen zu den Schutzgesetzen bei Verletzung des Bankgeheimnisses, ZIP 2004, 294; Tintemann Zur Rechtswidrigkeit doppelter Negativeinträge bei der Schufa Holding AG, VuR 2013, 238; Tolani Existiert in Deutschland ein Bankgeheimnis? BKR 2007, 275; Toth-Feher/Schick Distressed Opportunities – Rechtliche Probleme beim Erwerb notleidender Forderungen von Banken, ZIP 2004, 491; Ungnade Bankgeheimnis gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, WM 1976, 1210; ders. Rechtliche Aspekte bei der Umsetzung des OrgKG und des Geldwäschegesetzes in der Kreditwirtschaft, WM 1993, 2069 und 2105; Vallender Bankgeheimnis und Auskunftspflicht der Kreditinstitute im Insolvenzeröffnungsverfahren, FS Uhlenbruck 2000, S. 133; Vortmann Rechtsfolgen der falschen Datenübermittlung an die Schufa, ZIP 1989, 80; Walther Dürfen Compliance-Organisationen deliktisch erlangte Bankdaten ankaufen? CCZ 2013, 254; A. Weber Neuordnung des SCHUFA-Verfahrens für Kreditinstitute, WM 1986, 845; ders. Die Grundsätze für Auskunftsverfahren, Die Bank 1987, 324; Wittig in: Bankrechtliche Vereinigung (Hrsg.), Verbraucherkredite, insbesondere für Immobilienanlagen. Forderungsübertragungen, insbesondere im Lichte von Bankgeheimnis und Datenschutz, Bankrechtstag 2005, 2006, S. 147; Zöllner Datenschutzrechtliche Aspekte der Bankauskunft, ZHR 149 (1985), 179. Weitere Lit. zu Datenschutz- und Geldwäschegesetz in den Kommentaren von Ehmann/Selmayer, Kühling/ Buchner, Paal/Pauly und Schaffland/Holthaus/Schaffland bzw. Fülbier/Aepfelbach/Langweg und Herzog und in BankR-HdB/Walther § 42; ältere Literatur zu A. und B. vgl. Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost (Hrsg.), HGBKommentar, 2001 (1. Aufl.), Bd. 2, Vor Rn BankR I 101.

A.

141

Übersicht Bankverhaltenspflichten (insbesondere Aufklärung, Warnung, Beratung, Haftung) I. Bankverhaltenspflichten | 11 1. Arten und Ziele von Verhaltenspflichten | 11 a) Bezugsrahmen überwiegend Fremdgeschäftsführung | 11 b) Verhaltenspflichten bei Entscheidung und bei bloßer Einflussnahme der Bank | 12 c) Ziele der Verhaltenspflichten | 16 2. Interessenwahrungspflicht als Zentralpflicht | 17 a) Grundlage – gesetzliches Schuldverhältnis, Bankvertrag, treuhänderische Bindung | 17 b) Abgrenzung zu den Grundsätzen von Treu und Glauben und sonstigen Nebenpflichten | 20 3. Überblick über die Verstoßfolgen | 21 II. Aufklärung, Warnung und Beratung – Allgemeine Grundsätze | 24

1.

2. 3.

4.

Verhältnis der drei Teilpflichten zueinander | 24 a) Grundsätzlich einheitliche Behandlung | 24 b) Unterschiede | 25 Wahrheitspflicht beim Informieren und Pflicht zu informieren | 26 Hauptkriterien für das Bestehen einer Pflicht zu informieren | 28 a) Bewegliches System oder Tatbestand? | 28 b) Die Bedeutung von Entgeltlichkeit, Rollenerwartung und Absprache | 30 c) Auskunftsbedürfnis | 32 d) Auskunftsfähigkeit bzw. -zusage (mit Kenntniszurechnung) | 33 e) Bloßer Hilfscharakter sonstiger Kriterien | 36 f) Ausnahmecharakter der Pflicht zu informieren – Unterschiede je nach Geschäft | 37 Entfallen der Pflicht zu informieren | 39 a) Erfüllung | 39 Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

b)

B.

Verzicht und Haftungsausschluss | 41 5. Weitere Haftungsfragen | 42 a) Verschulden, Verschulden Dritter und Mitverschulden | 43 b) Schaden | 47 c) Kausalität, die Annahme aufklärungsgerechten Verhaltens und Beweislast | 49 d) Verjährung | 51 6. Weitere Haftungs- und Sanktionsnormen | 52 III. Aufklärung, Warnung, Beratung in den einzelnen Bankgeschäften | 53 1. Kreditgeschäft | 53 a) Wahrheitspflichtverstöße | 53 b) Pflicht zu informieren | 54 c) Insbesondere: Kredite für Finanzprodukte und Immobilienerwerb | 56 d) Kreditsicherung | 65 2. Zahlungsgeschäft | 66 3. Kapitalanlage- und Vermögensverwaltungsgeschäft – Verweis | 68 Bankgeheimnis sowie Datenschutz und ihre Durchbrechungen (mit Bankauskunft, SCHUFA-System und Geldwäsche) I. System des Geheimnisschutzes im Bankgeschäft – Überblick | 69 II. Bankgeheimnis | 72 1. Grundlage | 72 2. Inhalt | 75 3. Berechtigte und Verpflichtete | 78 4. Durchbrechungen – Grundsatz und Verweis | 79 5. Verletzungsfolgen | 80 III. Datenschutz als konkurrierendes Schutzinstrument | 81 1. Grundlage und Inhalt | 81 2. Berechtigte und Verpflichtete | 84 3. Durchbrechungen – Grundsatz und Verweis | 85 4. Verletzungsfolgen | 86

IV.

V.

VI.

Standardisierte Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit | 87 1. Bankauskunft (primär im kaufmännischen Verkehr) | 88 a) Grundlage und Inhalt | 88 b) Zulässigkeit und Anspruch auf Erteilung | 92 2. SCHUFA-Mitteilung und -Auskunft (Verbrauchergeschäfte) | 96 a) Grundlage und Inhalt | 96 b) Zulässigkeit und Anspruch auf Erteilung | 99 3. Haftung für fehlerhafte Auskunft | 102 a) Gegenüber dem Auskunftsempfänger | 102 b) Gegenüber dem Auskunftssubjekt | 104 Durchbrechungen im Steuer- und Strafrecht | 105 1. Steuerrecht | 105 2. Strafrecht | 107 3. Insbesondere: Geldwäschegesetz | 110 a) Geldwäsche nach § 261 StGB | 110 b) Geldwäschegesetz. | 112 c) Insbesondere: Identifizierungsund Aufzeichnungspflicht (§ 10 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 11 f. GwG) | 113 d) Insbesondere: Meldepflicht (§§ 43 f. GwG) | 114 Sonstige Durchbrechungen im Zivilrecht | 115 1. Grundsatz | 115 2. Hauptfälle | 117 a) Bankgeschäftsübergreifend | 117 b) In einzelnen Bankgeschäften | 119

A. Bankverhaltenspflichten (insbesondere Aufklärung, Warnung, Beratung, Haftung) I. Bankverhaltenspflichten 1. Arten und Ziele von Verhaltenspflichten. 11

a) Bezugsrahmen überwiegend Fremdgeschäftsführung. Den meisten, nicht allen Bankgeschäften liegt ein Vertrag mit Fremdgeschäftsführung(selementen) zugrunde: so im Zahlungsverkehr, der zwar mit Buchungen und anderen abstrakten Zahlungsversprechen, Schuldanerkenntnissen oder Garantien abgewickelt wird, in dem jedoch das allgemeine PflichGrundmann

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

tengefüge in Geschäftsbesorgungsverträgen gründet, hier Giro-, Inkasso- und Girocard- oder Kreditkartenverträgen (heute den sog. Zahlungsdiensteverträgen, § 675f BGB – als Teil des Rechts der Geschäftsbesorgungsverträge); ähnlich ist es beim Wertpapierhandel als dem Herzstück des Investment Banking, der idR in einem sog. Beratungsvertrag, einem Geschäftsbesorgungsvertrag, fußt (vgl. unten Achter Teil, Rn 132–139, 185–187, 224) und regelmäßig im Wege der Kommission („für fremde Rechnung“) abgewickelt wird und auch insoweit in der zentralen Verhaltenspflicht, der Interessenwahrungspflicht, gleich geregelt ist (§ 384 Abs. 1 2. HS HGB; unten Zweiter Teil Rn 17–23);18 anders freilich liegt es in der dritten großen Kategorie von Bankgeschäften, dem Kreditgeschäft (Aktiv- und Passivgeschäft), einem Austauschvertrag, der jedoch als Dauerschuldverhältnis tendenziell ebenfalls stärkere Rücksichtnahmepflichten begründen kann als ein Vertrag, der sich im sofortigen Austausch erschöpft. Das Fremdgeschäftsführungselement dominiert das Bild vom Bankgeschäft so sehr, dass es dort, wo nicht von Fremdgeschäftsführung zu sprechen ist, die Regelbildung potentiell ebenfalls beeinflusst, insbesondere Aufklärungspflichten von einer Intensität trägt, die für das klassische Austauschgeschäft ungewöhnlich wäre. b) Verhaltenspflichten bei Entscheidung und bei bloßer Einflussnahme der Bank. Bei 12 Fremdgeschäftsführung bezieht sich die Interessenwahrungspflicht als Zentralpflicht vor allem auf Informationspositionen oder auf Einfluss- und Entscheidungsmacht, die dem Fremdgeschäftsführer eingeräumt werden, um ihn in den Stand zu setzen, das Geschäft durchzuführen.19 Mit der Übertragung von Information auf die Kreditinstitute ist die Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses mit ihren Ausnahmen auf den Plan gerufen (unten Zweiter Teil Rn 69–121). Bei den (sonstigen) Verhaltenspflichten geht es um Entscheidungs- oder Einflussmacht, die den Kreditinstituten eingeräumt wird: Entscheidungsmacht, wenn sie die Entscheidungen ganz treffen, vor allem bei der Vermögensverwaltung und generellem Auftrag zu interessenwahrender Order im Investment Banking, allgemeiner jedoch stets bei der Ausführung („best execution“, § 82 WpHG); Einflussmacht, wenn ihr Verhalten den Kunden bei der Entscheidungsfindung unterstützt – durch Aufklärung und Warnung (Informierung) und/oder Rat (namentlich §§ 63 ff. WpHG). Letzteres ist (abgesehen von den genannten Gegenbeispielen) der Regelfall. Daher stehen die Verhaltenspflichten bei Aufklärung, Warnung und Beratung im Vordergrund. Sie gelten allgemein, während die Verhaltenspflichten bei Eigenentscheidung durch die Kreditinstitute spezielle Geschäftstypen betreffen. Anders gelagert und anders geregelt sind Eigenentscheidungen der Kreditinstitute, die sie nicht als Fremdgeschäftsführer, sondern für sich treffen, jedoch potentiell mit Auswirkung auf Dritte: vor allem bei der Kreditsicherung oder Kreditvergabe im Zusammenhang mit Sanierungsfällen. Hier gilt jedenfalls nicht die Interessenwahrungspflicht, die sich dadurch auszeichnet, dass das Interesse des Kunden die Leitschnur des Handelns zu bilden hat, sondern allenfalls eine Rücksichtnahmepflicht nach § 242 BGB.20 Sowohl bei Eigenentscheidung als auch bei Einflussnahme auf die Kundenentscheidung 13 bilden zwei Pflichten die Grundlage des Pflichtengefüges: die Interessenwahrungspflicht,

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18 Zum Kommissionsverhältnis als einem treuhänderischen Rechtsverhältnis, das demnach gleichen Grundsätzen wie das Auftragsverhältnis folgt: Grundmann Treuhandvertrag S. 410–413; speziell für die Interessenwahrungspflicht Koller BB 1978, 1733 (1734, 1736–1739); Musielak in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd. II, 1981, S. 1209 (1260); Baumbach/Hopt § 384 Rn 1. Zur Geltung vergleichbarer Regeln bei der (ausnahmsweisen) Abwicklung durch Eigengeschäft (sog. Festpreisgeschäft) unten Achter Teil Rn 33. Insbesondere die Kernregel in § 63 Abs. 1 WpHG (sowie auch in § 70 WpHG) gilt allgemein für Wertpapierdienstleistungen, also Wertpapierkommission ebenso wie Eigengeschäft, vgl. unten Achter Teil Rn 28, 132 ff. 19 Zu diesen Gegenständen der Interessenwahrungspflicht (daneben noch Inhaberschaft von Rechten): Grundmann Treuhandvertrag S. 101–116; BankR-HdB/Hopt/Roth § 1 Rn 28 f. 20 Nicht gesichert ist, dass Kreditinstitute überhaupt anderen Regeln unterliegen als sonstige Gläubiger, wenn auch ihr Drittbelastungspotential ungleich größer sein mag; vgl. Canaris Bankvertragsrecht Rn 130–135. Monographisch zu diesem Bereich Armspach Bankhaftung; Gawaz Sanierungskredite.

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die eine Hintanstellung eigener Interessen im Konfliktfall gebietet, zugleich eine Verfolgung des Kundeninteresses; und die berufliche („professionelle“) Sorgfaltspflicht (vgl. § 347 HGB), die gebietet, stets (auch außerhalb von Interessenkonflikten) die vom Kreditwesen erwarteten beruflichen Standards einzuhalten. Sonstige Pflichten, die teils diskutiert werden, insbesondere die Pflicht, die Organisation 14 so zu gestalten, dass Gefährdungen des Kunden(vermögens) vorgebeugt wird, und die Pflicht, Abläufe zu kontrollieren,21 sind außerhalb von § 80 WpHG als Pflichten auch mit Schutzwirkung gegenüber Außenstehenden nicht selbstständig verrechtlicht (außer im KWG, vgl. sogleich noch Rn 23). Sie bilden Elemente der Interessenwahrungs- und beruflichen Sorgfaltspflicht: Wie weitgehend Abläufe zu kontrollieren und welche Organisationsanstrengungen nötig sind, ist wichtig allein für die Frage nach dem geschuldeten Maß an Informationserhebung, um warnen zu können, bzw. nach dem Maß der geschuldeten Sorgfalt, um optimal kundeninteressenwahrende Entscheidungen treffen zu können. Nicht geht es bei den sog. Bankverhaltenspflichten um die sorgfältige Erfüllung der 15 Hauptleistungspflichten – spezifischer Handlungs- oder Erfolgspflichten – in den einzelnen Bankgeschäften: Durchführung einer Überweisung, Überlassung der Darlehensvaluta etc. Es geht um flankierende Pflichten (idR i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB). Im Wertpapierhandelsrecht freilich dominieren die Bankverhaltenspflichten ganz gegenüber den spezifischen Leistungspflichten zu Erwerb oder Veräußerung des Anlageinstruments (vgl. jedoch § 82 WpHG). All dies betrifft jedoch Pflichten im Bank-Kunden-Verhältnis (oder sonstige quasivertragliche Pflichten). Daneben trifft Kreditinstitute selbstverständlich auch eine Haftung gegenüber Dritten (ohne spezifisches Näheverhältnis) nach allgemeinem Deliktsrecht, namentlich nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetz oder § 826 BGB.22 16

c) Ziele der Verhaltenspflichten. Die Verhaltenspflichten dienen den Zielen, die vor allem mit der Principal Agent Theory herausgearbeitet wurden.23 Das Gebot, im Konfliktfall eigene Interessen hintanzustellen, soll verhindern, dass der Fremdgeschäftsführer versteckte Gewinne realisiert, da andernfalls der Kunde außerstande ist, das günstigste Fremdgeschäftsführungsangebot zu ermitteln (Fehlallokationsgefahr).24 Das Gebot, das Kundeninteresse (unabhängig vom

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21 Etwa Canaris Bankvertragsrecht Rn 118–127; grundlegend dann Spindler Unternehmensorganisationspflichten, Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Regelungskonzepte, 2001; sowie Pape Corporate Compliance – Rechtspflichten zur Verhaltenssteuerung von Unternehmensangehörigen in Deutschland und den USA, 2011. 22 Immer wieder umstritten, vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BGH, Urteil v. 15.10.2013 – VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 (Sittenwidrigkeit und Vorsatz im konkreten Fall jedoch ablehend); und andererseits OLG München Urt. v. 27.2.2012 – 17 U 1924/11, juris (Haftung des Kreditinstituts gegenüber Fonds, deren Geschäftsführer erkennbar Fondsgelder zweckwidrig zur Absicherung von Krediten verwandte, die das Institut ihm persönlich eingeräumt hatte). 23 Grundlegend Jensen/Meckling 3 J.F.Econ. 305 (1976); Fama 88 J.Pol.Econ. 288 (1980); Fama/Jensen 26 J.L.Econ. 327 (1983); gute Beschreibung der Grundpositionen im Sammelband Pratt/Zeckhauser (Hrsg.), Principals and Agents – the Structure of Business, 1985, insbes. in den Beiträgen von Arrow und Clark (speziell zur Interessenwahrungspflicht); sowie Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, Rn 82–84; Zusammenfassung der wichtigsten (ökonomischen) Theorieüberlegungen bei Grundmann in: Grundmann/ Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie, 2015, S. 1507 f., 1517–1527; im deutschen Schrifttum Jost Auskunftshaftung, S. 213–236 und zum Folgenden prägnant Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (4–6); Horn ZBB 1997, 139 (141 f.). 24 Ausführlich Grundmann Treuhandvertrag S. 200–211; und etwa Hopt in: Hopt/Teubner (Hrsg.), Corporate Governance and Directors’ Liabilities – Legal, Economic and Sociological Analyses on Corporate Social Responsibility, 1985, S. 285 (297); Reul Die Pflicht zur Gleichbehandlung der Aktionäre bei privaten Kontrolltransaktionen – Eine juristische und ökonomische Analyse, 1991, S. 236 f.; Weisser Corporate Opportunities – zum Schutz der Geschäftschancen des Unternehmens im deutschen und im US-amerikanischen Recht, 1991, S. 11; grundlegend zum – insoweit prägenden – Bereich der Übernahmen: Manne Mergers and the Market for Corporate Control, 73 Journal of Political Economy 110 (1965); und zum Theoriehintergrund Grundmann in: Grundmann/Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie, 2015, S. 1585–1587, 1598–1608.

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Vorliegen eines Interessenkonflikts) mit professioneller Sorgfalt zu verfolgen, ist notwendig, wenn der angestrebte Erfolg arbeitsteiligen Handelns realisiert werden soll. Die Kreditinstitute werden wegen des besseren Wissens und der besseren Infrastruktur für Bankdienstleistungen gewählt; um der Markttransparenz willen müssen sie hierauf einheitlich verpflichtet werden. Um die Einhaltung dieser Standards zu verbürgen, bieten sich als Sanktionen vor allem die Haftung der Kreditinstitute für Schäden sowie der Entfall des Vertrages und seiner Gewinnmöglichkeiten an – entsprechend dem bürgerlichen Dualismus der beiden Hauptrechtsbehelfe bei Leistungsstörungen, namentlich Schadensersatz und Rücktritt. 25 Es geht freilich allein darum, überlegene Expertise und Ausstattung des Kreditwesens arbeitsteilig zu nutzen (und dies sanktionsmäßig abzusichern). Daher sind Pflichten und Sanktionen verfehlt und zu verneinen, wo nicht mehr spezifische Expertise und Ausstattung des Kreditwesens gefragt ist, vor allem bei allen Fragen der Verwendung der Mittel, insbesondere der Gestaltung des jeweiligen Valutaverhältnisses. Hier ist es auch problematisch, Schäden auf alle Kunden zu verteilen, etwa um existentiellen Schädigungen vorzubeugen.26 2. Interessenwahrungspflicht als Zentralpflicht. a) Grundlage – gesetzliches Schuldverhältnis, Bankvertrag, treuhänderische Bindung. 17 Angesprochen und in den Verstoßfolgen geregelt sind die Bankverhaltenspflichten zwar in Nr. 3 AGB-Banken, Nr. 1 und 19 AGB-Sparkassen. Aus den AGB ergibt sich jedoch wenig für die Frage nach der Rechtsgrundlage. Aufklärungs- und Warnpflichten der Kreditinstitute werden von der Rechtsprechung teils auf einen konkludent abgeschlossenen Aufklärungs- und Beratungsvertrag gestützt,27 im Schrifttum teils auf ein gesetzliches Schuldverhältnis, das auf dem Vertrauen beruht, welches der Kunde in das Kreditinstitut legt.28 Rechtskonstruktiv werden dann die Grundsätze zur c. i. c. zugrunde gelegt (§ 311 Abs. 2 BGB), die freilich nach wohl überwM bei Zustandekommen eines Vertrages durch diejenigen zur Schlechterfüllung ersetzt werden.29 Teils wird (oder wurde) hingegen – im Schrifttum – vom Bestehen eines sog. allgemeinen Bankvertrags ausgegangen, der als Rahmenvertrag unabhängig von einzelnen Bankgeschäften abgeschlossen werde.30 Der BGH will jedenfalls nicht aus dem bloßen Geschäftskontakt Rechtspflichten ableiten, die über bloße Schutzpflichten (auf das negative Interesse) hinausgehen, und daher ist insbesondere teils angezweifelt, wie weitgehend die AGB-Banken das Verhältnis regeln (vgl. Zweiter Teil Rn 1 und 289).

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25 Dazu unten 3. Entspr. spricht Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (4) von den Funktionen des Schadensausgleichs, der Schaffung von Anreizen, professionelle Standards zu beachten, und der Korrektur der Vertragseingehung. 26 Im ersten Punkt dezidiert ebenso, im zweiten tendenziell anders Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (4–6). 27 Insbes. im Wertpapierhandel: BGH Urt. v. 22.3.1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103 (106); BGH Urt. v. 4.3.1987 – IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 (118) = NJW 1987, 1815; BGH Urt. v. 16.10.1990 – XI ZR 165/88, NJW 1991, 352 (353); BGH Urt. v. 6.7.1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 (128) = NJW 1993, 2433; BGH Urt. v. 21.3.2006 – XI ZR 63/05, NJW 2006, 2041; BGH Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949 (1950) = WM 2011, 682 (Spread-Ladder Swap); BGH Urt. v. 1.7.2014 – XI ZR 247/12, NJW 2014, 3360. Ablehnend namentlich die große Studie von Heese Beratungspflichten, 135 ff. Zu den Kriterien für den Abschluss solch eines Vertrages unten Zweiter Teil Rn 28–38 und Teil 8 Rn 189–192 (§§ 63 f. WpHG) im Zusammenhang mit den Kriterien für das Bestehen einer Aufklärungs- und Warnpflicht generell. Beratungspflichten setzen unstr. eine Abrede voraus. 28 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1–35, 77 f., 100; BankR-HdB/Hopt/Roth § 1 Rn 49 (mwN); tendenziell auch BGH Urt. v. 22.2.1973 – VII ZR 119/71, BGHZ 60, 221 (223 f.); BGH Urt. v. 8.6.1978 – III ZR 48/76, BGHZ 71, 386 (393). 29 Vortmann Aufklärungspflichten Rn 32; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 13; Gernhuber Schuldverhältnis § 8 I 5. 30 Vor allem Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (10 f.); BankR-HdB/Hopt/Roth § 1 Rn 1–44; sowie etwa Rümker ZHR 151 (1987), 162 (165); ders. ZHR 147 (1983), 27 (29); Gaede Kreditauskünfte S. 33; dagegen offenbar dezidiert BGH (Fn 2), BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281 (ausführlicher); dazu u.a. Lang BKR 2003 227 („Das Aus für die Lehre“); differenzierter M. Roth WM 2003, 420; und in „Ankündigung“ der Entscheidung: Claussen FS Peltzer, 2001, S. 55.

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Das Bestehen insbesondere von Aufklärungs- und Beratungspflichten hängt – iE unstr. – nicht davon ab, ob ein wirksamer Vertrag für ein Einzelgeschäft zustandekam.31 Die Lehre vom gesetzlichen Schuldverhältnis hält dies allein bereits für ausschlaggebend, um die Lehre vom allgemeinen Bankvertrag zu verwerfen; dieser sei zudem bloße Fiktion. Die Fälle, in denen kein Vertrag für ein Einzelgeschäft zustandekommt, bilden jedoch die Ausnahme. Wird die Frage nach der Rechtsgrundlage vom Ausnahmefall her beantwortet, so werden damit die Aspekte verdeckt, die für tatsächlich umstrittene und zentrale Fragen wichtig sind. Aufklärungs- und Warnpflichten werden für die verschiedenen Bankgeschäfte unterschiedlich weitreichend angenommen; dies ist mit unterschiedlichem Vertrauen nicht zwingend zu erklären, allenfalls mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit des Vertrauens, für die jedoch auf die übernommenen vertraglichen Pflichten rekurriert werden muss. Das Ausmaß der Aufklärungs- und Warnpflichten wird also durch den jeweiligen Vertragstyp des Einzelgeschäfts und dessen Gegenstand vorgegeben:32 im Zahlungsverkehr vor allem die massenweise technische Abwicklung der Zahlung, im Kreditgeschäft ein Austauschvertrag, beim Wertpapierhandel die Entscheidung bzw. deren Vorbereitung über verschiedene Alternativen. Dass im letzten Bereich die Aufklärung ungleich intensiver erfolgen muss, leuchtet allein von den Vertragsgegenständen her ein. Ein Zweites: Zwar macht die Rechtsprechung das Bestehen von Aufklärungs- und Warnpflichten im Bankrecht zu Recht nicht davon abhängig, dass für sie eine Vergütung vereinbart wurde. Dass Aufklärungs- und Warnpflichten überhaupt in allen Bankgeschäften angenommen werden und jedenfalls für fehlerhafte Auskunft gehaftet wird (lange Zeit entgegen der gesetzlichen Regel, § 676 BGB aF), ist jedoch nur mit der grundsätzlichen Entgeltlichkeit des Bankgeschäfts zu erklären.33 Vergleichbares gilt etwa nicht für den (durchaus vertrauenserweckenden) unentgeltlichen Rechtsrat des Rechtswissenschaftlers im Freundeskreis. Erst der Rekurs auf die im Normalfall bestehende vertragliche Basis erklärt den Zuschnitt der Regeln zu Aufklärung und Warnung. 19 Geht man weiter und fragt nach der Grundlage aller Bankverhaltenspflichten, nicht nur bei Aufklärung und Warnung, so erscheint die Interessenwahrungspflicht stricto sensu zentral: Sie gebietet, Kundeninteressen unter Hintanstellung eigener Interessen zu verfolgen. Heute wird sie überwiegend (und im Einklang mit dem in diesem Bereich besonders entwickelten angloamerikanischen Recht) damit erklärt, dass der Verpflichtete Einwirkungsmacht auf vermögenswerte Positionen des Begünstigten habe.34 Diese Erklärung überzeugt, wenn man präzisiert, dass der Verpflichtete die Einwirkungsmacht erhalten haben muss, ohne selbst hierfür ein Investment, eine „Gegenleistung“, zu erbringen.35 Soweit dies der Fall ist, ist es unmittelbar einleuchtend, dass nicht die Interessen des Verpflichteten, sondern des Begünstigten, der diese Einwirkungsmacht einräumt, maßgeblich sein müssen. Von diesem Erklärungsansatz her ist es selbstverständlich unerheblich, ob der Vertrag für das Einzelgeschäft einmal unwirksam war; es kommt allein auf das Faktum der unentgeltlichen Einräumung von Einwirkungsmacht an. Unschwer zu erklären ist auch, dass Gegeninteressen immer dann zu berücksichtigen sind, wenn eigener Vermögenseinsatz gefordert würde: etwa, wenn die Information nicht bereits präsent ist, sondern eruiert werden müsste, oder wenn ein System der Massenabwicklung unbrauchbar ge-

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31 BGH Urt. v. 17.1.1995 – XI ZR 225/93, NJW 1995, 1152 (1153); Heinsius ZHR 145 (1981), 177 (183); Canaris Bankvertragsrecht Rn 78. 32 Unstreitig, statt aller Heese Beratungspflichten, 139. 33 Nachw. zur Rspr. und näher zu diesem Kriterium unten Zweiter Teil Rn 30 f. 34 Grundlegend Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 341–356; sodann (vor allem im Gesellschaftsrecht) etwa Dreher ZHR 157 (1993), 150 (154 f.); Schöne WM 1992, 209 (212); Timm WM 1991, 481 (482); Winter Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbHRecht, 1988, S. 16 f.; GroßkommAktG/Brändel, 4. Aufl. 2004, § 1 Rn 86; Wiedemann S. 432; auch BGH Urt. v. 5.6.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, 15 (19); BGH Urt. v. 1.2.1988 – II ZR 75/87, BGHZ 103, 184 (195) = NJW 1988, 1579; und schon RG Urt. v. 31.3.1931 – II 222/30, RGZ 132, 149 (163). 35 Grundmann Treuhandvertrag S. 169, 192–220.

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macht würde oder wenn das Kreditinstitut durch solch ein Verhalten den eigenen Goodwill beschädigen würde. Unschwer zu erklären ist zuletzt auch, dass je nach Bankgeschäftsbereich unterschiedlich weitgehend Einwirkungsmacht eingeräumt wird und daher die Aufklärungsund Warnpflicht unterschiedlich weit geht. Diese Erklärung trägt jedoch nicht nur die Regeln zu Aufklärungs- und Warnpflichten, sondern gleichermaßen zu Beratungspflichten, zum Umgang der Institute mit Entscheidungsmacht, die über bloße Einflussmacht hinausgeht, und auch zu den Verhaltens- und Geheimhaltungspflichten bei Erhalt von Informationen über den Kunden (unten Zweiter Teil Rn 73). b) Abgrenzung zu den Grundsätzen von Treu und Glauben und sonstigen Neben- 20 pflichten. Weitgehend unstr. ist in der Lit. und Rspr. zu den Treuepflichten, dass die Interessenwahrungspflicht stricto sensu von den sonstigen Rücksichtnahme- und Nebenpflichten abzugrenzen ist.36 Diese weiteren, auf § 242 BGB gestützten Pflichten zeichnen sich in der Rechtsfolge dadurch aus, dass die Interessen des Pflichtigen, hier der Kreditinstitute, nicht hintanzustellen, sondern durchaus in die Abwägung einzubeziehen sind, nur und allerdings in Abwägung mit den Interessen der Gegenpartei.37 Für die Abgrenzung beider Pflichtenarten im Tatbestand ist auf das genannte Kriterium zu rekurrieren und darauf abzustellen, ob die Nutzung von Einfluss-, Entscheidungs- oder Informationspositionen in Frage steht, die unentgeltlich eingeräumt wurden, oder ob dies nicht der Fall ist.38 3. Überblick über die Verstoßfolgen. Die Verstoßfolgen regelt Nr. 3 AGB-Banken und 21 praktisch inhaltsgleich Nr. 19 AGB-Sparkassen allgemein für alle Bankverhaltenspflichten und weitestgehend in Übereinstimmung mit dem dispositiven Recht. Die AGB regeln allein die Schadensersatzhaftung, die im Vordergrund steht. Eine Klagbarkeit der Verhaltenspflicht selbst wird zunehmend im Grundsatz bejaht, es sei denn, dadurch würde eingegriffen in die unternehmerische Freiheit des Pflichtigen, zwischen verschiedenen Alternativen der Pflichterfüllung zu wählen (etwa der vorbereitenden Informationsbeschaffung oder der internen Kontrollgestaltung).39 Andernfalls ist eine Behandlung der Verhaltenspflichten abweichend vom üblichen Standard in der Tat nicht zu rechtfertigen; freilich hat die Frage kaum Bedeutung, da der Verstoß regelmäßig erst ex post festgestellt wird. Diskutiert wird die Schadensersatzhaftung regelmäßig für die Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten, denen in der Tat Leitbildcharakter zukommt. Die vor allem für diese Pflichten entwickelten Grundsätze gelten auch für sonstige Bankverhaltenspflichten,40 freilich stellen sich wichtige Fragen nicht (oder jedenfalls weniger häufig): etwa nicht die, ob bei korrektem Verhalten der Schaden ausgeblieben wäre, weil der Kunde nicht die schädigende Entscheidung getroffen hätte; auch nicht die, ob Vertragsauflösung als Form des Schadensersatzes in Betracht kommt. In der Tat ist bei Verletzung von Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten vor allem zweierlei Schadensersatz möglich (unten Zwei-

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36 Grundlegend Hueck Der Treuegedanke im modernen Privatrecht, 1947, S. 12, 15–19; Lutter AcP 180 (1980), 84 (103–105 und 122); Mestmäcker Verwaltung, Konzerngewalt und Rechte der Aktionäre – eine rechtsvergleichende Untersuchung nach deutschem Aktienrecht und dem Recht der Corporations in den Vereinigten Staaten, 1958, S. 214 f.; Grundmann Treuhandvertrag S. 148; heute (eigennützige und fremdnützige Befugnisse): Schmidt/Lutter/ Fleischer AktG, § 53a Rn 55; Grundmann bzw. Henze/Notz in GroßKommAktG4 § 136 Rn 52 bzw. Anh § 53a Rn 53 f; Windbichler Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017, § 30 Rn 33–36. 37 Unstr., statt aller MünchKommBGB/Schubert § 242 Rn 50; Palandt/Grüneberg § 242 Rn 8, 67 (Bankgarantie); Soergel/Teichmann § 242 Rn 140; ausführlicher im Gesamtgefüge der „Treupflichten“: Grundmann Treuhandvertrag S. 148–152 und 157 (mwN. Fn 120); vgl. auch Nachw. vorige Fn. 38 Näher zu dieser Abgrenzung Grundmann Treuhandvertrag S. 212–220 et passim. 39 Breidenbach Informationspflichten S. 2; aA BankR-HdB/Siol § 43 Rn 4; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 9; allgemein zu der beschriebenen Tendenz bei Verhaltenspflichten: Soergel/Teichmann § 242 Rn 173, 189; Medicus/ Petersen Rn 208; Stürner JZ 1976, 384 (388–391); auch Motzer JZ 1983, 884 (886 f.). 40 Vgl. daher näher unten Zweiter Teil Rn 42–51.

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ter Teil Rn 47 f.): Ersatz des Integritätsinteresses (negativen Interesses) und Auflösung eines ungünstigen Vertrages, den der Kunde mit dem Kreditinstitut abschloss (§ 249 BGB). Im Bereich der Bankverhaltenspflichten ist neben Schadensersatzansprüchen vor allem die 22 Möglichkeit der Gewinnauskehrung und von Präventionsregeln zu bedenken. Wird Entscheidungs- oder Einflussmacht, die im Fremdinteresse eingeräumt wurde, im Eigeninteresse genutzt, so besteht ein Anspruch auf Abführung des Gewinns (§§ 667, 681 S. 2, 687 Abs. 2 BGB).41 Gleiches gilt bei Nutzung von Informationspositionen, die dem Pflichtigen eingeräumt wurden (unten Achter Teil Rn 146–155), was freilich bei den Geschäftsgeheimnissen und -chancen außerhalb des Bankrechts eine ungleich größere praktische Bedeutung hat. Dort, wo diese Verhaltensweisen im Bankgeschäft am wichtigsten sind, für den Wertpapierhandel, sind sie spezialgesetzlich geregelt (§§ 63 ff. WpHG, vgl. dort). So verbot § 32 Abs. 1 Nr. 2 WpHG a.F. die Nutzung von Einflussmacht im Eigeninteresse, § 32 Abs. 1 Nr. 3 WpHG a.F. (jeweils idF des FRUG von 2007) diejenige von Informationspositionen, und beide Gehalte sind unstreitig in § 63 Abs. 1 und 2 WpHG n.F. weiter enthalten. Präventionsregeln sollen den Interessenkonflikt ausräumen, bevor es zum rechtswidrigen 23 Handeln im Eigeninteresse kommen kann. Zentrale Instrumente sind das Wettbewerbsverbot und alle Mittel, die nach §§ 63 Abs. 2, 80 Abs. 1 Nr. 1, aber auch 70 Abs. 1 WpHG zu ergreifen sind (vgl. dort, im Achten Teil). Hierzu zählt – typischer Weise nachrangig – auch die Aufklärung über den Interessenkonflikt, damit der Kunde selbst Schutzmaßnahmen ergreifen kann. Außerhalb des Wertpapierhandels fehlen im Bankgeschäft – sieht man von Organisationspflichten nach dem KWG ab – früher eingreifende Präventionsregeln. Die Organisationspflichten nach dem KWG (einschließlich derer zur Entgeltung) sind freilich im Gefolge der Umsetzung von CRD IV erheblich angewachsen und überformen tiefgreifend die jeweilige privatrechtliche Rechtslage (vgl. oben Erster Teil Rn 31–38). II. Aufklärung, Warnung und Beratung – Allgemeine Grundsätze 1. Verhältnis der drei Teilpflichten zueinander. 24

a) Grundsätzlich einheitliche Behandlung. Aufklärung, Warnung und Beratung werden zu Recht als Ausprägungen einer gemeinsamen Pflicht gesehen.42 Das Element der Warnung ist jeder Aufklärung inhärent; und auch für die Aufklärung ist zu fragen, ob sie nur für die Transaktion oder andauernd zu geben ist. Beratung geht zwar insofern weiter, als auch ein Lösungsvorschlag gegeben wird, doch legt eine Aufklärung über die wesentlichen Punkte zugleich auch eine Lösung nahe. Beratung kann auch weniger weit gehen, da die Fakten nicht notwendig aufgedeckt, sondern evtl. nur im Rat verarbeitet sind. Handeln im Interesse des Kunden (ohne dass der Kunde überhaupt zur konkreten Transaktion entscheidet) und Aufklärung über alle wesentlichen Punkte, um eine informierte und autonome Kundenentscheidung zu ermöglichen, bilden also die Eckpunkte; die Beratung liegt dazwischen, da dem Kunden (nur) Entscheidungselemente abgenommen werden, kann jedoch auch vollständige Aufklärung umfassen.43 Da im auftragsrechtlichen Modell der tatsächliche (geäußerte) Wille des Kunden vor dem mutmaßlichen bzw.

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41 Palandt/Sprau § 687 Rn 3; aA MünchKommBGB/Seiler § 687 Rn 15, 28. 42 Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (3); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 9, 15; Schupeta Aufklärungspflichten S. 18; aus jüngerer Zeit sehr grundsätzlich Hadding FS Schimansky, 1999, S. 67 (bes. S. 76 f.); sowie Buck-Heeb BKR 2015, 177; dies. BKR 2014, 221; Dörr MDR 2014, 571; Junglas NJOZ 2013, 49; Pielsticker BKR 2013, 368; für Trennung jedenfalls zur Stoffordnung Horn ZBB 1997, 139 (140). 43 Krit. zur Abgrenzung Cahn ZHR 162 (1998), 1 (36–38); vgl. auch Breidenbach Informationspflichten S. 88 (Beratung als besonders intensive Aufklärung); § 64 Abs. 3 WpHG verlangt freilich das Verständnis des Kunden für die konkrete Transaktion, vgl. dort. Auf die besondere Relevanz der Abgrenzung vor allem im Rahmen von § 31 WpHG a.F. (= 63 ff. WpHG n.F.) weist Hadding FS Schimansky, 1999, S. 67 (70–72) hin.

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seinem Interesse maßgeblich ist,44 ist, wenn diese Abfolge nicht illusorisch sein soll, die Beratung ohne Aufklärung der Bank nur gestattet, wenn der Kunde nicht privatautonom entscheiden kann oder will. Das Wertpapierhandelsrecht nach dem FRUG hat diesen Gedanken noch geschärft (vgl. näher Achter Teil Rn 193–197). Die oben erörterte gemeinsame Grundlage aller Bankverhaltenspflichten – Interessenwahrungspflicht bei unentgeltlich übertragener Einflussoder Informationsmacht, ansonsten Bemühenspflichten im Rahmen der Markterwartungen – gilt für Aufklärung, Warnung und Beratung gleichermaßen. b) Unterschiede. Sind alle drei Teilpflichten im Grundsatz gleich zu behandeln, so gilt dies 25 nicht in der Frage, wann eine Pflicht zum Handeln besteht: Die Pflicht zu beraten setzt eine vertragliche Abrede voraus, sogar beim Wertpapierhandel, wo die Aufklärungspflichten weiter gehen, gesetzlich geregelt sind (§§ 63 ff. WpHG) und (großteils) als unabdingbar anzusehen sind.45 Denn ob das Institut die wesentlichen Punkte aufdeckt oder nicht, ist dem Kunden nicht erkennbar, so dass durch Unterlassen der Aufklärung Einwirkungsmacht ausgeübt wird. Hingegen wird es deutlich, wenn das Institut keinen Rat abgibt. Mangels Einwirkungsmacht ist das Institut hier nur verpflichtet, wenn es dies vereinbart. Die Frage, ob eine Pflicht zum Handeln besteht, ist daher nur bei Aufklärung und Warnung komplex und schwierig (unten Zweiter Teil Rn 28–38). 2. Wahrheitspflicht beim Informieren und Pflicht zu informieren. Für alle drei Teil- 26 pflichten ist die Wahrheitspflicht von der Pflicht zu handeln zu unterscheiden. Die Wahrheitspflicht gilt, wenn Informationen oder Ratschläge gegeben werden und sei es auch freiwillig, uneingeschränkt. Präsentes Wissen muss zutreffend weitergegeben werden.46 Dazu gehört auch, dass es so vollständig aufgedeckt wird, dass nicht die gegebene Information in ihrer Beschränktheit irreführend wirkt („halbe Wahrheit“ auch fehlerhaft).47 Fehlt präsentes Wissen, vielleicht auch nur teils, so ist dies zu offenbaren; verletzt wird die Wahrheitspflicht also auch, wenn „ins Blaue“ geredet wird.48 Allerdings ist die Frage, wann davon auszugehen ist, dass die Bank „ins Blaue“ redet, insbesondere wie viel Information sie zu erheben hat, um zu erkennen, dass sie möglicherweise lückenhaft informiert, parallel zu beantworten zu der, ob sie Information erheben muss, um eine Pflicht zu informieren zu erfüllen. Entsprechend muss gegebener Rat auf einer Basis ergehen, die in diesem Sinne als wahr, nicht nur halbwahr einzustufen ist, wobei zudem der Schluss aus den Tatsachen fachgerecht sein muss. Nicht uneingeschränkt gilt hingegen die Pflicht zu informieren oder zu warnen. Die 27 Pflicht zu beraten setzt nach dem Gesagten ohnehin eine Abrede voraus.

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44 Vgl. nur BGH Urt. v. 2.4.1998 – III ZR 251/96 – BGHZ 138, 281; LG Köln Urt. v. 6.3.2014 – 88 O 65/13 – BeckRS 2014, 15194; LG Nürnberg-Fürth Urt. v. 30.11.2017 – 2 O 2893/17 – NJW-RR 2018, 477; MünchKommBGB/Schäfer § 683 Rn 14 f.; Palandt/Sprau § 683 Rn 5 f. 45 Lang WM-Sonderbeil. 9/1988, S. 18; BankR-HdB/Siol § 44 Rn 3. Zur Frage nach dem zwingenden Charakter der Hauptstandards in §§ 63 ff. WpHG vgl. unten Achter Teil Rn 134–143. 46 BGH Urt. v. 18.10.2016 – XI ZR 145/14, WM 2016, 2384 (2388, bezogen auf sittenwidrige Überteuerung); BGH Urt. v. 23.4.2013 – XI ZR 405/11, BKR 2013, 280 (280); BGH Urt. v. 17.7.2012 – XI ZR 198/11, NJW 2012, 3294 (3294 f.); BGH Urt. v. 5.6.2012 – XI ZR 175/11, WM 2012, 1389 (1391); BGH Urt. v. 3.6.2008 – XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 (1347 f.); Saarl. OLG Urt. v. 20.2.2014 – 4 U 20/13, BauR 2014, 1050 (nur red. Leitsatz) juris Rn 28 f. 47 RG Urt. v. 18.10.1917 – Rep. VI 255/17, RGZ 91, 80 (82); BGH (Fn 27), BGHZ 74, 103 (110); BGH Urt. v. 29.4.2008 – XI ZR 221/07, ZIP 2008, 1421 (1422) = Anm. Maier EWiR 2008, 453 f.; Breidenbach Informationspflichten S. 80 f.; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 14; Canaris Bankvertragsrecht Rn 101. 48 BGH Urt. v. 17.9.1985 – VI ZR 73/84, NJW 1986, 180 (181); BGH Urt. v. 18.3.1981 – VIII ZR 44/80, NJW 1981, 1441 (1442); BGH Urt. v. 12.7.1966 – VI ZR 1/65, VersR 1966, 1034 (1035); BGH Urt. v. 13.7.1956 – VI ZR 132/55, NJW 1956, 1595; BGH Urt. v. 6.11.2007 – XI ZR 322/03, NJW 2008, 644 (648); BGH Urt. v. 5.7.2011 – XI ZR 306/10, ZIP 2011, 2001 (2002); Buck-Heeb BKR 2010, 1 (3); Horn ZBB 1997, 139 (145); grundsätzlich auch Schutz Dritter, die Auskunft vermittelt erhalten: BGH Urt. v. 7.7.1998 – XI ZR 375/97, WM 1998, 1771; ausführlich Musielak WM 1999, 1593; jedoch grundsätzlich keine Korrekturpflicht auf Grund späterer Änderungen.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

3. Hauptkriterien für das Bestehen einer Pflicht zu informieren. a) Bewegliches System oder Tatbestand? Bisher konnten sich Rechtsprechung und Literatur nicht auf einen Tatbestand einigen, nach dem zu entscheiden ist, ob Aufklärung bzw. Warnung geschuldet ist. Die Literatur plädiert, soweit sie die Frage erörtert, für topisches Vorgehen oder – iE regelmäßig gleich – für die Anwendung einiger Zentralkriterien als Elemente eines beweglichen Systems. Kein Zentralkriterium wäre danach unverzichtbar, jedenfalls nicht bei entsprechend starker Ausprägung der anderen.49 Die Rechtsprechung betont, dass alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen seien.50 Daher wird zweistufig vorgegangen: Zunächst werden die Zentralkriterien einzeln ermittelt und bewertet, um dann aus einer Gesamtgewichtung den Schluss zu ziehen. Aus dem Folgenden ergibt sich demgegenüber – tatbestandlich konkretisiert –, dass bei 29 erkennbarem Auskunftsbedürfnis (unten Zweiter Teil Rn 32) die Pflicht zu informieren zu bejahen ist, wenn das Institut entweder über präsentes Wissen in der maßgeblichen Frage verfügt, das auch offenbart werden darf, oder wenn der Auskunftsgegenstand einer ist, zu dem Kreditinstitute nach objektivem Empfängerhorizont routinemäßig über (branchenspezifische) Expertise verfügen (unten Zweiter Teil Rn 33–35). Durch Absprache oder konkludentes Verhalten kann das Institut zusätzliche Expertise zusagen, aber auch Vorbehalte machen (unten Zweiter Teil Rn 31).

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b) Die Bedeutung von Entgeltlichkeit, Rollenerwartung und Absprache. Die Rechtsprechung macht Aufklärungs- und Warnpflichten im Bankrecht nicht davon abhängig, dass für das konkrete Geschäft eine Vergütung vereinbart ist.51 IE ist dies richtig, jedoch nur deswegen, weil Kreditinstitute auch entgeltlich leisten, wenn sie für die konkrete Einzelleistung kein Entgelt fordern. Es wird also gerade nicht das Haftungsregime angewandt, das für unentgeltlichen Rat gilt und das den durchaus richtigen Kern von § 676 BGB aF bildete, nach dem für Rat keine Haftung übernommen wurde: Wer entgeltlich Auskunft gibt, sagt demjenigen Haftung zu, der dafür zahlt52 – stets für die Richtigkeit und im Maße der Zusage, wie sie sich nach objektivem Empfängerhorizont darstellt (also im Rahmen der übernommenen Rolle), auch für Nichterteilung von Auskunft und Rat. Danach ist Grundlage für die Aufklärungspflicht im allgemeinen BankKunden-Verhältnis die vom Institut bewusst beförderte Rollenerwartung, dass das Institut professionell, mit der notwendigen bankwirtschaftlichen Expertise die Auskunft gibt, die angesichts der grundsätzlichen Entgeltlichkeit der Beziehung (abgestuft) für das jeweilige Bankgeschäft zu erwarten ist.53

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49 Breidenbach Informationspflichten S. 61 f. (allerdings nur, wenn zumindest gewisses Aufklärungsbedürfnis); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (37 f. und 65); Hopt Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S. 413–430. 50 Etwa BGH Urt. v. 31.3.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901 (902); BGH Urt. v. 23.1. 1991 – VIII ZR 42/90, WM 1991, 897 (898); BGH Urt. v. 26.6.2012 – XI ZR 316/11, ZIP 2012, 1650 (1651); BGH Urt. v. 27.9.2011 – XI ZR 178/10, ZIP 2011, 2246 (2247); BGH Urt. v. 14.7.2009 – XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 = BB 2009, 1996 (1999); BGH Urt. v. 6.5.2008 – XI ZR 56/07, WM 2008, 1252 (1253); Spindler NJW 2011, 1920 (1921 f.); Bülow NJ 2010, 221 (229); Buck-Heeb BKR 2010, 1 (4 und 6); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 37. 51 BGH Urt. v. 2.2.1983 – IVa ZR 118/81, NJW 1983, 1730 (1731); BGH (Fn 27), BGHZ 100, 117 (119) = NJW 1987, 1815; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 38. 52 Teils wird dabei das Element der Zahlungsentgegennahme durch den Auskunftgebenden noch stärker betont: Köndgen Selbstbindung ohne Vertrag – zur Haftung aus geschäftsbezogenem Handeln, 1981, S. 275–277 („Am Markt wird nichts verschenkt“), 359 f. et passim; ders. AG 1983, 85 (95 f.). Schon für § 676 BGB: Mugdan Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. II, 1899, Protokolle S. 310, Mot. S. 555; in der Rspr.: BGH (Fn 27), BGHZ 74, 103 (106 f.) („Provisionsinteresse“); auch Grundmann Treuhandvertrag S. 503 f. (mwN). 53 Grundlegend Hopt Nichtvertragliche Haftung außerhalb von Schadens- und Bereicherungsausgleich – zur Theorie und Dogmatik des Berufsrechts und der Berufshaftung, AcP 183 (1983) 608 (662 et passim); dann vor allem Berger ZBB 2001, 238 (243–246).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Durch Absprache können unstr. intensivere Aufklärungs- und Warnpflichten übernom- 31 men werden, als nach der Rolle der Kreditinstitute im Verkehr üblich.54 So kann vor allem andauernde Aufklärung – auch nach Ende des eigentlichen Aufklärungsgesprächs – zugesagt werden, jedoch auch intensivere Aufklärung, etwa solche über Fragen der Verwendung einer Darlehensvaluta, etwa im Ausland. Umgekehrt hat die gänzliche Abbedingung von Aufklärungs- und Beratungspflichten die Diskussion um §§ 63 f. WpHG (§ 31 WpHG a.F.) beherrscht (Discount Banking) und ist durch das FRUG deutlich klarer definiert worden (vgl. dort), während Nr. 3 AGB-Banken und Nr. 19 AGB-Sparkassen solch einen Ausschluss nicht mehr enthalten. Ergebnis der Entwicklung im Wertpapierhandelsrecht ist, dass vertragliche Vorbehalte in Einzelpunkten sogar in diesem besonders strengen Regime zugelassen werden, etwa der (auch konkludente) Hinweis, dass ein bestimmtes Finanzprodukt nicht ins Angebot des Instituts aufgenommen wurde und daher Aufklärung hierzu nicht zugesagt werde.55 Entsprechendes gilt für andere Bankgeschäfte.56 c) Auskunftsbedürfnis. Ist dem Institut kein Auskunftsbedürfnis des Kunden erkennbar, 32 besteht keine Auskunftspflicht57 – so wenn dieser bereits Kenntnis hat, jedoch auch bei Punkten, über die er sich ähnlich leicht oder gar besser Kenntnis verschaffen kann als das Institut.58 Anlass, dem Kunden die Verantwortung für die eigene Information abzunehmen, besteht also nur, wenn das Institut ungleich besseren Zugang zur Information hat, d.h. in Bereichen spezifischer Bankexpertise. Anders ist dies nur, wenn der Kunde zwar die Information auch eruieren könnte, hierzu jedoch keinen Anlass hat, etwa weil er keinen Verdacht hat, dass ein Transaktionspartner überschuldet ist. Auch in diesem Fall befindet sich das Institut in einer überlegenen Informationsposition, hier nun freilich nicht auf Grund überlegener Expertise, sondern durch (auch zufällig) bestehendes präsentes Wissen, das der anderen Seite (erkennbar) fehlt. d) Auskunftsfähigkeit bzw. -zusage (mit Kenntniszurechnung). Auskunftsfähig ist das 33 Institut (bei bestehendem Auskunftsbedürfnis, vorige Rn), wenn es das Wissen bereits präsent hat,59 und ihm dieses zudem wohlfeil ist. Soll das Kriterium eigenständige Bedeutung neben der Auskunftszusage durch Rollenübernahme haben (dazu sogleich), so ist die Auskunftspflicht hier deswegen und nur soweit zu bejahen, als das Institut kein Interesse an Zurückhaltung hat. Solch ein Gegeninteresse kann auch in gegenläufigen Erwerbsinteressen liegen. So muss das Institut präsentes Wissen über Konkurrenzpreise nicht schon deswegen offenbaren, weil es dieses Wissen präsent hat.60 Für eine Offenbarungspflicht (auch) in diesem Fall sind vielmehr weitere Argumente bzw. Wertungen nötig. Problematisch sind in diesem Zusammenhang zwei Fragen. Ist Wissen an irgendeiner Stel- 34 le im Institut vorhanden, nicht jedoch beim handelnden Angestellten, so wird überwiegend

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54 Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (24 f.); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (57). 55 Nachw. unten Achter Teil Rn 142. 56 Für das Kreditgeschäft: BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (902); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (25). 57 BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (903 f.); Breidenbach Informationspflichten S. 62–70; Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (7 und 23 f.); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (38); BankR-HdB/Siol § 43 Rn 19. 58 BGH Urt. v. 22.6.2004 – XI ZR 90/03, NJW-RR 2004, 1637 (1638); BGH Urt. v. 6.4.1981 – II ZR 84/80, NJW 1981, 1440 (1441); BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (903 f.); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (12); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (38); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 2, 5; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 19; anders offenbar Breidenbach Informationspflichten S. 71. 59 BGH (Fn 47), ZIP 2008, 1421 (1422) = Anm. Maier EWiR 2008, 453 f.; BGH Urt. v. 27.1.2004 – XI ZR 37/03, NJW 2004, 1376 (1378); BGH Urt. v. 18.3.2003 – XI ZR 188/02, NJW 2003, 2088 (2090); ausführlich zum präsenten Wissen: Breidenbach Informationspflichten S. 70–72. 60 BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (903); BankR-HdB/Siol § 43 Rn 28. Zur Frage, ob entgeltlich erworbene Information unentgeltlich weiterzugeben ist: BGH Urt. v. 29.1.1993 – V ZR 227/91, NJW 1993, 1643 (1644).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

und zu Recht eine Wissenszurechnung nur in Grenzen bejaht.61 Andernfalls träfen das Institut erhebliche Organisationsaufwendungen; diese begründen durchaus ein Gegeninteresse des Instituts. Hingegen kann ohne große Kosten verbürgt und daher auch erwartet werden, dass innerhalb des Instituts Wissen aus erkennbar zusammenhängenden Transaktionen bei der konkreten Verhandlung vorliegt.62 Strittig ist sodann die Behandlung von Informationen über andere Kunden, die dem Bankgeheimnis unterliegen: Regelmäßig geht es um die Information, dass der andere Kunde vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch steht. Nach hM sind die gegenläufigen Interessen an Achtung des Bankgeheimnisses und an Aufklärung abzuwägen.63 Das bedeutet (wie im Fall Kirch/Deutsche Bank), dass auch unter Berufung auf die Meinungsfreiheit nachweislich wahre Tatsachen grds. nicht offenbart werden dürfen, wenn die Insolvenz noch nicht unmittelbar bevorsteht (Nachw. vorige Fn). Die hM ist auch zwingend, da das Institut gegenüber beiden Seiten Sorgfalts- bzw. Interessenwahrungspfichten unterworfen ist und sich auf Grund dieser in einem unauflösbaren Pflichtenkonflikt befindet, der beiden Kunden auch abstrakt als Möglichkeit bekannt ist. IE wird eine Warnpflicht daher zurecht (erst) bejaht, wenn der Zusammenbruch unabwendbar erscheint, nicht schon bei noch andauernden, nicht gänzlich unrealistischen Sanierungsbemühungen.64 Eine Abwägung ist vor allem angezeigt, wenn das Bankgeheimnis weiter ausgedehnt wird, als es sich aus dem unmittelbaren Verhältnis beider Kunden zueinander ergäbe. Denn dann bestehen Drittinteressen, die bei der Bestimmung des Bankgeheimnisses unberücksichtigt blieben. Wird hingegen, wie vorliegend, eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses stets, jedoch auch nur angenommen, wenn der aufklärungsberechtigte Kunde gegenüber dem Geheimnisbegünstigten einen Anspruch auf Offenbarung hat, so ist diese Abgrenzung auch für die vorliegende Frage maßgeblich.65 Dann ist ein wichtiger Fall, in dem die Abwägung auch erfahrungsgemäß schwierig ist, durch die Abwägung der Interessen unmittelbar im Verhältnis der Betroffenen zueinander zu lösen.

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61 BGH (Fn 48), ZIP 2011, 2001 (2003); BGH Urt. v. 2.2.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30 (32 und 38 f.); Schäfer WM 2012, 1022 (1023); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (21 f.); aA Canaris Bankvertragsrecht Rn 106 (keine Privilegierung von Großunternehmen, so kaum haltbar). Dies ergibt sich auch daraus, dass das sog. interne Bankgeheimnis eine Weitergabe innerhalb des Instituts nur im erforderlichen Umfang zulässt – auch dies aus gutem Grunde, um Verstößen gegen das Bankgeheimnis vorzubeugen, d.h. ihre Wahrscheinlichkeit weiter zurückzudrängen; vgl. unten Zweiter Teil Rn 76. Für eine Zurechnung des Abteilungswissens: BGH Urt. v. 15.4.1997 – XI ZR 105/96, BGHZ 135, 202 (Rn 21); BGH Urt. v. 31.1.1996 – VIII ZR 297/94, NJW 1996, 1205 (1206); BankR-Hdb/Nobbe § 61 Rn 249. 62 BGH Urt. v. 1.6.1989 – III ZR 261/87, NJW 1989, 2879 (2880 f.); BGH (Fn 50), WM 2008, 1252 (1253) = Anm. Siol WuB I D 1. – 6.08; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 133; auch BGH (Fn 61), BGHZ 132, 30 (34 ff.) (Anhaltspunkt nötig). BGH Urt. v. 18.1.2005 – XI ZR 201/03, NJW-RR 2005, 634 (635); auch hat derselbe Filialleiter einmal präsentes, relevantes Wissen wieder präsent zu haben. 63 BGH Urt. v. 28.2.1989 – XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104 (109) = NJW 1989, 1601; BGH Urt. v. 27.11.1990 – XI ZR 308/ 89, WM 1991, 85 (86) = NJW 1991, 693 (694); BGH Urt. v. 24.1.2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.) (Kirch/Deutsche Bank); Anm. etwa BKR 2006, 103 (Cosack/Enders); JZ 2006, 741 (Spindler); WuB I B 2. – 3.06 (Segna); Phi 2006, 110 (Sieg/Schramm); DB 2006, 598 (N. Fischer); Vorinstanz OLG München Urt. v. 10.12.2003 – 21 U 2392/02, WM 2004, 74; grds. Petersen NJW 2003, 1570; ders. BKR 2004, 47; ausf. Wech Bankgeheimnis S. 173– 190; dann (zum Schaden selbst) OLG München Urt. v. 14.12.2012 – 5 U 2472/09, WM 2013, 795 (798) (Kirch/Deutsche Bank); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (17); Horn ZBB 1997, 139 (140); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 35. Für die Behandlung des Konflikts zwischen Insiderverboten und Aufklärungspflicht unten Sechster Teil Rn 393–394. 64 Für das Erste BGH (Fn 58), NJW-RR 2004, 1637 f.; BGH Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 89/76, NJW 1978, 1852 (1853); BGH Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 283/85, NJW 1987, 317 (318); BGH (Fn 63), NJW 1991, 693 (694); BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.), OLG München (Fn 63), WM 2013, 795 (798) (Kirch); und weitere Nachw. vorige Fn; Breidenbach Informationspflichten S. 77. Für das Zweite Vortmann Aufklärungspflichten Rn 523; BankR-HdB/ Siol § 44 Rn 82 Bei bevorstehendem Zusammenbruch muss nur die Schädigungsgefahr bekannt sein, nicht hingegen muss sicher sein, dass ein Schaden eintreten wird; BGH (diese Fn), NJW 1987, 317 (318). 65 Zu dieser Auslegung des Bankgeheimnisses unten Zweiter Teil Rn 115–121.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Auskunft sagen die Institute zu, auch wenn sie Wissen nicht präsent haben, indem und 35 soweit sie willentlich eine bestimmte Rolle (Funktion) im Verkehr übernehmen66 – natürlich aus Erwerbsinteressen. Expertise, die in dieser Rolle erwartet wird, ist konkludent zugesagt – jedoch nur diese. Solche Expertise wird zunächst zum Bankprodukt selbst erwartet, vor allem zu Gefahren bei der Abwicklung und zu Vor- und Nachteilen verschiedener Alternativen.67 Werden jedoch die Gefahren von außen an das System herangetragen, ist zu fordern, dass sie typischerweise auftreten. So ist über die Gefahren einer Akkreditiveröffnung im Ausland zu unterrichten, dessen Recht dem Rechtsmissbrauch durch den Begünstigten meist weniger weitreichend vorbaut als deutsches Recht.68 Gleiches gilt, wenn die Frage schon die Motivation des Kunden betrifft, etwa die Verwendung der Valuta: Auch hier ist Auskunft (außer bei präsentem Wissen) nur in dem Ausnahmefall geschuldet, dass Gefahren typischerweise auftreten, dies für das Institut ungleich klarer erkennbar ist (der Kunde wird überrascht) und das Wissen routinemäßig und pauschal erworben werden kann (nicht für jeden Fall neu). So wurden Warnpflichten über typische Gefahren ausländischen und auch inländischen Rechts bejaht, vor allem bei Devisenbeschränkungen.69 e) Bloßer Hilfscharakter sonstiger Kriterien. Sonstige Kriterien, die erwogen werden, ha- 36 ben Hilfscharakter: Präsentes Wissen ist zu verneinen, wenn nicht zumindest die Informationsermittlung praktisch kostenfrei möglich ist; freilich spricht dies in Bereichen spezifischer Bankexpertise nicht dagegen, dass Aufklärung durch Rollenübernahme zugesagt ist, dies mit dem Kostenaufwand, der nach objektivem Empfängerhorizont erwartet werden kann.70 Enge Zusammenarbeit mit dem Institut (Hausbank) ändert nichts an der Frage, in welchen Bereichen Bankexpertise zu erwarten ist; freilich mag durch Übung eine erweiternde Absprache getroffen worden sein; und das Institut mag mehr präsentes und relevantes Wissen über den Kunden haben, auf dessen Grundlage es über Warnung und Aufklärung zu entscheiden hat.71 f) Ausnahmecharakter der Pflicht zu informieren – Unterschiede je nach Geschäft. Die 37 Pflicht zu informieren besteht nur ausnahmsweise; hierüber darf die Vielzahl der Fälle, in denen eine Aufklärungs- oder Warnpflicht angenommen wurde, nicht hinwegtäuschen.72 Durch Bejahung solch einer Pflicht darf insbesondere das Risiko einer Kundenentscheidung, etwa das Anlagerisiko, nicht auf das Institut übergewälzt werden. Der Ausnahmecharakter der Pflicht ergibt sich aus den erörterten Kriterien, vor allem jedoch aus der Grundüberlegung, dass die Informierung grundsätzlich jeder Partei obliegt und ein Übergang der Informierungslast auf das Institut

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66 BGH Urt. v. 21.1.1988 – III ZR 179/86, NJW 1988, 1583 (1584); BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (904); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (11 f.); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (38 f.); zu diesem Kriterium ausführlicher Breidenbach Informationspflichten S. 36–40; Jost Auskunftshaftung S. 237–253. 67 Vgl. etwa für verschiedene Varianten des Lastschriftverfahrens unten Dritter Teil Rn 40 ff., für verschiedene Kreditformen BGH Urt. v. 9. 3. 1989 – III ZR 269/87, NJW 1989, 1667 (1668); BGH Urt. v. 3.4.1990 – XI ZR 261/89, NJW 1990, 1844 (1845); BGH Urt. v. 4.12.1990 – XI ZR 340/89, NJW 1991, 832 (834); BGH Urt. v. 20.5.2003 – XI ZR 248/02, WM 2003, 1370 (1373), dazu Hofmann WM 2006, 1847; näher unten Zweiter Teil Rn 63 und 64. Selbstverständlich ist dies bei verschiedenen Varianten einer Kapitalanlage. Zur Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um ein Massengeschäft handelt: Hölscheid ÖBA 1993, 202 (203); Horn ZBB 1997, 139 (146); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (49 f.); Wand WM 1994, 8 (10); Breidenbach Informationspflichten S. 77. 68 Ausführlicher Grundmann Treuhandvertrag S. 357–361. 69 BGH Urt. v. 31.1.1957 – II ZR 41/56, BGHZ 23, 222 (227); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (50); ähnliche Beispiele bei BankR-HdB/Siol § 43 Rn 33. 70 Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (26 f.); Fassbender Aufklärungspflichten S. 268; Fallmaterial zur Spezifizierung etwa bei Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (58–60). 71 Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (25 f.); Breidenbach Informationspflichten S. 52–56; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 20; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 32; Wellkamp VuR 1994, 61 (66). 72 Plastisch Schimansky Bankrechtstag 1992, 67 (67–69); zunehmend unstr., etwa Kirchhartz in Claussen Bankund Börsenrecht § 3 Rn 48; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 18 f.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

nur bei erheblich ungleichem Informationszugang bzw. bei Übernahme des Fremdgeschäftes in Betracht kommt. Unterschiedlich weit gehen die Pflichten je nach Geschäft (im Einzelnen unten Zweiter Teil 38 Rn 53–68).73 Dies ergibt sich im Grundsatz bereits aus der unterschiedlichen Pflichtenstruktur der Geschäfte selbst: Kreditverträge sind Austauschverträge; Fremdgeschäftsführung mit entsprechenden Auskunftspflichten ist nicht geschuldet, so dass sich Aufklärungspflichten nur auf der Grundlage von § 242 BGB ergeben. Im Zahlungsverkehr wird zwar Fremdgeschäftsführung geschuldet, doch erfolgt sie massenweise, meist automatisiert, und betrifft regelmäßig nur die Durchführung einer Zahlungsentscheidung. Im Anlagegeschäft ist hingegen Fremdgeschäftsführung geschuldet und betrifft diese schon die Anlageentscheidung selbst. Dadurch erklärt sich die ungleich höhere Informationsdichte, die in diesem Geschäft geschuldet ist (vgl. näher insbes. Achter Teil Rn 185–213). 4. Entfallen der Pflicht zu informieren. a) Erfüllung. Die Pflicht zu informieren entfällt durch einmalige Erfüllung. Eine Pflicht, auch noch nach der Transaktion über Veränderungen aufzuklären, wird ohne dahingehende Abrede abgelehnt.74 Solch eine Abrede liegt in ausdrücklichen Beratungsverträgen, die, wie Vermögensverwaltungsverträge, zu dauernder Betreuung verpflichten.75 In der Tat ist ansonsten eine andauernde Pflicht mit dem Zuschnitt des Bankgeschäfts auf massenhafte Abwicklung unvereinbar. Wenn nötig, zumal bei komplexer Information, muss schriftlich oder sonst in geeigneter 40 Form aufgeklärt, gewarnt oder beraten werden – so explizit die Gesetzeslage im Wertpapierhandelsrecht und auch tendenziell in §§ 492–494, 502 BGB.76 Generell gilt auch, dass die Information verständlich für den konkreten Kunden sein muss.77 39

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b) Verzicht und Haftungsausschluss. Der Verzicht lässt die Aufklärungs- und Beratungspflicht zwar grds. entfallen, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (breit diskutiert vor allem für §§ 63 f. WpHG).78 Für die Warnpflicht, die spontan und auch unabhängig von konkreten Verhandlungen eingreift, bildet der Verzicht jedoch eine eher theoretische Möglichkeit.79 Nr. 3 AGB-Banken und Nr. 19 AGB-Sparkassen regeln auch nur noch das Vertretenmüssen und enthalten, anders als die Vorgängerklauseln, keinen Haftungsausschluss für Aufklärung und Beratung mehr. Die Frage, ob ein solcher zulässig ist, insbesondere klauselmäßig, ist daher – jedenfalls für die klauselmäßige Gestaltung – obsolet.

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73 Hadding FS Schimansky, 1999, S. 67 (78–80); Horn ZBB 1997, 139 (143 und 146); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (48 f.); BankR-HdB/Siol § 44 Rn 1. 74 BGH (Fn 2), BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 9; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 3. Die Obliegenheit, Fehler bei der Aufklärung später noch auszuräumen, bleibt selbstverständlich bestehen. 75 So auch Kirchhartz in Claussen Bank- und Börsenrecht § 3 Rn 86, 101. Entspr. für die Bankauskunft (unten Zweiter Teil Rn 90): BGH Urt. v. 25.6.1973 – II ZR 26/72, BGHZ 61, 176 (179 f.) („nachvertragliche Handlungspflichten“); Hellner ZHR 145 (1981), 109 (123 f.); Hölscheid ÖBA 1993, 202 (206); vgl. auch Gaede Kreditauskünfte S. 83; zuletzt BGH Urt. v. 28.4.2015 – XI ZR 378/13, WM 2015, 1273, 1275 Rn 24. 76 Vgl. näher unten im Wertpapierhandelsrecht (auch mit abweichender Rspr.) Achter Teil Rn 171 ff., 185 ff. Für das Kreditrecht vgl. unten Vierter Teil Rn 656–723 (Renner). Tendenziell für eine allgemeine Pflicht in diesem Sinne: Horn ZBB 1997, 139 (148); BankR-HdB/Siol § 43 Rn 35 (allerdings Rspr. nur zum Kapitalanlagegeschäft). 77 BankR-HdB/Siol § 44 Rn 19; Wellkamp VuR 1994, 61 (66); Schupeta Aufklärungspflichten S. 155; für seinen Anwendungsbereich ausdrücklich etwa §§ 63 Abs. 6 und 64 Abs. 1 WpHG. 78 BGH Urt. v. 23.11.1979 – I ZR 161/77, WM 1980, 284 (285, 287); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (26); Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (58); zum konkludenten Verzicht BGH Urt. v. 19.3.2013 – XI ZR 431/11, BKR 2013, 248 (250); Kirchhartz in Claussen Bank- und Börsenrecht § 3 Rn 109; für das Wertpapierhandelsrecht Achter Teil Rn 193–197. 79 Für die Zulässigkeit eines Verzichts auch insoweit wohl Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (26) („sacred right of everybody to make a fool of oneself“).

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5. Weitere Haftungsfragen. Weitere Fragen (neben dem Verstoßtatbestand, 1–4) kreisen 42 vor allem um den Komplex Verschulden, auch fremdes, und Mitverschulden, der (als einziger) klauselmäßg geregelt ist, außerdem um Einzelpunkte zu Schaden, Ursachenzusammenhang und Beweislast hierbei. Ob auch Dritte berechtigt sein können, ist erst bei der Bankauskunft (unten Zweiter Teil Rn 102 f.) praktisch bedeutsam; die dortigen Grundsätze sind übertragbar. a) Verschulden, Verschulden Dritter und Mitverschulden. Den Komplex Verschulden 43 und Mitverschulden (und nur ihn) regeln Nr. 3 AGB-Banken und Nr. 19 AGB-Sparkassen. Sie regeln ihn für alle Bankverhaltenspflichten, praktisch am wichtigsten jedoch die Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten – sowohl die Pflicht, richtig zu informieren (oben 2.), als auch die, überhaupt zu informieren und/oder zu beraten, wenn solch eine Pflicht besteht (oben 3./4.). Weitestgehend entsprechen die AGB heute dem dispositiven Recht. Sie sehen übereinstimmend in Abs. 1 eine Haftung für eigenes Verschulden und Verschulden von Erfüllungsgehilfen vor, gemindert um den Mitverschuldensanteil des Kunden (§§ 276, 278, 254 BGB). Präzisiert wird jeweils in Abs. 3, dass höhere Gewalt kein solches Verschulden darstellt (mit leicht divergierender Beispielnennung in beiden AGB). Präzisiert wird außerdem jeweils in Abs. 2, dass die Institute teils auch nach objektivem Empfängerhorizont nicht Abwicklung selbst zusagen, sondern nur die Auftragsweiterleitung, d.h. die Auswahl eines geeigneten Instituts. Nur in diesem letzten Punkt bestehen gewisse Abgrenzungsfragen,80 die Kriterien sind in den AGB-Banken etwas besser getroffen. Seit 1993 enthalten beide AGB keinen Haftungsausschluss mehr, sondern nur noch eine 44 Präzisierung, dass höhere Gewalt nicht wie eigenes Verschulden zu behandeln ist, also keine Haftung begründet (Abs. 3). Das ergibt sich bereits aus dispositivem Recht. Dies wurde für einen zentralen Fall, in dem ein Erfolg geschuldet ist, seit 1999 auch gesetzlich so geregelt (zuerst § 676b Abs. 4 BGB a.F. für das Überweisungsrecht, heute § 676c Nr. 1 BGB für das gesamte Zahlungsdiensterecht).81 Dort gilt, dass höhere Gewalt nicht vorhersehbar sein darf und unabwendbar sein muss, allerdings nicht generell, sondern nur im konkreten Falle. Dass Streiks und sonstige Eingriffe unverbundener Dritter generell zu erwarten sind, ist also unschädlich, wenn der konkrete Fall bei Pflichtübernahme nicht vorherzusehen war. Die Haftung für Verschulden Dritter, die willentlich eingeschaltet wurden, beschränkt 45 Abs. 2 bei sog. weitergeleiteten Aufträgen auf Fälle von Auswahlverschulden. Die Klausel beruht auf höchstrichterlicher Rechtsprechung, nach der allein für Auswahlverschulden gehaftet wird, wenn das Institut nach dem objektiven Empfängerhorizont des Kunden nicht Herr der Leistung werden sollte.82 Die Anschauung kann sich jedoch ändern, wie seit 1999 auf Grund gesetzgeberischer Entscheidung im Überweisungsrecht und inzwischen auch sonst im Zahlungsdiensterecht.

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80 Näher unten Zweiter Teil Rn 297–301. Etwa OLG Frankfurt Urt. v. 11.4.2000 – 5 U 211/98, WM 2000, 1636 (1638); zur Wirksamkeit von Abs. 1 und 3 (unstr.) etwa BankR-HdB/Bunte § 8 Rn 2, 5, 32 (Nr. 3 Abs. 1 entspricht dispositivem Recht, § 307 Abs. 3 BGB) und 41 (entsprechend für Nr. 3 Abs. 3). Zur – zu Recht – weiten Anwendung von § 278 BGB auch bei Vorsatztaten wieder: BGH Urt. v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, NZG 2012, 631 (Veruntreuung im Anlagegeschäft), krit. etwa Fest NZG 2012, 622. Dies entspricht dem allgemeinen Auslegungsstand zu § 278 BGB, nach dem auch Vorsatztaten jedenfalls dann erfasst sind, wenn sich die Tat auf einen Bereich bezieht, für dessen Sicherheit der fragliche Mitarbeiter gezielt eingesetzt wurde: vgl. MünchKommBGB/Grundmann § 278 Rn 37–39 (selbst sogar noch weitergehend § 278 BGB auf Vorsatztaten anwendend). Auch für Abs. 2 wird ganz überwiegend die Wirksamkeit bejaht: vgl. BankR-HdB/Bunte § 8 Rn 35 (implizit); Werhahn/Schebesta AGB und Sonderbedingungen der Banken, 1994, Rn 85; aA Baumbach/Hopt (8) Nr. 3 Rn 5. 81 Dazu unten Dritter Teil Rn 516 ff., 539–541 und (für das Fremdwährungskonto) unten Zweiter Teil 188 f. 82 Nämlich Bankauskunft und Wertpapierauslandsverwahrung: vgl. OLG Frankfurt (Fn 80) WM 2000, 1636 (1638); Baumbach/Hopt (8) Nr. 3 Rn 5; BankR-HdB/Bunte § 8 Rn 38. Früher ebenfalls die Auslandsüberweisung. Letzteres wurde im Gefolge der Novellierung des Überweisungsrechts zu Recht gestrichen. Zur sonst eingreifenden Haftung für Verschulden des Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) aus jüngerer Zeit wieder (auch für Vorsatztaten/ Veruntreuung im Fondsgeschäft): BGH (Fn 80), NZG 2012, 631; Anm. Fest, NZG 2012, 622.

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Daher ist es zutreffender, allein auf dieses abstrakte Kriterium abzustellen (so Nr. 19 AGB-Sparkassen) und nicht einzelne Beispiele festzuschreiben (teilweise Nr. 3 AGB-Banken). Heute wird freilich in der Tat für die in Nr. 3 AGB-Banken genannten Beispiele (Einholung von Bankauskünften und Wertpapierauslandsverwahrung im sog. Treuhandgiro) überwiegend von bloß weitergeleitetem Auftrag ausgegangen.83 Auch die Haftungsminderung durch Mitverschulden entspricht dispositivem Recht (Abs. 1 46 und § 254 BGB). Die wichtigsten Fälle sind in Nr. 11 AGB-Banken (Nr. 4, 20 AGB-Sparkassen) geregelt. Die AGB statuieren wirksam Mitwirkungspflichten des Kunden bei Änderung der Verfügungsbefugnis, die Pflicht, das Weisungsrecht adäquat auszuüben und Mitteilungen zu überprüfen, vor allem solche, mit denen Rechenschaft abgelegt wurde.84 Weitere Fälle des Mitverschuldens lässt die Klausel unberührt (Nr. 3: Regelbeispieltechnik). Dies gilt freilich nicht, soweit das Kreditinstitut auf Grund überlegener Expertise im fraglichen Bankgeschäft ein Gefährdungspotential im Kundenverhalten ungleich besser erkennen konnte und auf dieses Potential nicht hinwies.85 b) Schaden. Geschuldet ist zunächst der Ersatz des negativen Interesses.86 Vorteile, die aus dem schädigenden Handeln resultieren, sind gegenzurechnen, insbesondere soweit Steuern gespart werden.87 Die Rechtsprechung will jedoch Vor- und Nachteile nicht genau berechnen, wenn umgekehrt auch wieder der Schadensersatzanspruch besteuert wird.88 Wahlweise und auch kumulativ kann Auflösung des ungünstigen Vertrags begehrt wer48 den (§ 249 BGB).89 Seitdem der Gesetzgeber bei Aufklärungspflichtverletzung mehrfach das Recht zur Vertragsauflösung vorsah,90 ist der früher teils zu findende Hinweis darauf, dass eine Vertragsauflösung wegen § 123 BGB nur bei arglistiger Täuschung gefordert werden könne,91 überholt. Freilich wird diese Rechtsfolge als Spezialität der Prospekthaftung gesehen, die auf andere Formen der Aufklärungspflichtverletzung nicht notwendig zu übertragen sei.92 Die ver47

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83 Vgl. unten Zweiter Teil Rn 202–210 und §§ 3 Abs. 2, 5 Abs. 3 DepotG; Baumbach/Hopt (13) § 3 DepotG Rn 3; ausführlich unten Zweiter Teil Rn 297 ff., bes. 301. 84 Zu Wirksamkeit und Inhalt dieser klauselmäßigen Regelungen vgl. unten Zweiter Teil Rn 214, Dritter Teil Rn 226 (Änderung der Verfügungsbefugnis), Dritter Teil Rn 456–458, 516 (Weisungserteilung) und unten Zweiter Teil 129 f., 163 (Überprüfung von Mitteilungen). Kommentierung von Nr. 11 AGB-Banken unten Zweiter Teil Rn 321–327. 85 Aufklärungspflichtverletzung, auf Grund derer dem Kunden sein schädigendes Verhalten nicht zur Last gelegt werden kann; siehe unten Dritter Teil Rn 272–274, 456–458. 86 BGH Urt. v. 14.3.1991 – VII ZR 342/89, BGHZ 114, 87 (94) = NJW 1991, 1819 (1820 f.); BGH Urt. v. 8.5.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = WM 2012, 1337 = NJW 2012, 2427 (2433); BGH Urt. v. 11.7.2012 – IV ZR 164/11, WM 2012, 1582 (1588); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 74 f. (auch zum ausnahmsweise geschuldeten positiven Interesse); Tiedtke WM 1993, 1228 (1232) (nur negatives Interesse); BankR-HdB/Siol § 43 Rn 44. 87 BGH Urt. v. 10.4.1967 – VIII ZR 27/65, NJW 1967, 1462; BGH Urt. v. 18.12.1969 – VII ZR 121/67, BGHZ 53, 132 (134) = NJW 1970, 461; BGH Urt. v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (347) = NJW 1981, 1449; BGH Urt. v. 24.5.1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 (148 f.) = NJW 1982, 2493 (2494); BGH Urt. v. 14.1.1993 – III ZR 33/92, NJW 1993, 1643; BGH Urt. v. 14.6.2004 – II ZR 395/01, ZIP 2004, 1402 (1407); BGH Urt. v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 = ZIP 2004, 1394 (1400); BGH Urt. v. 25.10.2004 – II ZR 373/01, BKR 2005, 73 (74); BGH Urt. v. 31.1.2005 – II ZR 200/03, NJW-RR, 2005, 1073 (1074). 88 BGH (Fn 27), BGHZ 74, 103 (116); BGH Urt. v. 11.5.1989 – VII ZR 12/88, WM 1989, 1286 (1289); BGH Urt. v. 9.10. 1989 – II ZR 257/88, WM 1990, 145 (148); BGH Urt. v. 13.1.2004 – XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 (1870) = WM 2004, 422; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 102. 89 BGH Urt. v. 22.3.2011 – XI ZR 33/10, NJW 2011, 1949 (1954); BGH Urt. v. 26.3.1981 – VII ZR 185/80, NJW 1981, 1673; BGH Urt. v. 12.10.1993 – X ZR 65/92, NJW 1994, 663 (664); BGH Urt. v. 5.10.1988 – VIII ZR 222/87, NJW-RR 1989, 306 (307); BGH Urt. v. 8.12.1988 – VII ZR 83/88, NJW 1989, 1793 (1794); Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (14); Kirchhartz in Claussen Bank- und Börsenrecht § 3 Rn 96; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 44; Tiedtke WM 1993, 1228 (1230). 90 Vgl. für solch eine allgemeinere Politik Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (4 f.). 91 Die Anfechtung ist außerdem wegen § 124 BGB für den Kunden ungünstiger. 92 Die Rechtsfolgen in der Rechtsprechung des BGH erscheinen inkongruent. Im Wertpapierhandel sollen verschwiegene Provisionszahlungen an Anlagevermittler zur Rückabwicklung berechtigen, BGH Urt. v. 19.12.2005 –

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tragsrechtliche Grundwertung geht seit 2002 freilich ganz allgemein dahin, dass Schlechterfüllung, die nicht mehr korrigiert werden kann, wahlweise immer zur Vertragsauflösung berechtigt, wenn sie nicht unerheblich ist (§ 323 Abs. 2 und 5 S. 2 BGB) – auch um häufig auftretende Beweisprobleme hinsichtlich des Schadens zu vermeiden, die zulasten des Geschädigten gehen. Dieses Regime erfasst als allgemein vertagsrechtliches durchaus auch das Bankvertragsrecht. c) Kausalität, die Annahme aufklärungsgerechten Verhaltens und Beweislast. Kausal 49 für den Schaden wird die Aufklärungspflichtverletzung nur, wenn der Kunde bei Aufklärung die schädigende Entscheidung nicht getroffen hätte (aufklärungsgerechtes Verhalten). Dies wird vermutet, jedenfalls wenn auf die Informationsweitergabe hin der Entschluss zu einer Transaktion gefasst wurde.93 Darin wird häufig eine Umkehr der Beweislast gesehen:94 Wer eine vertragliche Aufklärungs- oder Beratungspflicht verletzt, den treffe die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßen Verhalten eingetreten wäre, weil sich der Geschädigte über jeden Rat oder Hinweis hinweggesetzt hätte.95 Nach den zitierten Urteilen bis 2012 – zumal des 11. Senats – konnte das Institut jedoch Umstände anführen, die aufklärungsgerechtes Verhalten zweifelhaft erscheinen ließen (alternative Entscheidungsmöglichkeiten/mehrere Handlungsalternativen); dann trug wieder der Kunde die Beweislast für die Kausalität.96 Voller Gegenbeweis war also – wie beim Beweis des ersten Anscheins – nicht gefordert. Seitdem geht auch die Rechtsprechung des 11. Senats von einer Vermutung für aufklärungsgerechtes Verhalten freilich in der Tat grundsätzlich – auch bei Bestehen von Handlungsalternativen – aus, wenn die Aufklärungspflichtverletzung feststeht.97 Eine weitere, praktisch unverzichtbare Beweiserleichterung liegt darin, dass das Institut die 50 Erfüllung der Aufklärungs- oder Beratungspflicht zu beweisen oder jedenfalls die Substantiierungslast hat.98

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XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876 (1879); BGH Urt. v. 19.12.2000 – XI ZR 349/99, NJW 2001, 962 (963). Im Kreditrecht löst die Überschreitung der Kreditgeberrolle durch Schaffung eines Gefährdungstatbestandes diese Rechtsfolge ebenfalls aus, BGH (diese Fn), NJW 2007, 2396 (2397). Hingegen soll das Versäumnis, über alternative Finanzierungsformen aufzuklären, nur einen Anspruch auf Erstattung der (nachgewiesenen) Mehrkosten auslösen: BGH Urt. v. 20.3.2007 – XI ZR 414/04, NJW 2007, 2396 (2397, 2400). Bei kapitalmarktrechtlichen Falschinformationen kommt es darauf an, ob der Anleger im Vertrauen auf die Information gekauft hat; in diesen Fällen steht ihm ein Restitutionsanspruch zu. Hat er nur zu teuer gekauft oder zu billig verkauft, besteht ein Anspruch auf die Differenz. Dazu BGH Urt. v. 26.6.2006 – II ZR 153/05, NZG 2007, 269 (270); Baums ZHR 167 (2003) 139 (185). 93 BGH Urt. v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (251 Tz. 29) = NJW 2006, 1955 = WM 2006, 1066; BGH Urt. v. 1.7.2008 – XI ZR 411/96, WM 2008, 1596 (1597) = NJW 2008, 2912 (beide Urteile: „von … Kausalität … regelmäßig auszugehen“); BGH (Fn 87), BGHZ 79, 337 (346) = NJW 1981, 1449 (1451 f.); BGH Urt. v. 3.4.1990 – XI ZR 206/88, NJW 1990, 1907 (1909); BGH Urt. v. 19.12.1989 – XI ZR 29/89, NJW-RR 1990, 918 (919 f.); BGH Urt. v. 10.5.1994 – XI ZR 115/93, NJW 1994, 2541 (2542); BGH Urt. v. 16.11.1993 – XI ZR 214/92, NJW 1994, 512 (513 f.); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 124 ff., 130; grundlegend Canaris FS Hadding 2004, S. 3; ausführlich zu Rechtsprechung und Literatur Göertz Kausalität bei Aufklärungspflichtverletzungen, S. 18–51. 94 Grundlegend: BGH Urt. v. 5.7.1973 – VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118 (122) = NJW 1973, 1688; bestätigt durch: BGH (Fn 86), BGHZ 193, 159 und BGH Urt. v. 26.2.2013 – XI ZR 183/11, EWiR 2013, 407; das Urteil von 1973 war jedoch nicht unumstritten: Schmidt JuS 1975, 430 (433–435); Roth ZHR 154 (1990), 513 (516, 518 f.); Stodolkowitz VersR 1994, 11 (12–14); zur Problematik auch Göertz Kausalität bei Aufklärungspflichtverletzungen, S. 18 ff.; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 135 ff., 154; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 51; Emmerich JuS 1974, 50 (51). 95 BGH (Fn 94), BGHZ 61, 118 (122) = NJW 1973, 1688. 96 BGH (Fn 93), NJW 1994, 2541 (2542); BGH (Fn 93), NJW 1990, 1907 (1909); BGH (Fn 93), NJW 1994, 512; so können auch die älteren Entscheidungen („regelmäßig“) verstanden werden. 97 BGH (Fn 86), BGHZ 193, 159 (bes. 174–178); BGH Beschl. v. 1.4.2014 – XI ZR 171/12, BKR 2014, 295 (297); BGH Beschl. v. 3.6.2014 – XI 435/12, BKR 430 (432); zuletzt BGH Urt. v. 16.5.2019 – III ZR 176/18 Rz 24, WM 2019, 1203; dazu näher Möllers NZG 2012, 1019; Pielsticker BKR 2013, 368; Schwab NJW 2012, 3274. 98 Für das Erste BGH Urt. v. 24.3.1982 – IVa ZR 303/80, BGHZ 83, 260 (267) = NJW 1982, 1516; für das Zweite BGH Urt. v. 20.6.1990 – VIII ZR 182/89, WM 1990, 1977 (1978); und tendenziell (Beweiserleichterung, Anscheinsbeweis) die Lit., vor allem Grunewald ZIP 1994, 1162 (1165); Roth ZHR 154 (1990), 513 (520–522); Stodolkowitz VersR 1994, 11

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d) Verjährung. Heute verjähren vertragliche Ansprüche nach § 195 BGB mangels speziellerer Regelung in 3 Jahren ab Kenntnis (c. i. c., Schlechterfüllung und Verletzung von Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB, Verstöße gegen Interessenwahrungspflicht).99 Die bis 2002 zu konstatierende Zweispurigkeit des Verjährungsregimes (vertraglich bzw. deliktisch) ist mit der Unterwerfung aller Ansprüche unter das allgemeine Verjährungsregime entfallen. Allerdings wird davon ausgegangen, dass die Verjährung für jede Haftungsgrundlage (insbesondere des Zeitpunktes des Kennenmüssens) gesondert zu ermitteln ist.100

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6. Weitere Haftungs- und Sanktionsnormen. Bei Aufklärungspflichtverletzung anwendbar sein können außerdem101 § 123 BGB (bei bedingtem Schädigungsvorsatz), § 138 BGB (als eines der Sittenwidrigkeitskriterien) und unter den deliktischen Anspruchsgrundlagen wohl nur § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und vor allem § 826 BGB. Notwendig ist zumindest bedingter Schädigungsvorsatz,102 außerdem dolus directus bei der Falschinformation oder, wenn nur leichtfertig falsch Auskunft gegeben wurde, das Vorliegen eigensüchtiger Motive (Sittenwidrigkeit).103 Umgekehrt muss hier die Relativität des Vertragsverhältnisses zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem nicht dargetan werden. III. Aufklärung, Warnung, Beratung in den einzelnen Bankgeschäften 1. Kreditgeschäft

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a) Wahrheitspflichtverstöße. Unter den großen Bankgeschäftsgruppen104 warf das Kreditgeschäft nach dem Kapitalanlage- und Vermögensverwaltungsgeschäft die meisten Fragen zu Aufklärung und Rat auf. Da dem Abschluss eines Kreditvertrages meist ein Beratungsgespräch vorausgeht, ist das Bankverhalten häufig an der Wahrheitspflicht zu messen. Darauf, ob eine Pflicht zur Aufklärung bestand, kommt es dann nach dem Gesagten nicht an. Vor allem Fragen der Tragbarkeit des Kredits für den konkreten Kunden betreffen zwar nicht das Bankprodukt und seinen Zuschnitt; doch geht, wenn Fakten hierzu im Beratungsgespräch diskutiert wurden,

_____ (14 f.); monographisch Bruske Beweislast bei Aufklärungspflichtverletzungen, dort auch zu weiteren Fragen, die in Übereinstimmung mit Grundsätzen des allgemeinen Beweisrechts gelöst werden. 99 Vgl. bis 2002 BGH Urt. v. 16.11.1967 – III ZR 12/67, BGHZ 49, 77 (80); BGH (Fn 88), WM 1990, 145 (148); BankRHdB/Siol § 43 Rn 55; einschränkend BGH Urt. v. 22.3. 1982 – II ZR 114/81, BGHZ 83, 222 (227 f.) = NJW 1982, 1514. Für Dreijahresfrist gemäß § 852 BGB: Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (4 f.); Canaris FS Larenz 1983, S. 27 (109). 100 OLG Karlsruhe Beschluss v. 29.5.2012 – 17 W 36/12, WM 2013, 166; implizit auch OLG Karlsruhe Urt. v. 27.11. 2012 – 17 U 236/11, WM 2013, 462 (465 f.). 101 Vgl. Vortmann Aufklärungspflichten Rn 215–224; Canaris Bankvertragsrecht Rn 128–138a; BankR-HdB/Siol § 43 Rn 57–65. 102 BGH Urt. v. 30.3.1976 – VI ZR 21/74, WM 1976, 498 (500); BGH Urt. v. 26.11.1986 – IVa ZR 86/85, NJW 1987, 1758 (1759); BGH Urt. v. 22.6.1992 – II ZR 178/90, NJW 1992, 3167 (3174); BGH Urt. v. 9.3.2010 – XI ZR 93/09, VersR 2011, 750 (752); BGH Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 349/08, BKR 2010, 473 (478); Horn ZBB 1997, 139 (145); Canaris Bankvertragsrecht Rn 97; MünchKommBGB/Wagner § 826 Rn 23. 103 BGH (Fn 102), NJW 1992, 3167 (3174); BGH (Fn 102), NJW 1987, 1758 (1759); BGH Urt. v. 22.11.2005 – XI ZR 76/05, WM 2006, 84 (87); BGH (Fn 102), VersR 2011, 750 (752); BGH (Fn 102), BKR 2010, 473 (478); BankR-HdB/Siol § 43 Rn 63; MünchKommBGB/Wagner § 826 Rn 61. 104 Zu Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Kontokorrent unten Zweiter Teil Rn 213 (fehlende Überwachungspflicht bei Verfügungen des Treuhänders oder Kontobevollmächtigten, Warnpflicht nur bei Missbrauchsverdacht), unten Zweiter Teil Rn 220 (Benachrichtigungspflichten gegenüber Erben). Die Rspr. zu Aufklärungspflichten hinsichtlich alternativer Kontogestaltung ist restriktiv, teils fragwürdig: BGH (Fn 50), WM 2009, 1647 (1651 f.); OLG Celle Urt. v. 16.2.1994 – 3 U 84/93, WM 1994, 1069 (1070) (Sparbuch und Sparbrief); OLG Köln Urt. v. 1.7.1980 – 15 U 245/79, ZIP 1980, 979 (980 f.); OLG Oldenburg Urt. v. 6.2.1987 – 6 U 127/86, WM 1987, 554 (555) (beide zur Errichtung eines Oderkontos); aA und überzeugender für Letzteres OLG Nürnberg Urt. v. 21.3.1990 – 4 U 3979/89, WM 1990, 1370 (1372).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

der Rat implizit auch dahin, dass der gewählte Kredit für den konkreten Kunden adäquat, d.h. auch tragbar ist. Ist dieser Schluss nach den Informationen, die das Institut als präsentes Wissen hat, nicht vertretbar, haftet das Institut105 wegen Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht. Die Wahrheitspflicht gebietet es auch, gegebenenfalls im Beratungsgespräch – insbesondere wenn freiwillig Beratungsgespräche aufgenommen werden – auf fehlende oder lückenhafte Kenntnis des Instituts zu relevanten Punkten hinzuweisen.106 Jedenfalls Fakten, die für das Institut präsentes Wissen bilden und von denen es auch weiß, dass sie für den Kreditnehmer entscheidungserheblich sind, sind auch im Kreditgeschäft zu offenbaren.107 Ein Unterlassen der Eruierung von Informationen ist jedoch keinesfalls gleichzustellen, zumal dann nicht, wenn die Information typischer Weise ohnehin nur im Interesse des Instituts selbst ermittelt wird.108 b) Pflicht zu informieren. In der Frage, ob eine Pflicht zu informieren besteht, wird auch 54 für das Kreditgeschäft zunächst danach differenziert, ob die spezifische Bankexpertise betroffen ist oder nicht. Aufklärungspflichten wurden daher zu Recht bei Fragen angenommen, die das Bankprodukt betreffen, und zwar immer dann, wenn alternative Finanzierungsformen bestehen mit Vor- und Nachteilen, die dem konkreten Kunden nicht offensichtlich sind: Über die Vorund Nachteile ist aufzuklären vor allem bei Umschuldung und Zwischenfinanzierung,109 grds. auch bei vorfinanzierten Bausparverträgen, bei Finanzierungen in Kombination mit Kapitallebensversicherungen110 und erst Recht bei anderen undurchsichtigen, teils noch nicht einmal standardisierten Finanzierungspaketen (insoweit gar fehlende Markttransparenz auch für erfahrene oder von dritter Seite beratene Kunden).111 Deutlich gemindert, teils gar entwertet wird der Schutzgehalt dieses Grundsatzes freilich dadurch, dass die Rechtsprechung bei steuersparenden Kapitalanlagen einen Aufklärungsbedarf des Kunden pauschal verneint.112 Umgekehrt sind Auf-

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105 BankR-HdB/Siol § 44 Rn 8; aA Vortmann Aufklärungspflichten Rn 235 ff. (mwN). Beim Verbraucherkredit unter dem Begriff der verantwortungsbewussten Kreditvergabe intensiv diskutiert, dort freilich dann eine Pflicht des Instituts, die notwendige Information erst zu eruieren: vgl. näher unten Vierter Teil Rn 603–649 (Renner). 106 Zu diesem allgemeingültigen Grundsatz Nachw. oben Zweiter Teil Rn 26: Speziell für das Kreditgeschäft: BankR-HdB/Siol § 44 Rn 9. Zur Annahme eines Beratungsvertrages, freilich primär im Kapitalanlagegeschäft, vgl. etwa BGH (Fn 27), BGHZ 74, 103 (106) = NJW 1979, 1449 = WM 1979, 530; BGH (Fn 27), BGHZ 100, 117 (118) = NJW 1987, 1815 = WM 1987, 495; BGH (Fn 27), BGHZ 123, 126 (128) = NJW 1993, 2433 = WM 1993, 1455; BGH (Fn 88), NJW 2004, 1868 (1869) = WM 2004, 422. Zur Annahme eines Beratungsvertrages im Kreditbereich, der nur unter sehr engen Voraussetzungen vorliegt als ein sog. Finanzierungsberatungsvertrag, vgl. BGH Urt. v. 12.6.2007 – XI ZR 112/05, juris Rn 11; BGH Urt. v. 16.6.2004 – VIII ZR 303/03, juris Rn 12; OLG Hamm Urt. v. 15.1.2013 – I34 U 3/12, 34 U 3/12, juris Rn 62; KG Berlin Urt. 16.5.2012 – 24 U 103/10, juris Rn 39–42; OLG Frankfurt Urt. v. 3.5.2010 – 19 U 230/09, juris Rn 4, 6; OLG Frankfurt Urt. v. 23.9.2008 – 14 U 227/05, juris Rn 75; zum Meinungsstand in der Literatur, vgl. Buck-Heeb BKR 2014, 221 (228 f.); zu den gesetzlichen Änderungen, die im Zuge der Umsetzung der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie 2014/17/EU v. 4.2.2014, ABl EU Nr. L 60/34 v. 28.2.2014 im Bereich des Verbraucherdarlehensvertrages hinsichtlich der Normierung eines Kreditberatungsvertrages erfolgten bzw. notwendig waren, vgl. näher unten Vierter Teil Rn 901–905 (Renner). 107 BGH (Fn 46) WM 2016, 2384 (2388); BGH (Fn 46) BKR 2013, 280 (280); BGH (Fn 46), NJW 2012, 3294 (3294 f.); BGH (Fn 46), WM 2012, 1389 (1391); BGH (Fn 46), WM 2008, 1346 (1347 f.); BGH (Fn 48), WM 2008, 115 (118); BGH Urt. v. 19.9.2006 – XI ZR 204/04, WM 2007, 2343 (2344 f.); BankR-Hdb/Siol § 44 Rn 29. 108 So für die unterlassene Ermittlung des adäquaten Beleihungswertes des Objekts: BGH Urt. v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (19) = NJW 2006, 2099 (2103 f.); BGH Urt. v. 8.5.2001 – XI ZR 192/00, BGHZ 147, 343 (349 ff.) = WM 2001, 1758 (1760 f.). 109 BGH Urt. v. 11.12.1990 – XI ZR 24/90, WM 1991, 271 (273); Vortmann Aufklärungspflichten Rn 334–337; krit. (auch zu den folgenden Beispielen) Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (52 f.). 110 BGH Urt. v. 18.1.2005 – XI ZR 17/04, NJW 2005, 985 (988); zu beidem sogleich näher unten Zweiter Teil Rn 63, 64. 111 BGH (Fn 67), NJW 1991, 832 (834) („Idealkredit“); BankR-HdB/Siol § 44 Rn 43, 49; Schupeta Aufklärungspflichten S. 117; Mayen WM 1995, 113 (117). 112 Vielfach, aus jüngerer Zeit etwa BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (19) = NJW 2006, 2099 (2103 f.); BGH (Fn 46), WM 2008, 1346 (1347); BGH (Fn 46), WM 2012, 1389 (1391); BGH (Fn 46), BKR 2013, 280 (281); zu einem Überblick über die Rechtsprechung s. Hofmann WM 2006, 1847.

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klärungspflichten abzulehnen für die Risiken von Zinssteigerungen113 und – außerhalb spezialgesetzlicher, vor allem verbraucherrechtlicher Regeln – auch für wichtige zukünftige Zwischenfälle, die die Rückzahlung gefährden:114 etwa Scheidung, Arbeitslosigkeit, jedoch auch Verzug und sonstige Leistungsstörungen. Dies könnte zwar rechts- und vor allem verbraucherpolitisch durchaus anders gesehen werden, hat der europäische und deutsche Gesetzgeber lange jedoch sogar für den Verbraucherkredit so vorgesehen. Inzwischen ist freilich die prominente Stellung einer dahingehenden Beratung im Verbraucherrecht weitgehend gesichert, insbesondere ist der dahingehende Grundsatz als besonders herausragend bereits in der Grundnorm des § 491a BGB selbst verankert (vgl. dort Abs. 3 BGB sowie Verweis in Abs. 1 auf Art. 247 § 3 Nr. 11 und 12 EGBGB).115 Das Kreditgeschäft beruht auf Austauschverträgen, nicht Fremdgeschäftsführung. Dies wird 55 zu Recht betont, wenn fraglich ist, wie weitgehend präsentes Wissen zu offenbaren und wie weitgehend auf seiner Grundlage eine Pflicht zu informieren anzunehmen ist. Der Kunde muss sich auf eigennütziges Handeln des Instituts einstellen.116 Dass dieses deswegen jedoch nicht den sicheren wirtschaftlichen Zusammenbruch desjenigen verschweigen darf, dem der Kreditnehmer die Darlehensvaluta weiterreichen will, oder der Unternehmung, in die er investieren will,117 ist (trotz Austauschcharakter des Kreditgeschäfts) noch mit § 242 BGB zu begründen. 56

c) Insbesondere: Kredite für Finanzprodukte und Immobilienerwerb. Umgekehrt wirken jedoch Wertungen, die für die Fremdgeschäftsführung entwickelt wurden, auch in Bereiche des Kreditgeschäfts ein, namentlich bei den praktisch sehr wichtigen Aufklärungsfragen zu Investitionen, die nicht Effekten und Derivate betreffen (dort Aufklärungspflichten bei der Transaktion selbst). Wichtig sind hier Grundstückskäufe, Abschreibungs- und Bauherrenmodelle und sonstige Investments im sog. Grauen Kapitalmarkt, wobei diese seit dem 1.6.2012 weitgehend den noch strengeren und detaillierter durchgeformten Wohlverhaltensregeln nach §§ 31 ff. WpHG a.F. (seit dem 2. FiMaNoG §§ 63 ff. WpHG) unterfallen.118 Die lange, im Folgenden dargestellte Rechtsprechungslinie gilt dort freilich a maiore. Sie ist auch weiterhin selbständig wichtig, soweit Investitionsobjekte nicht §§ 63 ff. WpHG unterfallen und soweit zwar Kredit gegeben wird, jedoch die Anlage nicht vermittelt wird. Anders als Kenntnisse zu Effekten (und heute auch zu Instrumenten des [inzwischen nicht mehr] Grauen Kapitalmarktes) werden solche zu diesen Investments zwar grundsätzlich nicht als spezifische Bankexpertise eingestuft. Zentral ist, dass diese Produkte nicht vergleichbar standardisiert und damit zirkulationsfähig sind wie Effekten und Derivate, zu einem geringeren Grad auch Instrumente des (ehemaligen) Grauen Kapitalmarkts. Expertise müsste bei fehlender Standardisierung für jeden Einzelfall aufgebaut werden und kann daher der Kunde nicht erwarten. Auch Rechtsberatung (vor allem zum Steuerrecht) ist nicht Aufgabe der Institute. Eine Aufklärungspflicht der Institute zu Spezifika dieser

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113 OLG Hamm Urt. v. 23.9.1992 – 31 U 108/92, BB 1992, 2177; Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (40); Canaris Bankvertragsrecht Rn 103, 109, 113 (keine Warnung vor immanenten Risiken eines Geschäfts). 114 Schupeta Aufklärungspflichten S. 51; BankR-HdB/Bunte § 8 Rn 26. 115 Vgl. dazu unten Vierter Teil Rn 603–649 (Renner). Zum Fehlen einer dahingehenden Aufklärungspflicht nach der ursprünglichen Verbraucherkredit-Richtlinie (teils krit. angesichts diesbezüglicher Lücken im Aufklärungsmodell) Grundmann EG-Schuldvertragsrecht 4.10, Rn 32. 116 BGH Urt. v. 8.3.1982 – II ZR 60/81, NJW 1982, 1520; BGH Urt. v. 7.4.1992 – XI ZR 200/91, NJW 1992, 1820; BankR-HdB/Siol § 44 Rn 13; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 227; etwas zurückhaltender Staudinger/Freitag Darlehensrecht § 488 BGB Rn 225–227. 117 BGH Urt. v. 20.2.1986 – III ZR 223/84, WM 1986, 700 (701); BGH Urt. v. 28.4.1992 – XI ZR 165/91, NJW 1992, 2146 (2147) = WM 1992, 1310; BGH (Fn 64), NJW 1978, 1852 (1853); BGH (Fn 64), NJW 1987, 317 (318); BGH (Fn 63), NJW 1991, 693; BankR-HdB/Siol § 44 Rn 31. 118 Zu dieser Entwicklung und zum Begriff unten Achter Teil Rn 72 f. Beim sog. Festpreisgeschäft – der Form nach ebenfalls ein Austauschvertrag – ist der vergleichbare Prozess zu konstatieren und wird dort längst schon nicht mehr in Zweifel gezogen: etwa Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (10).

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Investments wurde daher grundsätzlich abgelehnt, auch bei präsentem Wissen.119 Eigennütziges Denken wurde ihnen insoweit grundsätzlich gestattet,120 was sich freilich mit den §§ 63 ff. WpHG unterfallenden Anlagen grundsätzlich ändert (§§ 63 Abs. 1 und 2, 70 WpHG) und auch außerhalb der §§ 63 ff. WpHG fragwürdig ist: Während es richtig ist, dass es bei nicht standardisierten Produkten und insbesondere bei Steuerfragen über die Rolle der Kreditinstitute hinausginge Expertise aufzubauen, also präsentes Wissen von Fall zu Fall zu generieren, begründet dieser Strukturunterschied bei den Produkten m.E. keinen tragfähigen Grund dafür, auch hier (im Teil „Investitionsentscheidung“) dem Kreditinstitut eigennütziges Verhalten zu gestatten (also eine Abweichung vom Modell Fremdnützigkeit bei jeglicher Stellungnahme zu Kundeninvestitionen). Wieder wird insoweit eine „treuhänderische“ Einflussposition unentgeltlich eingeräumt, die entsprechend fremdnützig – wenn auch nicht unter Eruierung von neuem Wissen – auszuüben ist. Diese Position weicht zwar von der Rechtsprechung ab. Auch diese hat jedoch eine Aufklärungspflicht in diesem Gesamtbereich (namentlich für alle Anlagen, die nicht § 63 ff. WpHG unterfallen) schon bisher in vier Ausnahmebereichen angenommen und wird das voraussichtlich auch so beibehalten: Namentlich im Bereich der Immobilienfinanzierung haben sich in der Rechtsprechung 57 diese vier Fallgruppen herausgebildet, bei deren Vorliegen dem Kreditgeber ausnahmsweise auch die Aufklärung über Risiken der geplanten Verwendung der zur Verfügung gestellten Finanzierung obliegt. Danach kann das Kreditinstitut im Einzelfall eine Aufklärungspflicht treffen, wenn es (1) im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über die Rolle eines Kreditgebers hinausgeht;121 wenn es (2) einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn es sich (3) im Zusammenhang mit Kreditgewährungen in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn es (4) in Bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat.122 Eine (1) Überschreitung der Rolle als Kreditgeber setzt voraus, dass das Kreditinstitut er- 58 kennbar Funktionen übernimmt, die typischerweise vom Projektbetreiber wahrgenommen werden und es damit als Partei des zu finanzierenden Geschäfts erscheinen lassen.123 Dies kann nach BGH etwa angenommen werden, wenn sich das Kreditinstitut offensiv in die Planung eines Projektes einschaltet oder den zurechenbaren Anschein einer weitgehenden Zusammenarbeit mit demjenigen erweckt, dem die Kreditmittel zufließen,124 nicht aber, wenn es in lediglich in-

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119 BGH Urt. v. 24.4.1990 – XI ZR 236/89, WM 1990, 920 (922) = NJW-RR 1990, 876; BGH Urt. v. 17.12.1991 – XI ZR 8/91, WM 1992, 216 (217); BGH Urt. v. 13.11.1980 – III ZR 96/79, WM 1980, 1446 (1448) = NJW 2008, 640; BGH (Fn 65), NJW 1988, 1583; Rümker Bankrechtstag 1992, 29 (50); ausführlich zur Problematik bei Bauherrenmodellen Hopt FS Stimpel, 1985, S. 265 (280–288); speziell für Existenzgründungskredite: BGH Urt. v. 11.2.1999 – IX ZR 352/97, WM 1999, 678; Krüger VuR 1999, 229. 120 BGH (Fn 46), NJW 2012, 3294 (3295); BGH (Fn 46), WM 2012, 1389 (1391); BGH Urt. v. 23.10.2007 – XI ZR 167/05, WM 2008, 154 (156); Saarl. OLG (Fn 46), juris Rn 28 f., BauR 2014, 1050 (nur red. Leitsatz). 121 Namentlich, wenn das Institut nicht nur Initiator ist, sondern als solcher nach außen hervortritt; BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (902); BGH Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 18/78, WM 1979, 1054 (1057); BankR-HdB/Siol § 44 Rn 29–44; Hopt FS Stimpel, 1985, S. 265, 282 (287). Ersteres allein soll nach herkömmlicher Meinung nicht genügen: Schimansky Bankrechtstag 1992, 67 (70), vgl. näher nächste Rn. 122 So zu allen vier Fallgruppen BGH (Fn 92), NJW 2007, 2396 (2396 f.); BGH Urt. v. 23.3.2004 – XI ZR 194/02, NJW 2004, 2378 (2380); BGH (Fn 67), WM 2003, 1370 (1372); BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (902); BGH (Fn 63), WM 1991, 85; BGH (Fn 119), WM 1990, 920 (922). Speziell zum konkreten, die Aufklärungspflicht begründenden Wissensvorsprung zuletzt: BGH Beschl. v. 8.1.2019 – XI ZR 535/17, WM 2019, 308 (Rn 14); BGH Urt. v. 18.10.2016 – XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286. 123 BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (905); BGH (Fn 66), NJW 1988, 1583; BGH (Fn 119) WM 1990, 920; BGH (Fn 120), NJW 2008, 640 (641 f.) = Anm. Maier, EWiR 2008, 129; BGH (Fn 59), NJW 2004, 1376 (1379); BGH (Fn 59), NJW 2003, 2088 (2090 f.); BankR-Hdb/Siol § 44 Rn 32. 124 BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (905); vgl. auch BGH Urt. v. 17.1.1985 – III ZR 135/83, NJW 1985, 1020 (1022).

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ternen Verhandlungen mit dem Initiator des Projekts seine Vorstellungen über die Sicherung der Rentabilität durchsetzt, und zwar selbst dann nicht, wenn der bankübliche Rahmen hierdurch deutlich überschritten wird, das Kreditinstitut aber nicht nach außen in Erscheinung tritt.125 Teils war die Rechtsprechung bemerkenswert restriktiv: Auch die Übernahme der Globalfinanzierung der Veräußerung eines aus 92 Wohnungen bestehenden Gebäudekomplexes soll keine Projektbeteiligung des Kreditinstituts darstellen, und die Intention des Kreditinstituts, seine notleidenden Kreditforderungen gegen den Verkäufer durch sicherere Darlehen an die Käufer der Wohnungen zu ersetzen, sollte ebenfalls nicht ausreichen.126 Freilich hat sich in der jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung der Gegentrend durchgesetzt und wurde für den Fall einer systematischen Zusammenarbeit zwischen Projektanbieter und Kreditinstitut von einem „institutionalisierten Zusammenwirken“ ausgegangen, aus dem jedenfalls die Vermutung abgeleitet wird, dass das Kreditinstitut über seine Kreditgeberrolle hinausgeht und von Fehlinformationen des Anbieters positiv Kenntnis hatte (unten Fallgruppe (4)).127 Nach dem oben zu den Wertungsgrundlagen Gesagten kann allein dieser Gegentrend überzeugen. Von der (2) Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestandes ist etwa dann auszuge59 hen, wenn das Kreditinstitut ein Projekt mit ungenügender Absicherung risikoreich vorfinanziert hat und das Vorhaben alleine dadurch in Gang setzt,128 bei einer Projektfinanzierung der Verkäuferin die finanzielle Bewegungsfreiheit entzieht und dadurch ihre Kunden als Käufer in die Gefahr bringt, bei Rückabwicklung des Kaufvertrages mit ihren Ansprüchen auszufallen,129 oder das eigene wirtschaftliche Risiko auf den Kunden verlagert und diesen bewusst mit einem Risiko belastet, das über die mit einer Projektbeteiligung gewöhnlich verbundenen Gefahren hinausgeht.130 Allenfalls die dritte Fallgruppe ist demgegenüber einschlägig bei bloßer Verschlechterung eines eigenen Kredits, der ohne solche außergewöhnlichen Umstände abgeschlossen wurde, wenn das ursprünglich kreditgebende Kreditinstitut Dritte nicht über die Kreditverschlechterung aufklärt, die in das Projekt des Kreditnehmers oder diesen investieren wollen. Ein (3) Interessenkonflikt ist anzunehmen, wenn das Kreditinstitut sowohl das Anlagepro60 jekt als auch den Anleger finanziert und die Kreditgewährung an den Anleger dazu dienen soll, das eigene Projektengagement zurückzuführen.131 Dabei setzen die Gerichte – anders als etwa im Rahmen von 63 Abs. 2, 70 WpHG – in reinen Kreditvergabekontexten voraus, dass es sich um besonders schwerwiegende Interessenkonflikte handelt.132 So soll es nicht ausreichen, dass das Kreditinstitut neben einer Vielzahl von Einzelfinanzierungen auch die Bauträgerfinanzierung

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125 BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (906); vgl. auch OLG München Urt. v. 29.11.1993 – 26 U 4680/93, WM 1995, 289 (291); BGH Urt. v. 3.6.2008 – XI ZR 131/07, NJW 2008, 2572 (2575); BGH Urt. v. 18.3.2008 – XI ZR 241/06, VersR 2008, 1498 (1501); BGH (Fn 48), NJW 2008, 644 (647). 126 Für den erstgenannten Fall vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 27.3.2001 – 17 U 218/99, WM 2001, 1210 (1213); für den zweitgenannten Fall vgl. noch BGH (Fn 66), NJW 1988, 1583 (1584) – fragwürdig, auch im Hinblick auf Zweiter Teil Rn 59 und 60. 127 BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (22–24, Tz. 50 ff.) = NJW 2006, 2099 = WM 2006, 1194; bestätigt in BGH, Urt. v. 19.3 2013 – XI ZR 431/11, BGHZ 196, 370 (Rn 32); zaghafte Ansätze schon in BGH (Fn 87), BGHZ 159, 294 (316 f.) = NJW 2004, 2736 = WM 2004, 1529; BGH Urt. v. 26.10.2006 – XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15 (20–22) = NJW 2005, 664 = WM 2005, 127. 128 BGH Urt. v. 20.3.2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876 (Rn 19); BGH (Fn 117), NJW 1992, 2146 (2147). 129 BGH (Fn 117), NJW 1992, 2146 (2147). 130 BGH Urt. v. 20.3.2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876 (Rn 15 ff.); BGH Urt. v. 18.11.2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172 (Rn 23); BGH (Fn 119), WM 1999, 678 (679 f.); BGH (Fn 117), WM 1992, 1310 (1311). 131 BGH (Fn 117), NJW 1992, 2146 (2147). Andere Fälle enthalten zudem Ingerenzelemente, vor allem wenn das Institut anfangs blauäugig finanzierte: BGH (Fn 119), WM 1990, 920 (922); BGH (Fn 119), WM 1992, 216 (217); auch Horn ZBB 1997, 139 (140, 146) (Irrtumserregung). 132 BGH (Fn 119), WM 1990, 920 (922); BGH (Fn 63), NJW 1991, 693 (694); BGH (Fn 119), WM 1992, 216 (217); BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (902); BGH (Fn 125), BKR 2008, 249 (253); KG Berlin Urt. v. 22.12.2014 – 24 U 169/13, BKR 2015, 109 (113); und nächste Fn; Hopt Bankrechtstag 1992, 1 (18 f.) (auch zu Parallelurteilen im Kapitalanlagerecht); Horn ZBB 1997, 139 (147).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

übernimmt.133 Ein Interessenkonflikt wurde hingegen bejaht, wenn – wie schon bei der Fallgruppe der Rollenüberschreitung – ein Kreditinstitut im Zusammenhang mit einer Projektfinanzierung branchenunübliche Risiken übernommen hat, nämlich die Kreditgewährung an ein bereits verschuldetes Unternehmen ohne hinreichende Sicherheiten, und seinen Kunden Kredite gewährt, um die notleidenden Darlehen an das Unternehmen zurückzuführen.134 Schließlich besteht etwa dann ein (4) (konkreter und relevanter) Wissensvorsprung, wenn 61 das Kreditinstitut über Insiderwissen verfügt, zu dem der Darlehensnehmer keinen Zugang besitzt.135 Dabei ist zu beachten, dass der BGH bei Ansparmodellen, insbesondere den sogenannten Steuersparmodellen, der Ansicht ist, ein Kreditinstitut könne davon ausgehen, dass der Anleger über die allgemeinen und typischen Risiken einer Anlage informiert ist, sofern ihm keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen.136 Die Kenntnis von der Überteuerung des Erwerbsobjekts begründet erst dann einen Wissensvorsprung, wenn das Kreditinstitut von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Kunden ausgehen muss.137 Eine derartige Situation wurde angenommen, wenn das Kreditinstitut wusste, dass der Verkäufer oder ein Vermittler falsche Angaben zu der in der erworbenen Immobilie erzielten Miete gemacht und dadurch den Anleger arglistig getäuscht hat.138 Bereits wenn die erzielbare Miete realistischerweise 30% zu hoch angesetzt wird und dies dem Institut bekannt ist, ist diese Schwelle überschritten.139 Arglist wird dabei – in Anlehnung an die bei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zugrunde gelegten Grundsätze – bereits angenommen bei Leichtfertigkeit in Form von Bedenken- und Gewissenlosigkeit.140 Mit anderen Worten: Der Sachverhalt darf sich dem Institut nicht zwingend aufgedrängt haben.141 Zudem darf sich der Kreditnehmer auf interne Aufzeichnungen des Bankangestellten, etwa über das Anlageobjekt vorort, stützen, um präsentes Wissen um die fehlende Werthaltigkeit nachzuweisen.142 Nach neuerer Rechtsprechung des BGH wird die Kenntnis des Kreditinstituts außerdem widerleglich vermutet, wenn der Verkäufer der Immobilie, der Fondsinitiator oder die von diesen beauftrag-

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133 BGH (Fn 92), BKR 2007, 238 (243); BGH Urt. v. 27.1.2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620 (Rn 32); BGH (Fn 59), WM 2003, 918 (921); OLG Karlsruhe (Fn 126), WM 2001, 1210 (1213). 134 BGH (Fn 119), NJW-RR 1992, 373 (374). 135 Dazu BGH Urt. v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (Rn 52 f.); BGH Urt. v. 9.11.2004 – XI ZR 315/03, WM 2005, 72 (Rn 34): Wissensvorsprung müsse sich auf speziellen Risiken des finanzierten Projekts beziehen; BGH Urt. v. 20.3.2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876 (Rn 19); BGH (Fn 117), NJW 1992, 2146; BGH (Fn 119), WM 1990, 920 (923): Kreditinstitut kennt spezielle Risiken und Nachteile, die für den Darlehensnehmer nicht oder nicht ohne weiteres erkennbar waren. 136 BGH Urt. v. 18.4.2000 – XI ZR 193/99, NJW 2000, 2352 (2353); ausf. Dörr MDR 2014, 571 (571). 137 BGH Urt. v. 18.10.2016 – XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 (Rn 19) und die sieben taggleichen Entscheidungen BGH Urt. 5.6.2012 – XI ZR 149/11 sowie 173/11 bis 179/11, juris (jeweils Tz. 22 ff. bzw. 25 ff. bzw. 23 ff.); sowie BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (19 f., Tz. 41–44) = NJW 2006, 2099 = WM 2006, 1194; BGH Urt. v. 2.12.2003 – XI ZR 53/02, NJW-RR 2004, 632 (633); BGH (Fn 122), NJW 2004, 2378 (2380); BGH Urt. v. 16.3.2004 – XI ZR 13/03, NJW-RR 2004, 1126 (1128 f.); BGH (Fn 67), NJW 2003, 2529. 138 BGH (Fn 92), BKR 2007, 238 (243); BGH (Fn 46), BKR 2013, 280 (280); BGH (Fn 46), WM 2012, 1389 (1391 f.); OLG Nürnberg Urt. v. 29.12.2006 – 12 U 104/05, WM 2007, 782 (783); Wissen um Wucher: BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (21) = NJW 2006, 2099 (2103 f.); BGH (Fn 120), NJW 2008, 640 (646); allerdings vermutet bei ungewöhnlich hohen Tilgungsraten, die darauf deuten, dass Kreditausfallrisiko vermindert werden soll: vgl. BGH (Fn 47), ZIP 2008, 1421 (1422). 139 BGH Urt. v. 19.12.2006 – XI ZR 401/03, juris. Diese wird teils als zu streng eingeschätzt, weil der Mietwucher erst bei 100% angesetzt wird: Dörr MDR 2014, 571 (574 f.). Bei der Frage der Täuschung geht es freilich nicht darum, ob der Anleger (bzw. das Anlageinstrument, in das er investiert) auch den 30% zu hoch angesetzten Mietpreis hätte nehmen dürfen, sondern ob er ihn realistischerweise erzielt. 140 BGH Urt. v. 3.12.2013 – XI ZR 295/12, MDR 2014, 171 (im konkreten Fall zu § 826 BGB). 141 BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (19) = NJW 2006, 2099 (2103 f.). 142 BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (19) = NJW 2006, 2099 (2103 f.). Zu Fragen der Substantiierung und Beweiserhebung/Anforderung von Urkunden in diesen Fällen (Grenzen zum Ausforschungsbeweis): Dörr MDR 2014, 571 (573 f.); Riebold Europäische Kontopfändung, S. 47–54; sowie (noch zu BGH Beschluss v. 19.3.2004 – IXa ZB 229/03 = NJW 2004, 2096): Sturhahn Zulässigkeit der Ausforschungspfändung, LMK 2004, 146.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

ten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Weise zusammengewirkt haben, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurde und die Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falles evident ist.143 Zudem wird teils – gestützt auf diese Rechtsprechung, aber besonders weitgehend – auch eine Pflicht zur Aufdeckung von Innenprovisionen angenommen (vergleichbar § 70 WpHG) und deren Verschweigen als arglistig qualifiziert.144 Zudem wird Wissen eines Kreditvermittlers demjenigen des Instituts gleichgestellt (§§ 166, 278 BGB), wobei freilich zu bedenken ist, dass der Kreditvermittler häufig auch über die Anlage berät und diesbezügliche Pflichten das allein Kredit gebende Institut selbst gar nicht treffen – so dass ihm dieser Teil des Wissens des Kreditvermittlers dann auch nicht zuzurechnen ist, weil es nicht um präsentes Wissen des Instituts geht.145 Wird nach diesen dargestellten Grundsätzen146 die Rolle eines schlichten Kreditgebers über62 schritten, ergibt sich daraus als Rechtsfolge, dass – entgegen der Grundregel – über die Risiken des finanzierten Geschäftes aufzuklären ist. Häufig stellt sich im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung auch die Frage nach 63 einer Pflicht des Kreditinstituts, über die Vor- und Nachteile alternativer Finanzierungsmodelle aufzuklären. Der BGH hat eine solche Pflicht für den Fall angenommen, dass ein Kreditinstitut statt eines üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl dem Kreditnehmer nur an dem Darlehen gelegen ist und das wirtschaftliche Ziel ebenso mit der Aufnahme eines marktüblichen Ratenkredits mit Restschuldversicherung erreicht werden kann. Stelle sich die Vertragskombination aus Festkredit und Lebensversicherung für den Kreditgeber ungünstiger dar als ein marktüblicher Ratenkredit, sei das Kreditinstitut gehalten, von sich aus über die wesentlichen Unterschiede zwischen den Finanzierungsformen, die spezifischen Vor- und Nachteile und die Gesamtbelastung aufzuklären.147 Über die schwerwiegenden Nachteile durch die langfristige Bindung des Kreditnehmers, die für den durchschnittlichen Kreditnehmer weitgehend undurchschaubar seien, habe das Kreditinstitut aufzuklären.148 Als Rechtsfolge einer derartigen Nichtaufklärung über die Vor- und Nachteile eines Ansparkredits im Vergleich zu einem Ratenkredit gewährten die Gerichte dem Kreditnehmer einen Schadensersatzanspruch, wobei der Schaden in der Differenz zwischen Gesamtbelastung des Ansparkredits und Gesamtkosten eines Ratenkredits zu marktüblichen Bedingungen gesehen wurde.149 Anders entscheidet die Rechtsprechung überwiegend hingegen in den Fällen sog. „Steuer64 sparmodelle“. Erfasst sind davon die Fälle, in denen ein Kunde mit dem Wunsch, durch einen

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143 Grundlegend BGH (Fn 108), BGHZ 168, 1 (23 f.) = NJW 2006, 2099 (2104); bestätigt durch BGH Urt. v. 17.10.2006 – XI ZR 205/05, WM 2007, 114 (115); BGH (Fn 92), BKR 2007, 238 (243 f.). OLG Karlsruhe (Fn 100), WM 2013, 462 (463 f.); OLG Frankfurt Urt. v. 31.1.2014 – 1 U 284/11, WM 2014, 1089 (Rn 29). Wichtig ist hier, dass die institutionelle Zusammenarbeit auch nicht nach außen hervortreten muss: vgl. Dörr MDR 2014, 571 (572). 144 OLG Karlsruhe (Fn 100), WM 2013, 462 (464 f.). 145 Zur grundsätzlichen Wissenszurechnung: BGH Urt. v. 19.3.2013 – XI ZR 46/11, WM 2013, 924 (925 f.). Dort dann freilich auch zur Beschränkung auf die Fragen, bei denen das Institut selbst auch eine Pflicht trifft (bei Kreditvergabe nicht auch über die Anlage). 146 Für weitere Beispiele zu den vier Fallgruppen vgl. etwa BankR-Hdb/Siol § 44 Rn 40; Bülow NJ 2010, 221 (225 ff.); Barnert WM 2004, 2002 (2005 f.); Fuellmich/Rieger ZIP 1999, 465 (467 ff.). 147 BGH Urt. v. 20.1.2004 – XI ZR 460/02, WM 2004, 521 (Rn 30); BGH (Fn 67), WM 2003, 1370 (1373); BGH (Fn 67), NJW 1991, 832 (834); BGH (Fn 67), NJW 1990, 1844 (1845); auch BGH, Urt. v. 15. 10. 2004 – V ZR 223/03, NJW 2005, 983 (985); OLG Schleswig Urt. v. 21.7.2016 – 5 U 38/15, BeckRS 2017, 112016. 148 BGH Urt. v. 16.3.1989 – III ZR 37/88, NJW 1989, 1667 (1668); dazu Kothe ZBB 1989, 130. 149 BGH (Fn 67), NJW 1990, 1844 (1846); BGH (Fn 67), NJW 1991, 832 (834); OLG München Urt. v. 26. 10. 2000 – 24 U 368/99, ZIP 2000, 2295 (2300); demgegenüber für Rückabwicklungsansprüche Hofmann ZBB 2005, 174 (182), der klarstellt, dass es u.U. für den Erwerbsentschluss entscheidend auf die pflichtgemäße Aufklärung ankommen könne und sich der Kreditnehmer oftmals gegen das gesamte Objekt entscheiden würde, daher sei das Kreditinstitut dann verpflichtet den Kunden von der gesamten Darlehensverbindlichkeit und den Verpflichtungen aus dem finanzierten Erwerb freizustellen; zu den Verjährungsgrundsätzen in diesen Fällen vgl. Dörr MDR 2014, 571 (575 f.).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Immobilienerwerb Steuern sparen zu wollen, an das Kreditinstitut herantritt. In derartigen Situationen bietet das Kreditinstitut regelmäßig nicht einen Realkredit, sondern eine Kombination aus Darlehen und Ansparform an. Die Kreditnehmer bedienen folglich mit ihren monatlichen Zahlungen nicht das Darlehen, sondern nur dessen Zinsen, und besparen darüber hinaus einen Bausparvertrag oder eine Lebensversicherung.150 Überwiegend gehen die Gerichte davon aus, dass bei diesen Steuersparmodellen keine Pflicht des Kreditinstituts zur Aufklärung über Vorund Nachteile bestehe.151 Das Kreditinstitut könne – insbesondere wenn der Kunde von sich aus diese Finanzierungsart wähle –152 davon ausgehen, dass der Kunde entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfüge oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bediene.153 Lediglich sofern weitere – den Kreditnehmer ganz erheblich benachteiligende – Umstände hinzutreten, sei das Kreditinstitut zur Aufklärung über die Risiken verpflichtet.154 Nur vereinzelt wird vertreten, dass der Kreditgeber verpflichtet sei, über die mit der vorgeschlagenen Finanzierungsform verbundenen Nachteile aufzuklären.155 Freilich ist es kaum zu rechtfertigen, dass auch routinemäßig mögliche Aufklärung über auf Bankenseite vorhandene Expertise über beide Alternativformen, so die voraussichtliche Gesamtlaufzeit der Finanzierung und die sich über die Jahre ergebende Belastung des Kreditnehmers, nicht geschuldet sein soll.156 Die Frage, ob das Kreditinstitut bei Abschluss eines (Immobilien-)Kredites auch Aufklärung über das Widerrufsrecht nach § 355 BGB schuldet, beantwortet der EuGH dahingehend, dass eine Aufklärung europarechtlich auch dann nicht geboten sei, wenn Immobilien nur indirekt – im Rahmen

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150 Vgl. im Einzelnen Hofmann ZBB 2005, 174 (177); Kohte ZBB 1989, 130 (132); Reifner Handbuch Kreditrecht, 2019, § 45 Rn 4. 151 Gegen Aufklärungspflicht BGH Urt. v. 17.7.2012 − XI ZR 198/11, NJW 2012, 3294 (Rn 17); BGH Urt. v. 10.11.2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112 (Rn 35) = NJW 2010, 596; BGH (Fn 92), BKR 2007, 238 (243); BGH (Fn 122), NJW 2004, 2378 (2380); BGH Urt. v. 20.1.2004 – XI ZR 460/02, ZIP 2004, 500 (503); BGH (Fn 67), WM 2003, 1370 (1373); OLG Karlsruhe Urt. v. 21.7.2000 – 10 U 118/99, WM 2001, 245 (249); OLG Stuttgart Urt. v. 25.5.2002 – 6 U 52/02, OLGR 2002, 317 (320); OLG Frankfurt Urt. v. 15.8.2001 – 23 U 130/00, WM 2002, 1281 (1283); OLG München Urt. v. 12.10.2000 – 19 U 4455/99, WM 2001, 1215 (1216); zustimmend etwa BankR-Hdb/Pamp § 76 Rn 127, der ebenfalls eine Aufklärungspflicht über die Zweckmäßigkeit einer Kreditaufnahme und einer gewählten Kreditart verneint; Früh ZIP 1999, 701 (702). 152 BGH (Fn 137), NJW-RR 2004, 632 (633). 153 BGH Urt. v. 18.3.2008 – XI ZR 246/06, WM 2008, 971 (Rn 15); BGH (Fn 122), NJW 2004, 2378 (2380); BGH (Fn 66), WM 2003, 1370 (1372); OLG München Urt. v. 20.4.1999 – 25 U 4876/98, WM 1999, 1818 (1820); OLG Stuttgart Urt. v. 12.1.2000 – 9 U 155/99, WM 2000, 292 (294). 154 Solche Umstände liegen auch hier in den oben genannten vier Fallgruppen vor, namentlich wenn der Kreditgeber (1) im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über die Rolle eines Kreditgebers hinausgeht, er (2) einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken solcher Projekte hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn er sich (3) im Zusammenhang mit Kreditgewährungen in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn er (4) in Bezug auf die speziellen Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Kreditnehmer hat, vgl. dazu BGH Urt. v. 25.10.2013 – V ZR 9/13, Grundeigentum 2014, 119; BGH Urt. v. 1.3.2013 – V ZR 279/11, NJW 2013, 1873; BGH (Fn 48), ZIP 2011, 2002; BGH (Fn 67), WM 2003, 1370 (1372); BGH (Fn 119), WM 1990, 920 (922); BGH (Fn 63), WM 1991, 85; BGH (Fn 50), WM 1992, 901 (902); OLG Hamburg Urt. v. 12.4.2001 – 8 U 168/00, WM 2002, 1289 (1292); OLG Frankfurt (Fn 151), WM 2002, 1281 (1283); OLG München (Fn 151), WM 2001, 1215 (1216); Becker Verhaltenspflichten S. 89 ff.; BankR-HdB/Siol § 44 Rn 29–44; Barnert WM 2004, 2002 (2005 f.); Bruchner WM 1999, 825 (832 f.). 155 OLG Karlsruhe Urt. 24.11.2004 – 15 U 4/01, ZIP 2005, 698 (704) (Vorinstanz zu BGH (Fn 91), BKR 2007, 238; OLG Karlsruhe Urt. v. 31.5.2001 – 9 U 173/00, ZIP 2001, 1914 (1915); OLG Koblenz Urt. v. 7.2.2002 – 5 U 662/00, ZIP 2002, 702 (708); OLG Celle 4.10.1989 – 3 U 298/88, NJW-RR 1990, 878 (879); NJW-RR 1987, 1261; OLG München (Fn 149), ZIP 2000, 2295; aus der Literatur Mayen WM 1995, 913; Reifner ZIP 1988, 817 (824 f.); tendenziell strenger, wenn auch letztlich ohne klare Festlegung OLG Hamburg (Fn 154), WM 2002, 1289 (1293), wonach bei Kombination von Darlehen mit Zinsfestschreibung und Tilgungsaufschub mit einer Lebensversicherung im Grundsatz ein erhöhter Beratungsbedarf bestehe, wobei es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls ankomme. 156 Hofmann ZBB 2005, 174 (181 f.); ders. in Riesenhuber (Hrsg.), Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 103 ff.; aA Weber EWiR 2005, 657 f. unter Verweis auf den abschließenden Katalog von Aufklärungspflichten nach § 491a BGB i.V.m. Art. 247 EGBGB (bzw. Vorgängervorschrift).

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eines Anlagekonzepts (etwa in einem geschlossenen Immobilienfonds) – erworben werden (Bereichsausnahme greift ein), dass jedoch eine Erstreckung der Widerrufsregeln durch nationales Recht europarechtlich zulässig ist; dies gilt (trotz Vollharmonisierung) wohl auch für die EUVerbraucherrechte-Richtlinie (überschießende Umsetzung).157 65

d) Kreditsicherung. Auch im Bereich der Kreditsicherung wird die Wahrheitspflicht vielfach verletzt (vor allem Bagatellisierung).158 Aufklärungspflichten werden ansonsten praktisch nur – den allgemeinen Grundsätzen entsprechend – für den Fall unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Hauptschuldners angenommen159 und bei fahrlässiger Verursachung von Fehlvorstellungen beim Kunden.160

2. Zahlungsgeschäft. Im Zahlungsgeschäft ist die Beratung über verschiedene Gestaltungsalternativen ungleich weniger üblich als im Kreditgeschäft. Volumenmäßig, jedoch auch transaktionszahlenmäßig steht die Überweisung weit im Vordergrund, gefolgt von der Lastschrift (vgl. dort). Erwartet wird weniger vorherige Beratung als ausschließlich technisch korrekte Abwicklung im Massengeschäft. Wo Gestaltungsalternativen bestehen, wird die Entscheidung zudem häufig dem Kreditinstitut überlassen, vor allem bei der Bestimmung des Leitweges, und greift insoweit die Interessenwahrungspflicht,161 jedoch keine Aufklärungspflicht ein. Insgesamt spielen also Verstöße gegen die Wahrheitspflicht praktisch kaum eine Rolle. Bei der Frage, ob eine Pflicht zu informieren besteht, gelten zwar die Grundsätze über die 67 Fremdgeschäftsführung, zu berücksichtigen ist jedoch der Massencharakter des Geschäfts. Tendenziell anders ist dies, wo Einzeltransaktionen größeren Umfang haben und nicht standardisiert abgewickelt werden, etwa bei Akkreditiven. Daher wird zwar eine Aufklärungs- und Warnpflicht wie in allen anderen Geschäftstypen bejaht, soweit das Institut über präsentes Wissen zu einer Tatsache verfügt,162 die für den Kunden offensichtlich erheblich ist und die so stark vom Üblichen abweicht, dass ein Bewusstsein des Kunden schlechterdings nicht zu erwarten ist. Gemeint sind praktisch ausschließlich die Fälle, in denen der wirtschaftliche Zusammenbruch des Überweisungsempfängers unmittelbar und unabwendbar bevorsteht (Scheitern von Sanierungsbemühungen).163 Hingegen wird die Pflicht, über Spezifika des Bankprodukts (mit

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157 EuGH Urt. v. 25.10.2005 – Rs. C-350/03 Schulte./.Badenia, Slg. 2005, I-09215 = ZIP 2005, 1959; vgl. auch EuGH Urt. v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04 Crailsheimer Volksbank Slg. 2005 I-09273 = ZIP 2005, 1965 (zur umfassenden Anwendbarkeit auch bei Einschaltung von Vermittlern und zu Einzelheiten hinsichtlich der Grenzen einer Ausgestaltung der Valutarückzahlungspflicht); dazu Hofmann BKR 2005, 487 (490 ff.); Hoffmann ZIP 2005, 1985 (1991); Staudinger NJW 2005, 3521 (3523); zur Freiheit des nationalen Rechts, auch weiter solche Immobiliarkredite einzubeziehen: Grundmann Die EU Verbraucherrechte-Richtlinie, JZ 2013, 53 (57). 158 Vortmann Aufklärungspflichten Rn 454 f.; Wellkamp VuR 1994, 61 (61 ff.); BankR-HdB/Siol § 44 Rn 71; monographisch zu diesem Bereich Burghardt Aufklärungspflichten. 159 BGH (Fn 116), WM 1986, 700 (701); BGH (Fn 63), NJW 1978, 1852 (1853); BGH (Fn 63), NJW 1987, 317 (318); BGH (Fn 62), NJW 1991, 693; Eckert WM 1990, 85 (92 f.); Breidenbach Informationspflichten S. 81; Burghardt Aufklärungspflichten S. 28. 160 BGH Urt. v. 9.4.1987 – III ZR 126/85, WM 1987, 1546 (1547); Burghardt Aufklärungspflichten S. 94; Vortmann Aufklärungspflichten Rn 28. 161 Zu Anwendungsfällen unten Dritter Teil Rn 150, 163, 177, 236, 292, 305, 332, 342, 371, 375, 383. 162 Es genügt nicht, dass das Institut insoweit einen Verdacht hat: BGH (Fn 63), NJW 1978, 1852 (1852 f.); BGH (Fn 64), NJW 1987, 317 (318); Hölscheid ÖBA 1993, 202 (205 f.); Obermüller ZIP 1981, 1045 (1050). Umgekehrt muss nur die Schädigungsgefahr bekannt sein, nicht hingegen sicher sein, dass ein Schaden eintreten wird. Zur weiterreichenden Aufklärungspflicht bei den genannten, stärker individuell ausgerichteten Instrumenten, etwa Akkreditiven, vgl. Nachw. oben Fn 68. 163 Vgl. Nachw. oben Fn 64, speziell für den Zahlungsverkehr: BGH (Fn 64), NJW 1978, 1852 (1853); BGH (Fn 64), NJW 1987, 317 (318); Horn ZBB 1997, 139 (146); ausführlich Obermüller ZIP 1981, 1045 (1045–1049); auch Hölscheid ÖBA 1993, 202 (203–208). Aufgrund der Vielfalt der berührten Interessen werden selbst diese Grundsätze im Abrechnungsverkehr der Deutschen Bundesbank für unanwendbar gehalten: BGH (Fn 64), NJW

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Vor- und Nachteilen) aufzuklären, nur in wenigen Fällen angenommen und restriktiv beurteilt.164 3. Kapitalanlage- und Vermögensverwaltungsgeschäft – Verweis. Aufklärung, Warnung 68 und Beratung im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen i.S.v. § 2 Abs. 8, 9 WpHG sind, nachdem wichtige Entwicklungen gerade in diesem Bereich stattfanden (vgl. ältere Einträge Lit.Verz. zur Anlageberatung), seit 1994 Gegenstand spezialgesetzlicher Regelung in § 31 Abs. 2 WpHG, heute § 63 Abs. 7 (standardisiert) und 64 Abs. 3 und 4 (individualisiert) WpHG.165 Soweit freilich dort – etwa weil execution only wirksam vereinbart ist – die strengeren Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht eingreifen, sind die Grundsätze vergleichbar denjenigen beim Abschluss von Kreditverträgen: So wird dann beispielsweise ebenfalls nur für positive Kenntnis von der Arglist Dritter gehaftet.166 B. Bankgeheimnis sowie Datenschutz und ihre Durchbrechungen (mit Bankauskunft, SCHUFA-System und Geldwäsche) I. System des Geheimnisschutzes im Bankgeschäft – Überblick Informationen zum Kunden erhalten Kreditinstitute durch Mitteilung (vor allem vom Kun- 69 den) oder eigene Beobachtung beim Geschäft. Wünscht der Kunde Geheimhaltung, kann er sich auf zwei Schutzinstrumente stützen, das Bankgeheimnis (unten Zweiter Teil Rn 72 ff.) und den Datenschutz (unten Zweiter Teil Rn 81 ff.).167 Die Fragen stellen sich weitgehend parallel, insbesondere die Grundfragen nach Anwendungsbereich und Schutzinhalt einerseits und nach den Durchbrechungen andererseits – für das Datenschutzrecht wird nach der Verabschiedung der (EU-)DSGV (statt des Regel-Ausnahme-Verhältnisses) eher der Abwägungsprozess zwischen beiden Dimensionen betont, namentlich die „doppelte [gleichgewichtige] Stoßrichtung“ mit Persönlichkeitsschutz und freiem Datenfluss.168 Dabei reicht der Datenschutz in Anwendungsbereich und Schutzgehalt weniger weit (nur natürliche Personen und meist nur in Dateien gespeicherte Informationen) und wird umgekehrt weitergehend durchbrochen, bzw. wird (in der Dik-

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1978, 1852 (1853); Hölscheid ÖBA 1993, 202 (206 f.); vgl. auch BGH (Fn 64), NJW 1987, 317 (318); BGH (Fn 63), NJW 1991, 693. 164 Ausführlich Hölscheid ÖBA 1993, 202 (203–212); vgl. die Beispielsfälle oben Zweiter Teil Rn 35. 165 Zum Verhältnis zwischen individuellen Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten und den Pflichten nach § 63 Abs. 7 WpHG (§ 31 Abs. 2 a.F., standardisierter Aufklärung) vgl. Schön Verhaltensregeln S. 59–61; auch Assmann/Schneider/Mülbert/Koller WpHG, 7. Aufl. 2019, § 31 Rn 91, 122. 166 BGH Urt. 4.3.2014 – XI ZR 178/12, BKR 2014, 245 (247). Vgl. zu den Parallelfällen oben Zweiter Teil Rn 61. 167 Dies spiegelt sich auch in der Verschwiegenheitspflicht der Bankaufsicht, die grundsätzlich keine Informationen zu individuellen Kunden beaufsichtigter Institute preisgeben darf, § 9 KWG. Zur Verschwiegenheitspflicht im europäischen Bank-, Wertpapier- und Versicherungsaufsichtsrecht nach CRD IV, MiFID II und Solvency II Smits/Badenhoop Towards a Single Standard of Professional Secrecy for Financial Sector Supervisory Authorities: A Reform Proposal (2019) 44(3) European Law Review 295. 168 Namentlich Kühling/Raab in Kühling/Buchner DS-GVO BDSG, 2, Aufl. 2018, Einführung Rn 1. Mit der Verabschiedung der DSGV hat sich das Rollenverhältnis zwischen nationalem und Europäischem Recht im Datenschutz umgekehrt. Zuvor lag der Schwerpunkt der Regelung noch auf nationaler Ebene, die durch die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG vom 24. Oktober 1995 jedoch bereits europäisch vorgeprägt wurde. Mit Erlass der DSGV – Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl.EU 2016 L 119/1 – als unmittelbar geltender EUVerordnung – unmittelbar anwendbar seit dem 25.5.2018 – liegt der Schwerpunkt und Ausgangspunkt der Regelung nun auf der europäischen Ebene. Diese bestimmt in Art. 5 die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten und in Art. 6 f. die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung, vorrangig (informierte) Zustimmung und gesetzliche Gestattung im Einzelfall. Auf der nationalen Ebene verbleiben innerhalb des Anwendungsbereichs der DSGV lediglich vereinzelte Möglichkeiten der Ergänzung und Ausfüllung.

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tion der DSGV) in mehr Konstellationen von „Rechtmäßigkeit der Verarbeitung“ ausgegangen (vgl Art. 5 und 6 DSGV, dazu sogleich). Der (meist) strengere Schutz durch das Bankgeheimnis bleibt jedenfalls durch das Datenschutzregime unberührt.169 Beides beruht darauf, dass der Datenschutz für alle Fälle der Informationsspeicherung und -übertragung geschaffen wurde und folglich strengeren Schutz in besonderen Konstellationen der Nähe, des Vertrauens und der Arbeitsteilung unberührt lässt. Solch eine besondere Konstellation bildet das Bank-Kunden-Verhältnis mit dem Bankgeheimnis, das daher von den Grenzen des Datenschutzes unberührt bleibt (Konkurrenz beider Schutzinstrumente).170 Doch ist der Verstoß gegen die DSGV auch bußgeld- und strafbewehrt (Art. 83, 84 DSGV, §§ 41 ff. BDSG), derjenige gegen das Bankgeheimnis schon formal nur, wenn öffentliche Stellen oder Stellen mit öffentlicher Aufgabenwahrnehmung handeln (§ 203 Abs. 2 StGB), nach höchstrichterlicher Rechtsprechung heute gar nicht mehr. Praktisch im Vordergrund stehen die Fragen der Durchbrechung (unten Zweiter Teil 70 Rn 87–121) des Geheimnisschutzes. Die beiden Grundtatbestände sind beim Datenschutz (Art. 6 f. DSGV) und beim Bankgeheimnis zwar auf einem hohen Abstraktionsniveau die gleichen: Notwendig ist die Zustimmung des Berechtigten oder eine gesetzliche Befugnis (unten Zweiter Teil Rn 79 und Rn 85). Ist die gesetzliche Befugnis tatbestandsmäßig spezifiziert, gilt sie für Datenschutz und Bankgeheimnis gleich (Gleichlauf, etwa unten Zweiter Teil Rn 105–114). Beruht sie jedoch auf Generalklausel bzw. allgemeinen Rechtsgrundsätzen (unten Zweiter Teil Rn 87–104 und Rn 115–121), besteht kein Gleichlauf. Insbesondere Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGV (vergleichbar bis 2018: § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG a.F.) geht insofern weiter, als er eine Durchbrechung auf Grund allgemeiner Interessenabwägung vorsieht.171 In diesem Bereich wurde der Einfluss des BDSG (a.F.) vor allem für die standardisierten Formen der Kreditauskunft diskutiert, eine Diskussion, die – nunmehr freilich auf EUEbene und insofern auch deren methodischen Standards unterliegend – für Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGV fortzudenken ist (unten Zweiter Teil Rn 87–104). Ergebnisorientiert und praktisch sinnvoll ist eine Parallelbehandlung von Datenschutz und Bankgeheimnis jedoch bei allen Durchbrechungen, speziell wo ein Gleichlauf fehlt. Geregelt sind Anwendungsbereich und Schutzinhalt beider Schutzinstrumente (unten Zwei71 ter Teil Rn 72 ff., 81 ff.) in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken (Bankgeheimnis)172 bzw. in Art. 2 f. und 5 f. EUDSGV (bis 2018 vor allem §§ 3 ff., 27 BDSG), ausführlicher jedoch die Durchbrechungen: die Bankauskunft in Nr. 2 Abs. 2–4 AGB-Banken und Nr. 3 AGB-Sparkassen (unten Zweiter Teil Rn 88–95); die SCHUFA-Meldung und -Auskunft in der sog. SCHUFA-Klausel mit SCHUFA-Merkblatt (unten Zweiter Teil Rn 96–101); die Durchbrechungen im Steuerrecht durch §§ 30a (a.F.), 93, 208 ff., 399 ff. AO (unten Zweiter Teil Rn 105 f., auch zur Verschärfung durch Wegfall von § 30a AO) und im Strafrecht durch §§ 53, 161a und 94 f., 98, 103, 105 StPO sowie das GwG (unten Zweiter Teil Rn 107–114), daneben auch im Bankaufsichtsrecht (§ 24c KWG), wobei diese Norm (neben den ohnehin nur aufsichtlichen, nicht kundenbezogenen Zwecken) ebenfalls vor allem die Strafverfolgung unterstützt

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169 Schon nach § 1 Abs. 3 S. 2 BDSG a.F. konnten besondere Geheimhaltungspflichten, das Bankgeheimnis inbegriffen, durch das BDSG nicht verringert werden. Diese Norm entsprach der Auffangfunktion des BDSG, das einen Minimalstandard setzt(e). BDSG und Bankgeheimnis bildeten daher zwei kumulativ anwendbare Schutzinstrumente und waren als konkurrierende Schutzinstrumente zu verstehen. Dazu Simitis/Dix § 1 Rn 175–190; Gola/Heckmann/Gola/Reif § 1 Rn 12; Wech Bankgeheimnis S. 375 ff. Ausdrücklich so auch die ursprüngliche Gesetzgebungsbegründung BT-Drucks. 11/4306, S. 39 (zu § 1 Abs. 5 BDSG a.F.). Heute ebenso § 1 Abs. 2 S. 3 BDSG (n.F.). Ausdrücklich ebenso unter dem Regime DSGV/BDSG n.F. Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht § 1 Rn 5; Sander BKR 2019, 66 (68). 170 BGH Urt. v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05, BGHZ 171, 180 (188) = NJW 2007, 2106 (2107); Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (164); Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (180 f.); Canaris Bankvertragsrecht Rn 72, 72 a; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 27; Derleder/Knops/Bamberger/Rudolf/Kötterheinrich § 7 Rn 5; Derleder/Knops/Bamberger/Beckhusen/Martens § 8 Rn 53; i.Erg. auch Wech Bankgeheimnis, S. 373–376. 171 Dazu und zur Frage, inwieweit Gleiches beim Bankgeheimnis gilt, unten Zweiter Teil Rn 116. 172 In den AGB-Sparkassen ist das Bankgeheimnis in Nr. 1 Abs. 1 zwar ebenfalls genannt, doch fehlt die entspr. Definition. Diejenige in Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken ist freilich ohnehin nur deklaratorisch; vgl. nächste Fn.

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(vgl. Abs. 3 Nr. 2). Jenseits von Bank- und SCHUFA-Auskunft ist im Zivilrecht zwar der Grundsatz der Geheimhaltung in den Prozessordnungen festgehalten, jede Durchbrechung hingegen aus allgemeineren Grundsätzen herzuleiten (unten Zweiter Teil Rn 115–121). II. Bankgeheimnis 1. Grundlage. Das Bankgeheimnis beschreibt Nr. 2 Abs. 1 AGB-Banken in seinem Inhalt 72 (S. 1) sowie in den möglichen Durchbrechungen (S. 2); hier ist neben Einwilligung und Gesetz die Bankauskunft genannt, weil sie praktisch von so großer Bedeutung ist und weil die Zuordnung zu den anderen beiden Durchbrechungstatbeständen nicht gesichert erscheint. Die AGB statuiert jedoch nur, was anderenfalls ohnehin auf Grund objektiven Rechts gälte.173 Die Grundlage des Bankgeheimnisses im objektiven Recht ist str.; geklärt ist heute je- 73 doch, dass sie primär in einem Sonderrechtsverhältnis zu finden ist.174 Auch für das Bankgeheimnis wird teils auf den allgemeinen Bankvertrag als Rahmenvertrag verwiesen,175 teils auf ein gesetzliches Schuldverhältnis, das in der durch Vertragsverhandlungen begründeten Vertrauensbeziehung fuße.176 Teils sind die gesicherten Ergebnisse für die eine Theorie, teils für die andere schwer zu erklären. Gesichert ist: Die Geheimhaltungspflicht gilt unabhängig von Zustandekommen und Wirksamkeit der Vertragsbeziehung;177 sie gilt auch, wenn das Vertrauen zerstört oder nicht gebildet wird, etwa wenn das Institut Geheimhaltung ablehnt178 oder über den Kunden Informationen zu Dritten erlangt, die hiervon nichts wissen.179 Gegen die Lehre vom Vertrauensverhältnis spricht vor allem, dass sie bei der zentralen Differenzierung versagt, bei der Frage, wann Vertrauen enttäuscht (das Bankgeheimnis durchbrochen) werden darf und wann nicht. Am überzeugendsten erscheint es daher, das Bankgeheimnis im Schuldvertragsrecht in der Interessenwahrungspflicht stricto sensu zu verankern.180 In allen Bankgeschäften, die das Institut als Fremdgeschäftsführer abwickelt, ist die Geheimhaltungspflicht (Abstellen allein auf den Geheimhaltungswillen) mit auftrags- und treuhandrechtlichen Grundsätzen zu erklären: Erhält der Beauftragte Informationen, ohne selbst ein Vermögensopfer zu erbringen, entscheidet über deren Verwendung allein der Auftraggeberwille. Dass die meisten Bankgeschäfte eine Fremdgeschäftsführung beinhalten, strahlt wiederum aus: Im Grundsatz gilt das Gleiche für diejenigen Geschäfte, denen Austauschverträge zugrunde liegen; vor allem das Kreditgeschäft, weil fremdgeschäftsführendes Handeln das Gesamtbild des Kreditwesens

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173 Zur bloß deklaratorischen Wirkung der AGB und zu ihrer Wirksamkeit (§ 307 Abs. 3 BGB): Baumbach/Hopt (8) Nr. 1 Rn 1; BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 1; ausführlicher zum AGB-Regime unten Zweiter Teil Rn 293–295. 174 BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.) (Kirch/Deutsche Bank). Zu vereinzelten Begründungsversuchen, die das Deliktsrecht bemühen, statt aller: Canaris Bankvertragsrecht Rn 40 f. 175 BGH Urt. v. 25.10.1953 – II ZR 87/52, DB 1953, 1031 (1031); BGH Urt. v. 12.5.1958 – II ZR 103/57, BGHZ 27, 241 (246); BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.), OLG München (Fn 63), WM 2013, 795 (798) (Kirch); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 3 f.; Baumbach/Hopt (7) BankGesch Rn A/9; Schönle Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 1976, S. 36; nicht ganz klar: Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 111 f., 114 f. Fragwürdig nach BGH (Fn 2), BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281 (ausführlicher). Allgemeiner zur Kontroverse oben Zweiter Teil Rn 1–10. 176 Canaris Bankvertragsrecht Rn 42, 58 (mwN, auch zur Gegenmeinung); Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (153 f.); ausführlicher Überblick jüngerer Zeit bei Wech Bankgeheimnis S. 63–88, 104–146. 177 Heute weitgehend unstr., etwa Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (153 f.); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 114 f., 122–125; Canaris Bankvertragsrecht Rn 42 (mwN, auch zur Gegenmeinung); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.116; auch nachvertraglich, unstr., etwa BGH (Fn 175), DB 1953, 1031 (1031); implizit BGH (Fn 175), BGHZ 27, 241 (246). 178 Ebenso Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (152); ähnlich BuB/Hoffmann Rn 2/842. 179 Nachw. unten Fn 192. 180 Zumindest dem Wortlaut nach für die Verankerung in einer Interessenwahrungspflicht: BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 8; einen Aspekt (das Angewiesensein) betont Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (152) besonders; ähnlich Reifner JZ 1993, 273 (280); und in der Tendenz auch Wech Bankgeheimnis S. 63–88.

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prägt.181 Mit der Rückführung auf die Interessenwahrungspflicht sind vor allem Durchbrechungen des Bankgeheimnisses stringenter zu erklären182 als mit dem Topos Vertrauen sowie speziell der Umstand, dass das Kreditgeschäft (das in Austauschverträgen fußt) nicht nur bei den Warnund Aufklärungspflichten, sondern auch beim Bankgeheimnis eine Sonderstellung einnimmt. Dass das Recht des Kunden auch verfassungsrechtlich abgesichert ist, ist zwar – trotz Ge74 genstimmen183 – grundsätzlich kaum zu bezweifeln:184 Grundlage ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG und parallel Art.7 und 8 EU-Grundrecht-Charta),185 außerdem, soweit die Information in ihrem Geldwert betroffen ist, Art. 14 GG und vor allem bei Fragen des Kredits potentiell auch Art. 12 GG (und parallel Art. 17 und 15 EU-GrundrechteCharta).186 Diese verfassungs- und EU-rechtliche Grundlage ist jedoch für die praktische Anwendung unbedeutend, solange bei den gesetzlichen Durchbrechungen das Übermaßverbot beachtet wird. Umgekehrt wird zwar für die Institute angenommen, die Berufsfreiheit sei berührt, da eine Achtung der Vertrauensbeziehung die Geschäftsbeziehung fördert.187 Darin liegt jedoch insofern nur ein Reflex, als darüber, ob das Bankgeheimnis zu wahren ist, allein der Wille, hilfsweise das Interesse des Kunden entscheidet (nächste Rn). Nur über die Absicherung dieses Kundeninteresses wird das Institutsinteresse mit gefördert. 75

2. Inhalt. Ob und in welchem Umfang ein Bankgeheimnis besteht, entscheidet primär der ausdrückliche Wille des Kunden, hilfsweise der mutmaßliche oder sein objektives Interesse.188 Der ausdrückliche Wille ist auch zu achten, wenn er unvernünftig ist; Schutzwürdigkeit ist nicht eigens zu prüfen.189 Interessen des Instituts sind (hier noch) unerheblich.190 Dieser Ausgangspunkt

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181 Erklärung hierzu und Aufzählung der Bankgeschäfte mit Fremdgeschäftsführungscharakter bei: Grundmann Treuhandvertrag S. 224–226. 182 Vgl. unten Zweiter Teil Rn 115. 183 Etwa BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 5 f.; unmittelbaren verfassungsrechtlichen Schutz ablehnend: BuB/ Hoffmann Rn 2/857; zurückhaltend auch Wech Bankgeheimnis S. 147–155 („mittelbar“ und nur „in Randbereichen“). 184 Lerche ZHR 149 (1985), 165 (170–176, bes. 174 f.); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 2 f.; Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 5–10, 85–93; Canaris Bankvertragsrecht Rn 36 f.; ausf. Magg Der verfassungsrechtliche Schutz; und zum Bankgeheimnis aus öffentlichrechtlicher Sicht vor allem Tolani BKR 2007, 275. 185 BVerfG (Fn 13), BVerfGE 65, 1 (bes. 45) = NJW 1984, 419; Lerche ZHR 149 (1985), 165 (170–174); Canaris Bankvertragsrecht Rn 36 f.; sowie grundlegend Sichtermann MDR 1965, 697 (allgemeines „Persönlichkeitsrecht“); monographisch Huhmann Die verfassungsrechtliche Dimension des Bankgeheimnisses, 2002. Für Art. 8 EUGrundrecht-Charta vergleichbar Kühling/Raab in: Kühling/Buchner DS-GVO BDSG, 2, Aufl. 2018, Einführung Rn 26; Albrecht in Smitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann Datenschutzrecht, 1. Aufl. 2019, Einf. Art. 6 DS-GVO Rn 2; Sydow/Sydow DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Einleitung Rn 7 ff. 186 Lerche ZHR 149 (1985), 165 (165 und 170–172); tendenziell verneinend Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (157) (zu persönlich gefärbt). 187 Lerche ZHR 149 (1985), 165 (165); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 45; Canaris Bankvertragsrecht Rn 38; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht § 1 Rn 6; zur Reichweite des grundrechtlichen „prima facie“-Schutzes für die Banken im Einzelnen Huhmann Die verfassungsrechtliche Dimension, S. 383–416. 188 BGH (Fn 175), BGHZ 27, 241 (246) („alle Tatsachen, die der Kunde geheimzuhalten wünscht“); BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.), OLG München (Fn 63), WM 2013, 795 (798) (Kirch); so schon RGZ 139, 103 (105 f.); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 134–137, 162 f., 167 f.; Weber FS Werner, 1984, S. 955 (961–963); Canaris Bankvertragsrecht Rn 48 f.; Schönle (Fn 175), S. 42 f.; Zweifel daran, dass Abstellen auf Kundenwillen hinreichend schützt: Wech Bankgeheimnis S. 191–226. 189 Implizit BGH (Fn 175), BGHZ 27, 241 (246); OLG Dresden Beschl. v. 19.9.1919 – IV ZS, OLGE 40, 377 (377 f.) (1919); auch sonstige Nachw. vorige Fn; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 134 f.; Canaris Bankvertragsrecht Rn 48, 59 (auch bei Straftat); Schönle (Fn 175) S. 42 f. 190 BFH Beschluss v. 24.10.1989 – VII S 17/89, BFHE 158, 208 (208 f.); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 383 ZPO Rn 8; sowie (Schutz auch von öffentlichen Interessen, da die Störung des Vertrauensverhältnisses volkswirtschaftliche Schäden hervorriefe): OLG Hamburg Beschl. v. 20.12.1902 – III ZS, OLGE 6, 126 (127) (1902); Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 2 (implizit); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 210 f.

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entspricht der auftragsrechtlichen Interessenwahrungspflicht (nicht dem Vertrauenshaftungsmodell). Information darf nicht unter Hinweis auf den mutmaßlichen Willen bzw. das objektive Interesse weitergegeben werden, wenn bei dem Kunden rechtzeitig rückgefragt werden kann. Der Wille entscheidet auch über Gegenstand und Umfang der Geheimhaltungspflicht. 76 IZw. ist umfassende Einbeziehung gewollt191 – gleichgültig ob Tatsachen oder Wertungen betroffen sind, ob Geheimnisse oder öffentlich zugängliche Informationen,192 allein vorausgesetzt, dass das Institut die Information im Rahmen der Bank-Kunden-Beziehung erhielt, sei es durch Preisgabe seitens des Kunden, sei es durch eigene Beobachtung.193 Das gilt auch bereits für das Wissen um das Bestehen einer Bank-Kunden-Beziehung.194 Das Bankgeheimnis ist auch vor Weitergabe innerhalb des Instituts geschützt, soweit diese nicht im Interesse der Geschäftsabwicklung für den Kunden erforderlich ist („inneres Bankgeheimnis“).195 Der Wirksamkeit der Abtretung von Darlehensforderungen steht ein Verstoß gegen das Bankgeheimnis nicht entgegen, da dieses nur schuldrechtlicher Natur ist und kein wirksames Abtretungsverbot begründen kann und daher die Abtretung nicht gegen § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 2 StGB verstoßen kann.196 Das Bankgeheimnis hat im Zivil- und Sozialrecht auch vor Gericht Bestand (§§ 383 Abs. 1 77 Nr. 6, 384 Nr. 3 ZPO i.V.m. §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 29 Abs. 2 FamFG, 98 VwGO, 118 Abs. 1, 202 SGG). Mit dem Zeugnisverweigerungsrecht ist es auch negativ deckungsgleich: Dieses entfällt mit dem Bankgeheimnis.197 Vom Bankgeheimnis ist bei den Sparkassen die öffentlichrechtliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu trennen (§ 353b StGB), wobei nicht geklärt ist, ob nicht die Überlegungen zur Gleichbehandlung von Kunden privat- und öffentlichrechtlicher Institute beim Bankgeheimnis (unten Zweiter Teil Rn 80) auch hier maßgeblich sind. 3. Berechtigte und Verpflichtete. Durch das Bankgeheimnis geschützt ist, neben dem Kun- 78 den, auch der Kunde eines anderen Instituts, über den Informationen bestimmungsgemäß wei-

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191 BGH (Fn 175), BGHZ 27, 241 (246); Schraepler NJW 1972, 1836 (1836); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/ Terdenge Bankgeheimnis S. 136. Vgl. jedoch für Gegenbeispiele unten Zweiter Teil Rn 119. 192 Für beides: Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 131, 138 f.; BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 7 f.; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.119 f. Für Ersteres auch BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 12; sowie Wech Bankgeheimnis S. 227–245 (insbes. auch unwahre Tatsachen, str.). Für Letzteres aA Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (14 f.); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 13, 16; Letzteres i.Erg. offen lassend BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (92) = WM 2006, 380 (384). 193 Bloßer innerer Zusammenhang reicht: BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (92) = WM 2006, 380 (384); Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (14 f.); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 126–130; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 14; noch radikaler (auch bei Kenntnisnahme unabhängig von „innerem Zusammenhang“, d.h. auch wohl unabhängig von Geschäftsverbindung): Schumann ZIP 2004, 2353 (2361). 194 BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 15 (aber eigenständige Offenbarung des Kunden durch Kontonennung im Briefkopf); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.119. 195 Wech Bankgeheimnis S. 302–319; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 163; Kirchhartz in Claussen Bank- und Börsenrecht § 3 Rn 13; BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 9; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 21–30 (auch zur Unzulässigkeit von bankinternen Informationspools); monographisch Th. Hoffmann Rechtliche Schranken interner Informationsflüsse in Kreditinstituten. 196 BGH Urt. v. 19.4.2011 – XI ZR 256/10, NJW 2011, 3024 (3025); BGH Urt. v. 27.10.2009 – XI ZR 225/08, BGHZ 187, 60 = WM 2009, 2307 (2308); BGH Urt. v. 27.2.2007 – XI ZR 195/05, NJW 2007, 2106 (2107) = BGHZ 171, 180 (188), mit Anmerkungen von Lieth BKR 2007, 198; Cahn WuB I B 2 Bankgeheimnis/-auskunft 1.07, sowie eine umfassende Besprechung von Schwintowski/Schantz Grenzen der Abtretbarkeit grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensforderungen, NJW 2008, 472; Wech Bankgeheimnis S. 516–529; Vahldiek Datenschutz in der Bankpraxis, § 2 Rn 100; dazu auch Kramme Bankgeheimnis und Refinanzierungsabtretungen, S. 183–186. Zur Frage, ob und in welchen Fällen überhaupt das Bankgeheimnis verletzt ist, unten Zweiter Teil Rn 242. 197 Für § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO: RG Beschl. v. 19.1.1903 – Beschw. Rep. VI 268/02, RGZ 53, 315 (316); Rehbein ZHR 149 (1985), 139 (140) („zwei Seiten derselben Medaille“); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 383 ZPO Rn 11 f.; Schönle (Fn 175) S. 47; iE auch Canaris Bankvertragsrecht Rn 63 (Zeugnisverweigerungsrecht, aber Dritter kann Aussage mit einstweiliger Verfügung erzwingen). Zu den anderen Verfahrensordnungen vgl. Übersicht bei Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 229–243.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

tergegeben werden, etwa in einer Überweisungskette.198 In der Tat: Ist das Bankgeheimnis darauf zu stützen, dass die Information treuhänderisch gehalten wird, ist auch jeder Dritte, der das Geheimnis mitgeteilt bekommt (und um die Geheimhaltungspflicht weiß), wiederum verpflichtet. 79

4. Durchbrechungen – Grundsatz und Verweis. Durchbrechungen des Bankgeheimnisses können auf Zustimmung und gesetzliche Anordnung gestützt werden.199 Den standardisierten Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit (unten Zweiter Teil Rn 87–104) liegt die Zustimmung in der SCHUFA-Klausel bzw. die ausdrückliche oder konkludente Zustimmung nach Nr. 2 Abs. 3 S. 1–3 AGB-Banken zugrunde. Seit Eingreifen des parallelen Schutzmechanismus der EU-DSGV (bis 2018: des BDSG) wird (mit datenschutzrechtlichen Erwägungen) zusätzlich eine Interessenabwägung gefordert (vgl. dort). Unproblematisch sind die auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Durchbrechungen im Steuer- und Strafrecht (unten Zweiter Teil Rn 105–114). Die Grundsatzfrage, wie Durchbrechungen jenseits von Zustimmung und konkreten gesetzlichen Erlaubnistatbeständen zu begründen sind, betrifft also praktisch nur die sonstigen Durchbrechungen im Zivilrecht (unten Zweiter Teil Rn 115–121) und ist dort zu diskutieren.

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5. Verletzungsfolgen. Verstöße begründen Schadensersatzansprüche nach den für Sonderrechtsverhältnisse geltenden Regeln,200 auch wenn ein Nichtkunde geheimnisberechtigt ist. Deliktische Ansprüche haben daneben kaum Bedeutung.201 Freilich sind die Sanktionsfolgen relativ stark begrenzt: Fast einhellig wird ein Schaden verneint, wenn der Verstoß nur dazu führt, dass ein Dritter einen bestehenden Anspruch gegen den Kunden durchsetzen kann, etwa einen Steueranspruch oder indem Pfändung möglich wird.202 Auch eine Geldbuße oder -strafe wird grundsätzlich nicht als ersatzfähiger Schaden gesehen.203 Eine Kündigung aus wichtigem Grund stellt ebenfalls keine scharfe Sanktion dar.204 Strafrechtliche Folgen hat der Verstoß nicht einmal mehr für Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute (§ 203 Abs. 2 StGB).205

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198 BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 19 f. (außerdem nahe stehende Personen, etwa Mitgesellschafter oder Ehegatte); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.123; allgemeiner zur Einbeziehung auch Dritter Wech Bankgeheimnis S. 272–302 (mit Quasivertrag zugunsten Dritter). 199 Nr. 2 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken, der nach dem Gesagten (oben Zweiter Teil Rn 72) nur das objektive Recht reproduziert. Zur Wahrnehmung berechtigter Interessen als möglichem Durchbrechungstatbestand unten Zweiter Teil Rn 116–118. 200 BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.) (Kirch/Deutsche Bank); Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 202; Canaris Bankvertragsrecht Rn 42; ausf. Wech Bankgeheimnis S. 529 ff. 201 Vor allem Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 28 BDSG a.F. (entspricht Art. 6 Abs. 4 EU-DSGV i.V.m. § 24 BDSG nF), da diese Schutznormen auch Kreditinstitute (gleichsam als Doppelung des Bankgeheimnisses) binden: Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 79; Canaris Bankvertragsrecht Rn 41; aA BGH Urt. v. 17.12.1985 – VI ZR 244/84, NJW 1986, 2505 (2506 f.); BGH Urt. v. 22.5.1984 – VI ZR 105/82, BGHZ 91, 233 (238); Verletzung des Persönlichkeitsrechts als „sonstiges Recht“ noch annehmend: BGH Urt. v. 7.7.1983 – III ZR 159/82, NJW 1984, 436 (436); offengelassen von BGH Urt. v. 19.5.1981 – VI ZR 273/79, BGHZ 80, 311 (319). Nach OLG Frankfurt Urt. v. 6.1.1988 – 17 U 35 und 203/87, WM 1988, 154 (159 f.) kommt ein Schmerzensgeldanspruch nicht in Betracht. 202 BGH Urt. v. 4.7.1973 – VIII ZR 59/72, WM 1973, 892 (894); Canaris Bankvertragsrecht Rn 66; Tolani BKR 2007, 275 (276 ff.); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 306. 203 Canaris Bankvertragsrecht Rn 67 mit Ausnahmen, wenn Selbstanzeigemöglichkeit genommen; zur Ausnahme bei Wegnahme der Selbstanzeigemöglichkeit ferner Derleder/Knops/Bamberger/Beckhusen/Martens § 8 Rn 63. 204 Zur Kündigung gegenüber dem Kreditinstitut, jedoch auch zur Kündigung des fraglichen Mitarbeiters durch das Kreditinstitut: BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 310–312; Canaris Bankvertragsrecht Rn 69; Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 23. Zu einer Kündigung auf Grund der Verletzungshandlung: Canaris Bankvertragsrecht Rn 68. Seitdem der Kunde das Kontokorrentverhältnis ohnehin jederzeit frei kündigen kann (§ 675h Abs. 1 BGB, bei einer Hächstkündigungsfrist von einem Monat), betrifft dies allenfalls Einzelrechtsverhältnisse. 205 BGH (Fn 196), BGHZ 183, 60 = WM 2009, 2307 = BKR 2009, 508 (Diskriminierung zwischen Kunden verschiedener Institutsgruppen verfassungswidrig, so dass teleologische Reduktion angezeigt); Kümpel/Wittig/ Merz Rn 6.53; für die frühere Rechtslage etwa Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 82; BuB/Hoffmann Rn 2/858.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

III. Datenschutz als konkurrierendes Schutzinstrument 1. Grundlage und Inhalt. Anders als das Bankgeheimnis ist der Datenschutz schon her- 81 kömmlich hoheitlich ausgestaltet: für Privatrechtssubjekte und öffentliche, im Wettbewerb stehende Stellen des Bundes geschah dies mit Wirkung bis zum 25.5.2018 im Bundesdatenschutzgesetz a.F. (BDSG a.F.);206 seit diesem Zeitpunkt trat die EU-Datenschutz-Grundverordnung an seine Stelle, für alle Privatrechtssubjekte und alle öffentlichen Stellen, mit unmittelbarer Anwendbarkeit in allen Mitgliedstaaten, flankiert nur für die Ausführung (und im Folgenden nicht relevant) durch das BDSG n.F.207 Trotz Anhebung des Schutzniveaus im Allgemeinen hat diese EU-Verordnung das Grundsystem und die Eckpfeiler des Zusammenwirkens mit dem Bankgeheimnis im Kern unverändert gelassen. Die gesetzliche Ausgestaltung bringt es mit sich, dass die rechtliche Grundlage nicht ähnlich grundsätzlich diskutiert wurde wie für das Bankgeheimnis, obwohl beide mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. dem Recht auf Datenschutz die verfassungs- und EU-Charta-rechtliche Grundlage teilen208 und auch Eigentumsgarantie und Berufsfreiheit vergleichbar tangiert sein können. In Inhalt und Anwendungsbereich ist der Schutz nach den Datenschutzregimen enger als 82 beim Bankgeheimnis, allerdings hat sich der sachliche Anwendungsbereich mit Erlass der EUDGSV tendenziell eher ausgedehnt und solchermaßen dem beim Bankgeheimnis angenähert. Ohne Geheimhaltungswillen des Kunden entfällt auch der Datenschutz (Art. 6 Abs. 1 lit. a EU-

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206 IdF der Bekanntmachung vom 14.1.2003: Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), BGBl. 2003 I S. 66; Änderungen BGBl. 2005 I S. 2722; 2006 I S. 1970; 2009 I S. 160; 2009 I S. 2254; 2009 I S. 2355; 2009 I S. 2814. Das Gesetz bildete die Umsetzung der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG 1995 L 281/31; geändert durch: Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.9.2003, ABl. EG 2003 L 284/1; zur Entwicklung Ehmann EG-Datenschutz-Richtlinie; Tinnefeld NJW 2001, 3078; Roßnagel NJW 2009, 2716; sowie zusammenfassend Simitis/Simitis Einl. Rn 50–88. Für öffentliche, im Wettbewerb stehende Stellen der Länder galten die Landesdatenschutzgesetze (für alle Bundesländer, so dass ein hilfsweises Eintreten des BDSG [vgl. § 27 BDSG a.F.] unnötig wurde). Vgl. Abdruck in: Dammann/Simitis Datenschutzrecht – Texte zum Datenschutz mit Telekommunikation und Telediensten: Landes-, Bundes-, Europa-, Völkerrecht, 9. Aufl. 2005. Öffentliche Stellen in diesem Sinne waren im Bankgeschäft die Sparkassen (wenn auch nicht mehr für § 203 Abs. 2 StGB, vgl. Fn 202): Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (519); Thilo NJW 1984, 582 (582 f.). Dies galt auch nach Wegfall der Gewährträgerhaftung: Simitis/Simitis § 27 Rn 17–21 (materiell ohnehin weitgehende Gleichbehandlung von öffentlichen Wettbewerbsunternehmen und Privaten); offen gelassen von BGH (Fn 205), BGHZ 183, 60 (63). 207 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), ABl.EU 2016 L 119/1; sowie Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates, ABl.EU 2016 L 119/89. Vorarbeiten in den zwei Entwürfen der EUKommission zu: Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung), KOM (2012) 11 endg. und Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung, Untersuchung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr, KOM (2012) 10 endg. Im Kern wurde hiermit die Datenschutzrichtlinie von 1995 (vorige Fn) ersetzt und die Einheitlichkeit des europäischen Datenschutzrechts hergestellt. Zu den Entwürfen: Albrecht CRI 2016, 33; Kühling/Martini EuZW 2016, 488; Koster BB 2015, 1537; Reding ZD 2012, 195; zum verabschiedeten Regime vgl. Lit.verz. und namentlich: Kühling/Raab in Kühling/Buchner DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Einf. Rn 73 ff.; Gola/Gola DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Einl. Rn 20 ff.; Rücker/Kugler (Hrsg.) New European General Data Protection Regulation, 2018; Korff/Georges The Data Potection Officer Handbook, 2019; Lettl WM 2018, 1149; Leeb/Liebhaber JuS 2018, 534. 208 Für die EU-DSGV etwa Gola/Gola DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Einl. Rn 9; Schwintowski/Schantz Kap. 4 Rn 13; Pötters RDV 2015, 10. Für das BDSG a.F.: Simitis NJW 1984, 398 (399–402, bes. 400 f.); BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 27. Für das Bankgeheimnis vgl. oben Zweiter Teil Rn 74.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

DSGV, vor 2018 § 4 Abs. 1 2. Alt. BDSG a.F.). Datenschutz wird zudem von der DS-GVO nur für personenbezogene Daten gewährt (Art. 2 Abs. 1; 4 Nr. 1 EU-DSGV, vor 2018 §§ 4 Abs. 1, 27 Abs. 1 BDSG a.F.), was jedoch bei Bankgeheimnissen idR zu bejahen ist. Entfallen ist durch Erlass der EU-DSGV die weitere Einengung, die darin lag, dass unter dem BDSG a.F. nur Daten erfasst wurden, soweit sie in Dateien gespeichert wurden, nicht hingegen Daten in Akten, die nicht offensichtlich Dateien entnommen waren (§ 27 Abs. 2 BDSG a.F.; vgl. auch nächste Rdn). Demgegenüber ist der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO weitestgehend technikneutral gestaltet, auch papiergebundene Dateien und Akten – jedenfalls geordnet angelegte Akten – erfassend (Art. 2 Abs. 1 EU-DSGV, mit Erw.grund 15).209 Weiter bleibt der Anwendungsbereich des Bankgeheimnisses freilich insoweit, als auch vereinzelte ungespeicherte Informationen und Auffassungen erfasst sind, etwa der, dass beim Kunden Insolvenz bevorstehe oder dass er überhaupt Kunde ist. Dass die Bearbeitungsformen im Datenschutzregime – nach Art. 4 Nr. 2 EU-DSGV (in nicht abschließender Aufzählung) das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, der Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung – 210 – beruflich erfolgen müssen (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. c EU-DSGV, vor 2018 § 27 Abs. 1 S. 2 BDSG a.F.), also (in der Diktion der EU-Verordnung) nicht „zur Ausübung ausschließlich persönlicher und familiärer Tätigkeiten von natürlichen Personen“ bestimmt sein darf, ist im Bankgeschäft unproblematisch. Auch ist der Begriff der personenbezogenen Daten (heute definiert in Art. 4 Nr. 1 EU-DSGV) ebenso weit wie der möglicher Information beim Bankgeheimnis und umfasst vor allem211 auch Wertungen, jede geschäftliche Information mit Personenbezug, nicht nur private und intime, gleichgültig ob sie Geheimniswert hat und ob sie mitgeteilt oder vom Pflichtigen selbst erhoben wird. 83 Die wichtigste Neuerung im sachlichen Anwendungsbereich der EU-DGSV gegenüber dem BDSG a.F. liegt nach dem Gesagten darin, dass sie auf Daten und nicht mehr nur auf in Dateien gespeicherte Daten Anwendung findet, die eine Umordnung und/oder Verwertung durch automatisierte Verfahren ermöglichen oder die zumindest nach gleichartigem Aufbau gesammelt werden und nach bestimmten Merkmalen (um)geordnet oder verarbeitet werden können (nicht klassische Akten, vgl. § 3 Abs. 2, 3–5 BDSG a.F.). Abgesehen davon, dass es solche klassischen Akten im Bankgeschäft schon praktisch nicht mehr gab, entfällt mit dieser Änderung auch der bisherige Streit zur Frage, ob auch die Weitergabe einer zusammenfassenden Aussage erfasst sei, wenn (ohne automatisierte Datenverarbeitung) ein wertender Schluss aus ihnen gezogen wird, etwa eine Gesamtwertung für die Bankauskunft, und allein diese (in der Datei nicht zu findende) Quintessenz weitergegeben wird.212 Für die EU-DSGV, in der jede Form der Bereitstellung erfasst sein soll (Art. 4 Nr. 2 EU-DSGV), muss die genannte Frage sicherlich bejaht werden.213

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209 Vgl. etwa Kühling/Raab in: Kühling/Buchner (Hrsg.) DS-GVO BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 2 Rn 18. Nur Akten oder Aktensammlungen sowie ihre Deckblätter, die nicht nach bestimmten Kriterien geordnet sind, sollen nach Erwgr. 15 nicht in den Anwendungsbereich fallen. 210 Nach § 3 Abs. 3–5 BDSG a.F. noch etwas knapper, inhaltlich aber wohl praktisch identisch, das Erheben (Abs. 3), das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen (Abs. 4) und das sonstige Nutzen (Abs. 5); zur Gegenüberstellung (und Vergleichbarkeit) der beiden Kataloge vgl. etwa Gola/Gola DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn 3. 211 Vgl. für die EU-DSGV etwa Kühling/Buchner/Klar/Kühling Art. 4 DS-GVO Rn 8 ff.; Gola/Gola Art. 4 DS-GVO Rn 4 ff. Für das BDSG a.F. entsprechend Schaffland/Wiltfang § 3 Rn 6–12, 19; BuB/Hoffmann Rn 2/1052. 212 Gegen Einordnung als Datenverarbeitung iSd BDSG a.F.: Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (184–187); Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (20); Vahldiek Datenschutz in der Bankpraxis, § 7 Rn 4. 213 Da in diesem Fall die Verarbeitungsvorteile für Daten, die automatisiert zusammengesucht werden können, offen stehen, wurde das schon in den Vorauflagen so gesehen – namentlich auch, weil m.E. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Auslegungsleitbild zugrunde zu legen war. So auch die Lit. zum BDSG a.F.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

2. Berechtigte und Verpflichtete. Berechtigt sind allein natürliche Personen (Art. 1 Abs. 1 84 EU-DSGV, freilich auch Gesellschafter.214 Dabei ist jede Person berechtigt („betroffen“ i.S.v. Art. 4 Nr. 1 EU-DSGV, vor 2018 § 4 Abs. 1 BDSG a.F.), auf die sich das personenbezogene Datum bezieht, unabhängig von einer Rechtsbeziehung zum Verpflichteten. Ob eine Sonderrechtsbeziehung besteht, ist nicht von praktischer Bedeutung, da Art. 82 Abs. 3 EU-DSGV (vor 2018 vergleichbar § 7 S. 2 BDSG a.F.) die Beweislast in Übereinstimmung mit § 280 Abs. 1 S. 2 BGB regelt und da im Rahmen von Art. 82 DS-GVO auch die Exkulpation nach § 831 BGB ausscheidet (ebenso vor 2018 § 7 BDSG a.F.).215 Verpflichtet ist jede verarbeitende Stelle, unabhängig von einer Vertrauensbeziehung, gerade auch das Kreditinstitut. 3. Durchbrechungen – Grundsatz und Verweis. Durchbrochen werden darf der Daten- 85 schutz nachArt. 5 ff. EU-DSGV, mit der Kernvorschrift in Art. 6 (vor 2018 strukturell vergleichbar und im Kern inhaltsgleich: §§ 4 Abs. 1, 28 ff. BDSG a.F.). Nötig ist (i) die Einwilligung des Betroffenen (Art. 6 Abs. 1 lit. a), 7 f. EU-DSGV) – nach § 4 Abs. 1 S. 3 BDSG a.F. noch die schriftliche Einwilligung –,216 (ii) eine Norm außerhalb der EU-DSGV (insbes. auch im nationalen Recht, Art. 6 Abs. 2 und 3 EU-DSGV) oder (iii) eine gesetzliche Ermächtigung in dieser selbst (Art. 6 Abs. 1 lit. b)–f) EUDSGV, für das Regime vor 2018 vergleichbar im Dreiklang: § 4 Abs. 1 und § 28 BDSG a.F.). Die standardisierten Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit (unten Zweiter Teil Rn 87– 104) beruhen zwar auf (schriftlicher) Zustimmung in der SCHUFA-Klausel bzw. Handelsbrauch. Die Zustimmung erfolgt jedoch klauselmäßig und es sind iE die Maßstäbe der Art. 4 Nr. 11, 6 ff. EUDSGV (bis 2018: § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG a.F.) anzulegen. Sie prägten schon bisher die Entwicklung: Eine Übermittlung von Daten über bestimmte Forderungen an Auskunfteien wie die SCHUFA war schon seit dem 1.4.2010 nur noch unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 28a BDSG möglich,217 den unter dem Regime der EU-DSGV § 31 BDSG n.F. ersetzt, dessen Konformität mit den Verordnungsvorgaben jedoch umstritten ist.218 Namentlich im Hinblick auf die „Freiwilligkeit“ (Art. 7 Abs. 4 EU-DSGV), die in Art. 4 Nr 11 EU-DSGVO ausdrücklich als Voraussetzung der Wirksamkeit der Zustimmung statuiert wird, ist die Kernfrage ungeklärt. Sie geht dahin, ob „eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten … für die Erfüllung des Vertrags [nur dann] erforderlich“ ist, wenn andernfalls die Leistung gar nicht erbracht werden kann, oder auch dann, wenn sie zwar grundsätzlich erbracht werden könnte, der konkrete Vertrag jedoch Kreditelemente in einem solchen Umfang beinhaltet, dass sein Abschluss im modernen Geschäftsverkehr eine Form oder jedenfalls die Möglichkeit einer Kreditprüfung voraussetzt.219 Un-

_____ etwa Simitis/Dammann § 3 Rn 12; Gola/Schomerus § 3 Rn 3a; schon Thilo NJW 1984, 582 (583); Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (519); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 424 f., 433–441; sowie Schaffland/ Wiltfang § 1 Rn 16, mit anderem Beispiel. Für Bewertungsportale im Internet dann ebenfalls BGH Urt. v. 23.6.2009 – VI ZR 196/08 BGHZ 181, 328 = NJW 2009, 2888. Für die EU-DSGV heute ebenso etwa Gola/Gola Art. 4 Ds-GVO Rn 13; Simitis/Hornung/Spiecker/Karg Art. 4 DS-GVO Rn 29. 214 Für die EU-DSGV Gola/Gola Art. 4 DS-GVO Rn 25; Sydow/Ziebarth Art. 4 DS-GVO Rn 13; Schwintowski/ Schantz Kap. 4 Rn 11. Für das BDSG a.F.: Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (182 f.); Schaffland/Wiltfang § 3 Rn 19; Canaris Bankvertragsrecht Rn 73. 215 Gola DS-GVO/Gola/Piltz Art. 82 Rn 19. Nötig ist Vollbeweis für die Einhaltung der Vorschriften der EU-DSGV oder fehlende Kausalität: Kühling/Buchner/Bergt DS-GVO Art. 82 Rn 46–48. 216 Schriftformerfordernis jedoch mit EU-DSGV entfallen: Kühling/Buchner/Buchner/Kühling DS-GVO Art. 7 Rn 27. 217 Dazu noch BankR-HdB/Krepold § 41 Rn 9–9c. 218 Namentlich bezweifelt wird, ob dem nationalen Gesetzgeber eine Regelungsbefugnis zukommt, da der Regelungsgegenstand des § 31 BDSG bereits von Art. 22 und Art. 6 der DS-GVO abschließend geregelt sei. So Ehmann in Simitis/Hornung/Spiecker Anh. 2 zu Art. 6 DS-GVO Rn 17 ff.; Abel ZD 2018, 103 (106). Vgl. hierzu auch Kühling/ Buchner/Buchner § 31 BDSG Rn 4–5; Gola/Heckmann/Lapp § 31 BDSG Rn 4. Für eine europarechtliche Vereinbarkeit, aber gegen eine Verortung im Datenschutzrecht Gola/Schulz Art. 6 DS-GVO Rn 110. 219 Zu Freiwilligkeit der Zustimmung und den Fragen des Gewichts dieses Kriteriums und seiner Einschränkung vgl. namentlich Simitis/Hornung/Spiecker/Schantz Art. 6 DS-GVO Rn 42; Ehmann/Selmayr/Heberlein Art. 6 DS-GVO Rn 14; Kühling/Buchner/Buchner/Petri Art. 6 DS-GVO Rn 48, 159 ff.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

ter diesem Vorbehalt steht die Darstellung namentlich des SCHUFA-Systems im Folgenden. Unproblematisch sind demgegenüber die gesetzlich vorgesehenen Durchbrechungen im Steuerund Strafrecht, weil sie gesetzlicher Natur sind und (klar) im öffentlichen Interesse liegen (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. e) i.V.m. Abs. 2 EU-DSGV; unten Zweiter Teil Rn 105–114). Die sonstigen Durchbrechungen im Zivilrecht (unten Zweiter Teil Rn 115–121) sind an Art. 6 Abs. 1 lit. f EU-DSGV zu messen, der allein im Privatrechtsverkehr gilt (vgl. dort S. 2; bis 2018: § 28 BDSG a.F., vor allem Abs. 1 Nr. 1 und 2); die Begründungen entsprechen weitgehend denen zum Bankgeheimnis. 86

4. Verletzungsfolgen. Die Regeln der EU-DSGV (früher bzw. flankierend des BDSG) haben individualschützenden Charakter, ein (wohl sogar) verschuldensabhängiger220 Schadensersatzanspruch wird vorausgesetzt (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. EU-DSGV/BDSG, § 824 BGB). Auch gegenüber Privatrechtssubjekten ist für die Kausalität eine Beweislastumkehr vorgesehen (Art. 82 Abs. 3 EU-DSGV): Zwar trifft die Beweislast für die Datenverarbeitung den Anspruchsteller,221 diejenige für die Einhaltung der Rechtfertigungsstandards und vor allem für das fehlende Verschulden jedoch (Letzteres wie in § 280 Abs. 1 S. 2 BGB) den Anspruchsgegner222 – wenn der Anspruch nicht gar als gänzlich verschuldensunabhängig zu verstehen ist. Bei schweren Verletzungen kommt, da auch das Persönlichkeitsrecht tangiert ist, ein Schmerzensgeldanspruch hinzu. Zudem sind Verstöße straf- bzw. bußgeldbewehrt (Art. 83, 84 EU-DSGV und §§ 41 ff. BDSG n.F.). IV. Standardisierte Durchbrechungen für Mitteilungen zur Kreditwürdigkeit

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Mit Bankauskunft und SCHUFA-Mitteilung bzw. -Auskunft werden einerseits Geheimhaltungspflichten durchbrochen (unten Zweiter Teil Rn 92–95, 99–101). Mit beiden wird andererseits Auskunft gegeben und zwar über die Kreditwürdigkeit einer Person (über Vollkaufleute und juristische Personen, unten Zweiter Teil Rn 93, bzw. über Verbraucher, unten Zweiter Teil Rn 96, mit sehr verschiedenem Zuschnitt). Die Probleme von Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten (oben Zweiter Teil Rn 24 ff.) ergeben sich hier dennoch nur zT: Die wichtige Frage, ob spontan aufzuklären ist etc. (oben Zweiter Teil Rn 28–38), mit Haftungsfolgeproblemen stellt sich nicht. Denn beide Auskünfte werden nur auf Anfrage gegeben. Daher stehen zwei andere Fragen im Vordergrund; einerseits, ob ein Anspruch auf Beantwortung der Anfrage klageweise durchgesetzt werden kann, und andererseits, ob mit einer tatsächlich erteilten Auskunft gegen die Wahrheitspflicht verstoßen wurde (oben Zweiter Teil Rn 26 f.). Die sonstigen Haftungsfragen (unten Zweiter Teil Rn 102–104) stellen sich parallel zu dem, was für die Aufklärungs-, Warn- und Beratungspflichten ausgeführt wurde, freilich nunmehr mit Drittbezug, so dass vor allem zu fragen ist, in welchen Fällen die Haftung den für Sonderrechtsbeziehungen geltenden Grundsätzen folgt.

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220 Für die EU-DSGV Paal/Pauly/Frenzel Art. 82 DS-GVO Rn 6; Plath/Becker Art. 82 DS-GVO Rn 5; Wybitul ZD 2016, 253 (253 f.); speziell für Ansprüche gegen Private, etwa Banken: Gola/Gola/Pilz Art. 82 Rn 3 (vgl. auch Rn 18); Simitis/Hornung/Spiecker/Boehm Art. 6 Rn 15; ebenso bisher für das BDSG a.F.: Schaffland/Wiltfang § 7 Rn 5. Für öffentliche Stellen i.S.v. § 2 BDSG a.F. sah § 8 Abs. 1 BDSG a.F. ausdrücklich eine verschuldensunabhängige Haftung vor. Näher zum Verhältnis der Ansprüche Schaffland/Wiltfang § 8 Rn 2; Canaris Bankvertragsrecht Rn 72a. Von einer dogmatisch als verschuldensunabhängig zu konstruierenden Haftung nach Art. 82 EU-DSGV insgesamt ausgehend: Paal/Pauly/Frenzel, DS-GVO, 2. Aufl. 2018, Art. 82 Rn 6; Wybitul DS-GVO veröffentlicht – Was sind die neuen Anforderungen an die Unternehmen, ZD 2016, 253 (253 f.). 221 Gola/Gola/Piltz Art. 82 DS-GVO Rn 15; Kühling/Buchner/Bergt DS-GVO Art. 82 Rn 46. Zum BDSG a.F.: Schaffland/Wiltfang § 7 Rn 2; Simitis/Simitis § 7 Rn 23. 222 Die Verarbeitngsstelle schuldet Vollbeweis für die Einhaltung der Vorschriften der EU-DSGV oder fehlende Kausalität: Kühling/Buchner/Bergt DS-GVO Art. 82 Rn 46–48; Simitis/Hornung/Spiecker/Boehm Art. 82 DS-GVO Rn 31; Gola/Gola/Piltz Art. 82 DS-GVO Rn 18 f.; Auernhammer/Eßer Art. 82 DS-GVO Rn 11; für Garantiehaftung etwa Paal/Pauly/Frenzel, 2. Aufl. 2018, DSG-VO Art. 82 Rn 6.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

1. Bankauskunft (primär im kaufmännischen Verkehr) a) Grundlage und Inhalt. Seit 1993 ist die Bankauskunft in Nr. 2 Abs. 2–4 AGB-Banken und 88 praktisch identisch in Nr. 3 AGB-Sparkassen geregelt.223 Zentral ist die Trennung von vollkaufmännischen Kunden (mit juristischen Personen) und anderen Kunden nach Nr. 2 Abs. 3 AGBBanken: Die Bankauskunft ist daher ein Instrument vor allem des ersten Bereichs. Genauer beschrieben wurde sie in den „Grundsätzen für die Durchführung des Bankauskunftsverfahren zwischen Kreditinstituten“ vom 1.5.1987, die auf ein gemeinsames Kommuniqué der Spitzenverbände des Kreditwesens und von Vertretern der Bundes- und Landesdatenschutzbehörden von 1984 zurückgehen.224 Da Zweifel an der Wirksamkeit von Nr. 2 AGB-Banken und Nr. 3 AGB-Sparkassen nicht 89 geäußert werden – verständlich angesichts der „Aushandlung“ mit den Vertretern des Datenschutzes und der Orientierung an der diesbezüglichen datenschutzrechtlichen BGH-Rechtsprechung –, ist eine alte Streitfrage praktisch obsolet: Teils wird die Bankauskunft als Handelsbrauch gesehen und schon deswegen für zulässig gehalten,225 teils darauf hingewiesen, dass ihr „häufig das Odium der Undurchschaubarkeit und des Unkontrollierten“ anhaftete.226 Richtig ist dies jedoch nur für die früher ebenfalls ohne spezielle Zustimmung erteilte Bankauskunft über nicht- und minderkaufmännische Kunden. In den Schranken, die Nr. 2 Abs. 3 AGB-Banken vorsieht, d.h. in vollkaufmännischen Kreisen und unter Verbürgung eines Gegenweisungsrechts, ist die Bankauskunft in der Tat als unangezweifelt, auch von Handelsseite geübt und als Handelsbrauch anzusehen. Nr. 2 Abs. 2 AGB-Banken beschreibt den Inhalt der Bankauskunft. Der Auskunftsadressat 90 soll Hilfe bei der Entscheidung erhalten, ob er dem Bankkunden Kredit in irgendeiner Form geben soll (Geld- oder Warenkredit, auch etwa Bürgschaft). Daher wird etwa angefragt, ob der Kunde – derzeit! – „gut“ sei „für einen Warenkredit von 70.000,– €“. Das Institut gibt hierauf primär eine ebenso allgemein gehaltene Antwort, die Kreditbeurteilung. Sie reicht von der umfassend positiven Antwort („jederzeit gut“) über schon recht kritische Versionen („weitgehend gut“) bis hin zum Rat, Sicherheiten zu nehmen, oder auch zur stark kritischen Aussage, die (finanzielle) Lage des Kunden sei „stark angespannt“. Es bildet einen Handelsbrauch, den der Adressat bei der Auslegung berücksichtigen muss, dass die Antwort schonend zu formulieren ist, auch wegen der Konfliktlage, in der sich das Institut befindet (Interessenwahrungspflicht gegenüber Kunden; Haftungsrisiko auch gegenüber dem Adressaten).227 Aufgedeckt, wiederum allgemein gehalten, werden auch die wesentlichen Grundlagen, d.h. die finanzielle Lage sowie auch die Beurteilung der Organisation (Zuverlässigkeit, Professionalität etc.), nicht jedoch kon-

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223 Näher zum AGB-Regime unten Zweiter Teil Rn 294 f. Nr. 3 Abs. 1 AGB-Sparkassen beschreibt den Inhalt der Auskunft in Übereinstimmung mit Nr. 2 Abs. 2 AGB-Banken. Nr. 3 Abs. 2 AGB-Sparkassen regelt die Zulässigkeit der Auskunft (einschließlich Auskunftsberechtigten) in gleicher Weise wie Nr. 2 Abs. 3, 4 AGB-Banken. Es fehlt zwar die Einschränkung, dass bei entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen des Auskunftssubjekts eine Auskunft unzulässig sein kann. Sie ist jedoch, da sie sich aus datenschutzrechtlichen Erwägungen ergab (vgl. im Text), auch für den Sparkassensektor zu machen. Umgekehrt gilt auch für die Privatbanken, obwohl die AGB-Banken dies nicht spezifizieren, dass sich die Institute nach bestem Wissen zur Verfügung stellen und dass eine unverzügliche schriftliche Korrektur maßgeblich ist (früher explizit: Nr. 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 AGB-Sparkassen). 224 Abgedr. in ZIP 1987, 608; dazu Schebesta WM 1989, 429 (429); Weber Die Bank 1987, 324 (auch mit Abdruck). 225 Schraepler NJW 1972, 1836 (1839); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 85 (mwN); Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 59. 226 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 1; BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 18; auch Thilo NJW 1984, 582 (582 und 584); Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (16); Canaris Bankvertragsrecht Rn 56; Zustimmung konstitutiv: BGH Urt. v. 19.9.1985 – III ZR 213/83, BGHZ 95, 362 (365) = NJW 1986, 46; Hopt ZIP 1982, 1378 (1379). 227 Hierzu, auch zur schonenden Abfassung: Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 83; Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 390; Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 61–63. Zum Zeitpunkt, auf den sich die Auskunft bezieht oben Zweiter Teil Rn 39, zur Haftung unten Zweiter Teil Rn 104.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

krete Konto- oder Depotstände u.ä. Auf solche Mitteilungen bezieht sich also weder die Zustimmung des Kunden noch der Handelsbrauch; auf sie besteht sicher kein Anspruch, die „bankmäßige“ Auskunft umfasst sie nicht.228 Eine Ausnahme bilden nur die sog. harten Negativmerkmale, die aufzudecken sind, soll die Auskunft nicht unzutreffend sein.229 Nicht einmal in allgemein gehaltener Form mitgeteilt werden Punkte zur Privatsphäre,230 wobei nach der Relevanz für die Kreditwürdigkeit abzugrenzen ist (Spiel- oder Spekuliersucht nicht „privat“). Für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Auskunft kann ungeachtet des § 675 Abs. 2 BGB ein stillschweigender Auskunftsvertrag vorliegen, aus dem eine vertragliche Haftung folgen kann, wenn die Auskunft für den Emfänger von erheblicher Bedeutung ist und diese erkennbar zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen gemacht werden soll.231 Gestützt wird die Bankauskunft – auch dies muss der Adressat berücksichtigen – auf das 91 präsente Wissen des Instituts, das nichtpräsentes Wissen nicht recherchiert.232 Allerdings gelten die dargestellten Grundsätze über die Wissenszurechnung innerhalb des Instituts.233 Auch ist, soweit dies dem Institut erkennbar ist, auf andere Kontoverbindungen des Kunden (mit derselben Filiale oder mit anderen Filialen der Gesamtbank) hinzuweisen, um eine Verbreiterung der Auskunftsbasis zu ermöglichen; hierauf ist die Kundenzustimmung bzw. der Handelsbrauch ebenfalls zu beziehen.234 b) Zulässigkeit und Anspruch auf Erteilung. Die Bankauskunft ist nur gegenüber den in Nr. 2 Abs. 4 AGB-Banken genannten Personen zulässig: gegenüber eigenen Kunden und anderen Kreditinstituten, diesen auch für ihre Kunden, nicht für Dritte. Eine Kommerzialisierung soll ausgeschlossen werden.235 Zulässig ist die Bankauskunft auf Grund des dahingehenden (auch vermuteten) Willens 93 und/oder Interesses des Kunden, nicht auf Grund gesetzlicher Anordnung, etwa überwiegenden Adressateninteresses: Dieses ist meist nur das Interesse an einer Erwerbschance (Geschäft mit dem Kunden) und beruht jedenfalls nicht auf einem bestehenden Recht. Wille und/oder Interesse werden verschieden beurteilt, je nachdem ob es sich um einen Vollkaufmann (oder juristische Person) handelt oder nicht. Im zweiten Fall muss die Erteilung der Bankauskunft ausdrücklich gewünscht werden,236 auch generalisiert für viele Fälle bzw. klauselmäßig,237 im

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228 BGH Urt. v. 5.7.1962 – VII ZR 199/60, WM 1962, 1110 (1111); Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 73; BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 14; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 11. 229 BGH Urt. v. 12.2.1979 – II ZR 177/77, NJW 1979, 1595 (1596 f.); BGH Urt. v. 6.7.1970 – II ZR 85/68, WM 1970, 1021 (1022); OLG Frankfurt Urt. v. 21.10.2008 – 17 U 222/07, WM 2009, 512 (Rn 19); OLG Frankfurt (Fn 201), WM 1988, 154 (159); Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (19 f.); Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (185); BankRHdB/Krepold § 40 Rn 9. Zum Kreis dieser Negativmerkmale näher unten Zweiter Teil Rn 98. 230 BGH Urt. v. 17.12.1985 – VII ZR 244/84, WM 1986, 189 (190); BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 10; Schwintowski/ Schantz Bankrecht Kap. 4 Rn 66; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.163. 231 BGH Urt. v. 5.12.2000 – XI ZR 340/99, WM 2001, 134 (135 f.); BGH Urt. v. 8.12.1998 – XI ZR 50/98, ZIP 1999, 275 (275); BGH Beschl. v. 18.6.1991 – XI ZR 282/90, WM 1991, 1629 (1629); BGH Urt. v. 16.10.1990 – XI ZR 165/88, WM 1990, 1990 (1991); OLG Karlsruhe Urt. v. 21.10.2008 – 17 U 222/07, WM 2009, 512 Rn 24; OLG Dresden Urt. v.18.10.2006 – 8 U 767/06, WM 2007, 251 Rn 22. 232 BGH (Fn 231), WM 2001, 134 (135 f.); Schebesta WM 1989, 429 (431); Weber Die Bank 1987, 324 (326); BankRHdB/Bruchner/Krepold § 40 Rn 5. 233 Vgl. oben Zweiter Teil Rn 34. 234 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 6. 235 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 24. 236 Konkludente Zustimmung genügt nicht: BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 21; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 19; Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 62 f. Die Rückfrage, ob einem bestimmten Auskunftsersuchen entsprochen werden soll, muss hier zulässig (konkludent gestattet) sein, obwohl das Bankgeheimnis auch für den Anfragenden hinsichtlich seiner Anfrage gilt. Wegen § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG a.F. wurde bisher Schriftform gefordert (und wird dieses überwiegend auch heute noch so praktiziert, obwohl Art. 6 Abs. 1 lit. a und Art. 7 EU-DSGV für die Einwilligung keine Schriftform fordern).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

ersten Fall wird bei geschäftsbezogener Auskunft der Wille vermutet. Bewusst wurde dieser Fall (ursprünglich) eng umrissen (unter Herausnahme von Minderkaufleuten und Freiberuflern),238 um allein den sicheren Kern zu erfassen,239 in dem von vermutetem Willen (mit Widerspruchsobliegenheit) als Handelsbrauch auszugehen ist. Wie juristische Personen sind auch die Personenhandelsgesellschaften zu sehen,240 außerdem (neben den Kapitalgesellschaften) eingetragene Genossenschaften und Vereine. Vollkaufleute sind auch die persönlich haftenden Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft.241 Nötig ist insoweit zudem, dass sich die Auskunft auf geschäftliche Tätigkeit bezieht, wobei jedoch die Vermutung des § 344 HGB gilt.242 Auch diese Kunden können ihre Zustimmung entziehen. Die Zustimmung darf jedoch nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Institut Anfragen und Anfragende mitteilt; denn diese genießen für die Anfrage selbst den Schutz des Bankgeheimnisses.243 Denkbar ist freilich die Auslegung dahingehend, dass es in solch einem Fall überhaupt an der Zustimmung fehlt. Hinzukommen muss einerseits, dass der Anfragende ein berechtigtes Interesse dartut. In 94 der Praxis wird eine schriftliche Anfrage mit Kurzbegründung gefordert.244 Berechtigt ist die Anfrage, um zu prüfen, ob dem Kunden irgendeine Form von Kredit zu gewähren ist, nicht zu Wettbewerbszwecken.245 Hinzukommen muss andererseits, dass keine schützenswerten Interessen des Kunden entgegenstehen. Datenschutzrechtlich tragen diese Voraussetzungen die Bankauskunft selbst in den Fällen, in denen keine Einwilligung vorliegt: Es greift zumindest Art. 6 Abs. 1 lit. f EU-DSGV (bis 2018: § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG a.F.) ein,246 dessen Auslegung dann jedoch auch für Nr. 2 Abs. 3 AGB-Banken maßgeblich ist. Kritische und einschränkende Passagen sind insoweit nicht notwendig schädlich, zumal abgewogen werden muss zwischen der Schädigungsgefahr bei Ablehnung der Auskunft247 und bei Erteilung einer (teils) negativen Auskunft. Gründet die Bankauskunft allein im Kundenwillen und/oder -interesse (auftragsrechtliches Interessenwahrungsmodell), so schließt ein gegenstehendes schützenswertes Interesse des Kunden auch bei Vorliegen eines berechtigten Anfrageinteresses die Auskunft aus (keine

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237 Zur Zulässigkeit der generalisierten Zustimmung BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 21 (allerdings unüblich); BuB/Hoffmann Rn 2/958 (äußerst zurückhaltender Gebrauch). Zur Zulässigkeit klauselmäßiger Zustimmung, wenn es sich um informierte und bewusste Zustimmung handelt: BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 12, 21; BankR-HdB/ Krepold § 39 Rn 32; Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 61; unter dem Regime der EU-DSGV ebenfalls zulässig, aber Einwilligung wegen anderweitiger Zulässigkeit nicht mehr erforderlich Gola/Schulz Art. 7 DS-GVO Rn 33; Plath/ Plath Art. 6 DSGVO Rn 21; von Lewinski/Pohl ZD 2018, 17. 238 BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 20; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 14; BuB/Hoffmann Rn 2/949; aA Kirchherr/ Stützle ZIP 1985, 515 (521); Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 68 f. 239 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 14; entsprechend dem Wunsch der Kreditwirtschaft BuB/Hoffmann Rn 2/ 950; vgl. jedoch auch unten Zweiter Teil Rn 295. 240 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 14; für das BDSG a.F. Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (519). Dies ergibt sich aus § 124 HGB. Trotz mittlerweile anerkannter Teilrechtsfähigkeit gilt Gleiches wohl auch weiterhin nicht für die BGBGesellschaft: ohne Problematisierung BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 17; ebenso BuB/Hoffmann Rn 2/949. 241 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 14; BuB/Hoffmann Rn 2/949 (nicht Kommanditisten). 242 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 16; BuB/Hoffmann Rn 2/950. 243 Schebesta WM 1989, 429 (430); BuB/Hoffmann Rn 2/972 f.; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 35 f. (auch zu Ausnahmen bei missbräuchlicher Anfrage). 244 Schebesta WM 1989, 429 (429 f.); BuB/Hoffmann Rn 2/969 f. 245 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 20; BuB/Hoffmann Rn 2/970 (nicht akquisitorische Interessen). 246 Gola DS-GVO/Schulz Art. 6 Rn 108; Kühling/Buchner/Buchner/Petri DS-GVO Art. 6 Rn 48. Zur Rechtslage nach BDSG a.F., insb. Anwendung dieser Kriterien auf die Bankauskunft: BGH (Fn 226), BGHZ 95, 362 (364 f.) (Verstoß der alten Fassung AGB-Banken gegen § 9 Abs. 2 AGBG a.F., heute § 307 Abs. 2 BGB); Weber WM 1986, 845 (846); Dammann/Stange ZIP 1986, 488 (489 f.); Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (191–194); und ausführlicher zu den Anforderungen des Datenschutzrechts (noch für das BDSG a.F.) an die Bankauskunft BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 27–32; zum Übergang vom Einwilligungskonzept zum Hinweiskonzept: v. Lewinski/Pohl ZD 2018, 17; Indenhuck/ Stein BKR 2018, 316. 247 Formulierung (ebenfalls zurückhaltend) etwa: „Mit Rücksicht auf das Bankgeheimnis können wir zu Ihrer Anfrage keine Stellung nehmen“.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Interessenabwägung).248 Auch geht nach diesem Modell eine ausdrückliche Weisung (zur Vornahme einer gattungsmäßig zugesagten Handlung, hier Bankauskunft) einer Entscheidung nach dem vermuteten Interesse vor. Daher kann es bei informierter Zustimmung im Einzelfall (vor allem im nicht vollkaufmännischen Bereich) nicht darauf ankommen, dass ein berechtigtes Interesse des Anfragenden dargetan wird, und vor allem, ob schützenswerte Kundeninteressen entgegenstehen.249 95 Ein Anspruch des Anfragenden auf Auskunftserteilung wird verneint, jedenfalls bei Kunden eines anderen Instituts,250 jedoch auch bei eigenen Kunden.251 Selbst auf die Bank-zu-BankAuskunft (im Institutsinteresse) besteht – trotz Handelsüblichkeit – kein Anspruch.252 Da die Auskunft bloße Erwerbsaussichten befördern soll und angesichts der Konfliktlage für das Institut wird man die Interessenlage im Verhältnis zum Anfragenden in der Tat so auszulegen haben. Anders ist dies im Verhältnis zum Kunden, über den Auskunft begehrt wird. Die Interessenwahrungspflicht gebietet angesichts der potentiell negativen Wirkung einer Ablehnung für große Teile des Kundengeschäfts, dass das Institut die Bankauskunft im Rahmen des Üblichen zu geben hat – freilich schon wegen des Haftungsrisikos nur zutreffend, nicht geschönt.253 Eine Auslegung der AGB-Banken bzw. -Sparkassen, ggf. auch contra proferentem, legt dies ebenfalls nahe. 2. SCHUFA-Mitteilung und -Auskunft (Verbrauchergeschäfte). a) Grundlage und Inhalt. Das SCHUFA-System hat im Verbraucherbereich eine vergleichbare Funktion wie die Bankauskunft im vollkaufmännischen.254 Die Auskunft erfolgt jedoch nicht durch ein Kreditinstitut auf der Grundlage einer andauernden Geschäftsbeziehung, sondern durch die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (SCHUFA) auf Grund von Mitteilungen angeschlossener Unternehmen und nur an solche. Dies wirkt sich nicht nur auf den Inhalt der Auskunft aus, sondern führt auch zu Abweichungen im Ablauf des Informationstransfers; der Kreis von Rechtsfragen wird dadurch erweitert, zwei Informationstransfers sind zu beurteilen: Neben die Auskunft selbst tritt – vorgelagert – die Mitteilung an die SCHUFA. Schon diese, eine „Offenlegung durch [Daten-]Übermittlung“ nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO, wirft datenschutzrechtliche Fragen auf und, wenn ein Kreditinstitut übermittelt, auch solche zum Bankgeheimnis. Grundlage für die Mitteilungen und für die Auskunftserteilung an und durch die SCHUFA 97 war, soweit Datenschutz- und Bankgeheimnisrechte des Kunden betroffen sind, unter dem

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248 So tendenziell sogar für den Datenschutz Thilo NJW 1984, 582 (585); BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 22 (im Konfliktfall grds. Rückfrage, im Einzelfall auch Auskunftsverweigerung); aA tendenziell Bürger Rechtsfragen zur Bankauskunft, S. 93 f. (Abwägung). Die Gegenmeinung kann zwar für den Datenschutz zutreffend (Art. 6 Abs. 1 lit. f EU-DSGV; vergleichbar bis 2018: § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG a.F.; dazu Zöllner ZHR 149 [1985], 179 [191 mwN]), wird jedoch der weitergehenden Beschränkung im Recht des Bankgeheimnisses (mit Zustimmungserfordernis ohne Ausnahme!) nicht gerecht; für Schufa (ohne Bankgeheimnis) vgl. KG Urt. v. 17.2.2016 – 26 U 197/12, ZD 2016, 289. 249 AA BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 22 f.; BuB/Hoffmann Rn 2/959. 250 Keine Vertragsbeziehung zwischen angefragtem Institut und Anfragendem: BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 24; iE ebenso Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.165; s. auch Nr. 2 Abs. 3 AGB-Banken (Nr. 3 Abs. 2 AGB-Sparkassen) („Bank ist befugt“). 251 BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 24; BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 24; s. auch Nr. 2 Abs. 3 AGB-Banken (Nr. 3 Abs. 2 AGB-Sparkassen) („Bank ist befugt“); aA noch Kümpel Rn 2.170 (1. Aufl.). 252 BGH (Fn 231), WM 1991, 1629 (1629); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.165 („rechtlich nicht fassbare Standespflicht des Kreditgebers“); BankR-HdB/Bunte § 7 Rn 25; BuB/Hoffmann Rn 2/960; zur im internationalen Verkehr geforderten Verbürgung der Gegenseitigkeit: BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 26. 253 Für eine Auskunftspflicht in diesem Verhältnis wohl auch Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 25 (Auskunftsverweigerung als „denkbar schlechteste Alternative“ … und damit nicht „interessenwahrend“ iSd Geschäftsbesorgungsrechts). 254 BuB/Hoffmann Rn 2/1039; Beschreibung des Systems bei Hendriks ZHR 149 (1985), 199.

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BDSG die in der sog. SCHUFA-Klausel explizit erteilte Kundenzustimmung, während diese unter der (EU-)DS-GVO ersetzt wurde durch einen bloßen Hinweis auf das Bestehen des SCHUFASystems und die Rechtfertigung der Datenerhebung und -verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. b oder f DS-GVO („Erforderlichkeit für Erfüllung des Vertrages oder vorvertraglicher Maßnahmen“ bzw. „Erforderlichkeit zur Wahrung berechtigter Interessen“).255 Eine genauere Beschrei-

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255 Nach neuem Regime z.B. in einem Kontoeröffnungsantrag etwa durch einen Hinweis in folgender Form: „Datenübermittlung an die SCHUFA und Befreiung vom Bankgeheimnis Die Bank übermittelt im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die SCHUFA Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden. Rechtsgrundlagen dieser Übermittlungen sind Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Übermittlungen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO dürfen nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen der Bank oder Dritter erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Der Datenaustausch mit der SCHUFA dient auch der Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Durchführung von Kreditwürdigkeitsprüfungen von Kunden (§ 505a des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 18a des Kreditwesengesetzes). Der Kunde befreit die Bank insoweit auch vom Bankgeheimnis. Die SCHUFA verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring), um ihren Vertragspartnern im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz sowie ggf. weiteren Drittländern (sofern zu diesen ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission besteht) Informationen unter anderem zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von natürlichen Personen zu geben. Nähere Informationen zur Tätigkeit der SCHUFA können dem SCHUFA-Informationsblatt nach Art. 14 DSGVO entnommen oder online unter www.schufa.de/datenschutz eingesehen werden.“; vgl. zum Übergang von dem einen zum anderen Regime Kamlah/Neff Die SCHUFA-Hinweislösung nach DSGVO, in: Moos (Hrsg.), Datenschutz- und Datennutzungsverträge, 2. Aufl. 2018, 1203; Kamlah/Sperling-Fröhlich Auskunfteiverträge, in: Moos (Hrsg.), Datenschutz- und Datennutzungsverträge, 2. Aufl. 2018, 371 (385 ff.); Sperling-Fröhlich Projektbericht über das Umsetzungsprojekt Datenschutz-Grundverordnung am Beispiel des Auskunfteivertrags, in: Taeger (Hrsg.) DSRITB 2018, 183 (185 ff.); von Lewinski/Pohl ZD 2018, 17 (17); Plath/Plath, DSGVO, 2017, Art. 6 Rn 21. Nach altem Regime: „Ich/Wir willige(n) ein, dass die Bank der SCHUFA HOLDING AG … Daten über die Beantragung, die Aufnahme und Beendigung dieser Kontoverbindung übermittelt. Unabhängig davon wird die Bank der SCHUFA auch Daten über ihre gegen mich/uns bestehenden fälligen Forderungen übermitteln. Dies ist nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f der Datenschutzgrundverordnung zulässig, wenn ich/wir die geschuldete Leistung trotz Fälligkeit nicht erbracht habe(n), die Übermittlung zur Wahrung berechtigter Interessen des Kreditinstituts oder Dritter erforderlich ist und – die Forderung vollstreckbar ist oder ich/wir die Forderung ausdrücklich anerkannt habe(n) oder – ich/wir nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden bin/sind, das Kreditinstitut mich/uns rechtzeitig, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über die bevorstehende Übermittlung nach mindestens vier Wochen unterrichtet hat und ich/wir die Forderung nicht bestritten habe(n) oder – das der Forderung zugrunde liegende Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen vom Kreditinstitut fristlos gekündigt werden kann und das Kreditinstitut mich/uns über die bevorstehende Übermittlung unterrichtet hat. Darüber hinaus wird die Bank der SCHUFA auch Daten über sonstiges nichtvertragsgemäßes Verhalten (Konten- oder Kreditkartenmissbrauch oder sonstiges betrügerisches Verhalten) übermitteln. Diese Meldungen dürfen nach dem Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. f Datenschutzgrundverordnung nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen des Kreditinstituts oder Dritter erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegt. Insoweit befreie(n) wir/ich die Bank zugleich vom Bankgeheimnis. Die SCHUFA speichert und nutzt die erhaltenen Daten. Die Nutzung umfasst auch die Errechnung eines Wahrscheinlichkeitswertes auf Grundlage des SCHUFA-Datenbestandes zur Beurteilung des Kreditrisikos (Score). Die erhaltenen Daten übermittelt sie an ihre Vertragspartner im Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz, um diesen Informationen zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von natürlichen Personen zu geben. Vertragspartner der SCHUFA sind Unternehmen, die aufgrund von Leistungen oder Lieferung finanzielle Ausfallrisiken tragen (insbesondere Kreditinstitute sowie Kreditkarten- und Leasinggesellschaften, aber auch etwa Vermietungs-, Handels-, Telekommunikations-, Energieversorgungs-, Versicherungs- und Inkassounternehmen). Die SCHUFA stellt personenbezogene Daten nur zur Verfügung, wenn ein berechtigtes Interesse hieran im Einzelfall glaubhaft dargelegt wurde und die Übermittlung nach Abwägung aller Interessen zulässig ist. Daher kann

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

bung des Verfahrens enthält das SCHUFA-Informationsblatt,256 das als AGB auch im BankKunden-Verhältnis zu werten ist (vgl. Hinweis in der SCHUFA-Klausel). Es spezifiziert vor allem die Übermittlungspflichten im Verhältnis der SCHUFA zu den angeschlossenen Unternehmen. Sich anschließen können (nur) Unternehmen, die gewerbsmäßig Geld- oder Warenkredit gewähren, Waren oder Dienstleistungen kreditieren sowie gewerbsmäßig Forderungen einziehen (vgl. Aufzählung in der SCHUFA-Klausel). Umgekehrt hat der Betroffene grds. einen Anspruch auf Auskunft über die Daten, die über ihn gespeichert sind, wenn auch nicht über die Formel der zugrunde gelegten Wahrscheinlichkeitsrechnung (im heute üblichen Scoring-Verfahren, vgl. dazu Art. 15 Abs. 1 lit. h EU-DSGV, umstritten im Hinblick auf die Parallelregelung bis 2018 in § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 BDSG a.F.).257 Der Inhalt divergiert von dem der Bankauskunft. Es wird nicht aus berufenem Munde ein 98 Werturteil über eine aussagekräftige Dauerbeziehung abgegeben. Vielmehr berichtet die SCHUFA, die den Kunden nicht kennt, „anonym“ über das Vorliegen und Nichtvorliegen aussagekräftiger Einzelfakten aus einem abschließenden Katalog. Dieser unterfällt in drei Gruppen: Positivtatsachen werfen, wenn Negativtatsachen fehlen, ein positives Licht auf den Kunden; hierher zählen die Konto- und Krediteröffnung, auch durch Kreditkartenausgabe (vgl. iE Merkblatt AVertrag unter 1.). Diese Informationen werden nur nach dem A-Vertrag übermittelt, den Kreditinstitute mit der SCHUFA abschließen und einige andere Unternehmen freiwillig mit der SCHUFA abschließen können (Anbieter grundpfandrechtlich gesicherter Kreditvergabe und bei gesonderter Kundenzustimmung auch Leasingunternehmen und Warenlieferanten, die in größerem Umfang auf Teilzahlungsbasis arbeiten). Negativtatsachen sind hingegen nach dem BVertrag, der in allen anderen Fällen geschlossen wird, ebenso mitzuteilen wie nach dem AVertrag. Harte Negativtatsachen werfen ein negatives Licht auf den Kunden, ohne dass fraglich ist, ob nicht der Kunde evtl. zu Recht Zahlung verweigert; hierher zählen Zwangsvollstreckung, fruchtlose Pfändung und entspr. insolvenzrechtliche Maßnahmen (vgl. ie Merkblatt A-Vertrag unter 2. und 3.). Sie werden von der SCHUFA auch aus öffentlichen Registern ermittelt (vgl. ie Merkblatt A-Vertrag unter 4.).258 Bei den weichen Negativtatsachen ist die Weigerung des Kunden evtl. berechtigt; hierher zählen etwa Konto- und Kreditkündigung, ec-Kartenmissbrauch

_____ der Umfang der jeweils zur Verfügung gestellten Daten nach Art der Vertragspartner unterschiedlich sein. Darüber hinaus nutzt die SCHUFA die Daten zur Prüfung der Identität und des Alters von Personen auf Anfrage ihrer Vertragspartner, die beispielsweise Dienstleistungen im Internet anbieten. Ich kann/Wir können Auskunft bei der SCHUFA über die mich/uns betreffenden gespeicherten Daten erhalten. Weitere Informationen über das SCHUFA-Auskunfts- und Score-Verfahren sind unter www.meineschufa.de abrufbar. Die postalische Adresse der SCHUFA lautet: SCHUFA Holding AG Postfach 102566 44725 Bochum“. 256 Das SCHUFA-Informationsblatt nach Art. 14 DSGVO entspricht den Datenschutzhinweisen, die online unter https://www.schufa.de/de/datenschutz-dsgvo/abgerufen werden können. Vgl. auch SCHUFA-Hinweis in Schaffland/Wiltfang DS-GVO Art. 14 Anh. 2. Vorgänger war das SCHUFA-Merkblatt, abgedr. in ZIP 1986, 470 (sog. A-Vertrag, der sich vom B-Vertrag vor allem durch die zusätzlich aufgenommene Nr. 1 unterscheidet). 257 BGH Urt. v. 28.1.2014 – VI ZR 156/13, NJW 2014, 1235 (Anm. Timm) = WM 2014, 452 = BKR 2014, 193 (Anm. Gärtner); aus der Vielzahl weiterer Anm. vgl. EWiR 2014, 281 (Metz); JZ 2014, 1006 (Paul); LMK 2014, 356425 (Hoeren); ZD 2014, 309 (Schade/Wolff). Gegen das Urteil ist Verfassungsbeschwerde beim BVerfG anhängig (Az. 1 BvR 756/14); zu den inhaltlich-datenschutzrechtlichen Anforderungen vor allem Becker Datenschutzrechtliche Fragen; Beckhusen BKR 2005, 335; Helfrich Kreditscoring und Scorewertbildung; Behm RDV 2010, 61 (und Nachw. unten Fn 262 f.). Zur Aufdeckung nach Art. 15 Abs. 1 lit. h EU-DSGV – in der Reichweite ebenfalls ein Kompromiss zwischen Aufdeckung der Formel im Detail und bloßer Klarstellung der Ausrichtung im Kern – vgl. näher Gola/Franck Art. 15 Rn 19; Dix in: Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann, Art. 15 Rn 25. 258 Ausführlich zu den harten Negativmerkmalen Gärtner Harte Negativmerkmale (mit Rechtsvergleich); zur Mitteilung der Inanspruchnahme des Pfändungsschutzkontos etwa: Büchel BKR 2009, 358 (363 f.); zur Behandlung von Negativmerkmalen nach dem Regime der EU-DSGV etwa Kühling/Buchner/Buchner/Petri Art. 6 DS-GVO Rn 161 f.; Gola/Schulz Art. 6 DS-GVO Rn 126; Simitis/Hornung/Spiecker/Schantz Art. 6 Abs. 1 DS-GVO Rn 137; von Lewinski/Pohl ZD 2018, 17 (21).

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durch den Kunden, Scheckrückgabe mangels Deckung, Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids bei unbestrittener Forderung (vgl. ie und für weitere Merkblatt A-Vertrag unter 3.). Die Unterscheidung zwischen harten und weichen Negativtatsachen beruht auf der datenschutzrechtlich inspirierten BGH-Rechtsprechung (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG a.F., später § 28a BDSG a.F., jetzt § 31 BDSG n.F., oben Rn 85), nach der bei der Mitteilung von für den Kunden negativen Tatsachen in jedem Einzelfall dessen schutzwürdige Interessen zu achten sind und dieser im Streitfall zwar nicht Unterlassung der Eintragung, wohl aber Korrektheit dahingehend fordern kann, dass auch seine evtl. berechtigten Einwände zum Ausdruck kommen.259 Beim sog. Scoring erfolgt eine anonyme Auswertung des SCHUFA-Datenbestandes, aufgrund dieser erfolgt eine Prognose, ob z.B. ein bestimmter Kreditvertrag ähnlich verlaufen wird; dabei beschreibt der Scorewert, ein zusammengefasster Wahrscheinlichkeitswert, lediglich ein allgemeines Risiko für Kreditverträge mit vergleichbaren Merkmalen.260 b) Zulässigkeit und Anspruch auf Erteilung. Mitteilung und Auskunft müssen beide den 99 Grundsätzen sowohl zum Bankgeheimnis als auch zum Datenschutz genügen. Dabei erfasst das Bankgeheimnis zwar nicht alle Mitteilungen (nur solche von Kreditinstituten), wohl aber die Auskunft durch die SCHUFA, wenn auch nur eine enthaltene Information bei Mitteilung dem Bankgeheimnis unterlag.261 Eigentlich trägt schon die Kundenzustimmung jede Informationsübermittlung, wobei jedoch die Schutzwürdigkeitseinschränkungen (vorige Rn) zu beachten sind; Probleme treten auf, wenn während des gestreckten Tatbestands (zwischen Mitteilung und Auskunft) die Zustimmung widerrufen wird. Zulässig sein kann jede Informationsübermittlung außerdem kraft gesetzlicher Befugnis. Hierfür genügen überwiegende Interessen oder die Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses (Art. 6 Abs. 1 lit. b und f EU-DSGV, bis 2018: § 28 Abs. 1 Nr. 1, 2 BDSG a.F.), für die Übermittlung von Daten zu Forderungen an Auskunfteien freilich nur die harten Negativtatsachen nach § 28a BDSG a.F., § 31 BDSG n.F., wobei jedoch unter dem Regime der EU-DSGV heute angezweifelt wird, ob wirklich eine Übermittlung an Auskunfteien (ohne Zustimming) aus „überwiegendem Interesse“ gerechtfertigt werden kann.262 Fraglich ist jedenfalls, ob die gleiche Interessenabwägung eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses erlaubt.263 Auch die Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses ist hier beachtlich, a maiore das Vorliegen der harten Negativtatsachen (zu beidem sogleich). Weiter verkompliziert wird die Lage dadurch, dass der BGH den Maßstab der Interessenabwägung auch schon unter dem BSDG

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259 BGH (Fn 226), BGHZ 95, 362 (364, 368 f.); OLG Frankfurt a.M. Urt. v. 18.6.2008 – 23 U 221/07, NJW-RR 2008, 1228 (1229) (pauschales Bestreiten ohne Angabe von Gründen steht der Weitergabe nicht entgegen); näher etwa Vortmann ZIP 1989, 80 (80); BankR-HdB/Krepold § 41 Rn 15–15c; noch weitergehend (idR dann gar keine Meldung) Weber WM 1986, 845 (848 f.) (die Interessen der anderen Systemteilnehmer jedoch m.E. zu wenig berücksichtigend). Letztauslegungskompetenz nunmehr freilich uneingeschränkt beim EuGH (dies allerdings, häufig übersehen, so auch schon bisher, da das BDSG als Umsetzungsgesetz fungierte). 260 Schaffland/Wiltfang/Schaffland/Holthaus Art. 22 DS-GVO Rn 2; § 31 BDSG n.F. Rn 7 f.; ausführlich zum Scoring-Verfahren: Becker Datenschutzrechtliche Fragen; Beckhusen Datenumgang; Helfrich Kreditscoring; Beckhusen BKR 2005, 335; Hoeren RDV 2007, 93; Roßnagel NJW 2009, 2716; und unter dem Regime der EU-DSGV namentlich Taeger ZRP 2016, 72; Seiler jurisPR-BKR 8/2017 Anm 1. 261 Meist nicht ausdrücklich erörtert, implizit wohl: BankR-HdB/Krepold § 41 Rn 16. 262 Eine Rechtfertigung der Übermittlung von Bonitätsdaten an Auskunfteien durch Art. 6 Abs. 1 lit. b DS-GVO (Erforderlichkeit zur Vertragsdurchführung) ablehnend: Kühling/Buchner/Buchner/Petri DS-GVO Art. 6 Rn 48; eher befürwortend Gola/Schulz DS-GVO Art. 6 Rn 119. 263 Dafür BGH Urt. v. 20.6.1978 – VI ZR 66/77, WM 1978, 999 (1001); BGH (Fn 201), NJW 1984, 436 (437); BGH Urt. v. 18.10.1977 – VI ZR 171/76, NJW 1978, 751 und implizit KG Berlin Beschl. v. 23.8.2011 – 4 W 43/11, Rn 4 juris, dazu Anmerkung von Freise ITRB 2012, 54 (54 f.); nach BGH (Fn 63), NJW 1991, 693 (694) ist jedenfalls der Konflikt zwischen der Pflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses und der Pflicht eines Kreditinstituts, den Kunden auf Risiken hinzuweisen, im Einzelfall durch Güterabwägung zu lösen. Bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 28a BDSG a.F. (§ 31 BDSG n.F.) kaum zu bezweifeln: vgl. etwa Simitis/Ehmann § 28a Rn 98.

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anlegte, solange Zustimmung vorlag264 – wertungsmäßig korrekt, da generalisiert zugestimmt wird, nicht einer konkreten Informationsübermittlung und daher typischerweise nicht vollständig informiert (wie bei Zustimmung zu AGB). 100 Für die Fälle, in denen die Zustimmung bis zur SCHUFA-Auskunft Bestand hat, ergibt sich aus dem Gesagten: Bei der Mitteilung von Negativtatsachen muss die übermittelnde Stelle – schon nach EU-DSGV, der jedes übermittelnde Unternehmen unterliegt – die schutzwürdigen Interessen des Kunden achten. Daher sind Einwände des Kunden, die möglicherweise durchgreifen, ebenfalls mitzuteilen und ist Korrektheit geschuldet.265 Die Auskunft setzt ein berechtigtes Interesse des Anfragenden voraus (SCHUFA-Klausel; Art. 6 Abs. 1 lit. f EU-DSGV, bis 2018: § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG a.F; auch Nr. 2 Abs. 3 S. 4 AGB-Banken und Nr. 3 Abs. 2 S. 3 AGB-Sparkassen). Dieses ist zu bejahen, wenn eine Form von Kredit gewährt, beispielsweise auch ein Girokonto mit Überziehungsmöglichkeit eröffnet werden soll.266 In diesem Fall haben angeschlossene Unternehmen (nur diese!) Anspruch auf Auskunft. In Fällen, in denen die Zustimmung widerrufen wird, ist zu unterscheiden: Soll eine Kre101 ditbeziehung neu begründet werden, so steht das nunmehr nicht mehr durch Zustimmung durchbrochene Bankgeheimnis entgegen. Selbst wenn man mit dem BGH eine Ausnahme vom Bankgeheimnis bei berechtigten Interessen annimmt, kann dies nicht gelten, soweit nur Erwerbsaussichten in Frage stehen.267 Soweit dem Bankgeheimnis unterliegende Informationen Teil der Auskunft sind, ist diese unzulässig. Sie ist „wegen entgegenstehenden Bankgeheimnisses“ zu verweigern. Die Frage, ob die Ausübung des Widerrufsrechts selbst eine dem Bankgeheimnis unterliegende Tatsache darstellt,268 ist praktisch unbedeutend, da aus dieser Nichtauskunft entsprechende Schlüsse gezogen werden können. Für Zwecke einer bereits begründeten Rechtsbeziehung mit Krediteinräumung ist iE dem BGH zu folgen: auf Grund überwiegender Interessen ist Mitteilung und Auskunft (auf neuestem Stand) weiterhin zulässig; zumindest muss die SCHUFA durch Mitteilung auch des ergangenen Widerrufs darauf hinweisen können, dass die Daten nicht aktualisiert und daher evtl. überholt (falsch) sind. Für das Datenschutzrecht ist die erste, weitergehende Lösung unschwer mit Art. 6 Abs. 1 lit. f EU-DSGV (bis 2018 § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG) zu begründen – also ohne Rekurs auf die Einwilligung als Legitimationsfaktor, weil der Widerruf mit ex-tunc-Wirkung ausgestattet ist (Art. 7 Abs. 3 EU-DSGV). Für das Bankgeheimnis ist die Durchbrechung – wohl ebenfalls iSd. ersten Lösung – damit zu rechtfertigen, dass bei der Verfolgung vertraglicher Ansprüche Positionen in Frage stehen, in die das Kreditinstitut investierte, die daher nicht rein treuhänderisch gehalten werden, und dass insoweit das Bankgeheimnis nicht durchgreift.269 3. Haftung für fehlerhafte Auskunft. 102

a) Gegenüber dem Auskunftsempfänger. Ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht wird unter entsprechenden Voraussetzungen angenommen wie allgemein bei Aufklärung, Rat und

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264 BGH (Fn 201), NJW 1984, 436 (437); BGH (Fn 226), BGHZ 95, 362 (364 f.); BGH (Fn 201), NJW 1986, 2505 (2506); eine weitere Abwägung hält OLG Düsseldorf Urt. v. 13.2.2015 – I-16 U 41/14, 16 U 41/14, ZD 2015, 336 (339) seit der Einführung von § 28a BDSG a.F. (heute § 31 BDSG n.F.) nicht mehr für erforderlich. 265 Nachw. oben Fn 259. 266 Vgl. etwa Schebesta WM 1989, 429 (430); BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 34, § 41 Rn 12; BuB/Hoffmann Rn 2/1040. 267 In BGH (Fn 263), WM 1978, 999 und BGH (Fn 253), NJW 1984, 436 ging es in der Tat jeweils um die Verfahrensweise bei bereits valutierten Darlehen, also nicht um den Neuabschluss. 268 Verneinend BankR-HdB/Krepold § 41 Rn 17; BuB/Hoffmann Rn 2/133, 2/1050; bejahend Canaris Bankvertragsrecht Rn 74c. 269 Ähnlich speziell für die SCHUFA-Mitteilung Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (522 f.). Näher Grundmann Treuhandvertrag S. 226 und unten Zweiter Teil Rn 115.

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Auskunft.270 Auch die sonstigen Haftungsgrundsätze sind gleich.271 Eigenständige Bedeutung hat jedoch die Frage nach der Haftungsgrundlage, genauer: nach der Anwendung der für Sonderrechtsverhältnisse geltenden Haftungsgrundsätze. Im Verhältnis zur anfragenden Bank entsteht ein Sonderrechtsverhältnis.272 Für die Schutzwirkung von Verträgen gegenüber Dritten stellt die jüngere BGH-Rechtsprechung überzeugend darauf ab, ob die Leistung erkennbar für den Auskunftsempfänger bestimmt war bzw. dieser mit ihr in Berührung kommen sollte:273 Daher wird bei der Bank-zu-Bank-Auskunft, die zumindest konkludent „im Kundeninteresse“ begehrt wurde, ein Vertrag mit Schutzwirkung gegenüber dem Kunden zurecht bejaht – auch wenn dieser, wie üblich, in der Anfrage nicht individualisiert wurde.274 Umgekehrt ist dann das anfragende Institut selbst trotz bestehenden Sonderrechtsverhältnisses aus dem Schutzbereich auszunehmen.275 Die Bankauskunft gegenüber eigenen Kunden erfolgt ohnehin im Rahmen eines Sonderrechtsverhältnisses.276 Gleiches gilt für die SCHUFA-Auskunft.277 Personen, denen die auskunftsgebende Stelle demnach ausnahmsweise nicht aus Sonder- 103 rechtsverhältnis haftet, können eine Haftung allein auf § 826 BGB stützen – nach den beschriebenen Leitlinien, insbesondere wenn das Institut mit geschönter Auskunft eigene Interessen verfolgte, typischerweise die Rückführung eines Debet.278 Gehaftet wird schon, wenn die Schädigung eines Kunden oder des anfragenden Instituts mit bedingtem Vorsatz gewollt war.279 b) Gegenüber dem Auskunftssubjekt. Dem Kunden, über den Auskunft erteilt wird, haftet 104 das Institut für unzutreffende Auskunft – auch bei SCHUFA-Auskünften, obwohl hier der Fehler

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270 Speziell für die Bankauskunft (keine halbe Wahrheit, nicht zu positiv, Hinweis auf fehlende eigene Kenntnisse): BGH Urt. v. 25.4.1974 – II ZR 161/72, WM 1974, 685 (686); BGH (Fn 229), NJW 1979, 1595 (1596); etwas weniger streng (Wiedergabe vorhandenen Wissens, kein Hinweis auf vorhandene und fehlende Quellen): BGH Urt. v. 5.12.2000 – XI ZR 340/99, WM 2001, 134; OLG Karlsruhe Urt. v. 21.10.2008 – 17 U 222/07, WM 2009, 512 Rn 17; Weber/Hoffmann Die Bank 1987, 324 (326); BuB/Hoffmann Rn 2/1013. Für eine Korrekturpflicht vgl. BuB/Hoffmann Rn 2/996 f. Für die Beschreibung der Grundsätze oben Zweiter Teil Rn 26 ff. 271 Für die Kausalität (insbes. Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens): BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 53 f., 57; BGH (Fn 229), NJW 1979, 1595, (1596) und oben Zweiter Teil Rn 49. Für die Vorteilsausgleichung BankR-HdB/ Krepold § 40 Rn 60 und oben Zweiter Teil Rn 47 f. In Drittbeziehungen bestimmt sich die Haftung nach den Grundsätzen zur Sachwalterhaftung und Haftung für besondere Inanspruchnahme von Vertrauen sowie die Schutzwirkung von Verträgen: teils kritisch Grunewald AcP 187 (1987), 285 (bes. 293 f. und 298 f., zu weiteren Ansätzen S. 296–307); vgl. dazu näher im Folgenden. 272 Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (26–33); iE auch BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 47a; BuB/Hoffmann Rn 2/1015, 2/1017. 273 BGH Urt. v. 3.12.1991 – XI ZR 300/90, WM 1992, 133 (134 f.); Breinersdorfer WM 1992, 1557 (1559 f.); allgemeiner zur Schutzwirkung von Verträgen im Auskunftsbereich: BGH Urt. v. 23.1.1985 – IVa ZR 66/83, WM 1985, 450 (451 f.); BGH Urt. v. 18.10.1988 – XI ZR 12/88, WM 1989, 375 (376 f.). 274 BGH Urt. v. 11.10.1988 – XI ZR 1/88, NJW 1989, 1029 (1030); Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (34–38) (mwN); BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 48; Breinersdorfer WM 1992, 1557 (1558–1561); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.170; auch nächste Fn. Wichtig ist dies auch, weil die eigene Bank nach Nr. 3 Abs. 2 AGBBanken (weitergeleiteter Auftrag) gerade nicht haftet. Wird die Bank-zu-Bank-Auskunft auch nicht konkludent im Kundeninteresse begehrt, ist ein Vertrag mit Schutzwirkung dem Kunden gegenüber hingegen sicher abzulehnen: BGH Urt. v. 21. 3. 1996 – XI ZR 199/95, WM 1996, 1618 (1620) (verdeckte Stellvertretung, auch nicht Drittschadensliquidation). 275 BGH (Fn 231), WM 1991, 1629; Breinersdorfer WM 1992, 1557 (1561). 276 Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (24–26); BuB/Hoffmann Rn 2/1015, 2/1017. 277 Im Zusammenhang mit dem Bankgeheimnis erscheint es seltsam (vgl. oben Zweiter Teil Rn 73), Haftung nach den Grundsätzen zu Sonderrechtsbeziehungen deswegen abzulehnen, weil die besonders negativen Mitteilungen regelmäßig nach Vertragsbeendigung (Insolvenz, fristloser Kündigung) übermittelt werden: so Vortmann ZIP 1989, 80 (81), der freilich kein Gefolge gefunden hat. 278 BankR-HdB/Krepold § 40 Rn 62; BGH (Fn 102), NJW 1987, 1758 (1759); BGH (Fn 102), NJW 1992, 3167 (3174). Zu diesen Grundsätzen vgl. oben Zweiter Teil Rn 52. 279 Musielak in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Bankgeheimnis, S. 9 (40); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 125; auch BGH Urt. v. 28.6.1966 – VI ZR 287/64, WM 1966, 1150 (1152); BGH (Fn 102), WM 1976, 498 (500); BGH (Fn 102), NJW 1987, 1758 (1759); MünchKommBGB/Wagner § 826 Rn 27.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

des Kreditinstituts erst über einen gestreckten Tatbestand in die Auskunft einfließt.280 Wegen Beweisschwierigkeiten bei der Kausalität – Eingang in die SCHUFA-Auskunft und Auswirkung beim Anfragenden – ist in beiden Fällen wichtig, dass der Kunde Einsicht und Richtigstellung fordern kann (Art. 15 und 16 EU-DSGV, bis 2018: §§ 34 f. BDSG a.F.).281 V. Durchbrechungen im Steuer- und Strafrecht282 1. Steuerrecht. Zu unterscheiden ist zwischen dem Steuerstrafverfahren, für das die Grundsätze zum Strafverfahren gelten (§§ 399 ff. AO),283 dem Steuerfahndungsverfahren (§ 208 AO), in dem das Bankgeheimnis fast ebenso weitreichend durchbrochen ist,284 und dem Besteuerungsverfahren. Das Besteuerungsverfahren war, zurückgehend auf einen Kompromiss im früheren Ban106 kenerlass,285 lange durch § 30a AO geprägt. Mit dieser Norm sollte das Vertrauenverhältnis zwischen Kunden und Bank geschützt werden (vgl. § 30a Abs. 1 AO a.F.)286 und wurden deswegen Auskunftsersuchen der Finanzbehörden an Banken hinsichtlich Kontodaten nicht ohne konkreten Anlass zugelassen (auch bei Außenprüfungen, vgl. § 30a Abs. 2 und 3 AO a.F.), also nur individualisiert und begründet.287 Außerdem „sollte“ zunächst stets beim Steuerpflichtigen 105

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280 Für die SCHUFA-Auskunft (zumal weil kein Sonderrechtsverhältnis zur SCHUFA besteht, die zudem zur Datenüberprüfung nicht verpflichtet ist): BGH (Fn 263), WM 1978, 999 (1001); Vortmann ZIP 1989, 80 (80 f.) (auch zu Löschungsansprüchen). 281 BankR-HdB/Krepold § 41 Rn 20, 25 f. (auch zu Löschungsfristen wegen Zeitablauf). Gegenüber den Kreditinstituten: BGH (Fn 201), NJW 1984, 436. Zu den Einsichts- und Richtigstellungsrechten unter der EU-DSGV: Gola/Franck Art. 15, 16 DS-GVO; Schaffland/Wiltfang/Schaffland/Holthaus Art. 15, 16 DS-GVO. 282 Zu weiteren Durchbrechungen im öffentlichen Recht etwa: BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 282–288 (Verfahrensrecht), 289–297a (Vewaltungsverfahren, Sozialrecht, Bankaufsichtsrecht, Informationsfreiheitsgesetz); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 75–77; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 249–276 (auch Aktien- und Betriebsverfassungsrecht, wo jedoch das Bankgeheimnis entweder vorgeht oder die Regel die Bank als Arbeitgeber verpflichtet), 367–376. 283 Vgl. unten Zweiter Teil Rn 107 ff. Dabei hat die selbstständig agierende Finanzbehörde die Befugnisse der Staatsanwaltschaft, bei Einschaltung der Staatsanwaltschaft nur diejenigen der Polizei: vgl. §§ 399, 401 AO; Ungnade WM 1976, 1210 (1218 f.). Zum Steuerstrafverfahren: Haas/Müller Steuerstrafrecht und Steuerstrafverfahren – Strategien und Praxis der Strafverteidigung, 2009; Vogelberg Durchsuchung und Beschlagnahme im Steuerrecht: Rechtsgrundlagen, Abwehrmaßnahmen, Verhaltensmaßregeln, 2010; Hellmann Das Neben-Strafverfahrensrecht der Abgabenordnung, 1995; Flore/Dörn/Gillmeister Steuerfahndung und Steuerstrafverfahren, 2. Aufl. 1999; Flore/Tsambikakis Steuerstrafrecht – Kommentar, 2. Aufl. 2016; Wabnitz Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 5. Aufl. 2019. 284 Zwar fand der im Folgenden angesprochene § 30a Abs. 5 AO Anwendung (etwa Koch/Scholtz/Krabbe Abgabenordnung, 5. Aufl. 1996, § 30a Rn 17), er ist inzwischen freilich aufgehoben, vgl. sogleich. Zum Steuerfahndungsverfahren: Bilsdorfer DStR 1984, 498 (500 f.); Ungnade WM 1976, 1210 (1219 f.); Haack NWB 1999, 213–222; Ambos Bankenermittlungen der Steuerfahnung im In- und Ausland, 2012; Flore/Dörn/Gillmeister (Fn 283); Plewka/Heerspink Steuerfahndung – So reagieren Sie richtig, 1999; Mack Der Eingriff der Steuerfahndung, 1998; Deimel/Messner Steuerfahndung in Banken – Grundlagen, Grenzen und Hinweise für die Praxis, 1998; Streck/ Spatscheck Die Steuerfahndung, 4. Aufl. 2006; Webel Steuerfahndung – Steuerstrafverteidigung, 2. Aufl. 2014. 285 Erlass des Bundesministers der Finanzen vom 31.8.1979, BStBl. 1979 I S. 590, auch abgedr. in NJW 1979, 2190; dazu Bilsdorfer DStR 1984, 498 (501–506); Söhn NJW 1980, 1430; Spitz DStR 1981, 428 (bes. 430 f.); Becker Der Bankenerlass – Rechtmäßigkeit, Wirkbereich und Bedeutung für die Bank- und Steuerverwaltungspraxis, 1983; Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 29–35; zum 50-jährigen Bestehen Rüth DStZ 2000, 30. 286 Besonders betont wurde die Gefahr des Kapitalabflusses ins Ausland und dadurch hervorgerufene Zinssteigerung im Inland: BT-Drucks. 11/2529 S. 47; Koch/Scholtz/Krabbe (Fn 284), § 30a Rn 2; ausführlich krit. Neckels DStZ 1989, 68–71. 287 Vgl. (freilich auch zusammengefasst in Sammelanfragen zu mehreren individualisierten Konten): Koch/Scholtz/Krabbe (Fn 284), § 30a Rn 10, 16; auch BVerfG Urt. v. 7.3.1995 – 1 BvR 1564/92, BVerfGE 91, 191 (197) = NJW 1995, 3110 (3112); BVerfG Urt. v. 5.7.1995 – 1 BvR 2226/94, NJW 1996, 114 (115 f.); hingegen schon damals zu Kontrollmitteilungen bei CpD-Konten (die nicht legitimationsgeprüft sind und bei denen eine Ausnahme deswegen zugelassen wurde) Streck/Peschges DStR 1997, 1993; zur Zulässigkeit von Sammelauskunftsersuchen („hinreichend

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

selbst nachgefragt werden, wenn nicht der Erfolg ausgeschlossen erschien.288 Freilich war die Verfassungsmäßigkeit dieser Privilegierung schon seit ein bis zwei Jahrzehnten umstritten, wurde jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung für unverzichtbar gehalten (um die Norm grundgesetzkonform zu halten)289 und in der Tat die Reichweite der Norm bereits im Vorfeld der Reform zunehmend zurückgedrängt290 (Näheres Voraufl. unter dieser Rn). Schließlich wurde die Norm im Gefolge der Aufdeckung der sog. „Panama Papers“ mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz in 2017 aufgehoben.291 Begründet wurde dies zwar vor allem im Hinblick auf (mit den Panama Papers besonders eklatant aufgezeigten) grenzüberschreitende Praktiken der Steuerumgehung, die Aufhebung betrifft jedoch alle, gerade auch rein inländische Sachverhalte.292 Sowohl Kontrollmitteilungen als auch Auskunftsersuchen als auch Maßnahmen bei der Außenprüfung sind also nicht mehr an die genannten Schranken gebunden.293 Anders als bei den gesetzlich festgelegten Geheimhaltungsverhältnissen der Fall, entfaltet das Bank-Kunden-Verhältnis also im Steuerrecht – auch im Steuererhebungsvefahren – keine Sperrwirkung mehr. Mit der Aufhebung geht einher ein auch international zunehmend abgesicherter grenzüberschreitender Datenaustausch zwischen Finanzbehörden, namentlich in der

_____ veranlasst“, keine „Ausforschung ins Blaue hinein“, es sind konkrete Umstände darzulegen, die einen zusätzlichen Verdacht begründen, der über die einfache Erfahrung hinausgeht, dass Steuern hinterzogen werden) BFH Urt. v. 16.1.2009 – VII R 25/08, BFHE 224, 201 = WM 2009, 1276 = NJW 2009, 1998; BFH Urt. v. 16.5.2013 – II R 15/12, BB 2013, 2081 (2087). 288 Dazu ausf. BFH Urt. v. 30.3.2011 – I R 75/10, WM 2011, 863. Deswegen sollten Finanzbehörden keine Auskünfte „ins Blaue hinein“ nachsuchen dürfen (für § 30a Abs. 5 AO a.F.). Für die Unterscheidung zwischen hinreichend motivierten Nachfragen auch zu größeren Personengruppen und Nachfragen ins Blaue hinein: BFH Urt. v. 24.3.1987 – VII R 30/86, BFHE 149, 404 (406 f.) = NJW 1988, 2502; BFH Urt. v. 23.10.1990 – VIII R 1/86, BFHE 162, 539 (541) = WM 1991, 800. 289 Zentral insoweit der Aspekt der Steuergleichheit, hier der gleichmäßigen Durchsetzung von Steuerrecht auch gegenüber Kapitalanlagen, ein Gesichtspunkt, den das BVerfG über Jahrzehnte iE schwer gewichtete. Vgl. früh: BVerfG Urt. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 (279) = NJW 1991, 2129; sowie Schumacher FR 1997, 1 („Verfassungswidrigkeit der Zinsbesteuerung“); freilich für § 30a AO nicht Verfassungswidrigkeit angenommen, sondern nur eine Pflicht zur verfassungskonformen Auslegung und Handhabung (kein „strukturelles Vollzugsdefizit“): vgl. BVerfG Beschl. v. 10.3.2008 – 2 BvR 2077/05, WM 2008, 723; sowie BVerfG Beschlüsse v. 10.1.2008 – BvR 294/06, DB 2008, 273 und v. 25.2.2008 – 2 BvL 14/05, BStBl II 2008, 651 und DVBl 2008, 652. 290 Der BFH ging in jüngerer Zeit davon aus, § 30a Abs. 3 AO entfalte „keine Sperrwirkung“, wenn durch „eine für Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung“ eine Kontrollmitteilung veranlasst sei: BFH Urt. v. 9.12.2008 – VII R 47/07, BFHE 224, 1 = NJW 2009, 1437 (konkret: Buchungen auf einem CpDAufwandkonto, das nicht zu den nach § 154 Abs. 2 AO legitimationsgeprüften Konten zählte). Schon über viele Jahre wurde in Frage gestellt, ob tatsächlich von einem Grundsatz/einer Vermutung der Steuerehrlichkeit auszugehen sei: Vgl. mit Kritik, auch auf dem Hintergrund der EU-Kapitalverkehrsfreiheit: Leisner BB 1994, 1941 (1945 f.); auch Kretschmer wistra 2009, 180 (182 f.); jedoch auch BFH Urt. v. 18.2.1997 – VIII R 33/95, NJW 1997, 2067 (2069) = BStBl. 1997 II S. 499 (503). 291 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) vom 23.6.2017, BGBl. 2017 I, S. 1682; zur letztmaligen Anwendung siehe Art. 97 § 1 Abs. 12 Satz 2 EGAO; zu diesem Gesetz etwa El Mourabit BB 2017, 91; Schmidt/Ruckes IStR 2017, 473; v. Schweinitz/Schneider-Deters IStR 2017, 344 (zum Entwurf); Tormöhlen AO-StB 2019, 25 (erste Praxiserfahrungen); weitere Nachw. etwa bei Tipke/Kruse/Drüen, 155. Lfg. 2/2019, § 30a AO. 292 Vgl. hierzu näher El Mourabit BB 2017, 91 (92–94) (Entfall Rücksichtsnahmegebot, Schutz entfallen bei allgemeiner Überwachung, Kontokontrollmitteilungen, Betriebsprüfungen, Sammelauskunftsersuchen); Schmidt/ Ruckes IStR 2017, 473 (474 f, 477 f) (Entfall Bankgeheimnis, Sammelauskunfts- und Kontokontrollmitteilungen); v. Schweinitz/Schneider-Deters IStR 2017, 344 (345 f) (Entfall Bankgeheimnis); Tormöhlen AO-StB 2019, 25 (Praxisanwendung zu allen genannten Aspekten, auch zu Kontokontrollmitteilungen); kritisch zu dieser „überschießenden“ Reaktion: El Mourabit BB 2017, 91 („unverhältnismäßiger Aktionismus aus Anlass der sog. Panama Papers“); v. Schweinitz/Schneider-Deters IStR 2017, 344 („Retourkutsche des Gesetzgebers auf die ‚Panama Papers‘“); umgekehrt Tormöhlen AO-StB 2019, 25 („Bankgeheimnis war anachronistisch“). 293 Vgl. etwa El Mourabit BB 2017, 91 (92–94); Schmidt/Ruckes IStR 2017, 473 (474 f, 477 f); Tormöhlen AO-StB 2019, 25.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

EU,294 an dessen Ende Datentransparenz namentlich bei Kapitalerträgen und vielleicht sogar eine Abschaffung der Abschlagssteuer stehen könnte (mit Rückkehr zum allgemeinen Versteuerungsregime im Rahmen der ESt-Veranlagung). Standardisierte Auskunftspflichten im Zusammenhang mit der Kapitalertragssteuer (Abschlag) bzw. im Erbfall regeln weiterhin § 45d EStG bzw. § 33 ErbStG. Komplex ist die Abwicklung im Verhältnis zum Ausland.295 2. Strafrecht. Kein Zeugnisverweigerungsrecht folgt aus dem Bankgeheimnis im Strafprozess (§ 53 StPO) oder im Ermittlungsverfahren vor Staatsanwaltschaft (§ 161a StPO) oder Ermittlungsrichter (§ 162 StPO). Soweit der Zeuge hingegen sich selbst oder einen nahen Angehörigen belasten müsste, besteht hinsichtlich einzelner Fragen ein Aussageverweigerungsrecht (§ 55 StPO). Keine Aussagepflicht besteht vor der Polizei (§ 161a StPO e contrario), auch wenn sie im Auftrag der Staatsanwaltschaft handelt.296 Praktisch am wichtigsten ist die Aussage vor der Staatsanwaltschaft (§ 161a StPO). Grenzen liegen vor allem darin, dass der Zeuge ordnungsgemäß geladen werden297 und nur über eigene Beobachtungen aussagen muss.298 Parallel besteht die Möglichkeit der Beschlagnahme von beweisrelevanten Geschäftsun108 terlagen (§§ 94 Abs. 2, 98 StPO) und der Durchsuchung (§ 103 StPO). Zulässig sind sie nur bei richterlicher Anordnung299 oder Gefahr im Verzug (§§ 98, 105 StPO). Letztere ist mangels gegenteiliger, gewichtiger Anhaltspunkte bei Kreditinstituten nicht anzunehmen (vermutete Zuverlässigkeit).300 Die Beschlagnahmeanordnung muss bestimmt sein und dementsprechend muss die Durchsuchungsanordnung einem spezifizierten Vorwurf gelten.301 Strafprozessuale Rechtmäßigkeitsvoraussetzung302 aller Maßnahmen ist weiterhin, dass 109 ein Anfangsverdacht vorlag und dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wurde. In der Praxis kommt das Institut häufig der Durchsetzung der Ladung und Beschlagnahme durch freiwillige schriftliche Auskunft bzw. Übersendung einer Kopie der fraglichen Geschäftsunterlage zuvor.303 107

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294 Vgl. El Mourabit BB 2017, 91 (96); Schmidt/Ruckes IStR 2017, 473 (475–477); v. Schweinitz/Schneider-Deters IStR 2017, 344 (346 f); Tormöhlen AO-StB 2019, 25 („Paradigmenwechsel im nationalen Verfahrensrecht war erforderlich“, für „forcierten Ausbau des internationalen Auskunftsverkehrs [vgl. §§ 117a-117c AO]“). 295 Vgl. Eckl Besteuerung von Zinserträgen; sowie – neben den rechtsvergleichenden Nachw. im Lit.verz. und den Standardkommentaren zu den Doppelbesteuerungsabkommen – vor allem im Verhältnis zur Schweiz und zu den USA: Gehm ZRP 2012, 45; Wagner/Plüss RIW 2012, 257 (beide Schweiz); Höring DStR 2012, 469 und Zacher Steueranwaltsmagazin 2012, 97 (USA). 296 Ungnade WM 1976, 1210 (1214); Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 63; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 226 f. (auch zur Möglichkeit, dass der Kunde dennoch Vollmacht zur Aussage erteilt, und zur Kostentragung in diesem Fall); Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.139; vgl. auch Überblick Kretschmer wistra 2009, 180 (180–182). 297 Dazu Ungnade WM 1976, 1210 (1212); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 223; auch Spitz DStR 1981, 428 (429). Geladen wird in der Praxis über den Filialleiter, der aufgefordert wird, den betroffenen Sachbearbeiter zu entsenden. 298 Ungnade WM 1976, 1210 (1211); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 224 f.; Meyer-Goßner § 69 StPO Rn 6; Heidelberger Kommentar/Gercke § 69 StPO Rn 3. 299 Nach hM gilt Gleiches (unabhängig vom abweichenden Wortlaut) für § 95 StPO, nach dem (wenn die Beweismittel wohl nicht aufgefunden und daher auch nicht beschlagnahmt werden könnten) auch die Herausgabe verlangt werden kann: Selmer Steuerrecht und Bankgeheimnis, S. 68; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 335 f.; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 202. 300 BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 147; ähnlich Spitz DStR 1981, 428 (430); ausführlich Ungnade WM 1976, 1210 (1215–1217). 301 BVerfG Urt. v. 3.9.1991 – 2 BvR 279/90, NJW 1992, 551 (552); ausführlich Leisner BB 1994, 1941 (1942–1945); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 159; Spitz DStR 1981, 428 (430). Zur Behandlung von Zufallsfunden vgl. § 108 StPO und die Kommentare hierzu sowie Ronsdorf Die Beschlagnahme von Zufallsfunden bei Durchsuchungen, 1993. 302 Zu den wichtigsten Rechtsmitteln und Reaktionsmöglichkeiten vgl. die Standardkommentare zu §§ 98 Abs. 2 S. 2, 304 und 406e StPO. 303 Kein Pflichtverstoß des Instituts und aus Sicht des Staates wohl gar das mildeste Mittel: Sichtermann/ Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 332 f.; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 180–186; Spitz DStR 1981, 428 (429); auch Ungnade WM 1976, 1210 (1213 f.).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

3. Insbesondere: Geldwäschegesetz a) Geldwäsche nach § 261 StGB. Der Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) wurde 110 mit Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG)304 eingeführt: Diesen Formen der organisierten Kriminalität sollte durch Erschwerung der Gewinnsicherung das Motiv entzogen werden. Vortaten sind (neben allen Verbrechen) herkömmlich und vor allem der Rauschgifthandel (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtmG), auf den mit mehreren hundert Mrd. Dollar Umsatz weltweit jährlich zwischen einem Viertel und der Hälfte der Gewinne des organisierten Verbrechens entfallen, sowie Vergehen eines Mitglieds einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a StGB). Dem Volumen entsprechend sind die internationalen Regelungsaktivitäten305 und die Diskussion schon über Jahrzehnte intensiv (vgl. Schrifttum). § 261 StGB setzte Art. 1 der EG-, heute EU-GeldwäscheRichtlinie um,306 der die Einführung eines Verbots der Geldwäsche fordert(e). Zunehmend wurde jedoch der Kranz der Aufgreifdelikte erweitert und umfasst heute alle Verbrechen und – neben den Rauschgiftdelikten – auch solche Vergehen wie Bestechung und Bestechlichkeit, Steuerstraftaten und die (bloße) Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten, ansonsten eine Reihe von Vergehen, wenn sie gewerbsmäßig durchgeführt werden. Damit steigt auch das praktische Ausmaß der Identifizierungs-, Aufzeichnungs- und Meldepflichten, die dem Kreditwesen in diesem Zusammenhang auferlegt werden (unten Zweiter Teil Rn 113 f.). Bestraft wird die Beihilfe zur Sicherung des Gewinns aus der Vortat: Bargeldsummen aus 111 Verbrechen – teils Vergehen – sollen so in den Geldkreislauf eingespeist werden (in Buchgeld umgewandelt werden), dass ihre Herkunft plausibel und nicht mehr verdächtig erscheint. Die Beihilfe hierzu erfolgt in drei Phasen:307 zunächst wird Bar- in Buchgeld umgewandelt („placing“) und schon hierbei die Rückverfolgung erschwert, indem große Summen in kleine, ungleiche zerlegt („smurfing“ oder „layering“), Strohmänner oder -firmen einzahlen und Länder oder Orte gewählt werden, in/an denen die Bargeldeinzahlung als solche nicht registriert wird;308 dann wird die Valuta vielfach transferiert und so die Spur verwischt;309 zuletzt wird sie rücktransferiert an den Initi-

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304 BGBl. 1992 I S. 1302, idF BGBl. 1998 I S. 3322; BT-Drucks. 12/989; zum zusätzlichen Instrumentarium der Geheimdienste (insbes. Durchbrechungen des Bankgeheimnisses bei der internationalen Terrorismusbekämpfung) vgl. etwa Kretschmer wistra 2009, 180 (183). Zur Unterstützung der Strafverfolgung auch durch die Bankaufsicht vgl. § 24c Abs. 1 und 2 KWG und diesbezügliche Kommentierungen. 305 Zu diesen (unter ihnen vor allem die sog. Baseler Grundsatzerklärung der G7-Staaten, Europaratsinitiativen und die EG-bzw. EU-Richtlinie, nächste Fn): Herzog/Herzog/Achtelik Einl. Rn 57–97; Häde EuZW 1991, 553 (bes. 554–556); Fülbier/Aepfelbach/Langweg Einl. Rn 36–56; Hoyer/Klos Geldwäsche S. 95–176 (letztere beide mit rechtsvergleichendem Überblick S. 405–462 bzw. 95–176 zu Frankreich, Großbritannien [nur Fülbier], Liechtenstein [nur Hoyer], Luxemburg, Österreich, Schweiz, USA); vgl. zuletzt spezifisch mit Bezügen zum Bankwesen: Gürkan Der risikoorientierte Ansatz zur Geldwäscheprävention und seine Folgen, 2019, insbes. S. 54 ff.; Gehra/Gittfried/ Lienke Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2019, 5. Kapitel. 306 Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/ 60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission, ABl. EU 2015 L 141/73; zuvor: Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl.EG 2005 L 309/ 15; zuvor (in den hier relevanten Art. 1 und 2 weitgehend inhaltsgleich): Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10.6.1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche, ABl. EG 1991 L 166/77; Lit. etwa v. Drahten/Moelgen WPg 2018, 1308; Engels WM 2018, 2071; Frey CCZ 2018, 170. 307 Zum Drei-Phasen-Modell Herzog/Herzog/Achtelik Einl. Rn 7–11; Zentes/Glaab/Kaetzler § 2 GwG Rn 4 ff.; . 308 Hierzu, auch zur Nutzung von Casinos und Wechselstuben: Ackermann Geldwäscherei S. 15–31; Carl/Klos Geldwäsche S. 11 f., 27–36; Klippl Geldwäscherei S. 7 f.; Körner/Dach Geldwäsche S. 28; Zentes/Glaab/Kaetzler § 2 GwG Rn 5, 7. 309 Ackermann Geldwäscherei S. 40–49 (auch zu weiteren „Unterstützungsfaktoren“); Carl/Klos Geldwäsche S. 12 f., 32, 234; Klippl Geldwäscherei S. 8 f.; Körner/Dach Geldwäsche S. 28–30; Zentes/Glaab/Kaetzler § 2 GwG Rn 7.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

ator der Geldwäsche, nun auf Grund fingierter Rechnungen für angeblich erbrachte Leistungen.310 Eine alternative Form besteht darin, Bargeld durch Ausstellen fingierter Rechnungen in Branchen zu „legitimieren“, in denen Bargeld in großem Umfang eingenommen wird, etwa in Lokalen.311 Tathandlung312 ist das Verbergen der Beute und ihrer Herkunft sowie die Behinderung von Ermittlung und Verfall/Einziehung/Sicherstellung (§ 261 Abs. 1 StGB) sowie, vorgelagert, bereits ein Sichverschaffen oder Verwahren (Abs. 2). Strafbar ist die vorsätzliche Begehung, bezüglich Wissen um die Vortat genügt Leichtfertigkeit (Abs. 5). Straffrei313 bleibt der Täter, der die Tat freiwillig, insbesondere bevor sie (nach subjektiver, vernünftiger Sicht) entdeckt ist, offenbart und ihren Erfolg rückgängig macht (Abs. 9). All dies betrifft nicht spezifisch die Kreditinstitute;314 jedermann kann Täter sein. Neben die strafrechtlichen Sanktionen treten, wenn das Verstoßgesetz auch auf den Schutz von Privatrechtssubjekten angelegt ist, auch Schadensersatzansprüche, namentlich nach § 823 Abs. 2 BGB, etwa wenn die Vortat gewerbsmäßiger Betrug ist.315 112

b) Geldwäschegesetz. Den zweiten Teilakt der Umsetzung der europäischen Vorgaben bildet das Geldwäschegesetz (GwG), welches in raschen Schritten novelliert wird, in der letzten Dekade neugefasst namentlich in Umsetzung der dritten EG-Geldwäsche-Richtlinie (Fn 306) zum 13.8.2008 und dann mit dem Optimierungsgesetz zum Dezember 2011 bzw. März 2012,316 sodann in Umsetzung der vierten EU-Geldwäsche-Richtlinie (Fn 306) Neufassung zum 23.6.2017.317 Mittlweile ist sogar schon eine fünfte Geldwäscherichtlinie ergangen, der nationale Umsetzung zum 10.1.2020 zu erfolgen hat.318 Die Novelle brachte namentlich eine umfangreiche Regelung der Zusammenar-

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310 Ackermann Geldwäscherei S. 9 (auch zu verschiedener Modellbildung); Carl/Klos Geldwäsche S. 13, 134; Klippl Geldwäscherei S. 9 f. 311 Ackermann Geldwäscherei S. 31 f.; Carl/Klos Geldwäsche S. 14–27; Fülbier/Aepfelbach/Langweg Einl. Rn 15; Körner/Dach Geldwäsche S. 31. 312 Dazu neben den Standardkommentaren etwa Fülbier/Aepfelbach/Langweg § 261 StGB Rn 10–50; Körner/Dach Geldwäsche S. 14–27; Ungnade WM 1993, 2069 (2070 f.). 313 Dazu neben den Standardkommentaren etwa Fülbier/Aepfelbach/Langweg § 261 StGB Rn 70–117; Körner/Dach Geldwäsche S. 38–40; Ungnade WM 1993, 2069 (2073), Mitarbeiter von Kreditinstituten, die inkriminierte Gelder annehmen, machen sich grundsätzlich wegen Geldwäsche zumindest leichtfertig strafbar. Wenn nach einer durchgeführten Transaktion, die der Geldwäsche diente, gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 GwG eine externe Verdachtsmeldung erstattet wird, ist Abs. 9 hilfreich, Diergarten Geldwäsche, S. 526 f. 314 Zu ihnen monographisch: Flatten Zur Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche, 1996; Werner Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft, 1996; Fischer Die Strafbarkeit von Mitarbeitern der Kreditinstitute wegen Geldwäsche, 2011; auch Wohlschlägl-Aschberger Praxiswissen Geldwäsche, 2011; Gehra/ Gittfried/Lienke (Hrsg.), Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 2019; insbesondere zum Wertpapierhandel Herzog/Herzog/Achtelik Einl. Rn 53; bankspezifische Kommentierung in PlaumannEwerdwalbesloh/Zemke (Hrsg.), Bankenkommentar zum Geldwäscherecht, 2013. 315 BGH Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 302/11, WM 2013, 259. 316 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG) v. 13.8.2008, BGBl. 2008 I S. 1690, ber. 2009 I S. 816; Änderungen: BGBl. 2009 I S. 1346; 2009 I S. 1506; 2009 I S. 2437; 2011 I S. 288; 2011 I S. 1126; 2011 I S. 2427; 2011 I S. 2959: zu den Novellen Höche/Roßnagel WM 2012, 1505; sowie (bes.zur Letztgenannten) Bentele/Schirner ZBB 2012, 303; ersetzt durch Gesetz vom 23.6.2017 (nächste Fn). 317 Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23.6.2017, BGBl. 2017 I S. 1822, mit Art. 1 (Neufassung) Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz – GwG); letzte Änderung: BGBl. 2018 I S. 1102 und BGBl. 2019 I S. 846; zu dieser Neufassung namentlich von Drathen WPg 2015, 1242; Müller NZWiSt 2017, 87, 121; Rößler WM 2015, 1406. Vgl. auch die VO des Bundesministeriums des Inneren vom 6.7.2016 über die Bestimmung von Dokumenten, die zur Überprüfung der Identität einer nach dem Geldwäschegesetz zu identifizierenden Person zum Zwecke des Abschlusses eines Zahlungskontovertrags zugelassen werden (BAnz AT 6.7.2016 V1), die Flüchtlingen, die ohne entsprechende Ausweisdokumente in die Bundesrepublik eingereist sind, die Eröffnung eines Bankkontos ermöglichen soll, siehe hierzu: Sonnenberg CCZ 2016, 266 sowie Schmidt/Houben NZWiSt 2016, 220, die sich ausführlich mit der rechtlichen Situation vor dem Erlass der benannten VO auseinandersetzen. 318 Engels WM 2018, 2071; Frey CCZ 2018,170; Krais NZWiSt 2018, 321; von Drathen/Moelgen WPg 2018, 1308.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

beit von Behörden (§ 50 ff. GwG, mit Bußgeldfragen §§ 56 f. GwG ) – mit einem (neuen) Transparenzregister namentlich zu den wirtschaftlich Berechtigten und einer (neuen) Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (§§ 18 ff. bzw. 27 ff. GwG). Den Kern der Regelung für das Kreditwesen, welches das Gesetz als den (Haupt-)Verpflichteten definiert (§ 2 Abs. 1 Nr. 1–6 GwG),319 bilden die Organisationspflichten der Kreditinstitute zur Prävention von Geldwäsche (§§ 4–9 GwG)320 und vor allem die allgemeinen Sorgfaltspflichten (§§ 10–17 GwG), die der Aufdeckung von Geldwäsche dienen sollen. Nach § 10 Abs. 3 GwG entstehen diese Sorgfaltspflichten bei der Begründung einer Geschäftsbeziehung (Nr. 1), bei Transaktionen außerhalb von Geschäftsbeziehungen mit einem Wert von mehr als 15.000,– Euro, auch gestückelt (Nr. 2), sowie bei konkreten Verdachtsmomenten für eine Tat nach § 261 StGB oder einen Zusammenhang zur Terrorismusfinanzierung (Nr. 3) oder Zweifeln hinsichtlich der Angaben zur Identität des Vertragspartners (Nr. 4). Zur Konkretisierung dieser rahmenhaft umrissenen Pflicht werden zwei Hauptinstrumente näher ausgestaltet: c) Insbesondere: Identifizierungs- und Aufzeichnungspflicht (§ 10 Abs. 1 und 2 i.V.m. 113 §§ 11 f. GwG). Die allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 10 Abs. 1 und 2 GwG sind insbesondere als Identifizierungs- und Aufzeichnungspflichten in §§ 11 f. GwG näher ausgestaltet, die bereits placing und smurfing (Phase 1) nachvollziehbar machen sollen (daneben eine verstärkte, inhaltlich vom Verpflichteten zu füllende Sorgfaltspflicht nach § 15 GwG bei verstärktem Risiko). Zu identifizieren ist der Vertragspartner grundsätzlich anhand von einem Ausweisdokument bzw. bei juristischen Personen einem Handelsregisterauszug oder anhand von Gründungsdokumenten (§ 12 Abs. 1 und 2 GwG)321 und zwar – wie inzwischen auch nach § 154 Abs. 2 AO –322 auch der wirtschaftlich Berechtigte i.S.v § 3 GwG, d.h. die natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner des Verpflichteten letztlich steht.323 Der wirtschaftlich Berechtigte ist durch den Vertragspartner offenzulegen (§ 11 Abs. 1, 5 und 6 GwG). Das Sicherungssystem ist als ganzheitliches angelegt, das sich durch nachvollziehbare Historisierung und durch Rasterung auszeichnet.324 Alle erhobenen Angaben sind durch den Verpflichteten nach § 6 Abs. 2 lit. d i.V.m. § 8 GwG aufzuzeichnen. Zu melden sind die Aufzeichnungen erst, wenn ein Verdacht der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung besteht (§ 43 Abs. 1 GwG), ausreichend ist hierfür ein Anfangsverdacht i.S.v. § 152 Abs. 2 StPO.325

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319 Dazu näher Herzog/Figura GwG § 2 Rn 10 ff. Daneben – zunehmend hinzugekommen – Unternehmen im Versicherungswesen (mit Vermittlung), Fonds, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfungs- und Treuhandunternehmen, Makler, Betreiber von Glücksspielen. 320 Dazu Findeisen Die Effektivierung des bankinternen Sicherungssystems zur Verhinderung der Geldwäsche, 6/1996 und 10/1996; Fülbier/Aepfelbach/Langweg § 14 (mwN); Hoyer/Klos Geldwäsche S. 282–284; zu den zunehmenden Verschärfungen in diesem Bereich Bentele/Schirner ZBB 2012, 303 (307–309); Herzog/Herzog/Achtelik GwG Einl Rn 151 ff. 321 Näher hierzu etwa Herzog/Figura GwG § 12 Rn 1–20; Scaraggi-Kreitmayer DStR 2018, 1388 (1389 ff.) Krais CCZ 2016, 185 (185); zur Vorgängerregelung § 4 Abs. 4 GwG a.F. vgl. Körner/Dach Geldwäsche S. 87–89, 95–98; Hoyer/ Klos Geldwäsche S. 253. 322 § 154 AO wurde neugefasst durch Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz, G v. 23.6.2017 (BGBl. I S. 1682; dazu: Schmidt/Ruckes IStR 2017, 472) und Gesetz zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäsche-RL (oben Fn 317) und sieht seitdem in Abs. 2 vor, dass, wer ein Konto führt, sich Gewissheit über Person und Anschrift auch jedes wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Geldwäschegesetzes zu verschaffen hat. 323 Dazu Kommentierungen der Norm und etwa Kotzenberg/Lorenz NJW 2017, 2433 (2434 ff.); Höche/Roßnagel WM 2012, 1505 (1506), dort auch näher zur Identifizierungspflicht a.a.O. 1507. 324 Dazu Kommentierungen der Norm und etwa Artzt/Brugugnone/Büchel in: Arretz/Artzt/Barleon/u.a. Kontoführung, Rn 263. 325 BankR-HdB/Walther § 42 Rn 496; zu den Verschärfungen in jüngerer Zeit Bentele/Schirner ZBB 2012, 303 (305–307); Höche/Roßnagel WM 2012, 1505 (1506–1511).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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d) Insbesondere: Meldepflicht (§§ 43 f. GwG). In Umsetzung von Art. 33 der 4. EU-Geldwäsche-Richtlinie (Fn 306) sehen §§ 43 ff. GwG eine Meldepflicht der Kreditinstitute bei Geldwäscheverdacht vor, die diese nicht übermäßig belasten sollte. Die Kernvorschrift in § 43 GwG übernimmt weitestgehend § 11 GwG a.F., der seinerseits der Umsetzung von Art. 22 und 35 der 3. EG-Geldwäsche-Richtlinie diente. Die Meldepflicht zielt, anders als die Identifizierungspflicht, auf alle drei Phasen der Geldwäsche. Hierfür wird das überlegene Wissen von Kreditinstituten und Spielbanken genutzt – nicht mehr. Daher schulden sie nur den Hinweis, nicht weitere Verfolgung.326 Daher treffen sie Sanktionen nur im Falle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit/Leichtfertigkeit, sowohl wenn sie zu Unrecht anzeigen (§ 48 GwG),327 als auch, wenn sie zu Unrecht nicht anzeigen (sanktioniert nach § 261 Abs. 1, 2 und 5 StGB und nach § 56 Abs. 1 Nr. 59 GwG). Umgekehrt dürfen sie ihren Aufklärungsbeitrag nicht durch Informierung des Kunden zunichte machen (§ 47 GwG, mit Bußgeldbewehrung nach § 56 Abs. 1 Nr. 60 GwG). Das überlegene Wissen besteht darin, dass den Kreditinstituten bei einer (auch nur versuchten) Finanztransaktion ein zweifacher Verdacht kommt (vgl. bes. plastisch § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG):328 dahingehend, dass die Gelder aus einer der in § 261 StGB genannten Straftaten stammen und dass im konkreten Fall das Institut und Finanzsystem zur Wäsche dieser Gelder genutzt werden. Der Verdacht muss durch „Tatsachen“ begründet sein, ohne dass diese benannt würden – weder positiv noch negativ.329 Die Schwelle nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 lit. b GwG muss nicht erreicht werden. Die kurzzeitige Sperre der Transaktion (§ 46 GwG) soll der Staatsanwaltschaft erlauben, besser zu reagieren oder sofort zuzugreifen, nicht das Institut fordern. VI. Sonstige Durchbrechungen im Zivilrecht

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1. Grundsatz. Unbenannte Durchbrechungen im Zivilrecht werden auf Interessen des Kreditinstituts oder Dritter gestützt – teils auch nur im Wege der Beweiswürdigung.330 Der erstgenannte Fall (Durchbrechung des Bankgeheimnisses im Institutsinteresse) unterfällt in zwei Gruppen: In der einen würde bei Achtung des Bankgeheimnisses die Verwertung eines Anspruches, den das Institut gegen den Kunden hat, beeinträchtigt,331 etwa wenn es zur Durchsetzung seiner Kreditforderung ein Inkassounternehmen einschalten will oder eine sicherungsze-

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326 Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, Schreiben vom 30.12.1997, Maßnahmen der Finanzdienstleistungsinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche, abgedr. in Carl/Klos Geldwäsche S. 360–376; BaK, Schreiben vom 30.3.1998, Maßnahmen der Kreditinstitute zur Bekämpfung und Verhinderung der Geldwäsche, abgedr. in Carl/Klos Geldwäsche S. 377–395; Fülbier/Aepfelbach/Langweg S. 349– 368; für eine weitergehende Verpflichtung zur Informationsverarbeitung durch das Kreditinstitut Herzog WM 1996, 1753 (1756); krit. zur Änderung der Verdachtsmeldung durch die Reform im Optimierungsgesetz Geldwäscheprävention von 2012: Höche/Roßnagel WM 2012, 1505 (1509–1511). 327 Dazu etwa Höche/Roßnagel WM 2012, 1505 (1510). Andernfalls kommen vertragsrechtliche Schadensersatzansprüche in Betracht sowie solche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 145d, 164 StGB. Vgl. im einzelnen Fülbier/Aepfelbach/Langweg § 12 Rn 13 f.; Ungnade WM 1993, 2105 (2112); Körner/Dach Geldwäsche S. 70. 328 OLG Frankfurt Beschl. v. 17.12.2012 – 19 U 210/12, juris; Körner/Dach Geldwäsche S. 54; ebenso Ungnade WM 1993, 2105 (2110 f.); ähnlich Hetzer NJW 1993, 3298 (3300); zu den Verschärfungen in jüngerer Zeit Bentele/Schirner ZBB 2012, 303 (310); zweifacher Verdacht nicht erforderlich: nach Carl/Klos Geldwäsche S. 272. 329 OLG Frankfurt (vorige Fn); Beispielsfälle bei Fülbier/Aepfelbach/Langweg § 11 Rn 78 f. und § 261 StGB Rn 118– 155; Körner/Dach Geldwäsche S. 56–60, 104–107, 162–164 (in beiden Werken auch Hinweise auf von öffentlichen Stellen erarbeitete Kataloge, teils mit Abdruck). 330 Eine Aufdeckung durch das Institut wird dann zwar für unzulässig gehalten, die Weigerung des Kunden, vom Bankgeheimnis zu entbinden, jedoch zu seinen Lasten gewertet. Pauschal so etwa OLG Celle Urt. v. 7.1.1981 – 3 U 107/80, ZIP 1981, 1323 (1324), allgemein zur verweigerter Entbindung von Schweigepflicht Musielak/Voit/Huber ZPO § 383 Rn 10. Zu Recht für solch eine Beweiswürdigung wohl nur in den Fällen, in denen die Weigerung unberechtigt war: BGH Urt. v. 20.6.1967 – VI ZR 201/65, NJW 1967, 2012 (2012); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 213. Dann ist jedoch die Durchbrechung des Bankgeheimnisses der direktere Weg. 331 Grundmann Treuhandvertrag S. 226; auch etwa Zöllner ZHR 149 (1985), 179 (195).

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

dierte Forderung des Kunden verwertet werden muss (Verwertungsreife), um eine Kreditforderung gegen den Kunden zu bedienen. Hier darf dem Inkassounternehmen die nötige Information zum Kredit gegeben und dem Drittschuldner die Sicherungszession aufgedeckt werden.332 Dabei gilt der Grundsatz: Ein Aufdecken ist umso eher durch berechtigte Interessen gerechtfertigt (bzw. die Rechtmäßigkeit der Abtretung ist umso eher zu bejahen), je mehr der Schuldner die Gefahr begründet oder zu begründen scheint, dass die jeweilige Forderung des Kreditinstituts nicht planmäßig erfüllt und solchermaßen entwertet wird.333 Für Transaktionen wie die Fusion wird daher praktisch einhellig von einer pauschalen Zulässigkeit der Übertragung im Wege der Gesamtrechtnachfolge ausgegangen,334 für eine Nutzung der Ausgliederung zum Zwecke der Übertragung eines großen Kreditportfolios als Ganzem zumindest weit überwiegend.335 In der anderen Fallgruppe greift der Kunde in vorhandenes Vermögen des Kreditinstituts ein, vor allem durch unberechtigte Kritik oder Verleumdung; zur Abwehr darf das Kreditinstitut Informationen aufdecken, die dem Bankgeheimnis unterfallen.336 Von der Vertrauenstheorie her argumentiert, wäre jeweils die Schutzwürdigkeit des Kundenvertrauens zu verneinen. Die veränderte Interessenlage erklärt sich jedoch weniger auf Kunden- als auf Kreditinstitutsseite. Daher ist „Schutzwürdigkeit“ präziser zu fassen, wenn man die Durchbrechung des Bankgeheimnisses auf den Umstand stützt, dass andernfalls das Kreditinstitut in seinem eigenen Vermögen bzw. Investment verletzt würde. Dann nämlich hält das Institut die Kundeninformation nicht mehr „unentgeltlich“ und darf daher nicht mehr nur auf das Kundeninteresse abgestellt werden. Für den Datenschutz sind exakt diese zwei Aspekte nach Art. 6 Abs. 1 lit. b und lit. f EU-DSGV (bis 2018 § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG a.F.) beachtlich (einerseits wirtschaftliche Nutzung der Forderung/des Vertragsverhältnisses, andererseits „berechtigte Interessen“ an Verteidigung).

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332 Zum Ersten Canaris Bankvertragsrecht Rn 61a (m. Nachw. zur Gegenansicht); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 46; Schönle (Fn 175), S. 45; einschränkend (häufig unabtretbar): Radbruch Bankgeheimnis S. 104 f.; Sichtermann/ Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 183 f. Zum zweiten BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 53. 333 BGH (Fn 196), NJW 2011, 3024 (3025); BGH (Fn 196), WM 2009, 2307 (2308); BGH (Fn 196), BGHZ 171, 180 (184– 190) (Bankgeheimnis und BDSG, heute vergleichbar EU-DSGV, stehen jedenfalls einer wirksamen Abtretung nicht entgegen) bestätigt durch BGH Urt. v. 19.4.2011 – XI ZR 256/10, BKR 2011, 327; BGH Urt. v. 3.12.2010 – V ZR 200/09, BKR 2011, 291; BGH (Fn 205), BGHZ 183, 60 (62–66) (auch keine Nichtigkeit der Abtretung wegen Verstoßes gegen § 203 StGB bei Sparkasse als Zedentin), dazu Kramme Konflikt zwischen dem Bankgeheimnis und Refinanzierungsabtretungen, S. 183–186. Gegenläufige Entscheidung vor allem in: OLG Frankfurt/M. Urt. v. 25.5.2004 – 8 U 84/04, NJW 2004, 3266; ausf. im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Rechtfertigungsgründe (für Zulässigkeit): Hoeren ZBB 2010, 64 (Handel mit „non-peforming loans“); und im Hinblick auf das Bankgeheimnis Contrael Abwicklung notleidender Kreditverhältnisse, 2009; praktisch einhellig für Zulässigkeit schon vor Klärung durch den BGH die Flut der Literatur, vgl. nur Adolff FS Heldrich 2005, S. 3; Beucher/Räther/Stock AG 2006, 277; Böhm BB 2004, 1641; Bruchner BKR 2004, 394; Bütter/Aigner BB 2005, 119; Bütter/Tonner ZBB 2005, 165; Cahn Bankgeheimnis und Forderungsverwertung, WM 2004, 2041; Domke/Sperlich BB 2008, 342; Hofmann BKR 2008, 241; Hofmann/Walter WM 2004, 1566; Jobe ZIP 2004, 2415; Klüwer/Meister WM 2004, 1157; Koch BKR 2006, 182; Kuder ZInsO 2004, 903; Nobbe WM 2005, 1537; ders. ZIP 2008, 97; Rinze/Heda WM 2004, 1557; Schalast/Safran/Sassenberg NJW 2008, 1486; Schilmar/Breiteneicher/Wiedenhofer DB 2005, 1367; Sester/Glos DB 2005, 375; v. Sievers ZInsO 2005, 290; Stiller ZIP 2004, 2027; Toth-Feher/Schick ZIP 2004, 491; auch Reifner BKR 2008, 142; unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes Abel/Djagani ZD 2017, 14; Lehmann/Wancke WM 2019, 665 (668). 334 Vgl nur Heckschen GmbHR 2015, 897 (903 f.); Bitter ZHR 173 (2009), 379 (380–384 und 394–403); MarschBarner ZHR 165 (2001), 426 (429 f.); Scharf Umwandlung und Datenschutz, 2008, S. 19 ff. (m.w.Nachw.); Zöllner ZHR 165 (2001), 440 (446 ff.) (ebenfalls das Interessengefüge im Ausgangsvertrag in den Mittelpunkt stellend); aA Wenger/Widmann/Wengert NJW 2000, 1289; ausf. und differenzierend Schaffland NJW 2002, 1539. 335 Vgl nur BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 72; Nobbe ZIP 2008, 97 (99); Wittig in: Bankrechtstag 2005, 2006, S. 147; aA Bitter ZHR 173 (2009), 380 (384–387 und 403–433) (weil Übertragung nicht Zweck der Transaktion/des Vertrages; dort ausf. auch zu den Verstoßfolgen); und (implizit) auch Wenger/Widmann/Wengert NJW 2000, 1289. 336 BGH (Fn 175) DB 1953, 1031 (1031); Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 28; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/ Terdenge Bankgeheimnis S. 181; zu vergleichbaren fehlerhaften Berichterstattungen im Zusammenhang mit Kreditverkäufen (zum Verkauf selbst Nachw. in den drei vorige Fußnoten): Schalast/Safran/Sassenberg BB 2008, 1126.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Parallel verlaufen die Bewertungsleitlinien in den Fällen, in denen unbenannte Durchbrechungen im Zivilrecht auf Interessen Dritter gestützt werden. Wiederum sind für den Datenschutz Art. 6 Abs. 1 lit. b und lit. f EU-DSGV (bis 2018 § 28 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BDSG sowie ggf. § 28a BDSG) maßgeblich. Überwiegend wird darauf abgestellt, ob eine Notwehr- oder Nothilfesituation zugunsten des Dritten bestehe, und ansonsten eine Interessenabwägung zwischen Kunden und Dritten nach § 242 BGB vorgeschlagen.337 Während der erste Tatbestand im Grundsatz unanzweifelbar ist,338 würde mit der Zulassung einer allgemeinen Interessenabwägung das Bankgeheimnis letztlich zur Disposition gestellt.339 Die zweite Fallgruppe kann nur klar gefasst werden, wenn auf das Rechtsverhältnis abgestellt wird, in dem der Konflikt angesiedelt ist: Soweit der Dritte gegen den Kunden einen Auskunftsanspruch hat, ist auch das Bankgeheimnis durchbrochen,340 wobei freilich das Kreditinstitut in Zweifelsfällen, wie auch sonst im Bankgeschäft, keine Schiedsrichterrolle übernehmen muss. 2. Hauptfälle

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a) Bankgeschäftsübergreifend. Wichtige Durchbrechungen gelten in allen Bankgeschäften. Interessen des Kreditinstituts begründen solche Ausnahmen, soweit es in seinem guten Ruf (und potentiell Vermögen) angegriffen wird. Entsprechendes gilt, wenn der Kunde sich weigert, Strafen (etwa Zwangsgelder) zu ersetzen, die gegen das Kreditinstitut im Ausland verhängt werden, weil es – um das deutsche Bankgeheimnis zu wahren – die Aussage verweigert.341 Die Aufdeckung des Bankgeheimnisses ist weiter zulässig, wenn dies notwendig ist, um Ansprüche und (Vertrags-)Rechte des Instituts gegen den Kunden zu realisieren. Am umstrittetensten, praktisch wichtigsten und auch besonders paradigmatisch hierfür ist der Problemkreis Forderungsabtretung.342 Die Abtretung einer Bankforderung an ein seriöses Inkassounternehmen darf daher mit der notwendigen Sicherungszession (etwa künftiger Lohnansprüche durch den Kunden) dem Drittschuldner offenbart werden, wenn die Forderung überhaupt abgetreten werden durfte. 118 Interessen anderer Kunden begründen solch eine Durchbrechung, wenn sein Vermögen rechtlich relevant angegriffen wird. Der Hauptfall von bevorstehender Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz etc. ist nicht schlicht durch Interessenabwägung zu lösen,343 sondern im Lichte gesetzgeberischer Wertungen. Daher sind Vermögensverschlechterungen erst aufzudecken, wenn der Kunde durch Nichtaufdeckung rechtswidrig handelt, insbesondere wenn Insolvenzstraftatbestände (§§ 283 ff. StGB) verwirklicht sind. Dabei greift der weiche Auffangtatbestand in § 283

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337 Etwa Canaris Bankvertragsrecht Rn 59 f.; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.131 (noch expliziter die Erstaufl.); BuB/ Hoffmann Rn 2/924, 2/926 f. (bzgl. Interessenabwägung aber eher zurückhaltend); auch Schalast/Safran/Sassenberg BB 2008, 1126. 338 Vgl. nur Canaris Bankvertragsrecht Rn 59; entscheidend ist der rechtswidrige Eingriff in vorhandenes Vermögen des Dritten: näher Grundmann Treuhandvertrag S. 340 f. 339 BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 89; Canaris Bankvertragsrecht Rn 73. 340 Grundmann Treuhandvertrag S. 338–340 (auch zur entsprechenden Grenzziehung bei Geschäftsgeheimnissen und sogar beim [Vollstreckungs-]Zugriff auf andere Werte als Information). Fallmaterial aaO sowie unten Zweiter Teil Rn 117–121. Für Geschäftsgeheimnisse u.ä., im konkreten Fall Verletzung von Rechten geistigen Eigentums, für Durchbrechung des Bankgeheimnisses, genauer: für eine Abwägung der Rechte (jedoch tendenziell Vorrang des verletzten Rechts): EuGH Urt. v. 16.7.2015 Rs. C-580/13 Coty Germany, ECLI:EU:C:2015:485 (auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 3 lit. e und Abs. 1 lit. c Richtlinie 2004/48). 341 Zur Rufschädigung Nachw. oben Fn 336. Zu Zwangsgeldern u.ä. Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.134; vgl. auch Kleiner FS Bärmann, 1975, S. 523 (525–532). 342 Nachw. oben Fn 332 f.; die Diskussion vor allem im Anschluss an das Urteil des OLG Frankfurt vom 25.5.2004, auch der Grundsatzaufsatz von Nobbe WM 2005, 1537 und die meisten oben zitierten Folgebeiträge. 343 So BGH (Fn 63), NJW 1991, 693; Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 182; BankRHdB/Krepold § 39 Rn 88–92; Canaris Bankvertragsrecht Rn 60.

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2. Abschnitt – Allgemeine Verhaltens-, Schutz- und Geheimhaltungspflichten

Abs. 1 Nr. 8 StGB nach hM bei schlichtem Unterlassen nicht ein.344 Bei laufenden, nicht unrealistischen Sanierungsbemühungen besteht noch keine Aufklärungspflicht des Kunden und hat das Bankgeheimnis Bestand.345 Informationsansprüche gegen den Kunden haben Dritte etwa in den Fällen von §§ 809 f. BGB, und deswegen ist insoweit auch das Bankgeheimnis durchbrochen.346 Entsprechendes gilt für die Fälle von § 840 ZPO.347 b) In einzelnen Bankgeschäften. Speziell im Zahlungsgeschäft ist daran zu erinnern, 119 dass das Bankgeheimnis auch von anderen Instituten in der Kette zu wahren ist.348 Durchbrochen ist es (idR schon auf Grund konkludenter Zustimmung) im Scheckverkehr für die Scheckbestätigung durch das Institut (derzeitig Deckung vorhanden), wohl nicht entsprechend im Lastschriftverkehr.349 Außerdem dürfen Person und Adresse bei nicht eingelöstem Scheck etc. bekanntgegeben werden.350 Speziell im Kreditgeschäft stehen Fragen der Überschuldung und Insolvenz des Kunden 120 im Vordergrund, d.h. ab welchem Stadium diese Dritten, die Kredit gewähren oder bürgen wollen, zu offenbaren ist.351 Fraglich ist dort außerdem, ob der Bürge Auskunft über Höhe und sonstige Absicherung der gesicherten Forderung verlangen kann. Meist wird er hiervon schlicht seine Zustimmung abhängig machen; jedoch auch nach Abgabe der Erklärung hat er einen Auskunftsanspruch gegen den Hauptschuldner, wenn nicht die Sicherheit ohne dessen Zutun bestellt wurde.352 Speziell im Investment Banking gehen die Informationsansprüche gegen Emittenten un- 121 gleich weiter und ist nicht erst bei Insolvenzstraftaten aufzuklären. Demgemäß ist auch das Bankgeheimnis durch § 64 Abs. 3 und 4 WpHG und sonstige kapitalmarktrechtliche Aufklärungs- oder Veröffentlichungspflichten von Bankkunden, etwa Emittenten, ungleich weiter zurückgedrängt (vgl. dort). Paradigmatisch zeigt sich dies, soweit Institute in die Prospekterstellung eingebunden sind: Sie unterliegen dann auch keinem Bankgeheimnis, soweit Dritte einen Prospektaufklärungsanspruch gegen den Kunden (Emittenten) haben.353

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344 Strafbares Handeln durch Unterlassen nur bei Vorliegen einer Garantenpflicht: statt aller Leipziger Kommentar/Tiedemann § 283 StGB Rn 159 (1. Alt.) und 171 f. (2. Alt.). 345 Schönle (Fn 175) S. 49; BGH Urt. v. 16.1.1969 – II ZR 76/66, BB 1969, 655 (655 f.); BGH (Fn 63) BGHZ 166, 84 (91– 96) (Kirch/Deutsche Bank). 346 Canaris Bankvertragsrecht Rn 61 (mit weiteren vergleichbaren Beispielen); aA Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 180. 347 Behr Jurist. Büro 1998, 626; Rehbein ZHR 149 (1985), 139 (142); Steindorff ZHR 149 (1985), 151 (153); Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 376–380; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.137; Schönle (Fn 175) S. 45. 348 Oben Zweiter Teil Rn 78. 349 Radbruch Bankgeheimnis S. 99; BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 35–37, 40; BuB/Hoffmann Rn 2/930–935 (Scheck) und 2/936 f. (Lastschrift); nur zum Scheck- und Wechselverkehr: Horn WM 1984, 449 (456); Kirchherr/ Stützle ZIP 1985, 515 (521 f.). 350 Kirchherr/Stützle ZIP 1985, 515 (521); BankR-HdB/Krepold § 39 Rn 38 f. (beide auch umgekehrt für die Bekanntgabe des Einreichers bei Missbrauch); BuB/Hoffmann Rn 2/930; für das POZ unten Dritter Teil Rn 360–368. 351 Hier gelten die genannten Grundsätze und Begründungen (oben Zweiter Teil Rn 34, 56, 116); zur Pflicht des Instituts, Interessenkonflikte aufzudecken, oben Zweiter Teil Rn 58 und 60. 352 Staudinger/Horn § 765 Rn 123. Daher ist auch das Bankgeheimnis jedenfalls in diesem Maße durchbrochen, so auch die hM: Bruchner/Stützle Bankgeheimnis S. 15; Radbruch Bankgeheimnis S. 105 f.; Sichtermann/Feuerborn/ Kirchherr/Terdenge Bankgeheimnis S. 184–186. 353 Assmann Prospekthaftung – als Haftung für die Verletzung kapitalmarktbezogener Informationsverkehrspflichten nach deutschem und US-amerikanischem Recht, 1985, S. 324; Hopt Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken – gesellschafts-, bank- und börsenrechtliche Anforderungen an das Beratungs- und Verwaltungsverhalten der Kreditinstitute, 1975, S. 467–469; Canaris Bankvertragsrecht Rn 2279.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

DRITTER ABSCHNITT Bankkonto 3. Abschnitt – Bankkonto Schrifttum 1. Grundlagen (HGB-Kontokorrent, Bankkonto, Girovertrag und Buchung (A und B.)) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Arretz/Artzt/Barleon Kontoführung & Zahlungsverkehr – Rechtsfragen aus der Bankpraxis, 5. Aufl. 2017; Beckmann Girovertragliche Abrechnungskontrolle und die EiblKontoprüfung, 2009; Brügmann Das Recht auf ein Girokonto im System des Verbraucherschutzes gegenüber Banken, 1999; Bülow/Artz Zahlungskontengesetz (ZKG), 2017; Canaris Bankvertragsrecht Rn 142–299; Grundmann Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997; Herz Das Kontokorrent – insbesondere in der Zwangsvollstreckung und im Konkurs, 1974; Hüffer/van Look Rechtsfragen zum Bankkonto, 4. Aufl. 2000; Kämmer Stornorecht der Banken – Selbsthilferecht oder Gestaltungsrecht sui generis, 1998; Kampermann Bankgeschäfte mit Minderjährigen, 2015; Kristoffy Minderjährigenrecht, 5. Aufl. 2013; Kübler Feststellung und Garantie, 1967; Lange Die Klauselwerke der Kreditwirtschaft – eine Untersuchung ausgewählter Probleme, 1995; Münch Das Giralgeld in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland, 1990; Niekiel Das Recht auf ein Girokonto, 2011; Peckert Das Girokonto und der Kontokorrentvertrag – eine Darstellung der Rechtsbeziehungen beim bargeldlosen Zahlungsverkehr unter besonderer Berücksichtigung der Pfändbarkeit von Ansprüchen aus dem Giroverhältnis, 1985; Römer Die Auswirkungen des Kontokorrent auf die Haftung ausgeschiedener Personenhandelsgesellschafter – zugleich ein Beitrag zur Lehre vom Kontokorrent, 1991; Schulte-Körne Zweiseitige Treuhandbindungen des Rechtsanwalts – dargestellt am Beispiel der Sicherheitsleistung auf anwaltlichem Anderkonto, Diss. Bielefeld 2000; S. Spindler Die Theorien zur Verrechnung und zur Feststellung des Saldos im Kontokorrent unter besonderer Berücksichtigung ihrer Praktikabilität, 2008; Wosnitza Das Recht auf Auskunft im bankvertraglichen Dauerschuldverhältnis – systematische Übersicht über Informationsansprüche nach Vertragsschluß bei typischen Bankgeschäften und ihre rechtsdogmatische Abstimmung aufeinander, 1991. b) Aufsätze und Beiträge: Bachmann Kontrahierungspflichten im privaten Bankrecht, ZBB 2006, 257; Beitzke Probleme des Kontokorrents, FS v. Gierke 1950, S. 9; Blaurock Das Stornorecht der Kreditinstitute, NJW 1984, 1; ders. Das Anerkenntnis beim Kontokorrent, NJW 1971, 2206; ders. Das Kontokorrent, JA 1980, 691; Borges Die Wertstellung im Giroverhältnis – zugleich eine Besprechung der BGH-Urteile vom 6.5. und 17.6.1997, WM 1998, 105; ders. Rechtsfragen des Phising – Ein Überblick, NJW 2005, 3313; Bork Kontokorrentverrechnung und Bargeschäft, FS Kirchhof 2003, S. 57; Bülow Die Angemessenheit des Entgelts nach § 41 Abs. 2 Zahlungskontengesetz, WM 2017, 161; Canaris Die Verrechnung beim Kontokorrent, DB 1972, 421 und 469; ders. Börsentermingeschäft und Kontokorrent – Anmerkung zum Urteil des BGH vom 25.1.1985 – I ZR 201/82, ZIP 1985, 599, ZIP 1985, 592; ders. Die Auswirkungen der Anerkennung eines aktiven Kontokorrentsaldos auf unverbindliche Börsentermingeschäfte, ZIP 1987, 885; ders. Funktionen und Rechtsnatur des Kontokorrents, FS Hämmerle 1972, S. 55; Conreder/Schild Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der sog. Zahlungskontenrichtlinie – Ein Überblick, BKR 2016, 89; Derleder Der Minderleister als Bankkunde, ZRP 1999, 139; Dullinger Kreditgewährung durch Kontoüberziehung und Kontoüberschreitung – Neuregelung durch das Verbraucherkreditgesetz, JBl. 2010, 690; Findeisen Das Zahlungskontengesetz – Auftrieb für den modernen Zahlungsverkehr und den Verbraucherschutz, WM 2016, 1765; Geschwandtner/Bornemann Girokonto für jedermann, NJW 2007, 1253; Gondert/Huneke Das Basiskonto nach dem ZKG: Subjektives Recht, objektive Aufsicht und rechtliche Durchsetzung, VuR 2016, 323; Grundmann Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – Teil I – Grundsatzüberlegungen und Überweisungsrecht, WM 2009, 1109; Hadding Die einseitige Aufhebung der Geschäftsverbindung aus wichtigem Grund gemäß Nr. 17 S. 2 AGB der Banken/Nr. 13 Abs. 2 AGB der Sparkassen, FS Heinsius 1991, S. 183; Hadding/Häuser Rechtsfragen des Giroverhältnisses, ZHR 145 (1981), 138; dies. Gutschrift und Widerruf des Überweisungsauftrags im Giroverhältnis, WM 1988, 1149; Häuser Die Reichweite der Zwangsvollstreckung bei debitorischen Girokonten, ZIP 1983, 891; ders. Scheckinkasso und Weisung des Einreichers zur Gutschrift des Erlöses auf das Konto eines Dritten – Anmerkung zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.11.1989 – XI ZR 97/88, WM 1990, 1184; Hagemeister Grundfälle zu Bankgeschäften mit Minderjährigen, JuS 1992, 839 und 924; Hager Zur Reduzierung einer formularmäßig unbeschränkten Bürgschaft für einen Kontokorrentkredit, JR 1998, 419; Hammen Vorausabtretung versus Inrechnungstellung, JZ 1998, 1095; Hefermehl Grundfragen des Kontokorrents, FS Lehmann II 1956, S. 547; Held Das neue ZKG: Verfassungswidriger Kontrahierungszwang, BKR 2016, 353; Herresthal Die Kündigung von Girokonten durch private Banken nach dem Recht der Zahlungsdienstleistungen, WM 2013, 773; ders. Der Anspruch auf ein Basiskonto nach dem Zahlungskontengesetz (ZKG) – Die Privatautonomie auf dem Rückzug im

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3. Abschnitt – Bankkonto

Bankvertragsrecht, BKR 2016, 133; Heyers Rechtsnatur der Geldschuld und Überweisung – welche Konsequenzen sind aus der Rechtsprechung des EuGH für das nationale Recht zu ziehen? JZ 2012, 398; Kindermann Gutschrift und Belastungsbuchung im Geldüberweisungsverkehr, WM 1982, 318; Knees/Fischer Zur Unzulässigkeit von Kontokorrentverrechnungen bei vorhandener Globalzession – Erste Überlegungen zu den Konsequenzen des BGH-Urt. v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07 (ZInsO 2008, 91), ZInsO 2008, 116; Koch Das Girokonto für jedermann – ein altes Problem in neuem Licht, WM 2006, 2242; Köndgen Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1999–2003, NJW 2004, 1288; ders. Das neue Recht des Zahlungsverkehrs, JuS 2011, 481; Koller Die Bedeutung der dem Überweisungsbegünstigten erteilten Gutschrift im Giroverkehr, BB 1972, 687; Kothe Das Girokonto für jedermann im Lichte der Rechtsgeschäftslehre, FS Derleder 2005, S. 405; Kreft Gedanken zum Girokonto für jedermann, FS Graf von Westphalen 2011, S. 415; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankenentgelten, BKR 2015, 316; Kunkel Das Junge Konto – Minderjährigenschutz im Rahmen des Girovertrages, Rpfleger 1997, 1; Langner Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Ein neuer Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr im Binnenmarkt, BKR 2004, 131; Lepper Die unmittelbare Grundrechtsbindung von Sparkassen, BKR 2004, 175; Liesecke Das Bankguthaben in Gesetzgebung und Rechtsprechung, WM 1975, 214, 238, 286 und 314; Linardatos Die Basiskonto-Richtlinie – Ein Überblick, WM 2015, 755; Linnert Girokonto für Jedermann! ZRP 2009, 37; Maier Das Kontokorrent, JuS 1988, 196; Meckel Das neue zivile Zahlungsverkehrsrecht – Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive – PSD) in das nationale deutsche Recht – 4 Teile, hier: (Teile 1 und 2) – Hintergründe, Praxisprobleme und Ausblicke, JurisPR-BKR 11/2009 Anm. 1 und 12/2009 Anm. 1 (außerdem 1/2010, 2/2010, jeweils Anm. 1); Metz Variable Zinsen – Präzisierung bei § 315 BGB erforderlich? BKR 2010, 365; Mülbert Der Kontovertrag als bankgeschäftlicher Vertragstypus, FS Kümpel 2003, S. 395; ders./Grimm Der Kontokorrentkredit als Gelddarlehensvertrag – rechtsdogmatische Vereinfachungen und praktische Konsequenzen, WM 2015, 2217; Niebling Die Inhaltskontrolle von Bankbedingungen, VuR 2011, 283; Nobbe Neuregelungen im Zahlungsverkehrsrecht – ein kritischer Überblick, WM 2011, 961; ders. Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, 185; Otto/Stierle (Fehl-)Entwicklungen beim girovertraglichen Stornorecht der Kreditinstitute? WM 1978, 530; Pfeiffer Die laufende Rechnung (Kontokorrent), JA 2006, 105; Philipp Bankrecht – Zahlungskonten für jedermann, EuZW 2014, 364; Piekenbrock Das Zahlungskonto für jedermann und sein Preis – Der Sonderfall der Sparkassen – zugleich Besprechung von OLG Naumburg WM 2013, 1706, WM 2013, 1925; Pieper Kontrahierungszwang privater Kreditinstitute zur Errichtung eines Girokontos auf Guthabenbasis gegenüber Verbrauchern, ZVI 2007, 457; Piper Termin- und Differenzeinwand gegenüber Saldoanerkenntnis und Verrechnung im Kontokorrent, ZIP 1985, 725; Placzek Die Verjährung von Ansprüchen des Kontoinhabers aufgrund rechtsgrundloser Belastungsbuchungen, WM 2017, 1835; Reifner Das Recht auf ein Girokonto, ZBB 1995, 243; Scheerer Bankgeschäfte des Minderjährigen, BB 1971, 981; Schimansky Zur Rechtsnatur der Wertstellung, FS Heinsius 1991, S. 705; ders. Bankentgelte, Wertstellung, in: Horn/Schimansky (Hrsg.), Bankrecht 1998, 1998, S. 1; ders. Irreführung des Bankkunden durch Kontostandsauskunft am Geldautomaten? BKR 2003, 179; ders. Das „erloschene“ Girokonto – ein Schwarzes Loch? FS Nobbe 2009, S. 163; Schürnbrand Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf das Recht der Bankgeschäfte, BKR 2007, 305; Seifert Bankgebühren für beleggebundene Überweisungen und Diskriminierungsrecht, VuR 2016, 452; Sethe Nachwirkungen eines erloschenen Girovertrages? BKR 2008, 16; Spanl Girokonto in der Vormundschaft, RPfleger 1989, 392; Steuer Girokonto für jedermann, WM 1998, 439; Stiller Gläubigerbenachteiligung bei Zahlung unter Ausnutzung einer geduldeten Kontoüberziehung, ZInsO 2005, 72; Unger-Hellmich/Stephan Kündigung von Girokonten durch Sparkassen wegen drohender Imageschäden, BKR 2009, 441; Vortmann Bankgeschäfte mit Minderjährigen, WM 1994, 965; Werres Kontokorrent und Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG, ZInsO 2008, 1001; Wessels Die Saldoklage, WM 1997, 1509; Zimmermann Die Vorsorgevollmacht im Bankgeschäft, BKR 2007, 226. Zu Kontoproblemen speziell im Hinblick auf Entgelte und AGB-Fragen vgl. auch Schrifttum unten Abschnitt 4, speziell bei der Überweisung auch Schrifttum unten Dritter Teil. 2. Zur Legitimationsprüfung nach § 154 AO (B I.) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Klein/Brockmeyer Abgabenordnung Kommentar, 13. Aufl. 2016; Koenig Abgabenordnung Kommentar, 3. Aufl. 2014; Kühn/Wedelstädt Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung Kommentar, 21. Aufl. 2014; Müller-Brühl Die Legitimationsprüfung und andere Steuerthemen für Banken, 8. Aufl. 1992; Tipke/Lang Steuerrecht, 22. Aufl. 2015; Tischbein/Langweg Die Legitimationsprüfung/Identifizierung bei der Kontoeröffnung – Anforderungen nach der AO, dem GwG, dem KWG und der Zinsinformationsverordnung, 4. Aufl. 2011.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

b) Aufsätze und Beiträge: Carl/Klos Das ungelöste Problem des „Verfügungsberechtigten“ im Sinne des § 154 Abs. 2 AO aus Sicht der Ermittlungsbehörden, wistra 1990, 41; dies. Inhalt und Reichweite der Kontenwahrheitspflicht nach § 154 AO als Grundlage der steuerlichen Mitwirkungspflichten der Kreditinstitute, DStZ 1995, 296; Philipowski Zum Begriff des Verfügungsberechtigten im Sinne des § 154 Abs. 2 AO, WM 1992, 721 und 765; Schmidt/ Houben „Flüchtlingskonten“ auf dem Prüfstand, NZWiSt 2016, 220; Schmidt/Ruckes Das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – Hintergrund, Inhalte und Praxisaspekte, IStR 2017, 473; v. Schweinitz/Schneider-Dieters Der Entwurf des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes – Die Retourkutsche des Gesetzgebers auf die „Panama-Papers“, IStR 2017, 344; Sonnenberg Mehr Klarheit bei Kontoeröffnungen für Flüchtlinge – Neuerungen bei der Kundenidentifizierung nach der Zahlungskonto-Identitätsprüfverordnung, CCZ 2016, 266; Vortmann Der Begriff des Verfügungsberechtigten iSd. § 154 AO, ZIP 1990, 1386; Wallach Zur aktuellen Diskussion um die Neuregelung der Legitimationsprüfungspflicht gem. § 154 Abs. 2 AO, DB 1987, 2497. Weitere Lit. in den Kommentaren zu § 154 AO und der Monographie von Tischbein/Langweg. 3. Speziell zum Fremdwährungskonto (C I.) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht – Fremdwährungs-, Euro- und Rechnungseinheitsschulden, Zürich 1985; Mann The Legal Aspect of Money, 5. Aufl. Oxford 1992; Proctor Mann on The Legal Aspect of Money, 7. Aufl., London 2012; Vischer Geld- und Währungsrecht – im nationalen und internationalen Kontext, 2009. b) Aufsätze und Beiträge: Dilger Haftung von Banken für politische Risiken, RIW 1989, 253; Fuchs Freigabe libyschen Vermögens in England trotz US-Einfrierungsbeschluß, IPRax 1990, 260; Gruson Die Regelungszuständigkeit der Vereinigten Staaten für ausländische Dollar-Überweisungen und Dollar-Konten, RIW 2006, 241; Herring/ Kübler Grenzüberschreitende Bankgeschäfte im Zielfeld politischer Intervention – zu den Problemen der Risikozuweisung im internationalen Einlagengeschäft (Teil I und II), ZBB 1995, 113 und 213; Kleiner Vertragsklauseln bei Bank-Fremdwährungsschulden, EWS 1991, 53; Kümpel Rechtliche Aspekte des Fremdwährungskontos, FS Schimansky 1999, S. 221; Maier-Reimer Fremdwährungsverbindlichkeiten, NJW 1985, 2049; Nobel Devisenschuld: Realschuld oder Innominatunschuld? FS Schluep 1988, S. 285. 4. Speziell zu den verschiedenen Kontogestaltungen nach Inhaberschaft und Verfügungsbefugnis (C. II.) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Aengenheister Das Treuhandkonto – ein Beitrag zum deutschen Treuhandrecht, 1933; Geibel Treuhandrecht als Gesellschaftsrecht, 2008; Hüffer/van Look Rechtsfragen zum Bankkonto, 4. Aufl. 2000; Kawohl Notaranderkonto – Vollzugsstörungen bei der notariellen Verwahrung zur Durchführung von Grundstückskaufverträgen, 1995; König Rechtsverhältnisse und Rechtsprobleme bei der Darlehensvalutierung über Notaranderkonto, 1988; Messerschmidt Gütertrennungsehepaare und gemeinschaftliche Girokonten – vermögensrechtliche Abwicklung anläßlich des Scheiterns einer Ehe, 1997; Rendels Das Bankkonto von Eheleuten – Rechtsprobleme und deren Lösung, 1995; Schulte-Körne Zweiseitige Treuhandbindungen des Rechtsanwalts – dargestellt am Beispiel der Sicherheitsleistung auf anwaltlichem Anderkonto, Diss. Bielefeld 2000. b) Aufsätze und Beiträge: Blank Zulässigkeit einer Notaranderkontenregelung für die letzte Kaufpreisrate im Bauträgervertrag, DNotZ 1997, 298; Bork Die Errichtung von Konten- und Depotsperren, NJW 1981, 905; Brambring Kaufpreiszahlung über Notaranderkonto, DNotZ 1990, 615; Busse Die Bedeutung von Sperrkonten, MDR 1956, 70; Canaris Inhaberschaft und Verfügungsbefugnis bei Bankkonten, NJW 1973, 825; Einsele Das Gemeinschaftskonto – Kontoinhaberschaft, Forderungsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis, FS Nobbe 2009, S. 27; Gernhuber OderKonten von Ehegatten, WM 1997, 645; Hadding Zur aktuellen Rechtslage bei Gemeinschaftskonten, WM-Festgabe für Hellner, 1994, S. 4; Hellner Überlegungen zu den Anderkonten-Bedingungen, FS Nielsen 1996, S. 29; Heiß Risikofaktor Gemeinsames Bankkonto, FamFR 2013, 146; Kollhosser Die Verfügungsbefugnis bei sog. Sperrkonten, ZIP 1984, 389; Kreft Treuhandkonto und Geschäftsfortführung bei Insolvenz, FS Merz 1992, S. 313; Lenkaitis/Messing Nichts Neues zum Oder-Konto? ZBB 2007, 364; Lüke Das notarielle Anderkonto an der Schnittstelle von Privatrecht und öffentlichem Recht, ZIP 1992, 150; Märker Vollstreckungszugriff bei Zahlung über Notaranderkonto – Zwangsvollstreckung in Kaufpreisforderung und Auskehrungsanspruch, RPfleger 1992, 52; Petersen Insichgeschäfte, JURA 2007, 418; Rieder Rechtsfragen bei Gemeinschaftskonten, WM 1987, 29; Schebesta Rechtsfragen bei CpD-Konten sowie „Und“-Konten, WM 1985, 1329; Schmidt Nachdenken über das Oder-Konto – Ein neues Rechtsbild der GeGrundmann

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3. Abschnitt – Bankkonto

meinschaftskonten im rechtsdogmatischen und praktischen Test, FS Nobbe 2009, S. 187; Schreindorfer Verwahrung zugunsten Dritter – Möglichkeiten und Grenzen der notariellen Verwahrung in Bezug auf am Verwahrungsverhältnis nicht beteiligte Dritte – zugleich ein Beitrag zur näheren Bestimmung der Reichweite notarieller Amtspflichten im Bereich der Verwahrung, MittBayNot 2015, 282; Sittmann/Sylvia Kontoeröffnung und Kreditvergabe zugunsten von Wohnungseigentümergemeinschaften, WM 1998, 1615; Vortmann Schadensersatzpflicht der kontoführenden Bank wegen pflichtwidriger Verwendung von Fremdgeldkonten, BKR 2007, 449. Weitere Lit. zu Ander- und Treuhandkonten bei BankR-HdB/Hadding/Häuser §§ 37 und 38. 5. Speziell zum (Bank-)Konto im Erbfall (C. III.) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Hüffer/van Look Rechtsfragen zum Bankkonto, 4. Aufl. 2000; Reischl Zur Schenkung von Todes wegen – unter besonderer Berücksichtigung der legislativen Zielsetzung, 1996; Schäfer Konto und Depot zugunsten Dritter auf den Todesfall, Diss. Köln 1983; Schebesta/Kalkbrenner Bankprobleme beim Tod des Kunden, 14. Aufl. 2008. b) Aufsätze und Beiträge: Bork Schenkungsvollzug mit Hilfe einer Vollmacht – zugleich zu BGH, 18.5.1988 – IV a ZR 36/87, JZ 1988, 1059; Everts Nachlasspflegschaft trotz transmortaler Vollmacht, NJW 2010, 2318; Finger Der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall – BGHZ 46, 198, JuS 1969, 309; Hager Neuere Tendenzen beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, FS v. Caemmerer 1978, S. 136; Kuchinke Das versprochene Bankguthaben auf den Todesfall und die zur Erfüllung des Versprechens erteilte Verfügungsvollmacht über den Tod hinaus, FamRZ 1984, 109; Kühne Bankvermögen im Erbfall und der vorweggenommenen Erbfolge, ZErb 2015, 33; Kümpel Konto/ Depot zugunsten Dritter auf den Todesfall und das Widerrufsrecht der Erben – zugleich Besprechung der Entscheidung des OLG Celle vom 22.12.1992, WM 1993, 825; Merkel Die Anordnung der Testamentsvollstreckung – Auswirkungen auf eine postmortale Bankvollmacht, WM 1987, 1001; Muscheler Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall und Erbenwiderruf, WM 1994, 921; Pamp Rechtsfragen der Darlegungs- und Beweislast bei Kontoverfügungen aufgrund Bankvollmacht, ErbR 2009, 34; Petersen Die Vollmacht über den Tod hinaus, JURA 2010, 757; Roth Nachlasspflegschaft contra transmortale Vorsorgevollmacht, NJW-Spezial 2010, 231; Schreiber Unentgeltliche Zuwendungen auf den Todesfall, Jura 1995, 159; Schultz Widerruf und Mißbrauch der postmortalen Vollmacht bei der Schenkung unter Lebenden, NJW 1995, 3345; Schulz/Schmitz Die Kontoführung des Nachlasspflegers, ZEV 2015, 80; Trapp Die post- und transmortale Vollmacht zum Vollzug lebzeitiger Zuwendungen, ZEV 1995, 314; Uhlenbruck Bankrechtliche Aspekte der Vorsorgevollmacht, ZInsO 2009, 612. Zur ausufernden Lit. zur Schenkung von Todes wegen vgl. weiter etwa MünchKommBGB/Musielak § 2301 Rn 1. 6. Speziell zum Bankkonto in der Krise (D.) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier/Bach Insolvenzrecht, Kommentar, 3. Aufl. 2017; Bach-Heuker Pfändung in die Ansprüche aus Bankverbindung und Drittschuldnererklärung der Kreditinstitute, 1993; Bork Zahlungsverkehr in der Insolvenz, 2002; Ehlenz/Diefenbach Pfändung in Bankkonten und andere Vermögenswerte, 8. Aufl. 2015; Frings/Lücke/v. Oppen/Saager/A. Weber (Hrsg.), Das Pfändungsschutzkonto – Umsetzungsleitfaden des ZKA, 2010; Goebel Kontopfändung unter veränderten Rahmenbedingungen, 2009; Herz Das Kontokorrent – insbesondere in der Zwangsvollstreckung und im Konkurs, 1974; Leible/Freitag Forderungsbeitreibung in der EU, 2008; Mikolajczak Die Zwangsvollstreckung in ein Girokonto, 2015; Obermüller/Kuder (Hrsg.), Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 9. Aufl. 2016; Peschke Die Insolvenz des Girokontoinhabers, 2005; Pohl Der Zahlungsverkehr der Bank mit dem Kunden während der Krise und nach der Vergleichseröffnung, 1982; Riebold Die Europäische Kontenpfändung, 2014; Schumacher/Köllensperger/Trenker EU-Kontenpfändungsverordnung, Kommentar, 2017; Stöber Forderungspfändung, 16. Aufl. 2013; Sudergat Kontopfändung und P-Konto – Voraussetzungen, Rechtsfolgen, Drittschuldnerbearbeitung, 3. Aufl. 2013 (RWS-Skript 365); Tekidou Der Vollstreckungszugriff auf Bankkonten – Eine rechtsvergleichende Betrachtung des griechischen und des deutschen Rechts, 2005; Welter Zwangsvollstreckung und Arrest in Forderungen – insbesondere Kontenpfändung – in Fällen mit Auslandsberührung, 1988; Zeller Die Vollstreckung in offene Kreditlinien, 2006. b) Aufsätze und Beiträge: Ahrens Das neue Pfändungsschutzkonto, NJW 2010, 2001; ders. Gebühren beim Pfändungsschutzkonto, NJW-Spezial 2011, 85; ders. Zahlungs- oder Pfändungsschutzkonto in der Insolvenz, NJW199

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Spezial 2017, 341; ders. Aktuelles zum Pfändungsschutzkonto, NJW-Spezial 2018, 85; Baßlsperger Das Girokonto in der Zwangsvollstreckung – aktuelle Probleme der Globalpfändung, RPfleger 1985, 177; Becker Mängelbeseitigung beim Kontopfändungsschutz, NJW 2011, 1317; Behr Der schnelle Vollstreckungszugriff – die sogenannten „Verdachtspfändungen“, JurBüro 1995, 348; Berger Pfändung von Girokontoguthaben, ZIP 1980, 946; ders. Nochmals: Pfändung von Giroguthaben, ZIP 1981, 583; Bieker Das gepfändete Pfändungsschutzkonto in der Insolvenz, ZInsO 2016, 2379; Bitter Der Kontokorrentkredit: Pfändbarkeit und Insolvenzanfechtung, FS Fischer 2008, S. 15; ders. Das Pfändungsschutzkonto – Ein untaugliches Konstrukt – Kritische Anmerkungen zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsrechts, WM 2008, 141; ders. Das neue Pfändungsschutzkonto (P-Konto) – eine Zwischenbilanz, ZIP 2011, 149; ders. Pfändung des Dispositionskredits? – Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 29.3.2001 = WM 2001, 898, WM 2001, 889; ders. Neues zur Pfändbarkeit des Dispositionskredits – Kritische Anmerkungen zum Stand der Rechtsprechung nach den BGH-Urteilen vom 22.1.2004 = WM 2004, 517 und vom 17.2.2004 = WM 2014, 669, WM 2004, 1109; ders. Die Pflicht des Bankvorstands zur Kündigung von Pfändungsschutzkonten, ZIP 2015, 1807; ders. Pfändungsschutzkonto – Aktuelle Entwicklungen, FS Köndgen 2016, S. 83; Bork Die Rolle der Banken in der vorläufigen Insolvenz, ZBB 2001, 271; Bruckhoff Zur Anfechtung von Kontokorrentverrechnungen in der Insolvenz, NJW 2002, 3304; Büchel Das neue Pfändungsschutzkonto aus Sicht der Kreditwirtschaft, BKR 2009, 358; ders. Das neue Pfändungsschutzkonto in der Insolvenz des Schuldners, ZInsO 2010, 20; Canaris Die Auswirkungen von Verfügungsverboten vor Konkurs- und Vergleichseröffnung im Girovertragsrecht, ZIP 1986, 1225; Carl Die Pfändung in Girokonten, DStR 1988, 765; Casse Neue Überlegungen zum Giro- und zum P-Konto im Insolvenzverfahren, ZInsO 2012, 1402; ders. 5 Jahre P-Konto – Streitpunkte und offene Fragen, ZIP 2015, 1033; Cranshaw Der europäische Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung – Ein Entwurf zur Verbesserung der Forderungsdurchsetzung und der Zahlungsmoral innerhalb der EU? DZWIR 2012, 399; ders./Welsch Freigabe von Konten als Problemfeld der Insolvenzverwaltung, DZWiR 2016, 53; Dampf Die Rückführung von Kontokorrentkrediten in der Unternehmenskrise und ihre Bedeutung nach KO und InsO, KTS 1998, 145; Ehlenz Der reformierte Pfändungsschutz für Kontoguthaben aus Arbeitseinkommen, FPR 2012, 168; Eichel Der internationale Geltungsbereich des Pfändungsschutzes in der Insolvenz, NZI 2017, 790; Felke Die Pfändung der „offenen Kreditlinie“ im System der Zwangsvollstreckung – unter Berücksichtigung der Schuldrechtsreform, WM 2002, 1632; Feuerborn Insolvenzanfechtung bei AGB-Pfandrecht und Sicherungszession, ZIP 2002, 290; Fischer Verbraucherinsolvenz – Was passiert mit dem Girokonto? ZInsO 2003, 101; Fritzsche Die Pfändbarkeit offener Kreditlinien, DStR 2002, 265; Ganter Die Rechtsprechung des BGH zum Insolvenzrecht im Jahr 2014, NZI 2015, 193; Gehrlein Rechtsprechung des BGH zur Insolvenzanfechtung, WM 2015 Sonderbeil. 2, 2; Gessner Ausgewählte Aspekte des Insolvenzanfechtungsrechts de lege lata und de lege ferenda, NJ 2016, 50; Goebel Reform des Kontopfändungsschutzes, ZVI 2007, 294; Graf-Schlicker/Linder Die Reform des Kontopfändungsschutzes – ein Gewinn für alle Beteiligten, ZIP 2009, 989; Gramlich Staatliche Immunität und Zugriff auf iranische Konten in der Bundesrepublik, NJW 1981, 2618; Gröger Die zweifache Doppelpfändung des Kontokorrentes, BB 1984, 25; Gundlach/Frenzel/Schmidt Die Anfechtbarkeit von Forderungseinziehungen durch den Sicherungsnehmer vor Insolvenzeröffnung, NZI 2004, 305; Häcker Die geplante EU-Verordnung zur grenzüberschreitenden vorläufigen Kontopfändung – Eine kritische Analyse, WM 2012, 2180; Häuser Die Reichweite der Zwangsvollstreckung bei debitorischen Girokonten, ZIP 1983, 891; ders. Ist der Anspruch des Kontoinhabers auf Besorgung einer Giroüberweisung pfändbar? WM 1990, 129; Harbeck Ein Entwurf! Zum Vorschlag einer Europäischen Verordnung zur vorläufigen Kontenpfändung in grenzüberschreitenden Verfahren, ZInsO 2012, 805; Heckschen/Kreusslein Gesellschafterdarlehen und -sicherheiten in der Krise – Risiken und Gestaltungsempfehlungen vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung, RNotZ 2016, 351; B. Hess Die Europäische Kontenpfändung aus der Perspektive eines Europäischen Vollstreckungsrechts, FS Kropholler 2008, S. 795; ders. Effektuierung der Forderungspfändung – der BGH erleichtert „Verdachtspfändungen“, NJW 2004, 2350; Hippeli Gebühren und Entgelte nach Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto – ein Überblick, DZWIR 2017, 367; Hök Die grenzüberschreitende Forderungs- und Kontopfändung, MDR 2005, 306; Homann Das P-Konto als Experimentierfeld der Praxis, DGVZ 2015, 45; Hübler Aktuelles internationales und ausländisches Insolvenzrecht, NZI 2017, 652; Jacobi/Böhme Insolvenzrecht: Die wichtigsten Entscheidungen des Jahres 2015 Teil 1, NJ 2016, 229; dies. Insolvenzpraxis: Die wichtigsten Entscheidungen 2014, NJ 2015, 133; Joeres Zahlungsverkehr in Krise und Insolvenz, in: Bork/Kübler (Hrsg.), Insolvenzrecht 2000, 2001, S. 99; Jungmann Die Pfändung in das Bankkonto, ZInsO 1999, 64; ders. Neue Wege zum Pfändungsschutzkonto – Ein Alternativmodell zum Pfändungsschutzkonto, ZVI 2009, 1; Kießling Die Kontenführung im Insolvenzverfahren, vor allem durch Rechtsanwälte, NZI 2006, 440; Knees Das Girokonto im Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren, ZVI 2002, 89; Knobloch Die Reform der Kontopfändung – Gesetzentwurf und Stand des Gesetzgebungsverfahrens, VuR 2008, 364; Kohte Europäische Kontenpfändung – nicht ohne effektiven Pfändungsschutz! VuR 2011, 361; ders. Das Drei-Stufen-Modell der neuen Regeln zur Kontenpfändung, VuR 2010, 257; Kotrschal/Stalberg Die grenzüberschreitende Vollstreckung von Pfändungs- und ÜberweisungsbeGrundmann

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3. Abschnitt – Bankkonto

schlüssen in Geldforderungen ausländischer Drittschuldner, insbesondere in ausländische Bankguthaben, BKR 2009, 38; Krüger Sittenwidrigkeit von Bankentgelten? – Massemehrung durch Rückforderung unberechtigter „Gebühren“, NZI 2010, 1; Kübler Der Einfluß der Konkurseröffnung auf den Überweisungsverkehr des Gemeinschuldners, BB 1976, 801; Lange Treuhandkonten in Zwangsvollstreckung und Insolvenz, NJW 2007, 2513; Leithaus Zur Insolvenzanfechtung von Kontokorrentverrechnungen, NZI 2002, 188; ders. Verrechnung von Zahlungseingängen auf debitorischem Kontokorrent bei Vorliegen eines Sicherheitenpools, NZI 2005, 592; Lücke Das P-Konto im Lichte der ZKA-Empfehlung zum Girokonto für jedermann, BKR 2009, 457; Luther Die Pfändbarkeit von Kredit- und Darlehensansprüchen, BB 1985, 1886; Lwowski Die Anfechtung von Kreditrückzahlungen und Zahlungseingängen auf debitorischen Konten im Insolvenzverfahren, FS Uhlenbruck 2000, S. 293; Lwowski/Bitter Grenzen der Pfändbarkeit von Girokonten, WM-Festgabe für Hellner, 1994, S. 57; Lwowski/Weber Pfändung von Ansprüchen auf Kreditgewährung, ZIP 1980, 609; Meller-Hannich Gleicher Pfändungsschutz für alle Einkünfte? WM 2011, 529; Mülhausen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen deutscher Gerichte in Bankguthaben von Inländern bei Auslandsfilialen, WM 1986, 957 und 985; M. Müller Der Kommissionsvorschlag für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, RIW 2012, 151; Nassall Unterliegen Dispositionskredite der Pfändung? NJW 1986, 168; Nobbe Das Girokonto in der Insolvenz, in: Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, 1997, S. 99; Nolte/Schumacher Pfändungsschutz auf dem Prüfstand – Aktuelle Fragen und Perspektiven zum neuen P-Konto, ZVI 2011, 45; Nordmeier/Schichmann Der Europäische Kontenpfändungsbeschluss, RIW 2017, 407; Obermüller Sicherungsabtretung von und AGBPfandrecht an Kontokorrentforderungen in der Insolvenz, ZInsO 2009, 2527; ders. Auswirkungen der Insolvenz des Bankkunden auf die Kontobeziehung und den Zahlungsverkehr, ZInsO 1998, 252; ders. Die Verrechnung von Zahlungseingängen und Zahlungsausgängen im Vorfeld der Insolvenz des Kontoinhabers, ZInsO 1999, 324; ders. Pfändungsschutzkonto, FS Haarmeyer 2013, S. 191; ders. Das Pfändungsschutzkonto in der Insolvenz des Kontoinhabers, InsBüro 2013, 180; Obermüller/Kuder § 98 Auswirkung der Insolvenz auf Bankvertrag und Kontobeziehung, sowie § 99 Zahlungsverkehr bei Insolvenz, in: Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015; Olzen Die Zwangsvollstreckung in Dispositionskredite, ZZP 97 (1984), 1; Peckert Pfändbarkeit des Überweisungs- und Dispositionskredits, ZIP 1986, 1232; Piekenbrock Das AGB-Pfandrecht am Kundenguthaben in der Klauselkontrolle, WM 2009, 49; Ploch Pfändbarkeit der Kreditlinie, DB 1986, 1961; Rath Erneut: Pfändung des Dispositionskredits, ZVI 2004, 386; Remmert Der neue Kontopfändungsschutz, NZI 2008, 70; Richter Die Möglichkeiten der monatsweisen Übertragung von Guthaben auf dem gepfändeten P-Konto, VIA 2015, 25; Rigol/Homann Die Anfechtbarkeit von Gutschriften auf einem debitorischen Girokonto, ZIP 2003, 15; Scholl Die Pfändung des Kontokorrentkredits, DZWIR 2005, 353; Schreuer Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, FS Neumayer 1985, S. 521; Schultheiß Aktuelle Entwicklungen im Recht des Pfändungsschutzkontos – ein Rechtsprechungsbericht, ZBB 2013, 114; Schumacher Ein großer Tag für Verbraucher und Selbständige: Das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes vom 7. Juli 2009, ZVI 2009, 313; Schuschke Die Pfändung der „offenen Kreditlinie“ – Zugleich eine Besprechung von BGH ZIP 2001, 825, ZIP 2001, 1084; Stapper/Jacobi Die Insolvenzanfechtung der Verrechnung im Kontokorrent, BB 2007, 2017; Steinhoff Die insolvenzrechtlichen Probleme im Überweisungsverkehr, ZIP 2000, 1141; Stiller Anfechtung einer Kontokorrentverrechnung und Aufspaltung in Anfechtungszeiträume – zugleich Anmerkung zu OLG Koblenz, Urt. v. 27.5.2010 – 2 U 907/09 = ZInsO 2010, 1287, ZInsO 2011, 87; ders. Die (un-)zulässige Verrechnung von Zahlungseingängen im Kontokorrentkonto vom dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag bis zur Eröffnung, ZInsO 2002, 651; Stöber Pfändung eines Postbank-Girokontos, RPfleger 1995, 277; Streit/Jordan Anfechtbarkeit von Kontokorrentverrechnungen und Sicherungs-Globalzession in der Insolvenz des Kontoinhabers, DZWIR 2004, 441; Sturhahn Eckpunkte für die Grenzen einer zulässigen ausforschenden Forderungspfändung auf Verdacht, Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 19.3.2004 – IXa ZB 229/03 = NJW 2004, 2096, LMK 2004, 146; Sujecki Grenzüberschreitende Kontenpfändung in der EU, EWS 2011, 414; Vortmann Pfändung von Kontovollmachten, NJW 1991, 1038; Wagner Pfändung der Deckungsgrundlage – ungeklärte Fragen bei der Zwangsvollstreckung in Girokonten, ZIP 1985, 849; ders. Interventionsrecht des Kontomitinhabers gegen die Zwangsvollstreckung in Oder-Konten? WM 1991, 1145; ders. Zur Pfändbarkeit nicht zweckgebundener Kontokorrentkreditforderungen, JZ 1985, 718; ders. Neue Argumente zur Pfändbarkeit des Kontokorrentkredits, WM 1998, 1657; Weidner/Walter Pfändbarkeit von Ansprüchen aus einem Dispositionskredit, JurBüro 2005, 177; Weiland Insolvenzanfechtung bei einem Pfändungsschutzkonto, VIA 2015, 89; Weimann/Heukamp Die grenzüberschreitende vorläufige Kontenpfändung, MDR 2017, 673; Weller Völkerrechtliche Grenzen der Zwangsvollstreckung – vom Botschaftskonto zur Kunstleihgabe, RPfleger 2006, 364; Werner/Machunsky Zur Pfändung von Ansprüchen aus Girokonten – insbesondere beim debitorisch geführten Kontokorrent, BB 1982, 1581; Werres Kontokorrent und Haftung nach § 64 Abs. 2 GmbHG, ZInsO 2008, 1001; Wiederhold Die Bestimmung des monatlichen Freibetrags beim Pfändungsschutzkonto – Diskussion ausgewählter Probleme, BKR 2011, 272; Wolber Die Europäische Kontenpfändungsverordnung, IWRZ 2017, 5; Zuleger Verrechnung von Zahlungseingängen bei offener Kreditlinie, ZInsO 2002, 49. 201

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Rechtsvergleichend zur Pfändung des Bankkontos B. Hess (Hrsg.), Study No. JAI A3/2002/02 on Making More Efficient the Enforcement of Judicial Decisions within the European Union: Transparency of Debtor’s Assets, Attachment of Bank Accounts, Provisional Enforcement and Protective Measures, 2004 (viele Beiträge mit Updates). Ältere Literatur zu allen Themen vgl. auch Grundmann in: Ebenroth/Boujong/Joost, (Hrsg.), HGB-Kommentar, 2001 (1. Aufl.), Bd. 2, Vor Rn BankR I 205 und Lit.verz, zu §§ 355, 357 HGB.

A.

Übersicht Bankkontokorrent – Grundidee, Grundzüge und Bestand I. Inhalt und Zweck des Konto- und Bankkontokorrents | 122 1. Charakterisierung durch die Rechtsfolgen | 122 2. Funktionen und rechtstechnische Konstruktion | 124 3. Bankkonto als AGB-mäßig überformter Haupt- und Sonderfall | 126 a) Bedürfnis und Instrumente der Sonderfallregelung | 126 b) Besonderheiten bei Kontokorrentperiode und Zustandekommen des Anerkenntnisses | 128 c) Besonderheiten bei der Vereinheitlichung der eingestellten Ansprüche – insbes. Zinsanspruch | 130 II. Eröffnung und Kündigung des Bankkontos | 131 1. Anspruch auf Bankkonto – Basiskonto | 131 2. Legitimationsprüfung und Verwechslungsfreiheit | 133 a) Abgabenrechtliche Legitimationsprüfung (§ 154 AO) | 133 b) Zivilrechtliche Folgen unterlassener Prüfung und Gewährleistung von Verwechslungsfreiheit | 134 3. Eröffnung für Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige | 135 4. Kündigung und Beendigung (sowie Übergang) des Bankkontos | 137 a) Überblick zum Beendigungsregime (mit Übergang) | 137 b) Voraussetzungen der Kündigung (Bankkonto) | 138 c) Rechtsfolgen der Beendigung | 140

Grundmann

B.

Wirkung des Bankkontokorrents I. Voraussetzungen von Kontokorrent und Kontozugehörigkeit | 141 1. Dauerhafte Geschäftsverbindung | 141 2. Kontokorrentvereinbarung | 142 3. Einbeziehung des Anspruchs ins Kontokorrent | 143 II. Lähmung, Saldierung und Anerkenntnis als die zentralen Rechtsfolgen | 145 1. Lähmung („in Rechnung stellen“) | 145 a) Grundsatz | 145 b) Geltendmachung | 147 c) Abtretung und Verpfändung | 149 d) Vollstreckungszugriff – Verweis | 150 2. Kausaler Saldo („Verrechnung“) | 151 a) Entstehung des kausalen Saldos | 151 b) Zweck und Geltendmachung des kausalen Saldos (mit Beweislast) | 152 c) Konnex zum Schuldanerkenntnis – Unterwerfung unter gemeinsame Regeln | 155 3. Anerkenntnis des Saldos („Feststellung des Überschusses“) | 157 a) Qualifikation | 157 b) Rechtsfolgen des unangefochtenen Saldoanerkenntnisses | 159 c) Rechtsfolgen der Rückforderung (Kondiktion) unrichtiger Saldoanerkenntnisse | 160 III. Überformung des Bankkontokorrents durch den Girovertrag | 161 1. Jederzeitige Realisierung des Tagessaldos | 162 2. Rechenschaft durch Kontoauszüge | 163 3. Eigenständige Beendigung des Girovertrages | 164

202

3. Abschnitt – Bankkonto

C.

203

Kreditlinie als gesonderte Abrede | 165 IV. Einzelbuchung | 166 1. Belastungsbuchung deklaratorisch | 166 2. Gutschrift als abstraktes Schuldversprechen | 167 a) Konstruktion – Einzelanspruch im Kontokorrent | 167 b) Zeitpunkt der Entstehung | 168 3. Stornobuchung, Berichtigungsbuchung und Rückgängigmachung der Buchung | 170 a) Stornobuchung der unrichtigen Einzelbuchung | 170 b) Berichtigungsbuchung beim unrichtigen Saldoanerkenntnis | 171 c) Rückgängigmachung der unter Vorbehalt erteilten (Einzel-)Buchung | 172 4. Zeitpunkt der Wertstellung | 173 V. Einzelne spezifische Rechtsfolgen | 174 1. Zinsen | 174 2. Verjährung | 176 3. Entwicklung von Sicherheiten für Einzelforderungen (§ 356 HGB) und Salden | 177 a) Sicherheiten für ins Saldo eingestellte Einzelforderungen (§ 356 HGB) | 177 b) Deckungsgleichheit von Einzelforderung und Saldo als dynamische Grenze | 178 c) Ausschluss bei Unkenntnis des Sicherungsgebers von Kontokorrentbindung? | 181 d) Entsprechende Haftungsfortschreibung für gemeinsame Schulden (auch für Personengesellschafter) | 182 e) Sicherheiten für Salden | 183 Kontoformen und Zuordnung I. Fremdwährungskonto | 184 1. Pflichtengefüge bei ungestörter Abwicklung | 184 a) Voraussetzungen und Pflichten | 184 b) Anwendbares Recht | 186 2. Risikotragung und Abwicklung bei Störung durch „politische Ereignisse“ | 187

a)

4.

II.

III.

Verhaltens-, insbes. Aufklärungspflichten des kontoführenden Instituts | 188 b) Risikotragung | 189 Fragen der Berechtigung und Verfügungsmacht an Bankkonten | 191 1. Übersicht – Bedeutung des Problemkomplexes | 191 2. Grundkriterien für die Bestimmung der Inhaberschaft | 193 3. Gemeinschaftskonten | 196 a) Formen und Abgrenzung | 196 b) Oder-Konto | 197 c) Und-Konto | 201 4. Ander-, Treuhand- und Sonderkonten – Konten im Drittinteresse | 202 a) Formen und Abgrenzung | 202 aa) Formen | 202 bb) Abgrenzung | 204 b) Rechtsverhältnisse im Überblick | 205 c) Insbesondere: Die Zuordnung im Verhältnis zum kontoführenden Institut | 206 d) Insbesondere: Die Zuordnung im Verhältnis zu Dritten | 209 5. Vertretungs- und Verfügungsmacht über fremde Konten | 211 a) Bankvoll- und -verfügungsmacht | 211 b) Sonderfälle Fremd- und Sperrkonto | 215 Bankkonto im Erbfall | 217 1. Bankverhaltenspflichten auf Grund des Todesfalls | 217 a) Fortwirken der Weisungen des Erblassers | 217 b) Verhaltenspflichten gegenüber Erben | 218 aa) Feststellung der Erbenstellung | 218 bb) Einrücken des Erben in die Berechtigten- und Auftraggeberstellung | 219 c) Meldepflichten | 220 2. Übertragung von Todes wegen (auch mittels Vollmacht) | 221 Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

a)

D.

Grundproblem und Wertungen – Übertragungsformen | 221 b) Lebzeitiger Vertrag zugunsten Dritter | 224 c) Einsatz einer Vollmacht zur Übertragung | 225 d) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) | 226 aa) Schenkungsversprechen unter Überlebensbedingung | 226 bb) Form und Heilung durch Erblasservollzug | 228 e) Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB) | 230 3. Vollmacht über den Tod hinaus zu anderen als Übertragungszwecken | 232 Bankkonto in der Krise I. Pfändung | 234 1. Ausgangspunkt: Keine Pfändung von Einzelansprüchen (§ 357 HGB) | 234 2. Pfändung von Ansprüchen aus Konten allgemein | 236 a) Pfändung des Überschusses während der Abrechnungsperiode (§ 357 HGB) | 237 b) Pfändung des Anspruchs aus (anerkanntem) Periodenabschluss | 239 3. Pfändung von Ansprüchen aus Girokonten, insbes. „Tagessalden“ | 240 a) Überblick und (EU-)Vorpfändung | 240 b) Sonderlage gegenüber sonstigen Konten | 241

c)

Besonderheiten gegenüber der Pfändung nach § 357 HGB | 242 d) Keine Pfändung von Einzelansprüchen, jedoch Hilfspfändung | 244 e) Pfändungsschutz und Pfändungsschutzkonto (§ 850k ZPO; herkömmlich für Einkommen, Unterhalt und Sozialhilfe) | 246 4. Pfändung von Kreditzusagen und -linien | 249 5. Pfändung bei Sparkonten und sonstigen Sonderformen | 250 II. Insolvenz | 253 1. Fortbestand der Bank-KundenBeziehung | 253 2. Einzelkontokorrent: Bestand, Beendigung, Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte | 255 a) Bestand und Beendigung | 255 b) Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte | 257 c) Insbes. Pfändungsschutzkonto | 258 3. Sonstige Kontokorrente: Bestand, Beendigung, Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte | 260 a) Oder- sowie Und-Konto | 260 b) Fremd-, Treuhand- und Anderkonten | 262 4. Schicksal einzelner Kontenbewegungen | 265 Anhänge 1–3: AGB Oder-Konto, AGB Und-Konto, AGB Anderkonten | 268

A. Bankkontokorrent – Grundidee, Grundzüge und Bestand I. Inhalt und Zweck des Konto- und Bankkontokorrents 122

1. Charakterisierung durch die Rechtsfolgen. Das Bankkonto ist Kontokorrent (ital. conto corrente = laufende Rechnung) nach §§ 355–357 HGB. Freilich ist für beide ein intensives Wechselspiel zu konstatieren und darzustellen: Während die Grundlagen des Bankkontos in § 355 HGB geregelt sind (unten Zweiter Teil Rn 123–125, auch 141 ff.), seine Besicherung in § 356 HGB (unten Zweiter Teil Rn 177–181) und seine Pfändung in § 357 HGB (unten Zweiter Teil Rn 233–251), ist jedenfalls für die Grundlagen die Regelung des HGB-Kontokorrents stark durch bankrechtliche Institute überformt (unten Zweiter Teil Rn 126–130, auch 161 ff.), während umgekehrt die Rechtslage in den beiden anderen Fragen überwiegend durch bankrechtliche Rechtsprechung geprägt ist, für die Pfändung wiederum mit erheblichen Besonderheiten, die allein beim Bankkonto gelten. Allgemeiner gilt: Die Fragen nach der Besicherung und Pfändung von Kontokorrenten haben ihren Schwerpunkt im Bankkonto, worin sich seine Bedeutung als dauerhafte Finanzierungsgrundlage für den Kunden und als Wert (für Dritte) manifesGrundmann

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3. Abschnitt – Bankkonto

tiert. Für ein abgeschlossenes Bild sind §§ 355–357 HGB und die Überformung – vor allem durch AGB-Banken und Girovertrag – also im Verbund zu sehen und darzustellen. Viele andere Fragen – wie Begründung und Kündigung (unten Zweiter Teil Rn 131–140) – sind dann ganz überwiegend bezogen auf die Spezifika des „Sonderfalls“ Bankkonto. Das Kontokorrent nach § 355 HGB – und auch das Bankkonto, wenn auch modifiziert – sind geprägt durch ihre Rechtsfolgen. Formal statuiert § 355 HGB nur eine einzige: eine Ausnahme vom Zinseszinsverbot des § 248 BGB, das jedoch bei Bankkonten ohnehin nur sehr eingeschränkt gilt (vgl. dort Abs. 2). Unabhängig davon, wie praktisch wichtig diese explizite Rechtsfolge gerade beim Bankkonto überhaupt noch ist, jedenfalls ist sie doch weniger charakteristisch als die drei zentralen Rechtsfolgen der Kontoerrichtung, die § 355 HGB als dreifache Parteivereinbarung umschreibt. Vereinbart wird vor allem, dass (i) die Forderungen aus der Geschäftsverbindung der Partei- 123 en „in Rechnung gestellt“ werden, d.h. nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden dürfen. So werden die Einzelansprüche gelähmt und dies auch für Abtretung, Verpfändung und Vollstreckungszugriff, was jenseits von §§ 355 bis 357 HGB als Parteivereinbarung nach BGB und HGB unmöglich wäre (vgl. etwa §§ 354a HGB, 851 Abs. 2 ZPO und näher unten Zweiter Teil Rn 145 f.). Diese Rechtsfolge des allgemeinen Kontokorrentrechts ist diejenige, die beim Bankkonto am stärksten modifiziert und abgeändert wird, um den jederzeitigen Zugriff für Kunde und Dritte zu ermöglichen; dennoch ist auch hierfür der allgemein kontokorrentrechtliche Hintergrund wichtig (dazu sogleich). Sodann wird vereinbart, dass (ii) laufend (nach jeder Transaktion), periodisch (vgl. § 355 Abs. 2 HGB) oder allein bei Beendigung des Kontokorrents ein Saldo zu bilden, also eine „Verrechnung“ vorzunehmen ist. Streng genommen ist hierfür schon keine Vereinbarung mehr notwendig, denn die Saldierung ist zwingende Folge der Lähmung der Einzelansprüche und auch für die Wahl der Saldierungsperiode hält § 355 Abs. 2 HGB eine dispositive Norm vor: Mangels gegenteiliger Abrede ist periodisch – jährlich – zu saldieren.354 Die Parteivereinbarung ist nur nötig, um eine andere Periode oder einmalige bzw. laufende Saldierung zu vereinbaren: nach Beendigung des Kontokorrents bzw. nach jeder Einzeltransaktion, im sog. Staffelkontokorrent. Diese Gestaltungsoption, die § 355 HGB insoweit eröffnet, wird in den AGBBanken dahingehend ausgeübt, dass eine Saldierungsperiode von 3 Monaten vereinbart wird (Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken, vgl. sogleich). Schließlich (iii) hat die begünstigte Partei (nach hM ebenfalls bereits ohne gesonderte Vereinbarung) einen Anspruch auf „Feststellung des Überschusses“, d.h. auf Begründung eines abstrakten Zahlungsanspruches in dieser Höhe.355 Zudem können die sonstigen Rechtsfolgen des Kontokorrents auch ohne Anerkenntnis (Feststellung) des (Perioden-)Saldos eintreten. Freilich trägt diese Feststellung wesentlich zur Attraktivität des Instituts bei, weil der Gläubiger des Überschusses diesen Posten fortan nicht mehr beweisen muss (vgl. unten). Dass dieser Posten regelmäßig in die neue Saldoperiode eingeht und umgekehrt die Einzelforderung nicht mit ihrer Verzinsung eingetrieben werden konnte, erklärt auch die Notwendigkeit einer Ausnahme vom Zinseszinsverbot. 2. Funktionen und rechtstechnische Konstruktion. Das Kontokorrent – sowohl das klas- 124 sische HGB-Kontokorrent wie auch das Bankkonto – erfüllt mit den genannten drei Wirkungen

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354 Bei periodischem Saldoabschluss sind die Überschüsse nach jeder Einzeltransaktion nur im Rahmen von § 357 HGB rechtlich bedeutsam und soweit dies vereinbart wird. Vereinbart werden kann etwa, dass die jeweiligen Überschüsse bereits (teils) geltend gemacht werden können; vgl. unten Zweiter Teil Rn 162. Nach § 357 HGB ist der jeweilige Überschuss – zwischen den periodischen Abschlüssen – pfändbar. 355 BGH Urt. v. 19.12.1969 – I ZR 33/68, WM 1970, 184 (185) (insoweit nicht abgedruckt in NJW 1970, 560); vgl. auch BGH Urt. v. 18.4.1989 – XI ZR 133/88, BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120 (antizipierte Verrechnung); Blaurock JA 1980, 691 (692 f.); Baumbach/Hopt § 355 Rn 10 (implizit); MünchKomm/Langenbucher § 355 Rn 22; Placzek WM 2017, 1835 (1837).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

drei Funktionen, zunächst die der Vereinfachung:356 indem einerseits nicht die Einzelforderungen abgewickelt werden sondern nur noch ein Saldo und dies evtl. erst bei Beendigung des Kontokorrents nach vielfacher neuerlicher Einstellung des Saldos ins Kontokorrent (Verrechnung); und indem der Saldo (typischerweise periodisch, vgl. § 355 Abs. 2 HGB) außer Streit gestellt wird (Feststellung), also potentieller Streit auf nur eine Periode konzentriert wird, jedenfalls jedoch dem Gläubiger der Einzelforderung die (Dokumentations-)Last abgenommen wird, weil er nicht mehr die Beweislast trägt. Die Lähmung des Einzelanspruches – selbst in seiner reduzierten Form beim Bankkonto – führt dazu, dass schon vor Verrechnung das Insolvenzrisiko beider Seiten sinkt (Risikominimierungs- oder Sicherungsfunktion). Wie bei der Aufrechnung besteht das Ausfallrisiko nicht mehr hinsichtlich jeder einzelnen Forderung, sondern nur noch hinsichtlich des (letzten) Saldos, so dass auch Sicherungen nicht mehr in Höhe der Summe, sondern allenfalls des Saldos notwendig sind und zumindest entsprechende Transaktionskosten überflüssig werden.357 Dass dadurch Dritte belastet werden, ist nur die Kehrseite der Medaille und stets Folge der Einräumung von Sicherheiten.358 Zuletzt wird der (anerkannte) Saldo fortan als eigenstehende Forderung unabhängig von den eingestellten und verrechneten Ansprüchen behandelt – hinsichtlich Zinsen, Verjährung oder Erfüllungsort. Während die Kontokorrentbindung beim HGB-Kontokorrent diese Eigenschaften der eingestellten Ansprüche vor Verrechnung grundsätzlich unberührt lässt (und nur die Verjährung hemmt), führen Verrechnung und (Saldo-)Feststellung auch beim HGB-Kontokorrent zur Vereinheitlichung. Beim Bankkonto tritt die Regelung zum Soll- und Habenszins gar sofort, auch bereits während der Kontokorrentperiode, an die Stelle aller anderen Zinsregime (dazu sogleich). 125 Vereinbart wird359 also vorrangig die Kontokorrentbindung, die zur Einstellung der Einzelforderungen verpflichtet. Zugleich wird für die Einzelforderungen bereits antizipiert – verfügend – der Inhalt modifizierend festgelegt: Abtretung und sonstige Verfügbarkeit werden ausgeschlossen (Abweichung bei jeder entstehenden Forderung dann nur einverständlich; beim Bankkonto freilich jederzeitige Verfügbarkeit des jeweiligen Saldos). Auf der Grundlage dieser Vereinbarung wird – ohne dass es bei Periodenende nochmals des Einverständnisses der Gegenseite bedürfte – durch Verrechnung (aufrechnungsähnlich) über die Einzelforderungen verfügt (kausaler Saldo, unten Zweiter Teil Rn 151). Die Feststellung des Saldos (durch abstraktes Zahlungsversprechen) setzt hingegen Einverständnis voraus; hierauf besteht immerhin ein klagbarer Anspruch. Beides gilt unverändert auch beim Bankkonto, nur dass das Einverständnis dort auch durch sechswöchiges Schweigen gegeben werden kann (dazu sogleich). 3. Bankkonto als AGB-mäßig überformter Haupt- und Sonderfall. 126

a) Bedürfnis und Instrumente der Sonderfallregelung Das wichtigste Kontokorrent (§§ 355–357 HGB) ist das Bankkonto,360 das in zentralen Punkten jedoch abweichend behan-

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356 Blaurock JA 1980, 691 (692); Placzek WM 2017, 1835 (1837); Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 355 Rn 4; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 2. 357 Schwintowski Kap. 9 Rn 108, 116. Zudem wird durch Ausschaltung eines Risikopotentials der Faktor Vertrauen in der Geschäftsverbindung gestärkt. Zum Wert dieses Faktors vgl. etwa Dasgupta Trust as a commodity, in: Gambetta (Hrsg.), Trust, Making and Breaking Cooperative Relations, 1988, p. 49–72 sowie die Beiträge von Gellner und Pagden ibidem; ausführlicher zur Bedeutung gerade für die Wirtschaftssoziologie (und deren Gründungsschriften), aber auch in der Auswirkung auf rechtliche Gestaltungen: Grundmann in: Grundmann/ Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie, 2015, S. 1293–1295, 1306–1317, 1998 f., 2004–2012. 358 Für eine gesonderte „Risikoverteilungsfunktion“ Schwintowski Kap. 9 Rn 107–116. Wichtig ist immerhin die unter diesem Stichwort vorgenommene Präzisierung der Belastungswirkung und der belasteten Personen. 359 Vgl. zum Folgenden etwa Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 2; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 13, 43, 52. 360 Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57; Baumbach/Hopt § 355 Rn 1; Schwintowski Kap. 9 Rn 84 f.

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3. Abschnitt – Bankkonto

delt wird.361 Dies beruht vor allem auf zwei seiner Eigenarten. Zum einen wird beim praktisch wichtigsten Bankkonto, dem Girokonto, parallel zur Kontokorrentvereinbarung ein Girovertrag vereinbart, der eigene Rechtsfolgen zeitigt. Zum anderen ist das Bankkonto, anders als die meisten anderen Konten, nicht das Abwicklungsinstrument einer Geschäftsverbindung, die durch einen Leistungsaustausch geprägt ist, und zeichnet sich solchermaßen durch „Fungibilität“ aus. Dies führt, da das Bankkonto zudem in weiten Teilen der Bevölkerung zu den wichtigsten Vermögenswerten zählt, dazu, dass Probleme der Inhaberschaft und deren Übertragung von Todes wegen beim Bankkonto ungleich mehr Gewicht haben und viel komplexer sind als bei anderen Konten, wo jedoch die gleichen Grundsätze gelten (zu einer auf das Bankkonto zugeschnittenen Erörterung dieser Fragen vgl. unten Abschnitte C. und D.). Die genannten Gründe sowie der Umstand, dass der Kunde nur über ein Bankkonto Zugang zum Zahlungs- und auch zu Teilen des Einlagengeschäfts hat, führen zudem zu besonderen Zugangsbedürfnissen und -sperren beim Bankkonto (vgl. Eröffnung des Bankkontos, unten Abschnitt B. I.), aber auch zu besonderen Gestaltungen im Falle der Pfändung und Begrenzung von Verfügungsmöglichkeiten (unten Rn 246–248). Auch das Fremdwährungskonto ist meist ein Bankkonto. Ins Werk gesetzt werden die kontokorrentrechtlichen Besonderheiten vor allem durch eine 127 von §§ 355–357 HGB abweichende klauselmäßige Gestaltung: in Nr. 7–10 und auch 11 AGB-Banken (Nr. 7–12 und 20 AGB-Sparkassen),362 sowie zudem für einzelne Kontotypen in Sonderbedingungen, namentlich den AGB-Anderkonten und den AGB-Sparkonten (vgl. unten Zweiter Teil Rn 201 ff.). Das Fremdwährungskonto regelt Nr. 10 der allgemeinen AGB-Banken (Nr. 12–15 AGB-Sparkassen). Andererseits ergeben sich weitere Besonderheiten aus dem Umstand, dass parallel ein Girovertrag abgeschlossen wird, in dem vor allem das Recht begründet wird, jederzeit über einen bestehenden Aktivsaldo zu verfügen (unten Zweiter Teil Rn 162). Eigens zu behandeln, weil besonders charakteristisch und problembeladen ist auch die Buchung (unten Zweiter Teil Rn 166 ff.). Dies ist auch der einzige Bereich, in dem sich die EG/EU-Zahlungsdienste-Richtlinie I und heute II (PSD I und II) und ihre Umsetzung (unten Dritter Teil Rn 2–5) indirekt im allgemeinen Kontokorrentrecht auswirkt (vgl. dazu unten). Die Richtlinie spricht insoweit von „Rahmenvertrag“. Die in beiden Richtlinien vorgesehenen Regeln zur (Zustimmung zur und Ablehnung der) Änderung der kontobezogenen AGB (Art. 44 PSD I, Art. 54 PSD II, Umsetzung in § 675g BGB) sind so gestaltet, dass die bis zum Inkrafttreten der EG-Zahlungsdienste-Richtlinie I im Jahr 2009 gültige deutsche Rechtslage unverändert fortbestehen konnte. Auswirkungen finden sich auch im Bereich Kündigung (vgl. dort). b) Besonderheiten bei Kontokorrentperiode und Zustandekommen des Anerkenntnis- 128 ses. Die Kontokorrentperiode legen Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken abweichend von § 355 Abs. 2 HGB auf ein Quartal fest, desgleichen idR heute Nr. 7 Abs. 2 AGB-Sparkassen, die dafür auf den Vorrang individueller Parteivereinbarung verweist. Das Bankkonto ist also trotz Mitteilung von Tagessalden (unten Zweiter Teil Rn 162) kein Staffelkontokorrent mit Saldoabschluss nach jeder Einzelbuchung.363 Während die sonstigen Gehalte von Nr. 7 AGB-Banken und AGB-Sparkassen nur das dispositive Recht der §§ 355–357 HGB wiedergeben, ist die Zustimmung des Kunden zum Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) besonders geregelt: Wird nicht innerhalb von sechs Wochen ein Widerspruch abgesandt, gilt Schweigen als Annahme. Die Klausel orientiert sich an § 308 Nr. 5 BGB und ist

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361 Dazu – neben punktuellen, kleinen Abweichungen, die im jeweiligen Zusammenhang behandelt werden – unten Zweiter Teil Rn 239–248 (für die Pfändung) und Zweiter Teil Rn 126 ff. (für alle anderen im Folgenden genannten Fragen). 362 Geregelt sind die Länge der Kontokorrentperiode, das Zustandekommen des Anerkenntnisses, die Pflicht, Kontoauszüge zu überprüfen, sowie für das Bankkonto typische Formen der Buchungen (alles hier A.), außerdem die Gestaltung der Aufträge (Weisungen), insbes. Überweisungsaufträge (dazu unten Dritter Teil Rn 225–229). 363 Heute unstr., etwa BGH Urt. v. 28.6.1968 – I ZR 156/66, BGHZ 50, 277 (280); BGH Urt. v. 9.12.1971 – III ZR 58/69, WM 1972, 283 (284); OLG Frankfurt Beschl. v. 13.11.2008 – 9 W 19/08, ZIP 2008, 2326; Schwintowski Kap. 9 Rn 91–93 (auch zur Ausnahme nach § 19 Abs. 4 DepG).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

daher wirksam.364 Die Zustimmung führt, wie auch sonst im Kontokorrentrecht, hier jedoch explizit festgeschrieben, zum Abschluss eines Schuldanerkenntnisses. Dieses kann jedoch (unter Umkehr der Beweislast) kondiziert werden (vgl. unten Zweiter Teil Rn 160). Die EU-ZahlungsdiensteRichtlinie II schreibt zwar weiterhin in Art. 71 (Art. 58 a.F. in PSD I) eine 13-monatige Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Berichtigungsansprüchen fest (ebenso § 676b Abs. 2 BGB, allerdings mit Einschränkungen in Abs. 3), wollte damit jedoch nicht etwa ein früheres Anerkenntnis durch Schweigen, wie es hier konstruiert wird, präkludieren.365 Die Konstruktion bleibt also weiterhin zulässig. Freilich bezieht sich die 13-monatige Ausschlussfrist auch auf die Kondiktion des Anerkenntnisses, die bis 2009 den allgemeinen Verjährungsregeln unterlag, während der Ablauf der Ausschlussfrist seither alle Ansprüche abschneidet.366 Flankierend ist eine Nachfragepflicht (unverzüglich) für die Fälle vorgesehen, in denen 129 dem Kunden kein Rechnungsabschluss zugeht bzw. Fehler bei Mitteilungen deutlich werden (Nr. 11 Abs. 4 und 5 AGB-Banken, Nr. 20 Abs. 1 Buchst. g AGB-Sparkassen). Die Klausel ist wirksam,367 da sie in allen Punkten die schuldhafte Verletzung einer ohnehin bestehenden Schadenspräventionspflicht voraussetzt. Im Kern ist sie heute im objektiven Recht verankert (§ 676b Abs. 1 BGB, näher unten Dritter Teil Rn 456, 492, 537). Bei Verstoß wird nicht das Anerkenntnis fingiert, sondern ist nur der entstandene Schaden zu ersetzen.368 130

c) Besonderheiten bei der Vereinheitlichung der eingestellten Ansprüche – insbes. Zinsanspruch. Die Einzelansprüche werden, anders als sonst im Kontokorrentrecht, schon während der Kontokorrentperiode nicht nur gelähmt, sondern auch zinsmäßig vereinheitlicht. Auf der Grundlage von Nr. 12 AGB-Banken (Nr. 17 AGB-Sparkassen) wird für den gesamten Wertstellungssaldo eines jeden Tages ein – nach Passiv- und Aktivsaldo unterschiedlicher – Zins berechnet.369 Weniger umstritten sind Zinsfragen beim Habenzins, dessen Höhe freilich im Kreditwesen, insbesondere von Direktbanken, zunehmend als Wettbewerbsfaktor genutzt wird, sehr umstritten hingegen beim Sollzins, der in unterschiedlicher Höhe für den vereinbarten („eingeräumten“) Überziehungskredit(rahmen) und für den bloß geduldeten Überziehungszins jeweils variabel berechnet wird. Für die Anpassung von Sollzinssätzen wird schon herkömmlich davon ausgegangen, dass es sich bei AGBs, die diese Befugnis als einseitiges Bestimmungsrecht einräumen (§ 315 BGB), um kontrollfähige sog. Preisnebenabreden handelt (keine Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB) und dass als Auslöser wirksam nur eine Änderung der Refinanzierungskosten vereinbart werden kann und zwar dann mit grds. symmetrischer Wirkung in beide Richtungen.370 In jüngerer Zeit wird dezi-

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364 BGH Urt. 28.1.2014 – XI ZR 424/12, WM 2014, 456 = NJW 2014, 1441 (m.w.Nachw., selbst wenn beim OnlineBanking AGB vorsieht, dass auch Einwendung elektronisch zu erfolgen hat); BankR-HdB/Bunte § 12 Rn 4–7; Baumbach/Hopt (8) Nr. 7 Rn 3. Hingegen betrifft Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken die (Pflicht zur) Reaktion auf fehlerhafte Einzelbuchungen; dazu unten Zweiter Teil Rn 163. 365 Näher unten Dritter Teil Rn 537 f. Ebenso BR-Drucks. 848/08, S. 195 f.; sowie MünchKomm/Zetzsche § 676b BGB Rn 24, Staudinger/Omlor § 676b BGB Rn 2. 366 Näher unten Dritter Teil Rn 409. Ebenso MünchKomm/Zetzsche § 676b BGB Rn 21; Staudinger/Omlor § 676b BGB Rn 9. Weniger klar in diesem Sinne BR-Drucks. 848/08, S. 195 f. (vgl. aber auch S. 184 zum abschließenden Charakter der statuierten Ansprüche). 367 OLG Düsseldorf Urt. v. 16.7.1987 – 6 U 327/86, WM 1987, 1215; Merkel WM 1993, 725 (727); BankR-HdB/Bunte § 16 Rn 31–33. 368 BGH Urt. v. 6.12.1983 – VI ZR 60/82, NJW 1984, 921 (922); Baumbach/Hopt (8) Nr. 11 Rn 10; BankR-HdB/Bunte § 16 Rn 33. 369 Dazu (auch zur grundsätzlichen Wirksamkeit der Differenzierung): BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 55 f. („gewohnheitsrechtlich“); Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 39; auch BGH Urt. v. 29.1.1979 – II ZR 148/77, BGHZ 73, 207 (209). Dabei ist der richtige Saldo zugrunde zu legen, so dass Soll- oder Überziehungszinsen nicht geschuldet sind, die auf verspäteter Gutschrift (unzulässigen AGBs zur verspäteten Wertstellung) beruhen: BGH Urt. v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316 (319 f.) = WM 1997, 1192 = NJW 1997, 2042. 370 BGH Urt. v. 6.3.1986 – III ZR 195/84, BGHZ 97, 212 (216) = WM 1986, 580 = NJW 1986, 1803; sowie Rspr. nächste Fn; OLG Düsseldorf Urt. v. 5.4.2012 – 6 U 7/11, NJOZ 2012, 1971 (1975); OLG Stuttgart Urt. v. 21.5.2014 – 9 U 75/11, juris

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3. Abschnitt – Bankkonto

dierter auch eine genaue Benennung der Referenzgrößen eingefordert, die zu einer Änderung der Refinanzierungskosten führen, der Referenzgröße selbst, evtl. auch der Abweichungsmarge, ab der, und der Anpassungszeitpunkte (oder-intervalle), zu denen Anpassungen erfolgen. Dem Kreditinstitut bleibt dann vor allem die Auswahl der Referenzgröße(n) (vgl. ausf. unten Zweiter Teil Rn 330 ff.).371 Zudem wird die Transparenz von Buchungen zu Recht besonders betont: Insbesondere handelt das Kreditinstitut wettbewerbswidrig i.S.v. § 3 UWG, wenn Rentenüberweisungen schon vor Monatsende vor Wertstellungszeitpunkt ausgewiesen werden und dadurch die Gefahr begründet wird, das Konto zu überziehen und sich Überziehungszinsen auszusetzen.372 II. Eröffnung und Kündigung des Bankkontos 1. Anspruch auf Bankkonto – Basiskonto. Die lange intensiv diskutierte Frage, ob jenseits 131 von § 826 BGB ein Anspruch auf Einräumung eines Bankkontos (gegen jedes beliebige Institut) besteht oder gesetzlich eingeräumt werden soll, wurde vom deutschen Gesetzgeber und Kreditwesen nicht gelöst. Wichtig ist die Frage für sozial Schwache, denen ohne Girokonto der Zugang etwa zum Überweisungsverkehr versperrt wäre, häufig de facto auch der Zugang zu Arbeitsplätzen, Miete (namentlich in größeren Städten mit ihren Möglichkeiten) etc. Umfassenden Erfolg brachte insoweit auch nicht die „ZKA-Empfehlung Girokonto für jedermann“, die zwar anordnete, dass alle Kreditinstitute solche Konten als Basiskonten errichten sollten, auch für bei der SCHUFA registrierte Personen (ohne Pflicht, Überziehungen zu dulden). Es wurden jedoch nicht nur bei Unzumutbarkeit Ausnahmen gemacht (vor allem bei Täuschung und Mitarbeiterbelästigung, Nichtzahlung von Entgelten und Nutzung zu Gesetzesverstößen bzw. Umsatzlosigkeit und Blockierung des Kontos, etwa durch Zwangsvollstreckung), sondern – eigentlich erst entscheidend – es blieb zudem unklar, ob eine Pflicht, solch ein Konto einzurichten, überhaupt bestand (überwiegend verneint).373 Für öffentlichrechtliche Institute bestand immerhin

_____ (Tz. 34–43); ausf. Merz BKR 2010, 265 (266); mit erheblichen Gründen anders für den Fall, dass für die erstmalige Duldung einer weiteren Überziehung (als mit der Kreditlinie vereinbart) eine nummerisch ausgewiesene Gebühr – etwa € 3,– – in AGB vereinbart wird: Cahn WM 2010, 1197 (Preishauptabrede, keine Preisnebenabrede und Wirksamkeit bei Transparenz, etwa einfacher Preisangabe, m.w.Nachw. zu gegenläufigen Judikaten der Instanzgerichte); § 675f Abs. 5 BGB steht dem (wohl) ebenfalls nicht entgegen, vgl. dazu Dritter Teil Rn 140–145. Ungleich breiter sind Diskussion und Rechtsprechung naheliegender Weise im Kreditrecht selbst: vgl. etwa BGH Urt. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, WM 2010, 933 = WuB IV C. § 308 BGB 1.10 (Koch) (eigentliche Preisabrede und Preisnebenabrede bes. deutlich scheidend); BGH Urt. v. 10.6.2008 – XI ZR 211/07, WM 2008, 1493 = NJW 2008, 3422 = EwiR § 308 BGB 1/99 (Barnert) (bei Unwirksamkeit von Anpassungsklausel Anfangszinssatz nicht die ganze Laufzeit geschuldet); Hey ZBB 2004, 219 (zu Anpassung bei Bonitätsänderung); Schebesta BKR 2005, 217 (Rechtsprechungsüberblick); Zimmer NJW 2006, 1325 (fehlende Angabe von Höchstzinssatz); sowie von der Linden WM 2008, 195; Kersting ZIP 2007, 56 (beide mit aufsichtsrechtlichen Bezügen); spezifisch zu Nr. 2 Abs. 1 und 2 sowie Nr. 17 Abs. 6 AGB-Sparkassen und allgemeiner zu Bedingungs- und Preisanpassungsklauseln jüngst SchmidtKessel/Rank WM 2018, 2205 und 2019; zu der noch weitergehend einschränkenden EuGH-Rechtsprechung bei Vereinbarung von sachlich nicht naheliegenden Fremdwährungskrediten etwa Paparseniou WM 2018, 1730; vgl. auch unten Zweiter Teil Rn 330–342. 371 BGH Urt. v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 (270 f.) = WM 2009, 1077 = NJW 2009, 2051; Anm. bes. Reimer/Kiethe BKR 2009, 350; vorher schon angedeutet in: BGH Urt. v. 19.10.1999 – XI ZR 8/99, WM 1999, 2545 = NJW 2000, 651; BGH Urt. v. 17.2.2004 – XI ZR 140/03, BGHZ 158, 149 (156 f.) = WM 2004, 825 = NJW 2004, 1588; OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1975); OLG Stuttgart (Fn 370), juris (Tz. 34–43); ausf. Merz BKR 2010, 265 (266– 268); zu dieser Entwicklung etwas sehr barsch („das faktische Ende von Preisanpassungsklauseln“): v. Westphalen MDR 2008, 424. Hintergrund ist nicht zuletzt: Stiftung Warentest schätzte das Volumen der Überziehungszinsen, die auf unwirksamer Grundlage gebucht wurden (nämlich asymmetrisch den Referenzwert abbildend), auf – im Jahr 6/2008 auf 4/2009 – immerhin € 1,3 Milliarden: Pressemitteilung der Stiftung vom 12.5.2009. 372 BGH Urt. v. 27.6.2002 – I ZR 86/00, WM 2002, 1967 = NJW 2002, 3408. Beide Konzepte müssen auch für die Saldoangabe deutlich geschieden werden: BGH Urt. v. 11.1.2007 – I ZR 87/04, WM 2007, 1554 = NJW 2007, 3002. 373 Zur dauerhaften Blockade vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 26.6.2008 – 4 U 196/07, WM 2009, 216; zum strafbaren Verhalten: AG Passau Urt. v. 31.3.2009 – 15 C 2028/09, WM 2009, 1566; gegen eine Pflicht zur Kontoeröffnung vor

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bereits die Pflicht, nicht willkürlich zwischen verschiedenen Kunden zu differenzieren, also eine Selbstbindung an ihre Praxis (auch bei Beendigung, vgl. zum Willkürverbot vor allem in diesem Zusammenhang noch unten Zweiter Teil Rn 139). Zweifelsfrei stellte freilich einen solchen Rechtsanspruch erst die sog. EU-Basiskonto-Richtlinie (spätestens ab dem 19.9.2016), ein solcher musste nach ihrem Art. 16 Abs. 1 jedenfalls bei einer „ausreichend großen Zahl von Kreditinstituten“ (und nicht nur zur online-Nutzung) gewährleistet sein –374 also nicht notwendig bei allen Kreditinstituten, und das Sparkassennetz wäre sicherlich „ausreichend groß“ gewesen, um der Umsetzungspflicht zu genügen. Aus Gleichbehandlungsüberlegungen führte § 31 ZKG den Anspruch jedoch gegenüber allen Kreditinstituten ein.375 Diese Entscheidung wird freilich heftig kritisiert, teils gar als Verfassungsverstoß (u.a. gegen das Übermaßverbot) oder als fundamentaler Prinzipienbruch gegeißelt.376 Das inhaltliche Regime ist dadurch geprägt, dass ein Ausgleich gesucht wird zwischen 132 Institutsinteressen und Interessen der genannten Bevölkerungsschicht. Berechtigt ist jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU (nicht nur Bedürftige), wobei die allgemeinen Legitimationsprüfungen durchlaufen werden müssen (nächste Rn und nach GwG, vgl Rn 112), der (kostenlos zur Verfügung zu stellende) Eröffnungsantrag jedoch als vollständig zu akzeptieren ist, wenn er die Form in Anh. 3 des ZKG erfüllt (§ 33 Abs. 2 S. 3 ZKG). Verpflichtet sind umgekehrt alle Kreditinstitute, die überhaupt Verbrauchern Konten anbieten, insgesamt jedoch nur ein Konto, wenn dieses nutzbar ist (vgl § 35 ZKG).377 So müssen die Konten nach der Richtlinie nicht entgeltfrei geführt werden (Art. 18 der Richtlinie), sondern ein „angemessenes“ Entgelt ist zulässig (vgl. so in der Tat § 41 ZKG) – was europarechtlich jedenfalls kostendeckende Entgelte zulässig erscheinen lässt und was somit jedenfalls nicht unter den Entgelten für P-Konten liegt, bei denen dieses nicht gewährleitet ist (vgl. unten

_____ allem OLG Bremen Urt. v. 22.12.2005 – 2 U 67/05, BKR 2006, 294 (aA Vorinstanz; Anm. Segna a.a.O. 274); näher Barleon in: Arretz/Artzt/Barleon Kontoführung, Rn 43–58 und 59 (mit umfangreicher Auflistung der instanzgerichtlichen Rechtsprechung); Lücke BKR 2009, 457 (457 f.); vgl. jedoch auch VG Frankfurt Urt. v. 16.12.2010 – 1 K 1711/10.F, ZIP 2011, 371 = BB 2011, 194 (Verwaltungsrechtsweg für Anspruchsdurchsetzung bei Sparkassen); und bereits Bremer Antrag BT-Drucks 63/08; dazu Linnert ZRP 2009, 37. Zum Gesamtkomplex vgl. aus damaliger Sicht etwa Bachmann ZBB 2006, 257; Brügmann Recht auf ein Girokonto; Derleder ZRP 1999, 139; Geschwandtner/Bornemann NJW 2007, 1253; Koch WM 2006, 2242; Lücke BKR 2009, 457 (461 f.); Kreft FS Graf von Westphalen 2011, S. 415; Pieper ZVI 2007, 457; Reifner ZBB 1995, 243; Steuer WM 1998, 439; van Look in Claussen Bank- und Börsenrecht § 2 Rn 5; Kothe FS Derleder 2005, S. 405; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 2 f.; „unverbindliche Selbstverpflichtung“ auch noch nach Herresthal BKR 2016, 133 (135 f). Zum Pfändungsschutzkonto als der ersten praktischen „Antwort“ auf die Forderung nach einem Girokonto für jedermann (noch autonom nach deutschem Recht) vgl. unten Zweiter Teil Rn 246. 374 Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, ABl.EU 2014 L 257/214; dazu Linardatos WM 2015, 755; Philipp EuZW 2014, 364; Rott VuR 2013, 241 (Editorial). 375 Gesetz über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Zahlungskontengesetz – ZKG) – Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen vom 11.4.2016, BGBl. 2016 I, S. 720; in Kraft getreten nach seinem Art. 9 Abs. 4 am 11. Juni 2016 (mit Ausnahmen in Abs. 1–3); dazu namentlich Bülow WM 2017, 161; Conreder/Schild BKR 2016, 89; Findeisen, WM 2016, 1765; Gondert/Huneke VuR 2016, 323; Held BKR 2016, 353; Herresthal BKR 2016, 133. 376 Ausf. und akribisch Held BKR 2016, 353 („verfassungswidriger Kontrahierungszwang“); sowie Herresthal BKR 2016, 133 („Privatautonomie auf dem Rückzug im Bankvertragsrecht“); umgekehrt Findeisen, WM 2016, 1765 („Auftrieb für den modernen Zahlungsverkehr“), näher dort 1770 f. Auf die verfassungsrechtliche Verankerung („allgemeines Persönlichkeitsrecht“), jedoch auch auf die fehlende Beschränkung des Kontrahierungszwanges allein auf bedürftige Verbraucher weist hin: Bülow WM 2017, 161 (161). 377 Zum so umrissenen Kreis der Institute und der Konten, die solchermßen gemeint sind: Findeisen, WM 2016, 1765 (1769 f); Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (324–326); Herresthal BKR 2016, 133 (134 f).

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Zweiter Teil Rn 246).378 Schließlich bestehen auch die eben genannten Ausnahmegründe bei „Unzumutbarkeit“ ähnlich fort (vgl. dazu Art. 15 S. 2 der Richtlinie mit dem Gebot, die Zugangsbedingungen diskriminierungsfrei zu gestalten). Namentlich strafbare Nutzungen und vorherige berechtigte Kündigung wegen Gesetzesverstoß bzw Zahlungsverzug beim gleichen Institut rechtfertigen eine Verweigerung der Kontoeröffnung (§§ 36 f ZKG).379 Auch steht es dem Mitgliedstaat frei, das Basiskonto allein auf Guthabenbasis zuzulassen oder Überziehungen zu gestatten, also die Dienste auf die Basisfunktionen zu beschränken und weitere Dienste erst durch zusätzliche Abrede zuzulassen (Art. 17 Abs. 8 der Richtlinie) – was nach § 38 ZKG so umgesetzt wurde und ebenfalls bereits der Rechtslage beim P-Konto entspricht. Zusätzliche Dienste – also namentlich die Zulassung von Überziehungen und die Ausstellung von Giro- und Kreditkarten – dürfen nach § 39 ZKG von einer zusätzlichen dahingehenden Abrede abhängig gemacht werden.380 Für alle Abreden – zu Entgelten, Diensten, Kontoeröffnung – gilt ein Diskriminierungsverbot dahingehend, dass sie für Basiskonten nicht schlechter ausgestaltet sein dürfen als für sonstige Konten (einer vergleichbaren Kontogruppe), die Verbraucher angeboten werden (§ 32 Abs. 1 ZKG).381 2. Legitimationsprüfung und Verwechslungsfreiheit a) Abgabenrechtliche Legitimationsprüfung (§ 154 AO).382 § 154 AO i.V.m. Anwendungs- 133 erlass383 sieht eine Legitimationsprüfung bei Kontoeröffnung vor (Abs. 2),384 die in der letzten Novellierung noch erheblich ausgeweitet wurde (dazu sogleich). Die Legitimationsprüfung soll dem Fiskus den Zugriff auf Daten des Steuerpflichtigen sichern.385 Zu erfassen ist (schon herkömmlich) der Name – bürgerlicher Name oder Firma – des Verfügungsberechtigten (Abs. 2).386 Gemeint ist der Kontoinhaber, so wie er sich aus Sicht des kontoführenden Instituts darstellt (unten Zweiter Teil Rn 192 ff.), sowie der Vertreter, gleichgültig ob die Vertretungsmacht auf

_____

378 Etwa LG Frankfurt a.M. Urt. v. 8.5.2018 – 2–28 O 98/17, WM 2018, 1696; Conreder/Schild BKR 2016, 89 (93); Findeisen, WM 2016, 1765 (1773 f); Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (327–330) (mit Verfahren); Herresthal BKR 2016, 133 (141 f); speziell zur Entgeltlichkeit von Basiskonten, namentlich dem Angemessenheitskriterium und Verstoßfolgen, wenn es nicht eingehalten wird: Bülow WM 2017, 161. 379 Hierzu näher Conreder/Schild BKR 2016, 89 (93); Findeisen WM 2016, 1765 (1771–1773); Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (330–332); Held BKR 2016, 353 (357); Herresthal BKR 2016, 133 (137–139). 380 Zu den verpflichtend anzubietenden Diensten und zu denjenigen, die erst auf der Grundlage zusätzlicher Abrede geschuldet werden, vgl namentlich Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (326 f). 381 Hierzu näher Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (327); Herresthal BKR 2016, 133 (139 f) (mit Verstoßfolgen). 382 Seit 1994 sieht das GwG eine weitere Legitimationsprüfung (nach der jüngsten Novellierung in § 11 GwG) vor, die seit 2017 (durch Neufassung des § 154 AO) auch im persönlichen Anwendungsbereich angeglichen wurde, aber ohne das Instrument der Kontosperrung und mit anderem Ziel. Vgl. oben Zweiter Teil Rn 113. 383 BStBl. 2014 I S. 290 (409–410); Abdruck der Verwaltungsanweisungen und Muster hierzu bei Tischbein/ Langweg Legitimationsprüfung/Identifizierung, 273–404; siehe auch die VO des Bundesministeriums des Inneren vom 6.7.2016 (vgl oben Fn 317, mit w.Nachw.), die speziell die Identitätserfassung bei Flüchtlingen regelt. 384 Zur Abgrenzung von Kontoeröffnung und einmaligem Geschäft, das auch bei Abwicklung über CpD-Konto nicht unter § 154 AO fällt: Dahm/Hamacher WM 1993, 445 (bes. 451); Schebesta WM 1985, 1329 (1333); Klein/Rätke AO, 13. Aufl. 2016, § 154 Rn 4 f.; zur Handhabung der CpD-Buchung: Tischbein/Langweg Legitimationsprüfung/ Identifizierung, 127–132, dort auch allgemein zur Legitimationsprüfung bes. S. 20 ff. (zu weiteren Quellen einer Legitimationsprüfung), 44–56 (Zinsinformationsverordnung). 385 BT-Drucks. 6/1982, S. 123; BGH Urt. v. 18.10.1994 – XI ZR 237/93, BGHZ 127, 229 (236) = NJW 1995, 261; BankRHdB/Joeres § 31 Rn 1; Tipke/Lang/Seer § 21 Rn 200; zur Haftung des Instituts gegenüber dem Fiskus bei fehlender Kontosperre nach § 154 Abs. 3 AO: BFH Urt. v. 13.12.2011 – VII R 49/10, ZIP 2012, 718; zur Anspruchslage im Verhältnis zum Kunden OLG Karlsruhe Urt. v. 7.9.2010 – 17 U 46/09, WM 2010, 2220 (kein Verzug, aber Kündigung und Kondiktion möglich). 386 Einzelheiten zu den verschiedenen Konstellationen (natürliche Person, Minderjährige, Unternehmen und die Formen des Handelns für andere): BankR-HdB/Joeres § 31 Rn 16–33; Tischbein/Langweg Legitimationsprüfung/ Identifizierung, 63–66, 70–97, 133–246. Die Pflicht entsteht auch bei der amtlichen Bestellung eines Nachlasspflegers: Schulz/Schmitz, ZEV 2015, 80. Auf frühere Feststellung kann zurückgegriffen werden: Joeres aaO Rn 6.

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Vollmacht oder Gesetz beruht. Außerdem ist die Identität vor Kontoeröffnung (durch Einsicht in Ausweispapiere) zu überprüfen, das Ergebnis zu registrieren und so bereit zu halten, dass jederzeit Auskunft gegeben werden kann. Zu verbürgen war mit Identifizierung allein des Verfügungsberechtigten nur die formale Kontowahrheit. Der BGH verneinte einen Verstoß gegen § 154 AO, wenn die Personalien des Kontoinhabers und des Vertreters zutreffend erfasst werden, Letzterer jedoch materiell der Berechtigte war, der fast alle Verfügungen tätigte.387 Umgekehrt war auch so immerhin bereits der erste, wichtige Zugriff der Steuerfahndung gesichert. Veranlasst durch die Veröffentlichung der sog. Panama-Papers (nicht etwa europarechtlich veranlasst) wurde jedoch mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – wie vorher im Regime des § 11 GwG für die Sonderfälle intensiver Kriminalität – eine Identifizierung auch der wirtschaftlich Berechtigten vorgeschrieben (§ 154 Abs. 2a AO),388 – nunmehr für Steuererhebungs- bzw. -fahndungszwecke.389 Gemeint sind damit diejenigen Personen, für deren Rechnung das Konto gehalten wird (ökonomische Sicht, „wirtschaftliches Eigentum“), etwa Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von Körperschaften (unabhängig von ihrer Verfügungsbefugnis), Personengesellschafter oder alle Stellvertretungsformen (gesetzlich, gewillkürt, auch indirekt-verdeckt).390 Obsolet ist damit u.a. auch ein zentraler früherer Streitstand: Beim verdeckten Treuhandkonto mussten nach dem oben genannten Grundsatzurteil zur formalen Kontowahrheit die Treugeberpersonalien nicht nach § 154 AO eruiert werden.391 Heute fallen gerade diese demgegenüber unzweifelhaft in den Kreis der wirtschaftlich Berechtigten.392 134

b) Zivilrechtliche Folgen unterlassener Prüfung und Gewährleistung von Verwechslungsfreiheit. Bei § 154 AO handelt es sich um ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB, so dass Rückzahlung eingelegter Gelder bei Verstoß gegen diese Norm jedenfalls nicht aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, sondern allenfalls aus § 812 BGB begehrt werden kann.393 Teils werden aus dem Verstoß gegen § 154 AO außerdem Ersatzansprüche Dritter gegen das Kreditinstitut abgeleitet. Die zwei Leitentscheidungen betrafen Fälle, in denen das Institut Schecks hereingenommen und den Betrag einem Konto gutgeschrieben hatte, bei dessen Eröffnung die Legitimationsprüfung evtl. unzureichend erfolgt war.394 Im ersten Fall wurde schon der notwendige Sorgfaltsverstoß verneint – es sei nicht grob fahrlässig, einen Führerschein als Ausweispapier zu akzeptieren. Im zweiten Fall wurde der Klage des Dritten (Bezogenen) stattgegeben, weil die Identität des Konto-

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387 BGH (Fn 363), BGHZ 127, 229 (232–237); Koenig/Dißars AO § 154 Rn 4; Kühn/Wedelstädt/Kuhfus AO § 154 Rn 5. Allerdings für Haftung des Instituts (für Steuerschulden), wenn es später den (fortbestehend geltenden) Grundsatz der (formalen) Kontenwahrheit leichtfertig missachtet, indem es nicht eingreift, wenn ein anderer als der Kontoinhaber (eine GmbH) offensichtlich erkennbar seinen Geschäftsverkehr über dieses Konto abwickelt: BFH (Fn 363), DB 2012, 958 (Anm. Gehm, a.a.O. 1618). 388 Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) vom 23.6.2017, BGBl. 2017 I, S. 1682; zu diesem Schmidt/Ruckes IStR 2017, 473; v. Schweinitz/Schneider-Dieters IStR 2017, 344 („Retourkutsche des Gesetzgebers auf die ‘PanamaPapers‘“); und schon oben Rn 106, namentlich zur Aufhebung des § 30a AO als einem zweiten zentralen Inhalt des Gesetzes. Zur bereits im Jahr zuvor erfolgten Verfeinerung der Identitätsprüfung speziell bei Flüchtlingen durch die Zahlungskonto-Identitätsverordnung (hauptsächlich aus Geldwäschegesichtspunkten): Schmidt/Houben NZWiSt 2016, 220; Sonnenberg CCZ 2016, 266; dazu auch bereits oben Rn 112. 389 Sehr kritisch zu dieser Regelung – gemessen an den Vorgaben der EU-Geldwäsche-Richtlinie (Fn 306) einer überschießenden Umsetzung – insbesondere: Schmidt/Rouckes IStR 2017, 473; vgl. v. Schweinitz/Schneider-Dieters IStR 2017, 344. 390 Klein/Rätke AO (14. Aufl. 2018) § 154 Rn 2, 13 f.; Herzog/Figura Geldwäschegesetz (3. Aufl. 2018) § 3 Rn 1–4. 391 BGH (Fn 385), BGHZ 127, 229 (236 f.); Klein/Rätke (Fn 384), § 154 Rn 13; Kühn/Wedelstädt/Kuhfus AO § 154 Rn 2; BankR-HdB/Joeres § 31 Rn 2–4; zum Treuhandkonto auch Tischbein/Langweg Legitimationsprüfung/ Identifizierung, 102–107. 392 Ebenso etwa Klein/Rätke AO (14. Aufl. 2018) § 154 Rn 2, 14. 393 Vgl. (auch zu den Zinsfolgen) OLG Karlsruhe (Fn 385), WM 2010, 2220. 394 BGH Urt. v. 10.12.1973 – II ZR 138/72, WM 1974, 154; BGH Urt. v. 11.6.1976 – I ZR 80/74, WM 1977, 1019.

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inhabers nicht geprüft, sondern bei Kontoeröffnung einem Vertreter vertraut wurde, der zwar sich selbst auswies, für den Vertretenen jedoch allein eine Vollmacht vorlegte. Diese Rechtsprechung ist schlüssig dahingehend zu interpretieren, dass im Rahmen von Art. 21 ScheckG – kein wirksamer Erwerb bei grober Fahrlässigkeit – nicht nur die Umstände der Scheckeinreichung wichtig sind, sondern alle Voraussetzungen seiner Einziehung – einschließlich Kontoeröffnung. Nur für Art. 21 ScheckG war grobe Fahrlässigkeit zu prüfen, nicht für eine Haftung gegenüber Dritten, etwa aus c. i. c. oder § 823 Abs. 2 BGB. Keines der Urteile trägt also tatsächlich den Schluss dahingehend, dass § 154 AO undifferenziert Schutzwirkung für Dritte entfalte, da der Anspruch des Dritten in dem einen Fall verneint und in dem anderen auf Art. 21 ScheckG gestützt wurde. Jüngst legte der BGH § 154 AO jedoch offenbar drittschützende Wirkung jedenfalls innerhalb einer bereits bestehenden Sonderrechtsbeziehung zu: Danach begründet die fehlende hinreichende Legitimationsprüfung für alle Verfügungsberechtigten für einen Anleger, der hierdurch geschädigt wird, durchaus einen Pflichtverstoß, der für ihn auch Schadensersatzansprüche begründet – unabhängig davon, dass § 154 AO primär die Steuerfahndung unterstützen soll.395 Demgegenüber ist es schon herkömmlich unstreitig, dass das kontoführende Kreditinstitut jedenfalls eine Bezeichnung des Kontos in der Form auch vertraglich schuldet, dass Verwechslungen bzw. Fehlbuchungen vermieden werden. Insbesondere dürfen Kontonummern nach Beendigung des Kontos nicht in näherer Zukunft wieder neu vergeben werden,396 was mit Buchung allein nach Kontonummer noch wichtiger wird. 3. Eröffnung für Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige. Bei Konten für Ge- 135 schäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige, vor allem Minderjährige,397 ist zwischen Kontoeröffnung und jeder einzelnen Verfügung zu unterscheiden. Es ist je gesondert zu prüfen, ob sie lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB ist oder die Zustimmung der gesetzlichen Vertreter (und evtl. des Familien- oder Vormundschaftsgerichts) vorlag. Die Zustimmungserfordernisse für die Einzeltransaktionen wirken jedoch auf die Eröffnung zurück. Während auch im Massengeschäft Zustimmungserfordernisse der gesetzlichen Vertreter (meist beider Eltern) noch beachtet werden können,398 verbietet sich die laufende Einschaltung von Gerichten. Konten für Minderjährige erlauben daher keine Einzeltransaktionen, die nach § 1822 Nr. 8–10 BGB genehmigungspflichtig sind: weder die Kreditierung (Überziehungskredit) noch den ec-/maestro/Girocard- oder Kreditkartengebrauch,399 da und soweit hier nach Erschöpfung des Guthabens (in Höhe des Verfügungsrahmens) noch auf Kredit verfügt werden kann.

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395 BGH Urt. v. 23.11.2017 – III ZR 411/16, NJW 2018, 462 (Tz. 16–26, zur Ersatzfähigkeit von Zeichnungsschäden – Pflichtverletzung des Mittelverwendungskontrolleurs); so schon bisher Schwintowski Kap. 7 Rn 71–89; aA demgegenüber noch Klein/Rätke (Fn 384), § 154 Rn 19 (Haftung nur nach § 72 AO). 396 BGH Urt. v. 13.6.1983 – II ZR 226/82, WM 1983, 834; OLG Karlsruhe Urt. v. 9.6.1988 – 11 U 112/87, WM 1988, 1330. 397 Für die anderen Gruppen: BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 18–31. Für die Minderjährigen vgl. Verlautbarung des BAK „Bankgeschäfte mit Minderjährigen“ vom 22.3.1995, ZIP 1995, 69; ausf. etwa Barleon/Selzer in: Arretz/Artzt/ Barleon Kontoführung, Rn 123–157; Kampermann Bankgeschäfte mit Minderjährigen, bes. S. 196–231. 398 §§ 1626, 1629, 1643 BGB. Die gegenseitige Ermächtigung zur Alleinvertretung ist möglich, auch als Generalermächtigung, freilich nicht unbeschränkt: BGH Urt. v. 25.11.1985 – II ZR 115/85, WM 1986, 315 (316); Erstreckung auf eine ganze Kontobeziehung dürfte freilich schon spezialisiert genug sein: vgl. Kümpel Bankrecht, 3. Aufl. 2004, Rn 3.176; Kristoffy Minderjährigenrecht, S. 51 (ohne Problematisierung); ausf. Kampermann Bankgeschäfte mit Minderjährigen, S. 85–93. Durchgespielt werden die einzelnen Bankgeschäfte auf ihre Genehmigungsbedürftigkeit hin bei Kunkel Rpfleger 1997, 1; Scheerer BB 1971, 981 (983–987); Spanl RPfleger 1989, 392 (393–395); Vortmann WM 1994, 965. 399 BankR-HdB/Lwowski/Lorenz § 34, III. Muster zur Eröffnung von Konten und Depots für Minderjährige (Fassung 2016) und Anm. 2 hierzu; Kampermann Bankgeschäfte mit Minderjährigen, S. 222–224 (außer völlige Freistellung), 237–242 (mit Ausnahmen bei Geringfügigkeit); missverständlich BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 13–15, dort auch zur (einmaligen!) kurzfristigen Duldung von Überziehungen bei Versorgungsgeschäften; auch Kristoffy Minderjährigenrecht, S. 52.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Die Eröffnung des Kontos ist bei Entgeltpflicht (zunehmend aufgegeben), jedoch wohl auch angesichts der übernommenen Obliegenheiten nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.400 Die Zustimmung nach §§ 112 f. BGB enthält auch diejenige für die Eröffnung von Geschäfts- und Arbeitnehmerkonten.401 Ansonsten ist demnach Zustimmung zur Kontoeröffnung nötig und umfasst nicht die Zustimmung zu einzelnen Transaktionen,402 zu denen auch keine Generalzustimmung gegeben werden darf, soll nicht der Schutzzweck der §§ 107 ff. BGB konterkariert werden.403 4. Kündigung und Beendigung (sowie Übergang) des Bankkontos.

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a) Überblick zum Beendigungsregime (mit Übergang). Bei der Beendigung – und speziell dem wichtigsten Beendigungsgrund, der Kündigung – unterscheiden sich HGB-Kontokorrent und Bankkonto erheblich. Mit anderen Worten: Allgemeine Grundsätze zu Ersterem können nur beschränkt auch auf das Bankkonto übertragen werden. Vergleichbar ist zunächst, dass zwischen bloßer Verfügung über Salden und Beendigung des Kontokorrents selbst zu unterscheiden ist: Verfügungen über den Saldo führen, wie § 357 HGB zeigt, nicht einmal beim HGB-Konto zur Beendigung.404 Beendigt wird das HGB-Kontokorrent hingegen (und grundsätzlich auch das Bankkonto),405 wenn die Voraussetzungen desselben entfallen: bei einverständlicher Lösung der Kontokorrentabrede406 und bei Beendigung der Geschäftsverbindung.407 Schon beim Zweitgenannten ist freilich zwischen beiden Kontoarten zu unterscheiden: Beendigt wird das HGB-Kontokorrent iZw. auch bei Beendigung eines parallel laufenden Rechtsverhältnisses408 und bei Tod einer Partei.409 Beides gilt nicht oder nur modifiziert beim Bankkonto: Einerseits ist dieses idR nicht mit einem parallel laufenden Rechtsverhältnis zum Austausch von Leistungen verknüpft (vgl. jedoch § 675f Abs. 2 S. 2 BGB), wohl aber gilt auch hier: Die Beendigung des Zahlungsdienstevertrages/Girovertrages (nächste Rn) führt auch zur Beendigung des Kontokorrents. Andererseits kann das Bankkonto im Erbfall durchaus übergehen, jedenfalls jedoch steht der Erwerb der Gläubigerposition von Todes wegen ganz im Vordergrund (vgl. daher unten Zweiter Teil Rn 216–232). Außerdem eröffnet § 355 Abs. 3 HGB mangels gegenteiliger Abrede für das HGB-Kontokorrent ein jederzeitiges Kündigungsrecht.410 Das ist ganz anders beim Bankkonto, bei dem bereits die EG-Zahlungsdienste-Richtlinie I gerade für die Kündigung ein un-

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400 Scheerer BB 1971, 981 (983); Vortmann WM 1994, 965 (965); BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 1; vgl. zu derselben Thematik bei sog. „Flüchtlingskonten“ Sonnenberg CCZ 2016, 266 (267). 401 Scheerer BB 1971, 981 (983 f.); MünchKommBGB/Schmitt § 113 Rn 28 f; Kümpel/Wittig Rn 6.670. Dort auch zur Frage, ob darin wiederum die Zustimmung liegt, über die erwirtschafteten Beträge zu verfügen. 402 Vortmann WM 1994, 965 (966); BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 8; MünchKommBGB/Schmitt § 113 Rn 29 (wohl aber Barabhebung). 403 BAK ZIP 1995, 691 (692) (jedoch Gruppen wie Daueraufträge, Überweisungen); BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 7; MünchKommBGB/Schmitt § 107 Rn 19. 404 Für die Abhebung: Baumbach/Hopt § 355 Rn 23; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 94. 405 Zur Beendigung des davon zu unterscheidenden Zahlungsdienstevertrages/Girovertrages nächste Rn und BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 30–36a; zum Einfluss des Zahlungsdiensterechts auf das Regime der Kündigung beim Bankkonto grundlegend: Herresthal WM 2013, 773. 406 Baumbach/Hopt § 355 Rn 23; K. Schmidt HandelsR § 21 VI 1. 407 BGH Urt. v. 21.10.1955 – I ZR 187/53, NJW 1956, 17; BGH Urt. v. 4.4.1979 – VIII ZR 96/78, BGHZ 74, 129 (135); Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 94. 408 So für die Fälligkeit eines Kontokorrentkredits: OLG Düsseldorf Urt. v. 19.2.1986 – 17 U 132/84, WM 1987, 341 (343); und für die Beendigung des Girovertrages BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 91 f; Mülbert/Grimm WM 2015, 2217 (2222). Mit Fälligstellung des Kontokorrentkredits sei etwa auch die Kündigung des Kontokorrents gewollt: BGH Urt. v. 9.2.1993 – XI ZR 88/92, NJW 1993, 1260 (1261). 409 Baumbach/Hopt (7) BankGesch Rn A/51; BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 46 f. Zum Bankkonto im Todesfall unten Zweiter Teil Rn 217 ff. 410 Keine gegenteilige Abrede ist darin zu sehen, dass ein Kontokorrentkredit noch nicht getilgt ist: BGH Urt. v. 21.5.1987 – III ZR 56/86, NJW-RR 1987, 1186.

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3. Abschnitt – Bankkonto

gleich kundenfreundlicheres Spezialregime eingeführt hat, welches durch die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II noch weitere kundenfreundliche Änderungen erfährt (nächtste Rn). Auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über eine Partei führt beim HGB-Kontokorrent (ohne Kündigung) zur Beendigung, weil andernfalls die gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger vereitelt würde.411 Obwohl dieses Interesse durchaus auch im Hinblick auf Bankkonten zu schützen ist, gilt auch insoweit ein ungleich komplexeres Sonderregime, auf das daher gesondert einzugehen ist (unten Zweiter Teil Rn 252–266). Seit 2016 gilt zudem beim Bankkonto – auf der Grundlage der EU-Basiskonto-Richtlinie (oben Zweiter Teil Rn 131) – ein Regime, das den Wechsel des Kontos – auch grenzüberschreitend – von der Abwicklung und den Kosten her erleichtert (Art. 9–14 der Richtlinie): mit einem Service, der die Übertragung der Daten zur Kontoführung (namentlich auch Daueraufträgen etc.) einschließt und dies zu (höchstens) „angemessenen“ (grds. nur kostendeckenden) Entgelten.412 b) Voraussetzungen der Kündigung (Bankkonto). Bis 2009 waren die Grenzen des Kündi- 138 gungsrechts – gerade auch beim Bankkonto – richterrechtlich auf der Grundlage von Generalklauseln festgelegt.413 Das hat sich mit dem Zahlungsdiensterecht für das typische Bankkonto – immer, wenn es als Rahmen(vertrag) für Zahlungsdienste, d.h. vor allem Überweisung, Lastschrift oder kartengestützte Transaktionen, fungieren kann – grundlegend geändert: Entsprechend den Vorgaben in Art. 55 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II (vorher Art. 45 PSD I) statuiert § 675h BGB für die ordentliche Kündigung, dass der Kunde stets kündigen können muss (vereinbart werden darf höchstens eine Kündigungsfrist von bis zu einem Monat, noch kundenfreundlicher dann Nr. 18 Abs. 1 AGB-Banken), während das Kreditinstitut ohnehin nur bei dahingehender Vereinbarung kündigen kann und dann die Kündigungsfrist mindestens 2 Monate betragen muss (Nr. 19 Abs. 1 S. 3 AGB-Banken); dabei ging schon der deutsche Gesetzgeber beim Kundenschutz insofern weiter, als er ein Entgelt für die Kündigung allgemein untersagte (§ 675h Abs. 4 BGB, anders Art. 55 Abs. 2 EU-Richtlinie, günstigeres nationales Recht aber zulässig nach Abs. 6). Regelmäßig erhobene Entgelte sind zeitanteilig zurückzugewähren. Offen bleibt die – angesichts Nr. 19 AGB-Banken eher theoretische – Frage, ob wirklich mangels Abrede für das Kreditinstitut eine ewige Bindung eintritt; wichtig ist dies vor allem für die Frage, ob das Institut in Fällen, in denen der Kunde vorgeschlagene Änderungen der AGB ablehnt, auch mangels Abrede kündigen kann (wohl keine „Aufhebung“ aus wichtigem Grund, da ja kein Vertragsverstoß).414 Unberührt bleibt jedenfalls die Kündigung aus wichtigem Grund, die (in Übereinstimmung mit der Terminologie im UN-Kaufrecht) als „Aufhebung“ bezeichnet wird (Art. 55 Abs. 5 EU-Richtlinie).415

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411 BGH Urt. v. 4.5.1979 – I ZR 127/77, BGHZ 74, 253 (254 f.); BGH Urt. v. 13.11.1990 – XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286 (1287); BGH Urt. v. 25.6.2009 – XI ZR 98/08, NJW 2009, 2677 (2678); Blaurock JA 1980, 691 (695); Herz Kontokorrent S. 201; nach hM fehlt ein vergleichbarer Zweck bei Eröffnung eines Vergleichsverfahrens, vgl. nur BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 93. 412 Umsetzungsgesetz sowie Lit. zu diesem oben Fn 375. 413 Nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken a.F. konnte das Kreditinstitut die Geschäftsbeziehung jederzeit kündigen, was freilich einschränkend verstanden wurde: Kündigung zur Unzeit war nach § 242 BGB unzulässig: BGH Urt. v. 30.5.1985 – III ZR 112/84, WM 1985, 1136; BankR-HdB/Bunte § 24 Rn 16 f. Zudem durfte das Kündigungsrecht nicht gegen §§ 134, 138 BGB verstoßen. Boemke NJW 2001, 43 (44). Für das Kontokorrent als Zahlungsdiensterahmenvertrag stellen sich diese Fragen angesichts der zwingenden gesetzlichen Regelung zwar nicht mehr, der BGH geht inzwischen für eine gleichlautende Regelung für andere Rahmenverträge hingegen von Intransparenz und Nichtigkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB aus: BGH Urt. v. 5.5.2015 – XI ZR 214/14, WM 2015, 1379. Das in Nr. 19 Abs. 3 Banken-AGB a.F. vorgesehene zusätzliche Recht, aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, war wegen § 314 Abs. 1 S. 1 BGB nach 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei wirksam vereinbart; gleiches gilt auch heute für Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken (auch § 626 BGB). 414 MünchKomm/Casper § 675h Rn 8; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 33b. 415 Vgl. zu allem auch unten Dritter Teil Rn 107, 187, 192, 195 f. 261; sowie BR-Drucks. 848/08, S. 168 f.; Herresthal WM 2013, 773 (781). MünchKommBGB/Casper § 675h Rn 2; Staudinger/Omlor § 675h Rn 1, 6.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Dass das Kreditinstitut das Bankkonto im Einzelfall ordentlich kündigen darf, setzt auch unter dem neuen Kündigungsregime zusätzlich voraus, dass kein Anspruch auf Kontoeröffnung besteht (dauerschuldspezifische Fortsetzung dieses ursprünglichen Anspruchs).416 Dies formt für den heute wichtigsten Fall des Basiskontos § 42 Zahlungskontengesetz aus – in Abs. 2 die ordentliche Kündigung dahingehend, dass sie (wenn vereinbart) möglich ist, wenn die Voraussetzungen entfallen sind (Nr. 2) oder die Notwendigkeit (fehlende Nutzung oder alternatives Konto, Nr. 1 und 4), aber auch, wenn sich der Nutzer einer AGB-Änderung und somit dem Standardisierungsbedürfnis des kontoführenden Instituts widersetzt (Nr. 3), und in Abs. 3 und 4 die Kündigung aus wichtigem Grund (mit und ohne Kündigungsfrist), die hier basiskontospezifisch ausgestaltet ist, dabei jedoch den allgemeinen dogmatischen Leitlinien zur Bestimmung des wichtigen Grundes folgt (etwa § 314 BGB), mit namentlich den Voraussetzungen eines signifikanten Gesetzesverstoßes, erheblicher Täuschungsversuche oder Verstöße gegen Basispflichten des Vertrags.417 Vor allem jenseits des Basiskontos bleiben die Grundsätze über (sonstige) Grenzen des Kündigungsrechts relevant, die schon vor 2016 galten, freilich häufig in dem Bereich entwickelt wurden, den heute das Basiskonto abdeckt. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft geführte Kreditinstitute unterliegen wegen ihrer Aufgabe zu staatlicher Daseinsvorsorge den Bindungen der Grundrechte unmittelbar und damit auch einem aus Art. 3 GG abzuleitenden Willkürverbot – umstritten ist das für privatrechtlich organisierte Institute.418 Kündigungen sind, soweit diese Bindung greift, nur zulässig, wenn das Kreditinstitut hierfür einen sachlichen Grund anführen kann.419 Danach muss bei Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Abwägung der Interessen beider Seiten die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung für das Institut unzumutbar sein.420 Bei privatrechtlich organisierten Instituten, die sich auch nicht in öffentlicher Hand befinden, gilt demgegenüber keine allgemeine Gleichbehandlungspflicht (keine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes), etwa bei

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416 Insoweit schränkt der Kontrahierungszwang nach dem ZKG die Kündigungsfreiheit ein: Held BKR 2016, 353 (357); eine Kündigung aus wichtigem Grund muss aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken jedoch stets möglich sein: Herresthal BKR 2016, 133 (141). Zur Frage nach einem Rechtsanspruch auf Eröffnung vgl. oben Zweiter Teil Rn 131. Gleiches galt schon vor dem ZKG, allerdings waren die Fälle, in denen ein Kontrahierungszwang bestand, punktuell begrenzt: Köndgen NJW 2004, 1288 (1291); ebenso OLG Naumburg Urt. v. 31.1.2012 – 9 U 128/11, ZIP 2012, 1119 (rkr.) (dann Kündigung nur aus wichtigem Grund). Auch Kündigungsrecht (auf Grund von Rücksichtnahmepflicht) ausgeschlossen, wenn Fortführung zwar unter Embargo fällt, der Kontoinhaber gegen dieses jedoch den Rechtsweg beschritten hat, auf das Konto angewiesen ist und nachweislich keine gleichwertigen Alternativen hat: Hans. OLG Hamburg Urt. v. 30.5.2012 – 13 W 17/12, WM 2012, 1243. 417 Näher etwa Findeisen WM 2016, 165 (172); Herresthal BKR 2016, 133 (140); Gondert/Huneke VuR 2016, 323 (330). 418 BGH Urt. v. 11.3.2003 – XI ZR 403/01, NJW 2003, 1658 (1659) = WM 2003, 823; für Sparkassen (auch nach Wegfall der Gewährträgerhaftung) nach den jeweiligen Landesgesetzen etwa OLG Naumburg (Fn 416), ZIP 2012, 1119 (§ 5 Sparkassenverordnung Sachsen-Anhalt). Ebenso, wenn sich privatrechtlich organisierte Institute im Alleinbesitz des Staates befinden, BGH Urt. v. 2.12.2003 – XI ZR 397/02, NJW 2004, 1031; aA OLG Köln Urt. v. 17.11.2000 – 13 W 89/00, NJW 2001, 452, wonach die Postbank AG auch zu Zeiten, in denen sie sich noch in öffentlicher Hand befand, den Girovertrag nach §§ 627, 675 BGB a.F. kündigen konnte und dabei nur dem Schikaneverbot des § 226 BGB unterlag; zur Erstreckung auch auf privatrechtlich organisierte Kreditinstitute, deren Anteile nicht vom Staat gehalten werden, BGH Urt. v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 = WM 2013, 316; Köndgen NJW 2004, 1288 (1292); Boemke NJW 2001, 43 (44 f.). 419 BGH (Fn 418), NJW 2003, 1658 (1659); BGH (Fn 418), NJW 2004, 1031 (beide auch zum Parteienprivileg nach Art. 21 GG); so sogar für Änderungskündigung zur Gebührenanpassung: OLG Naumburg (Fn 416), ZIP 2012, 1119 (1120) (gefordert sei „wichtiger Grund“ für Gebührenanpassung), was freilich selbst vom Gedanken des Versorgungsauftrages her nicht zwingend angezeigt ist (Bereitstellung eines Kontos zwar angezeigt, aber auch zum dauerhaft, bis zu lebenslang unveränderten Preis?). 420 BGH (Fn 418), NJW 2003, 1658 (1659); etwa Nutzung des Kontos im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen (Betrieb entsprechender Internetseiten u.ä.): OLG Hamm, Beschl. v. 13.10.2008 – I-31 W 38/08, BKR 2009, 436; LG München I, Urt. v. 12.5.2009 – 28 O 398/09, VuR 2010, 226 – all dies gut vergleichbar zu § 42 Abs. 3 und 4 ZKG.

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3. Abschnitt – Bankkonto

Ausübung des Rechts zur ordentlichen Kündigung; allerdings sind gegen das Willkürverbot verstoßende Kündigungen nach § 134 BGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nichtig.421 Nicht willkürlich, möglicherweise sogar aus wichtigem Grund ergeht die Kündigung eines Kontos, das der Inhaber (Inkassounternehmen) zum Einzug von Forderungen nutzt, über deren Bestehen er Verbraucher systematisch täuscht – weswegen ein Verbraucherverband auch zur Kündigung des Kontos auffordern darf.422 c) Rechtsfolgen der Beendigung. Die Beendigung zeitigt verschiedene Wirkungen je nach- 140 dem, ob sie mit einem anerkannten Saldoabschluss zusammenfällt oder nicht (vor allem nach § 355 Abs. 3 HGB). Im ersten Fall ist unstr. allein der anerkannte Saldoabschluss geschuldet. Im zweiten Fall soll die Kontokorrentbindung der Einzelansprüche enden – mit Verjährungsanlauf für jede Forderung nach den eigenen Regeln und mit der Folge, dass über jede wieder gesondert verfügt werden kann. Einen Einzelanspruch bildet hierbei der letzte kausale oder anerkannte Saldoabschluss.423 Fraglich ist jedoch, ob nicht auch im zweiten Fall nur der Saldo geltend gemacht werden kann. Immerhin führt § 355 Abs. 3 HGB, der verallgemeinerungsfähig ist, nur den Anspruch auf Zahlung des Überschusses an, während das Vereinfachungs- und vor allem das Sicherungsbedürfnis auch in der Abwicklung Geltung entfalten. Für das Bankkonto hat dies, obwohl es kein Staffelkontokorrent bildet, in jedem Falle zu gelten, denn die Vereinheitlichung der Einzelforderungen ist hier noch weiter getrieben (namentlich beim Zins und bei der Verfügbarkeit eines jeden „Tagessaldos“). Von diesem letzten Saldo können noch ein letztes Mal Zinsen genommen werden, auch wenn in den Salden Zinsen enthalten sind.424 Auch nach Beendigung des Kontokorrentverhältnisses darf das Kreditinstitute durchaus noch Gelder (vor allem Überweisungen) entgegennehmen, dabei agiert es auch, soweit es sich so verhält, als Zahlstelle des (früheren) Kontoinhabers, so dass Rückforderungsansprüche jeweils gegen diesen und nicht das Institut zu richten sind.425 Nimmt das Institut hingegen die Gelder für eigene Rechnung entgegen, so kann zwar der Zahler vom Institut Erstattung verlangen, der ehemalige Kontoinhaber soll hingegen nicht Auskehrung und jedenfalls nicht Verzugszinsen verlangen können, weil der Anspruch gegen den Zahler (mangels Erfüllung) fortbestehe.426 Ganz vereinzelt werden nachwirkende Sorgfaltspflichten – sogar zugunsten Dritter – bejaht.427 B. Wirkung des Bankkontokorrents I. Voraussetzungen von Kontokorrent und Kontozugehörigkeit 1. Dauerhafte Geschäftsverbindung. Die kontokorrentspezifischen Wirkungen zeitigt auch 141 das Bankkonto nur, soweit ein Kontokorrent vereinbart wurde und die fragliche Forderung in

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421 Für Ersteres BGH (Fn 418), NJW 2013, 1519 = WM 2013, 316. Für Zweiteres BGH (Fn 418), NJW 2004, 1031; BGH (Fn 418), NJW 2003, 1658; tendenziell strenger („wichtiger Grund“ nötig): OLG Naumburg (Fn 416), ZIP 2012, 1119 (1120). 422 BGH Urt. v. 6.2.2014 – I ZR 75/13, WM 2014, 1532 = NJW-RR 2014, 1508. 423 BGH Urt. v. 2.11.1967 – II ZR 46/65, BGHZ 49, 24 (26). 424 Vgl. BGH (Fn 411), NJW 1991, 1286 (1288); K. Schmidt HandelsR § 21 VI 1. 425 Vgl. OLG Koblenz Urt. v. 8.2.2008 – 8 U 11/07, WM 2009, 112 (Überweisung, kein Sonderrechtsverhältnis des kontoführenden Empfängerinstituts zum Zahler); BFH Urt. v. 10.11.2009 – VII R 6/09, ZIP 2010, 315 (auch Erstattungsansprüche des Finanzamts nach § 37 Abs. 2 S. 1 AO nicht gegen Kreditinstitut zu richten, sondern gegen den Steuerpflichtigen, wenn das Konto wegen Insolvenz abgewickelt und Guthaben an Insolvenzverwalter ausgekehrt); und für Sozialleistungen SG Köln Urt. v. 2.11.2011 – S 17 R 394/11, WM 2012, 839 (außer Überweisungsbetrag noch als Guthaben vorhanden). 426 Vgl. etwa OLG Karlsruhe Urt. v. 30.3.2011 – 17 U 56/09, WM 2011, 1363 (Steuererstattung des Finanzamts auf ein seit Jahren erloschenes Konto). § 826 BGB griff im konkreten Fall mangels Schädigungsabsicht nicht durch. 427 Etwa Warnpflicht (mit Schadensersatzfolge, ohne Entreicherungseinwand), wenn jahrelang Rente noch weitergezahlt: BFH Urt. v. 18.7.2007 – II R 18/06, WM 2007, 2102.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

dieses einbezogen ist. Dazu muss die Geschäftsverbindung auf gewisse Zeit angelegt sein und darauf, dass zumindest eine Seite428 mehrfach Ansprüche erwirbt. Für das Bankkonto stellt das § 675f Abs. 1 und 2 BGB klar, indem er Zahlungsdiensteinzelvertrag (ohne Kontokorrent) und Zahlungsdiensterahmenvertrag (mit Kontokorrent) voneinander unterscheidet. Unmittelbar anwendbar sind §§ 355 bis 357 HGB nur, wenn auf einer Seite ein Kaufmann i.S.v. §§ 1 bis 6 auftritt. Überwiegend werden jedoch die zentralen Rechtsfolgen des Kontokorrents (unten Zweiter Teil Rn 145–160) auch auf Kontokorrentabreden zwischen Nichtkaufleuten erstreckt,429 so dass bei den kontokorrentrechtlichen Regeln zwar nach der Überformung durch Zahlungsdiensterahmen- bzw. Girovertrag und durch AGB Banken zu fragen ist, nicht jedoch danach, ob sie auch im Verhältnis zu nichtkaufmännischen Bankkunden zur Anwendung kommen. Anders wird dies für das HGB-Kontokorrent nur bei der Ausnahme vom Zinseszinsverbot (§ 248 BGB) nach § 355 Abs. 1 HGB gesehen.430 Diese Differenzierung ist schon für das HGB-Kontokorrent kaum zu rechtfertigen, denn auch die sonstigen, zentralen Rechtsfolgen des Kontokorrents weichen von zwingendem Zivilrecht (§§ 137 BGB und 354a HGB) ab, sind also nicht mit dem hypothetischen Parteiwillen zu erklären, und erzeugen Lastwirkungen, freilich hier nun gegenüber Dritten (vgl. unten Zweiter Teil Rn 144): Sieht man die Grundlage der §§ 355 bis 357 HGB zutreffend in der angesprochenen Vereinfachungs- und Kostenminimierungseignung, so liegt es nahe, das Instrument für alle Geschäftsverbindungen ohne Diskriminierung zur Verfügung zu stellen – vor allem für solche, die sich heute entgegen ursprünglichem Gesetzgeberwillen als kommerziell darstellen. Für das Bankkontokorrent gilt das Zinseszinsverbot ohnehin nur eingeschränkt, nicht für das Einlagegeschäft (§ 248 Abs. 2 BGB). Für den Habenzins wäre der Streit jedoch relevant, wird jedoch mit der Praxis praktisch selbstverständlich vom hier zugrunde gelegten Verständnis ausgegangen. 142

2. Kontokorrentvereinbarung. Vereinbart wird, die Ansprüche in Rechnung zu stellen.431 Die Abrede ist formfrei und kann konkludent erfolgen. Indizien hierfür sind alle Absprachen, die von der rechtlichen Bedeutung von Aggregierung und Saldo ausgehen, vor allem: Die Abrede einer eigenen Verzinsung des Saldos, in den Forderungen (mit Zins) eingestellt werden; die abredegemäße, aber auch die tatsächliche regelmäßige Bildung von Salden;432 Parteiverhalten dahingehend, (von sich aus) die Ansprüche nicht einzeln geltend zu machen.433 Beim Bankkonto bildet konkludenter Abschluss den absoluten Ausnahmefall. Zudem ist auf Grund der In-

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428 RG Urt. v. 12.1.1927 – I 175/26, RGZ 115, 393 (396); BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 = WM 1968, 967; Baumbach/Hopt § 355 Rn 4; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 12; hingegen beidseitige Anspruchsbegründung fordernd: Reifner NJW 1992, 337 (340). 429 Heymann/Horn § 355 Rn 7; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 9, 118 f. 430 RG Urt. v. 17.2.1919 – VI 286/18, RGZ 95, 18 (19); Blaurock JA 1980, 691 (691); Baumbach/Hopt § 355 Rn 18; Heymann/Horn § 355 Rn 6; K. Schmidt HandelsR § 21 II 2 b; Schwintowski Kap. 9 Rn 84, 98; Letztere beide jedoch für analoge Anwendung von § 355 HGB auf Geschäftsverbindungen mit nichtkaufmännischen Unternehmen. 431 Blaurock JA 1980, 691 (692); Maier JuS 1988, 196 (197); Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 355 Rn 11; Schwintowski § Kap. 9 Rn 83. Dies ist zwar nur eine der drei zentralen Rechtsfolgen (vgl. oben Zweiter Teil Rn 136–139), die anderen bedürfen jedoch keiner Abrede. Zu all dem, auch zur Periode der Saldobildung, unten Zweiter Teil Rn 151 f., 157 f. 432 BGH Urt. v. 20.4.1956 – I ZR 203/54, WM 1956, 1125 (1126); BGH (Fn 355), WM 1970, 184 (185) (insoweit nicht abgedruckt in NJW 1970, 560); BGH Urt. v. 10.7.1986 – III ZR 77/85, WM 1986, 1355 (1357); OLG Köln Urt. v. 19.4.2004 – 2 U 187/03, NZI 2004, 668 (669); OLG Hamm Urt. v. 5.2.2009 – I-2 U 98/08, juris; OLG München Endurt. v. 13.5.2015 – 20 U 4258/14, BeckRS 2015, 09883; Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 3. Die Saldobildung spricht jedoch nur indizweise für die Lähmung (das „in Rechnung“ Stellen) der einzelnen Forderungen. Die Ausnahme vom Zinseszinsverbot ist hingegen nur bei Kontokorrentvereinbarung eröffnet. 433 BGH (Fn 355), WM 1970, 184 (185) (insoweit nicht abgedruckt in NJW 1970, 560); OLG Köln (Fn 432), NZI 2004, 668 (670); Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 14. Werden einige wenige Ansprüche geltend gemacht, so kann dies gegen eine Kontokorrentvereinbarung sprechen (so generell etwa Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 3) oder weniger weitgehend dafür, dass nicht alle Ansprüche ins Kontokorrent einbezogen wurden.

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formationsregeln in § 675d BGB i.V.m. Art. 248 § 3 EGBGB Aushändigung der zentralen Inhalte ohnehin in Textform geschuldet, die Verletzung bildet nur kein Wirksamkeitshindernis (vgl. Dritter Teil Rn 139). Dass mit dem Konto rechtswidrige Zwecke (Steuerhinterziehung) verfolgt werden, führt, wenn dieser Zweck Hauptzweck ist, bei jedem Konto zur Nichtigkeit.434 3. Einbeziehung des Anspruchs ins Kontokorrent. Einbeziehungsfähig sind Ansprüche, 143 die verrechnet werden können, grundsätzlich alle Ansprüche auf vertretbare Sachen,435 beim Bankkonto (und auch sonst meist) nur solche auf Geld.436 Entscheidend für die Einbeziehung ist die Parteiabrede, was gerade für das Bankkonto immer wieder problematisiert wurde.437 Im Zweifel werden alle Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung ins Kontokorrent einbezogen.438 Mangels eindeutiger Parteiabrede gelten als Leitlinien: Einbezogen sind auch nicht klag- 144 bare Forderungen, jedoch unter der auflösenden Bedingung, dass die fehlende Klagbarkeit geltend gemacht wird.439 Der wichtigste Fall gerade für das Bankkonto – Differenz- und Börsentermingeschäfte (§§ 764 BGB, 55 BörsG a.F.) – wurde jedoch zunehmend und mit dem FRUG gänzlich dem allgemeinen Regime (klagbare Forderung, jedoch Aufklärungspflichten) unterstellt, vgl. unten Achter Teil Rn 281–287). Auch vorzeitige Verrechnung wird für ausreichend gehalten, um den Einwand fehlender Klagbarkeit (der Einzelforderung) kraft Anspruch aus Saldo nunmehr auszuräumen.440 Wirksam einbezogen sind (mit Entstehen) auch vorausabgetretene Forderungen, etwa aus verlängertem Eigentumsvorbehalt.441 Die Vorausabtretung geht dann ins Leere. Zwar sind dadurch Dritte belastet. Der vom Gesetzgeber angestrebte Kostenminimierungseffekt des Kontokorrents hängt jedoch davon ab, dass alle von den Parteien einbezogenen Forderungen tatsächlich zur gegenseitigen Absicherung verlässlich zur Verfügung stehen. Viel gezielter kann der EV-Verkäufer seine Interessen schützen, indem er sich – neben der antizipierten Forderungsabtretung – für den Fall der Kontokorrentbindung den Saldo im Voraus (teil-)abtreten lässt („cheapest cost avoider“). Demgegenüber sind noch nicht entstandene Forderungen, etwa aufschiebend bedingte, iZw. nicht einbezogen,442 um die Fehleranfälligkeit der Abrechnung zu reduzieren.

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434 RG Urt. v. 29.9.1934 – I 107/34, JW 1935, 420 (420 f.); allgemeiner, nicht speziell für das Kontokorrent: BGH Urt. v. 9.6.1954 – II ZR 70/53, BGHZ 14, 25 (30 f.). 435 Baumbach/Hopt § 355 Rn 1; Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 355 Rn 16; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 19. 436 Heymann/Horn § 355 Rn 11; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 41; K. Schmidt HandelsR § 21 III 1. 437 Einzelne, im Zweifel einzubeziehende Forderungen können ausdrücklich, auch noch nachträglich ausgenommen werden: BGH Urt. v. 8.7.1982 – I ZR 148/80, BGHZ 84, 371 (375–377) = NJW 1982, 2193 (für Tagessalden im Girokonto); BGH Urt. v. 10.11.1986 – II ZR 48/86, NJW-RR 1987, 878 (879). Umgekehrt können auch im Zweifel nicht einzubeziehende Forderungen ausdrücklich aufgenommen werden: BGH Urt. v. 23.10.1958 – II ZR 127/57, WM 1959, 81 (83); BGH Urt. v. 21.9.1967 – II ZR 202/64, WM 1967, 1163 (1163). Zu als Kontokorrent geführten Oder-Konten BGH Urt. v. 25.6.2002 – XI ZR 218/01, NJW 2002, 3093, (3095). 438 BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (376) = NJW 1982, 2193 (Bankkonto); OLG Köln (Fn 432), NZI 2004, 668 (670); Baumbach/Hopt § 355 Rn 14; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 20. Auch Überweisungsgutschriften, die der Kontoinhaber auf anderes Konto angefordert hatte: BFH Urt. 22.11.2011 – VII R 27/11, ZIP 2012, 513 (514); und schon im Grds. BFH Urt. v. 30.8.2005 – VII R 64/04, BStBl 2006 II, 353 (jeweils m. Nachw. zu gegenläufiger früherer Rspr.); zur Rückwirkung auf das Verhältnis zum Schuldner des Kontoinhabers: OLG Hamburg Urt. v. 30.3.2011 – 4 U 208/08, NJW 2011, 3324 (neuerliche Zahlungspflicht mangels befreiender Wirkung der Zahlung, jedoch Aufrechnung gegen Kondiktionsanspruch), str., vgl. Anm. K. Schmidt JuS 2012, 169. 439 RG Urt. v. 12.5.1934 – I 53/34, RGZ 144, 311 (312 f.); für Behandlung nach § 366 Abs. 2 BGB Canaris DB 1972, 469 (470). 440 BGH (Fn 355), BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120; BGH Urt. v. 4.2.1992 – XI ZR 32/91, BGHZ 117, 135 (141) = NJW 1992, 1630; Canaris DB 1972, 469 (470) (aber § 366 Abs. 2 BGB analog). Zweifelhaft angesichts von § 762 Abs. 2 BGB. 441 BGH Urt. v. 7.2.1979 – VIII ZR 279/77, BGHZ 73, 259 = NJW 1979, 976; Serick BB 1978, 873 (875); Canaris HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 25 II Rn 10; MünchKommHGB/Langenbucher § 355 Rn 66; Schwintowski Kap. 9 Rn 113–115. 442 Für die Gutschrift unter aufschiebender Bedingung der Scheckeinlösung: BGH Urt. v. 21.12.1970 – II ZR 52/68, WM 1971, 178. Für die Pflicht des Bürgen vor Eintritt des Sicherungsfalls: RG Urt. v. 1.4.1927 – III 192/26, JW 1927,

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II. Lähmung, Saldierung und Anerkenntnis als die zentralen Rechtsfolgen 1. Lähmung („in Rechnung stellen“) 145

a) Grundsatz. Jede Verfügung über Einzelansprüche, die ins Kontokorrent eingestellt sind, ist ausgeschlossen. Kraft Parteiabrede allein könnte diese Rechtsfolge, gäbe es §§ 355 bis 357 HGB nicht, nicht herbeigeführt werden. So stieße sich ein Ausschluss der Abtretbarkeit in vielen Fällen an § 354a HGB und an § 851 Abs. 2 ZPO.443 Dies gilt für das HGB-Kontokorrent und das Bankkonto gleichermaßen. Beim HGB-Konto ebenfalls weitgehend ausgeschlossen sind Verfügungen über die Über146 schüsse, die sich bei Verrechnung der Einzelansprüche ergeben. Hier ist zu unterscheiden zwischen den periodischen Saldoabschlüssen und den vielen „Tagessalden“ – genauer: Überschüssen, die nach jeder Transaktion neu entstehen und in die Zeit zwischen zwei Saldoabschlüssen fallen. Nur beim Staffelkontokorrent fallen beide zusammen. Über Tagessalden kann beim reinen HGB-Konto nicht verfügt werden, das ist hier ebenfalls ein Kerninhalt der „Lähmung“ (unten Rn 148), während das beim Bankkonto anders ist und hierin der vielleicht wichtigste Unterschied zwischen beiden Formen liegt (dazu sogleich). Weniger wichtig für die Frage nach der Verfügbarkeit ist es, ob der periodische Abschluss – beim Staffelkontokorrent jeder Abschluss – „festgestellt“, d.h. nach § 781 BGB anerkannt wurde: Auch eine Verfügung über periodische Saldoabschlüsse, die in der nächsten Periode wieder der Kontokorrentabrede unterfallen, ist beim HGB-Konto – und nur bei diesem – bis zur Beendigung des Kontokorrents (§ 355 Abs. 3 HGB) grundsätzlich ausgeschlossen. Anders als bei den Einzelansprüchen gibt es jedoch Ausnahmen von der fehlenden Verfügbarkeit des Saldos: eine Generalausnahme in Fragen der Pfändbarkeit (§ 357 HGB bzw. §§ 829, 851 Abs. 2 ZPO) und eine Ausnahme, wann immer Gegenteiliges vereinbart ist, möglicherweise auch nur konkludent. Beim Bankkonto ist eine Verfügung über Saldoabschlüsse – gleichgültig ob festgestellt oder nicht – ebenso uneingeschränkt möglich wie über bloße Tagessalden, also insbesondere auch durch Geltendmachung oder Abtretung. b) Geltendmachung. Die Kontokorrentabrede begründet – beim HGB-Kontokorrent ebenso wie beim Bankkonto – eine Einrede gegen die Einzelansprüche.444 Die gegenteilige Abrede führt dazu, dass die Forderung aus der Kontokorrentbindung herausfällt (und auch verpfändbar sowie pfändbar wird). Jede eingestellte Forderung ist in der Verjährung gehemmt (vgl. § 205 BGB).445 Der Hauptunterschied zwischen HGB-Kontokorrent und Bankkonto liegt nach dem Gesag148 ten darin, dass bei Ersterem auch der (tägliche) Überschuss einredebehaftet ist und (bei Kontokorrentbindung) sogar der periodische Saldo. Die gegenteilige Rechtslage in Fragen der Pfändbarkeit (vgl. § 357 HGB und §§ 829, 851 Abs. 2 ZPO; näher unten Zweiter Teil Rn 234–251) 147

_____ 1689 (1690); sogar für die Forderung vor Eintritt der Fälligkeit: RG Urt. v. 25.9.1933 – VI 206/33, JW 1933, 2826 (2828); allgemein Canaris HandelsR, 24. Aufl. 2006, § 25 II Rn 11; aA MünchKommHGB/Langenbucher § 355 Rn 43 f. 443 § 137 BGB, auf den Schwintowski Kap. 9 Rn 108 hinweist, betrifft freilich nur schon bestehende, abtretbare Forderungen, die ins Kontokorrent eingestellt werden. Die genuine Abrede der Nichtabtretbarkeit beurteilt sich nach § 399 BGB, zu dem wiederum § 354a HGB und § 851 Abs. 2 ZPO die wichtigsten Ausnahmen statuieren. 444 RG Urt. v. 18.10.1922 – I 596/21, RGZ 105, 233 (234); BGH (Fn 355), NJW 1970, 560; BGH Urt. v. 24.1.1985 – IX ZR 65/84, BGHZ 93, 315 (323) = NJW 1985, 1218; BGH (Fn 411), NJW 2009, 2677 (2678) = WM 2009, 1515 Anm. NZI 2009, 600 (de Bra/Ganninger) und BB 2009, 2054 (Seehafer); Blaurock JA 1980, 691 (692); K. Schmidt HandelsR § 21 III 1; Schwintowski Kap. 9 Rn 88; für Einwendung etwa BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 66; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 32. 445 BGH (Fn 423), BGHZ 49, 24 (27); BGH Urt. v. 5.10.1993 – XI ZR 180/92, NJW 1993, 3318 (3319); LG Saarbrücken Urt. v. 18.4.2011 – 1 O 299/06, WM 2011, 2043 = EWiR § 355 HGB 1/12; Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 6; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 36.

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ändert hieran nichts (bloße Ausnahme).446 Nicht geltend gemacht werden kann der stetig wechselnde Überschuss im Laufe der Periode („Tagessaldo“).447 Ist der periodische Saldoabschluss neuerlich kontokorrentgebunden, so gilt Gleiches auch für diesen, auch wenn er nach § 781 BGB anerkannt ist.448 Freilich ist mit der jederzeitigen Kündbarkeit schon ein Mittel an die Hand gegeben, Überschuss oder periodischen Saldo sofort zu realisieren (§ 355 Abs. 3 HGB). Außerdem ist beim Überschuss und vor allem beim Saldoabschluss eine gegenteilige Abrede, auch konkludent, möglich, ohne dass dadurch eine Einzelforderung aus dem Kontokorrent herausfällt. Sie wird in der Tat in wichtigen Fällen angenommen: Beim Bankkonto wird der parallel vereinbarte Girovertrag sogar weitergehend dahin verstanden, dass der Kunde jederzeit über den verfügbaren Saldo („Tagessaldo“) verfügen kann, umgekehrt jedoch auch den Negativsaldo ausgleichen muss, soweit er keine Kreditlinie (etwa Überziehungskredit) erhielt.449 c) Abtretung und Verpfändung. Abtretbarkeit und Verpfändung folgen grundsätzlich den 149 Regeln über die Geltendmachung (vgl. §§ 399, 1274 BGB). Daher sind Einzelansprüche nicht abtretbar oder verpfändbar, wenn sie nicht einverständlich gänzlich aus dem Kontokorrent herausgelöst werden.450 Soweit ein Überschuss oder periodischer Saldoabschluss geltend gemacht werden kann, also namentlich beim Bankkonto, kann er (auch antizipiert) abgetreten und verpfändet werden. Beim Bankkonto ist nur streitig, ob Gleiches auch für eine Kreditlinie gilt (dazu unten Zweiter Teil Rn 248). Können Überschuss und Saldo jedoch nicht geltend gemacht werden, so scheiden auch Abtretung und Verpfändung aus. Eine Entkoppelung wie in der Frage der Pfändbarkeit (§ 357 HGB) gibt es nicht. Auch § 354a HGB, der bewusst allein auf die isolierten Abtretungsverbote nach § 399 BGB zugeschnitten wurde, greift nicht ein.451 d) Vollstreckungszugriff – Verweis. Enger zugeschnitten ist die Lähmungswirkung beim 150 Vollstreckungszugriff (etwa Pfändung). Nur der Einzelanspruch ist auch insoweit dem Rechtsverkehr entzogen, während § 357 HGB den Zugriff auf den Überschuss und mittelbar auf den periodischen Saldo eröffnet (ausführlich daher unten D. zum Bankkonto in der Krise). 2. Kausaler Saldo („Verrechnung“) a) Entstehung des kausalen Saldos. Die (gegenseitigen) Ansprüche werden verrechnet 151 (Saldo): beim Staffelkontokorrent nach jeder Buchung, ansonsten periodisch (nach § 355 Abs. 2 HGB iZw. jährlich, beim Bankkonto nach Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken quartalsweise) oder auch nur ein Mal bei Beendigung des Kontokorrents.452 Die Verrechnung folgt zwar grundsätzlich den Aufrechnungsregeln. Da die Kontokorrentabrede jedoch auf Verrechnung ausgelegt ist, bedarf es anders als bei der Aufrechnung sonstiger Forderungen, bei denen diese Ausrichtung fehlt, kei-

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446 Baumbach/Hopt § 355 Rn 22 (für Abtretung). 447 OLG Frankfurt (Fn 363), ZIP 2008, 2326; OLG Köln Urt. v. 7.4.2010 – I 13 U 57/09, juris (Tz. 15); BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 47; aA offenbar K. Schmidt HandelsR § 21 III 1. und § 21 VI 2. bb). 448 BGH Urt. v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 (93); BGH (Fn 411), NJW 2009, 2677 (2678); OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1979) („regelmäßig … kontokorrentgebunden“); Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 51, 61. 449 Für Ersteres BGH Urt. v. 30.6.1982 – VIII ZR 129/81, BGHZ 84, 325 (330 f.) = NJW 1982, 2192; BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (377) = NJW 1982, 2193. Für Zweiteres BGH (Fn 369), BGHZ 73, 207 (209). Ausführlich unten Zweiter Teil Rn 162 und 165. 450 BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (377) = NJW 1982, 2193; BGH (Fn 422), WM 1971, 178; BGH Urt. v. 18.3.2010 – IX ZR 111/08, ZIP 2010, 1137 (daher für insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit frühestens Zeitpunkt des Saldos relevant); Blaurock JA 1980, 691 (692); Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 6. 451 BT-Drucks. 12/7912 S. 24 f.; Henseler BB 1995, 5 (6 f.). 452 Auch Letzteres ist zulässig: Baumbach/Hopt § 355 Rn 6.

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nes einseitigen Gestaltungsakts mehr; vielmehr wird die diesbezügliche Verfügung bereits in der Kontokorrentabrede antizipiert.453 b) Zweck und Geltendmachung des kausalen Saldos (mit Beweislast). Im Verrechnungszeitpunkt entsteht, noch von den zugrundeliegenden Forderungen abhängig, ein kausaler Saldo. Dieser ist vom Anspruch aus dem Anerkenntnis des Saldos (unten 3.) zu unterscheiden. Nur vereinzelt wurde er negiert,454 ist jedoch im Gesetz vorausgesetzt455 und – wenn auch wohl nur beim HGB-Kontokorrent – als Instrument unverzichtbar:456 wenn über den Saldo verfügt, er etwa abgetreten werden soll, könnte ein Zuwarten bis zum Anerkenntnis, das noch nach § 894 ZPO hergestellt werden muss, die Geschäftschance zerstören; und auch die Saldoverzinsung (nach einheitlichem Satz) muss sofort mit Periodenschluss einsetzen. Beides ist freilich beim Bankkonto bereits für jeden Tagessaldo gewährleistet, so dass insoweit die absolute Notwendigkeit eines kausalen Saldos nicht zu begründen ist (allerdings, da das Bankkonto ja Kontokorrent ist, umgekehrt auch nicht einzusehen ist, warum hier abgewichen werden sollte und das automatische Entstehen eines kausalen Saldos zum Quartalsende negiert werden sollte). Für HGB-Konto und Bankkonto gleich sind dann wieder die Voraussetzungen der Geltend153 machung: Wird allein der kausale Überschuss geltend gemacht – vom Gläubiger des Überschusses oder von Dritten, die Rechte von ihm ableiten –, so trägt der Anspruchsteller die Beweislast für die Aktivposten seit dem letzten Anerkenntnis bzw. dem letzten unstr. späteren Überschuss.457 Passivposten muss er hingegen nur vollständig aufführen, nicht das Fehlen höherer Verpflichtung beweisen.458 Die Frage, wie mit einem unrichtigen Saldo zu verfahren ist, stellt sich beim kausalen Sal154 do nicht gleichermaßen wie beim Anerkenntnis (unten 3.). Die (antizipiert erklärte) Verrechnung erfolgt allein für die tatsächlich bestehenden und ins Kontokorrent einbezogenen Ansprüche. Daher ist die Kondiktion eines „unrichtigen“ kausalen Saldos ausgeschlossen. Es hat allenfalls eine Seite auf die unrichtige Berechnung der anderen Seite hin geleistet, so dass dann die Kondiktion auf das tatsächlich Geleistete geht. 152

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c) Konnex zum Schuldanerkenntnis – Unterwerfung unter gemeinsame Regeln. Der kausale Saldo ist trotz Eigenständigkeit auf das Anerkenntnis ausgerichtet. Gesondert kann er – ebenso wie jeder Einzelanspruch – nicht neben dem Anspruch aus Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) geltend gemacht werden.459

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453 So die ganz hM, etwa BGH (Fn 355), BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120; BGH (Fn 440), BGHZ 117, 135 (141) = NJW 1992, 1630; Blaurock JA 1980, 691 (692 f.); Baumbach/Hopt § 355 Rn 8; Heymann/Horn § 355 Rn 21. 454 BGH Urt. v. 24.1.1985 – I ZR 201/82, BGHZ 93, 307 (313 f.) = NJW 1985, 1706; Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas/Wagner § 355 Rn 35. 455 § 355 Abs. 3 HGB geht offensichtlich von einem (nicht notwendig anerkannten) Überschuss während der Kontokorrentperiode aus: Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 50; auch BGH (Fn 448), BGHZ 70, 86 (93); BGH (Fn 423), BGHZ 49, 24 (26). Auch die Pfändungsregel des § 357 HGB wird – nach § 355 Abs. 3 HGB absolut folgerichtig – (auch) auf einen Überschuss zwischen zwei Periodenabschlüssen, also einen nicht anerkannten Überschuss, bezogen. 456 Dafür auch die ganz hM: BGH (Fn 355), BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120; Blaurock NJW 1971, 2206 (2208 f.); ders. JA 1980, 691 (693); Maier JuS 1988, 196 (198); Kübler Feststellung und Garantie, 1967, S. 162; Beitzke FS v. Gierke 1950, S. 9 (10–14). 457 BGH (Fn 454), BGHZ 93, 307 (314 f.) = NJW 1985, 1706; BGH Urt. v. 11.10.1988 – XI ZR 67/88, BGHZ 105, 263 (265) = NJW 1989, 300; BGH Beschluss v. 22.1.2013 – XI ZR 472/11, NZG 2013, 553 (auch zur nötigen Substantiierung); Blaurock JA 1980, 691 (693); K. Schmidt HandelsR § 21 IV 1. 458 BGH Urt. v. 28.5.1991 – XI ZR 214/90, NJW 1991, 2908; BGH (vorige Fn) NZG 2013, 553 (zur dennoch nötigen Substantiierung); Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 9. 459 Vgl. Nachw. unten Fn 473.

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3. Abschnitt – Bankkonto

Dies entscheidet auch die sehr str., praktisch freilich eher unbedeutende460 Frage nach der 156 Zusammensetzung des kausalen Überschusses.461 Wie Sicherheiten für die Einzelansprüche als Sicherheiten auch für den Anspruch aus Schuldanerkenntnis fortwirken, ist in § 356 HGB spezialgesetzlich geregelt. Auch wird dieser Anspruch selbst beim HGB-Kontokorrent einheitlich, kraft Parteivereinbarung oder Gesetz, verzinst (dazu sogleich). Diese Regeln über Sicherheiten und Zinsen haben schon für den kausalen Saldo zu gelten, da Anerkenntnis für den richtigen Saldo sofort gefordert werden kann und verhindert werden muss, dass seine Folgen durch Hinauszögern verkürzt werden können. Sie weichen für zentrale Positionen vom – in der Literatur propagierten – Prioritätsprinzip bzw. der Regelung der §§ 366 f. BGB ab.462 Die Mosaiktheorie der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist daher nicht nur praktikabler,463 sondern allein mit dem Vereinfachungsstreben des HGB-Gesetzgebers vereinbar. Sie ist modifiziert durch § 356 HGB (allerdings auch dort die Grundlage) und allenfalls in analogen Fällen weiter vorsichtig zu modifizieren.464 3. Anerkenntnis des Saldos („Feststellung des Überschusses“). a) Qualifikation. In der Feststellung des Saldos nach § 355 Abs. 1 HGB wird heute nahezu 157 einhellig ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.v. § 781 BGB gesehen.465 Hierauf besteht ein Anspruch jeder Seite, jeweils dahingehend, dass der Saldo nicht ungünstiger festgestellt wird als es der kausalen Rechtslage entspricht.466 Angebot, vor allem jedoch auch die Zustimmung kann konkludent und sogar stillschweigend erfolgen, beim Bankkonto geht das Angebot jeweils vom Institut aus und wird nach Nr. 7 Abs. 2 AGB-Banken sechswöchiges Schweigen als Zustimmung gewertet.467 Die Klage auf Anerkenntnis kann mit einer zulässigen Zahlungsklage aus dem

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460 Für obsolet hält die Frage Schwintowski Kap. 9 Rn 93. Wichtig wohl doch noch bei Einstellung unklagbarer Forderungen: vgl. etwa Blaurock JA 1980, 691 (693); Maier JuS 1988, 196 (198); vgl. etwas allgemeiner S. Spindler Die Theorien zur Verrechnung und zur Feststellung des Saldos im Kontokorrent unter besonderer Berücksichtigung ihrer Praktikabilität, S. 15–19. 461 Übersicht bei Blaurock JA 1980, 691 (693); monographisch S. Spindler Die Theorien zur Verrechnung und zur Feststellung des Saldos im Kontokorrent unter besonderer Berücksichtigung ihrer Praktikabilität. Nach der Rspr. bilden die Forderungen des Gläubigers des Überschusses anteilig den Saldo (sog. Mosaiktheorie): vor allem RG Urt. v. 25.3.1931 – I 300/30, RGZ 132, 218 (219); BGH (Fn 423), BGHZ 49, 24 (30); gegen Anwendung von §§ 366, 367 BGB auch OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1979). Die Lit. schlägt demgegenüber teils eine Verrechnung nach dem Prioritätsprinzip, teils in Anlehnung an §§ 366 f. BGB vor. Für das Erste Heymann/Horn § 355 Rn 24 (zumindest bei Girokonten, sonst Parteiwille). Für das Zweite Canaris DB 1972, 469 (470); Herz Kontokorrent S. 90–104; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 56, 91. 462 Nach dem Prioritätsprinzip wäre eine gesicherte Forderung des A mit der ersten Forderung des B zu verrechnen und die Sicherheit würde nicht den Saldo erfassen, wenn A innerhalb der Periode nochmals – vor Entstehen von B’s erster Forderung – eine ungesicherte Forderung in entspr. Höhe erwirbt. Die Sicherheit für eine Forderung wirkt nach § 356 HGB jedoch für den Saldo, ohne dass der Schuldner dieser Forderung bei Einzahlungen das Recht hätte vorzusehen, dass zuerst diese Forderung getilgt wird (entgegen § 366 Abs. 1 BGB). Ansonsten wirken sich § 356 HGB und § 366 Abs. 2 BGB in der Tat gleichermaßen dahingehend aus, dass Sicherheiten erst mit Tilgung aller Verpflichtungen entfallen. Jedoch spielt für das Anerkenntnis keine Rolle mehr, welche Forderung „lästiger“ (höher verzinst) war. § 367 BGB ist maßgeblich durch das Zinseszinsverbot zu rechtfertigen, das im Kontokorrent ohnehin nicht gilt (§ 355 Abs. 1 HGB). 463 Darauf stellt Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 9 ab; in diesem Sinne auch, jedoch dennoch ein Vorgehen nach § 366 Abs. 2 BGB befürwortend: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 355 Rn 47. 464 Zutr. RG Urt. v. 22.12.1939 – VII 139/39, RGZ 162, 244 (251); BGH (Fn 355), NJW 1970, 560 (561). 465 BGH (Fn 423), BGHZ 49, 24 (27); BGH (Fn 454), BGHZ 93, 307 (313) = NJW 1985, 1706; OLG Köln (Fn 432), NZI 2004, 668 (670); Maier JuS 1988, 196 (198); Otto BB 1978, 987 (991); Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 10 f. 466 BGH Urt. v. 17.2.1969 – II ZR 30/65, BGHZ 51, 346 (348 f.); BGH Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 166/77, BGHZ 72, 9 (12) = NJW 1978, 2149; Heymann/Horn § 355 Rn 28; Baumbach/Hopt § 355 Rn 10 (implizit). 467 Zum konkludenten Abschluss (Angebot seitens des Kreditinstituts etwa, wenn zwar nicht als „Rechnungsabschluss“ bezeichnet, aber ersichtlich abschließende Abrechnung vor Kontoauflösung intendiert):

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Anerkenntnis verbunden werden.468 Begründet ist die Klage nur, soweit auf Anerkenntnis des richtigen Saldos geklagt wird. Fehlender Protest gegen Mitteilungen während der Kontokorrentperiode bedeutet – in diesem Zusammenhang wichtig – keinen Verzicht auf Einwände oder Geltendmachung. Insbesondere führen Verstöße gegen § 676b Abs. 1 BGB nur zu Schadensersatzansprüchen, nicht zu Einwendungsverlust (näher unten Dritter Teil Rn 456–458). Praktisch wenig wichtig ist, ob der Anspruch aus dem Anerkenntnis die Einzelansprüche 158 und den kausalen Saldo gänzlich ablöst, wie es die Rechtsprechung überwiegend sieht (Novation)469 oder nicht. Jedenfalls können diese neben dem Anspruch aus § 781 BGB nicht geltend gemacht werden (dazu sogleich). Unwichtig ist das Fortbestehen der zugrunde liegenden Forderungen als Vehikel für die Sicherheiten, die für den Saldo fortbestehen sollen, weil dieses Fortbestehen vom Gesetzgeber angeordnet ist (§ 356 HGB).470 Auch wenn das Anerkenntnis kondiziert wird (unten c), kann die Rechtsprechung durchaus begründen, dass die Einzelforderungen in der richtigen Verrechnung zumindest wieder neu zu begründen sind. Unterschiede zwischen beiden Theorien ergeben sich vor allem bei Drittbetroffenheit.471 Streitentscheidend können insoweit freilich nicht rechtskonstruktive Qualifikationen des Anerkenntnisses sein (Novation oder nicht), sondern allein Gesetzgeberwertungen zum Drittbezug. Geht etwa der durch Anerkenntnis entlastete Bürge neue Bürgenpflichten ein, kann er sich auf § 818 Abs. 3 BGB berufen. Das gilt allgemein jedenfalls, falls er auf Grund des Vertrauens in das Anerkenntnis und seine entlastende Wirkung disponiert. 159

b) Rechtsfolgen des unangefochtenen Saldoanerkenntnisses. Das Anerkenntnis begründet einen eigenständigen Anspruch, der – bei jedem, auch dem HGB-Kontokorrent – unabhängig vom kausalen Saldo geltend gemacht werden kann, einer eigenen, einheitlichen Verzinsung unterliegt, neu verjährt (3-jährig gemäß § 199 Abs. 1 BGB) und in die nächste Periode des Kontokorrents einbezogen sein kann.472 Der Anspruch aus § 781 BGB verdrängt den Anspruch aus kausalem Saldo und die Einzelansprüche.473 Im Anerkenntnis des Saldos liegt auch ein Anerkenntnis der von der Gegenseite geltend gemachten und einbezogenen Einzelforderungen – besonders wichtig etwa die Genehmigung von Lastschriften (vgl. hierzu freilich genauer unten Dritter Teil Rn 464–470) – und ein Anerkenntnis, dass es an eigenen weiteren Forderungen fehlt.474 All dies kann nach §§ 812 ff. BGB kondiziert werden.

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c) Rechtsfolgen der Rückforderung (Kondiktion) unrichtiger Saldoanerkenntnisse. Ein unrichtiges Saldoanerkenntnis kann die belastete Partei nach § 812 Abs. 2 BGB kondizie-

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BGH Urt. v. 8.11.2011 – XI ZR 158/10, NJW 2012, 306 (308). Zu Nr. 7 Abs. 2 AGB-Banken und der Wirksamkeit dieser Klausel vgl. oben Zweiter Teil Rn 128 und unten Rn 312–314. 468 Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 11; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 50; K. Schmidt HandelsR § 21 V. 469 Sehr str., BGH Urt. v. 28.11.1957 – VII ZR 42/57, BGHZ 26, 142 (150); BGH (Fn 454), BGHZ 93, 307 (313) = NJW 1985, 1706; auch BGH (Fn 355), WM 1970, 184 (185) (insoweit nicht abgedruckt in NJW 1970, 560). 470 Daher Novation abl.: Blaurock JA 1980, 691 (693 f.); Kübler (Fn 456), S. 150–163; Baumbach/Hopt § 355 Rn 7; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 57–59; Schwintowski Kap. 9 Rn 103–105; i.Erg. „Unauflösbarkeit“ des Streits konstatierend, die Argumente für und wider akribisch aufbereitend: S. Spindler Die Theorien zur Verrechnung und zur Feststellung des Saldos im Kontokorrent unter besonderer Berücksichtigung ihrer Praktikabilität, S. 89–130. 471 Soll etwa der Bürge für eine Forderung des A, dem nach dem unrichtigen und anerkannten Saldoabschluss kein Überschuss zustand, wieder haften, wenn das Anerkenntnis wieder kondiziert wird? Ähnliche Fragen stellen sich hinsichtlich der Anfechtungsgründe Dritter im Insolvenzfall, dazu unten Zweiter Teil Rn 252. 472 Für Letzteres: BGH (Fn 448), BGHZ 70, 86 (93); Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 11; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 43. Zu Zins und Verjährung vgl. unten Zweiter Teil Rn 174–176. 473 BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 (279); BGH Urt. v. 8.3.1972 – VIII ZR 40/71, BGHZ 58, 257 (260) = NJW 1972, 873. 474 Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 49; ansonsten für Ersteres: BGH (Fn 437), WM 1967, 1163; BGH Urt. v. 28.4.1975 – II ZR 113/74, WM 1975, 556 (557); für Zweiteres: BGH Urt. v. 29.5.1958 – II ZR 74/57, WM 1958, 1157; Baumbach/Hopt § 355 Rn 10. Streitig ist freilich, ob bei Nachweis fehlerhafter Einbeziehung die restliche Verrechnung Bestand hat, vgl. Hopt aaO; dagegen BGH (Fn 454), BGHZ 93, 307 (313) = NJW 1985, 1706.

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ren,475 es sei denn, sie kannte bei Abgabe ihrer Zustimmung zum Anerkenntnis die Unrichtigkeit (§ 814 BGB).476 Die Beweislast für die Unrichtigkeit trägt der Kondiktionsgläubiger, unabhängig von der Beweislastverteilung vor Anerkenntnis.477 Gelingt der Vollbeweis, kann er jedoch das Anerkenntnis kondizieren478 und hat wiederum einen Anspruch auf Anerkenntnis des zutreffenden Saldos; nicht eröffnet wird der Rückgriff auf Einzelforderungen, der ja auch vor Wirksamwerden des Anerkenntnisses nicht eröffnet war. Beim Bankkonto ist, wenn es (wie praktisch durchgängig) zur Abwicklung von Zahlungsdiensten eingesetzt wird und daher als Zahlungsdiensterahmenvertrag i.S.v. § 675f Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist, die Geltendmachung dieses Kondiktionsanspruches zeitlich durch § 676b Abs. 2 BGB beschränkt: Danach kann die Unrichtigkeit der jeweiligen Einzelbuchung, die zu beweisen wäre, um das Anerkenntnis in diesem Umfang zu kondizieren, nur innerhalb einer Ausschlussfrist von 13 Monaten ab dieser (Einzel-) Buchung geltend gemacht werden (vgl. näher Dritter Teil Rn 408 f., 534). III. Überformung des Bankkontokorrents durch den Girovertrag Zu den kontokorrentrechtlichen Besonderheiten kommen solche auf der Grundlage des pa- 161 rallel laufenden Zahlungsdienste- oder Girovertrages (§ 675f BGB): Dieser (regelmäßig, jedoch nicht zwingend entgeltliche)479 Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichtet das kontoführende Institut zur jederzeitigen Auszahlung des Tagessaldos und zur Verfügung darüber im Zahlungsverkehr, falls der Kunde dazu anweist, sowie zu Auskunft und Rechenschaft (§ 666 BGB).480 Im Folgenden sind die zentralen Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen (HGB-)Kontokorrentrecht nochmals gebündelt und mit den wichtigsten Details zu resümieren: 1. Jederzeitige Realisierung des Tagessaldos Zentraler Inhalt der Giroabrede ist nach dem bereits Gesagten, dass jeder neue Überschuss 162 (sog. Tagessaldo) geltend gemacht werden kann. Im einzelnen: Der Kunde kann über ihn verfügen,481 heute regelmäßig durch Geldauszahlung am Automaten.482 Er hat (mangels Kreditlinie)

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475 BGH (Fn 363), WM 1972, 283 (286); BGH (Fn 474), WM 1975, 556 (557); OLG Brandenburg Urt. v. 19.2.2010 – 4 U 149/08, juris (auch wenn Forderung zu Unrecht als nicht bestehend anerkannt); K. Schmidt HandelsR § 21 V 1 a; Schwintowski § 9 Rn 104. 476 Grobe Fahrlässigkeit genügt nicht: BGH (Fn 363), WM 1972, 283 (286); Baumbach/Hopt § 355 Rn 10; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 66. Klagte die betroffene Partei auf Anerkenntnis, so stellt die Rspr. auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ab: BGH (Fn 437), WM 1967, 1163 (1164). Spätere Kenntnis davon, dass ein zu niedriger Saldo eingeklagt wurde, schade nicht (wohl weil auch bei gleichzeitiger Klage auf Anerkenntnis und Zahlung die Teilklage zulässig sein soll). 477 BGH (Fn 474), WM 1975, 556 (557); Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 47, 66; Schwintowski Kap. 9 Rn 101. 478 Vgl. Nachw. oben Fn 474. Teils wird zusätzlich gefordert, dass § 779 BGB erfüllt ist: Kübler (Fn 456), S. 163; zögernd Schönle (Fn 175), S. 74. Dagegen spricht, dass § 779 BGB Fälle betrifft, in denen beide Seiten, anders als hier, wissen, dass sie sich ihrer Rechtsposition teilweise begeben. 479 Zu Entgeltfragen beim Pfändungsschutzkonto, wo sie besonders virulent wurden vgl. unten Zweiter Teil Rn 246; zu weiteren Entgeltfragen vgl. Graf v. Westphalen WM 1995, 1209; Nobbe WM 2008, 185; MünchKomm/Casper § 675f BGB Rn 49–56; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 25–29; Kropf/Habl BKR 2015, 316; sowie Cahn WM 2010, 1197 (Überziehungszinsen); Knops ZBB 2010, 479; zu gemeinschaftsrechtlichen Einflüssen: Brandner MDR 1999, 6; Piekenbrock GPR 2014, 26 und unten Nr. 12 AGB-Banken. 480 Zur Abgrenzung (Rechenschaftspflicht aus § 666 BGB, nicht aus anderen Rechtsverhältnissen, etwa Kreditverträgen, geschuldet): Saarl. OLG Urt. v. 2.10.2014 – 4 U 40/14, juris. 481 BGH (Fn 449), BGHZ 84, 325 (329–331) = NJW 1982, 2192; BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (377) = NJW 1982, 2193; OLG Frankfurt (Fn 363), ZIP 2008, 2326; Peckert Girokonto S. 103, 126; Kümpel/Wittig Rn 6.608. 482 Vgl. Dritter Teil Rn 49–51, 113–116. Bei der Barauszahlung am Schalter ist heute praktisch nur noch problematisch, dass die Institute teils nur gegen Scheck auszahlen: Das Risiko, bei fehlerhafter Identifikation ohne Liberationswirkung an die falsche Person zu leisten, können sie dadurch – entgegen dem Wortlaut von Art. 21 ScheckG – nicht abwälzen (Institutsmissbrauch): BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 50.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

jedoch auch den passivischen Überschuss sofort glattzustellen.483 Dabei kommt es auf Buchungs-, nicht Wertstellungszeitpunkte an.484 Folge der jederzeitigen Verfügungsbefugnis ist auch die jederzeitige Pfändbarkeit und dies, über § 357 HGB beim reinen HGB-Kontokorrent hinausgehend, auch für alle zukünftigen Tagessalden (vgl. unten Zweiter Teil Rn 239–244). Außerdem kann der Tagessaldo (wie der periodische Saldoabschluss) (auch antizipiert) abgetreten und verpfändet werden, da er frei verfügbar ist. 163

2. Rechenschaft durch Kontoauszüge. Die nach § 666 BGB geschuldete Rechenschaft wird durch Kontoauszüge gegeben, die daher auch nicht die (periodisch abzurechnenden) Zinsen und Gebühren enthalten. Der Kontoauszug ist keine Willenserklärung (Angebot zu einem Vertrag nach §§ 780 f. BGB).485 Rechenschaft dient dem Schutz des Auftraggebers, nicht des Beauftragten. Wenn also unsorgfältige Prüfung von Kontoauszügen (unter Verstoß gegen Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken; Nr. 20 Abs. 1 Buchst. g AGB-Sparkassen) (Schadensersatz-)Ansprüche gegen den Kunden begründet,486 so nur deswegen, weil auch der Begünstigte Schadenspräventionspflichten hat.487 Ungeklärt ist, ob der Anspruch über den Betrag der Falschbuchung hinaus geht (oder höchstens Wirkung wie Anerkenntnis).488 Immerhin ist das Ziel der AGB sichtlich, zukünftige (ggf. höhere) unautorisierte Verfügungen zu verhindern, für die das Kreditinstitut doch (ggf. auch nur faktisch) einstehen muss. Die Kontoauszüge sind irreführend iS von § 3 UWG aF, wenn zwar bei den einzelnen Gutschriften zutreffend nach Buchungs- und Wertstellungsdatum unterschieden, bei der Angabe des Kontostandes am Ende jedoch nicht darauf hingewiesen wird, dass darin auch noch nicht wertgestellte Beträge enthalten sein können. Durch eine derart irreführende Gestaltung verletzt das Kreditinstitut seine Vertragspflichten aus dem Girovertrag.489

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3. Eigenständige Beendigung des Girovertrages. Der Girovertrag endet unabhängig von der Kontoabrede, die Beendigungsgründe sind potentiell andere. So ist die Kündigungsregelung schon nicht mehr für beide Seiten gleich. Der Kunde kann danach jederzeit kündigen (ebenso § 675h Abs 1 BGB), das Institut nicht. Da es sich beim Girovertrag um einen Zahlungsdienstevertrag handelt, gilt die gesonderte Kündigungsregel für die ordentliche Kündigung auch hier (§ 675h BGB). Danach kann das Kreditinstitut nur auf Grund von Abrede und nicht mit einer geringeren Frist als von zwei Monaten kündigen (Abs. 2). Eine dahingehende Abrede enthält heute Nr. 19 Abs. 1 S. 3 AGB-Banken. Unberührt davon bleibt, dass der Girovertrag auch durch Insolvenz des Kunden endet, nicht jedoch (anders als die Kontokorrentabrede) durch Insolvenz des Instituts (näher zum Insolvenzregime: unten Zweiter Teil Rn 252–266). Tod und Verlust der Geschäftsfähigkeit des Kunden sind unerheblich. Endet (allein) der Girovertrag, kann oder darf ohne Einverständnis keine Seite mehr Zahlungsverkehrstransaktionen fordern oder vornehmen.490

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483 BGH (Fn 369), BGHZ 73, 207 (209); BGH (Fn 355), NJW 1970, 560 (560); Baumbach/Hopt § 355 Rn 21; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 51. 484 OLG Frankfurt Urt. v. 3.3.1994 – 1 U 221/91, WM 1994, 684; BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 27; BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 46. Zum Unterschied unten Zweiter Teil Rn 168 f., 173. 485 BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 (280); BGH Urt. v. 24.6.1985 – II ZR 277/84, BGHZ 95, 103 (108) = NJW 1985, 2326; Baumbach/Hopt § 355 Rn 9. 486 BGH (Fn 369), BGHZ 73, 207 (211); BGH (Fn 485), BGHZ 95, 103 (108); BGH (Fn 368), NJW 1984, 921 (922); OLG Brandenburg Beschl. v. 14.5.2007 – 3 W 19/07, BKR 2007, 473 (474); Baumbach/Hopt § 355 Rn 9; BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 78 f.; ausf. unten Dritter Teil Rn 537 f. (zu § 676b Abs. 1 BGB). 487 Die Klausel ist wirksam: BankR-HdB/Bunte § 16 Rn 28–30; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 78 f.; für Nr. 10 AGBSparkassen aF BGH (Fn 485), BGHZ 95, 103 (108). 488 So die Wertung in § 122 BGB, die jedoch angesichts des Vollharmonisierungsgrundsatzes m.E. nicht maßgeblich ist. 489 BGH (Fn 372), WM 2007, 1554 (1555 f.). 490 Zur Abwicklung von eingehenden Überweisungen über ein CpD-Konto mit Benachrichtigung (grundsätzlich) und nur bei besonderem Kundeninteresse noch auf dem Girokonto: BGH Urt. v. 5.12.2006 – XI ZR 21/06, ZIP 2007,

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4. Kreditlinie als gesonderte Abrede. Auf gesonderter Abrede beruht eine Krediteinräu- 165 mung. Sie gestattet dem Kunden, Kredit bis zum vereinbarten Limit einseitig – etwa durch Bargeldabhebung – aufzunehmen bzw. eine Rückzahlung des Kredites (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB) innerhalb dieses Limits bis zur Kündigung der Abrede zu verweigern. Umstritten ist, ob die Kreditlinie eigenständig abgetreten und verpfändet werden kann, sowie ihre eigenständige Pfändbarkeit (vgl. § 357 HGB).491 IV. Einzelbuchung 1. Belastungsbuchung deklaratorisch. Die Belastungsbuchung dokumentiert einen An- 166 spruch des Kreditinstituts, etwa aus §§ 669 f. BGB. Da auch das Schweigen des Kunden nach Kenntnisnahme der Kontoauszüge keine Willenserklärung darstellt (Nr. 7 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 7 Abs. 3 AGB-Sparkassen e contrario), verpflichtet die Belastungsbuchung selbst den Kunden nicht (sondern erst mittelbar im Rahmen des nächsten Saldoanerkenntnisses), ist also selbst nicht konstitutiv.492 Die Richtigstellung kann wegen der negativen faktischen Wirkungen begehrt und bei Klage mit derjenigen auf Zahlung verbunden werden,493 nach § 676b Abs. 2 BGB innerhalb von 13 Monaten. § 675t Abs. 3 BGB setzt in Übereinstimmung mit Art. 87 Abs. 3 EUZahlungsdienste-Richtlinie II (vorher Art. 73 Abs. 2 PSD I) fest, dass eine Belastungsbuchung nicht mehr als Vorschuss nach § 669 BGB (vorab) zulässig ist, sondern nur als Aufwendungsersatz (§ 670 BGB), jedenfalls hinsichtlich des Wertstellungszeitpunktes, der zeitgleich zu oder nach der Gutschrift für das nächste Institut in der Überweisungskette liegen muss.494 2. Gutschrift als abstraktes Schuldversprechen a) Konstruktion – Einzelanspruch im Kontokorrent. Die Buchung bildet ein abstraktes 167 Schuldversprechen i.S.v. § 780 BGB (als Einzelanspruch von dem aus Saldoanerkenntnis nach § 781 BGB zu unterscheiden).495 Diese Konstruktion lassen auch die EG/EU-ZahlungsdiensteRichtlinie I und II unberührt, die nur Ansprüche auf oder auch aus Gutschriften regeln, nicht jedoch deren rechtskonstruktive Einordnung im nationalen Recht. Einwendungen aus dem Deckungs- oder gar Valutaverhältnis lassen das Versprechen unberührt und begründen allenfalls

_____ 319 (320) (Empfangsbefugnis, nicht -pflicht); BGH Urt. v. 21.3.1995 – XI ZR 189/94, NJW 1995, 1483; Schebesta WM 1985, 1329 (1334). 491 Differenzierend BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (322 f.) = NJW 1985, 1218; verneinend Häuser ZIP 1983, 891 (899 f.); Lwowski/Weber ZIP 1980, 609 (612); Baumbach/Hopt § 355 Rn 22; bejahend Grunsky JZ 1985, 490 (490 f.); Luther BB 1985, 1886 (1887 f.); zur eigenständigen Pfändbarkeit, der praktisch wichtigsten Frage, vgl. näher unten Zweiter Teil Rn 249. 492 BGH (Fn 457), BGHZ 105, 263 (269) = NJW 1989, 300: BGH (Fn 355), BGHZ 107, 192 (197) = NJW 1989, 2120; OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1978); BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 51. 493 Für beides BGH Urt. v. 17.12.1992 – IX ZR 226/91, BGHZ 121, 98 (106) = NJW 1993, 735; OLG Düsseldorf Urt. v. 14.1.1987 – 19 U 27/86, WM 1987, 403 (404); OLG Brandenburg Urt. v. 2.9.2008 – 6 U 123/07, WM 2008, 1792 (Abbuchung von Darlehensraten, hier nicht Grundsätze des Einzugsermächtigungsverfahrens); Liesecke WM 1975, 238 (241). 494 Vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 184; Staudinger/Omlor § 675t BGB Rn 17; einschränkend MünchKommBGB/Jungmann § 675t BGB Rn 61 f. (Vorschüsse iSd. § 669 BGB an sich noch nicht unzulässig). 495 BGH Urt. v. 15.5.1952 – IV ZR 157/51, BGHZ 6, 121 (124); BGH Urt. v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143 (147) = NJW 1988, 1320; BGH (Fn 457), BGHZ 105, 263 (269); BGH Urt. v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (128) = WM 2002, 961; BGH (Fn 371), BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051; OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1978); Weber Recht des Zahlungsverkehrs, S. 32. Wenn wie bei der Bareinzahlung ein Rückzahlungsanspruch schon vor der Buchung begründet wurde (§§ 700, 488 Abs. 1 S. 2 BGB), handelt es sich rechtskonstruktiv ausnahmsweise um ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB, was freilich nichts an den Rechtsfolgen ändert: vgl. (neben den Genannten) RG Urt. v. 29.11.1922 – I 348/22, RGZ 105, 398 (399); BGH (Fn 407), BGHZ 74, 129 (132); BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 52.

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einen Kondiktionsanspruch.496 In dieser gültigkeitserhaltenden Abstraktion von den anderen Rechtsverhältnissen wird sehr überzeugend der Hauptgrund für den Durchbruch der Überweisung als Massenzahlungsmittel gesehen.497 Der Anspruch setzt allein die Willenserklärung des Instituts voraus, nicht Zustimmung oder auch nur Kenntnisnahme des Kunden.498 Umstritten ist die rechtstechnische Konstruktion.499 Jedenfalls ist auch kein wirksamer Girovertrag nötig, wenn der Kunde Kenntnis nahm (§ 151 BGB).500 b) Zeitpunkt der Entstehung. Die notwendige Willenserklärung des Instituts liegt vor, sobald es sich nach objektivem Empfängerhorizont binden will und dem Kunden Kenntnisnahme ermöglicht. Im Anschluss an Möschel wird von autorisierter Abrufpräsenz gesprochen.501 Maßgeblich ist, ob der Kunde zum fraglichen Zeitpunkt bei Anfrage (am Kontoauszugsdrucker, online etc.) die Daten erhalten hätte, unerheblich ist, dass er eine langsamere Abrufform wählt (etwa wöchentliche Zusendung der Auszüge).502 Denn ein Zugriff ad hoc bleibt ihm ab dem Zeitpunkt der Abrufpräsenz unbenommen. Entsprechend ist der Zeitpunkt, zu dem etwa eine Überweisung dem Institut des Zahlungsempfängers zugegangen ist, derjenige, zu dem dieses von der Gutschrift zu seinen Gunsten Kenntnis nehmen kann (wichtig nach Art. 89 Abs. 1 1. UA EUZahlungsdienste-Richtlinie II (vorher Art. 75 Abs. 1 1. UA PSD I); § 675y Abs. 1 S. 5 BGB, weil zu diesem Zeitpunkt die Haftung des Zahlungsinstituts des Zahlers endet und diejenige des Zahlungsinstituts des Empfängers einsetzt). Am selben Tag muss nach Art. 87 Abs. 1, 2 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II (vorher Art. 73 Abs. 1 PSD I) bzw. § 675t Abs. 1 BGB dieses Institut dem Zahlungsempfänger selbst Gutschrift erteilen, d.h. wiederum diesem Kenntnis hiervon ermöglichen, jedenfalls jedoch muss Wertstellung für diesen Tag erfolgen. Der Zeitpunkt der Abrufpräsenz variiert zwischen den Überweisungsverfahren,503 doch 169 wird der Unterschied zunehmend und in dem Maße unbedeutend, als die Freigabeentscheidung vor der (manuellen) Buchung verschwindet (Vordisposition). Sowohl im belegbegleiteten, automatisierten als auch im vollautomatisierten Überweisungsverkehr findet vor der internen Buchung keine Prüfung statt; daher ist ein Freigabeakt (Nachdisposition) nötig, bei dem noch auf Buchungshindernisse (Kontoanprüfung, Kundenwiderruf) reagiert werden kann. Mit Buchung allein nach IBAN (ohne weitere Kontoanprüfung) und weitgehendem Ausschluss des Kundenwiderrufs nach Buchung verschwindet der Unterschied praktisch vollständig. Obwohl die Abrufpräsenz im ersten Fall mit Buchung hergestellt wird, im zweiten und dritten theore-

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496 BGH (Fn 495), BGHZ 103, 143 (147); BGH (Fn 457), BGHZ 105, 263 (269); BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 52. Zur Kondiktion im Überweisungsverkehr Dritter Teil Rn 407–409. Zur Rechtslage bei Insolvenz des Überweisungsempfängers: Nobbe in: Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht, S. 99; Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 3.100–3.258; BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 48–52. 497 Etwa Schwintowski Kap. 9 Rn 267. Abgeschwächt wird der Einwendungsausschluss durch Nr. 8 Abs. 1 AGBBanken (unten Zweiter Teil Rn 170), was jedoch die Erklärung nur wenig berührt. 498 Heute iE unstr.: BGH (Fn 495), BGHZ 103, 143 (146); Hadding/Häuser WM 1988, 1149 (1151); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 16. 499 Für ein generelles (zweiseitig vereinbartes) Versprechen im Girovertrag, das (auch im Umfang) nur unter der Bedingung steht, dass das Institut dann die einzelne Erklärung tatsächlich abgegeben hat: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 16 (Willenserklärung des Instituts im rechtsgeschäftlichen Sinne entbehrlich); Schönle FS Werner, 1984, S. 817 (826); Schwintowski Kap. 9 Rn 267. Für eine Heranziehung von §§ 315, 317 BGB: Koller BB 1972, 687 (692). Dies überzeugt nur im Normalfall, vgl. Dritter Teil Rn 338–342. 500 Canaris Bankvertragsrecht Rn 462; aA BankR-HdB/Mayen (4. Aufl. 2011, in Neuaufl. weggefallen), § 47 Rn 53. 501 Möschel AcP 186 (1986), 187 (204 f.); heute allgemein verwandt, etwa BGH (Fn 495), BGHZ 103, 143 (147 f.); Kümpel/Wittig Rn 7.49. 502 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 22; BankR-HdB/Mayen (4. Aufl. 2011, in Neuaufl. weggefallen), § 47 Rn 53. 503 Etwa Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 19–21, Kümpel/Wittig/Werner Rn 7.43. Zu diesen Verfahren und zur Durchsetzung der hier genannten Verfahren unten Dritter Teil Rn 28 ff.

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tisch erst mit Nachdisposition, ist nach außen – praktisch zentral – ohnehin allein die Abrufpräsenz, die gewollt eröffnete Kenntnisnahmemöglichkeit, zu erkennen und maßgeblich.504 3. Stornobuchung, Berichtigungsbuchung und Rückgängigmachung der Buchung a) Stornobuchung der unrichtigen Einzelbuchung. Die Stornobuchung nach Nr. 8 Abs. 1 170 AGB-Banken (und -Sparkassen) gilt unrichtigen Einzelbuchungen, nicht dem unzutreffenden Saldoanerkenntnis. Zwei Abweichungen zum objektiven Recht werden klauselmäßig vereinbart: Zum einen muss das in der Gutschrift liegende abstrakte Zahlungsversprechen nicht nach § 812 BGB zurückgefordert, sondern kann im Wege der Selbsthilfe eliminiert werden. Geklärt ist hiermit zugleich, dass das Stornorecht nur besteht, soweit der Anspruch aus § 780 BGB kondiziert werden könnte.505 So erlauben etwa geschäftspolitische Gründe keine Stornierung.506 Zum anderen wird der Einwand der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) abbedungen. Die Klausel ist wirksam.507 So ist die erste Abweichung nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB, da die Beweislast unverändert bleibt und nur die Durchsetzung im Prozess entfällt. Und die zweite Abweichung ist wirksam, weil der Entreicherungseinwand ohnehin nur während der Kontokorrentperiode, also relativ kurz eingriffe. Reagiert werden soll vor allem auf Gefahren der massenweisen, (teil-) automatisierten Abwicklung des Überweisungsverkehrs. b) Berichtigungsbuchung beim unrichtigen Saldoanerkenntnis. Die Berichtigungsbu- 171 chung nach Nr. 8 Abs. 2 AGB-Banken (Nr. 8 Abs. 2 AGB-Sparkassen) betrifft hingegen unrichtige Saldoanerkenntnisse und erlaubt ein Storno nur im vermuteten Einvernehmen mit dem Kunden. Voraussetzung ist wiederum, dass der abstrakte Zahlungsanspruch – hier aus Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB – kondiziert werden kann (vgl. oben Zweiter Teil Rn 128). Widerspricht in diesem Falle jedoch der Kunde, so ist das Schuldanerkenntnis formell (buchungstechnisch) zunächst wiederherzustellen und dann wieder im Klagewege zu kondizieren, wird also vollumfänglich das objektive Recht zugrunde gelegt. c) Rückgängigmachung der unter Vorbehalt erteilten (Einzel-)Buchung. Nr. 9 AGB- 172 Banken (Nr. 9 AGB-Sparkassen) betrifft wieder Einzelbuchungen, hier nun solche, die ausdrücklich unter dem Vorbehalt des Eingangs vorgenommen wurden.508 Der explizit gemachte Vorbehalt zerstört eine gegenläufige Vertrauensposition. Da zudem die Schwebezeit begrenzt ist, kann ein Stornorecht wirksam509 auch noch für die Zeit nach Saldoanerkenntnis vereinbart werden.

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504 So dezidiert und zutr. die höchstrichterliche Rspr.: BGH (Fn 495), BGHZ 103, 143 (147 f.). 505 Ursprünglich herausgearbeitet in: BGH (Fn 466), BGHZ 72, 9 (12 f.); Blaurock NJW 1984, 1 (2 f. und 4); Kämmer Stornorecht S. 71; BankR-HdB/Bunte § 13 Rn 6 f.; für die Fallgruppen etwa Otto/Stierle WM 1978, 530 (540–542); heute etwa Hans. OLG Hamburg Urt. v. 25.2.2015 – 13 U 116/14, juris (Tz. 18–20). 506 Übersieht das Institut einen (wirksamen) Widerruf des Kunden (heute fast ausgeschlossen), so verweigert BGH Urt. v. 9.5.1983 – II ZR 241/82, BGHZ 87, 246 (251 f.) = NJW 1983, 2501 das Stornorecht, da die Nichtleistungskondiktion („Empfängerhorizont“) nicht eröffnet sei; implizit auch Blaurock NJW 1984, 1 (7). 507 BGH (Fn 466), BGHZ 72, 9 (11); Blaurock NJW 1984, 1 (4); BankR-HdB/Bunte § 13 Rn 6–12; BankR-HdB/ Schmieder § 47 Rn 54; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29; aA (allerdings nur hinsichtlich des Ausschlusses der Entreicherungseinrede): Kämmer Stornorecht S. 85–127. 508 Auflösende Bedingung des fehlenden Eingangs: BGH Urt. v. 28.5.1979 – II ZR 219/77, BGHZ 74, 309 (315); BGH (Fn 64), NJW 1987, 317 (319); BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 13a, 53; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885 (1888) (auch zur fehlenden Praktikabilität der Gegenmeinung, die aufschiebende Bedingung des Eingangs annimmt: BGH Urt. v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 [177] = NJW 1992, 1960). 509 BankR-HdB/Bunte § 14 Rn 5 (implizit); auch Nachw. vorige Fn Zur Schwebezeit bei Lastschrift und Scheckinkasso vgl. unten Dritter Teil Rn 40, 346 bzw. Rn 531–534.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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4. Zeitpunkt der Wertstellung. Der Wertstellungstag ist für die Verzinsung maßgeblich (nicht für die Entstehung des [Einzel-]Anspruchs aus Gutschrift und des Auszahlungsanspruchs aus „Tagessaldo“). Der Wertstellungssaldo wird ab dem darauf folgenden Tag der Verzinsung zugrunde gelegt – bis einschließlich dem nächsten Wertstellungstag einer Änderung. Die Praxis hierzu wurde (und wird) zunehmend nach §§ 305c Abs. 1 und 307 BGB kontrolliert. Für Wertstellung für Gutschriften wurde schon auf Grund von AGB-Recht angenommen, dass sie für den Tag geschuldet ist, an dem Deckung erlangt wurde,510 für Gegenbuchungen nach Nr. 8 Abs. 1 und 2, Nr. 9 AGB-Banken (und -Sparkassen) ist sie rückwirkend für den Tag der Ausgangsbuchung zulässig.511 Für den ersten Fall, zugleich den Hauptfall – die Wertstellung von Gutschriften im Zahlungsverkehr – statuiert(e) dies seit 2009 ausdrücklich (und zwingend) § 675t Abs. 1 BGB in Umsetzung des Art. 73 EG-Zahlungsdienste-Richtlinie I. Diese nunmehr in den Art. 82 ff. EUZahlungsdienste-Richtlinie I niedergelegten Regeln präzisieren jedoch auch darüber hinaus die sonstigen Leitlinien der Wertstellung: Für Belastungsbuchungen darf erst zu dem Zeitpunkt Wertstellung erfolgen, zu dem auch die korrespondierende Gutschrift für das nachgeschaltete Institut in der Zahlungskette erfolgt, für Bareinzahlungen beim Empfängerinstitut „unverzüglich“ nach physischem Erlangen (d.h. bei Verbraucherempfängern wohl taggleich), für solche beim Zahlerinstitut innerhalb der auch sonst geltenden Ausführungsfristen (dazu unten Dritter Teil Rn 69). Infolge der Erweiterung des räumlichen Anwendungsbereiches des Zahlungsdiensterechts sieht Art. 87 Abs. 2 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II Einschränkungen für die Wertstellung von Gutschriften bei der Empfängerbank, denen eine Währungsumrechnung von Drittstaatenwährungen vorauszugehen hat, vor. In diesen Fällen findet allgemeines Auftragsund Geschäftsbesorgungsrecht, mithin ein privatautonom vereinbartes Wertstellungsregime Anwendung. V. Einzelne spezifische Rechtsfolgen

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1. Zinsen. Auch für die Verzinsung ist zwischen den Einzelansprüchen, dem kausalen Saldo und dem anerkannten Saldo (§ 781 BGB) zu unterscheiden. Während der Kontokorrentperiode, vor Saldostichtag, richtet sich nach HGB die Verzinsung der eingestellten Forderungen mangels gegenteiliger Abrede jeweils gesondert nach dem jeweiligen Rechtsgrund, der auch für den sonstigen Charakter der Forderung maßgeblich bleibt.512 Dies steht freilich unter dem Vorbehalt abweichender Abreden (die auch nicht unüblich sind),513 namentlich beim Bankkonto. Dieses wird nach dem jeweiligen Tagessaldo verzinst, mit unterschiedlichen Zinssätzen für Aktiv- und Passivsalden (vgl. Nr. 12 Abs. 1–2 ABG-Banken, 17 f. AGB-Sparkassen).514 Alle Zinsen auf

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510 BGH Urt. v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259 (263 f.) = NJW 1989, 582; BGH Urt. v. 17.6.1997 – XI ZR 239/96, NJW 1997, 3168. 511 Westermann WM 1993, 1865 (1870); BankR-HdB/Bunte § 13 Rn 25; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 61; differenzierend danach, ob Fehler des Instituts: Kümpel/Wittig Rn 7.79; ausführlich zur insoweit bahnbrechenden Rspr. Borges WM 1998, 105 und die Beiträge von Schimansky (Lit. verz.); für einen Kontrollmechanismus, der auch der finanzmathematischen Komplexität Rechnung trägt, vgl. Beckmann Girovertragliche Abrechnungskontrolle. 512 Für den Zins: Blaurock JA 1980, 691 (692); Heymann/Horn § 355 Rn 34; Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 14. Für die steuerliche Geltendmachung (als Anschaffungs- und Herstellungskosten): BFH Urt. v. 23.2.2012 – IV R 19/08, BB 2012, 1724 (Ansatz weiter möglich, auch wenn entsprechende Zahlungsströme über Kontokorrent geleitet, Einschränkungen erst, wenn über 30 Tage auf Konto). Für Unwirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel nach § 307 Abs. 2 BGB wegen ungleicher Lastenverteilung und Nichtweitergabe von günstiger Zinsentwicklung: OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (BGH-Rechtsprechung zum Darlehens- und Kreditzins auch anwendbar, wenn Abwicklung über Kontokorrent). 513 Insoweit eine Vermutung annehmend: Baumbach/Hopt § 355 Rn 16; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 38; Heymann/Horn § 355 Rn 34. 514 Vgl. Nachw. unten Zweiter Teil Rn 130.

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Einzelposten gehen – wie Provisionen und Kosten – in den (kausalen) Saldo ein und dürfen fortan als dessen Teil wiederum verzinst werden (Zinseszins nach § 355 Abs. 1 HGB).515 Die Verzinsung des anerkannten Saldos richtet sich nach Parteiabrede (also Nr. 12 ABG- 175 Banken, 17 f. AGB-Sparkassen), hilfsweise nach Gesetz (§§ 352 f. HGB),516 ist jedoch auch im zweiten Falle unstreitig einheitlich. Angesichts der klarstellenden Abrede zugunsten eines einheitlichen Zinsregimes bereits nach jedem Tagessaldo wirkt sich beim Bankkonto zudem der Streit nicht aus, ob die einheitliche Verzinsung bereits nach Gesetz auch schon beim kausalen Saldo gilt, wenn es zu keinem Anerkenntnis kommt.517 2. Verjährung. Während die 3-jährige Verjährung des anerkannten Saldos unzweifelhaft 176 ist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB),518 und nur gehemmt ist, soweit sie jeweils wieder neu in das Kontokorrent einzustellen ist,519 ist die Frage nach der Verjährung der Einzelansprüche komplexer. Unstreitig ist die Verjährung bis zum Saldostichtag gehemmt (§ 205 BGB).520 Wird der Saldo nicht anerkannt (oder die Forderung [fälschlicherweise] gar nicht in das Kontokorrent eingebracht), so ist die Forderung in ihrer nun anlaufenden individuellen Verjährungsfrist geltend zu machen.521 Bei Einbeziehung in einen anerkannten Saldo, stellen sich keine Verjährungsprobleme mehr – es sei denn, das Anerkenntnis wird kondiziert. Dann wurde die Verjährung für die Einzelforderung mit Anerkenntnis neu in Gang gesetzt (§ 212 Abs. 1 BGB),522 bis zur Kondiktion des Saldoanerkenntnisses gehemmt und läuft ab dann wieder für jede Einzelforderung nach individuellen Regeln (kein Entfallen des tatsächlichen Verhaltens i.S.v. § 212 Abs. 1 BGB). 3. Entwicklung von Sicherheiten für Einzelforderungen (§ 356 HGB) und Salden a) Sicherheiten für ins Saldo eingestellte Einzelforderungen (§ 356 HGB). Die Kernrege- 177 lung zu den Sicherheiten ergibt sich aus § 356 HGB. Sie hat ihren Hauptanwendungsbereich beim Bankkonto, gilt aber inhaltsgleich auch beim reinen HGB-Konto. Die Norm regelt das

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515 Eine Ausnahme leitet der BGH aus dem Zweck des § 355 Abs. 1 HGB und dem Schutzzweck des Verbraucherkreditrechts bei regelmäßig debitorischen Konten von Verbrauchern ab: BGH (Fn 67), NJW 1991, 832 (833); iE zust. Reifner NJW 1992, 337 (340); MünchKommHGB/Langenbucher § 355 Rn 106. 516 Baumbach/Hopt § 355 Rn 19. Streitig ist, ob § 352 HGB auch zugunsten der nichtkaufmännischen Seite gilt: Bejahend Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 14; Schlegelberger/Hefermehl § 355 Rn 64; offen Hopt aaO und Heymann/Horn Rn 34. 517 Der BGH geht von einer fortlaufenden Verzinsung der Einzelforderungen aus und bei Vorliegen der Voraussetzungen alternativ dazu, dass Verzugszinsen für den kausalen Saldo geschuldet seien: BGH (Fn 411), NJW 1991, 1286 (1288). Teils wird der Widerspruch der Wahlmöglichkeit – insbesondere der ersten Variante – zur Novationstheorie hervorgehoben. Jedenfalls bei kalendermäßig bestimmter Abrede des Saldierungszeitpunkts (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und erst recht ab Rechtshängigkeit der verbundenen Klage auf Zustimmung und Zahlung muss der Kläger in der Tat den geschuldeten einheitlichen Zins aus Schuldanerkenntnis fordern und sich auf seine Zahlung auch beschränken können. Andernfalls könnte die Gegenseite Nutznießer ihres vertragswidrigen Verhaltens sein. 518 Vgl nur (teils für die frühere Regelverjährung) BGH (Fn 466), BGHZ 51, 346 (349); BGH Urt. v. 29.6.1973 – I ZR 120/72, WM 1973, 1014 (1015); Baumbach/Hopt § 355 Rn 11; Heymann/Horn § 355 Rn 44; Koller/Kindler/Roth/Morck § 355 Rn 10. 519 BGH (Fn 466), BGHZ 51, 346 (348); LG Saarbrücken (Fn 445), WM 2011, 2043 = EWiR § 355 HGB 1/12. 520 Nachw. oben Fn 445. 521 Für den Fall der Nichtanerkennung: BGH (Fn 466), BGHZ 51, 346 (349); BGH Urt. v. 23.1.1970 – I ZR 37/68, WM 1970, 548; Herz Kontokorrent S. 57; Baumbach/Hopt § 355 Rn 12; Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 355 Rn 43; für den Fall der Nichteinbringung (Buchung): OLG München Urt. v. 9.5.2011 – 19 U 3229/10, GWR 2011, 315 (Kurzwiedergabe); OLG Nürnberg Urt. v. 30.3.2009 – 14 U 297/07, BKR 2010, 458 (464 f.); OLG Düsseldorf (Fn 370), NJOZ 2012, 1971 (1976); LG Saarbrücken (Fn 445), WM 2011, 2043 = EWiR § 355 HGB 1/12 (nicht erkannter und daher nicht gebuchter Bereicherungsanspruch). 522 BGH Urt. v. 7.3.1991 – I ZR 157/89, NJW-RR 1991, 995 (996) (für § 208 BGB aF).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Schicksal von Sicherheiten, die für Einzelansprüche bestellt werden, die in ein Kontokorrent eingestellt werden.523 Die Norm soll verhindern, dass das Anerkenntnis des Saldos, indem es die Einzelansprüche verdrängt, zugleich deren Werthaltigkeit senkt: Es soll vermieden werden, dass die Sicherheiten für die Einzelansprüche mit diesen untergehen, solange noch ein Negativsaldo besteht. Die Norm wird daher teils als Kronzeuge gegen die Novationstheorie im Rahmen von § 355 HGB angeführt. Nach § 356 HGB ist also der Einzelanspruch insoweit als noch bestehend anzunehmen, als er als Vehikel für die Sicherheit auf Grund des Akzessorietätsgrundsatzes notwendig ist (vergleichbar § 1138 BGB), um den Saldo abzusichern. Umgekehrt muss die Norm jedoch auch so gelesen werden, dass sie dem Sicherungsgeber nicht Rechte entzieht, jedenfalls nicht, ohne dass er dies bei Sicherheitenbestellung weiß, und auch bei Kenntnis nur im notwendigen Umfang. Den Kreis der Sicherheiten zog der Gesetzgeber bewusst weit, indem er die aufgezählten Formen als bloße Regelbeispiele verstand. So soll vermieden werden, dass der wohl ausponderierte Ausgleich der Interessen nur für Teile des Kontokorrents gilt („allgemeine Geltung“). Einbezogen sind neben Pfand und Bürgschaft alle sonstigen akzessorischen Sicherheiten, etwa Hypothek524 und auch Eigentumsvorbehalt,525 jedoch auch die nicht akzessorischen wie Grundschuld oder Garantie, 526 Personalsicherheiten (Bürgschaft) ebenso wie dingliche (Pfand), und auch moderne Formen „weicher“ Sicherheiten wie etwa Patronatserklärungen. Einbezogen sind auch Gestaltungsrechte und Einreden mit Sicherungswirkung, vor allem Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte,527 und die Vormerkung.528 178

b) Deckungsgleichheit von Einzelforderung und Saldo als dynamische Grenze. Die Sicherheit kann nach § 356 Abs. 1 HGB aE geltend gemacht werden bei Deckungsgleichheit zwischen besicherter Einzelforderung und einem „Guthaben [des Forderungsgläubigers] aus der laufenden Rechnung“. Wann von Deckungsgleichheit auszugehen ist, ist umstritten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht davon aus, dass die Sicherheit in Höhe der Forderung haftet, jedoch begrenzt auf die Höhe des niedrigsten nachfolgenden Saldoabschlusses.529 Eine weitere Deckelung durch die Höhe eines nochmals niedrigeren (Tages-)Saldos bei Begründung der Forderung ist nicht gesichert,530 eine Deckelung durch den niedrigsten Saldo zwischen den periodischen Abschlüssen lehnt insbes. der BGH ab.531 Mit Wertungen des Kreditsicherheitenrechts ist Letzteres nicht zu begründen, da der Schuldner bei solch einem niedrigeren Tagessaldo (durch Aufrechnung) von einem Teil der Verbindlichkeit befreit werden könnte, so dass die Sicherheit in dieser Höhe (endgültig) durch Erfüllung, nicht etwa nur durch Novation untergegangen ist. Tragfähig wäre also allein eine Begründung mit kontokorrentrechtlichen Wertungen. Der

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523 Zur Besicherung von Saldoansprüchen, die § 356 HGB nicht regelt, unten Zweiter Teil Rn 183. 524 RG (Fn 464), RGZ 162, 244 (251); Baumbach/Hopt § 356 Rn 1; Schlegelberger/Hefermehl Rn 6. 525 Baumbach/Hopt § 356 Rn 1; K. Schmidt HandelsR § 21 V 2 b. 526 BGH (Fn 411), NJW 1991, 1286 (1287); Heymann/Horn § 356 Rn 4; Schlegelberger/Hefermehl § 356 Rn 6. 527 BGH Urt. v. 21.6.1955 – I ZR 93/54, BB 1955, 715; RG Urt. v. 17.6.1913 – II 584/12, RGZ 82, 400 (405); RG (Fn 464), RGZ 162, 244 (252 f.) (Konkursvorrecht); Baumbach/Hopt § 356 Rn 1; Heymann/Horn § 356 Rn 4; Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Wagner § 356 Rn 4. 528 Baumbach/Hopt § 356 Rn 1; Heymann/Horn § 356 Rn 4; Schlegelberger/Hefermehl § 356 Rn 6. 529 BGH (Fn 449), BGHZ 26, 142 (150) = NJW 1958, 217; BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 (283 f.) = NJW 1968, 2100; BGH Urt. v. 13.12.1990 – IX ZR 33/90, WM 1991, 495 (497); bei Kündigung des Sicherungsvertrages für einen Kontokorrentkredit umfasst die Sicherheit den bei Wirksamwerden der Kündigung bestehenden Tagessaldo, BGH Urt. v. 7.10.2002 – II ZR 74/00, NJW 2003, 61. 530 So für § 356 Abs. 2 HGB, soweit er auf Personengesellschafter angewandt wird: BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 (283). Da die Deckungsgleichheit für § 356 Abs. 1 und 2 HGB auf dieselbe Weise ermittelt werden soll (Verweis!), ist das genannte Judikat auch für § 356 Abs. 1 HGB maßgeblich. Demgegenüber wird die Rspr. in der Lit. vor allem als gesellschaftsrechtlich motiviert gesehen; etwa Heymann/Horn § 356 Rn 12; Schlegelberger/Hefermehl § 356 Rn 18; K. Schmidt HandelsR § 21 V 2 c. 531 Vgl. Nachw. unten Fn 539.

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3. Abschnitt – Bankkonto

Wortlaut des § 356 Abs. 1 HGB (begrenzt auf das „Guthaben aus der laufenden Rechnung“) ließe sich unschwer auf jeden Zwischensaldo beziehen. In der Literatur wird hingegen teils hypothetisch ermittelt, welche Forderungen nach 179 § 366 Abs. 2 2. Alt. BGB zuletzt getilgt würden und davon ausgegangen, dass diese Forderungen mit ihrer Besicherung nicht durch Novation untergehen. Insoweit wird der anerkannte Saldo als gesichert angesehen.532 Bei Einbeziehung vieler gesicherter Ansprüche müsste also nach der wirtschaftlichen Verlässlichkeit der Sicherheit533 gefragt und in der dadurch festgelegten Reihenfolge getilgt werden. Diese Leitlinie stößt sich an Strukturvorgaben des Kontokorrentrechts: Da solch eine Tilgungsabfolge für den Sicherungsgeber bei Einzelforderungen nachvollziehbar sein mag, jedoch nicht im Kontokorrent, verwarf der Gesetzgeber die Anwendung des Modells der §§ 366 f. BGB in diesem Zusammenhang, indem er in §§ 355 bis 357 HGB um der Vereinfachung willen vielfach davon abwich.534 Umgekehrt ist jedoch auch die Rechtsprechungslösung Einwänden ausgesetzt. Die tägliche 180 Saldenbildung ist weithin üblich und (auch nachträglich) so gut möglich, beim Bankkonto auch technisch institutionalisiert, dass die genannten kreditsicherungsrechtlichen Wertungen nicht dem Vereinfachungszweck weichen müssen. Dieser ist nicht vereitelt, wenn (entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung) auch ein niedrigerer Zwischensaldo die Haftung der Sicherheit begrenzt. Wenn zudem ein Sicherungsgeber durch Zahlung ins Kontokorrent die Sicherheit zum Erlöschen bringen kann, belastet die Kontokorrentbindung ihn nur in einem Punkte: Der Schuldner kann sich nicht dazu entschließen, die besicherte Forderung als erstes zu tilgen (§ 366 Abs. 1 BGB). Durch diese Wirkung der Kontokorrentbindung wird jedoch kein Recht des Sicherungsgebers, sondern nur eine Aussicht tangiert. Denn über die Tilgungsreihenfolge entscheidet ohnehin der Schuldner, nicht der Sicherungsgeber. Beim einmal abgesunkenen Tagessaldo ist demgegenüber (Teil-)Erfüllung einmal eingetreten. Die Pflicht des Sicherungsgebers war einmal (teil-)abgelöst, er hatte insoweit ein wohlerworbenes „Recht“. c) Ausschluss bei Unkenntnis des Sicherungsgebers von Kontokorrentbindung? Wie 181 weitgehend das Kontokorrent Wirkungen gegenüber Sicherungsgebern unabhängig von deren Kenntnis zeitigt, entscheidet sehr erheblich mit darüber, wie drittbelastend das Kontokorrent wirkt, d.h. wie viel negative externe Effekte in Kauf genommen werden. Zugleich ist für die Wertungsanalyse in dieser Frage wichtig, wie die eben behandelte Frage nach der Entpflichtung (vorige Rn) beantwortet wird. Auch die den Sicherungsgeber eher intensiv belastende Rechtsprechung verneint die Einbeziehung von Sicherheiten ins Kontokorrent, wenn der Sicherungsgeber diese bei Bestellung der Sicherheit ausgeschlossen hat.535 Ansonsten schade jedoch fehlende Kenntnis des Sicherungsgebers nicht, etwa wenn der besicherte Anspruch erst nachträglich in ein Kontokorrent einbezogen wird.536 Diese Leitlinie überzeugt nur, wenn, wie vorgeschlagen, die Kontokorrentbindung nicht Rechte, sondern nur Aussichten des Sicherungsgebers tangiert. Denn, anders als absolute Rechte (etwa dingliche Sicherheiten) entfalten Schuldverträge in allen anerkannten Fallgruppen Lastwirkung für Dritte nicht in deren Rechten (sondern nur in Aussichten) oder allenfalls bei Kenntnis des Dritten.537

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532 GroßkommHGB/Canaris § 356 Rn 7–9; K. Schmidt HandelsR § 21 V 2 b. 533 Vgl. dafür, dass dieser Maßstab nach ganz hM im Rahmen von § 366 Abs. 2 2. Alt. BGB anzuwenden ist: MünchKommBGB/Fetzer § 366 Rn 13; Staudinger/Olzen § 366 BGB Rn 39. 534 Vgl oben Zweiter Teil Rn 156. 535 BGH Urt. v. 24.11.1960 – VII ZR 165/59, BB 1961, 116; BGH Urt. v. 4.7.1985 – IX ZR 135/84, NJW 1985, 3007 (3010); außerhalb des Bankverkehrs iZw. für solch eine Abrede: Schlegelberger/Hefermehl § 356 Rn 23. 536 RG Urt. v. 18.4.1932 – VIII 649/31, RGZ 136, 178 (181); aA mit beachtlichen Gründen OLG Hamm Urt. v. 18.12.1991 – 11 U 119/91, WM 1992, 981 (982) = EWiR § 765 BGB 3/92, 337 (338) (Brink); Schwintowski Kap. 9 Rn 132. 537 Grundmann Treuhandvertrag S. 298–302, 328–337.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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d) Entsprechende Haftungsfortschreibung für gemeinsame Schulden (auch für Personengesellschafter). Die Grundsätze des § 356 Abs. 1 HGB, vor allem zur Deckungsgleichheit von Forderung und Saldo, gelten nach Abs. 2 gleichermaßen für Gesamtschuldner (§§ 421, 425, 2058 BGB, 25 HGB). Wie Gesamtschuldner i.S.v. § 356 Abs. 2 HGB haften auch Gesellschafter einer GbR, OHG oder KG.538 Frühere, ausgeschiedene Gesellschafter, haften, sobald sie auch nach § 15 Abs. 1 HGB als ausgeschieden gelten können, nicht für ab dann begründete Verbindlichkeiten. Die alten erlöschen so weitgehend, wie es der niedrigste Tagessaldo anzeigt;539 neuerliches Ansteigen beruht auf neuen Verbindlichkeiten. Die Einflussmacht auf Saldoänderungen, auf die auch der BGH maßgeblich abstellt, ist beim ausgeschiedenen Gesellschafter und beim Gesamtschuldner vergleichbar – gering wie bei – derjenigen des Sicherungsgebers. Dies rechtfertigt eine exakt parallele Behandlung im Rahmen von § 356 HGB (die ja durchaus auch die höchstrichterliche Rechtsprechung befürwortet, allerdings unter jeweiliger Zugrundelegung des niedrigsten Periodensaldos).

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e) Sicherheiten für Salden. Nicht geregelt in § 356 HGB ist zwar die – praktisch nicht weniger bedeutsame – Besicherung von Salden. Auch diese ist jedoch zulässig und umfasst den Saldo mit Zinseszins.540 Wird nur für einen Saldo Sicherheit geleistet – nicht den jeweils bestehenden Saldo – so ergeben sich für dessen „Wiedereinstellung“ ins Kontokorrent die gleichen Probleme und Lösungen wie für die Besicherung von Einzelforderungen, die ins Kontokorrent eingestellt werden. C. Kontoformen und Zuordnung I. Fremdwährungskonto 1. Pflichtengefüge bei ungestörter Abwicklung

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a) Voraussetzungen und Pflichten. Fremdwährungskonten dienen allein der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in dieser Währung (Nr. 10 Abs. 1 S. 1 AGB-Banken), nicht auch Barein- und Barauszahlungen.541 Verfügungen über das Guthaben werden meist über Nostrokonten, die das fremdwährungskontoführende Institut im Währungsgebiet hält, abgewickelt (Nr. 10 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken). Jedoch auch bei Abwicklung allein über das eigene Filialnetz verbleiben die Währungsbestände überwiegend im Heimatland der Währung.542 Fehlt es an Eingriffen im Währungsland (idR staatlich), kann Barauszahlung im Inland sicher nicht begehrt werden.543 Wegen dieser Verankerung im Währungsgebiet setzt die Errichtung eines Fremdwäh-

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538 Zur dogmatischen Konstruktion (Rechtssubjektivität der Gesamthand) vgl. nur BGH Beschluss v. 4.11.1991 – II ZB 10/91, BGHZ 116, 86 (88) = NJW 1992, 499; K. Schmidt GesR §§ 49 II 4 b, 60 III 4 a. 539 Heymann/Horn § 356 Rn 12; aA die hM (Tagessaldo bei Ausscheiden [unter Berücksichtigung von § 15 Abs. 1 HGB], Erlöschen nur bis zum jeweils niedrigsten periodischen Saldoabschluss): BGH (Fn 363), BGHZ 50, 277 (284); Schlegelberger/Hefermehl § 356 Rn 18. Zur Begründung oben Zweiter Teil Rn 124–127. 540 BGH Urt. v. 11.6.1980 – VIII ZR 164/79, BGHZ 77, 256 (262) = NJW 1980, 2131; vgl. auch BGH (Fn 535), NJW 1985, 3007. 541 Vergleichbar, auch für das Folgende Nr. 12 f. AGB-Sparkassen (vgl. jedoch unten Zweiter Teil Rn 189); Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 261, 264; auch Proctor Mann on Legal Aspect, S. 46 f., 177 f. (implizit); krit. Vischer Geld- und Währungsrecht, 166 f. 542 Erfüllung der Pflicht zur Bereitstellung der Fremdwährungsmittel durch Haltung eines Kontos im Währungsgebiet: Schinnerer ÖJZ 1984, 205 (205); Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 261, 263 f.; Proctor Mann on Legal Aspect, S. 46 f., 177 f.; Nobel FS Schluep 1988, S. 285 (297); referierend Vischer Geld- und Währungsrecht 166 f. 543 Schinnerer ÖJZ 1984, 205 (206); Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 261, 264; Proctor Mann on Legal Aspect, S. 46 f., 177 f. (implizit); aA Nobel FS Schluep, 1988, S. 285 (297 f.).

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3. Abschnitt – Bankkonto

rungskontos nicht nur eine dahingehende Kontoabrede voraus, sondern auch, dass die Währung frei konvertibel ist.544 Eingänge und Verbindlichkeiten des Instituts gegenüber seinem Kunden in fremder 185 Währung sind, falls dieser ein Fremdwährungskonto in dieser Währung hält, auch ohne gesonderte Weisung auf ihm zu buchen (Nr. 10 Abs. 2 AGB-Banken) – nicht in inländische Währung umzurechnen und auf ein €-Konto zu buchen, wie dies mangels Fremdwährungskonto gehandhabt wird (ausdrücklich für Letzteres Nr. 14 AGB-Sparkassen). Begründet wird also eine effektive Valutaschuld, die Umrechnungsbefugnis nach § 244 BGB entfällt.545 b) Anwendbares Recht. Mangels Rechtswahl (vgl. jedoch Nr. 6 AGB-Banken und -Spar- 186 kassen) gilt für das typische – beruflich genutzte – Fremdwährungskonto das Sitzrecht des fremdkontoführenden Instituts (Art. 4 Abs. 1 und 2 Rom-I-VO), regelmäßig das gemeinsame (Wohn-)Sitzrecht.546 Im Interbankenverhältnis findet auf das Nostrokonto das Recht des kontoführenden Instituts im Währungsgebiet Anwendung.547 Für die Ausführung gilt also ein anderes Recht, das jedoch den Anspruch aus § 667 BGB präjudiziert. 2. Risikotragung und Abwicklung bei Störung durch „politische Ereignisse“. Gestört 187 wird die Abwicklung durch Eingriffe Dritter, die dem kontoführenden Institut nicht zuzurechnen sind, oder durch politische Ereignisse im Währungsgebiet. Es handelt sich um die einzige heftig umstrittene Frage im Recht der Fremdwährungskonten, die Nr. 10 Abs. 3 AGB-Banken und Nr. 13 AGB-Sparkassen regeln. Im Grundsatz ist geklärt: Das Risiko ausreichender Expertise trägt das kontoführende Institut; hingegen gehen Risiken und Beschränkungen, die die Internationalität der Fallgestaltung zwingend mit sich bringt, zu Lasten des Kunden. a) Verhaltens-, insbes. Aufklärungspflichten des kontoführenden Instituts. Über be- 188 stehende staatliche Eingriffe ist aufzuklären. Dies gilt für Verbote548 ebenso wie für Meldepflichten549 und erkennbare, erhebliche wirtschaftliche Gefahren.550 b) Risikotragung. Ansonsten trägt der Kunde das Risiko staatlicher Eingriffe in Ansprü- 189 che aus Konten im Währungsgebiet und vergleichbar wirkender politischer Ereignisse (so gleichermaßen Nr. 10 Abs. 3 AGB-Banken, 13 AGB-Sparkassen). In diesen Fällen unterbleibt nicht nur die Auftragsausführung, die im Währungsgebiet unmöglich ist und außerhalb nicht zugesagt wurde, weil die nötigen Einrichtungen fehlen (außer bei hausinterner Abwicklung). Vielmehr ist die Valuta nach beiden AGB auch nicht in inländischer Währung zu erstatten.551 Die

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544 BankR-HdB/Schefold § 116 Rn 3. In Deutschland schon vor Einführung des Euro generelle Freistellung für Fremdwährungskonten (§ 3 S. 1 WährG a. F.) und allein Meldepflichten: dazu Schefold aaO Rn 9–14; Hahn Währungsrecht, 1990, § 25 Rn 2 f. 545 Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 87 f., 209; Baumbach/Hopt (8) Nr. 10 Rn 4; BankR-HdB/Schefold § 116 Rn 87–89. 546 BGH Urt. v. 28.10.1957 – II ZR 99/56, WM 1957, 1574 (1575); Kegel GS Schmidt 1966, S. 215 (220 und 236); Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 262. 547 BGH (Fn 546), WM 1957, 1574 (1575); Schinnerer ÖJZ 1984, 205 (206); Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 262, 267 (dh. regelmäßig das Recht der Währung); Kegel GS Schmidt 1966, S. 215 (236); Nobel FS Schluep 1988, S. 285 (290). 548 BGH (Fn 69), WM 1957, 288. 549 Vortmann WM 1993, 581 (581 f.). 550 KG Urt. v. 29.10.1976 – 5 U 2232/75, WM 1977, 1176 (1177 f.) (bevorstehende Abwertungen). 551 Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 265 f.; ders. EWS 1991, 53 (55 f.); Westermann WM 1993, 1865 (1870 f.); Graf v. Westphalen WM 1984, 2 (4); Baumbach/Hopt (8) Nr. 10 Rn 5; ausführlich Herring/Kübler ZBB 1995, 113 und 213. Anders ist dies nur, wenn das Institut durch Barauszahlung im Inland im Ausland die Valuta effektiv zurückerhalten kann; denn die Deckung, die das Institut bei Erteilung der Kundengutschrift erhielt, wurde bestimmungsgemäß im Ausland angelegt. Nur unter dieser (eher selten erfüllten) Voraussetzung sind abweichende ausländische Entscheidungen (dazu BankR-HdB/Schefold § 116 Rn 95–98) auch für das deutsche Recht zu

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Klausel ist wirksam, da sie der auftragsrechtlichen Risikoabgrenzung entspricht.552 Die Verrechnung im Kontokorrent bleibt jedoch erhalten. Praktikabilitätsgründe führen dazu, dass Fremdwährungsmittel im Währungsgebiet auf ei190 nem Gemeinschaftskonto gehalten werden dürfen, nicht nur auf separaten Gegenkonten für jeden Kunden, was Fragen der Aufteilung des Risikos zwischen (von der Währungsmaßnahme unterschiedlich betroffenen) Kunden aufwirft.553 II. Fragen der Berechtigung und Verfügungsmacht an Bankkonten 1. Übersicht – Bedeutung des Problemkomplexes. Bankkonten unterscheiden sich auch nach den Transaktionen, die über sie abgewickelt werden – bei Sparkonten nur das Einlagengeschäft, bei Girokonten zudem das Zahlungs- und (bei Nebenabrede) auch ein Kreditgeschäft. Zudem unterscheiden sie sich heute auch danach, inwieweit bei ihnen Pfändungsfreibeträge geltend gemacht werden können (vgl. unten Zweiter Teil Rn 246 bis 248). Das Differenzierungskriterium, das primär für die reiche Palette an Bankkonten verantwortlich ist, ist jedoch die Inhaberschaft. Hier werden verschiedene „Produkte“ angeboten, teils ausgestaltet durch AGB,554 teils durch Formulare, die ebenfalls AGB enthalten.555 Gruppenweise sind zu unterscheiden: Konten mit mehreren Inhabern (unten Zweiter Teil Rn 196 ff.), mit Inhabern, die im Drittinteresse handeln (unten Zweiter Teil Rn 202 ff.) und mit Inhabern, die anderen Vollmacht, Verfügungsmacht oder sonstige Mitbestimmungsmacht einräumen – zu verschiedenen Zwecken (unten Zweiter Teil Rn 211 ff.). Hinzu tritt das CpD-Konto (Conto pro Diverse), das das Institut im eigenen Namen hält, um Eingänge vorübergehend zu verbuchen, deren Zuordnung nicht sofort möglich, deren Zurückweisung jedoch inopportun oder pflichtwidrig ist. Weder die besonderen noch die allgemeinen AGB-Banken regeln die Inhaberfrage. Sie wird 192 als gelöst vorausgesetzt. Während die Inhaber sonst beim Kontokorrent durch die Geschäftsverbindung mit (meist gegenseitigen) Leistungspflichten idR verlässlich definiert erscheinen, ist die Inhaberschaft beim Bankkonto mangels vergleichbarer Geschäftsverbindung beliebiger, stärker „austauschbar“. Die Bestimmung des Inhabers ist daher ungleich problematischer, sie ist eigentlich nur beim Bankkonto umstritten. Inhaberschaft ist wichtig vor allem für zwei Fragen: für die Frage nach der Verfügungsberechtigung über das Konto und für diejenige nach Zugriffsrechten in Zwangsvollstreckung und Insolvenz. 191

_____ befürworten. Zu weitgehend dem Kreditinstitut das Risiko aufbürdend: OLG Frankfurt Urt. v. 16.2.2011 – 17 U 234/10, WM 2011, 693 (trotz strafbewehrtem Auszahlungsverbot im ausländischen Währungsgebiet Auszahlungsanspruch im Inland bejaht). 552 Kleiner Devisen-Schuldrecht S. 265 f.; ähnlich: Graf v. Westphalen WM 1984, 2 (4); und für den Common-LawRaum Proctor Mann on Legal Aspect, S. 205; aus Sicht der Schweiz Vischer Geld- und Währungsrecht, 167–169 (nur höhere Gewalt). Realisieren sich Risiken, die im Interesse des Auftraggebers eingegangen werden, so mindert dies, wenn kein Verschulden (etwa eines Erfüllungsgehilfen) vorliegt, die Auskehrungspflicht nach § 667 BGB: BGH Urt. v. 30.9.1968 – VII ZR 110/66, WM 1969, 26 (27). 553 Nr. 12 AGB-Sparkassen aF (nicht explizit Nr. 10 Abs. 3 AGB-Banken) sah daher anteilige Risikotragung aller Kunden des Instituts vor, die Fremdwährungskonten in dieser Währung halten. Die Eigenkonten des Instituts waren wohl einzubeziehen. Wirksamkeitszweifel bestanden, soweit die AGB Kunden anteilig belastete, die der Eingriff nicht erfasste, und betroffene Kunden entsprechend entlastete. Für die Wirksamkeit dieser Bestimmung Kleiner Devisen-Schuldrecht, S. 265 f.; ders. EWS 1991, 53 (55 f.) (AGB gibt nur dispositives Recht wieder); Graf v. Westphalen WM 1984, 2 (4); zweifelnd BankR-HdB/Schefold § 116 Rn 99 f.; Wolf/Horn/Lindacher (4. Aufl. 1999, in Neuaufl. weggefallen), § 23 Rn 690. Heute ist die Rechtslage offen. 554 Vor allem die Anderkonten (unten Zweiter Teil Rn 202) und die Sparkonten (Muster: Hopt/Werner 2. Aufl. 2000 Form VI. B. 1). 555 So der BGH etwa zur sog. Fakultativklausel bei der Bezeichnung des Empfängerkontos, Nachw. unten Dritter Teil Rn 73. Zu den verschiedenen Formularen vgl. BankR-HdB/Lwowski/Lorenz § 34 bzw. BankR-HdB/Hadding/ Häuser Anh. zu § 35.

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3. Abschnitt – Bankkonto

2. Grundkriterien für die Bestimmung der Inhaberschaft. Für die Bestimmung der Inha- 193 berschaft kommt es – wie sonst bei Auslegungsfragen – auf den objektiven Empfängerhorizont an, hier des kontoführenden Instituts: Es gilt zu ermitteln, wer nach dem erkennbaren Willen der kontoeröffnenden Person Gläubiger des Instituts werden sollte.556 Nicht ausschlaggebend ist (sondern allenfalls ein Indiz bildet) daher insbesondere, wessen Gelder auf dem Konto gebucht werden.557 Differenziert ist die Namensnennung zu sehen, auch diejenige an zweiter Stelle. Beim Girokonto, das auf massenweise Abwicklung zugeschnitten ist, bildet der erstge- 194 nannte Name ein kaum zu widerlegendes Indiz für die Kontoinhaberschaft.558 Für einen weiteren hinzugesetzten Namen (etwa „X-Firma, Unterkonto Firma H“) stellt sich allein die Frage, ob ein Treuhandkonto zugunsten dieses Namens intendiert ist – was deutlich gemacht werden muss. Ein Fremdkonto zugunsten des hinzugesetzten Namens ist nicht anzunehmen.559 Auch beim Sparkonto kommt es auf den erkennbaren Willen und primär auf die konkrete 195 Abrede zur Inhaberschaft an. Auch wenn bestimmte Optionen im Kontoeröffnungsvertrag nicht gestrichen werden, tritt dieses Indiz hinter den erkennbaren Willen zurück. Auch ist ein ähnlich stereotypes Abstellen auf den erstgenannten Namen wie beim Girokonto nicht notwendig. Denn für die wichtigsten Verfügungen gibt § 808 Abs. 1 S. 1 BGB dem kontoführenden Institut Gutglaubensschutz (Liberationswirkung). Das Institut trägt daher weniger Missbrauchsrisiken als beim Girokonto.560 Die Herkunft der Gelder ist jedoch auch hier allenfalls ein Indiz unter mehreren. Die vier wichtigsten sind: wer das Konto eröffnete, wer als Inhaber genannt wird, von wem die Gelder stammen und wer das Buch in (berechtigtem) Besitz561 hat. Fällt alles zusammen, ergeben sich keine Probleme, desgleichen nicht, wenn zwar eine andere Person genannt wird, das Buch jedoch beim Eröffnenden bleibt, von dem zudem die Gelder stammen (kein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB).562 Umgekehrt spricht die Nennung eines Dritten als Inhaber verbunden mit der Besitzeinräumung für § 328 BGB.563 Stammen vom Dritten die Gelder, erhält er jedoch nicht Besitz, so stellt sich wieder als Kernfrage diejenige, ob ein Treuhandkonto errichtet werden sollte und ob dies offengelegt wurde.564 3. Gemeinschaftskonten a) Formen und Abgrenzung. Gemeinschaftskonten finden sich als Oder- sowie Und- 196 Konten. Heute bildet die Wahl des einen oder des anderen Formulars ein nahezu unwiderlegliches Indiz für den Parteiwillen und die Abgrenzung beider.565 Gemeinsam heben sie sich gegenüber zwei anderen Formen ab, bei denen zwar auch jeweils mehrere Personen einen Bezug zum

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556 BGH Urt. v. 25.6.1956 – II ZR 270/54, BGHZ 21, 148 (150); BGH (Fn 385), BGHZ 127, 229 (231); BGH Urt. v. 12.12.1995 – XI ZR 15/95, WM 1996, 249 (250); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 36–55a; Schwintowski Kap. 8 Rn 4 f. 557 BGH (Fn 556), BGHZ 21, 148 (150); Schwintowski Kap. 8 Rn 4. 558 BGH Beschluss v. 26.9.1985 – III ZR 171/84, WM 1986, 33 (35); BGH (Fn 556), WM 1996, 249 (250); OLG Düsseldorf Urt. v. 10.11.1988 – 6 W 74/88, WM 1989, 91; OLG Düsseldorf Urt. v. 25.10.2012 – I-14 U 97/11, 14 U 97/11, juris (Tz. 25–33); OLG Frankfurt Urt. v. 31.5.1985 – 8 U 165/84, NJW 1986, 63 (64); BankR-HdB/Joeres § 29 Rn 11. 559 Zu den Problemen des hinzugesetzten Namens näher unten Zweiter Teil Rn 208. 560 Zum Girokonto dazu unten Dritter Teil Rn 280, 405. 561 Der Besitz an sich ist, wie § 808 Abs. 1 S. 2 BGB zeigt, noch nicht allein aussagekräftig, sondern nur ein Indiz unter mehreren: Kümpel/Wittig Rn 6.633; Schwintowski Kap. 8 Rn 26 f. 562 Vgl. BGH Urt. v. 20.11.1958 – VII ZR 4/58, BGHZ 28, 368 (369 f.); BGH Urt. v. 9.11.1966 – VIII ZR 73/64, BGHZ 46, 198 (199); OLG Düsseldorf Urt. v. 4.2.1993 – 5 U 156/92, WM 1993, 835 (836); LG Mainz Beschl. v. 28.5.2008 – 9 O 111/08, FamRZ 2009, 228; Schwintowski Kap. 8 Rn 30; tendenziell Trapp ZEV 1995, 314 (317 f.). Dann ist ersichtlich die Abänderungsbefugnis gewollt, die bei Verträgen nach § 331 BGB beim Vertragsschließenden verbleibt (Abs. 2 e contrario). 563 BGH Urt. v. 19.10.1983 – IV a ZR 71/82, NJW 1984, 480 (e contrario); BankR-HdB/Joeres § 29 Rn 17. 564 Vgl. BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 44. 565 BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 3 f.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Konto haben, dieses jedoch allein einen Inhaber hat: Dies sind auf der einen Seite die Einzelkonten, die für eine Personenmehrheit eröffnet werden, soweit diese in ihrer Verbundenheit (teil-) rechtsfähig ist und daher das Konto nur einen Inhaber/Berechtigten hat;566 und dies sind auf der anderen Seite die verschiedenen Kontoformen, bei denen (ebenfalls) nur eine Person Inhaber ist, andere Personen jedoch zusätzlich zu dieser oder gar allein verfügungsbefugt sind.567 b) Oder-Konto. Beim Oder-Konto ist jeder Inhaber allein, ohne Mitwirkung des anderen verfügungsbefugt.568 Solches wird vor allem zwischen Eheleuten und im Familienverband, aber auch in sonstigen dauerhaften Näheverhältnissen vereinbart.569 Die parallele Gläubigerschaft wird als Gesamtgläubigerschaft i.S.v. § 428 BGB erklärt – mit der Besonderheit, dass nicht der Schuldner bestimmt, wem er leistet, sondern dass er nur an den Gläubiger leisten kann, der Leistung fordert.570 Die befreiende Wirkung nach § 428 BGB gegenüber allen Gläubigern gilt jedoch auch hier.571 198 Da alle Inhaber verfügungsbefugt sind, genügt der Titel gegen einen Inhaber, um ins Konto zu vollstrecken.572 Hierbei ist vor allem str., ob nur noch an den Pfändungsgläubiger befreiend geleistet werden kann, wenn es zum Pfändungs- ein Überweisungsbeschluss kommt.573 Ein Prioritätsgrundsatz (Leistung nach Zeitpunkt der Geltendmachung), der diese Rechtsfolge rechtfertigt, ist zwar im Recht der Gesamtgläubigerschaft nicht angelegt. Ohne diese Rechtsfolge wird jedoch das Konto, häufig ein zentraler Vermögensbestandteil, dem Gläubigerzugriff de facto gänzlich entzogen. Aus der Verfügungsbefugnis jedes Inhabers folgt hingegen nicht, dass er Verbindlichkei199 ten (im Debet) mit Wirkung für die anderen begründen kann. Nachdem der BGH die dahinge197

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566 So – neben den juristischen Personen – nach § 124 HGB die OHG (und KG) und auch die GbR: BGH Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056; BGH Beschl. v. 18.2.2002 – II ZR 331/00, NJW 2002, 1207; MünchKommBGB/Ulmer § 705 Rn 289–302; grundlegend: K. Schmidt GesR § 8 IV 1; anschaulich zum Konto der GbR etwa Barleon in: Arretz/Artzt/Barleon Kontoführung, Rn 118–125. 567 Rieder WM 1987, 29 (29). Gemeint sind insbes. Fremd- und Sonderkonten sowie Treuhandkonten, dazu unten Zweiter Teil Rn 202–205; außerdem die gewöhnliche Kontovollmacht, dazu unten Zweiter Teil Rn 211 ff. 568 BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (320 f.); BGH Urt. v. 8.7.1985 – IV ZR 16/85, BGHZ 95, 185 (187); BGH Urt. v. 30.10.1990 – XI ZR 352/89, NJW 1991, 420 (420) = WM 1990, 2067; Rieder WM 1987, 29 (30); Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 148 (in Neuaufl. Freitag/Mülbert keine eigene Kommentierung des Kontokorrents); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 148; daher etwa auch Recht, allein ec-Karte/Girocard zu beantragen: OLG Düsseldorf Urt. v. 4.2.2009 – I-15 U 84/08, WM 2009, 1560. 569 Rieder WM 1987, 29 (30); Heiß FamFR 2013, 146; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 6; etwa BFH Urt. v. 23.11.2011 – II R 33/10, NJW 2012, 1837 (1839 f.) (zur Frage, unter welchen Umständen eine Einzahlung des einen Ehegatten als „freigiebige Zuwendung“ an den anderen i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu qualifizieren ist und daher einer Schenkungssteuer unterfällt); siehe auch OLG Hamm Beschl. v. 20.1.2017 – 3 UF 225/16, BeckRS 2017, 129175, wonach die einseitige Einzahlung auf ein Oder-Konto eines Ehepaars zu einer hälftigen Ausgleichspflicht gegenüber dem anderen Ehepartner führt. 570 OLG Celle Beschluss v. 2.8.1995 – 3 W 65/93, WM 1995, 1871 (1871 f.); BFH (Fn 569), NJW 2012, 1837 (1838); Rütten Mehrheit von Gläubigern, 1989, S. 208 f.; Canaris Bankvertragsrecht Rn 225; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 7; auch Wagner WM 1991, 1145 (1145); Köndgen NJW 2004, 1288 (1292). 571 BGH (Fn 568), NJW 1991, 420 (420); OLG Düsseldorf (Fn 568), WM 2009, 1560 (1561 f.); Rieder WM 1987, 29 (30); Rütten (Fn 570) S. 207 f.; Canaris Bankvertragsrecht Rn 225; ausf. (auch für die Phase der Trennung) Lenkaitis/Messing ZBB 2007, 364 (365–367). Zum Ausgleich im Innenverhältnis vgl. BGH Urt. v. 29.11.1989 – IVb ZR 4/89, NJW 1990, 705 (705); Schwintowski Kap. 7 Rn 36–39; und (teils abw.) Lenkaitis/Messing a.a.O. 572 BGH (Fn 417), BGHZ 93, 315 (320 f.); Rütten (Fn 542), S. 208; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 11; Barleon in: Arretz/Artzt/Barleon/u.a. Kontoführung, Rn 134 f.; ausführlich Wagner WM 1991, 1145 (zu OLG Koblenz); aA OLG Koblenz Urt. v. 17.7.1990 – 3 U 15/88, WM 1990, 1532 (1534 f.); wie die hM auch für die Insolvenz (Konto fällt in Insolvenzmasse des insolventen Inhabers): OLG Hamburg Urt. v. 19.10.2007 – 1 U 136/06, ZIP 2008, 88. 573 Dagegen Hüffer/van Look Bankkonto Rn 157 f. (mwN); wohl auch BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 11b; teils auch OLG Dresden Urt. v. 21.2.2001 – 18 U 1948/00, WM 2001, 1148 (1149 f.) (vor Zustellung jedenfalls nicht); offen BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (321); dafür vor allem Wagner ZIP 1985, 849 (856); ausf. Lenkaitis/Messing ZBB 2007, 364 (368–371) (jedenfalls bei intakter Ehe); zu Absprachen für den Pfändungsfall vgl. auch BGH Urt. v. 11.7.1979 – VIII ZR 215/78, NJW 1979, 2038.

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3. Abschnitt – Bankkonto

hende Nr. 2 Abs. 3 S. 2 AGB-Banken a.F. (1988) für unwirksam erklärt hat,574 sehen die Formulare heute nur noch vor, dass andere Kontoinhaber bei Zustimmung oder im Umfang des banküblichen Überziehungskredits haften.575 Die Haftung ist, soweit sie begründet ist, gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB).576 Trotz der Gefährlichkeit des Oder-Kontos hält die Rechtsprechung daran fest, dass eine Um- 200 gestaltung der Berechtigung nicht einseitig erfolgen, also das Konto nicht von jedem Berechtigten individuell in ein Und-Konto überführt werden kann.577 Entschärft ist die Problematik freilich dadurch, dass eine klauselmäßige Vereinbarung, die solch ein einseitiges Umgestaltungsrecht vorsieht, als wirksam eingestuft wird,578 und heute auch die Regel bildet, so dass die Frage faktisch positiv entschieden ist. c) Und-Konto. Das Und-Konto berechtigt allein zur gemeinsamen Verfügung. Ein Inhaber 201 allein kann nicht einmal Auszahlung an alle fordern (wie etwa nach § 2039 BGB).579 Gleichgültig ist hierfür, ob das Und-Konto als Gesamthandgut oder als Rechtsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB ausgestaltet ist. Ersteres ist allein möglich zwischen Gesamthändern, wenn diese das Konto zudem als Teil der Gesamthand halten.580 Die gemeinsame Verfügungsbefugnis führt dazu, dass ein Titel gegen alle Kontoinhaber notwendig ist, um in das Konto zu vollstrecken. Andernfalls muss in den Anteil am Gesamthandvermögen – so im Falle gesamthänderischen Haltens – oder in den Bruchteil (nicht Quote der Forderung) vollstreckt werden. Die Haftung für Verbindlichkeiten ist wiederum gesamtschuldnerisch (§ 421 BGB).581 4. Ander-, Treuhand- und Sonderkonten – Konten im Drittinteresse a) Formen und Abgrenzung aa) Formen. Unter den Konten im Drittinteresse ragen die Treuhandkonten hervor. Die 202 längste Tradition haben die Anderkonten, die für die unter öffentlicher Aufsicht stehenden Berufsgruppen der Notare,582 Rechtsanwälte, Patentanwälte und öffentlich bestellten Wirtschafts-

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574 BGH Urt. v. 22.1.1991 – XI ZR 111/90, NJW 1991, 923 (924) (Verstoß gegen §§ 305b und 307 Abs. 2 BGB, damals §§ 3 und 9 Abs. 2 AGBG); noch vom „Risikofaktor Gemeinsames Bankkonto“ sprechend, mit plastischer Darstellung der Konstellationen: Heiß FamFR 2013, 146. 575 Wirksamkeit bejahend: BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 9 (implizit). Üblich ist eine (zugesagte) Kreditlinie, die die finanzielle Nutzungsgrenze auf zwei bis drei Nettogehälter (im Soll) ausweitet, plus ein Aufschlag von ca. 10%, in dem höhere Überziehungen geduldet werden. Ob der Aufschlag mit gemeint ist, erscheint schon angesichts § 305c Abs. 2 BGB (Auslegung contra proferentem) zweifelhaft. 576 OLG Nürnberg (Fn 104), WM 1990, 1370 (1371) (auch zur Aufklärungspflicht hierüber); auch BGH Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 219/91, WM 1993, 141 (143); Canaris Bankvertragsrecht Rn 224, 227. 577 BGH Urt. v. 24.3.2009 – XI ZR 191/08, WM 2009, 980 (982 f.); Anm. JR 2010, 212 (Bergmann); FamRZ 2009, 1055 (Grziwotz); WuB I C 1. Kontoführung 3.09 (Schramm); JZ 2009, 1075 (Muscheler); DNotZ 2009, 624 (Diehn); aA früher OLG Köln Urt. v. 14.6.1989 – 13 U 29/89, WM 1989, 1888 (1889); wie der BGH schon bisher die hM, insbes. BGH (Fn 568), NJW 1991, 420 (420 f.) = WM 1990, 2067 (2068); BGH (Fn 576), WM 1993, 141 (143); Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 148, 152 (abw. Gestaltung möglich). Zur Rechtslage bei Hinzutreten von Erben vgl. BankRHdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 12, 15, Anh. 1 zu § 35 Anm. 11. 578 BGH (Fn 568), NJW 1991, 420 (420 f.); BGH (Fn 576), WM 1993, 141 (143) (jeweils implizit); OLG Hamm Urt. v. 27.1.2010 – I-31 U 113/09 und 31 U 113/09, GWR 2010, 196; Schwintowski Kap. 7 Rn 30. 579 OLG Köln Urt. v. 22.12.1989 – 19 U 118/89, NJW-RR 1990, 1007 (1008); BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 17, Einsele FS Nobbe 2009, 27 (31 f.); MünchKommInsO/Ganter § 47 Rn 407; zum Und-Konto allg. auch etwa Barleon in: Arretz/Artzt/Barleon/u.a. Kontoführung, Rn 132–137. 580 BGH Urt. v. 12.1.1987 – II ZR 99/86, WM 1987, 318 (319); OLG Frankfurt (Fn 558), NJW 1986, 63 (63 f.); Rieder WM 1987, 29 (33); Schebesta WM 1985, 1329 (1330 f.); BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 17. 581 Schebesta WM 1985, 1329 (1330); BankR-HdB/Hadding/Häuser § 35 Rn 18; Kümpel/Wittig Rn 6.752. 582 Zu Einzelfragen von Verwahrverhältnissen mit dem Notar vgl namentlich Schreindorfer Verwahrung zugunsten Dritter, MittBayNot 2015, 282.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

prüfer und Wirtschafts- und Steuerberater errichtet werden. Sie sind in einem je eigenen AGBKatalog geregelt und werden nur offen vereinbart,583 d.h. unter Offenlegung des Treuhandzwecks dem Institut und Dritten gegenüber (Kontobezeichnung!). Sonstige Treuhandkonten haben mit den Anderkonten den treuhänderischen Zweck gemein,584 werden für sonstige Berufsgruppen, jedoch auch für private Zwecke eingerichtet, und können offen oder verdeckt sein – dem kontoführenden Institut gegenüber und, nicht immer parallel laufend, auch Dritten gegenüber. Gemeint ist im vorliegenden Fall vor allem die fremdnützige Vollrechtstreuhand (mit dem Treuhänder als Rechtsinhaber). Es ist diese Form die beim Bankkonto iZw. vereinbart wird,585 und sie bildet den Hauptfall. Die Treuhandabrede ist nicht allein deshalb wegen Umgehungsabsicht unwirksam (§ 138 Abs. 1 BGB), weil die Parteien mit Einrichtung des Treuhandkontos zwar das Ziel verfolgten, eine Zurechnung des Guthabens auf Ansprüche des Treugebers nach SGB zu vermeiden (Umgehungsabsicht), wenn solch eine Anrechnung rechtlich ohnehin nicht angezeigt gewesen wäre (keine Umgehungswirkung).586 Unklar ist das Verhältnis von Treuhandkonten zu Sonder- oder Separatkonten. Diese 203 können schlicht einem Sonderzweck des Kontoinhabers dienen und folgen dann ganz den Regeln zu Eigenkonten. Probleme ergeben sich erst, wenn sie für Zwecke Dritter eingerichtet werden, etwa durch einen Vermieter oder Verwalter zur Haltung von Mietkautionen oder von Hausgeldzahlungen. Rechtliche Bedeutung erlangt dieser Drittzweck nur, wenn die Konten dem Institut oder Dritten gegenüber wie Treuhandkonten zu behandeln sind, also die Kriterien für Relevanz des Drittzwecks erfüllen (unten c). 204

bb) Abgrenzung. Treuhandkonten nahe stehen Konten, für die Vollmacht oder Verfügungsmacht eingeräumt wurde. Hier spricht man von Fremdkonto, freilich nur, wenn nicht der Begünstigte sie selbst eröffnet (dann sogar Eigenkonto, nunmehr jedoch des Begünstigten). Anders als beim Treuhandkonto wird das Fremdkonto (auf Grund der starken Stellung des Begünstigten, namentlich mit Voll- oder Verfügungsmacht) als echter Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) eingerichtet. Der Drittzweck führt dazu, dass der Begünstigte auch formal als Inhaber anzusehen ist und daher die Zuordnung unproblematisch wird. Ob freilich der Begünstigte wirklich Inhaber wird, entscheidet sich wieder nach dem Empfängerhorizont. Wichtig ist, dass das

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583 BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 9; vgl. etwa BGH Urt. v. 18.12.2008 – IX ZR 192/07, WM 2009, 562 = NZI 2009, 245. Ausgestaltet werden die Rechtsbeziehungen durch die AGB-Anderkonten und -depots – getrennt in vier Katalogen für Rechtsanwälte (Fassung 12/2001), Notare, (Fassung 3/2010) Patentanwälte und Gesellschaften von Patentanwälten (Fassung 12/2013) und Angehörige der öffentlich bestellten wirtschaftsprüfenden und wirtschaftsund steuerberatenden Berufe (Fassung 5/2000), Abdruck der alten Fassungen und Kommentierung bei Baumbach/ Hopt (10a-d) AGB-Anderk; und unten Rn 268; Abdruck der aktualisierten Bedingungen ohne Kommentierung in: BankR-Hdb/Hadding/Häuser Anh. Zu § 38. 584 Die AGB-Anderkonten wiederholen zwar nicht nur das objektive (dispositive) Recht und sind insoweit mangels Vereinbarung auf sonstige Treuhandkonten in der Tat nicht anwendbar: so pauschal Baumbach/Hopt (10) AGB-Anderk Einl. Rn 8; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 38 Rn 4. Die zentralen Grundsätze (Nr. 6–10 AGBAnderkonten Notare) gelten jedoch allgemein; zu Nr. 6 ebenso BGH Urt. v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, BGHZ 11, 37; zu Nr. 8 ebenso OLG Hamburg Urt. v. 24.9.1970 – 6 U 78/70, WM 1970, 1307 (1308); Canaris Bankvertragsrecht Rn 292 (nach § 157 BGB); zweifelnd Hadding/Häuser aaO. Zur zugrunde liegenden treuhandrechtlichen Theorie, auch der Theorie der Interessenkonflikte, vor allem Grundmann Treuhandvertrag; Löhning Treuhand – Interessenwahrnehmung und Interessenkonflikte, 2006. 585 BGH (Fn 584), BGHZ 11, 37 (43); BGH Urt. v. 25.6.1973 – II ZR 104/71, BGHZ 61, 72 (78–80); BGH Urt. v. 22.9.1975 – II ZR 51/74, WM 1975, 1200; aA teils die Lit., die iZw. Ermächtigungstreuhand annimmt: grundlegend Siebert Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, 1933, S. 306 sowie 295–297. Dass Konten, die nicht ins Debet kommen, als Vollrechtstreuhand, andere als Ermächtigungstreuhand zu qualifizieren seien (Canaris Bankvertragsrecht Rn 268– 270), widerspricht dem Vereinfachungsziel bei der Entscheidung (giro-)kontokorrentrechtlicher Fragen und damit den Grundkoordinaten des Rechtsgebiets. Zur Ermächtigungstreuhand unten Zweiter Teil Rn 211–216. Zur geringen Bedeutung der Sicherungstreuhand BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 11, 14. 586 BGH Urt. v. 2.2.2012 – III ZR 60/11, WM 2012, 458 (460).

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3. Abschnitt – Bankkonto

Institut das Verhältnis zwischen der kontoeröffnenden Person und dem Begünstigten nicht kennen587 und jedenfalls bei beruflichen Kunden auch nicht nachfragen muss.588 Daher begründet die Herkunft der auf dem Konto gutgeschriebenen Gelder allein noch keine Vermutung für ein Fremdkonto (mit Rechtsposition des Begünstigten),589 desgleichen nicht die Pflicht im Innenverhältnis, solch ein Konto einzurichten.590 Das Konto muss für das Kreditinstitut eindeutig erkennbar als Fremdkonto eingerichtet werden. A fortiori ist kein Fremdkonto anzunehmen, wann immer nicht einmal ein offenes Treuhandkonto (ohne eigene Verfügungsmacht des Begünstigten) zu bejahen wäre (zu dieser Abgrenzung des Treuhandkontos nach der anderen Seite hin jetzt im Folgenden). b) Rechtsverhältnisse im Überblick. Bei den Sonderwirkungen, die das Bestehen eines 205 Drittzwecks zeitigen kann, geht es stets darum, trotz formaler Rechtsträgerschaft des Treuhänders den Wert für gewisse Fragen dem Treugeber zuzuordnen. Die Kriterien, nach denen hierüber zu entscheiden ist, sind im Verhältnis zum Kreditinstitut teils andere als im Verhältnis zu Dritten. Die Sonderwirkungen gehen jedenfalls nicht so weit, dass der Treugeber selbst die Rechte aus dem Treuhandkonto geltend machen könnte591 oder dass seine Gläubiger in mehr als nur die auftragsrechtlichen Ansprüche des Treugebers gegen den Treuhänder vollstrecken könnten.592 Die Sonderwirkungen gehen also allenfalls dahin, Treugut im Verband des wirtschaftlichen Eigentums des Treugebers zu halten – gegen den Vollstreckungszugriff u.ä. (Aufrechnung, Pfandrecht) oder unter Annullierung treuwidriger Verfügungen. c) Insbesondere: Die Zuordnung im Verhältnis zum kontoführenden Institut. Wird aus 206 Sicht des Instituts die treuhänderische Bindung deutlich (offenes Treuhandkonto), so gilt das Pfandrecht nach Nr. 14 AGB-Banken als abbedungen, desgleichen das Recht, einen positiven Saldo auf diesem Konto mit einem Debet auf anderen Konten desselben Inhabers zu verrechnen. 593 Dies entspricht allgemeiner Doktrin zur Aufrechnung594 und zum Erwerb von Rechten am Treugut durch den Treuhänder. Dies gilt daher auch bei späterer Kenntnisnahme des Instituts, jedoch nur für zukünftige Eingänge auf dem treuhänderisch gebundenen

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587 BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (75–78); Kümpel/Wittig Rn 6.794. 588 BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (76); BGH (Fn 585), WM 1975, 1200. Entscheidend ist hiernach, ob die kontoeröffnende Person beruflich tätig ist. Bei privaten Kunden stehen hier die Verfügungen nach § 331 BGB im Vordergrund, dazu unten Zweiter Teil Rn 221 ff. Hier dürfte die höchstrichterliche Rspr. eine Beratungspflicht bejahen: tendenziell auch Schwintowski Kap. 8 Rn 9–11 (anders aber bei Schenkungen von Todes wegen aaO Rn 21). 589 BGH (Fn 585), WM 1975, 1200; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 44; Kümpel/Wittig Rn 6.794. 590 BGH (Fn 585), WM 1975, 1200; Kümpel/Wittig Rn 6.794–6.796 (implizit). Die Pflicht zur Trennung der Gelder des Begünstigten wird schon durch Einrichtung eines offenen Treuhandkontos erfüllt; vgl. unten Zweiter Teil Rn 208 sowie § 84 WpHG, unten Siebter Teil Rn 111–114. 591 BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (75 und 78 f.); einschränkend BGH Urt. v. 12.10.1987 – II ZR 98/87, NJW 1988, 709 (710) (obiter dictum). Ausdrücklich so Nr. 6 AGB-Anderkonten von Notaren und Nr. 8 AGB-Anderkonten von Rechtsanwälten, jeweils a.E.; ggf. weitergehende direkte Treugeberansprüche und -weisungsrechte denkbar bei offenem Treuhandkonto im Falle der Treuhänderinsolvenz vgl. Geibel Treuhandrecht, 314 f. 592 BGH Urt. v. 16.12.1970 – VIII ZR 36/69, NJW 1971, 559 (560); BGH Urt. v. 9.12.1993 – IX ZR 100/93, NJW 1994, 726 (727); BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 105. Für eine vergleichbare Trennung der Vermögensmassen in der Insolvenz BGH Urt. v. 26.3.2015 – IX ZR 302/13, WM 2015, 1053 (Bereicherungsanspruch bei Einzahlung auf Treuhandkonto des Insolvenzverwalters nur noch gegen diesen, nicht den Gemeinschuldner); weitere Zuordnungsfragen von kontobezogenen Bereicherungsansprüchen in der Insolvenz in BGH Urt. v. 5.3.2015 – IX ZR 164/14, WM 2015, 733. 593 BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (78 f.); BGH (Fn 565), WM 1996, 249 (251); Schwintowski Kap. 7 Rn 44 ff.; ebenso i.Erg. (trotz anderem Grundansatz) Geibel Treuhandrecht, 58 f., 311 f. Ausdrücklich so Nr. 8 AGB-Anderkonten. Auch bei offenem Treuhandkonto hat das Institut Überwachungspflichten nur im Rahmen des unter Zweiter Teil Rn 213 Gesagten. 594 Aufrechnung unzulässig bei Zweckbindung der Forderung, etwa BGH Urt. v. 19.9.1957 – VII ZR 423/56, BGHZ 25, 211 (215) (Aufbaudarlehen); speziell zum Treuhandkonto: BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (77); BGH Urt. v. 22.6.1987 – III ZR 263/85, NJW 1987, 3250 (3251).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Konto.595 Ein Verzicht des Instituts ist nicht erforderlich.596 Erhalten bleiben diese (Pfand- und Aufrechnungs-)Rechte für Forderungen, die das Institut wegen Aufwendungen für das Treugut hat, vor allem Kontogebühren u.ä. (auch dies allgemeiner Treuhanddoktrin entsprechend).597 Selbst beim offenen Treuhandkonto trifft das Kreditinstitut jedoch nicht die – mit einer routinemäßigen Abwicklung unvereinbare – Pflicht zu überwachen, dass der Treuhänder nur pflichtgemäß verfügt.598 Bleibt die Zweckbindung verborgen, gelten Pfand- und Verrechnungsrechte auch bezüg207 lich Forderungen gegen den Treuhänder persönlich.599 Wurden jedoch bei Kontoerrichtung und Findung der rechten Benennung Aufklärungspflichten verletzt, ist nach § 249 BGB (auch) der Dritte so zu stellen, als wäre der Verstoß unterblieben, entfallen also Pfand- und Verrechnungsrechte wieder in gleicher Weise, als wäre (nach korrekter Aufklärung) ein Treuhandkonto errichtet worden.600 Offen ist das Treuhandkonto für das Institut, wenn nach seinem objektiven Empfängerho208 rizont (§ 157 BGB)601 der Kontoinhaber mit dem Konto Zwecke Dritter nicht nur verfolgt, sondern hierzu Dritten gegenüber verpflichtet ist. Erst aus dieser Differenzierung (und dem Grundsatz, dass bei Zweifeln vom Eigenkonto als dem Normalfall auszugehen ist) erklärt sich: Die bloße Nennung eines zusätzlichen Zwecks nach Nennung des Kontoinhabers begründet nicht die Vermutung, dass ein Treuhandkonto eröffnet werden sollte.602 Ein offenes Treuhandkonto ist hingegen anzunehmen, wenn das Institut positiv wusste, dass eine Pflicht bestand, die auf dem Konto gebuchten Gelder getrennt (auf Treuhandkonten) zu halten.603 Für die Frage nach dem Substrat dieser Bindung ist wieder auf das Vereinfachungsinteresse im (Giro-)Kontokorrentrecht abzustellen: Werden über das Konto Fremd- und Eigengelder abgewickelt, so ist das Konto allein nach den Regeln zum Eigenkonto zu behandeln.604 Die Gegenmeinung605 belastet das Institut,

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595 IE ebenso BGH Urt. v. 25.9.1990 – XI ZR 94/89, NJW 1991, 101 (102); BGH (Fn 565), WM 1996, 249 (251) (allerdings auf der Grundlage von § 826 BGB); Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 189 (in Neuaufl. Freitag/Mülbert keine eigene Kommentierung des Kontokorrents). 596 Der Treugeber kann bei Übertragung von Treugut auf den Treuhänder einseitig wirksam dessen Zweckbindung vorsehen, soweit der Dritte (hier das Kreditinstitut) davon weiß: Grundmann Treuhandvertrag S. 328–331; aA jedoch Baumbach/Hopt (8) Nr. 14 Rn 10 f; BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 45. 597 BGH Urt. v. 7.4.1959 – VIII ZR 219/57, NJW 1959, 1223 (1225 f.); OLG Hamm Urt. v. 10.6.1992 – 31 U 215/91, WM 1992, 1731 (1735); Coing Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäfts, 1973, S. 179 f.; Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 195. 598 Zuordnung grds. nur zum Treuhänder (selbst in Insolvenz): BGH (Fn 583), WM 2009, 562. Im Verhältnis zum Verfügungsempfänger verneint die hM zu Recht die Anwendbarkeit der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht. Es kommt jedoch nicht auf Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Dritten an, sondern – auch teils nach höchstrichterlicher Rspr. – auf Kenntnis vom Treubruch: vgl. nur Grundmann Treuhandvertrag S. 324–331. Gleiches gilt für das Institut. 599 Etwa BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (78 f.); BGH (Fn 595), NJW 1991, 101; BGH (Fn 586), WM 2012, 458 (460 f.); BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 109; ebenso i.Erg. (trotz anderem Grundansatz) Geibel Treuhandrecht, 311 f. 600 Die den Bedürfnissen adäquate Ausgestaltung des Kontos kommt bestimmungsmäßig dem Dritten zugute und dies ist dem Pflichtigen erkennbar. Vgl. zu diesen Kriterien für die drittschützende Wirkung des Vertrages oben Zweiter Teil Rn 134 und 203. Zur Rechtsgrundlage des Ersatzanspruches oben Zweiter Teil Rn 28–38. 601 Die Entscheidungen nehmen in diesem Sinne stets einen Kenntnistest (nicht nur Kennenmüssen) vor: BGH (Fn 594), NJW 1987, 3250; BGH (Fn 595), NJW 1991, 101; BankR-HdB/Joeres § 29 Rn 13 f. Zur Aufklärungspflicht, die auch für das Folgende gilt, vgl. jedoch oben Fn 590. 602 Für den Zusatz „Sonder-“ oder „Unterkonto“ bzw. „wegen“: BGH (Fn 565), BGHZ 21, 148 (149–151); BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (75); OLG Dresden Urt. v. 16.6.2010 – 13 U 1912/09 (juris Tz. 19); für „Mietkonto“: BGH (Fn 595), NJW 1991, 101; aA für „Kautionskonto“: OLG Düsseldorf Urt. v. 3.12.1987 – 10 U 117/87, ZIP 1988, 449. Ist Verrechnung gegen andere Konten des Inhabers vereinbart, spricht dies weiter gegen Treuhandkonto. 603 Vgl. BGH Urt. v. 19.5.1988 – III ZR 38/87, WM 1988, 1222 (1223) („Eintragungen auf Kontoblatt machen Trennung klar“). 604 BGH (Fn 585), BGHZ 61, 72 (78); BGH (Fn 591), NJW 1988, 709 (710); BGH Urt. v. 24.6.2003 – IX ZR 120/02, NJW-RR 2003, 1375 (1376). 605 Canaris WuB I C 3–1.94 (für Vollstreckungszugriff); Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 188 (in Neuaufl. entfallen); BankR-HdB/Hadding/Häuser § 37 Rn 2.

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das eigene Ansprüche nach kontokorrentrechtlichen Grundsätzen gesichert sehen will, vor Durchführung jeder Belastungsbuchung mit Berechnungen über die Auftrennung der Aktivposten. d) Insbesondere: Die Zuordnung im Verhältnis zu Dritten. Gegenüber Dritten, in 209 Zwangsvollstreckung und Insolvenz, setzt sich das wirtschaftliche Eigentum des Treugebers nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht notwendig durch, wenn die treuhänderische Bindung aufgedeckt war.606 Die Gelder auf dem Konto müssen vom Treugeber607 oder aus der Einziehung einer Forderung des Treugebers608 stammen. In diesen Fällen ist zwar die Pfändung wirksam,609 kann der Treugeber jedoch unstreitig Drittwiderspruchsklage erheben (§ 771 ZPO) bzw. aussondern (§ 47 InsO). Begründete umgekehrt der Treuhänder die Forderung in seiner Person, etwa weil er das Treugut im eigenen Namen vermietete, so geht die höchstrichterliche Rechtsprechung auch bei aufgedeckter treuhänderischer Bindung davon aus, dass der Treugeber dem Vollstreckungszugriff nicht widersprechen könne.610 Ist die Bindung offengelegt, so wird dies von der hL anders gesehen.611 Ebenfalls ohne Schutz bleibt der Treugeber, wenn der Treuhänder auf dem Konto eigene und fremde Gelder hält (Mischkonto) oder aber sich von der Treubindung lossagt.612 Bei Abwägung der betroffenen Treugeber- und Drittinteressen im Lichte der gesetzlichen 210 Wertungen ergibt sich,613 dass die Treugeberinteressen in aktuellen Eigentumspositionen im verfassungsrechtlichen Sinne gründen, die Drittinteressen hingegen nicht (bloße, nicht erdiente Aussichten). Die Existenz und Anerkennung verdeckter Sicherungsrechte, die auch aus dem Vermögen des Schuldners finanziert werden, entkräften das Argument, ein Gläubiger habe jedoch auf den erkennbaren Vermögensbestand vertrauen dürfen. Am überzeugendsten erscheint es m.E. daher, sogar auch eine Aufdeckung ebenso wenig zu fordern wie die unmittelbare Her-

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606 Speziell für das Treuhandkonto: BGH (Fn 597), NJW 1959, 1223 (1225); BGH (Fn 592), NJW 1971, 559 (560); BGH Urt. v. 1.7.1993 – IX ZR 251/92, NJW 1993, 2622; BGH Urt. v. 8.2.1996 – IX ZR 151/95, WM 1996, 662; BGH Urt. v. 10.2.2011 – IX ZR 49/10, NJW-RR 2011, 779 (780); OLG Frankfurt/M. Urt. v. 11.2.2010 – 16 U 176/09, ZIP 2010, 437; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.11.2015 – 12 O 480/14, BeckRS 2016, 14941; zum Meinungsstand im Gesamtkomplex und zum Folgenden ausführlicher: Grundmann Treuhandvertrag S. 312–324; ausführlich zu Treuhandkonto und Pfändung Lange NJW 2007, 2513. 607 BGH (Fn 597), NJW 1959, 1223 (1224 f.); referierend BGH (Fn 606), NJW-RR 2011, 779 (780). §§ 47, 49–51 InsO entsprechen im hier fraglichen Kern der Zuordnung der früheren Gesetzeslage und dies bezieht sich auf die Rspr. zu fremd- und eigennütziger Treuhand nach §§ 43, 47 KO. 608 BGH (Fn 597), NJW 1959, 1223 (1225); BGH (Fn 606), NJW-RR 2011, 779 (780); OLG Naumburg Urt. v. 20.12.2001 – 2 U 56/01, WM 2001, 1668. 609 Mangels Drittwiderspruchsklage oder Aussonderung ist das Kreditinstitut zur Auskehrung verpflichtet (selbst von Beträgen auf einem Anderkonto, das der Zwangsvollstreckungsschuldner hält): vgl. KG Urt. v. 3.12.2012 – 24 U 124/11, WM 2013, 1407. 610 BGH Urt. v. 19.11.1992 – IX ZR 45/92, WM 1993, 83 (84) (Ausnahme nur Unmittelbarkeitsprinzip und Haltung auf Anderkonten), BGH (Fn 606), VersR 2011, 1062 (1063); freilich für Zahlungseingänge nicht automatisch Zuordnung zur Insolvenzmasse, sondern an den Anwalt (agierend als Insolvenzverwalter): BGH (Fn 583), WM 2009, 562. 611 Offenkundigkeit wird häufig pauschal bejaht, wenn der Kontoinhaber zu den Personen gehört, die zur Eröffnung von Anderkonten berechtigt sind: Canaris Bankvertragsrecht Rn 280; Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 188; zum Meinungsstand ausführlicher: Grundmann Treuhandvertrag S. 312–324 (selbst ebenfalls jedenfalls für ein bloßes Offenkundigkeitsprinzip plädierend, aber sogar noch weitergehend, vgl. nächste Rn). 612 BGH (Fn 606), NJW 1993, 2622 (2622); BGH (Fn 606), WM 1996, 662 (663); BGH (Fn 604), NJW-RR 2003, 1375 (1376); BGH (Fn 606), BGHZ 188, 317 (321); BGH (Fn 606), NJW-RR 2011, 779 (780 f.) (im Gegensatz zu OLG Frankfurt/M. (Fn 606), ZIP 2010, 437 auch substantielle Veruntreuung für schädlich gehalten; m.w.Nachw. im letzten Sinne); OLG Frankfurt/M. Urt. v. 1.3.2012 – 16 U 152/11, NZG 2012, 674 (auch wenn Kontostand höher liegt als die treuhänderisch genommene Kundeneinlage, der Bestand also auch als das Treuhandvermögen verstanden werden könnte). 613 Ausführlicher Grundmann Treuhandvertrag S. 309–324.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

kunft aus dem Treugebervermögen (Zweiteres in Übereinstimmung mit der hM), sondern allein Bestimmbarkeit.614 Zweifel insoweit gehen zu Lasten des Treugebers, was den Schutz seiner Gelder auf Mischkonten praktisch ausschließt. Anders als im Verhältnis zum Kreditinstitut wäre deren Schutz theoretisch denkbar, da die Zuordnung nicht bei jeder einzelnen Buchung festgelegt werden müsste, sondern nur ein Mal und dies in einem gerichtlichen Verfahren zwischen beiden Prätendenten. 5. Vertretungs- und Verfügungsmacht über fremde Konten 211

a) Bankvoll- und -verfügungsmacht. Die Bankverfügungsmacht ist unüblich außerhalb von Sondersituationen, vor allem Fremdkonten und Treuhandkonten (in der weniger gebräuchlichen Form der Ermächtigungstreuhand). Die Bankvollmacht kann gezielt für den Todesfall oder auch vor ihm, jedoch über ihn hinaus erteilt werden. Jenseits dieser Sondersituationen betreffen die wichtigsten Fragen der Bankvollmacht – wie bei der Vollmacht allgemein – den Umfang der Vollmacht, die Drittwirkung von Beschränkungen im Innenverhältnis und das Bestehen der Vollmacht kraft Rechtsschein. Fragen des Umfangs der Vollmacht wurden entschärft, indem heute die Formulare die Al212 ternativen aufzeigen. Heute wird iZw. davon ausgegangen, dass die Vollmacht für ein Girokonto alle Funktionen dieses Kontos umfasst (Auszahlung, Überweisung, Scheckausstellung).615 Nur für Verfügungen im Soll, vor allem Überziehungen, wird eine gesonderte Kreditvollmacht gefordert,616 die wohl bereits in vereinzelter Hinnahme von Abhebungen zu sehen ist.617 Festlegungen im Formular werden durch Individualabrede verdrängt (§ 305b BGB).618 Die Umfangsbestimmung selbst unterliegt zwar einer Transparenz-, ansonsten jedoch keiner Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB). Beschränkt ist die Vollmacht hinsichtlich der Person des Vertreters, wenn Gesamtvertreter 213 bestellt wurden.619 Hingegen wird § 181 BGB weder auf die Auszahlung an den Vertreter noch auf die Überweisung an ihn angewandt und auch nicht auf die Besicherung seiner Schulden (Interzession), die der Vertreter als solcher vornimmt.620 In keinem Fall steht der Vertreter formal auf der anderen Seite des Geschäfts, sondern ist nur Begünstigter der jeweiligen Autorisierungsakte im Verhältnis Kunde, vertreten durch den Vertreter, gegenüber dem Institut (so auch bei Auszahlung/Übereignung)621 Korrigierend greifen hier, wie auch sonst bei Beschränkungen, die

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614 Coing (Fn 597), S. 178 f.; Grundmann Treuhandvertrag S. 315–317 (mwN Rn 91); Liebich/Mathews Treuhand und Treuhänder in Recht und Wirtschaft, 2. Aufl. 1983, S. 24 f., 474. 615 Zuletzt für den Scheck: BGH Urt. v. 9.6.1986 – II ZR 193/85, WM 1986, 901 (902); allgemein: BGH (Fn 577), WM 2009, 980 = VersR 2009, 1678 (1679) (aber nicht Kontoauflösung, dh. „Grundlagengeschäft“); allgemein: Hüffer/van Look Bankkonto Rn 67, 69–71; BankR-HdB/Lwowski/Lorenz § 34 Rn 23 f und Anm 21 zu Muster 4. 616 OLG Hamm Urt. v. 12.3.1991 – 7 U 165/90, NJW 1992, 378; OLG Brandenburg (Fn 486), BKR 2007, 473 (jedenfalls im Bereich der nur geduldeten Überziehung); BankR-HdB/Lwowski/Lorenz § 34 Rn 24; mit Einschränkungen bei normalen Überziehungen Hüffer/van Look Bankkonto Rn 71, 73–75; ebenso für die Verfügung, die nur deswegen kein Debet begründet, weil eine Gutschrift unter Vorbehalt des Eingangs erteilt wurde: OLG Karlsruhe Urt. v. 20.6.1984 – 12 U 6/84, WM 1984, 1150 (1151). 617 So BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 6. 618 BGH Urt. v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011 (2011); tendenziell auch BGH Urt. v. 11.11.1968 – II ZR 223/66, WM 1969, 112 (112); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 8. 619 Zur (Unter-)Ermächtigung, die nur beschränkt auf (Gruppen von) Einzelgeschäften erfolgen darf: BGH (Fn 398), WM 1986, 315; BGH Urt. v. 8.10.1991 – XI ZR 64/90, NJW 1992, 618; Hüffer/van Look Bankkonto Rn 76 f.; für die möglichen Zuschnitte BankR-HdB/Lwowski § 34 Rn 28 (in Neuaufl. nicht enthalten). 620 Heute nahezu unstr. für die Auszahlung und Überweisung: BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 23 (mwN). Für die Interzession: BGH (Fn 127), NJW 2005, 664 (667); BGH Urt. v. 9.11.2004 – XI ZR 315/03, ZIP 2005, 110 (112); Petersen JURA 2007, 418 (420); MünchKommBGB/Schubert § 181 Rn 15, 42; Grundmann Treuhandvertrag S. 245 Rn 35. 621 Zu Befürwortern einer analogen Anwendung des § 181 BGB und auch zu den stattdessen eingreifenden Regeln in Fällen erheblicher Interessenkonflikte: Grundmann Treuhandvertrag S. 238–241, 244–246, 260–264.

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allein im Innenverhältnis wirken, die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht ein. Leitlinie ist, dass das Institut das Innenverhältnis nicht kennen und auch nicht eruieren muss. Anders ist dies erst, wenn schwerwiegende Verdachtsmomente vorliegen, die sich geradezu aufdrängen. Dies ist bisher nur angenommen worden,622 wenn von einer sicheren Praxis ohne ersichtlichen Grund plötzlich abgewichen wurde,623 wenn das Verhalten fundamental von allem Verkehrsüblichen abweicht624 und vor allem (nicht stets), wenn Eigeninteressen des Vertreters klar erkennbar waren.625 Fehlt nach diesen Grundsätzen die Vollmacht oder ist sie aus anderen Gründen entfallen, verfügt das Institut rechtsgrundlos, jedoch nicht auf Grund eigener Leistung.626 Besonders entwickelt wurden die Rechtsscheingrundsätze zwar nicht für die Erteilung der 214 Bankvollmacht, wohl aber für deren Erlöschen (Nr. 11 Abs. 1 AGB-Banken; und noch etwas detaillierter Nr. 4 Abs. 1 AGB-Sparkassen). Beide AGB sehen zunächst nur das vor, was nach §§ 170, 173 BGB ohnehin gilt. Eigenen Regelungsgehalt haben sie, soweit sie auch bei Registereintrag die Mitteilung des Erlöschens der Vollmacht fordern (vgl. § 15 Abs. 2 HGB). In der Tat würde die Massenhaftigkeit der Beziehungen auch zu kaufmännischen Kunden eine stetige Registerüberprüfung schwierig gestalten.627 b) Sonderfälle Fremd- und Sperrkonto. Eine spezielle Form von Verfügungsmacht über 215 fremde Konten findet sich beim sog. Fremdkonto. Der Begriff ist schillernd. Eigenständig ist diese Sonderform nur, wenn sie als Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB verstanden wird. Dann ist vor allem die Abgrenzung gegenüber dem Treuhandkonto schwierig.628 In den zentralen Rechtsfolgen treffen sich jedoch das offene Treuhandkonto und das Fremdkonto und weicht ersteres viel stärker vom verdeckten Treuhandkonto ab. Die von den Rechtsfolgen her ungleich wichtigere Unterscheidung ist also die zwischen aufgedeckter Drittzweckbindung und verdeckter. Beim Sperrkonto ist der „Begünstigte“ nicht Inhaber, sondern erhält „negative“ Verfü- 216 gungsmacht: die Macht, Verfügungen zu untersagen. Auch die Treuhandabrede enthält die schuldrechtliche Bindung, nicht in bestimmten (vor allem eigennützigen) Weisen zu verfügen.

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622 Wegen Nichteingreifen von § 181 BGB ist das Fallmaterial reich. Übersichten zu den vielen Fällen, in denen Missbrauch abgelehnt wurde: BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 33–41 a (etwa Barabhebung auch in Millionenhöhe, eigennützige Überweisung, Kontonummernänderung, Bestellung von Kreditsicherheiten für Schulden Dritter, Kreditverwendung, selbst wenn Schutzbedürftigkeit Dritter [etwa Anleger] naheliegt oder Risiko für Vertretenen groß ist [etwa Spekulation]). 623 BGH Urt. v. 26.4.1976 – VIII ZR 149/74, WM 1976, 709 (711 f.) (bisherige Gegenzeichnung durch Steuerberater aufgegeben). 624 BGH Urt. v. 18.11.1985 – II ZR 113/85, WM 1986, 418 (418 f.) (Zerreißen eines Kontoauszugs mit hoher Auszahlungsbuchung und Anforderung des vorherigen Auszugs noch ohne Aufführung der Buchung); BGH Urt. v. 25.1.1982 – II ZR 154/81, BGHZ 83, 28 (31–33) = NJW 1982, 1466 (46 Euroschecks zur Rückzahlung eines Darlehens); BGH Urt. v. 2.6.1958 – II ZR 142/57, WM 1958, 871 (872) (Abtretung statt Überweisung). 625 BGH Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 56/82, NJW 1984, 1461 (1462) (dem Geschäftsherrn ersichtlich Informationen vorenthalten); BGH (Fn 623), WM 1976, 709 (711); BGH (Fn 618), WM 1969, 112 (Bürgschaft bzw. Verpfändung für eigene Schuld); BGH Urt. v. 17.11.1975 – II ZR 70/74, WM 1976, 474 (475) („Leerräumen“ des Firmen- zugunsten des Privatkontos); zur Evidenz aus jüngerer Zeit BGH Urt. v. 29.6.1999 – XI ZR 277/98, WM 1999, 1617; BGH Urt. v. 15.6. 2004 – XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517 (2518); OLG Koblenz Beschluss v. 28.4.2008 – 5 U 27/08, NJW-RR 2008, 965 (966) = WM 2008, 1381; LG München I, Urt. v. 23.9.2004 – 32 O 6269/04, BKR 2006, 28 (32) (Anm. Walz BKR 2006, 33 (34)). 626 Rückforderung also im Wege der Nichtleistungskondiktion, etwa BGH Urt. v. 2.6.2015 – XI ZR 327/14, WM 2015, 1458. 627 Die Wirksamkeit der Klausel wird praktisch einhellig bejaht: Baumbach/Hopt (8) Nr. 11 Rn 3; BankRHdB/Bunte § 16 Rn 10; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 36 (außer bei grobem Verschulden des Instituts). 628 Schwintowski Kap. 7 Rn 42 f. Treuhandkonten in Form der Ermächtigungstreuhand sind ohnehin Fremdkonten: BGH (Fn 591), NJW 1988, 709 (709) (implizit). Zu diesem Verständnis des Begriffs Fremdkonto und zur Abgrenzung vgl. ausführlicher bereits oben Zweiter Teil Rn 203.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Nur etwas konkreter ist die Bindung beim Sperrkonto, indem alle oder bestimmte Verfügungen kraft Parteivereinbarung unter Zustimmungsvorbehalt gestellt werden.629 Der Vorbehalt wirkt sicherlich schuldrechtlich (§ 137 S. 2 BGB), wobei freilich fraglich ist, ob auch das Kreditinstitut dem Begünstigten gegenüber verpflichtet ist, wenn die Sperre nur zwischen Kreditinstitut und Inhaber vereinbart wurde630 oder zwischen Inhaber und Begünstigtem.631 Dinglich wirkt die Sperre nicht (§ 137 S. 1 BGB),632 da zwar – punktuell – die Abtretbarkeit mit dinglicher Wirkung ausgeschlossen werden kann (§ 399 BGB, ohnehin eingeschränkt durch § 354a HGB), jedoch nicht die ganze Palette von Verfügungsmöglichkeiten, insbesondere die Geltendmachung.633 III. Bankkonto im Erbfall 1. Bankverhaltenspflichten auf Grund des Todesfalls 217

a) Fortwirken der Weisungen des Erblassers. Erlangt das kontoführende Institut (sichere) Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers, obliegt es ihm, das Konto als Nachlasskonto zu kennzeichnen, um entsprechende Verhaltenspflichten sicher beachten zu können.634 Konto und Geschäftsbesorgungsverhältnis erlöschen nicht.635 Erblasserweisungen gelten fort,636 bis die Erben sie widerrufen. Falls keine Erben ermittelt werden können, bestellt das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger, der als gesetzlicher Vertreter der noch unbekannten Erben agiert, bis diese aufgefunden sind und die Nachlasspflegschaft beendet wird.637 b) Verhaltenspflichten gegenüber Erben

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aa) Feststellung der Erbenstellung. Sedes materiae ist Nr. 5 AGB-Banken (und ähnlich, aber nicht identisch Nr. 5 AGB-Sparkassen). Wird ein Erbschein, TV-Zeugnis u.ä. vorgelegt, hat das Institut im Sinne des Scheinberechtigten zu verfügen, da und soweit es kein Risiko läuft (§ 2367 BGB).638 Auf bloße Vorlage der Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift einer letztwilli-

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629 Bork NJW 1981, 905 (905); Busse MDR 1956, 70 (71); BankR-HdB/Hadding/Häuser § 36 Rn 4–7. Dies unterscheidet das Sperrkonto von allen Formen, in denen das Gesetz eine Verfügung durch den Inhaber beschränkt (meist mit dinglicher Wirkung): so bei der Pfändung, Sicherheitenbestellung u.ä.; vgl. Hadding/Häuser aaO Rn 2 f., 9. 630 Gegen Bindung: BGH Urt. v. 17.2.1964 – III ZR 200/61, WM 1964, 349 (350); BGH Urt. v. 31.1.1974 – II ZR 3/72, WM 1974, 274 (275); Hopt/Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 167 (in Neuaufl. Freitag/Mülbert keine eigene Kommentierung des Kontokorrents); dafür (zumindest mit bloß obligatorischer Wirkung): Hüffer/van Look Bankkonto Rn 106–109. 631 Für Bindung: BGH (Fn 630), WM 1964, 349 (350). 632 Busse MDR 1956, 70 (71 f.); Kollhosser ZIP 1984, 389 (393); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 109; Schwintowski Kap. 7 Rn 50; aA Bork NJW 1981, 905 (905 f.). 633 Dennoch wirkt die Sperre (als schuldrechtliche Vereinbarung mit Lastwirkung) auch gegen den Dritten schon, wenn er von ihr weiß (nicht erst, wenn er zum Verstoß anstiftet). Die höchstrichterliche Rspr. in der Frage ist etwas diffus. Vgl. im Einzelnen Grundmann Treuhandvertrag S. 327–331. 634 BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 32; Hüffer/van Look Bankkonto Rn 216. 635 Vgl. § 672 BGB; Hüffer/van Look Bankkonto Rn 216 f.; anders das allgemeine HGB-Kontokorrent, oben Zweiter Teil Rn 137. 636 Hüffer/van Look Bankkonto Rn 232 (mit Einschränkungen); für Schecks und Überweisungsaufträge Hopt/ Mülbert Kreditrecht Vor § 607 BGB Rn 131; für Daueraufträge BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 32. 637 Ausführlich: Schulz/Schmitz ZEV 2015, 80. 638 Nach der Liberationswirkung beurteilt sich auch, welche weiteren Urkunden verlangt werden dürfen: Hüffer/ van Look Bankkonto Rn 231; Beispiele bei BankR-HdB/Bunte § 10 Rn 4. Nr. 5 Abs. 1 S. 1 AGB-Sparkassen a.F. war im Verkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil und soweit sie der Bank das Recht einräumte, auf Vorlage eines Erbscheins zu bestehen, selbst wenn die Erbenstellung klar und nicht angezweifelt war: BGH Urt. v. 8.10.2013 – XI ZR 401/12, BGHZ 198, 250 = WM 2013, 2166; im Grundsatz schon OLG Hamm Urt. v. 1.10.2012 – I-31 U 55/12, WM 2013, 221; und zur Zulässigkeit anderer Nachweismittel schon BGH Urt. v. 7.6.2005 – XI

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gen Verfügung mit Eröffnungsbeschluss kann, muss das Institut jedoch nicht leisten. Das Institut kann und muss vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen feststellen, ob vernünftige Zweifel an der Richtigkeit bestehen. Diese Dokumente sollten idR die zutreffende Rechtslage dokumentieren (vgl. auch § 2259 BGB), haben jedoch keine Liberationswirkung. Ebendiese sieht Nr. 5 S. 2 AGB-Banken vor (außer bei Bösgläubigkeit nach S. 3). Über die Wirksamkeit der Klausel entscheidet das Verhältnis zum Erblasser, in das die Erben einrücken. Da Letzterer im Prozess seine Aktivlegitimation nachweisen müsste, wird er nicht unangemessen benachteiligt, wenn ihm dies auch außerprozessual abverlangt wird, falls das Institut unverschuldet die Aktivlegitimation nicht sicher eruieren kann.639 Soll – im Interesse des Kunden – diese Nachweislast gesenkt werden, ist auch die Risikoabnahme durch den Kunden nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB.640 Das Kreditinstitut muss jedoch das in Nr. 5 S. 2 AGB-Banken eingeräumte Ermessen sorgfältig, unter Abwägung des Erleichterungsinteresses und des Missbrauchsrisikos, ausüben. bb) Einrücken des Erben in die Berechtigten- und Auftraggeberstellung. Kraft Gesamt- 219 rechtsnachfolge rückt der Erbe in die Stellung als Kontokorrentberechtigter und Auftraggeber ein, wobei im Falle der Weiterbenutzung des Kontos auch eine eigene persönliche Rechtsbeziehung zur Bank entsteht.641 Als solcher hat er Auskunfts- und Weisungs- bzw. Widerrufsrechte, vor allem: das Recht, eine Gegenweisung zu früheren Erblasserweisungen zu geben; das Recht, Willenserklärungen des Erblassers nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB zu widerrufen; und das Recht, Vollmachten, die der Erblasser erteilte, zu widerrufen. Stets stellen sich die Fragen, die besonders prominent für die Übertragung des Kontos von Todes wegen und für Vollmachten zu anderen als Übertragungszwecken diskutiert werden (unten Zweiter Teil Rn 221 ff., 232 f.). Auskunft kann jeder Erbe gesondert fordern, allerdings dann an alle, d.h. an jeden Erben.642 Auskunft fordern kann er auch über Gegenstände, die dem Erblasser bereits mitgeteilt wurden, wenn ihm der Zugriff darauf fehlt.643 Ein Bankgeheimnis (zugunsten des Erblassers) besteht nur bei entsprechendem Willen des Erblassers, wenn sein Interesse auch unter Berücksichtigung des Prinzips der Universalsukzession überwiegt (bei höchstpersönlichen, vermögensmäßig unbedeutenden Umständen). c) Meldepflichten. Meldepflichten treffen das Institut gemäß § 33 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 1 220 ErbStDV. Anzuzeigen sind Erblasserguthaben644 zum Todeszeitpunkt,645 deren Summe 5.000,– € übersteigen.

_____ ZR 311/04, ZEV 2005, 388. Zu Warnpflichten gegenüber dem Erben (nur bei offensichtlichen Verdachtsmomenten für Missbrauch): OLG Koblenz (Fn 625), NJW-RR 2008, 965 = WM 2008, 1381 (Testamentsvollstrecker). 639 Zu diesem Gesichtspunkt: Gößmann/Wagner-Wieduwilt/Weber Rn 1/166; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B24 f.; zu den Klauseln auch unten Zweiter Teil Rn 303 f; akzeptiert das Institut ohne berechtigte Zweifel eine beglaubigte Abschrift des Testaments sowie des Eröffnungsprotokolls zur Aktivlegitimation nicht, kann es für Schäden, die den Erben entstehen, um ihre Aktivlegitimation durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen, haftbar gemacht werden: BGH Urt. v. 5.4.2016 – XI ZR 440/15, WM 2016, 868. 640 Baumbach/Hopt (8) Nr. 5 Rn 2 (implizit); BankR-HdB/Bunte § 10 Rn 28–30. 641 Für ein Einzelkonto BGH Urt. v. 10.10.1995 – XI ZR 263/94, BGHZ 131, 60 (64); für ein Einzel- oder Oder-Konto und Miterbenstellung BGH Urt. v. 18.1.2000 – XI ZR 160/99, WM 2000, 469. 642 BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 42; zu sonstigen Fragen des Miterbenverhältnisses vgl. BGH (Fn 641), WM 2000, 469; zur Kündigung durch Mehrheitsbeschluss, wenn dies als „Maßnahme ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung“ zu sehen ist: OLG Brandenburg Urt. v. 24.8.2011 – 13 U 56/10, NJW-RR 2010, 336 (jedenfalls, wenn bei sicherer Anlage des Guthabens ein höherer Habenzins zu erzielen ist). 643 BGH Urt. v. 4.7.1985 – III ZR 144/84, NJW 1985, 2699; BGH (Fn 63), BGHZ 107, 104 (109) = NJW 1989, 1601. 644 Entscheidend ist, ob der Erblasser wirtschaftlich Inhaber war, so dass Gemeinschaftskonten, (offene) Treuhandkonten und auch solche Konten, über die der Erblasser nach §§ 331, 2301 BGB verfügt, zu melden sind: BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 36. 645 0 Uhr Todestag, um Umgehung vorzubeugen: BankR-HdB/Joeres § 30 Rn 34 f.; auch BMF-Schreiben v. 2.3.1989, DB 1989, 605.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

2. Übertragung von Todes wegen (auch mittels Vollmacht) a) Grundproblem und Wertungen – Übertragungsformen. Mit §§ 331 und 2301 BGB hält das Gesetz zwei Normen zur Übertragung von Konten im Todesfall vor, deren Abstimmung schwerfällt: Die Anforderungen divergieren, zudem betrifft § 331 BGB unmittelbar die Verfügung, § 2301 BGB das Verpflichtungsgeschäft. Mit § 331 BGB ging der Gesetzgeber davon aus, dass der Verfügungswille des Erblassers, der ein Konto eröffnet und einen Begünstigten benennt, ebenso sicher belegt ist wie bei Verfügung nach § 2247 BGB. Im Verhältnis Erblasser – Erbe geht es also letztlich um ein Formproblem. Daher hat stets ein Wertungsgesichtspunkt die Auslegung zu leiten: Sind durch das gewählte Vorgehen Bildung (Bindungswille) und Authentizität des Erblasserwillens so sicher verbürgt wie durch Einhaltung von § 2247 BGB, sind alle Streitfragen, falls sich kein gegenteiliger Gesetzgeberwille andernorts eindeutig belegen lässt, im Sinne eines favor donationis zu lösen.646 Bezogen auf die einzelnen Übertragungsformen bedeutet dies: Für den Hauptfall, den 222 Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB), hat der Gesetzgeber selbst entschieden, dass die „Form“ Bildung und Authentizität des Erblasserwillens hinreichend belegt. Der Erblasserwille ist gleich deutlich und fälschungssicher dokumentiert (in der Kontenbezeichnung!), wenn, wie häufig unter Eheleuten, zum Zwecke der Übertragung ein Oder-Konto errichtet wurde.647 Hier gilt die gleiche Wertung. Unsicherer sind die Formen, in denen nicht bereits die Kontobezeichnung den Übertragungswillen andeutet. Dies gilt für die schenkweise Abtretung durch den Erblasser (zu Lebzeiten oder von Todes wegen), wenn der Vertrag unter Einschaltung eines Boten648 oder Vertreters649 abgeschlossen wird und nicht bereits durch den Erblasser vollzogen ist. Unsicherer sind sie, da für sie eine Regel wie § 331 BGB, die § 2301 BGB iE verdrängt, fehlt, und da dies auf Grund der etwas größeren Manipulationsgefahr plausibel ist. 223 Umgekehrt sollte im Verhältnis zu Pflichtteilsberechtigten, Vertragserben und Nachlassgläubigern (d.h. zu ihren Gunsten) die Verfügung des Erblassers jedenfalls in den Fällen wertmäßig rückabgewickelt werden, in denen die Ansprüche dieser Berechtigten nicht aus dem Nachlass zu befriedigen sind. Eine Befriedigung kann freilich grundsätzlich auch durchaus gewährleistet werden, wenn man Verfügungen über Konten nach den Regeln über die Schenkung (dieser Konten) unter Lebenden behandelt und die entsprechenden Schutznormen a fortiori auch auf Verfügungen im Todesfall anwendet: für die Pflichtteilsberechtigten durch §§ 2325, 2329 BGB, für die Nachlassgläubiger durch §§ 134 Abs. 1 und auch 133 Abs. 1 InsO und für die Vertragserben, wenn man mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung „Missbrauch“ i.S.v. § 2287 BGB schon bejaht, wenn die Verfügung auf keinem lebzeitigen Eigeninteresse, d.h. auf keiner besonderen Unterstützung durch den Beschenkten,650 beruht. 221

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646 Ähnlich MünchKommBGB/Musielak § 2301 Rn 37 (da Verhältnis von § 2301 BGB zu § 331 BGB ungeklärt, nicht Grundsätze über die Auslegung, sondern über die Rechtsfortbildung); allgemeine Übersicht zu den Übertragungsmöglichkeiten bei Kühne ZErb 2015, 33. 647 Zu dieser Übertragungsform näher BGH Urt. v. 16.4.1986 – IVa ZR 198/84, WM 1986, 786; Rendels Bankkonto von Eheleuten, S. 2 f., 160–170. Das unten zum Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB) Gesagte (Zweiter Teil Rn 229 f.) gilt bei dieser Übertragungsform entsprechend. 648 Zur schenkweisen Abtretung seitens des Erblassers direkt: BGH Urt. v. 23.2.1983 – IVa ZR 186/81, BGHZ 87, 19 (22) = NJW 1983, 1487; OLG Frankfurt Beschl. v. 29.6.2011 – 20 W 168/11, DNotZ 2012, 140 (141); Bork JZ 1988, 1059 (1059). 649 Dazu näher Bork JZ 1988, 1059 (1059 f.); Muscheler WM 1994, 921 (923–925); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 67; Schreiber Jura 1995, 159 (161 f.). 650 Vgl. BGH Urt. v. 17.6.1992 – IV ZR 88/91, NJW 1992, 2630; etwas weiter BGH Urt. v. 27.1.1982 – IVa ZR 240/80, BGHZ 83, 44 (45 f. und 51) = NJW 1982, 1100 sowie OLG Koblenz Urt. v. 6.12.2004 – 12 U 14/04 NJW-RR 2005, 883 (884); §§ 331, 2301 Abs. 2 BGB finden unverändert Anwendung, allein eingeschränkt nach § 2287 BGB: BGH Urt. v. 12.5.1993 – IV ZR 227/92, NJW 1993, 2171 (2172).

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3. Abschnitt – Bankkonto

b) Lebzeitiger Vertrag zugunsten Dritter. Auszugehen ist von den allgemeinen Ausle- 224 gungsgrundsätzen zur Inhaberschaft an Bankkonten: Eröffnet eine Person ein Konto im Namen eines Dritten, so liegt darin beim (Spar-)Konto iZw. noch nicht die Erklärung, dass der Dritte Berechtigter nach § 328 BGB sein soll.651 Dies gilt vor allem, wenn der Dritte das Sparbuch nicht erhält oder gar nicht einmal in Kenntnis gesetzt wird. Im letztgenannten Fall gilt Gleiches auch beim Girokonto. Die Kontoberechtigung kann der Dritte in diesen Fällen nur derivativ, durch Verfügung erlangen. Denkbar sind Schenkungen unter Lebenden und von Todes wegen (§§ 516 ff., 2301 BGB), wobei § 331 BGB in beiden Konstellationen maßgebliche Bedeutung zukommt (näher dazu unten Zweiter Teil Rn 226–231). c) Einsatz einer Vollmacht zur Übertragung. Häufig beruht die Übertragung auf dem Ein- 225 satz einer Vollmacht, die der Erblasser erteilt, häufig dem kontoführenden Institut. Zutreffend ist zunächst – für die Fälle des § 331 BGB und des Oder-Kontos –, dass der Vertreter sein Handeln noch nicht am Interesse des Erben auszurichten hat, nicht zuwarten und nicht Rückfrage nehmen darf.652 Die Vollmacht zu Übertragungszwecken kann nach hM vom Erben widerrufen,653 jedoch auch unwiderruflich erteilt werden,654 dies jedoch nur, wenn auch bereits der Widerruf durch den Erblasser ausgeschlossen ist.655 Ist die Vollmacht widerruflich, kommt es nach hM zu einem Wettlauf, da der Erbe sie und nach ihrer Ausübung auch noch die Willenserklärung (gemäß § 130 Abs. 1 S. 2 BGB) widerrufen kann. Für die Fälle von § 331 BGB und das Oder-Konto ergibt sich aus der oben genannten Grundwertung m.E. anderes: Die Vollmacht ist iZw. unwiderruflich erteilt, so dass der Erbe die Übertragung nicht verhindern kann. M.E. kann – entgegen der eben geschilderten ganz hM – der Widerruf durchaus allein für den Erben ausgeschlossen werden, da der Erblasser auch im Rahmen von § 2247 BGB für sich selbst den Freiraum wählen und dennoch den Erben binden kann. Ist die Vollmacht widerruflich, kann sie jeder Erbe für sich gesondert widerrufen.656 d) Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) aa) Schenkungsversprechen unter Überlebensbedingung. Ausgangspunkt ist § 2301 226 BGB, obwohl er teils von § 331 BGB verdrängt wird. Die Schenkung von Todes wegen (§ 2301 BGB) ist von der lebzeitigen (§ 516 BGB) danach abzugrenzen, ob die Schenkung unter die Bedingung gestellt wurde, dass der Beschenkte den Erblasser überlebt,657also unter Überlebensbedingung. Dies muss nicht ausdrücklich geschehen, sondern ist immer anzunehmen, wenn (allein) die beschenkte Person Nutznießer sein sollte und ihr der Gegenstand erst für die Zeit

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651 Finger JuS 1969, 309 (309); Kühne ZErb 2015, 33 (35 f). Vgl. hierzu und zum Folgenden Nachw. oben Zweiter Teil Rn 195; zur fehlenden Anfechtbarkeit dieses Geschäftes unter Lebenden nach § 2078 BGB: BGH Urt. v. 26.11. 2003 – IV ZR 438/02, NJW 2004, 767 (Geschäft zählt nicht zum Nachlass). 652 BGH Urt. v. 25.10.1994 – XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 (242–244) = NJW 1995, 250 (iE); Hopt ZHR 133 (1970), 305 (325). Für Schadensersatzpflicht im Verstoßfall Schwintowski Kap. 8 Rn 21; ausf. zur Ausgestaltung von Vorsorgeund Generalvollmachten in solchen Fällen Sauer RnotZ 2009, 79. 653 BGH Urt. v. 14.7.1976 – IV ZR 123/75, WM 1976, 1130 (1132); BGH (Fn 563), NJW 1984, 480 (481); OLG Frankfurt Urt. v. 19.12.2012 – 23 U 220/11, ZEV 2014, 538 = juris = ErbR 2014, 281 (Leitsatz); Schreiber Jura 1995, 159 (162); selbstverständlich nur, wenn nicht bereits formlos vereinbart, also nur bei heimlichen Schenkungen: Hager FS Caemmerer 1978, S. 127 (135 f., 146 f.), da andernfalls mit Erbfall Erfüllung und Heilungswirkung. 654 BGH (Fn 653), WM 1976, 1130 (1132); Kümpel WM 1993, 825 (826–829); Schreiber Jura 1995, 159 (162); aA MünchKommBGB/Gottwald § 331 Rn 9 Fn 44 m.w.Nachw.; Canaris Bankvertragsrecht Rn 215. 655 BGH (Fn 653), WM 1976, 1130 (1132); Reischl Schenkung von Todes wegen, S. 279 f. („unbestrittene Ansicht“); Schreiber Jura 1995, 159 (162); Kühne ZErb 2015, 33 (35 f); implizit auch Kümpel WM 1993, 825 (826). 656 BGH Urt. v. 18.6.1962 – II ZR 99/61, NJW 1962, 1718; Hüffer/van Look Bankkonto Rn 257. 657 Bork JZ 1988, 1059 (1061–1063); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 65.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

nach dem Tode des Erblassers versprochen wird.658 Beide Formen der Schenkungen können schon zu Lebzeiten des Erblassers vereinbart werden. Wartet dieser mit seiner Willenserklärung hingegen bis zum Tod, so spricht auch dieses für eine Schenkung von Todes wegen. Ist eine lebzeitige Schenkung vereinbart, so erwirbt der Beschenkte einen Anspruch, der schon vererblich ist.659 Ob dies gewollt ist, ist daher auch ein wichtiges Abgrenzungskriterium. Lebzeitig ist die Schenkung, wenn der Begünstigte bereits vor dem Tode Verfügungen, etwa Auszahlungen, vornehmen darf.660 Notwendig ist – für den Vertrag nach § 516 BGB und § 2301 BGB gleichermaßen –, dass der 227 Verpflichtungsvertrag überhaupt geschlossen wird, was vor allem im zweiten Fall häufig erst nach dem Tode des Erblassers geschieht. Hierzu werden Dritte als Boten oder Vertreter eingeschaltet.661 Problematisch ist das Angebot, während es, sobald ein wirksames Angebot vorliegt, bei Annahmewille des Beschenkten auch zur wirksamen Annahme kommt (vgl. §§ 130 Abs. 2, 151 BGB). Nach hM kommen die unter oben Zweiter Teil Rn 225 genannten Grundsätze zur Vollmacht, insbesondere zum Widerruf der Vollmacht bzw. der Willenserklärung (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB), zur Anwendung. Ist Vollzug i.S.v. § 2301 BGB zu bejahen (unten Zweiter Teil Rn 228), so ist jedoch mE der Bindungswille des Erblassers ebenso gut verbürgt wie bei einem Vorgehen nach § 2247 BGB. Und für die Authentizität des Erblasserwillens ist das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufs durch den Erben völlig irrelevant. Dieser ist demnach unzulässig. bb) Form und Heilung durch Erblasservollzug. Einzuhalten sind außerdem – schon für die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts – Formvorschriften: § 518 Abs. 1 BGB für lebzeitige Schenkungen, für solche von Todes wegen (§ 2301 BGB) diejenigen erbrechtlicher Verfügungen,662 nach hM nicht von Erbverträgen.663 Meist sind die Unterschiede, da in keinem Falle Schriftform genügt, unerheblich. Erheblich ist der Unterschied hingegen bei den Heilungsvorschriften. § 518 Abs. 2 und 229 § 2301 Abs. 2 BGB fordern jeweils, dass die Schenkung bewirkt bzw. vollzogen wurde. Das Konto muss also abgetreten sein, bevor der Erbe die Formunwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts geltend macht. Die hierfür erforderliche Abrede erfolgt parallel zu einem noch ausstehenden Verpflichtungsgeschäft. Liegt Letzteres bereits vorher vor, so stellen sich die hier angesprochenen Fragen des Vertreterhandelns und des Widerrufs, wie beschrieben, jedenfalls noch im Rahmen von §§ 518 Abs. 2, 2301 Abs. 2 BGB.664 Kommt § 2301 BGB zur Anwendung, muss aber zusätzlich der Erblasser selbst die Schenkung vollzogen haben. Meist ist eine Abgrenzung beider Normen nur wegen dieser Voraussetzung von Bedeutung.665 Notwendig ist, dass der Schenker

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658 BGH Urt. v. 12.11.1986 – IVa ZR 77/85, BGHZ 99, 97 (100 f.) = NJW 1987, 840; Reischl Schenkung von Todes wegen, S. 98–102; BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 65; Schwintowski Kap. 8 Rn 22, 24. 659 Statt aller: MünchKommBGB/Musielak § 2301 Rn 12. 660 Kuchinke FamRZ 1984, 109 (113); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 68; wohl aA Bork JZ 1988, 1059 (1062). 661 Geht ein Angebot des Erblassers selbst – gewollt oder ungewollt – erst nach seinem Tode zu, so gilt nach hM wiederum § 130 Abs. 1 S. 2 BGB: Implizit BGH (Fn 563), NJW 1984, 480 (481); BGH Urt. v. 11.1.1984 – IVa ZR 30/82, FamRZ 1985, 693 (694); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 256. Teils wird auch dem Begünstigten selbst Vollmacht zur Übertragung erteilt, insbes. einem Ehegatten. In diesem Fall ist von einer Befreiung von § 181 BGB auszugehen: dazu OLG Hamm Urt. v. 7.12.1994 – 31 U 100/94, WM 1995, 152 = EWiR § 133 BGB 2/95, 223 (Vortmann). 662 RG Urt. v. 28. 10. 1913 – Rep. VII 271/13, RGZ 83, 223 (227) (Bonifatiusfall); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 67. 663 Vgl. Meinungsstand bei MünchKommBGB/Musielak § 2301 Rn 13; auch RG (Fn 662), RGZ 83, 223 (227). Weitgehend fehlende Rspr. ist Indiz für die geringe praktische Relevanz. 664 BGH Urt. v. 30.10.1974 – IV ZR 172/73, NJW 1975, 382 (383 f.); BGH (Fn 653), WM 1976, 1130 (1132); BGH (Fn 563), NJW 1984, 480 (481). Folgt man den abweichenden Erwägungen oben Zweiter Teil Rn 224, so haben diese, wenn Vollzug durch den Erblasser zu bejahen ist, auch hier Gewicht. Im Bonifatiusfall wäre also mE ein Widerruf nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen gewesen. 665 Auf § 518 Abs. 2 BGB wird dieses Erfordernis (zu Recht) nicht angewandt: BGH (Fn 652), BGHZ 127, 239 (242); BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 66–68.

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schon zu Lebzeiten und unabhängig von seinem Tod das seinerseits Erforderliche für den Vollzug tat. Daher wird heute ganz überwiegend davon ausgegangen, dass der Tod, der zufällig zwischen Abgabe und Zugang der Willenserklärung des Erblassers tritt, § 2301 Abs. 2 BGB unberührt lässt,666 dass hingegen nicht mehr von Vollzug durch den Erblasser auszugehen ist, wenn dieser die Abgabe der Willenserklärung erst mit und nach dem Tode wollte, etwa einen Boten dergestalt anwies, oder wenn er für den Vollzug eine Vollmacht erteilte, selbst eine unwiderrufliche.667 e) Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB). Auf dem Hintergrund des zu 230 §§ 518, 2301 BGB Gesagten ist der Regelungsgehalt des § 331 BGB einfach: Die Norm sieht vor, dass die Schenkung mit dem Tod bereits vollzogen ist; daher geht die ganz hM zu Recht davon aus, dass § 2301 BGB (genauer: § 2301 Abs. 2 BGB) verdrängt wird. Greift § 331 BGB ein, so ist demnach auch bei Schenkungen, die unter Überlebensbedingung gestellt wurden, ein Vollzug durch den Erblasser selbst nicht nötig.668 Das Verpflichtungsgeschäft muss dennoch noch abgeschlossen werden. Andernfalls 231 fehlt die causa zum Behalten der Verfügung nach § 331 BGB.669 Wichtig ist dies zunächst insofern, als der Erblasser bis zu seinem Tode der Verfügung nach § 331 BGB die Grundlage entziehen kann, indem er die Vollmacht zum Abschluss des Verpflichtungsvertrags widerruft.670 Ist dies nicht geschehen, stellen sich nach hM die beschriebenen Fragen des Vertreterhandelns und des Widerrufs.671 Demgegenüber legt die ratio des § 331 BGB, wie hier ausgeführt, nahe, dass der Erbe nicht widerrufen kann. 3. Vollmacht über den Tod hinaus zu anderen als Übertragungszwecken. Die Voll- 232 macht über den Tod hinaus – auch schon für die Zeit vor dem Tod erteilt oder ausschließlich für danach –672 dient ansonsten meist als Übergangslösung, um Kontinuität im Todesfall zu sichern, weil sie (auch ohne ausdrückliche Abrede) über den Tod fortbesteht.673 Für Beschränkungen der Vollmacht wird noch auf die Person des Erblassers abgestellt, nicht die des Erben, so dass etwa vormundschaftsgerichtliche Genehmigungen überflüssig sind (§§ 1643, 1821 f. BGB).674 Auch berührt die parallel angeordnete Testamentsvollstreckung die Vollmacht bis zum Widerruf

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666 Bork JZ 1988, 1059 (1061 f.); Martinek/Röhrborn JuS 1994, 473 und 564 (567 f.); Reischl Schenkung von Todes wegen, S. 196 (referierend); aA RG (Fn 662), RGZ 83, 223 (227 f.). 667 BGH (Fn 648), BGHZ 87, 19 (25 f.); Bork JZ 1988, 1059 (1060). 668 BGH (Fn 562), BGHZ 46, 198 (203 f.); BGH Urt. v. 26.11.1975 – IV ZR 138/74, BGHZ 66, 8 (13); Schwintowski Kap. 8 Rn 23. 669 BGH (Fn 562), BGHZ 46, 198 (203 f.); BGH (Fn 668), BGHZ 66, 8 (12 f.); BGH (Fn 650), NJW 1993, 2171 (2172). 670 Auch muss das Angebot seitens des Erblassers über die Bank dem Begünstigten zugehen und darf dieser nicht zufällig von ihm erfahren (und es dann annehmen): OLG Köln Urt. v. 19.9.2012 – 16 U 196/11, ZEV 2013, 339 und BGH (Fn 577), WM 2009, 980 (vgl. auch oben Zweiter Teil Rn 228 zur Parallele im sog. Bonifatiusfall). Bloßer Besitz des Sparbuches (ohne Nachweis der rechtsgeschäftlichen Besitzübertragung und Heilung nach § 518 Abs. 2 BGB), genügt, selbst wenn er verbunden ist mit Vollmacht, noch nicht für Vollendung des Verpflichtungsgeschäfts: OLG Koblenz Urt. v. 22.9.2003 – 12 U 823/02, NJW-Spezial 2004, 62. Durch Abrede mit der Bank kann der Erblasser in der Tat wohl selbst die zwischen ihm und dem Begünstigten als unwiderruflich bezeichnete Übertragung der Berechtigung, etwa an einer Spareinlage, noch aufgeben: So OLG Saarbrücken Urt. v. 13.9.2012 – 8 U 581/10, NJWRR 2013, 74. Denn ohne Einhaltung der erbvertraglichen Form ist die Verfügung von Todes nicht bindend für den Erblasser. 671 BGH Beschluss v. 12.11.1952 – IV ZB 93/52, BGHZ 8, 23 (31). Zur Widerruflichkeit durch Erblasser und Erben oben Zweiter Teil Rn 225. 672 Trans- bzw. postmortale Vollmacht, ausführlicher dazu: Hüffer/van Look Bankkonto Rn 292–308; BankRHdB/Dauber § 32 Rn 46–68. 673 BGH (Fn 648), BGHZ 87, 19; OLG Frankfurt (Fn 648), DNotZ 2012, 140 (140 f.). Daher Instrument für den Zugriff bis zur Erteilung eines Erbscheins, für unaufschiebbare und kontinuierlich abzuwickelnde Geschäfte, etwa Vermögensverwaltung: Hüffer/van Look Bankkonto Rn 293. 674 RG Urt. v. 10.1.1923 – V 385/22, RGZ 106, 185 (186); Merkel WM 1987, 1001 (1002); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 293–301.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

nicht.675 Umgekehrt bildet die transmortale Vollmacht nur eine Befugnis, kein Recht, so dass der Bevollmächtigte kein Rechtsmittel gegen die Anordnung einer Nachlasspflegschaft hat.676 Umstritten ist, an welchem Interesse der Vertreter sein Handeln auszurichten hat.677 Da das 233 BGB eine Bindung an den Erblasserwillen für den übergegangenen Nachlass nur vorsieht, wenn der Erblasser selbst die Konkretisierung vornahm (§§ 2192, 2065 BGB), kann das Erblasserinteresse außerhalb solcher konkreter Bestimmungen nicht mehr maßgeblich sein, sondern nur noch das Erbeninteresse. Der Erbe ist in die Auftraggeberstellung eingerückt (§ 1922 BGB). Anders ist dies nur, wenn der Erblasser gegenüber dem Vertreter gebunden ist und dessen Interessen maßgeblich sind. Dann rückt der Erbe in die Pflichtenlage ein. Die kontoführende Bank muss all dies jedoch nicht eruieren.678 Für die post- und transmortale Vollmacht ist, soweit sie nicht mit einer Übertragung nach § 331 BGB zusammentrifft, aus den eben genannten Gründen und mit der hM davon auszugehen, dass sie widerruflich ist und dass der Erblasser sie insbesondere nicht ausschließlich für den Erben unwiderruflich ausgestalten kann.679 D. Bankkonto in der Krise I. Pfändung 1. Ausgangspunkt: Keine Pfändung von Einzelansprüchen (§ 357 HGB). Das Grundschema für die Pfändung von (Bank-)Kontokorrenten etabliert materiellrechtlich § 357 HGB (zu dem dann vor allem die vorrangig prozessrechtlichen Regeln zum Pfändungsschutzkonto treten, unten Zweiter Teil Rn 246–248).680 Die Norm des § 357 HGB soll drittbelastende Wirkung für andere Gläubiger, die von der Kontokorrentabrede ausgehen, minimieren,681 ohne dem Kontokorrent als Instrument seine Effizienz zu nehmen: Ausgangspunkt ist daher, dass bei allen Konten ein Herausbrechen von Einzelansprüchen auch in der Vollstreckung unzulässig ist.682 Eröffnet ist allein die Vollstreckung in jeden Überschuss während der Kontokorrentpe235 riode (durch § 357 HGB; vgl. auch unten Zweiter Teil Rn 237 f.) und in den periodischen Saldoabschluss (dazu unten Zweiter Teil Rn 239).683 Dass eine Vollstreckung in den Einzelanspruch un-

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675 Str., ausführlicher Hüffer/van Look Bankkonto Rn 306–308; BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 53–56. 676 OLG München Beschl. v. 26.2.2010 – 31 Wx 16/10, NJW 2010, 2364; ausf. Everts NJW 2010, 2318; Roth NJWSpezial 2010, 231. Zu Konto und Vorsorgevollmacht: Uhlenbruck ZInsO 2009, 612. 677 Für eine Bindung weiter an das Erblasserinteresse: BGH Urt. v. 18.4.1969 – V ZR 179/65, NJW 1969, 1245 (1246 f.); wohl auch BGH (Fn 652), BGHZ 127, 239 (244); die Lit. ist gespalten, vgl. Nachw. bei Hüffer/van Look Bankkonto Rn 305; BankR-HdB/Dauber § 32 Rn 49. 678 BGH (Fn 652), BGHZ 127, 239 (244); Hopt ZHR 133 (1970), 305 (325); Hüffer/van Look Bankkonto Rn 305; BankRHdB/Dauber § 32 Rn 48 (dort auch zum Missbrauch der post- und transmortalen Vollmacht, aaO Rn 57–63). 679 Dazu oben Zweiter Teil Rn 225. 680 Pfändung und Vollstreckung von/in Bankkonten, die bei Instituten im Ausland geführt werden, erfolgen nach dortigem Recht, vgl. dazu Kotrschal/Stalberg BKR 2009, 38; B. Hess Europäisches Zivilprozessrecht – ein Lehrbuch, 2010, bes. Rn 3.49, 10.158 ff. und die a.E. des Literaturverzeichnisses genannte Studie unter seiner Leitung. Zur EU-grenzüberschreitenden Vorpfändung noch unten Rn 240 ff. 681 So (teils pauschal) die einhellige Meinung, etwa BGH Urt. v. 13.3.1981 – I ZR 5/79, BGHZ 80, 172 (177 f.) = NJW 1981, 1611; Heymann/Horn § 357 Rn 1; Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 1. 682 Heute praktisch unbestritten: BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (175) = NJW 1981, 1611; Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (58) (mwN); Baumbach/Hopt § 357 Rn 7. Das entscheidende Argument ergibt sich aus § 357 HGB, der nicht notwendig wäre, wenn Einzelansprüche gepfändet werden könnten, und aus § 851 Abs. 2 ZPO, der bei fehlender Übertragbarkeit die Pfändbarkeit nur in den Fällen des § 399 BGB vorsieht. 683 Die eigenständige Bedeutung beider Vollstreckungsobjekte ist bei Bankkonten praktisch entfallen, da hier die Vollstreckung in den periodischen Saldoabschluss mit der Optimierung derjenigen in die Überschüsse praktisch bedeutungslos wurde (dazu unten 3). Die Leitlinien der Forderungspfändung allgemein (mit Blick auf das Kontokorrent) resümiert: BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 42 f.

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zulässig ist, soweit dieser mit einem Gegenanspruch zu verrechnen ist und daher keinen Überschuss trägt, ist freilich nur der rechtlichen Konstruktion nach eine Besonderheit der Kontokorrentabrede. Dem Wert nach ergibt sich Gleiches aus § 392 BGB auch ohne Kontokorrentabrede: Führt die Aufnahme einer Einzelforderung, die gepfändet werden soll, zu keinem Überschuss in der laufenden Rechnung, so liegt dies an bis dahin ins Kontokorrent eingestellten (d.h. fälligen) Gegenforderungen. Diese hätten auch nach § 392 BGB Vorrang.684 Allerdings: Gäbe es § 357 HGB nicht, so würden (anders als nach § 392 BGB) auch Gegenforderungen, die später, aber vor dem nächsten Saldoabschluss ins Kontokorrent eingestellt wurden, den Überschuss aufzehren können. So weitreichend sollen Forderungen nicht durch Kontokorrentabrede dem Vollstreckungszugriff entzogen werden können. Die Pfändbarkeit jedes Tagessaldos beugt diesem vor. Erst § 357 S. 2 HGB geht auch inhaltlich/wertmäßig über § 392 BGB hinaus: Für solchermaßen erst noch entstehende (und auch zwischenzeitlich fällig werdende) Forderungen, für die freilich vorher schon der Grund gelegt war, wird dem Kontokorrent ein Vorrang eingeräumt, der in § 392 BGB keine Entsprechung findet. 2. Pfändung von Ansprüchen aus Konten allgemein. Gesetzlich geregelt ist in § 357 HGB 236 nur ein Ausschnitt aus dem Problemkomplex Kontenpfändung: die Pfändung von Überschüssen, die sich während der Abrechnungsperiode bilden (dazu unten Zweiter Teil Rn 237 f.). Daneben stehen: die Pfändung von Saldoabschlüssen am Ende jeder Rechnungsperiode (dazu unten Zweiter Teil Rn 239); zudem speziell beim Girokonto als der wichtigsten Kontenform richtergeschaffenes Sonderrecht zur Pfändung der genannten Überschüsse während der Abrechnungsperiode (dort „Tagessalden“ genannt, dazu unten Zweiter Teil Rn 240–245). Theoretisch für alle Konten, praktisch vor allem für Girokonten gelten die Pfändungsschutzregeln der §§ 850 ff. ZPO (vgl. unten Zweiter Teil Rn 246), wobei diese Schutzregeln heute über das sog. Pfändungsschutzkonto – und unter Fortfall der früher bestehenden Sonderregeln, etwa im SGB I – ins Werk gesetzt werden (vgl. unten Zweiter Teil Rn 247 und 248). Im Rahmen der Pfändung sind zwischen Gläubiger und Schuldner auch ausweitende und einschränkende Vereinbarungen über die Wirkung der jeweiligen Pfändung zulässig – nicht jedoch, wenn dadurch der Drittschuldner in eine Situation versetzt wird, in der er möglicherweise das Schuldnerverhalten prüfen muss und ggf ein Haftungsrisiko trägt (Vertrag zulasten des Drittschuldners).685 a) Pfändung des Überschusses während der Abrechnungsperiode (§ 357 HGB). Können 237 demnach nur Überschüsse und anerkannte Salden, nicht Einzelansprüche, gepfändet werden,686 so regelt § 357 HGB allein die Pfändung der Überschüsse. Gepfändet werden können alle Konten beim Zustellungsempfänger, was iZw. sogar anzunehmen ist.687 Es bedarf nur der hinreichenden Bestimmung im Pfändungsbeschluss.688 Erfasst ist jedoch nicht kontinuierlich der jeweilige Kontostand, sondern nur der Überschuss zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses (vgl. § 829 Abs. 3 ZPO). Spätere Zuwächse werden nicht erfasst. Dies ist die eigentliche

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684 Allerdings wird nach § 392 BGB dem Pfändungsgläubiger die Grundlage seines Vollstreckungszugriffs entzogen, während im Kontokorrent schon die Vollstreckung in einen Einzelanspruch unzulässig ist. Echte drittbelastende Wirkung zeitigt die Kontokorrentabrede hingegen bei gewissen Absicherungsformen (verlängerter Eigentumsvorbehalt) und möglicherweise auch in der Insolvenz, vgl. oben Zweiter Teil Rn 145 und BGH (Fn 473), BGHZ 58, 257 = NJW 1972, 873; Schwintowski Kap. 9 Rn 107–116. 685 Vgl. zum Grundsatz und zu solch einer Konstellation; BGH Beschl. v 2.12.2015 – VII ZB 42/14, WM 2016, 133 (Tz. 4, 5 ff.). 686 Die Umdeutung der (unzulässigen) Pfändung eines Einzelanspruchs in eine Pfändung des Überschusses scheidet aus, da die gepfändete Forderung im Pfändungsbeschluss zweifelsfrei bezeichnet sein muss: BGH Urt. v. 27.1.1982 – VIII ZR 28/81, NJW 1982, 1150 (1151). 687 Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 2; zur Frage, ob auch Anderkonten des Vollstreckungsschuldners (hier: Rechtsanwalt) iZw erfasst sind: KG (Fn 609), WM 2013, 1407. 688 BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (181) = NJW 1981, 1611.

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Schwäche von § 357 HGB.689 Fehlt ein Aktivsaldo zum Zustellungszeitpunkt, geht der Pfändungsund Überweisungsschluss ins Leere. Immerhin ist jedoch die Gefahr, dass die Kontokorrentparteien gezielt manipulieren, also den Überschuss des Pfändungsschuldners zum maßgeblichen Zeitpunkt abbauen, geringer als beim periodischen Saldoabschluss (unten 2 b)), der kalendermäßig vorherzusehen ist.690 Umgekehrt kommen nach § 357 HGB spätere Minderungen zum Ansatz, für die zum Zustellungszeitpunkt bereits Grund gelegt war. Dies wurde etwa für Verpflichtungen aus vorher ausgehändigten Euroscheckformularen angenommen691 oder bei Stornierung auf Grund eines Eingangsvorbehalts. Abgezogen werden auch Gutschriften, die der Schuldner nur zweckgebunden erhielt.692 238 Kommt es zum Pfändungs- ein Überweisungsbeschluss (§§ 829, 835 ZPO), so erwirbt der Pfändungsgläubiger dennoch nicht Kündigungsrechte (etwa nach § 355 Abs. 3 HGB), folglich auch keinen Anspruch auf sofortige Auskehrung des Überschusses.693 § 357 HGB gestattet nicht die Missachtung der Kontokorrentabrede (mit Kontokorrentbindung) und das Kündigungsrecht ist nicht Teil der Geldforderung, die allein gepfändet ist. Beim periodischen Saldoabschluss wird jedoch ohnehin iZw. von einem Anspruch des Kontokorrentpartners auf Auszahlung ausgegangen (vgl. oben Zweiter Teil Rn 148). Daher ist zu diesem Zeitpunkt bei Vorliegen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch der nach § 357 HGB zu berechnende Überschuss auszukehren, selbst wenn der anerkannte Saldo (bei Untätigbleiben) in die nächste Kontokorrentperiode eingestellt werden soll.694 In die Kontokorrentabrede wird also – unter Vertrauensgesichtspunkten tragbar – nur insoweit eingegriffen, als die andere Vertragsseite, die nach Beschlagnahme weitere eigene Forderungen begründet, diese nicht mehr gegen den bis dahin aufgebauten Überschuss des Pfändungsschuldners verrechnen darf. 239

b) Pfändung des Anspruchs aus (anerkanntem) Periodenabschluss. Neben die Pfändung nach § 357 HGB tritt die des Anspruchs aus anerkanntem Periodenabschluss. Sie ist auch zulässig, wenn dieser Anspruch in die nächste Kontokorrentperiode eingeht (Wertung des § 357 HGB).695 Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss kann, wie ihn der BGH auslegt, mehrere, auch zukünftige696 Periodenabschlüsse erfassen – jedoch nur zum jeweiligen Bestand, über den während der Laufzeit der Periode frei verfügt werden kann.697 Hingegen erfasst der entsprechen-

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689 BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (177 f.) = NJW 1981, 1611; Blaurock JA 190, 691 (695); Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (59); Werner/Machunsky BB 1982, 1581 (1582); BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 44 f. („geklärt … heute“). Bei Vorpfändung entscheidet immerhin der höhere der beiden Zustellungsüberschüsse: BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 47, zum Zeitpunkt der Zustellung der Vorpfändungsmitteilung und zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und ggf. Überweisungsbeschlusses selbst. Ausgeräumt erscheint diese Schwäche in der Rspr. zum Girokonto, vgl. oben Zweiter Teil Rn 145. Die Differenzierung ist nicht zwingend aus Divergenzen in den Abreden herzuleiten. Freilich belastet die Lösung, die beim Girokonto gefunden wurde, den Kontokorrentpartner des Pfändungsschuldners stärker in der laufenden Entscheidung zu der Frage, ob er weitere Forderungen begründen will – eine Belastung, die dem Kreditwesen wohl eher zuzumuten ist. 690 Zur Manipulationsgefahr: BGH (Fn 449), BGHZ 84, 325 (332) = NJW 1982, 2192; Werner/Machunsky BB 1982, 1581 (1582); Peckert Girokonto S. 133. 691 BGH Urt. v. 29.11.1984 – IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71 = NJW 1985, 863. 692 Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 2; Schlegelberger/Hefermehl § 357 Rn 3. 693 RG Urt. v. 4.4.1933 – VII 352/32, RGZ 140, 219 (222); Baumbach/Hopt § 355 Rn 21, § 357 Rn 3; für Bestehen eines Kündigungsrechts (§§ 725 BGB, 135 HGB analog) demgegenüber Beitzke FS v. Gierke 1950, S. 9 (17 und 20); Sprengel MDR 1952, 8 (9). 694 Beitzke FS v. Gierke 1950, S. 9 (19); GroßkommHGB/Canaris § 357 Rn 19; Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 2; Schlegelberger/Hefermehl § 357 Rn 8 (Gegenteil kann vereinbart werden). 695 Nachw. vorige Fn; aA nur GroßkommHGB/Canaris § 357 Rn 24. 696 BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (181) = NJW 1981, 1611; Heymann/Horn § 357 Rn 16; Schlegelberger/Hefermehl § 357 Rn 20; so iZw. vor allem bei Bankkonten: Baumbach/Hopt § 357 Rn 6. 697 BGH (Fn 449), BGHZ 84, 325 (332) = NJW 1982, 2192; Sprengel MDR 1952, 8 (10); Werner/Machunsky BB 1982, 1581 (1582); BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 49; Schwintowski Kap. 9 Rn 133 (allerdings wohl Rechtsmissbrauchseinwand denkbar).

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de Pfändungsbeschluss nicht Überschüsse zwischen den Periodenabschlüssen,698 kann jedoch mit diesbezüglichen Pfändungsbeschlüssen verbunden werden (sog. Doppelpfändung).699 3. Pfändung von Ansprüchen aus Girokonten, insbes. „Tagessalden“ a) Überblick und (EU-)Vorpfändung. Das Sonderrecht der Girokontenpfändung betrifft di- 240 rekt nur das Äquivalent zu den Überschüssen während der Abrechnungsperiode (oben Zweiter Teil Rn 237 f.): hier „Tagessalden“ genannt, obwohl der Überschuss nach jeder Buchung entsteht, also teils täglich mehrfach. Da die Pfändung dieser Überschüsse bei Girokonten ungleich effektiver ist, ist jedoch bei diesen auch das Bedürfnis für die Pfändung der Saldoabschlüsse bei Periodenende entfallen, so dass die diesbezüglichen Grundsätze (oben Zweiter Teil Rn 238) für Girokonten ebenfalls keine Bedeutung haben. Vor der Pfändung selbst stellt sich die Frage nach der vorläufigen Sicherung, namentlich nach § 916 ZPO. Vor allem jedoch auch die (EU-grenzüberschreitende) Vorpfändung wurde gerade beim Bankkonto jüngst nochmals gestärkt, indem sie verbilligt und ohne Anhörung des Schuldners ermöglicht wurde und zudem die Gläubigerinformation über pfändbare Konten gestärkt wird.700 Dieses Regime kann alternativ zum klassischen innerstaatlichen gewählt werden. b) Sonderlage gegenüber sonstigen Konten. Zwei Besonderheiten des Girokontos tragen 241 eine abweichende, pfändungsrechtliche Behandlung: Überschüsse während der Abrechnungsperiode („Tagessalden“) können bei Girokonten auf Grund girovertraglicher Abrede sofort geltend gemacht (abgehoben) werden, ebenso wie umgekehrt mangels Kreditzusage ein Soll sofort auszugleichen ist.701 Außerdem dient das Girokonto nicht primär der Abrechnung zwischen den Parteien, sondern der Übertragung von Summen von Dritten und an Dritte. Auch der Anspruch auf Gutschrift und das Recht, Überweisungen anzuweisen, sind daher pfändungsrechtlich zu bedenken. c) Besonderheiten gegenüber der Pfändung nach § 357 HGB. Auch für die Pfän- 242 dung von Überschüssen („Tagessalden“) bei Girokonten bildet § 357 HGB die Wertungsgrundlage (oben Zweiter Teil Rn 237 f.),702 diese erscheint jedoch in zwei Hauptpunkten modifiziert. Da hier der „Tagessaldo“ sofort geltend gemacht werden kann, bleibt die Kontokorrentabrede unberührt, wenn auch der Pfändungsgläubiger die sofortige Auskehrung des Überschusses fordern kann (sog. „Zustellungssaldo“ als der „Tagessaldo“ z.Z. der Zustel-

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698 BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (378) = NJW 1982, 2193; Scherer NJW 1952, 1397 (1398). Hierfür die unter oben Zweiter Teil Rn 237 und 239 beschriebenen Pfändungen. 699 BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (181); BGH Beschl. v. 9.2.2012 – VII ZB 49/10, WM 2012, 542 (543) = NJW 2012, 1081; Maier JuS 1988, 196 (199); Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 3; Heymann/Horn § 357 Rn 16; Schlegelberger/Hefermehl § 357 Rn 21; implizit schon OLG Oldenburg Urt. v. 29.11.1978 – 5 U 19/78, WM 1979, 591. 700 Vgl. Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.5.2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen, ABl.EU 2014 L 189/59; Vorschlag vgl. KOM(2011) 445 endg.; dazu, überwiegend noch zum Vorschlag, auch im Vergleich zu §§ 916 ff. ZPO Cranshaw DZWIR 2012, 399; Harbeck ZInsO 2012, 805; Kohte VuR 2011, 361; M. Müller RIW 2012, 151; Riebold Europäische Kontopfändung, S. 392–407; und mit rechtspolitischer Kritik Häcker WM 2012, 2180; breiter B. Hess Die Europäische Kontenpfändung aus der Perspektive eines Europäischen Vollstreckungsrechts, FS Kropholler 2008, S. 795; auch Kotrschal/Stalberg Die grenzüberschreitende Vollstreckung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen in Geldforderungen ausländischer Drittschuldner, insbesondere in ausländische Bankguthaben, BKR 2009, 38; Sujecki Grenzüberschreitende Kontenpfändung in der EU, EWS 2011, 414. Zu §§ 916, 845 ZPO und Konto etwa Sudergat Kontopfändung Rn 154–166. 701 Zu beiden Punkten näher oben Zweiter Teil Rn 162. 702 Für den Abzug von Verbindlichkeiten, für die bereits Grund gelegt war, vgl. oben Fn 691 f.

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lung)703 und auch Herausgabe der hierfür notwendigen Kontoauszüge (vorige Fn). Da stetig neue Überschüsse entstehen, die der Kontoinhaber sofort geltend machen kann, geht der BGH zudem davon aus, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss alle aktivischen Salden bis zum nächsten Periodenabschluss und darüber hinaus erfasst,704 nicht nur den einen Überschuss zum Zustellungszeitpunkt. Die Salden kann sich der Pfändungsgläubiger jeweils sofort auskehren lassen, andernfalls ist ein Betrag in Höhe des höchsten erreichten Überschusses auszukehren.705 Debetbuchungen, die den Aktivsaldo mindern und für die nicht bereits Grund gelegt war, 243 wirken schon nach § 357 HGB nicht zu Lasten des Pfändungsgläubigers. Fraglich ist jedoch, ob dieser zudem Verfügungen des Schuldners untersagen kann, die das Debet erhöhen und so die Chancen auf das Entstehen eines pfändbaren Saldos reduzieren (absolute Verfügungssperre, Debetsperre). Die hM verneint dies und gestattet (für wiederkehrende Leistungspflichten) nur eine (erst mit Fälligwerden der Forderung Wirksamkeit entfaltende) Vorauspfändung auch für die Zukunft.706 In der Tat unterscheiden sich Einzelvollstreckung und Insolvenz dadurch, dass dem Schuldner im ersten Fall die Verfügungsmacht (und erst recht das Recht, Verpflichtungen einzugehen) verbleibt und nur punktuell entzogen wird. Die Abgrenzung zwischen dem Bereich, in dem andere Gläubiger dem Schuldner noch andere Kreditmöglichkeiten einräumen dürfen, und demjenigen, in dem der pfändende Gläubiger ein Vorrecht hat, muss nach einem klaren Kriterium erfolgen: Der Gesetzgeber stellt hierfür darauf ab, ob der Schuldner bereits ein Recht innehat, und als ein solches ist ein möglicher zukünftiger positiver Saldo nicht zu qualifizieren. Die Gegenmeinung verhindert zudem beim gut Beratenen nicht eine (legal und wirksam durchführbare) Debettransaktion. Sie verursacht demnach nur Transaktionskosten ohne Änderung der Zuordnung. 244

d) Keine Pfändung von Einzelansprüchen, jedoch Hilfspfändung. Auch im Girokonto sind die Einzelansprüche gelähmt und ist ihre Pfändung unzulässig. Freilich können (Hilfs-) Pfändungen zulässig sein, soweit sie nicht dem Ziel der Kontokorrentbindung zuwiderlaufen. Unbestritten ist dies für die Pfändung von Ansprüchen auf Gutschrift, soweit dem Kontoberechtigtem untersagt wird, über den Anspruch anders als durch Gutschrift auf dem Konto zu

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703 BGH (Fn 681), BGHZ 80, 172 (176 ff.); BGH (Fn 449), BGHZ 84, 325 (329–331) = NJW 1982, 2192; BGH (Fn 437), BGHZ 84, 371 (377) = NJW 1982, 2193; BGH (Fn 699), WM 2012, 542 (543 f.) = NJW, 2012, 1081 (zur Pfändung mehrerer Salden und der Kreditlinie); BGH Urt. v. 23.8.2012 – VII ZB 44/11, JurBüro 2013, 41 (beide zuletzt genannten Entscheidungen auch zu Herausgabeansprüchen aller Kontoauszüge); zum Herausgabeanspruch auf Kontoauszüge auch BGH Beschl. v. 23.2.2012 – VII ZB 59/09, WM 2012, 593 = NJW 2012, 1223 (auch keine Schwärzungen, Geltendmachung von Bankgeheimnis im Wege der Erinnerung); Peckert Girokonto S. 103, 126. 704 BGH (Fn 699), WM 2012, 542 (543) = NJW 2012, 1081; und wohl bereits BGH Urt. v. 31.10.2003 – IX a ZB 200/03, NJW 2004, 369 (370); BGH (Fn 449), BGHZ 84, 325 (327 und 329) = NJW 1982, 2192; BGH (Fn 437) BGHZ 84, 371 (371 und 377 f.) = NJW 1982, 2193; Heymann/Horn § 357 Rn 16 („bis zur vollständigen Befriedigung“); präzisierend Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (62–64); natürlich belastet mit älteren (Pfand-)Rechten: BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (326 f.) = NJW 1985, 1218. 705 So iE überzeugend Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (62–64) (mwN). Grund hierfür und maßgeblich ist, dass das Ergebnis exakt dem entspricht, das bei sofortiger sukzessiver Auskehrung eingetreten wäre. Gegenmeinungen erklären sich damit, dass teils diese Kontrollrechnung nicht aufgemacht wurde. 706 BGH (Fn 704) NJW 2004, 369 (371), BFH Urt. v. 20.12.1983 – VII R 80/83, BStBl. 1984 II, 419; BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 44 f.; Carl DStR 1988, 765 (768) (referierend); während sich umgekehrt der Kontoinhaber in Höhe des gepfändeten Betrages zwischen dem Eintritt der Pfändungswirkung und der Auskehr des Betrages an den Gläubiger einer Verfügung über das Guthaben enthalten muss; BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (323) (implizit) = NJW 1985, 1218; Häuser WM 1990, 129 (130); Werner/Machunsky BB 1982, 1581 (1583 f.); Canaris Bankvertragsrecht Rn 190; aA OLG Köln Urt. v. 25.3.1983 – 20 U 257/82, WM 1983, 1049 (1050 f.); Carl DStR 1988, 765 (767–769); Heymann/Horn § 357 Rn 18. Auch eine für das Konto ausgestellte ec-Karte/Girocard ist nicht an den Gläubiger herauszugeben, BGH Urt. v. 14.2.2003 – IX a ZB 53/03, BKR 2003, 349 f. Für den umgekehrten Fall, in dem der Kontoinhaber ein gesichertes Recht auf Ausführung hätte (namentlich bei Guthaben oder bereits vereinbartem Kredit), vgl. übernächste Fn.

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verfügen.707 So kann zwar dieser Anspruch und die einzelne Gutschrift nicht Gegenstand von Pfändung und Überweisung (mit Auskehrung) sein; es kann jedoch den Kontokorrentparteien die Befugnis genommen werden, einverständlich ein Ansteigen des Überschusses durch Herauslösen dieses Anspruches aus dem Kontokorrent zu verhindern. Streitig ist, ob auch das Recht, Überweisungen anzuweisen, pfändbar ist.708 Damit soll 245 dem Schuldner diese Befugnis genommen werden. Senken diese nach Pfändung den positiven Saldo, so wirkt dies ohnehin nicht gegen den Gläubiger. Erhöhen sie das Debet, so ist für die Wertung das zur Debetsperre Gesagte maßgeblich. e) Pfändungsschutz und Pfändungsschutzkonto (§ 850k ZPO; herkömmlich für Ein- 246 kommen, Unterhalt und Sozialhilfe). Bis zur Einführung des sog. Pfändungsschutzkontos (unten Zweiter Teil Rn 247 und 248) galten in verschiedenen Gesetzen Pfändungsschutzgrenzen, die auch für die Zeit nach Überweisung auf ein Girokonto fortwirkten, namentlich §§ 850k ZPO a.F. und 55 Abs. 1 SGB I a.F. Die erste Norm galt für alle Lohnansprüche (Arbeitseinkommen) i.S.v. § 850 ZPO, der den Kreis weit zieht (auch Ruhegelder nach Abs. 2), sowie Unterhaltsansprüche (§ 850b Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Die Pfändungsfreibeträge nach § 850c ZPO galten nach § 850k ZPO quotal für den Rest des jeweiligen Zahlungszeitraums (idR Monats) auch für Bankkonten, wenn die Ansprüche durch Überweisung auf dieses erfüllt wurden. Nach Abs. 1 konnte in diesem Umfang die Aufhebung eines Pfändungsbeschlusses begehrt, nach Abs. 2 in diesem Umfang schon das Guthaben im vorab von Pfändung freigehalten werden. Das Regime wurde (mit Wirkung ab dem 1.7.12010) im sog. Pfändungsschutzkonto fortgedacht – mit der Besonderheit, dass alle Pfändungsschutzanliegen seit dem genannten Zeitpunkt allein im Rahmen solch eines Pfändungsschutzkontos erhoben werden können (unten Zweiter Teil Rn 247 und 248). Nach § 55 Abs. 1 SGB I a.F. war die Pfändung von Guthaben, das aus der Überweisung von Sozialhilfe stammt(e), in den folgenden sieben Tagen unzulässig (und nicht erst auf Antrag aufzuheben) und auch immun gegen Verrechnung durch das Institut.709 Diese Vorschrift ist gänzlich entfallen, regelmäßige Geldleistungen nach SGB I werden seitdem für Fragen der Pfändung ganz Arbeitseinkommen gleichgestellt (§ 54 Abs. 4 SGB I). Es ist also ein einheitliches Pfändungsschutzregime und -instrument an die Stelle eines mehrspurigen getreten – gleichgültig aus welchem Kanal die jeweilige Geldleistung stammt. Dieses ist das Pfändungsschutzkonto, mit diesem sollte zugleich der Pfändungsschutz vereinfacht werden, damit die Probleme mit der Kontopfändung („Kontosperre“) nicht mehr massenweise zu Kündigungen von „Konten für jedermann“ führen. Über das Pfändungsschutzkonto (§ 850k ZPO) werden seit 1.7.2010 für Kontoguthaben 247 allgemein diejenigen Belange gebündelt befriedigt, die früher für Einkommen, Unterhalt und

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707 BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (323) = NJW 1985, 1218; OLG Hamm Urt. v. 4.11.1985 – 2 U 242/84, WM 1986, 372 (373); Carl DStR 1988, 765 (766); Werner/Machunsky BB 1982, 1581 (1583); Ausführlich: Mikolajczak Zwangsvollstreckung in ein Girokonto, S. 180 ff. 708 Dafür, jedoch nur bei Anspruch auf Durchführung der Überweisung (Guthaben oder Kredit, nicht schon Kreditlinie): BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (323 f.) = NJW 1985, 1218; BGH Urt. v. 29.3.2001 – XI ZR 34/00, BGHZ 147, 193 (195) = NJW 2001, 1937; Basslsperger RPfleger 1985, 177 (178); Bitter Pfändung des Dispositionskredits? WM 2001, 889; Carl DStR 1988, 765 (767); Baumbach/Hopt § 357 Rn 9; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 24; dagegen Häuser WM 1990, 129 (132); Heymann/Horn § 357 Rn 18; K. Schmidt HandelsR § 21 VI 2 b cc. Näher unten Zweiter Teil Rn 249. Bedeutsam ist allenfalls der Fall, dass ein Kredit oder eine Kreditlinie eingeräumt wurde. Unrichtig ist, dass im zweiten Fall kein Recht, die Überweisung anzuweisen, besteht und schon deswegen die Pfändung ins Leere gehe; vgl. unten Dritter Teil Rn 67. 709 BGH Urt. v. 30.5.1988 – II ZR 373/87, BGHZ 104, 309 (311) = NJW 1988, 2670 (auch zur Definition von Sozialhilfe: nicht einmalige Erstattungen durch Krankenkassen); zur (relativen) Unwirksamkeit von Zahlungen an den Pfändungsgläubiger und zum Streit, auf welchen Teil des Guthabens (den pfändbaren oder den unpfändbaren) sich eine Verfügung innerhalb der sieben Tage, jedoch vor Pfändung bezieht: Mrozynski SGB I, 4. Aufl. 2010, Rn 10– 14.

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Sozialhilfe in §§ 850k ZPO und 55 SGB I a.F. jeweils gesondert bedacht wurden, namentlich der Pfändungsschutz eines Sockelbetrages für den Lebensunterhalt auch noch, sobald dieser Betrag auf das Konto des Schuldners überwiesen worden war (vor Überweisung gelten §§ 850c ZPO und 54 SGB I). Alle einkommensbezogenen Pfändungsschutzbelange im Zusammenhang mit der Kontenpfändung sind heute ausschließlich im Rahmen eines Pfändungsschutzkontos – nicht mehr sonstiger Girokonten – zu berücksichtigen und zu befriedigen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos einerseits (Abs. 7–9 und Abs. 1 S. 4; vgl. im Folgenden) und der Art der freigestellten Eingänge auf diesem Konto und der Höhe des Pfändungsfreibetrages andererseits (nächste Rn). Das Pfändungsschutzkonto muss – soll es seinen sozialen Schutzzweck erfüllen – jedermann offenstehen. Entsprechend kann es durch Vereinbarung eingerichtet werden (Abs. 7 S. 1), jedoch seine Einrichtung auch von jedem Inhaber eines Girokontos verlangt werden (Abs. 7 S. 2).710 Um diesen Schutz umfassend wirken zu lassen, kann dieses Verlangen auch noch nach Pfändung des Girokontos vorgebracht werden – wobei das Konto, das innerhalb von vier Wochen ab Pfändung umgestellt ist, rückwirkend als Pfändungsschutzkonto zu behandeln ist (Abs. 1 S. 4) und das Kreditinstitut die Umstellung innerhalb von vier Geschäftstagen ab Kundenantrag vorzunehmen hat (Abs. 7 S. 3). Beim Pfändungsschutzkonto handelt es sich also weniger um eine eigene Kontoart als vielmehr um das Instrument, mit dem für alle Girokonten, zu denen wie § 33 Abs. 1 ZKG klarstellt auch die Basiskonten nach dem ZKG gehören, der einkommensbezogene Pfändungsschutz zu verwirklichen ist (nur kann – angesichts der Einkommensverhältnisse und Schuldenlast – auch schon vor zu erwartender Pfändung für dieses Instrument optiert werden). Solchermaßen sollten die Pfändungsschutzfragen beim (Bank-)Girokonto ganz auf ein dafür besonders ausgestaltetes Institut konzentriert werden. Die Identität mit dem Ausgangskonto und das genannte Rationalisierungsziel – für Kunden ebenso wie für Kreditinstitute –711 wurden nicht nur in der Gesetzgebungsbegründung besonders hervorgehoben. Insbesondere der Gedanke von einer Identität mit dem Ausgangskonto wurde auch leitend für die ersten Rechtsprechungsentwicklungen, namentlich in der Gebührenfrage: Anfangs wurde bereits an die Transparenz dieser Vereinbarung (in AGB) sehr hohe Anforderungen gestellt, namentlich wenn das Institut für das Girokonto mit Unentgeltlichkeit warb.712 Inzwischen wird auch höchstrichterlich ein erhöhtes Entgelt für die Pfändungsschutzkontenführung – im Vergleich zur Girokontenführung – für gänzlich unzulässig gehalten, dies gleichermaßen bei späterer Umwandlung in ein P-Konto wie auch bei Einrichtung direkt als P-Konto, weil das Kreditinstitut mit der Führung des Kontos als P-Konto nur eine gesetzliche Pflicht erfülle.713 Wenn bei der Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto gewisse

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710 Zum Anspruchsinhalt und umgekehrt zum Anspruch auf Rückumwandlung eines P-Kontos in ein Girokonto: BGH Urt. v. 10.2.2015 – XI ZR 187/13, WM 2015, 822. 711 BT-Drucks. 16/7615, S. 1, 9; plastisch auch Graf-Schlicker/Linder ZIP 2009, 989; aus diesem Grund können auch Gemeinschaftskonten nicht in ein einzelnes, sondern nur in zwei getrennte P-Konten umgewandelt werden. Zum Streit über die Anwendbarkeit des § 850k Abs. 1 S. 4 ZPO (Rückwirkung der Einrichtung) auf derartige Fälle: Bitter FS Köndgen 2016, S. 83 (96 f.). 712 Vgl. KG Beschl. v. 29.9.2011 – 23 W 35/11, WM 2012, 267 (bei Kostenfreiheit des Girokontos bloße Internetinformation zu Entgelten beim P-Konto unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB), Anm. Werner WuB I C. 1. Kontoführung 2.12 (nur für Umwandlung selbst kein Entgelt, fraglich, ob überhaupt Steigerung nach Umstellung zulässig). 713 BGH Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 = WM 2012, 2381 = NJW 2013, 995; Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 145/12, juris; BGH Urt. v. 16.7.2013 – XI ZR 260/12, WM 2013, 1796; ; vorher bereits so OLG Schleswig Urt. v. 26.6.2012 – 2 U 10/11, WM 2012, 1914 (1915–1917); in der Tendenz ebenso ebenfalls bereits: OLG Frankfurt 28.3.2012 – 19 U 238/11, ZIP 2012, 814 (815 f.) = EWiR § 850k ZPO 1/12 „(weitaus) höheres monatliches Entgelt“ verboten); und sicherlich bei Entgelten für die Umstellung an sich, auf die ein Anspruch besteht, vgl. § 850k Abs. 7 S. 2 ZPO; zum Verbot von Entgelten für die bloße Erfüllung gesetzlicher Pflichten: BGH (Fn 371), BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051; vgl. auch OLG Frankfurt Urt. v. 6.6.2012 – 19 U 13/12, WM 2012, 1931 (zur Unwirksamkeit von AGB, die in diesem Fall Girokontodienstleistungen einschränken; [fast] alles dort freilich Dienste, für die auch beim gewöhnlichen Girokonto eine zusätzliche Abrede erforderlich ist und insofern letztlich nur „Information“ über die Notwendigkeit

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3. Abschnitt – Bankkonto

Leistungen eingeschränkt werden sollen, etwa die Weiternutzung ausgegebener Kreditkarten und Girocards oder eines Dispositionskredits, so ist dies im ersten Fall als (Teil-)Kündigung an den Vorgaben des § 675h BGB zu messen, ansonsten (ggf. auch zusätzlich) an denjenigen von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weswegen die Klausel, die diese Nutzungsmöglichkeiten ohne Kündigungserklärung und ohne jegliche Nachprüfung des Kündigungsgrundes („Kreditgefährdung“) entfallen lässt, unangemessen und unwirksam ist.714 Da bei Einführung des Pfändungsschutzkontos die genannte Konzentrierungsfunktion im Vordergrund stand, umgekehrt jedoch die Pfändungsgrenze nur einmal genutzt werden können soll, hat jede natürliche Person auch nur das Recht auf ein Pfändungsschutzkonto –715 wozu dann entsprechende Erklärungspflichten und Auskunftsansprüche (auch seitens Auskunfteien, mit Verwendungsbeschränkung allein für diese Zwecke) begründet wurden (vgl. Abs. 8 und auch Abs. 9 zur Schließungsanordnung für jedes weitere P-Konto seitens des Vollstreckungsgerichts). Zentrales Ziel bei der Bündelung (und Vereinfachung) war auch die breitere Einbeziehung 248 und Gleichstellung derjenigen Beträge, die auf dem Konto vom Pfändungsschutz erfasst sein sollten: Heute sind das allgemein „Guthaben“. Zwar wird der Bezug zum Arbeitseinkommen und zu regelmäßigen Geldleistungen nach SGB I durch den Verweis auf § 850c ZPO (i.V.m. § 54 Abs. 4 SGB I) durchaus weiterhin hergestellt, doch nur höhenmäßig. Aus welcher Quelle das fragliche Guthaben stammt, ist für den Pfändungsschutz, solange der maßgebliche Freibetrag noch nicht ausgeschöpft ist, gleichgültig.716 Es wird auch nicht mehr für den Umfang des Pfändungsschutzes nach der jeweiligen Quelle differenziert (vgl. demgegenüber oben Zweiter Teil Rn 246). Umgekehrt sind auch Abflüsse, die dem Freibetrag gegenzurechnen sind, alle gleichgestellt, ob Abhebung oder Verfügung im Zahlungsverkehr, allerdings nur i.Erg. erfolgreiche Transaktionen.717 Ebenso wie für die einzubeziehenden Quellen für Kontogutschriften war auch für die Höhe des Pfändungsschutzfreibetrages (Abs. 1–6) eine Vereinfachung angestrebt – und zwar sowohl im Verhältnis zum Gläubiger (Abs. 1–4) als auch hinsichtlich der Rückwirkungen auf die Ansprüche des kontoführenden Instituts (Abs. 5, 6): Einfach ist der Ausgangspunkt, es gilt für den gesamten Monat der Freibetrag, wie er für eigene Arbeitseinkommen nach § 850c

_____ einer weiteren Abrede, vgl. aber nächste Fn); wohl milder – bloße Nichtigkeit einer „Vereinbarung überhöhter Entgelte“ – jedoch die Bundesregierung, BT-Drucks. 17/5411 (unter III. 3.); mit einem umfassenden Verbot einer Gebührendifferenzierung ist wohl auch BT-Drucks. 16/7615, S. 17 überinterpretiert; ebenso Antwort der Bundesregierung a.a.O, (unter III. 5.); aA Ahrens NJW 2010, 2001 (2002 f.); ausf. zur Gebührenfrage ders. NJW 2011, 85; Büchel BKR 2009, 358 (364), der zurecht auf monatliche Durchschnittskosten von 30,– bis 60,– € und eine mit der Rechtsprechung einhergehende erhebliche Quersubventionierung hinweist; ebenso kritisch Bitter ZIP 2015, 1807; ders., FS Köndgen 2016, S. 83 (85 ff.); an dieser Stelle auch auf die steigende Gebührenproblematik durch die Einführung des Basiskontos nach dem ZKG hinweisend: Hippeli DZWIR 2017, 367 (371, 374). 714 BGH Urt. v. 10.2.2015 – XI ZR 187/13, WM 2015, 822; OLG Schleswig (vorige Fn), WM 2012, 1914 (1917–1919); ausführlich zur Frage der Kündbarkeit des P-Kontos im Hinblick auf den Anspruch auf ein Basis-(P)Konto nach dem ZKG: Bitter ZIP 2015, 1807; für das Entfallen des Dispositionskredits (Verstoß gegen die Vorgaben von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB bei Aufgabe jeglichen Erklärungserfordernisses) und ebenso für die Klausel, die einen Anspruch auf Rückumwandlung in ein gewöhnliches Girokonto ausschließt (a.a.O. 1919 f); zutreffend weist Homann DGVZ 2015, 45 (53) darauf hin, dass der ständige Wechsel zwischen Girokonto und P-Konto ein Verweigerungsrecht des Kreditinstituts nach § 242 BGB wegen unzulässiger Rechtsausübung begründen kann. 715 Aus diesem Grund verneint BVerfG Beschl. v. 29.5.2015 – 1 BvR 163/15, NJW 2015, 3083, auch den Pfändungsschutz für ein auf Weisung des Schuldners auf ein Drittkonto überwiesenes Arbeitseinkommen (Tz. 14–21). 716 Ahrens NJW 2010, 2001 (2003 und 2006); Bitter WM 2008, 141 (146); Jungmann ZIP 2009, 1 (1) (mit Alternativmodell); Lücke BKR 2009, 457 (460); Graf-Schlicker/Linder ZIP 2009, 989 (990); zur flankierenden und zeitgleich in Kraft getretenen Regelung in § 850i ZPO, die die Gleichheit des Schutzes für alle Einkünfte, die nicht periodisch wiederkehren, unterstreicht, Meller-Hanich WM 2011, 529 (kritisch). 717 BGH Urt. v. 19.10.2017 – IX ZR 3/17, WM 2017, 2303 enthält ersichtlich die Aussage, dass der Freibetrag nur durch wirksame Verfügungen, die tatsächlich durch die Bank ausgeführt werden, ausgeschöpft werden kann. Der vergebliche (auch zu Unrecht verweigerte) Versuch einer Bargeldabhebung hat daher keinen Einfluss auf die Inanspruchnahme des Freibetrags. Zur Abhebung vom Pfändungsschutzkonto am Geldautomaten als sofortige Verfügung vgl. dann auch BGH Urt. v. 17.10.2017 – XI 419/15, NJW 2018, 299.

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Abs. 1 S. 1 ZPO gilt (Abs. 1 S. 1, mit Fortschreibung entsprechend § 850c Abs. 2a ZPO). Relativ einfach ist auch noch der Grundgedanke, dass dieser Pfändungsfreibetrag bis zum und während des jeweiligen Folgemonat(s) ganz oder teilweise aufgespart werden kann, um auch etwas größere Anschaffungen zu ermöglichen – erst danach verfällt der nicht aufgebrauchte Teil des Vormonats (Abs. 1 S. 3, sog. First-in-first-out-Prinzip).718 Erweitert wird dieser Freibetrag dann um vier Posten (Abs. 2 S. 1), wobei für all diese Beiträge die genannte „Ansparmöglichkeit“ ebenfalls besteht (Abs. 2 S. 2): weitere Freibeträge für (erfüllte) gesetzliche Unterhaltspflichten (§ 850c Abs. 1 S. 2 ZPO), für weitergeleitete Geldleistungen nach SGB an nichteheliche Haushaltsmitglieder (Nr. 1), für einmalige Unterstützungen nach SGB I auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen (Nr. 2) und für Kindergeld u.ä. (Nr. 3).719 Besonderheiten gelten bei Pfändung seitens eines Unterhaltsgläubigers (Abs. 3), als rechtsunsicher und komplex wird zuletzt die Möglichkeit gesehen, dass das Vollstreckungsgericht einen anderen Pfändungsfreibetrag festsetzen kann (Abs. 4) – rechtsunsicher jedoch vor allem zwischen den Parteien, nicht so sehr für das Kreditinstitut.720 Der Handhabbarkeit für den Pfändungsgläubiger dient es, dass er weitgehend die Herausgabe der für die Berechnung von Freibeträgen etc. notwendigen Unterlagen auch vom Drittschuldner verlangen kann (§§ 836 Abs. 3 S. 1, 850k Abs. 2 sowie 5 S. 2 ZPO).721 Hinzu treten zwei Regelungen im Verhältnis zum Kreditinstitut. Die erste betrifft die Pflicht des Instituts, über die in den Pfändungsfreibetrag fallenden Beträge allein zugunsten des Kontoinhabers (nicht seiner Gläubiger) zu verfügen (Abs. 5, etwa durch Auszahlung, Überweisung etc.), wobei es freilich dem Kunden obliegt, Nachweise zu den Erhöhungsbeträgen nach Abs. 2 beizubringen (im einzelnen Abs. 5 S. 2–4, mit Liberationswirkung zugunsten des Instituts). Die zweite Regelung gilt Forderungen des Kreditinstituts selbst (Abs. 6), freilich nur einem Teilbereich, namentlich Geldleistungen nach SGB I und Kindergeldleistungen und auch für diese nur in den ersten vierzehn Tagen nach Gutschrift: Gegen solche Gutschriften kann das Institut (in diesem Zeitraum) nur seine Entgelt- und Aufwandsersatzansprüche (etwa für getätigte Überweisung) gegenrechnen, vom dann noch verbleibenden Betrag der Gutschrift muss es auch weitere Aufträge erfüllen.722 249

4. Pfändung von Kreditzusagen und -linien. So umstritten wie sonst die Debetsperre ist heute bei der Girokontenpfändung nur noch die Frage nach der Pfändbarkeit von Kreditzusagen und -linien. Unstreitig nicht pfändbar ist bei bloßer Duldung von Kontoüberziehungen der nicht zugesagte „Kredit“,723 ebenso wenig ein zweckgebunden eingeräumter Kredit.724 Insbesondere

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718 Dazu zuerst das Grundsatzurteil BGH Urt. v. 4.12.2014 – IX ZR 115/14, WM 2015, 177 = NJW-RR 2015, 254; dann BGH Urt. v. 17.10.2017 – XI ZR 419/15, NJW 2018, 299; BGH Urt. v. 19.10.2017 – IX ZR 3/17, WM 2017, 2303; sowie Ahrens NJW 2010, 2001 (2004 f.) (sogar für „mehrfach kumulierte Übertragung“); ausf. zur Übertragung Wiederhold BKR 2011, 272 (273 f.); Richter VIA 2015, 25; vgl. umgekehrt jedoch (weitergehendes Ansparen und Anlegen auf einem anderen Konto): BGH Beschluss v. 26.9.2013 – IX ZB 247/11, WM 2013, 2025; ausführlich zu Problemen der Doppelzahlung oder Nachzahlung: Bitter FS Köndgen 2016, S. 83 (98 ff.). 719 Hierzu ausführlich: Homann DGVZ 2015, 45 (49 f). 720 Lücke BKR 2009, 457 (461); zur Festsetzung durch das Vollstreckungsgericht auch BGH Beschl. v. 10.11.2011 – VII ZB 64/10, NJW 2012, 72; siehe zur Konkretisierung der Höhe des Pfändungsfreibetrags BGH Beschl. v. 11.10.2017 – VII ZB 53/14, NJW 2018, 555, wonach auch eine unbezifferte Festsetzung zulässig sein kann. 721 Vgl. hierzu BGH Beschluss vom 21.2.2013 – VII ZB 59/10, WM 2013, 639. 722 Büchel BKR 2009, 358 (362 f.). 723 BGH (Fn 444), BGHZ 93, 315 (325 f.) = NJW 1985, 1218; BGH (Fn 708), BGHZ 147, 193 = NJW 2001, 1937 (1939); BGH Urt. v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, NJW 2007, 1357 (1359); Köndgen NJW 2004, 1288 (1292 f.); Olzen ZZP 97 (1984), 1 (2); Peckert ZIP 1986, 1232 (1234); Baumbach/Hopt § 357 Rn 10 (kein Anspruch); ausführlich: Mikolajczak Zwangsvollstreckung in ein Girokonto, S. 319 ff.; aA Bitter WM 2001, 889 (893). 724 BGH (Fn 708), BGHZ 147, 193 (195) = NJW 2001, 1937; BGH Urt. v. 30.3.1978 – VII ZR 331/75, WM 1978, 553 (553); Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 5; BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 72a. Wertungsmäßig zutr., da „stärkeres Recht“ (Bestimmungsrecht) des Darlehensgebers im Verhältnis zum pfändenden Gläubiger, das auch andernorts in der Rechtsordnung nahezu unangezweifelt ist: vgl. grundsätzlich Grundmann Treuhandvertrag S. 318–324.

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wenn der Kredit als Sanierungskredit zugesagt ist, ist eine Pfändung – wegen dieser Zweckbindung – gänzlich unzulässig.725 Diese beiden generellen Verbote beruhen auf der Dispositionsfreiheit bzw. -bestimmung des Kreditgebers. Unstreitig pfändbar ist umgekehrt ein Aktivsaldo, der auf Gutschrift eines nicht zweckgebundenen Kredits beruht.726 Umstritten ist hingegen die Pfändung von Kreditzusage, Kreditlinie u.ä., also der vertraglich zugesicherten Krediteröffnung vor Valutierung durch Gutschrift. Teils wird die Pfändbarkeit pauschal bejaht,727 teils grundsätzlich verneint.728 Gegen die erstgenannte Meinung spricht, dass es für den Darlehensgeber wichtig ist, ob der Schuldner des Rückzahlungsanspruchs die Valuta selbst gewinnträchtig einsetzen kann oder einem anderen überlassen muss, und dass dieses Interesse in § 490 Abs. 1 BGB wohl auch als schützenswert anerkannt wird. Umgekehrt entzieht die zweite Meinung Werte des Schuldners sehr weitgehend dem Gläubigerzugriff. Der BGH hat sich daher in seiner jüngeren Rechtsprechung überzeugend für einen Mittelweg entschieden. Danach soll die Pfändung der Kreditlinie solange keine Wirkung zeitigen, wie der Kontoinhaber diese nicht in Anspruch genommen hat, da die Entscheidung über den Abruf des Dispositionskredits beim Kontoinhaber verbleiben muss, danach jedoch zulässig sein.729 Diese Position bringt Gläubigerschutz und Interesse des Schuldners an höchstpersönlicher Entscheidung am besten in Einklang, wobei jedoch der Schutz des Instituts nach § 490 Abs. 1 BGB zu bedenken ist. Dieses kann hierfür Zweckbindung des Kredits wählen. 5. Pfändung bei Sparkonten und sonstigen Sonderformen. Bei anderen Bankkonten gilt 250 das zu Girokonten Gesagte, soweit ein jederzeitiger Auszahlungsanspruch besteht. Solche Konten werden jedoch typischerweise nicht weiter von dritter Seite „gefüttert“ (oben Zweiter Teil Rn 239–247). Zu unterscheiden sind Sonderformen, die auf der Andersartigkeit der Ansprüche aus dem Kontokorrent beruhen (Spar- und Festgeldkonten), von solchen, die die Inhaberschaft betreffen (Ander-, Treuhand- und Gemeinschaftskonten).730 Entscheidend für die Pfändung ist die Berechtigung des Kontoinhabers, für die Auskehrung jeweils, ob er selbst gegenüber dem Drittschuldner bereits einen durchsetzbaren Zahlungsanspruch hat. Sparkonten sind im Wege der Forderungspfändung zu pfänden (§ 829 ZPO; für das Spar- 251 buch § 836 Abs. 3 S. 1 ZPO). Vor Vollzug einer Verfügung nach § 331 BGB, d.h. zu Lebzeiten des Erblassers, können dessen Gläubiger wie in jedes sonstige Sparkonto vollstrecken (und Zahlung so weitgehend wie der Erblasser verlangen),731 danach nur, wenn Anfechtungsrechte eingreifen (§§ 130 ff. InsO).

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725 BGH (Fn 708), BGHZ 147, 193 (201); dazu Köndgen NJW 2004, 1288 (1292); Bitter WM 2001, 889; ders. WM 2004, 1109. 726 Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (69); Heymann/Horn § 357 Rn 21; Koller/Kindler/Roth/Morck § 357 Rn 5. 727 OLG Köln (Fn 706) WM 1983, 1049 (1050); Grunsky ZZP 95 (1982), 264 (277 f.); ausf. Darstellung (selbst im Grundsatz für Pfändbarkeit): Zeller Vollstreckung in offene Kreditlinien. 728 OLG Schleswig Urt. v. 18.6.1991 – 16 W 7/91, NJW 1992, 579 (580); Häuser ZIP 1983, 891 (899 f.); Peckert ZIP 1986, 1232 (1237–1239); Lwowski/Bitter WM-FestG Hellner 1994, S. 57 (64–72); kaum zu bezweifeln jedenfalls für die Zeit vor Abruf des Kredits durch den Schuldner (und heute „im Zweifel“ auch danach), soweit das Institut den Darlehensvertrag noch „kündigen“ kann (§ 490 Abs. 1 BGB): BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 91. 729 BGH Urt. v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (355 f.) = WM 2004, 517 (518 f.); bestätigt durch BGH Urt. v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01 – WM 2004, 669 (670); BGH (Fn 699), WM 2012, 542 (543) = NJW 2012, 1081; in der Tendenz auch schon, obwohl im Kern noch offen gelassen in: BGH (Fn 708), BGHZ 147, 193 (195) = NJW 2001, 1937 (jedenfalls soweit Dispositionskredit in Anspruch genommen wurde); auch Mülbert Darlehensrecht, § 488 BGB Rn 458, 486; Schwintowski Kap. 9 Rn 138 f.; Mikolajczak Zwangsvollstreckung in ein Girokonto, S. 246 ff.; und früh vor allem Wagner ZIP 1985, 849 (853–855); ders. JZ 1985, 718 (719–721 und 725). 730 Bei diesen kreisen die Fragen im Vollstreckungsrecht ebenfalls um die Inhaberschaft; dazu daher oben Zweiter Teil Rn 198, 201, 209 f.; zur Zwangsvollstreckung in Treuhandkonten ausführlich Lange NJW 2007, 2513. 731 BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 94.

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Festgeldkonten weisen nicht die Besonderheiten von Girokonten auf. Insbes. fehlt auch der jederzeitige Auszahlungsanspruch, so dass eine Auskehrung erst zum vereinbarten Termin gefordert werden kann.732 Gleiches gilt bei prämienbegünstigten Sparkonten und -verträgen, jedenfalls soweit der vereinbarte Endtermin für den Sparer verbindlich ist, d.h. nicht gegen Tragung der Prämienschäden Auszahlung vorzeitig verlangt werden kann.733 II. Insolvenz

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1. Fortbestand der Bank-Kunden-Beziehung. In der Insolvenz zeigt sich mit besonderer Deutlichkeit das einleitend beschriebene Gefüge einer Geschäftsbeziehung einerseits und andererseits des Kontokorrents als nur eines Instruments derselben, wenn auch eines überragend wichtigen (vgl. oben Zweiter Teil Rn 1–3, 9): Die allgemeine Bank-Kunden-Beziehung und jeder einzelne Vertrag sind gesondert zu sehen – also insbes. die allgemeine Bank-KundenBeziehung, die Kontokorrentabrede und begleitende Abreden, insbesondere zu Kreditlinien, aber auch gesonderte Abreden zu Konditionen des „Kontos“: So ändern sich die Fristen zur Geltendmachung von befristeten Einlagen oder Sparbüchern durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Schuldner (und Einlagengläubiger) nicht.734 Und die maßgeblichen Kreditabreden können gesondert gekündigt werden, namentlich nach § 490 Abs. 1 BGB und dies schon vor Stellung des Insolvenzantrages, aber auch danach.735 Solange dies freilich nicht geschehen ist, ist das Institut verpflichtet und ergeben sich daraus die im Folgenden anzusprechenden Fragen, insbesondere auch zur Kongruenz von Saldorückführungen – desgleichen dann innerhalb der Insolvenzanfechtungsfristen ab Kündigung (vgl. dazu sogleich noch). Im Folgenden (unten 2.– 4.) werden allein die Kontokorrentbeziehung und die einzelnen Kontobewegungen erörtert, nicht die sonstigen Rechtsverhältnisse. Für die Kontokorrentbeziehungen wären idealerweise für jede Art Konto jeweils vier Zeitphasen getrennt darzustellen (und dort dann auch die Reaktionsmöglichkeiten aller Beteiligten): ab Stellung des Insolvenzantrags, ab Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines Verfügungsverbots sowie ab Einsetzung mit Anordnung eines Verfügungsverbots (vgl. §§ 21 f. InsO) und schließlich ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. §§ 80 ff., bes. 91, 116 InsO).736 Das würde freilich hier den Rahmen sprengen, vorliegend wird demgegenüber im Bewusstsein dieser Kategorien und unter Verweis auf diese auch immer wieder zusammengefasst. Theoretisch ist zwischen Insolvenz des Instituts und Insolvenz des Kunden zu unterscheiden. Wegen der ungleich geringeren praktischen Relevanz von Ersterem, jedoch auch wegen der individuell gestalteten Sanierungs- und Abwicklungsplä-

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732 BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 101. 733 BankR-HdB/Bitter § 33 Rn 97–100, bes. 99. Der Pfändung unterliegt auch die vermögenswirksame Leistung des Arbeitgebers, sobald sie erbracht ist (vorher § 2 Abs. 7 S. 2 des 5. VermBG, § 850 ZPO). Streitig ist nur, ob der Termin für den Sparer mangels eindeutiger Abrede disponibel ist oder nicht oder ob zumindest eine Rücksichtnahmepflicht besteht, wenn hohe Prämienverluste durch kurzes weiteres Zuwarten vermieden werden können: vgl. Nachw. bei Bitter. 734 LG Rostock Urt. v. 13.12.2001 – 4 O 180/00, ZIP 2002, 290; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 9. 735 Vgl. dazu namentlich MünchKommBGB/Berger § 490 Rn 7 ff.; BankR-HdB/Krepold § 79 Rn 180 ff., bes. 189; HK-BGB/Wiese § 490 Rn 1 ff., bes. 5; Rümker Verhaltenspflichten der Kreditinstitute in der Krise des Kreditnehmers, KTS 1981, 493 (497); Freitag Die Beendigung des Darlehensvertrages nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, WM 2001, 2370. Vgl. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 13.1.1992 – 4 U 80/90, WM 1992, 1018. Zur Kreditkündigung schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens insb.: BT-Drucks 14/6040, 254. 736 Darstellung in diesem Sinne in: Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 2.2 bis 2.385 und 3.2 bis 3.1198; plastischer Überblick auch in Nobbe Das Girokonto in der Insolvenz, in: Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, 1997, S. 99. Recht eigentlich kommt dann noch das Planverfahren (nach Erstellung des Insolvenzplanes) und das sog. Insolvenzkonto hinzu, das Konto, das der Insolvenzverwalter für die Abwicklung des Insolvenzverfahrens neu begründet und das (wegen dieses Zwecks) hinsichtlich der Pflichten besonders gestaltet ist.

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3. Abschnitt – Bankkonto

ne nach CRD IV/V (mit CRR I/II) und BRRD, ist es sinnvoll, sich hier allein auf Zweiteres, die Insolvenz des Kunden, zu beschränken. Die allgemeine Bank-Kunden-Beziehung endet nicht durch die Insolvenz, auch nicht 254 einmal durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens (als dem weitestgehenden Verfahrensfortgang).737 Daher bleibt insbesondere auch das Bankgeheimnis (gegenüber dem Schuldner) grds. bestehen.738 Es wird jedoch insofern neu ausgestaltet, als mit Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter – etwa über einen positiven Abschlusssaldo –, aber auch bei sonstigem berechtigten Interesse – etwa um Insolvenzanfechtungstatbestände zu klären – das Bankgeheimnis umfangreich durchbrochen wird: Danach kann der Insolvenzverwalter ab Übergang dieser Befugnis – also ab Einsetzung des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsverbot – sicherlich die Informationen zum Abschlusssaldo fordern,739 diejenigen über bereits abgerechnete Saldoperioden nicht pauschal, aber bei nachgewiesenem berechtigten Interesse und gegen Ersatz der Kosten.740 2. Einzelkontokorrent: Bestand, Beendigung, Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte a) Bestand und Beendigung. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem 255 Kunden beendet das Kontokorrentverhältnis. Da die Beendigungswirkung ex lege eintritt, namentlich auf Grund §§ 91, 115 InsO (kein weiterer freier Erwerb von Guthaben mehr möglich),741 wird diese Rechtslage auch nicht etwa durch die Neugestaltung des Kündigungsregimes durch Zahlungsdienste-Richtlinie und -Gesetz berührt. Gleiches gilt auch für die Insolvenz des Instituts, freilich (theoretisch) nicht für seine Pflichten aus dem Girovertrag mit Kreditlinie.742 Die gleiche Wirkung zeitigt die Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verfügungsverbot noch nicht (§§ 91, 115 InsO sind nicht erfüllt), soll jedoch – trotz § 91 InsO – auch die Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsverbot noch nicht zeitigen (Wortlaut beider Normen fordert Eröffnung des Insolvenzverfahrens).743 Auf Grund der Beendigung ist ein außerordentlicher (End-)Saldo zu bilden, dessen Zahlung – entsprechend der Rechtslage auch während des Bestehens des Kontokorrents – sofort geschuldet ist, der aber mit den beste-

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737 Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 1 f. 738 Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 2.350–2.376 (allerdings zu Unrecht annehmend, das Bankgeheimnis „gälte“ gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht mehr, es ist vielmehr nur eingeschränkt, wenn auch recht weitgehend); für die Unterlagen zum Abschlusssaldo können die Grundsätze zur Pfändung des Tagessaldos (mit Herausgabe des Kontoauszugs) a maiore herangezogen werden, vgl. dazu BGH-Rechtsprechung und Nachw. oben Zweiter Teil Rn 242; näher zu Bankgeheimnis und Insolvenz des Kontoinhabers Bode, Der Auskunftsanspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters; H. Huber ZInsO 2001, 289; Vallender FS Uhlenbruck 2000, S. 133. 739 BGH Urt. v. 26.10.1953 – I ZR 156/52, BB 1953, 993; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), InsolvenzrechtsHandbuch, § 98 Rn 32 f., 35. 740 BGH Urt. v. 22.4.1982 – III ZR 112/80, WM 1982, 706; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), InsolvenzrechtsHandbuch, § 98 Rn 32 f. 741 BGH Urt. v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108 (111); BGH (Fn 568), BGHZ 95, 185 (187) = NJW 1985, 2698 (bei Oder-Konten nicht für andere Inhaber); BGH Urt. v. 14.12.2006 – IV ZR 194/05, BGHZ 170, 206 (213); BGH Urt. v. 26.6.2008 – IX ZR 47/05, ZIP 2008, 1437 (1438); OLG Karlsruhe Urt. v. 4.1.2008 – 17 U 406/06, ZIP 2008, 1343 (1344); OLG Oldenburg Urt. v. 9.2.2012 – 1 U 68/11, juris, Tz. 31 (auch zum fortbestehenden Recht [keiner Pflicht] des Kreditinstituts, noch eingehende Beträge entgegenzunehmen, mit Auskehrungspflicht nach § 667 BGB); Peschke Insolvenz des Girokontoinhabers, S. 23 f.; Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 3.125 (m.w.Nachw.). 742 BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 34 (m.w.Nachw.); Canaris Bankvertragsrecht Rn 511. 743 BGH Urt. v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 = WM 1997, 831 = ZIP 1997, 737; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 7; MünchKommHGB/Langenbucher § 355 Rn 118b; ebenso (unstreitig), solange nur Insolvenzantrag gestellt ist: BGH Urt. v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 = WM 2007, 370 = ZIP 2007, 191.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

henden Sicherheiten belastet ist:744 den Überschuss kann entweder das kontoführende Institut fordern (dann grds. als gewöhnliche Insolvenzforderung, wenn keine Absicherung erfolgte),745 oder aber der Insolvenzverwalter. Eine „Fortführung des“ Kontos durch den Insolvenzverwalter oder den Gesamtschuldner 256 ist eine Neubegründung,746 mit neuen Rechten und neuer Pflichtenstruktur: Der Gesamtschuldner ist frei, ein neues Konto zu begründen,747 sinnvollerweise als Pfändungsschutzkonto für die geschützten Beträge (vgl. unten Zweiter Teil Rn 258 f.). Für den Insolvenzverwalter wird solch ein Konto als Insolvenzkonto – zum Zweck der Durchführung des Verfahrens und mit entsprechend zugeschnittenen Pflichten – eingerichtet.748 In der Praxis gibt der Insolvenzverwalter das (guthabenfreie) Konto freilich auch häufig an den Schuldner zur Fortführung frei, was dann rechtlich jedoch ebenfalls als Neubegründung zu qualifizieren ist. 257

b) Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte. Solange das Konto (noch) weiterbesteht, hat der Schuldner noch Verfügungsbefugnis, solange nur Insolvenzantrag gestellt ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungsverbot eingesetzt wurde. Die Verfügungsbefugnis umfasst gleichermaßen Aufträge seitens des Schuldners für Zahlungsvorgänge, die das Debet erhöhen bzw. das Guthaben mindern, wie die Entgegennahme von Gutschriften, insbesondere auch debetmindernden, seitens des kontoführenden Instituts. Folglich sind in dieser Phase auch noch Pfändungen nach den dargelegten Grundsätzen möglich, wobei diese freilich, wird das Verfahren dann eröffnet, idR in die Insolvenzanfechtungsfristen fallen.749 All diese Rechtsfolgen werden ausgeschlossen durch ein Verfügungsverbot.

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c) Insbes. Pfändungsschutzkonto. Das Pfändungsschutzkonto (oben Zweiter Teil Rn 246– 248) dient nach dem Gesagten der Vereinfachung des Schutzregimes, in dem jedem Schuldner ein pfändungsfreier Mindestbetrag verbleiben soll (sog. geschützter Betrag). Beim bereits bestehenden Pfändungsschutzkonto entspricht es diesem Zweck, dass das Kontokorrentverhältnis auch durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Kontoinhaber nicht ex lege beendet werden soll (§§ 36 Abs. 1 S. 2 InsO, 850k ZPO; auch das debitorisch geführte nicht, str.), und insbesondere der geschützte Betrag auch nicht in die Insolvenzmasse fällt, der Insolvenzverwalter hierüber also auch keine Verfügungsbefugnis erwirbt.750

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744 Zur Insolvenzfestigkeit von zur Sicherheit abgetretenen Forderungen sowie dem Tausch von Sicherheiten im Kontokorrentverhältnis vgl. aus jüngerer Zeit wieder BGH Urt. v. 2.2.2017 – IX ZR 245/14, WM 2017, 446. 745 BGH (Fn 448), NJW 1978, 538; BGH Beschluss v. 9.5.1979 – VIII ZB 11/79, NJW 1979, 1658; BGH (Fn 411), WM 1991, 60; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 5 f.; Peschke Insolvenz des Girokontoinhabers, S. 24 ff. Die Absicherung – vor allem auf Grund des Pfandrechts nach Nr. 14 AGB-Banken/21 AGB-Sparkassen – muss bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet gewesen sein, auf den Endsaldo kann sie sich nicht mehr wirksam beziehen, auch nicht als antizipierte Sicherheitenbestellung; vgl. unten Zweiter Teil Rn 266. 746 BGH (Fn 411), NJW 1991, 1286 (1287); GroßkommHGB/Canaris § 355 Rn 115. 747 Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 3. 748 Dazu BGH (Fn 411), WM 1991, 60; für die Führung vor allem durch Rechtsanwälte: Kießling NZI 2006, 440 (bes. 440 f.). 749 Vgl. für diese Trennlinie: BGH Beschl. v. 3.12.2015 – IX ZR 131/15, WM 2016, 135 (Bestätigung von BGH Urt. v. 14.6.2012, WM 2012, 1401): Anfechtbar ist etwa die Pfändung einer dem Schuldner eröffneten Kreditlinie, soweit das Pfändungspfandrecht erst durch den Abruf des Kontokorrentkredits und nach Zahlungsunfähigkeit entsteht. 750 Vgl. Bitter ZIP 2011, 149 (157 f.) (allerdings: [entgegen Gesetzgeberintention] werde das debitorisch geführte P-Konto beendet). Ausführlich zum Pfändungsschutzkonto in der Insolvenz, namentlich zu dieser Freistellung und insbes. auch zur Durchsetzung der Rechte auf den überschießenden Betrag: Ahrens NJW-Spezial 2017, 341; Bieker ZInsO 2016, 2379 (2380 f); Bitter FS Köndgen 2016, S. 83 (111 ff.); Büchel ZInsO 2010, 20 (23–27); Casse ZInsO 2012, 1402; ders. ZInsO 2015, 1033; Cranshaw/Welsch DZWIR 2016, 53 (59 f); Weiland VIA 2015, 89; auch Remmert NZI 2008, 70; speziell zum überschießenden Betrag: Obermüller InsBüro 2013, 180 (182 f.); speziell zur

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3. Abschnitt – Bankkonto

Bestand demgegenüber kein Pfändungsschutzkonto, so kann der Schuldner zwar ein sol- 259 ches – wie jedes Kontokorrent – neu begründen (vgl bereits oben Zweiter Teil Rn 256). Umstritten ist jedoch, ob die Möglichkeit besteht, ein bestehendes (gewöhnliches) Kontokorrentverhältnis in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Teils wird davon ausgegangen, dass dies nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich sei, da kein Konto mehr bestehe. Unter Rückgriff auf den Schutzzweck des P-Kontos, der auch bei der Pfändung noch eine (rückwirkende) Umwandlung in einem Vier-Wochen-Zeitraum nach Pfändung trägt (vgl. § 850k Abs. 1 S. 4 ZPO), wird jedoch zunehmend § 36 Abs. 1 S. 2 InsO (mit seinem Verweis auf § 850k u.a. ZPO) weit ausgelegt und Gleiches ist auch in der Insolvenz anzunehmen.751 Sicherlich kann eine Umwandlung kurz vor Verfahrenseröffnung nicht der Insolvenzanfechtung unterliegen.752 3. Sonstige Kontokorrente: Bestand, Beendigung, Verfügungsbefugnis und Interventionsrechte a) Oder- sowie Und-Konto. Das Oder-Konto zeichnet sich durch gesonderte Verfügungs- 260 macht jedes Kontoinhabers aus (oben Zweiter Teil Rn 197–200). Die Insolvenz eines Kontoinhabers (oder jedenfalls: nicht aller) führt daher auch mit Insolvenzeröffnung nicht zur Beendigung des Kontokorrents, da dann §§ 91, 115 InsO nicht erfüllt sind – andere Kontoinhaber können noch verfügen –, und die anderen Kontoinhaber können auch weiter verfügen, auch etwa durch Verrechnung eingehender Valuta (Gutschrift) mit einem Debetsaldo.753 Jeder Kontoinhaber wird also weiterhin gesondert gesehen und kann weiterhin gesondert handeln.754 Obwohl sich das Und-Konto durch gemeinsame Verfügungsmacht der Kontoinhaber aus- 261 zeichnet (oben Zweiter Teil Rn 201), gilt für die Beendigung das Gleiche wie beim Oder-Konto. Zwar kann bzw. können der oder die anderen Kontoinhaber nicht ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters verfügen, sobald ein Verfügungsverbot erlassen bzw. das Insolvenzverfahren eröffnet ist.755 Da eingehende Valuta (Gutschrift) jedoch nicht allein der Insolvenzmasse zusteht, kann sie weiter etwa zum Abbau eines Debets verwandt werden.756 Entsprechend wird auch die Kontokorrentbeziehung nicht ex lege beendet (vgl. §§ 91 und auch 115 InsO). b) Fremd-, Treuhand- und Anderkonten. Bei Fremd-, Treuhand- und Anderkonten in der 262 Insolvenz stellen sich vor allem die oben erörterten (Vor-)Fragen zur Inhaberschaft. Tritt der

_____ Anfechtungsfestigkeit von Zahlungen vom Pfändungsschutzkonto: Ahrens VIA 2016, 81; siehe außerdem zur „Freigabe“ von Pfändungsschutzkonten: Cranshaw/Welsch DZWIR 2016, 53 (58 ff.). 751 LG Verden, NZI 2014, 36 = ZIP 2013, 1954 (1955); Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier InsO, 3. Aufl. 2017, § 36 Rn 76; Günther ZInsO 2013, 859 (861 f); Sudergat ZVI 2013, 169 (170 ff.); Casse ZInsO 2015, 1033 (1035); Ehlenz/Diefenbach Pfändung in Bankkonten, Rn 83 f; aA Obermüller InsBüro 2013, 180 (185 f.) (auch zur Umwandlung kurz vor Insolvenzeröffnung); offenlassend BGH Beschl. v. 13.2.2014 – IX ZB 91/12, NZI 2014, 414 = ZInsO 2014, 687. Siehe hierzu auch Ahrens NJW-Spezial 2017, 341. 752 AA Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 27; unter Hinweis auf Parallelrechtsprechung vor Einführung des P-Konto, jedoch m.E. nicht hinreichend auf dessen Schutzzweck (Lückenlosigkeit) abstellend. Vgl. früher LG München I Urt. v. 28.11.2012 – 26 O 8154/12, ZinsO 2013, 352; OLG Naumburg Urt. v. 8.12.2010 – 5 U 96/10, ZinsO 2011, 677; wie hier etwa Kemperdick ZinsO 2012, 2193; Wollmann ZinsO 2012, 2061. 753 BGH (Fn 568), WM 1985, 1059. 754 Ausführlich Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 2.124 ff.; Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens, zur Insolvenzmasse gehört allein die Forderung auf und aus Auseinandersetzung gegenüber den anderen Kontoinhabern (vgl. § 84 InsO): OLG Rostock Beschluss v. 11.9.2003 – 7 W 54/03, ZInsO 2003, 1002. 755 BGH Urt. v. 10.1.1963 – II ZR 95/61, BGHZ 39, 14 (15); näher K. Schmidt Das Gemeinschaftskonto: Rechtsgemeinschaft am Rechtsverhältnis – Eine rechtsdogmatische Skizze zu den §§ 421, 427, 428, 432, 705 und 741 BGB, FS Hadding 2004, S. 1093. 756 Sinz in Uhlenbruck/Hirte/Vallender (Hrsg.), Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, §§ 115/116 Rn 20 ff.; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 12.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Zuschnitt als Fremdkonto nach den oben genannten Kriterien nicht in relevantem Maße zu Tage (oben Zweiter Teil Rn 205–210), so ist das Konto auch in der Insolvenz umfassend als Konto des nominell Berechtigten zu behandeln. Allenfalls bestehen Ansprüche gegen ihn seitens des materiell ihm gegenüber Berechtigten („Hintermannes“), die dann in der Insolvenz des nominell Berechtigten einfache Insolvenzforderungen darstellen. Wird demgegenüber die Treuhandschaft hinreichend klar und ist rechtlich relevant, d.h. 263 entfaltet Schutzwirkung gegenüber dem Treugeber auch in der Insolvenz (str. ob Offensichtlichkeit oder Unmittelbarkeit, vgl. Zweiter Teil Rn 205 ff.), so bedeutet dies freilich noch nicht, dass der Treugeber den Treuhänder jetzt verdrängt. Vielmehr behält das Konto seinen Charakter als Konto des Treuhänders. Grds. ist es wie ein Einzelkonto des Treuhänders zu behandeln: Weisungen direkt an die kontoführende Bank konnte der Treugeber schon vor Eintritt der Krise nicht geben (Zweiter Teil Rn 205). Dies ändert sich auch nicht, solange der Insolvenzantrag für (oder durch) den Treuhänder bereits gestellt ist, dieser jedoch noch verfügungsberichtigt bleibt. Sobald dieser seine Verfügungsberechtigung verliert (mit Verfügungsverbot) bzw. das Konto erlischt (mit Insolvenzeröffnung, § 91 InsO), gewinnt der Treugeber ebenfalls keine direkten Weisungsrechte – etwa auf Auszahlung, während umgekehrt in der Insolvenz des Treugebers der Treuhänder (als Vollrechtsinhaber) verfügungsbefugt bleibt.757 Vielmehr ist er auf seine Ausoder auch Absonderungsrechte (gemäß den Grundsätzen oben Zweiter Teil Rn 209 f.) beschränkt (§ 47–51, 165 ff. InsO). Bei Anderkonten tritt die Fremdberechtigung bereits auf Grund der Bezeichnung offen264 sichtlich hervor und wird allein schon aus diesem Grund anerkannt. Für Anderkonten gilt daher – allein auf Grund der Bezeichnung – ebenfalls das bei den Treuhandkonten mit Schutzwirkung für den Treugeber Gesagte.758 Da in diesem Fall jedoch die Treugeber Klienten der jeweils maßgeblichen Berufsgruppen sind, kann nicht allein auf das Instrument der Aussonderung verwiesen werden und muss Vorsorge für eine Fortsetzung getragen werden (vgl. etwa Nr. 13 AGB-Anderkonten-Rechtsanwälte).759 4. Schicksal einzelner Kontobewegungen. Während nach dem Gesagten der bloße Insolvenzantrag sowie auch die Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verfügungsverbot Kontobestand und Verfügungsbefugnis des Schuldners unberührt lassen, ist dieser bei Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsverbot (§§ 21 f. InsO) nicht mehr befugt, Zahlungsvorgänge zu Lasten des Kontos auszulösen,760 umgekehrt kann jedoch auch das Institut grds. nicht mehr Zahlungseingänge als Gutschriften so verbuchen, dass sie das Debet mindern.761 Gleiches gilt, wenn das Konto wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens endet. Erst 266 recht ab diesem Zeitpunkt können Einzelleistungen nicht mehr einbezogen werden.762 Ein positiver Saldo zugunsten des Gemeinschuldners entsteht – wegen der vorher bestehenden Kontokorrentbindung – nach jüngerer, strengerer höchstrichterlicher Rechtsprechung erst mit Beendigung der Kontokorrentbindung durch Insolvenz und kann daher nicht mehr wirksam 265

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757 Vgl. zu beiden Situationen BGH Beschluss v. 12.7.2012 – IX ZR 213/11, WM 2012, 1496; Obermüller/Kuder in Gottwald (Hrsg.), Insolvenzrechts-Handbuch, § 98 Rn 14; ausführlich Lange NJW 2007, 2513. In der Treugeberinsolvenz kann freilich der Insolvenzverwalter das Guthaben auf dem Treuhandkonto herausverlangen oder aber eine noch getätigte Verfügung genehmigen und vom Empfänger herausverlangen (BGH a.a.O.). 758 BGH (Fn 606), WM 1996, 662, Hellner FS Nielsen 1996, S. 29. 759 Vgl. näher OLG Köln Urt. v. 4.11.2009 – 17 U 40/09, ZIP 2009, 2395 (Vorrang des Standesrechts als lex specialis gegenüber allgemeinem Insolvenzrecht); Obermüller/Kuder Insolvenzrecht Rn 2.150–2.154. 760 Andres/Leithaus Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2014, § 22 Rn 3 ff., § 24 Rn 2; Böhm in Braun, InsO § 22 Rn 9 ff. 761 Leithaus NZI 2005, 592; Andres/Leithaus Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2014, § 82 Rn 7. 762 BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 (3214); BGH Urt. v. 25.2.1977 – I ZR 167/75, NJW 1977, 1346.

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3. Abschnitt – Bankkonto

antizipiert abgetreten werden, obwohl der (letzte) kausale Saldo materiell vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgebaut wird und obwohl dies die antizipierte (Global-)Zession bei kontokorrentgebundenen Forderungen als Sicherungsmittel völlig entwertet (vgl. § 91 InsO, früher § 15 KO).763 Einzelposten, die der Gemeinschuldner mit fremdem Geld begründet hat oder die Gegenleistungen für die Veräußerung von unter verlängertem Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren darstellen, unterliegen gleichfalls nicht der Ersatzaussonderung.764 Besteht eine ungekündigte Kreditlinie, so ist eine Rückführung des Negativsaldos inkon- 267 gruent (und daher anfechtbar im Rahmen von §§ 131 [bes. Abs. 1 Nr. 1], 143 InsO)765 – es sei denn, die Rückführung ermöglichte neuerliche Verfügungen über die Kreditlinie.766 Hierfür – auch etwa im Rahmen von § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO – ist auf den Gesamtzeitraum abzustellen und nicht etwa eine Anfechtung für einzelne Zeitabschnitte allein möglich, so dass, wenn phasenweise nur der Negativsaldo zurückgeführt wurde, dann jedoch die Kreditlinie wieder in Anspruch genommen wurde, von inkongruenten Zahlungen höchstens in Höhe des Überschusses der Rückführungsbeträge über den Gesamtbetrag der neuerlichen Kreditinanspruchnahmen (über den maßgeblichen Gesamtzeitraum) auszugehen ist.767 Gewährt der Kontokorrentgläubiger (idR Kreditinstitut) hingegen zusätzlichen Kredit (namentlich bei geduldeter weiterer Überziehung), aus der der Gesamtschuldner einen (Konto-)Pfändungspfandgläubiger befriedigt, so erhält dieser keinen anfechtbaren Vermögenszuwachs aus dem Schuldnervermögen, sondern begründet das Kreditinstitut eine neue Kreditforderung.768

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763 BGH (Fn 411), NJW 2009, 2677 (2678 f.) = WM 2009, 1515 Anm. NZI 2009, 600 (de Bra/Ganninger) und BB 2009. 2054 (Seehafer); aA noch BGH (Fn 448), BGHZ 70, 86 (93–95); Schwintowski Kap. 9 Rn 121; für die Rückwirkungen speziell auf das AGB-Pfandrecht der Banken/Sparkassen: Obermüller ZInsO 2009, 2527. 764 Erstere verlieren mit der Einstellung ins Kontokorrent die für den Ersatzaussonderungsanspruch nötige Abtretbarkeit: BGH (Fn 473), BGHZ 58, 257 (259 f.) = NJW 1972, 873. Bei Letzteren liegt keine unberechtigte Veräußerung des Gemeinschuldners vor (vgl. § 48 InsO, früher § 46 KO), da sie regelmäßig durch Weiterverkauf im ordnungsgemäßen Geschäftsgang entstehen: BGH (Fn 441), BGHZ 73, 259 (259, 264 f. und 266). Vgl. auch BGH Urt. v. 11.5.1989 – IX ZR 222/88, WM 1989, 965 (966). 765 BGH Urt. v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, WM 2009, 1101 = ZinsO 2009, 1054 (1055 f.); Urt. v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, WM 2008, 169 = ZinsO 2008, 159; BGH (Fn 495), BGHZ 150, 122 = WM 2002, 961 (für neu entstehendes Pfandrecht); vergleichbar für Hereinnahme von Schecks sicherungshalber und deren Einziehung, ohne dass die zugrundeliegende Forderung zediert gewesen wäre: BGH Urt. v. 14.5.2009 – ZR IX 63/08, BGHZ 181, 132 = WM 2009, 1202. 766 BGH (Fn 765), WM 2009, 1101 (1102) = ZinsO 2009, 1054 (1055 f.); wobei die Reihenfolge (zuerst weitere Kreditinanspruchnahme, dann Rückführung, oder umgekehrt) unerheblich ist: BGH (Fn 495), BGHZ 150, 122 = WM 2002, 961. 767 BGH Urt. v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, WM 2011, 1523 = ZIP 2011, 1576 = ZInsO 2011, 1500; dazu EwiR § 131 InsO 6/11, 649 (Würdinger); sowie etwa ZinsO 2011, 87 (Stiller zu OLG Koblenz, ZIP 2010, 1615, als Vorinstanz). Zur Insolvenzanfechtbarkeit von Kontokorrentverrechnung auch noch näher: Bruckhoff NJW 2002, 3304; Leithaus NZI 2002, 188; ders. NZI 2005, 295; Obermüller ZInsO 1999, 324; Stapper/Jacobi BB 2007, 2017; Stiller ZInsO 2002, 651; Streit/Jordan DZWIR 2004, 441 (auch Globalzession); Zuleger ZInsO 2002, 49; ausf. Peschke Insolvenz des Girokontoinhabers, S. 46–265; Gessner NJ 2016, 50. Speziell zur Insolvenzanfechtung von Verrechnungen in CashPools BGH Urt. v. 13.6.2013 – IX ZR 259/12, WM 2013, 1793; zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 S. 1 GmbHG bei in der Krise erfolgter Verrechnung zwischen verschiedenen Konten der GmbH, wenn sich diese auf eine von ihm verabredete sog. „Cross-Pledge“-Abrede stützt: OLG München Urt. v. 13.2.2013 – 7 U 2831/12, WM 2013, 933 (934) (bejahend). 768 BGH Urt. v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, NJW-RR 2008, 919 (auch zur Frage, wann doch Gläubigerbenachteiligung anzunehmen ist, vor allem, wenn das Kreditinstitut hierfür Sicherheiten in Anspruch nehmen kann, die der Pfändungspfandgläubiger nicht hatte).

267

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Anhang 1: AGB Oder-Konto 268

Eröffnung von Gemeinschaftskonten/-depots mit Einzelverfügungsberechtigung („Oder-Konto“)769

Interne Angaben der Bank/Ablagehinweise

Hiermit beantragen wir die Eröffnung von Gemeinschaftskonten/ -depots mit Einzelverfügungsberechtigung für jeden Kontoinhaber zu nachfolgenden Vereinbarungen:

1

# privat # betrieblich

2

# privat # betrieblich

Kontoform770 (z.B. Sparkonto)

Das Konto/Depot wird wie folgt genutzt:

3

# privat # betrieblich

4

# privat # betrieblich

5

# privat # betrieblich

Konto-/ Depot-Nr.

Konto-/DepotWährung

Gegebenenfalls Zusatzbezeichnung

Name, Vornamen (auch Geburtsname)

A

B

Übermittlungsform der Kontoauszüge

# Kontoauszugsdrucker # Sonstiges

Zusendung der Konto-/ Depotauszüge an:

Nutzung elektronischer Medien775

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking # Sonstiges:

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking # Sonstiges:

C

Wohnanschrift (in D inkl. Bundesland)771 Beruf/Branche772 Staatsangehörigkeit(en)773 Familienstand772 Geburtsort Geburtsdatum Telefon772 Fax-Nr.772 E-Mail-Adresse772 Deutsche-Steuer-ID774

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking # Sonstiges:

_____

769 Weitere Angaben zur Aufzeichnung gemäß GwG, KWG und und AO sind auf dem Vordruck 41.220 sowie Aufzeichnungen gemäß Steuerrecht sind auf dem Vordruck 41.326 aufzuzeichnen und zu den Kontoeröffnungsunterlagen hinzuzunehmen. 770 Angabe, falls sich aus der Konto-/Depotnummer die Kontoform nicht erkennen lässt. 771 Die Angaben sind erforderlich in Hinblick auf den korrekten Einbehalt der Abgeltungsteuer. 772 Die Angabe ist freiwillig. 773 Eine US-Staatsangehörigkeit ist immer (ggf. zusätzlich) anzugeben (FATCA-USA-Umsetzungsverordnung). 774 Steuerliche Identifikationsnummer (ab 1.1.2018 verpflichtend anzugeben, sofern vom BZSt zugestellt). 775 Die Nutzung der elektronischen Zugangsmedien setzt voraus, dass hierüber zwischen der Bank und dem Konto-/Depotinhaber eine gesonderte Vereinbarung getroffen worden ist.

Grundmann

268

3. Abschnitt – Bankkonto

1. Kontokorrentabrede, Rechnungsperiode

Die Konten werden in laufender Rechnung geführt (Kontokorrentkonto), sofern nicht eine abweichende Regelung besteht. Bei einem Kontokorrentkonto erteilt die Bank jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss, sofern nachstehend keine abweichende Rechnungsperiode angegeben ist: Abweichende Rechnungsperiode Die Rechtswirkungen eines Rechnungsabschlusses sowie die Pflicht, dessen Inhalt zu prüfen und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben, sind in Nr. 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt. 2. Einzelverfügungsberechtigung

Jeder Konto-/Depotinhaber darf über die Konten/Depots ohne Mitwirkung der anderen Konto-/Depotinhaber verfügen und zu Lasten der Konten/Depots alle mit der Konto-/Depotführung im Zusammenhang stehenden Vereinbarungen treffen, sofern nicht nachstehend etwas anderes geregelt ist: a) Kreditverträge und Kontoüberziehungen Für den Abschluss und die Änderung von Kreditverträgen zu Lasten der Konten/Depots ist die Mitwirkung aller Konto-/Depotinhaber erforderlich. Jedoch ist jeder Konto-/Depotinhaber selbstständig berechtigt, über die auf dem Gemeinschaftskonto etwa eingeräumten Kredite jeder Art zu verfügen und von der Möglichkeit vorübergehender Kontoüberziehungen im banküblichen Rahmen Gebrauch zu machen. b) Termingeschäfte Zum Abschluss und zur Durchführung von Termingeschäften, insbesondere Finanz- und Devisentermingeschäften zu Lasten der Konten/Depots, bedarf es einer Vereinbarung mit allen Konto-/Depotinhabern. c) Erteilung und Widerruf von Vollmachten Eine Konto-/Depotvollmacht kann nur von allen Konto-/Depotinhabern gemeinschaftlich erteilt werden. Der Widerruf durch einen der Konto-/Depotinhaber führt zum Erlöschen der Vollmacht. Über einen Widerruf ist die Bank unverzüglich und aus Beweisgründen möglichst schriftlich zu unterrichten. d) Auflösung der Konten/Depots Eine Auflösung der Konten/Depots kann nur durch alle Konto-/Depotinhaber gemeinschaftlich erfolgen (zur Ausnahme für den Todesfall siehe Ziffer 7). 3. Eröffnung weiterer Konten/Depots

Jeder Konto-/Depotinhaber ist allein berechtigt, zum Zwecke der Geldanlage Sparkonten und Festgeldkonten mit Einzelverfügungsberechtigung für jeden Konto-/Depotmitinhaber zu den hier getroffenen Vereinbarungen zu eröffnen. Die Bank wird alle Kontomitinhaber hierüber unterrichten. 4. Gesamtschuldnerische Haftung

Für die Verbindlichkeiten aus den Gemeinschaftskonten/-depots haften die Konto-/Depotinhaber als Gesamtschuldner, d.h., die Bank kann von jedem einzelnen Konto-/Depotinhaber die Erfüllung sämtlicher Ansprüche fordern. 5. Widerruf der Einzelverfügungsberechtigung

Jeder Konto-/Depotinhaber kann die Einzelverfügungsberechtigung eines anderen Konto-/Depotinhabers jederzeit mit Wirkung für die Zukunft der Bank gegenüber widerrufen. Über den Widerruf ist die Bank unverzüglich und aus Beweisgründen möglichst schriftlich zu unterrichten. Sodann können alle Konto-/Depotinhaber nur noch gemeinsam über die Konten/Depots verfügen. 6. Konto-/Depotmitteilungen

Konto- und Depotauszüge werden in der oben vereinbarten Form übermittelt. Wenn eine unmittelbare Benachrichtigung geboten ist (z.B. bei der Nichtausführung von Zahlungsverkehrsaufträgen), wird die Bank die Mitteilung stets an die oben genannte Postanschrift richten. Konto- und Kreditkündigungen sowie die Ankündigung solcher Maßnahmen werden jedoch jedem Konto-/Depotinhaber zugeleitet. Jeder Konto-/Depotinhaber kann verlangen, dass ihm künftig alle Konto-/Depotmitteilungen zusätzlich übermittelt werden.

269

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

7. Regelung für den Todesfall eines Konto-/Depotinhabers Nach dem Tode eines Konto-/Depotinhabers bleiben die Befugnisse des/der anderen Konto-/Depotinhaber(s) unverändert bestehen. Jedoch kann/können der/die überlebende(n) Konto-/Depotinhaber ohne Mitwirkung der Erben die Konten/Depots auflösen. Die Rechte des Verstorbenen werden durch dessen Erben gemeinschaftlich wahrgenommen. Das Recht zum Widerruf der Einzelverfügungsberechtigung steht jedoch jedem Erben allein zu. Widerruft ein Miterbe, bedarf jede Verfügung über die Konten/Depots seiner Mitwirkung. Widerrufen sämtliche Miterben die Einzelverfügungsberechtigung eines Konto-/ Depotinhabers, so können sämtliche Konto-/Depotinhaber nur noch gemeinschaftlich mit sämtlichen Miterben über die Konten/Depots verfügen. 8. Datenübermittlung an die SCHUFA und Befreiung vom Bankgeheimnis Die Bank übermittelt im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die SCHUFA Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden. Rechtsgrundlagen dieser Übermittlungen sind Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Übermittlungen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO dürfen nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen der Bank oder Dritter erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Der Datenaustausch mit der SCHUFA dient auch der Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Durchführung von Kreditwürdigkeitsprüfungen von Kunden (§ 505a des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 18a des Kreditwesengesetzes).

Der Kunde befreit die Bank insoweit auch vom Bankgeheimnis. Die SCHUFA verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring), um ihren Vertragspartnern im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz sowie ggf. weiteren Drittländern (sofern zu diesen ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission besteht) Informationen unter anderem zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von natürlichen Personen zu geben. Nähere Informationen zur Tätigkeit der SCHUFA können dem SCHUFA-Informationsblatt nach Art. 14 DSGVO entnommen oder online unter www.schufa.de/datenschutz eingesehen werden. 9. Einbeziehung der Geschäftsbedingungen Maßgebend für die Geschäftsverbindung sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank. Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten; insbesondere handelt es sich hierbei um die Bedingungen für den Scheckverkehr, für den Überweisungsverkehr, für Zahlungen mittels Lastschrift, für die girocard, für den Sparverkehr sowie für das Wertpapier- und Termingeschäft. Der Wortlaut der einzelnen Regelungen kann in den Geschäftsräumen der Bank eingesehen werden. Der Konto-/Depotinhaber kann auch später noch die Übersendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen an sich verlangen. Ort, Datum Unterschrift (=Unterschriftsprobe)

B

Unterschrift (=Unterschriftsprobe)

A

Unterschrift (=Unterschriftsprobe)

C

Datenschutzrechtlicher Hinweis: Datenschutzrechtlicher Hinweis Die Bank verarbeitet und nutzt die von Ihnen erhobenen personenbezogenen Daten im Einklang mit den Bestimmungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zur Erfüllung von vertraglichen Pflichten, im Rahmen der Interessenabwägung, aufgrund Ihrer Einwilligung, aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder im öffentlichen Interesse. Weitere Einzelheiten können Sie unseren Informationen zum Datenschutz und den jeweils maßgeblichen Vertragsunterlagen entnehmen. Die Bank verarbeitet und nutzt die von Ihnen erhobenen personenbezogenen Daten auch für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung. Sie können jederzeit der Verarbeitung und Nutzung Ihrer personenbezogenen Daten für Zwecke der Werbung sowie der Markt- und Meinungsforschung widersprechen. Hinweis zur Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß EU-Geldtransferverordnung Die „Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers“ (EU-Geldtransferverordnung) dient dem Zweck der Verhinderung, Aufdeckung und Ermittlung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei Geldtransfers. Sie verpflichtet die Bank, bei der Ausführung von Geldtransfers Angaben zum Auftraggeber (Zahler) und Begünstigten (Zahlungsempfänger)

Grundmann

270

3. Abschnitt – Bankkonto

zu prüfen und zu übermitteln. Diese Angaben bestehen aus Name und Kundenkennung von Zahler und Zahlungsempfänger und der Adresse des Zahlers. Bei Geldtransfers innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums kann auf die Weiterleitung der Adresse des Zahlers zunächst verzichtet werden, jedoch kann gegebenenfalls diese Angabe vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers angefordert werden. Bei der Angabe von Name und gegebenenfalls Adresse nutzt die Bank die in ihren Systemen hinterlegten Daten, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Mit der Verordnung wird erreicht, dass aus den Zahlungsverkehrsdatensätzen selber immer eindeutig bestimmbar ist, wer Zahler und Zahlungsempfänger ist. Das heißt auch, dass die Bank Zahlungsdaten überprüfen, Nachfragen anderer Kreditinstitute zur Identität des Zahlers bzw. Zahlungsempfängers beantworten und auf Anfrage diese Daten den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen muss. Ihre IBAN* lautet:

Der BIC** lautet:

1 2 3 4 5 * International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer)

** Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungscode)

# Sie erhalten die Angaben zur IBAN mit separater Post.

Anhang 2: AGB Und-Konto Eröffnung von Gemeinschaftskonten/-depots mit gemeinschaftlicher Verfügungsberechtigung („Und-Konto“)776 Hiermit beantragen wir die Eröffnung von Konten/Depots mit gemeinschaftlicher Verfügungsberechtigung für sämtliche Kontoinhaber zu nachfolgenden Vereinbarungen:

269

Interne Angaben der Bank/Ablagehinweise 777

Kontoform (z.B. Sparkonto)

Das Konto/Depot wird wie folgt genutzt:

1

# privat # betrieblich

2

# privat # betrieblich

3

# privat # betrieblich

4

# privat # betrieblich

5

# privat # betrieblich

Konto-/ Depot-Nr.

Konto-/ DepotWährung

# privat # betrieblich Gegebenenfalls Zusatzbezeichnung

Name, Vorname(n)

A

B

C

Wohnanschrift (in D inkl. Bundesland)778 Beruf/Branche779

_____

776 Weitere Angaben zur Aufzeichnung gemäß GwG, KWG und AO aind auf dem vordruck 41.220 sowie Aufzeichnungen gemäß Steuerrecht sind auf dem Vordruck 41.326 aufzuzeichnen und zu den Kontoeröffnungsunterlagen hinzuzunehmen. 777 Angabe, falls sich aus der Konto-/Depotnummer die Kontoform nicht erkennen lässt. 778 Die Angaben sind erforderlich in Hinblick auf den korrekten Einbehalt der Abgeltungsteuer. 779 Die Angabe ist freiwillig.

271

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Name, Vorname(n)

A

B

Übermittlungsform der Kontoauszüge

# Kontoauszugsdrucker # Sonstiges

Zusendung der Konto-/ Depotauszüge an:

Nutzung elektronischer Medien782

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking #

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking #

C

780

Staatsangehörigkeit(en) Familienstand779 Geburtsort Geburtsdatum Telefon779 Fax-Nr.779 E-Mail-Adresse779 Deutsche Steuer-ID781

# Debitkarte # Online-Banking # Telefonbanking #

1. Kontokorrentabrede, Rechnungsperiode

Die Konten werden in laufender Rechnung geführt (Kontokorrentkonto), sofern nicht eine abweichende Regelung besteht. Bei einem Kontokorrentkonto erteilt die Bank jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss, sofern nachstehend keine abweichende Rechnungsperiode angegeben ist: Abweichende Rechnungsperiode

Die Rechtswirkungen eines Rechnungsabschlusses sowie die Pflicht, dessen Inhalt zu prüfen und gegebenenfalls Einwendungen zu erheben, sind in Nr. 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt. 2. Gemeinschaftliche Verfügungsberechtigung

Die Konto-/Depotinhaber sind nur gemeinschaftlich über die Konten/Depots verfügungsberechtigt. Eine Änderung der Verfügungsberechtigung kann von den Konto-/Depotinhabern nur gemeinschaftlich bestimmt werden. 3. Erteilung und Widerruf von Vollmachten Eine Konto-/Depotvollmacht kann nur von allen Konto-/Depotinhabern gemeinschaftlich erteilt werden. Der Widerruf durch einen der Konto-/Depotinhaber führt zum Erlöschen der Vollmacht. Über den Widerruf ist die Bank unverzüglich und aus Beweisgründen möglichst schriftlich zu unterrichten. Jeder Konto-/Depotinhaber ist jedoch berechtigt, für seine Befugnisse ohne Mitwirkung der anderen Konto-/Depotinhaber Vollmacht zu erteilen. 4. Gesamtschuldnerische Haftung Für die Verbindlichkeiten aus den Gemeinschaftskonten/-depots haften die Konto-/Depotinhaber als Gesamtschuldner, d.h., die Bank kann von jedem einzelnen Konto-/Depotinhaber die Erfüllung sämtlicher Ansprüche fordern. 5. Konto-/Depotmitteilungen Konto- und Depotauszüge werden in der oben vereinbarten Form übermittelt. Wenn eine unmittelbare Benachrichtigung geboten ist (z.B. bei der Nichtausführung von Zahlungsverkehrsaufträgen), wird die Bank die Mitteilung stets an die oben genannte Postanschrift richten. Konto- und Kreditkündigungen sowie die Ankündigung solcher Maßnahmen werden

_____

780 Eine US Staatsangehörigkeit ist immer (ggf. zusätzlich) anzugeben (FATCA-USA-Umsetzungsverordnung). 781 Steuerliche Identifikationsnummer (ab 1.1.2018 verpflichtend anzugeben, sofern vom BZSt zugestellt). 782 Die Nutzung der elektronischen Zugangsmedien setzt voraus, dass hierüber zwischen der Bank und dem Konto-/Depotinhaber eine gesonderte Vereinbarung getroffen worden ist.

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3. Abschnitt – Bankkonto

jedoch jedem Konto-/Depotinhaber zugeleitet. Jeder Konto-/Depotinhaber kann verlangen, dass ihm künftig alle Konto-/ Depotmitteilungen zusätzlich übermittelt werden. 6. Regelung für den Todesfall eines Konto-/Depotinhabers Nach dem Tode eines Konto-/Depotinhabers können die anderen Konto-/Depotinhaber nur zusammen mit den Erben über die Konten/Depots verfügen oder diese auflösen. 7. Datenübermittlung an die SCHUFA und Befreiung vom Bankgeheimnis

Die Bank übermittelt im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses erhobene personenbezogene Daten über die Beantragung, die Durchführung und Beendigung dieser Geschäftsbeziehung sowie Daten über nicht vertragsgemäßes Verhalten oder betrügerisches Verhalten an die SCHUFA Holding AG, Kormoranweg 5, 65201 Wiesbaden. Rechtsgrundlagen dieser Übermittlungen sind Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Übermittlungen auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f DSGVO dürfen nur erfolgen, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen der Bank oder Dritter erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Der Datenaustausch mit der SCHUFA dient auch der Erfüllung gesetzlicher Pflichten zur Durchführung von Kreditwürdigkeitsprüfungen von Kunden (§ 505a des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 18a des Kreditwesengesetzes). Der Kunde befreit die Bank insoweit auch vom Bankgeheimnis. Die SCHUFA verarbeitet die erhaltenen Daten und verwendet sie auch zum Zwecke der Profilbildung (Scoring), um ihren Vertragspartnern im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz sowie ggf. weiteren Drittländern (sofern zu diesen ein Angemessenheitsbeschluss der Europäischen Kommission besteht) Informationen unter anderem zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit von natürlichen Personen zu geben. Nähere Informationen zur Tätigkeit der SCHUFA können dem SCHUFA-Informationsblatt nach Art. 14 DSGVO entnommen oder online unter www.schufa.de/datenschutz eingesehen werden. 8. Einbeziehung der Geschäftsbedingungen Maßgebend für die Geschäftsverbindung sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank. Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten; insbesondere handelt es sich hierbei um die Bedingungen für den Scheckverkehr, für den Überweisungsverkehr, für Zahlungen mittels Lastschrift, für die girocard, für den Sparverkehr sowie für das Wertpapier- und Termingeschäft. Der Wortlaut der einzelnen Regelungen kann in den Geschäftsräumen der Bank eingesehen werden. Der Konto-/Depotinhaber kann auch später noch die Übersendung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen an sich verlangen.

Ort, Datum Unterschrift (= Unterschriftsprobe)

B

Unterschrift (= Unterschriftsprobe)

A

Unterschrift (= Unterschriftsprobe)

C

Datenschutzrechtlicher Hinweis: Die Bank verarbeitet und nutzt die von Ihnen erhobenen personenbezogenen Daten im Einklang mit den Bestimmungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zur Erfüllung von vertraglichen Pflichten, im Rahmen der Interessenabwägung, aufgrund Ihrer Einwilligung, aufgrund gesetzlicher Vorgaben oder im öffentlichen Interesse. Weitere Einzelheiten können Sie unseren Informationen zum Datenschutz und den jeweils maßgeblichen Vertragsunterlagen entnehmen. Die Bank verarbeitet und nutzt die von Ihnen erhobenen personenbezogenen Daten auch für Zwecke der Werbung oder der Markt- oder Meinungsforschung. Sie können jederzeit der Verarbeitung und Nutzung Ihrer personenbezogenen Daten für Zwecke der Werbung sowie der Markt- und Meinungsforschung widersprechen. Hinweis zur Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß EU-Geldtransferverordnung Die „Verordnung (EU) 2015/847 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers“ (EU-Geldtransferverordnung) dient dem Zweck der Verhinderung, Aufdeckung und Ermittlung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei Geldtransfers. Sie verpflichtet die Bank, bei der Ausführung von Geldtransfers Angaben zum Auftraggeber (Zahler) und Begünstigten (Zahlungsempfänger) zu prüfen und zu übermitteln. Diese Angaben bestehen aus Name und Kundenkennung von Zahler und Zahlungsempfänger und der Adresse des Zahlers.

273

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Bei Geldtransfers innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums kann auf die Weiterleitung der Adresse des Zahlers zunächst verzichtet werden, jedoch kann gegebenenfalls diese Angabe vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers angefordert werden. Bei der Angabe von Name und gegebenenfalls Adresse nutzt die Bank die in ihren Systemen hinterlegten Daten, um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Mit der Verordnung wird erreicht, dass aus den Zahlungsverkehrsdatensätzen selber immer eindeutig bestimmbar ist, wer Zahler und Zahlungsempfänger ist. Das heißt auch, dass die Bank Zahlungsdaten überprüfen, Nachfragen anderer Kreditinstitute zur Identität des Zahlers bzw. Zahlungsempfängers beantworten und auf Anfrage diese Daten den zuständigen Behörden zur Verfügung stellen muss. Ihre IBAN* lautet:

Der BIC** lautet:

1 2 3 4 5 * International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer)

** Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungscode)

# Sie erhalten die Angaben zur IBAN mit separater Post.

Anhang 3: AGB Anderkonten 270

– a) Rechtsanwälte – b) Notare – c) Wirtschaftsprüfer und Steuerberater – d) Patentanwälte Alle vier Regelwerke in der Kopfzeile mit dem Hinweis: „Nähere Angaben zur Bank sind im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ enthalten.“ a) Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Rechtsanwälten und Gesellschaften von Rechtsanwälten 1.

2.

Begriffsbestimmungen (1) Für Rechtsanwälte oder Gesellschaften von Rechtsanwälten783 (im Weiteren: „Kontoinhaber“) werden Anderkonten und Anderdepots (beide im Folgenden „Anderkonten“ genannt) eingerichtet. Diese dienen der Verwahrung von Vermögenswerten eines Mandanten, die dem Kontoinhaber anvertraut wurden. Der Bank gegenüber ist nur der Kontoinhaber berechtigt und verpflichtet. (2) Ein Sammelanderkonto dient der Verwahrung von Vermögenswerten verschiedener Mandanten. Kontoeröffnung (1) Auf Verlangen der Bank ist der Kontoinhaber verpflichtet, der Bank die von ihm zu erhebenden, nach § 4 Abs. 5 GwG784 zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten erforderlichen Angaben mitzuteilen. (2) Beantragt der Kontoinhaber die Eröffnung eines Sammelanderkontos, so ist dieses als „Sammelanderkonto“ kenntlich zu machen785. (3) Auf Wunsch des Kontoinhabers kann die Bank weitere Anderkonten auch ohne schriftlichen Kontoeröffnungsantrag einrichten.

_____

783 Gesellschaften von Rechtsanwälten sind Zusammenschlüsse von Rechtsanwälten in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Partnerschaftsgesellschaft und der Rechtsanwalts-GmbH. 784 Geldwäschegesetz. 785 Im Konto-Dokumentationsbogen ist dies zu vermerken.

Grundmann

274

3. Abschnitt – Bankkonto

3.

4. 5. 6.

7. 8.

9. 10. 11. 12.

13.

Ist der Rechtsanwalt auch Notar (Anwaltsnotar, Notaranwalt) oder Patentanwalt, so führt die Bank seine Anderkonten als Rechtsanwalts-Anderkonten, sofern er nicht beantragt hat, ein Anderkonto als Notar- oder als Patentanwalts-Anderkonto zu führen. Kontoführung Der Kontoinhaber darf Werte, die seinen eigenen Zwecken dienen, nicht einem Anderkonto zuführen oder auf einem Anderkonto belassen. Diese Werte sind auf ein Eigenkonto zu übertragen. Der Kontoinhaber sorgt dafür, dass auf einem Sammelanderkonto in der Regel Werte über 15.000 Euro für einen einzelnen Mandanten nicht länger als einen Monat verbleiben. Die Eigenschaft eines Kontos als Anderkonto kann nicht aufgehoben werden. Ist der Rechtsanwalt auch Notar (Anwaltsnotar, Notaranwalt) oder Patentanwalt, so kann er bestimmen, dass ein Anderkonto in Zukunft als Notar- oder Patentanwalts-Anderkonto zu führen ist. Eine Kontovollmacht darf der Kontoinhaber nur einem Rechtsanwalt, Notar, Notarassessor, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigtem erteilen. Die Bank nimmt unbeschadet der Regelung in Nr. 2 Abs. 1 keine Kenntnis vom Rechtsverhältnis zwischen Kontoinhaber und seinem Mandanten. Rechte des Mandanten auf Leistung aus einem Anderkonto oder auf Auskunft über ein Anderkonto bestehen der Bank gegenüber nicht; die Bank ist demgemäß nicht berechtigt, dem Mandanten Verfügungen über ein Anderkonto zu gestatten oder Auskunft über das Anderkonto zu erteilen, selbst wenn nachgewiesen wird, dass das Konto im Interesse des Mandanten errichtet worden ist. Die Bank prüft die Rechtmäßigkeit der Verfügungen des Kontoinhabers in seinem Verhältnis zu Dritten nicht, auch wenn es sich um Überweisungen von einem Anderkonto auf ein Eigenkonto handelt. Ansprüche gegen die Bank aus Anderkonten sind nicht abtretbar und nicht verpfändbar. Im Falle der Pfändung wird die Bank den pfändenden Gläubiger im Rahmen der Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen. Die Bank wird bei einem Anderkonto weder das Recht der Aufrechnung noch ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen, es sei denn wegen Forderungen, die in Bezug auf das Anderkonto selbst entstanden sind. Rechtsnachfolge (1) Ist der Rechtsanwalt alleiniger Kontoinhaber, so ist im Falle seines Todes der vom Rechtsanwalt oder von der zuständigen Rechtsanwaltskammer bestimmte Vertreter verfügungsberechtigt, bis die zuständige Rechtsanwaltskammer einen Abwickler bestellt. (2) Ist der Rechtsanwalt alleiniger Kontoinhaber und erlischt die Zulassung des Kontoinhabers zur Rechtsanwaltschaft oder wird gegen ihn ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt, ist der von der zuständigen Rechtsanwaltskammer bestellte Vertreter oder Abwickler verfügungsberechtigt. b) Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Notaren

1.

2.

3.

4.

Begriffsbestimmungen Für Notare werden Anderkonten und Anderdepots (beide im Folgenden „Anderkonten“ genannt) als Sonderkonten für fremde Gelder und Wertpapiere, die ihnen als Notare anvertraut wurden, eingerichtet. Der Bank gegenüber ist nur der Notar berechtigt und verpflichtet. Kontoeröffnung Auf Verlangen der Bank ist der Notar verpflichtet, der Bank die von ihm zu erhebenden, nach § 4 Abs. 5 GwG786 zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten erforderlichen Angaben mitzuteilen. Auf Wunsch des Notars kann die Bank weitere Anderkonten auch ohne schriftlichen Kontoeröffnungsantrag einrichten. Ist der Notar auch Rechtsanwalt (Anwaltsnotar), so führt die Bank das Anderkonto als Rechtsanwaltsanderkonto, sofern er nicht beantragt hat, das Anderkonto als Notaranderkonto zu führen. Kontoführung Der Notar darf Werte, die ihm nicht als Notar anvertraut wurden, nicht einem Anderkonto zuführen oder auf einem Anderkonto belassen.

_____ 786

275

Geldwäschegesetz.

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

5.

6.

7. 8. 9. 10.

11.

12.

Die Eigenschaft eines Kontos als Anderkonto kann nicht aufgehoben werden. Ist der Notar auch Rechtsanwalt (Anwaltsnotar), so kann er bestimmen, dass ein Anderkonto in Zukunft als Rechtsanwaltsanderkonto zu führen ist. Die Bank nimmt unbeschadet der Regelung in Nr. 2 Satz 1 keine Kenntnis davon, wer bei einem Anderkonto Rechte gegen den Notar geltend zu machen befugt ist. Rechte Dritter auf Leistung aus einem Anderkonto oder auf Auskunft über ein Anderkonto bestehen der Bank gegenüber nicht; die Bank ist demgemäß nicht berechtigt, einem Dritten Verfügungen über ein Anderkonto zu gestatten oder Auskunft über das Anderkonto zu erteilen, selbst wenn nachgewiesen wird, dass das Konto im Interesse des Dritten errichtet worden ist. Die Bank prüft die Rechtmäßigkeit der Verfügungen des Notars in seinem Verhältnis zu Dritten nicht, auch wenn es sich um Überweisungen von einem Anderkonto auf ein Eigenkonto handelt. Ansprüche gegen die Bank aus Anderkonten sind nicht abtretbar und nicht verpfändbar. Im Falle der Pfändung wird die Bank den pfändenden Gläubiger im Rahmen der Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen. Die Bank wird bei einem Anderkonto weder das Recht der Aufrechnung noch ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen, es sei denn wegen Forderungen, die in Bezug auf das Anderkonto selbst entstanden sind. Verfügungsbefugnis und Rechtsnachfolge (1) Über das Notaranderkonto darf nur der Notar persönlich, dessen amtlich bestellter Vertreter oder der Notariatsverwalter oder eine sonstige nach § 54 b Absatz 3 Beurkundungsgesetz berechtigte Person verfügen. (2) Wenn der Notar oder Notariatsverwalter aus rechtlichen Gründen (z.B. Erlöschen des Amtes, Verlegung des Amtssitzes, vorläufige Amtsenthebung) an der Amtsausübung gehindert ist, endet seine Verfügungsbefugnis. (3) Nach einer vorläufigen Amtsenthebung steht die Verfügungsbefugnis dem von der Landesjustizverwaltung wegen der Amtsenthebung bestellten Vertreter oder Notariatsverwalter zu, vor dessen Bestellung der zuständigen Notarkammer. Bis zur Bestellung eines Vertreters oder Notariatsverwalters bleibt der Notar Kontoinhaber ohne Verfügungsbefugnis (§ 55 Abs. 2 Satz 3 Bundesnotarordnung). Mit der Bestellung wird der Notariatsverwalter Kontoinhaber (§ 58 Abs. 1 Bundesnotarordnung). (4) In den übrigen Fällen wird die zuständige Notarkammer Kontoinhaber, bis die Landesjustizverwaltung einen Notariatsverwalter bestellt oder einem anderen Notar die Verfügungsbefugnis übertragen hat (§ 54 b Abs. 3 Satz 2 Beurkundungsgesetz). Einzelverwahrung von fremden Wertpapieren und Kostbarkeiten Für die Einzelverwahrung von fremden Wertpapieren und Kostbarkeiten, die nicht unter Verwendung eines Anderkontos erfolgt, gelten auf Antrag des Notars die vorstehenden Bedingungen mit Ausnahme von Nr. 2 Satz 2 sinngemäß.

c) Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Angehörigen der öffentlich bestellten wirtschaftsprüfenden und wirtschafts- und steuerberatenden Berufe 1.

2.

Begriffsbestimmungen Für Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Buchprüfungsgesellschaften und Steuerberatungsgesellschaften (im Weiteren: „Kontoinhaber“) werden Anderkonten und Anderdepots (beide im Folgenden „Anderkonten“ genannt) eingerichtet. Diese dienen der Verwahrung von Vermögenswerten eines Mandanten, die dem Kontoinhaber anvertraut wurden. Der Bank gegenüber ist nur der Kontoinhaber berechtigt und verpflichtet. Kontoeröffnung Bei jeder Kontoeröffnung ist der Kontoinhaber verpflichtet, den Namen und die Anschrift desjenigen mitzuteilen, auf dessen Veranlassung er handelt (wirtschaftlich Berechtigter)787. Wird das Anderkonto vom Kontoinhaber für einen anderen als den nach Satz 1 benannten wirtschaftlich Berechtigten wiederverwendet, ist der Kontoinhaber verpflichtet, unverzüglich Name und Anschrift des neuen wirtschaftlich Berechtigten schriftlich mitzuteilen. Auf Wunsch des Kontoinhabers kann die Bank weitere Anderkonten auch ohne schriftlichen Kontoeröffnungsantrag einrichten.

_____ 787

Im Konto-Dokumentationsbogen ist dies zu vermerken.

Grundmann

276

3. Abschnitt – Bankkonto

3. 4. 5. 6.

7. 8. 9. 10.

11.

Kontoführung Der Kontoinhaber darf Werte, die seinen eigenen Zwecken dienen, nicht einem Anderkonto zuführen oder auf einem Anderkonto belassen. Diese Werte sind auf ein Eigenkonto zu übertragen. Die Eigenschaft eines Kontos als Anderkonto kann nicht aufgehoben werden. Eine Kontovollmacht darf der Kontoinhaber nur einem Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, Notar, Notarassessor oder Patentanwalt erteilen. Die Bank nimmt unbeschadet der Regelung in Nr. 2 keine Kenntnis vom Rechtsverhältnis zwischen Kontoinhaber und seinem Mandanten. Rechte des Mandanten auf Leistung aus einem Anderkonto oder auf Auskunft über ein Anderkonto bestehen der Bank gegenüber nicht; die Bank ist demgemäß nicht berechtigt, dem Mandanten Verfügungen über ein Anderkonto zu gestatten oder Auskunft über das Anderkonto zu erteilen, selbst wenn nachgewiesen wird, dass das Konto im Interesse des Mandanten errichtet worden ist. Die Bank prüft die Rechtmäßigkeit der Verfügungen des Kontoinhabers in seinem Verhältnis zu Dritten nicht, auch wenn es sich um Überweisungen von einem Anderkonto auf ein Eigenkonto handelt. Ansprüche gegen die Bank aus Anderkonten sind nicht abtretbar und nicht verpfändbar. Im Falle der Pfändung wird die Bank den pfändenden Gläubiger im Rahmen der Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen. Die Bank wird bei einem Anderkonto weder das Recht der Aufrechnung noch ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen, es sei denn wegen Forderungen, die in Bezug auf das Anderkonto selbst entstanden sind. Rechtsnachfolge (1) Wird das Anderkonto als Einzelkonto für einen Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten geführt, so wird im Falle seines Todes die zuständige Berufskammer oder die von ihr bestimmte Person Kontoinhaber, bis die zuständige Berufskammer einen Abwickler bestellt. (2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Kontoinhaber infolge Zurücknahme oder Erlöschens seiner Zulassung aus dem Personenkreis der Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ausscheidet oder gegen ihn ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt ist. Wird im Falle eines Berufsoder Vertretungsverbots von der zuständigen Berufskammer ein Vertreter für den Kontoinhaber bestellt, so tritt dieser an die Stelle der in Absatz 1 genannten Personen. Die Wirksamkeit von Rechtshandlungen des Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers, Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten wird durch ein Berufsoder Vertretungsverbot nicht berührt (§ 144 Abs. 4 Wirtschaftsprüferordnung; § 139 Abs. 5 StBerG).

d) Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots von Patentanwälten und Gesellschaften von Patentanwälten 1.

2.

3.

Begriffsbestimmungen (1) Für Patentanwälte oder Gesellschaften von Patentanwälten788 (im Weiteren: „Kontoinhaber“) werden Anderkonten und Anderdepots (beide im Folgenden „Anderkonten“ genannt) eingerichtet. Diese dienen der Verwahrung von Vermögenswerten eines Mandanten, die dem Kontoinhaber anvertraut wurden. Der Bank gegenüber ist nur der Kontoinhaber berechtigt und verpflichtet. (2) Ein Sammelanderkonto dient der Verwahrung von Vermögenswerten verschiedener Mandanten. Kontoeröffnung (1) Auf Verlangen der Bank ist der Kontoinhaber verpflichtet, der Bank die von ihm zu erhebenden, nach § 4 Abs. 5 GwG789 zur Feststellung der Identität des wirtschaftlich Berechtigten erforderlichen Angaben mitzuteilen. (2) Beantragt der Kontoinhaber die Eröffnung eines Sammelanderkontos, so ist dieses als „Sammelanderkonto“ kenntlich zu machen790. (3) Auf Wunsch des Kontoinhabers kann die Bank weitere Anderkonten auch ohne schriftlichen Kontoeröffnungsantrag einrichten. Ist der Patentanwalt auch Rechtsanwalt, so führt die Bank seine Anderkonten als Rechtsanwalts-Anderkonten, sofern er nicht beantragt hat, ein Anderkonto als Patentanwalts-Anderkonto zu führen.

_____

788 Gesellschaften von Patentanwälten sind Zusammenschlüsse von Patentanwälten in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. der Partnerschaftsgesellschaft und der Patentanwalts-GmbH. 789 Geldwäschegesetz. 790 Im Konto-Dokumentationsbogen ist dies zu vermerken.

277

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

4. 5. 6. 7. 8.

9. 10. 11. 12.

13.

Kontoführung Der Kontoinhaber darf Werte, die seinen eigenen Zwecken dienen, nicht einem Anderkonto zuführen oder auf einem Anderkonto belassen. Diese Werte sind auf ein Eigenkonto zu übertragen. Der Kontoinhaber sorgt dafür, dass auf einem Sammelanderkonto in der Regel Werte über 15.000 Euro für einen einzelnen Mandanten nicht länger als einen Monat verbleiben. Die Eigenschaft eines Kontos als Anderkonto kann nicht aufgehoben werden. Ist der Patentanwalt auch Rechtsanwalt, so kann er bestimmen, dass ein Anderkonto in Zukunft als Rechtsanwalts-Anderkonto zu führen ist. Eine Kontovollmacht darf der Kontoinhaber nur einem Patentanwalt, Rechtsanwalt, Notar, Notarassessor, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten erteilen. Die Bank nimmt unbeschadet der Regelung in Nr. 2 Abs. 1 keine Kenntnis vom Rechtsverhältnis zwischen Kontoinhaber und seinem Mandanten. Rechte des Mandanten auf Leistung aus einem Anderkonto oder auf Auskunft über ein Anderkonto bestehen der Bank gegenüber nicht; die Bank ist demgemäß nicht berechtigt, dem Mandanten Verfügungen über ein Anderkonto zu gestatten oder Auskunft über das Anderkonto zu erteilen, selbst wenn nachgewiesen wird, dass das Konto im Interesse des Mandanten errichtet worden ist. Die Bank prüft die Rechtmäßigkeit der Verfügungen des Kontoinhabers in seinem Verhältnis zu Dritten nicht, auch wenn es sich um Überweisungen von einem Anderkonto auf ein Eigenkonto handelt. Ansprüche gegen die Bank aus Anderkonten sind nicht abtretbar und nicht verpfändbar. Im Falle der Pfändung wird die Bank den pfändenden Gläubiger im Rahmen der Drittschuldnererklärung auf die Eigenschaft als Anderkonto hinweisen. Die Bank wird bei einem Anderkonto weder das Recht der Aufrechnung noch ein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht geltend machen, es sei denn wegen Forderungen, die in Bezug auf das Anderkonto selbst entstanden sind. Rechtsnachfolge (1) Ist der Patentanwalt alleiniger Kontoinhaber, so ist im Falle seines Todes der vom Patentanwalt oder von der Patentanwaltskammer bestimmte Vertreter verfügungsberechtigt, bis die Patentanwaltskammer einen Abwickler bestellt. (2) Ist der Patentanwalt alleiniger Kontoinhaber und erlischt die Zulassung des Kontoinhabers zur Patentanwaltschaft oder wird gegen ihn ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt, ist der von der Patentanwaltskammer bestellte Vertreter oder Abwickler verfügungsberechtigt.

VIERTER ABSCHNITT Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) 4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen) Schrifttum 1. Monographien, Sammelbände, Kommentare: Anwaltskommentar zum AGB-Recht, 3. Aufl. 2017 (S. 265– 284, Niebling); Bruchner/Bunte Aktuelle AGB-rechtliche Fragen im Bankgeschäft, 1989; Bunte/Zahrte AGB-Banken, AGB-Sparkassen, Sonderbedingungen – Kommentar, 5. Aufl. 2019; Freund Die Änderung allgemeiner Geschäftsbedingungen in bestehenden Verträgen, 1998; Gößmann/Wagner-Wieduwilt/Weber Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken, 1993; Hefermehl Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken (AGB-Banken) – Funktion und wirtschaftliche Bedeutung für das Bankgeschäft, 1984; Horn Die AGB-Banken 1993, 1994; Lange Die Klauselwerke der Kreditwirtschaft – eine Untersuchung ausgewählter Probleme, 1995; Ohlroggen Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (1993) und der allgemeine Bankvertrag, 1997; Schebesta/Siedler Die AGB der Volksbanken und Raiffeisenbanken – Erläuterungen, 3. Aufl. 2014; Schebesta/Vortmann Die neuen AGB-Banken, 1992; Stepeler Bankentgelte – zulässige Entgelte für kreditwirtschaftliche Leistungen, 2003; Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht – Kommentar zu den §§ 305–310 BGB und zum UKlaG, 12. Aufl. 2016 (S. 1389–1440, Fuchs); Werhahn/Schebesta/ Aepfelbach AGB und Sonderbedingungen der Banken, 1995; Graf von Westphalen/Thüsing (Hrsg) Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 41. EL 2018 (Fandrich Banken- und Sparkassen-AGB); Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGB-Recht – Kommentar, 6. Aufl. 2013 (S. 1137–1188, Pamp). 2. Aufsätze und Beiträge: Aden, Die Neuen AGB-Sparkassen 1993, NJW 1993, 832; Anders/Rothenhöfer Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft und AGB in der Kreditwirtschaft – Bericht über den Bankrechtstag am 25. Juni 2010 in

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Bonn, WM 2010, 1429; Becher/Gößmann Die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken, Sparkassen und Landesbanken, BKR 2002, 519; Becher/Krepold Gesetzgebung und Rechtsprechung – Das Bearbeitungsentgelt im Spannungsfreld von Privatautonomie und AGB-Recht, BKR 2014, 45; Billing Entgelte für die Übertragung von Wertpapieren in ein anderes Depot, MDR 2005, 601; ders. Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit eines Bearbeitungsentgelts bei Darlehensverträgen – Teil I und II, WM 2013, 1777 und 1829; Bitter Wer schützt den Verbraucher vor dem Verbraucherschutz? Bankentgelte und „Verursacherprinzip“ in juristisch-ökonomischer Betrachtung, FS Ott 2002, S. 153; ders. Bankpraxis zwischen Recht und Wirtschaft – Bankentgelte, Kreditkartenverfahren und weitergeleiteter Auftrag in juristisch-ökonomischer Betrachtung, ZBB 2007, 237; Bork Ist der Auslagenersatz in den AGB der Banken und Sparkassen wirklich unwirksam? – Zugleich eine Besprechung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 8. Mai 2012 = WM 2012, 1189 und WM 2012, 1344, WM 2013, 1101; Brandner Auslegungszuständigkeit des EuGH bei der Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln der Banken bei Verbraucherverträgen, MDR 1999, 6; Brömmelmeyer Der Ombudsmann im Finanzsektor, WM 2012, 337; Cahn Inhaltskontrolle von Überziehungsentgelten in Banken-AGB, WM 2010, 1197; Casper/Möllers Kennt der Darlehensvertrag nur Zinsen? – Überlegungen anlässlich der aktuellen Debatte um die AGB-rechtliche Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten, BKR 2014, 59; Clemente Das Pfandrecht nach Nr. 21 Abs. 3 AGB-Sparkassen, ZBB 2007, 55; Danco Neue AGB der Sparkassen und Landesbanken/Girozentrale, ZBB 2002, 136; Dippel Das neue Zahlungsverkehrsrecht und dessen Umsetzung in den kreditwirtschaftlichen Bedingungswerken, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft: Bankrechtstag 2010, S. 137; Fervers Die AGB-Kontrolle von Entgeltklauseln im Recht der Zahlungsdienste – zugleich eine Besprechung von OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.6.2018 – 17 U 147/17, BKR 2019, 201, BKR 2019, 165; Fornasier Die Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln im Lichte des europäischen Zahlungsdiensterechts, WM 2013, 205; Haaser Zur Neugestaltung von Nr. 5 der AGB-Banken/Sparkassen und deren Rechtsfolgen für Erben, ErbR 2014, 313; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel Die AGB der Banken auf dem Prüfstand des AGB-Gesetzes – Vorschläge für eine gesetzeskonforme Ausgestaltung, BB 1990, 2347; Hoeren Der Bankenombudsmann in der Praxis – ein erstes Resümee, NJW 1994, 362; ders. Die neuen AGB-Banken, NJW 1992, 3263; Hofauer Bankenentgelte – was dürfen Banken berechnen und was nicht? BKR 2015, 397; Hofmann Einwilligung zur Abtretung und Befreiung vom Bankgeheimnis in AGB der Bank, BKR 2008, 241; Jordans Zur (Un-)Zulässigkeit von Bankentgelten, DZWiR 2015, 201; Knops Bankentgelte in der AGB-Kontrolle, ZBB 2010, 479; Koch Neue AGB für Überweisungen, ZBB 2002, 57; ders. Abtretbarkeit von Darlehensforderungen im Lichte des AGB-Rechts, BKR 2006, 182; Köndgen Bankgebühren – Ökonomie und Recht kreditwirtschaftlicher Entgeltgestaltung, ZBB 1997, 117; Krings Die Neufassung der AGB-Banken, ZBB 1992, 326; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten, BKR 2013, 103; Kropf/Rouben Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankenentgelten, BKR 2015, 316; Krüger Sittenwidrigkeit von Bankentgelten? – Massemehrung durch Rückforderung unberechtigter „Gebühren“, NZI 2010, 1; ders. Richterliche Überprüfbarkeit von Preisklauseln in der Kreditwirtschaft, WM 1999, 1402; Krüger/Bütter Recht der Bankentgelte – Nebenentgelte im Kreditgeschäft, WM 2005, 673; von der Linden AGB-rechtliches Transparenzgebot bei Zinsanpassungsklauseln – Probleme der Bankvertragsgestaltung nach Basel II, WM 2008, 195; Linnenbrink Das Recht der Sparkassen zur ordentlichen Kündigung gem. Nr. 26 Abs. 1 AGB (Spk), BKR 2014, 10; Maier Bankrecht 2014, VuR 2015, 167; Merkel Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken – Teil II (Nr. 11–20), WM 1993, 725; Metz Variable Zinsen – Präzisierung bei § 315 BGB erforderlich? BKR 2010, 365; Niebling Die Inhaltskontrolle von Bankbedingungen, VuR 2011, 283; ders. Überziehungszinsen und AGB-Recht, BKR 2013, 463; ders. Aktuelle Entwicklungen im AGB-Recht, MDR 2010, 961; ders. Banken- und Sparkassenbedingungen im Lichte des AGB-Rechts, MDR 2013, 1012; ders. AGB-Recht – Aktuelle Entwicklungen bei einzelnen Vertragstypen und -klauseln, MDR 2014, 696; Nobbe Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, 185; Ombudsmann der Privaten Banken Tätigkeitsbericht 2018, 1/2019 (und frühere); Paparseniou Der Schutz des Fremdwährungsdarlehensnehmers nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs: Ausweg oder Zirkelschluss? WM 2018, 1730; Philipp Bankrecht – Zahlungskonten für jedermann, EuZW 2014, 364; Piekenbrock Das AGB-Pfandrecht am Kundenguthaben in der Klauselkontrolle, WM 2009, 49; ders. Die richterliche Preiskontrolle im Bankbereich aus europäischer Sicht, GPR 2014, 26; Rösler/Fischer Sicherungszweckvereinbarung als zentraler Bestandteil aller Kreditsicherheiten – Probleme aus AGB-Kontrolle und Akzessorietät, BKR 2006, 50; Roller Bankentgeltklauseln – Einbeziehung und Zulässigkeit, BKR 2008, 221; Scheibengruber Zur Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit der Verlagerung des Missbrauchsrisikos bei Zahlungsdiensten auf die Nutzer – ein Beitrag zur Analyse der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie in das BGB und die AGB der Banken, BKR 2015, 10; ders. Unzulässige AGB-Klauseln in den neuen Bedingungen für Zahlungskarten und Onlinebanking, NJOZ 2010, 1366; Schimansky Zur Rechtsnatur der Wertstellung, FS Heinsius 1991, S. 705; ders. Bankentgelte, Wertstellung, in: Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, 1998, S. 1; ders. Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute, FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, Bundesanwaltschaft und Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof 2000, S. 3; ders. Zinsanpassungsklauseln in AGB, WM 2001, 1169; Schmid-Burgk Das Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen im Lichte der 279

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Rechtsprechung zum AGB-Recht, BB 2018, 1799; Schmidt-Kessel/Rank Bedingungsanpassungsklauseln und Preisanpassungsklauseln im allgemeinen Bankvertragsrecht und im Zahlungsdiensterecht – Überlegungen zu Nr. 2 Abs. 1 sowie Nr. 17 Abs. 6 der AGB-Sparkassen, WM 2018, 2205; Seifert Bankgebühren für beleghafte Überweisungen und Diskriminierungsrecht, VuR 2016, 452; Servatius Die ABG-rechtliche Behandlung von Vorschusszinsregelungen im Sparverkehr, BKR 2005, 295; Sonnenhol Änderungen der AGB-Banken zum 1. April 2002 – auch im Hinblick auf das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, WM 2002, 1259; ders. Änderungen der AGB-Banken zum 1. Januar 2000, WM 2000, 853; ders. Die neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken – Teil I (Nr. 1–10), WM 1993, 677; Steuer Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Preisen und Entgelten – eine kritische Bestandsaufnahme, FS Hadding 2004, S. 1169; Stoffels Grundsatzfragen der AGB-Kontrolle, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft: Bankrechtstag 2010, S. 89; Strube AGBKontrolle von Leistungsentgelten und Preisanpassungsklasuseln, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft, AGB in der Kreditwirtschaft: Bankrechtstag 2010, S. 115; Welker/Manhart Bearbeitungsentgelte für Verbraucherdarlehensverträge – BGH spricht Klartext – Vorformulierte AGB sind unwirksam, NWB 2014, 2416; Weller Stillschweigende Einbeziehung der AGB-Banken im internationalen Geschäftsverkehr? IPRax 2005, 428; Westermann Fortschritte durch die neuen AGB der Banken und Sparkassen? WM 1993, 1865; Graf v. Westphalen Rechtmäßigkeit der Entgelte im Privatkundengeschäft der Banken, WM 1995, 1209; ders. AGB-Recht im Jahr 2013, NJW 2014, 2242; ders. Das faktische Ende von Preisanpassungsklauseln, MDR 2008, 424; ders. Die Sparkassen-AGB unter der Lupe des AGB-Gesetzes, BB 1993, 8; Wiechers Aktuelle Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, WM 2014, 145.

A.

B.

Übersicht AGB-Regelwerke, Anwendungsfragen und Kontrolle I. AGB-Regelwerke der Kreditinstitute) | 271 II. Anwendungsfragen und Kontrolle | 273 1. Anwendungsbereich und System der AGB-Kontrolle | 273 a) Anwendungsbereich: BankenAGB | 273 b) System der AGB-Kontrolle: Regulierungsakte und Kontrollbereiche | 276 2. Einbeziehungskontrolle | 278 a) Im Verhältnis zum Verbraucher | 278 b) Im Verhältnis zum beruflichen Kunden und anderen Banken | 282 3. Inhaltskontrolle – Allgemeine Fragen und Verweis | 283 a) Prüfungsmaßstab | 283 b) Kriterien der Inhaltskontrolle | 285 4. Internationaler Anwendungsbereich | 287 Die einzelnen AGB (Banken/Sparkassen) I. Grundregeln (Nr. 1–6 AGB-Banken) | 288 1. AGB der Kreditinstitute – Anwendungsbereich und Bestand (Nr. 1) | 289 a) Anwendungsbereich (Abs. 1) | 289 b) Bestand, namentlich Änderungen (Abs. 2) | 291

Grundmann

2.

II.

Bankgeheimnis und Durchbrechungen (Nr. 2) | 293 a) Bankgeheimnis (Abs. 1) – Verweis | 293 b) Durchbrechungen, namentlich Bankauskunft (Abs. 1 S. 2 und Abs. 2–4, mit Verweis) | 294 3. Haftungsfragen (Nr. 3) | 296 a) Gesetzliche Fahrlässigkeitshaftung (Abs. 1 und 3) | 296 b) Haftung für weitergeleitete Aufträge (Abs. 2) | 297 4. Ausübung einzelner Kundenrechte (Nr. 4, 5) | 302 a) Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis (Nr. 4) | 302 b) Beweis des Erbrechts (Nr. 5) | 303 5. Anwendbares Recht und Gerichtsstand (Nr. 6) | 305 a) Anwendbares Recht (Abs. 1) | 305 b) Gerichtsstand (Abs. 2, 3) | 306 Kontoführungs- und Mitwirkungsfragen (Nr. 7–11 AGB-Banken) | 307 1. Kontokorrentabschlüsse (Nr. 7) | 309 a) Saldoperiode und Verzinsung während derselben (Abs. 1) | 309 b) Saldoabschluss und Einwendungen gegen denselben (Abs. 2) | 312

280

4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

2.

III.

Storno- und Berichtigungsbuchungen (Nr. 8) | 315 3. Kontogutschriften und Einlösung bei Einzugsaufträgen (Nr. 9) | 319 4. Kundensorgfalt in Kontokorrentfragen und allgemeine Mitwirkungspflicht (Nr. 11) | 321 a) Kundensorgfalt und Mitwirkungspflichten – System und Überblick | 321 b) Mitteilung von Änderungen (Abs. 1) | 322 c) Klarheit von Aufträgen (Abs. 2) | 323 d) Expliziter Hinweis auf Eilbedürftigkeit (Abs. 3) | 324 e) Prüfung und Einwendungen bei Bankmitteilungen (Abs. 4) | 325 f) Nachfrage bei Ausbleiben von Mitteilungen (Abs. 5) | 326 g) Weitere Mitwirkungspflichten nach AGB-Sparkassen (Nr. 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 lit. c–e) | 327 5. Fremdwährungskontokorrente und -geschäfte (Nr. 10) | 328 Entgeltfragen (Nr. 12 AGB-Banken) | 330 1. Überblick und Geschichte | 331 2. Festlegung für Zinsen und Entgelte (Abs. 1–3) | 333 a) Kategorien von Kundengeldleistungen (mit Transparenzregime der Basiskonto-Richtlinie) | 333 b) Zinsen und Entgelte gegenüber Verbraucherkunden (Abs. 1) | 334 c) Zinsen und Entgelte gegenüber beruflichen Kunden (Abs. 2) | 336

d)

Zwingend entgeltfreie Leistungen (Abs. 3) | 338 3. Änderung von Zinsen und Entgelten (Abs. 4, 5) | 339 a) Änderung von Zinsen (Abs. 4) | 339 b) Änderung von Entgelten (Abs. 5) | 340 4. Verweis für Aufwendungsersatz und EU-Verbraucherrecht (Abs. 6, 7) | 341 IV. Sicherheiten (Nr. 13–17 AGB-Banken) – Überblick | 343 1. Überblick und Verweis | 344 2. Ansprüche auf Sicherheiteneinräumung (Nr. 13) | 346 3. Bestellung von Sicherheiten (Nr. 14, 15) | 350 a) Pfandrecht an Sachen und Forderungen des Kunden (Nr. 14) | 350 b) (Sicherungs-)Eigentum an Einzugspapieren des Kunden (Nr. 15) | 354 4. Besicherungsgrenze (Nr. 16) | 355 5. Verwertung von Sicherheiten (Nr. 17) | 358 V. Kündigung des Rahmenvertrages (Nr. 18, 19 AGB-Banken) | 359 1. Kündigungsrecht des Kunden (Nr. 18) | 360 2. Kündigungsrecht der Bank (Nr. 19) | 361 VI. Einlagensicherung und Verfahrensfragen (Nr. 20, 21 AGB-Banken) | 364 1. Einlagensicherung (Nr. 20) | 365 2. Beschwerdemöglichkeiten/Ombudsmannverfahren (Nr. 21) | 366 Anhang 1: AGB-Sparkassen | 367

A. AGB-Regelwerke, Anwendungsfragen und Kontrolle I. AGB-Regelwerke der Kreditinstitute Seit 1937, in einer Zeit, als AGBs als „selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft“ durchaus be- 271 reits problematisiert waren,791 gestalteten die Kreditinstitute ihre Beziehung zum Kunden (vor

_____

791 Begriff von Großmann-Doerth, Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, 1933. Erste große Problematisierung und zugleich erste große empirisch-wirtschaftsrechtlich informierte Habilitation im deutschen Zivilrecht dann: L. Raiser, Das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. 1. Aufl. 1935 (geschrieben noch vor 1933 und dann in Raisers innerer Emigration sorgsam editiert und langsam veröffentlicht), vgl. Kübler, Ludwig Raiser, in Grundmann/Riesenhuber (Hrsg.), Deutschsprachige Zivilrechtslehrer des 20. Jahrhunderts in Berichten ihrer Schüler: eine Ideengeschichte in Einzeldarstellungen – Bd. 1, 2007, S. 287.

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Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

allem) durch branchenweit geltende bzw. empfohlene AGBs näher aus.792 Seit 1993 erfolgt dies getrennt für die allgemeine Bank-Kunden-Beziehung (nur noch 20 Nummern in der AGBBanken statt der zuvor 47), während für die einzelnen Bankgeschäfte Sonderbedingungen formuliert wurden, auf die verwiesen wird (Nr. 1 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken und Nr. 1 Abs. 2 S. 2 AGB-Sparkassen) und die jeweils vorgehen (als „leges speciales“, ausdrücklich etwa Nr. 3 Abs. 1 S. 2 AGB-Banken und Nr. 19 Abs. 1 S. 1 2. HS AGB-Sparkassen).793 Gemeint sind vor allem folgende Regelwerke (in der Ordnung der Materien im vorliegenden Kommentar): Sonderbedingungen für (verschiedene) Anderkonten, Sonderbedingungen für Überweisungsverkehr, (verschiedene Formen des) Lastschriftverkehr(s), Girocard und Online Banking sowie Sonderbedingungen für Sparkonten und Wertpapiergeschäfte.794 Im Folgenden werden allein die allgemeinen AGBBanken und -Sparkassen kommentiert, die Sonderbedingungen werden beim jeweiligen Geschäft berücksichtigt, teils auch durchaus noch im Allgemeinen Teil (etwa AGB-Anderkonten, vgl. oben Zweiter Teil Rn 269). Während in den gängigen Erklärungen für die Bedeutung von AGB im Bankgeschäft im Vordergrund steht, dass das Bankvertragsrecht der Standardisierung bedarf, aber wenig durchreguliert ist795 – so in der Tat noch bis in die letzten Dekaden des letzten Jahrtausends hinein –, ist Letzteres heute im Effekten- und Zahlungsgeschäft, aber auch im Verbraucherkreditrecht sicherlich nicht mehr der Fall. Sie sind, ganz im Gegenteil, inzwischen fast flächendeckend durchreguliert, wenn auch teils aufsichtsrechtlich und mit unklarer Wirkung für

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792 Vgl. Mauthe Bank-Betrieb 1968, 8 (9); hierzu und zur de facto bereits bestehenden einheitlichen AGB-Praxis seit Ende des 19. Jahrhunderts (im Anschluss an eine AGB-Praxis einzelner Großbanken): Ohlroggen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, S. 81–84. 793 Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 5; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 32; Fischer/Klanten Bankrecht, Rn 3.16; wohl auch Baumbach/Hopt, AGB-Banken 2018 vor § 1 Rn 5; zur Ausgliederung der Sonderbedingungen 1993 vgl. etwa Hoeren NJW 1992, 3263 (3264) („Klauseldschungel … gelichtet“); Derleder/ Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 1; Ohlroggen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, S. 84–87; monographisch zu diesem Hauptschritt zur Verknappung und Systematisierung: Gößmann/Wagner-Wieduwielt/ Weber Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken; Horn AGB-Banken 1993. 794 1. (zum Konto): Verschiedene Sonderbedingungen für Anderkonten, oben Zweiter Teil Rn 269; dazu auch Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 X und XI.; BuB/Habl Rn 2/339–2/342; 2. (zum Zahlungsverkehr) a) Sonderbedingungen für den Überweisungsverkehr (ÜB) idF vom 13.1.2018, unten Dritter Teil Rn 544; dazu auch Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 IV.; BuB/Escher-Weingart Rn 6/136– 6/138; 2. b) und c) Sonderbedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im SEPA-Firmenlastschriftverfahren bzw. im SEPA-Basislastschriftverfahren idF vom 13.1.2018, unten Dritter Teil Rn 545 und 546; zu den Bedingungen zum Basislastschriftverfahren näher auch Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 VII.; 2 d) und e) Sonderbedingungen (Privatbanken bzw. Sparkassen) für die Girocard idF vom 13.1.2018; sowie die Händlerbedingungen Girocard (Deutsche Kreditwirtschaft); unten Dritter Teil Rn 548, 549 (SB Privatbanken und Händlerbedingungen); dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 II. (SB Sparkassen); BuB/Werner Rn 19/33; Teil 12; 2f.) Sonderbedingungen für das Online-Banking idF vom 1.11.2009, dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 VI.; BuB/Werner Rn 19/33; 2 g) die ebenfalls wichtigen Kreditkartenbedingungen werden heute institutsspezifisch formuliert, vgl. etwa unten Dritter Teil Rn 550, in Standardwerken, etwa bei Bunte/Zahrte (daher) nicht berücksichtigt. 3. (für das Kredit- und Wertpapiergeschäft vor allem) a) Sonderbedingungen für Sparkonten, unten Vierter Teil Rn 36 f.; näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 III.; und 3 b) Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte idF vom 1.11.2007 und Juni/Juli 2012; Kommentierung unten Teil 8 Rn 29–33; dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 VIII.; BuB/Beule vor Rn 7/1; 3 c) Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte idF 1.12.2001. Weniger wichtig heute (und daher nach den wichtigen jüngeren Gesetzesnovellen, etwa durch Überweisungs- und Zahlungsdienstegesetz nicht neu aufgelegt): Sonderbedingungen für den Scheckverkehr (SchB) idF 1.11.2000 (Banken) bzw. 1.5.1998 (Sparkassen); dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 I.; aber auch Sonderbedingungen für die Vermietung von Schrankfächern (SB Vermiet); dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 IX.; BuB/Klüter Rn 12/111; Sonderbedingungen für die Annahme von Verwahrstücken (SB Verwahr); dazu näher Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 4 X.; BuB/Klüter Rn 12/153. Vollständige Übersichten bei Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 2 Rn 4; BuB/Sonnenhol/Rodi Rn 1/19; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp ABC der Klauseln und Vertragstypen Rn B 1. 795 In der Tendenz etwa Bitter ZBB 2007, 237 (238); Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.17; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/1 („Rationalisierung des Massengeschäfts“); deutlicher Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 2.

Grundmann

282

4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

das Privatrecht, so dass die Funktionen inzwischen drei (etwa gleich wichtige) sind: die Ausübung von Wahlrechten, die die gesetzlichen Regeln eröffnen, die Information über die gesetzliche Lage und in der Tat auch Standardisierung und Ersatz für dispositives Recht (Schaffung vom substantiellem Bankvertragsrecht). Die Verbände der drei großen Institutsgruppen formulieren diese AGBs jeweils getrennt, 272 freilich weitgehend vergleichbar: Die AGBs des Bundesverbandes deutscher Banken (Privat/ Kreditbanken) werden praktisch umfassend auch von der Institutsgruppe der Volks- und Raiffeisenbanken (Genossenschaftsbanken) übernommen.796 Die AGB-Sparkassen sind eigenständiger, im Wesentlichen in den Gehalten jedoch ebenfalls gleich (teils anders arrangiert, teils etwas ausführlicher, nur sehr selten inhaltlich abweichend). Sie heben allerdings ungleich „emphatischer“ an, indem sie auf das „besondere Vertrauensverhältnis“ abstellen, das die Beziehung zwischen Sparkasse und Kunden prägt (Nr. 1 Abs. 1 AGB-Sparkassen). Schon die beiden konkreten Verweise – auf die Verpflichtung auf die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1 HGB) und auf die Wahrung des Bankgeheimnisses (oben Zweiter Teil Rn 72–74) – deuten freilich bereits an: Mit dieser Regelung wird nur auf die gesetzlichen Rücksichtnahme-, teils auch treuhänderischen Interessenwahrungspflichten verwiesen, die in Abschnitt 2 kommentiert wurden.797 Nacheinander handelt es sich (bei den AGB-Banken) vor allem um die Fassungen 1955, 1969, 1976, 1977, 1984, 1986, 1988, 1993 (vollständige Neufassung) sowie zum 1.1.2000, 1.4.2002, 1.11.2009 und 13.6. 2014.798 Die Sparkassen-AGB wurden regelmäßig parallel neugefasst. Heute gelten die AGBBanken und die AGB-Sparkassen in der Fassung vom 13.1.2018 und 20.3.2018799 und zwar als Empfehlung.800 Seit der 7. GWB-Novelle (in Kraft seit dem 1.7.2005) sind (diese) branchenweiten Empfehlungen kraft Legalausnahme zugelassen und nicht mehr genehmigungspflichtig seitens des Bundeskartellamts (im Zuge dieser Entwicklung entfiel die Sondernorm für Kreditinstitute in § 29 GWB a.F.).801 In der vorliegenden Kommentierung wird von den AGB-Banken ausgegangen, auf die AGB-Sparkassen (im Anhang ebenfalls abgedruckt, unten Zweiter Teil Rn 367) bei relevanten Abweichungen jedoch gesondert hingewiesen. Die Unterschiede ergeben sich überblicksweise aus folgender Konkordanz: Thema

AGBBanken

AGB-Sparkassen

Bemerkungen

Anwendungsbereich und Änderungen AGB

Nr. 1

Nr. 1, 2

Nr. 1 Abs. 1 AGB-Sparkassen regelt die Geschäftsbeziehung als besonderes Vertrauensverhältnis. Bei den AGB-Banken ist diese Klausel 1993 als deklaratorisch entfallen.

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796 (Kleinere) Unterschiede nur in der Präambel und in Nr. 20 zur Einlagensicherung; vgl. etwa Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 28. 797 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 7. 798 Zu den Fassungen bis 2002 namentlich Aden NJW 1993, 832 (Sparkassen); Becher/Gößmann BKR 2002, 519; Hoeren NJW 1992, 3263 (mit Synopse zum Regime von und vor 1993); Sonnenhol WM 2002, 1259; ders. WM 2000, 853; ders. WM 1993, 677 bzw. Merkel WM 1993, 725. 799 Abdruck dieser Fassung (AGB-Banken) im Folgenden und in Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 2, sowie der (nur punktuell abweichenden) Vorgängerfassung etwa in: Bunte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 2. Abdruck dieser Fassung (AGB-Sparkassen) unten Zweiter Teil Rn 367 und in Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB, Ordnungsnummer 3, sowie der (ebenfalls nur punktuell abweichenden) Vorgängerfassung etwa in: Bunte AGB-Banken und SB, 4. Aufl. 2015, Ordnungsnummer 3; zur Vorgängerfassung außerdem etwa Haaser ErbR 2014, 313; sowie eher am Rande: Jordans DZWiR 2015, 201; Scheibengruber BKR 2015, 10. Zur Neufassung 2018; Bunte/Zahrte AGB-Banken und SB; Schmidt/Kessel/Rank WM 2018, 2205. 800 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 29. 801 Zu dieser Entwicklung (gerade auch im Hinblick auf die AGBs der Kreditinstitute): Lettl Die Auswirkungen der 7. GWB-Novelle auf die Kreditwirtschaft, WM 2005, 1585 (bes. 1586 ff.); offen, ob Legalausnahme greift: Bunte/ Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 30a; zum Regime zuvor vgl. Schultz/Wagemann Kartellrechtspraxis und Kartellrechtsrechtsprechung 1999/2000, 15. Aufl. 2000, Rn 113.

283

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Thema

AGBBanken

AGB-Sparkassen

Bemerkungen

Bankgeheimnis und Bankauskunft

Nr. 2

Nr. 3

Verweis auf Bankgeheimnis in Nr. 1 Abs. 1 AGBSparkassen

Haftung der Bank und Mitverschulden des Kunden

Nr. 3

Nr. 19

Haftungsbeschränkung in Nr. 19 Abs. 2 AGBSparkassen leicht abweichend formuliert.

Grenzen der Aufrechnungsbefugnis des beruflich tätigen Kunden

Nr. 4

Nr. 11 Abs. 1 a.F. (in der letzten Fassung gestrichen, vgl unten Rn 302)

Zusätzliche Verrechnungsbefugnis der Sparkassen in Nr. 11 Abs. 2 – ebenfalls gestrichen

Verfügungsberechtigung nach dem Tode des Kunden

Nr. 5

Nr. 5 Abs. 1 und 2

Nr. 5 Abs. 3 AGB-Sparkassen betrifft sonstige ausländische Urkunden

Maßgebliches Recht und Gerichtsstand

Nr. 6

Nr. 6

Nr. 6 Abs. 1 AGB-Sparkassen enthält zusätzlich den Vorbehalt aus Art. 5 f. Rom-I-VO, Nr. 6 Abs. 2 AGB-Sparkassen regelt zusätzlich den Erfüllungsort

Rechnungsabschlüsse bei Kon- Nr. 7 tokorrentkonten, Einwendungen und Genehmigungsfiktion

Nr. 7

Ausdrückliche Kontokorrentabrede in Nr. 7 Abs. 1 AGB-Sparkassen, Zinsregelung der Banken in Nr. 7 Abs. 1 AGB-Banken, beides inhaltlich nicht von den anderen AGB abweichend

Storno- und Berichtigungsbuchungen

Nr. 8

Nr. 8

Nr. 8 Abs. 1 AGB-Sparkassen ist inhaltlich weiter gefasst und erfasst nicht nur technische Buchungsfehler, zudem enthält er auch keinen Hinweis auf § 818 Abs. 3 BGB, in Nr. 8 Abs. 3 AGB Banken zusätzlich Zinsberechnung

Einzugsaufträge, Gutschriften bei Einzugsaufträgen

Nr. 9

Nr. 9, 23, 24

Nähere Ausgestaltung in Nr. 23f. AGB-Sparkassen

Fremdwährungsgeschäfte und Risiken bei Fremdwährungskonten

Nr. 10

Nr. 12, 13, 14, 15

Mitwirkungspflichten des Kunden

Nr. 11

Nr. 20, Nr. 4 Abs. 1

Zinsen, Entgelte und Aufwendungen

Nr. 12

Nr. 17, 18

Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten

Nr. 13

Nr. 22 Abs. 1

Vereinbarung eines Pfandrechts zugunsten der Bank

Nr. 14

Nr. 21

Sicherungsrechte bei Einzugspapieren und diskontierten Wechseln

Nr. 15

Nr. 25

Begrenzung des Besicherungsanspruchs und Freigabeverpflichtung

Nr. 16

Nr. 22 Abs. 2

Grundmann

Nr. 20 Abs. 1 Satz 1 AGB-Sparkassen hat keine explizite Entsprechung in den AGB-Banken, gleiches gilt für Nr. 20 Abs. 1 S. 2 lit. c–e und auch – inhaltlich den Mitwirkungspflichten nahestehend – für Nr. 4 Abs. 1 AGB-Sparkassen mit Fortgeltung der Vertretungsbefugnis

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Thema

AGBBanken

Verwertung von Sicherheiten

Nr. 17

AGB-Sparkassen

Bemerkungen

Keine Entsprechung, lediglich für Pfandrechte Nr. 21 Abs. 5 AGB-Sparkassen

Kündigungsrechte des Kunden Nr. 18

Nr. 26

Nr. 26 AGB-Sparkassen enthält beiderseitige Kündigungsrechte

Kündigungsrechte der Bank

Nr. 19

Nr. 26

Nr. 26 Abs. 4 stellt die geschuldeten Beträge sofort fällig

Einlagensicherungsfonds

Nr. 20

Nr. 28

Besonderheiten BankenAGB Außergerichtliche Streitschlichtung

Nr. 21

Keine Entsprechung

Besonderheiten Sparkassen-AGB Haftung für Schäden auf Grund mangelnder Geschäftsfähigkeit

Nr. 4 Abs. 2

Keine Entsprechung

Vorbehalt Auftragsbestätigung vor Ausführung bei nicht formgerechten (Zahlungs-)Aufträgen

Nr. 10

Keine Entsprechung

Einlagengeschäft

Nr. 16

Keine Entsprechung

Weitergeltung der AGB

Nr. 27

Keine Entsprechung

II. Anwendungsfragen und Kontrolle 1. Anwendungsbereich und System der AGB-Kontrolle a) Anwendungsbereich – Banken-AGB. Am allgemeinsten ist der sachliche Anwen- 273 dungsbereich der Regulierung für AGB-Banken umrissen, namentlich durch das Tatbestandsmerkmal „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (der persönliche Anwendungsbereich – Verbraucher bzw. beruflich Tätige und andere Banken – grenzt demgegenüber ungleich stärker einzelne Regelungsbereiche und Kontrolldichten gegeneinander ab, vgl. namentlich Zweiter Teil Rn 278–282 und 284; zum räumlichen Anwendungsbereich noch unten Zweiter Teil Rn 287). Während dieses Tatbestandsmerkmal zwar grds. Gegenstand zahlreicher Differenzierungen ist,802 sind die Hauptpunkte bei den Banken- und Sparkassen-AGBs jedoch ziemlich einfach. Alle drei Untermerkmale sind im Regelfall fraglos erfüllt: Da die Verbände die Klauselwerke für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen empfehlen803 und dann die einzelnen Institute auch eine Anwendung auf eine solche unbestimmte Vielzahl intendieren,804 da sie vorformuliert

_____

802 Vgl. zu diesen Differenzierungen etwa ausführlich (dann auch auf die Banken-AGB bezogen): Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 36–46. 803 Die (Vor-)Formulierung eines Regelwerks durch eine andere Stelle für eine Vielzahl von Fällen genügt, selbst wenn der Verwender dieses Regelwerk dann nur einmal verwenden will: BGH Urt. v. 17.2.2010 – VIII ZR 67/09, WM 2010, 725; Palandt/Grüneberg § 305 Rn 9. 804 Verwender sind die einzelnen Institute, sie planen eine Verwendung stets für mehr als drei Anwendungsfälle, was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die hinreichende Mindestzahl ist: BGH Urt. v. 27.9.2001 – VII ZR 388/ 00, WM 2001, 2352 (2353); Urt. v. 11.12.2003 – VII ZR 31/03, WM 2004, 794; auch BGH Urt. v. 13.9.2001 – VII ZR 487/

285

Grundmann

2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

sind805 und dem Kunden auch „gestellt“ werden (im Verbrauchervertrag ohnehin vermutet, § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB),806 handelt es sich unzweifelhaft um AGB, auch gegenüber beruflichen Kunden.807 Das gilt auch, wenn gleichlautende oder vergleichbare Bedingungen etwa als Einzelvertrag vorgelegt werden.808 Deswegen sind etwa Ausdrucke von mehrfach verwandten (elektronischen) Mustern von Kreditverträgen oder Beratungsverträgen etc. – die über die hier kommentierten allgemeinen AGB-Banken hinausgehen – ebenfalls fraglos AGB-Verträge. Jeweils müssen die AGBs Gegenstand einer Abrede zwischen Bank und Kunden sein.809 Handelt demgegenüber das Kreditinstitut einseitig, macht es etwa seine Rechte geltend, auch Gestaltungsrechte, oder gibt es interne Organisationsanweisungen, so handelt es sich, auch wenn massenweise die gleiche Erklärung abgegeben wird, grds. nicht um AGB. Als einseitige Erklärung entfalten diese Maßnahmen freilich auch keine Bindungswirkung gegenüber dem Adressaten nach außen, namentlich gegenüber dem Kunden, wenn dies nicht in einer (vorangegangenen) Abrede, die dann wieder der AGB-Kontrolle unterliegen kann, oder gesetzlich vorgesehen ist (§ 311 Abs. 1 BGB). Als Umgehung nach § 306a BGB können diese dennoch erfasst sein, etwa wenn die interne Dienstanweisung praktisch vergleichbar wirkt wie eine AGB – sei sie nun verabredet (und unwirksam) oder nicht.810 Erst in zwei Ausnahmefällen ist näher zu differenzieren: Wenn – gänzlich ausnahmswei274 se – ein Vertrag bzw. eine Klausel einmal wirklich individuell für den Einzelfall (vor-)formuliert wird, kommt es im Verhältnis zum Verbraucher – und nur in diesem Verhältnis (§§ 305 Abs. 1 S. 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB) – einmal tatsächlich auf alle zwei Tatbestandsmerkmale – neben dem der Anwendung in einer Vielzahl von Fällen – näher an: Das Klauselwerk muss die Bank vorformuliert haben und „stellen“. Letzteres bedeutet namentlich, dass es dem Kunden vorgelegt und dabei nicht zugleich angeboten wurde, konkret über alle Inhalte zu verhandeln, mit der konkreten Bereitschaft, jeweils Abänderungen zu diskutieren und dann auch je nach Fall

_____ 99, WM 2001, 2346 (2346f.) (entscheidend Absicht zur Zeit des Vertragsschlusses); Palandt/Grüneberg § 305 Rn 9. Erfasst ist dann bereits die erste Verwendung. Auf weitere subjektive Merkmale (die ggf. ersatzweise nachgewiesen werden können) kommt es dann nicht mehr an. 805 Dazu namentlich BGH Urt. v. 7.11.1995 – XI ZR 235/94, WM 1995, 2180 (2181 f.); Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 305 Rn 14–17. 806 Vorlage in einer Form, die die Einbeziehung als Regelungsinhalt der Abrede anbietet, ohne zugleich konkret über die jeweilige AGB in eine Verhandlung einzutreten: vgl. dazu BGH Urt. v. 29.1.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (58) = WM 1982, 290; Palandt/Grüneberg § 305 Rn 10; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 26–32a; aber auch (zwar macht Begünstigung durch die AGB Begünstigten nicht zum „Verwender“, wohl aber, wenn die Gegenseite demjenigen, der üblicherweise nur zu diesen AGB abschließt, mit der Einbeziehung dieser AGB „zuvorkommt“): BGH Urt. v. 4.3.1997 – X ZR 141/95, NJW 1997, 1586 (1588). 807 Unstreitig, etwa: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 28 (implizit); Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 5. 808 Näher dazu, dass die Form der Vorlegung unerheblich ist und es nur darauf ankommt, dass materiell eine Vielzahl von Fällen geregelt wird bzw. werden soll: BGH Urt. v. 30.9.1987 – IVa ZR 6/86, WM 1988, 28; Urt. v. 10.3.1999 – VIII ZR 204/98, WM 1999, 1067 (1067 f.). Sogar die „Speicherung“ im Kopf des Bearbeiters und jeweilige Einfügung (je nach Umfang jeweils angepasst) in jeden neuen Vertrag (Bearbeitungsentgelt für Kreditvertrag) genügt: BGH Urt. v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13, WM 2014, 1325. 809 BGH Urt. v. 3.11.1993 – VIII ZR 106/93, BGHZ 124, 39 (45) = WM 1993, 2218 (2220); Urt. v. 3.7.1996 – VIII ZR 221/95, WM 1996, 1686 (1687) = NJW 1996, 2574 (2575); Urt. v. 8.3.2005 – XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294 (298 f.) = WM 2005, 874 (875); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 5. 810 BGH (vorige Fn) BGHZ 162, 294 = WM 2005, 874; zustimmend Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 5; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 68a; zu Umgehungsfragen näher Strube Bankrechtstag 2010, 115 (122); ablehnend OLG Köln Urt. v. 31.3.2004 – 13 U 192/03, ZIP 2004, 1496 (Vorinstanz); Borges BKR 2005, 225 (227 ff.); Freitag ZIP 2005, 2052 (2053 f.); Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt § 306a Rn 6. Auch vorformulierte einseitige Zustimmungen seitens des Kunden, etwa zur Telefonwerbung: BGH Urt. v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (28) = WM 1986, 875 (876); Urt. v. 16.3.1999 – XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124 (126) = WM 1999, 841.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

zu akzeptieren („konkrete Verhandlungsbereitschaft“).811 Demgegenüber fallen diese Fälle im Verhältnis zum beruflichen Kunden oder gar zu anderen Banken aus dem Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle ohnehin bereits heraus (§§ 305 Abs. 1 S. 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB e contrario). Wird – wiederum gänzlich ausnahmsweise – über die branchenüblichen AGB insgesamt oder im Hinblick auf einzelne Klauseln in Verhandlungen eingetreten, so sind die fraglichen Klauseln unter folgenden Bedingungen und im folgenden Rahmen nicht mehr als AGB zu qualifizieren: Über die jeweilige Klausel wurde konkrete Verhandlung angeboten, was die signalisierte Bereitschaft voraussetzt, die Klausel auch konkret abzuändern, nicht jedoch, dass eine Klausel auch tatsächlich abgeändert wurde;812 ob dies der Fall war, ist für jede Klausel gesondert zu prüfen. Wird freilich – praktisch sicher der absolute Ausnahmefall – das ganze AGB-Regelwerk zur Disposition gestellt und kann der Kunde dieses in der Tat für jede Klausel, die er wählt, neu verhandeln, fehlt es an einem „Stellen“ für das gesamte Regelwerk.813 Ein pauschaler Hinweis, zu Verhandlungen bereit zu sein, genügt weder für einzelne Klauseln noch für das gesamte Regelwerk dafür, diesen den Charakter von AGB zu nehmen.814 Im Verhältnis zu anderen Banken ist zu unterscheiden: Regeln, die in Interbankenab- 275 kommen niedergelegt wurden, sind nicht als AGB zu qualifizieren, weil der Aushandlungsprozess in den Spitzenverbänden (und damit die indirekte Beteiligung der betroffenen Banken schon an der „Formulierung“) den Charakter dieser Abkommen prägt bzw. prägen.815 Dies gilt erst recht bei Regeln, die in Rulebooks niedergelegt werden, was heute etwa für die Interbankenabwicklung des Lastschriftverkehrs der Fall ist. Denn diese Regeln beruhen auf einem vergleichbar überparteilichen, überwiegend gar aufsichtlichen Regelsetzungsprozess. Selbst wenn die allgemeinen AGB-Banken und AGB-Sparkassen, deren Anwendung nur empfohlen wird, einem Interbankenverhältnis im Einzelfall zugrunde gelegt werden, etwa bei Halten von Konten bei anderen Instituten, etwa in Form von Nostro- oder Loro-Konten, ist die ratio einer AGBKontrolle nicht einschlägig: Keines der beiden beteiligten Institute hat gegenüber dem anderen einen strukturell bedingten informationellen Vorsprung,816 beide sind auch über ihre Verbände

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811 So für das deutsche Recht: Niebling MDR 2013, 1012 (1012); MünchKommBGB/Basedow § 305 Rn 21; Ulmer/ Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 44; Beweislast für alle Fragen, ob „Verhandeln“ stattgefunden hat, beim Verwender und Beweis nicht erbracht durch bloße formularmäßige Bestätigung durch die andere Seite: vgl. BGH Urt. v. 15.12.1976 – IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 (625) = WM 1977, 287 (288); Urt. v. 3.4.1998 – V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 (2601) = WM 1998, 1289 (1291). Keine hinreichende Verhandlungsbereitschaft jedoch, wenn die angebotene Änderung selbst wieder gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB verstieße: BGH Urt. v. 7.3.2013 – VII ZR 162/12 (Einbauküchenfall), NJW 2013, 1431 (1432); v. Westphalen NJW 2014, 2242 (2243). Noch kein Aushandeln bei bloßer Wahlmöglichkeit zwischen mehreren vorformulierten Vertragsbedingungen: BGH Urt. v. 13.3.2018 – XI ZR 291/16, BB 2018, 1805; abl. Anm. Schmidt-Burgk BB 2018, 1799. Im Verhältnis zum Verbraucher ist freilich denkbar, dass auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 und 2 AGB-Richtlinie anders entschieden und ein noch verbraucherfreundlicherer Maßstab angelegt wird, mit Letztentscheidungsmacht beim EuGH, und dies würde sich dann auch im Wege der richtlinienkonformen Auslegung gegenüber der anderslautenden Praxis nach deutschem Recht durchsetzen. Hingegen würde ein weniger verbraucherfreundlicher Maßstab auf EU-Ebene die deutsche Rechtsprechung unberührt lassen, da die Richtlinie nach ihrem Art. 8 nur ein Mindestmaß vorgibt. 812 Vgl. Nachw vorige Fn. 813 Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 305 BGB Rn 41. 814 Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 43; anders jedoch Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 305 Rn 30; und jedenfalls im kaufmännischen Verkehr: Lischek/Mahnken Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmen und AGB – Anmerkungen aus der Sicht der Praxis, ZIP 2007, 158 (161f.). 815 BGH Urt. v. 3.10.1989 – XI ZR 163/88, BGHZ 108, 386 (389 f.) = NJW 1990, 250; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 139; ausführlich Schäfer, Die zivilrechtliche Qualifizierung der Interbankenabkommen, 1990, S. 174–188; ebenfalls monographisch für die (heute weitgehend ersetzten) Interbankenabkommen des Zahlungsverkehrs: Hennig Zahlungsverkehrsabkommen der Spitzenverbände in der Kreditwirtschaft – bankbetriebliche und bankrechtliche Bedeutung, 1990; vgl. auch EuGH v. 7.2.2018 – Rs. C-304/16 American Express, ECLI:EU:C:2018:66 (zu Interbankenentgelten). 816 Zur strukturell bedingten, unausräumbaren Informationsasymmetrie als Rechtfertigung für die AGBKontrolle (der Verwender hat ungleich geringere Informationskosten, weil er, anders als sein Kunde, die AGB

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

in gleichem Maße im Regelsetzungsprozess vertreten und sind informationell gegenüber der jeweils anderen Bank nicht im Nachteil (gleichermaßen vielfach befasst mit diesen AGB). Da die AGB von den Verbänden formuliert werden, denen die Institute, die an der Abrede beteiligt sind, angehören, erscheint es auch zufällig, welches der beiden Institute im konkreten Fall die AGB „verwendet“ hat. Dies spricht dafür, im Interbankenverhältnis nicht von „gestellten“ AGBs auszugehen und keine (Einbeziehungs- oder) Inhaltskontrolle vorzunehmen.817 b) System der AGB-Kontrolle: Regulierungsakte und Kontrollbereiche. Geregelt ist die AGB-Kontrolle in §§ 305–310 BGB und §§ 1, 3 UKlaG einerseits und in der EG-Klausel-Richtlinie von 1993 andererseits.818 Während die deutschen Regeln (seit Erlass 1976) Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle sowie Verbandsklage umfassend regeln und dies für Verbraucherkunden ebenso wie für berufliche Kunden (potentiell einschließlich anderer Banken), konzentriert sich die EG-Klausel-Richtlinie auf die Inhaltskontrolle und Verbandsklage und dies allein im Verhältnis zum Verbraucher. Da dies jedoch den Kernbereich bildet – gerade in der bankrechtlichen Betrachtung, in der die Einbeziehungskontrolle selten problematisch ist –, und da die richtlinienkonforme Auslegung des deutschen Rechts in allen Teilen der Inhaltskontrolle und Verbandsklage möglich und angezeigt ist, bilden die EG-Klausel-Richtlinie und die für diese gefundenen Ergebnisse das „Original“,819 das auch die Auslegung des deutschen Rechts letztverbindlich vorgibt – weswegen bei entscheidungsrelevanten Zweifeln Instanzgerichte die Frage dem EuGH vorlegen können, und im letztinstanziellen Verfahren eine Vorlagepflicht besteht (Art. 267 AEUV). All dies gilt freilich nur, soweit das deutsche Recht nicht einen über die Richtlinie hinausreichenden Schutzstandard verbürgt, was zulässig ist, da die EG-Klausel-Richtlinie nur eine Mindestharmonisierung anstrebt(e) (Art. 8), und was a maiore auch die von der Richtlinie ungeregelten Bereiche unberührt lässt wie namentlich die Einbeziehungskontrolle und die Kontrolle von AGB gegenüber beruflichen Kunden. Die Kontrollbereiche mit ihren unterschiedlichen Kontrollmaßstäben lassen sich demnach 277 folgendermaßen zusammenfassen: 1. Einbeziehungskontrolle von AGB a) für berufliche Kunden und andere Banken nach §§ 305–306 BGB und b) für Verbraucherkunden nach §§ 305–306 BGB, im Falle von § 305c BGB auf der Grundlage von Art. 5 EG-Klausel-Richtlinie;820 2. Inhaltskontrolle a) von AGB für berufliche Kunden und ggf. auch andere Banken (str., vgl. oben Zweiter Teil Rn 275) nach § 307 sowie §§ 308 f. nach Maßgabe von § 310 Abs. 1 BGB und b) von AGB für Verbraucherkunden und zusätzlich von vorformulierten und gestellten Individualklauseln für Verbraucherkunden nach der AGB-Richtlinie in ihrer Umsetzung in §§ 307–310 BGB. Von der Inhaltskontrolle abzugrenzen – und ihr gegenüber vorrangig – ist ein Fall, der auf Grund der zunehmenden Kodifikation des Bankvertragsrechts in jüngerer Zeit üblicher wird: Gar keine AGB-Inhaltskontrolle ist nötig, soweit AGBs an zwingendem Recht zu messen sind, umfangreich etwa im Zahlungsdienste-

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_____ vielfach nutzt, so dass, bezogen auf jeden einzelnen der vielen Fälle des Einsatzes, die Informationskosten des Kunden um ein Vielfaches höher sind als die des Verwenders): Adams BB 1989, 781 (787); Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Koller FS Steindorff 1990, S. 667 (669 f.); v. Hoyningen-Huene Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz – ein Kommentar, 1992, Rn 19 f.; und aus ökonomischer Sicht: Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 552–555. 817 In der gängigen Kommentarliteratur wird zwar die Einbeziehung im Interbankenverhältnis diskutiert (unten Fn 838), regelmäßig nicht jedoch gesondert die Inhaltskontrolle, die offenbar idR für unproblematisch gehalten wird. 818 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl.EG 1993 L 95/29; umgesetzt mit Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19.7.1996, BGBl. 1996 I, S. 1013; Kommentierung namentlich in Grabitz/Hilf/Pfeiffer Sekundärrecht A. 5.: Richtlinie 93/13/EWG; Grundmann EG-Schuldvertragsrecht unter 2.10. 819 Hierzu näher oben Erster Teil Rn 112 f. 820 Näher dazu, dass die Richtlinie Schutz auch vor überraschenden Klauseln bietet und den Grundsatz einer Auslegung contra proferentem kennt: Grabitz/Hilf/Pfeiffer Sekundärrecht A. 5., Art. 5 Rn 2 ff., 42 ff.; vgl. auch MünchKommBGB/Basedow § 305c Rn 2.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

oder auch im Verbraucherkreditrecht. So ist etwa das Änderungsregime für AGB-Banken bzw. -Sparkassen (Nr. 1 Abs. 2 AGB-Banken) vorrangig an den zwingenden Gehalten des § 675g BGB zu messen und nur soweit diese überhaupt Gestaltungsspielräume belassen, an § 307 Abs. 2 BGB (AGB-Inhaltskontrolle). Flankierend zur Inhaltskontrolle spielt die Verbandsklage nach Art. 7 EG-Klausel-Richtlinie und § 1, 3 UKlaG für die AGB der Kreditinstitute eine erhebliche Rolle. 2. Einbeziehungskontrolle a) Im Verhältnis zum Verbraucher. Das Schwergewicht der Einbeziehungskontrolle liegt 278 im Verbraucherverhältnis (§ 305 Abs. 2 und 3 BGB). Einbezogen sind danach AGB nur unter drei Voraussetzungen (Abs. 2). Gefordert wird ein ausdrücklicher Hinweis an den Kunden (jedenfalls idR), die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme und die Zustimmung seitens des Kunden. Freilich können bei Vorliegen dieser Voraussetzungen die AGB dann auch für eine Vielzahl von Geschäften vereinbart werden (Abs. 3), was nach Nr. 1 Abs. 1 AGB-Banken bzw. (etwas weniger explizit) auch nach Nr. 1 Abs. 2 AGB-Sparkassen („Geschäftsbeziehung“ allgemein) in der Tat der Fall sein soll. Diese gelten also nach Einbeziehung in den ersten Vertrag, den Bank und Kunde verabreden, für die in diesen AGB geregelten Fragen auch für alle weiteren Verträge zwischen den gleichen Parteien.821 Gefordert wird zunächst ein – für den Durchschnittskunden grds. nicht zu übersehender – 279 ausdrücklicher Hinweis an den Kunden, der bei Eingehung eines Rahmenvertrages, etwa der Kontoeröffnung, in der Tat auch unverzichtbar ist,822 und zwar im Vertrag selbst, nicht erst später823 (etwa auch auf einer Abrechnung) und auch nicht erst nach Ende der Unterschrift, namentlich auf einer Rückseite.824 Dies wird jedoch in den gängigen Formularen auch so berücksichtigt. Unverzichtbar ist m.E. der Hinweis auch bei Einzelverträgen, jedenfalls schriftlich geschlossenen, die eine finanzielle Verpflichtung begründen, die auf einer Seite nicht sofort erfüllt ist, namentlich einmaligen Kredit- aber auch Zahlungsverträgen. 825 Allenfalls bei einfachen Austauschgeschäften ohne solche Verpflichtung („reinen Bargeschäften“), etwa beim Devisenwechselgeschäft, ist eine Ausnahme denkbar, m.E. jedoch selbst dort schwer zu begründen, da es keine „unüberwindbaren Schwierigkeiten“ bereitet (von vielen Instituten auch so praktiziert wird), dass auch über den Devisenwechsel ein Vertrag (zugleich mit Quittung) ausgestellt wird, auf dem der Hinweis erscheinen kann.826 Zumutbar ist die Kenntnisnahme seitens des Kunden, wenn ihm die Standard-AGB aus- 280 gehändigt werden, auf dem Vertrag abgedruckt sind827 oder jedenfalls auch in den Fällen, in denen einvernehmlich in der Vertragsanbahnung (auch) elektronische Kommunikation gewählt wird, durch elektronische Zusendung des Texts verfügbar gemacht werden,828 m.E. auch durch

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821 Hierzu (auch dazu, dass Verweis auf „gesamte Geschäftsverbindung“ bestimmt genug für eine Anwendung von § 305 Abs. 3 BGB): BGH (Fn 2) BGHZ 152, 114 (119) (implizit); Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBBanken Rn 2 f.; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 5; MünchKommHGB/Hadding/Häuser Bd. 6 Rn A/168; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 201; aA Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/15. 822 BankR-Hdb/Bunte § 5 Rn 22; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 209. 823 BGH Urt. v. 22.2.2012 – VIII ZR 34/11, NJW-RR 2012, 690 (691). 824 OLG Nürnberg (Fn 104), WM 1990, 1370 (1371f.) (nicht einmal, wenn als S. 1 ausgewiesen); Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 5; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 50. 825 Offenbar anders BankR-HdB/Bunte § 5 Rn 16. 826 BankR-HdB/Bunte § 5 Rn 16; Hefermehl Allgemeine Geschäftsbedingungen, S. 24; aA Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 51. 827 Obwohl dies nicht einmal zwingend nötig ist, genügt umgekehrt jedenfalls bloßes Bereithalten nicht. Vgl. im einzelnen BGH Urt. v. 9.11.1989 – VII ZR 16/89, BGHZ 109, 192 (196) = WM 1990, 437 (437); Urt. v. 14.2.1991 – VII ZR 132/90, WM 1991, 1138 (1139). Verweis auf Lesen im Geschäftslokal nicht „zumutbar“: BGH Urt. v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486. 828 Wohl auch Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11 (direkt freilich zur Frage der Änderung von AGBs).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Bereitstellung eines links, der kostenfrei und unschwer, dauerhaft-unverändert und beweisbar das Herunterladen ermöglicht.829 Eine Cooling-off-Periode, die nach Aushändigung oder sonstiger Bereitstellung der AGB einzuhalten wäre, ist (anders als in anderen gesetzlich geregelten Fällen) nicht vorgesehen – zu Recht weil die Standard-AGB so allgemein verfügbar sind, dass Kunden, die sie wirklich lesen wollen, dies stets vorab gewährleisten können. Anders ist das bei AGB-Verträgen, etwa Kreditverträgen, die zwar Mustern folgen, jedoch nicht vergleichbar allgemein öffentlich zugänglich sind. Dies betrifft jedoch nicht die hier kommentieren AGB-Banken und AGB-Sparkassen, dort werden in der Tat durchweg Entwürfe vorab zugänglich gemacht. Die Zustimmung erteilt der Kunde durch Abschluss des Vertrages, etwa Eingehung einer Kontokorrentbeziehung. Die Einschränkungen, die sich aus der Unwirksamkeit überraschender Klauseln ergeben 281 (§ 305c Abs. 1 BGB), sind bei Banken und Sparkassen-AGB von geringer Bedeutung: Denn neben Umständen des Einzelfalls, vor allem des konkreten Ablaufs der Verhandlungen (dann häufig schon Vorrang der mündlichen Individualabrede, § 305b BGB), bilden die Hauptgesichtspunkte, dass – jeweils auf den Empfängerhoizont des Durchschnittskunden bezogen – die Klausel so sehr vom Üblichen abweicht, dass mit ihr nicht zu rechnen ist (Ungewöhnlichkeit im Inhaltlichen)830 oder dass sie (vor allem auf Grund des Aufbaus des Gesamtregelwerks) so ungewöhnlich platziert ist, dass sie „versteckt“ erscheint (Ungewöhnlichkeit im Arrangement).831 Beides ist bei den derzeitigen Banken- und Sparkassen-AGB nicht zu sehen. Bei einer starken Abweichung von gesetzlichen Leitbildern greift ohnehin bereits die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 BGB – obwohl die Rechtsprechung in diesen Fällen gerne beide Kontrollmaßstäbe nebeneinander anwendet. Für die Auslegung gegen den Verwender nach § 305c Abs. 2 BGB ist, um den Kunden umfassend zu schützen, zweistufig vorzugehen: Einerseits ist für die Inhaltskontrolle die Klausel so streng auszulegen wie denkbar (bei der Verbandsklage war dies schon immer unstreitig, heute wird das jedoch überwiegend auch bei der Individualklage so gesehen), andererseits ist dann, wenn die Klausel der Inhaltskontrolle standhält, diejenige Auslegung zu wählen, die für den Kunden die Günstigste ist.832 282

b) Im Verhältnis zum beruflichen Kunden und anderen Banken. Da § 305 Abs. 2 und 3 BGB im Verhältnis zu beruflich tätigen Kunden keine Anwendung findet (§ 310 Abs. 1), gelten nur die allgemeinen Einbeziehungsvoraussetzungen: Der Vertragspartner muss die AGB zur Kenntnis nehmen können,833 außerdem muss er gemäß § 157 BGB (objektiver Empfängerhorizont) erkennen können, dass der Verwender die AGB einbeziehen wollte. Die erstgenannte Voraussetzung ist schon wegen der vielfachen Veröffentlichung der AGB – auf den Homepages aller Banken und Sparkassen sowie der jeweiligen Verbände – gewährleistet.834 Der berufliche Kunde hat, wenn er darüber hinausgehend eine beweisfähige Kopie wünscht, sich selbstinitiativ darum

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829 BGH Urt. v. 14.6.2006 – I ZR 75/03, NJW 2006, 2976 (2977); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 5; Palandt/Grüneberg § 305 Rn 36; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 149a; Sonnenhol WM 2002, 1259 (1261) (nicht bloße Wiedergabe auf Bildschirm, jedenfalls bei AGBs von der Länge der Banken-AGB). 830 BGH Urt. v. 18.5.1995 – IX ZR 108/94, BGHZ 130, 19 (25) = WM 1995, 1397 (1399); Urt. v. 30.6.1995 – V ZR 184/94, BGHZ 130, 150 (154) = WM 1995, 1632 (1633). 831 BGH Urt. v. 8.5.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (33) = WM 1987, 802; BGH (vorige Fn), BGHZ 130, 19 (25) = WM 1995, 1397; BGH (vorige Fn), BGHZ 130, 150 (154) = WM 1995, 1632. 832 BGH (Teil-)Urt. v. 29.4.2008 – KZR 2/07, NJW 2008, 2172 (2173) = WM 2008, 1465 (1467); BankR-Hdb/Bunte § 5 Rn 48; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 7; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer § 305c Rn 91; Palandt/ Grüneberg § 305c Rn 18. 833 BGH Urt. v. 18.6.1971 – I ZR 83/70, WM 1971, 987 = LM AGB der Banken – Allg. Nr. 4 = NJW 1971, 2126 (2127); MünchKommBGB/Basedow § 305 Rn 103; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 59; Palandt/Grüneberg § 305 Rn 53. 834 Schon vor Zeiten der Online-Veröffentlichung in diese Richtung BGH (vorige Fn), LM AGB der Banken – Allg. Nr. 4 = NJW 1971, 2126 (2127) und bestätigt in BGH Beschl. v. 4.3.2004 – IX ZR 185/02, WM 2004, 1177.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

zu bemühen.835 Die oben zweitgenannte Voraussetzung ist entbehrlich bzw. bereits erfüllt, wenn die Einbeziehung branchenüblich ist (vgl. § 346 HGB), was bei den AGB-Banken und AGBSparkassen anzunehmen ist.836 Sind diese Voraussetzungen gegeben, umfasst die Zustimmung des Kunden zum Vertragsschluss auch die Einbeziehung der AGB. Daher ist mangels besonderer Umstände – etwa Widerspruch seitens des Kunden – gegenüber beruflich tätigen Kunden davon auszugehen, dass die AGB-Banken oder AGB-Sparkassen wirksam einbezogen wurden.837 Im Verhältnis der Kreditinstitute zueinander gilt das a maiore. Wenn und soweit hier die AGB voneinander divergieren, gelten die AGB desjenigen Instituts als einbezogen, das die bankspezifische, „charakteristische“ Leistung erbringt, etwa das kontoführende Institut.838 Das zu den überraschenden Klauseln, der Auslegung contra proferentem und zum Vorrang der Individualabrede (§§ 305b, 305c BGB, oben Zweiter Teil Rn 281) Gesagte gilt auch im Verhältnis zum beruflich tätigen Kunden (vgl. § 310 Abs. 1 BGB e contrario). 3. Inhaltskontrolle – Allgemeine Fragen und Verweis a) Prüfungsmaßstab. Der Schwerpunkt der AGB-Kontrolle für Banken-AGB liegt auf der 283 Inhaltskontrolle, zugleich auch der Schwerpunkt der Kontrolle nach der EG-KlauselRichtlinie, jedenfalls für die hier kommentierten allgemeinen Banken-AGB bzw. SparkassenAGB: Da nur wenige dieser allgemeinen AGB nach privater oder beruflicher Ausrichtung des jeweiligen Kunden unterscheiden und zugleich die Banken- oder Sparkassen-AGB dann auch praktisch nie nur für die eine Gruppe geändert werden, bildet de facto der (strengere) Standard der AGB-Inhaltskontrolle im Verbraucherverhältnis den relevanten Maßstab. Und hierfür bildet dann die EG-Klausel-Richtlinie, wie ausgeführt, das „Original“, hinter dessen Ergebnissen, auch Auslegungsergebnissen seitens des EuGH, deutsches Recht nicht zurück bleiben darf. Strengeres nationales Recht ist demgegenüber gerade auch für die Inhaltskontrolle zulässig (Art. 8 EG-Klausel-Richtlinie),839 jedenfalls ist die deutsche Rechtsprechung ungleich dichter als die Rechtsprechung zur EG-Klausel-Richtlinie, obwohl der EuGH zu dieser so umfangreich wie zu keiner anderen EG/EU-Richtlinie im Vertragsrecht judiziert.840 Für die Inhaltskontrolle gegenüber beruflich tätigen Kunden wäre das zwar anders. Für 284 sie gilt allein deutsches Recht, und für sie ist nach deutschem Recht theoretisch ein weniger strenger Maßstab anzulegen (§ 310 Abs. 1 BGB). Aus zwei Gründen bleibt dies freilich eine weitgehend theoretische Möglichkeit und dies auch idR nur für einen relativ kurzen Zeitraum – wenn nicht eine Banken- oder Sparkassen-AGB für berufliche Kunden tatsächlich einmal anders gefasst ist als für Verbraucherkunden. Zum einen wird im deutschen Recht überwiegend angenommen, dass ein Verstoß gegen §§ 308, 309 BGB auch für die Inhaltskontrolle von AGBs, die beruflichen/kaufmännischen Kunden gegenüber verwendet werden, jedenfalls eine Vermutung

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835 BGH Urt. v. 12.2.1992 – VIII ZR 84/91, BGHZ 117, 190 (194 f.) = WM 1992, 657. 836 BGH (Fn 833), NJW 1971, 2126 (2128) = WM 1971, 987; Urt. v. 4.3.2004 – IX ZR 185/02, WM 2004, 1177 (1178); Palandt/Grüneberg § 305 Rn 56; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 170a-175. 837 Dazu, dass gegenüber beruflichen Kunden die AGB auch per kaufmännischem Bestätigungsschreiben (und in sonstigen Fällen von Schweigen als Zustimmung) einbezogen werden können: BGH Urt. 7.6.1978 – VIII ZR 146/77, NJW 1978, 2243 (2243 f.) = WM 1978, 978 (978 f.). 838 BGH Urt. v. 26.9.1989 – XI ZR 178/88, NJW 1990, 242 (244) = WM 1989, 1756 (1759); Baumbach/Hopt AGBBanken, Nr. 1 Rn 4; sowie (wenn auch im Verhältnis zu Auslandsbanken) Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 10. 839 Unstreitig, etwa Grabitz/Hilf/Pfeiffer Sekundärrecht A. 5., Art. 8 Rn 1ff.; Grundmann EG-Richtlinie und nationales Privatrecht, JZ 1996, 274 (277ff.). 840 Micklitz/Kas Rechtsprechungsübersicht zum Europäischen Vertrags- und Deliktsrecht (2008–2013) – Teil I und Teil II, EWS 2013, 314 und 353 (bes. 314 ff.); Micklitz/Reich The Court and the Sleeping Beauty – the Revival of the Unfair Terms Directive, CMLR 2014, 771; Nachfolgeaufsatz Kas/Micklitz Rechtsprechungsübersicht zum Europäischen Vertrags- und Deliktsrecht (2014–2018) – Teil I und Teil II, EWS 2018, 181 und 241.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

auch für einen Verstoß nach § 307 Abs. 2 BGB begründe.841 Zum anderen führen (höchstrichterliche) Judikate, die eine Klausel im Verhältnis zu Verbrauchern für unwirksam erklären, wenn es sich nicht um Klauseln handelt, die ohnehin nur auf dieses Verhältnis Anwendung finden, idR innerhalb kurzer Zeit zur Anpassung dieser Klausel allgemein, d.h. gegenüber allen Kunden. 285

b) Kriterien der Inhaltskontrolle. Ausgangspunkt ist nach dem Gesagten die Judikatur des EuGH. Aus ihr sind vor allem zwei Leitlinien als Allgemeine von Bedeutung: Das ist einerseits, dass das Gericht ex officio die Umstände zu untersuchen hat, die für Missbräuchlichkeit der jeweiligen Klausel sprechen.842 Und die Möglichkeit, Missbräuchlichkeit vorzubringen, muss auch prozessual so ausgestaltet sein, dass das Vorbringen nicht gänzlich illusorisch ist, etwa erst möglich ist, wenn bereits nicht zu revidierende Tatsachen geschaffen wurden.843 Zum anderen ist die Judikatur des EuGH in ihrer Gesamtheit bei der Auslegung von Generalklauseln – namentlich des Konzepts der Missbräuchlichkeit oder des Verstoßes gegen Treu und Glauben und des erheblichen und ungerechtfertigten Missverhältnisses zwischen Rechten und Pflichten der Parteien – dahingehend zu verstehen, dass der Gerichtshof ein Gleichgewicht zwischen europaeinheitlicher Festlegung der Leitgesichtspunkte und Überantwortung der Einzelfallanwendung an die nationalen Gerichte anstrebt: So nahm die Judikatur zwar ihren Ausgang bei der Entscheidung in Sachen Océano Grupo, in der der EuGH aus der Nennung der fraglichen (Gerichtsstands-)Klausel in der unverbindlichen „grauen“ Liste im Anhang der Richtlinie schloss, dass (mangels gegenläufiger besonderer Anhaltspunkte im Einzelfall) von Missbräuchlichkeit i.S.v. Art. 3 der Richtlinie auszugehen sei, dass die graue Liste also eine Vermutung für Missbräuchlichkeit begründe.844 Es folgte mit Freiburger Kommunalbauten jedoch eine Entscheidung, in der der EuGH sich mangels solcher Anhaltspunkte im Sachverhalt und der Richtlinie nicht im Stande sah, die generalklauselmäßig offen formulierten Kriterien der Richtlinie auf den Einzelfall anzuwenden und dies dem nationalen Gericht überantwortete.845 Der EuGH sieht sich also dazu berufen, die Leitkriterien auf EU-Ebene einheitlich zu formulieren, vor allem auch die Effizienz der AGB-Inhaltskontrolle zu verbürgen, nicht jedoch die Erfüllung dieser Kriterien im Einzelfall zu überprüfen.846

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841 Vgl. etwa BGH Urt. v. 8.3.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273 (278) = WM 1984, 870 (871); Urt. v. 3.3.1988 – X ZR 54/86, BGHZ 103, 316 (328) = WM 1988, 667 (671); Urt. v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, BGHZ 174, 1 = WM 2007, 2261; bestätigt in Urt. v. 19.6.2013 – VIII ZR 183/12 = NJW 2014, 211; Niebling MDR 2013, 1012 (1013); Ulmer/Brandner/ Hensen/Ulmer/Schäfer § 310 Rn 27–34; Palandt/Grüneberg § 307 Rn 40; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 47; zweifelnd BankR-Hdb/Bunte § 5 Rn 54 (vor allem für § 309 BGB). 842 EuGH Urt. v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08 Pannon GSM, Slg. 2009, I-4713 (Tz. 35); Urt. v. 14.6.2012 – Rs. C-618/10 Banco Español de Crédito, Slg. 2012, I-0000 = EuZW 2012, 754 (Tz. 33); Urt. v. 14.3.2013 – Rs. C-415/11, Mohamed Aziz Slg. 2013, I-0000 = EuZW 2013, 464 (Tz. 46 f.); Urt. v. 7.8.2018 – Rs. 94/17, Banco Santander SA/Mahamadou Demba u.a., ECLI:EU:C:2018:643 (Tz. 66). 843 EuGH Urt. v. 14.3.2013 – Rs. C-415/11 Mohamed Aziz, Slg. 2013, I-0000 = EuZW 2013, 464 (Tz. 59 ff.). 844 EuGH Urt. v. 27.6.2000 – Rs. C-240–244/98 Océano grupo editorial, Slg. 2000, I-4941 (bes. Tz. 22 ff.). 845 EuGH Urt. v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02 Freiburger Kommunalbauten ./. Hofstetter Slg. 2004, I-3403 (bes. Tz. 23 ff.); bestätigt in EuGH Urt. v. 4.6.2009 – Rs. C-243/08 Pannon GSM, Slg. 2009, I-4713 (Tz. 42). 846 Die Frage zählt in den Einzelheiten zu den umstrittensten im Europäischen Vertragsrecht: grundsätzlich für eine sehr weitreichende Kompetenz des EuGH, Generalklauseln (vor allem in Art. 3 EG-Klausel-Richtlinie) tatbestandlich zu konkretisieren: Grundmann EG-Schuldvertragsrecht, 2.10, vor allem Rn 25; Hesselink ERCL 2006, 366 (Urteilsanmerkung Freiburger Kommunalbauten); Remien Die Vorlagepflicht bei Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, RabelsZ 66 (2002), 503 (bes. 519, 524 f.); Riesenhuber, EU Vertragsrecht, S. 167 f.; Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 309 ff. (etwas zurückhaltender später, s.u.); M. Schmidt, Konkretisierung von Generalklauseln im europäischen Privatrecht, 2009, bes. S. 202–312. Diese (Normkonkretisierungs-)Kompetenz grds. verneinend: Canaris, Der EuGH als zukünftige Superrevisionsinstanz? EuZW 1994, 417; Franzen, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999, S. 536 ff.; W.-H. Roth, Generalklauseln im Europäischen Privatrecht – Zur Rollenverteilung zwischen Gerichtshof und Mitgliedstaaten bei ihrer Konkretisierung, FS Drobnig 1998, S. 135; Freitag/Riemenschneider Vollstreckbare Schuldanerkenntnisse in der deutschen und europäischen Klauselkontrolle, WM 2004, 2470 (bes. 2477 ff.). Vermittelnde Positionen bei:

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292

4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Die Grundkriterien legt § 307 Abs. 2 BGB in Übereinstimmung mit Art. 3 EG-Klausel- 286 Richtlinie fest. Vorab ist zu betonen, dass der BGH von seiner früheren Rechtsprechung (vor allem für die VOB) abgerückt ist, nach der Klauselwerke, an deren Ausarbeitung die maßgeblichen Gruppen von Betroffenen – etwa über ihre Verbände – mitgewirkt haben, einem milderen Standard der Inhaltskontrolle zu unterwerfen sind.847 Allerdings ist nach § 310 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB in diesen Fällen die Inhaltskontrolle dann gesetzgeberisch begrenzt oder ausgeschlossen worden, freilich nur bezogen auf bestimmte Branchen (Bau, Energie), zu denen das Kreditwesen nicht zählt. Auch wenn m.E. von den Schutztheorien für die Inhaltskontrolle her manches für die aufgegebene – allgemeine – Rechtsprechungslinie spricht, ist von einer solchen Abmilderung bei den Banken- und Sparkassen-AGB jedenfalls nicht auszugehen. Zum einen spricht dagegen die Gesetzgebungsentwicklung, einschließlich eines Umkehrschlusses aus den genannten Normen. Zum anderen jedoch wäre selbst die genannte Rechtsprechungslinie für die Banken- und Sparkassen-AGB auch von ihrer ratio her nicht heranzuziehen, da diese allein durch die Seite der Kreditinstitute formuliert werden, wenn auch durchaus weitgehend mit einem Bemühen um einen Interessenausgleich mit dem Kunden. Die eigentliche Inhaltskontrolle findet – anders als im Normalfall die Einbeziehungskontrolle – nicht für das Regelwerk insgesamt, sondern für die einzelnen Klauseln statt, so dass die konkreten Fragen der jeweiligen Inhaltskontrolle bei der jeweiligen Einzelklausel mitzubehandeln sind. Insgesamt stand die Inhaltskontrolle der Banken- und Sparkassen-AGB immer im Fokus des Interesses,848 auch der Tätigkeit von Verbraucherschutzverbänden, und hat sie zu einer erheblichen Änderung derselben beigetragen. Unter den Grundkriterien und wichtigsten Entwicklungen sind Folgende vorab herauszustreichen: Vom Kern der eigentlichen Leistungspflichten kann sich die Bank – wie andere Anbieter – nicht in der Form freizeichnen, dass die Haftung allgemein auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt wird. Die Haftung für leichte fahrlässige Pflichtverletzung zählt bei ihnen grds. zum AGB-festen „Kernbestand“.849 Daneben zählt bei allen anderen Pflichten eine erhebliche Abweichung vom gesetzlichen Standard ebenfalls zu den Fällen, in denen von Missbräuchlichkeit ausgegangen wird.850 Darüber hinaus wird in der Rechtsprechung des (für Bankrecht zuständigen) XI. Senats bei der Erfüllung von (Neben-)Pflichten, die aus Ge-

_____ Coester AGB-rechtliche Inhaltskontrolle im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts, FS Heinrichs 1998, S. 99 (bes. 103 ff.); Heinrichs Das Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes, NJW 1996, 2190 (2195 ff.); Markwardt Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln durch den EuGH, ZIP 2005, 152 (bes. 156f.); Röthel Die Konkretisierung von Generalklauseln, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 11, Rn 31 ff.; sowie (m.E. bes. überzeugend): Schillig Konkretisierungskompetenz und Konkretisierungsmethoden im Europäischen Privatrecht 2009, bes. S. 222–225 (ob umfassende Würdigung durch EuGH möglich, danach zu beurteilen, ob für Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts erforderlich). 847 Ursprünglich: BGH Urt. v. 16.12.1982 – VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135 (141) = WM 1983, 268 (270) (für VOB/B); Urt. v. 3.11.1994 – I ZR 100/92, BGHZ 127, 275 (281) = WM 1995, 1109 (1111) (für ADSp); heute BGH Urt. v. 23.1.2003 – I ZR 174/00, NJW 2003, 1397 (1398) (für ADSp); BGH Urt. v. 24.7.2008 – VII ZR 55/07, WM 2008, 1936 (für VOB/B). Seit 2008 auch Umkehrschluss aus neuem § 310 Abs. 1 S. 3 BGB: VOB/B gegenüber Verbrauchern nicht mehr privilegiert; dazu etwa Dammann/Ruzik Vereinbarung der VOB/B ohne inhaltliche Abweichungen i.S. des § 310 I 3 BGB, NZBau 2013, 265. 848 Jüngere Übersichten zu entgeltbezogenen Klauseln bei Fervers BKR 2019, 165; Guggenberger BKR 2017, 1; Kropf/Habl BKR 2015, 316. Alphabetisch geordnete Übersicht zu den einzelnen Klauseln aus jüngerer Zeit bei Niebling VuR 2011, 283 (285–289) und MDR 2013, 1012 (1013–1019); ähnlich systematische Übersicht zu den entgeltbezogenen Klauseln bei Knops ZBB 2010, 479. 849 BGH Urt. v. 9.11.1989 – IX ZR 269/87, NJW 1990, 761 (764); Urt. v. 11.11.1992 – VIII ZR 238/91, NJW 1993, 335 = WM 1993, 24; BGH Urt. v. 13.1.2000 – III ZR 62/99, NJW-RR 2000, 998 = WM 2000, 426; BGH Urt. v. 12.12.2000 – XI ZR 138/00, NJW 2001, 751 (752); Ulmer/Brandner/Hensen/Christensen § 309 Nr. 7 Rn 33–35; im Zusammenhang mit der Freizeichnung für unterlassene Aufklärungspflichten gegenüber Anlegern BGH, Urt. v. 9.7.2013 – II ZR 193/11, NJWSpezial 2013,687 Rz 35. 850 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 29; MünchKommBGB/Wurmnest § 307 Rn 66 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs § 307 Rn 206 ff., 221 ff.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

setz oder Vertrag ohnehin bestehen, davon ausgegangen, dass jede Entgeltklausel missbräuchlich sei – was freilich teils kritisiert wurde, namentlich für Fälle, in denen das Kreditinstitut verpflichtet ist, Versäumnisse des Kunden in seinen Folgen abzumildern,851 und was im Zahlungsdiensterecht durch die EG-Zahlungsdienste-Richtlinie I und II in einigen Hauptbeispielen auch in der Tat „korrigiert“ wurde (vgl. unten Dritter Teil Rn 294 und 514 f.). Umgekehrt kam mit dem Pfändungsschutzkonto – der Umwandlung in dieses und der Verwaltung im Pfändungsfalle – auch ein Beispiel in jüngerer Zeit hinzu, in dem dieser Grundsatz erhebliche Wirkung zeitigt (vgl. bereits oben Zweiter Teil Rn 246–248). In den letzten Jahren betreffen etwa die Hälfte der höchstrichterlich entschiedenen Fälle zur Inhaltskontrolle Entgelte und Aufwandsentschädigungen (dazu dann näher unten Zweiter Teil Rn 330–342). 287

4. Internationaler Anwendungsbereich. Die grenzüberschreitende Beziehung im Bankvertragsrecht liegt typischerweise im Interbankenverhältnis. In ihm gilt, soweit keine Rechtswahlabrede eingreift und nicht segmentspezifisch eine gesonderte, kollektive Regelung getroffen ist (etwa in der Satzung des Clearingsystems), das Recht desjenigen Instituts, das die charakteristische Leistung erbringt, also etwa des kontoführenden Instituts oder des Instituts, das den Auftrag erfüllt.852 Im Verhältnis zum Kunden ist, wenn der Fall Auslandsberührung aufweist, charakteristisch vor allem die Frage nach der Einbeziehung von AGB, während die Inhaltskontrolle dann wie im nationalen Fall vorgenommen wird. Über die Eckpunkte der Einbeziehungskontrolle in solch einem Fall erging die Leitentscheidung des BGH im Jahre 2004.853 Noch zum EGBGB (auf der Grundlage des Europäischen Vertragsrechtsübereinkommens), an dessen Stelle für die vorliegenden Fragen inhaltgleiches unmittelbar anwendbares Europäisches Recht in der Rom-I-VO trat, entschied das Gericht über vor allem zwei Fragen: (i) Bei der Einbeziehungskontrolle ist typischerweise die Zustimmung des Kunden problematisch, weil die Banken in den AGB die Anwendung ihres Rechts auf den Vertrag vorsehen (etwa Nr. 6 AGB-Banken) und ihr eigenes Angebot (einschließlich Verwendung der AGB) nach diesem Recht gestalten. Die Zustimmung des Kunden ist nun problematisch, weil grundsätzlich zwar bereits auf den Vertagsschluss als solchen das für den zu schließenden Vertrag verabredete Recht Anwendung findet (Art. 10 Abs. 1 Rom-I-VO), Art. 10 Abs. 2 Rom-I-VO hiervon jedoch eine Ausnahme macht, wenn die Rechtsfolge des solchermaßen anwendbaren (Vertragsschluss-)Rechts aufgrund des Umgebungsrechts des Adressaten überraschend ist, weil dieses dem Verhalten des Kunden keine Zustimmungswirkung beilegen würde. Das gilt etwa, wenn nach dem Umgebungsrecht das kaufmännische Bestätigungsschreiben keine Wirkung entfaltet (Schweigen als Willenserklärung), wohl aber nach dem gewählten Recht. Die nach deutschem Recht formulierten Einbeziehungsvoraussetzungen werden diese Problematik im Verhältnis zum Verbraucherkunden idR nicht eintreten lassen, potentiell aber im kaufmännischen Geschäftsverkehr (etwa Einbeziehung aufgrund eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens). (ii) Findet deutsches Recht Anwendung (weil Anbieter eine Bank mit Sitz in Deutschland ist und Nr. 6 AGB-Banken wirksam einbezogen wurde), so fragt sich zusätzlich, ob die Missbräuchlichkeit nicht einmal weitergehend als

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851 Zu dieser Rechtsprechung: BGH Urt. v. 15.7.1997 – XI ZR 269/96, BGHZ 136, 261 = WM 1997, BGH (Fn 371), NJW 2000, 651; BGH Urt. v. 12.9.2017 – XI ZR 590/15, NJW 2017, 3649; zusammenfassend Roller BKR 2008, 221; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Schmidt § 307 Rn 89 ff.; und näher unten Zweiter Teil Rn 338 (zu Nr. 12 AGB-Banken). Zur Kritik dieser Rechtsprechung: Köndgen ZBB 1997, 117; Bitter ZBB 2007, 237 (240ff.); ders. FS Ott 2002, S. 153; Steuer FS Hadding 2004, S. 1169; Büchel BKR 2009, 358 (364); Placzek Neues zur Zulässigkeit eines Bearbeitungsentgelts in Verbraucherkreditverträgen? WM 2011, 1066; zu Bearbeitungsentgelten insgesamt jüngst Schmidt-Burgk BB 2018, 1799. 852 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 10; ausführlich Reithmann/Martiny/Freitag Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl. 2015 (Bankverträge). 853 BGH (Fn 834), WM 2004, 1177 = IPRax 2005, 446; ausf. Weller IPrax 2005, 428.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

im reinen Inlandsfall angenommen werden kann, wenn die Klausel in ihrer Auswirkung Auslandskunden besonders tritt. B. Die einzelnen AGB (Banken/Sparkassen) I. Grundregeln (Nr. 1–6 AGB-Banken) Allgemeine Geschäftsbedingungen (Banken) (Muster)854

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Grundregeln für die Beziehung zwischen Kunde und Bank 1. Geltungsbereich und Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der Sonderbedingungen für einzelne Geschäftsbeziehungen (1) Geltungsbereich. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und den inländischen Geschäftsstellen der Bank (im folgenden Bank genannt). Daneben gelten für einzelne Geschäftsbeziehungen (zum Beispiel für das Wertpapiergeschäft, den Zahlungsverkehr und für den Sparverkehr) Sonderbedingungen, die Abweichungen oder Ergänzungen zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten; sie werden bei der Kontoeröffnung oder bei Erteilung eines Auftrages mit dem Kunden vereinbart. Unterhält der Kunde auch Geschäftsverbindungen zu ausländischen Geschäftsstellen, sichert das Pfandrecht der Bank (Nummer 14 dieser Geschäftsbedingungen) auch die Ansprüche dieser ausländischen Geschäftsstellen. (2) Änderungen. Änderungen dieser Geschäftsbedingungen und der Sonderbedingungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (zum Beispiel das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kunde kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten (zum Beispiel Überweisungsbedingungen) angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. 2. Bankgeheimnis und Bankauskunft (1) Bankgeheimnis. Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis). Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur Erteilung einer Bankauskunft befugt ist. (2) Bankauskunft. Eine Bankauskunft enthält allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit; betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige der Bank anvertraute Vermögenswerte sowie Angaben über die Höhe von Kreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht. (3) Voraussetzungen für die Erteilung einer Bankauskunft. Die Bank ist befugt, über juristische Personen und im Handelsregister eingetragene Kaufleute Bankauskünfte zu erteilen, sofern sich die Anfrage auf ihre geschäft-

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854 Muster der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken zwischen Kunde und Bank (Stand: Juli 2018), abrufbar unter https://bankenverband.de/service/agb-banken/, zuletzt abgerufen am 9.12.2019.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

liche Tätigkeit bezieht. Die Bank erteilt jedoch keine Auskünfte, wenn ihr eine anders lautende Weisung des Kunden vorliegt. Bankauskünfte über andere Personen, insbesondere über Privatkunden und Vereinigungen, erteilt die Bank nur dann, wenn diese generell oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben. Eine Bankauskunft wird nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft dargelegt hat und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Belange des Kunden der Auskunftserteilung entgegenstehen. (4) Empfänger von Bankauskünften. Bankauskünfte erteilt die Bank nur eigenen Kunden sowie anderen Kreditinstituten für deren Zwecke oder die ihrer Kunden.

3. Haftung der Bank; Mitverschulden des Kunden (1) Haftungsgrundsätze. Die Bank haftet bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen für jedes Verschulden ihrer Mitarbeiter und der Personen, die sie zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen hinzuzieht. Soweit die Sonderbedingungen für einzelne Geschäftsbeziehungen oder sonstige Vereinbarungen etwas Abweichendes regeln, gehen diese Regelungen vor. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten (zum Beispiel durch Verletzung der in Nr.11 dieser Geschäftsbedingungen aufgeführten Mitwirkungspflichten) zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. (2) Weitergeleitete Aufträge. Wenn ein Auftrag seinem Inhalt nach typischerweise in der Form ausgeführt wird, dass die Bank einen Dritten mit der weiteren Erledigung betraut, erfüllt die Bank den Auftrag dadurch, dass sie ihn im eigenen Namen an den Dritten weiterleitet (weitergeleiteter Auftrag). Dies betrifft zum Beispiel die Einholung von Bankauskünften bei anderen Kreditinstituten oder die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren im Ausland. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung des Dritten. (3) Störung des Betriebs. Die Bank haftet nicht für Schäden, die durch höhere Gewalt, Aufruhr, Kriegs- und Naturereignisse oder durch sonstige von ihr nicht zu vertretende Vorkommnisse (zum Beispiel Streik, Aussperrung, Verkehrsstörung, Verfügungen von hoher Hand im In- oder Ausland) eintreten. 4. Grenzen der Aufrechnungsbefugnis des Kunden. Der Kunde, der kein Verbraucher ist, kann gegen Forderungen der Bank nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Diese Aufrechnungsbeschränkung gilt nicht für eine vom Kunden zur Aufrechnung gestellte Forderung, die ihren Rechtsgrund in einem Darlehen oder einer Finanzierungshilfe gemäß §§ 513, 491 bis 512 BGB hat. 5. Verfügungsberechtigung nach dem Tod des Kunden. Nach dem Tod des Kunden hat derjenige, der sich gegenüber der Bank auf die Rechtsnachfolge des Kunden beruft, der Bank seine erbrechtliche Berechtigung in geeigneter Weise nachzuweisen. Wird der Bank eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) nebst zugehöriger Eröffnungsniederschrift vorgelegt, darf die Bank denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dies gilt nicht, wenn der Bank bekannt ist, dass der dort Genannte (zum Beispiel nach Anfechtung oder wegen Nichtigkeit des Testaments) nicht verfügungsberechtigt ist oder wenn ihr dies infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist.

6. Maßgebliches Recht und Gerichtsstand bei kaufmännischen und öffentlich-rechtlichen Kunden (1) Geltung deutschen Rechts. Für die Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und der Bank gilt deutsches Recht. (2) Gerichtsstand für Inlandskunden. Ist der Kunde ein Kaufmann und ist die streitige Geschäftsbeziehung dem Betriebe seines Handelsgewerbes zuzurechnen, so kann die Bank diesen Kunden an dem für die kontoführende Stelle zuständigen Gericht oder bei einem anderen zuständigen Gericht verklagen; dasselbe gilt für eine juristische Person des öffentlichen Rechts und für öffentlich-rechtliche Sondervermögen. Die Bank selbst kann von diesen Kunden nur an dem für die kontoführende Stelle zuständigen Gericht verklagt werden.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

(3) Gerichtsstand für Auslandskunden. Die Gerichtsstandsvereinbarung gilt auch für Kunden, die im Ausland eine vergleichbare gewerbliche Tätigkeit ausüben, sowie für ausländische Institutionen, die mit inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder mit einem inländischen öffentlich-rechtlichen Sondervermögen vergleichbar sind.

1. AGB der Kreditinstitute – Anwendungsbereich und Bestand (Nr. 1) a) Anwendungsbereich (Abs. 1). Banken-AGBs gelten, soweit sie in den Vertrag wirksam 289 einbezogen wurden (oben Zweiter Teil Rn 278–282), nach Nr. 1 Abs. 1 S. 1 nur für Geschäfte mit inländischen Filialen. Sie gelten dann für alle Rechtsgeschäfte zwischen Kreditinstitut und Kunden, auch wenn sie nicht jedes Mal nochmals vereinbart werden, namentlich auch für weitere Verträge zwischen beiden.855 Umgekehrt begründen sie jedoch, wenn kein weiteres Rechtsgeschäft für weitere Situationen vorgenommen wird, für das Kreditinstitut auch nicht zusätzliche Handlungspflichten (kein allgemeiner Bankvertrag allein durch Verabredung der BankenAGB).856 Soweit der Kunde freilich Verbindlichkeiten gegenüber ausländischen Zweigstellen (nicht auch: Tochtergesellschaften) eingeht, gelten die AGB zwar grds. nicht für dieselben, sichert jedoch das Pfandrecht nach Nr. 14 AGB-Banken – etwa an inländischen Guthaben des Kunden – auch diese Verbindlichkeiten ab (Nr. 1 Abs. 1 S. 3), die ja Verbindlichkeiten gegenüber derselben (inländischen) Juristischen Person sind. Trotz des etwas unklaren Wortlautes ist unstreitig, dass demgegenüber die Geltung von 290 Sonderbedingungen für spezifische Bankgeschäfte gesondert vereinbart werden muss, also die Einbeziehungsvoraussetzungen für diese gesondert herbeizuführen sind.857 Alle AGBRegelwerke sind also hinsichtlich Einbeziehungskontrolle – und erst recht auch hinsichtlich der Inhaltskontrolle – isoliert zu sehen, während das gleiche AGB-Regelwerk dann für alle Geschäfte zwischen Bank und Kunden gilt (vorige Rn). b) Bestand, namentlich Änderungen (Abs. 2). Die Geltung der AGBs wird idR zuerst im 291 Zusammenhang mit einer Kontoeröffnung vereinbart, alternativ auch und ebenfalls idR, wenn eine Darlehensbeziehung oder eine Wertpapierdienstleistung in den Blick genommen wird. Die Eröffnung eines Kontokorrents bildet jedoch zugleich, wenn über dieses (wie regelmäßig der Fall) Zahlungsdienste in Form von Überweisungen, Lastschriften oder Kartenzahlungen getätigt werden können, einen Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 675f Abs. 2 BGB. Daher wurde für die heute geltenden Banken-AGB das Regime des Zahlungsdienstrahmenvertrages prägend, namentlich das Änderungsregime in § 675g BGB. Den Bestand der ABG-Abrede, die die BankKunden-Beziehung, regelmäßig zuerst eine Kontokorrentabrede, näher ausgestaltet, bestimmen drei Etappen: 1) die wirksame Einbeziehung der AGB; 2) die (mögliche) Änderung (allein) der AGB-Inhalte; und 3) die Kündigung der Geschäftsbeziehung, vor allem der Kontobeziehung, die zugleich auch die AGB-Abrede in Wegfall bringt. Während die wirksame Einbeziehung der AGB sich nach den genannten Grundsätzen richtet (oben Zweiter Teil Rn 278–282) und im Zahlungsdiensteregime nicht modifiziert wird (keine Formerfordernisse u.ä. nach § 675f BGB), ist das bei Änderung und Kündigung anders. Die Kündigung freilich ist gesondert geregelt (vgl. Nr. 18 f. AGB-Banken und unten Zweiter Teil Rn 359–363). Die Änderung von AGB gegenüber dem Kunden – auf Grund einer Novellierung der Ban- 292 ken- oder Sparkassen-AGB – ist die einzige Etappe, die die AGB-Banken bereits im Ausgangs-

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855 Vgl. Nachw oben Fn 821. 856 BGH (Fn 2) BGHZ 152, 114 = WM 2002, 2281 (ausführlicher); dazu u.a. Lang BKR 2003, 227; differenzierend M. Roth WM 2003, 420; und in „Ankündigung“ der Entscheidung: Claussen FS Peltzer 2001, S. 55. 857 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 34; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 10; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.91.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

punkt, in Nr. 1, in den Blick nehmen: Diese regelt dessen Abs. 2 in Anlehnung an die Vorgaben des § 675g BGB (nicht [mehr] diejenigen von § 308 Nr. 5 BGB in der Auslegung, die ihm die höchstrichterliche Rechtsprechung gegeben hatte). Heute ist also der Streit darüber rein theoretischer Natur, ob in einer Abrede nach § 305 Abs. 3 BGB auf die AGB in ihrem jeweiligen Bestand, also einschließlich zukünftiger Änderungen, verwiesen werden kann.858 Die Banken- und Sparkassen-AGB wählen einen (rechtssicheren) Alternativweg: Schweigen, also fehlender Widerspruch seitens des Kunden, wird als Zustimmung gewertet, wenn zwei weitere Voraussetzungen erfüllt sind: einerseits eine Zweimonatsfrist seit Unterbreitung des Änderungsangebots verstrichen ist859 und andererseits auf diese Rechtsfolge des Schweigens bei Unterbreitung des Änderungsangebots nochmals hingewiesen wurde. Dieses Regime ist wirksam vereinbart,860 teils kontrollfrei, weil die Zweimonatsfrist bereits durch das Gesetz festgelegt ist (§§ 675g Abs. 2 i.V.m. 307 Abs. 3 BGB), teils jedenfalls als Option durch das Gesetz ausdrücklich eingeräumt und daher sicherlich nicht missbräuchlich i.S.v. § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Die Abrede von OnlineKommunikation erstreckt sich, wenn sie vereinbart ist, auch auf diese Änderungsanzeige (Nr. 1 Abs. 2 S. 2) und dies ist auch nicht etwa überraschend oder missbräuchlich, sondern vielmehr die nächstliegende Lösung.861 Nicht ausgeschlossen ist freilich in allen Fällen, dass der Kunde der Änderung widerspricht. In diesem Fall wird diese nicht wirksam Vertragsbestandteil. Auch gibt die Weigerung des Kunden, der Änderung zuzustimmen, dem Institut kein außerordentliches Kündigungsrecht. Für das Kontokorrent (als Zahlungsdiensterahmenvertrag) ergibt sich dies zwingend bereits aus § 675g BGB (Art. 54 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie-II), da die Ausübung eines zwingend eingeräumten (Weigerungs-)Rechts keinen Rechtsverstoß darstellt und daher jede Grundlage für ein Recht zur außerordentlichen Kündigung fehlt. Ein ordentliches Kündigungsrecht verbleibt dem Kreditinstitut im Rahmen der geltenden Kündigungsregeln jedoch durchaus (vgl. dazu unten Zweiter Teil Rn 362 f. und für den Normalfall auch Dritter Teil Rn 194, 197).862 Das außerordentliche, fristlose Kündigungsrecht, das umgekehrt dem Kunden allein deswegen eingeräumt wird, weil die Kreditinstitute die Möglichkeit einer Zustimmungsfiktion vereinbaren, mussten S. 6 und 7 vorsehen, weil § 675g Abs. 2 S. 2 BGB ein solches vorsieht. Dieses Kündigungsrecht ist denn auch auf den Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts

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858 Für Verbraucherkunden wegen der Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB zurecht für unzulässig gehalten: BGH (Fn 823), NJW-RR 2012, 690 (691) (jede Änderung wieder nach § 305 Abs. 2 BGB einzubeziehen); Erman/Roloff, § 305 Rn 43; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 165. Für berufliche Kunden anders: Palandt/Grüneberg § 305 Rn 50. 859 Vorher kein Entfall des Widerspruchsrechts durch sonstige Verfügungen über das Konto u.ä.: aA, aber durch den EU-rechtlichen Hintergrund des Zahlungsdiensterechts m.E. überholt und nicht mehr haltbar (weil Reaktionsfrist zwingend zu erhalten): BankR-Hdb/Bunte § 6 Rn 11; wie hier schon für das alte Recht sowie weiterhin Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11. 860 BankR-Hdb/Bunte § 6 Rn 11; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack § 305 Rn 165; Palandt/Grüneberg § 305 Rn 47; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga BankR I Rn 61. Für das für den Kunden weniger günstige Regime einer sechswöchigen Reaktionszeit, das den Vorgaben in § 308 Nr. 5 BGB folgte, war das höchstrichterlich ebenfalls bereits entschieden: BGH Urt. v. 17.3.1999 – IV ZR 218/97, WM 1999, 1367; bestätigt nochmals in BGH (Fn 466), WM 2014, 456 = NJW 2014, 1441 (m.w.Nachw. zur st. Rspr.); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11. 861 Daher zu Recht für Wirksamkeit: BGH (Fn 466), WM 2014, 456 = NJW 2014, 1441 (m.w.Nachw. zur st. Rspr.); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/16; eher zweifelnd Bunte/Zahrte/ Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 33; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.95; jedenfalls nicht nur E-mail mit Bekanntgabe eines Links zu den geänderten AGB oder gar nur mit Verweis auf die Homepage generell: Becher/ Gößmann BKR 2002, 519 (520); Casper a.a.O. 862 Dass eine Kündigung, die gänzlich grundlos zulässig ist, rechtsmissbräuchlich sein soll, wenn es für sie einen zumindest plausiblen Grund gibt, namentlich dass auf eine Erschwerung der massenweisen Abwicklung reagiert wird (Standardisierung durch AGB entfällt bzw. es muss nach verschiedenen AGB-Regelwerken agiert werden), erscheint unplausibel: wie hier OLG Köln Beschl. v. 28.8.1995 – 16 W 45/95, NJW 1996, 1065; Erman/Roloff § 305 Rn 43; aA Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11; MünchKommBGB/Basedow § 305 Rn 93.

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beschränkt, gilt aber, da Kontokorrentabreden in diesen Anwendungsbereich fallen, im Regelfall (vgl. näher, auch mit Kritik, unten Dritter Teil Rn 183 f.). 2. Bankgeheimnis und Durchbrechungen (Nr. 2) a) Bankgeheimnis (Abs. 1) – Verweis. Die AGB-Banken regeln das Bankgeheimnis nicht 293 konstitutiv, sondern informieren nur – deklaratorisch – über seine Eckpunkte:863 dass eine Pflicht des Instituts zur Wahrung des Bankgeheimnisses kraft objektiven Rechts besteht (oben Zweiter Teil Rn 69–80), implizit auch, dass es insoweit nur auf den Geheimhaltungswillen des Kunden ankommt, nicht auf eine Abwägung mit dem Interesse anderer Beteiligter, dass insbesondere der Kundenwillen über den Umfang der geheimhaltungspflichtigen Umstände entscheidet (oben Zweiter Teil Rn 75 f.), und dass auch die Art und Weise der Kenntniserlangung seitens des Kreditinstituts unerheblich ist, um ein Bankgeheimnis zu bejahen (auch zufällige Kenntniserlangung erfasst, näher oben Zweiter Teil Rn 76). Umgekehrt unterrichtet Abs. 1 S. 2 auch über die möglichen Durchbrechungen und nennt hier zunächst die Zustimmung seitens des Kunden (oben Zweiter Teil Rn 79, 87–101) und die gesetzliche Durchbrechung des Bankgeheimnisses (oben Zweiter Teil Rn 105–121). Während diese Durchbrechungen nicht näher spezifiziert werden, ist dies bei der Bankauskunft als einer Hauptform durchaus der Fall (Abs. 1 S. 2 [3. Alt.] und Abs. 2–4; dazu nächste Rn). Da Abs. 1 nur die kraft objektiven Rechts bestehende Rechtslage in den Hauptumrissen referiert, ist er auch kontrollfrei wirksam (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB), insbesondere gibt er die Rechtslage auch hinreichend transparent wieder (§ 307 Abs. 3 S. 2 BGB).864 Einzig könnte in Erwägung gezogen werden, dass bei Zweifelsfragen – etwa wenn angenommen wird, dass das Kreditinstitut dem Bankgeheimnis auch unterliegt für Tatsachen, die ihm gänzlich außerhalb der Geschäftsbeziehung über den Kunden zugetragen werden –865 schon der Grundsatz einer Auslegung contra proferentem (§ 305c Abs. 2 BGB) für die weitere Auslegung spricht (die freilich im genannten Fall schon unabhängig von solch einem Auslegungsgrundsatz als die zutreffende anzusehen ist). b) Durchbrechungen, namentlich Bankauskunft (Abs. 1 S. 2 und Abs. 2–4, mit Ver- 294 weis). Der gesamte Bereich der Durchbrechungen des Bankgeheimnisses – mit Ausnahme der Bankauskunft – ist in den beiden Hauptrechtfertigungsgründen nur benannt, nicht jedoch näher spezifiziert: Genannt werden die Zustimmung seitens des Kunden (oben Zweiter Teil Rn 79, 87–101) und die gesetzliche Durchbrechung des Bankgeheimnisses (oben Zweiter Teil Rn 79, 105–121). Gemeint ist damit offensichtlich der ganze Kreis an Durchbrechungen, die sich aus objektivem Recht (auch ohne Zustimmung) ergeben. Freilich ist mit der Dualität der Ausnahmen nicht gänzlich klar gemacht, dass ein großer Bereich an Durchbrechungen nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist, sondern aus einer Abwägung der Interessen verschiedener Beteiligter – des Kunden und Dritter – hergeleitet wird, wenn auch selbstverständlich unter Zugrundelegung gesetzlicher Wertungen (vgl. oben Zweiter Bereich Rn 115–121). Daher besteht eine gewisse Möglichkeit („Restgefahr“), dass Abs. 1 S. 1 dahingehend verstanden wird, dass Kreditinstitute privatautonom versprechen, das Bankgeheimnis breit zu beachten, zugleich jedoch der Grundsatz einer Auslegung „contra proferentem“ dahingehend verstanden wird, dass nicht alle Durchbrechungen des Bankgeheimnisses im objektiven Recht auch in Abs. 1 S. 2 hinreichend angesprochen und damit auch vereinbart sind. Hier zeigt sich, dass eine grds. begrü-

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863 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 40; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 16. 864 Ebenso Nachw vorige Fn (implizit). 865 So etwa Schumann ZIP 2004, 2353 (2361); nach hM muss die Bank Kenntnis „im Rahmen der Geschäftsverbindung erlangt“ haben: BGH (Fn 63), BGHZ 166, 84 (91–96) = WM 2006, 380 (384 f.); Kümpel/Wittig/ Merz Rn 6.118; BankR-Hdb/Bunte § 7 Rn 7; näher oben Zweiter Teil Rn 76.

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ßenswerte Politik, in den AGB auch über Kerngehalte des objektiven Rechts aufzuklären, also deklaratorische Gehalte aus Informationsgründen aufzunehmen, auch gewisse Risiken bergen kann, weswegen m.E. hier § 305c Abs. 2 BGB eher restriktiv zur Anwendung kommen sollte. Die AGB-Sparkassen regeln denn das Bankgeheimnis auch gar nicht, sondern verweisen allein auf die gesetzliche Regel (so Nr. 1 Abs. 1) und gestalten dann nur die Bankauskunft in Nr. 3 aus, dies in Parallelität zu den AGB-Banken: 295 Die Bankauskunft ist in den AGB-Banken (Nr. 2) und AGB-Sparkassen (Nr. 3) gesondert und umfangreicher ausgestaltet (und der Regelungsgehalt ist im Gegensatz zum bisher Gesagten jedenfalls teilweise auch konstitutiv): Mit der Umschreibung der Eigenschaften der Bankauskunft und insbesondere mit dem Hinweis, dass sie allgemein gehalten ist (näher oben Zweiter Rn 89–91), wird einerseits zugesagt, dass bei Zustimmung des Kunden zur Bankauskunft auf dieser Grundlage keine Einzelangaben gemacht werden dürfen (näher oben Zweiter Teil Rn 90), andererseits jedoch nicht auch, dass nicht andere Formen der Auskunft seitens des Kreditinstituts existieren, die auch solche konkreten Einzelaussagen umfassen und erlauben, etwa die konkrete Scheck- oder Kreditkartenauskunft („Kunde für Deckung gut“) oder eine SchufaAuskunft (Konkurrenz der Auskunftsinstrumente).866 Diese folgen dann jedoch ihren eigenen Zulässigkeitsvoraussetzungen (namentlich Zustimmung und gesetzliche Ermächtigung), die Nr. 2 AGB-Banken und Nr. 3 AGB-Sparkassen nicht regeln. Konstitutiv – für das Institut verpflichtend, den Kunden berechtigend – sind auch die weiteren Grenzen, die formuliert werden: Das ist zum einen, dass die Bankauskunft nicht einem offenen Personenkreis, sondern nur anderen Kunden desselben Instituts oder aber anderen Instituten (vor allem wiederum für deren Kunden) gegeben werden dürfen (Abs. 4; zu dieser Begrenzung, die insbesondere einer Kommerzialisierung vorbeugen soll und entsprechend auszulegen ist, näher oben Zweiter Teil Rn 92–95, auch zur haftungsbeschränkenden Wirkung). Zum anderen wird aber auch die Zustimmung des Kunden zur Bankauskunft als begrenzt angesehen (Abs. 3): Die Zustimmung seitens Juristischer Personen, von Kaufleuten, die ins Handelsregister eingetragen sind, und nach h.M. auch vergleichbar beruflich Tätiger867 wird durch Einbeziehung der AGB (d.h. auch Zustimmung zu ihnen) erteilt,868 ist jedoch explizit als widerruflich ausgestaltet, während diejenige anderer Personen explizit erteilt werden muss, was allerdings auch allgemein („auf Widerruf“) erfolgen kann. Ausgeschlossen ist damit eine Herleitung der Zustimmung aus Umständen wie etwa Schweigen in auslegungsfähigen Situationen oder auch in Formularen versteckten Erklärungen. In Anlehnung an § 28 BDSG a.F., vergleichbar Art. 6 Abs. 1 lit. a und Art. 7 Abs. 4 EU-DGSV (oben Zweiter Teil Rn 85; jedoch anders, als grds. für das Bankgeheimnis üblich, vgl. näher oben Zweiter Teil Rn 75 f.) ist die Zustimmung jeweils nochmals doppelt eingeschränkt: Einerseits muss neben die Zustimmung ein berechtigtes Interesse des Empfängers treten und zumindest glaubhaft gemacht werden, andererseits müssen auch noch gegenstehende schutzwürdige Interessen des Kunden ausgeschlossen werden – wobei im Konfliktfall beide Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Diese doppelte Einschränkung ist zumindest rechtsgeschäftlich mit den AGB zugesagt, was auch damit erklärt werden kann, dass die Bank-

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866 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 24; im Verhältnis zur Schufa-Auskunft BankR-Hdb/Bunte, § 7 Rn 15; Kümpel/Wittig/Merz, Rn 6.130. 867 Insbesondere die unternehmerisch tätige GBR, die Partnerschaft und die EWIV: Bunte/Zahrte/Bunte AGBBanken und SB, AGB-Banken Rn 60; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 25; aA Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 11. 868 In diesem Punkt sind die AGB-Banken also konstitutiv (nicht etwa schon Handelsbrauch), hingegen nicht gegenüber nicht beruflich Tätigen, für die sie nur die Lage nach objektivem Recht wiedergeben. Zum ersten ebenso etwa Canaris Bankvertragsrecht Rn 56; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 25; Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 11; aA BuB/Weber/Hoffmann Rn 1/65; unklar Bunte/Zahrte/Bunte AGBBanken und SB, AGB-Banken Rn 59. Unstreitig sind die AGB auch in ihrer konstitutiven Wirkung wirksam, weil sie in ihrer konkreten Ausgestaltung eher das Geschäft der Kunden fördern, vgl. oben Zweiter Teil Rn 89 f., 93 f.

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auskunft so offen formuliert ist und so sehr auf Wertungen basiert. Diesen Gehalt hat auch Nr. 3 AGB-Sparkassen, mit der einzigen Ausnahme, dass eine schriftliche Bestätigung der mündlich gegebenen Auskunft vorbehalten wird. Von einer Haftung für Auskünfte, die mündlich gegeben wurden, aber unzutreffend sind, befreit das freilich ohnehin nicht rückwirkend.869 3. Haftungsfragen (Nr. 3) a) Gesetzliche Fahrlässigkeitshaftung (Abs. 1 und 3). Vor 1993 enthielten die AGB- 296 Banken Haftungsfreizeichnungen. Seitdem jedoch geben Nr. 3 Abs. 1 und 3 AGB-Banken (und parallel Nr. 19 AGB-Sparkassen) nur das objektive Recht wieder, wirken also rein deklaratorisch und sind solchermaßen kontrollfrei wirksam,870 zumal sie die Rechtslage auch transparent und in der gebotenen Kürze wiedergeben. Im vorliegenden Kommentar ist das demnach allein maßgebliche objektive Recht auch in Haftungsfragen eigenständig behandelt, worauf zu verweisen ist (vor allem oben Zweiter Teil, 2. Abschnitt). b) Haftung für weitergeleitete Aufträge (Abs. 2). Ungleich umstrittener sind Wirksamkeit 297 und Gehalt von Abs. 2 zum Haftungsregime bei weitergeleiteten Aufträgen (in Nr. 19 Abs. 2 AGBSparkassen etwas abweichend, zu den Abweichungen sogleich). Die Wertung reicht von kontrollfrei wirksam bis (wohl) umfassend nichtig.871 Sinnvollerweise sind drei Fragen voneinander zu trennen, dies trotz ihrer Wechselbezüglichkeit: die Frage nach der Auslegung der Klausel, diejenige nach bestehenden Modellen im objektiven Recht, und diejenige nach der Inhaltskontrolle. Abs. 2 Satz 1 und 2 sind nicht gänzlich klar formuliert in der Frage, ob sie über eine beste- 298 hende (oder angenommene) Rechtslage aufklären wollen (deklaratorisch) oder aber eigenen Regelungsgehalt beanspruchen (konstitutive Wirkung). Dabei unterscheiden sie sich dadurch, dass Satz 1 einen Grundsatz beschreibt/aufstellt, während Satz 2 zwei Beispiele benennt. Früher war hier ein (drittes) Beispiel zu finden, das heute gesetzlich eindeutig geregelt ist, die Erteilung eines Auftrages in der Überweisungs- und Zahlungskette. Satz 1 stellt fest bzw. legt fest, dass es Fälle gibt, in denen die Bank nur bei der Suche nach dem geeigneten Dienstleister hilft und helfen soll/muss, während Satz 2 (heute) zwei Beispielsfälle hierfür benennt. Trotz seines Wortlauts, nach dem eine Rechtsfolge angeordnet wird, kann selbst Satz 3 dahingehend verstanden werden, dass er nur eine Rechtsfolge benennt, die sich schon aus objektivem Recht ergibt, dass er – wenn und soweit ein solcher Grundsatz besteht – auch wiederum nur deklaratorisch wirkt. So wird Satz 3 im Folgenden in der Tat verstanden: Wenn in der Tat Substitution nach Satz 1 und vor allem nach Satz 2 wirksam vereinbart ist (entweder weil nur objektives Recht wiederholt wird oder weil eine wirksame Abrede vorliegt), so bezeichnet Satz 3 auch nur die nach objektivem Recht bestehende Rechtsfolge.872

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869 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 21; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 31; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 12. Ggf. aber Mitverschulden, wenn Dispositionen sofort getroffen, obwohl Zuwarten noch möglich gewesen wäre. 870 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 32, 41 (Ausnahme: Verweis auf Nr. 11 AGB-Banken, der freilich m.E. auch kontrollfrei wirksam ist, soweit dort wieder nur gesetzliche Pflichten resümmiert werden). 871 Objektivem Recht entsprechend bzw. durch § 664 Abs. 1 S. 2 BGB gedeckt nach Kümpel WM 1995, 1893 (1895 ff.) (hingegen Zweifel, ob AGB-mäßige Vereinbarung, soweit notwendig, dh. konstitutiv, wirksam wäre); wohl auch Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 36 („allein klarstellende Funktion“, aber dann eher differenzierend, Rn 37 f.); demgegenüber für Unwirksamkeit: LG Köln Urt. v. 1.12.2000 – 26 O 79/98, WM 2000, 720 (721); Einsele AcP 199 (1999), 145 (180 f., 188); ebenfalls für Unwirksamkeit, weil Banken die „cheapest insurers“ seien: Bitter ZBB 2007, 237 (250ff.); sowie jedenfalls, wenn keine ausdrückliche Gestattung erteilt (die in AGB problematisch sei): Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/35f.; vgl. auch die (in ihrer Interpretation umstrittene) Entscheidung in BGH Urt. v. 19.3.1991 – XI ZR 102/90, WM 1991, 797. 872 Ähnlich Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 90; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.187; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/41f.

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Für die Ausgangsfrage, ob die Sätze, namentlich Satz 1 und 2, nur deklaratorisch oder aber konstitutiv wirken (sollen), ist bereits erstmals der Hinweis auf die gesetzlich geregelten Fälle wichtig (zugleich dann für die Kontrollfähigkeit, § 307 Abs. 3 BGB, aber später auch als Leitbild für eine möglicherweise nötige Inhaltskontrolle). § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB regelt für den Auftrag, dass eine Übertragung (durch „Gestattung“) dergestalt möglich ist, dass nur noch sorgfältige Auswahl, nicht mehr sorgfältige Auftragsausführung geschuldet wird, und daher dann auch nur für den Verstoß gegen die erstgenannte Pflicht gehaftet wird, nicht für Fehler bei der Auftragsausführung (auch nicht nach § 278 BGB). Diese Regel wird als allgemeineres Modell verstanden, namentlich auch als verbindlich für die entgeltliche Auftragsausführung (Geschäftsbesorgung), obwohl § 675 BGB nicht auf § 664 BGB verweist, denn dies geschieht offenbar nur, weil die jeweilige Übertragung im Bereich geschäftlich-entgeltlicher Ausführung (anders als in der Vertrauensbeziehung unentgeltlicher Auftrag) nicht generell für unzulässig erklärt werden soll.873 Das erste gesetzliche Modell geht also dahin, dass bei Gestattung auch bloße Auswahl vereinbart werden kann. „Gestattung“ ist also nichts anders als die Wahl zwischen zwei Modellen, nach deren einem der Vertragspartner zur Durchführung des Auftrages selbst verpflichtet wird (wenn auch nicht in eigener Person, aber durchaus als Verantwortlicher, jedenfalls nach § 278 BGB) und nach deren anderem nur die Hilfe bei der Auswahl des richtigen Dienstleisters vereinbart wird. Die Frage würde dann nur dahin gehen, wie die Gestattung zu erfolgen hat, insbesondere, ob sie auch in AGB zulässig ist. Zurecht geht die ganz hM jedoch jedenfalls davon aus, dass die Gestattung nicht explizit erfolgen muss, sondern dass von einer wirksamen Gestattung einer bloßen Auswahlhilfe auch dann auszugehen ist, wenn das Geschäft solche Charakteristika aufweist, dass im Markt erkennbar allgemein die Auffassung besteht, dass das „erstbeauftragte“ Institut nicht selbst oder auch durch eingeschaltete Institute erfüllen will, sondern nur bei der Auffindung eines geeigneten Dienstleisters helfen soll.874 Auf die Frage danach, welche Charakteristika dies sind, ist zurückzukommen, nachdem das zweite gesetzliche Leitbild in den Blick genommen wurde: Für die Fahrlässigkeitshaftung – und allein um diese geht es in Nr. 3 AGB-Banken – sieht § 675z Satz 3 BGB vor, dass eine Haftung der erstbeauftragten Bank nach § 278 BGB ausscheidet, wenn das weitere Institut, das den Fehler begeht, vom Kunden vorgegeben wurde. Dies ist deswegen wichtig, weil das Zahlungsdiensterecht den Bereich bildet, in dem in jüngerer Zeit am radikalsten und eindeutigsten von einer Haftung allein für Auswahlverschulden zu einer allgemeinen Haftung für eingeschaltete weitere Institute nach § 278 BGB übergegangen wurde (dazu und auch zum [anders gestalteten] Regime im Bereich Garantiehaftung nach § 675y BGB ausführlich unten Dritter Teil Rn 486–515). Und dies geschah – unter Aufgabe der bis dahin hM zum deutschen Recht – auf Grund Europäischer Vorgabe, so dass das Argument naheliegt, dass jedenfalls in dem Umfang, in dem § 675z Satz 3 BGB für das erstbeauftragte Institut keine Gehilfenhaftung vorsieht, dies (a maiore) auch als gesetzliches Leitbild des autonom gesetzten deutschen Rechts zu sehen ist. Unterstützend ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob das Institut überhaupt eine „Auswahlmöglichkeit“ hat, auch bei der (generellen) Entscheidung dahingehend den Ausschlag gegeben hat, dass das erstbeauftragte Institut jedenfalls für Fehler beim Empfängerinstitut, das ja allein Zahler und Zahlungsempfänger bestimmten, nicht mehr haftet (vgl. §§ 675y und 675z BGB). Insgesamt geht es bei den weiterleiteten Aufträgen in der Grundfrage darum, wie mit dem Grunddilemma von § 278 BGB umzugehen ist:

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873 Dass ein Verweis unterblieb, ist also § 664 Abs. 1 S. 1 sowie Abs. 2 BGB geschuldet, gerade nicht § 664 Abs. 1 S. 2 BGB. Zu diesem Verständnis (und für § 664 Abs. 1 S. 2 BGB sogar als allgemeines Modell): BGH Urt. v. 14.11.1951 – II ZR 55/51, NJW 1952, 257; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Fischer § 664 Rn 8; Koller Das Haftungsprivileg des Geschäftsbesorgers gem §§ 664 Abs 1 Satz 2, 675 BGB, ZIP 1985, 1243; aA Metzler Zur Substitution, insbesondere zu ihrer Abgrenzung von der Erfüllungsgehilfenschaft, AcP 159 (1960/61), 143 (154 f.). 874 BGH Urt. v. 14.11.1957 – II ZR 268/56 – VersR 1958, 40 = WM 1958, 133; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Fischer § 664 Rn 7; MünchKommBGB/Schäfer § 664 Rn 9.

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Von der Arbeitsteilung profitieren beide Vertragsseiten, das Risiko der Arbeitsteilung muss jedoch mehr oder weniger einer Vertragsseite auferlegt werden oder der anderen. Hier sprechen in der Tat gute Gründe dafür, dass dieses Risiko dem Kunden nur in eng umrissenen Einzelfällen auferlegt werden soll (und sonst, d.h. im Regelfall, beim Anbieter liegen soll).875 Dabei lassen sich die genannten gesetzlichen Leitbilder allerdings dahingehend zusammenfassen, dass jedenfalls zwei solche Einzelfälle zu finden sind: Eine Begrenzung der Haftung der Bank auf Auswahlverschulden entspricht dem objektiven Recht jedenfalls, wenn (1) beiden Seiten klar ist, dass diese Bank nicht selbst die gesamte Dienstleistung erbringen kann und der Kunde den zweiten notwendigen Dienstleister auswählte/vorgab, oder wenn (2) wenn beide Seiten wegen des benannten Dilemmas (wirksam) vereinbaren, dass die erstbeauftragte Bank nur bei der Auffindung eines geeigneten Dienstleisters helfen soll. Gibt es nun Fälle, in denen tatsächlich auf Grund des Verständnisses im Markt ein „Auftrag“ 300 auch kraft objektivem Recht nur dahingehend zu verstehen sein soll, dass eine Hilfe bei der Suche nach dem geeigneten Dienstleister geschuldet sein soll, so reduziert sich die Frage nach Auslegung und auch Wirksamkeit von Abs. 2 Satz 1 zunächst darauf, ob die Klausel diesen Zustand transparent genug benennt (§ 307 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Die Klausel geht hinreichend klar davon aus, dass solche Einzelfälle nur möglich, nicht allgemein anzunehmen sind, wann immer eine weitere Bank eingeschaltet wurde. Das entspricht dem objektiven Recht. Dass sie die maßgeblichen Abgrenzungskriterien nicht benennt, ändert zum einen nichts daran, dass hinreichend klar wird, dass beide Möglichkeiten bestehen, und ist zum anderen auch den Verwendern nicht zur Last zu legen, sind doch diese Kriterien im objektiven Recht selbst (Rspr. und hM) keineswegs geklärt. Daher könnte allein – zu Lasten des Verwenders – angeführt werden, dass es jedenfalls nicht darauf ankommt, ob „typischerweise“ eine andere Bank die maßgebliche Dienstleistung erbringt, sondern darauf, ob der Verkehr diesen Umstand so versteht, dass die erstbeauftragte Bank deswegen nur Auswahl schulden soll. Solch eine Argumentation wäre m.E. jedoch allzu beckmesserisch, sie berücksichtigt insbesondere nicht hinreichend, dass eine exakte Abbildung der objektiven Rechtslage kaum für Kunden verständlich gestaltet werden könnte. Daher ist m.E. Satz 1 nicht nur als Verweis auf das objektive Recht zu sehen, sondern auch hinreichend transparent und wirksam.876 Angesichts der Offenheit des Grundsatzes und der Notwendigkeit nach Nr. 3 Abs. 2 AGB- 301 Banken, die Abgrenzungskriterien auf den Einzelfall anzuwenden, entfaltet Satz 1 ohnehin noch keine Wirkung, wenn das Substitutionsrecht nicht auch im Einzelfall wirksam verabredet oder aus den Umständen herzuleiten ist.877 Letztlich kommt es also auf die Wirksamkeit der maßgeblichen Einzelklausel an, die idR in den Sonderbedingungen zu finden ist. Satz 2 benennt dafür zwei Fälle (und enthält sich zurecht heute eines Verweises auf das Regime des Zahlungsverkehrsrechts, wo zwingendes Recht die Frage regelt und daher auch gar keine AGBKontrolle mehr nötig wäre). Für den ersten Fall – die Bankauskunft, die schon in den allgemeinen Banken-AGB geregelt ist – ist die Anordnung in den AGB (mit Abrede) wirksam.878 M.E. kommt es insoweit nicht auf eine Gestattung an, maßgeblich ist vielmehr bereits die Wertung im objektiven Recht: Wird eine andere Bank zur Erteilung einer Bankauskunft eingeschaltet, so entscheidet der Kunde, indem er die Person benennt, über die er eine Bankauskunft begehrt, auch über die Auskunft gebende Bank, und nicht etwa seine eigene Bank, die den Auftrag (nur) weitergibt. Die 1. Alt. gibt also nur (deklaratorisch) das objektive Recht wieder, denn die Fall-

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875 Vgl. zu Dilemma und dem zuletzt genannten Grundsatz näher nur MünchKommBGB/Grundmann § 278 Rn 1–5. 876 Wohl (ganz) hM, obwohl die Stellungnahmen seltsam „unentschieden“ und teils geradezu zirkulär wirken. Vgl. Nachw. oben Fn 871, 873. 877 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 37. 878 Wohl Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 38.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

konstellation entspricht dem oben zuerst genannten Sonderfall (Modell des § 675z Satz 3 BGB). Der zweite Fall – die Wertpapierverwahrung im Ausland – zählt zur (schwierigeren) Fallgruppe, in der beiden Seiten klar ist bzw. hinreichend aufgedeckt wird, dass die eigentliche Dienstleistung nicht von der erstbeauftragten Bank erbracht wird, der Kunde jedoch nicht vorgibt, welcher Dienstleister einzuschalten ist. Nach Nr. 19 Abs. 2 Satz 1 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte haftet das erstbeauftragte Institut für Verschulden des verwahrenden Instituts im Ausland nicht (direkte Auslandsverwahrung), sondern nur für die Auswahl. Der wichtigste Fall einer Auslandsverwahrung ist der, dass der Verwahrungsort durch den ausländischen Sitz/Registrierungsort des Emittenten des Wertpapiers rechtlich oder wirtschaftlich vorgegeben wird.879 Anders ist die Haftung nur geregelt, wenn zuerst ein inländischer Sammelverwahrer gewählt wird und dieser dann eine Auslandsverwahrung wählt (indirekte Auslandsverwahrung, vgl. § 5 Abs. 4 DepotG und Nr. 19 Abs. 2 Satz 2 der Sonderbedingungen).880 Für die Wirksamkeit der Substitution im (erstgenannten) Falle der direkten Auslandsverwahrung spricht m.E. zweierlei: Während bei Zahlungsdiensten der Erfolg „in der Kette“ herbeigeführt wird, was auch die Fehlerentdeckung für den Kunden häufig unmöglich macht, ist bei der Auslandsverwahrung nicht nur klar, dass die Verwahrung (schon rein räumlich) nicht vom erstbeauftragten Institut vorgenommen wird, sondern dass allein ein anderes Institut dauerhaft tätig wird. Hinzu kommt jedoch (noch wichtiger), dass das Arbeitsteilungsrisiko zwar im Regelfall dem Anbieter auferlegt werden sollte, nicht jedoch wenn der Kunde die Auswahl zwischen zwei alternativen Regimen hat, von denen eines eine Haftung auch für Erfüllungsgehilfen verbürgt. Wird also der Kunde auf das Risiko der direkten Auslandsverwahrung und auf die Alternative einer indirekten Auslandsverwahrung über einen inländischen Sammelverwahrer hinreichend hingewiesen, ist die Anordnung in Nr. 19 Abs. 2 S. 1 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte m.E. wirksam.881 Umgekehrt geht freilich Nr. 19 Abs. 2 AGB-Sparkassen insoweit weiter, als er den Instituten ein Recht einräumt, für unbenannte Einzelfälle bloße Substitution zu wählen, dies nach Abwägung der Interessen des Kunden mit denen des Instituts. Zwar wird nach dem Gesagten auch die Frage, ob eine Gestattung im Rahmen von § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB anzunehmen ist, unter Abwägung dieser Interessen beantwortet, nach diesem Modell bleibt aber das Letztbestimmungsrecht beim Kunden. Solchermaßen bedeutet die Klausel, soweit sie das Letztbestimmungsrecht den Sparkassen einräumt und soweit sich dessen Ausübung nicht ohnehin darin erschöpft, schlicht die Abwägung nach objektivem Recht zu benennen, eine nicht unerhebliche Abweichung vom gesetzlichen Modell: Es wird dann nämlich in den Fällen einer Abweichung vom objektiven Recht, also soweit es auf die Klausel überhaupt ankommt, die Haftung für Gehilfenverschulden ausgeschlossen.882 4. Ausübung einzelner Kundenrechte (Nr. 4, 5). 302

a) Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis (Nr. 4). Nr. 4 AGB-Banken schränkt das Aufrechnungsrecht des Kunden ein: Die Forderung, mit der er aufrechnet, muss unbestritten sein (bei rechtskräftiger Feststellung ist dies schon rechtlich nicht zu bezweifeln). Dies wurde zunächst dahingehend (einschränkend) verstanden, dass die Bank rechtsmissbräuchlich handele, wenn sie die Forderung grundlos oder gar entgegen der eigenen Überzeugung bestreitet.883 Dabei handelte es sich freilich um eine Grenze des zwingenden Rechts (§ 242 BGB), nicht um eine AGB-Kontrolle.

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879 Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.183. 880 Für die Abgrenzung beider Regime voneinander ausführlich unten Achter Teil Rn 331 ff., 346 ff. 881 Ebenso i.Erg. Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 38; Kümpel WM 1996, 1893 (1901); Kümpel/Wittig/ Peterek Rn 6.183; aA Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/36. 882 Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Konstellationen: BGH (Fn 371), NJW 2004, 1588; BGH (Fn 371), BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051; BGH Urt. v. 13.4.2010 – XI ZR 197/09, NJW 2010, 1742. 883 BGH Urt. v. 17.2.1986 – II ZR 285/84, WM 1986, 477; OLG Hamm Beschl. v. 18.10.1982 – 2 XW 29/82, NJW 1983, 523.

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Mit dieser Einschränkung wurde die AGB überwiegend als wirksam verstanden.884 Der BGH gab diese Linie diesbezüglich jedoch (etwas überraschend) jüngst im Verhältnis zu Verbraucherkunden auf und sieht nun in der Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis eine unangemessene Abweichung von gesetzlichen Grundwertungen, namentlich eine Erschwerung der Ausübung des Verbraucherwiderrufsrechts in § 355 BGB (i.V.m. etwa mit §§ 312b ff. BGB), die ihn, weil eine Restitution etwa nach Abs. 3 S. 1 behindert ist, von dessen Ausübung abhalten kann.885 Während im Sparkassensektor – etwa Sparkasse Frankfurt/M. – aus diesem Grund Nr. 11 AGB-Sparkassen ersatzlos gestrichen wurde,886 differenziert Nr. 4 AGB-Banken in der angepassten Fassung: Soweit es sich um kein Verbraucher-, auch kein Verbraucherkreditverhältnis handelt, aus dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung stammt, bleibt es bei der alten Regel – naheliegend weil die Rechtsprechungsbegründung auf die Abweichung von einem Widerrufsrecht abstellt, welches allein Verbrauchern gesetzlich eingeräumt ist.887 So überzeugend dies im Ausgangspunkt erscheint, bleiben doch Zweifel. Denn zum einen steht schon die eingangs genannte einschränkende Auslegung im Widerspruch zum sonst allgemein herangezogenen Grundsatz, jegliche geltungserhaltende Reduktion sei ausgeschlossen, und zum anderen erscheint auch das Gewicht des Behinderungspotentials nicht evident, das von Kunden ausgeht, die unberechtigt aufrechnen (relevant ohnehin nur außerhalb des Kontokorrentverhältnisses!). b) Beweis des Erbrechts (Nr. 5). Die Ausgestaltung der Verfügungsrechte des Rechts- 303 nachfolgers (Erben), die Nr. 5 bei Tod des Kunden vorsieht, wurde ausführlich im Zusammenhang mit den Fragen zum Konto im Erbfall erörtert:888 namentlich dass Satz 1 nur die gesetzliche Beweislastverteilung (zu Lasten des Erben) wiedergibt, soweit es (wie namentlich beim Nachweis der Rechtsnachfolge) um die anspruchsbegründenden Tatsachen geht; dass Satz 2 den Kunden nur begünstigt und deswegen ebenfalls unzweifelhaft wirksam ist (eine Begünstigung, die nach der BGH-Rechtsprechung sogar geboten ist);889 und dass, wenn solch eine Begünsti-

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884 Für Wirksamkeit BGH Urt. v. 18.6.2002 – XI ZR 160/01, NJW 2002, 2779 (2779); Urt. v. 17.2.1986 – II ZR 285/84, NJW 1986, 1757; und Nachw. BGH Urt. v. 20.3.2018 (nächste Fn) Rn. 15; Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 4 Rn 1 (aber Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB bleibt unberührt); BuB/Sonnenhol/Merz Rn 1/123; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 43; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/44. Zu Grenzen im Insolvenzverfahren vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 17. 885 BGH Urt. v. 20.3.2018 – XI ZR 309/16, NJW 2018, 2042 (2043) (Beschränkung auf unbestrittene Forderungen unwirksam); zuvor schon genauso, aber ohne ausführliche Begründung in BGH Urt. v. 25.4.2017 – XI ZR 108/16, NJW 2017, 2102 (Tz. 21) (bei Widerruf und Erstattungsklage Zug um Zug von Aufrechnung Rückzahlungsanspruch gegen Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus Zins- und Tilgungsleistungen und Wirksamkeit ausgegangen). Vgl. hierzu auch Schmidt-Burgk, BB 2018, 1799. Die Argumentation nimmt diejenige in einer für das Verbraucherrecht zentralen EuGH-Entscheidung auf, in der dieses Gericht vergleichbar argumentierte, um die deutsche Bestimmung, dass bei Rücktritt/Widerruf Nutzungsersatz zu leisten sei, für richtlinienwidrig zu erklären (Beeinträchtigung der Effizienz des Widerrufsrechts): EuGH Urt. v. 17.4.2008 – Rs. C-404/06 Quelle (Herdset), Slg. 2008, I-2685 = NJW 2008, 1433 = ECLI:EU:C:2008:231. 886 Für wirksam gehalten wurde zuvor auch die zusätzliche Verrechnungsbestimmung, die die (ansonsten inhaltsgleiche und nur hierin über Nr. 4 AGB-Banken hinausgehende) Nr. 11 der AGB-Sparkassen in ihrem Abs. 2 vorsah und die in der Tat nur sehr moderat von den Tilgungsbestimmungen in §§ 366 f. BGB abwich (namentlich weil der Kunde auch im Einzelfall jeweils anders bestimmen konnte, also das vorrangige Kriterium dem gesetzlich Vorgesehenen entsprach). Für Wirksamkeit nach a.F. Bunte AGB-Banken und SB, 4. Aufl. 2015, AGB-Sparkassen Rn 43; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 43; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 18. Zur neuen Rechtslage vgl. Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 43. 887 Für Wirksamkeit dieser neuen, differenzierenden AGB etwa Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Kropf, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Nr. 4 AGB, Rn 3.322. 888 Näher Zweiter Teil Rn 218. 889 Der BGH (Fn 638), BGHZ 198, 250 = WM 2013, 2166 erklärte namentlich die Version der AGB-Sparkassen für unwirksam, die diese Begünstigung nicht vorsahen, sondern auf Vorlage von Erbschein bzw. Testamentsvollstreckerzeugnis bestanden; im Grundsatz schon OLG Hamm Urt. v. 1.10.2012 – I-31 U 55/12, WM 2013, 221.

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gung eingeräumt wird (und werden muss), es nicht als unangemessen und missbräuchlich angesehen werden kann, das Risiko aus diesen Beweiserleichterungen dann wiederum dem Kunden, namentlich dem rechtmäßigen Rechtsnachfolger aufzuerlegen, wenn der Bank keine Fahrlässigkeit bei der Ermittlung der Rechtsnachfolge und (vermeintlichen) Berechtigung zur Last gelegt werden kann (Satz 3).890 Die ABG-Sparkassen (Nr. 5) erstrecken dieses Regime überzeugend auf ausländische 304 gleichwertige Formen des Erbnachweises (Abs. 3).891 Zusätzlich regeln sie in Nr. 4 Fragen der Risikotragung bei Entfallen der Vertretungsmacht (Abs. 1)892 und bei Entfallen der Geschäftsfähigkeit des Vertreters (Abs. 2): Dass der Kunde das Risiko dafür tragen soll, dass nachträglich die Geschäftsfähigkeit entfällt, wurde für die Person des Kunden selbst bereits als eine allzu starke Abweichung vom gesetzlichen Leitbild eingestuft893 – durchaus überzeugend, weil sich der Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen im deutschen Recht breit gegenüber Verkehrsschutzinteressen durchsetzt. Wenn der Entfall der Geschäftsfähigkeit den Vertreter des Kunden betrifft, wird die Frage, ob der Vertretene oder die Gegenseite zu schützen sein soll, jedoch sichtlich in die Hände der Parteien gelegt (§ 165 BGB). Da auch der (geschäftsfähige) Kunde besser solch einen Entfall der Geschäftsfähigkeit bei seinem Vertreter beobachten und dann einschreiten kann (jedenfalls beim gewillkürten Vertreter) und da er bei Fahrlässigkeit in dieser Frage ggf. sogar aus § 311 Abs. 2 BGB haften würde, erscheint die mögliche Abweichung vom gesetzlichen Leitbild nicht groß genug, als dass von Missbräuchlichkeit auszugehen wäre.894 5. Anwendbares Recht und Gerichtsstand (Nr. 6) 305

a) Anwendbares Recht (Abs. 1). Für alle Kunden sieht Abs. 1 die Wahl deutschen Rechts vor. Da das Institut typischerweise die charakteristische Leistung erbringt, entspricht das der Grundsatzanknüpfung in Art. 4 Rom-I-VO. Abs. 1 klärt die Frage nach dem anwendbaren Recht dann nur bzw. erfasst auch die wenigen Fällen, in denen nach objektivem Recht nicht deutsches Recht zur Anwendung käme. Gegenüber beruflich tätigen Kunden ist zudem die Rechtswahl umfassend zugelassen und daher die Wirksamkeit der Klausel unangezweifelt.895 Gleiches muss freilich gegenüber Verbraucherkunden gelten,896 weil auch hier die Rechtswahl im Grundsatz von Art. 6 Rom-I-VO durchaus zugelassen wird, und weil sich umgekehrt, soweit diese Norm zwingend das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Verbraucherkunden zur Anwendung bringt, diese Anordnung auch durchsetzt (auf Grund zwingenden Rechts, nicht im Wege der Inhaltskontrolle).897 Dann kommt es insoweit zu der in Art. 6 Abs. 2 Rom-I-VO vorgesehenen kumulativen Anwendung von deutschem Recht und dem Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers.

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890 Ebenso: Baumbach/Hopt (8) Nr. 5 Rn 3 (implizit); BankR-HdB/Bunte § 10 Rn 28–30; Gößmann/WagnerWieduwilt/Weber Rn 1/166; Keim WM 2006, 753 (755); Starke NJW 2005, 3184 (3186); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 19; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B24f.; näher ebenfalls Zweiter Teil Rn 218. 891 Dazu etwa Aden NJW 1993, 832 (834); BankR-HdB/Bunte § 10 Rn 31; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 20. 892 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 22. 893 BGH Urt. v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, WM 1991, 1368 = NJW 1991, 2414. 894 Zweifelnd demgegenüber Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 44; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 41 (vor allem auf den wohl nicht wirklich primär gemeinten Fall abstellend, dass der gesetzliche Vertreter eines beschränkt Geschäftsfähigen selbst die [unbeschränkte] Geschäftsfähigkeit verliert). 895 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 47. 896 Jedenfalls i.Erg. ebenso: Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 47. 897 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 47.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

b) Gerichtsstand (Abs. 2, 3). Abs. 2 sieht für Streitigkeiten (allein) mit kaufmännischen 306 Kunden, die sich auf deren Handelsgewerbe beziehen, und für juristische Personen und Sondervermögen des öffentlichen Rechts einen Gerichtsstand am Sitz des Instituts vor, der für Klagen gegen das Institut ein ausschließlicher ist. Die Gerichtsstandswahl als solche hält sich, da der persönliche Anwendungsbereich entsprechend dem Gesagten beschränkt ist, im dafür vorgesehenen Rahmen des § 38 Abs. 1 ZPO und ist daher wirksam.898 Dass dies ausdrücklich auch für Kunden aus vergleichbar kaufmännischem bzw. öffentlichrechtlichem Bereich im Ausland vorgesehen wird, ist ebenfalls vom Leitbild des § 38 Abs. 1 ZPO gedeckt (der zugleich auch die internationale Zuständigkeit im Verhältnis zu Drittstaaten regelt) bzw. von demjenigen des Art. 25 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (sog. Brüssel-Ia-VO).899 Da der zentrale Effekt der Gerichtsstandsvereinbarung bei Klagen gegen das Institut nur eintritt, wenn ein ausschließlicher Gerichtsstand vereinbart wird, ist auch dies als vom gesetzlichen Leitbild von § 38 Abs. 1 ZPO noch umfasst anzusehen und daher wirksam. Dass dies umgekehrt für Klagen gegen den Kunden nicht der Fall, ist unschädlich, weil eine Klage (alternativ) am Gerichtsstand des Kunden diesen im Normalfall stärker entlastet als belastet.900 2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis Grundmann II. Kontoführungs- und Mitwirkungsfragen (Nr. 7–11 AGB-Banken) Kontoführung 4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

7. Rechnungsabschlüsse bei Kontokorrentkonten (Konten in laufender Rechnung) (1) Erteilung der Rechnungsabschlüsse. Die Bank erteilt bei einem Kontokorrentkonto, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss; dabei werden die in diesem Zeitraum entstandenen beiderseitigen Ansprüche (einschließlich der Zinsen und Entgelte der Bank) verrechnet. Die Bank kann auf den Saldo, der sich aus der Verrechnung ergibt, nach Nummer 12 dieser Geschäftsbedingungen oder nach der mit dem Kunden anderweitig getroffenen Vereinbarung Zinsen berechnen. (2) Frist für Einwendungen; Genehmigung durch Schweigen. Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines Rechnungsabschlusses hat der Kunde spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach dessen Zugang zu erheben; macht er seine Einwendungen in Textform geltend, genügt die Absendung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung. Auf diese Folge wird die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen. Der Kunde kann auch nach Fristablauf eine Berichtigung des Rechnungsabschlusses verlangen, muss dann aber beweisen, dass zu Unrecht sein Konto belastet oder eine ihm zustehende Gutschrift nicht erteilt wurde.

8. Storno- und Berichtigungsbuchungen der Bank (1) Vor Rechnungsabschluss. Fehlerhafte Gutschriften auf Kontokorrentkonten (zum Beispiel wegen einer falschen Kontonummer) darf die Bank bis zum nächsten Rechnungsabschluss durch eine Belastungsbuchung rückgängig machen, soweit ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kunden zusteht (Stornobuchung); der Kunde kann in diesem Fall gegen die Belastungsbuchung nicht einwenden, dass er in Höhe der Gutschrift bereits verfügt hat. (2) Nach Rechnungsabschluss. Stellt die Bank eine fehlerhafte Gutschrift erst nach einem Rechnungsabschluss fest und steht ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kunden zu, so wird sie in Höhe ihres Anspruchs

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898 Für Wirksamkeit ebenfalls: Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 48. 899 Ebenso BankR-Hdb/Bunte § 11 Rn 15 ff.; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/51 f.; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.231, 6.235. 900 Zur Unbedenklichkeit auch der Erfüllungsortklausel, die Nr. 6 Abs. 2 AGB-Sparkassen zusätzlich vorsieht, vgl. Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 48.

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sein Konto belasten (Berichtigungsbuchung). Erhebt der Kunde gegen die Berichtigungsbuchung Einwendungen, so wird die Bank den Betrag dem Konto wieder gutschreiben und ihren Rückzahlungsanspruch gesondert geltend machen. (3) Information des Kunden; Zinsberechnung. Über Storno- und Berichtigungsbuchungen wird die Bank den Kunden unverzüglich unterrichten. Die Buchungen nimmt die Bank hinsichtlich der Zinsberechnung rückwirkend zu dem Tag vor, an dem die fehlerhafte Buchung durchgeführt wurde.

9. Einzugsaufträge (1) Erteilung von Vorbehaltsgutschriften bei der Einreichung. Schreibt die Bank den Gegenwert von Schecks und Lastschriften schon vor ihrer Einlösung gut, geschieht dies unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung, und zwar auch dann, wenn diese bei der Bank selbst zahlbar sind. Reicht der Kunde andere Papiere mit dem Auftrag ein, von einem Zahlungspflichtigen einen Forderungsbetrag zu beschaffen (zum Beispiel Zinsscheine), und erteilt die Bank über den Betrag eine Gutschrift, so steht diese unter dem Vorbehalt, dass die Bank den Betrag erhält. Der Vorbehalt gilt auch dann, wenn die Schecks, Lastschriften und anderen Papiere bei der Bank selbst zahlbar sind. Werden Schecks oder Lastschriften nicht eingelöst oder erhält die Bank den Betrag aus dem Einzugsauftrag nicht, macht die Bank die Vorbehaltsgutschrift rückgängig. Dies geschieht unabhängig davon, ob in der Zwischenzeit ein Rechnungsabschluss erteilt wurde. (2) Einlösung von Lastschriften und vom Kunden ausgestellter Schecks. Lastschriften sowie Schecks sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag901 – bei SEPA-Firmenlastschriften nicht spätestens am dritten Bankarbeitstag – nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Barschecks sind bereits mit Zahlung an den Scheckvorleger eingelöst. Schecks sind auch schon dann eingelöst, wenn die Bank im Einzelfall eine Bezahltmeldung absendet. Schecks, die über die Abrechnungsstelle der Bundesbank vorgelegt werden, sind eingelöst, wenn sie nicht bis zu dem von der Bundesbank festgesetzten Zeitpunkt zurückgegeben werden.

10. Fremdwährungsgeschäfte und Risiken bei Fremdwährungskonten (1) Auftragsausführung bei Fremdwährungskonten. Fremdwährungskonten des Kunden dienen dazu, Zahlungen an den Kunden und Verfügungen des Kunden in fremder Währung bargeldlos abzuwickeln. Verfügungen über Guthaben auf Fremdwährungskonten (zum Beispiel durch Überweisungen zu Lasten des Fremdwährungsguthabens) werden unter Einschaltung von Banken im Heimatland der Währung abgewickelt, wenn sie die Bank nicht vollständig innerhalb des eigenen Hauses ausführt. (2) Gutschriften bei Fremdwährungsgeschäften mit dem Kunden. Schließt die Bank mit dem Kunden ein Geschäft (zum Beispiel ein Devisentermingeschäft) ab, aus dem sie die Verschaffung eines Betrages in fremder Währung schuldet, wird sie ihre Fremdwährungsverbindlichkeit durch Gutschrift auf dem Konto des Kunden in dieser Währung erfüllen, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. (3) Vorübergehende Beschränkung der Leistung durch die Bank. Die Verpflichtung der Bank zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Fremdwährungsguthabens (Absatz 1) oder zur Erfüllung einer Fremdwährungsverbindlichkeit (Absatz 2) ist in dem Umfang und solange ausgesetzt, wie die Bank in der Währung, auf die das Fremdwährungsguthaben oder die Verbindlichkeit lautet, wegen politisch bedingter Maßnahmen oder Ereignisse im Lande dieser Währung nicht oder nur eingeschränkt verfügen kann. In dem Umfang und solange diese Maßnahmen oder Ereignisse andauern, ist die Bank auch nicht zu einer Erfüllung an einem anderen Ort außerhalb des Landes der Währung, in einer anderen Währung (auch nicht in Euro) oder durch Anschaffung von Bargeld verpflichtet. Die Verpflichtung der Bank zur Ausführung einer Verfügung zu Lasten eines Fremdwährungsguthabens ist dagegen nicht ausgesetzt, wenn sie die Bank vollständig im eigenen Haus ausführen kann. Das Recht des Kunden und der Bank, fällige gegenseitige Forderungen in derselben Währung miteinander zu verrechnen, bleibt von den vorstehenden Regelungen unberührt.

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Bankarbeitstage sind alle Werktage außer: Sonnabende, 24. und 31. Dezember.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

(4) Wechselkurs. Die Bestimmung des Wechselkurses bei Fremdwährungsgeschäften ergibt sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Bei Zahlungsdiensten gilt ergänzend der Zahlungsdiensterahmenvertrag.

Mitwirkungspflichten des Kunden 11. Mitwirkungspflichten des Kunden (1) Mitteilung von Änderungen. Zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäftsverkehrs ist es erforderlich, dass der Kunde der Bank Änderungen seines Namens und seiner Anschrift sowie das Erlöschen oder die Änderung einer gegenüber der Bank erteilten Vertretungsmacht (insbesondere einer Vollmacht) unverzüglich mitteilt. Diese Mitteilungspflicht besteht auch dann, wenn die Vertretungsmacht in ein öffentliches Register (zum Beispiel in das Handelsregister) eingetragen ist und ihr Erlöschen oder ihre Änderung in dieses Register eingetragen wird. Darüber hinaus können sich weitergehende gesetzliche Mitteilungspflichten, insbesondere aus dem Geldwäschegesetz, ergeben. (2) Klarheit von Aufträgen. Aufträge müssen ihren Inhalt zweifelsfrei erkennen lassen. Nicht eindeutig formulierte Aufträge können Rückfragen zur Folge haben, die zu Verzögerungen führen können. Vor allem hat der Kunde bei Aufträgen auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben, insbesondere der Kontonummer und Bankleitzahl oder IBAN902 und BIC903 sowie der Währung zu achten. Änderungen, Bestätigungen oder Wiederholungen von Aufträgen müssen als solche gekennzeichnet sein. (3) Besonderer Hinweis bei Eilbedürftigkeit der Ausführung eines Auftrags. Hält der Kunde bei der Ausführung eines Auftrags besondere Eile für nötig, hat er dies der Bank gesondert mitzuteilen. Bei formularmäßig erteilten Aufträgen muss dies außerhalb des Formulars erfolgen. (4) Prüfung und Einwendungen bei Mitteilungen der Bank. Der Kunde hat Kontoauszüge, Wertpapierabrechnungen, Depot- und Erträgnisaufstellungen, sonstige Abrechnungen, Anzeigen über die Ausführung von Aufträgen sowie Informationen über erwartete Zahlungen und Sendungen (Avise) auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit unverzüglich zu überprüfen und etwaige Einwendungen unverzüglich zu erheben. (5) Benachrichtigung der Bank bei Ausbleiben von Mitteilungen. Falls Rechnungsabschlüsse und Depotaufstellungen dem Kunden nicht zugehen, muss er die Bank unverzüglich benachrichtigen. Die Benachrichtigungspflicht besteht auch beim Ausbleiben anderer Mitteilungen, deren Eingang der Kunde erwartet (Wertpapierabrechnungen, Kontoauszüge nach der Ausführung von Aufträgen des Kunden oder über Zahlungen, die der Kunde erwartet).

Abschnitte II und III der AGB-Banken regeln Kontokorrentfragen, Nr. 7–9 und Nr. 11 308 solche des „Allgemeinen“ Kontokorrentrechts, für alle Formen von Kontokorrenten. Nur Nr. 10 regelt eine besondere Kontoart, das Fremdwährungskontokorrent, also einen Fragenkomplex des „Besonderes“ Kontokorrentrechts. Umgekehrt regelt Nr. 11 in seinem Abs. 1 Mitwirkungspflichten auch über das Kontokorrentverhältnis hinaus, wenn auch eher nur peripher (freilich gilt Gleiches auch für Nr. 10 in seinem Abs. 4). Die meisten Fragen wurden daher umfangreicher im Verbund mit dem „Allgemeinen“ Kontokorrentrecht (oben Zweiter Teil Rn 122– 183, 234–252) und dem Recht des Fremdwährungskontos (oben Zweiter Teil Rn 184–190) angesprochen. Im Folgenden wird überwiegend nur zusammengefasst und auf die obige Kommentierung verwiesen, zumal eine reine AGB-Kommentierung eine Partielle bleiben müsste und daher eine Integrierte (mit objektivem Recht und Grenzen des zwingendem Rechts) vorzugswürdig erscheint.

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International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer) Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungs-Code)

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

1. Kontokorrentabschlüsse (Nr. 7) a) Saldoperiode und Verzinsung während derselben (Abs. 1). Mit Errichtung des Bankkontos wird eine Kontokorrentabrede nach §§ 355–357 HGB getroffen (so ausdrücklich der ansonsten inhaltsgleiche Nr. 7 AGB-Sparkassen, dort Abs. 1). Die Regelung nach § 355–357 HGB wird freilich durch Nr. 7 ff. AGB-Banken und AGB-Sparkassen signifikant überformt (ausführlich oben Zweiter Teil Rn 126–130, 141–183). Auch beim Bankkonto handelt es sich um ein Saldo- und kein Staffelkontokorrent, namentlich mit Saldoperiode und Saldoabschluss. Die Regelung während der Laufzeit der Saldoperiode weicht signifikant von dem Regime 310 in §§ 355–357 HGB ab, ohne dass die AGB dies im ersten Kerngehalt explizit ansprächen, obwohl dieser zentral ist sowohl für die Geltendmachung als auch für Fragen der Pfändung (oben Zweiter Teil Rn 147–149, 162, 239–244): Kraft Übung ist vereinbart, dass jeder Überschuss von jeder der beiden Seiten jederzeit, nicht erst nach Abschluss der Saldoperiode (Quartal), gefordert werden kann, also nicht während der Saldoperiode „gelähmt“ ist (sog. Tagessaldo, näher oben Zweiter Teil Rn 147–149, 162). Dieser Anspruch ist auf Institutsseite nur dadurch eingeschränkt, dass dieses den eigenen Überschuss nicht fordern kann, soweit es Kredit gewährt (Überziehungskredit, Kreditlinie, vgl. oben Zweiter Teil Rn 165). Die zweite Kernabweichung zum allgemeinen HGB-Kontokorrent nach §§ 355–357 HGB wird ebenfalls nicht näher angesprochen: Für das Kontokorrent wird regelmäßig vereinbart, dass die eingestellten gegenseitigen Forderungen hinsichtlich der Verzinsung vereinheitlicht werden (S. 2 AGB-Banken betrifft demgegenüber nur die Verzinsung eines Quartalssaldos, der wieder in die neue Rechnung eingestellt wird, so dass es sich vor allem um eine Zinseszinsvereinbarung handelt, vgl. § 248 BGB). Die zinsmäßige Vereinheitlichung weicht nicht nur vom allgemeinen Kontokorrentrecht ab (vgl. oben Zweiter Teil Rn 174 f.), sie gilt auch allgemein, für den Soll- und den Habenzins, wie sich aus den Preisverzeichnissen durchweg ergibt. Vor allem jedoch ist diese Vereinheitlichung an sich für die Belastung des Kunden indifferent. Denn ihr werden Forderungen unterworfen unabhängig davon, ob sie ohne solche Vereinheitlichung höher zu verzinsen wären oder niedriger. Daher – und weil die Vereinheitlichung angesichts des Massencharakters des Geschäfts und der Buchungsvorgänge „alternativlos“ ist – ist die Vereinheitlichung an sich auch AGB-rechtlich unbedenklich. Wirksam ist jedoch auch – theoretisch schon eher „problematisch“ – die Differenzierung nach (jeweils vereinheitlichtem) Soll- und (und regelmäßig ungleich niedrigerem) Habenzins. Denn es handelt sich um eine (idR auch transparente) Preisabrede, nicht Preisnebenabrede (§ 307 Abs. 3 BGB).904 311 Auch die Saldoperiode, d.h. der Zeitpunkt des jeweiligen Saldoabschlusses (mit Verrechnung und Anerkennung) ist abweichend geregelt, sie wird nicht auf ein Jahr, sondern auf ein Quartal festgelegt (S. 1) – wobei (ggf. unter Berücksichtigung des § 493 Abs. 1 Satz 1 BGB) abweichende Abreden zugelassen sind.905 Die Verrechnung selbst wird in S. 1 2. HS ebenfalls angesprochen (der sog. kausale Saldo), dies in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung (§ 355 Abs. 1 HGB, dazu oben Zweiter Teil Rn 151–156). Aus dieser Abrede kann man auch den Anspruch auf Zustimmung zur Verrechnung ableiten, der sich jedenfalls jedoch (auch) aus ob-

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904 Zur Wirksamkeit von Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken (Verzinsung des Quartalssaldos) ebenso wie der Zinsvereinheitlichung während der Laufzeit der Kontokorrentperiode: Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 53 (implizit). IdR nicht einmal näher problematisiert, etwa BankR-Hdb/Bunte § 12 Rn 9; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer/Pamp Rn 5. Teil Klauseln (B) Rn B31; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 22 f. 905 Zu Fristen, Formen und Wirkungen des Saldoabschlusses, die hier vorausgesetzt werden, näher oben Zweiter Teil Rn 151–160. Zur Wirkung der Einstellung in den Saldo und zum Umfang der eingestellten Forderungen, die ebenfalls hier vorausgesetzt werden, näher oben Zweiter Teil Rn 145–150 und 162. Insoweit kommt es freilich zu der im Folgenden beschriebenen, über das allgemeine Kontokorrentrecht hinausgehenden Vereinheitlichung der eingestellten Forderungen.

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jektivem Recht ergibt (in § 355 Abs. 1 HGB allenfalls angedeutet, aber unstreitig, vgl. oben Zweiter Teil Rn 157). b) Saldoabschluss und Einwendungen gegen denselben (Abs. 2). Neben den kausalen 312 Saldo (Verrechnung) und den Anspruch auf Anerkennung desselben tritt als dritte Komponente des Saldoabschlusses die Anerkennung selbst. Abs. 2 regelt sie in Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung (vgl. § 355 Abs. 1 HGB, dazu näher oben Zweiter Teil Rn 157–160) und in Übereinstimmung mit der dogmatische Konstruktion, die für das Anerkenntnis ganz überwiegend befürwortet wird: Dieses bildet ein Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB. Seine Entstehung durch vertragliche Abrede ist ebenso geregelt (Satz 1–3) wie seine Kondiktion, wenn es nicht der tatsächlichen Rechtslage entspricht (Satz 4) (zu beidem oben Zweiter Teil Rn 157–159 einerseits und 160 andererseits). In Anlehnung an § 308 Nr. 5 BGB und an die höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu (zur 313 „Angemessenheit“ der Frist)906 gestalten Satz 1–3 die Zustimmung zum Saldoanerkenntnis durch Schweigen aus. Auf den Saldoabschluss durch das Institut (Angebot zum Anerkenntnis) kann der Kunde durch konkrete Zustimmung, Ablehnung oder aber – in der Regel – durch Schweigen reagieren. Dieses qualifizieren Satz 1–3 (ebenfalls) als Zustimmung (Satz 2), wenn einerseits eine Sechswochenfrist ab Zugang des Angebots auf Abschluss des Anerkenntnisses (mit Vorlage der vorgeschlagenen Verrechnung) verstrichen ist (Satz 1)907 und andererseits auf die Rechtsfolge (Schweigen als Zustimmung zu § 781 BGB) nochmals hingewiesen wurde (Satz 3). Die Konstruktion bringt die Bedürfnisse des Massenverkehrs, den Gesichtspunkt, dass Abschlüsse im Regelfall zutreffend sind und Kunden daher im Regelfall auch einverstanden sind, und die Interessen des Kunden in Ausgleich: Es bildet keine so hohe Anforderung an das Kundenverhalten, Abschlüsse innerhalb von sechs Wochen zu prüfen und erforderlichenfalls Einwendungen zu erheben, als dass davon auszugehen wäre, dass die Regelung einseitig dem Interesse der Banken den Vorzug einräumte und daher als missbräuchlich zu qualifizieren wäre.908 Dies gilt umso mehr, als mit dem Schweigen, selbst wenn es als Zustimmung qualifiziert wird, kein endgültiger Rechtsverlust einhergeht:

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906 BGH (Fn 860), WM 1999, 1367; aus jüngerer Zeit wieder BGH (Fn 466), WM 2014, 456 = NJW 2014, 1441 (m.w.Nachw. zur st. Rspr.); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11; Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel BB 1990, 2347 (2351); vergleichbar für Abrechnungen bei Vermögensverwaltungsverträgen: BGH Urt. v. 28.10.1997 – XI ZR 260/96, WM 1998, 21. 907 Näher zum Ablauf der Sechswochenfrist (bei Ablehnung in Textform bloße Absendung innerhalb der Frist) etwa Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel BB 1990, 2347 (2351); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 50; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B32. Zur Angemessenheit der Sechswochenfrist Nachw vorige Fn. Anders jedoch bei nicht Erkennbarem, namentlich: Die Fiktion greift nicht ein für nicht erkennbare Fehler, weil dann selbst die ausdrücklich erteilte Zustimmung jedenfalls anfechtbar wäre: BGH Urt. v. 11.7.1989 – XI ZR 59/88, WM 1990, 343; desgleichen nicht für anderweitige Verfügungen der Bank über Zahlungseingänge jenseits des Kontos, obwohl diese dem Konto gutzuschreiben gewesen wären: BGH Urt. v. 18.10.1994 – XI ZR 194/93, WM 1994, 2273 = NJW 1995, 320. 908 Für Wirksamkeit (praktisch einhellige Meinung) Hettich/Thieves/Timmann/Windhöfel BB 1990, 2347 (2351) (implizit); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 50; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 22 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B32; dort jeweils auch zu Bedenken (allein gegen Nr. 7 Abs. 3 AGB-Sparkassen), soweit eine bestimmte Form für die Einwendungen vorgesehen wird. Schwerpunkt der Kontroversen um diese Klausel war die Fiktion einer Genehmigung im Lastschriftverkehr, die freilich nicht wirklich dem AGB-Recht sondern dem materiellen Zahlungsdiensterecht galt: hierzu, namentlich zur inzwischen gefundenen Lösung, näher Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 54 (zur inzwischen aufgehobenen Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken) und unten Dritter Teil Rn 464–477. Zentral hier aus AGB-rechtlicher Sicht und für die schrittweise Annäherung des IX. und XI. BGH-Senats im Sommer 2010: BGH Urt. v. 20.7.2010 – 236/07, BGHZ 186, 269 = WM 2010, 1546; Urt. v. 30.9.2010 – IX ZR 177/07, WM 2010, 2167; Urt. v. 26.10.2010 – XI ZR 562/07, WM 2010, 2307; und zuletzt für die Zulässigkeit von AGB-Entgeltregeln, solange das Regime der Lastschrift nicht umgestellt ist: BGH Urt. v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, WM 2012, 1383.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Ist das Anerkenntnis erteilt, bedeutet dies nicht, dass Einwendungen endgültig abgeschnitten sind (wenn nicht Verjährung eingetreten oder Ausschlussfristen abgelaufen sind). Vielmehr kehrt sich durch Abschluss eines wirksamen Anerkenntnisvertrages nur die Beweislast um, so dass weiterhin die richtige Rechtslage geltend gemacht werden kann und zwar durch Kondiktion des Anerkenntnisses. Freilich ist jetzt vom Kunden nachzuweisen, dass ihn belastende Buchungen unberechtigt waren. Dies stellt Satz 4 in Übereinstimmung mit der objektiven Rechtslage dar, so dass auch dieser Teil der Regelung (kontrollfrei, § 307 Abs. 3 BGB) wirksam ist.909

2. Storno- und Berichtigungsbuchungen (Nr. 8). Nr. 8 sieht zwei Formen von Rückbuchungen von Gutschriften vor, die nicht der wirklichen Rechtslage entsprechen, sowie einige allgemeine Regeln hierzu. In beiden Fällen hat die kontoführende Bank also tatsächlich einen Anspruch darauf, die Zusage durch die Gutschrift zurückzuerhalten. Beide Regelungen haben daher allein das Ziel, die Durchsetzung dieses Anspruches zu erleichtern, nicht die materielle Rechtslage in irgendeinem Punkte zu ändern. In der Tat verbleiben dem Kunden umgekehrt in der Konstellation, dass die Gutschrift doch der wirklichen Rechtslage entsprach und der erleichtert durchgesetzte Rückbuchungsanspruch nicht bestand, materiellrechtlich Rechtsbehelfe, auch dies wieder zu korrigieren. Hierbei ist die Beweislast so zu konzipieren, dass der Kunde nicht allein auf Grund der Rückbuchung insoweit ungünstiger gestellt ist, als er es ohne diese wäre. Denn mit Gutschrift hat der Kunde einen abstrakten Anspruch (aus § 780 BGB) erlangt, und die dadurch für ihn begründete günstige Beweislage und -position soll ihm durch Nr. 8 nicht genommen werden. So jedenfalls kann – und muss (§ 305c Abs. 2 BGB) – Nr. 8 bei Auslegung contra proferentem verstanden werden. 316 Die erste Form der Rückbuchung betrifft die Fälle, in denen die Gutschrift noch nicht Gegenstand eines Saldoanerkenntnisses war (Abs. 1, sog. Stornobuchung). Wurde die Gutschrift, also das abstrakte Zahlungsversprechen (§ 780) erteilt, ohne dass es dafür einen Anspruch gab, namentlich aus § 667 BGB, weil die Bank Valuta von Dritter Seite für den Kontokorrentkunden erhalten hat, so kann die Bank den Anspruch aus Gutschrift nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB kondizieren (Leistungskondiktion, näher oben Zweiter Teil Rn 160). Auf Grund dieses Anspruches bedingt sich die Bank mit Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken (vertraglich) das (einseitige) Gestaltungsrecht aus, dass sie die Gutschrift schlicht stornieren kann – also nicht die Zustimmung des Kunden zur Vertragsaufhebung (hinsichtlich der Gutschrift, § 780 BGB) einholen muss.910 Widerspricht der Kunde in diesem Falle, ist die Gutschrift demnach dennoch wirksam storniert. Storniert umgekehrt das Kreditinstitut, ohne dass es einen Rückbuchungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB hätte, so ist die Rückbuchung (schon nach dem Wortlaut von Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken) unwirksam und der Kunde kann auch formal Richtigstellung verlangen (rückwirkender Neueintrag der Gutschrift). Im Streitfall hat das Kreditinstitut in allen Fällen zu beweisen, dass die Gutschrift erfolgte, ohne dass der Kunde darauf einen Anspruch gehabt hätte.911 Da sich die materielle Rechtslage demnach nicht ändert, umgekehrt jedoch der Massencharakter des Geschäfts schnelle Buchung nötig macht und eine gewisse Fehleranfälligkeit bedingt, verkürzt die Klausel nicht in missbräuchlicher Weise Kunden315

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909 Für Wirksamkeit (wiederum praktisch einhellige Meinung, idR eher nur implizit) Hettich/Thieves/Timmann/ Windhöfel BB 1990, 2347 (2351, 2353); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 52; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B32. 910 Dazu, dass allein dies der Inhalt des Stornobuchungsrechts nach Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken ist, etwa (einseitiges Widerrufsrecht) BGH (Fn 466), BGHZ 72, 9 (11) = NJW 1978, 2149 (2150); Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/58; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29; i.Erg. auch (allerdings für Anfechtungsrecht) Canaris Bankvertragsrecht Rn 488 (freilich zu Nr. 4 Abs. 1 S. 3 AGB-Banken a.F.). 911 Krings ZBB 1992, 326 (329); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29 (implizit); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B35 (implizit).

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rechte.912 Neben die reine Durchsetzungserleichterung und -beschleunigung tritt nach Nr. 8 Abs. 1 letzter Halbsatz AGB-Banken auch eine moderate Modifikation des materiellen Rechts (die sich freilich nicht vergleichbar in den AGB-Sparkassen findet): Dem Kunden wird die Berufung auf den Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB versagt. Dieser Einwand ist in der Tat im Kontext des Bankkontos weniger überzeugend als auf anderen Gebieten und häufig könnte bei Entreicherung auch von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden: Der Kunde ist ohnehin gehalten, die Gutschriften und Belastungsbuchungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. unten Nr. 11 AGB-Banken), wenn auch mit unmittelbaren Rechtsfolgen sanktioniert erst nach Ablauf der Saldoperiode. Es entspricht jedoch dem gesetzlichen Leitbild, dass er Fehler und Unstimmigkeiten so bald wie möglich aufklärt (vgl., wenn auch für eine andere Konstellation, § 676b Abs. 1 BGB).913 Es liegt also durchaus auf der gleichen Linie wie andere (gesetzlich verankerte) Mitwirkungspflichten, dass er jedenfalls spätestens bei Verfügung über einen Saldo auch die vorherigen Eingänge überprüft haben soll. Der letzte Halbsatz stellt also klar, dass der Kunde nicht seine Augen vor möglichen Unkorrektheiten (zu seinen Gunsten) verschließen kann, sobald er neue Zahlungsaufträge ausgibt oder sonst über den Positivsaldo verfügt. Diese Wertung ist m.E. keine, die vom gesetzlichen Leitbild so weit abweicht, dass sie als missbräuchlich einzustufen wäre.914 Soll die Rückbuchung demgegenüber eine Gutschrift betreffen, die bereits Gegenstand 317 eines Saldoanerkenntnisses geworden ist, bei der also auf ein abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB) auch noch ein abstraktes Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) folgte (mit entsprechender Nachprüfung), so soll die Rückbuchung nicht mehr ohne die (vermutete) Zustimmung des Kunden erfolgen (Abs. 2). Wieder wird ein Kondiktionsanspruch der Bank vorausgesetzt (nunmehr bezüglich beider abstrakten Versprechen), wieder soll die materielle Beweislast durch die Rückbuchung nicht verändert werden.915 Dies ergibt sich in diesem Fall jedoch bereits daraus, dass der Kunde durch schlichten Widerspruch die Bank veranlassen kann, die Rückbuchung rückgängig zu machen, also zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Die Klausel gibt das Rückbuchungsrecht also nur im vermuteten Einverständnis mit dem Kunden, enthält nur eine verfahrensmäßige Erleichterung – diesmal für beide Seiten! – und ist daher unzweifelhaft wirksam.916 Über beide Formen der Rückbuchung ist unverzüglich zu unterrichten, also ohne schuld- 318 haftes Zögern (§ 121 Abs. 1 BGB). Soll diese Zusage materiellen Gehalt haben (was § 305c Abs. 2 BGB nahelegt), muss damit eine gesonderte, auch rudimentär erklärende Benachrichtigung (jedenfalls jedoch deutlich erkennbarer Hinweis bei der Korrekturbuchung auf dem Kontoauszug) gemeint sein.917 Zentral ist, dass die Buchungen rückwirkend berichtigt werden, insbe-

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912 Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 8 Rn 1 (selbst wenn Saldo dann negativ); Derleder/Knops/Bamberger/ Casper § 4 Rn 56 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B35 (auch dazu, dass allgemein geltender Grundsatz, über das Kontokorrentrecht hinaus); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29; zur Frage, ob die Regelung auch gilt, wenn der Rückgewähranspruch nicht in einer (technischen) Fehlbuchung, sondern in einem mangelnden Auftrag begründet ist: einerseits (negativ): OLG Karlsruhe Beschl. v. 22.1.2008 – 17 U 185/07, WM 2008, 632 (633); andererseits, m.E. überzeugend, weil der Wortlaut nicht differenziert: OLG Hamburg Urt. v. 2.8.2006 – I U 75/06, WM 2006, 2078 = ZIP 2006, 1981 (1982); Anm. Löhnig/Würdinger WM 2007, 961; auch Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 145ff., 149. 913 Dazu unten Dritter Teil Rn 456–458; allgemeiner unten Nr. 11 AGB-Banken sowie MünchKommBGB/Zetzsche 676b Rn 3 ff.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 676b Rn 1ff. 914 Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 56; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B35; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29; aA Krings ZBB 1992, 326 (329). 915 Krings ZBB 1992, 326 (329); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 29 f. (implizit); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B35 f. (implizit). 916 Sonnenhol WM 1993, 677 (681 f.) Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 8 Rn 4 (selbst wenn Saldo dann negativ); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 62; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B36; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 30. 917 M.E. am überzeugendsten (gesonderte Mitteilung, jedenfalls aber inhaltliche Erklärung zu den Hauptfolgen fordernd): Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B37; ausdrückliche Kennzeichnung auf Kontoauszug

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

sondere hinsichtlich des Wertstellungszeitpunktes. Da sich dies jedoch aus den zugrundeliegenden Ansprüchen gleichermaßen ergäbe (Zinsgewinn Teil des Bereicherungsgewinns), ist die Klausel m.E. wirksam, freilich mit der Maßgabe, dass der Kunde von der (fehlerhaft und damit auch vermutet fahrlässig handelnden) Bank Ersatz eines Schadens verlangen kann, wenn er sein Konto ohne die Fehlbuchung nicht durch weitere Verfügung ins Debet geführt hätte.918 3. Kontogutschriften und Einlösung bei Einzugsaufträgen (Nr. 9) 319

Nr. 9 Abs. 1 AGB-Banken und AGB-Sparkassen919 betrifft Gutschriften (auf Zahlungsempfängerseite), die gegeben werden, bevor sie nach Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsrecht zu erfolgen hätten: als Herausgabe von (bereits) Erlangtem (§ 667 BGB). Dies betrifft vor allem sog. Pull-Zahlungen, also Zahlungen, bei denen der Auftrag zur Durchführung des Zahlungsvorgangs vom Zahlungsempfänger ausgeht – namentlich Scheckeinzug und Lastschrifteinzug, aber auch etwa den Einzug von Zinsscheinen (aus Anleihen etc.). Hier geben die Inkassobanken (zugleich Empfängerbanken) Gutschriften unter Vorbehalt des Eingangs (E.v.), schon bevor sie selbst Gutschrift von der Zahlerbank (ggf. über eine zwischengeschaltete Bank oder Verrechnungsstelle) erhalten haben. Da jede vorzeitige Gutschrift Kunden nur begünstigt, kann diese – jedenfalls wenn die Beschränkung transparent gemacht wird (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BGB) – auch bedingt gegeben werden (S. 1).920 Ebendies wird in der Tat so – und nur so – zugesagt und auch hinreichend transparent gemacht. Transparent gemacht wird auch, dass dies selbst dann gilt, wenn das jeweilige Instrument bei der Bank zahlbar ist, also der Zahler selbst ebenfalls Kunde der Inkassobank ist (hausinterner Einzug, S. 3). Dem Wortlaut nach handelt es sich eher um eine auflösende als eine aufschiebende Bedingung (Satz 2, vgl. § 158 Abs. 2 bzw. 1 BGB); für diese Konstruktion spricht auch der Umstand, dass der Kunde über die gutgeschriebene Valuta schon verfügen können soll, ebenso wie der Grundsatz einer Auslegung contra proferentem (auflösende Bedingung iZw günstiger für Kunden).921 Mit Eintritt der auflösenden Bedingung entfällt schon von Gesetz wegen die Wirkung der Gutschrift, freilich iZw nur ex nunc,922 so dass auch die Korrektur durch die Bank (Satz 4) eine rein deklaratorische ist, anders als im Falle der Berichtigungsbuchungen von Nr. 8 keine konstitutive. Auch Satz 5, der dies auch für den Fall anordnet, dass

_____ (wohl mit Begründungshinweis) genügend: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 163; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 63; gar keine Hervorhebung fordernd Westermann WM 1993, 1865 (1869 f.); demgegenüber für Unwirksamkeit von Nr. 8 Abs. 3 AGB-Sparkassen, der bloße Kennzeichnung auf dem Kontoauszug genügen lässt: Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 32. 918 Für Wirksamkeit der Klausel: Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 8 Rn 1; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 165f. (mit gewissen Zweifeln); BuB/Sonnenhol/Merz/Rodi Rn 1/231 f.; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn II/66; für Unwirksamkeit, m.E. jedoch wegen wenigen Fällen „das Kind mit dem Bade ausschüttend‟: Krings ZBB 1992, 326 (329); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 60; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B38; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 31. 919 Beide Regelwerke entsprechen sich inhaltlich im hier kommentierten Teil; zur näheren Ausgestaltung, die Nr. 23 f. AGB-Sparkassen zusätzlich vorsehen, vgl. etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 78 ff. 920 Wirksamkeit daher praktisch unstreitig, vgl. BGH (Fn 495), BGHZ 103, 143 (146) = NJW 1988, 1320 (1321); BGH (Fn 457), BGHZ 105, 263 (269) = NJW 1989, 300 (301); Urt. v. 6.5.1997 – XI ZR 135/96, BGHZ 135, 307 (314 f.); BankRHdb/Bunte § 14 Rn 9, 11, 16; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 66; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B40. 921 Für auflösende Bedingung etwa BGH (Fn 508), BGHZ 74, 309 (315) = NJW 1979, 2145 (2146); BGH (Fn 64), 317 (319); BankR-Hdb/Nobbe § 60 Rn 199; BankR-Hdb/Schmieder § 47 Rn 55; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 64 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B40. Für aufschiebende Bedingung demgegenüber BGH (Fn 508), BGHZ 118, 171 (177) = NJW 1992, 1960 (1961); BankR-Hdb/Bunte § 14 Rn 24. 922 Für dieses Verständnis von Nr. 9 Abs. 1 S. 4 AGB-Banken evtl. auch Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 183. So jedenfalls für § 158 Abs. 2 BGB BGH Urt v. 26.9.1996 – I ZR 194/95, BGHZ 133, 331 (334) = NJW 1997, 1706 (1707); Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Rövekamp § 158 Rn 23; Erman/Armbrüster § 158 Rn 5.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

bereits ein Saldoanerkenntnis nach Quartalsabschluss vorliegt, kann entweder dahingehend verstanden werden, dass auch das Anerkenntnis insoweit auflösend bedingt gegeben wird, oder aber als bloße verfahrensmäßige Erleichterung (vergleichbar dem zu Nr. 8 AGB-Banken Gesagten), weil das Anerkenntnis bei Wegfall der Gutschrift jedenfalls in dieser Höhe kondiziert werden könnte. Die Wirksamkeit von Satz 5 ist bei keiner der beiden Auslegungsvarianten zweifelhaft.923 Nr. 9 Abs. 2 AGB-Banken betrifft umgekehrt die Zahlerseite, namentlich das Zahlerinsti- 320 tut: Die Klausel regelt den Zeitpunkt, ab dem davon auszugehen ist, dass dieses Institut den Zahlungsvorgang (für seinen Kunden) autorisiert hat („Einlösung“). Grundsätzlich ist das bei den genannten Pull-Zahlungen nicht sofort mit Buchung anzunehmen, sondern erst mit Abschluss des zweiten Bankarbeitstages – im SEPA-Firmenlastschriftverfahren des dritten Bankarbeitstages – nach Buchungsbekanntgabe (Satz 1). Die Regelung betrifft zunächst einmal das Interbankenverhältnis: Zwischen Banken ist bekannt, dass die Buchung bei Anforderung im Wege einer Pull-Zahlung zunächst automatisiert erfolgt (Vordisposition), dann aber noch überprüft wird (Nachdisposition). Die Regelung setzt also die Frist für die Nachdisposition fest, und erst nach deren Ablauf ist von Autorisierung auszugehen, gleichgültig ob eine Nachdisposition tatsächlich vorgenommen wurde oder nicht (nur die Möglichkeit bestand).924 Mit diesem Inhalt ist die Klausel wirksam, nach hier vertretener Meinung, weil im Interbankenverhältnis keine Inhaltskontrolle stattfindet. Doch auch soweit sich die Regel im Kundenverhältnis jedenfalls auswirkt, ist sie wirksam, weil sie den durch § 675p Abs. 2 und 4 BGB hierfür gesetzten Rahmen einhält (noch keine Übermittlung an den Zahlungsempfänger vorher, jedenfalls jedoch Einverständnis seitens des Zahlungsempfängers) und die Einhaltung des solchermaßen gesetzlich vorgesehenen Rahmens den Missbräuchlichkeitsvorwurf gegen dahingehende Klauseln ausschließt.925 Die restlichen drei Sätze benennen zunächst zwei Spezialfälle, in denen das Verhalten der Zahlerbank nur so verstanden werden kann oder so verstanden werden soll, dass sie sich sofort bindet (Autorisierung): durch Barzahlung auf Barscheck (Satz 2) oder indem sie eine explizite „Bezahltmeldung“ abgibt926 und absendet (Satz 3). Darauf folgt der praktisch wichtigste Fall: Wenn, wie im Regelfall, Einlösung über das System der Bundesbank erfolgt, setzt diese selbst die maßgebliche Frist bei Hereinnahme fest (Satz 4).927 4. Kundensorgfalt in Kontokorrentfragen und allgemeine Mitwirkungspflicht (Nr. 11) a) Kundensorgfalt und Mitwirkungspflichten – System und Überblick. Nr. 11 AGB-Ban- 321 ken – und parallel Nr. 20 AGB-Sparkassen –928 ist sedes materiae für die Mitwirkungspflichten des Kunden, soweit Klauselrecht sie ausgestaltet. Sein Schwerpunkt liegt ganz primär im allgemeinen Kontokorrentrecht, auch wenn die statuierten Pflichten allgemein formuliert sind und außerhalb des Kontokorrentrechts ebenfalls vereinzelt Wirkung entfalten mögen. Zu-

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923 Ebenso i.Erg. BGH (Fn 920), BGHZ 135, 307 (314 f.) = NJW 2007, 2112; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B40; BankR-Hdb/Nobbe § 61 Rn 32 ff.; Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 9 Rn 4 (eher implizit); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 32. 924 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B41. 925 I.Erg. ebenso, jedoch unter Abstellen darauf, dass die Praxis von Vor- und Nachdisposition bekannt sei (was freilich m.E. dem Kunden gegenüber idR eher nicht anzunehmen ist): BGH (Fn 920), BGHZ 135, 307 (311 f.) = NJW 1997, 2112; BankR-Hdb/Bunte § 14 Rn 33ff.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B41. 926 Unter der angepassten Fassung der AGB-Sparkassen gilt Gleiches (obwohl etwas allgemeiner gefasst): BankRHdb/Bunte § 14 Rn 49; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B42; offengelassen noch von BGH (Fn 920), BGHZ 135, 307 (311 f.) = NJW 1997, 2112. 927 Dazu etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 194. 928 Zu den Gehalten von Nr. 20 AGB-Sparkassen, die nicht parallel zu Nr. 11 AGB-Banken formuliert sind und über diesen hinausgehen, unten Zweiter Teil Rn 327. Zu Nr. 4 AGB-Sparkassen, der ebenfalls Kundenmitwirkungspflichten formuliert, bereits oben Zweiter Teil Rn 304.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

gleich erschöpft Nr. 11 AGB-Banken die Pflichten des Kunden – die kontokorrent- und zahlungsdiensterechtlichen, aber auch die sonstigen – nicht, weil zentrale Pflichten auch gesetzlich verankert sind: namentlich die allgemeine Rücksichtnahme- und Sorgfaltspflicht in §§ 242, 276 BGB,929 die Sorgfaltspflicht zu Zahlungsdiensteauthentifizierungsinstrumenten nach § 675l BGB (Girocard, PIN etc., vgl. unten Dritter Teil Rn 264–274) und die allgemeine zahlungsdienstebezogene Sorgfaltspflicht in Verdachtssituationen auch jenseits des Einsatzes von Zahlungsdiensteauthentifizierungsinstrumenten nach § 676b Abs. 1 BGB (dazu, vor allem zur Frage, ob es sich um eine bloße Obliegenheit handelt, unten Dritter Teil Rn 456–458). Teils freilich finden sich Überschneidungen auch zu den AGB selbst, namentlich zwischen Abs. 4 und Nr. 7 AGB-Banken, der als speziellere Regel vorgeht (vgl. unten). Die Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten nach Nr. 11 AGB-Banken (und Nr. 20 AGB-Sparkassen) treten also neben diese gesetzlichen Pflichten bzw. gestalten diese auch teils nur aus bzw. wiederholen sogar nur deren Gehalt (reine Information). Stets stellen sich daher – im Anschluss an die Inhaltsbestimmung und die Abgrenzung gegenüber spezielleren Normen – drei Fragen, zwei vor allem im Hinblick auf ihre Wirksamkeit, die dritte bezogen auf die ausgelösten Rechtsfolgen: (i) Informiert die Klausel nur über eine gesetzlich ohnehin bestehende Pflicht (und ist kontrollfrei wirksam nach § 307 Abs. 3 BGB)? (ii) Gestaltet die Klausel die allgemeine gesetzliche Rücksichtnahme- und Sorgfaltspflicht nur so gesetzeskonform aus, dass Missbräuchlichkeit nach § 307 Abs. 1, 2 BGB nicht in Betracht kommt? (iii) Handelt es sich um eine bloße Obliegenheit, deren Nichtbeachtung allein dem Kunden Rechtsnachteile bringt (und die Bank entlastet), oder ist die Pflicht auch im Interesse der Bank formuliert, um sie vor Schäden zu bewahren? 322

b) Mitteilung von Änderungen (Abs. 1). Abs. 1 weist auf Mitteilungspflichten des Kunden hin, von denen diejenigen nach dem Geldwäschegesetz offensichtlich gesetzlicher Natur sind, so dass Satz 3 rein informativ ist. Doch auch Satz 1 soll sichtlich nicht die Bank davon befreien, Informationen über Änderungen, die sie auf anderem Wege erhält, zu berücksichtigen. Vielmehr steht (wiederum) die Information des Kunden darüber im Vordergrund, dass die Bank nicht selbständig kontinuierlich Adressen und Angaben zum Kunden recherchiert und überprüft. Dies wäre angesichts des Massencharakters des Geschäfts gar nicht möglich, so dass die Bank insbesondere nicht ihre Sorgfaltspflicht verletzt, wenn sie von der fortbestehenden Richtigkeit der Angaben ausgeht, soweit sie weder Verdachtsmomente hat noch eine Nachforschungspflicht im objektiven Recht statuiert ist.930 Der Kunde wird also aufgeklärt, dass es im eigenen Interesse ist oder sein kann, diese Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Insoweit handelt es sich bei Satz 1 primär um eine Obliegenheit (nicht „Pflicht“). Das schließt freilich nicht aus, dass die Anordnung auch einmal die Bank vor zusätzlichen, leicht vermeidbaren Aufwendungen bewahren soll, so dass es sich insoweit dann in der Tat um eine (Neben-)Pflicht des Kunden handelt. Insgesamt gestaltet die Klausel demnach § 242 BGB nur aus und ist wirksam.931 Dies gilt auch für Satz 2, der freilich klarstellt, dass auch die Recherche in Registern nicht Inhalt der Sorgfaltspflichten der Banken sein soll. Soweit diese Klausel Unklarheiten über den Umfang dieser Pflichten ausräumt, also materiellen Gehalt über das

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929 Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 11 Rn 2 f.; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 218; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.321; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B45 (allgemeine gesetzliche Sorgfaltspflicht, „wesentliche Tatsachen mitzuteilen‟). 930 Vgl. Nachw Fn 32, 58 und 73 zum allgemeineren Grundsatz, dass die Interessenabwägung bei den Informationspflichten, nochmals verschärft in Situationen des Massenverkehrs es verbietet, den Banken eine Pflicht aufzuerlegen, ohne Vorliegen erheblicher Verdachtsmomente Umstände zu ermitteln, die dem Kunden leichter zugänglich sind. 931 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 219–221 (auch nicht nur kommentarlose Verwendung neuer Adresse); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 72; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B46 (implizit); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 36 (implizit).

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Gesetz hinaus hat, weicht sie jedenfalls keineswegs so weitgehend vom Leitbild ab, dass sie als missbräuchlich einzustufen wäre.932 c) Klarheit von Aufträgen (Abs. 2). Abs. 2 (Satz 1) hält Kunden an, (in aller Regel kontokor- 323 rentbezogene) Aufträge so klar wie möglich zu halten – wiederum vor allem wegen der Gefahren des Massenverkehrs. Im Wesentlichen handelt es sich um reine Informationen über die Gesetzeslage:933 dass Banken bei Unklarheiten gehalten sind nachzufragen und daher für Verzögerungen nicht haften, die sich dann angesichts des Massencharakters der Abwicklung und bei routinemäßiger Durchführung nicht vermeiden lassen (Satz 2);934 und dass Banken bei fehlerhafter Angabe von IBAN (Kontonummer/BLZ/BIC) oder Währung im Lichte des Grundsatzes der Auftragsstrenge nach der fehlerhaften Angabe buchen können (Satz 3), ohne dafür Ersatzansprüchen ausgesetzt zu sein (ausdrücklich für den IBAN § 675r Abs. 1 BGB, unten Dritter Teil Rn 328–333). Und Änderungen, die später erfolgen, oder wiederholte Auftragserteilung bzw. Bestätigung können zu mehrfacher Buchung (mit verschiedenem oder jeweils gleichem Inhalt) führen, wobei wiederum der Grundsatz der Auftragsstrenge die Bank verpflichtet, streng nach dem Inhalt des (doppelt erteilten) Auftrages zu verfahren, und sie umgekehrt dann aber auch von Ersatzpflichten freistellt. Davor soll der Hinweis nach Satz 4 bewahren. Die Massenhaftigkeit des Geschäfts verbietet es, wenn nicht besondere Verdachtsmomente vorliegen, eine Nachforschungsobliegenheit der Banken anzunehmen. Im Wesentlichen handelt es sich bei all diesen „Pflichten“ des Kunden also um Obliegenheiten. Denn Banken können umgekehrt – trotz Unachtsamkeit des Kunden – regelmäßig keinen Ersatz für zusätzliche Kosten (etwa der Nachfrage) verlangen, wie sich aus § 675f Abs. 5 BGB ergibt und aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die bei der Erfüllung gesetzlicher Nebenpflichten eine Entgeltabrede in AGB für unwirksam erklärt (dazu unten Zweiter Teil Rn 338). d) Expliziter Hinweis auf Eilbedürftigkeit (Abs. 3). Banken haften nicht dafür, dass sie 324 Aufträge routinemäßig „nur“ in den gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Fristen ausführen; die Systeme können auch nicht darauf ausgelegt werden, dass sie Sonderfälle mit besonderer Eilbedürftigkeit erkennen und „herausfiltern“. Daher handelt es sich auch bei Abs. 3 nur um eine Information, die den Kunden darauf hinweist, dass ein gesonderter Hinweis nötig ist, wenn beschleunigte Ausführung gewünscht ist – außerhalb des Formulars, um Erkennbarkeit zu gewährleisten, sonst jedoch in welcher Form auch immer.935 e) Prüfung und Einwendungen bei Bankmitteilungen (Abs. 4). Abs. 4 hält dazu an, 325 Bankmitteilungen zu überprüfen, namentlich zu allen Formen von Abrechnungen und Ausführungsmitteilungen und -ankündigungen. Da Nr. 7 mit den Saldoabschlüssen eine spezielle Form von Mitteilung – hier nun rechtsgeschäftlicher Art – besonders regelt (oben Zweiter Teil

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932 Wirksamkeit wird weit überwiegend bejaht: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 220f.; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 72; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B46 (implizit); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 36. 933 Die Klausel wird in all ihren Teilen praktisch einhellig für wirksam gehalten (m.E. § 307 Abs. 3 BGB): Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 223, 226; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 74; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B40; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 36 (implizit, aber häufig nur im Rahmen des § 254 BGB als Abzugsposten zu berücksichtigen). 934 Solche Verzögerungen stellen keinen Sorgfaltsverstoß der Bank dar und die Klausel ist daher m.E. kontrollfrei nach § 307 Abs. 3 BGB wirksam. Vgl. Nachw vorige Fn und zu den Pflichten des Instituts in solchen Fällen näher unten Dritter Teil Rn 292 f. 935 Die Klausel wird in der Tat praktisch einhellig für wirksam gehalten (m.E. § 307 Abs. 3 BGB): Merkel WM 1993, 725 (726f.); Seibert NJW 2006, 2357 (2362); Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 11 Rn 7; Bunte/Zahrte/Bunte AGBBanken und SB, AGB-Banken Rn 228; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 76; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B48; aA offenbar Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 37.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Rn 157–160), stellen sich zu Anwendungsbereich und Zielrichtung von Abs. 4 zwei Kernfragen: ob Fragen des Saldoanerkenntnisses allein nach Nr. 7 zu beantworten sind, weil es sich insoweit um die speziellere Regelung handelt (so in der Tat die praktisch einhellige Meinung); und ob der Gehalt von Nr. 7 sogar im Umkehrschluss auch für die Bestimmung der Zielrichtung von Abs. 4 heranzuziehen ist: In der Tat sieht Abs. 4 – anders als Nr. 7 – gerade keinen Einwendungsverlust beim Kunden vor, wenn dieser die genannten Prüfungen nicht vornimmt oder Einwendungen nicht erhebt. Aus Abs. 4 einen Einwendungsausschluss herleiten zu wollen, wäre auch nicht in Einklang zu bringen mit den Vorgaben in § 308 Nr. 5 BGB.936 Deswegen kann Abs. 4 nur in eine von folgenden zwei Richtungen verstanden werden: entweder dahingend, dass der Kunde diese Prüfungen vornehmen soll, um Fehlbuchungen zu vermeiden oder dazu beizutragen, dass sie möglichst bald offenbar werden, und so das Kreditinstitut vor Schäden zu bewahren, oder aber – weniger weitgehend –, dass der Kunde zumindest dann eine Kürzung möglicher Ansprüche gegen das Institut (wenn sie bestehen) zu gewärtigen hat (§ 254 BGB).937 Mit der erstgenannten Zielrichtung begründet Abs. 4 nun tatsächlich eine Kundenpflicht zu regelmäßiger Aufmerksamkeit, die über gesetzlich vorgesehene Auftraggeberpflichten deutlich hinausgeht (nicht nur zur Aufmerksamkeit in eigenen Angelegenheiten). Dies gilt umso mehr, als „Unverzüglichkeit“ (§ 121 Abs. 1 BGB) in der Prüfung und der Meldung gefordert wird. Dies weicht so sehr vom gesetzlichen Leitbild ab, dass der weniger weit reichenden Meinung der Vorzug zu geben ist, da Obliegenheit in diesem Fall wohl auch bereits gesetzlich angelegt ist (§ 254 BGB) und im AGBRecht ohnehin eine Auslegung contra proferentem angezeigt ist (§ 305c Abs. 2 BGB).938 326

f) Nachfrage bei Ausbleiben von Mitteilungen (Abs. 5). Ähnlich strukturiert ist die Kundenpflicht, bei allen Mitteilungen, die der Kunde „erwartet“, das Ausbleiben anzuzeigen. Bei manchen dieser Mitteilungen – etwa den Quartalsabschlüssen – steht zumindest der Zeitpunkt fest, bei manchen zumindest weitgehend (etwa bei der Auftragsausführung), bei anderen wiederum deutlich weniger (etwa „erwarteten“ Zahlungseingängen). Wiederum ist die Rechtsfolge nicht spezifiziert. Wiederum zielt die Statuierung der Pflicht nicht darauf ab, Nachteilen beim Kunden vorzubeugen. Denn beispielweise kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kunde seine Einwendungen auch verliert, wenn er keinen Saldoabschluss erhielt und damit auch nicht den Hinweis auf den bei Schweigen nach Ablauf von sechs Wochen drohenden Einwendungsverlust (die Voraussetzungen des § 308 Nr. 5 BGB wären nicht erfüllt). Wieder liegt das Schwergewicht darauf, das Kreditinstitut vor Schäden zu bewahren, wieder erlegt die Klausel dem Auftraggeber (Kunden) Pflichten auf, die über das gesetzliche Regime signifikant hinausgehen und ist daher allenfalls eine Obliegenheit zu bejahen.939

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g) Weitere Mitwirkungspflichten nach AGB-Sparkassen (Nr. 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 lit. c–e). Nr. 20 AGB-Sparkassen enthält einige weitere Regelungen, die freilich über das Gesagte nicht signifikant hinausgehen. Dass die Sparkasse die Sorgfalt eines Kaufmanns schuldet

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936 Einwendungsverlust als Sanktion wird kaum diskutiert, aA als hier offenbar Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 35. 937 Als eigenständige Pflicht verstanden in BGH (Fn 369), BGHZ 73, 207 = WM 1979, 417 (419); OLG Hamm Urt. v. 14.3.1986 – 20 U 290/85, WM 1986, 704 (706); Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 11 Rn 9; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 234; eingeschränkt auch Kümpel/Wittig/Peterek Rn 2.332f.; Schwintowski Kap. 3 Rn 107 (vertragliche Nebenpflicht); wohl auch (jedenfalls in wichtigen Einzelfällen, etwa späteren unberechtigten Lastschriften): Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 71, 78; aA (nur im Rahmen von § 254 BGB): Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 35 (aber ggf. Schadensersatzpflicht aus objektivem Recht); offengelassen von: Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B46. Auch BGH Urt. v. 20.11.1990 – XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48 = NJW 1991, 487 zieht die Klausel nur im Rahmen von § 254 BGB heran, wobei nicht klar ist, ob dies allein der konkreten Fallgestaltung geschuldet ist. 938 Vgl. Nachw vorige Fn (mit verschiedenen Begründungen). 939 Nochmals Nachw Fn 937.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

(Abs. 1 Satz 1), entspricht der gesetzlichen Anordnung (§ 347 Abs. 1 HGB). Dass bei der Wahl weniger sicherer Kommunikationsformen eine gesteigerte Sorgfaltspflicht besteht (Abs. 1 Satz 2 lit. c), entspricht ebenfalls dem objektiven Recht in vergleichbaren Konstellationen.940 Die Klausel, nach der für die Auslösung von Zahlungen die Einhaltung einer speziellen Form – namentlich die Verwendung von Vordrucken oder Eingabemasken – vereinbart werden könne (Abs. 1 Satz 2 lit. d a.F.), wurde zum April 2016 gestrichen.941 Das muss – da dem Zahlungsdiensterecht seit seiner Einführung insofern Leitbildcharakter zukommt – auch für die anderen Zahlungsverkehrsinstrumente gelten. Schließlich gilt für die Pflicht, besondere Weisungen, die über die routinemäßige Abwicklung hinausgehen, gesondert zu erteilen (Abs. 1 Satz 2 lit. e), das oben zu den besonders eilbedürftigen Aufträgen Gesagte.942 5. Fremdwährungskontokorrente und -geschäfte (Nr. 10). Nr. 10 regelt das Fremdwäh- 328 rungskontokorrent, das idR im Ausland gehalten und abgewickelt wird, namentlich über ein Konto, das bei einem (fremden) Institut oder einer Zweigstelle in dem Territorium geführt wird, in dem die fragliche Währung gesetzliches Zahlungsmittel ist. Unproblematisch sind Abs. 1 und 2, die im Wesentlichen nur (hinreichend klar) aufklären und deklaratorischen Charakter haben, von daher schon von der Inhaltskontrolle freigestellt (§ 307 Abs. 3 BGB), jedenfalls jedoch unstreitig wirksam sind: mit der Definition in Abs. 1 Satz 1, namentlich dem Hinweis auf die bargeldlose Abwicklung;943 und mit dem Hinweis in Abs. 1 Satz 2, dass die Abwicklung über ein Konto erfolgt, das bei einer anderen (ausländischen) Bank gehalten werden kann (vgl. fehlenden Verweis auf § 664 BGB in § 675 BGB).944 Wichtig im zweiten Punkt und für die Wirksamkeit der Klausel ist vor allem, dass die AGB-Banken (und die AGB-Sparkassen) auch nicht etwa beanspruchen, dass hier ihre Haftung auf bloßes Auswahlverschulden beschränkt wäre (vgl. Nr. 3 Abs. 2 AGB-Banken, wohl auch Nr. 19 Abs. 2 AGB-Sparkassen).945 Und da bei Bestehen eines Fremdwährungskontokorrents die Auskehrungspflicht nach § 667 BGB bei eingehenden Zahlungen allgemein als eine echte Valutaverbindlichkeit verstanden wird (keine Umrechnungsbefug-

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940 Allgemeiner gilt: Wer beispielsweise bis kurz vor Fristablauf wartet oder sonst einen riskanteren Weg einschlägt, muss, um dem Fahrlässigkeitsvorwurf zu entgehen, gesteigerte Aufmerksamkeit aufwenden: BGH Beschl. v. 19.2.1991 – VI ZB 2/91, NJW-RR 1991, 827; MünchKommBGB/Grundmann § 276 Rn 131. Daher wird die Klausel weit überwiegend als kontrollfrei (§ 307 Abs. 3 BGB), jedenfalls aber wirksam angesehen: für das Erste etwa Aden NJW 1993, 832 (837); für das Zweite v. Westphalen/Fandrich Banken und Sparkassen-AGB Rn 53; teils aber doch auch gewisse Wirksamkeitszweifel, etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 66; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 40. 941 Dazu Baumbach/Hopt/Hopt AGB-Sparkassen § 20 Rn 1; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBSparkassen Rn 67. Verdikt der Unwirksamtkei durch OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.1.2015 – 9 W 1/15, WM 2015, 434. Zuvor jedenfalls für Wirksamkeit noch die praktisch einhellige Meinung, etwa Bunte AGB-Banken und SB, 4. Aufl. 2015, AGB-Sparkassen Rn 67; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 79; kritisch zuvor schon Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 40. 942 Vgl. Nr. 11 Abs. 3 AGB-Banken, oben Zweiter Teil Rn 324. Für Wirksamkeit dieser Klausel auch Bunte/Zahrte/ Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 68; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 76; v. Westphalen/ Fandrich Banken und Sparkassen-AGB Rn 53. 943 Zu dieser Definition und der Wirksamkeit der Klausel (durchweg bejaht): Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 207; BuB/Sonnenhol/Merz/Rodi Rn 1/270a; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 69 f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B43 (implizit). Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 34. Näher hierzu oben Zweiter Teil Rn 184f. 944 Dazu, dass solch eine Dritteinschaltung (keine Substitution!) schon vom objektiven Recht gestattet wird und die Klausel daher wirksam ist: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 207; Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 69f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B43 (implizit). Ulmer/ Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 34; und auch oben oben Zweiter Teil Rn 187. 945 Eindeutig für die AGB-Banken Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 207; Derleder/ Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 69; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B43. Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 34. Dieser Fall wird jedoch idR auch nicht unter Nr. 19 Abs. 2 AGB-Sparkassen (Ermessen der Sparkassen) subsumiert.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

nis nach § 244 Abs. 2 BGB),946 ergibt sich der Gehalt von Abs. 2 (Abwicklung allein über das Fremdwährungskonto) ebenfalls bereits aus objektivem Recht ggf. i.V.m. Abs. 1 Satz 1 (Abrede der bargeldlosen Abwicklung).947 329

Problematischer, heute jedoch auch weitgehend geklärt sind Gehalt und Wirksamkeit von Nr. 10 Abs. 3 AGB-Banken zur Gefahrtragung: Dass grds. der Kunde das Risiko von hoheitlichen Eingriffen im Währungsgebiet trägt (Abs. 3 Satz 1 und 2), entspricht dem auftragsrechtlichen Modell (namentlich § 670 BGB). Dies schließt auch einen Ersatz seitens der Bank durch andere Mittel aus (Satz 2).948 Auch die Einschränkung dahingehend, dass dies nicht gilt, soweit das Institut auf anderem Wege die Belastung für den Kunden vermeiden kann (durch Abwicklung im eigenen Haus bzw. durch Auf- bzw. Verrechnung in derselben Währung) ist nicht nur begünstigend und wirksam, sondern notwendig.949 III. Entgeltfragen (Nr. 12 AGB-Banken) Kosten der Bankdienstleistungen 12. Zinsen, Entgelte und Aufwendungen

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(1) Zinsen und Entgelte im Geschäft mit Verbrauchern. Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die üblichen Bankleistungen, die die Bank gegenüber Verbrauchern erbringt, einschließlich der Höhe von Zahlungen, die über die für die Hauptleistung vereinbarten Entgelte hinausgehen, ergeben sich aus dem „Preisaushang – Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft“ und aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Wenn ein Verbraucher eine dort aufgeführte Hauptleistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im „Preisaushang“ oder „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Zinsen und Entgelte. Eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann die Bank mit dem Verbraucher nur ausdrücklich treffen, auch wenn sie im „Preisaushang“ oder im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesen ist. Für die Vergütung der nicht im „Preisaushang“ oder im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ aufgeführten Leistungen, die im Auftrag des Verbrauchers erbracht werden und die, nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, gelten, soweit keine andere Vereinbarung getroffen wurde, die gesetzlichen Vorschriften. (2) Zinsen und Entgelte im Geschäft mit Kunden, die keine Verbraucher sind. Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die üblichen Bankleistungen, die die Bank gegenüber Kunden, die keine Verbraucher sind, erbringt, ergeben sich aus dem „Preisaushang – Regelsätze im standardisierten Privatkundengeschäft“ und aus dem „Preisund Leistungsverzeichnis“, soweit der „Preisaushang“ und das „Preis- und Leistungsverzeichnis“ übliche Bankleistungen gegenüber Kunden, die keine Verbraucher sind (zum Beispiel Geschäftskunden), ausweisen. Wenn ein Kunde, der kein Verbraucher ist, eine dort aufgeführte Bankleistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im „Preisaushang“ oder „Preisund Leistungsverzeichnis“ angegebenen Zinsen und Entgelte.

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946 Vgl. statt aller und mit weiteren Nachw. Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 208; BankR-Hdb/Schefold § 116 Rn 47–49; MünchKommBGB/Grundmann § 244 Rn 107; Proctor Mann on the Legal Aspects of Money, 6. Aufl. 2005, S. 200–202. 947 Vgl. etwa MünchKommBGB/Grundmann § 244 Rn 108; und oben Zweiter Teil Rn 184f. 948 Zur Wirksamkeit dieser Gefahrverteilung vgl. etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 209–213, bes. 211; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 69 f.; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.309; Wolf/ Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B43. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 34. Näher hierzu oben Zweiter Teil Rn 187–190. 949 Zu Inhalt, Wirksamkeit und Notwendigkeit dieser Einschränkung vgl. etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 213; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 70; Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.309; und auch oben. Zweiter Teil Rn 189.

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Im Übrigen bestimmt die Bank, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde und gesetzliche Bestimmungen dem nicht entgegenstehen, die Höhe von Zinsen und Entgelten nach billigem Ermessen (§ 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). (3) Nicht entgeltfähige Leistungen. Für eine Leistung, zu deren Erbringung die Bank kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse wahrnimmt, wird die Bank kein Entgelt berechnen, es sei denn, es ist gesetzlich zulässig und wird nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung erhoben. (4) Änderung von Zinsen; Kündigungsrecht des Kunden bei Erhöhung. Die Änderung der Zinsen bei Krediten mit einem veränderlichen Zinssatz erfolgt aufgrund der jeweiligen Kreditvereinbarung mit dem Kunden. Die Bank wird dem Kunden Änderungen von Zinsen mitteilen. Bei einer Erhöhung kann der Kunde, sofern nichts anderes vereinbart ist, die davon betroffene Kreditvereinbarung innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe der Änderung mit sofortiger Wirkung kündigen. Kündigt der Kunde, so werden die erhöhten Zinsen für die gekündigte Kreditvereinbarung nicht zugrunde gelegt. Die Bank wird zur Abwicklung eine angemessene Frist einräumen. (5) Änderungen von Entgelten bei typischerweise dauerhaft in Anspruch genommenen Leistungen. Änderungen von Entgelten für Bankleistungen, die von Kunden im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (zum Beispiel Konto- und Depotführung), werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (zum Beispiel das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kunde kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden die Änderungen angeboten, kann er den von der Änderung betroffenen Vertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot hinweisen. Kündigt der Kunde, wird das geänderte Entgelt für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt. Die vorstehende Vereinbarung gilt gegenüber Verbrauchern nur dann, wenn die Bank Entgelte für Hauptleistungen ändern will, die vom Verbraucher im Rahmen der Geschäftsverbindung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden. Eine Vereinbarung über die Änderung eines Entgelts, das auf eine über die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann die Bank mit dem Verbraucher nur ausdrücklich vereinbaren. (6) Ersatz von Aufwendungen. Ein möglicher Anspruch der Bank auf Ersatz von Aufwendungen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften. (7) Besonderheiten bei Verbraucherdarlehensverträgen und Zahlungsdiensteverträgen mit Verbrauchern für Zahlungen. Bei Verbraucherdarlehensverträgen und Zahlungsdiensteverträgen mit Verbrauchern für Zahlungen richten sich die Zinsen und die Kosten (Entgelte und Auslagen) nach den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen und Sonderbedingungen sowie ergänzend nach den gesetzlichen Vorschriften. Die Änderung von Entgelten von Zahlungsdiensterahmenverträgen (z.B. Girovertrag) richtet sich nach Absatz 5.

1. Überblick und Geschichte. Nr. 12 AGB-Banken – und vergleichbar und praktisch in- 331 haltsgleich Nr. 17, 18 AGB-Sparkassen – etablieren einen Rahmen für die Zahlungsverpflichtungen des Kunden, setzen diese selbst jedoch weder dem Grunde noch der Höhe nach fest, sondern verweisen insoweit auf detaillierte Preis- und Leistungsverzeichnisse, die selbst wiederum AGB-Charakter haben.950 Der mit Nr. 12 AGB-Banken gesetzte Rahmen regelt namentlich die Erstvereinbarung von Zahlungspflichten des Kunden (Zins und Entgelte) und die Änderung derselben und sieht schließlich noch einige Bereichsausnahmen vor (mit Verweisen hier-

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950 BGH Urt. v. 18.5.1999 – XI ZW 219/98, BGHZ 141, 380 (383); BGH (Fn 713), BGHZ 195, 298 = WM 2012, 2381 (2382); BankR-Hdb/Bunte § 17 Rn 16.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

für). Diese Form der Regelung – die mit der Fassung vom 1.11.2009 in ihre heutige, neue Form gebracht und dann nochmals zum 13.6.2014 sowie auch – allerdings nur peripher – zum 13.1.2018 und 14.9.2019 geändert wurde – erfolgte in Reaktion auf eine ganze Reihe von Urteilen des BGH in Entgeltfragen. Konkret den Anstoß gaben hier die Entscheidungen vom 21.4.2009951 und vom 8.5.2012,952 mit denen diesbezügliche Teile der Banken- bzw. Sparkassen-AGB (zum inzwischen wiederholten Male) für unwirksam erklärt wurden. In der Tat wird oder wurde die jüngere Judikatur des XI. Senats des BGH in der Fachwelt etwa im Bereich Bankenhaftung im Kapitalanlagerecht als eher „bankenfreundlich“ bewertet, dies hingegen gerade im Bereich Entgelte, Zinsen und Auslagen eher umgekehrt gesehen. Die Entgelt-, Zins- und Zahlungsregelungen in den AGB-Banken und -Sparkassen beschränken sich daher heute deutlich mehr als früher auf Verweise, das Resümee objektiven Rechts und regeln deutlich weniger positiv selbst. 332

Dabei haben eine Reihe von Normtypen und Problemkomplexen im Verbund zur neuen Systematisierung beigetragen. Grundlegend ist namentlich die AGB-Inhaltskontrolle (ohne dass insoweit die zugrunde liegende EG-Klausel-Richtlinie in besonderem Maße konsultiert worden wäre). In ihr werden die Festlegungen zum einen danach unterschieden, welche Arten von Zahlungspflichten sie dem Kunden auferlegen: ob sie (weitgehend kontrollfreie) Preisfestsetzungen enthalten (§ 307 Abs. 3 BGB), der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabsprachen (§ 307 Abs. 2 BGB) oder solche Entgeltformen, die (ebenfalls auf Grund von § 307 Abs. 2 BGB) für grds. unzulässig eingestuft werden (Nr. 12 Abs. 3 AGB-Banken und unten Zweiter Teil Rn 338). Grundlegend sind desweiteren EU-Vorgaben in der (ersten und zweiten) EG/EU-Zahlungsdienste- und der (zweiten) EG-Verbraucherkredit-Richtlinie,953 die auch in Zins- und Entgeltfragen wichtige Strukturentscheidungen bereit halten, großteils mit zwingendem Recht eingreifen (und nicht nur als Leitbild für die AGB-Inhaltskontrolle) und deren Anwendung zudem europarechtlich überformter Methodik zu folgen hat. Bei beiden Formen von Vorgaben (AGBInhaltskontrolle und EU-Vorgaben zu Zins und Entgelt) ist in unterschiedlicher Form zwischen Verbraucherkunden und beruflichen Kunden zu unterscheiden, was deswegen auch die Ausgangsunterscheidung in Abs. 1 und 2 der Nr. 12 AGB-Banken bildet. 2. Festlegung für Zinsen und Entgelte (Abs. 1–3)

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a) Kategorien von Kundengeldleistungen (mit Transparenzregime der BasiskontoRichtlinie). Im Rahmen der AGB-Inhaltskontrolle und im Rahmen der genannten EU-Vorgaben, in wichtigen Punkten jedoch auch schon herkömmlich im allgemeinen Schuldrecht haben sich bei den Zahlungspflichten, denen Kunden im Bankgeschäft unterliegen, folgende, für Nr. 12 AGBBanken strukturbestimmende Unterscheidungen herausgebildet: Die klassische Unterscheidung

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951 BGH (Fn 371), BGHZ 180, 257 = NJW 2009, 2051; BGH Urt. v. 21.4.2009 – XI ZR 55/08, BeckRS 2009, 13142. 952 BGH Urt. v. 8.5.2012 – 437/11, WM 2012, 1344 (Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken a.F.); BGH Urt. v. 8.5.2012 – XI ZR 61/11, WM 2012, 1189 (Nr. 18 AGB-Sparkassen a.F.). Zur im Folgenden angesprochenen Gesamtbewertung vgl. etwa Kropf/Habl BKR 2014, 145 (150); für prägnante Überblicke zur deutschen AGB-Kontrolle von Bankentgelten im Lichte der Europäischen Vorgaben vgl. Fornasier WM 2013, 205; Piekenbrock GPR 2014, 26; Fervers BKR 2019, 165. 953 Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl.EG 2007 L 319/1; Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/ EG, ABl.EU 2015 L 337/35; Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl.EG 2008 L 133/66 und für den wichtigsten Teilbereich (die grundpfandrechtlich gesicherten Kredite) Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl.EU 2014 L 60/34.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

dem Inhalt nach entstammt dem allgemeinen Schuldrecht, namentlich §§ 246 ff., aber auch § 670 BGB: Bankkunden schulden (i) Zinsen, soweit sie für die Überlassung eines Kapitalstocks je nach Überlassungszeit zahlen (§§ 246 ff. BGB),954 (ii) Entgelte für die Erbringung anderer Dienstleistungen seitens der Banken als der Überlassung eines Kapitalstocks zur Nutzung (§ 612 BGB) und (iii) Aufwendungsersatz dafür, dass Banken im Auftrag (Willen) oder im (mutmaßlichen) Interesse der Kunden geldwerte Aufwendungen übernommen/getragen haben (§ 670 BGB). Die Unterscheidungen sind jedoch unterschiedlich wichtig für Nr. 12 AGB-Banken: Während der Aufwendungsersatz in der Tat gänzlich gesondert wird (Abs. 6) und schlicht auf das gesetzliche Regime verwiesen wird (zu den Gründen unten Zweiter Teil Rn 341), werden Zinsen und Entgelte im Ausgangspunkt zusammen behandelt: für Verbraucherkunden in Abs. 1 und für berufliche Kunden in Abs. 2. Dies gilt freilich nur für das Regime der erstmaligen Vereinbarung von Zinsen und Entgelten. Hier ist die zweite Unterscheidung bestimmend, nach Eigenart des Kunden (Verbraucher oder beruflich tätig), die immer wieder in ihrer Verschränkung mit der erstgenannten Unterscheidung nach dem Inhalt zu sehen ist. Anders als bei der Erstvereinbarung wird dann beim Regime zur Änderung in der Tat umgekehrt nach Zinsen und Entgelten, also dem sachlichen Substrat der zu ändernden Regelung, unterschieden (Abs. 4 und 5), um dann in Abs. 6 den Aufwendungsersatz (für alle Kunden) und in Abs. 7 Zins- und Entgeltregeln auf Grund ihrer EU-rechtlichen Herkunft (nur für Verbraucherkunden) gänzlich abzutrennen und für sie schlicht auf das objektive Recht zu verweisen. In den Grundregeln – zur Erstvereinbarung – in Abs. 1–3 wird freilich nicht ausschließlich nach Verträgen mit Verbrauchern und mit beruflich Tätigen unterschieden, sondern eine besondere Entgeltart hiervon nochmals abgesondert (allen Kunden gegenüber): Dies sind diejenigen Entgelte, die als Kategorie – nicht nur im Einzelfall – als missbräuchlich und mit § 307 Abs. 2 BGB unvereinbar eingestuft werden, wenn das fragliche Entgelt nicht im Einzelfall gesetzlich speziell zugelassen wird: namentlich Entgelte, die erhoben werden sollen für die bankseitige Erfüllung einer gesetzlichen Nebenpflicht oder für Handlungen, die die Bank (vor allem) im eigenen Interesse vornimmt (zum richterrechtlichen Hintergrund dieser eigenen Kategorie vgl. unten Zweiter Teil Rn 338). 2016 ist zudem beim Bankkonto – auf der Grundlage der EUBasiskonto-Richtlinie (oben Zweiter Teil Rn 131, mit Literatur) – ein Regime in Kraft getreten, mit dem die Transparenz gesteigert, nicht jedoch eine weitere Inhaltskontrolle geschaffen werden sollte:955 Art. 3–8 der Richtlinie verpflichten die Mitgliedstaaten dazu, eine Liste der wichtigsten (am häufigsten genutzten) Bankentgelte aufzustellen (vgl. §§ 5–19 ZKG) und die Zahlungsdiensteleister dazu zu verpflichten, eine Entgeltinformation bei Vertragsschluss und einmal jährlich bereitzustellen (Art. 4 f., vgl. §§ 5 und 10 ZKG), und zudem eine Vergleichswebsite einzurichten und den Verbrauchern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (Art. 7, vgl. §§ 16 ff. ZKG). b) Zinsen und Entgelte gegenüber Verbraucherkunden (Abs. 1). Gegenüber Verbrau- 334 chern i.S.v. § 13 BGB956 unterscheidet Abs. 1 nach Zinsen und Entgelten für Hauptleistungen

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954 Zu diesem (klassischen) Zinsbegriff, in dessen Rahmen mit „Zins‟ die Zahlung bezeichnet wird, die aus einem Kapitalstock (idR prozentual und zeitanteilig) berechnet wird, der zur Nutzung überlassen oder eröffnet wird: MünchKommBGB/Grundmann § 246 Rn 4 f. Dort (Rn 3–9) dann auch zum – davon abweichenden – verbraucherkreditrechtlichen Zinsbegriff, in den auch Einmalzahlungen („Entgelte‟ etwa für Kreditprüfungen) und die Verpflichtung hierzu einbezogen werden, namentlich für die Berechnung des sog. Effektiven Jahreszinses; und dort auch zu weiteren (vorliegend weniger wichtigen) Zinsbegriffen. Zu den verschiedenen Zinsbegriffen auch etwa Staudinger/Omlor § 246 Rn 21 ff. 955 In Deutschland umgesetzt durch das Gesetz über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Zahlungskontengsetz – ZKG) vom 11. April 2016, BGBl. I S. 720, ber. BGBl. 2018 I S. 1102); dazu Artz ZBB 2016, 191; Findeisen WM 2016, 1765; Rott VuR 2016, 3; Cornreder/Schild BKR 2016, 89; kritisch Herresthal BKR 2016, 133; Held BKR 2016, 353. 956 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B52 verweist stattdessen auf den – inhaltlich wohl gleichen, für Verbraucher aber m.E. ungleich weniger „erkennbaren‟ – Begriff des Letztverbrauchers in § 1 Abs. 1

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

(1. und 2. Unterabsatz) und für andere Leistungen (3. Unterabsatz) sowie im Preisverzeichnis nicht aufgeführte Leistungen (4. Unterabsatz, nächste Rn). Für die Erstgenannten sieht die Regel eine ausdrückliche Regelung in den Leistungs- und Preisverzeichnissen vor und nur diese (Selbstbindung an die Preisverzeichnisse). Liegt eine solche vor, so gilt sie als vereinbart entweder dadurch, dass die AGB-Werke wirksam einbezogen wurden (Satz 1; zu den Voraussetzungen oben Zweiter Teil Rn 278–282), oder aber dadurch, dass der Kunde die Leistung in Anspruch nimmt (Satz 2). Auch Zweiteres ist wirksam, weil es nur das gesetzliche Regime wiedergibt (§ 612 BGB für die Entgelte und § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Zinsen, zum Verbraucherkredit im technischen Sinne sogleich noch).957 Drei Abgrenzungen zu anderen Gestaltungen bzw. innerhalb dieses Regimes sind von Bedeutung: Zum einen wird gegenüber Verbrauchern für die Hauptleistung für die Zinsen und Entgelte auf jegliches einseitige Bestimmungsrecht (§ 315 BGB) verzichtet, dies weil eine Klausel nach dem Muster von Nr. 17 Abs. 2 Satz 1 AGB-Sparkassen a.F. mit Entscheidung vom 21.4.2009 (oben Fn 371/952) für unwirksam erklärt wurde. Die Entscheidung wurde zwar auf den Umstand gestützt, dass die Klausel in ihren Aufgreifvoraussetzungen nicht hinreichend klar formuliert sei und dass sie nicht sicher verbürge, dass Kunden von Änderungen in gleicher Weise profitieren könnten wie sie belastet werden (fehlende symmetrische Ausgestaltung bei der Neufestsetzung). Dennoch wurde auf ein einseitiges Bestimmungsrecht in allen AGB-Regelwerken für die Zukunft gänzlich verzichtet. Zum anderen ist jedoch auch die Reichweite dieser Anordnung insofern beschränkt, als sie den Verbraucherkredit nach der EGRichtlinie gerade nicht erfasst. Für diesen verweist Abs. 7 ganz auf das gesetzliche Regime (einschließlich dort zulässiger Abreden von Preisen). Abs. 1, der nur Verbraucherverträge regelt, hat daher für Zinsen angesichts dieser Ausnahme einen äußerst beschränkten Anwendungsbereich. Schließlich ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwischen Preisabsprachen (für die Hauptleistung), bei denen allein eine Transparenzkontrolle vorgenommen wird, die also kontrollfrei wirksam sind, wenn sie im Leistungs- und Preisverzeichnis hinreichend klar bezeichnet sind (§ 307 Abs. 3 BGB), und sog. Preisnebenabsprachen zu unterscheiden,958 auf die sich Nr. 12 Abs. 1 AGB-Banken durchaus auch bezieht: Diese werden durchaus der umfassenden Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterworfen und unterscheiden sich von den reinen Preisabreden für die Hauptleistung dadurch, dass sie zwar den Endpreis beeinflussen (können), jedoch ohne ihre Vereinbarung kein essentialium negotii fehlen würde, so dass die Lücke durch Anwendung des dispositiven Rechts geschlossen werden könnte.959

_____ PAngVO. Entscheidend ist, dass der Grundsatz einer Auslegung contra proferentem (§ 305b Abs. 2 BGB) und die Bezugnahme vor allem auf die deutsche Rechtsordnung in Abs. 1 es nahelegen, dass die Position zu den sog. „Dual use‟-Fällen vereinbart sein soll, die im deutschen Recht vorherrscht (nicht beim EuGH, so überzeugend die EuGHMeinung auch theoretisch sein mag): Schon bei überwiegend privater Nutzung der Bankdienstleistung ist von einer Nutzung als Verbraucher auszugehen; vgl. nur MünchKommBGB/Micklitz/Purnhagen § 13 Rn 52–56. 957 Die Literatur geht idR ganz selbstverständlich (und implizit) von Wirksamkeit aus (ohne freilich die Frage aufzuwerfen, ob nicht im geschäftlichen Verkehr für § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB eine vergleichbare Vermutungsregel gilt wie in § 612 BGB, also bereits § 307 Abs. 3 BGB eingreift): Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.343–6.345; Baumbach/Hopt, (8) AGB-Banken Nr. 12 Rn 2; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 42; differenzierend Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 241. 958 Grundlegend: Urt. v. 6.2.1985 – VIII ZR 61/84, BGHZ 93, 358 (360 f.) = NJW 1985, 3013; BGH Urt. v. 24.11.1988 – III ZR 188/87, BGHZ 106, 42 (46) = WM 1988, 1780; BGH Urt. v. 7.5.1991 – XI ZR 244/90, BGHZ 114, 330 (333) = WM 1991, 1113; schöne Zusammenfassung in BGH (Fn 713), BGHZ 195, 298 = WM 2012, 2381 (2382); vgl. auch BGH Urt. v. 12.9.2017 – XI ZR 590/15, NJW 2017, 3649 (Tz. 54–57); BGH Urt. v. 25.7.2017 – XI ZR 260/15, WM 2017, 1744 (pauschale Gebühr für TAN-SMS unwirksam); Urt. v. 25.10.2016 – XI ZR 9/15, NJW 2017, 1018 (gleiches für ÜberziehungsPauschalgebühr); Urt. v. 27.1.2015 – XI ZR 174/13 (gleiches für Gebühr je Buchung); ausführlich hierzu die in der folgenden Fn Genannten. 959 Listen solcher bloßen Preisnebenabreden (namentlich Preisänderungsklauseln, Gebühren für die Behebung von Planwidrigkeiten, Gefahrprävention und Verbürgung der Ordnungsmäßigkeit bei der Vertragsdurchführung, etwa Gebühren für Auftragsrückreichung, Barauszahlung, Kraftloserklärung, Verwaltung von notwendigen Dokumenten oder Freistellungsaufträgen etc.) bei Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 241

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Für Entgelte für andere Leistungen als die Hauptleistung i.e.S. wird in Satz 3 eine aus- 335 drückliche Preisabsprache verpflichtend gemacht. Mit anderen Worten: Diese weitere Leistung muss in den Leistungs- und Preisverzeichnissen ausdrücklich aufgeführt werden, S. 3 sieht also ausdrücklich keine vergleichbare Regel vor wie Satz 2 für die Hauptleistungen, es kann nicht etwa auf § 612 BGB bzw. – ohnehin für andere als Hauptleistungen kaum denkbar – auf § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB rekurriert werden (dazu modifizierend gleich noch). Umgekehrt freilich bedeutet die explizite und auch hinreichend klare Nennung im Preisverzeichnis noch nicht, dass die Preisfestsetzung nicht etwa einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterzogen würde, etwa ob sie nicht die anfallenden Kosten unverhältnismäßig übersteigt, obwohl eine Ausrichtung an den Kosten in vielen Bereichen zum gesetzlichen Leitbild geworden ist. Hier zeigt sich der rechtspolitisch überzeugende Kern der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Preisnebenabsprachen und ihrer Kontrollfähigkeit: Diese Preisfestsetzungen sind für den Kunden nicht vergleichbar sichtbar („ins Auge stechend“) wie Preisabsprachen für die eigentliche Hauptleistung, auf die auch (Privat-)Kunden schauen (sollten). Daher sind Preisnebenabreden auch in der Tat in ähnlicher Weise von der Problematik strukturell ungleichen Informationszugangs betroffen wie sonstige AGBs.960 Ganz uneingeschränkt bleibt Satz 3 mit seinem Fokus allein auf den explizit angeordneten Preisfestsetzungen freilich doch nicht. Satz 4 sieht – in gewisser Parallelität zu § 612 BGB – vor, dass eine Lücke im Preisverzeichnis (die im Zweifel der Kunde ohnehin nicht sah) jedenfalls dann nicht zur Unentgeltlichkeit führen kann, wenn der Kunde nicht davon ausgehen kann, dass die Leistung unentgeltlich erfolgen sollte. Angesichts der Detailliertheit der Preisverzeichnisse ein wohl eher theoretischer Fall.961 c) Zinsen und Entgelte gegenüber beruflichen Kunden (Abs. 2). Die Regelung in Abs. 2 336 (Unterabsätze 1 und 2) gleicht derjenigen in Abs. 1 weitgehend, freilich sind hier alle „üblichen“ Bankdienstleistungen zusammen behandelt, es wird nicht nach Hauptleistungen und sonstigen Leistungen getrennt. Die Unterscheidung danach, ob das Preisverzeichnis (als AGBRegelwerk) einbezogen wurde (1. Unterabsatz) oder aber der beruflich tätige Kunde die übliche Bankdienstleistung schlicht in Anspruch genommen hat (2. Unterabsatz), findet sich ebenfalls wieder, obwohl schon nach den allgemeinen Grundsätzen über die Einbeziehung von AGBRegelwerken gegenüber kaufmännischer/beruflicher Kundschaft kaum ein Fall denkbar ist, in dem eine Bankdienstleistung (vertraglich wirksam) in Anspruch genommen wird und doch die AGB-Regelwerke nicht einbezogen sind. Denn nach dem Gesagten genügt es, dass diesen Kunden der Einbeziehungswille der Bank bekannt ist und sie auf zumutbare Weise Kenntnis vom AGB-Inhalt nehmen können (oben Zweiter Teil Rn 282), was heute angesichts der flächendeckenden Veröffentlichung im Internet praktisch nie problematisch sein dürfte. Auch dass allein der Stand des Preisverzeichnisses zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gilt, entspricht allgemeiner Rechtsgeschäftslehre. Die ersten beiden Unterabsätze gehen also dahin, dass sich die Preisvereinbarung nach den Festlegungen in den Preisverzeichnissen richtet, wenn es keine individuelle, abweichende Abrede gibt. Umgekehrt ist jedoch auch bei den Grenzen der Unterschied zu Abs. 1 und den Grenzen in Verbraucherverträgen nicht groß. Denn die oben genannten Unterscheidungen und Festlegungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung im Zuge der Inhaltskontrolle vorgenommen hat (oben Zweiter Teil Rn 334), stützen sich sämtlich

_____ und Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann 5. Teil Klauseln (D); Kropf/Habl BKR 2012, 141 und 2013, 103; dies. BKR 2014, 145; Knops ZBB 2010, 479; Nobbe WM 2008, 185; Roller BKR 2008, 221; Schimansky FS 50 Jahre Bundesgerichtshof 2000, S. 3; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 48 ff. 960 Vgl. Nachw oben Fn 816; schöner Überblick auch bei OLG Karlsruhe Urt. v. 8.9.2018 – 17 U 147/17, WM 2018, 1690 (selbst Gebühr für Bareinzahlung betreffend). 961 Für Wirksamkeit (weil nur gesetzliche Regelung) etwa Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 246 f.

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auf § 307 Abs. 1 und 2 BGB, nicht §§ 308 f. BGB. Insbesondere die Anforderungen an eine symmetrische Ausgestaltung der Vor- und Nachteile aus einer Preisgestaltung, vor allem jedoch die Unterscheidung zwischen Preisabreden und Preisnebenabreden gelten auch hier.962 Die Klausel (in Unterabsatz 3), dass es neben dem Preisverzeichnis und den dort aufgeführ337 ten „üblichen“ Bankdienstleistungen, weitere Fälle geben soll, in denen Entgelte gefordert werden können und dies schlicht nach billigem Ermessen, ohne Spezifikation der Kriterien (§ 315 BGB), erscheint nicht nur überflüssig, sondern auch problematisch.963 338

d) Zwingend entgeltfreie Leistungen (Abs. 3). In ständiger Rechtsprechung geht der BGH davon aus, dass sich Banken in AGBs nicht wirksam ein Entgelt dafür ausbedingen können, dass sie Nebenpflichten erfüllen, die ihnen gesetzlich auferlegt sind oder die sie zur Absicherung ihrer Hauptpflicht vertraglich übernommen haben.964 In vielen Fällen erscheint dies plausibel. Ob dies jedoch allgemein rechtspolitisch überzeugt, ist umstritten. Insbesondere die Überlegung, dass einige Nebenpflichten der Banken dem Ziel dienen, Schädigungen aus Fehlverhalten und Unachtsamkeiten des Kunden zu minimieren, lässt deutlich werden, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung auch dazu führen kann, dass Unaufmerksamkeiten quersubventioniert werden von der großen Zahl sorgsam agierender Bankkunden,965 dass also die Kernüberlegung, die den BGH im Verbraucherrecht allgemein für das Leitbild des aufmerksamen und hinreichend informierten, nicht des flüchtigen Verbrauchers optieren ließ,966 im Recht der Bankentgelte nicht hinreichend Berücksichtigung fand. In der Tat hat der Europäische Gesetzgeber diese Rechtspre-

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962 Unstreitig: Teils ergingen die Urteile sogar zu AGBs im Verhältnis zu beruflich Tätigen, etwa BGH (Fn 958), BGHZ 93, 358 (360 f.) = NJW 1985, 3013. In anderen Fällen blieb die Verbrauchereigenschaft (oder nicht) gänzlich unerörtert (dh. irrelevant): BGH (Fn 958), BGHZ 106, 42 (46) = WM 1988, 1780. Keinen Unterschied zwischen Verbrauchern und Nicht-Verbrauchern machen auch etwa Nobbe WM 2008, 185 (187ff.); Kümpel/Wittig/Peterek Rn 6.352ff.; Kropf/Habl BKR 2012, 141 und 2013, 103. 963 Denn auch die Transparenz- und Symmetrieanforderungen, die im Wege der Inhaltskontrolle aufgestellt wurden, sind wohl nicht auf das Verhältnis zum Verbraucherkunden zu beschränken. Wie hier Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 43; anders Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 12 Rn 7 (ausdrücklich: „wirksam‟); BankR-Hdb/Bunte § 17 Rn 21 (Wirksamkeit nicht problematisierend). 964 Grundlegend BGH (Fn 851), BGHZ 136, 261 = WM 1997, 1663; BGH (Fn 371), NJW 1999, 2545; Zusammenfassung in jüngerer Zeit BGH (Fn 713), BGHZ 195, 298 = WM 2012, 2381; aufgrund der im Text genannten Entwicklung im Zahlungsdiensterecht heute demgegenüber überholt: BGH Urt. v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, BGHZ 137, 43 = WM 1997, 2298; Urt. v. 21.10.1997 – XI ZR 296/96, WM 1997, 2300; zuletzt auch noch BGH Urt. v. 20.10.2015 XI ZR 166/14, BGHZ 207, 176; BGH (Fn 908), WM 2012, 1383 (jeweils zur Unzulässigkeit von Entgelten für Lastschrift- oder Scheckrückgabe); zu mehreren der geprüften Klauseln auch BGH Urt. v. 12.9.2017 – XI ZR 590/15, NJW 2017, 3649; zutreffend in diesen Fällen allein aus dem Zahlungsdiensterecht (ggf. auch e contrario) argumentierend: OLG Düsseldorf Urt. v. 19.7.2012 – I-6 195/11, ZIP 2012, 1748; davon abzugrenzen sind diejenigen Entscheidungen, die aufgrund zwingenden Rechts Orientierung an den tatsächlich angefallenen Kosten überprüfen (etwa § 675f Abs. 5 Satz 2 BGB): BGH Urt. v. 17.12.2013 – XI ZR 66/13, NJW 2014, 922 (Kostenklausel für Nacherstellen von Kontoauszügen unwirksam); BGH (gleiche Fn), NJW 2017, 3649; umfangreiche grafisch-alphabetische Übersicht zur Rechtsprechung und den verschiedenen erfassten Gebührentatbeständen bei Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 248. 965 Namentlich Köndgen ZBB 1997, 117; Bitter ZBB 2007, 237 (240 ff.); ders. FS Ott 2002, S. 153; Steuer FS Hadding 2004, S. 1169; Büchel BKR 2009, 358 (364). 966 EuGH Urt. v. 16.7.1998 – Rs. 210/96 Gut Springenheide Slg. 1998 I-4657: Kriterium ist laut Leitsatz der „durchschnittlich informierte(r), aufmerksame(r) und verständige(r) Durchschnittsverbraucher‟. In der Folge, teils mit Diskussion weiterer Elemente (für Sondersituationen): EuGH Urt. v. 13.1.2000 – Rs. C-220–98 Estée Lauder, Slg. 2000, I-135 (bes. 146); EuGH Urt. v. 24.10.2002 – Rs. C-99/01 Linhart und Biffl, Slg. 2002, I-9391 (bes. 9404); Urt. v. 16.10.2006 Rs. C-168/05 Mostaza Claro, Slg. 2006, I-10437 (Tz. 25); Urt. v. 4.6.2009 Rs. C-243/08 Pannon GSM, Slg. 2009, I-4713 (Tz. 22); Urt. v. 6.10.2009 Rs. C-40/08 Asturcom Telecommunications, Slg. 2009, I-9579 (Tz. 29); Urt. v. 6.7.2010 Rs. C-137/08 VB Pénzügyi Lizing ./. Ferenc Schneider, Slg. 2010, I-10847 (Tz. 46); Urt. 21.1.2016 Rs. C-75/15 Viiniverla,ECLI:EU:C:2016:35 (Tz. 25); vergleichbar BGH Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, NJW-RR 2000, 1490 (1491f.); BGH Urt. v. 17.5.2001 – I ZR 216/99, NJW 2001, 3262 (3263); BGH Urt. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875 (877); BGH Urt. v. 19.9.2001 – I ZR 54/96, NJW 2002, 600 (602); dazu (als allgemeinem und überzeugendem Leitbild des Verbraucherrechts) aus jüngerer Zeit Grundmann FS W.-H. Roth 2015, S. 182.

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chung auch prominent in Einzelfällen des Zahlungsdiensterechts „korrigiert“, etwa mit Art. 79 Abs. 1 (3. Unterabsatz), Art. 80 Abs. 5 (a.E.) und 88 Abs. 4 Zahlungsdienste-Richtlinie-II (§ 675o Abs. 1 Satz 4, 675p Abs. 4 S. 3 und 675y Abs. 5 Satz 5 BGB; dazu ausführlich unten Dritter Teil Rn 294, 302 und 514 f.).967 Diese Umsetzungsnormen gehen praktisch durchweg bereits auf EGZahlungsdienste-Richtlinie I (dort Art. 65, 66 und 74) zurück, teils wurde auch nicht etwa „nachgebessert“, beispielsweise in § 675o Abs. 1 Satz 4 BGB, der nicht – mit Art. 79 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II – „Angemessenheit“ fordert.968 Auch klauselmäßig vereinbarte Entgelte für die Vornahme von Handlungen, die die Banken primär im eigenen Interesse vornehmen, etwa die Kreditprüfung, werden als unzulässig eingestuft, und dies zuletzt sogar bei transparent ausgewiesenen Gebühren für eine konkret umrissene Dienstleistung (Bearbeitungsgebühr Kreditvertrag).969 Abs. 3 bildet diese Rechtslage getreulich ab, auch die Einschränkung, dass gesetzlich das Gegenteil angeordnet oder zumindest (explizit) gestattet werden kann (wie in den Fällen von §§ 675o Abs. 1 Satz 4, 675p Abs. 4 Satz 3 und 675y Abs. 5 Satz 5 BGB). 3. Änderung von Zinsen und Entgelten (Abs. 4, 5) a) Änderung von Zinsen (Abs. 4). Die Regelung zu Zinsanpassungsklauseln in Abs. 4 ist 339 als Reaktion zu verstehen auf die Entscheidungen des BGH vom 21.4.2009 (Fn 371/951), in denen der BGH für in AGB vereinbarte Zinsanpassungsklauseln forderte, dass das die Anpassung auslösende Kriterium klar umschrieben sein muss und zudem dem Kunden vergleichbar zugute kommen muss wie es ihn belastet (symmetrische Ausgestaltung des Kriteriums; zu den Preisanpassungsklauseln, namentlich im Zusammenhang mit Kontokorrenti, vgl. bereits oben Zweiter Teil Rn 130). Abs. 4 überlässt nun die Befolgung dieser Kriterien der Gestaltung des Kreditvertrages selbst (regelmäßig klauselmäßig ausgestaltet, vgl. oben Zweiter Teil Rn 273), während Abs. 4 für diese Möglichkeit nur vorsieht, dass eine Abrede nötig ist (Satz 1), und zugleich zusagt, dass die Bank die jeweilige Zinsänderung mitteilt (Satz 2). Dies entspricht dem Rahmen für Zinsanpassungsklauseln nach objektivem Recht, den Abs. 4 also nachbildet, während der Einzelvertrag dann die Anpassungsklausel selbst enthält (die sich an EU-Verbraucherkreditrecht zu orientieren hat). Der Rahmen des objektiven Rechts, den Abs. 4 nachbildet, ist im 4. Teil zum Kreditrecht näher erörtert (vgl. dort Rn 48–52). Das gleiche gilt für das Kündigungsrecht des Kunden und seine Durchführung (Satz 3–5 und unten Vierter Teil Rn 811–816). b) Änderung von Entgelten (Abs. 5). Umgekehrt ist Abs. 5 für die Anpassung von Entgelten 340 dem Leitbild des (Europäischen) Zahlungsdiensterechts nachgebildet, dem strengsten verfügba-

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967 BGH-Urteile hierzu namentlich: BGH (Fn 964), NJW 2014, 922; Urt. v. 27.1.2015 – XI ZR 174/12, WM 2015, 519 = WuB 2015, 252 (Kropf) (Buchungsgebühr für jede Einzeltransaktion unwirksam auch bei Transparenz). 968 Allerdings nicht nur richtlinienkonforme Auslegung ohnehin in diese Richtung vorzunehmen, sondern nach deutscher höchstrichterlicher Judikatur in diesem Falle sogar für eine äußerst strenge Beschränkung auf die unmittelbar dem Benachrichtigungsvorgang zuzuordnenden Kosten: BGH (vorige Fn), NJW 2017, 3649 (Tz. 28–43). 969 Allgemeiner, die Rechtsprechung zusammenfassend: BGH (Fn 952), WM 2012, 1344 (1349); Bunte/Zahrte/ Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 261. Zur Bearbeitungsgebühr bei Kreditvertrag (Inhaltskontrolle trotz Transparenz): BGH Urt. v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12, BGHZ 201, 168 = WM 2014, 1224; auch im unternehmerischen Rechtsverkehr: BGH Urt. v. 5.6.2018 – XI ZR 371/16, BGH Urt. v. 5.6.2018 – XI ZR 371/16, BeckRS 2018, 14431; Urt. v. 16.10.2018 – XI ZR 593/16, BKR 2019, 80; und für die Bearbeitungsgebühr in Bausparverträgen (wenn auch i.Erg. wirksam): BGH Urt. v. 7.12.2010 – XI ZR 3/10, WM 2011, 263 = NJW 2011, 1801; Kontrollfähigkeit dieser Klauseln sehr umstritten, ursprünglich in diesem Sinne Nobbe WM 1008, 185 (193 f); ablehnend weit überwiegend die Literaratur und teils überaus heftig, etwa: Schmidt-Burgk BB 2018, 1799; Becher/Krepold BKR 2014, 45 (Grundlagen der Privatautonomie zerstört, gesamtes Islamic Banking und EG-Richtlinien konterkariert, keinerlei Kosten neben Zinsen mehr kompensierbar, Wettbewerbsnachteil im Binnenmarkt); Billing WM 2013, 1777 und 1829 (etwa 1838) („seit mehr als 50 Jahren … praxisüblich [und] … anerkannt‟); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (alle mit umfangreicher Darstellung der Flut der vorangegangenen Urteile von Instanzgerichten und der Entwicklung der Frage); schon früh die Reaktion auf Nobbe namentlich in Habersack WM 2008, 1857; Haertlein/Thümmler ZIP 2009, 1197.

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ren für Entgelte, namentlich der Regelung für die Änderung des Rahmenvertrages in § 675g Abs. 1 und 2 BGB (entsprechend Nr. 12 Abs. 5 Satz 1, 3, 4 und 5 AGB-Banken, allesamt nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei wirksam oder jedenfalls einem gesetzlichen Leitbild entsprechend). Danach kann der Kunde auf das Änderungsangebot der Bank durch Ablehnung oder ausdrückliche Zustimmung reagieren (Satz 6), es ist jedoch auch Annahme durch Schweigen möglich: wenn eine zweimonatige Bedenkzeit eingeräumt wurde, abgelaufen ist und auf die Zustimmungswirkung als Folge hingewiesen wurde. Zudem hat die Wahl dieser Gestaltungsform seitens der Bank die Folge, dass der Kunde ein Recht zur fristlosen Kündigung erhält, auf das er ebenfalls hinzuweisen ist (dieses freilich wegen Nr. 18 AGB-Banken irrelevant). Diese Form der Zustimmung ist der Gegenstand von Abs. 5, auch hier nur für Rahmen-, nicht Einzelverträge (vgl. Satz 8). Eigenständig (über § 675g Abs. 1 und 2 BGB hinaus) und wirksam ist hierbei die Regel, dass das genannte Angebot und der Hinweis auf die Zustimmungswirkung des Schweigens auch durch elektronische Kommunikation erfolgen darf, wenn Online-Banking u.ä. vereinbart ist (Satz 2).970 Satz 7 regelt dann als eine der Folgen der Kündigung, dass die Entgeltänderung keine Anwendung findet. Zusätzlich wird das fragliche Dauerschuldverhältnis beendet, Gleiches gilt jedoch nicht für die sonstigen Teile der allgemeinen Bank-Kunden-Beziehung mit ggf. weiteren vertraglichen Absprachen.971 4. Verweis für Aufwendungsersatz und EU-Verbraucherrecht (Abs. 6, 7). Für Aufwendungsersatzansprüche verweist Abs. 6 schlicht auf objektives Recht – dies für alle Kundengruppen (und ohne dass es auf die Unterscheidung zwischen Erstvereinbarung und Änderung ankäme). Zwar hat die höchstrichterliche Entscheidung, die hierzu den Anlass gab,972 keineswegs jegliche klauselrechtliche Regelung des Aufwendungsersatzes für unzulässig erklärt. Dort wurde nur zweierlei entschieden: Einen Aufwendungsersatz darf das Institut nur für die Fälle vereinbaren, in denen es – entgegen Nr. 12 Abs. 6 AGB-Sparkassen a.F. – die Aufwendung zur Durchführung des Auftrages für erforderlich halten darf, nicht schon dafür, dass sie bei der Auftragsausführung anfällt, selbst wenn der Auftrag erteilt wurde oder dem Interesse des Kunden entspricht; und Aufwendungen, die im (gutteils) eigenen Interesse übernommen werden, etwa die Bewertung der Werthaltigkeit von Sicherheiten, erfüllen diese Anforderung nicht. Die solchermaßen gezogenen Grenzen erschienen jedoch so eng, dass auf Bankenseite in einer klauselrechtlichen Modifikation kein Sinn mehr gesehen wurde. Die heute gewählte, schlicht verweisende Klausel ist daher kontrollfrei wirksam (§ 307 Abs. 3 BGB). Im Gegensatz zu Entgelten (Abs. 1–3 sowie Abs. 5) zeichnen sich Aufwendungsersatzansprüche dadurch aus, dass sie getätigte Kosten ersetzen, die in den alten AGB beispielhaft aufgezählt waren, nicht für eine Leistung eine Gegenleistung fordern. Für die anderen möglichen Zahlungspflichten des Kunden, die Zins- und Entgeltansprüche 342 der Banken, verweist Abs. 7 (für deren Anwendungsbereich) – abgesehen von individuellen Abreden – direkt auf die EG-Zahlungsdienste- bzw. die (zweite) EG-Verbraucherkredit-Richtlinie in ihrer Umsetzung in deutsches Recht (Nachw oben Fn 953), dies jedoch nur für Verträge mit Verbrauchern, weil die EG-Verbraucherkredit-Richtlinie ohnehin nur Verbraucher erfasst und weil auch die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II (wie schon die EG-Zahlungsdienste-Richt341

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970 Wirksamkeit elektronischer Kommunikation wird vor allem bejaht für die Einbeziehung von AGBs, was dann für Kommunikationen innerhalb der laufenden Geschäftsbeziehungen a maiore gelten muss: vgl. BGH (Fn 466), WM 2014, 456 = NJW 2014, 1441 (m.w.Nachw. zur st. Rspr.); Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 11; Heymann/ Horn Anh. § 372 Rn II/16; eher zweifelnd Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Sparkassen Rn 33; Kümpel/ Wittig/Peterek Rn 6.95; doch darf die e-mail nicht etwa nur einen link bekanntgeben oder gar auf die Homepage generell verweisen, sondern muss die Änderung selbst mitteilen: Becher/Gößmann BKR 2002, 519 (520); Casper a.a.O.; konkret für Nr. 12 Abs. 4, 5 AGB-Banken etwa: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 205, 260 (hier nun in der Tat nicht zweifelnd); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 46. 971 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B56. 972 BGH (Fn 952), WM 2012, 1344; im Wesentlichen ablehnend Bork WM 2012, 1101.

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linie I) vor allem für Verbraucherverträge zwingendes Recht vorsieht (vgl. Art. 38 Abs. 1, Art. 62 der Richtlinie und § 675e bes. Abs. 1 und 4 BGB) und daher keine Abweichung in AGB zulässig wäre. Soweit freilich auf Abs. 5 verwiesen wird, bildet dieser nach dem Gesagten ohnehin nur die deutsche Umsetzung des Regimes der EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II ab. Wiederum kommt es auf die Unterscheidung zwischen Erstvereinbarung und Änderung nicht an. In der Tat ist ein zwingendes Regime einer klauselrechtlichen Modifikation ohnehin nicht zugänglich, jedoch auch in den wenigen Fällen, in denen das Regime Verbrauchern gegenüber Abreden zulässt, werden die diesbezüglichen Regeln in den Preisverzeichnissen direkt auf die Ermächtigung im objektiven Recht (Richtlinie und BGB) gestützt. So werden die AGB-Banken auch von Auslegungsfragen der europarechtlichen Dogmatik freigestellt. Das objektive Recht zu Zinsen und Entgelten – sowohl die Erstvereinbarung als auch die Änderung – wird daher gänzlich in den Teilen zum Zahlungsdiensterecht und zum Verbraucherkreditrecht erörtert (vgl. einerseits unten Dritter Teil Rn 140–145 und andererseits unten Vierter Teil Rn 184 ff., 835 ff. et passim). Umgekehrt gilt für die Entgelt- und ggf. Zinszahlungspflichten beruflicher Kunden im Zahlungsverkehr und erst recht im Kreditgeschäft das Regime der Abs. 2–5 (oben Zweiter Teil Rn 333– 340), wobei im ersten Bereich das Zahlungsdiensteregime (mit seiner Europäischen Grundlage) das gesetzliche Leitbild bildet, an dem die Klauseln zu messen sind (und an dem sie sich im Falle von Abs. 5 auch in der Tat gänzlich orientieren). IV. Sicherheiten (Nr. 13–17 AGB-Banken) – Überblick Sicherheiten für die Ansprüche der Bank gegen den Kunden 13. Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten (1) Anspruch der Bank auf Bestellung von Sicherheiten. Die Bank kann für alle Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung die Bestellung bankmäßiger Sicherheiten verlangen, und zwar auch dann, wenn die Ansprüche bedingt sind (zum Beispiel Aufwendungsersatzanspruch wegen der Inanspruchnahme aus einer für den Kunden übernommenen Bürgschaft). Hat der Kunde gegenüber der Bank eine Haftung für Verbindlichkeiten eines anderen Kunden der Bank übernommen (zum Beispiel als Bürge), so besteht für die Bank ein Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten im Hinblick auf die aus der Haftungsübernahme folgende Schuld jedoch erst ab ihrer Fälligkeit. (2) Veränderung des Risikos. Hat die Bank bei der Entstehung von Ansprüchen gegen den Kunden zunächst ganz oder teilweise davon abgesehen, die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten zu verlangen, kann sie auch später noch eine Besicherung fordern. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung der Ansprüche gegen den Kunden rechtfertigen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn – sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden nachteilig verändert haben oder sich zu verändern drohen oder – sich die vorhandenen Sicherheiten wertmäßig verschlechtert haben oder zu verschlechtern drohen. Der Besicherungsanspruch der Bank besteht nicht, wenn ausdrücklich vereinbart ist, dass der Kunde keine oder ausschließlich im Einzelnen benannte Sicherheiten zu bestellen hat. Bei Verbraucherdarlehensverträgen besteht der Anspruch auf die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nur, soweit die Sicherheiten im Kreditvertrag angegeben sind. Übersteigt der Nettodarlehensbetrag 75.000,- Euro, besteht der Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung auch dann, wenn in einem vor dem 21. März 2016 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag oder in einem ab dem 21. März 2016 abgeschlossenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 491 Abs. 2 BGB keine oder keine abschließenden Angaben über die Sicherheiten enthalten sind. (3) Fristsetzung für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten. Für die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten wird die Bank eine angemessene Frist einräumen. Beabsichtigt die Bank, von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung nach Nr.19 Absatz 3 dieser Geschäftsbedingungen Gebrauch zu machen, falls der Kunde

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

seiner Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nicht fristgerecht nachkommt, wird sie ihn zuvor hierauf hinweisen.

14. Vereinbarung eines Pfandrechts zugunsten der Bank (1) Einigung über das Pfandrecht. Der Kunde und die Bank sind sich darüber einig, dass die Bank ein Pfandrecht an den Wertpapieren und Sachen erwirbt, an denen eine inländische Geschäftsstelle im bankmäßigen Geschäftsverkehr Besitz erlangt hat oder noch erlangen wird. Die Bank erwirbt ein Pfandrecht auch an den Ansprüchen, die dem Kunden gegen die Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung zustehen oder künftig zustehen werden (zum Beispiel Kontoguthaben). (2) Gesicherte Ansprüche. Das Pfandrecht dient der Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank mit ihren sämtlichen in- und ausländischen Geschäftsstellen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung gegen den Kunden zustehen. Hat der Kunde gegenüber der Bank eine Haftung für Verbindlichkeiten eines anderen Kunden der Bank übernommen (zum Beispiel als Bürge), so sichert das Pfandrecht die aus der Haftungsübernahme folgende Schuld jedoch erst ab ihrer Fälligkeit. (3) Ausnahmen vom Pfandrecht. Gelangen Gelder oder andere Werte mit der Maßgabe in die Verfügungsgewalt der Bank, dass sie nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden dürfen (zum Beispiel Bareinzahlung zur Einlösung eines Wechsels), erstreckt sich das Pfandrecht der Bank nicht auf diese Werte. Dasselbe gilt für die von der Bank selbst ausgegebenen Aktien (eigene Aktien) und für die Wertpapiere, die die Bank im Ausland für den Kunden verwahrt. Außerdem erstreckt sich das Pfandrecht nicht auf die von der Bank selbst ausgegebenen eigenen Genussrechte/Genussscheine und nicht auf die verbrieften und nicht verbrieften nachrangigen Verbindlichkeiten der Bank. (4) Zins- und Gewinnanteilscheine. Unterliegen dem Pfandrecht der Bank Wertpapiere, ist der Kunde nicht berechtigt, die Herausgabe der zu diesen Papieren gehörenden Zins- und Gewinnanteilscheine zu verlangen.

15. Sicherungsrechte bei Einzugspapieren und diskontierten Wechseln (1) Sicherungsübereignung. Die Bank erwirbt an den ihr zum Einzug eingereichten Schecks und Wechseln im Zeitpunkt der Einreichung Sicherungseigentum. An diskontierten Wechseln erwirbt die Bank im Zeitpunkt des Wechselankaufs uneingeschränktes Eigentum; belastet sie diskontierte Wechsel dem Konto zurück, so verbleibt ihr das Sicherungseigentum an diesen Wechseln. (2) Sicherungsabtretung. Mit dem Erwerb des Eigentums an Schecks und Wechseln gehen auch die zugrunde liegenden Forderungen auf die Bank über; ein Forderungsübergang findet ferner statt, wenn andere Papiere zum Einzug eingereicht werden (zum Beispiel Lastschriften, kaufmännische Handelspapiere). (3) Zweckgebundene Einzugspapiere. Werden der Bank Einzugspapiere mit der Maßgabe eingereicht, dass ihr Gegenwert nur für einen bestimmten Zweck verwendet werden darf, erstrecken sich die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung nicht auf diese Papiere. (4) Gesicherte Ansprüche der Bank. Das Sicherungseigentum und die Sicherungsabtretung dienen der Sicherung aller Ansprüche, die der Bank gegen den Kunden bei Einreichung von Einzugspapieren aus seinen Kontokorrentkonten zustehen oder die infolge der Rückbelastung nicht eingelöster Einzugspapiere oder diskontierter Wechsel entstehen. Auf Anforderung des Kunden nimmt die Bank eine Rückübertragung des Sicherungseigentums an den Papieren und der auf sie übergegangenen Forderungen an den Kunden vor, falls ihr im Zeitpunkt der Anforderung keine zu sichernden Ansprüche gegen den Kunden zustehen oder sie ihn über den Gegenwert der Papiere vor deren endgültiger Bezahlung nicht verfügen lässt.

16. Begrenzung des Besicherungsanspruchs und Freigabeverpflichtung (1) Deckungsgrenze. Die Bank kann ihren Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten so lange geltend machen, bis der realisierbare Wert aller Sicherheiten dem Gesamtbetrag aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (Deckungsgrenze) entspricht.

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(2) Freigabe. Falls der realisierbare Wert aller Sicherheiten die Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend übersteigt, hat die Bank auf Verlangen des Kunden Sicherheiten nach ihrer Wahl freizugeben, und zwar in Höhe des die Deckungsgrenze übersteigenden Betrages; sie wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden und eines dritten Sicherungsgebers, der für die Verbindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht nehmen. In diesem Rahmen ist die Bank auch verpflichtet, Aufträge des Kunden über die dem Pfandrecht unterliegenden Werte auszuführen (zum Beispiel Verkauf von Wertpapieren, Auszahlung von Sparguthaben). (3) Sondervereinbarungen. Ist für eine bestimmte Sicherheit ein anderer Bewertungsmaßstab als der realisierbare Wert oder ist eine andere Deckungsgrenze oder ist eine andere Grenze für die Freigabe von Sicherheiten vereinbart, so sind diese maßgeblich.

17. Verwertung von Sicherheiten (1) Wahlrecht der Bank. Wenn die Bank verwertet, hat die Bank unter mehreren Sicherheiten die Wahl. Sie wird bei der Verwertung und bei der Auswahl der zu verwertenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden und eines dritten Sicherungsgebers, der für die Verbindlichkeiten des Kunden Sicherheiten bestellt hat, Rücksicht nehmen. (2) Erlösgutschrift nach dem Umsatzsteuerrecht. Wenn der Verwertungsvorgang der Umsatzsteuer unterliegt, wird die Bank dem Kunden über den Erlös eine Gutschrift erteilen, die als Rechnung für die Lieferung der als Sicherheit dienenden Sache gilt und den Voraussetzungen des Umsatzsteuerrechts entspricht.

1. Überblick und Verweis. Der 5. Abschnitt der AGB-Banken (Nr. 13–17) – und parallel Nr. 21, 344 22 und 25 AGB-Sparkassen –973 bezieht sich auf Fragen, die ungleich weniger dem allgemeinen Teil des Bankprivatrechts gelten als die sonstigen Gehalte der AGB-Banken. Der Anspruch auf und die Bestellung von Sicherheiten beziehen sich zwar allgemein auf Ansprüche des Instituts gegen den Kunden. Dies sind jedoch entweder klassische Darlehens- oder Kreditansprüche oder – konto- und zahlungsverkehrsbezogen – vereinbarte oder geduldete Überziehungskredite oder – im Investmentbanking – Kredite zum Erwerb von Kapitalanlagen, wenn der Kaufpreis nicht unmittelbar beglichen wird. Andere Ansprüche – etwa aus Delikt – spielen eine so untergeordnete Rolle gegenüber diesen Kreditansprüchen (mit Ursprung in verschiedenen Kontexten), dass Nr. 13–17 AGB-Banken als ein Regelungsabschnitt vor allem zum Kredit- und Kreditsicherungsrecht erscheinen – weswegen sie hier auch nur überblicksweise erörtert werden sollen.974 Nacheinander werden in vier Regelungskomplexen vereinbart und ausgestaltet: schuld- 345 rechtliche Ansprüche der Banken auf Einräumung von Sicherheiten für Ansprüche von Banken gegen ihre Kunden (unten 2.); die dingliche Bestellung von Sicherheiten an verschiedenen Arten von Werten qua AGB für (bestehende) Ansprüche der Banken gegen ihre Kunden (unten 3.), die umfangmäßige Begrenzung der (bestellten) Sicherheiten bzw. der Durchsetzung des Anspruches auf Sicherheiteneinräumung durch das legitime Sicherheitsinteresse (unten 4.) sowie Verwertungsgrundsätze (unten 5.). In der Rechtsprechung zur AGB-rechtlichen Auslegung und Inhaltskontrolle zeigt sich ein Grundsatzverständnis dahingehend, dass eine Besicherung für die Banken im Grundsatz legitim ist,975 während schärfere Grenzen vor allem in puncto

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973 Der wohl signifikanteste Unterschied der sehr weitgehend parallelen Regelung liegt darin, dass die Verwertungsgrundsätze ausdrücklich nur auf das Pfandrecht der Sparkassen – nicht sonstige Sicherheiten – bezogen werden (Nr. 21 Abs. 5 AGB-Sparkassen). Vgl. dazu Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBSparkassen Rn 73. 974 Vgl. ergänzend, namentlich zu Nr. 13, 14, aber auch den auf diese Regeln bezogenen Nr. 19 Abs. 3 AGBBanken (3. Spiegelstrich), unten Vierter Teil Rn 33, 43, 104, 116, 123, 129, 131, 135, 222, 233–235, 237 f., 241–243, 250, 252, 256, 325, 327, 388, 491, 795 f., 898, 914; näher zur Sicherungszweckvereinbarung bei Kreditsicherheiten im Lichte der AGB-Kontrolle: Rösler/Fischer BKR 2006, 50. 975 BGH Urt. v. 28.4.1992 – R 164/91, NJW-RR 1992, 1135 (1136); BankR-HdB/Bunte § 18 Rn 1; Kümpel/Wittig/Merz/ Peterek Rn 6.391.

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Übersicherung gezogen wurden. Insgesamt ergab sich daraus eine – im Vergleich zu anderen Bereichen der Banken-AGB – eher wenig korrigierende Inhaltskontrolle. 346

2. Ansprüche auf Sicherheiteneinräumung (Nr. 13). Nr. 13 gewährt einen originären und einen nachträglichen schuldrechtlichen Anspruch auf Sicherheiteneinräumung. Der originäre Anspruch betrifft die Besicherung von Ansprüchen, die bisher nicht besichert sind, und ist in Abs. 1 geregelt, dies freilich nur bei zeitnaher Geltendmachung, weil sonst die einleitend in Abs. 2 formulierten strengeren Voraussetzungen erfüllt sein müssen (da Abs. 2 insoweit eine speziellere Regel formuliert, die vorgehen muss, auch weil sie das Vertrauen des Kunden schützt). Nachträglich kann demgegenüber Besicherung nur gefordert werden, wenn sich jetzt eine „erhöhte Risikobewertung … rechtfertigt“. Dieser Anspruch ist in Abs. 2 geregelt. Auf Grund der Voraussetzungen und der Praxis bleiben die beiden genannten Besicherungsansprüche gegenüber den individuell und konkret vereinbarten Sicherheiten – namentlich in Kreditverträgen – in ihrer praktischen Bedeutung deutlich zurück (vgl. die Darstellung des Kreditsicherungsrechts im Vierten Teil und auch Nr. 13 Abs. 2, 2. Unterabsatz AGB-Banken). 347 Der originäre Besicherungsanspruch (Abs. 1) ist sachlich umrissen durch die Ansprüche, für die Besicherung gefordert werden kann, und zeitlich durch den Punkt, an dem sie verlangt werden kann (Satz 1). Demgegenüber wird die Frage, welche Sicherheit dann zu gewähren ist, nur relativ offen beantwortet: Gefordert werden kann – freilich mit Wahlrecht des Kunden – jede „bankmäßige“ Sicherheit (Satz 1), d.h. eine, die banküblich, insbesondere relativ leicht verwertbar ist.976 Besicherung gefordert werden kann für alle Ansprüche der Bank gegen den Kunden „aus der bankmäßigen Verbindung“, was einen inneren Zusammenhang mit der bankgeschäftlichen Kundenbeziehung voraussetzt, also regelmäßig reine deliktische Ansprüche ausschließt, etwa wenn ein Kunde die Bank diffamiert, aber auch eine Besicherung von Forderungen gegen die Kunden, die die Bank von Dritten in keinem üblichen Bankgeschäft (Diskont etc.) aufkauft, sondern primär um das Pfandrecht hierfür zu nutzen.977 Die Besicherung kann zu einem frühen Zeitpunkt gefordert werden: bereits wenn der Anspruch noch bedingt ist, etwa wenn zwar der Grund gelegt ist für einen Anspruch auf Aufwendungsersatz (Bürgschaft nach außen eingegangen), der Anspruch aber noch (aufschiebend) „bedingt“ ist durch tatsächliche Inanspruchnahme der Bank als Bürge.978 Für Ansprüche aus Inanspruchnahme einer Kreditlinie, die ja noch von einer Entscheidung des Kunden abhängt, ist das m.E. dahin zu verstehen, dass eine Besicherung erst geschuldet ist, sobald der Kunde die Kreditlinie tatsächlich nutzt.979 Das

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976 Dazu (vor allem standardisiert handelbare Werte, etwa Effekten, Bürgschaften, nicht individuell zugeschnittene Werte, wie Gesellschaftsanteile ohne Ausgestaltung als Effekten, Steuerforderungen etc. und wegen seiner Lästigkeit nicht Faustpfandrechte): BGH Urt. v. 15.11.1960 – V ZR 35/59, BGHZ 33, 389 (394); BGH Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, NJW 1990, 1356 (1358); Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 268; BuB/Mackenthun Rn 1/368; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 57; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B61. Dazu, dass das Wahlrecht beim Kunden liegt (§ 262 BGB, der in der Klausel nicht modifiziert wird) Fuchs a.a.O. und Pamp a.a.O. 977 Näher (auch dazu, dass auch die Haftung nach § 128 HGB hierunter fällt): BGH (Fn 831), BGHZ 101, 29 (34) = NJW 1987, 2228; BGH Urt. v. 17.1.1995 – XI ZR 192/93, BGHZ 128, 295 = WM 1995, 375; Bunte/Zahrte/Bunte AGBBanken und SB, AGB-Banken Rn 301–303; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 94; Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 57; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B61; speziell zur Absicherung auch von Ansprüchen aus § 128 HGB: BGH Urt. v. 13.3.2007 – XI ZR 383/06, WM 2007, 874. 978 Diese Abrede wird überwiegend als wirksam eingestuft: Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 13 Rn 4; Wolf/ Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B61. Recht eigentlich ist der Anspruch auf Aufwendungsersatz dann wohl noch nicht einmal entstanden, doch wird der Regelungsgehalt der AGB in jedem Falle hinreichend transparent. 979 Die gängigen Kommentare gehen eher allgemein nur auf das Pfandrecht auch an der „bedingten‟ Forderung ein, etwa: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 266; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 94; Kümpel/Wittig/Merz/Peterek Rn 6.393. Da das Pfandrecht der Banken jedoch nicht konkret verabredet wird, der Kunde also auch keine Entscheidung im Hinblick auf eine konkrete Sicherheit trifft, erscheint der Gedanke der Entscheidungsautonomie des Kunden – ob er denn zusätzliche Verbindlichkeiten eingehen will –, den der BGH als

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

rechtfertigt sich umso mehr, als auch für eine Schuld des Kunden als Bürgen (für einen Hauptschuldner) ausdrücklich Besicherung erst gefordert werden kann, wenn der Kunde selbst schuldet (ab „Fälligkeit“ der Bürgenschuld, Satz 2), also ab Eintritt des Sicherungsfalls.980 Es gibt freilich auch einen Endzeitpunkt, zu dem der (voraussetzungslose) Besicherungsanspruch der Bank spätestens geltend gemacht werden muss (und andernfalls entfällt): Wenn und soweit die Bank nicht spätestens zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs aus bankmäßiger Beziehung auch Besicherung fordert, kann sie dies später nur noch unter den strengeren Voraussetzungen des Abs. 2 (nachträglicher Besicherungsanspruch). Der Anspruch nach Abs. 1 ist also geltend zu machen bei Ausnutzung der Kreditlinie (etwa zeitnah bei Kontoüberziehung) oder bei Entstehung des Aufwendungsersatzanspruches (durch Tätigung der Aufwendung im Verhältnis zum Dritten) oder mit Eintritt des Sicherungsfalles (in der Konstellation von Satz 2).981 Der nachträgliche Besicherungsanspruch (Abs. 2, eigentlich: Anspruch auf nachträgliche 348 Besicherung) greift nach dem eben genannten Zeitpunkt ein, so dass die Bank an der einmal getroffenen Entscheidung, bei Entstehen (und damit „Feststehen“) des zu besichernden Anspruches keine Besicherung zu fordern, grundsätzlich festgehalten wird. Denn der Anspruch auf nachträgliche Besicherung setzt voraus dass sich eine „erhöhte Risikobewertung … rechtfertigen“ lässt. Wie in § 490 Abs. 1 BGB kann sich diese auf erhöhtem Risiko beim Kunden oder aus verringerter Sicherungswertigkeit bei der Sicherheit ergeben oder aus einer Kombination von beidem (vgl. die beiden Spiegelstriche). Da die Rechtsfolgen aber weniger einschneidend sind (bloße Nachbesicherung, nicht Kündigung), sind die Anforderungen weniger hoch (die „erhöhte“ Risikobewertung der Bank [nicht notwendig: überwiegendes Ausfallrisiko] muss sich nur „rechtfertigen“ lassen).982 Grenzen für beide Arten von Besicherungsanspruch ergeben sich inhaltlicher Art aus 349 Nr. 13 Abs. 2 2. Untersatz:983 Die ausdrückliche Absprache zu Sicherheiten (auch negativ) geht vor, was sich bereits aus § 305b BGB ergibt. Und die zwingenden Grenzen der Verbraucherkreditrechts sind zu achten (vgl. im einzelnen Nr. 13 Abs. 2 2. Unterabsatz, Satz 2 und § 494 Abs. 6 Satz 2 und 3 BGB). In Anpassung an die veränderten Vorgaben durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Wohnimmobilienrichtlinie984 wird seit der Fassung vom 21. März 2016 terminologisch zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen i.S.v. § 491 Abs. 2 BGB und den bisherigen Verbraucherdarlehensverträgen unterschieden. Grenzen in der Geltendmachung ergeben sich

_____ tragend heranzieht, wenn es um die Pfändbarkeit der Kreditlinie geht, auch hier einschlägig. Vgl. oben Zweiter Teil Rn 249. 980 Weil es dem Leitbild der Bürgschaft entspricht, dass zunächst einmal der „gute Name‟ (Kreditwürdigkeit) des Bürgen (allein) die (zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht notleidende) Hauptschuld absichert: BGH Urt. v. 11.10.1984 – IX ZR 73/83, BGHZ 92, 295 (300); BGH Urt. v. 12.12.1979 – VIII ZR 30/79, WM 1980, 128 (130); BGH Urt. v. 25.9.1990 – XI ZR 142/89, WM 1990, 1910 (entsprechend für Sicherungsabtretung); Krings ZBB 1992, 326 (331) (mit kaum überzeugenden Wirksamkeitszweifeln); Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 266; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 95; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B61. 981 Vgl. allgemein Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 13 Rn 4. 982 Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 13 Rn 7; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 96; Wolf/Lindacher/ Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B62; ausführlich zur Ausgestaltung der Schwelle anhand von Kennzahlen: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 275–275c. 983 Obwohl dieser Abschnitt der Regelung in Abs. 2 eingestellt wurde, gilt er allgemein, schon deswegen weil sie sich aus zwingendem Recht ergibt. Zu den Fällen besonderer Vereinbarung („Blankokredit‟ oder „ohne Stellung von Sicherheiten‟): Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 276 f. (als Ausnahme vom Besicherungsinteresse iZw eng auslegen); auch Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 57. Zum Verbraucherkreditrecht (inzwischen freilich neue Nummerierung seit Verbraucherrichtlinienumsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/11643, S. 82 f. und hier nicht AGB-Kontrolle als Rahmen, sondern zwingendes Recht): Bunte/Zahrte/Bunte a.a.O. Rn 277; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B62. 984 Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016, BGBl. 2016 I, S. 396; vgl. BT-Drs. 18/5922, S. 6 et passim.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

sodann aus Abs. 3: Es muss eine angemessene Frist – bei Verbrauchern im Regelfall zwei bis vier Wochen, bei beruflich Tätigen ggf. auch nur eine Woche – eingeräumt werden.985 Zudem muss, wenn bei Nichterfüllung fristlos gekündigt werden soll, hierauf hingewiesen werden. Dies bildet das praktisch wichtigste Durchsetzungsmittel für den Besicherungsanspruch, da Klage auf Besicherung regelmäßig zu spät kommt. Das Fehlen des Hinweises führt freilich nicht dazu, dass der Anspruch nicht wirksam erhoben wäre, sondern lässt nur das Recht zu fristloser Kündigung entfallen.986 3. Bestellung von Sicherheiten (Nr. 14, 15) a) Pfandrecht an Sachen und Forderungen des Kunden (Nr. 14). Nr. 14 AGB-Banken – und dann auch Nr. 15 AGB-Banken (unten b) – sieht – anders als Nr. 13 AGB-Banken – nicht nur einen Anspruch auf Sicherheiteneinräumung vor, sondern die Bestellung selbst, also das dingliche Rechtsgeschäft („Einigsein“ i.S.v. 1205 Abs. 1 BGB): in Nr. 14 zur Bestellung eines gewillkürten Pfandrechts nach § 1204 ff. BGB, in Nr. 15 im Sonderfall Einzugspapiere hingegen zur Einräumung eines Sicherungseigentums (teils eines Volleigentums). Dafür regelt Nr. 14 AGBBanken – und vergleichbar dann Nr. 15 AGB-Banken – drei Fragen: nach den Ansprüchen, die abgesichert werden (Abs. 2); nach den Gegenständen, die das Pfandrecht erfasst (Abs. 1 und i.Erg. auch Abs. 4) und nach den Grenzen (Abs. 3 und auch Nr. 16 AGB-Banken). Jedenfalls für die ersten beiden Regelungsbereiche ist auch nach der Wirksamkeit der AGB-Gehalte zu fragen. 351 Abgesichert sind nach Abs. 2 alle Ansprüche aus bankmäßiger Verbindung – was dem Konzept in Nr. 13 AGB-Banken entspricht (vgl. daher oben Zweiter Teil Rn 347). Präzisiert wird, dass das für alle Ansprüche der Bank (Rechtsperson) gilt, auch für solche, die in ausländischen Zweigstellen begründet wurden – eine Präzisierung, die von der Rechtsträgerschaft her selbstverständlich und daher überflüssig erscheint, umgekehrt jedoch angesichts des (sonst) räumlich stärker beschränkten Anwendungsbereichs der AGB-Banken (vgl. Nr. 1 Abs. 1, auch Nr. 14 Abs. 1) wichtig ist.987 Mit der Benennung der abgesicherten Forderungen geht eine Abgrenzung nach Zeitpunkten einher: Abgesichert sein sollen alle, auch künftigen Ansprüche, wobei jedoch nach sachenrechtlichen Grundsätzen zumindest Bestimmbarkeit unverzichtbar ist. Da mit Einbeziehung der AGB – mit deren Verwendung und Zustimmung zu ihrer Einbeziehung – das dingliche Rechtsgeschäft (hier das „Einigsein“ über die Sicherheitenbestellung) bewirkt werden soll, hängt die rechtliche Wirkung freilich davon ab, wann alle Voraussetzungen des dinglichen Rechtsgeschäfts erfüllt sind: Da das Pfandrecht akzessorisch ist (§ 1204 Abs. 1 BGB), also eine bestehende abzusichernde Forderung voraussetzt, entsteht es erst und nur dann, wenn bei oder nach Entstehung der abzusichernden Forderung auch noch der Besitz übertragen ist und die dingliche Einigung vorliegt, also bei Zusammentreffen aller Voraussetzungen, mithin frühestens zum Zeitpunkt der Entstehung der Forderung.988 Diese Begrenzung (und die noch hinzukommende Grenze nach Nr. 16 AGB-Banken, vgl. unten) führen dazu, dass die AGB den Sicherungs-

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985 8–14 Tage nach Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 278; Derleder/Knops/Bamberger/ Casper § 4 Rn 93; BuB/Mackenthun Rn 1/377. 986 Baumbach/Hopt (8) AGB-Banken Nr. 13 Rn 8; BuB/Mackenthun Rn 1/379; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B63. 987 Vgl. hierzu Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 303; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 60; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B67. 988 Häufig wird in der Literatur zu den AGB-Banken etwas zu wenig betont, dass alle Voraussetzungen (abgesicherte bestehende Forderung, Besitz und Einigsein) zum gleichen Zeitpunkt vorliegen müssen und erst dann das Pfandrecht entsteht: vgl. etwa Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 59; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B66. So aber durchweg die allgemein sachenrechtliche Literatur, etwa MünchKommBGB/Damrau § 1204 Rn 22; HK-BGB/Schulte-Nölke § 1204 Rn 2–6; daher Zeitpunkt, ab dem Insolvenzanfechtungsfrist läuft, auch erst dieser Zeitpunkt (mit Entstehung der Forderung!): BGH Urt. v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, WM 1996, 2250 = ZIP 1996, 2080.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

umfang eng umreißen, folglich nicht als zu sehr kundenbelastend und unbedenklich einzustufen ist.989 Wenn zusätzlich (parallel zu Nr. 13 AGB-Banken) in Satz 2 die Konstellation in den Blick genommen wird, dass der Kunde selbst der Bank als Bürge für die Hauptschuld eines Dritten verpflichtet ist, so ist die Wirkung dieser Klausel letztlich nur eine vergleichbare wie diejenige der Beschränkung nach Satz 1: Im Rahmen von Nr. 14 Abs. 2 AGB-Banken kann das Pfandrecht ohnehin erst entstehen, wenn die abzusichernde Schuld entstanden ist und das ist bei der Verbindlichkeit des Bürgen erst mit Eintritt des Sicherheitsfalls gegeben.990 Satz 2 hat also im Rahmen von Nr. 14 Abs. 2 AGB-Banken nur klarstellende Funktion, gleiches ergäbe sich bereits aus Satz 1 – während die Parallelklausel in Nr. 13 AGB-Banken die Verpflichtung des KundenBürgen in der Tat erst später einsetzen lässt. Das gewillkürte Pfandrecht bezieht sich nach Abs. 1 auf alle (beweglichen) Sachen und Wert- 352 papiere, die die Bank im Rahmen des „bankmäßigen Geschäftsverkehrs“ – also bestimmungsmäßig – in Besitz nimmt, also etwa zur Verwahrung übergeben erhält,991 sowie an Forderungen des Kunden aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (zu diesem Konzept bereits oben Zweiter Teil Rn 347), gegenwärtigen ebenso wie zukünftigen (aber bestimmbaren).992 Wichtig ist der Zeitpunkt der Entstehung der Forderung (und damit des Pfandrechts, vorige Rn) vor allem auch für den Zeitpunkt, ab dem in der Insolvenz kein Pfandrecht mehr erworben werden kann (§ 91 InsO; Eröffnung Insolvenzverfahren, vgl. oben Zweiter Teil Rn 255–258),993 mit Insolvenzanfechtung für Pfandrechtsbegründungen in den drei vorangegangenen Monaten (inkongruente Sicherung). Schon die Ausgestaltung des gewillkürten Pfandrechts als Faustpfand (§ 1205 Abs. 1 BGB) lässt die Besitzerlangung als unverzichtbar erscheinen: Erst wenn Besitz, Einigsein und die zu sichernde Forderung in einem Zeitpunkt zusammenkommen, ist das Pfandrecht wirksam bestellt. Wieder führen diese Begrenzung und die noch hinzukommende Grenze nach Nr. 16 AGB-Banken dazu, dass die AGB nicht als zu sehr kundenbelastend und deshalb als unbedenklich einzustufen ist.994 Bei Forderungen gegen die Bank selbst ist das Pfandrecht nicht werthaltig als Verwertungsgegenstand, verbürgt jedoch für diese einen Vorrang vor anderen Gläubigern.995 Flankierend zum Pfandrecht an Wertpapieren wird auch für die zu diesen gehörigen Zins- und Gewinnbeteiligungsscheine verbürgt, dass sie bei einer möglichen Verwertung in der Tat zur Verfügung stehen (Abs. 4).996

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989 BGH Urt. v. 9.6.1983 – III ZR 105/82, NJW 1983, 2701; BGH (Fn 977), BGHZ 128, 295 = WM 1995, 375 (377); Wolf/ Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B65; aA Piekenbrock WM 2009, 49 (53) (Freigabeklausel nicht transparent genug). 990 HK-BGB/Staudinger § 765 Rn 6; Jauernig/Stadler § 765 Rn 1. 991 Etwa bei Wertpapieren in Streifband- oder Sammelverwahrung, nicht hingegen bei den Inhalten von geschlossenen Schrankfächern: BGH (Fn 691), BGHZ 93, 71 (75); BGH (Fn 977), BGHZ 128, 295 (300); Bunte/Zahrte/ Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 287–290; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 59; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B66; ausführlich Kümpel/Wittig/Merz/ Peterek Rn 6.419–6.422. 992 Zu Letzterem und der rechtlichen Konstruktion: BGH (Fn 691), BGHZ 93, 71 (76); Bunte/Zahrte/Bunte AGBBanken und SB, AGB-Banken Rn 295f.; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B66. So entsteht das Pfandrecht etwa bei Anspruch auf Gutschrift erst mit Gutschriftserteilung auf Konto des Kunden: BGH Urt. v. 26.4.2012 – IX ZR 67/09, NJW 2012, 2517 (2517, Tz. 10). 993 BGH (Fn 495), BGHZ 150, 122 (126) = WM 2002, 961; BGH Urt. v. 2.6.2005 – IX ZR 181/83, WM 2005, 1790 (1791) = ZIP 2005, 1651 (1652). 994 BGH (Fn 989), NJW 1983, 2701; BGH (Fn 977), BGHZ 128, 295 = WM 1995, 375 (377); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/ Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B65; aA Piekenbrock WM 2009, 49 (53) (Freigabeklausel nicht transparent genug). 995 Zu diesem Ziel des Pfandrechts der Banken an Forderungen, die gegen sie selbst gerichtet sind: BGH (Fn 691), BGHZ 93, 71 (76); BankR-Hdb/Bunte § 19 Rn 30 f.; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 296; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 101; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B66. 996 Zur Abbedingung des diesbezüglichen Herausgabeanspruchs, die freilich wiederum im Zusammenhang mit dem Freigabeanspruch nach Nr. 16 AGB-Banken zu sehen ist, vgl. Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBBanken Rn 309 (auch zur Überflüssigkeit); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B69. Zu Recht daher eine Beschränkung der Klausel insofern betonend, dass sich dies nur auf den Zinsbogen insgesamt beziehen kann, nicht auf fällige Zinscoupons, wenn kein Fall des Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken vorliegt: Derleder/Knops/

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Aus dem Kreis der beweglichen Sachen, Wertpapiere und Forderungen sind aus unterschiedlichen Gründen einige ausgenommen (Abs. 3): diejenigen, die nur mit einer bestimmten Zweckbestimmung in die Verfügungsgewalt der Bank gelangen, weil diese Zweckbestimmung eine gegenstehende und vorrangige Individualabrede (§ 305b BGB) darstellt (S. 1);997 alle diejenigen, die Anteile der Bank oder Genussscheine bzw. nachrangige Verbindlichkeiten der Bank verbriefen, und auch unverbriefte nachrangige Verbindlichkeiten der Bank, weil im ersten Fall das aktienrechtliche Einlagerückgewährverbot tangiert sein könnte und weil im zweiten Fall bankaufsichtsrechtliche Eigenkapitalanforderungen entgegenstehen könnten (bzw. hätten können);998 diejenigen, die im Ausland verwahrt werden, weil dann ausländisches Sachenrecht die Voraussetzungen wirksamer Bestellung regelt (lex rei sitae) und diese mit den Erklärungen in den AGB-Banken nicht sicher erfüllt werden könnten; schließlich auch nicht als Pfandrechtsgegenstand diejenigen, die in Nr. 15 AGB-Banken speziell geregelt sind (Einzugspapiere), aus den sogleich noch zu erörternden Gründen (Sonderregime). Neben diese instrumentbezogenen Ausnahmen treten freilich – grundsätzlicher – die allgemeinen wertbezogenen Grenzen nach Nr. 16 AGB-Banken (Übersicherung).

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b) (Sicherungs-)Eigentum an Einzugspapieren des Kunden (Nr. 15). Einzugspapiere in Form von Schecks und Wechseln erhält die Bank zur Realisierung, es handelt sich nicht um Werte, die auch zum dauerhaften Verbleib (beim Kunden) bestimmt sein können. Dies und die Ausgestaltung, die diese Papiere schon nach Handelsrecht haben, bedingt eine Anpassung des allgemeinen „Pfandrechts“ in der Sonderregel des Nr. 15 AGB-Banken: An die Stelle des Pfandrechts tritt das Sicherungseigentum, weil dieses bei Orderpapieren ohnehin für den Einzug begründet würde,999 und wenn das Einzugspapier an sie diskontiert, also unter Abzug des Diskonts verkauft ist, sogar Volleigentum (Abs. 1). Schecks und Wechsel werden regelmäßig für bestehende Forderungen begeben. Die zugrunde liegenden Forderungen werden daher mit (voll)abgetreten, wiederum nicht nur verpfändet (Abs. 2 1. Alt.), um in der Insolvenz des Kunden direkt gegen den Drittschuldner vorgehen zu können. Dies ist auch die Abrede – hier nun die einzige, keine kumulative – bei anderen „Einzugspapieren“ (Abs. 2 2. Alt.), die kein abstraktes Schuldversprechen verbriefen, keine Inhaber- oder Orderpapiere und daher weniger verkehrsfähig sind (keine Übertragung in sachenrechtlichen Formen), namentlich bei Lastschriften und kaufmännischen Handelspapieren.1000 Der Vorrang der Individualabrede (Zweckbindung) gilt auch hier (Abs. 3). Der Kreis der abgesicherten Forderungen ist enger (nur solche aus Kontokorrent bzw. Rückbelastungsansprüche bei nicht erfolgtem Einzug), die Übersicherungsgrenzen sind für diesen Bereich gesondert formuliert (alles Abs. 4).1001

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4. Besicherungsgrenze (Nr. 16). Zentrale Bedeutung hat die Besicherungsgrenze – sowohl für die Forderung von Sicherheiten (Nr. 13 AGB-Banken) als auch für die (vor allem Nr. 14 AGB-

_____ Bamberger/Casper § 4 Rn 105; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 61. Jedenfalls greift hier der Rechtsgedanke des Nr. 16 Abs. 2 S. 2 AGB-Banken durch. 997 Zu den Fällen besonderer Zweckbestimmung plastische Übersicht bei Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 307a. Wichtige Beispiele BGH (Fn 407), BGHZ 74, 129 (135); BGH Urt. v. 30.11.1972 – II ZR 115/71, WM 1973, 167 (167). 998 Zum Ersten (mit §§ 71 Abs. 2 S. 1, 71e AktG) Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 308; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B68. Zum Zweiten (mit § 10 Abs. 5, 5a KWG a.F. – bis 3.9.2013 – Anpassung an CRR (EU) 575/2013) Bunte a.a.O.; Pamp a.a.O. 999 Näher Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 107–109. 1000 Zum Kreis dieser Forderungen (sonstigen „Einzugspapiere‟): Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 326. 1001 Dazu Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 331–334; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B74.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Banken). Die Leitlinien hat der BGH in einer Entscheidung des Großen Senats von 1997 (zur Missbräuchlichkeit einer Übersicherung bei Kreditsicherheiten allgemein) im Detail spezifiziert, in der der BGH auch die Rechtsprechung einiger seiner Senate aufgibt, die Freigabe müsse so vorgesehen werden, dass sie automatisch – ohne Ermessensentscheidung – erfolgt.1002 Das im Folgenden genannte Regime kann nach dieser Rechtsprechung klauselmäßig nicht abbedungen werden (Missbräuchlichkeit i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB), wohl aber individuell im Einzelfall im Verhältnis zu Kaufleuten (keine Sittenwidrigkeit, namentlich bei Hochrisikotransaktionen). Im einzelnen ist von Übersicherung auszugehen, wenn der Nennwert der1003 die (Summe der) zu sichernden Forderung(en) übersteigt (mit 10% Sicherheitsaufschlag), zzgl. nochmals 1/3 (wegen eines Verwertungsabschlags, der im Insolvenzfall regelmäßig zu gewärtigen ist, auch wegen der höheren Durchsetzungskosten), zzgl. anfallender MWSt.1004 Bestehen Sicherheiten oberhalb der genannten Grenzen, kann der Sicherungsgeber bzw. die in AGB vereinbarte Sicherungsabrede dem Vorwurf einer missbräuchlichen Übersicherung nur entgehen, wenn dem Sicherungsgeber zumindest ein schuldrechtlicher Freigabeanspruch für den Überschussbetrag eingeräumt wurde.1005 Diesen Grundsätzen entspricht Nr. 16 Abs. 1 und 2 AGB-Banken gänzlich (obwohl bereits 1993 formuliert), so dass er der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhält.1006 Wenn Nr. 16 Abs. 3 AGB-Banken eine Individualabrede mit Vorrang vor Abs. 1 und 2 ausstattet,1007 so steht dies einerseits im Einklang mit § 305b BGB. Andererseits freilich ist dem Verbraucher gegenüber zu berücksichtigen, dass auch die Individualabrede, wenn die Bank sie denn „gestellt“ hat, nach der EG-Klausel-Richtlinie überprüft werden kann und dass auch der BGH seine Begründung, nicht jede Individualabrede müsse sittenwidrig sein, die keinen Freigabeanspruch oder einen Freigabeanspruch erst ab einer höheren Schwelle vorsieht, nur auf kaufmännische Kunden bezieht. Deswegen werden Individualabreden (jenseits von Hochrisikogeschäften im Verhältnis zu kaufmännischen Kunden) idR nur Schranken näher ausgestalten können, etwa durch individuelle Bewertung der Gegenstände, an denen Sicherheiten eingeräumt werden bzw. bestehen. Diesen Grundsätzen entspricht die Formulierung in Nr. 16 Abs. 1 AGB-Banken, der den 356 Anspruch auf Sicherheiteneinräumung (Nr. 13 AGB-Banken) – gleichgültig ob originär oder nachträglich (oben Zweiter Teil Rn 346–348) auf die genannte Deckungsgrenze beschränkt. Dabei ist unschädlich, dass die Klausel die genannte Spezifizierung in Prozentzahlen nicht enthält, sie kann der Rechtsprechung entnommen werden.

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1002 BGH Urt. v. 27.11.1997 – GSZ 1 und 2/97, BGHZ 137, 212 = NJW 1998, 671; Amerkungen etwa bei Bruchner WM 1998, 2185; H. Roth JZ 1998, 462; R. Stürner LM BGB § 138 (Bb) Nr 86 (5/1998); Saenger ZBB 1998, 174; Serick BB 1998, 801. 1003 Nicht der Zeitwert, da die Schwierigkeiten von dessen Ermittlung die Ansprüche auf Besicherung bzw. Freigabe idR illusorisch machen würde (ggf. mit Ausnahmen bei Gegenständen mit Listenpreisen oder sonstiger leichter Nachweisbarkeit, etwa Verwertung gleichwertiger Gegenstände in engem zeitlichen Zusammenhang): BGH (Fn 1002), BGHZ 137, 212 (232–236) = NJW 1998, 671; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 113; Nobbe FS Schimanysky 1999, S. 433 (439); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B77; demgegenüber dezidierter auf eine individuelle Ermittlung der Zerschlagungswertes abstellend: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 342. 1004 Zum Ausgleich des Insolvenzabschlags, was zu einer Grenze von 150% führt: BGH (Fn 1002), BGHZ 137, 212 (225–236) = NJW 1998, 671; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 340–344; Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 113; Nobbe FS Schimanysky 1999, S. 433 (439); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B76. Zur Mehrwertsteuer BGH (Fn 1002) BGHZ 137, 212 (229f., 235) = NJW 1998, 671; Casper a.a.O.; Pamp a.a.O. 1005 BGH (Fn 1002), BGHZ 137, 212 (bes. 219–224) = NJW 1998, 671; und Nachw vorige Fußnoten. 1006 Ebenso Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 113; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBBanken Rn 345 f. (sogar überflüssig); wohl auch Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B76; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 64. 1007 Ausführlich zu den üblichen Abreden: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 354f.; vgl. auch Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 116.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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Umgekehrt gewährt Nr. 16 Abs. 2 AGB-Banken bei – mehr als vorübergehender –1008 Übersicherung dem Sicherungsgeber – gleichsam spiegelbildlich zu Abs. 1 – einen schuldrechtlichen Freigabeanspruch. Die Wahl der freizugebenden Sicherheit hat die Bank – in grundsätzliche Übereinstimmung mit §§ 262, 1230 BGB –,1009 wobei freilich auf die Interessen des Kunden/Sicherungsgebers, jedoch auch dritter Sicherungsgeber,1010 Rücksicht zu nehmen ist. Dies gilt auch für die Ausführung von Aufträgen, eine besondere Form der Freigabe, bei der der Kundenwunsch besonders motiviert ist und daher gegenstehende Bankinteressen – namentlich wegen bereits eingetretener Krise und zu erwartender Schwierigkeiten bei der Verwertung dann verbleibender Sicherheiten – besonders konkret sein müssen, um dennoch zu überwiegen.1011

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5. Verwertung von Sicherheiten (Nr. 17). Anders als bei der Höhe der Absicherung hat die Bank Ermessen bei der Auswahl der zu verwertenden Sicherheit – dies schon nach objektivem Recht, jedenfalls nach §§ 262, 1230 Satz 1 BGB. Dies verallgemeinert Nr. 17 Abs. 1 AGB-Banken nur (Nr. 21 Abs. 5 AGB-Sparkassen begrenzt dies hingegen auf das Pfandrecht und die Sicherungsabtretung), so dass die Klausel dem gesetzlichen Leitbild zumindest nahesteht und nicht als missbräuchlich einzustufen ist.1012 Die Ermessensfreiheit wird u.a. deswegen eingeräumt, weil die Verwertung unterschiedlicher Sicherheiten unterschiedliche Belastungen und Kosten mit sich bringt, weil sinnvollerweise die Gegenstände mit derzeit guter Realisierungschance auszuwählen sind und weil im Verwertungsfall feststeht, dass Kundenfehlverhalten den Anlass dafür gegeben hat, dass das Regime der Klausel überhaupt zum Tragen kommt. Die Einschränkung dahingehend, dass auf die Interessen des Kunden Rücksicht zu nehmen sei, führt (wie auch § 242 BGB) nicht etwa dazu, dass die Interessen der Bank an günstiger und zügiger Verwertung zurückzustellen wären; sie geht vielmehr allein dahin, dass unnötige Belastungen für den Kunden (ohne nennenswerten Vorteil für die Bank) zu vermeiden sind, insbesondere die (erwiesenermaßen) günstigere Verwertungsalternative zu wählen.1013 Mit der Regelung in Abs. 2 soll es dem Kunden ermöglicht werden, für den verwerteten Gegenstand und den erzielten Erlös einen Vorsteuerabzug nach UStG in der gleichen Weise zu realisieren, wie ein solcher ihm möglich gewesen wäre bei Verkauf und Lieferung des Gegenstandes gegen Zahlung.1014

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1008 Insbes. nicht, wenn neue Kreditverhandlungen anstehend: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBBanken Rn 348; Kümpel/Wittig/Merz/Peterek Rn 6.457. 1009 Wirksamkeit der Klausel daher (und wegen der Grenzen im Rücksichtsnahmegebot) praktisch einhellig bejaht (idR zudem unter Hinweis darauf, dass so schon objektives Recht): Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 350; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 118; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B78; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 64. 1010 Freilich kein Anspruch auf vorrangige Freigabe der von ihm gewährten Sicherheiten: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 351; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B78; wohl auch Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 114. 1011 Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 353; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 115; hingegen nur ganz normale Rücksichtnahmepflicht annehmend: Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B78. 1012 BGH (Fn 1002), BGHZ 137, 212 (219) = NJW 1998, 671; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B82; Derleder/Knops/Bamberger/Casper § 4 Rn 114; dazu dass es sich nur noch um eine (idR ausfüllungsbedürftige) Rahmenregelung handelt: Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 357 f.; zu früher weitergehenden (und unwirksamen) Verwertungsbestimmungen etwa BGH Urt. v. 26.4.2005 – XI ZR 289/04, WM 2005, 1168. 1013 Vgl. (bloße Behauptung günstigerer Verwertungsalternativen hingegen unerheblich): OLG Frankfurt Urt. v. 17.10.1989 – 5 U 138/88, WM 1991, 930; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B82; Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 118; ausführlich Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 360–366. 1014 Vgl. dazu näher Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGB-Banken Rn 371–374; Derleder/Knops/ Bamberger/Casper § 4 Rn 119; vgl. BFH Urt. v. 4.6.1987 – V R 57/79, WM 1987, 1181 (1182).

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

V. Kündigung des Rahmenvertrages (Nr. 18, 19 AGB-Banken) Kündigung 18. Kündigungsrechte des Kunden (1) Jederzeitiges Kündigungsrecht. Der Kunde kann die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen (zum Beispiel den Scheckvertrag), für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. (2) Kündigung aus wichtigem Grund. Ist für eine Geschäftsbeziehung eine Laufzeit oder eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart, kann eine fristlose Kündigung nur dann ausgesprochen werden, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kunden, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange der Bank, unzumutbar werden lässt, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen. (3) Gesetzliche Kündigungsrechte. Gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt.

19. Kündigungsrechte der Bank (1) Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist. Die Bank kann die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen (zum Beispiel den Scheckvertrag, der zur Nutzung von Scheckvordrucken berechtigt). Bei der Bemessung der Kündigungsfrist wird die Bank auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (zum Beispiel laufendes Konto oder Kartenvertrag) und eines Depots beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate. (2) Kündigung unbefristeter Kredite. Kredite und Kreditzusagen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, kann die Bank jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Die Bank wird bei der Ausübung dieses Kündigungsrechts auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch Sonderregelungen für die Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages vorsieht, kann die Bank nur nach Maßgabe dieser Regelungen kündigen. (3) Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Eine fristlose Kündigung der gesamten Geschäftsverbindung oder einzelner Geschäftsbeziehungen ist zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der der Bank deren Fortsetzung auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kunden unzumutbar werden lässt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, – wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat, die für die Entscheidung der Bank über eine Kreditgewährung oder über andere mit Risiken für die Bank verbundene Geschäfte (zum Beispiel Aushändigung einer Zahlungskarte) von erheblicher Bedeutung waren; bei Verbraucherdarlehen gilt dies nur, wenn der Kunde für die Kreditwürdigkeitsprüfung relevante Informationen wissentlich vorenthalten oder diese gefälscht hat und dies zu einem Mangel der Kreditwürdigkeitsprüfung geführt hat oder – wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder der Werthaltigkeit einer Sicherheit eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Rückzahlung des Darlehens oder die Erfüllung einer sonstigen Verbindlichkeit gegenüber der Bank – auch unter Verwertung einer hierfür bestehenden Sicherheit – gefährdet ist oder – wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nach Nummer 13 Absatz 2 dieser Geschäftsbedingungen oder aufgrund einer sonstigen Vereinbarung nicht innerhalb der von der Bank gesetzten angemessenen Frist nachkommt. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig, es sei denn, dies ist wegen der Besonderheiten des Einzelfalles (§ 323 Absätze 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches) entbehrlich.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

(4) Kündigung von Verbraucherdarlehensverträgen bei Verzug. Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch Sonderregelungen für die Kündigung wegen Verzuges mit der Rückzahlung eines Verbraucherdarlehensvertrages vorsieht, kann die Bank nur nach Maßgabe dieser Regelungen kündigen. (5) Kündigung eines Basiskontovertrages. Einen Basiskontovertrag kann die Bank nur nach den zwischen der Bank und dem Kunden auf Grundlage des Zahlungskontengesetzes getroffenen Vereinbarungen und den Bestimmungen des Zahlungskontengesetzes kündigen. (6) Abwicklung nach einer Kündigung. Im Falle einer Kündigung ohne Kündigungsfrist wird die Bank dem Kunden für die Abwicklung (insbesondere für die Rückzahlung eines Kredits) eine angemessene Frist einräumen, soweit nicht eine sofortige Erledigung erforderlich ist (zum Beispiel bei der Kündigung des Scheckvertrages die Rückgabe der Scheckvordrucke).

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1. Kündigungsrechte des Kunden (Nr. 18). Für die Kündigungsrechte des Kunden enthält Nr. 18 AGB-Banken einerseits einen Verweis auf das gesetzliche Regime (Abs. 3), dies vor allem die ordentliche Kündigung betreffend, bzw. bildet dieses in seinen wesentlichen Grundzügen ab (Abs. 2), dies für die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund, die in der Tat (regelmäßig) fristlos möglich ist (und gegenüber der Bank jedenfalls aufgrund von Abrede in Abs. 2 immer fristlos erfolgen darf). Dieser Verweis bzw. die Beschreibung in Übereinstimmung mit objektivem Recht ist kontrollfrei wirksam (§ 307 Abs. 3 BGB, näher zum objektiven Recht der Kündigung durch den Kunden oben Zweiter Teil Rn 137–140). Eigenen Abredegehalt hat allein Abs. 1, der den Kunden nur begünstigt: Er räumt ihm ein jederzeitiges ordentliches, d.h. grundloses Kündigungsrecht ohne Frist ein. Daher kommt es auf das durch die EG-Zahlungsdienste-Richtlinie eingeführte jederzeitige ordentliche Kündigungsrecht mit (höchstens) einmonatiger Kündigungsfrist (§ 675h Abs. 1 BGB) nicht mehr an (vgl. unten Dritter Teil Rn 187–193). Die Kostenlosigkeit, die § 675h Abs. 4 BGB (in Umsetzung von Art. 55 Abs. 2 EU-Zahlungsdienste-Richtlinie II) vorsieht, ergibt sich hinreichend klar und jedenfalls nach § 305c Abs. 2 BGB auch bereits aus Nr. 18 Abs. 1 AGB-Banken.

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2. Kündigungsrechte der Bank (Nr. 19). Auch und gerade bei den Kündigungsrechten der Bank sind die AGB sehr zurückhaltend mit eigenen Gehalten und referieren großteils nur objektives Recht. Gänzlich so ist das hinsichtlich der Sonderregeln des Verbraucherkreditrechts (Abs. 4) sowie des Basiskontovertrages (Abs. 5),1015 weil diese zwingend sind. Das Kündigungsrecht (und damit der Verweis auf objektives Recht) betrifft vor allem die Kontobeziehung und Darlehens- sowie Kreditverträge und ist daher dort jeweils ausführlich – als objektives Recht – erörtert worden (vgl. oben Zweiter Teil Rn 137–140 und unten Dritter Teil Rn 194–197 bzw. Vierter Teil Rn 220–255, 805–810). Grundlegend ist – wie im objektiven Recht – die Unterscheidung zwischen ordentlicher Kündigung (Abs. 1 und 2) und außerordentlicher, regelmäßig fristloser (Abs. 3, auch Abs. 6). 362 Die ordentliche Kündigung (Abs. 1 und 2) wird nur für unbefristete Verträge geregelt und für solche, die keine spezielle Kündigungsregelung, vor allem -beschränkung aufweisen. Für diese wird zwischen einem allgemeinen Kündigungsregime (Abs. 1) und einem spezifischen bei Darlehens- und Kreditverträgen (Abs. 2) unterschieden. Dem ersten unterfällt vor allem das Kontokorrentverhältnis. Das Regime entspricht sehr weitgehend dem gesetzlichen: Unbefristete Dauerschuldverhältnisse sind kündbar (vgl., wenn auch unterschiedlich in den Einzelheiten und Fristen, §§ 489, 542 Abs. 1, 620 ff. BGB), mit Kündigungsfrist. Bei mehreren parallelen Verträgen, wie im Bank-Kunden-Verhältnis üblich kann iZw auch nach objektivem Recht jede Partei

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1015 Besondere Regelung der Kündigung eines Basiskontovertrages in Abs. 5 seit Fassung vom 21.3.2016. Notwendig wurde diese Neuerung durch das am 18.4.2016 in Kraft getretene Zahlungskontengesetz (oben Fn 955) mit seinen besonderen Vorschriften zum sog. Basiskonto. In § 42 Abs. 2–4 des Zahlungskontengesetzes sind die Kündigungsmöglichkeiten durch die Bank abschließend geregelt. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers sind nach § 4 Abs. 1 ZKG unzulässig. Vgl. dazu BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 52a.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

sich darauf beschränken, nur den einen oder den anderen zu kündigen.1016 Das Modell der jederzeitigen Kündbarkeit, verbunden mit der (Pflicht zur) Einhaltung einer Kündigungsfrist nehmen Abs. 1 und 2 auf. Die Kernfragen zur ordentlichen Kündigung durch die Bank sind zwei: Die erste geht dahin, ob das Kündigungsrecht substantiellen Einschränkungen unterliegt: Das wird teils angenommen, teils wird demgegenüber auf die Privatautonomie (in Form der negativen Vertragsfreiheit) als überragendem Rechtsprinzip verwiesen. In der Tat verbürgt die Kündbarkeit in Dauerschuldverhältnissen unverzichtbare Anreize für vertragsloyales Verhalten und hat wohl im Kern sogar Verfassungsrang. Die Frage sollte auch nicht so allgemein gestellt werden wie eben formuliert (und häufig vorgetragen): Letztlich geht es allein darum, ob in gewissen Konstellationen punktuell Kündigungsausschlussgründe greifen, über das reine Schikane- und Rechtsmissbrauchsverbot hinaus: 1017 vor allem das Parteienprivileg, 1018 das Antidiskriminierungsrecht, das Recht auf Girokonto („Girokonto für jedermann“, vgl. oben Zweiter Teil Rn 131, 138 f.), aber auch bei leges speciales, die Instrumente mit besonderer sozialpolitischer Ausrichtung schaffen wie dem Pfändungsschutzkonto (vgl. oben Zweiter Teil Rn 247 f., 258 f.). Und da hierfür teils allein schon der Anschein einer Verletzung ausreicht, um zumindest die Vermutung eines Rechtsverstoßes zu begründen (Antidiskriminierungsrecht) und da Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts jedenfalls an Grundrechte und auch das Parteienprivileg unmittelbar gebunden sind, können die Einschränkungen so signifikant wirken, dass darüber die negative Vertragsfreiheit, die weiterhin den Grundsatz bildet (so auch Nr. 19 Abs. 1 und 2 AGB-Banken), ausgehöhlt oder gar ganz entwertet erscheint. M.E. ist es weiterhin richtig, dass über das „ob“ der Kündigung die Bank keine Abwägung ihrer Interessen gegen diejenigen des Kunden durchzuführen hat,1019 also Kündigungsfreiheit besteht. Zweifach ist hier das Regime der Europäischen Vorgaben wichtig: Für das Bankkonto – idR ein Zahlungsdienst, da es idR die Teilnahme am Zahlungsverkehr mit den Zahlungsinstrumenten eröffnet, die als Zahlungsdienste zu qualifizieren sind – war es für den Zahlungsdiensteleister wichtig, sich ein ordentliches Kündigungsrecht auszubedingen, da jedenfalls nach dem Wortlaut der einschlägigen Regel in § 675h Abs. 2 BGB (Art. 45 bzw. 55 Abs. 3 Zahlungsdienste-Richtlinie I bzw. II) ein Zahlungsdienstevertrag für den Zahlungsdiensteleister (dauerhaft) unkündbar sein soll, wenn er dies unterließ. Umgekehrt ist freilich im Rahmen der EG/EU-Zahlungsdienste-Richtlinie (I und II), die dem Leitbild der Vollharmonisierung folgt, die Kündigungsfreiheit auch des Zahlungsdiensteleisters verbürgt, jedenfalls wenn er sie – wie in den Banken-AGB – vereinbart. Die oben genannte Streitfrage dürfte also gar nicht allein oder auch nur vorrangig anhand des deutschen Rechts diskutiert werden, und ausländische Rechte sind durchweg hinsichtlich der klauselmäßigen Ausbedingung von Kündigungsrechten der Zahlungsdiensteleister liberaler. Zudem sind die meisten genannten sozial- und gesellschaftspolitisch motivierten Normen und Sonderbereiche heute Europäisch geregelt, so dass für sie Vergleichbares gilt (ggf. freilich mit der Möglichkeit strengeren nationalen Rechts). Die zweite Frage ist die nach der Kündigungsfrist: Für sie ist jetzt nach Nr. 19

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1016 Für das allgemeine Privatrecht müsste (etwa durch Auslegung) begründet werden, warum zwei Verträge zwischen denselben Parteien so sehr voneinander abhängen, dass sie nur gemeinsam kündbar sein sollen; für das Bankvertragsrecht explizit etwa BGH Urt. v. 8.11.2005 – XI ZR 74/05, WM 2006, 179 = NJW 2006, 430 (auch dazu, dass nicht einzelne Elemente desselben Vertrages gesondert gekündigt werden können, sondern insoweit das Änderungsregime beachtet werden muss). 1017 Vgl. etwa BGH Urt. v. 10.11.1977 – III ZR 39/76, WM 1978, 234; OLG Saarbrücken Urt. v. 3.7.2008 – 8 U 39/08, NJW-RR 2008, 1632; OLG Schleswig, Urt. v. 27.4.2006 – 5 U 176/05, WM 2006, 1338; BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 20–24; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B88. 1018 Vgl. etwa für Sparkassen BGH (Fn 418), NJW 2003, 1658 = WM 2003, 823; für Postbank BGH (Fn 418), NJW 2004, 1031; dazu auch MünchKommBGB/Casper § 675h Rn 14; Bunte/Zahrte/Bunte AGB-Banken und SB, AGBBanken Rn 395 f. 1019 BGH (Fn 418), NJW 2013, 1519 = WM 2013, 316 (317 ff.); Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B88.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Abs. 1 und 2 AGB-Banken jeweils durchaus auf das Interesse der Kunden ebenfalls abzustellen, beide Interessen sind abzuwägen.1020 Diese Fassung einer Generalklausel zu dieser Frage ist – da sie subsidiär zu konkreten Fristenbestimmungen im objektiven Recht ist (namentlich der Zweimonatsfrist im Zahlungsdiensterecht) – als wirksam einzustufen.1021 Das Recht zur außerordentlichen Kündigung (Abs. 3 und auch 6) ist wiederum stark an 363 das objektive Recht angelehnt, namentlich § 314 BGB, mit dem – anders als für die ordentliche Kündigung – mit der Schuldrechtsmodernisierung ein Institut des Allgemeinen Schuldrechts geschaffen wurde. Dies gilt (i) für das Erfordernis des wichtigen Grundes, (ii) seine Ausgestaltung auf erster Ebene durch das Erfordernis der Interessenabwägung und – in diesem Lichte – der Unzumutbarkeit, das Rechtsverhältnis fortzuführen, als dem maßgeblichen Kriterium und schließlich (iii) für die ersten beiden Regelbeispiele: Mit dem ersten wird berücksichtigt, dass das dort beschriebene Fehlverhalten eine arglistige Täuschung darstellt, daher zur Anfechtung berechtigen würde (§ 123 BGB, mit den gesetzlichen Besonderheiten in Fragen verantwortungsbewusste Kreditvergabe), und im Recht der Dauerschuldverhältnisse das Gestaltungsrecht „rückwirkende Anfechtung“ durch das Gestaltungsrecht „Kündigung ex tunc“ ersetzt wird.1022 Das zweite Regelbeispiel ist § 490 Abs. 1 BGB nachgeformt.1023 Und soweit das dritte Regelbeispiel wirklich konstitutiven Charakter hat, liegt es ganz im Verbraucherkreditrecht, also im Kontext allein eines Einzelgeschäft, weshalb es auch dort behandelt wird (unten Vierter Teil Rn 135– 139, 238f.). Die Kündigung ist grds. fristlos, die angemessene Abwicklung – nunmehr nicht auf der Fristebene, sondern erst bei der Abwicklung – verbürgt die dennoch vorgesehene Anwendung des Rücksichtsnahmeprinzips (Abs. 6).1024 VI. Einlagensicherung und Verfahrensfragen (Nr. 20, 21 AGB-Banken) Schutz der Einlagen 20. Einlagensicherungsfonds 364

(1) Schutzumfang. Die Bank ist dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. angeschlossen. Der Einlagensicherungsfonds sichert gemäß seinem Statut – vorbehaltlich der darin vorgesehenen Ausnahmen – Einlagen, d.h. Guthaben, die sich im Rahmen von Bankgeschäften aus Beträgen, die auf einem Konto verblieben sind, oder aus Zwischenpositionen ergeben und die nach den geltenden Bedingungen von der Bank zurückzuzahlen sind. Nicht gesichert werden unter anderem die zu den Eigenmitteln der Bank zählenden Einlagen, Verbindlichkeiten aus Inhaber- und Orderschuldverschreibungen sowie Einlagen von Kreditinstituten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, Finanzinstituten im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, Wertpapierfirmen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2004/39/EG und Gebietskörperschaften. Einlagen von anderen Gläubigern als natürlichen Personen und rechtsfähigen Stiftungen werden nur geschützt, wenn (i) es sich bei der Einlage um keine Verbindlichkeit aus einer Namensschuldverschreibung oder einem Schuldscheindarlehen handelt und

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1020 Vgl. Nachw vorige Fn; sowie BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 11; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.513; zu Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen und besonders zum Verbot einer Kündigung zur Unzeit Linnenbrink BKR 2014, 10. 1021 BGH (Fn 418), WM 2013, 316 (317); BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 11; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Klauseln (B) Rn B88. 1022 Vgl. zu den verschiedenen Konzeptionen: MünchKommBGB/Gaier § 314 Rn 3; Erman/Böttcher § 314 Rn 17; Palandt/Grüneberg § 314 Rn 6. 1023 BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 11; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.513; Wirksamkeit zu bejahen (für vergleichbare Vorgängerklausel, Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken 1993): BGH Urt. v. 20.5.2003 – XI ZR 50/02, WM 2003, 1416 = NJW 2003, 2674; dazu auch unten Vierter Teil Rn 235–245. 1024 Dazu etwa BankR-Hdb/Bunte § 24 Rn 53 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (8) Banken (Kreditinstitute) Rn 73; Kümpel/Wittig/Merz Rn 6.530.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

(ii)

die Laufzeit der Einlage nicht mehr als 18 Monate beträgt. Auf Einlagen, die bereits vor dem 01. Januar 2020 bestanden haben, findet die Laufzeitbeschränkung keine Anwendung. Nach dem 31. Dezember 2019 entfällt der Bestandsschutz nach vorstehendem Satz, sobald die betreffende Einlage fällig wird, gekündigt werden kann oder anderweitig zurückgefordert werden kann, oder wenn die Verbindlichkeit im Wege einer Einzeloder Gesamtrechtsnachfolge übergeht.

Verbindlichkeiten der Banken, die bereits vor dem 1. Oktober 2017 bestanden haben, werden nach Maßgabe und unter den Voraussetzungen der bis zum 1. Oktober 2017 geltenden Regelungen des Statuts des Einlagensicherungsfonds gesichert. Nach dem 30. September 2017 entfällt der Bestandsschutz nach dem vorstehenden Satz, sobald die betreffende Verbindlichkeit fällig wird, gekündigt oder anderweitig zurückgefordert werden kann, oder wenn die Verbindlichkeit im Wege einer Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge übergeht. (2) Sicherungsgrenzen. Die Sicherungsgrenze je Gläubiger beträgt bis zum 31. Dezember 2019 20%, bis zum 31. Dezember 2014 15% und ab dem 1. Januar 2025 8,75% der für die Einlagensicherung maßgeblichen Eigenmittel der Bank im Sinne von Art. 72 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013. Für Einlagen, die nach dem 31. Dezember 2011 begründet oder prolongiert werden, gelten, unabhängig vom Zeitpunkt der Begründung der Einlage, die jeweils neuen Sicherungsgrenzen ab den vorgenannten Stichtagen. Für Einlagen, die vor dem 31. Dezember 2011 begründet wurden, gelten die alten Sicherungsgrenzen bis zur Fälligkeit der Einlage oder bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin. Diese Sicherungsgrenze wird dem Kunden von der Bank auf Verlangen bekannt gegeben. Sie kann auch im Internet unter www.bankenverband.de abgefragt werden. (3) Geltung des Statuts des Einlagensicherungsfonds. Wegen weiterer Einzelheiten des Sicherungsumfanges wird auf § 6 des Statuts des Einlagensicherungsfonds verwiesen, das auf Verlangen zur Verfügung gestellt wird. (4) Forderungsübergang. Soweit der Einlagensicherungsfonds oder ein von ihm Beauftragter Zahlungen an einen Kunden leistet, gehen dessen Forderungen gegen die Bank in entsprechender Höhe mit allen Nebenrechten Zug um Zug auf den Einlagensicherungsfonds über. (5) Auskunftserteilung. Die Bank ist befugt, dem Einlagensicherungsfonds oder einem von ihm Beauftragten alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Beschwerdemöglichkeiten/Ombudsmannverfahren 21. Beschwerde- und Alternative Streitbeilegungsverfahren. Der Kunde hat folgende außergerichtliche Möglichkeiten: – Der Kunde kann sich mit einer Beschwerde an die im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ genannte Kontaktstelle der Bank wenden. Die Bank wird Beschwerden in geeigneter Weise beantworten, bei Zahlungsdiensteverträgen erfolgt dies in Textform (zum Beispiel mittels Brief, Telefax oder E-Mail). – Die Bank nimmt am Streitbeilegungsverfahren der Verbraucherschlichtungsstelle „Ombudsmann der privaten Banken“ (www.bankenombudsmann.de) teil. Dort hat der Verbraucher die Möglichkeit, zur Beilegung einer Streitigkeit mit der Bank den Ombudsmann der privaten Banken anzurufen. Betrifft der Beschwerdegegenstand eine Streitigkeit über einen Zahlungsdienstevertrag (§ 675f des Bürgerlichen Gesetzbuches), können auch Kunden, die keine Verbraucher sind, den Ombudsmann der privaten Banken anrufen. Näheres regelt die „Verfahrensordnung für die Schlichtung von Kundenbeschwerden im deutschen Bankengewerbe“, die auf Wunsch zur Verfügung gestellt wird oder im Internet unter www.bankenverband.de abrufbar ist. Die Beschwerde ist in Textform (z.B. mittels Brief, Telefax oder E-Mail) an die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken e.V., Postfach 04 03 07, 10062 Berlin, Fax: (030) 1663–3169, E-Mail: [email protected], zu richten. – Ferner besteht für den Kunden die Möglichkeit, sicher jederzeit schriftlich oder zur dortigen Niederschrift bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn, über Verstöße der Bank gegen das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG), die §§ 675c bis 676c des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) oder gegen Artikel 248 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) zu beschweren. – Die Europäische Kommission hat unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/eine Europäische Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform) errichtet. Die OS-Plattform kann ein Verbraucher für die außergerichtliche Beilegung einer Streitigkeit aus Online-Verträgen mit einem in der EU niedergelassenen Unternehmen nutzen.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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1. Einlagensicherung (Nr. 20). Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V., über den Nr. 20 informiert – und nach § 23a Abs. 1 S. 2 KWG informieren muss –,1025 bildet nur einen Teil des Einlagensicherungssystems: Die hier beschriebene Absicherung ist subsidiär zur gesetzlich ohnehin bestehenden Absicherung mit der Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH (EdB), wo diese nicht eingreift. Beide haben das Ziel, Einlegervertrauen zu stärken, außerdem sozialpolitisch das Einlagenverhalten und die Altersvorsorge zu befördern, und sichern zu diesem Zweck Einlagen bei Banken, d.h. Kundenguthaben (Rückzahlungsforderungen gegen Banken), die sich im Rahmen von Bankgeschäften ergeben, ab – der Einlagesicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. mit Einschränkungen bei längerfistigen Anlagen bei Kunden, die nicht natürliche Personen oder rechtsfähige Stiftungen sind und nur bis zu den in Nr. 20 Abs. 2 genannten Sicherungsgrenzen.1026 Da die Einlagensicherung allenfalls als Teil des Rahmens zu sehen ist, in den das Bankvertragsrecht (als der Hauptgegenstand des vorliegenden Kommentars) eingebettet erscheint, hat es vorliegend bei einer Kurzdarstellung des Gesamtsystems der Einlagensicherung sein Bewenden (oben Erster Teil Rn 106).

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2. Beschwerdemöglichkeiten/Ombudsmannverfahren (Nr. 21). Auch das Recht der Streitschlichtung (mit Zivilverfahrensrecht und mit den in Nr. 21 angesprochenen alternativen Streitschlichtungsmöglichkeiten, d.h. Beschwerdemöglichkeiten außerhalb des Zivilverfahrensrechts) berührt zwar das Bankvertragsrecht, bildet jedoch allenfalls einen Teil des Rahmens für dieses (vgl. bereits Erster Teil Rn 27). Daher ist das Ombudsmannverfahren, welches das deutsche Bankgewerbe Juni 1992 einführte, hier nur anzusprechen, nicht näher darzustellen. Von allen in Nr. 21 genannten Verfahren ist es das einzige, auf das nicht nur verwiesen, sondern das in Grundzügen skizziert wird. Die Klausel – i.V.m. der Verfahrensordnung, auf die verwiesen wird – informiert über die Hauptzüge, namentlich darüber, dass das Verfahren im Zahlungsdiensterecht allen Kunden, sonst nur Verbrauchern offen steht.1027 Mit der Neufassung 2014 wurde eine breitere Palette an Informationen über mögliche Beschwerdestellen aufgenommen – anders als beim Ombudsmannverfahren freilich ohne jeden Hinweis auf Verfahren oder dessen Rahmen. Das sind namentlich drei Verfahren: (i) ein Beschwerdeverfahren beim Institut selbst, zu dessen Einführung das EU-Zahlungsdiensterecht verpflichtet, das jedoch in den AGB allgemein verbürgt wird; (ii) ein Beschwerdeverfahren bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), das jedoch allein auf die Einhaltung zahlungsdienstrechtlichen Aufsichtsrechts, zahlungsdienstrechtlichen Zivilrechts und der zahlungsdienstrechtlichen Informationspflichten (Art. 248 EGBGB) beschränkt ist; und (iii) das ODR-Verfahren (OnlineStreitbeilegungsplattform – „OS-Plattform“), das/die die EU Kommission eingerichtet hat, allerdings nur für Streitigkeiten aus Online-Verträgen mit einem EU-ansässigen Unternehmen, also einer eher kleinen Zahl von Bankdienstleistungs-, etwa Kontokorrentverträgen.1028

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1025 Nr. 20 AGB-Banken genügt den Anforderungen, vgl. BGH (Fn 50), WM 2009, 1647 = NJW 2009, 3429. 1026 Zum Rangverhältnis beider Regime und ihrer Beschreibung vgl. BankR-HdB/Bunte § 25 Rn 1; Assmann/ Schütze/Sethe Rn 70 f.; Papenthin in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber § 23a KWG Rn 1 ff.; Boos/ Schulte-Mattler/Fischer § 23a KWG Rn 25 ff.; Berger BKR 2016, 144 (146 ff.). Zur – hierbei zentral wichtigen – Abgrenzung gegenüber sog. Investivkapital, namentlich Eigenmittelinstrumenten sowie Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen, die ebenfalls Kunden erwerben, das/die jedoch nicht abgesichert ist/sind, vgl. BankR-HdB/Bunte § 25 Rn 13; Assmann/Schütze/Sethe Rn 72; Papenthin in: Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/ Weber § 23a KWG Rn 14, 27; Boos/Schulte-Mattler/Fischer § 23a KWG Rn 27 f. Vgl. bereits Teil 1 Rn 1. 1027 Ausführlicher Brömmelmeyer WM 2012, 337; Hoeren NJW 1994, 362; Lücke WM 2009, 102; BankR-Hdb/Höche § 3. Zur (asymmetrischen) Bindungswirkung etwa BankR-HdB/Höhe § 3 Rn 93 ff.; Müller WM 2018, 741. 1028 Zu diesen Beschwerdeverfahren, namentlich dem ODR-Verfahren der EU-Kommission (mit „OS-Plattform“), näher etwa BankR-HdB/Höche § 3 Rn 36.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Anhang 1: AGB-Sparkassen1029 Allgemeine Geschäftsbedingungen

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Grundlagen der Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Sparkasse Fassung 26. November 2018 Inhaltsverzeichnis Allgemeines Nr. 1 – Grundlagen der Geschäftsbeziehung Nr. 2 – Änderungen der Geschäftsbedingungen und von Zahlungsdiensterahmenverträgen Nr. 3 – Bankauskünfte Nr. 4 – Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse Nr. 5 – Legitimationsurkunden Nr. 6 – Rechtswahl, Gerichtsstand, Erfüllungsort Kontokorrentkonten und andere Geschäfte Nr. 7 – Kontokorrent, Rechnungsabschluss Nr. 8 – Korrektur fehlerhafter Gutschriften Nr. 9 – Gutschrift und Einlösung von Einzugspapieren Nr. 10 – Auftragsbestätigung vor Ausführung Nr. 11 – Aufrechnung durch den Kunden Nr. 12 – Konten in ausländischer Währung Nr. 13 – Leistungsbefreiung bei Geschäften in ausländischer Währung Nr. 14 – Geldeingang in ausländischer Währung Nr. 15 – Wechselkurs Nr. 16 – Einlagengeschäft Entgelte und Aufwendungen Nr. 17 – Zinsen und Entgelte Nr. 18 – Ersatz von Aufwendungen Pflichten und Haftung von Sparkasse und Kunde Nr. 19 – Haftung der Sparkasse Nr. 20 – Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten des Kunden AGB-Pfandrecht, Nachsicherung, Sicherheitenfreigabe Nr. 21 – Pfandrecht, Sicherungsabtretung Nr. 22 – Nachsicherung und Freigabe Einzugspapiere Nr. 23 – Inkasso im Einzugsgeschäft Nr. 24 – Vorlegungsfrist, Eilmittel Nr. 25 – Sicherungsrechte im Einzugsgeschäft Auflösung der Geschäftsbeziehung Nr. 26 – Kündigungsrecht Nr. 27 – Weitergeltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Nr. 28 – Schutz der Einlagen durch anerkanntes Einlagensicherungssystem

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In der Fassung vom 1. Mai 2019, Deutscher Sparkassenverlag.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Allgemeines Nr. 1 Grundlagen der Geschäftsbeziehung (1) Geschäftsbeziehung als Vertrauensverhältnis Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Sparkasse ist durch die Besonderheiten des Bankgeschäfts und ein besonderes Vertrauensverhältnis geprägt. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Sparkasse seine Aufträge mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ausführt und das Bankgeheimnis wahrt. (2) Allgemeine und besondere Geschäftsbedingungen Für die Geschäftsbeziehung gelten ergänzend zu den einzelvertraglichen Vereinbarungen diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Für einzelne Geschäftszweige gelten ergänzend oder abweichend besondere Bedingungen, z.B. für die Bereiche des Zahlungsverkehrs, des Sparverkehrs und der Wertpapiergeschäfte; diese werden beim Vertragsabschluss (etwa bei der Kontoeröffnung) oder bei der Erteilung von Aufträgen mit dem Kunden vereinbart. Nr. 2 Änderungen der Geschäftsbedingungen und von Zahlungsdiensterahmenverträgen (1) Angebot der Sparkasse Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der besonderen Bedingungen oder von Zahlungsdiensterahmenverträgen sowie die Einführung zusätzlicher Bedingungen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in der jeweils gesetzlich zugelassenen Form angeboten. (2) Zustimmung zu Änderungen Die Zustimmung des Kunden zum Angebot der Sparkasse gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Sparkasse in ihrem Angebot besonders hinweisen. Die Sparkasse wird dann die geänderte Fassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die geänderten besonderen Bedingungen, den geänderten Zahlungsdiensterahmenvertrag bzw. die zusätzlich eingeführten Bedingungen der weiteren Geschäftsbeziehung zugrunde legen. (3) Sonderkündigungsrecht bei Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten oder von Zahlungsdiensterahmenverträgen Werden dem Kunden Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten (z.B. Überweisungsbedingungen) oder von Zahlungsdiensterahmenverträgen angeboten, kann er den von den Änderungen betroffenen Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Sparkasse in ihrem Angebot besonders hinweisen. (4) Abweichende Vereinbarungen Das Änderungsverfahren gemäß Absatz 1 und Absatz 2 findet keine Anwendung, soweit abweichende Vereinbarungen getroffen sind. Satz 1 gilt nicht für Änderungen von Bedingungen zu Zahlungsdiensten oder von Zahlungsdiensterahmenverträgen. Nr. 3 Bankauskünfte (1) Inhalt von Bankauskünften Bankauskünfte sind allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse von Kunden, deren Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit. Betragsmäßige Angaben über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige der Sparkasse anvertraute Vermögenswerte sowie Kreditinanspruchnahmen werden nicht gemacht. (2) Voraussetzungen für die Auskunftserteilung Die Sparkasse darf Bankauskünfte über juristische Personen und im Handelsregister eingetragene Kaufleute erteilen, sofern sich die Anfrage auf deren geschäftliche Tätigkeit bezieht und der Sparkasse keine anders lautende Weisung des Kunden vorliegt. In allen anderen Fällen darf die Sparkasse Bankauskünfte nur erteilen, wenn der

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Kunde dem allgemein oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt hat. Bankauskünfte erhalten nur eigene Kunden sowie andere Kreditinstitute für deren eigene Zwecke und die ihrer Kunden; sie werden nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an der gewünschten Auskunft glaubhaft darlegt. (3) Schriftliche Bestätigung Bei mündlichen Auskünften über Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit behält sich die Sparkasse eine unverzügliche schriftliche Bestätigung vor, deren Inhalt von diesem Zeitpunkt an maßgeblich ist. Nr. 4 Vertretungs- und Verfügungsbefugnisse (1) Bekanntgabe Der Sparkasse bekannt gegebene Vertretungs- oder Verfügungsbefugnisse gelten, bis ihr eine Mitteilung über das Erlöschen oder eine Änderung zugeht, es sei denn, diese Umstände sind der Sparkasse bekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt. Dies gilt auch, wenn die Befugnisse in einem öffentlichen Register eingetragen sind und eine Änderung veröffentlicht ist. (2) Mangel in der Geschäftsfähigkeit des Vertreters Der Kunde trägt den Schaden, der daraus entstehen sollte, dass die Sparkasse von einem eintretenden Mangel in der Geschäftsfähigkeit seines Vertreters unverschuldet keine Kenntnis erlangt. Nr. 5 Legitimationsurkunden (1) Erbnachweis Nach dem Tod des Kunden hat derjenige, der sich gegenüber der Sparkasse auf die Rechtsnachfolge des Kunden beruft, der Sparkasse seine erbrechtliche Berechtigung nachzuweisen. (2) Leistungsbefugnis der Sparkasse Werden der Sparkasse eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt, darf die Sparkasse denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dies gilt nicht, wenn der Sparkasse die Unrichtigkeit oder Unwirksamkeit dieser Urkunden bekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist. (3) Sonstige ausländische Urkunden Werden der Sparkasse ausländische Urkunden als Ausweis der Person oder zum Nachweis einer Berechtigung vorgelegt, so wird sie prüfen, ob die Urkunden zum Nachweis geeignet sind. Sie haftet jedoch für deren Eignung, Wirksamkeit und Vollständigkeit sowie für deren richtige Übersetzung und Auslegung nur bei Fahrlässigkeit oder wenn die Urkunde insgesamt gefälscht ist. Im vorstehenden Rahmen kann die Sparkasse die in den Urkunden als Berechtigte bezeichneten Personen als berechtigt ansehen, insbesondere sie verfügen lassen und mit befreiender Wirkung an sie leisten. Nr. 6 Rechtswahl, Gerichtsstand, Erfüllungsort (1) Deutsches Recht Auf die Geschäftsbeziehung findet deutsches Recht Anwendung, sofern dem nicht zwingende gesetzliche Regelungen entgegenstehen. (2) Erfüllungsort Erfüllungsort für die Sparkasse und den Kunden ist der Sitz der Sparkasse. (3) Gerichtsstand Ist der Kunde ein Kaufmann, eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich-rechtliches Sondervermögen, kann die Sparkasse an ihrem allgemeinen Gerichtsstand klagen und nur an diesem Gerichtsstand verklagt werden.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Kontokorrentkonten und andere Geschäfte Nr. 7 Kontokorrent, Rechnungsabschluss (1) Kontokorrent Die Sparkasse führt ein Konto zur Abwicklung des laufenden Geschäfts- und Zahlungsverkehrs (Girokonto) als Kontokorrent im Sinne des § 355 des Handelsgesetzbuches (Konto in laufender Rechnung). (2) Rechnungsabschluss Soweit nichts anderes vereinbart ist, erteilt die Sparkasse jeweils zum Ende eines Kalenderquartals einen Rechnungsabschluss. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses einer der Vertragsparteien wird der Rechnungsabschluss auch zu sonstigen Terminen erteilt. (3) Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse müssen der Sparkasse zugehen. Unbeschadet der Verpflichtung, Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse unverzüglich zu erheben (Nr. 20 Absatz 1 Buchst. g), gelten diese als genehmigt, wenn ihnen nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses widersprochen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung. Die Sparkasse wird den Kunden bei Erteilung des Rechnungsabschlusses auf diese Folgen besonders hinweisen. Stellt sich nachträglich die Unrichtigkeit heraus, so können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse eine Richtigstellung aufgrund gesetzlicher Ansprüche verlangen. Nr. 8 Korrektur fehlerhafter Gutschriften (1) Stornobuchung vor Rechnungsabschluss Gutschriften, die ohne einen verpflichtenden Auftrag gebucht werden (z.B. wegen Irrtums, Schreibfehlers), darf die Sparkasse bis zum nächsten Rechnungsabschluss durch einfache Buchung rückgängig machen (Stornobuchung), soweit ihr ein Rückforderungsanspruch gegen den Kunden zusteht. (2) Korrekturbuchung nach Rechnungsabschluss Den Rückforderungsanspruch nach Absatz 1 kann die Sparkasse auch noch nach Rechnungsabschluss durch Korrekturbuchung geltend machen, wenn sie die fehlerhafte Gutschrift nicht mehr rechtzeitig vor diesem Zeitpunkt festgestellt hat. Bei Widerspruch des Kunden wird die Sparkasse die Korrekturbuchung rückgängig und ihren Anspruch anderweitig geltend machen. (3) Kennzeichnung Storno- und Korrekturbuchungen werden im Kontoauszug gekennzeichnet. Nr. 9 Gutschriften und Einlösung von Einzugspapieren (1) Gutschriften „Eingang vorbehalten“ Schreibt die Sparkasse den Gegenwert von Schecks, Lastschriften oder anderen Einzugspapieren schon vor ihrer Einlösung gut, so geschieht dies unter dem Vorbehalt der Einlösung und des Einganges des Gegenwertes (E. v.Gutschrift). Das gilt auch dann, wenn die Schecks, Lastschriften oder anderen Einzugspapiere bei der Sparkasse selbst zahlbar sind. Werden Schecks oder Lastschriften nicht eingelöst oder geht der Sparkasse der Gegenwert aus einem Einzugspapier nicht zu, so macht sie die Gutschrift gemäß Nr. 23 Absatz 2 dieser AGB rückgängig, und zwar auch nach einem zwischenzeitlich erfolgten Rechnungsabschluss. (2) Einlösung Schecks und andere Einzugspapiere sind erst eingelöst, wenn die Belastungsbuchung nicht bis zum Ablauf des übernächsten Bankarbeitstages1030 rückgängig gemacht wird. Sie sind auch eingelöst, wenn die Sparkasse ihren Einlösungswillen schon vorher Dritten gegenüber erkennbar bekundet hat (z.B. durch Bezahltmeldung). Für Lastschriften gelten die Einlösungsregeln in den hierfür vereinbarten besonderen Bedingungen. Über die Abrechnungs-

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Bankarbeitstage sind alle Werktage, außer Sonnabende und 24. und 31. Dezember.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

stelle der Deutschen Bundesbank eingezogene Schecks sind eingelöst, wenn sie nach deren Geschäftsbedingungen nicht mehr zurückgegeben werden können. Barschecks sind mit Zahlung an den Scheckvorleger eingelöst. Nr. 10 Auftragsbestätigung vor Ausführung Bei telefonischen oder auf anderen technischen Wegen erteilten sowie bei nicht unterschriebenen Aufträgen behält sich die Sparkasse die unverzügliche Einholung einer Bestätigung vor Auftragsausführung vor. Nr. 11 Aufrechnung durch den Kunden Ist der Kunde kein Verbraucher, kann er gegen Forderungen der Sparkasse nur aufrechnen, wenn seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Satz 1 gilt nicht, wenn die Voraussetzungen des § 513 BGB (Existenzgründer) vorliegen. Gesetzliche Aufrechnungsverbote bleiben unberührt. Nr. 12 Konten in ausländischer Währung Konten in ausländischer Währung dienen ausschließlich zur bargeldlosen Abwicklung von Zahlungen an den Kunden und von Verfügungen des Kunden in ausländischer Währung. Nr. 13 Leistungsbefreiung bei Geschäften in ausländischer Währung Die Verpflichtung der Sparkasse zur Ausführung einer Verfügung zulasten eines Guthabens in ausländischer Währung oder zur Erfüllung einer Verbindlichkeit in ausländischer Währung ist in dem Umfang und solange ausgesetzt, wie die Sparkasse in der Währung, auf die das Guthaben oder die Verbindlichkeit lautet, wegen politisch bedingter Maßnahmen oder Ereignisse im Lande dieser Währung nicht oder nur eingeschränkt verfügen kann. In dem Umfang und solange diese Maßnahmen oder Ereignisse andauern, ist die Sparkasse auch nicht zu einer Erfüllung an einem anderen Ort außerhalb des Landes der Währung, in einer anderen Währung (auch nicht in Euro) oder durch Anschaffung von Bargeld verpflichtet. Die Verpflichtung der Sparkasse zur Ausführung einer Verfügung zulasten eines Guthabens in ausländischer Währung ist dagegen nicht ausgesetzt, wenn die Sparkasse diese vollständig im eigenen Haus ausführen kann. Das Recht des Kunden und der Sparkasse, fällige gegenseitige Forderungen in derselben Währung miteinander zu verrechnen, bleibt von den vorstehenden Regelungen unberührt. Nr. 14 Geldeingang in ausländischer Währung Geldbeträge in ausländischer Währung darf die Sparkasse mangels ausdrücklicher gegenteiliger Weisung des Kunden in Euro gutschreiben, sofern sie nicht für den Kunden ein Konto in der betreffenden Währung führt. Nr. 15 Wechselkurs Die Bestimmung des Wechselkurses bei Geschäften in ausländischer Währung ergibt sich aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis. Bei Zahlungsdiensten gilt ergänzend der Zahlungsdiensterahmenvertrag. Nr. 16 Einlagengeschäft Mangels abweichender Vereinbarungen sind Einlagen ohne Kündigung fällig (täglich fällige Gelder). Die jeweils gültigen Zinssätze für täglich fällige Gelder werden durch Aushang bekannt gemacht. Für die Zinsberechnung bei Einlagen wird jeder Monat zu 30 Tagen gerechnet. Entgelte und Aufwendungen Nr. 17 Zinsen und Entgelte (1) Zinsen und Entgelte im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern Die Höhe der Zinsen und Entgelte für die im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern üblichen Kredite und Leistungen ergibt sich aus dem Preisaushang und ergänzend aus dem Preis- und Leistungsverzeichnis. Wenn ein Verbraucher einen dort aufgeführten Kredit oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preis- und Leistungsverzeichnis angegebenen Zinsen und Entgelte. (2) Zinsen und Entgelte außerhalb des Geschäftsverkehrs mit Verbrauchern Außerhalb des Geschäftsverkehrs mit Verbrauchern bestimmen sich die Zinsen und Entgelte für in Anspruch genommene Kredite und Leistungen nach der getroffenen Vereinbarung, ergänzend nach dem Preis- und Leistungsverzeichnis in der zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme geltenden Fassung.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

(3) Entgelte für sonstige Leistungen Für Leistungen, die nicht Gegenstand einer Vereinbarung oder im Preisaushang bzw. im Preis- und Leistungsverzeichnis aufgeführt sind und die im Auftrag des Kunden oder in dessen mutmaßlichem Interesse erbracht werden und die, nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung zu erwarten sind, kann die Sparkasse ein nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen angemessenes Entgelt verlangen. (4) Nicht entgeltpflichtige Tätigkeiten Für Tätigkeiten, zu deren Erbringung die Sparkasse bereits gesetzlich oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse erbringt, wird die Sparkasse kein Entgelt berechnen, es sei denn, es ist gesetzlich zulässig und wird nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen erhoben. (5) Änderung von Zinsen, Kündigungsrecht des Kunden bei Erhöhung Die Änderung der Zinsen bei Krediten mit einem veränderlichen Zinssatz erfolgt aufgrund der jeweiligen Kreditvereinbarungen mit dem Kunden. Die Sparkasse wird dem Kunden Änderungen von Zinsen mitteilen. Bei einer Erhöhung kann der Kunde, sofern nichts anderes vereinbart ist, die davon betroffene Kreditvereinbarung innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe der Änderung mit sofortiger Wirkung kündigen. Kündigt der Kunde, so werden die erhöhten Zinsen für die gekündigte Kreditvereinbarung nicht zugrunde gelegt. Eine Kündigung des Kunden gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zweier Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (6) Änderung von Entgelten bei typischerweise dauerhaft in Anspruch genommenen Leistungen Änderungen von Entgelten für Hauptleistungen, die vom Kunden im Rahmen der Geschäftsbeziehung typischerweise dauerhaft in Anspruch genommen werden (z.B. Depotführung), oder Änderungen von Entgelten im Rahmen von Zahlungsdiensterahmenverträgen werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kunde mit der Sparkasse im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Sparkasse in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden Änderungen angeboten, kann er den von den Änderungen betroffenen Vertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Sparkasse in ihrem Angebot besonders hinweisen. Kündigt der Kunde, wird das geänderte Entgelt für die gekündigte Geschäftsbeziehung nicht zugrunde gelegt. (7) Besonderheiten bei Verbraucherdarlehensverträgen Bei Verbraucherdarlehensverträgen richten sich die Zinsen und Entgelte nach den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen sowie ergänzend nach den gesetzlichen Vorschriften. (8) Besonderheiten bei Zahlungsdiensteverträgen mit Verbrauchern Bei Zahlungsdiensteverträgen mit Verbrauchern richten sich die Entgelte nach den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen und besonderen Bedingungen. Soweit dort keine Regelung getroffen ist, gelten die Absätze 1 und 4 sowie – für die Änderung jeglicher Entgelte bei Zahlungsdiensterahmenverträgen (z.B. Girovertrag) – Absatz 6. Nr. 18 Ersatz von Aufwendungen Der Ersatz von Aufwendungen der Sparkasse richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.

Pflichten und Haftung von Sparkasse und Kunde Nr. 19 Haftung der Sparkasse (1) Haftung für Verschulden Die Sparkasse haftet für eigenes Verschulden sowie das Verschulden von Personen, derer sie sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtung gegenüber dem Kunden bedient, soweit sich nicht aus den folgenden Absätzen, den besonderen Bedingungen oder aus einzelvertraglichen Regelungen etwas Abweichendes ergibt. Haftet die Sparkasse

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

und ist ein Schaden nicht ausschließlich von der Sparkasse verursacht oder verschuldet, so richtet sich die Verpflichtung zum Schadensersatz nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, § 254 Bürgerliches Gesetzbuch. (2) Haftung für Dritte Die Sparkasse darf Aufträge bei Fehlen einer gegenteiligen Weisung ganz oder teilweise auf Dritte zur selbstständigen Erledigung übertragen, soweit dies unter Berücksichtigung der Art des Auftrages und der Interessen von Sparkasse und Kunde erforderlich erscheint. In diesen Fällen beschränken sich die Verpflichtung und Haftung der Sparkasse auf die Weiterleitung des Auftrags einschließlich sorgfältiger Auswahl und Unterweisung des Dritten. (3) Haftung bei höherer Gewalt Die Sparkasse haftet nicht für Schäden, die durch Störung ihres Betriebs (z.B. Bombendrohung, Banküberfall), insbesondere infolge von höherer Gewalt (z.B. von Kriegs- und Naturereignissen) sowie infolge von sonstigen, von ihr nicht zu vertretenden Vorkommnissen (z.B. Streik, Aussperrung, Verkehrsstörung) verursacht sind oder die durch Verfügungen von hoher Hand des In- und Auslands eintreten. Nr. 20 Mitwirkungs- und Sorgfaltspflichten des Kunden (1) Grundsatz Die Sparkasse führt die Aufträge des Kunden mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns aus. Für den Kunden bestehen seinerseits besondere Mitwirkungs- und sonstige Sorgfaltspflichten, insbesondere folgende Pflichten: a) Mitteilung wesentlicher Angaben und Änderungen Der Sparkasse sind unverzüglich alle für die Geschäftsbeziehung wesentlichen Tatsachen anzuzeigen, insbesondere Änderungen des Namens, der Anschrift, des Personenstandes, der Verfügungs- oder Verpflichtungsfähigkeit des Kunden (z.B. Eheschließung, Eingehung einer Lebenspartnerschaft, Änderung des Güterstandes) oder der für ihn zeichnungsberechtigten Personen (z.B. nachträglich eingetretene Geschäftsunfähigkeit eines Vertreters oder Bevollmächtigten) sowie Änderungen des wirtschaftlich Berechtigten oder der der Sparkasse bekannt gegebenen Vertretungs- oder Verfügungsbefugnisse (z.B. Vollmachten, Prokura). Die Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn die Tatsachen in öffentlichen Registern eingetragen und veröffentlicht werden. Die Namen der für den Kunden vertretungs- oder verfügungsbefugten Personen sind der Sparkasse mit eigenhändigen Unterschriftsproben auf den Vordrucken der Sparkasse bekannt zu geben. Darüber hinaus können sich weitergehende gesetzliche Mitteilungspflichten, insbesondere aus dem Geldwäschegesetz ergeben. b) Eindeutige Angaben bei Aufträgen und Weisungen Aufträge und Weisungen jeder Art müssen den Inhalt des Geschäfts zweifelsfrei erkennen lassen. Abänderungen und Bestätigungen müssen als solche gekennzeichnet sein. Bei Zahlungsaufträgen hat der Kunde insbesondere auf richtige, vollständige, unmissverständliche und leserliche Angaben, vor allem der Kontonummer und Bankleitzahl oder IBAN1031 und BIC1032 zu achten. c) Sorgfalt bei besonderer Auftragsübermittlung Bei telefonischen oder auf anderen technischen Wegen erteilten Aufträgen oder Weisungen hat der Kunde dafür zu sorgen, dass sich keine Übermittlungsfehler, Missverständnisse, Missbräuche und Irrtümer ergeben. d) [Verwendung von Vordrucken – gestrichen] e) Ausdrücklicher Hinweis bei besonderer Weisung Besondere Weisungen für die Ausführung von Aufträgen hat der Kunde der Sparkasse gesondert mitzuteilen, bei formularmäßig erteilten Aufträgen außerhalb des Formulars. Dies gilt insbesondere, wenn Zahlungen auf bestimmte Forderungen der Sparkasse verrechnet werden sollen.

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International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer). Business Identifier Code (Bank-Identifizierungs-Code).

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

f) Hinweis auf Fristen und Termine Der Kunde hat entsprechend Buchst. e) besonders darauf hinzuweisen, wenn Aufträge innerhalb bestimmter Fristen oder zu bestimmten Terminen ausgeführt sein sollen oder wenn bei nicht ordnungsgemäßer, insbesondere nicht fristgemäßer Ausführung von Aufträgen außergewöhnliche Schäden drohen. Auf die besondere Hinweispflicht bei knappen Scheckvorlegungsfristen nach Nr. 24 wird verwiesen. g) Unverzügliche Reklamation Einwendungen gegen Rechnungsabschlüsse, Lastschriften, Kontoauszüge, Wertpapieraufstellungen oder sonstige Mitteilungen der Sparkasse sowie Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit von der Sparkasse gelieferter Wertpapiere oder sonstiger Werte müssen unverzüglich erhoben werden. Falls Rechnungsabschlüsse oder Depotaufstellungen dem Kunden nicht zugehen, muss er die Sparkasse unverzüglich benachrichtigen. Die Benachrichtigungspflicht besteht auch beim Ausbleiben anderer Anzeigen, Mitteilungen oder Sendungen, deren Eingang der Kunde erwarten oder mit deren Eingang er rechnen muss. h) Kontrolle von Bestätigungen der Sparkasse Soweit Bestätigungen der Sparkasse von Aufträgen oder Weisungen des Kunden abweichen, hat er dies unverzüglich zu beanstanden. (2) Haftung bei Pflichtverletzungen Schäden und Nachteile aus einer schuldhaften Verletzung von Mitwirkungs- und sonstigen Sorgfaltspflichten gehen zulasten des Kunden. Bei schuldhafter Mitverursachung des Schadens durch die Sparkasse richtet sich die Haftung nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, § 254 Bürgerliches Gesetzbuch.

AGB-Pfandrecht, Nachsicherung, Sicherheitenfreigabe Nr. 21 Pfandrecht, Sicherungsabtretung (1) Umfang Der Kunde räumt hiermit der Sparkasse ein Pfandrecht ein an Werten jeder Art, die im bankmäßigen Geschäftsverkehr durch den Kunden oder durch Dritte für seine Rechnung in ihren Besitz oder ihre sonstige Verfügungsmacht gelangen. Zu den erfassten Werten zählen sämtliche Sachen und Rechte jeder Art (Beispiele: Waren, Devisen, Wertpapiere einschließlich der Zins-, Renten- und Gewinnanteilscheine, Sammeldepotanteile, Bezugsrechte, Schecks, Wechsel, Konnossemente, Lager- und Ladescheine). Erfasst werden auch Ansprüche des Kunden gegen die Sparkasse (z.B. aus Guthaben). Forderungen des Kunden gegen Dritte sind an die Sparkasse abgetreten, wenn über die Forderungen ausgestellte Urkunden im bankmäßigen Geschäftsverkehr in die Verfügungsmacht der Sparkasse gelangen. (2) Ausnahmen Gelangen Gelder oder andere Werte mit der ausdrücklichen Zweckbestimmung für eine bestimmte Verwendung in die Verfügungsmacht der Sparkasse (z.B. Bareinzahlung zur Einlösung eines Schecks, Wechsels oder Ausführung einer bestimmten Überweisung), so erstreckt sich das Pfandrecht der Sparkasse nicht auf diese Werte. Im Ausland verwahrte Wertpapiere unterliegen – vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung – nicht dem Pfandrecht. Dasselbe gilt für die von der Sparkasse selbst ausgegebenen Genussrechte/Genussscheine und für Ansprüche des Kunden aus nachrangigem Haftkapital (z.B. nachrangig haftende Inhaberschuldverschreibung). (3) Gesicherte Ansprüche Das Pfandrecht sichert alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten, auch gesetzlichen Ansprüche der Sparkasse gegen den Kunden, die sie im Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung erwirbt. Ansprüche gegen Kunden aus von diesen für Dritte übernommenen Bürgschaften werden erst ab deren Fälligkeit gesichert. (4) Geltendmachung des Pfandrechts Die Sparkasse darf die dem AGB-Pfandrecht unterliegenden Werte nur bei einem berechtigten Sicherungsinteresse zurückhalten. Ein solches besteht insbesondere unter den Voraussetzungen des Nachsicherungsrechts gemäß Nr. 22.

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

(5) Verwertung Die Sparkasse ist zur Verwertung dieser Werte berechtigt, wenn der Kunde seinen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit und trotz Mahnung mit angemessener Nachfrist und einer Androhung der Verwertung entsprechend § 1234 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht nachkommt. Unter mehreren Sicherheiten hat die Sparkasse die Wahl. Bei der Auswahl und Verwertung wird die Sparkasse auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Die Sparkasse hat das Recht, Verwertungserlöse, die nicht zur Befriedigung sämtlicher Forderungen ausreichen, nach ihrem billigen Ermessen zu verrechnen. Die Sparkasse wird dem Kunden erteilte Gutschriften über Verwertungserlöse so gestalten, dass sie als Rechnungen im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusehen sind. Nr. 22 Nachsicherung und Freigabe (1) Nachsicherungsrecht Die Sparkasse kann vom Kunden die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten für seine Verbindlichkeiten verlangen, wenn sich aufgrund nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände, z.B. aufgrund einer Verschlechterung oder drohenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden, eines Mithaftenden oder Bürgen oder des Werts bestehender Sicherheiten, eine Veränderung der Risikolage ergibt. Bei Verbraucherdarlehensverträgen besteht ein Anspruch auf die Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nur, soweit die Sicherheiten im Kreditvertrag angegeben sind. Übersteigt der Nettodarlehensbetrag 75.000 Euro, besteht der Anspruch auf Bestellung oder Verstärkung auch dann, wenn in einem vor dem 21. März 2016 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag oder in einem ab dem 21. März 2016 abgeschlossenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag im Sinne von § 491 Abs. 2 BGB keine oder keine abschließenden Angaben über Sicherheiten enthalten sind. (2) Freigabe-Verpflichtung Die Sparkasse ist auf Verlangen zur Freigabe von Sicherheiten nach ihrer Wahl verpflichtet, soweit der realisierbare Wert aller Sicherheiten den Gesamtbetrag aller Forderungen der Sparkasse nicht nur vorübergehend um mehr als 10 v. H. übersteigt. Diese Deckungsgrenze erhöht sich um den jeweils aktuellen Umsatzsteuersatz, soweit die Sparkasse im Verwertungsfall mit der Abführung der Umsatzsteuer aus Verwertungserlösen belastet ist. Die Sparkasse wird bei der Auswahl der freizugebenden Sicherheiten auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen.

Einzugspapiere Nr. 23 Inkasso im Einzugsgeschäft (1) Inkasso-Vereinbarung Schecks, Wechsel, Lastschriften oder sonstige Einzugspapiere werden von der Sparkasse nur zum Einzug (Inkasso) hereingenommen, soweit nichts anderes vereinbart ist. (2) Rückbelastung Hat die Sparkasse den Gegenwert von Einzugspapieren schon vor Eingang gutgeschrieben, so kann sie den Gegenwert bei Nichteinlösung der Papiere rückbelasten, und zwar auch nach einem zwischenzeitlichen Rechnungsabschluss. Das Gleiche gilt, wenn – ihr der Gegenwert nicht zugeht oder – die freie Verfügung über den Gegenwert durch Gesetz oder behördliche Maßnahmen beschränkt ist oder – die Papiere infolge unüberwindlicher Hindernisse nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt werden können oder – der Einzug mit im Zeitpunkt der Hereinnahme nicht bekannten unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist oder – in dem Land, in dem die Papiere einzulösen sind, ein Moratorium ergangen ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann die Sparkasse Einzugspapiere auch schon vor Fälligkeit zurückgeben. Die Rückbelastung ist auch zulässig, wenn die Papiere nicht zurückgegeben werden können. Ist dies von der Sparkasse zu vertreten, so trägt sie einen sich hieraus ergebenden Schaden des Kunden.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

Nr. 24 Vorlegungsfrist, Eilmittel Wenn Schecks, die am Bankplatz der Sparkasse zahlbar sind, nicht spätestens am dritten Geschäftstag, Schecks auf auswärtige Bankplätze nicht spätestens am vierten Geschäftstag vor Ablauf der Vorlegungsfrist (Artikel 29 Scheckgesetz) eingereicht werden bzw. bei Übersendung nicht innerhalb dieser Fristen vor Geschäftsschluss bei der Sparkasse eingehen, so hat der Kunde auf den Ablauf der Vorlegungsfrist und die eventuelle Anwendung von Eilmitteln gesondert hinzuweisen. Nr. 25 Sicherungsrechte im Einzugsgeschäft (1) Sicherungseigentum Mit der Einreichung von Schecks und Wechseln zum Einzug überträgt der Kunde der Sparkasse das Sicherungseigentum an den Papieren für den Fall, dass das Einzugspapier nicht eingelöst wird und der Sparkasse aufgrund von Vorausverfügungen des Kunden im Hinblick auf das Einzugsgeschäft Ansprüche gegen den Kunden zustehen, und zwar bis zum Ausgleich dieser Ansprüche. Mit dem Erwerb des Sicherungseigentums gehen auch die zugrunde liegenden Forderungen auf die Sparkasse über. (2) Sicherungsabtretung Werden andere Papiere zum Einzug eingereicht (z.B. Lastschriften, kaufmännische Handelspapiere), so gehen die zugrunde liegenden Forderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auf die Sparkasse über.

Auflösung der Geschäftsbeziehung Nr. 26 Kündigungsrecht (1) Ordentliche Kündigung Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (z.B. Girovertrag oder Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate. (2) Kündigung aus wichtigem Grund Ungeachtet anderweitiger Vereinbarungen können sowohl der Kunde als auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, aufgrund dessen dem Kündigenden die Fortsetzung der Geschäftsbeziehung nicht zugemutet werden kann. Dabei sind die berechtigten Belange des anderen Vertragspartners zu berücksichtigen. Für die Sparkasse ist ein solcher Kündigungsgrund insbesondere gegeben, wenn aufgrund der nachfolgend beispielhaft aufgeführten Umstände die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden oder die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der Sparkasse – auch unter Verwertung etwaiger Sicherheiten – gefährdet wird: a) wenn eine wesentliche Verschlechterung oder eine erhebliche Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder in der Werthaltigkeit der für ein Darlehen gestellten Sicherheiten eintritt, insbesondere wenn der Kunde die Zahlungen einstellt oder erklärt, sie einstellen zu wollen, oder wenn von dem Kunden angenommene Wechsel zu Protest gehen; b) wenn der Kunde seiner Verpflichtung zur Bestellung oder zur Verstärkung von Sicherheiten (Nr. 22 Absatz 1) nach Aufforderung durch die Sparkasse nicht innerhalb angemessener Frist nachkommt; c) wenn der Kunde unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat; d) wenn gegen den Kunden eine Zwangsvollstreckung eingeleitet wird; e) wenn sich die Vermögensverhältnisse eines Mitverpflichteten oder des persönlich haftenden Gesellschafters wesentlich verschlechtert haben oder erheblich gefährdet sind, sowie bei Tod oder Wechsel des persönlich haftenden Gesellschafters. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn der Kunde die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, er die Leistung zu einem im Vertrag bestimmten

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4. Abschnitt – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (einschließlich Entgeltfragen)

Termin oder innerhalb einer bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die Sparkasse den Fortbestand ihres Leistungsinteresses vertraglich an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat, oder wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Kündigung rechtfertigen. (3) Kündigung bei Verbraucherdarlehensverträgen Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch zwingende Sonderregelungen für die Kündigung von Verbraucherdarlehensverträgen vorsieht, kann die Sparkasse nur nach Maßgabe dieser Regelungen kündigen. (4) Rechtsfolgen bei Kündigung Mit der Auflösung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige werden die auf den betroffenen Konten geschuldeten Beträge sofort fällig. Der Kunde ist außerdem verpflichtet, die Sparkasse insoweit von allen für ihn oder in seinem Auftrag übernommenen Verpflichtungen zu befreien. Die Sparkasse ist berechtigt, die für den Kunden oder in seinem Auftrag übernommenen Verpflichtungen zu kündigen und sonstige Verpflichtungen, insbesondere solche in fremder Währung, mit Wirkung gegen den Kunden auszugleichen sowie hereingenommene Wechsel und Schecks sofort zurückzubelasten; die wechsel- oder scheckrechtlichen Ansprüche gegen den Kunden und jeden aus dem Papier Verpflichteten auf Zahlung des vollen Betrages der Wechsel und Schecks mit Nebenforderungen verbleiben der Sparkasse jedoch bis zur Abdeckung eines etwaigen Schuldsaldos. Nr. 27 Weitergeltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Auch nach Auflösung der gesamten Geschäftsbeziehung oder einzelner Geschäftszweige gelten für die Abwicklung und in dem Abwicklungsverhältnis entsprechenden Umfange die Allgemeinen Geschäftsbedingungen weiter. Nr. 28 Schutz der Einlagen durch anerkanntes Einlagensicherungssystem (1) Freiwillige Institutssicherung Die Sparkasse gehört dem institutsbezogenen Sicherungssystem der Deutschen Sparkassen-Finanzgruppe (Sicherungssystem) an. Primäre Zielsetzung des Sicherungssystems ist es, die angehörenden Institute selbst zu schützen und bei diesen drohende oder bestehende wirtschaftliche Schwierigkeiten abzuwenden. Auf diese Weise schützt die Institutssicherung auch die Einlagen der Kunden. Hierzu zählen im Wesentlichen Spareinlagen, Sparkassenbriefe, Termineinlagen, Sichteinlagen und Schuldverschreibungen. (2) Gesetzliche Einlagensicherung Das Sicherungssystem ist als Einlagensicherungssystem nach dem Einlagensicherungsgesetz (EinSiG) amtlich anerkannt. Sollte entgegen Absatz 1 ausnahmsweise die Institutssicherung nicht greifen, hat der Kunde gegen das Sicherungssystem einen Anspruch auf Erstattung seiner Einlagen im Sinne des § 2 Absätze 3 bis 5 EinSiG bis zu den Obergrenzen des § 8 EinSiG. Nicht entschädigungsfähig nach § 6 EinSiG sind unter anderem Einlagen, die im Zusammenhang mit Geldwäschetransaktionen entstanden sind, sowie Inhaberschuldverschreibungen der Sparkasse und Verbindlichkeiten aus eigenen Akzepten und Solawechseln. (3) Informationsbefugnisse Die Sparkasse ist befugt, dem Sicherungssystem oder einem von ihm Beauftragten alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. (4) Forderungsübergang Soweit das Sicherungssystem oder ein von ihm Beauftragter Zahlungen an den Kunden leistet, gehen dessen Forderungen gegen die Sparkasse in entsprechender Höhe mit allen Nebenrechten Zug um Zug auf das Sicherungssystem über.

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2. Teil – Das Allgemeine Bank-Kunden-Verhältnis

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

DRITTER TEIL Zahlungsgeschäft* 3. Teil – Zahlungsgeschäft 1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente Grundmann https://doi.org/10.1515/9783110498585-003

Übersicht 1. Abschnitt: System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente1 A. Vor § 675c BGB: Zahlungsverkehr, (Europäisches) Zahlungsdiensterecht und Zahlungsinstrumente | 1–63 I. Zahlungsverkehr und (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Rechts und Organisationsrahmen | 1–15 II. Zahlungsdienste und -instrumente | 16–63 B. §§ 675c, 675e BGB: (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Anwendungsbereich und Abdingbarkeit | 64–89 I. Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts – Gesamtsystem und Überblick | 64–66 II. Begriffsbestimmungen des KWG, ZAG, E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 bis 4 BGB) | 67–72 III. Allgemein-Schuldrechtliche Vertragstypen als Auffangregeln (§ 675c Abs. 1 BGB) | 73–75 IV. Ausnahmen vom Anwendungsbereich und Abdingbarkeit (§ 675e BGB) | 76–83 V. Klauselwerke des Zahlungsdienstleistungsverkehrs | 84–89 2. Abschnitt: Organisationsrahmen der Parteien2 C. Valutaverhältnis: Insbes. Zulassung und Erfüllungswirkung des Zahlungsdienstes (-instruments) | 90–119 I. Regelung im allgemeinen Schuldrecht | 90, 91 II. Überweisung | 92–104 III. Lastschrift | 105–112 IV. Kartenzahlung | 113–118

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Alternative Zahlungssysteme (insbes. PayPal) | 119 § 675d BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB: Allgemeine Informationspflichten im Zahlungsdienstevertrag | 120–134 I. System, insbes. Standardisierte Informationspflichten | 120–123 II. Standardinformation – Inhalt und Form (§ 675d Abs. 1, 2 und 5 BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB) | 124–132 III. Standardinformation – Sonstige Modalitäten (§ 675d Abs. 3 und 4 BGB) | 133–134 §§ 675f bis 675h BGB: Zahlungsdienste-, insbes. Zahlungsdienste-Rahmenvertrag und sein Bestand | 135–197 I. § 675f Abs. 1–5 BGB: Begründung und Inhalt des Zahlungsdienstevertrages (auch Zahlungsauslösedienst), insbes. zum Zahler („Deckungsverhältnis“) | 135–175 II. § 675f Abs. 6 BGB: Zahlungsdienstevertrag (bei Kartenzahlung) im Verhältnis zum Zahlungsempfänger/Händler („Zuwendungsverhältnis“) | 176–179 III. §§ 675g, 675h BGB: Änderung, Anpassung und Beendigung des Zahlungsdienstevertrages | 180–197 § 675i BGB: Elektronische Geldbörse und ähnliche Kleinbetragsinstrumente | 198–223 I. Sonderregime für Kleinbetragsinstrumente | 198–202 II. Insbes. GeldKarte – Elektronische Geldbörse | 203–221 III. Annex: Kontaktloses Zahlen mit Kleinbetragsinstrumenten? | 222, 223

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* Diese Kommentierung beruht auf der Kommentierung derjenigen Zahlungsinstrumente, die heute den Kreis der Zahlungsdienste erschöpfen, im von Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn herausgegebenen Kommentar zum Handelsgesetzbuch (2. Aufl. 2009), dort BankR II. Der Autor dankt den Verlagen Vahlen und Beck für die Freigabe des Manuskripts für eine Fortentwicklung im Staub’schen Großkommentar. Eine deutlich kürzere Rumpffassung erschien letztmalig parallel zur Vorauflage im Staub in der 3. Aufl. 2014/15. 1 Vor § 675c BGB, §§ 675c und 675e BGB: Zahlungsverkehr, (Europäisches) Zahlungsdiensterecht und Zahlungsinstrumente, Anwendungsbereich und Abdingbarkeit. Entspricht Kapitel 1 – Allgemeines – in der Gesetzesgliederung. Allein § 675d BGB wurde – als inhaltliche Regelung zum vertraglichen Organisationsrahmen – vorliegend Abschnitt 2 zugeschlagen. 2 §§ 675d, 675f bis 675i BGB: Valutaverhältnis und Zahlungsdienste-, insbes. Zahlungsdienste-Rahmenvertrag (Informationspflichten, Bestand, Pflichten), Annex: Kleinbetragsinstrumente (insbesondere Elektronische Geldbörse). Entspricht Kapitel 2 – Zahlungsdienstevertrag – in der Gesetzesgliederung (zu § 675d BGB vgl. vorige Fn).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

3. Abschnitt: Initiierung der Einzeltransaktion3 G. §§ 675j bis 675p BGB: Kundenauftrag zur Zahlungsausführung | 224–313 I. § 675j BGB: Initiierung („Autorisierung“) von Zahlungsdiensten („Auftragserteilung“) | 224–247 II. §§ 675k bis 675m BGB: Nutzungsbegrenzung, Sperre und Missbrauchsprävention bei Zahlungsinstrumenten | 248–280 III. §§ 675n, 675o BGB: Zugang der Autorisierung und Ablehnung der Ausführung von Zahlungsdiensten | 281–297 IV. § 675p BGB: Widerruf der Autorisierung von Zahlungsdiensten | 298–313 4. Abschnitt: Ausführung und Haftung4 H. §§ 675q bis 675t BGB: Ausführung von Zahlungsdiensten | 314–401 I. §§ 675q, 675r BGB: Ausführungspflicht, insbes. ungekürzte Valutaweitergabe und Auftragsstrenge | 314–386 II. §§ 675s, 675t BGB: Ausführungsfrist und Wertstellungs- bzw. Verfügbarkeitsdatum bei Zahlungsdiensten | 387–401 I. §§ 675u bis 675x BGB: Haftung bei nicht autorisierten Zahlungsdiensten | 402–485 Vorbemerkung zu §§ 675u bis 675c BGB | 402–404 I. § 675u BGB: Zahlungsdienste ohne Autorisierung – Risikotragung der Institute | 405–423 II. §§ 675v, 675w BGB (mit § 676b Abs. 1 BGB): Haftung des Kunden für Ermöglichung von Zahlungsdienstemissbrauch | 424–458 III. § 675x BGB: Erstattung bei Lastschrift und anderen empfängerinitiierten Zahlungsdiensten nach Widerspruch gegen Autorisierung | 459–485 J. §§ 675y bis 676c BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von (autorisierten) Zahlungsdiensten | 486–542 I. §§ 675y bis 676a BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von Zahlungsdiensten | 486–533 II. §§ 676b Abs. 2 bis 676c BGB: Ausschluss-

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fristen und Haftungsausschluss | 534–542 Anhang zu Abschnitt 1–4: Klauselwerke zu Zahlungsdiensten K. Klauselwerke zu Zahlungsdiensten | 543–550 5. Abschnitt: Sonstige Zahlungsinstrumente L. Überblick und Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) (Grundzüge) | 551–641 I. Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten, paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs (ERA) | 551–557 II. Funktion, ERA als anwendbares Recht, Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang (Art. 1–3 ERA) | 558–571 III. Valutaverhältnis und Akkreditiv (Art. 4, 5 ERA) | 572–577 IV. Akkreditiveröffnung und sonstige Verpflichtungsbegründung im Deckungs- und Zuwendungsverhältnis (Art. 6–12 ERA) | 578–609 V. Rembours im Interbankenverhältnis (Art. 13 ERA) | 610, 611 VI. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Grundlagen (Art. 14–17 ERA) | 612–630 VII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Einzelne Dokumente (Art. 18–28 ERA) | 631, 632 VIII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Modalitäten, Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 29–37 ERA) | 633–639 IX. Übertragung und Beendigung (Art. 38, 39 ERA) | 640 Anhang zu den ERA 600 für die Vorlage elektronischer Dokumente (elERA) M. Dokumenteninkasso, Scheck, Wechsel (Überblick) | 642–654 I. Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Überblick zum Inhalt | 642–645 II. Scheckgesetz (SchG) – Überblick zum Inhalt | 646–650 III. Wechselgesetz (WG) – Überblick zum Inhalt | 651–654

3 §§ 675j bis 675p BGB: Initiierung der Einzeltransaktion („Auftrag“, „Weisung“), insbes. Authentifizierung und Missbrauchsprävention, Begründung der Ausführungspflicht und Ablehnung der Ausführung, Widerruf („Gegenweisung“). Abschnitte 3 und 4 entsprechen Kapitel 3 – Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten – in der Gesetzesgliederung, wobei freilich in den Unterabschnitten die Schnitte (G. bzw. H.–J.) anders gesetzt wurden, vgl. unten Dritter Teil Rn 274–313. 4 §§ 675q bis 676c BGB: Planmäßige Zahlungsausführung/Durchführung des Zahlungsauftrages; Haftungsregime im Falle fehlender Autorisierung; Haftungsregime im Falle fehlender oder fehlerhafter

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Schrifttum (Abschnitte 1–4)

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1. Zahlungsdiensterecht allgemein (insbes. Grundlagenwerke, Instrumentübergreifendes, EG-Richtlinie und Gesetz Über Zahlungsdienste) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Apathy/Iro/Koziol (Hrsg.) Österreichisches Bankvertragsrecht, Bd. III: Zahlungsverkehr, 2. Aufl. 2008; Arretz/Artzt/Barleon/Engel u.a. Kontoführung & Zahlungsverkehr: Rechtsfragen aus der Bankpraxis, 5. Aufl. 2017; Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Zahlungsverkehrssysteme in elf entwickelten Ländern, 1989; Becker/Berndt/Klein (Hrsg.) Neues Zahlungsverkehrsrecht – Umsetzung der zivilund aufsichtsrechtlichen Regeln in der Bankpraxis, 2010; Bonhomme Instruments de crédit et de paiement, 12. Aufl. 2017; Bonneau Droit Bancaire, 13. Aufl. 2019; Bork Zahlungsverkehr in der Insolvenz, 2002; Brechtel Die Tilgung von Geldforderungen bei Überweisung, Lastschrift- und Kreditkartenzahlung – eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Risikoverteilung bei einer Bankeninsolvenz, 2012; Brindle/Cox (Hrsg.) Law of Bank Payments, 5. Aufl. 2017; Brückner Online Banking – Sphärenhaftung, Rechtsscheinhaftung, Verschuldenshaftung – eine Erörterung im Hinblick auf das Online Banking nach dem von der deutschen Kreditwirtschaft verwendeten Standard unter besonderer Berücksichtigung von elektronischen Signaturen und rechtsvergleichender Aspekte, 2002; Budde Das Vertragsrecht der Zahlungsdienste: Neugestaltung unter dem Einfluss der Zahlungsdiensterichtlinie, Diss. Berlin 2017; Cecchetti/Schoenholtz Money, Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017; Couret/Devèze/Hirigoyen Droit du financement, 2009; Cresswell/Blair (Hrsg.) Butterworths Encyclopaedia of Banking Law, Division D1 – Payment and Payment Systems, Ausgabe 106 (Hooley), 11/2010; Danwerth Das Finanztransfergeschäft als Zahlungsdienst, 2017; Deschamp-Populin La cause du paiement – une analyse innovante du paiement et des modes de paiement, 2010; Eilenberger Bankbetriebswirtschaftslehre: Grundlagen, Internationale Bankleistungen, Bank-Management, 8. Aufl. 2011; Ellenberger/Findeisen/Nobbe (Hrsg.) Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht – Praxiskommentar zum Zivil- und Aufsichtsrecht des Zahlungsverkehrs, 2. Aufl. 2013; Ellinger/Lomnicka/Hare Ellinger’s Modern Banking Law, 5. Aufl. 2011; Engel Rechtsfragen im Zahlungsverkehr, 5. Aufl. 2014; Gavalda/Stoufflet Instruments de paiement et de crédit: Effets de commerce, chèque, carte de paiement, transfert de fonds, 8. Aufl. 2012; Giorgianni/Tardivo Manuale di Diritto Bancario e degli operatori finanziari, 3. Aufl. 2012; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, 5. Aufl. 2017; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs – Überweisung, Lastschrift, Scheck, Zahlungssysteme, 3. Aufl. 1997 (Neufassung als 4. Aufl. von Weber s.u.); Gras Zahlungszusagen im bargeldlosen Zahlungsverkehr: Bestandsaufnahme – Analyse – Kritik. Eine rechtsdogmatische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Einwendungsproblematik, 2006; Gsell/Herresthal (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009; Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie – Bankrechtstag 2009, 2010; Herresthal 2. Kapitel: Zahlungsdienstevertrag (§§ 675c bis 675i BGB), in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Auf. 2016; ders. 5. Kapitel: Online-Banking, Einführung und §§ 675j bis 676c BGB, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Hoffmann-Riehm/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996; Hudson The Law of Finance – a Comprehensive Treatise for Practitioners, 2. Aufl. 2013; Kalomiris, 9. Kapitel: Zahlungsverkehr und Insolvenz, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Koch Ch. Der Zahlungsverkehr in der Bankpraxis – Zahlungsdienste (Überweisung, Lastschrift, Debitkarte, Kreditkarte, Online-Banking), Scheck, Wechsel, SEPA, Preis- und Leistungsmerkmale, 2. Aufl. 2012; ders. Umsetzung des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie – Auswirkungen auf die Bankpraxis, die AGB, die Sonderbedingungen sowie das Preis-Leistungsverzeichnis, 2. Aufl. 2013; Koch M. Missbrauch von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten – Haftungsverteilung zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer, 2012; Koch/Reinicke Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG: Inhalt des Gesetzes und Kurzkommentierung, 3. Aufl. 2013; Langenbucher Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2001; Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.) Zahlungsverkehr – Handbuch zum Recht der Überweisung, Lastschrift, Kreditkarte und der elektronischen Zahlungsformen, 2004; Linardatos Das Haftungssystem im bargeldlosen Zahlungsverkehr nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, 2013; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004; Lippstreu Wege der Rechtsangleichung im Vertragsrecht, 2014; Mancini/Rispoli Farina/Santoro/Sciarrone Alibrandi/Troiano (Hrsg.), La Nuova Disciplina dei servizi di pagamento, 2011; Mavromati The Law of Payment Services in the EU – The EC Directive on Payment Services in the Internal Market, 2008; Mishkin The economics of money, banking and financial markets, 12. Aufl. 2019; Müller Das Internetbanking im Zeitalter der elektronischen Signatur, 2005; Neumann/Bock Zahlungsverkehr im Internet – rechtliche Grundzüge klassischer und innovativer Zahlungsverfahren, 2004; Obermüller/Kuder Insolvenz-

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Durchführung bei autorisierten Zahlungsvorgängen. Zur Binnengliederung – hier und im Gesetz – vgl. vorige Fn. *

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

recht in der Bankpraxis, 9. Aufl. 2017; Oberndörfer Netz-„Geld“: Funktionen des Netzgeldes insbesondere aus zivilrechtlicher Sicht, 2003; Payments Council Payment Services Regulations – Industry Best Practice Guidance on Selected Issues, 10/2009; Piedelièvre Instruments de credit et de paiement, 10. Aufl. 2018; Proctor The Law and Practice of International Banking, 2. Aufl. 2015; Recknagel Vertrag und Haftung beim Internet-Banking, 2005; Rigler 11. Kapitel: SEPA, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Schäfer Die zivilrechtliche Qualifizierung der Interbankenabkommen, 1990; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens – Innovative Bezahlverfahren im Lichte des novellierten Zahlungsdiensterechts, 2019; Schwintowski Bankrecht, 5. Aufl. 2017; Stadler Mobiles Bezahlen – die rechtsverträgliche Gestaltung mobiler Bezahlverfahren in Deutschland, 2006; Stange Bargeldloser Zahlungsverkehr und Drittmissbrauchshaftung in Europa – eine rechtsvergleichende Betrachtung der deutschen, englischen und spanischen Rechtsordnung mit besonderem Blick auf die Europäische Zahlungsdiensterichtlinie 64/2007/EG, 2010; Toussaint Das Recht des Zahlungsverkehrs im Überblick, 2009; Wackwitz Die Zahlungsdiensterichtlinie und ihre Umsetzung – Modell, Rechtsvergleich und allgemeine Lehren, 2013; Wandhöfer EU Payments Integration – the Tale of SEPA, PSD and Other Milestones along the Road, 2010; Weber C. B. Recht des Zahlungsverkehrs – Überweisung, Lastschrift, Scheck, ec- und Kreditkarte – Internet – Insolvenz, 4. Aufl. 2004; Zahn/Ehrlich/Haas Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel, 8. Aufl. 2010; sowie die Großkommentare Handelsrecht und die Kommentare Bürgerliches Recht ab 2010. b) Aufsätze und Beiträge: Addleshaw Goddard LLP Developments in payment services regulation, Compliance Officer Bulletin 2014 (117, June), 1; Auffenberg E-Geld auf Blockchain-Basis, BKR 2019, 341; Baier Kriminalpolitische Herausforderungen durch Bitcoin und andere Kryptowährungen – Teil 1 und 2, CCZ 2019, 123 und 157; Bauerfeind Ein Resümee zum Finanztransfergeschäft – Das Zahlungsdiensterecht in der Praxis, WM 2018, 456; Baumann Die Umsetzung der Payment Services Directive 2 – Chance oder Risiko für Finanzdienstleister, GWR 2017, 275; Bautsch/Zahrte Die „SEPA-Migrationsverordnung“ – Revolution des deutschen Massenzahlungsverkehrs in 2014? BKR 2012, 229; Beck Bitcoins als Geld im Rechtssinne, NJW 2015, 580; Billing Die Entscheidung des LG München I zur Anwendung von § 270a BGB auf PayPal-Zahlungen – dem Gesetzgeber (k)eine Gasse? BKR 2019, 238; Binder Vorstandshandeln zwischen öffentlichem und Verbandsinteresse – Pflichten- und Kompetenzkollisionen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2013, 760; Bitter Problemschwerpunkte des neuen Zahlungsdiensterechts – Teil I: Überweisung und Lastschrift, WM 2010, 1725; ders. Problemschwerpunkte des neuen Zahlungsdiensterechts – Teil II: Kreditkartenzahlung und allgemeine Prinzipien, WM 2010, 1773; ders. Bankpraxis zwischen Recht und Wirtschaft – Bankentgelte, Kreditkartenverfahren und weitergeleiteter Auftrag in juristisch-ökonomischer Betrachtung, ZBB 2007, 237; ders. Wer schützt den Verbraucher vor dem Verbraucherschutz? Bankentgelte und „Verursacherprinzip“ in juristisch-ökonomischer Betrachtung, FS Ott, 2002 S. 153; Bollen European Regulation of payment services – recent developments and the proposed Payment Services Directive – part 1 & 2, Journal of Int’l Banking Law and Regulation 2007, 532; ders. A discussion of best practice in the regulation of payment services – part 1 & 2, Journal of Int’l Banking Law and Regulation 2010, 370 und 429; Bonhomme Le déclenchement de l’opération de paiement – le consentement et l’ordre, JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 2010, 1032; Bonneau Le domaine d’application de l’ordonnance – notions d’instrument de paiement, de services de paiement et d’établissement de paiement au sens de l’ordonnance, application dans l’éspace et dans le temps, domaine subjectif: consommateurs, professionels, JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 2010, 1031; Borges Identitätsmissbrauch im Online-Banking und die neue Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), ZBB 2016, 249; Bougeroi-Prud’homme Réflexions sur le paiement à l’épreuve de la monnaie scripturale, RTD Civ. 2012, 439; Brandt/Graham An update on the UK’s implementation of the Payment Services Directive, Compliance Officer Bulletin 2009 (64, March), 1; Brauneck Libra-Coin: Gefährliche Geldpolitik durch Facebook?, WM 2019, 1911; Brechtel Die Leistung an Erfüllungs statt im Kontext des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, WM 2016, 1057; Brückner SEPA – Neue Herausforderungen für die Bürorganisation, DGVZ 2013, 202; Buchmüller/Burke Zahlungsmittelentgelte im E-Commerce – Neuerungen durch die Umsetzung der Zweiten Zahlungsdienstererichtlinie ab Januar 2018, MMR 2017, 728; Burgard Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, WM 2006, 2065; Conreder Neue Zahlungsdienste nach dem Entwurf eines neuen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes und deren Ausnahmen – wen geht es an? BKR 2017, 226; Conreder/Schild Die Zahlungsdiensterichtlinie II (PSD II) – Auswirkungen auf die Realwirtschaft, BB 2016, 1162; Cox The November 2009 Banking and Payment Services regime, The In-House Lawyer 9/2009, 14; Danwerth Überraschende Änderungen beim Finanztransfergeschäft: Endlich Klarheit? Überlegungen zu § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ZAG-E, ZBB 2017, 14; Derleder Die vollharmonisierende Europäisierung des Rechts der Zahlungsdienste und des Verbraucherkredits, NJW 2009, 3195; Dippel Das neue Zahlungsverkehrsrecht und dessen Umsetzung in den kreditwirtschaftlichen Bedingungswerken, in: Habersack/Mülbert/ Nobbe/Wittig (Hrsg.) Anlegerschutz im Wertpapiergeschäft – AGB in der Kreditwirtschaft, Bankrechtstag 2010, 2011, 137; Einsele Die Rechtstellung von Unternehmen im Zahlungsverkehr, ZIP 2011, 1741; dies. Der Erstattungsanspruch Grundmann

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

des Zahlers, WM 2015, 1125; Fervers Die AGB-Kontrolle von Entgeltklauseln im Recht der Zahlungsdienste, BKR 2019, 165; Fornasier Die Inhaltskontrolle von Entgeltklauseln im Lichte des europäischen Zahlungsdiensterechts, WM 2013, 205; Franck/Massari Die Zahlungsdiensterichtlinie – Der Europäische „Uniform New Payments Code“, in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragrechts, 2008, S. 113; dies. Die Zahlungsdiensterichtlinie – Günstigere und schnellere Zahlungen durch besseres Vertragsrecht? WM 2009, 1117; Fries PayPal Law und Legal Tech – was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht? NJW 2016, 2860; Gabbert Die Umstellung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs durch die Einführung der „Single European Payments Area“ (SEPA), RV aktuell 2013, 317; Gambini Ius variandi bancario e finanziario tra tolleranza e reazione del cliente, Banca, Borsa & Titoli di Credito 2012, 415; Geva The EU Payment Services Directive – an Outsider’s View, Yearbook of European Law 28 (2009/10) 177; Grundmann Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – 1. Teil: Grundsatzüberlegungen und Überweisungsrecht, WM 2009, 1009, ders. Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – 2. Teil: Lastschrift, Kartenzahlung und Ausblick, WM 2009, 1057; ders. European Law and Principles on Commercial and Investment Banking Contracts: An Advanced Area of Codification, in: Hartkamp/Hesselink/Hondius/Mak/du Perron (Hrsg.) Towards a European Civil Code, 4. Aufl. 2011, S. 787; ders. Privatrecht und Regulierung, FS Canaris 2017, S. 907; ders. Einheitlicher Europäischer Zahlungsraum – Wie viel Einheit? Welcher Methodendiskurs?, FS Köndgen 2016, 221; ders. Bankenunion und Privatrecht – Spannungspunkte, Einflusslinien, Beispiele, ZHR 179 (2015) 563; Gruner La transposition française de la directive services de paiement (1re partie et 2eme partie), Revue Lamy droit des affaires, 44/2009 und 45/2010, je S. 27; Gunkel/Richter Banken im Spannungsfeld regulatorischer Anforderungen und der Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle – Bericht über den Bankrechtstag am 24. Juni 2016 in Frankfurt a. M. -, WM 2016, 1517; Hadding Ordentliche Kündigung der Geschäftsbeziehung durch die Sparkasse, FS Hopt, 2010 S. 1893; Hanten/Sacarcelik Zivilrechtliche Einordnung von Kryptowährungen und ICO-Token und ihre Folgen, RdF 2019, 124; Harman Neue Instrumente des Zahlungsverkehrs – PayPal Co., BKR 2018, 457; Heck Funktionsweise und Grundzüge der steuerlichen Behandlung von Blockchain-basierten Kryptowährungen, DStZ 2019, 106; Herdegen Zum Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission für grenzüberschreitende Zahlungen, WM 2001, 2081; Herresthal Die Kündigung von Girokonten durch private Banken nach dem Recht der Zahlungsdienstleistungen, WM 2013, 773; ders. Das veränderte Leitbild der AGB-Kontrolle von Bankentgelten durch das Recht der Zahlungsdienstleistungen, FS Coester-Waltjen 2015, S. 1109; Hildner Bitcoins auf dem Vormarsch – Schaffung eines regulatorischen Level Playing Fields, BKR 2016, 485; Hingst/Lösing Die geplante Fortentwicklung des europäischen Zahlungsdiensteaufsichtsrechts durch die Zweite Zahlungsdienste-Richtlinie, BKR 2014, 315; Hoeren/Kairies Anscheinsbeweis und chipTAN, ZBB 2015, 35; Hoffmann Anscheinsbeweis und Kundenhaftung beim Online-Banking, ZHR 181 (2017) 780; ders. Kundenhaftung unter der Neufassung der Zahlungsdiensterichtlinie, VuR 2016, 243; ders. Die Überweisung anhand fehlerhafter Kundenkennung unter der Neufassung der Zahlungsdiensterichtlinie, WM 2016, 1110; ders./Haupert/Freiling Anscheinsbeweis und Kundenhaftung beim Online-Banking, ZHR 181 (2017) 780; Hofmann Haftung im Zahlungsverkehr, BKR 2014, 105; ders. Das neue Haftungsrecht im Zahlungsverkehr, BKR 2018, 62; Jestaedt Kontoinformationsdienster – neue Online-Services unter Regulierung, BKR 2018, 445; Jordans (Un-) Zulässige Bankentgelte – Stand 2019, DZWiR 2019, 156; Knöfel Gift Cards (Geschenkkarten) im Einzelhandel – Rechtsnatur, Funktionsweise, Probleme, WM 2017, 833; Koch B. Der Zahlungsverkehr nach dem Zahlungsdienstegesetz – ein Überblick, ÖBA 2009, 869; Köhling Die Clearing-Rahmenvereinbarung – Deutsche Vertragsdokumentation für das Kundenclearing, BKR 2013, 491; Kokert SEPA-Umstellung – Der Countdown läuft – SEPA-Basiswissen für Unternehmen und Abschlussprüfer, WPg 2013, 821; Köndgen Das neue Recht des Zahlungsverkehrs, JuS 2011, 481; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten, BKR 2012, 141; Krüger Richterliche Überprüfbarkeit von Preisklauseln in der Kreditwirtschaft, WM 1999, 1402; Kulke Die Zahlungsverkehrsrichtlinie und ihre Konsequenzen für den Verbraucher, VuR 2007, 364; Kunz Die neue Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II) – Regulatorische Erfassung „Dritter Zahlungsdienstleister“ und anderer Leistungsanbieter – Teile 1 und 2, CB 2016, 416 und 457; ders. Rechtliche Rahmenbedingungen für Mobile Payment – ein Blick auf die Anforderungen zur starken Kundenauthentifizierung, CB 2018, 393; Legeais Moyens de paiement: Ordonnance relative aux conditions régissant la fourniture de services de paiement et portant création des établissements de paiement (ord. n° 2009-866 du 15 juill. 2009, J.O. 16 juill, p. 11868), RTD Com. 2009, 784; Leible Binnemarkt, elektronischer Geschäftsverkehr und Verbraucherschutz, JZ 2010, 272; Lendermann Eckpunktepapier des BMF und BMJV für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token, AG 2019, R93–95; Linardatos Der Kommissionsvorschlag für eine Zahlungsdiensterichtlinie II – ein Überblick zu den haftungsrechtlichen Reformvorhaben, WM 2014, 300; ders. Von Anscheinsbeweisen im Zahlungsdiensterecht und fehlgeleiteten Gesetzgebern, NJW 2017, 2145; Löber The Payment Services Directive: New payments legislation in the single market, Journal of Int’l Banking Law and Regulation 2008, 78; Lohmann/Koch Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Zahlungsdienste im Binnenmarkt – Wesentliche Inhalte, Bewertung und mögliche Auswirkungen auf den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt, WM 2008, 57; Lutz Regulatorische Herausforderung von Bezahlsystemen: PayPal Co, ZvglRWiss 116 (2017) 177; Macdonald The Banking and Payment Services Con361

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

duct Regime – retail banking therapy? Journal of Int’l Banking Law and Regulation 2009, 671; Malaguti The PSD – Will we be able to recompose the puzzle? Journal of Int’l Banking Law and Regulation 2009, 404; Manger-Nestler Der einheitliche europäische Zahlungsverkehrsraum vor dem Hintergrund der Payment Service Directive, EuZW 2008, 332; Mathe La réforme des services de paiement, Revue de Droit bancaire e financier 1/2010, 8; Maume/Haffke/Zimmermann Bitcoin versus Bargeld – die geldwäscherechtliche Verpflichtung von Güterhändlern bei Zahlungen mit Kryptowährungen, CCZ 2019, 149; Morera/Olivieri La variazione dei tassi nei contratti bancari a tempo determinato, Giurisprudenza Commerciale II 2012, 275; Nobbe Neuregelungen im Zahlungsverkehrsrecht – ein kritischer Überblick, WM 2011, 961; Notté Fourniture de services de paiement et création des établissements de paiement (ord. n° 2009-866, 15 juill. 2009), JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 7/2009, 3; Omlor Die zweite Zahlungsdiensterichtlinie: Revolution oder Evolution im Bankvertragsrecht? ZIP 2016, 558; ders. Aktuelles Gesetzgebungsvorhaben: Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie, JuS 2017, 626; ders. Zahlungsdiensteaufsichtsrecht im zivilrechtlichen Pflichtengefüge, WM 2018, 57; ders. E-Geld im reformierten Zahlungsdiensterecht, ZIP 2017, 1836; ders. Entgelte im Zahlungsverkehr nach der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II), WM 2018, 937; ders. Kryptowährungen im Geldrecht, ZHR 183 (2019) 294; ders. Online-Banking unter Geltung der Zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD II), BKR 2019, 105; ders. Europäische E-Geld-Regulierung in Drittstaaten am Beispiel der Schweiz, BKR 2020, 157; Onza La “trasparenza” dei “servizi di pagamento” in Italia (un itinerario conoscitivo), Banca, Borsa & Titoli de Credito 2013, 577; Payan/ Farah/de Gracia Transpositon de la DSP – Client gagnant! Revue Banque 11/2009, 51; Piedelièvre L’ordonnance du 15 juillet 2009 relative aux conditions régissant la fourniture de services de paiement (1ère et 2nde partie), Gazette du palais 2009, 2807 und 2820; Rösler/Werner Erhebliche Neuerungen im zivilen Bankrecht: Umsetzung von Verbraucherkreditund Zahlungsdiensterichtlinie – Überblick über den Umsetzungsbedarf in der Bankpraxis anhand der vorliegenden Gesetzesentwürfe, BKR 2009, 1; Rühl Weitreichende Änderungen im Verbraucherdarlehensrecht und Recht der Zahlungsdienste, DStR 2009, 2256; Salanitro Obblighi informative e oneri probatori, Banca, Borsa & Titoli di Credito 2011, 417; Sander DS-GVO vs. PSD2: was dürfen die Betreiber von Kontoinformationsdiensten, BKR 2019, 66; Scheibengruber Zur Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit der Verlagerung des Missbrauchsrisikos bei Zahlungsdiensten auf die Nutzer – ein Beitrag zur Analyse der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie in das BGB und die AGB der Banken, BKR 2010, 15; Schnauder Die Erfüllung von Geldschulden durch E-Geld – zugleich Anmerkung zu BGH, Urt. v. 22.11.2017 – VIII ZR 213/16 | jurisPR- BKR 6/2018 Anm. 1; Schürmann Das neue Recht der Zahlungsdiensteverträge – ein Überblick, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.), Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie – Bankrechtstag 2009, 2010, S. 11; Schütte NFC? Aber sicher – wie sicher ist das kontaktlose Bezahlen? DuD 2014, 20; Söbbing FinTechs: Rechtliche Herausforderungen bei den Finanztechnologien der Zukunft, BKR 2016, 360; Sorge/Krohn-Grimberghe Die Zukunft des Bezahlens, Kreditwesen 2013, 741; Spindler Internet-Banking und Haftungsverteilung zwischen Bank und Kunden, FS Nobbe, 2009 S. 215; ders./Zahrte Zum Entwurf für eine Überarbeitung der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II), BKR 2014, 265; Steennot Erroneous execution of payment transactions according to the new Payment Services Directive, Int’l Journal Technology Transfer and Commercialisation 2007, 145; ders. Allocation of liability in case of fraudulent use of an electronic payment instrument – the new Directive on payment services in the internal market, Computer Law & Security Report 2008, 555; ders. The Single European Payments Area (SEPA) and the Payment Services Directive (PSD) – What’s in it for Consumers? European Journal of Consumer Law – Revue européenne de droit de la consummation 2010, 83; Steinmüller Was bleibt national im europäischen Zahlungsverkehr? Kreditwesen 2013, 727; Steuer Die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Preisen und Entgelten – eine kritische Bestandsaufnahme, FS Hadding, 2004 S. 1169; Stockhausen/Warner Zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie – Bericht über den Bankrechtstag am 26.6.2009 in Frankfurt a.M., WM 2009, 1548; Terlau Die zweite Zahlungsdiensterichtlinie – zwischen technischer Innovation und Ausdehnung, ZBB 2016, 122; Torck L’éxecution et la contestation des operations de paiement, JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 2010, 1033; Vanden Bosch/ Mathey La directive sur les services de paiement, Revue de droit bancaire et financier 7/2007, 59; Walter Neuregelungen zu SEPA-Lastschrift und SEPA-Überweisung, DB 2013, 285; ders. SEPA – Risiken für Banken, Die Bank 2013, 48; Weichert Die Payment Services Directive 2 und der Datenschutz, BB 2018, 1161; Weidmann Zahlungsverkehr in Deutschland im Jahr 2013, Kreditwesen 2013, 711; Werner Der Weg zu SEPA und die Auswirkungen auf die Zahlungsdienste – ein Überblick, WM 2014, 243; ders. Wesentliche Änderungen des Rechts der Zahlungsdienste durch Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie in deutsches Recht, WM 2018, 449; ders. Neue Möglichkeiten für Zahlungsdienstnutzer im Recht der Zahlungsdienste nach Umsetzung der PSD II, ZBB 2017, 345; Zahrte Änderungen im ZAG durch das SEPABegleitgesetz, WM 2013, 1207; ders. Neuerungen im Zahlungsdiensterecht, NJW 2018, 337; ders. Elektronische Postfachlösungen bei Banken – zugleich eine Besprechung von EuGH C-375/15 (BAWAG/VKI), BKR 2017, 279. Rechtsvergleichend vgl. aus jüngerer Zeit Wackwitz Zahlungsdiensterichtlinie. Grundmann

362

1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

2. Überweisung a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Arndt Das Interbankenverhältnis im Überweisungsrecht – vom Weiterleitungsmodell zum SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook, 2012; Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Zahlungsverkehrssysteme in elf entwickelten Ländern, 1989; Blaurock (Hrsg.) Das Recht der grenzüberschreitenden Überweisung, 2000; Böhm-Rupprecht Cyber-money – Die rechtliche Struktur von Zahlungen im Internet: eine Untersuchung der Zahlungssysteme eCash und Milicent, 2003; Brechtel Die Tilgung von Geldforderungen bei Überweisung, Lastschrift- und Kreditkartenzahlung – eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Risikoverteilung bei einer Bankeninsolvenz, 2012; Bruns Das Fälschungsrisiko der Banken, 1999; Diestelmeier Die Stellung des zwischengeschalteten Kreditinstituts im bargeldlosen Zahlungsverkehr – am Beispiel von Giroüberweisung, Lastschrift und Scheckinkasso, Akkreditivgeschäft und Dokumenteninkasso, 1992; Distel Die Errichtung des westdeutschen Zentralbanksystems mit der Bank deutscher Länder, 2003; Engel Rechtsfragen im Zahlungsverkehr, 5. Aufl. 2014; Escher-Weingart BuB Rn 6/8 bis 6/286; Etzkorn Rechtsfragen des internationalen elektronischen Zahlungsverkehrs durch S. W. I. F. T., 1991; European Monetary Institute (Ed.), Payment Systems in the European Union, 1996; Favre-Bulle Le droit communautaire du paiement électronique, Zürich 1992; ders. Les paiements transfrontières dans un espace financier européen, 1998; Feldhahn Die Bankenhaftung des neuen Überweisungsrechts, 2003; Genner Das UNCITRAL-Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr – eine Darstellung im Vergleich mit den Regeln des Artikel 4A Uniform Commercial Code und des deutschen Rechts, 1995; Hadding/Schneider (Hrsg.) Rechtsprobleme der Auslandsüberweisung, 1992; dies. (Hrsg.) Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr im Europäischen Binnenmarkt – Transboundary Payment Transactions in the European Single Market – Transactions financières transfrontières dans le Marché unique européen, 1997; Hirth Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in ihrer Bedeutung für den Ausgleich von Drittschäden im Zahlungsverkehr, 1991; Holznagel/Hoeren Rechtliche Rahmenbedingungen des elektronischen Zahlungsverkehrs – Hemmnisse, Verletzlichkeitspotentiale, Haftung, 1999; Kleiner Internationales Devisen-Schuldrecht, Fremdwährungs-, Euro- und Rechnungseinheitsschulden, Zürich 1985; Köckritz E-Banking: Entwicklungsstand und betriebswirtschaftliche Problemfelder, 2. Aufl. 2004; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, 2. Hauptteil, 4. Teil, 2. Abschnitt; Langenbucher Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2001; dies. 3. Kapitel: Überweisung, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Auflage, 2016; Lodde Die Haftung der Banken bei der Abwicklung einer Banküberweisung nach dem neuen Überweisungsgesetz, 2003; Loh Das S. W. I. F. T.System – die moderne Datenübertragung im internationalen Zahlungsverkehr, 1983; Malaguti The Payment Systems in the European Union – Law and Practice, London u.a. 1997; Matusche EU-Verbraucherschutz und deutsches Bankvertragsrecht – die Umsetzung der Richtlinien über Verbraucherkredite, mißbräuchliche Klauseln und grenzüberschreitende Überweisungen, 1998; Meyer-Cording Das Recht der Banküberweisung unter besonderer Berücksichtigung der steckengebliebenen Überweisungen, 1951; Mucke Die Haftung der Bank für zwischengeschaltete Banken: im Überweisungsverkehr und bei weiteren Bankgeschäften, 2004; Müller Das Internetbanking im Zeitalter der elektronischen Signatur, 2005; Neumann/Bock Zahlungsverkehr im Internet – rechtliche Grundzüge klassischer und innovativer Zahlungsverfahren, 2004; Oberndörfer Netz-„Geld“: Funktionen des Netzgeldes insbesondere aus zivilrechtlicher Sicht, 2003; Polke Der Zahlungsverkehr der Banken im In- und mit dem Ausland – Risikoverteilung bei Schließung eines Kreditinstituts, 1978; Recknagel Vertrag und Haftung beim Internet-Banking, 2005; Remmerbach Auswirkungen des Konkurses des Bankkunden auf den Überweisungs- und Lastschriftverkehr, Diss. Münster 1986; Rennpferdt Die internationale Harmonisierung des Erfüllungsrechts für Geldschulden – ein Gegenvorschlag auf der Basis des Versendungsschuldmodells, 1993; Schmitt Grenzüberschreitende Überweisungen – europäische Vorgaben und die Schwierigkeit ihrer Umsetzung im deutschen und englischen Recht, 1999; Schürenkrämer Technologiebewertung des internationalen Datennetzes der Kreditinstitute: S. W. I. F. T. in Prognose und Realität, 1987; Schürmann Haftung im mehrgliedrigen bargeldlosen Zahlungsverkehr, 1994; Schwart Die Haftung der Banken im grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr, 2005; Schwolow Internationale Entwicklungslinien im Recht der Auslandsüberweisung – eine vergleichende Darstellung der Regelungen des UNCITRAL-Modellgesetzes, des amerikanischen Art. 4 A UCC, der EURichtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen und der deutschen Rechtslage, 1999; Seiler Der Bereicherungsausgleich im Überweisungsverkehr – unter Berücksichtigung des Zurückweisungsrechts des Gutschriftsempfängers und der Stornierungsbefugnis der Kreditinstitute, 1998; Stille Europäische Prinzipien bei der rechtlichen Behandlung von Banküberweisungen, 2010; Türke/Dortschy Zahlungsverkehr mit dem Ausland, 7. Aufl. 1999; Vollrath Die Endgültigkeit bargeldloser Zahlungen – zivilrechtliche Gestaltungsvorgaben für grenzüberschreitende Zahlungsverkehrsund Abrechnungssysteme, 1997; Wackwitz Die Zahlungsdiensterichtlinie und ihre Umsetzung – Modell, Rechtsvergleich und allgemeine Lehren, 2013; Wallach Die Befugnis der Banken zur Stornierung von Überweisungsgutschriften, 1992; Wimmer-Leonhardt Die Haftung gegenüber den Bankkunden im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr – die Rechts-

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Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

lage in Deutschland mit rechtsvergleichenden und europarechtlichen Bezügen, 1996; Winkelhaus Der Bereicherungsausgleich bei fehlerhafter Überweisung nach Umsetzung des neuen Zahlungsdiensterechts, 2012; Wollgarten Das Rechtsverhältnis zwischen dem Überweisenden und seinem Institut nach dem Überweisungsgesetz und die Auswirkungen auf das Valutaverhältnis, 2005; Wulff Das UNCITRAL-Modellgesetz über den grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr, 1998; sowie die Kommentare Bürgerliches Recht ab 2002. b) Aufsätze und Beiträge: van Bargen/Thielen Durchschlägt der BGH den gordischen Knoten? – die zwingende Direktkondiktion gegen den Zahlungsempfänger, GWR 2015, 397; Bartels Zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung von Überweisungen nach Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, WM 2010, 1828; Bautsch/Zahrte Die „SEPAMigrationsverordnung“ – Revolution des deutschen Massenzahlungsverkehrs in 2014? BKR 2012, 229; Becher Das Überweisungsgesetz – eine Übersicht, DStR 1999, 1360; Belling/Belling Zahlungsdiensterecht und Bereicherungsausgleich bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen, JZ 2010, 708; Berghaus Fälschungs- und Mißbrauchsrisiken im Scheck- und Überweisungsverkehr und bei der ec-Karte, in: Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, 1998, S. 39; Bitter Problemschwerpunkte des neuen Zahlungsdiensterechts – Teil I: Überweisung und Lastschrift, WM 2010, 1725; Blaurock Haftung der Banken beim Einsatz neuer Techniken im Zahlungsverkehr, CR 1989, 561; Blaurock/André Prüfungspflicht und Haftung der Empfängerbank beim beleggebundenen Überweisungsverkehr und beim beleglosen Datenträgeraustausch – Besprechung der Entscheidung des BGH vom 3.10.1989 – XI ZR 163/88, ZIP 1989, 1537, ZBB 1990, 83; Borges Rechtsfragen des Phishing – ein Überblick, NJW 2005, 3313; Braun Rechtliche Folgen einer Überweisung bei unzureichender Information des Empfängers, ZIP 1996, 617; Bröcker Funktion und Begründung des abstrakten Schuldversprechens bei Giroüberweisung, Kreditkartengeschäft und POS-System, WM 1995, 468; Bülow Scheckrechtliche Anweisung und Überweisungsvertrag, WM 2000, 58; Burgard Der Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, WM 2006, 2064; Bydlinski Zivilrechtsfragen bei Zahlung auf ein nicht autorisiertes Gläubigerkonto, ÖBA 1995, 599; ders. Bemerkungen zum Regierungsentwurf eines Überweisungsgesetzes – Pflichten, Bankenhaftung, Grenzen vertraglicher Abweichung, WM 1999, 1046; ders. Pflichten und Haftung der Banken im internationalen Überweisungsverkehr – die EG-Richtlinie vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, ÖBA 1998, 833; ders. Rechtsfragen des internationalen Überweisungsverkehrs – Die EG-Richtlinie vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, Heft 3 der Rostocker Schriften zum Bankrecht, 1998, 35; Canaris Die girovertragliche „Fakultativklausel“ im Lichte des AGB-Gesetzes – zugleich eine Besprechung des Urteils des BGH vom 5.5.1986 – II ZR 150/85, ZIP 1986, 1042, ZIP 1986, 1021; ders. Der Bereicherungsausgleich im bargeldlosen Zahlungsverkehr, WM 1980, 354; ders. Die Auswirkungen von Verfügungsverboten vor Konkurs- und Vergleichseröffnung im Girovertragsrecht, ZIP 1986, 1225; Casper Die fehlgeleitete Überweisung wegen falscher Kontonummer, FS Nobbe, 2009 S. 3; Danwerth Neue Schale, alter Kern? Der Bereicherungsausgleich nicht autorisierter Überweisungen nach dem neuen Zahlungsverkehrsrecht, ZJS 2013, 225; Devos Les virements transfrontaliers – analyse de la directive Europoéenne 97/5 du 27 janvier 1997, Revue de la Banque, 1998, 43;Dieckmann Die Echtzeit-Überweisung – Paradigmenwechsel im Recht des Zahlungsverkehrs, BKR 2018, 276; Dräger Überweisung auf ein anderes Konto als vom Gläubiger angegeben – Erfüllungswirkung als direkter Weg zu sachgerechten Ergebnissen, MDR 2012, 1009; v. Dücker Erfüllung einer Geldschuld durch Banküberweisung, WM 1999, 1257; Ehmann/Hadding EG-Überweisungs-Richtlinie und Umsetzung – Regierungsentwurf und Gegenentwurf, WM-Sonderbeil. 3/1999; Einsele Haftung der Kreditinstitute bei nationalen und grenzüberschreitenden Banküberweisungen, AcP 199 (1999) 145; dies. Der bargeldlose Zahlungsverkehr – Anwendungsfall des Garantievertrages oder abstrakten Schuldversprechens? WM 1999, 1801; dies. Das neue Recht der Banküberweisung, JZ 2000, 9; Fabienke Erfüllung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, JR 1999, 47; Flume Die Zahlungszuwendung im Anweisungs-Dreiecksverhältnis und die Problematik der ungerechtfertigten Bereicherung, NJW 1984, 464; Fornasier Der Bereicherungsausgleich bei Fehlüberweisungen und das Europäische Recht der Zahlungsdienste, AcP 212 (2012) 410; van Gelder Schutzpflichten zugunsten Dritter im bargeldlosen Zahlungsverkehr? WM 1995, 1253; Göbel Überblick zum erweiterten Pflichtenkreis der Kreditinstitute aufgrund der EU-Richtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen, WM 1997, 1832; dies. Neue AGB-Sparkassen für grenzüberschreitende Überweisungen, ZBB 1999, 395; Gösele Erfüllung und Verzug bei Banküberweisungen, FS Nobbe, 2009 S. 75; Gößmann Der Zahlungsvertrag nach §§ 676d und 676e BGB und die Neufassung des Abkommens zum Überweisungsverkehr, FS Kümpel, 2003 S. 153; Gössmann/Bredenkamp Phishing, Vishing, Spoofing, Pharming oder Sniffing – Moderne Missbrauchsformen im Zahlungsverkehr, FS Nobbe, 2009 S. 93; Gößmann/van Look Die Banküberweisung nach dem Überweisungsgesetz, WM 2000, Heft 19 Sonderbeil.; Grundmann Grundsatz- und Praxisprobleme des neuen deutschen Überweisungsrechts, WM 2000, 2269; ders. Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – 1. Teil: Grundsatzüberlegungen und Überweisungsrecht, WM 2009, 1009; Hadding Drittschadensliquidation und „Schutzwirkungen für Dritte“ im bargeldlosen Zahlungsverkehr, FS Werner, 1984 S. 165; ders. Die EG-Richtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen, in: Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, 1998, S. 125; ders. Zur „Kundenkennung“ im neuen Recht der ZahlungsvorGrundmann

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

gänge, FS Schneider, 2011 S. 443; ders. Leistungsstörungen und Rückgriff nach dem neuen Überweisungsrecht, WM 2000, 2465; Hadding/Häuser Gutschrift und Widerruf des Überweisungsauftrages im Giroverhältnis, WM 1988, 1149; dies. Rechtsfragen des Giroverhältnisses, ZHR 145 (1981), 138; Hadding/Schneider Die einheitliche Regelung des internationalen Überweisungsverkehrs durch das UNCITRAL-Modellgesetz, WM 1993, 629; Häuser Empfiehlt es sich, die Beziehungen des Kunden zum Kreditinstitut – insbesondere die bankmäßige Vermittlung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (Giroverhältnis) – im BGB besonders zu regeln? in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.) Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts – Bd. 2, 1981, S. 1317; ders. Der Widerruf des „Überweisungsauftrags“ im Giroverhältnis, NJW 1994, 3121; ders. Zurückweisungsrecht gegen eine „aufgedrängte“ Gutschrift nur bei fehlendem Valutaverhältnis? – eine Besprechung des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 6.12.1994, ZIP 1995, 109, ZIP 1995, 89; ders. Das Zurückweisungsrecht des Empfängers einer „aufgedrängten“ Gutschrift, WM-Festgabe für Hellner, 1994 S. 10; ders. Zur Umsetzung der Richtlinie über grenzüberschreitende Überweisungen (97/5/EG) in deutsches Recht, WM 1999, 1037; Häuser/Welter Zur Rechtzeitigkeit einer fristgebundenen Zahlung durch Hausüberweisung am Kassenterminal, WM 1994, 775; Hamann Gebührenfragen im grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr, ZBB 1993, 247; Hartmann Organisation und Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Europäischen Binnenmarkt, WM 1993, 982; ders. Einheitlicher grenzüberschreitender Zahlungsverkehr in Deutschland? WM 1994, 11; ders. Das neue Überweisungsgesetz, Die Bank 1999, 536; Hefermehl Rechtsfragen des Überweisungsverkehrs, FS Möhring, 1975 S. 381; Hellner Rechtsprobleme des Zahlungsverkehrs unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, ZHR 145 (1981), 109; ders. Rechtsfragen des Zahlungsverkehrs unter besonderer Berücksichtigung des Bildschirmtextverfahrens, FS Werner, 1984 S. 251; Herresthal Fälligkeit der Miete unter dem neuen Recht des Zahlungsverkehrs, Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht 2011, 833; ders. Die SEPA-Instant-Überweisung (SCT Inst), ZIP 2019, 895; Heyers Rechtsnatur der Geldschuld und Überweisung – Welche Konsequenzen sind aus der Rechtsprechung des EuGH für das nationale Recht zu ziehen? JZ 2012, 398; Hoffmann Kollisionsrechtliche Aspekte des Überweisungsgesetzes, ZBB 2000, 391; Hossenfelder Onlinebanking und Haftung – zu den Sorgfaltspflichten des Bankkunden im Lichte des neuen Zahlungsdiensterechts, CR 2009, 790; Huber Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr und Valutaverhältnis (underlying obligation), in: Hadding/Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 33; Hüffer Die Haftung gegenüber dem ersten Auftraggeber im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr, ZHR 151 (1987), 93; Jansen Fehlüberweisungen in der Insolvenz und Haftung des Verwalters, NJW-Spezial 2011, 21; Joost/Dikomey Bereicherungsanspruch bei fehlgeleiteter Überweisung auf ein überschuldetes Konto des Gläubigers – BGH, NJW 1985, 2700, JuS 1988, 104; Kaiser Rechtsfragen des grenzüberschreitenden elektronischen Zahlungsverkehrs, EuZW 1991, 83; Kiehnle Der Bereicherungsausgleich nach Zuvielüberweisung – Überlegungen zur Überschreitung der Boten- und der Vertretungsmacht, VersR 2008, 1606; ders. Fehlüberweisung und Bereicherungsausgleich nach der Zahlungsdiensterichtlinie, Jura 2012, 895; Kindermann Gutschrift und Belastungsbuchung im Geldüberweisungsverkehr, WM 1982, 318; Klamt/Koch Das neue Überweisungsgesetz, NJW 1999, 2776; dies. Das neue Überweisungsrecht – Regierungsentwurf eines Überweisungsgesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 97/5/EG vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, DB 1999, 943; Koller Der Vorschuß bei der Giroüberweisung, der Geldkarte und dem Netzgeld, FS Schimansky, 1999 S. 209; ders. Grundstrukturen des Bankhaftungsrechts unter besonderer Berücksichtigung des Zahlungsverkehrs, in Köndgen (Hrsg.) Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, 1987, S. 21; Koller/Faust Die Haftung der Erstbank für Verschulden der Zwischenbank bei der Giroüberweisung, ZBB 1989, 63; Köndgen Das neue Recht der Banküberweisung … und die heimliche Aushöhlung des AGB-Gesetzes, ZBB 1999, 103; ders. Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1999– 2003, NJW 2004, 1288; Krause Die „aufgedrängte“ Gutschrift – OLG Hamm, NJW 1988, 2115, JuS 1991, 103; Kropf Abkehr vom Veranlasserprinzip seitens des BGH beim bereicherungsrechtlichen Ausgleich im Überweisungsverkehr, WM 2016, 67; Krumm Ansprüche des Kreditinstitutes bei fehlerhafter Ausführung von (An-)Weisungen des Kunden im Zahlungsverkehr, WM 1990, 1609; Kümpel Zur Bankenhaftung nach dem neuen Überweisungsrecht, WM 2000, 797; Kupisch Der Bereicherungsanspruch der Bank bei irrtümlicher Durchführung der widerrufenen Anweisung, ZIP 1983, 1412; Landschein Die Direktkondiktion gegen den Überweisungsempfänger bei der Rückabwicklung von Fehlüberweisungen – ein Schritt zur Verwirklichung eines einheitlichen europäischen Zahlungsverkehrsraums? BKR 2016, 457; Langenbucher Sein und Schein im Überweisungsrecht – Zur Geltung von Rechtsscheingrundsätzen bei der Autorisierung des Überweisungsauftrags sowie im Bereicherungsausgleich, FS Köndgen 2016 S. 383; Lauer Probleme bei Finanzierungsbestätigungen, WM 1985, 705; Lorenz Fehlerhafte Banküberweisungen mit Auslandsberührung – Das auf den Bereicherungsausgleich anwendbare Recht, NJW 1990, 607; Meder Rechtsfragen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit besonderer Berücksichtigung der europäischen Entwicklung, JuS 1996, 89; ders. Stillschweigende Annahme der Kontogutschrift und Verwahrungsvorbehalt, WM 1999, 2137; ders. Annahme durch Schweigen bei Überweisungsvertrag und Gutschrift, JZ 2003, 443; Möschel Dogmatische Strukturen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, AcP 186 (1986), 187; ders. Fehlerhafte Banküberweisung und Bereicherungsausgleich, JuS 1972, 297; Müller Der Bereicherungsausgleich bei Fehlleistungen des Kreditinstituts im bargeldlosen Überweisungsverkehr, WM 2010, 1293; ders. Zur 365

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Wende der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Bereicherungsausgleich bei fehlerhaften Banküberweisungen, WM 2016, 809; Neumayr/Burgstaller Die grenzüberschreitende Überweisung in der Europäischen Union, RZ 2003, 242; Nobbe Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Überweisungsverkehr, WM-Sonderbeil. Nr. 1/2012; ders. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Überweisungsverkehr, WM-Sonderbeil. Nr. 4/2001; Pleyer/ Huber Wertstellungen und Überweisungslaufzeiten im Giroverhältnis, ZIP 1987, 424; Pleyer/Wallach Erfüllungszeitpunkt und Gefahrtragung bei grenzüberschreitenden Überweisungen nach deutschem und englischem Recht, RIW 1988, 172; Polke Widerrufbarkeit von Zahlungseingängen aus dem Ausland, ZIP 1985, 11; Rademacher § 675u BGB – Einschränkung des Verkehrsschutzes im Überweisungsrecht? NJW 2011, 2169; Ramnos Kontaktlose Zahlungen mittels mobiler Endgeräte – The future is near … field communication? Datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen, CD 2013, 599; Raßmann Elektronische Unterschrift im Zahlungsverkehr, CuR 1998, 36; Rauhut Fehlüberweisung wegen falscher Kontodaten – zu den Folgen unterlassener Kontoanrufprüfung nach Überweisungsgesetz und Zahlungsdiensterichtlinie, ZBB 2009, 32; Real Im Inland weitergeleitete Auslandszahlung – zum Schuldner des Gebührenanspruchs der weiterleitenden Bank, RIW 1994, 158; Reifner Das neue Überweisungsgesetz – ein Paradestück für unzureichende Gesetzgebung im Verbraucherschutz, VuR 1999, 387; Reiser Rechtliche Aspekte der Zahlungsverkehrsnetze, WM 1986, 1401; ders. Fortschreitende Beleglosigkeit im Zahlungsverkehr durch EZÜ- und EZL-Abkommen, WM 1990, 745; Reymann Überweisung und SEPA-Zahlungsdienste – Basiswissen, JuS 2012, 781; Risse/Lindner Haftung der Banken nach dem neuen Überweisungsrecht, BB 1999, 2201; Ruff Zur rechtzeitigen Zahlung durch Überweisung, ZKF 2009, 224; Russenschuck Der Entwurf zum Überweisungsgesetz – eine kritische Anmerkung, FLF 1999, 124; Scheibengruber/ Breidenstein SEPA – eine Zumutung für Verbraucher? – ein Beitrag zur Analyse der Veränderung der Verteilung des Rückerlangungsrisikos bei fehlgeleiteten Überweisungen durch die Zahlungsdiensterichtlinie, WM 2009, 1393; Schimansky Tilgungsbestimmung – quo vadis, FS Hopt, 2010 S. 217; Schinnerer Probleme „Internationaler Überweisungen“, ÖJZ 1984, 205; Schmidt K. Schuldrecht – Aufrechnung mit Bereicherungsanspruch nach Überweisung auf ein unerwünschtes Konto, JuS 2012, 169; Schmidt-Räntsch Zur Umsetzung der Überweisungsrichtlinie, in: Horn/ Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, 1998, S. 139; Schnauder Zur Lehre von der Zweckvereinbarung bei der Giroüberweisung – zugleich eine Besprechung von JZ 1985, 756, JZ 1987, 68; ders. Delikts- und bereicherungsrechtliche Haftung bei gefälschter Giroüberweisung – zugleich eine Besprechung des BGH-Urteils vom 31.5.1994, ZIP 1994, 1098, ZIP 1994, 1069; ders. Die Sonderrechtsprechung zum Bereicherungsausgleich im neuen Zahlungsdiensterecht, JZ 2016, 603; Schneider Das UNCITRAL-Modellgesetz über den internationalen Überweisungsverkehr, WM 1989, 285; ders. Die Geldzurück-Garantie und die Haftung für Folgeschäden bei fehlerhafter Ausführung von Auslandsüberweisungen – ein Beitrag zum Einfluß des amerikanischen Rechts auf die europäische Rechtsangleichung, FS Everling, 1995 S. 1297; ders. Die Angleichung des Rechts der grenzüberschreitenden Überweisungen, EuZW 1997, 589; ders. Pflichten und Haftung der erstbeauftragten Kreditinstitute bei grenzüberschreitenden Überweisungen – auf dem Weg zu einem Sonderrecht für Kettenverträge, WM 1999, 2189; Schön Prinzipien des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, AcP 198 (1998), 401; Schönle Ort und Zeit bargeldloser Zahlung, FS Werner, 1984 S. 817; Schröter Bankenhaftung im mehrgliedrigen Zahlungsverkehr, ZHR 151 (1987), 118; Schulte am Hülse/Klabunde Abgreifen von Bankzugangsdaten im Onlinebanking – Vorgehensweise der Täter und neue zivilrechtliche Haftungsfragen des BGB, MMR 2010, 84; Schulz Das neue Recht der Banküberweisung, ZBB 1999, 287; Schwark Bereicherungsausgleich bei Banküberweisungen, WM 1970, 1334; Seibert Die Haftung der Empfängerbank im Überweisungsverkehr für unterlassene Warnhinweise und Geldwäsche-Verdachtsanzeigen – Risiken und Vorbeugungsmaßnahmen, WM 2008, 2006; Seifert Bankgebühren für beleghafte Überweisungen und Diskriminierungsrecht, VuR 2016, 452; Spoerr/Schlösser Sanktionswidrig erteilte Gutschriften im bargeldlosen Zahlungsverkehr: Zivilrechtliche Folgen öffentlich-rechtlicher Vorgaben des Außenwirtschaftsrechts, WM 2016, 1323; Stauder Kritische Analyse der Richtlinie vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, FS Reich, 1997 S. 585; Terpitz Rücküberweisung überzahlter Sozialleistungen im Todesfall – zu den ab 1.1.1992 geltenden gesetzlichen Rückzahlungsklauseln, WM 1992, 2041; Trölitzsch/Jaeger Belege im bargeldlosen Zahlungsverkehr – Grenzen der Rationalisierung im Privatkundengeschäft der Kreditinstitute, BB 1994, 2152; Walter Neuregelungen zu SEPA-Lastschrift und SEPA-Überweisung, DB 2013, 285; Wand Aufklärungs- und Beratungspflichten im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, WM 1994, 8; Werner Das Weisungsrecht im Überweisungsrecht, BKR 2010, 353; ders. Rechtsprobleme im elektronischen Zahlungsverkehr – im Blickpunkt: Das Internet-Zahlungsmittel „eCash“, BB 1999, Beil. 12, S. 21; Graf v. Westphalen Verspätete Überweisungen – einige Bemerkungen zur neuen Rechtslage, BB 2000, 157; Wilhelm Zahlungsdiensterichtlinie und Leistungskondiktion in Mehrpersonenverhältnissen, BKR 2017, 8; Wilkens Das Überweisungsgesetz, MDR 1999, 1236; Winkelhaus Der Bereicherungsausgleich im Lichte des neuen Zahlungsdiensterechtes, BKR 2010, 441; Wolters Geld weg bei falscher Kontonummer? – Prüfungspflichten der Empfängerbank im Überweisungsverkehr, VuR 2009, 16; Zahrte Änderungen im ZAG durch das SEPABegleitgesetz, WM 2013, 1207; ders. Die Natur des Dauerauftrags vor dem Hintergrund des neuen Zahlungsdiensterechts, BKR 2012, 12.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Rechtsvergleichend die Beiträge in Hadding/Schneider (Hrsg.) Rechtsprobleme der Auslandsüberweisung, 1992 (Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Schweiz, USA); Gouverneurausschuß der EG-Zentralbanken Zahlungsverkehrssysteme in den EG-Mitgliedstaaten, Frankfurt/M. (Bundesbank) 1992 (deutsch durch die Deutsche Bundesbank, 1993); kürzer, jedoch etwas aktueller die Beiträge in Malaguti The Payment Systems in the European Union, 1997 (Frankreich, Großbritannien, Italien); am vollständigsten heute die Werke in Englisch: Brindle/Cox Law of Bank Payments, 5. Aufl. 2017; Effros Payment Systems of the World, New York u.a. 1994 (Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Spanien); European Commission The Laws on Credit Transfers and their Settlement in Member States of the EU, 4 Bde., Brüssel/Luxemburg 1994 (drei Bde. mit Länderberichten); European Monetary Institute aaO; Mann Payment Systems and other Financial Transactions, 5. Aufl. 2011; und breit Stille Europäische Prinzipien sowie Wackwitz Zahlungsdiensterichtlinie. 3. Lastschrift a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Badde Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte im Lastschriftabkommen der Banken? Diss. Münster 1979; Bauer Das Lastschriftverfahren – Sorgfaltspflichten der Kreditinstitute, 1999; Brechtel Die Tilgung von Geldforderungen bei Überweisung, Lastschrift- und Kreditkartenzahlung – eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Risikoverteilung bei einer Bankeninsolvenz, 2012; Diestelmeier Die Stellung des zwischengeschalteten Kreditinstituts im bargeldlosen Zahlungsverkehr – am Beispiel von Giroüberweisung, Lastschrift und Scheckinkasso, Akkreditivgeschäft und Dokumenteninkasso, 1992; Engel Rechtsprobleme um das Lastschriftverfahren unter besonderer Berücksichtigung der Zahlung von Versicherungsprämien durch Lastschrift, 1966; Fallscheer-Schlegel Das Lastschriftverfahren – Entwicklung und Rechtsprobleme, 1977; Hadding/ Häuser Rechtsfragen des Lastschriftverfahrens, 1981; Hennig Zahlungsverkehrsabkommen der Spitzenverbände in der Kreditwirtschaft – bankbetriebliche und bankrechtliche Bedeutung, 1991; Hirth Die Entwicklung der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in ihrer Bedeutung für den Ausgleich von Drittschäden im Zahlungsverkehr, 1991; Jacob Die zivilrechtliche Beurteilung des Lastschriftverfahrens, 1995; Kalomiris 9. Kapitel: Zahlungsverkehr und Insolvenz, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Klinger Die Rückabwicklung unberechtigter Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren unter besonderer Berücksichtigung des Lastschriftabkommens und der Rechtsnatur der Einzugsermächtigung, Diss. Würzburg 1990; Köhler Lastschriftverfahren in der Insolvenz des Schuldners – im Lichte der neuen BGH-Rechtsprechung, 2010; Kreifels Der Widerspruch des Lastschriftschuldners und seine mißbräuchliche Ausübung gegenüber der Gläubigerbank – ein Problem des Lastschriftverfahrens, Diss. Bonn 1983; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, 2. Hauptteil, 4. Teil 3. Abschnitt; Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.) Zahlungsverkehr – Handbuch zum Recht der Überweisung, Lastschrift, Kreditkarte und der elektronischen Zahlungsformen, 2004; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004; Lohmann Die grenzüberschreitende Lastschrift – Rechtsfragen auf dem Weg zu einem europäischen Lastschriftverfahren, 2008; Mütze Das Fehlerrisiko im bargeldlosen Zahlungsverkehr unter besonderer Berücksichtigung des Lastschriftverfahrens, Diss. Köln 1980; v. Olshausen Die SEPA-Lastschrift: Erfüllung – Aufrechnung – Insolvenz, Diss. Tübingen 2015; Petrescu Lastschriftverkehr in Deutschland, Rumänien und der EU – ein Rechtsvergleich mit Schlussfolgerungen für die SEPA-VO, 2013; Reiser/ Krepold/Spiegel BuB Rn 6/300 bis 6/510; Remmerbach Auswirkungen des Konkurses des Bankkunden auf den Überweisungs- und Lastschriftverkehr, Diss. Münster 1986; Reyher/Terpitz Der Lastschriftverkehr, 1982; Schacht Das neue Lastschriftrecht – unter besonderer Berücksichtigung der SEPA-Lastschriftverfahren, 2012; Schäfer Die zivilrechtliche Qualifizierung der Interbankenabkommen, 1990; Weber B. Recht des Zahlungsverkehrs: Überweisung, Lastschrift, Scheck, ec- und Kreditkarte, Internet, Insolvenz, 4. Aufl. 2004; Werner 4. Kapitel: Lastschrift, in: Langenbucher/ Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Zschoche Zur dogmatischen Einordnung des Lastschriftverfahrens – unter besonderer Berücksichtigung der Vertrauensstrukturen, 1981. b) Aufsätze und Beiträge: Aderhold „Widersprüche“ im Einzugsermächtigungsverfahren und in der Dogmatik des Bereicherungsausgleiches, FS H. P. Westermann, 2008 S. 3; Barillà I servizi di pagamento „armonizzati“ e l’addebito diretto nel panorama bancario italiano, Giurisprudenza Commerciale II, 2014, 331; ders. L’addebito diretto come servizio di pagamento tra disciplina comunitaria ed esperienza tedesca, Banca, Borsa & Titoli di Credito 2012, 678; Bauer Der Widerspruch des Zahlungspflichtigen im Lastschriftverfahren, WM 1981, 1186; ders. Der Zeitpunkt der Einlösung von Lastschriften und Schecks, WM 1983, 198; Bautsch/Zahrte Die „SEPA-Migrationsverordnung“ – Revolution des deutschen Massenzahlungsverkehrs in 2014? BKR 2012, 229; Berger Das Lastschriftverfahren im Spannungsverhältnis zwischen Bank- und Insolvenzrecht, NJW 2009, 473; Bitter Problemschwerpunkte des neuen Zahlungsdiensterechts – Teil I: Überweisung und Lastschrift, WM 2010, 1725; Borges Kosten zurückgegebener 367

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Lastschriften und Ausdehnung der AGB-Kontrolle, BKR 2005, 225; Bork Grundprobleme des Lastschriftverfahrens, JA 1986, 121; ders. Lastschrift in der Insolvenz des Lastschriftschuldners, FS Gerhard, 2004 S. 69; Buck Der Widerspruch des Konkursverwalters gegen Lastschriften, die im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen wurden, KTS 1980, 97; Bundschuh Die Widerspruchsfrist im Einzugsermächtigungsverfahren, FS Stimpel, 1985 S. 1039; Burghardt Einzugsermächtigungsverfahren – Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels? WM 2006, 1892; ders. Konkludente Genehmigung von Lastschriften – neue Rechtsstreite auf dem Rechtsboden der Genehmigungstheorie, WM 2013, 62; Canaris Zur Anfechtbarkeit bei Abbuchungsaufträgen mittels Lastschrift im Konkurs des Schuldners – Anmerkung zum BGH-Urteil vom 12.5.1980 – VIII ZR 170/79 (ZIP 1980, 425), ZIP 1980, 516; ders. Schutzpflichten zugunsten Dritter bei „Gegenläufigkeit“ der Interessen – zugleich eine Besprechung der Entscheidung des BGH vom 10.11.1994 – III ZR 50/94, JZ 1995, 441; Cymutta Neues zum Lastschriftwiderruf im Insolvenzverfahren, DWW 2010, 368; Denck Der Mißbrauch des Widerspruchsrechts im Lastschriftverfahren, ZHR 144 (1980), 171; ders. Zur Verteidigung der Genehmigungstheorie beim Einzugsermächtigungsverfahren, ZHR 147 (1983), 544; Einsele Lastschriften mit Einzugsermächtigung als autorisierte Zahlungsvorgänge, AcP 209 (2009) 719; Eyber Lastschrift und Insolvenz – Durchbruch in Rechtsprechung und Praxis oder unendliche Geschichte? – Anmerkung zu den Urteilen des XI. und IX. Zivilsenats des BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09, ZInsO 2010, 2363; Feuerborn Der Widerspruch gegen Lastschriften durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter, ZIP 2005, 604; Fieseler Die SEPA-Lastschrift – Perspektiven für ein neues Zahlungsinstrument, Kreditwesen 2009, 810; Fischer Die Genehmigung der Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren, WM 2009, 629; Frind Lastschrift-„Widerruf“ der Mietzahlung in der Insolvenz des Mieters – eine Folgenbetrachtung für die Praxis, NZM 2009, 688; Ganter Die Rückbuchung von Lastschriften auf Betreiben des vorläufigen Insolvenzverwalters: Bestandsaufnahme nach dem Urteil des BGH vom 4. November 2004 und Ausblick, WM 2005, 1557; van Gelder Schutzpflichten zugunsten Dritter im bargeldlosen Zahlungsverkehr? WM 1995, 1253; ders. Fragen des sogenannten Widerspruchs und des Rückgabeentgelts im Einzugsermächtigungsverfahren, WM 2000, 101; ders. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Lastschriftverkehr, WM 2001 Sonderbeil. 7; Gooßens Sepa – die Migration läuft auf Hochtouren, Kreditwesen 2013, 716; Graf/Gerz Das Lastschriftverfahren – ein Zahlungsweg in der Sackgasse? DStR 2009, 1649; Grundmann Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – 2. Teil: Lastschrift, Kartenzahlung und Ausblick, WM 2009, 1057; Hadding Aktuelle rechtliche Entwicklungen zum Lastschriftverkehr, ZBB 2012, 149; ders. Aktuelle rechtliche Entwicklungen zum Lastschriftverkehr, ZBB 2012, 149; ders. Erfüllung der Geldschuld im SEPA-Basislastschriftverfahren, WM 2014, 97; ders. Herkömmliche Einzugsermächtigungslastschrift – Fortbestand nach Umsetzung der EU-Zahlungsdiensterichtlinie oder Wegfall nach europäischem Interbankenabkommen (SEPA-Rulebook)? FS Hüffer, 2010 S. 273; ders. Zur zivilrechtlichen Beurteilung des Lastschriftverfahrens, FS Bärmann, 1975 S. 375; ders. Das Lastschriftverfahren in der Rechtsprechung, WM 1978, 1366; ders. Kann der Insolvenzverwalter ohne „anerkennenswerte Gründe“ Kontobelastungen wegen eingelöster Einzugsermächtigungslastschriften widersprechen? WM 2005, 1549; Hadding/Häuser Zur Neufassung des Abkommens über den Lastschriftverkehr, WM-Sonderbeil. 1/1983, 1; Haertlein/Thümmler Die Abtretung von Forderungen, für die eine Einzugsermächtigung erteilt ist, WM 2008, 2137; Häuser Vermieterpfandrecht und Zahlung des Mietzinses im Einzugsermächtigungsverfahren, ZBB 1993, 178; ders. Zur Erfüllung der Geldschuld durch Inkasso einer Einzugsermächtigungslastschrift, WM 1991, 1; ders. Zur Beweislast für die Schadensursächlichkeit der Verletzung der Mitteilungspflicht über die Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift mangels Deckung, WM 1989, 841; ders. Inhaltskontrolle von Lastschriftabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – zugleich eine Besprechung der Urteile des OLG Koblenz vom 12.11.1993 – 2 U 366/92, ZBB 1995, 282, und des OLG Nürnberg vom 4.4.1995 – 3 U 4115/94, ZBB 1995, 283, ZBB 1995, 285; Hartmann Rechtliche Aspekte des neuen SEPA-Lastschriftverfahrens, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.) Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie – Bankrechtstag 2009, 2010, S. 61; Herzig „Totgesagte leben länger“ – Zukunft des Elektronischen Lastschriftverfahrens, Kreditwesen 2013, 721; Horst Europäisierter Zahlungsverkehr und Erklärungswert geleisteter Zahlungen im Mietrecht, NZM 2011, 337; Hutschenreuther/Rinckens Die konkludente Genehmigung – Allheilmittel der Banken für widerrufene Lastschriften? ZInsO 2012, 1602; Jacoby Die Insolvenzfestigkeit von Lastschriften gestern, heute und morgen – zugleich Besprechung der BGH-Urteile v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07 und IX ZR 37/09, ZIP 2010, 1725; Jungclaus/Keller Zum Bereicherungsausgleich nach zu Unrecht erfolgten Lastschriftwidersprüchen, ZIP 2011, 941; Jungmann Bankgebühren für die Nichteinlösung von Lastschriften, NJW 2005, 1621; ders. Am Vorabend eines Paradigmenwechsel beim Lastschriftverfahren – von der Genehmigungstheorie zur „Erfüllungstheorie“? – die Divergenzen zwischen Bankrechts- und Insolvenzrechtssenat im Lichte des geltenden Einzugsermächtigungsverfahrens und des künftigen SEPA-Lastschriftverfahrens, ZBB 2008, 409; ders. Die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren – eine kritische Würdigung des BGH-Urteils v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06 – ZIP 2007, 2273, ZIP 2008, 295; ders. Lastschriftwiderspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters – Plädoyer für eine Trendwende in der BGH-Rechtsprechung, WM

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

2007, 1633; ders. Lastschriftwiderspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters – Plädoyer für eine Trendwende in der BGH-Rechtsprechung –, WM 2007, 1633; ders. Grenzen des Widerspruchsrechts des Insolvenzverwalters beim Einzugsermächtigungsverfahren, NZI 2005, 84; Keilmann Im Dschungel der Rechtsprechung zum Lastschriftwiderruf durch den Insolvenzverwalter – Wege zur Genehmigung einer Lastschrift, BB 2010, 519; Kirchhof Die Rechtsstellung vorläufiger Insolvenzverwalter im Lastschriftverfahren, WM 2009, 337; Laitenberger Das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren nach Umsetzung der Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, NJW 2010, 192; Langen/Lang Auf dem Weg zur insolvenzfesten Lastschrift, NJW 2010, 3484; Lüke/Philippi Haftung der einlösenden Bank im Lastschriftverfahren – OLG Düsseldorf, NJW 1977, 1403, JuS 1978, 304; Matthies Die Lastschrift, JuS 2009, 1074; Meder Die Erfüllung einer Geldschuld im Einzugsermächtigungsverfahren, JZ 2005, 1089; Mitterhuber/Mühl Die Erteilung einer formwirksamen Einzugsermächtigung im elektronischen Lastschriftverfahren, WM 2007, 963; Neumann Bargeldlose Zahlungen über Mobilfunknetze – Zahlungsdienst paybox und das Lastschriftverfahren, BKR 2002, 157; Nobbe Lastschriften in der Insolvenz des Schuldners – Vorhang zu, alle Fragen offen? ZIP 2012, 1937; ders. Probleme des Lastschriftverfahrens, insbesondere in der Insolvenz des Zahlungspflichtigen, WM 2009, 1537; ders. Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Lastschriftverkehr, WM-Sonderbeil. Nr. 3/2012; Nobbe/Ellenberger Unberechtigte Widersprüche des Schuldners im Lastschriftverkehr, „sittliche Läuterung“ durch den vorläufigen Insolvenzverwalter? WM 2006, 1885; Obermüller/Kuder SEPA-Lastschriften in der Insolvenz nach dem neuen Recht der Zahlungsdienste, ZIP 2010, 349; Omlor Die neue Einzugsermächtigungslastschrift – von der Genehmigungs- zur Einwilligungstheorie, NJW 2012, 2150; Ott Das Lastschriftverfahren – unter besonderer Berücksichtigung des Bereicherungsausgleichs im Vergleich zum Scheck, JA 1992, 170; Peschke Die Erfüllung der Valutaforderung im Einzugsermächtigungsverfahren, ZInsO 2006, 470; Piekenbrock/Rodi/Aßfalg Der „SEPA-Lastschriftwiderspruch“ in der Insolvenz des Zahlungsempfängers – terra incognita, WM 2017, 2281; Pleyer/Holschbach Lastschriftverfahren und Monopolmißbrauch, DB 1972, 761 und 1973, 1057; Reiser Fortschreitende Beleglosigkeit im Zahlungsverkehr durch EZÜ- und EZL-Abkommen, WM 1990, 745; Ringstmeier/Homann Die Fiktion der konkludenten Genehmigung und die Gefahr der Altfälle (zugleich Anmerkung zu BGH v. 20.7.2010, IX ZR 37/09 und XI ZR 236/07), ZInsO 2010, 2039; Rinze Das Lastschriftverfahren – Rechtsprobleme um das Einzugsermächtigungsverfahren, JuS 1991, 202; Rottnauer Widerspruchsmöglichkeit gegen Einzugsermächtigungslastschriften im Konkurs- und Vergleichsverfahren des Schuldners? WM 1995, 272; Schleich/Götz/Nübel Lastschrift in der Insolvenz – Rechtssicherheit durch die abgestimmten Entscheidungen des IX. und XI. Senates des BGH? DZWiR 2010, 409; Schnauder Der Rückabwicklungsanspruch der Zahlstelle nach Lastschriftwiderspruch im Einzugsermächtigungsverfahren, WM 2011, 1685; Schoele Das Einziehungsverfahren, Der Zahlungsverkehr (ZV) 1920, 153; SchulteKaubrügger Widerspruch und Genehmigungsfiktion bei Lastschriften im Insolvenzverfahren aus Sicht des IX. und XI. Zivilsenats des BGH, ZIP 2008, 2348; Schwarz Schuldner- und Gläubigerverzug im Lastschriftverfahren – zugleich eine Besprechung der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13.10.1988 – 10 U 37/88, ZIP 1988, 1452, ZIP 1989, 1442; Sick Gläubigerverzug im Lastschriftverfahren? NJ 2011, 441; Terpitz Lastschriften ohne Abbuchungsauftrag, NJW 1981, 1649; ders. Benachrichtigungspflicht der Kreditinstitute im Falle der Nichteinlösung von Lastschriften, NJW 1989, 2740; Tetzlaff Schadensersatzklagen der Lastschriftgläubiger gegen die Schuldnerbank – eine neue Facette beim Lastschriftwiderruf durch den Insolvenzverwalter, NJW 2011, 974; Wagner Handlungsoptionen des Insolvenzverwalters als Reaktion auf die neue Rechtsprechung des BGH zum Einzugsermächtigungsverfahren – zugleich Besprechung BGH v. 20.7.2010 – IX ZR 37/09 und XI ZR 236/07, ZIP 2011, 846; Walter Neuregelungen zu SEPA-Lastschrift und SEPA-Überweisung, DB 2013, 285; Wand Die grenzüberschreitende Lastschrift, WM 1995, 2165; Werner Rechtliche Neuerungen im Lastschriftverfahren – insbesondere das SEPA-Lastschriftverfahren, BKR 2010, 9; ders. Zivilrechtliche Neuerungen im Recht der Lastschrift – insbesondere im Einziehungsermächtigungsverfahren, BKR 2012, 221; Westermann Widerspruch gegen Belastungsbuchungen in Krise und Insolvenz des Lastschriftschuldners, FS Hübner, 1984 S. 697; Zahrte Änderungen im ZAG durch das SEPA-Begleitgesetz, WM 2013, 1207; ders. Zur Zulässigkeit der Bepreisung von Benachrichtigungen über nicht eingelöste Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren – zugleich eine Besprechung des Urteils OLG Dresden vom 26.5.2011 – 8 U 1989/10, BKR 2011, 386. Zu Bereicherungsausgleich und Schutzpflichten vgl. auch die Literaturhinweise oben 1. und 2. Internationales: Lohmann Grenzüberschreitende Lastschrift. 4. Kartenzahlung allgemein a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Ahrens Wertpapiere in bargeldlosen Zahlungssystemen – dargestellt am Beispiel der Kreditkarte unter Berücksichtigung von Scheckkarten-, Geldautomaten- und POS-Ver-

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

fahren, 1997; Böhm-Rupprecht Cyber-money – Die rechtliche Struktur von Zahlungen im Internet: eine Untersuchung der Zahlungssysteme eCash und Milicent, 2003; Engel Rechtsfragen im Zahlungsverkehr, 5. Aufl. 2014; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs – Überweisung, Lastschrift, Scheck, Zahlungssysteme, 3. Aufl. 1997 (Neufassung als 4. Aufl. von Weber, s.u.); Gras Zahlungszusagen im bargeldlosen Zahlungsverkehr: Bestandsaufnahme – Analyse – Kritik: eine rechtsdogmatische Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Einwendungsproblematik, 2006; Hadding/Häuser Rechtsfragen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, 1984; Henke Bargeldlose Zukunft und Kartenkriminalität – Juristische Grundlagen der Strafbarkeit des Mißbrauchs von Kreditkarten, Bankautomaten und POS-Systemen in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA, 1989; Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, 2. Hauptteil, 4. Teil, 7./8. Abschnitt; Langenbucher Die Risikozuordnung im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2001; Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.) Zahlungsverkehr – Handbuch zum Recht der Überweisung, Lastschrift, Kreditkarte und der elektronischen Zahlungsformen, 2004; Linker Die Rechtmäßigkeit der Entgelte der Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr, 2004; Müller Das Internetbanking im Zeitalter der elektronischen Signatur, 2005; Neumann/Bock Zahlungsverkehr im Internet – rechtliche Grundzüge klassischer und innovativer Zahlungsverfahren, 2004; Oberndörfer Netz-„Geld“: Funktionen des Netzgeldes insbesondere aus zivilrechtlicher Sicht, 2003; Recknagel Vertrag und Haftung beim Internet-Banking, 2005; Schneider Das Recht des elektronischen Zahlungsverkehrs – eine Darstellung des amerikanischen Rechts mit rechtsvergleichenden Bezügen zum deutschen Recht sowie dem Text und der Übersetzung des Electronic Fund Transfer Act 1978, 1982; Schöchle Kartengebundene Zahlungssysteme in Deutschland, 5. Aufl. 1995; Stange Bargeldloser Zahlungsverkehr und Drittmissbrauchshaftung in Europa – eine rechtsvergleichende Betrachtung der deutschen, englischen und spanischen Rechtsordnung mit besonderem Blick auf die Europäische Zahlungsdiensterichtlinie 64/2007/EG, 2010; Streit Kartenzahlung und Verbraucherverschuldung aus rechtlicher Sicht, 1997; Weber B. Recht des Zahlungsverkehrs – Überweisung – Lastschrift – Scheck – ec- und Kreditkarte – Internet – Insolvenz, 4. Aufl. 2004. b) Aufsätze und Beiträge: Bröcker Funktion und Begründung des abstrakten Schuldversprechens bei Giroüberweisung, Kreditkartengeschäft und POS-System, WM 1995, 468; Davies What is the Extent of the Customer’s Duty not to facilitate fraud? Business Law Review 11/2009, 238; Einsele Der bargeldlose Zahlungsverkehr – Anwendungsfall des Garantievertrages oder abstrakten Schuldversprechens? WM 1999, 1801; Franck/Massari Die Zahlungsdiensterichtlinie: Der Europäische „Uniform New Payments Code“, in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrecht, 2008, 113; Gérard L’utilisation frauduleuse des instruments de paiement, JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 2010, 1034; Gößmann Rechtsfragen neuer Techniken des bargeldlosen Zahlungsverkehrs (GeldKarte, Kreditkarte), in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht, 1998, S. 67; Grundmann Das neue Recht des Zahlungsverkehrs – 2. Teil: Lastschrift, Kartenzahlung und Ausblick, WM 2009, 1057; Häde Die Zahlung mit Kredit- und Scheckkarten – rechtliche Aspekte des „Plastikgeldes“ und seine Auswirkungen auf die Währung, ZBB 1994, 33; Heese Risikozuweisung beim Kartenzahlungsverkehr in Europa und den USA, AcP 210 (2010) 251; Hofmann Die Zahlungsverpflichtung des Kartenemittenten gegenüber dem Unternehmer, BKR 2003, 321; ders. Das Haftungsregime für Kartenzahlungssysteme im europäischen Rechtsvergleich – eine Bestandsaufnahme vor dem Hintergrund des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zahlungsdienste im Binnenmarkt, ZVglRWiss 106 (2007), 174; Reiser Rechtliche Aspekte der Zahlungsverkehrsnetze, WM 1986, 1401; Schneider/Merkel Preisaufschläge bei Zahlung mit Scheck, Kreditkarte oder an automatisierten Kassen? – rechtsvergleichende Überlegungen zum amerikanischen Cash Discount Act 1981, FS Pleyer, 1986 S. 115. Rechtsvergleichend vgl. neben den allgemeinen Werken oben unter 2. (a.E.) vor allem die Monographie von Stange zum Drittmissbrauch sowie Heese AcP 210 (2010) 251; Hofmann ZVglRWiss 106 (2007), 174 und – zur Kreditkarte – Omlor ZfRV 2013, 80. 5. Girocard- (Ec-Karten-)Zahlung (mit Geldkarte und mobilem Zahlen) a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Borges 8. Kapitel: Geldkarte, in: Langenbucher/Bliesener/ Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Brockmeier Das POS-System des deutschen Kreditgewerbes, 1991; Bucher Die Risikoverteilung bei der Benutzung elektronischer kartengesteuerter Zahlungssysteme – dargestellt am Beispiel des Geldautomaten, 1992; Ehrlicher Der Bankomatenmißbrauch – seine Erscheinungsformen und seine Bekämpfung, 1989; Herresthal 7. Kapitel: Debitkarte, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Hofmann Die GeldKarte – Die elektronische Geldbörse der deutschen Kreditwirtschaft, 2001; Ikas Zum Recht der elektronischen Zahlung mit Debetkarten in bargeldlosen Kassensystemen (EFTPOS), 1992; Kissling Zahlung mit elektronischen Werteinheiten – eine zivilrechtliche Untersuchung bei Verwendung Grundmann

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

soft- und hardwarebasierter elektronischer Geldbörsen, 2003; Kleine Aktuelle Probleme im ec-Geldautomaten-System nach deutschem Recht, 1991; Klingner-Schmidt Die Rechtsstrukturen im ec-Service – eine Untersuchung über die verschiedenen Funktionen der eurocheque-Karte und die daraus resultierenden Haftungsrisiken der Bankkunden, 1993; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens – Innovative Bezahlverfahren im Lichte des novellierten Zahlungsdiensterechts, 2019; Schneider Point of Sale-Zahlungen mit der ec-Karte, 1990; Strohdeicher Risiken des automatisierten Zahlungsverkehrs beim Einsatz von POS (ECS), Geldautomaten und BTX, 1991; Werner Das Geldausgabeautomaten-Geschäft nach deutschem Recht, Diss. St.Gallen 1984; Werner BuB Rn 6/1300 bis 6/1821. b) Aufsätze und Beiträge: Adolph ELV ohne POZ: auch weiterhin bedeutend, Cards/Karten 2007, 20; Aepfelbach/Cimiotti Zur Sicherheit des ec-Kartensystems, WM 1998, 1218; Ahlers Die neuen Bedingungen für ec-Karten, WM 1995, 601; ders. Kartengesteuerter Zahlungsverkehr und außergerichtliche Streitschlichtung – Bericht zum Bankrechtstag am 26. Juni 1998 in Dresden, WM 1998, 1561; Berghaus Fälschungs- und Mißbrauchsrisiken im Scheck- und Überweisungsverkehr und bei der ec-Karte, in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht, 1998, S. 39; Bertrams Point-of-Sale – das Zahlungssystem der Zukunft? ZIP 1985, 963; Bruns Beweislastverteilung bei mißbräuchlicher Nutzung elektronischer Zahlungssysteme, MuR 1999, 19; Danwerth Mobile Payment – Innovation des Zahlungsverkehrs oder unkalkulierbares Risiko? ZBB 2015, 119; Davies What is the Extent of the Customer’s Duty not to facilitate fraud? Business Law Review 11/2009, 238; Fischer EG-Empfehlungen zum kartengesteuerten Zahlungsverkehr, WM 1989, 397; ders. Aktuelle Rechtsfragen des kartengesteuerten Zahlungsverkehrs, in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.) Kartengesteuerter Zahlungsverkehr – außergerichtliche Streitschlichtung, Bankrechtstag 1998, 1999, 157; ders. Preisvereinbarung bei institutsübergreifender Geldautomatenverfügung, FS Schimansky, 1999 S. 111; Fries PayPal Law und Legal Tech – was macht die Digitalisierung mit dem Privatrecht? NJW 2016, 2860; Gentz Elektronische Geldbörsen in Deutschland, Datenschutz und Datensicherung 1999, 18; Gérard L’utilisation frauduleuse des instruments de paiement, JCP/La Semaine Juridique Entreprise & Affaires 2010, 1034; Godschalk Datenschutz am Point of Sale, CR 1987, 416; Gößmann Aspekte der ec-Karten-Nutzung, WM 1998, 1264; ders. Zustandekommen der Zahlungsgarantie im elektronischen Zahlungsverkehr, FS Schimansky, 1999 S. 145; Gross Rechtliche Aspekte zum System „Geldkarte“, FS Schimansky, 1999 S. 165; Grundmann Die ec-Karte als selbstständiges Zahlungsinstrument mit Ausnahme der elektronischen Geldbörse, in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.) Kartengesteuerter Zahlungsverkehr – außergerichtliche Streitschlichtung, Bankrechtstag 1998, 1999, 37; Günther Beweiserschütterung und -vereitelung beim Bankkarten-Anscheinsbeweis, WM 2013, 496; Hagemann/Schaup/Schneider Sicherheit und Perspektiven elektronischer Zahlungssysteme, Datenschutz und Datensicherung 1999, 5; Halfmeier Beweislast der Bank bei Missbrauch der Zahlungskarte – Anmerkungen zur Entscheidung der französischen Cour de Cassation vom 2.10.2007, ZEuP 2009, 613; Harbeke Die POS-Systeme der deutschen Kreditwirtschaft – eine Darstellung unter rechtlichen Aspekten, WM Sonderbeil. 1/1994, 3; ders. Neue Bedingungen für die Verwendung der ec-Karte, ZIP 1995, 250; Hess Kontrahierungszwang und Preiskontrolle bei der Geldautomatennutzung? – zugleich Besprechung des Urteils des OLG München vom 17.6.2010, WM 2010, 1971; Hoeren Die neuen „Bedingungen für den ec-Service“, NJW 1995, 2473; Hoffmann Europäisches POS-System mit weltweiter Option, Die Bank 1992, 599; Hofmann Die GeldKarte und der Jugendschutz, ZBB 2002, 377; ders. Schadensverteilung bei Missbrauch der ec-Karte, WM 2005, 441; ders. Die ec-/maestro-Karte als Rektapapier, WM 2005, 1305; Hontebeyrie Perte ou vol d’une carte bancaire: quel régime probatoire? Réflexion sur la nature juridique du dispositif prévu à l’article L 132–3 du code monétaire et financier, Recueil Dalloz 2009, 1492; Immenga/Körber Marktabgrenzung und Marktbeherrschung bei der Geldautomatennutzung, BB 1999, Beil. 12, S. 4; Jungmann Missbrauch von ec-Karten bei PIN-basierten Transaktionen, in: Zetzsche/u.a., Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2007 (2008), 329; Krüger electronic cash-Verfahren ab 1993 grenzüberschreitend möglich, Sparkasse 1992, 331; Kümpel Rechtliche Aspekte der neuen GeldKarte als elektronische Geldbörse, WM 1997, 1037; Kunz Rechtliche Rahmenbedingungen für Mobile Payment – ein Blick auf die Anforderungen zur starken Kundenauthentifizierung, CB 2018, 393; Lasserre Capdeville Carte bancaire, faute lourde et devoir de vigilance, Recueil Dalloz 2013, 407; ders. Précisions sur le régime juridique du prélèvement, Recueil Dalloz 2012, 1520; Lutz Regulatorische Herausforderung von Bezahlsystemen: PayPal Co, ZvglRWiss 116 (2017) 177; Omlor E-Geld im reformierten Zahlungsdiensterecht, ZIP 2017, 1836; Pfeiffer ec-Bedingungen der Banken und Sparkassen, in Graf v. Westphalen (Hrsg.) Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 10/1996; ders. Die GeldKarte – ein Problemaufriß, NJW 1997, 1036; Recktenwald Der Schadenfall bei EC-Karte und Netz – Anscheinsbeweis quo vadis? AnwBl 2009, 265; Reiser Die Rechtsgrundlagen für das POS-System des deutschen Kreditgewerbes („electronic cash“), WM Sonderbeil. 3/1989, 3; Rodriguez Fraude à la carte bancaire – vers un renforcement de la sécurité du titulaire, Revue de Droit bancaire et financier, 7/2010, étude 16; Scheibengruber Unzulässige AGB-Klauseln in den neuen Bedingungen für Zahlungskarten und Onlinebanking, NJOZ 2010, 1366; Schröter Die neuen Bedingungen für 371

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

ec-Karten, ZBB 1995, 395; Schulte am Hülse/Welchering Der Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Bargeldabhebung an Geldautomaten mit Karte und Geheimzahl, NJW 2012, 1262; Söbbing Mobile Zahlungssysteme – Die rechtlichen Herausforderungen bei Zahlungen via Smartphone, Tablet, Watch etc., WM 2016, 1066; ders. FinTechs: Rechtliche Herausforderungen bei den Finanztechnologien der Zukunft, BKR 2016, 360; Spindler Haftungsrisiken und Beweislast bei ec-Karten, BB 2004, 2766; Strube Haftungsrisiken der ec-Karte, WM 1998, 1210; Terlau SEPA Instant Payment – POS- und eCommerce-Abwicklung über Zahlungsauslösedienste und technische Dienstleister nach der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive 2, PSD2), jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 1; Wand Die neuen Bedingungen der privaten Banken für ec-Karten und den Scheckverkehr, ZIP 1996, 214; ders. Zahlung mittels elektronischer Geldbörse („GeldKarte“), in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.) Kartengesteuerter Zahlungsverkehr – außergerichtliche Streitschlichtung, Bankrechtstag 1998, 1999, 97; Werner Anscheinsbeweis und Sicherheit des ecPIN-Systems im Lichte der neueren Rechtsprechung, WM 1997, 1516; ders. Beweislastverteilung und Haftungsrisiken im elektronischen Zahlungsverkehr, MuR 1998, 232; Zahrte Elektronische Postfachlösungen bei Banken – zugleich eine Besprechung von EuGH C-375/15 (BAWAG/VKI), BKR 2017, 279. 6. Kreditkartenzahlung a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Beck Einwendungen bei eurocheque und Kreditkarte, 1986; Bernsau Der Scheck- oder Kreditkartenmißbrauch durch den berechtigten Karteninhaber, 1990; Böttger Praxis und Recht des Kreditkartenverfahrens – zur rechtlichen Beurteilung des Kreditkartenverfahrens, 1979; Brechtel Die Tilgung von Geldforderungen bei Überweisung, Lastschrift- und Kreditkartenzahlung – eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Risikoverteilung bei einer Bankeninsolvenz, 2012; Custodis Das Kreditkartenverfahren, 1970; Deider Mißbrauch von Scheckkarte und Kreditkarte durch den berechtigten Karteninhaber, Diss. FU Berlin 1990; Dorner Das Kreditkartengeschäft, 1991; Drury/Ferrier Credit Cards, London 1984; Giger/Schluep Kreditkartensysteme – eine ökonomisch-juristische Studie, Zürich 1985; Hammann Die Universalkreditkarte – ein Mittel des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, 1991; Jungmann 6. Kapitel: Kreditkarte, in: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) Bankrechts-Kommentar, 2. Aufl. 2016; Kalbe Die zivilrechtliche Haftung für Kreditkartenmißbrauch nach deutschem, chilenischem und argentinischem Recht, Diss. Mannheim 1997; Keller Kreditkarten – ein praxisbezogener Leitfaden für Herausgeber von Kreditkarten und deren Vertragspartner, Juristen und Bankfachleute, 1981; Meder Die bargeldlose Zahlung – ein rechtshistorischer Beitrag zur dogmatischen Einordnung des Kreditkartenverfahrens, 1996; Merkel Das Recht der Kreditkarte in den USA, 1990; Neuberger BuB Rn 6/1850 bis 6/2015; Oechsler Wettbewerb, Reziprozität und externe Effekte im Kreditkartengeschäft: kartellrechtliche Grundprobleme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, 1992; Pütthoff Die Kreditkarte in rechtsvergleichender Sicht Deutschland–USA, Diss. Münster 1974; Reyher Eurocard – T&E-Karte der deutschen Kreditinstitute, 1976; Rünz Praxis und Recht des Kreditkartenverfahrens – zur Praxis des Kreditkartenverfahrens, 1979; Stauder/Weisensee Das Kreditkartengeschäft, 1970; Taupitz Zivilrechtliche Haftung bei Kreditkartenmißbrauch, 1995; v. Usslar/v. Morgen Aktuelle Rechtsfragen der Kreditkarten-Praxis, 1989; Weller Das Kreditkartenverfahren – Konstruktion und Sicherung, 1986; Zellekens/Fontaine/Braatz Zahlung per Karte – Kartentypen, Kostenanalysen, Wirtschaftlichkeitsrechnungen, Anforderungen des Handels, Systemalternativen, Chipkarten, 1989; sowie die Großkommentare Handelsrecht. b) Aufsätze und Beiträge: Avancini Rechtsfragen des Kreditkartengeschäfts, ZfRV 1969, 121; Barnert Kreditgeschäft und AGB-Kontrolle, WM 2003, 1153; Bitter Kreditkarten – Risikoverteilung bei Mängeln des Valutaverhältnisses, ZBB 1996, 104; ders. Zum Widerruf der Anweisung im Kreditkartenverfahren, BB 1997, 480; ders. Problemschwerpunkte des neuen Zahlungsdiensterechts – Teil II: Kreditkartenzahlung und allgemeine Prinzipien, WM 2010, 1773; Brechtel Die Leistung an Erfüllungs statt im Kontext des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, WM 2016, 1057; Casper/Pfeifle Missbrauch der Kreditkarte im Präsenz- und Mail-Order-Verfahren nach neuem Recht, WM 2009, 2343; Eckert Zivilrechtliche Fragen des Kreditkartengeschäfts, WM 1987, 161; Etzkorn Allgemeine Geschäftsbedingungen für Inhaber von Kreditkarten, WM 1991, 1901; ders. Rechtsfragen beim grenzüberschreitenden Einsatz von Kreditkarten, in Hadding/Schneider (Hrsg.) Rechtsprobleme der Auslandsüberweisung, 1992, S. 121; Eyles Die transaktionsabhängige Bepreisung des Auslandseinsatzes einer Kreditkarte, WiB 1996, 296; Freitag Vom Forderungskauf zum abstrakten Schuldanerkenntnis und die Verteilung des Missbrauchsrisikos im Kreditkartengeschäft, ZBB 2002, 322; Hadding Zahlung mittels Universalkreditkarte, FS Pleyer, 1986 S. 17; Hasselbach Europarechtliche Unzulässigkeit von Sonderentgelten für den Auslandseinsatz von Kreditkarten, ZIP 1996, 1457; Heerstraßen Kreditkarten und Verbraucherkreditgesetz, FS Merle, 2000 S. 167; Hofmann Forderung nach mehr Sicherheit im Mailorderverfahren bei Kreditkarten in jüngster Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ZBB 2004, 405; ders. Wettbewerb bei VISA und MasterCard: Kartellrechtliche Beurteilung der Vereinheitlichung in den Kreditkarten-Systemen,

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

WuW 2006, 17; Horn Die Kreditkarte im europäischen Gemeinschaftsrecht und in der deutschen Rechtsprechung, ZBB 1995, 273; Jungmann Die Verteilung des Missbrauchsrisikos beim Einsatz von Kreditkarten im E-Commerce, WM 2005, 1351; Junker Rechtsbeziehungen im Kreditkartengeschäft, DStR 1994, 1461; Kapp/Rauhut Sperrung von Geldautomaten für Kreditkarten: ein wettbewerbsrechtliches Problem? – zugleich eine Besprechung des Urteils des LG München I vom 8. 12. 2009, WM 2010, 1111; Köndgen Die Entwicklung des privaten Bankrechts in den Jahren 1999– 2003, NJW 2004, 1288; Körber Die Risikoverteilung bei der Kreditkartenzahlung in Mailorder und E-Commerce – Stand und Entwicklung nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 16. April 2002 = WM 2002, 1120, WM 2004, 563; Langenbucher Die Verteilung des Risikos des Kreditkartenmissbrauchs bei Distanzgeschäften BKR 2002, 119; Meder Die Kreditkartenzahlung im Internet und Mail-Order-Verfahren, WM 2002, 1993; ders. Kreditkartengeschäfte und Anweisungswiderruf gegenüber dem Kartenherausgeber, NJW 1994, 2597; ders. Die Zulässigkeit einer isolierten Bepreisung des Auslandseinsatzes von Kreditkarten, NJW 1996, 1849; ders. Zur Unwiderruflichkeit der Zahlungsanweisung des Kreditkarteninhabers gemäß § 790 BGB, NJW 1993, 3245; ders. Führt die Kreditkartennutzung im Ausland zu einer Fremdwährungsschuld gemäß § 244 BGB? WM 1996, 2085; ders. Die Kreditkartenzahlung als Anweisungsgeschäft – zum Bedeutungswandel rechtsgeschäftlicher Formen unter den Bedingungen eines automatisierten Zahlungsverkehrs, AcP 198 (1998), 72; ders. Kreditkartenmißbrauch – die Verteilung des Haftungsrisikos im Telephone-Order-, Mail-Order- und Internet-Verfahren, ZBB 2000, 89; ders. Kreditkartenmissbrauch im Fernabsatz, NJW 2002, 2215; Merkel Die gesetzliche Regelung des Kreditkartengeschäfts in den USA, WM 1990, 253; Metz Aktuelle Rechtsfragen der Kreditkartenpraxis, NJW 1991, 2804; Oechsler Die Haftung nach § 675v BGB im kreditkartengestützten Mailorderverfahren, WM 2010, 1381; ders. Grundprobleme der Zivilrechtsdogmatik des Kreditkartengeschäfts, WM 2000, 1613; Omlor Risikoallokation bei Kreditkartenmissbrauch in den USA und Deutschland, ZfRV 2013, 80; Paefgen Kreditkarte und BGB, DWiR 1992, 123; Pfeiffer Kreditkartenvertrag, in Graf v. Westphalen (Hrsg.) Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 1/1995; Pichler Kreditkartenzahlung im Internet – die bisherige Verteilung des Mißbrauchsrisikos und der Einfluß der Verwendung von SET, NJW 1998, 3234; Pressel Die zivilrechtlichen Grundlagen des Kreditkartengeschäfts, JURA 2010, 321; Reifner Die Deregulierung der Kreditkartenkredite in Deutschland, VuR 2009, 170; Reinfeld Rechtsfragen des Interchange-Kreditkartensystems am Beispiel von Visa und Eurocard, WM 1994, 1505; Schnauder Risikozuordnung bei unbefugter Kreditkartenzahlung, NJW 2003, 849; Seibert Verbraucherkreditgesetz und Kreditkarte, DB 1991, 429; Taupitz Kreditkartenmißbrauch – Thesen zur zulässigen Verteilung des Haftungsrisikos in AGB, NJW 1996, 217; ders. Zahlung mittels Kreditkarten, in Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.) Kartengesteuerter Zahlungsverkehr – außergerichtliche Streitschlichtung, Bankrechtstag 1998, 1999, 3; Wand Die Zulässigkeit der Erhebung eines isolierten Entgeltes für den Auslandseinsatz einer Kreditkarte, WM 1996, 289; Werner Mailorderverfahren – Verschuldensunabhängige Rückbelastungsklausel in AGB von Kreditkartenunternehmen ist unwirksam, BB 2002, 1382; Zahrnt Die Kreditkarte unter privatrechtlichen Gesichtspunkten, NJW 1972, 1077. Ältere Literatur zu allen Teilen vgl. auch Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann, HGB – Handelsgesetzbuch, Bd. 2. – Bankrecht II (1. Aufl. 2001, 2. Aufl. 2009).

ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente A. Vor § 675c BGB: Zahlungsverkehr, (Europäisches) Zahlungsdiensterecht und Zahlungsinstrumente I.

373

Übersicht Zahlungsverkehr und (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Rechts- und Organisationsrahmen | 1–15 1. Zahlungsdiensterecht im System des Zahlungsverkehrs – mit Verweis | 1 2. Zahlungsdiensterecht – Gesetzgebungsentwicklung und -einbettung | 2–5 a) Europäische Vorgabe | 2, 3

b)

3.

Deutsche Gesetzgebungsakte (Umsetzung), sonstige Hauptumsetzungsakte | 4, 5 Zahlungsdiensterecht – ein Einheitlicher Europäischer Zahlungsraum (SEPA) | 6–12 a) Ziel: Einheitsregime für einen Einheitlichen Europäischen Zahlungsraum | 6

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

II.

Leitprinzipien: Förderung – Vollharmonisierung – Horizontaler Ansatz | 7–9 c) Sachlicher, räumlicher und persönlicher Anwendungsbereich – Überblick und Verweis | 10–12 4. Der Organisationrahmen des Zahlungsdiensterechts und Zahlungsgeschäfts | 13–15 a) Kreditwesen und Kreis der Zahlungsdienst- und -auslösedienstleister | 13 b) Aufsichtsrecht und Vertragsrecht | 14 c) Eckpunkte des (betriebswirtschaftlichen) Zahlungsgeschäfts | 15 Zahlungsdienste und -instrumente | 16–63 1. Gewicht und System der Zahlungsdienste/ -instrumente | 16–27 a) Überweisung – Hauptzahlungsinstrument | 16, 17 b) Nebenzahlungsinstrumente – Überblick | 18, 19 c) Insbesondere: Lastschrift | 20, 21 d) Insbesondere: Girocardzahlung („Ec-Karte“) und Kreditkartenzahlung | 22–26 e) Insbesondere: Zahlungs- und Zahlungsauslösedienste jenseits des Kreditwesens (mit mobilem Zahlen) | 27 2. Überweisung: Phänomen – Formen – Funktionen | 28–39 a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang | 28–30 b) Standardisierung und Automatisierung der Willenserklärungen | 31–33 c) Korrespondenzbankbeziehungen und Zahlungsverkehrssysteme als Abwicklungsinstrumente | 34, 35

d)

b)

3.

4.

5.

6.

Besonderheiten der grenzüberschreitenden Überweisung | 36–38 e) Funktionen | 39 Lastschrift: Phänomen – Formen – Funktionen | 40–47 a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang | 40–42 b) Elektronisierung der Willenserklärungen | 43 c) Korrespondenzbankbeziehungen und Zahlungsverkehrssysteme als Abwicklungsinstrumente | 44 d) Grenzüberschreitende Variante | 45 e) Funktionenv | 46, 47 Girocard („Ec-Karte“): Phänomen – Formen – Funktionen | 48–55 a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang | 48 b) Barabhebungs- oder Auszahlungsfunktion | 49–51 c) Zahlungs- oder Erfüllungsfunktion – Girocard als Bargeldersatz | 52, 53 d) Zahlungs- oder Erfüllungsvorbereitungsfunktion: Girocard als Lastschriftinstrument | 54 e) Grenzüberschreitender Einsatz | 55 Kreditkarte: Phänomen – Formen – Funktionen | 56–63 a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang | 56–58 b) Zahlungsfunktion (mit Stundung) und Barauszahlungsfunktion | 59 c) Anschließendes Vereinbarungsdarlehen | 60 d) Vergleich zur Girocard | 61 Alternatives, insbes. mobiles Zahlen und Zahlungsauslösedienste – Grundkonstellationen | 62–63

I. Zahlungsverkehr und (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Rechts- und Organisationsrahmen 1

1. Zahlungsdiensterecht im System des Zahlungsverkehrs – mit Verweis. Das Zahlungsdiensterecht – geregelt in §§ 675c bis 676c BGB, heute in Umsetzung der zweiten EGZahlungsdienste-Richtlinie von 2015 – bildet das Herzstück des Zahlungsverkehrs und wird daher hier zuerst kommentiert (1.–4. Abschnitt). Heute ist dieses weitgehend ein europaeinheitlich geltendes Regime. Daneben stehen jedoch einige weitere Zahlungsverkehrsinstrumente (unten 5. Abschnitt), namentlich der Scheck und der Wechsel, die in der geschichtlichen Entwicklung des Zahlungsverkehrs zentral und dann lange Zeit auch noch wichtig waren, ja sogar zur ersten weltweiten Vereinheitlichung im (sachrechtlichen Teil des) Privatrecht(s) führten, die heute jedoch ihre Bedeutung weitgehend eingebüßt haben.

Grundmann

374

1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

2. Zahlungsdiensterecht – Gesetzgebungsentwicklung und -einbettung a) Europäische Vorgabe. Eine grundlegende Neuordnung des größten Teils des Zahlungs- 2 verkehrsrechts, namentlich aller Zahlungsverkehrsinstrumente, die elektronisch abgewickelt werden und nicht (notwendig) papiergebunden sind, erfolgte mit der Verabschiedung der (ersten) EG-Zahlungsdienste-Richtlinie (ZD-RL, teils ZD-RL I) vom 13.11.2007.5 Etwas mehr als 8 Jahre später trat am 12.1.2016 bereits die novellierte zweite EG-Zahlungsdienste-Richtlinie (ZD-RL II)6 in Kraft. Formell schrieb sie die ZD-RL I nicht nur fort, sondern ersetzte sie mit Wirkung zum 13.1.2018 vollständig – obwohl inhaltlich im Großteil identisch oder nur im Detail novellierend und auch in der Normfolge fast gleich. Für die Umsetzung (vgl unten) führte diese Ähnlichkeit freilich dazu, dass der Anpassungsbedarf (auch systematisch) moderat ausfiel (hier keine „Ersetzung“). Erfasst sind (nach dem Regime beider EU-Richtlinien gleichermaßen) alle im Folgenden behandelten Zahlungsinstrumente – mit Ausnahme der (ohnehin nicht erörterten) Barzahlung sowie der Zahlung durch Dokumentenakkreditive und -inkassi sowie Scheck und Wechsel, also der (wert-) papiergebundenen Instrumente (zu den Letztgenannten unten Dritter Teil Rn 551 ff.).7 Erfasst und geregelt sind vor allem die Überweisung, die Lastschrift, die Girocardzahlung (bis 2007 „EcKartenzahlung“) (einschließlich elektronische Geldbörse und heute den Techniken des mobilen Zahlens) und die Kreditkartenzahlung. Die Novellierung hatte insbesondere eine Erweiterung des Adressatenkreises zur Folge, namentlich die Erstreckung auf und die Zulassung von Anbietern von außerhalb des klassischen Kreditwesens, das schon nach der ZD-RL I zu einem Zahlungsdienstewesen ausgedehnt worden war. Insbesondere elektronische und mobile Zahlungstechniken und die Adaptierung des geltenden Regimes auf diese bilden daher den Kern der Reform,

_____

5 Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG, ABl.EU 2007 L 319/1; Vorschlag der Kommission KOM(2005) 603 endg.; Stellungnahmen der Europäischen Zentralbank, des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses, ABl.EU 2006 C 109/10, 2008 C 74E/272 und 2006 C 318/51. Aus der Literatur: Burgard WM 2006, 2064; Lohmann/Koch WM 2008, 57; Kulke VuR 2007, 364; Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragrechts, 2008, S. 113. Zur nochmals vorangegangenen EG-Überweisungs-Richtlinie von 1997 und ihrem in mehrfacher Hinsicht fragmentiert-engen Zuschnitt vgl unten Rdn 64. 6 Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG, ABl.EU 2015 L 337/35. Aus der Literatur (neben den neu aufgelegten Handbüchern und Kommentaren): Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens; sowie Baumann GWR 2017, 275; Conreder BKR 2017, 226; Conreder/Schild BB 2016, 1162; Kunz CB 2016, 416 und 457; Omlor JuS 2017, 626; ders. WM 2018, 57 (Aufsichtsrecht und Zivilrecht); Terlau ZBB 2016, 122; Werner WM 2018, 449; ders. ZBB 2017, 345; Zahrte NJW 2018, 337. Und zu Einzelfragen: Buchmüller/Burke MMR 2017, 728 (Zahlungsmittelentgelte); Hoffmann VuR 2016, 243 (Kundenhaftung); ders. WM 2016, 1110 (Überweisung anhand fehlerhafter Kundenkennung); Hofmann BKR 2018, 62 (Haftungsrecht); Landschein BKR 2016, 457 sowie Langenbucher FS Köndgen 2016 S. 383; (Direktkondiktion, vgl. unter diesem Stichpunkt einige weitere im Schrifttum unter 2.); Linardatos NJW 2017, 2145 (Anscheinsbeweis); Piekenbrock/Rodi/Aßfalg WM 2017, 2281 (SEPALastschriftwiderspruch und Insolvenz, ebenfalls weitere im Schrifttum unter 3.); speziell zu mobilem Zahlen und alternativen Bezahlsystemen (etwa PayPal): Danwerth ZBB 2015, 119; Fries NJW 2016, 2860; Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177; Omlor EZIP 2017, 1836 (E-Geld); Söbbing WM 2016, 1066; ders. BKR 2016, 360; Terlau, jurisPR-BKR 2/2016 Anm. 1; Zahrte BKR 2017, 279 (Elektronische Postfachlösungen bei Banken). 7 Mit diesem Zuschnitt gefördert werden sollten vor allem diese automatisierten, in der Abwicklung arbeits- und transferrisikoarmen und daher kostenmäßig durchschnittlich 10fach günstigeren Instrumente, vgl. näher Commission Staff Working Paper, Anhang Vorschlag zur ZD-RL, KOM(2005) 603 endg., SEC(2005) 1535, C6-0411/05, S. 5 ff.; Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (118–120); hierzu (und auch zum Ziel, die Konkurrenz zwischen Zahlungsinstrumenten zu beleben) gleichfalls Piedelièvre Paiement, S. 369 ff. Selbst in Frankreich, dem wichtigsten Land, in dem der Scheck noch erhebliche Bedeutung hat, sind die ungleich höheren Kosten, die Schecks verursachen, heute als Bedenken sehr präsent, vgl. etwa Piedelièvre Paiement, S. 369 (zudem klare Tendenz, dass Kartenzahlung Scheckzahlung zunehmend verdrängt); ähnlich für Großbritannien: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 557 („dominant for a considerable period of time … no longer the predominant means of non-cash payment“; mit umfangreichem Zahlenmaterial).

375

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

namentlich mit der Neuregulierung und Zulassung von Zahlungsauslösedienstleistern und Einführung des Konzepts der sog. starken Kundenauthentifizierung, daneben der weitergehenden Erfassung von Drittstaatenfällen (sog. One-leg-Transaktionen) und gewissen Modifikationen im Haftungsregime, wiederum verknüpft mit der Einführung des Konzepts einer sog. starken Kundenauthentifizierung (vgl. Sondereintrag im Schrifttum zur ZD-RL II in dieser Rn). Dabei sind und waren die inhaltlichen Änderungen für das deutsche Recht gegenüber dem früheren Zustand zwar nicht belanglos, jedoch umgekehrt auch nicht so grundstürzend, dass die frühere richterrechtliche und rechtsdogmatische Ausdifferenzierung seit Umsetzung von ZD-RL I oder II obsolet wäre; auf sie kann noch immer rekurriert werden. Dies steht freilich immer unter dem Vorbehalt, dass die Auslegung mit Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinien konzeptuell zweistufig zu erfolgen hat, mit der Letztentscheidungsmacht beim EuGH (Vorabentscheidungsverfahren, vgl. Erster Teil): zuerst Europäisch einheitlich (durch nationale Gerichte und ggf. den EuGH), sodann (im Wege der richtlinienkonformen Auslegung) im deutschen Recht in Angleichung an diese Europäische Vorgabe, so dass für Streitfragen primär die geltende EU-Richtlinie zu konsultieren ist, nicht der deutsche Umsetzungstext oder die (bisherige) deutsche Praxis/Rechtsprechung/ Lehre (zur richtlinienkonformen Auslegung und ihrem sehr weitgehenden interpretatorischen Anpassungsgebot vgl. näher Erster Teil). Maßgeblich ist also die Auslegung der EU-Richtlinie (und zwar so, wie sie in ganz Europa, namentlich auch in den anderen Mitgliedstaaten, gesehen wird). Dies gilt umso mehr, als von der Richtlinie, die dem Vollharmonisierungsansatz folgt (Art. 107 ZDRL II, ex Art. 86 ZD-RL I), auch nicht nach oben abgewichen werden darf (von den dort abschließend aufgezählten Ausnahmen abgesehen, näher unten Dritter Teil Rn 8, 76–83). Während bis zum Zahlungsdienstegesetz (unten Dritter Teil Rn 4 f.) nur das Überweisungsrecht Europäischen Vorgaben in der genannten Form gerecht werden musste und auch dies eher nur punktuell, gilt seitdem die Europäische Vorgabe flächendeckend (und nach dem Gesagten zudem auch weitestgehend als Höchststandard). Für die Überweisung ersetzte sie schon seit dem 1.11.2009 ihrerseits die ältere EG-Überweisungs-Richtlinie (Art. 93). Neben die EU-Zahlungsdienste-Richtlinie(n) treten auf EU-Ebene wichtige flankierende 3 Europäische Vorgaben, die zwar als Verordnungen ergingen, also im nationalen Recht (ohne Umsetzung) unmittelbar gelten (Art. 288 Abs. 2 AEUV), die EU-Richtlinie jedoch nur ausfüllen, verfeinern, und nur mit einzelnen Regelungsgehalten (punktuell) auch neben diese treten. Es sind dies die sog. EG-Zahlungsentgelte-VO von 2009, die seit Änderung 2012 freilich zudem die Verfügbarkeit der SEPA-Lastschrift regelt,8 und die EU-SEPA-Verordnung von 2012.9 Die wichtigsten Inhalte der erstgenannten Verordnung liegen darin, dass für grenzüberschreitende Dienste im Europäischen Zahlungsraum (abgesehen von Gebühren für die ggf. nötigen Währungsumrechnungen) keine anderen und höheren Gebühren als im Inlandsverkehr genommen werden dürfen und dass die Lastschrift in Form der SEPA-Lastschrift seit dem 1.2.2014 auch innerstaatlich ausschließlich zur Anwendung zu kommen hat (vgl. näher unten Dritter Teil Rn 7, mit intertemporalen Sonderregeln für Entgelte). Für die Zukunft ist wichtig, dass die Reform durch die Zahlungsdienste-Richtlinie II den Anwendungsbereich erweitert hat (vor allem bei Nichteurozahlungen) und einige punktuelle Änderungen beim Pflichten- und Haftungsregime brachte, mit einem Schwerpunkt im Interbankenverhältnis.10

_____

8 Verordnung (EG) Nr. 924/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 über grenzüberschreitende Zahlungen in der Gemeinschaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2560/2001, ABl. EG 2009 L 266/11; hinsichtlich der Verfügbarkeit der SEPA-Lastschrift geändert durch die EU-SEPA-VO (nächste Fn). 9 Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.3.2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) 924/2009, ABl.EU 2012 L 94/22, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EU) 248/2014, ABl.EU 2014 L 84/1. 10 So werden beispielsweise auch sog. „One-leg-out“-Transaktionen, bei denen lediglich ein Zahlungsdienstleister in der Europäischen Union ansässig ist, (anders als zuvor) von den Transparenz- und

Grundmann

376

1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

b) Deutsche Gesetzgebungsakte (Umsetzung), sonstige Hauptumsetzungsakte. Die 4 Umsetzung der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie erfolgte durch das Zahlungsdienstegesetz – als Art. 1 Nr. 47 des sog. Verbraucherkredit-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes – vom 29.7.2009, basierend auf dem Regierungsentwurf vom 7.11.2008.11 Nach Ersetzung der ersten durch die Zweite Zahlungsdienste-Richtlinie vom 17.7.2017 wurden die novellierten – mit den oben genannten Erweiterungen grds. nur „fortgeschriebenen“ – zivilrechtlichen Vorgaben des EU-Zahlungsdiensterechts mit Artikel 2 des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17.7.2017 umgesetzt.12 Die Vorschriften lehnen sich eng an die europäischen Vorgaben an – wie durch den Vollharmonisierungsansatz zwingend vorgegeben. Die Entsprechungen zu den inhaltlichen Regeln ergeben sich hierbei aus folgender Konkordanz (zu den Informationsregeln vgl. demgegenüber Art. 248 §§ 1–19 EGBGB). Gravierende Umsetzungsfehler sind auch nach der Novellierung nicht ersichtlich, jedenfalls ist der Wille zur korrekten Umsetzung an allen Stellen so offensichtlich und häufig so explizit, dass eine richtlinienkonforme Auslegung stets möglich wäre, das Ergebnis der Richtlinienauslegung also – auch bei gegenstehendem Wortlaut bzw. gegenstehender Systematik der deutschen Norm(en) – vollumfänglich im deutschen Recht anzuwenden ist (vgl. Erster Teil). EG-Zahlungsdienste-Richtlinie(n)13 (Art.) (Kurzthema) (ZD-RL II/ex ZD-RL)

ZahlungsdiensteGesetz (§§ BGB)

Abweichungen

54/44

(Änderung der AGB)

675g

– (teils § 308 Nr. 5 lit. b BGB)

55/45

(Kündigung)

675h



61–63/51–53

(Anwendungsbereich) (Entgelte) (Art. 62/52)

675f Abs. 4, 5 675q Abs. 3 Vgl. 675e, 675i

Beschreibung in Dritter Teil Rn 76–83

62 Abs. 4

(Entgelte f. die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel)

270a

Neu in ZD-RL II

_____ Informationspflichten der Zahlungsdienste-Richtlinie erfasst, vgl. Vorschlag zur Änderung der ZahlungsdiensteRichtlinie vom 24.7.2013, KOM(2013) 547 endg.; und Verbraucher, die Zahlungsdienste in Anspruch nehmen und denen das gleichzeitige Anfallen hoher Händlergebühren nicht bewusst ist, werden vor solchermaßen bedingten Preiserhöhungen besser geschützt durch Vorschlag für eine Verordnung zu den Interchangegebühren vom 24.7.2013, KOM(2013) 550 endg; zur Fortschreibung dieser Novellierungsagenda vgl. http://www.europarl.europa. eu/meetdocs/2009_2014/documents/com/com_com(2013)0547_/com_com(2013)0547_de.pdf bzw. http://eur-lex. europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0550:FIN:DE:PDF; http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/ LexUriServ.do?uri=COM:2013:0550:FIN:DE:PDF, zuletzt abgerufen am 13.1.2020, sowie die verabschiedeten Ergebnisse: zum einen Richtlinie (EU) 2015/2366 (oben Fn. 6), zum anderen Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge, ABl.EU 2015 L 123, S. 1; Überblick in Hingst/Lösing BKR 2014, 315; Lindartos WM 2014, 300. 11 Art. 1 Nr. 47 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29.7.2009, BGBl. 2009 I, S. 2355; Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht, BT-Drucks. 16/11643 = BR-Drucks. 848/08; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/13669; abrufbar unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/136/1613669.pdf, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Vergleichende Gesamtdarstellung des neuen und des alten Systems des zivilrechtlichen Zahlungsrechts bei Grundmann WM 2009, 1009 und 1057 (Teile I und II) – bis auf die Erweiterung des Anwendungsbereichs und den Bereich mobiles und alternatives Zahlen auch dem geltenden System entsprechend. 12 Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie vom 17.7.2017, BGBl. 2017 I, S. 2446; Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie, BT-Drucks. 18/11495 = BR-Drucks. 158/17; Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 18/12568; abrufbar unter http:// dipbt.bundestag.de/dip21/btd/18/125/1812568.pdf, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Übersichtsartige Darstellung zu den Änderungen der neuen Richtlinie bei Terlau ZBB 2016, 122. 13 Konkordanztabelle zwischen den beiden Richtlinien Anh. II der ZD-RL.

377

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

EG-Zahlungsdienste-Richtlinie(n)13 (Art.) (Kurzthema) (ZD-RL II/ex ZD-RL)

ZahlungsdiensteGesetz (§§ BGB)

Abweichungen

64/54

(Auftrag u. Widerruf)

675j



67

(Recht, dritte ZDL zu nutzen)

675f Abs. 3

(neu in ZD-RL II – vgl. Dritter Teil Rn 173–175)

68/55

(Nutzungsrahmen, Sperre)

675k

– (im deutschen Recht zutr. auf Zahlungsauthentifizierungsinstrumente eingeschränkt/konkretisiert); § 675k Abs. 2 S. 6 BGB zur Entsperrung unschädlich, trotz Vollharmonisierung

69, 70/56

(Obhutspflichten Kunde)

675l



65, 70/57

(Obhutspflichten Institut)

675m



71/58

(Schweigen als Anerkenntnis, Ausschlussfrist)

676b

Beschreibung in Dritter Teil Rn 534–538

72/59

(Beweislast und -mittel)

675w, 676

– (freilich implizite Qualifikation der fahrlässigen Verletzung der Pflichten nach § 675l BGB als grobfahrlässig)

73/60

(nicht autorisierte Überweisung)

675u

– (Art. 73 Abs. 3 ZD-RL II, ex Art. 60 Abs. 2 ZD-RL nicht umgesetzt, aber wohl Vollharmonisierungsansatz inhärent)

73

(Regressanspruch gg. Zahlungsauslösedienstleister)

676a Abs. 1, 2

(neu in ZD-RL II – vgl. Dritter Teil Rn 529)

74/61

(Ersatzpflicht trotz Fehlen der Autorisierung)

675v

– (Art. 74 Abs. 1 Unterabs. 2 lit lit. b in unzulässiger Weise mit geringerem Anwendungsbereich umgesetzt)

75

(Sperrung Geldbeträge bei kartengebundenen Zahlungsvorgängen)

675t Abs. 4

– (neu in ZD-RL II – vgl. Dritter Teil Rn 401)

76/62

(Lastschriftwiderspruch I)

675x Abs. 1–3



77/63

(Lastschriftwiderspruch II)

675x Abs. 4–6



78/64

(Beginn Ausführungsfrist)

675n



79/65

(Ablehnungsrecht)

675o

– (allerdings mit Ausnahmen bei der Begründungspflicht in § 675o Abs. 1 S. 3 BGB)

80/66

(Zeitraum für Widerruf)

675p



81/67

(Abzugsverbote, Volltransferpflicht)

675q

– (Ausnahme bei Währungsumrechnung richtlinienkonform, da in Ausnahmebereich fallend, vgl. § 675e Abs. 2 BGB)

82/68

(Anwendungsbereich für Regeln Ausführungsfristen)

Eingearbeitet in inhaltliche Regeln

Beschreibung in Dritter Teil Rn 392–394

83/69

(Ausführungsfristen)

675s

– (i.V.m. § 667 BGB)

84–87/ 70–73

(Wertstellungsregeln, mit strengerem nationalen Recht)

675t



Grundmann

378

1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

EG-Zahlungsdienste-Richtlinie(n)13 (Art.) (Kurzthema) (ZD-RL II/ex ZD-RL)

ZahlungsdiensteGesetz (§§ BGB)

Abweichungen

88/74

(Auftragsstrenge, Ausführung allein nach Kundenkennung)

675r

Beschreibung in Dritter Teil Rn 325–333

89, 90/75

(Haftung für fehlerhafte Ausführung)

675y

– (Zweifel bei Art. 89/75 Abs. 3)

90

(Beweislast im Rahmen des Regressanspruchs)

676a Abs. 3

– (neu in ZD-RL II – vgl. Dritter Teil Rn 529)

91/76

(Schadensersatz nach nationalem Recht 676z bei fehlerhafter Ausführung)

Autonomes Recht innerhalb des EU-Rahmens zulässig

92/77

(Regress)

676a Abs. 1

– (Abs. 2 beider RL nicht ausdrücklich umgesetzt)

93/78

(unvermeidbare Ereignisse – höhere Gewalt – und gesetzliche Pflicht)

676c



Auf nationaler Ebene ergänzt wird das Zahlungsdienstegesetz vor allem durch das SEPA- 5 Begleitgesetz vom 3.4.2013, das vor allem die technische Abwicklung von Überweisungen und Lastschriften (als Teil des Zahlungsdiensteaufsichtsrechts in Art. 2) regelt.14 Von den wichtigsten Umsetzungsakten in anderen Mitgliedstaaten seien jedenfalls die in Frankreich,15 Italien16 und dem Vereinigten Königreich17 genannt.18

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14 Gesetz zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA-Begleitgesetz) vom 3.4.2013, BGBl. 2013 I, S. 610; Einzelheiten Walter DB 2013, 385; Zahrte WM 2013, 1207. 15 Vgl. (zur PSD I) Ordonnance no. 2009-866 du 15 juillet 2009 relative aux conditions régissant la fourniture de services de paiement et protant création des établissements de paiement, J. O. 2009 p. 11868 (mit entsprechenden Änderungen des Code monnetarie et financier, Ermächtigung hierzu durch Loi no. 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie); Ausführungsregelung in Décret no. 2009-934 du 29 juillet 2009 pris pour application de l’ordonnance no. 2009-866 du 15 juillet 2009 relative aux conditions régissant la fourniture de services de paiement et portant création des établissements de paiement. Alles zitiert nach den (geänderten) Normen des Code monétaire et financier; Kurzübersicht Legeais RTD Com. 2009, 784. Heute fortgeschrieben (PSD II) durch Ordonnance no. 2017-1252 du 9 août 2017 portant transposition de la directive 2015/2366 du Parlement européen et du Conseil du 25 novembre 2015 concernant les services de paiement dans le marché intérieur; (mit entsprechenden Änderungen des Code monnetarie et financier nach Décret n° 2017-1313/1314 du 31 août 2017 portant transposition de la directive n° 2015/2366 du Parlement européen et du Conseil du 25 novembre 2015 concernant les services de paiement dans le marché intérieur). 16 Vgl. (zur PSD I) Decreto Legislativo 11/2010 vom 27.1.2010, anwendbar seit dem 1.3.2010, mit Umsetzung der zivilrechtlichen Vorgaben in Art. 3–32, den aufsichtsrechtlichen (Art. 33 ff.) hingegen durch Änderung des Testo Unico (delle leggi in materia bancaria e creditizia); dazu als semioffizielle Erklärung Circolare ABI (Associazione Bancaria Italiana) Serie Tecnica n. 14 vom 31.3.2010. Heute fortgeschrieben (PSD II) durch Decreto Legislativo 218/ 2017 vom 15.12.2017, anwendbar seit dem 13.1.2018, mit Umsetzung der zivilrechtlichen Vorgaben in Art. 3–32, den aufsichtsrechtlichen (Art. 33 ff.) hingegen durch Änderung des Testo Unico (delle leggi in materia bancaria e creditizia). 17 Vgl. (zur PSD I) 2009 No. 209: Financial Services and Markets: The Payment Services Regulations 2009 vom 9.2.2009, Part 5 mit den Informationsregeln, Part 6 mit dem sonstigen Zahlungsdienste-Vertragsrecht, nach dessen Art. 1 Abs. 2 in Kraft seit Mai bzw. November 2009; mit Explanatory memorandum, ebenfalls parlamentarisch erlassen; Kurzübersicht Cox The In-House Lawyer 9/2009, 14. Heute fortgeschrieben (PSD II) durch 2017 No. 752: Financial Services and Markets: The Payment Services Regulations 2017 vom 18.7.2017, Part 6 mit den Informationsregeln, Part 7 mit dem sonstigen Zahlungsdienste-Vertragsrecht, nach dessen Art. 1 Abs. 2, 3, 4 und 6 in Teilen in Kraft seit Juli, Oktober und Dezember 2017 sowie Januar 2018; mit Explanatory memorandum, ebenfalls parlamentarisch erlassen. 18 Volle Umsetzungsübersicht mit Konkordanzen und Analyse der Richtlinienkonformität zur ZD-RL: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/NIM/?uri=CELEX:32015L2366, zuletzt abgerufen am 13.1.2020; auch knapperer Überblick bei Stille Europäische Prinzipien, S. 51–56.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

3. Zahlungsdiensterecht – ein Einheitlicher Europäischer Zahlungsraum (SEPA) 6

a) Ziel: Einheitsregime für einen Einheitlichen Europäischen Zahlungsraum. Hauptziel der umfassenden – und inzwischen wiederholten – Novellierung des Zahlungsdiensterechts war die Schaffung eines Einheitlichen Europäischen Zahlungsraumes (Single European Payments Area, SEPA). In ihr soll (weitgehend) einheitliches Sachrecht für alle zentralen Zahlungsverkehrsinstrumente gelten. Diese sollen solchermaßen auch gefördert werden, um für die Vollendung des Binnenmarktes nicht an Grenzen bei der neutralen Leistung zu stoßen. In der Sache ist hier also ein Europäisches Regime des Zahlungsverkehrs zu kommentieren (das neben das internationale, aber weitgehend obsolete für Scheck und Wechsel tritt). Das macht – auch für die Anwendung des deutschen, aber europäisch auszulegenden Rechts – den Blick auf die ausländische Literatur und Rechtsprechung – grundsätzlich gleichberechtigt! – unumgänglich, erfordert also einen grundlegenden Wandel in der Heranziehung von Quellen.

b) Leitprinzipien: Förderung – Vollharmonisierung – Horizontaler Ansatz. Angestrebt und umgesetzt wird das Ziel der Schaffung eines SEPA-Raumes vor allem mit drei Leitprinzipien: Die Förderung der ausgewählten Zahlungsinstrumente (Überweisung, Lastschrift, Kartenzahlungen, dann auch E-Geld-Zahlungen) wurde angestrebt, weil es sich um diejenigen Zahlungsinstrumente bzw. -dienste handelt, die (vor allem wegen ihrer elektronischen Durchführung) ungleich preisgünstiger als die (wenigen) anderen, insbesondere auch als die Barzahlung, abgewickelt werden können.19 Im Falle der Lastschrift (formal auch bei der Überweisung) schritt der EU-Gesetzgeber nach dem Gesagten flankierend mit dem Gebot ein, seit dem 1.2.2014 nur noch die SEPA-Lastschrift zu verwenden. Mit Ablauf der in § 7c Abs. 1 ZAG a.F. geregelten Ausnahmefrist für nationale, auch sog. „wilde Lastschriftverfahren“, die zum 1.2.2016 auslief, gilt das SEPA-Lastschrift-Gebot uneingeschränkt. Um für den so umrissenen Kreis der (wichtigsten) Zahlungsinstrumente bzw. -dienste ein 8 wirklich einheitliches Regime zu gewährleisten, wurde zwar einerseits nicht das Instrument der EU-Verordnung gewählt, das unmittelbar gegolten hätte (Art. 288 Abs. 2 AEUV), wohl aber ein Vollharmonisierungsansatz (sowie eine weitgehend zwingende Anwendung jedenfalls im Kernbereich der EU-Überweisungen und -zahlungsdienste, vgl. nächste drei Rn). Mit dem Vollharmonisierungsansatz wird bei der Umsetzung in nationales Recht nicht nur eine Abweichung nach unten (weniger schutzintensives Recht), sondern auch eine Abweichung nach oben (strengeres nationales Recht) untersagt, also ein EU-einheitliches Regime vorgegeben. Ausnahmen hiervon gelten nur, wenn entweder (1) – eher vereinzelt – eine Ausnahme explizit zugelassen wurde oder (2) eine Frage im Zahlungsdiensterecht nicht geregelt ist, namentlich das ganze Valutaverhältnis und immer noch weitgehend auch das Interbankenverhältnis, jedenfalls soweit dieses über ein Zahlungssystem (und nicht nur über Korrespondenzbankbeziehungen) abgewickelt wird, aber auch sonst punktuell die eine oder andere Frage. Ob dies der Fall ist, ist Auslegungsfrage (zur EU-Richtlinie!)20 und daher – wie alle Auslegungsfragen – letztverbindlich vom EuGH zu klären. Im Grundsatz gilt, dass das Bank-Kunden-Verhältnis voll harmonisiert wurde, also Ausnahmen konkret zu begründen wären, umgekehrt in den beiden genannten Bereichs7

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19 Vgl. Nachw. oben Fn 7, auch zum Umfang der Ersparnis. 20 Zur autonomen Auslegung der in einer Richtlinie enthaltenen Begriffe und Konzepte nach gemeinschaftsrechtlichen Methoden vgl. schon Herresthal in: Gsell/Herresthal (Hrsg.) Vollharmonisierung im Privatrecht, 2009, S. 121–123; zur Ermittlung einzelner punktueller Abweichungen von der Richtlinie bei der Umsetzung mittels Auslegung vgl. Lippstreu Wege der Rechtsangleichung im Vertragsrecht, 2014, S. 42–45; Budde Vertragsrecht der Zahlungsdienste, S. 52–92; ausführlich (zum Vollharmonisierungsansatz allgemein und speziell) zur deswegen vorrangig begründeten Kompetenz des EuGH: Mittwoch Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht, 2013, S. 29 ff., und 170 ff.; und fokussiert auf die Zahlungsdiensterichtlinie als Vollharmonisierungsrichtlinie vgl. Wackwitz Zahlungsdiensterichtlinie, S. 26–29.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

ausnahmen zwar eine Ausstrahlungswirkung des Richtlinienregimes jeweils denkbar ist, jedoch ebenfalls konkret zu begründen wäre. Der so verstandene – und durch Auslegung im Einzelnen zu konkretisierende – Vollharmonisierungsansatz wird flankiert wiederum durch das Gebot richtlinienkonformer Auslegung, so dass auch insoweit die Auslegung der Richtlinie bereits den Ausschlag gibt. Um den SEPA-Raum einzurichten, entschied sich der Europäische Gesetzgeber schließlich 9 für einen horizontalen Ansatz, in dem alle einbezogenen Zahlungsdienste grds. parallel geregelt wurden und als Hauptgliederungsgesichtspunkt derjenige des zeitlichen Ablaufes einer Zahlungstransaktion gewählt wurde: mit (1) der Einrichtung eines Rahmenrechtsverhältnisses (Zahlungs-, meist Rahmenvertrag), mit (2) der Initiierung und Autorisierung des einzelnen Zahlungsvorgangs seitens des Zahlers (im Falle eines Einzelzahlungsvertrages mit (1) zusammenfallend), mit (3) der Durchführung der Zahlungstransaktion seitens der Banken und zuletzt mit (4) Fragen der Haftung und Risikotragung für mögliche Planwidrigkeiten bei dieser Durchführung oder Nutzung des Zahlungsdienstes bzw. der hierfür verwandten Instrumente. Die vier Abschnitte entsprechen im Wesentlichen hier den Punkten D. und E. (1. Zeitphase), F. und vor allem G. (2. Zeitphase), H. (3. Zeitphase) und I. und J. (4. Zeitphase). Hinzu kommen Fragen des Anwendungsbereichs (B., auch F.) und solche, die die Richtlinie nicht regelt (C.), die jedoch sicherlich der Initialisierungsphase (2. Zeitphase) und ggf. auch dem Abschluss des Zahlungsdienstevertrages (1. Zeitphase) voran gehen. Freilich finden sich immer wieder Regeln, die allein ein einziges Zahlungsinstrument bzw. einen Zahlungsdienst betreffen, etwa § 675x BGB (Art. 76 f. ZD-RL II, ex-Art. 62 f. ZD-RL I), der allein die Widerruflichkeit der Lastschrift über einen mehrwöchigen Zeitraum hinweg regelt (und mit Abs. 1 auch gewisse Kreditkartenzahlungen). Auch ist bei der konkreten Fallanwendung jeweils nur das (Recht für das) konkret verwandte Zahlungsinstrument zu beurteilen. Dies spricht dafür, in der Kommentierung ebenfalls grds. den genannten zeitlichen Ablauf als Hauptgliederungsleitlinie zugrunde zu legen, damit zugleich auch die Normenfolge, innerhalb der Kommentierung der Einzelnorm jedoch dann durchaus auch oder sogar vorrangig nach den vier großen Zahlungsverkehrsinstrumenten zu differenzieren: (i) Überweisung, (ii) Lastschrift, (iii) Girocard, Ec- oder Debit-Kartenzahlung (Auszahlung beim eigenen Institut bzw. Einsatz bei Fremdinstituten oder Händlern), (iv) Kreditkartenzahlung (teils dann unter Zusammenfassung oder noch weiterer Ausdifferenzierung),21 ergänzt (v) um einen (etwas knapperen) Annex zu den E-Geld und mobilen Zahlungen, die zar primär außerhalb des Kreditwesens erfolgen, umgekehrt jedoch in der Struktur Zahlungsinstrumenten (vor allem Kartenzahlungen) stark entsprechen und die mit der ZD-RL II prominent ins Regime aufgenommen wurden. Schon der Aufbau und der Umfang des Literaturverzeichnisses zeigen in der Aufsatzliteratur im deutschen Schrifttum eine deutlich überwiegende Fokussierung auf ein Zahlungsinstrument auch noch nach 2009, während im ausländischen Schrifttum ein Literaturverzeichnis wohl eher nach Phasen – wie in Richtlinie und Gesetz – aufzubauen gewesen wäre, nicht nach Zahlungsinstrumenten, weil sich die Aufsätze überwiegend der Zuordnung zu einem Instrument entziehen.

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21 Das ist der Sache nach der auch in anderen Kommentierungen zu findende Ansatz, vgl. etwa Palandt/Sprau namentlich §§ 675 f. Rn 25 ff.; sogar noch dominant nach Instrumenten (und bei diesen handbuchartig) gegliedert und nur parallel in zwei Abschnitten nach Gesetzgebungsvorschriften geordnet (Überblick und Online-Banking) die erste Gesamtveröffentlichung nach Erlass der PSD I: Langenbucher/Bliesener/Spindler (Hrsg.) BankrechtsKommentar, 1. Teil (Abschnittsbearbeiter jeweils Herresthal) (ebenso in der 2. Aufl.). In der ausländischen Literatur demgegenüber Aufsatzliteratur, die sich auf ein Instrument fokussiert vor allem hinsichtlich der Lastschrift, die für die meisten Rechtsordnungen bisher marginal war, und hinsichtlich des Drittmissbrauchs (vor allem von Girocards), dazu etwa in Frankreich– auch nach Umsetzung der ZD-RL jeden Anscheinsbeweis ablehnend – das Grundsatzurteil der Cour de Cassation (Urt. v. 16.10.2012, Recueil Dalloz 2013, 407). Die anderen Aufsätze sind, auch wenn es sich nicht nur um Übersichtsartikel handelt, eher Themen wie der „Autorisierung“, dem „Transparenzregime“ etc. – jeweils für alle Zahlungsinstrumente – gewidmet.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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c) Sachlicher, räumlicher und persönlicher Anwendungsbereich – Überblick und Verweis. Der in der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie gewählte horizontale Ansatz hatte eine umfassende Neuordnung von sachlichem, räumlichen und persönlichem Anwendungsbereich zur Folge, insbesondere die des sachlichen Anwendungsbereichs – Erfassung sämtlicher bargeldloser Zahlungsinstrumente – bildet seither den Kern des horizontalen Ansatzes.22 Damit einher ging eine flächendeckende – nicht wie bei EG-/EU-Richtlinien meist nur punktuelle – Harmonisierung als Mindest- und Höchststandard. Von besonderer Bedeutung war überdies auch die Anwendung des sachrechtlichen Regimes sowohl auf innerstaatliche wie auch auf grenzüberschreitende Transaktionen.23 Der seit Umsetzung der ZD-RL somit breit praktizierte und massenweise gelebte – und damit auch allgemein bekannte – Standard wird durch die Novellierung der ZD-RL nochmals erweitert. In Teilen und mit einigen Einschränkungen sind nunmehr auch Drittstaatensachverhalte – sog. „One-leg-transactions“ und Transaktionen in Drittstaatwährungen – dem Regelungsregime unterworfen. Bei One-leg-transactions handelt es sich um Transaktionen, bei denen nur einer der beteiligten Dienstleister in der Union ansässig ist und zwar unabhängig von der Währung des zugrunde liegenden Zahlungsvorgangs.24 Erfolgt die Transaktion in einer Drittstaatwährung – also weder Euro noch einer Währung eines Mitgliedsstaates – findet das Zahlungsdiensterecht Anwendung, soweit alle beteiligten Dienstleister in der Union ansässig sind.25 Nur bei Kleinbetragsinstrumenten und elektronischem Geld gelten besondere Ausnahmen bzw. Erleichterungen bei der Abbedingung nach § 675i BGB (Art. 63 ZDRL II, ex-Art. 53 ZD-RL I).26 Diese erhebliche Ausweitung war umgekehrt verbunden mit einer Differenzierung bzw. 11 Einschränkung im räumlichen Anwendungsbereich: Das Regime der EG-ZahlungsdiensteRichtlinie bzw. des Zahlungsdienstegesetzes fand nicht auf alle materiell dem deutschen Recht unterfallende Vertrags- und Übertragungsverhältnisse Anwendung, sondern umfassend nur für EU-Überweisungen und -Zahlungsdienste. EU-Überweisungen und -zahlungsdienste sind definiert als diejenigen zwischen zwei Instituten (genauer: Filialen, Fn 180) mit Sitz in der EU. Der deutsche Gesetzgeber hat die zentrale, in § 675e BGB (Art. 61 ZD-RL II) zu findende Regelung nunmehr dahingehend abgeändert, dass ungeachtet der (räumlichen) Anwendbarkeit des europäischen Zahlungsdiensterechts dieses stets Anwendung finden soll, freilich nur in eingeschränktem Maße und zur Disposition der Parteien. Damit wird die vormals praktizierte zweistufige Ermittlung des räumlichen Anwendungsbereichs27 weitgehend obsolet. Sie bleibt nur

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22 Vgl. hierzu die Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 11. 23 Für diejenigen Rechte, die (wie das deutsche) diesen Schritt schon für die EG-Überweisungs-Richtlinie autonom gegangen waren, handelt es sich um keine “revolutionierende“ Neuerung. Positiv zu diesem Schritt für die deutsche Umsetzung der EG-Überweisungs-Richtlinie Grundmann WM 2000, 2269 (2269–2273). Wie wichtig der Schritt war, zeigte sich daran, dass noch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts, knapp 50 Jahre nach Inkrafttreten der Römischen Verträge, nur ca. 3% des Zahlungsverkehrs schon grenzüberschreitend waren: Commission Staff Working Paper, Anhang Vorschlag zur ZD-RL, KOM(2005) 603 endg., SEC(2005) 1535, C6-0411/05, S. 19. Umgekehrt wurde die Komplexität des Regimes immer wieder beklagt, gerade von den verschiedenen Anwendungsbereichen her (EU/Nicht-EU-Zahlungen, B2B/B2C, Kleinbetrags- und sonstige Instrumente), dies auch im Ausland, etwa Piedelièvre Paiement, S. 369 ff. (Zersplitterung sei gar prägend für das ganze Regime); vgl. auch Bonhomme Paiement, S. 282–285. Die umgekehrt vereinheitlichende Wirkung des horizontalen Ansatzes wurde dabei wenig berücksichtigt. Aus italienischer Sicht ausf. Mancini et al./V. Santoro/Gammaldi Pagamento, S. 41–61. 24 BT-Drucks. 18/11495, S. 151. 25 Vgl. Art. 2 Abs. 3 PSD II und § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. a BGB. 26 Dazu Art. 63 ZD-RL II (ex-Art. 53 ZD-RL I), § 675i BGB und Burghardt WM 2006, 2065 (2067 f.); Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragrechts, 2008, S. 113 (124–130); Lohmann/Koch WM 2008, 57 (59 und 61 f.); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Borges 8. Kapitel. 27 Vgl. dazu die Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann 5. Auflage, Band 10/2 Rn 11; aus der Literatur Kulke VuR 2007, 364 (365); Lohmann/Koch WM 2008, 57 (58); spezifisch zum Zweistufenmechanismus Leible Binnenmarkt, elektronischer Geschäftsverkehr und Verbraucherschutz JZ 2010, 272 (275). Näher unten Dritter Teil Rn 76 ff.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

für die Frage nach der Abdingbarkeit beziehungsweise der Zulässigkeit einer Rechtswahl von Belang, da für jede Transaktion, die dem deutschen Recht nach der Rom-I-VO – als der klassischen IPR-Regelung – unterfällt, das Europäische Zahlungsdiensteregime Anwendung findet. Zudem führt die flächendeckende Harmonisierung dazu, dass auch zwischen Kundengrup- 12 pen (persönlicher Anwendungsbereich) differenziert werden muss: grds. so, dass die Regelung im Verhältnis zu Verbraucherkunden zwingend ist, zu beruflichen Kunden nicht – mit den wichtigsten Ausnahmen bei der Definition der Hauptpflichten und Strukturmerkmale sowie – von den Einzelpflichten – vor allem bei den Ausführungsfristen (vgl. Art. 61 Abs. 1, 2 ZD-RL II, ex-Art. 51 Abs. 1, 2 ZD-RL I, § 675e Abs. 4 BGB), weil diese angesichts der Automatisierung der Ausführung nur einheitlich festgelegt werden können.28 4. Der Organisationsrahmen des Zahlungsdiensterechts und Zahlungsgeschäfts a) Kreditwesen und Kreis der Zahlungsdienst- und auslösedienstleister. Die zweite EU- 13 Zahlungsdienste-Richtlinie regelt (wie schon ZD-RL I) nicht nur das Vertragsrecht des (Hauptteils) des Zahlungsverkehrs, das „zivilrechtliche“ Zahlungsdiensteregime.29 Vielmehr regelt die Richtlinie (in beiden Fassungen) auch umfangreich aufsichtsrechtliche Vorgaben, die – insbes. in den Eigenkapitalvorschriften deutlich weniger weitreichend als das Regime der allgemein bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben im Kreditwesengesetz –30 es auch anderen Anbietern als Kreditinstituten ermöglichen sollten, Zahlungsdienste anzubieten. Dadurch sollte der Wettbewerb um Zahlungsdienste befördert werden, zugleich durch eine Aufsicht den Gefahren (vor allem auch der Anfälligkeit gegenüber organisiertem Verbrechen) von unregulierten Zahlungsdiensteanbietern und -systemen vorgebeugt werden:31 Neben den Kreditinstituten und den E-Geld-Instituten sollte es sog. Zahlungsinstituten als der dritten professionellen Kategorie von Zahlungsdienstleistern – und ausschließlich diesen –32 nach Zulassung gestattet sein, Zahlungsdienste anzubieten: derjenigen Kategorie von Zahlungsdienstleistern, die weder Einlagen entgegennehmen noch E-Geld ausgeben. Zu dieser Kategorie zählen seit der Novellierung der Zahlungsdiensterichtlinie nunmehr auch die sog. Zahlungsauslösedienstleister und Kontoinformationsdienstleister, die im Unterschied zu den nach der ersten EG-ZahlungsdiensteRichtlinie erfassten Anbietern, zu keinem Zeitpunkt Gelder des Kunden halten. Für die anderen beiden Kategorien konnte es beim bestehenden bankaufsichtsrechtlichen Regime verbleiben. Für die Zahlungsinstitute schaffen Art. 5–21 ZD-RL II (zu den aufsichtsrechtlichen Anforderungen) und Art. 22–34 ZD-RL II (zu den Zuständigkeiten) – wie vorher ex-Art. 5–19 und 20–27 ZD-RL I – das nötige Parallelregime, im deutschen Recht umgesetzt im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz.33

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28 Näher hierzu, da in diesem Bereich keine Novellierung erfolgt ist, Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (127 f. und 155 f.). 29 Dies galt freilich auch für die erste Zahlungsdiensterichtlinie. Vgl etwa Habersack/Mülbert/Nobbe/Wittig (Hrsg.), Die zivilrechtliche Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie – Finanzmarktkrise und Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie – Bankrechtstag 2009, 2010. 30 Kreditwesengesetz, namentlich mit der Umsetzung der sog. Capital Requirements Directive IV: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28.8.2013, BGBl. 2013 I, S. 3395. 31 5. bis 10. Erwägungsgrund ZD-RL I; vgl. auch 1. bis 7. Erwägungsgrund ZD-RL II. 32 Vgl. Art. 37 ZD-RL II (ex-Art. 29 ZD-RL I). Daneben noch die Zentralbanken der EU und der Mitgliedstaaten und die öffentlichen Gebietskörperschaften. 33 Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) vom 17. Juli 2017, BGBl. 2017 I S. 2446; zur alten Fassung nach der ersten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie (BGBl 2009 I, S. 1506):

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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b) Aufsichts- und Vertragsrecht. Die Aufsicht erstreckt sich freilich nicht nur auf die Einhaltung von Eigenkapitalvorschriften, die Vermeidung systemischer Risiken und die Sicherheit der Verfahren. Sie erfasst vielmehr auch die ordnungsgemäße Abwicklung der Zahlungsdienste dem Zahlungsdienstenutzer gegenüber, also die Einhaltung der (zivilrechtlichen) Regeln in Art. 38 ff. ZD-RL II (ex- Art. 30 ff. ZD-RL I).34 Dennoch wird auch nicht im Ansatz angedacht, dass es sich bei den Art. 38 ff. ZD-RL II nicht (auch) um genuin vertragsrechtliche Regeln handeln könnte. Die Umsetzung im BGB ist beredter Ausdruck hiervon. Das Zusammenspiel zwischen Regulierung und Zivilrecht wird in diesem Fall – zutreffend – als das „gegenseitiger Auffangordnungen“ gesehen – mit zwei Durchsetzungsmechanismen für die einheitlich umrissene(n) Pflicht(en) zwischen den Vertragsparteien –35 und nicht aus dem Umstand, dass nunmehr diese ursprünglich vertragsrechtlichen Regeln auch aufsichtsrechtlich durchgesetzt werden, geschlossen, dass sie allenfalls noch „Ausstrahlwirkung“ im Vertragsrecht hätten. Das ist deswegen bemerkenswert, weil – anders als bei den Zahlungsdienstleistungen – im Recht der Wertpapierdienstleistungen die noch h.M. in Deutschland vom Gegenteil ausgeht.36 Auch die MIFID (I und II) und früher die EG-Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie hatten für Pflichten, die herkömmlich vertragsrechtlich qualifiziert wurden, ein aufsichtsrechtliches Regime etabliert, in dem auch diese Pflichten zwischen den Parteien der Aufsicht unterworfen wurden. Die h.M. in Deutschland qualifiziert die wichtigsten dieser Pflichten – namentlich in §§ 63–71, 80–84 WpHG, früher §§ 31–34 WpHG a.F.) – als solche des Aufsichtsrechts allein, die allenfalls (unbestimmte) Ausstrahlwirkung für die jeweilige vertragsrechtliche (oder allgemeiner privat-, vor allem deliktsrechtliche) Beziehung der Parteien zueinander haben soll. Auch auf EU-Ebene ist die Frage durch den Bankinter-Fall (noch) nicht hinreichend entschieden.37 Während dort freilich die Unklarheiten auch daher rühren, dass der EuGH für die MIFID jedenfalls die konkrete zivilrechtliche Rechtsfolge dem nationalen Recht überantwortet, weil die MIFID nur die Pflicht, nicht die konkrete zivilrechtliche Verstoßfolge regelt, ist dieses im Zahlungsdiensterecht schon im Ausgangspunkt anders: Gerade mit §§ 675y–676a, 676c BGB (Art. 88–93 ZD-RL II, ex-Art. 74– 78 ZD-RL I) sind dicht auch die zivilrechtlichen Verstoßfolgen bereits auf EU-Ebene geregelt.

_____ Casper/Terlau Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz: ZAG – das Aufsichtsrecht des Zahlungsverkehrs und des E-Geldes – Kommentar, 2014. 34 Jedenfalls gewisser Elemente, vgl. Hingst/Lösing BKR 2014, 315 (321 f.); jedenfalls die regelmäßige Befolgung auch der kundenschützenden Regeln ist Aufsichtsziel: Casper/Terlau (vorige Fn) Art. 3 Rn 3, 14, 26, 36. 35 Zum Verhältnis zwischen Aufsichts- und Vertrags- bzw. allgemein Privatrecht vgl. Dieckmann Öffentlichrechtliche Normen im Vertragsrecht, AcP 213 (2013) 1; Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – System der Wechselwirkungen zwischen Marktregulierung und Vertragsrechtsdogmatik, JZ 2013, 379; Grundmann Regulierung und Privatrecht, FS Canaris II 2017, S. 907; Hellgarth Regulierung und Privatrecht – Staatliche Verhaltenssteuerung mittels Privatrecht und ihre Bedeutung für Rechtswissenschaft, Gesetzgebung und Rechtsanwendung, 2016; spezifisch zum Bank- und Zahlungsdiensteaufsichtsrecht dann Badenhoop Europäische Bankenregulierung und private Haftung – Die Durchsetzung von System- und Individualschutz mit Mitteln des Privatrechts, 2020; Binder Vorstandshandeln zwischen öffentlichem und Verbandsinteresse – Pflichten- und Kompetenzkollisionen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Gesellschaftsrecht, ZGR 2013, 760; Grundmann ZHR 179 (2015) 563; Omlor WM 2018, 57. Breiter und grundlegend zum Thema gegenseitiger Auffangordnungen: HoffmannRiehm/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangordnungen, 1996. 36 Vgl. dazu (zivilrechtliche Relevanz grds. verneinend) BGH Urt. v. 19.2.2008 – XI ZR 170/07, NJW 2008, 1734; sowie (für das Trenngebot nach § 84 WpHG (damals § 34a WpHG a.F.), ebenfalls ohne Vorlage an den EuGH und Diskussion des EU-rechtlichen Hintergrunds): BGH Urt. v. 22.6.2010 – VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 = WM 2010, 1393 (mwN); Anm. etwa Buck-Heeb WuB I G 6 § 34a WpHG 1.10; Diskussion und Kritik (vertragsrechtliche Qualifikation bejahend) etwa: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (3. Aufl. 2015) Bankrecht Rn VI 196 f., 269–271, 287 (Vorlagepflicht, auch nächste Fn), 360 f.; seitdem jedoch erscheint die Frage wieder offen mit dem gegenläufigen Urteil des BGH Urt. v. 3.6.2014 – XI ZR 147/12, BGHZ 201, 310 (Tz. 32 ff.) = WM 2014, 1382 = BKR 2014, 370 (zu Kickback-Zahlungen); vgl. näher Achter Teil Rn 248 und 273–276. 37 Vgl. EuGH Urt. v. 30.5.2013 – Rs. C-604/11 Bankinter, Slg. 2013, N.N. = ABl.EU 2013 C 225/16 (Leitsatz) = EuZW 2013, 557 = ZIP 2013, 1417, Anm. Herresthal aaO 1420; Grundmann ERCL 8 (2013) 267; sowie Bernau EWiR 2013, 629; Lieder LMK 2013, 349404; Wilsing/Goslar DStR 2013, 1610.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

c) Eckpunkte des (betriebswirtschaftlichen) Zahlungsgeschäfts. In der betriebswirt- 15 schaftlichen Diskussion des Zahlungsgeschäfts stehen drei Fragen im Vordergrund und sind auch für die juristische Betrachtung von Interesse, gerade im Hinblick auf das Zahlungsdiensteregime: Das ist zunächst die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Funktion als solcher, auch im Rahmen der Bankleistungen insgesamt: Diese wird – auf das Wesentliche reduziert – vor allem in dreierlei gesehen, namentlich (i) in der Überwindung von Raum und auch Zeit im Hinblick auf die neutrale Leistung oder von Kapital (Liquiditätsverschiebung, gleichsam die Transportleistung für die neutrale Leistung oder Kapitaleinsatz), aber auch (ii) in einem Produktionsverbund mit den anderen Bankleistungen, der diese befördert.38 Im Zahlungsgeschäft zeigt sich Letzteres etwa, wenn Kreditzinsen oder auch die Darlehensauszahlung über Lastschrift erfolgt, noch plastischer, wenn – wie etwa bei Euroclear – das Effektengeschäft und das gegenläufige Zahlungsgeschäft unmittelbar auch in der Abwicklung miteinander verknüpft werden. Die betriebswirtschaftliche Funktion wird teils sogar auch für das Zahlungsgeschäft in (iii) der Liquiditätsbeschaffung gesehen.39 Während diese Funktion bei den anderen beiden großen Geschäften – dem Effektengeschäft und dem Kreditgeschäft – evident ist und im Vordergrund steht, besonders deutlich auch in der Finanzkrise 2008, in der sowohl die Absatzliquidität (bei den „toxischen Instrumenten“) auf Grund massenhaften Veräußerungswillens entfiel, als auch die Nachfrageliquidität für Kredit auf Grund der massenweisen Nachfrage durch (potentiell) problematische Schuldner („credit crunch“, Kreditklemme), ist diese Funktion beim Zahlungsgeschäft diskreter ausgebildet und häufig auch als bloße Annexfunktion: Offensichtlich ist das beim Kreditierungselement, das der Kreditkarte (bis zur monatlichen Abrechnung) eignet, aber auch etwa bei der Kreditlinie, die (wenn auch zunächst ans Kontokorrent anknüpfend) vor allem bei der Ausführung von Zahlungsdiensten (Überweisungen, Lastschriften, Girocardzahlungen) zum Tragen kommt. Noch deutlicher wird dies, wenn das Zahlungsinstrument, wie namentlich bei Dokumentenakkreditiv und -inkasso so ausgestaltet ist oder sein kann, dass Zahlung der Leistung noch zu deren Finanzierung eingesetzt werden kann, der Anbieter also nicht eigene Liquidität einsetzen muss, ohne freilich dem Käufer und Nachfrager eine (ungesicherte) Vorleistung abzuverlangen.40 Mit der zweiten Frage wird nach dem komparativen Vorteil verschiedener Zahlungsinstrumente – im Verhältnis zueinander – gefragt und damit die Geschichte der Entwicklung der Zahlungsinstrumente nacherzählt:41 von einer Wirtschaft, in der noch bestimmte Güter Tauschwährung waren, über die vormoderne Geldwirtschaft mit Barzahlung (und den Transportgefahren, aber auch -kosten sowie dem damit verbundenen Problem mangelnder zeitnaher Verfügbarkeit), hin zum Wechsel und Scheck als dem Beginn des modernen Zahlungsverkehrs, die all diese Nachteile minimierten, auch den auf den Betrag genauen Zuschnitt ermöglichten, die jedoch als papiergestützte Instrumente weiter Nachteile der Materialisierung haben: die im Vergleich zum elektronischen Zahlungsverkehr weniger schnelle Verfügbarkeit und höheren Handlingkosten. Diese Frage umfasst jedoch auch die genaue Analyse der Kostenvorteile zwischen verschiedenen elektronischen Zahlungsformen, etwa mit Einbeziehung eines Kreditierungsinstruments (Kreditkarte) oder ohne (Debit card, etwa Girocard), die damit verbundenen unterschiedlichen Gebührenstrukturen, die unterschiedliche Verfügbarkeit

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38 Eilenberger, Bankbetriebswirtschaftslehre: Grundlagen, Internationale Bankleistungen, Bank-Management, 8. Aufl. 2011, S. 354– 356. 39 Näher etwa Cecchetti/Schoenholtz Money, Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017, insbes. S. 277 zu “Payment Systems”: “One function … [of] the payment system is the provision of liquidity.”. 40 Zu dieser Sicherungs- und Liquiditätsbeschaffungsfunktion bei Dokumentenakkreditiv und -inkasso vgl. unten Dritter Teil Rn 558–560. 41 Cecchetti/Schoenholtz Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017, S. 26–33, 276 f.; Mishkin The Economics of Money, Banking and Financial Markets, 12. Aufl. 2019, S. 53 ff., 103 f.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

von Kundenkreisen (und Kundenpräferenzen, etwa Zugang über 24 Stunden), und nicht zuletzt den dadurch hervorgerufenen größeren oder kleineren Druck, die Abwicklungskosten zu minimieren (namentlich bei der Debit card, unschlagbar Lastschrift und Überweisung). Mit dieser zweiten Frage ist die dritte nah verbunden, diejenige nach der benötigten institutionellen Ausstattung (und vor allem der jeweiligen Kostenstruktur), namentlich den Zahlungssystemen, der Unterscheidung zwischen originären Bankdienstleistungen (für den Kunden) und derivativen (für Bankdienstleister), etwa in Deutschland den fünf Gironetzen (Bundesbank, Sparkassen, Genossenschaftsbanken, [Teile der] Privatbanken, Postbank), ihrer gegenseitigen Verbindung und der Verbindung über das Bundesbanknetz in ausländische Netze, vor allem über TARGET2 (soweit nicht Korrespondenzbankbeziehungen direkteren Zugang eröffnen).42 II. Zahlungsdienste und -instrumente 1. Gewicht und System der Zahlungsdienste/-instrumente 16

a) Überweisung – Hauptzahlungsinstrument. Die Überweisung bildet das Hauptzahlungsinstrument, alle anderen Zahlungsinstrumente sind bloße Nebenzahlungsinstrumente. Dafür gibt es funktionale,43 vor allem jedoch praktische Gründe: Die Überweisung dominiert noch immer sehr stark, vor allem im Bereich der Privatbanken, wo konstant seit 2005 über 80% des Volumens des inländischen und internationalen Zahlungsverkehrs durch Überweisung abgewickelt wurden44 – bei einem Transaktionsvolumen von mehr als 31 Billionen EUR 2005 in Deutschland, das bis 2016 auf 49,9 Billionen EUR anstieg.45 Nimmt man alle Sparten in den

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42 Vgl. nur Eilenberger (Fn 38), S. 356 ff. Plastisch etwa die Zahlen der European Central Bank: Press release – Payment statistics 2017, 14.9.2018, https://www.ecb.europa.eu/press/pr/stats/paysec/html/ecb.pis2017.en.html, zuletzt abgerufen am 13.1.2020: Großbetragssysteme (2017, Gesamt-EU) 842 Mio. Transaktionen, Volumen 702 Billionen gegenüber Massenzahlungssysteme (2017, Gesamt-EU) 57 Milliarden Transaktionen (also mehr als das 50-Fache), Volumen hingegen nur 44 Billionen (gerade einmal 1/20). Die unterschiedlichen Kostenstrukturen in beiden Systemen liegen auf der Hand. 43 Zum für Nebenzahlungsinstrumente typischen Merkmal einer frühen Absicherung des Gläubigers vgl. unten Dritter Teil Rn 18. 44 Für die im Folgenden genannten Transaktionszahlen vgl. für den Zeitraum 2012–2016 und für den davorliegenden Zeitraum ab 2007 die entsprechende Bundesbankstatistik https://www.bundesbank.de unter der Rubrik „Statistiken/Zeitreihen-Datenbanken/Banken und andere finanzielle Unternehmen/Zahlungsverkehr“, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Die nicht unerheblichen Differenzen zwischen dem Jahr 2013 und 2017 liegen begründet in einer veränderten Methodik der Anrechnung der zugrunde gelegten Daten. Die genannte Statistik auch für den Vergleich Deutschland und EU. Vgl. außerdem Deutsche Bundesbank, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungsstatistiken in Deutschland, 2014–2018, Tabelle 6a und 7a (Stand Juli 2018), ebenfalls abrufbar unter https://www.bundesbank.de und wiederum zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Für weltweite Zahlen zum Vergleich der verschiedenen Zahlungsinstrumente vgl. (jünger bzw. – im Falle der Weltbank – ausführlicher): Bank for international Settlements, Statistics on payment, clearing and settlement systems in the CPMI countries – Figures for 2016, https://www.bis.org/cpmi/publ/d172.pdf; Capgemini, World Payments Report 2017, abrufbar nach Anmeldung unter https://www.worldpaymentsreport.com/; Payment Systems Development Group (World Bank), Global Payment Systems Survey 2016, http://www.worldbank.org/en/topic/financialinclusion/brief/gpss. Für die älteren genannten Zahlen, die einen Vergleich zur Entwicklung erlauben, vgl. Deutsche Bundesbank, Statistiken über den Zahlungsverkehr in Deutschland 2002–2006, Tabelle 7 (Stand Januar 2008); BankR-HdB/Schimansky § 46 Rn 3 (bei der Zahl der Transaktionen ca. 35%) (wertmäßige Anteile der Überweisungen 2003 (Altauflage) 86,9%, 2009 (Neuauflage) 82%). Zu älteren Zahlen s. Bank for International Settlements Payment Systems in the Group of Ten Countries, 1993, S. 519 unter 1; dies. Statistics on Payment Systems in the Group of ten Countries – Figures for 1996, 12/1997, p. 43; ähnlich Zahn/Eberding/Ehrlich Rn 4/1, 4/2. Zur Aufteilung der verbleibenden knapp 20% unten Dritter Teil Rn 20, 25; alle Links zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 45 Für die Zahlen 2016 Nachw. vorige Fn, für 2005 Statistik zu den Umsätzen im bargeldlosen Zahlungsverkehr des Bundesverbands Deutscher Banken, Zahlen für 2005; Statistik des Bundesverbands Deutscher Banken für 2010: 64 Billionen EUR einschließlich grenzüberschreitender Zahlungen.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Blick, tritt daneben die Lastschrift, auf beide zusammen entfallen 98% der Transaktionsvolumina. Hinsichtlich der Transaktionszahlen stellen beide Verfahren immerhin noch über 80% aller Transaktionen, was freilich eine deutsche Eigenheit ist, während international das Bild unterschiedlich ist, zwar nirgends die Lastschrift vergleichbar stark ist (am ehesten noch in Österreich und Spanien), teils jedoch die Überweisung noch stärker dominiert, teils die Kartenzahlung, die insgesamt auf dem Vormarsch ist.46 Graphisch lässt sich das Wichtigste folgendermaßen zusammenfassen: Überblick über Gebrauch von Zahlungsinstrumenten in der EU/Deutschland in 2016 (Transaktionszahlen und Transaktionsvolumina) Zahl der Transaktionen

Europäische Union

Deutschland

Gesamtvolumen aller Transaktionen (in Milliarden €)

Eurozone (ca. 75% der Europäischen Union)

Deutschland

Insgesamt (in Milliarden)

≈ 122

≈ 21,4

Insgesamt

148.839

54.450

Überweisung

25%

29,6%

Überweisung

134.200 (gut 90%)

49.888 (ca. 91%)

Lastschrift

20%

50,6%

Lastschrift

8.549 (ca. 6%)

3.925 (ca. 7%)

Karten

49%

19%

Karten

1.544 (ca. 1%)

259 (< 1%)

Sonstige davon Schecks

6%

0,26% 0,1%

Sonstiges

4.544 (ca. 3%)

154 (< 0,3%)

Offenbar wird der Handel – innerstaatlich und international – weit überwiegend als sicher 17 empfunden oder aber es werden Sicherheiten gesucht, die sich nicht im Zahlungsverkehrsinstrument angelegt finden (Eigentumsvorbehalt, Versicherung, etwa Hermes-Garantien). Anders als bei den Nebenzahlungsinstrumenten (vgl. dort), erhält der Gläubiger bei der Überweisung keine Absicherung, vor allem durch abstrakte Zahlungsverpflichtung, die ein eingeschaltetes Kreditinstitut ihm gegenüber bei Vertragsschluss, Lieferung oder sonst schon vor Erfüllung der Zahlungsverpflichtung eingeht. Vor Erfüllung (Eingang beim Empfängerinstitut bzw. Gutschrift auf seinem Konto) ist der Gläubiger ungesichert. Dass spätestens die erteilte Gutschrift ihn absichert, beruht auf ihrer Qualifikation als abstraktes Zahlungsversprechen.47 Verkürzen sich die Überweisungslaufzeiten, so reduziert sich die Periode der Unsicherheit jedenfalls ab Überweisungsauftrag. Dahin ging die wichtigste Entwicklung der letzten Jahrzehnte im innerstaatlichen und internationalen Überweisungsverkehr (stärkere Automatisierung, Elektronisierung und S. W. I. F. T.), nochmals erheblich verstärkt durch die Einrichtung des Einheitlichen Europäi-

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46 Für die in der Grafik genannten aggregierten Transaktionsvolumina von 2016 (Eurozone, also ca. 70% der EU und Deutschland im Vergleich) vgl. Europäische Zentralbank, Pressemitteilung vom 15.9.2017, Zahlungsverkehrsstatistik für das Berichtsjahr 2016, abrufbar unter https://www.bundesbank.de unter der Rubrik „Presse/Pressenotizen/Europäische Zentralbank“, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Für die älteren Zahlen vgl. im Einzelnen Statistik ECB, Payment Statistics Nov. 2008, S. 17; erhältlich auch unter http://sdw.ecb.europa.eu/ reports.do?node=1000001441. Noch klarer für Deutschland Aufschlüsselung ECB Blue Book statistical update, March 2006 (von den Transaktionszahlen her Überweisung und Lastschrift etwa gleich hoch, von den Volumina her Überweisung ca. 85%, Lastschrift ca. 10%). 47 Zur Bedeutung dieses Umstandes für die Entwicklung der Überweisung zum Instrument des Massenverkehrs in den 50er und 60er Jahren: Schwintowski/Schäfer (1. Aufl.) § 4 Rn 123; zur Geschichte der Überweisung (sehr breit verstanden, auch Gesetzgebungsanfänge) Stille Europäische Prinzipien, S. 57–89.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

schen Zahlungsraums (SEPA), namentlich mit Art. 69 ZD-RL I und Art. 83 ZD-RL II, § 675s BGB. Die überweisungsrechtlichen Fragen, soweit sie nicht das Valutaverhältnis betreffen, konzentrieren sich auf diesen Zeitraum – zwischen Auftragserteilung und Empfängergutschrift – und reduzieren sich in der praktischen Bedeutung mit Abnahme der Laufzeit. Unbeeinflusst bleibt hiervon jedoch die Zeit zwischen Vertragsschluss und Erteilung des Überweisungsauftrags. Für das Vertrauen auch während dieses Zeitraums und während der zunehmend verkürzten Ausführungszeiten spricht die Wahl des Instruments Überweisung. Das Vertrauen ist jedenfalls so groß, dass die Kostenvorteile des Instruments den Ausschlag geben. Hilfreich war insoweit die technische und institutionelle Sicherheit des Systems. Von den sonstigen Risiken verringerte sich außerdem das der (wirtschafts-)politisch motivierten staatlichen Eingriffe und (mit dem Rating und sonstigen Informationsinstrumenten) auch das Bonitätsrisiko. b) Nebenzahlungsinstrumente48– Überblick. Das Terrain, das neben der Überweisung noch verbleibt, füllen die Nebenzahlungsinstrumente. Die historische Entwicklung und traditionell und in vielen Ländern noch heute die (deutlich) geringere Größe des von den Nebenzahlungsinstrumenten besetzten Terrains (vgl. Dritter Teil Rn 16, 19 und 25) legen es nahe, diesen Begriff zu wählen. Zudem zeichnen sie sich alle gegenüber der Überweisung durch eine Absicherung des Zahlungsempfängers aus: Dies gilt vor allem, wenn das Kredit- oder Karteninstitut des Schuldners Zahlung schon vor Leistung garantiert oder verspricht, namentlich bei allen Formen der (Debit- oder Kredit-)Kartenzahlung (außer beim POZ, das freilich die Kreditinstitute auch gar nicht mehr gestalten)49 und beim Dokumentenakkreditiv. Beim Dokumenteninkasso erhält der Leistende solch ein Zahlungsäquivalent zwar noch nicht vor Aufnahme der Leistungshandlung, wohl aber vor dem letzten Erfüllungsschritt (Übergabe der Ladedokumente u.ä.), so dass nur die Transportkosten ungesichert bleiben (vgl. dort). Wechsel und Scheck verbürgen immerhin leichtere prozessuale Durchsetzbarkeit (Beweislastumkehr und Eröffnung des Wechsel/Scheckprozesses), bei Bankakzept zudem einen Zahlungsanspruch gegen das Institut (vgl. dort). Am schwächsten erscheint die Absicherung bei der SEPA-Lastschrift (auch der durch Karteneinsatz generierten), da der Schuldner noch einen mittlerweile unbedingten Widerspruch unterlassen muss (beim früheren EEV gar noch einwilligen musste). Dennoch bildet sie in Deutschland das mit Abstand wichtigste Nebenzahlungsinstrument (vgl. Dritter Teil Rn 16). 19 Der Kreis der Nebenzahlungsinstrumente unterfällt in klassische, heute in Deutschland und im grenzüberschreitenden Verkehr fast nur noch im Geschäftsverkehr eingesetzte, und solche, die sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten, in einem Wirtschaftssystem, das sich u.a. durch stärkere Integration, zunehmende Leistungsstandardisierung und Mobilität der gesamten Bevölkerung auszeichnet. Der Kreis der Nebenzahlungsinstrumente umfasst: die SEPA-Lastschrift (mit Lastschriftabkommen 1964, dann 2001, 2002, 2007, 2009, 2012 und letztmalig 2014; an ihre Stelle sind durch das Verschwinden der nationalen Lastschriftverfahren die vom European Payments Council herausgegeben und ständig aktualisierten SEPA Core Direct Debit Scheme Rulebook und SEPA Business to Business Direct Debit Scheme Rulebook getreten) mit ihrer besonderen Eignung zur Abwicklung kleinerer, wiederkehrender Zahlungen; darauf

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48 Zum Begriff Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (39 f.). Diese Sicht divergiert von der in Großbritannien wohl noch heute Vorherrschenden: Gerade dort wird das ganze Zahlungsdiensterecht noch gerne im Vergleich zum Scheckrecht dargestellt und „entwickelt“: etwa Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 571 ff.; Hudson Finance, S. 921–944; ähnlich für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 231 ff. (“le chèque”), 277 ff. (“les autres instruments de paiements”). In Großbritannien ist auch das Fallrecht zu Überweisung und Lastschrift offenbar ungleich spärlicher als zum Scheck: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 593 („a relative dearth of case law in point“). Der reguläre Überweisungsverkehr wurde in Großbritannien erst in den 1960ern aufgebaut, ein Lastschriftverfahren erst 1967 aufgenommen: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 557 bzw. 573. 49 Vgl. unten Dritter Teil Rn 54 f., 161 f., 360–364. Inzwischen bei der Kreditkarte nach BGH-Rspr. praktisch gleich behandelt, vgl. unten Dritter Teil Rn 117–119.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

folgend die Kreditkarte (nicht vom Kreditwesen geschaffen) und – nochmals später – die ec-/ maestro, heute Girocard – Karte als eigenständiges Zahlungsinstrument;50 in jüngerer Zeit alternative elektronische Zahlungsformen, namentlich mit mobilem Zahlen, die vor allem außerhalb des Kreditwesens gestaltet werden; 51 außerdem, uralt als Instrument, Wechsel und Scheck, die freilich außerhalb des Geschäftsverkehrs, insbesondere im Konsumbereich, von Privatkunden seit Wegfall des Euroschecks kaum noch eingesetzt werden (vgl. Grafik oben Dritter Teil Rn 16; anders in Frankreich). Lastschrift und Kartenzahlung sind heute die ungleich wichtigeren Nebenzahlungsinstrumente (alternative Zahlungsformen freilich im Vordringen), sie wurden (mitsamt der alternativen Zahlungsformen) – auf Grund von Kostenvorteilen – auch in den Kreis der Zahlungsdienste einbezogen, sind also Teil von SEPA, während das bei Scheck und Wechsel nicht der Fall ist. Kreditkarte und Girocard (bis 2007 ec/maestro-Karte) entfalten – wie vorher der Euroscheck – ihre Wirkungen umfassend erst auf Grund stärkerer europäischer und internationaler Integration und Stabilität der Wirtschaftssysteme; zugleich bilden sie die Antwort auf das durch Massenmobilität hervorgerufene Bedürfnis, in zahlreichen, häufig kleinen Transaktionen mit nicht bekannten Kunden im Moment der Leistungserbringung bzw. -entgegennahme ein Zahlungsäquivalent zu erhalten bzw. zu erbringen. Zu den klassischen, sehr alten Instrumenten zählen – allein im internationalen Geschäftsverkehr von Bedeutung – diejenigen, die einheitliche Richtlinien und Gebräuche regeln, vor allem das Dokumentenakkreditiv und -inkasso – wiederum nicht in SEPA einbezogen. Mit zunehmender Stabilität des internationalen Geschäftsverkehrs wurden auch sie weitestgehend durch die kostengünstigere, ungesicherte Überweisung (clean payment) verdrängt. c) Insbesondere: Lastschrift. Das Transaktionsvolumen der klassischen Lastschrift, vor al- 20 lem jedoch (schon länger) die Zahl der Transaktionen ist beachtlich und die Transaktionszahlen sind denen bei der Überweisung in Deutschland inzwischen vergleichbar, ja übersteigen sie gar.52 Dies freilich ist eine Besonderheit Deutschlands, in dem 45,9% des Lastschriftvolumens der gesamten Eurozone (2016) anfielen. Zugleich steht die Lastschrift paradigmatisch für die Nebenzahlungsinstrumente, ihre Charakteristika prädestinieren sie für Massentransaktionen kleineren Umfangs, vornehmlich in (moderat vertrauensgeprägten) Dauerbeziehungen (dazu sogleich noch). Wichtig sind auch die Lastschriften im Interbankenverkehr, mit denen neuere Formen des Einsatzes der DebitKarte abgewickelt werden, desgleichen Lastschriften durch Kreditkartenunternehmen (s. Dritter Teil Rn 47, 347, 360). Die für Nebenzahlungsinstrumente typische Absicherung des Zahlungsempfängers ist bei 21 der Lastschrift eine nur faktische, psychologisch begründete: Sie geht nur dahin, dass der Zahlungsempfänger den Zahlungsvorgang selbst initiieren kann. Immerhin muss der Schuldner, der nicht leisten will, bei der SEPA-Basis-Lastschrift (wie früher beim Einzugsermächtigungsverfahren) aktiv (spätestens) durch Widerspruch eingreifen (§ 675x Abs. 2 BGB), bei der SEPA-Firmenlastschrift – schon deutlich früher – generalisiert diesen Auftrag verweigern oder vor Durchführung eine Gegenweisung abgeben.53

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50 Näher zu deren verschiedenen Zahlungsfunktionen (Bargeldauszahlung, Zahlung an Kassen bei Leistungsentgegennahme und elektronische Geldbörse), vgl. unten Dritter Teil Rn 154–162. Eine Sonderstellung hat hier das POZ als ungesicherte – inzwischen aber von Kreditinstitutsseite nicht mehr unterstützte, sondern nur noch geduldete – Variante. 51 Näher zu den verschiedenen Formen und Funktionen unten Dritter Teil Rn 62 f. und 119. 52 Vgl. Dritter Teil Rn 16 für frühere Zahlen: Wand WM 1995, 2165 (2165); für die anderen Zahlen speziell bei den Genossenschaftsbanken Schwintowski/Schäfer (1. Aufl.) § 4 Rn 191; zu Geschichte und Bedeutung auch etwa MünchKommHGB/Omlor 6. Band, Abschnitt C. Rn 1–20. 53 Zu all dem näher unten Dritter Teil Rn 464–474 (auch zur Frage, ob Missbräuchlichkeit des Widerspruchs zwar Schadensersatzansprüche begründet, seine Wirksamkeit und damit das rechtliche Können des Schuldners jedoch nicht einschränkt).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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d) Insbesondere: Girocardzahlung („Ec-Karte“) und Kreditkartenzahlung. Mit zwei Instrumenten wird der kartengestützte Zahlungsverkehr abgewickelt, der Kreditkarte und der Debit-Karte, die nach Wegfall der eurocheque-Garantie unter unterschiedlicher Bezeichnung, lange Zeit vor allem ec-/maestro-Karte, seit 2007 unter der Bezeichnung „Girocard“ der deutschen Kreditwirtschaft (so im Folgenden auch hier), ausgegeben wird und häufig über einen Geldaufladechip verfügt. Daneben sind Girocards mit eingeschränktem Funktionskreis und GeldKarten allein mit Geldbörsefunktion zu finden. Jeweils kommt zur Plastikkarte kein weiterer Träger, den der Kunde mit sich führt. Während die Kreditkarte, auch die für das Bankgeschäft allein bedeutsame Universalkredit23 karte, primär auf eine einzige Funktion zugeschnitten ist, ist die Girocard (früher ec-/maestroKarte) gezielt multifunktional ausgestaltet: Die Universalkreditkarte kann zwar auch zur Bargeldauszahlung eingesetzt werden – insoweit freilich weitgehend der entsprechenden Funktion der Girocard (früher ec-/maestro-Karte) nachgebildet (mit PIN) und auch auf Grund der Kosten wenig genutzt (vgl. unten Dritter Teil Rn 59, 61). Ganz im Vordergrund steht die Funktion der Zahlung beim Händler oder – im Folgenden stets mitgedacht – beim Dienstleister.54 Umgekehrt sollte die polyfunktional angelegte Girocard,55 insbesondere auch für die Bar24 geldauszahlung beim eigenen Institut die Abhebung am Schalter ersetzen (Dritter Teil Rn 154–162). Heute steht diese Geldautomatenauszahlung (GA, früher GAA) unter Einsatz der Girocard bei der Barabhebung gänzlich im Vordergrund (Dritter Teil Rn 155). Zu dieser ersten Funktion tritt die der Bargeldauszahlung bei einem fremden Institut (Dritter Teil Rn 156–160, 352–359), im In- und Ausland. Der Bargeldauszahlung beim fremden Institut vergleichbar ausgestaltet ist die Zahlung beim Händler mit Zahlungsgarantie (Point-of-Sale, POS). Sie verschafft dem Händler eine der Barzahlung vergleichbar sichere Position. Nochmals anders ist die Struktur, vergleichbar jedoch die Funktion des Bargeldersatzes, bei der zweiten, 1997 hinzugekommenen Form der Zahlung beim Händler: bei der sog. elektronischen Geldbörse, der GeldKarte, die, vorher elektronisch am Terminal des eigenen Instituts aufgeladen, sukzessive entleert wird (Dritter Teil Rn 203–221). Diese beiden Zahlungsfunktionen der Girocard (und der ebenfalls zu findenden GeldKarten allein mit Geldbörsefunktion) sind es, mit der die Kreditkarte demnach vor allem konkurriert; hier wirft der Einsatz beider Karten ähnliche, zunehmend auch vergleichbar gelöste Rechtsprobleme auf. In einer dritten Zahlungsfunktion wird die Girocard eingesetzt, nunmehr ohne Zahlungsgarantie und ohne Absicherung des Händlers: Er erhält im elektronischen Lastschriftverfahren (ELV) jeweils nur ein SEPA-Lastschriftmandat, welches in seiner heutigen Form nur noch bedingt mit dem 2006 abgeschafften POZ (POS ohne Zahlungsgarantie) vergleichbar ist (hierzu und zu Varianten Dritter Teil Rn 161 f., 360–368). Hierzu werden die Bankinformationen des Kunden von der Girocard elektronisch ausgelesen, um damit ein vom Kunden zu unterzeichnendes Lastschriftmandat zu erstellen. Dabei erfolgt im Gegensatz zum POZ-Verfahren allenfalls ein Abgleich mit einer internen Sperrdatei, nicht jedoch wie früher mit einer Datei des emittierenden Kreditinstituts (weil die Kreditinstitute dieses Verfahren nicht mehr unterstüzen). 25 Kreditkarte und vor allem Girocard zählen zu denjenigen – heute zahlenmäßig überwiegenden und wichtigeren – Nebenzahlungsinstrumenten, die der Begleichung von tendenziell kleineren Beträgen dienen. Es handelt sich um eine für den Kanon der Nebenzahlungsinstrumente zentrale Entwicklung. Als Faktum konstatiert man sie bereits und besonders deutlich bei der Lastschrift, dem ersten nach dem Zweiten Weltkrieg neu entwickelten Nebenzahlungsinstrument.56 Bei der Girocard kommt – wie beim Euroscheck – hinzu, dass sie zudem rechtlich auf

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54 Zum (geringfügigen) Kreditierungselement, das hier hinzukommt und dem die Karte den Namen verdankt, unten Dritter Teil Rn 59. 55 Zum folgenden und den einzelnen Funktionen näher unten Dritter Teil Rn 48–54. 56 Vgl. zu Zahlen oben Dritter Teil Rn 16.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Massentransaktionen von eher kleinem Volumen zugeschnitten wurde: Beschränkt wird der Verfügungsrahmen (d.h. die „Nutzungsbegrenzung“ i.S.v. § 675k Abs. 1 BGB), etwa pro Woche.57 Die Kreditkarte und vor allem die Girocard drängen – gemeinsam mit der noch wichtigeren Lastschrift – die sonstigen Nebenzahlungsinstrumente58 bedeutungsmäßig an den Rand, im innerstaatlichen ebenso wie im grenzüberschreitenden Verkehr. Vor allem der Euroscheck verliert dramatisch; die Instrumente, die durch Einheitliche Richtlinien und Gebräuche geregelt sind, waren bereits durch die Überweisung verdrängt worden. Wo die Überweisung – Zahlung auf Rechnung – nicht in Betracht kommt, besetzen Girocard und Kreditkarte das Feld.59 Dies gilt nochmals verstärkt, wenn man Zahlungen zu Konsumzwecken hinzurechnet: Diese werden durch Barauszahlung vorbereitet, die heute ganz überwiegend am Geldausgabeautomaten erfolgt und nach dem Gesagten die Rechtsprobleme des Girocard-Einsatzes aufwirft.60 Die Beliebtheit der Girocard (bis 2007 „ec-/maestro-Karte“) erklärt sich beim Kunden 26 mit der Bequemlichkeit im Einsatz und mit dem umfassenden Verbreitungsgrad.61 Beim Händler, der den Kunden bei der Wahl des Zahlungsinstruments im konkreten Einzelfall beeinflussen kann und auch etwa die Entwicklung des POZ angestoßen hat (heute elektronisches SEPALastschriftverfahren, ELV), scheint der Entscheidungsparameter des zu tragenden Missbrauchsrisikos62 weniger schwer zu wiegen als derjenige der Kosten. Bei Kreditkarten fielen für den Händler typischerweise Gebühren in Höhe von etwa 3–5% vom Umsatz an, die infolge des Inkraftretens der (Multilateral Interchange Fees) sog. „MIF“-Verordnung63 am 9.6.2016 auf seit-

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57 Zur Bedeutung für die zentral wichtige Haftungsfrage: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (40); und unten Dritter Teil Rn 61, 273. Zum höheren „Verfügungsrahmen“ bei der Kreditkarte und zur Möglichkeit diesen ad hoc (durch Anruf beim kartenemittierenden Unternehmen) aufzuheben, vgl. näher unten Dritter Teil Rn 366, 118. Dies ist funktional wohl der wichtigste Unterschied zwischen beiden Karten. 58 Zu Zahlen bei den Kartenzahlungen oben Dritter Teil Rn 16. Im Trend ist zu konstatieren, dass auch in Deutschland der Anteil der Kartenzahlung leicht zunimmt, um und über 15% der Transaktionszahlen erreicht, aber bei ca. 1% des Zahlungsverkehrsvolumens verharrt, dass insgesamt der Anteil der Kartenzahlung in der EU am stärksten zunimmt und in manchen Staaten sogar dominant ist, vor allem in den skandinavischen (über 60%, Dänemark sogar über 80%), aber auch im Baltikum und Großbritannien/Irland (meist ebenfalls über 60%). Vgl. im Einzelnen Statistik ECB, Payment Statistics Sep. 2017, Notes to comparative tables S. 17; erhältlich auch unter http://sdw.ecb.europa.eu/reports.do?node=1000001393, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. Gänzlich dominant im Transaktionsvolumen bleibt die Überweisung, vgl. Dritter Teil Rn 16. 59 Zu (teils widersprüchlichen) Zahlen, insbes. zum Volumen des Girocard- bzw. ec-/maestro-Karten-Einsatzes (ca. 9%), das schon fast dreimal so groß ist wie das der Kreditkarte (und des Euroschecks) und ungleich größere Wachstumsraten aufweist: Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (69); Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (40 f.); sowie Bank for International Settlements Statistics on Payment Systems in the Group of Ten Countries, 1997, S. 37, 42 f. (für 1996). Laut ZKA-Statistik 1997 knapp 30 Milliarden im POS und 15 Milliarden im POZ. Der Trend verstärkte sich in der letzten Dekade (vgl. vorige Fn). Die anderen Instrumente besetzen nur noch Nischen: Der Euroscheck diejenige, dass dem Zahlungsempfänger (oder auszahlenden Institut) die Apparatur zur Abwicklung von GA, POS oder POZ fehlt: BankR-HdB/Nobbe (3. Aufl.) § 63 Rn 2 (in der 4. Aufl. keine Zahlen, nur Abschaffung des eurocheque erwähnt); seit Abschaffung der Garantie unwichtig. Die Lastschrift bildet bei wiederkehrenden Zahlungen die Alternative zum Überweisungsverkehr, vgl. Dritter Teil Rn 20 f. Der Wechsel und die dokumentengestützten Instrumente des Auslandsverkehrs (insbes. Dokumentenakkreditive und -inkassi) kommen in Sondersituationen des Geschäftsverkehrs zum Einsatz: vgl. Dritter Teil Rn 551 ff. 60 Bank for International Settlements (Fn 59) S. 37 (Volumen der GAA 1996 in Deutschland mit 348 Billionen gut 10 Mal so hoch wie dasjenige von POS und POZ); Häde ZBB 1994, 33 (43). 61 Bank for International Settlements (Fn 59) S. 38 (knapp 67 Millionen Karten in Deutschland schon 1996 bei einer Gesamtbevölkerung von gut 80 Millionen); FAZ vom 24.2.1999, S. 27. Zum fehlenden Bewusstsein für das jeweilige Missbrauchsrisiko: Löwe ZIP 1995, 259 (259) (damals bei der Kreditkarte auf 50 € limitiert). Auch die Höhe der Gebühren, die der Kunde lange Zeit gar nicht unmittelbar trug, hat wohl wenig Bedeutung. 62 Beim POS, allerdings nicht beim „elektronischem Lastschriftverfahren“ durch Karteneinsatz (früher „POZ“), geringer als beim Kreditkarten- und Euroscheckeinsatz: vgl. Übersicht Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (42); und unten Dritter Teil Rn 355, 365–368, auch 425. 63 Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge, ABl.EU L 123/1.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

dem 0,3% des Umsatzes begrenzt wurden,64 (daneben ein Zahlungsaufschub) (vgl. unten Dritter Teil Rn 60). Die Gebühren bei POS-Zahlungen sind traditionell günstiger und betrugen bis zum Inkraftreten der MIF-VO am 9.12.2015 0,3% des Umsatzes, seither maximal 0,2% des Umsatzes.65 Zudem wird die Fälligkeit der Schuld aus dem Valutaverhältnis nicht hinausgeschoben; allerdings kommen Leitungskosten hinzu. Bei der elektonischen Lastschrift entstehen sogar überhaupt keine Kosten, da im Gegensatz zum früheren POZ-Verfahren keine Sperrabfrage beim Händler erforderlich wird. Aus Händlersicht sollte der Kunde mit Girocard, wenn der Verfügungsrahmen nicht erschöpft ist, diese primär einsetzen. Die Kreditkartenzahlung erscheint also nur attraktiv, wenn der Betrag höher liegt oder der (meist außereuropäische) Kunde keine Girocard besitzt. Den Kreditinstituten wurde die Alternative POS und POZ von der Händlerseite aufgezwungen, sie unterstützen Zweitere (heute elektronische SEPA-Lastschrift) nicht mehr durch vorherige Prüfungsroutinen. Das POS ist für sie nicht von den Gebühren, wohl jedoch von den Missbrauchsgefahren her günstiger als der Kreditkarten- und Euroscheckeinsatz,66 von der Bearbeitung her günstiger als Zweiterer.67 Der Kreditkarteneinsatz war demnach bis zum Inkrafttreten der MIF-VO das eigentliche profit center des Bereiches,68 seitdem allenfalls noch sehr bedingt. Grenzen seines Einsatzes ergaben sich jedoch aus dem Widerstand der anderen Beteiligten. Die mit der MIF-VO bezweckte Steigerung der Attraktivität der Kreditkarte durch die Deckelung der Höhe der Disagio-Gebühren führt schon jetzt zu einem verstärkten Kosten-, vor allem Renditedruck aufseiten der Emittenten, bei dem es naheliegt, dass versucht werden wird, ihn über Umwege auf Kunden oder Händler umzugelegen, sodass abzuwarten bleibt, welche bankwirtschaftlichen Folgen die MIF-VO zeitigen wird.69 27

e) Insbesondere: Zahlungs- und Zahlungsauslösedienste jenseits des Kreditwesens (mit mobilem Zahlen). Mit der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie wurden zwei neue Typen

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64 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 4; Kreditkartenacquirer versuchen, die Einnahmequelle stabil zu halten (und konterkarieren damit die bezweckte Steigerung der Attraktivität der Kreditkarte) durch erhöhte Gebühren für sonstige Dienstleistungen, siehe etwa Christian Siedenbiedel, Warum die Gebühren für viele Kreditkarten doch steigen, FAZ v. 20.5.2017, abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/geld-ausgeben/ nachrichten/steigende-gebuehren-fuer-kreditkarten-15024194.html, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 65 Vgl. Nr. 6 der alten POS-Händlerbedingungen (Stand bis 9.6.2016) 0,3% ab Umsätzen i. H. v. 25,56€, bei darunterliegenden Beträgen pauschal 0,08€. Die neuen Entgeltvereinbarungen werden nach Nr. 6 POSHändlerbedingungen (Stand: 9.6.2016) individuell vereinbart. 66 Vgl. Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (43 f.) (auch zum Konzept von den zwei Sicherungsmedien). Dies galt selbst, solange die Kreditinstitute noch 90% der Schäden übernahmen. Vgl. zu den Schäden bei selbstständigem Einsatz der ec-/maestro-Karte: Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218 (1221) (1995 in Deutschland 23.315 Schadensfälle bei ca. 1 Mrd. Transaktionen oder unter 20 Millionen DM; unter 0,01% des Transaktionsvolumens): demgegenüber für Schäden im Kreditkartenbereich, der nur ca. die Hälfte des Transaktionsvolumens hat, schon 1993 in Höhe von ca. 120 Millionen DM: Taupitz Kreditkartenmissbrauch S. 18 f. (zwischen 0,1 und 0,2% des Transaktionsvolumens). In den zehn darauffolgenden Jahren Missbrauchszahlen und Schadensvolumina bei ec/Maestro-Karten-Einsatz verdoppelt (freilich auch Transaktionsvolumina), so dass Relation weitgehend gleich geblieben: vgl. BKAPressemitteilung vom 28.3.2008, www.bka.de; Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (118–124). 67 Bertrams ZIP 1985, 963 (965); Häde ZBB 1994, 33 (41); Strube WM 1998, 1210 (1211); allgemeiner auch Hartmann WM 1993, 982 (983). Gerade der geringere Bearbeitungsaufwand führte dazu, dass die Kartenzahlung als Zahlungsdienst durch Harmonisierung gefördert werden sollte, Scheck-, Wechsel- und Akkreditivzahlung hingegen nicht: Commission Staff Working Paper, Anhang Vorschlag zur ZD-RL, KOM (2005) 603 endg., SEC (2005) 1535, C6-0411/05, S. 5 ff.; Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (118–120); vgl. auch BR-Drucks. 848/08, S. 158. Nach dem 19. Erwägungsgrund freilich als Leitlinie guter Praxis auch dort zu berücksichtigen. 68 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 5; auch (mit Hinweis auf die damit kreierte Kostenlast bei den Händlern) Piedelièvre Paiement, S. 387 f.; ähnlich für Großbritannien Hudson Finance, S. 937; die Rolle des Kreditkartengeschäfts als „profit center“ (selbst für die USA) freilich bereits früher bezweifelnd: Calem/Mester, Consumer Behavior and the Stickiness of Credit-Card Interest Rates, American Economic Review 85 (1995) 1327. 69 Vgl. Oechsler WM 2016, 537 sowie Fn 64.

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von Zahlungsdienstleistern reguliert und zugelassen. Da beide jeweils nicht den Zahlungsvorgang als solchen durchführen, werden sie unter dem Begriff der dritten Zahlungsdienstleister zusammengefasst,70 obwohl sie sehr unterschiedliche Funktion und Bedeutung haben. Dies sind einerseits die sog. Kontoinformationsdienstleister, die für den Kunden Daten seiner (gesammelten) Konten systematisierend aufbereiten und solchermaßen besser nutzbar machen, die freilich nur über erreichte Kontostände und -ströme berichten und solchermaßen noch nicht einmal stückweise in den Zahlungsvorgang (von Autorisierung bis zum Abschluss der Durchführung) eingebunden sind, daher auch nur sehr geringfügiger Regulierung (und keiner Eigenkapitalregulierung) bedurften71 und auf die aus dem Zahlungsdiensteprivatrecht auch nur die Informationspflichten (im Kern) Anwendung finden (unten Dritter Teil Rn 72). Dies sind andererseits – ungleich zentraler und das Gesamtgefüge der Kundenautorisierung revolutionierend – die Zahlungsauslösedienste. Ihre Hauptfunktionen liegen darin, die Autorisierung des Kunden zu erleichtern und/oder sicherer zu machen, meist auch in Echtzeit zu ermöglichen (näher unten Dritter Teil Rn 62 f.) – ohne dass sie freilich für (nur) ein Zahlungsinstrument bedeutsam und damit diesem zuzuordnen wären. Vielmehr wirken Zahlungsauslösedienste namentlich bei der Autorisierung von Überweisungen – Bezahlen im Internet online – mit und bei der Autorisierung, vor allem mit starker Kundenauthentifizierung, von Kartenzahlungen, aber auch – parallel im Mechanismus – bei der Auslösung der Zahlung (Autorisierung) über Endgeräte wie Tablet, Smartphone und ähnliche elektronische Geräte mit Computerfunktionen (näheres zu den Mechanismen unten Dritter Teil Rn 62 f., 173–175 und 246 f.). Dabei konzeptionieren die Zahlungsauslösedienste zwar keinen neuen Typus von Zahlungsinstrumenten – selbst bei der Auslösung über Endgeräte erscheint die Vergleichbarkeit zur Kartenzahlung im Kern gegeben –, und kann man sie – wie im Kern die Regulierung in ZD-RL II und im novellierten deutschen Recht – schlicht als eine neue Form der Autorisierung, genauer: der Autorisierungsauslösung und -übertragung sehen, die über rein technische Durchleitvorgänge hinausgeht (vgl. § 1 Abs. 33 ZAG). Betrachtet man das Phänomen hingegen weniger technisch und rechtskonstruktiv, sondern vom wirtschaftlichen Gewicht her, ergibt sich ein anderes Bild. Der Geschäftsanteil mobiler Zahlungssysteme, zu denen Zahlungsauslösedienste wie Google Pay und Apple Pay zählen, wächst rapide, von noch 7,5 Mio. € in 2016 (in Deutschland, nicht vergleichbar mit den in diesem Bereich deutlich fortgeschrittenen Volkswirtschaften weltweit)72 auf prognostizierte gut 1 Mrd. 2020 (894 Mio. € bereits 2019), mit deutlich über 3 Mrd. prognostiziert für 2023,73 so dass es nicht unrealistisch erscheint, dass das Volumen der Autorisierungen über Zahlungsauslösedienste dasjenige der Autorisierungen direkt den kontoführenden Zahlungsinstituten gegenüber in diesem Segment bald übersteigen könnte. Die damit einhergehende Gebührengenerierung – namentlich dafür, dass Sicherheitsrisiken begrenzt und übernommen und Schnelligkeit gewährleistet werden – reflektiert dies und in der Branchenbeschreibung steht die intensive Konkurrenz der Zahlungsauslösedienste zu klassischen Bankdienstleistungen im Zahlungsverkehr ganz

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70 Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (185); Omlor ZIP 2017, 1836 (1842); vgl. auch Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 3 f.; Werner WM 2018, 449 (449). 71 Vgl. namentlich § 12 Nr. 3 ZAG e contrario (zum Fehlen von Eigenkapitalanforderungen); näher zur (geringen) Regulierungsdichte und beschränkten Anwendung des Zahlungsdienste-Privatrecht unten Dritter Teil Rn 72; dazu ausf. Jestaedt BKR 2018, 445; sowie auch Sander BKR 2019, 66; Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (186). 72 ImVergleich zu UK (9 Mrd. €), den USA (77 Mrd. €) oder China (514 Mrd. €) liegt Deutschland aufgrund der traditionellen Bargeldaffinität weit darunter, vgl.: https://de.statista.com/infografik/13490/prognose-zur-nutzungvon-mobile-payments-am-pos/. 73 Für den Stand 2016 und die Prognose 2020, gestüzt auf Schätzungen Mastercard: Danwerth ZBB 2015, 119 (121); Söbbing WM 2016, 1066 (1066). Und für den Stand 2019 und die Prognose 2023 https://de.statista.com/infografik/17457/mobile-payment-in-deutschland/ – alle Zahlen bezogen auf Deutschland. Zum Volumen des Internethandels insgesamt (in Deutschland) vgl. https://einzelhandel.de/images/presse/ PK_Weihnachten2018/Weihnachten-2018-PK.pdf.

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im Vordergrund.74 In diesem Sinne entstand mit den Zahlungsauslösediensten zwar kein grundsätzlich neues Zahlungsinstrument, sehr wohl jedoch eine neue Zahlungsdienstleistung von Gewicht (und mit Querschnittcharakter), dies für das erste – besonders missbrauchs-, aber auch zeitrelevante – Teilstück des gesamten Zahlungsvorgangs, die Autorisierung.75 Dies wird für Phänomen, Wirkung im Valutaverhältnis, Arrangement im Rahmenvertragsgefüge und für die Einzelautorisierung jeweils im Zusammenhang dieser Rechtsverhältnisse und -fragen aufgegriffen werden (unten Dritter Teil Rn 62 f., 119, 173–175 und 246 f.). 2. Überweisung: Phänomen – Formen – Funktionen a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang. Bei der Überweisung initiiert der Zahlende den Zahlungsvorgang. Im englischen Sprachraum spricht man von PUSH-Transaktion. Dies unterscheidet sie von der Lastschrift und dem Scheckinkasso, bei denen die Initiative dem Institut gegenüber vom Zahlungsempfänger ausgeht.76 Der Überweisungsauftrag, eine einseitige Weisung im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses (Art. 79 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 65 Abs. 2 ZD-RL I und § 675o Abs. 2 BGB), verpflichtet das beauftragte Institut (Erstinstitut), den Überweisungsvorgang einzuleiten, wenn es sich in einem Rahmenvertrag dazu verpflichtet hat, fehlt ein solcher, nur nach Annahme seitens des Kreditinstituts (Art. 50 ZD-RL II, ex-Art. 40 ZDRL und § 675f Abs. 1 und 2 BGB) (unten Dritter Teil Rn 146 ff, 147). Die Valuta erhält das Institut durch Belastung des Auftraggeberkontos,77 ausnahmsweise in bar (vgl. Art. 85 ZD-RL II, exArt. 71 ZD-RL I, § 675t BGB). Ziel der Überweisung ist es, den Betrag dem Empfänger gutzubringen, als Kontogutschrift,78 ausnahmsweise in bar (vgl. Art. 84 ZD-RL II, ex-Art. 70 ZD-RL I und § 675t BGB). Ist das Erstinstitut zugleich auch Institut des Empfängers, so ist es selbst zur Gutschrift 29 auf dessen Konto verpflichtet. In diesen Fällen kann die Buchungsstelle die gleiche sein (sog. Hausüberweisung) oder nicht (sog. Filialüberweisung), was jedoch nur einen Ausgleich zwischen zwei Buchungsstellen desselben Rechtsträgers notwendig macht. Notwendig sind also Willenserklärungen allein zwischen Auftraggeber und Institut (einseitig bindende Weisung

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74 Harman BKR 2018, 457 (457 f., 465); Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (177–179, 180 f. u.a. zum Wettbewerb um Ansprechmöglichkeiten, 188); Söbbing WM 2016, 1066 (1066) (ständiges Beisichtragen von Smartphone als unschlagbarer Wettbewerbsvorteil); ders. BKR 2016, 360 (360) (radikale Eigenständigkeit der Geschäftsmodelle betonend und das Bild eines geradezu disruptiven Verdrängungswettbewerbs zeichnend); auch Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 1 f. 75 Diesen Charakter allein als Autorisierungsalternative ebenfalls betonend Baumann GWR 2014, 493 (494); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 184–188; auch Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 3; sowie (allerdings nur für das proximity mobile payment): Harman BKR 2018, 457 (461). 76 Sog. „rückläufige“ Überweisung, vgl. BGH Urt. v. 28.2.1977 – II ZR 52/75, BGHZ 69, 82, 84 = NJW 1977, 1916; BankR-HdB/Schimansky § 46 Rn 2. Bei den kartengestützten Zahlungen (ec- und Kreditkarten) wird die Weisung unterschiedlich konstruiert (insgesamt bekannt als PULL-Transaktionen). Ähnlich für die konstruktive Nähe der Lastschrift (des sog. „Avis de prélèvement“) zur Überweisung („Derivat der Überweisung“) etwa: Piedelièvre Paiement, S. 395 f.; ausf. aus italienischer Sicht und stark an die dogmatische Konstruktion in Deutschland angelehnt Mancini et al./O. Troiano/Cuocci Pagamento, S. 96–102. 77 Zur Qualifikation dieser Buchung als Anspruch aus §§ 669 f. BGB und zur Einstellung ins Kontokorrent vgl. Zweiter Teil. 78 Zur Qualifikation dieser Buchung als Anspruch aus § 780 BGB und zur Einstellung ins Kontokorrent vgl. Zweiter Teil. Zur Konstruktion (Überweisung) in Frankreich (weder Anweisung noch Forderungskauf, sondern Übertragung von „monnaie scripturale (Buchgeld)“: Piedelièvre Paiement, S. 391 f.; der deutschen Konzeption schon näher Bonhomme Paiement, S. 329–339; demgegenüber in Großbritannien (vergleichbar Deutschland) einzelne Belastungsbuchung und Gutschrift: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 558 („no transfer of property by this process“) und S. 593–600 (kein „negotiable instrument“, kein Forderungskauf [„assignment“]). Ähnlich (beide Varianten der “funds transfer operations”), das eine Push-Zahlung, das andere Pull-Zahlung: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 562. Zur Konstruktion in Italien Mancini et al./O. Troiano/Cuocci Pagamento, S. 84–104.

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gemäß §§ 665, 675o Abs. 2 BGB) sowie zwischen Institut und Empfänger (Zahlungsversprechen nach § 780 BGB). Unabhängig von der rechtlichen Konstruktion der Verpflichtungsgrundlage im erstgenannten Verhältnis, die in einer Zwischenzeit unter Geltung des Überweisungsgesetzes besonders verwirrend war, konnte für die Willenserklärung des Auftraggebers bis zum Inkrafttreten des Überweisungsgesetzes und kann auch wieder unter den ZahlungsdiensteRichtlinien ohne Zweifel der eingebürgerte Begriff des Überweisungsauftrages verwendet werden. Ist das Erstinstitut nicht auch Institut des Empfängers (sog. außerbetriebliche Überwei- 30 sung), so hat es selbst einen Zahlungsauftrag an ein weiteres Institut zu geben (Weisung gemäß § 665 BGB i.V.m. § 675c Abs. 1 BGB im Rahmen einer Korrespondenzbankbeziehung/Rahmenvertrag). Zu unterscheiden ist zwischen dem Geschäftsbesorgungsvertrag und der Verrechnungsbeziehung. Besteht eine Verrechnungsbeziehung zum Empfängerinstitut, wird die Überweisung ohne Einschaltung weiterer Institute abgewickelt. Als Verrechnungsbeziehung ist eine Korrespondenzbankbeziehung zwischen beiden Instituten (mit Kontokorrent eines Instituts beim anderen) ebenso denkbar wie die beiderseitige Zugehörigkeit zu einem Gironetz mit gemeinsamer Clearingstelle (unten Dritter Teil Rn 34 f). Andernfalls muss die Überweisungskette mehrgliedrig aufgebaut werden: als Kette von Instituten mit jeweils gegenseitiger Verrechnungsbeziehung vom Erst- bis hin zum Empfängerinstitut. Nötig sind die für die institutsinterne Überweisung genannten Willenserklärungen und solche in jedem Interbankenverhältnis. b) Standardisierung und Automatisierung der Willenserklärungen. Die Willenserklä- 31 rungen können beleggebunden oder elektronisch (beleglos) erfolgen. Standardisiert sind alle Formen. Die Träger für beleggebundene Überweisungsaufträge werden nach einheitlichen Richtlinien erstellt, zu denen Richtlinien über die einheitliche Codierung bei Transformation in elektronische Datenträger (im Interbankenverhältnis) treten. Überweisungsaufträge, die hiervon abweichen, kann das Institut zwar annehmen,79 muss es jedoch auch dann nicht, wenn der Kunde ein einseitiges Weisungsrecht auf der Grundlage des (Giro-)Rahmenvertrages hat.80 Heute, in der Single European Payments Area (SEPA), wird als Kundenidentifikator der (auf der Grundlage eines Interbankenabkommens, sog. Rule Book) europaweit einheitlich aufgebaute IBAN (International Bank Account Number) verwandt, als Bankkennung der ebenfalls solchermaßen einheitlich aufgebaute BIC (Bank Identifier Code).81 Die Rationalisierungsvorteile des elektronischen, beleglosen Überweisungsverkehrs ha- 32 ben zu zwei weitergehenden Entwicklungen geführt: Einerseits wurde ein Verfahren zum elektronischen Datenträgeraustausch entwickelt, bei dem schon die Kundenerklärung elektronisch, beleglos erfolgt und damit der gesamte Überweisungsvorgang. Streng standardisiert, erteilt der Kunde zahlreiche Überweisungsaufträge gesammelt auf Magnetbändern, Kassetten oder Disketten (mit unterschriebenem Begleitzettel, der die Authentizität belegt).82 Das Verfahren bietet sich vor allem für gewerbliche Kunden an, speziell bei ähnlich wiederkehrenden Zahlungen (Löhnen, Abgaben etc.). Daneben werden auch Einzelüberweisungsaufträge zunehmend flächendeckend elektronisch, etwa über Internet/T-online, übermittelt werden (seit 1.11.2009 – je nach Abrede –

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79 Mit den Richtlinien (Nachw. unten Dritter Teil Rn 85 [Fn 189]) wird keine Form gemäß §§ 125 S. 2, 127 BGB vereinbart: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 31; Escher-Weingart BuB Rn 6/26; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 4 f. 80 BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 5. 81 Näher zur Beschreibung von IBAN und BIC (Rechtsgrundlage SEPA-VO Nr. 260/2012, Nachw. Dritter Teil Rn 3 Fn 9), BankR-HdB/Haug § 51 Rn 25–30; MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 18–21; sowie unten Dritter Teil Rn 327. 82 Näher, auch zu den Regelwerken, unten Dritter Teil Rn 84–89. Insoweit treten ergänzend die Bedingungen für Datenfernübertragung hinzu (Abdruck Escher-Weingart BuB Rn 6/7b und c), die insbes. die Möglichkeit einer elektronischen Unterschrift regeln. Dazu Raßmann CuR 1998, 36. Lit. zum elektronischen Zahlungsverkehr allgemein unten Fn 502.

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wichtig für kürzere Ausführungsfristen, vgl. Art. 83 ZD-RL II, ex-Art. 69 ZD-RL I, § 675s Abs. 1 S. 3 BGB). Andererseits sind schon seit 1.6.1997 im Interbankenverkehr überhaupt nur noch elektronische Datenträger zugelassen: Beleggebundene Überweisungsaufträge hat das Erstinstitut in elektronische Datensätze zu übertragen.83 Heute dominiert der elektronische Auftrag gänzlich und es werden Überweisungsaufträ33 ge, soweit es sich um Sammelaufträge handelt, praktisch nur noch im elektronischen Datenträgeraustausch erteilt,84 soweit es sich um Einzelaufträge handelt, entweder beleggebunden und erst vom Erstinstitut in elektronische Datensätze umgewandelt oder – üblicher – bereits als Kundenweisung elektronisch, etwa über Internet etc. (Homebanking). c) Korrespondenzbankbeziehungen und Zahlungsverkehrssysteme als Abwicklungsinstrumente. Der Leitweg zwischen dem Erstinstitut und dem Empfängerinstitut kann über eine oder mehrere Korrespondenzbankbeziehungen und/oder über ein Zahlungsverkehrssystem mit Verrechnungsstelle aufgebaut werden. Den Korrespondenzbankbeziehungen liegen jeweils – wie dem Giroverhältnis zwischen Institut und Kunden – eine Kontokorrentabrede und ein Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde. Das kontoführende Institut belastet die Beträge oder schreibt sie gut – Aufwendungsersatzansprüche, Entgelte etc. – für das jeweils nachgeschaltete Institut in der Überweisungskette, das dem nächstspäteren entsprechend Gutschrift erteilt, bis hin zum Empfängerinstitut und dieses dann dem Empfänger. Ein Leitweg setzt voraus, dass eine ununterbrochene Kette von Korrespondenzbankbeziehungen aufgebaut wird – wobei anfallende Entgelte und die Transaktionszeit im Interesse des Kunden zu optimieren sind (letztere seit 1.11.2009 zwingend festgelegt, vgl. Art. 83 ZD-RL II, ex-Art. 69 ZD-RL I, § 675s BGB). Ersetzt werden kann jede Korrespondenzbankbeziehung (oder auch mehrere) vor allem85 35 dadurch, dass eingeschaltete Institute demselben Zahlungsverkehrssystem mit gemeinsamer Verrechnungsstelle (Girozentrale, Clearingstelle) angehören. Bei der Verrechnungsstelle hält jedes Mitglied ein Konto, auf dem alle Beträge belastet und gutgeschrieben werden. Im einfachsten Fall gehören das beauftragte Institut und das Empfängerinstitut demselben System an. Solche Systeme existieren in Deutschland zwischen den Sparkassen (Deutsche Girozentrale), den Volks- und Raiffeisenbanken (Deutsche Genossenschaftsbank), bei den Privatbanken und der Postbank zwar institutsintern (für die Filialüberweisung), nicht jedoch flächendeckend.86 Die Verrechnung zwischen diesen Netzen und auch Instituten, die direkt bei ihr Konten unterhalten, erfolgt durch die Deutsche Bundesbank und die Landeszentralbanken.87 Grundlage bei der

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83 Etwa Nr. 2 Abs. 2 SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook (unten Dritter Teil Rn 84, 543); BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 2a (hier allerdings Rückverweis). Für die Überweisungsverfahren in Großbritannien, die ähnlich aufgeteilt sind, vgl. Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 577–587 (mit Zahlungssystemen). 84 Zu den früher üblichen Formen der beleggebundenen Sammel- und Massenüberweisung: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 36; BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 6; allgemein jedoch dringt die elektronische Auftragserteilung vor. Während etwa in England die Sicht noch in führenden Lehrbüchern verbreitet ist, dass „the bank giro system is a paper-based fund transfer system“ (so etwa Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 558, vgl. freilich auch S. 571: SEPA könnte das ändern), wird in Deutschland selbst die Überweisung, die von den Transaktionszahlen her 29,6% der Zahlungsvorgänge ausmacht (2016), in ca. 91% der Fälle beleglos ausgeführt, die Lastschrift, auf die gar 50,6% der Zahlungsvorgänge entfielen, gar durchwegs (vgl. unten Dritter Teil Rn 48). 85 Aufgrund der Entwicklung der Kommunikationsmedien praktisch völlig obsolet ist heute (BankR-HdB/ Schmieder § 46 Rn 11) der sog. Platz- oder Abrechnungsverkehr, in dem an einem Bankenplatz die Transaktionen vieler Institute aggregiert auf den Konten ausgeglichen wurden (Skontration; keine Buchung der Einzelvorgänge, sondern allein von Tagessalden im Verhältnis jedes beteiligten Instituts zu jedem): Dazu Canaris WM 1976, 994; ders. Rn 878–915; Hellner ZHR 145 (1981), 109 (111–115). 86 Escher-Weingart BuB Rn 6/67; BankR-HdB/Schmieder § 46 Rn 7 f.; speziell zur Bundesbank: Kümpel/Mülbert/ Früh/Seyfried/Werner Rn 4.258 f. 87 Baumbach/Hopt (7) Rn C/84; BankR-HdB/Haug § 123 Rn 55; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 118; Zum Clearing ausf. BankR-HdB/Schmieder § 46 Rn 9–18 (dort, Rn 11, auch zum Garagenclearing, bei dem über Landeszentralbankkonten zwei Institute ihre auf Magnetbändern gespeicherten Zahlungsverkehrsvorgänge

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Bundesbank sind die in Teilen II und vor allem III der Bundesbank-AGB beschriebenen Verfahren (vgl. Übersicht in Teil III Abschnitt A Nr. 1 und 2; Einzelregelungen dann in Abschnitten B. [Elektronischer Massenzahlungsverkehr, EMZ], C. [SEPA-Clearer], D [Hausbankverfahren, HBV]). d) Besonderheiten der grenzüberschreitenden Überweisung. Die grenzüberschreitende 36 Überweisung – jenseits von SEPA – wird noch primär auf der Grundlage von Korrespondenzbankbeziehungen abgewickelt. Die Übermittlung und Standardisierung der Daten erfolgt global meist über S. W. I. F. T. (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication). Dabei werden vor allem drei Nachrichtentypen standardisiert: die Währungsbezeichnung, der sog. Bank Identifier Code und – am schwierigsten – der Geschäftstyp.88 Zur Sicherung vor unbefugter Kenntnisnahme oder Verfälschung sind die Daten kodiert und mit sog. authenticator versehen zu übermitteln.89 Von S. W. I. F. T. erfolgen bestimmte Rückmeldungen, bei deren Ausbleiben der Sender zu reagieren hat, auf die er sich aber, soweit sie ergehen, verlassen darf.90 Der Empfänger hat stets genügend Empfangskapazität für S. W. I. F. T.-Nachrichten, die für bestimmte Tageszeiten gebündelt und übertragen werden, bereit zu halten.91 Im S. W. I. F. T.-System ist auch die Haftung der Teilnehmerbanken geregelt: für Schäden durch Totalverlust ebenso wie für Verzögerungsschäden.92 S. W. I. F. T. betrifft allein die Datenübermittlung, nicht die Verrechnung (Clearing). Noch 37 immer ist dieses im grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr wenig entwickelt, schon dort war es primär auf den Europäischen Raum fokussiert.93 Heute ist außerhalb des SEPA-Systems der EU (nächste Rn) immer noch der Ansatz vorherrschend, durch Formulierung von Standards und Transparenzregeln die weitere gegenseitige Öffnung der wichtigsten nationalen Abwicklungssysteme (etwa des Bundesbanknetzes) zu befördern.94 Auf der Grundlage der EG-Zahlungsdienste-Richtlinien – und auf der Grundlage vorangegan- 38 gener Arrangements, in denen für aus dem EG-Ausland eingehende Überweisungen sofort die inländischen Verrechnungssysteme nutzbar gemacht wurden,95 und auf der Grundlage einer beginnenden unmittelbaren Zusammenarbeit von Verrechnungsstellen verschiedener Länder (vor allem Gesellschaft für Zahlungssysteme in Deutschland [GZS] mit entsprechenden Stellen im Aus-

_____ verrechnen); BankR-HdB/Maihold § 52 Rn 2–5. Die institutsübergreifenden Zahlungsverkehrssysteme sind i.d.R. zweistufig aufgebaut (regional – deutschlandweit), mit sog. Landesbanken (bei den Sparkassen), regionalen Genossenschafts-Zentralbanken und Landeszentralbanken (im Netz der Bundesbank). 88 Etzkorn S. W. I. F. T., S. 2, 5 (für alle wichtigen Geschäftstypen des Zahlungs-, jedoch auch des Wertpapierverkehrs); Loh S. W. I. F. T.-System S. 45–50; MünchKommHGB/Hadding/Häuser Rn A29; Gabler Banklexikon, 14. Aufl. 2012, Stichwort SWIFT. 89 Zu den Sicherungsmechanismen: Etzkorn S. W. I. F. T., S. 4 f.; Schürenkrämer S. W. I. F. T., S. 61 f.; Gabler Banklexikon, 14. Aufl. 2012, Stichwort SWIFT. 90 Etzkorn S. W. I. F. T., S. 17 f., 32–34. 91 Etzkorn S. W. I. F. T., S. 27, 35. 92 Ausführlich Etzkorn S. W. I. F. T., S. 26–39; Loh S. W. I. F. T.-System S. 129 f. (mit Haftungsbegrenzungen und auch zum früheren Zustand, in dem der Verzögerungsschaden vom Sender zu tragen war); allgemeiner zu SWIFT auch Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 63–67; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 590–593. 93 Vgl. näher Vollrath Endgültigkeit S. 156, 161–165 (ECU/Euro-Clearing für Großbeträge bei der BIZ, sonst Projekte). 94 Vgl., noch immer aktuell, die Auflistung der Möglichkeiten in: Committee on Payment and Settlement Systems/The World Bank, General principles for international remittance services, 1/2007, vor allem S. 34–36, 50 (Annex 4): eine direkte Verbindung zwischen nationalen, ggf. auch regionalen Automated Clearing Houses (ACHs). Konkrete Initiativen zu globalen Clearingstrukturen werden nicht ins Auge gefasst; breite Übersicht und Beschreibung (international, EU/Eurozone und England) bei Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 81–124. 95 Bekanntmachung 95/C 251/03 Nr. 3; BankR-HdB/Haug § 51 Rn 3 f.; auch Rehm in Hadding/Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 563 (579–583).

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land [sog. Automatic Clearing Houses, AC])96 – wurde speziell für die Europäische Union die Single European Payments Area (SEPA) eingerichtet. (Nur) Bei Sitz sowohl des Zahler- als auch des Empfängerinstituts in der Europäischen Union/EWR – konkret: der jeweils betroffenen Zweigniederlassung97 – und Zahlung in der Währung eines EU/EWR-Mitgliedstaates ist sichergestellt, dass das Regelwerk vollumfänglich eingreift (vgl. Art. 2 Abs. 1 ZD-RL I und Art. 2 Abs. 1 und 2 ZD-RL II, §§ 675d Abs. 6, 675e Abs. 2 BGB). (Nur) In diesem Falle findet das Regelwerk zur zweiten EGZahlungsdienste-Richtlinie uneingeschränkt Anwendung, wobei für die Ausführungszeiten noch danach zu unterscheiden ist, ob eine Umrechnung zwischen Euro und einer anderen Währung eines Mitgliedstaates nötig ist (vgl. Art. 82 Abs. 1 lit. c, Abs. 2, Art. 83 ZD-RL, ex-Art. 68 Abs. 1 lit. c, Abs. 2, Art. 69 ZD-RL I, § 675s Abs. 1 BGB). (Primär) Für diesen Fall wurden im SEPA-Interbankennetzwerk vergleichbare Clearingstrukturen entwickelt wie in den nationalen Systemen;98 Hier betreibt die European Banking Association (EBA), namentlich mit EBA Clearing, drei Clearingsysteme, erst EURO1 noch zu Zeiten des Ecu und heute vor allem STEP1 und STEP2 für Zahlungsvorgänge mit hoher Priorität und für Massengeschäfte in Euro auch mit kleineren Beträgen. 39

e) Funktionen. Die Überweisung dient selbst allein der Übertragung von Buchgeld (mit der Möglichkeit einer Einzelbarein- oder -auszahlung zu diesem Zweck, § 675t BGB). Das Instrument ist demnach – trotz der Vielfalt der Formen – nicht polyfunktional wie etwa die Girocard. Auch eine Kreditierungsfunktion ist dem Instrument nicht immanent. Kredite zugunsten des Kunden beruhen auf einer Kreditabrede, die gesondert neben dem Girovertrag zu schließen ist, bzw. auf geduldeter Kontoüberziehung, auch dieses eine im Girovertrag nicht angelegte Kreditgewährung. Umgekehrt erhalten während Durchlaufens des Überweisungsweges die beteiligten Institute von der Wertstellung zu Lasten des Auftraggebers bis zur Wertstellung zugunsten des Empfängers den Betrag kreditiert. Diese Phase wird jedoch zunehmend eingeengt (wenn nicht gar eliminiert),99 indem diese Wertstellungsgewinne schon früher AGB-rechtlich überprüft wurden, dann mit § 676a Abs. 2 S. 2 BGB in der Fassung des Überweisungsgesetzes erstmals gesetzlich begrenzt wurden und heute mit §§ 675s Abs. 1, 675t Abs. 1 BGB die Ausführungsfristen und daran gekoppelt auch die Zeiträume zwischen Wertstellungsterminen auf regelmäßig einen, höchstens fünf Tage beschränkt werden. 3. Lastschrift: Phänomen – Formen – Funktionen

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a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang. Auf der Grundlage einer Lastschriftabrede im Valutaverhältnis erteilt der Gläubiger seinem Institut – der Inkassobank – den Auftrag,100 das Institut des Schuldners – die Zahlstelle – zu veranlassen, das Konto des Schuldners zu belasten

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96 Bekanntmachung 95/C 251/03 Nr. 3; hierzu: Vollrath Endgültigkeit S. 18–22; BankR-HdB/Haug § 51 Rn 4. Die grenzüberschreitende Überweisung erleichternde Informationen wurden bereits von Art. 5 der Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen, ABl. 2001 L 344/13, vorgeschrieben. 97 Da hierfür die technischen Einrichtungen vorgehalten werden, kommt es auf den Sitz der Filiale an, an der eingezahlt oder das Konto gehalten wird etc., nicht auf den Sitz des Mutterhauses, so dass eine Filiale der Bank of America in Frankfurt in der EU Sitz hat, die Filiale der Deutschen Bank in New York hingegen nicht; vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 161. 98 Primär über den Verbund der Zentralbanken im ESZB: Manger-Nestler EuZW 2008, 332 (336); vgl. auch Burghardt WM 2006, 2065 (2070). 99 Zum Grundsatz der unverzüglichen Ausführung BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 37; zu weiteren Verkürzungen seit dem 1.11.2009 unten Dritter Teil Rn 390–392. 100 Daher die Umschreibung der Lastschrift (und des Scheckinkasso) als „rückläufige Überweisung“: BGH (Fn 76), BGHZ 69, 82 (84) = NJW 1977, 1916; BGH Urt. v. 20.6.1977 – II ZR 169/75, BGHZ 69, 186 (187) = NJW 1977, 2210; zuerst Schoele ZV 1920, 153 (153 f.); dann Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (5 und 11); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1442); Meder JZ 2005, 1089 („umgekehrte Überweisung“). Im englischen Sprachgebrauch PULL transaction.

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und die Valuta ihm, dem Inkassoinstitut, durch dieses vermittelt dann dem Gläubiger, gutzuschreiben. Schon vor dieser Gutschrift im Interbankenverhältnis erteilt die Inkassobank ihrem Kunden, dem Gläubiger, Gutschrift, jedoch „unter dem Vorbehalt ihrer Einlösung“ (Nr. 9 Abs. 1 AGB-Banken und -Sparkassen). Die Mitwirkungsakte des Schuldners – zusätzlich zu seiner Zustimmung zur Lastschrift- 41 abrede – wurden in den zwei angebotenen Varianten des SEPA-Lastschriftverfahrens einander angeglichen, bleiben in einem zentralen Punkt jedoch auch verschieden: Sowohl in der SEPABasislastschrift als auch in der SEPA-Firmenlastschrift erteilt der Schuldner (entsprechend seiner Zusage in der Lastschriftabrede) der Zahlstelle generalisiert Weisung, bei Eingang von Einzugsaufträgen des Gläubigers (gleich bleibender oder unterschiedlicher Höhe) entsprechende Last- und Gutschriften vorzunehmen, evtl. auch nur bis zu einem bestimmten Limit (vgl. § 675x Abs. 1 BGB). „Widerruf“ durch Gegenweisung ist allenfalls bis zum Tag vor dem Fälligkeitstag möglich, also nur kurzfristig (§ 675p Abs. 2 BGB). Dies war vor Durchsetzung des SEPA-Regimes allein im (vor allem kaufmännischen) Abbuchungsauftragsverfahren (AAV) vergleichbar vorgesehen, während im Einzugsermächtigungsverfahren (EEV), vor allem bei Verbraucherzahlungen, zwar ebenfalls zunächst generalisiert eine Lastschriftabrede vorausgesetzt war, jedoch keine Abbuchungsanweisung an das eigene Institut (sondern nur Genehmigung in jedem Einzelfall im nachhinein, regelmäßig stillschweigend). Obwohl das SEPA-Basislastschriftverfahren hinsichtlich des Vorabauftrages an das eigene Institut andere Wege geht als herkömmlich das EEV (im Einklang mit der Struktur im SEPA-Firmenlastschriftverfahren und früher dem AAV), ist das SEPA-Basislastschriftverfahren jedoch im Kernpunkt dem EEV besser vergleichbar: Der Schuldner behält eine Möglichkeit eines Widerspruchs, die heute auf acht Wochen ab Belastungsbuchung beschränkt ist (im EEV-Verfahren hingegen zeitlich jedenfalls nicht ausdrücklich beschränkt war). Das SEPA-Firmenlastschriftverfahren verschafft demnach dem Gläubiger eine gesicherte 42 Stellung schon bei Abschluss der Buchungen. Diese Rechtsstellung erhält der Gläubiger im SEPA-Basislastschriftverfahren wegen der achtwöchigen Widerspruchsmöglichkeit nach § 675x Abs. 2 und 4 BGB zwar erst mit deren Ablauf, im Gesamtvergleich verschiedener Zahlungsinstrumente genießt er jedoch auch hier die größten Vorteile:101 Er kann den Zahlungsvorgang initiieren, wodurch die Schuldnersäumigkeit zurückgedrängt wird, und er benötigt eine Debitorenbuchhaltung nur noch für diejenigen (wenigen)102 Fälle, in denen der Schuldner Widerspruch erhebt. Die Kreditinstitute haben zwar das Risiko fehlender, etwa gefälschter oder unwirksamer Schuldnererklärung zu tragen, in beiden SEPA-Verfahren jeweils die Zahlstelle.103 Für sie liegt jedoch der Hauptvorteil im hohen Automatisierungsgrad.104 Für den Schuldner ist die generalisierte Zustimmung zum Einzug in der Lastschriftabrede stets tragbar, wenn er, wie im SEPA-Basislastschriftverfahren, im Missbrauchsfall (und darüber hinaus) durch Widerspruch reagieren kann. Das SEPA-Firmenlastschriftverfahren, in dem diese Möglichkeit fehlt, setzt einen größeren Vertrauensvorschuss zugunsten des Gläubigers voraus. Durch betragsmäßige Limitierung ist die Missbrauchsgefahr jedoch begrenzbar, und vor allem im beruflichen Verkehr

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101 Vgl. zum Folgenden (überwiegend noch zum EEV): BGH (Fn 70), BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGH Urt. v. 10.1.1996 – XII ZR 271/94, NJW 1996, 988 (989); Bork JA 1986, 121 (122); Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (5); Ott JA 1991, 170 (172); Jacob Lastschriftverfahren S. 43; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 31–33, 125 f.; BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 61–67. 102 Engel Lastschriftverfahren S. 9; Mütze Fehlerrisiko S. 3 (ca. 1%). 103 Dieses hat die Erteilung des Abbuchungsauftrags (durch den Schuldner) zu prüfen (vgl. Dritter Teil Rn 345, auch zur Nichtprüfung aus Rationalisierungsgründen). Das Widerspruchsrisiko trägt hingegen überwiegend der Gläubiger, unten Dritter Teil Rn 308. 104 Vgl. (jeweils auch zum vergrößerten „Bodensatz“): Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (5); Jacob Lastschriftverfahren S. 44–47; Mütze Fehlerrisiko S. 3; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 34–37; BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 73–80. Dazu unten Dritter Teil Rn 43.

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mögen beide Parteien dem Gläubiger bei größeren Summen die wochenlange Unsicherheit nicht zumuten wollen – zwei Verfahren für zwei verschiedene Risikozuschnitte.105 Auch für den Schuldner haben beide Varianten des Lastschriftverfahrens Vorteile insofern, als für ihn die Last der Durchführung der Zahlung und der Beachtung von Fälligkeits- und auch Skontoterminen entfällt.106 43

b) Elektronisierung der Willenserklärungen. Zugelassen werden (sollen) als Gläubiger im Lastschriftverfahren nur seriöse Kunden von einwandfreier Bonität, die massenweise gleichartige Forderungen geltend machen,107 praktisch nur beruflich tätige. Diese müssen ihre Aufträge in elektronischer Form, also beleglos, an die erste Inkassostelle weiterleiten.108 Auch wenn Aufträge einmal beleggebunden erteilt werden, hat sie der Zahlungsempfänger in einen elektronischen Lastschriftdatensatz umzuwandeln (Nr. 2.3 I und II SEPA-Basis- bzw. Firmenlastschriftbedingungen).

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c) Korrespondenzbankbeziehungen und Zahlungsverkehrssysteme als Abwicklungsinstrumente. Wie die Überweisung kann auch die Lastschrift unmittelbar zwischen Inkassobank und Zahlstelle angewiesen und abgewickelt werden (Auftrag und Buchung), wenn zwischen beiden eine Korrespondenzbankbeziehung besteht. Andernfalls muss wiederum eine Kette von Korrespondenzbankbeziehungen gesucht werden, wobei wiederum jede direkte Korrespondenzbankbeziehung durch die beiderseitige Zugehörigkeit zu einem Zahlungsverkehrssystem ersetzt werden kann: Insbesondere können Inkassobanken und Zahlstellen, die direkt Konten bei der Bundesbank halten, das Verfahren des vereinfachten Lastschrifteinzugs der Bundesbank (nach Abschn. III Abschnitt C Nr. 3 ff. der Bundesbank-AGB) wählen.109

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d) Grenzüberschreitende Variante. Bis zur der Einführung des SEPA-Verfahrens existierte zur Lastschrift in der standardisierten Form, der das Lastschriftabkommen zugrunde lag, keine grenzüberschreitende Variante.110 Nur mittels Individualabrede und bei entsprechendem Volumen schufen vereinzelt schon vorher ein ausländischer Anbieter und ein inländisches Kreditinstitut für dessen Kunden ein vergleichbares System. Seit 1.11.2009 wurde der grenzüberschreitende SEPA-Lastschriftverkehr eingerichtet, der hier (mit wenigen Modifikationen) denselben Regeln folgt wie der inländische.111 Jenseits des SEPA-Raumes bleibt es freilich beim grundsätzlichen Fehlen einer internationalen Variante des Lastschriftverfahrens.

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105 Hingegen krit. zum Nebeneinander beider Verfahren Schwintowski (4. Aufl.) § 23 Rn 60 f. (bearb. Badtke), § 8 Rn 290–293. 106 OLG Koblenz Urt. v. 12.11.1993 – 2 U 366/92, NJW-RR 1994, 689 (691); OLG Köln Urt. v. 20.6.1985 – 5 U 242/84, NJW-RR 1986, 390; Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (5); Jacob Lastschriftverfahren S. 37–42; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 33 f.; BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 68. 107 Gegenteiliges Verhalten (im sog. umgekehrten Lastschriftverfahren, bei dem der Schuldner statt mit Scheck an viele Gläubiger per Lastschrift zahlt, und nicht der Gläubiger bei vielen Schuldnern gleichartige Beträge einzieht) ist sogar missbräuchlich (§ 826 BGB): Geschädigt sind freilich vor allem Gläubiger und Inkassobank, die nicht die scheckmäßigen Absicherungen erhalten. Vgl. BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 39. Zu den Seriositäts- und Bonitätsvoraussetzungen unten Dritter Teil Rn 152. 108 Schon vorher wurden die Aufträge weit überweigend elektronisch gespeichert vgl. Schwintowski/Schäfer (1. Aufl.) § 4 Rn 191 (95%). S. auch Mitterhuber/Mühl WM 2007, 963. Zu den verschiedenen Datenträgern vgl. auch unten Dritter Teil Rn 84. Für das DTA-Verfahren gilt insoweit: Abschn. I Nr. 2 Abs. 2 und Nr. 4 LSA. 109 Kreifels Widerspruchsrecht S. 57 f.; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 147 (bloße Bereitstellung des Einzugssystems). Die hiervon zu unterscheidende Skontration im Platzverkehr bei den Landeszentralbanken ist heute weitgehend obsolet. 110 Vgl. ausführlich Wand WM 1995, 2165; die Zukunft in der Europäischen Union schon voraussehend dann: Hadding Vorwort zu: Jacob Lastschriftverfahren S. 5; und monographisch (auch schon zum SEPA-Regime): Lohmann Grenzüberschreitende Lastschrift. 111 Vgl. dazu Art. 38 ff.; 61 ff., insbes. Art. 64, 76 f. ZD-RL II.

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e) Funktionen. Die Lastschrift hat in beiden Varianten Zahlungsfunktion, im praktisch 46 wichtigeren SEPA-Basislastschriftverfahren vor allem für kleinere, wiederkehrende Zahlungen.112 Da die Forderung bei Lastschriftabrede i.d.R. noch nicht bestimmt ist und bei beiden SEPA-Lastschriftverfahren auch noch nicht notwendig bei der endgültigen Zustimmungshandlung des Schuldners (Abbuchungsauftrag) und da im SEPA-Firmenlastschriftverfahren zudem die spätere Widerspruchsmöglichkeit ohne Begründungsnotwendigkeit fehlt, setzt vor allem dieses besonderes Vertrauen voraus.113 Kein anderes Zahlungsinstrument ist hierin vergleichbar. Demgegenüber hat keines der beiden SEPA-Lastschriftverfahren Kreditfunktion: Wird eine Darlehensvaluta per Lastschrift ausgezahlt, so beruht der Kredit auf anderen Abreden; auch darf das Widerspruchsrecht im SEPA-Basislastschriftverfahren (wie früher im EEV) m.E. nicht dazu verwandt werden, um das Kreditrisiko, etwa bei Tilgungszahlungen durch Lastschrift, zu verschieben.114 Darin läge – da in keinem der beiden Instrumente/Verfahren eine Kreditfunktion angelegt ist – ein Institutionenmissbrauch. Hinzu treten Lastschriften im Interbankenverkehr, mit denen neuere Formen des Ein- 47 satzes der Girocard abgewickelt werden, die jedoch in den ersten drei Fällen gänzlich anders ausgestaltet sind und in allen vier Fällen signifikant andere Rechtsprobleme aufwerfen: Bei der Geldautomatenauszahlung beim fremden Institut, dem Point-of-Sale-Verfahren und dem Einsatz der GeldKarte wird die Transaktion im Interbankenverhältnis im Normalbetrieb mittels Lastschrift abgewickelt, stehen jedoch Zahlungsversprechen bzw. -garantie im Vordergrund. Beim elektronischen Lastschriftverfahren stehen, wenn Widerspruch eingelegt wurde, Fragen des Bankgeheimnisses im Vordergrund. Auch die Salden aus der periodischen Abrechnung der Kreditkartenunternehmen werden im Lastschriftwege abgewickelt, wobei jedoch wiederum die Probleme des Kreditkartenrechts vorgelagert sind. 4. Girocard („Ec-Karte“): Phänomen – Formen – Funktionen a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang. Heute hat die Girocard – und vorher schon die 48 ec-/maestro-Karte – im kartengestützten Zahlungsverkehr der Kreditkarte den Rang abgelaufen, zumindest in Europa. Anders als diese wurde die ec-/maestro-Karte, heute Girocard vom Kreditwesen entwickelt, so dass dessen Netz, Kundenkontakte und breite Produktpalette genutzt werden konnten. Der polyfunktionale Einsatz ist viel stärker intendiert als bei der Kreditkarte (vor allem Zahlungsfunktion). Für jede der Funktionen entwickelten sich unterschiedliche Phänotypen.115 Zu unterscheiden sind drei Funktionen, wobei innerhalb der ersten Funktion unterschiedliche Transaktionen vorgenommen werden und umgekehrt Barabhebungsfunktion (beim fremden Institut) und Zahlungsfunktion (im POS) rechtlich auch gleich gelagert sein können. Alle Funktionen sind flächendeckend für alle Kreditinstitute und Kunden gedacht. Daher wurden sie in die vom jeweiligen Spitzenverband empfohlenen Girocard-Kundenbedingungen aufgenommen (früher ec-Bedingungen und noch früher kombiniert mit der ec-Scheck-Garantie-

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112 Reyher/Terpitz Lastschriftverkehr S. 31 f.; Baumbach/Hopt (7) Rn D/10; auch Denck ZHR 144 (1980), 171 (173); Abschn. II Nr. 1 Sparkassen-Bedingungen für die SEPA-Lastschrift schreiben diese Variante für Verbraucher zwingend vor (und eröffnet auch für berufliche Kunden das SEPA-Firmenlastschriftverfahren seinem Zuschnitt nach eher für Großsummen) – verständlich, ist bei der Basislastschrift der Schuldnerschutz besser gewährleistet (achtwöchiges Widerspruchsrecht) und daher allein hier die Vereinbarung auch Privatkunden gegenüber unproblematisch. Vgl. unten Dritter Teil Rn 106. 113 Im Basislastschriftverfahren beugt die Widerspruchsmöglichkeit rechtlich dem missbräuchlichen Lastschrifteinzug effektiv genug vor: BGH Urt. v. 28.5.1979 – II ZR 85/78, BGHZ 74, 300 = NJW 1979, 1652; BGH Urt. v. 27.11.1984 – II ZR 294/83, NJW 1985, 847; Denck ZHR 144 (1980), 171 (175). 114 Str., vgl. unten Dritter Teil Rn 473. 115 Zur Beschreibung des Phänomens – für jede Funktion – je nochmals unten Dritter Teil Rn 154, 156–159, 161 f., 203 f.

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Funktion, die jedoch entfallen ist). Andere Funktionen können hinzukommen, jedoch nunmehr auf der Grundlage besonderer (im Folgenden nicht erörterter) Klauselwerke der einzelnen Institute. b) Barabhebungs- oder Auszahlungsfunktion. Zunächst wird die Girocard als selbstständiges Instrument eingesetzt, um Barzahlungen durch Bargeldbeschaffung am Geldautomaten vorzubereiten – in zwei Formen: Jeweils durch Karteneinsatz und Verwendung einer PIN (Personal Identification Number) kann sich der Berechtigte am Automaten des eigenen und fremden Kreditinstituts Bargeld auszahlen lassen. Hier ist die Girocard Zahlungsinstrument nur im weitesten Sinne (allerdings bereits erfasst vom Zahlungsdiensterecht, Anh. I Nr. 2 ZD-RL II, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz). Die Auszahlung am Geldautomaten (GA, früher GAA) des eigenen Instituts erscheint als 50 die Grundkonstellation und dies nicht nur für die Auszahlungsfunktion. Hier geht es um ein Zweipersonenverhältnis, regelmäßig um die Geltendmachung und (Teil-)Erfüllung einer bestehenden Forderung (Guthaben) gegen das eigene Institut. Fast alle Girocard-spezifischen Probleme, insbesondere die Zentralfrage nach der Tragung des Missbrauchsrisikos, zeigen sich bereits hier, im Bank-Kunden-Verhältnis. Heute ist die Geldautomatenauszahlung die zentrale Form der Bargeldauszahlung,116 während die Bargeldeinzahlung noch weiter umfangreich am Schalter erfolgt, teilweise aber auch dafür Automaten zur Verfügung stehen. Wird diese Geldautomatenauszahlung erweitert zur Auszahlung am Geldautomaten eines 51 fremden Instituts (GA, früher GAA beim fremden Institut), also zu einem Dreiecksverhältnis, so ist damit strukturell auch bereits eine zweite Funktion, die Zahlung an der Händlerkasse, in diesem Falle mit Zahlungsgarantie (Point-of-Sale, POS), erfasst. Charakteristisch ist, dass das eigene Institut die Transaktionen autorisiert und dem fremden Institut bzw. Händler gegenüber garantiert bzw. eigene Zahlung verspricht. Fragen die Autorisierung und ihre Wirkung (Zahlungsversprechen) betreffend kommen also gegenüber der Grundkonstellation hinzu.

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c) Zahlungs- oder Erfüllungsfunktion – Girocard als Bargeldersatz. Die zweite Funktion des Girocard-Einsatzes betrifft die Zahlung bei Händlern, am sog. Point-of-Sale, eine Transaktion, durch die der Kunde bereits erfüllt. Erfüllungssubstitut ist das Zahlungsversprechen, welches das kontoführende Kreditinstitut abgibt – wie bei der GA beim fremden Institut. All diese Funktionen – sowie das früher geregelte POZ (unten Dritter Teil Rn 161 f) – waren 53 schon in den ec-/maestro-Bedingungen 1995 vorgesehen – auch für den Auslandsverkehr, wobei diese Möglichkeit nicht alle Institute in Deutschland auch tatsächlich eröffneten. In den Bedingungen 1/1997 kam eine zweite Ausgestaltung zu der Zahlungs- und Erfüllungsfunktion hinzu, die ec-/maestro-Karte, heute Girocard, als sog. elektronische Geldbörse, die mit ihrem integrierten Chip am Terminal des eigenen Instituts (ggf. auch anderer Institute analog zur GA) aufgeladen und am Händlerterminal entladen wird. Wiederum geht das Institut dem Händler gegenüber eine abstrakte Verpflichtung ein, nunmehr eine Garantie, wobei es freilich im Innenverhältnis bereits Vorschuss (§ 669 BGB) erhalten hat und sich nicht ad hoc (durch Abbuchung vom Girokonto) Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) verschaffen muss. 54

d) Zahlungs- oder Erfüllungsvorbereitungsfunktion: Girocard als Lastschriftinstrument. Zuletzt kann die Girocard (wiederum isoliert) zur Ausstellung eines Auftrags zum Einzug im Wege der Lastschrift eingesetzt werden, ebenfalls beim Händler, hier nun ohne Zahlungsgarantie des eigenen Instituts: im sog. elektronischen Lastschriftverfahen (ELV). Dieses wirft, weil

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116 Zum hierfür verantwortlichen Preisgefälle zwischen Barauszahlung am Schalter (0,75–1 €) und dem bei der GA (0,03–0,04 €) die Schätzung von 1991: Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 48 f.; bestätigt durch die Zahlen Commission Staft Working Document, Annex, KOM(2005) 603 endg., S. 5.

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die Autorisierung fehlt, gänzlich andere Probleme auf als das POS. Diesem stand es daher zwar dem Namen (noch als POZ) und auch der Entstehungszeit nach näher als die erst 1997 hinzugekommene Funktion der elektronischen Geldbörse, dogmatisch jedoch ungleich ferner. Zentralfragen betreffen das Lastschriftverfahren, vor allem jedoch die Einwilligung des Kunden in die Preisgabe von Kundendaten für den Fall, dass der Lastschrifteinzug fehlschlägt, also Fragen des Bankgeheimnisses. Heute (seit 1.1.2007) steht dieses Verfahren zwar weiter zur Verfügung, wird aber von der Kreditinstitutsseite nicht mehr aktiv gestaltet. e) Grenzüberschreitender Einsatz. Wichtige der genannten Funktionen sind auch im 55 grenzüberschreitenden Verkehr verfügbar, bei weitgehend gleicher rechtlicher Gestaltung.117 Das 1994 eingeführte edc-System erlaubt(e) dem Kunden Barauszahlungen an Geldausgabeautomaten und POS im europäischen Ausland, das Maestro-System auch außerhalb, heute beide vereint im Girocard-System.118 Ein wichtiger (Teil-)Unterschied im Sachverhalt und auch in der rechtlichen Gestaltung verbleibt: In manchen (wenigen) Ländern wird (noch immer) statt der Eingabe der PIN die bloße Unterschriftsleistung gefordert, was auch die Aufteilung des Missbrauchsrisikos zwischen dem Karteninhaber und seinem Institut beeinflusst (vgl. Abschnitt II Nr. 7.1 der Girocard-Kundenbedingungen). Ihrer Zielrichtung nach nicht auf den grenzüberschreitenden Verkehr zugeschnitten waren demgegenüber die elektronische Geldbörse und das ELV. Bei beiden hat sich dies mit der Einbeziehung in das SEPA-Zahlungsdiensterecht geändert, freilich nur für den SEPA-Raum, nicht allgemein für den internationalen Verkehr. Solchermaßen besteht für alle Instrumente eine (binnenmarkt-)grenzüberschreitende Rechtsgrundlage. Ob freilich die Instrumente auch tatsächlich mit grenzüberschreitenden Funktionen angeboten werden, bleibt den Instituten überlassen; teils mögen dagegen Kostenüberlegungen sprechen, etwa bei der GeldKarte, die de facto allein für den Inlandsverkehr ausgegeben wird (zu ihr Art. 63 ZD-RL II, ex-Art. 53 ZD-RL I, § 675i BGB, die auch den Inlandsverkehr in puncto zugelassene Betragshöhen privilegieren).119 5. Kreditkarte: Phänomen – Formen – Funktionen a) Grundkonstellation – Zahlungsvorgang. Der kartengestützte Zahlungsverkehr („Plas- 56 tikgeld“) nahm seinen Ausgang bei der Kreditkarte, vor allem der sog. Universalkreditkarte, die, anders als die Firmen- oder Kundenkreditkarte,120 auch Grundlage eines „Bankgeschäfts“ ist. Entwickelt hat die erste Universalkreditkarte der Diners Club 1950:121 Dieser fungierte als „Systemkopf“122 (Kreditkartenunternehmen) und baute Rechtsbeziehungen sowohl zu Kunden, hier Clubmitgliedern, als auch zu Anbietern (Vertragsunternehmen) auf, auf deren Grundlage ein Substitut für die Zahlungspflicht des Kunden gegenüber dem Vertragsunternehmen ent-

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117 Zur „Inlandisierung“ der diesbezüglichen Rechtsfragen vgl. Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (77 f.). 118 Zum edc- und Maestro-, heute Girocard-System: Ahlers WM 1995, 601 (603); Hoffmann Die Bank 1992, 599; Krüger Sparkasse 1992, 331 f.; Wand ZIP 1996, 214 (218 f.); zum internationalen elektronischen Zahlungsverkehr monographisch: Favre-Bulle Le droit communautaire du paiement électronique, 1992. 119 Zu diesem Einsatz der Geldkarte vgl. etwa MünchKommHGB/Häuser/Haertlein, Rn E 7–E 10. 120 Zur hiervon abzugrenzenden sog. Kundenkreditkarte Hoch Die Kundenkreditkarte im deutschen Einzelhandel, 1989; und Kurzbeschreibung bei Schwintowski/Hofmann (4. Aufl.) § 9 Rn 8. Diese Kreditkarte, die Ende des 19. Jh. entwickelt wurde, dient der Abrechnung zwischen (nur) einem Unternehmen und seinem jeweiligen Kunden, also in einem Zweipersonenverhältnis (Rahmenvertrag meist mit Stundungsabrede bis zum Saldoabschluss und Abrede von Eigentumsvorbehalt). Für sie gilt das Regime der Zahlungsdienste-Richtlinie nicht, vgl. Dritter Teil Rn 68. 121 Zur Geschichte der Kreditkarte Hammann Universalkreditkarte S. 23–26; Stauder/Weisensee Kreditkartengeschäft S. 20–47; Weller Kreditkartenverfahren S. 11–20; Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 1–13; monographisch, vor allem auch zu dogmatischen Bezügen: Meder Einordnung des Kreditkartenverfahrens, 1996. 122 Vgl. BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 2.

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stand. Der Name der Universalkreditkarte weist darauf hin, dass die Karte nicht nur bei einem Unternehmen eingesetzt werden kann, sondern universal bei allen Vertragsunternehmen, zu dem das Kreditkartenunternehmen, d.h. der Kreditkartenemittent – genauer: ein von diesem speziell für die Acquise von Händlerunternehmen eingesetzter Acquirer – entsprechende Rechtsbeziehungen unterhält. Die Kreditkarten-Kundenbedingungen arbeitet der Kreditkartenunternehmer bzw. sein Lizenznehmer, etwa ein Kreditinstitut, aus, die Händlerbedingungen der mit Händlern und Kreditkartenunternehmen in Rechtsbeziehungen stehende Acquirer. Der Zahlungsvorgang wurde herkömmlich initiiert durch Kartenhingabe, deren Daten per 57 Abdruck mechanisch auf einen Beleg (Slip) übertragen werden, sowie durch Unterschrift auf dem Beleg.123 Der Slip ist Ausweis der Berechtigung und dient (auch heute noch) als Grundlage für die Abrechnung beim Kartenunternehmen, die typischerweise monatlich ein Mal erfolgt. Die Kreditkartenzahlung befindet sich jedoch seit geraumer Zeit im Umbruch – hin zu elektronischer Erstellung, in deren Rahmen wie im POS-System eine Autorisierung mittels PIN eingeholt wird, vergleichbar dem Girocardeinsatz, als zweite mögliche Alternative der Autorisierung. Rechtliche Unterschiede ergeben sich – gegenüber der traditionellen Zahlungstechnik mit mechanischer Sliperstellung – allein bei den Prüfpflichten des Vertragsunternehmens (vgl. unten Dritter Teil Rn 272–274). Bei Abrechnung erstattet das Kartenunternehmen dem Vertragsunternehmen die entsprechenden Beträge (unter Abzug eines Disagios) bargeldlos (Gutschrift) und belastet entsprechend den Kunden – durch Belastungsbuchung auf einem bei ihm geführten Konto oder im Lastschriftwege auf einem Konto bei einem fremden Institut (Deckungskonten). Letzteres wird seltener, da die Kundenbeziehung zunehmend zu einem Kreditinstitut besteht, das entweder selbst Kreditkartenunternehmen ist (American Express) oder von diesem Lizenz erhalten hat (Mastercard, Visacard). Die wichtigsten Anbieter und Instrumente sind heute:124 Die Mastercard wird von einem 58 Verbund europäischer Kreditinstitute (in Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Mastercard) ausgegeben und kommt weltweit auf ca. 36 Mio. angeschlossene Vertragsunternehmen und in Deutschland auf 22,5 Mio. Kunden (Karteninhaber). Die ältere, und weltweit noch bedeutendere Visacard wird von der Bank of America (in Zusammenarbeit mit der französischen Carte Bleue und der britischen Barclay Card) herausgegeben und kommt ebenfalls auf ca. 36 Mio. angeschlossene Vertragsunternehmen und in Deutschland auf 14,1 Mio. Kunden. Hinzu kommen, viel kleiner, die Karten von American Express und Diners Club. In Deutschland wird die Mastercard von der EURO Kartensysteme GmbH herausgegeben, der Nachfolgerin der 1982 durch deutsche Kreditinstitute gegründeten Gesellschaft für Zahlungssysteme (GZS)125 – seit 1991 zunehmend, heute nur noch im Wege der Lizenzvergabe an Kreditinstitute. Die EURO Kartensysteme GmbH sorgt für die Akquisition der Vertragsunternehmen, die Kreditinstitute geben die Karte an die Kunden aus und rechnen ab. Die Rechtsprobleme in dem solchermaßen entstehenden Vier-Personen-Verhältnis (Vertragsunternehmen – Kunde – Kreditinstitut – EURO Kartensysteme GmbH) sind die gleichen wie im klassischen Drei-Personen-Verhältnis (Vertragsunternehmen – Kunde – Kreditkartenunternehmen). Es kommen nur wegen der Aufspaltung der Funktion des Kreditkartenunternehmens Abwicklungsfragen im Lizenzverhältnis zwischen Kre-

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123 Zur Bargeldauszahlung (nunmehr unter Eingabe einer PIN – gänzlich vergleichbar dem Girocard-Einsatz) unten Dritter Teil Rn 59. 124 Für Zahlen zur Kreditkartenzahlung insgesamt und im Vergleich zu anderen Zahlungsinstrumenten vgl. oben Dritter Teil Rn 25 f. Die folgenden Zahlen zum Vergleich innerhalb der Branche bei http://de.statista.com/statistik/ daten/studie/171485/umfrage/marken-der-persoenlichen-kreditkarten/(Kreditkartenzahlen in Deutschland); Zahlen zu Kunden und angeschlossenen Händlern weltweit https://www.focus.de/finanzen/banken/kreditkarten/ kreditkartenanbieter-im-vergleich-mastercard-visa-american-express-wer-ist-besser_id_4722199.html, zuletzt abgerufen am 13.1.2020; ältere, aber vollständigere Zahlen bei Bankenverband Statistik-Service, 2005, Quelle: MasterCard und VISA, Zusammenfassung bei Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 13. 125 Näher BankR-HdB/Bunte § 140 Rn 79.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

ditinstitut und EURO Kartensysteme GmbH hinzu (unten Dritter Teil Rn 384– 386). Unerheblich ist, dass Gutschrift und Belastung in zwei verschiedenen Unternehmen erfolgt. b) Zahlungsfunktion (mit Stundung) und Barsauszahlungsfinktion. Historisch und 59 noch heute steht die Zahlungsfunktion im Vordergrund (Nr. 1.1. Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]).126 Zu ihr kommt, da typischerweise nur ein Mal monatlich abgerechnet wird, ein Element kurzfristiger Kreditierung (Zahlungsaufschub).127 Hinzu kommt heute eine Barauszahlungsfunktion, die freilich optional ist und die gesonderte Anforderung einer PIN voraussetzt (Nr. 2 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Die Abhebung erfolgt hier, wie mit Girocard, an Geldausgabeautomaten mittels Karten- und PIN-Eingabe. Diese Funktion wird angesichts höherer Gebühren jedenfalls in Europa ungleich weniger genutzt als die entsprechende Funktion der Girocard.128 c) Anschließendes Vereinbarungsdarlehen. Nach Abrechnung (und Fälligstellung) kann 60 die Forderung gegen den Karteninhaber weiter kreditiert werden, besonders seitdem die Kundenbeziehung zum Kreditinstitut („Hausbank“) besteht.129 Es handelt sich um einen Kreditvertrag, der – rechtlich unabhängig – auf die Kreditkartenzahlung folgt, ein Vereinbarungsdarlehen über die nicht beglichene Schuld des Kreditkarteninhabers gegenüber dem Kreditkartenunternehmen (Aufwendungsersatz und zedierte Forderung). Im angloamerikanischen Raum wird dieses zusätzliche Kreditierungselement als konstituierend für die credit card gesehen: Wird aus Gutschrift geleistet, so handelt es sich nicht mehr um eine credit card.130 Zugleich waren dort gerade diese Vereinbarungsdarlehen und die dort angelegten Zinssätze zentraler Gegenstand rechtspolitischer Verbraucherschutzdiskussionen und Reformvorhaben. d) Vergleich zur Girocard. Anders ist dies in Deutschland, wo mit Kreditkarte ein Karten- 61 typus bezeichnet wird. Dieser hebt sich von dem der Girocard vor allem dadurch ab, dass erst monatlich abgerechnet wird, nicht zeitgleich mit der Transaktion im Valutaverhältnis (kurzfristige Kreditierung), und dass zwar ebenfalls ein Verfügungsrahmen (in der Terminologie von § 675k Abs. 1 BGB eine „Nutzungsbegrenzung“) gesetzt wird, dieser jedoch i.d.R. höher liegt und zudem durch Rückfrage beim Kartenunternehmen ad hoc ausgeweitet werden kann. Die Karte eignet sich daher auch für große Spontankäufe (Karte mit „Standing“). Bei beiden Karten gleichermaßen kann der Abwicklung weitere Kreditierung folgen. Weitgehend beigelegt ist heute der Streit, ob die rechtliche Konstruktion des Zahlungsvorgangs grundsätzlich divergiert. 6. Alternatives, insbes. mobiles Zahlen und Zahlungsauslösedienste – Grundkonstella- 62 tionen. Alternative Formen des Zahlens, namentlich mobiles Zahlen und Zahlen unter Einschaltung von Zahlungsauslösediensten, bilden nach dem Gesagten keine eigenen Zahlungsinstrumente (nach denen herkömmlich unterschieden wird), sondern Alternativen bei der Generierung der Kundenautorisierung i.S.d. Grundregel in § 675j Abs. 1 S. 1 BGB. Mobiles Zahlen und

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126 Zur Geschichte vgl. Nachw. unten Dritter Teil Rn 56; funktional: Hadding FS Pleyer, 1986, S. 17 (17 f.); Seibert DB 1991, 429 (430). 127 Vgl. etwa Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 3; Hammann Universalkreditkarte S. 28; BankR-HdB/Martinek/ Omlor § 67 Rn 4. Umgekehrt werden in Großbritannien (wie in den USA) Kreditkarten, die periodisch am Monatsende ausgeglichen werden Charge Cards genannt, die eigentlichen Credit Cards erlauben eine zusätzliche Kreditlinie über die Monatsabrechnung hinaus, die nicht ausgeglichen werden muss und unter das Verbraucherkreditregime fällt (bis 25.000 Pfund): Hudson Finance, S. 936. 128 Giger/Schluep Kreditkartensysteme S. 88 f. (weniger als 5% der Umsätze). 129 Zur – auch längerfristigen – Kreditierung unten Dritter Teil Rn 170 f., Vierter Teil Rn 894 (Abrechnung zum Monatsende noch kein Zahlungsaufschub iSd § 506 BGB). 130 Merkel Kreditkarte in den USA, S. 56–63; ders. WM 1990, 253 (255).

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Zahlungsauslösung durch dritte Dienstleister haben also für alle Zahlungsinstrumente Querschnittscharakter. Beide Phänomene hängen auch eng, jedoch nicht untrennbar zusammen. Mobiles Zahlen kann – und wird meistens – unter Einschaltung von Zahlungsauslösedienstleistern (als dritten Zahlungsdienstleistern) initiiert, es kann jedoch auch direkt mit Karte ausgelöst werden (ohne Einschaltung eines Zahlungsauslösedienstleisters), soweit sie für kontaktloses Zahlen ausgerüstet ist (vgl. nächste Rn).131 Dennoch liegt das Schwergewicht des mobilen Zahlens bei den Transaktionen, die Zahlungsauslösedienstleister auslösen – sie haben die hierfür zentralen technischen Neuheiten („Revolutionen“) angestoßen und betrieben, als ihren zentralen komparativen und kompetitiven Vorteil.132 Dem trug die Novellierung durch die zweite Zahlungsdienste-Richtlinie Rechnung, welche das Zahlungsdiensterecht gleichermaßen auf das mobile Zahlen wie auf die Einschaltung von Zahlungsauslösediensten hin zuschnitt (Letztere als Zahlungsdienstleister neu in die Regulierung aufnahm) und das Regime entsprechend reformierte – im Lichte dieses Zweiklangs. Die Grundregel in § 675j Abs. 1 S. 1 BGB weist zwar nicht selbst auf die Möglichkeit der Zahlungsauslösung durch Zahlungsauslösedienste hin, wohl jedoch bereits zuvor die Grundregel zum Rahmenvertrag: Bei online geführten Konten hat der Rahmenvertrag kraft Gesetzes den Inhalt, dass sich der Kunde/Nutzer eines Zahlungsauslösedienstes (ohne Notwendigkeit weiterer Abreden/Verträge dem kontoführenden Institut gegenüber) bedienen darf (§ 675f Abs. 3 BGB, Art. 66 ZD-RL II; zu diesem Recht dann noch unten Dritter Teil Rn 174 f.). Während jedoch Zahlungsauslösedienste gesetzlich definiert werden und zwar als Dienste, die für einen Zahlungsdienstenutzer einen Zahlungsauftrag bezogen auf ein bei einem anderen Zahlungsdienstleister geführtes Konto auslösen (§ 1 Abs. 33 ZAG), fehlt eine parallele gesetzliche Definition zum mobilen Zahlen. Die gängigste Definition legte die EZB 2013 vor und stellte dabei zentral auf die Neuheit des Übermittlungsweges ab – Zahlungen, bei denen Zahlungsdaten und -anweisung per Mobilfunk oder mobiler Datenübertragung mit mobilem Endgerät zwischen Nutzer und Zahlungsdienstleister übertragen werden – und spezifizierte dabei zugleich, dass dies gleichermaßen für online wie offline-Transaktionen gelte.133 Der Begriff des mobilen Zahlens, namentlich unter Einschaltung von Zahlungsauslösediensten, umreißt damit – gerade im Hinblick auf initiierte Zahlungsinstrumente, aber auch im Hinblick auf die jeweilige Missbrauchsanfälligkeit – einen relativ heterogenen Kranz an Phänomenen. Die Haupttypen der Zahlungsauslösung beziehen sich auf (Online-)Überweisung, Kartenzahlung, vor allem Kreditkartenzahlung (in mobilem Einsatz) und – in Anlehung an Letztere – auf die Zahlung durch tragbare Endgeräte mit Computerfunktionen wie Tablets, Smartphones u.ä.134 Zentral als Unterscheidungen sind hierbei Folgende: Vom sog. proximity payment – 63 beim Händler – ist das sog. remote payment (auch „E-payment“) – von außerhalb des Ladengeschäfts – zu unterscheiden,135 i.d.R. im E-Commerce, der, wenn Techniken des mobilen Zah-

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131 Danwerth ZBB 2015, 119 (121, 128); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 34; Söbbing WM 2016, 1066 (1066). 132 Söbbing WM 2016, 1066 (1066) (vor allem das Umschwingen auf Smartphoneeinsatz); ders. BKR 2016, 360 (360) (das Bild eines geradezu disruptiven Verdrängungswettbewerbs zeichnend); wohl auch Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (177–179). 133 Mobile Payment: EZB Recommendations for the Security of Mobile Payments – Draft Document for Public Consultation, 11/2013, S. 2 f. (in der endgültigen, anders zugeschnittenen Empfehlung zur Sicherheit von Bezahlungen im Internet weniger klar); Kritik und eigener Definitionsversuch bei Danwerth ZBB 2015, 119 (128); ebenso Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 34. 134 Monographische Gesamtdarstellung jüngst durch Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens; zu diesen drei Hauptformen auch pointiert: Harman BKR 2018, 457 (457–459); ausführlich zu den verschiedenen Gestaltungsformen bei den verschiedenen Anbietern Danwerth ZBB 2015, 119. 135 Danwerth ZBB 2015, 119 (120) (auch in Abgrenzung [i] zum Bereich „mobile banking“ oder FinTechs generell, der weit über den Zahlungsverkehr hinausreicht, beispielsweise Handel in Finanzinstrumenten, crowd funding und Innovationen im Kreditbereich und [ii] zu den P2P payments, die allein die Umbuchung von Geldwerten über mobile Endgeräte – ohne Zahlungskontext – meinen); Harman BKR 2018, 457 (458 f.) (auch zu Remote payments

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lens eingesetzt werden, auch als M-Commerce umschrieben wird.136 Proximity payments – beim Händler – meinen dabei nicht die herkömmlichen Kartenzahlungen mit PIN oder unter Generierung einer elektronischen Lastschrift (ELV) oder auch Kreditkartenzahlung mit Unterschrift,137 sondern die in der Technik hiervon abweichenden Zahlungsauslösungsformen. Konstituierend für diese ist die eingesetzte Übertragungstechnik und teilweise das die Autorisierung auslösende Instrument (auch Gerät, neben den NFC-Karten, dazu sogleich). Die führende Technik ist die Near-Field-Communication- oder NFC-Technik, die u.a. die ursprünglichen Vorreiter Apple Pay, Google Wallet (2016 mit Android Pay fusioniert zu Google Pay) und Touch&Travel nutzen und die eine kontaktlose Übertragung vom auslösenden Instrument (Gerät, i.d.R. Smartphone oder Wearable) über einige Zentimeter zum Händlerterminal ermöglicht,138 während mit der Bluetooth-Low-Energy eine (bisher nur in den USA erprobte) funkgestützte Übertragungstechnik über bis zu ca. 10 Meter zur Verfügung stünde.139 Die NFC-Technik ist allerdings nicht auf mobile Geräte beschränkt, sondern lässt sich auch mittels eines NFC-Chips auf Zahlungskarten verwenden. Für die Zahlung können Karten – etwa Mastercard (im sog. PaypassVerfahren) und Visa (mit payWave) – verwandt werden, wenn sie mit Chip für die NFC-Technik habilitiert werden, in beiden genannten Fällen auch im Rahmen der Ausnahmen für Kleinbetragsinstrumente ohne Authentifizierung bei Zahlungen im Umfang von bis zu 25,- €, allerdings mit Neuauthentifizierung dieser Möglichkeit nach je fünf Vorgängen (dazu unten Dritter Teil Rn 198 ff., bes. 222 f.). Es können umgekehrt jedoch auch Geräte mit Auslösungs-Apps verwandt werden (Smartphones, Tablets, Wearables u.ä., vgl. Anbieter oben von Apple Pay, Google Pay bis Touch&Travel), wobei Sticker angebracht wurden bzw. werden können (anfangs etwa MPass von O2, Vodafone und Telekom, inzwischen eingestellt, heute Cashcloud) oder die SIMKarte (mit „Secure Element“) genutzt werden kann140 und dies auch mit Prüfroutinen, die eine starke Kundenauthentifizierung (dazu unten Dritter Teil Rn 246) ermöglichen, etwa durch Abfragen des Fingerabdrucks.141 Remote payments, deren Bild stark vom Marktführer PayPal – ein Kreditinstitut nach luxemburgischen Recht142 – geprägt wird,143 erfolgen als Online-Überwei-

_____ mittels mobilen Endgeräten als Überschneidungsform); Söbbing WM 2016, 1066 (1067); freiich rechtlich grds. keine maßgebliche Unterscheidung. Vgl. Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 5. Zu den Kategorien von FinTechs (neben mobilem Zahlen namentlich Trading, Crowd Funding und Kreditbereich) vgl. Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch – Digitalisierung, Recht, Finanzen, 2019, bes. §§ 9–16 (verschiedene Autoren) und im Zahlungsverkehr § 7 (Aufsichtsrecht – Conreder) und § 8 (Zivilrecht – Kilian); Paul FinTechs – Geschäftsmodelle traditioneller Banken unter Druck, Wpg 2016, 57; Söbbing BKR 2016, 360 (361). 136 Danwerth ZBB 2015, 119 (121); Busch GewArch Beilage WiVerw Nr. 02/2014, 148 (149); näher zum möglichen Zusammenspiel mobiles Endgerät und Fernzahlung: Harman BKR 2018, 457 (459). 137 Harman BKR 2018, 457 (458) (mit Darlegung des Ablaufs über virtuelle E-Geld-Konten, wie bei PayPal, und Direktüberweisungen, wie bei Giropay, Sofort u.a.); vgl. Aufzählung Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (179); vgl. auch Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 27 f. 138 Verbindungslos, mit passiven HF-RFID-Tags nach ISO 14443 oder ISO 15693 – aber nach ISO 15408 „Common Criteria“ nicht gegen Angriff Dritter gefeit, anders erst wenn der Übertragungsweg verbindungsbehaftet, vgl. zu all dem Söbbing WM 2016, 1066 (1069); auch Danwerth ZBB 2015, 119 (129); Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTechHandbuch, § 8 Rn 119 f. (auch zu noch nicht operationalen Stimmerkennungssystemen als Alternative). 139 Danwerth ZBB 2015, 119 (122). 140 Zur Alternative Karte oder Gerät und den genannten Beispielen (und einigen mehr) etwa Danwerth ZBB 2015, 119 (121–128) (dort auch noch zu prepaid-Varianten, etwa girogo, Yapital u.a.); Harman BKR 2018, 457 (459); Söbbing BKR 2016, 360 (362 f.); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 30–33. Das Gerät wird durch die sog Unique Device Account Number – vergleichbar der 16-stelligen Kreditkartennummer – individualisiert und gegenüber allen anderen Geräten/Karten abgegrenzt: vgl. dazu Söbbing WM 2016, 1066 (1067). 141 Zu den in NFC-Situationen eingesetzten Formen starker Kundenauthentifizierung vgl. etwa Danwerth ZBB 2015, 119 (122); Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 119. 142 Vgl. Harman BKR 2018, 457 (462); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 212. 143 Bereits 2016 ca. 20 Mio. Kunden in Deutschland, 230 Mio. weltweit, vgl. Söbbing BKR 2016, 360 (361); schon 2017 mit 19,9% drittwichtigstes Zahlungsinstrument im e-commerce: Harman BKR 2018, 457 (457 f.); für den Anstieg bis 2019 vgl. https://www.handelsdaten.de/handelsthemen/online-payment.

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sungen von E- oder Giralgeld – schon nach § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 ZAG zwingend mit starker Kundenauthentifizierung –, alternativ als Online-Kreditkarteneinsatz (unter den gleichen Vorgaben).144 Das Gefüge der Rahmenverträge erscheint hier in besonderem Maße prägend (vgl. daher näher hierzu unten Dritter Teil Rn 173–175).

B. §§ 675c, 675e BGB: (Europäisches) Zahlungsdiensterecht – Anwendungsbereich und Abdingbarkeit I.

II.

III.

Übersicht Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts – Gesamtsystem und Überblick | 64–66 1. Vorgängerregelung nur im Überweisungsrecht | 64 2. Ausweitung der Regelung auf alle Zahlungsdienste | 65 3. Überblick zum System | 66 Begriffsbestimmungen des KWG, ZAG, E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 bis 4 BGB) | 67–72 1. Begriffsbestimmungen im Europäischen Recht | 67 2. KWG und ZAG (§ 675c Abs. 3 BGB) | 68–70 a) Zahlungsdienste (§ 1 Abs. 1 S. 2 und § 2 Abs. 1 ZAG) | 68 b) Zahlungsdienstleister, Zahlungskonto, Zahlungssystem (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 11 und 17 ZAG) | 69 c) Sonstige Begriffe | 70 3. E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 und 4 BGB) | 71, 72 Allgemein-Schuldrechtliche Vertragstypen als Auffangregeln (§ 675c Abs. 1 BGB) | 73–75 1. Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht | 73, 74

2.

IV.

V.

Abstraktes Zahlungs- und Garantieversprechen | 75 Ausnahmen vom Anwendungsbereich und Abdingbarkeit (§ 675e BGB) | 76–83 1. Gesamtsystem: Zusammenspiel von Ausnahmen und Abdingbarkeit (ius dispositivum) in vier Fallgruppen | 76–78 2. Ausnahmen bei Abwicklung oder Währung außerhalb von EU/EWR (§ 675e Abs. 1 und 2 BGB) | 79 3. Abdingbarkeit | 80–83 a) Einseitig zwingender Charakter (§675c Abs. 1 BGB) | 80 b) Abwicklung oder Währung außerhalb von EU/EWR (§ 675e Abs. 1 und 2 BGB) | 81 c) B2B und Nicht-Euro-Transaktionen (§ 675e Abs. 3 und 4 BGB) | 82 d) Weitere punktuelle Abweichensmöglichkeiten und Ausgestaltungsaufträge | 83 Klauselwerke des Zahlungsdienstleistungsverkehrs | 84–89 1. Überweisungsverkehr | 84, 85 2. Lastschriftverkehr | 86 3. Girocardzahlung | 87 4. Kreditartenzahlung | 88, 89

Kapitel I Allgemeine Vorschriften § 675c Zahlungsdienste und E-Geld (1) Auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, sind die §§ 663, 665 bis 670 und 672 bis 674 entsprechend anzuwenden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Die Vorschriften dieses Untertitels sind auch auf einen Vertrag über die Ausgabe und Nutzung von E-Geld anzuwenden.

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144 Zur Alternative dieser beiden Formen von Zahlungsvorgängen im Remote Payment (wobei Kartenzahlung nochmals in authentifizierter Kartenzahlung und Auslösung von Lastschriften unterfällt) etwa Harman BKR 2018, 457 (458); weitere Phänome der Remote Payments bei Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 18–25.

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(3) Die Begriffsbestimmungen des Kreditwesengesetzes und des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sind anzuwenden. (4) Die Vorschriften dieses Untertitels sind mit Ausnahme von § 675d Absatz 2 Satz 2 sowie Absatz 3 nicht auf einen Vertrag über die Erbringung von Kontoinformationsdiensten anzuwenden. § 675e Abweichende Vereinbarungen (1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf von den Vorschriften dieses Untertitels nicht zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden. (2) In den Fällen des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 und 2 1. sind § 675s Absatz 1, § 675t Absatz 2, § 675x Absatz 1, § 675y Absatz 1 bis 4 sowie § 675z Satz 3 nicht anzuwenden; 2. darf im Übrigen zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers von den Vorschriften dieses Untertitels abgewichen werden. (3) Für Zahlungsvorgänge, die nicht in Euro erfolgen, können der Zahlungsdienstnutzer und sein Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass § 675t Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 ganz oder teilweise nicht anzuwenden ist. (4) Handelt es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher, so können die Parteien vereinbaren, dass § 675d Absatz 1 bis 5, § 675f Absatz 5 Satz 2, die §§ 675g, 675h, 675j Absatz 2, die §§ 675p sowie 675v bis 676 ganz oder teilweise nicht anzuwenden sind; sie können auch andere als die in § 676b Absatz 2 und 4 vorgesehenen Fristen vereinbaren.

I. Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts – Gesamtsystem und Überblick 1. Vorgängerregelung nur im Überweisungsrecht. Seinen Ausgangspunkt nahm die zu- 64 nehmende Kodifizierung des Kernbereichs des Zahlungsverkehrs – des heutigen Zahlungsdiensterechts – im Überweisungsrecht. Allerdings waren herkömmlich auch die Rechtsgeschäfte in der Überweisungskette – wie noch bis 2009 alle Rechtsgeschäfte für sonstige Zahlungsinstrumente – nur den allgemeinen Instituten, die das BGB bereithält, zuzuordnen, vor allem den Vertragstypen Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) und abstraktes Zahlungsversprechen (§ 780 BGB) (heute noch § 675c Abs. 1 BGB, unten Dritter Teil Rn 73–75). Schon die 1990er Jahre brachten grundlegende Änderungen. Angestoßen wurden sie durch das UNCITRAL-Modellgesetz zum Überweisungsverkehr.145 Prägend war das US-amerikanische Recht und die Problematik des dortigen Überweisungsgeschäfts – stark großkundenorientiert und elektronisch, beleglos abgewickelt.146 Zwar wurde letztlich die Überweisung generell – auch im Privatkundengeschäft und die beleggebundene – normiert. Doch dominieren Regelungen zur moderneren elektronischen Überweisung und vor allem der Haftungskompromiss, der später auch für die EG-Überweisungs-Richtlinie charakteristisch wurde.147 Den ersten Einfluss in Europa hatte das (nicht bindende) Modellgesetz in der Tat im Rahmen der EG-Überweisungs-

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145 UNCITRAL-Modellgesetz zur einheitlichen Regelung des grenzüberschreitenden Überweisungsverkehrs, abgedruckt etwa in WM 1993, 664; monographisch hierzu: Genner UNCITRAL-Modellgesetz; Vasseur Les principaux articles de la loi-type de la C. N. U. D. C. I. sur les virements internationaux et leur influence sur les travaux de la Commission de Bruxelles concernant les paiements transfrontaliers, 1993; Wulff UNCITRAL-Modellgesetz; Kurzbeschreibung bei: Hadding/Schneider WM 1993, 629. 146 Hadding/Schneider WM 1993, 629 (629). 147 Genereller die prägende Wirkung des UNCITRAL-Modellgesetzes betonend: BankR-HdB/Hadding/Häuser (3. Aufl.) § 51 Rn 37. Das Modellgesetz ist hier wiederum stark US-amerikanisch beeinflusst, vor allem durch die erst kurz vorher in den Uniform Commercial Code aufgenommene sec. 4A: Schneider FS Everling, 1995, S. 1297 (1305– 1314); nicht bedacht, jedenfalls nicht erwähnt wurde diese Herkunft in der deutschen Überweisungsgesetzgebung; kritisch dazu Schneider WM 1999, 2189 (2194 f. et passim).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Richtlinie (Üw-RL)148 mit ihrem vergleichbaren Grundtenor. Sie galt freilich nur für grenzüberschreitende Überweisungen (unter 50 000,– €) innerhalb der Gemeinschaft und in einer Währung der Gemeinschaft, jedoch nicht für reine Interbankentransaktionen. Für die erfassten Überweisungen sah die Richtlinie auch nur Informationspflichten vor, die die Entgelte, die angewandten Kurse und die Laufzeiten betrafen, zudem eine (summemäßig begrenzte) Haftung des erstbeauftragten Instituts für Fehler in der Interbankenkette (mit Regress) sowie eine Regel, nach der die Provisionen nicht aus der Valuta entnommen werden durften, sondern dem Auftraggeber gesondert in Rechnung gestellt werden mussten. In Fragen des Widerrufs wurde diese Richtlinie (moderat) ergänzt durch Art. 3–5 der Systemrisiken- oder Finalitäts-Richtlinie,149 im Bereich der Gebühren für grenzüberschreitende Überweisungen durch Art. 3 der VO über grenzüberschreitende Zahlungen, der keine Diskriminierung grenzüberschreitender Zahlungen gegenüber inländischen tolerierte und dessen Diskriminierungsverbot – als einziger Teil des damaligen Regimes – auch neben der Zahlungsdienste-Richtlinie anwendbar bleibt, freilich im Rahmen der sog. EG-Zahlungsentgelte-VO 2009.150 Die Umsetzung erfolgte durch das Überweisungsgesetz, mit dem das Recht des Geschäftsbesorgungsvertrags im BGB neugestaltet wurde151 und das vor allem insofern einen großen Schritt vollzog, als es das Regime allgemein auf Überweisungen – auch auf inländische – erstreckte und auch die Haftungsregeln ausdehnte (vgl. namentlich § 676c Abs. 1 S. 2, 3 BGB a.F.).152 65

2. Ausweitung der Regelung auf alle Zahlungsdienste. Informationsregeln, Haftung für Fehler in der Interbankenkette, ein Verbot, die Provision aus der Valuta zu entnehmen, und ein Regime, in dem der Widerruf des Einzelauftrages (Weisung) geregelt ist (und grundsätzlich die Frist hierfür verkürzt wird) – dies alles sind auch Gegenstände des Zahlungsdiensterechts 2007/09. Freilich wurde die Regelung jetzt verallgemeinert – auf alle Zahlungsdienste erstreckt, während vorher die Lastschrift, die Girocardzahlung (bis 2007 „Ec-Karten-Zahlung“) und die Kreditkartenzahlung sämtlich allein auf der Grundlage allgemeiner schuldrechtlicher

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148 Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.1.1997 über grenzüberschreitende Überweisungen, ABl. EG 1997 L 43/25; Vorschläge vom 18.11.1994 bzw. 7.6.1995, ABl. EG 1994 C 360/13/KOM(94) 436 endg. bzw. ABl. EG 1995 C 199/16/KOM(95) 264 endg.; Stellungnahmen ABl. EG 1995 C 236/1 (Wirtschafts- und Sozialausschuss) und ABl. EG 1995 C 151/370 (Europäisches Parlament); Gemeinsamer Standpunkt (Rat, Europäisches Parlament) ABl. EG 1995 C 353/52 und 1996 C 96/74. Kurzkommentierung mit Historie bei Grundmann EG-Schuldvertragsrecht 4.13; auch Favre-Bulle Les paiements transfrontières, S. 273–296; weitere Literatur im Literaturverzeichnis und zusammengestellt in Grundmann WM 2000, 2269, Fn 3. 149 Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, ABl. EG 1998 L 166/45; hierzu Keller WM 2000, 1269; umgesetzt durch das Überweisungsgesetz vom 21.7.1999, BGBl. I S. 1642, und das Gesetz zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften vom 8.12.1999, BGBl. I S. 2384. 150 Verordnung (EG) Nr. 2560/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.12.2001 über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro, ABl.EG 2001 L 344/13; zur inhaltlichen Fortgeltung, vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 165, 179; freilich – hinsichtlich des Diskriminierungsgebotes inhaltsgleich – überführt in die Verordnung (EG) Nr. 924/2009, Nachw. oben Dritter Teil Rn 3 Fn 8. 151 Überweisungsgesetz (ÜG) vom 21.7.1999, BGBl. I S. 1642; positiv zur Einstellung in das BGB: Ehmann/Hadding WM-Sonderbeil. 3/1999, 8–10; Häuser WM 1999, 1037 (1040). Regierungsentwurf vom 19.3.1999, BR-Drucks. 163/99; Abdruck auch ZBB 1999, 106 (Anm. Köndgen 103); ZIP 1999, 680 (Anm. Schmidt-Räntsch); ausführlicher dazu Bydlinski WM 1999, 1046; Ehmann/Hadding WM-Sonderbeil. 3/1999; Grundmann WM 2000, 2269; Häuser WM 1999, 1037; Klamt/Koch DB 1999, 943; Löwe ZIP 1999, 830; Schmidt-Räntsch in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht, S. 139; zum Referentenentwurf vom 30.12.1998, BMJ IB2–3430/21, jsrugk. DOC; ausführlicher Russenschuck FLF 1999, 124; Literatur zum Überweisungsgesetz selbst im Literaturverzeichnis und zusammengestellt in Grundmann WM 2000, 2269 (2270). 152 Näher zu diesem Regime und auch zur Übereinstimmung der Umsetzung mit der Richtlinie: Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 17 bis 20a.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Instrumente (unten Punkt III.)153 und durch Klauselwerke (unten Punkt V.) geregelt waren. Und zudem wurde aus einer Regelung einzelner zentraler Problemkomplexe eine flächendeckende Regelung des Zahlungsdiensterechts. Beide Schritte zusammen genommen führen dazu, dass unter dem Zahlungsdiensteregime grundsätzich für alle Probleme, die bei dem einzelnen Zahlungsinstrument auftauchen, das gesamte Regelwerk heranzuziehen ist, etwa für die Autorisierung, die Zahlungsleitwege, den Widerspruch/Widerruf etc. Von den erfassten Instrumenten ebenso wie von den geregelten Sachfragen her erfolgte also ein Schritt von einer punktuellen Regelung hin zu einer (Europäischen) Kodifikation des Zahlungsverkehrs. Umgekehrt wird freilich dadurch die notwendige Differenzierung sichergestellt, dass einzelne Normen allein oder vorrangig auf ein Zahlungsinstrument (einen Zahlungsdienst) ausgerichtet sind. So sind die Regeln zum Widerspruch (Art. 76 f, ZD-RL II, ex-Art- 62 f. ZD-RL I und § 675x BGB) schon vom Wortlaut her („über den Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgang“) spezifisch auf die Lastschrift bezogen (partiell noch manche Kreditkartenzahlungen). Speziell auf die Girocard, jedoch auch die Kreditkarte und das Homebanking mit PIN und TAN, sind vor allem die Regeln zum Missbrauch bezogen („Zahlungs- und Authentifizierungsinstrumente“, Art. 72–74 ZD-RL II, exArt. 59–61 ZD-RL I und §§ 675u–675w BGB). 3. Überblick zum System. §§ 675c, 675e BGB enthalten die wichtigsten Regeln zum Anwen- 66 dungsbereich, zu den anwendbaren Normen und zu Fragen der Abdingbarkeit. Insbesondere in § 675e BGB sind freilich Fragen des Anwendungsbereichs mit solchen der Abdingbarkeit vermischt, was die Norm schwer lesbar macht, obwohl Ziel war, bei der Umsetzung der Richtlinienvorgaben diese leichter zugänglich aufzubereiten. Dass noch eine Sachnorm – die Grundnorm zu den Informationspflichten – dazwischen geschoben wurde (§ 675d BGB, dazu unten Unterabschnitt D.), erschwert die Lektüre zusätzlich. Nimmt man §§ 675c, 675e BGB als die wesentlichen Normen zu Anwendungsbereich, anwendbaren Normen und deren Abdingbarkeit zusammen, so regeln die beiden Paragraphen folgende vier Fragen (was dann auch noch eine fünfte aufwirft): – Welche Transaktionen erfasst das Zahlungsdiensterecht (§§ 675c ff. BGB) positiv (Anwendungsbereich); hierfür ist vor allem auf die Begriffsdefinitionen zu rekurrieren, namentlich diejenige des Zahlungsdienstes, wofür § 675c Abs. 3 BGB auf das ZAG und das KWG verweist; klargestellt wird zudem, dass auch die Ausgabe und Nutzung von E-Geld als Zahlungsdienst zu verstehen ist (§ 675c Abs. 2 BGB); mit der Umsetzung der ZD-RL hinzugekommen ist, dass Kontoinformationsdienste zugelassen, dem Zahlungsdiensteregime jedoch nur sehr partiell unterworfen werden (§ 675 Abs. 4 BGB) (zu allem unten Punkt II.). – Im Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts gilt primär dieses selbst, als privatrechtliche Auffangregel subsidiär jedoch auch das Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht (so explizit § 675c Abs. 1 BGB), desgleichen jedoch insbesondere die Regelung zum

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153 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn BankR II 129 ff., 137 ff., 292. Immerhin existierten bereits vier Empfehlungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft, die vorrangig die ec-/ maestro-Karte als selbstständiges Zahlungsinstrument regelten, und zwar aus den Jahren 1987 (Empfehlung 87/598/EWG der Kommission vom 8.12.1987 für einen Verhaltenskodex im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs [Beziehungen zwischen Finanzinstituten, Händlern/Dienstleistungserbringern und Verbrauchern], ABl. EG 1987 L 365/72), 1988 (Empfehlung 88/590/EWG der Kommission vom 17.11.1988 zu Zahlungssystemen, insbes. zu den Beziehungen zwischen Karteninhabern und Kartenausstellern, ABl. EG 1988 L 317/55; zu dieser Empfehlung und der von 1987: Fischer WM 1989, 397), 1990 (Empfehlung 90/109/EWG der Kommission vom 14.2.1990 zur Transparenz der Bankkonditionen bei grenzüberschreitenden Finanztransaktionen, ABl. EG 1990 L 67/39) und 1997 (Empfehlung 97/489/EG der Kommission vom 30.7.1997 zu den Geschäften, die mit elektronischen Zahlungsinstrumenten getätigt werden [besonders zu den Beziehungen zwischen Emittenten und Inhabern solcher Instrumente], ABl. EG 1997 L 208/52).

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Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft







abstrakten Zahlungsversprechen (§ 780 BGB) und zum Garantieversprechen (§ 311 BGB) (dazu unten Punkt III.). Im Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts finden in Fällen, in denen entweder die Transaktionswährung oder ein beteiligtes Institut (der Sitz der agierenden Filiale) nicht die eines EU/EWR-Staates sind (also bei starkem Drittlandbezug), eine Reihe von Normen des Zahlungsdiensterechts keine Anwendung (§ 675e Abs. 2 Nr. 1 BGB) (dazu unten Punkt IV. 1. und 2.). In diesem Fall (starker Drittlandbezug) sind die Normen des Zahlungsdiensterechts, die grundsätzlich einseitig zwingend sind (§ 675 Abs. 1 BGB), auch umfassend abdingbar (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB, je a.E.), abdingbar sind sie jedoch in kleinerem Umfang auch bereits, wenn es sich um B2B-Transaktionen oder um Transaktionen in einer anderen Währung als in Euro handelt (§ 675e Abs. 3 und 4 BGB) (dazu unten Punkt IV. 1. und 3.). Aus all dem ergibt sich ein fünfter (Folge-)Problemkomplex: Den gestaltbaren Freiraum – und auch den Raum, den das Zahlungsdiensterecht gar nicht erfasst – besetzen umfangreich Klauselwerke, aufgeteilt nach verschiedenen Zahlungsdiensten (dazu unten Punkt V.). II. Begriffsbestimmungen des KWG, ZAG, E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 bis 4 BGB)

67

1. Begriffsbestimmungen im Europäischen Recht. Die zivilrechtlich bedeutsamen Begriffe des Zahlungsdiensterechts sind in Art. 4 Nr. 3–38 ZD-RL II/ex-Art. 4 Nr. 3–28 ZD-RL erläutert (der Zentralbegriff Zahlungsdienst i.V.m. Anhang I der Richtlinie), in der SEPA-VO werden die Definitionen noch verfeinert. Die Umsetzung erfolgt i.d.R. praktisch wörtlich und jedenfalls inhaltsgleich im KWG und ZAG, teils auch im BGB. Stets ist eine richtlinienkonforme Auslegung möglich und angezeigt. Wie auch sonst im Folgenden gibt also die Richtlinienauslegung das jeweilige Ergebnis verbindlich vor und entscheidet der EuGH als letzte Instanz. Eine Konkordanz ergibt sich aus folgender – alphabetisch angeordneter – Tabelle: Begriff

ZD-RL II (Art. 4) (Nr. nach ZD-RL I vgl. Voraufl.)

SEPA-VO (Art. 2 Nr. …, wenn nicht anders vermerkt)

Deutsches Recht

Agent

Nr. 38

§ 1 Abs. 9 ZAG

Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Acquiring)

Nr. 44

§ 1 Abs. 35 S. 1 ZAG

Ausgabe von Zahlungsinstrumenten

Nr. 45

§ 1 Abs. 35 S. 2 ZAG

Authentifizierung

Nr. 29

§ 1 Abs. 23 ZAG, § 675w S. 2 BGB

Co-Badging

Nr. 48

vgl. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 2 lit. g EGBGB

Dauerhafter Datenträger

Nr. 35

§ 126b S. 2 BGB

Digitale Inhalte

Nr. 43

§ 1 Abs. 27 ZAG

Fernkommunikationsmittel

Nr. 34

§ 312c Abs. 2 BGB

Fernzahlungsvorgang

Nr. 6

Finanztransfer(geschäft)

Nr. 22

Grundmann

§ 1 Abs. 19 ZAG Art. 1 Abs. 2 lit. e)

§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 ZAG

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Begriff

ZD-RL II (Art. 4) (Nr. nach ZD-RL I vgl. Voraufl.)

SEPA-VO (Art. 2 Nr. …, wenn nicht anders vermerkt)

Deutsches Recht

Geldbetrag

Nr. 25

Art. 17 Nr. 1

Geschäftstag

Nr. 37

Kleinstunternehmen

Nr. 36

Kontoinformationsdienst

Nr. 16

§ 1 Abs. 34 ZAG

Kundenidentifikator/ Kundenkennung

Nr. 33

§ 675r Abs. 2 BGB

Lastschrift

Nr. 23

Personalisierte Sicherheits-Merkmale

Nr. 31

§ 1 Abs. 25 ZAG

Rahmenvertrag

Nr. 21

Vgl. § 675f Abs. 2 BGB

Referenzwechselkurs

Nr. 27

§ 675g Abs. 3 S. 3 BGB

Referenzzinssatz

Nr. 28

§ 675g Abs. 3 S. 2 BGB

§ 675n Abs. 1 S. 4 BGB s. auch § 1 Abs. 16b KWG und § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 lit. b ZAG Nr. 23

Nr. 2

§ 1 Abs. 21 ZAG

Sensible Zahlungsdaten

Nr. 32

§ 1 Abs. 26 ZAG

Starke Kundenauthentifizierung

Nr. 30

§ 1 Abs. 24 ZAG

Überweisung

Nr. 24

§ 1 Abs. 22 ZAG

Verbraucher

Nr. 20

Nr. 24

§ 13 BGB

Wertstellungsdatum

Nr. 26

Zahler

Nr. 8

Nr. 3

§ 1 Abs. 15 ZAG

§ 675t Abs. 1 S. 2 BGB

Zahlungsauftrag

Nr. 13

Nr. 11

§ 675f Abs. 4 S. 2 BGB

Zahlungsauslösedienst

Nr. 15

§ 1 Abs. 33 ZAG

Zahlungsdienst

Nr. 3 i.V.m. Anh.

§ 1 Abs. 1 S. 2 ZAG; vgl. auch § 2 Abs. 1 ZAG (Negativabgrenzung)

Zahlungsdienstleister

Nr. 11

Nr. 8

§ 1 Abs. 1 ZAG

Zahlungsdienstnutzer

Nr. 10

Nr. 9

§ 675f Abs. 1 BGB

Zahlungsempfänger

Nr. 9

Nr. 4

§ 1 Abs. 16 ZAG

Zahlungsinstitut

Nr. 4

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ZAG

Zahlungsinstrument

Nr. 14

§ 1 Abs. 20 ZAG

Zahlungskonto

Nr. 12

Zahlungsmarke

Nr. 47

Zahlungssystem

Nr. 7

Nr. 6

§ 1 Abs. 11 ZAG

Zahlungsvorgang

Nr. 5

Nr. 10

§ 675f Abs. 4 S. 1 BGB

413

Nr. 5

§ 1 Abs. 17 ZAG § 1 Abs. 28 ZAG

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

2. KWG und ZAG (§ 675c Abs. 3 BGB) 68

a) Zahlungsdienste (§ 1 Abs. 1 S. 2 und § 2 Abs. 1 ZAG). Den Zentralbegriff des Zahlungsdiensterechts bildet der des Zahlungsdienstes, den §§ 1 Abs. 1 S. 2, 2 Abs. 1 ZAG in Umsetzung von Art. 3 und 4 Nr. 3 sowie dem Anhang der ZD-RL II beschreiben, § 1 Abs. 1 S. 2 mit den positiven Tatbestandsmerkmalen, § 2 Abs. 1 mit den Ausnahmen. An Vorgängen erfasst sind:154 – die Ein- und Auszahlung auf ein Zahlungskonto (Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2), – Zahlungsvorgänge in Form von Überweisung, Lastschrift und Karteneinsatz, wobei ein mögliches Kreditelement nur Nebengeschäft sein darf (Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und 4 i.V.m. § 3 Abs. 4 ZAG), und wobei sich der Zahlungsvorgang, insbesondere der Karteneinsatz, nicht auf einen bilateralen Austausch beschränken darf (Kundenkarte, reine Prepaid-Karte, Telefonkarte etc.) (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG), nicht hingegen in Form von Scheck, Wechsel, Gutschein, Reisescheck, Postanweisung (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 ZAG), – Zahlungsvorgänge auch im Wege der Barein- oder Barauszahlung, sog. Finanztransfergeschäfte (Abs. 1 S. 2 Nr. 6). Sowie Hilfsgeschäfte zum Zahlungsvorgang, namentlich: – Die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (sog. Akquisitionsgeschäft, Abs. 1 S. 2 Nr. 5) – Zahlungsauslösedienste und Kontoinformationsdienste (Abs. 1 S. 2 Nr. 7 und 8) Bereits aus dieser Abgrenzung des Zahlungsdienstes ergibt sich, dass namentlich die Barzahlung keinen Zahlungsdienst darstellt (ausdrücklich § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZAG), desgleichen etwa nicht Geldtransport (Nr. 3), und Geldwechsel (Nr. 5). Unter den sonstigen Ausnahmen (§ 2 Abs. 1 ZAG), die großteils ebenfalls nur klarstellende Funktion haben, ist vor allem wichtig, dass die Geschäfte ausschließlich zwischen Zahlungsdienstleistern auf eigene Rechnung (Nr. 12) und die Transaktionen innerhalb eines Zahlungssystems (und auch Wertpapierabwicklungssystems) zwischen den Zahlungsdienstleistern (Nr. 7, 8) nicht erfasst sind, was freilich im Umkehrschluss heißt, dass eine Abwicklung über eine Korrespondenzbankbeziehung auch zwischen den Zahlungsdienstleistern dem Zahlungsdiensterecht unterfällt.155

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b) Zahlungsdienstleister, Zahlungskonto, Zahlungssystem (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 11 und 17 ZAG). Das institutionelle Gerüst der Zahlungsdienste bilden die Diensteanbieter und die Abwicklungsinstrumente, namentlich das Zahlungskonto und das Zahlungssystem. Aus der Vielzahl an Begriffen ragen diese drei daher hervor. Zahlungsdienstleister sind die in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZAG – abschließend – aufgezählten Institute oder Institutionen, die Zahlungsdienste erbringen und die allein sie erbringen dürfen: neben den Kreditinstituten, den E-Geld-Instituten und den Zahlungsinstituten, die (mit entsprechender Zulassung) spezifisch Zahlungsdienste gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, zudem die Gebietskörperschaften der drei Ebenen und bundes- wie landesunmittelbare Verwaltungseinheiten (soweit sie nicht hoheitlich agieren) und die EZB und die Zentralbanken der Mitgliedstaaten von EU/EWR (außer in ihrer Funktion als [Währungs-] Behörde). Neben die Zahlungsdienstleister treten seit der Umsetzung der ZD-RL II namentlich die Zahlungsdiensteauslöser als Anbieter einer Teilleistung des klassischen Zahlungsdienstes, bezogen auf den Zahlungsauftrag, ggf. auch verbunden mit starker Kundenauthentifizie-

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154 Ausf. zum Konzept Zahlungsdienst: Jauernig-BGB/Berger § 675f Rn 1. Für einen Überblick der einzelnen Zahlungsdienste mit Definitionen vgl. auch MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 60–112; BankR-HdB/Fischer/Boegl § 127 Rn 55–60. 155 Ebenso wohl Palandt/Sprau § 675c Rn 4 f.

Grundmann

414

1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

rung156 (zu den ebenfalls neu ermöglichten Kontoinformationsdiensten unten Rn 72). Das Zahlungskonto (Abs. 17) ist ein Kontokorrent (i.S.v. §§ 355–357 BGB), das auf die Ausführung eines Zahlungsdienstes – Überweisung, Lastschrift oder Kartenzahlung – ausgerichtet ist. Das ist bei jedem Bankkonto der Fall, weil im Girokontovertrag jedenfalls die Ausführung von Überweisungen zugesagt wird.157 Auch das P-Konto, das nur mit positivem Saldo geführt wird, zählt hierzu, es dient gerade dem Zugang zu Überweisungsvorgängen (Empfang ebenso wie Anweisung). Ein Zahlungssystem (Abs. 11) ist ein System zur Verarbeitung, insbes. dem Clearing von Zahlungsvorgängen, etwa das Gironetz (Sparkassen), das Verrechnungsnetz der Bundesbank und heute die SEPA-Verrechnung.158 c) Sonstige Begriffe. Unter den sonstigen Begriffen ragen einige wenige ebenfalls hervor. 70 Das sind: die starke Kundenauthentifizierung, die durch die Novellierung der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie konzeptuell die bisherige (einfache) Authentifizierung mit Wirkung ab dem 14.9.2019 verdrängt. Losgelöst von dem jeweils verwendeten Zahlungsinstrument, ermöglicht sie die Überprüfung der Identität der autorisierenden Person mittels zweier (vorher festgelegter) Elemente der Kategorie Wissen, Besitz oder Inhärenz, was beim Überweisungsauftragsformular noch nicht der Fall ist, bei der Girocard allein ebenfalls nicht, wohl aber in Verbindung mit der PIN, ggf. auch bei einem Träger i.V.m. der Unterschrift, etwa der Kreditkarte, oder der Überweisung im Homebanking mit PIN und TAN;159 der Finanztransfer, ein Zahlungsvorgang, der auf Zahlung oder -empfang beim Zahler bzw. beim Empfänger (mit Bargeldein- bzw. -auszahlung) beruht, wobei es im zweiten Fall – auch etwa bei Zahlung ins Ausland – der Zahlungsdienstleister übernimmt, die Berechtigung des Empfängers zu prüfen, und nur bei Berechtigung desselben auch Ansprüche (etwa Aufwendungsersatzansprüche, §§ 669 f. BGB) gegen den Zahler hat, und bei Vorauszahlung nur dann kein Rückabwicklungsanspruch entsteht (§ 812 BGB);160 der (Zahlungsdienst-)Rahmenvertrag, ein Vertrag, in dem sich ein Zahlungsdienstleister zu einer Mehr- oder Vielzahl von Zahlungsdiensten – i.d.R. auf Aufforderung des Zahlers hin – verpflichtet und/oder zusagt, auf der Empfängerseite solche Dienste zu leisten;161 das Zahlungsinstrument, das Instrument (körperlich und/oder Verfahren), mittels dessen eine Erklärung übermittelt werden kann, durch die ein Zahlungsvorgang initiiert wird – sei es durch bloßes Initiieren („Auftrag“) nach § 675f Abs. 4 S. 2 BGB (auch etwa über den Zahlungsempfänger) oder kombiniert mit der Autorisierung (§ 675j Abs. 1 S. 1 BGB) – und das die Zuordnung zum Initiator ermöglicht;162 der Zahlungsvorgang, mit dem die Bereitstellung, Verfügung über und/oder der Empfang der Valuta, also der eigentliche Geldfluss bezeichnet wird (§ 675f Abs. 4 BGB), auch bei Ein- und Auszahlung, ansonsten bei Überweisung, Lastschrift und Kartenzahlung.163

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156 Näher zu ihnen und ihren denkbaren Aufgaben Zahrte NJW 2018, 227 (228); Conreder BKR 2017, 266 (227); Elteste CR 2018, 98 (100). 157 Näher unten Dritter Teil Rn 146. 158 Näher hierzu BankR-Hdb/Schmieder § 46; Rn 17–19; MünchKommBGB/Casper § 675c Rn 37; Staudinger/Omlor § 675p Rn 15. Zum Gironetz und zum Verrechnungsnetz der Bundesbank vgl. MünchKommHGB/Hadding/Häuser Rn A 19, A 23–A 28. Näher zur SEPA-Verrechnung BankR-HdB/Bunte § 141 Rn 40–41b. 159 Näher hierzu hierzu MünchKommBGB/Zetzsche § 675w Rn 8 f.; BankR-HdB/Maihold § 55 Rn 40–41; Staudinger/Omlor § 675w Rn 4; Palandt/Sprau § 675v Rn 10; Borges ZBB 2016, 249 (256); Hoffmann VuR 2016, 243 (248); ausgestaltet ist das Verfahren durch Delegierte Verordnung (EU) 2018/389 der Kommission vom 27.11.2017 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für eine starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation, ABl.EU 2018 L 69/23; vgl. näher auch unten Dritter Teil Rn 248. 160 Näher hierzu Palandt/Sprau § 675f Rn 68; Staudinger/Omlor § 675c Rn 21; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Schäfer § 1 Rn 176; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675f Rn 55. 161 Näher hierzu Staudinger/Omlor § 675f Rn 8–30; Palandt/Sprau § 675f Rn 6–10. 162 Näher hierzu hierzu Casper/Terlau/Casper § 1 Rn 57. 163 Näher hierzu BT-Drucks. 16/11643, S. 102; Casper/Terlau/Casper § 1 Rn 16, 28; Palandt/Sprau § 675f Rn 18.

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Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

71

3. E-Geld und Teilerfassung Kontoinformationsdienste (§ 675c Abs. 2 und 4 BGB). EGeld (Art. 2 Nr. 2 RL 2009/110/EG,164 § 1 Abs. 2 S. 3 ZAG) ist – wie die Richtlinie klarstellt – nichts anderes als eine Form von Buchgeld, basierend also auf einem abstrakten Zahlungsversprechen (§ 780 BGB) eines Zahlungsdienstleisters an den Kunden, über das der Kunde verfügen kann, wobei die Buchung, jedoch auch die Verfügung über den gebuchten Betrag ausschließlich elektronisch erfolgt, ggf. mittels eines spezifischen – elektronischen – Speicherungsmechanismus. Daher ist die Einbeziehung ins Regime der Zahlungsdienste rein klarstellender Natur.165 Als Speichermechanismus werden vor allem eine Speicherung auf Karte mittels Chips (GeldKarte) oder eine Speicherung auf einem Server („Netzgeld“) verwendet, Letzteres etwa im System MPesa, was eine Anweisung etwa durch SMS erlaubt.166 Zwar mögen Einzelfragen – etwa die Haftung bei Missbrauch/Verlust oder auch die Form der Autorisierung – anders geregelt sein, das Zusammenspiel zwischen (i) Geschäftsbesorgungs- oder Rahmenvertrag, (ii) Einzelweisung oder Autorisierung und (iii) Buchungen (abstrakten Zahlungsversprechen) ist freilich vergleichbar dem bei klassischen Zahlungsverkehrsinstrumenten, vor allem bei der Kartenzahlung. Mit der deklaratorischen Einbeziehung in den Kreis der Zahlungsdienste wird klargestellt, dass alle Normen, soweit nicht Ausnahmeregeln greifen, Anwendung finden, namentlich auch die Regeln zu den Informationspflichten. Die wichtigste Ausnahmeregelung für E-Geld (genauer: für eine typische Form hiervon) findet sich in § 675i BGB (Kleinbetragsinstrumente). 72 Nur sehr begrenzt soll das Zahlungsdiensterecht auf bloße Informationsdienste Anwendung finden (§ 675c Abs. 4 BGB). Kontoinformationsdienste sammeln alle Kontodaten und bereiten sie übersichtlich auf, von einem oder mehreren Konten bei einem oder mehreren Zahlungsdienstleistern (§ 1 Abs. 34 ZAG) und sollen gemeinsam mit den Zahlungsauslösediensten das sog. „Multi-Banking“, die Verwaltung verschiedener Konten über eine Plattform,167 ermöglichen. Sie werden zwar als Zahlungsdienstleister (jedoch nicht Zahlungsinstitut) qualifiziert (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, S. 2 Nr. 8 ZAG), so dass das Zahlungsdiensterecht – Aufsichtsrecht ebenso wie Privatrecht – grds. anwendbar ist. Die deutliche Reduktion der Anforderungen im Aufsichtsrecht, in §§ 34–37 ZAG – namentlich ohne Eigenkapitalanforderungen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 3 und § 36 ZAG e contrario mit bloßer Vorgabe einer Berufshaftpflichtversicherung) –, und vor allem diejenige im Zahlungsdienste-Privatrecht verkehren allerdings die Anordnung fast gänzlich in ihr Gegenteil. Gleichzeitig hat das Recht, auf fremde Kontodaten zuzugreifen, zur Folge, dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an kontoführende Zahlungsdienstleister zusätzlich steigen. Nach § 50 Abs. 1 ZAG sind kontoführende Zahlungsdienstleister verpflichtet, auf sichere Art und Weise mit dem Kontoinformationsdienstleister zu kommunizieren. Konkretisiert wird diese Pflicht gem. § 50 Abs. 3 ZAG durch die delegierte Verordnung (EU) 2018/389 vom 27. November 2017, die unter anderem in Art. 30 die Implementierung einer besonders angepassten Zugangsschnitstelle seit dem 14. September 2019 verlangt. Diese von FinTechs stark kritisierte Vorgabe bereitet den deutschen Banken erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten und führt durch ihre auf Transparenz ausgerichtete Ausgestaltung gleichzeitig zu einer begrüßenswerten Einschränkung des Kontenzugriffs durch Kontoinformationsdienstleis-

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164 Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG ABl.EU 2009 L 267/7, sog. Zweite E-Geld-Richtlinie. 165 Näher hierzu Staudinger/Omlor § 675c Rn 5. 166 Für das Erste vgl. näher Baumbach/Hefermehl/Casper WechselG u. ScheckG Rn 67– 85; Casper/Terlau/Casper § 1 Rn 51 f., dies./Terlau § 1a Rn 8; und unten Dritter Teil Rn 204; für das Zweite Knops/Wahlers BKR 2013, 240; Casper/Terlau/Terlau § 1a Rn 9; und oben Dritter Teil Rn 34 f., 68. 167 Jestaedt BKR 2018, 445 (446); zu datenschutzrechtlichem Rahmen Sander BKR 2019, 66.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

ter.168 Im Privatrecht unterliegen die Kontoinformationsdienste nach 675c Abs. 4 ausschließlich den Informationspflichten nach § 675d Abs. 2 S. 2, Abs. 3 BGB. Sie sind auch sonst ins Zahlungsdienstesystem nicht vergleichbar eingebunden wie etwa die Zahlungsauslösedienste, namentlich insofern, als der Zahlungsdienstleister des Zahlers für sie (anders als für alle anderen Zahlungsdienstleister, auch die Zahlungsauslösedienste) nicht haftet. Dabei dürfen sie die Form der Unterrichtung durch Abrede mit dem Zahlungsdienstnutzer (maßgeschneidert und flexibel) festlegen, müssen diese (und ihre Vollständigkeit) jedoch im Streitfall nachweisen (§ 675d Abs. 2 S. 2 a.E., Abs. 3 BGB). Danach haben sie die in Art. 248 §§ 4 und 13 Abs. 1 EGBGB genannten Gegenstände aufzudecken, also: (i) vorvertraglich (namentlich bei Einmalverträgen) die Anforderungen an Auftragsauslösung, Erfüllungsfristen, alle Entgelte, theoretisch auch Wechselkursfragen, und (ii) vertraglich (bei allen Verträgen) die gesamte Bandbreite der in der Hauptvorschrift des § 4 genannten Gegenstände. Dies ist freilich dahin zu verstehen, dass zwar zum Kontoinformationsdienst selbst, seiner Person und Leistung, seinen Entgelten, Kommunikationswegen, Streitbeilegungsverfahren etc. die Informationen vergleichbar wie bei anderen Zahlungsdienstleistern zu erbringen sind (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ff. und dazu Dritter Teil Rn 125–128), der Kontoinformationsdienst die Informationen zu Dienstleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 jedoch nur zu seiner eigenen Dienstleistung zu klären hat. Insbesondere hat er nicht etwa (Rechts-)Beratung bzw. Information zu Fehlern anderer Zahlungsdienstleister zu geben, also nicht etwa, ob ein Zahlungsdienst ordnungsgemäß ausgelöst oder ausgeführt wurde, sondern allein die Fragen des status quo und der Entwicklung der einbezogenen Konten. Da der Inhalt der Leistung bei Kontoinformationsdiensten deutlich stärker in der Abrede festgelegt wird (individuell angepasst gestaltet sein kann) als bei anderen Zahlungsdienstleistern, weil er deutlich weniger durch das Zahlungsdiensterecht standardisiert vorgegeben ist, ist der Umfang der Informationspflichten auch maßgeblich vom Umfang des Vertragsgegenstandes abhängig (eines oder viele Konten bei einem oder mehreren Zahlungsdienstleistern).169 III. Allgemein-Schuldrechtliche Vertragstypen als Auffangregeln (§ 675c Abs. 1 BGB) 1. Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht. Das deutsche Bankvertragsrecht entwickelte 73 sich durch Zuordnung der Phänomene zu – nicht spezifisch darauf zugeschnittenen – allgemein-schuldrechtlichen Normen und Vertragstypen.170 In der Tat stellen auch weiterhin Zahlungsdienste Geschäftsbesorgungsverträge dar, was § 675c Abs. 1 BGB nur klarstellt,171 wobei freilich das Vertragsbeendigungsregime (§ 675h BGB) – auch wegen des Vollharmonisierungsansatzes – nicht durch auftrags- bzw. geschäftsbesorgungsrechtliche Regeln ergänzt werden soll (ausgenommen vom Verweis). Mit in Bezug genommen sind – je nachdem, ob nur ein Bemühen oder aber ein Erfolg geschuldet ist – auch – ausnahmsweise – §§ 611 ff. BGB und – regelmäßig – 631 ff. BGB.172 Dass ein Erfolg geschuldet ist, d.h. die werkvertragliche Prägung des Rechtsver-

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168 Vgl. nicht veröffentlichtes BaFin-Schreibem vom 16.8.2019, auf das etwa hier verwiesen wird: https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/bankenaufsicht-bafin-gibt-banken-strengeregeln-fuer-konto-schnittstellen-vor/24910032.html?ticket=ST-13506327-MrIykNCKDVz2bmeRs9Dx-ap5. 169 Vgl. ausf. (gerade auch zum Inhalt der Informationspflichten) Jestaedt BKR 2018, 445. 170 Grundlegend Canaris Bankvertragsrecht, Großkommentar HGB, Bankvertragsrecht4, 1988 (ab Rn 1163 – Effektenrecht – Investment Banking: 2. Aufl. 1981). 171 BT-Drucks. 16/11643, S. 99; für Großbritannien ebenso Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 593; Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 124 f.; für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 289. 172 Für die Heranziehung von §§ 611 ff. bzw. 631 ff. BGB als weitere Auffangregeln im Rahmen von Aufträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen vgl. BGH Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, BGHZ 195, 298 = NJW 2013, 995 (998); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal Kap. 2 § 675c Rn 11, MünchKommBGB/Casper § 675c Rn 42; Palandt/Sprau § 675c Rn 8; Erman/Graf v. Westphalen, § 675f Rn 2; Staudinger/Omlor § 675f Rn 4–6. Die

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

hältnisses, hindert also nicht die Einordnung als Geschäftsbesorgungsvertrag.173 Generell ist beim Verweis die Frage zu stellen, ob nicht die Richtlinienregelung – namentlich wegen des Vollharmonisierungsansatzes – abschließende Wirkung haben soll. Nur mit dieser Einschränkung kann auf die bisherige Rechtsprechung zum Überweisungs-, Lastschrift- und Kartenzahlungsgeschäft (zum Vorgängerregime der §§ 675c bis 676c BGB) rekurriert werden.174 Zudem ist diese (spätestens) seit 2009 im Bereich der Richtlinie umfassend als bloße Umsetzung derselben zu verstehen und daher an Zielsetzungen derselben zu messen. Das Zahlungsgeschäft hat seinen Charakter fundamental gewandelt: von einer Anwendungsform des allgemeinen deutschen Geschäftsbesorgungsrechts hin zu einem durchregulierten Europäischen SEPARecht mit wenigen Einsprengslen deutschen Geschäftsbesorgungsrechts. Das „deutsche Gewand“ (Zahlungsdienstegesetz) sollte darüber nicht hinwegtäuschen. Da schon bisher das Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht nicht spezifisch auf Überweisung, Lastschrift und Kartenzahlung zugeschnitten war, galt ohnehin schon bisher und gilt weiterhin, dass Lösungen für Sachfragen aus der Interessenlage der Beteiligten herzuleiten sind, nicht primär aus der Zuordnung zum Vertragstypus. Stets haben der Parteiwille und der Aspekt, dass das Instrument massenhafter Zahlungsabwicklung dient, entscheidendes bzw. erhebliches Gewicht. Überblicksweise ist zu konstatieren, dass das Girokonto einen Zahlungsdienste-Rahmen74 vertrag in Form des Geschäftsbesorgungsvertrages darstellt, in dem jedenfalls die Abwicklung von Überweisungen mit vereinbart ist, und jede einzelne Überweisung dann in Form einer (einseitigen) Weisung i.S.v. § 665 BGB ausgelöst wird, der sog. Autorisierung.175 Nur im Falle des Einzelvertrages muss das Institut die Pflicht zur Ausführung durch Zustimmung nochmals übernehmen. Hingegen enthält der Girokontovertrag (Rahmenvertrag) noch nicht die Zulassung als Zahlungsempfänger zum Lastschriftverkehr, vielmehr muss diese gesondert vereinbart werden und hat ihre eigenen Voraussetzungen.176 Wird eine Girocard ausgegeben – regelmäßig – oder eine Kreditkarte – häufig, aber nicht regelmäßig, teils auch durch einen anderen Emittenten als das Kreditinstitut –, so handelt es sich ebenfalls um eine gesonderte Abrede,177 nunmehr mit dem (zukünftigen) Zahler. In allen drei Fällen erteilt der Zahler wieder einseitig Weisung („Abbuchungsauftrag“ bzw. Weisung, ein Zahlungsversprechen abzugeben), der das Kreditinstitut bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen (ohne Notwendigkeit einer weiteren Zustimmung) Folge zu leisten hat. 75

2. Abstraktes Zahlungs- und Garantieversprechen. Auf andere wichtige Normen, die ergänzend heranzuziehen sind, wurde nicht – auch nicht klarstellend – verwiesen. Dennoch bleibt – weil die Richtlinie keine Aussage zur dogmatischen Konstruktion enthält – weiter wichtig, dass zentrale Bindungslagen des kontoführenden Kreditinstituts als abstrakte Zahlungsversprechen (§ 780 BGB) zu qualifizieren sind und qualifiziert werden. Dies gilt für die Gutschrift zugunsten des

_____ Hauptpflicht, die Übertragung der Valuta bei Vorliegen der Bedingungen, hat werkvertraglichen Charakter: MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 7; HK-BGB/Schulte-Nölke § 675f Rn 2. 173 Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 15. Es ist gerade eine Stärke dieses Vertragstyps, dass für eine Anwendung der §§ 662 ff. BGB zwischen dienst- und werkvertraglichen Ausgestaltungen nicht unterschieden werden muss: Palandt/Sprau § 675 Rn 7. Auch das Überweisungsgesetz sieht den Überweisungsvertrag als Unterfall des Geschäftsbesorgungsvertrages: BR-Drucks. 163/99 S. 28 f.; auch Klamt/Koch NJW 1999, 2776 (2776 und 2778); Schulz ZBB 1999, 287 (291 f.); speziell für das Zahlungsdiensterecht: Palandt/Sprau § 675c Rn 8 (Zahlungsdienste stellen eine Geschäftsbesorgung dar); BR-Drucks. 848/08, S. 164. 174 Vgl. BGH Urt. v. 22.5.2012 – XI ZR 290/11, BGHZ 193, 238 (246 Tz 20) = NJW 2012, 2571 = WM 2012, 1383. 175 Näher unten Dritter Teil Rn 146–148. Ebenso für Großbritannien Hudson Finance, S. 931 f.; Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 134; für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 289 f., 292. 176 Näher unten Dritter Teil Rn 152. Ebenso für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 303; Piedelièvre Paiement, S. 383, 395 f.; für Großbritannien Brindle/Cox/Smith/Robertson Bank Payments, S. 229. 177 Näher unten Dritter Teil Rn 163. Ebenso für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 303; Piedelièvre Paiement, S. 383; unklar Giorgianni/Tardivo Diritto Bancario, S. 535.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Überweisungsempfängers, auch des Lastschriftgläubigers (hier teils noch auflösend bedingt), für die Zahlungszusage an den Händler oder ein anderes Institut beim Girocard-Einsatz (mit PIN) und nach inzwischen ganz h.M. auch für die entsprechende Zahlungszusage beim Kreditkarteneinsatz.178 Dabei weichen die rechtlichen Lösungen namentlich beim Girocard-Einsatz nicht grundsätzlich vom allgemeinen Standard ab – vor allem hinsichtlich Abstraktheit und Einwendungsausschluss. Dies schließt freilich nicht aus, dass etwa die Einwendungslehre auf dem Hintergrund der Ziele der ZD-RL (I und II) in dem einen oder anderen Punkt neu zu bewerten sein mag. IV. Ausnahmen vom Anwendungsbereich und Abdingbarkeit (§ 675e BGB) 1. Gesamtsystem: Zusammenspiel von Ausnahmen und Abdingbarkeit (ius dispositi- 76 vum) in vier Fallgruppen. § 675e BGB regelt Fragen des Anwendungsbereichs (Ausnahmen hierzu) und der Abdingbarkeit. Da die Fragen gemischt und zudem nur Teilausnahmen statuiert werden und auch nur teils Abdingbarkeit angeordnet wird, ist die Norm kompliziert aufgebaut, allerdings mit Umsetzung der ZD-RL II vereinfacht. Unterschieden sind entsprechend der Graphik im Folgenden vier Arten von Transaktionen, für zwei davon stellen sich zwei Fragen – nach den Teilausnahmen bei den Normen des (ansonsten anwendbaren) Zahlungsdiensterechts und nach der Abdingbarkeit durch Parteivereinbarung –, für die anderen zwei allein die Frage nach der Abdingbarkeit (eine fünfte breitere Ausnahmeregel, für Kleinbetragsinstrumente, § 675i BGB, bleibt hier hingegen noch unberücksichtigt): 1. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. a: ZD abgewickelt in einer Währung von Nicht-EU/ EWR-Staat

2. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. b: ZD abgewickelt unter Beteiligung eines EU/EWR-ZD und Nicht-EU/EWR ZD

3. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 2: ZD abgewickelt unter ausschließlicher Beteiligung nicht im EWR ansässiger ZD

4. ZD abgewickelt in

5. ZD abgewickelt als

Anderer EWRMitgliedsstaatenWährung als Euro

B2B-Transaktion

Rechtsfolge179

(§§ 675e Abs. 2 sowie 675q Abs. 4, 675s Abs. 3 S. 1 und 2, 675t Abs. 5)

(§ 675e Abs. 2 sowie 675q Abs. 4, 675s Abs. 3 S. 1, 675x Abs. 6, 675y Abs. 8, 675z S. 6)

(§§ 675e Abs. 2)

(§ 675e Abs. 3)

(§ 675e Abs. 4)

Nicht anwendbar

– § 675d: Informationspflichten

§ 675d wie 1.

§ 675d wie 1.

Umfassende Anwendbarkeit

Umfassende Anwendbarkeit

Differenzierung nach außer- und innereuro-

– § 675q Abs. 1: Verbot Entgeltentnahme aus Valuta (für DST)

§ 675q Abs. 1 wie 1.

ohnehin in DS

(außer 1., 2, oder 3.), aber:

(außer 1. , 2. oder 3.), aber:

wie 1.

wie 1.

Fallgruppe

_____

178 Näher unten Dritter Teil Rn 155, 176 (Einsatz der Girocard an institutsfremden Automaten), Rn 29, 355 (Gutschrift des Überweisungsempfängers), Rn 353 (Anspruch Dritter bei Einsatz der Girocard), Rn 164 Zahlungszusage bei Kreditkartenzahlung). 179 Die Ausnahmen gelten nur für die außerhalb des EWR erbrachten Bestandteile des gegenständlichen Zahlungsvorgangs (vgl. § 675d Abs. 6 Nr. 1 BGB – Eingangspassage). Sonderausnahmen für die Bestandteile eines Zahlungsvorgangs, die innerhalb des EWR erfolgen, finden sich teils auch außerhalb von § 675e Abs. 2 BGB in den außerdem angegebenen Vorschriften. Diese enthalten neben Vorgaben zur Unanwendbarkeit z. T. auch Abbedingungsmöglichkeiten.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

2. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. b: ZD abgewickelt unter Beteiligung eines EU/EWR-ZD und Nicht-EU/EWR ZD

3. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 2: ZD abgewickelt unter ausschließlicher Beteiligung nicht im EWR ansässiger ZD

wie 1. (nur S.1)

ohnehin in DS

– § 675t Abs. 2: Unverzügliche Wertstellung Barein- Zahlung (DST) und Abs. 5 Nr. 2 (EUT)

wie 1. für DST

ohnehin in DS

– § 675x Abs. 1 Widerspruchsmöglichkeit bei Lastschrift (DST)

wie 1., aber auch für EUT (§ 675x Abs. 6 Nr. 1)

ohnehin in DS

– 675y Abs. 1–4: Haftung bei AusFührungsfehlern (DST)

wie 1., aber auch für EUT (§ 675y Abs. 8)

ohnehin in DS

– § 675z Satz 3: Haftung für Verschulden in Zahlungskette (DST)

wie 1., aber auch für EUT (§ 675y S. 6)

ohnehin in DS

Rechtsfolge

(§§ 675e Abs. 2 675q Abs. 4, 675s Abs. 3 S. 1 und 2, 675t Abs. 5)

(§§ 675e Abs. 2 675q Abs. 4, 675s Abs. 3 S. 1, 675x Abs. 6, 675y Abs. 8, 675z S. 6)

Abdingbar

Alle sonstigen Nor- Alle sonstigen Normen abdingbar (für men abdingbar Teil außerhalb (wie 1.)

Differenzie.rung s.o.

EU = DST) + nahmen irrele§ 675q –Abs. 4 Nr. 2 (§ 675q Abs. 4 Nr. 2: vant, da ohnehin (Verbot ) Für Entwie 1.) in DS) geltentnahme in EU)

Fallgruppe

päischen Bestandteilen (DST-EUT)

1. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. a: ZD abgewickelt in einer Währung von Nicht-EU/ EWR-Staat

4. ZD abgewickelt in

5. ZD abgewickelt als

Anderer EWRMitgliedsstaatenWährung als Euro

B2B-Transaktion

(§ 675e Abs. 2)

(§675e Abs. 3)

(§ 675e Abs. 4)

Alle sonstigen Normen abdingbar (weitere Aus-

– § 675t Abs. 1 S. 3 und Abs. 2: Unverzüglichkeit

– § 675d Abs. 1 bis 5: Informationspflichten

auch bei Barein-+ auszahlungen

– § 675f Abs. 5 S. 2: Entgeltabreden zur Erfüllung von Nebenpflichten nur bis Höhe der Kosten

– § 675s Abs. 1: Kurze Ausführungsfristen (DST) – § 675s Abs. 3 S.1: Kurze Ausführungs-fristen (EUT) und S. 2 (NichtEuro-Transferfristen)

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

Fallgruppe

1. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. a: ZD abgewickelt in einer Währung von Nicht-EU/ EWR-Staat

2. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 1 lit. b: ZD abgewickelt unter Beteiligung eines EU/EWR-ZD und Nicht-EU/EWR ZD

3. ZD i.S.v. § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 2: ZD abgewickelt unter ausschließlicher Beteiligung nicht im EWR ansässiger ZD

4. ZD abgewickelt in

5. ZD abgewickelt als

Anderer EWRMitgliedsstaatenWährung als Euro

B2B-Transaktion

+ § 675s Abs. 3 Nr. 3 (Ausführungsfristen Lastschriften in EU)

Nicht wie 1.

– § 675g: Änderung des Rahmenvertrages

+ § 675t Abs. 5 Nr. 1

Nicht wie 1.

– § 675h: Kündigungsregeln

(kurze Ausführungsfrist bei beleggebundenem Auftag – EUT)

77

– § 675j Abs. 2: Widerrufsmöglichkeit für + Sonstiges Lastschriftswiderspruchsrecht (EUT: § 675x Abs. 6 Nr. 2)

Einzelaufträge – § 675p: Unwiderruflichkeit des Einzelauftrages in sonstigen Fällen – § 675v bis § 676: Haftung bei Drittmissbrauch und AusführungsFehlern + Widerrufsregime Lastschriften – § 676b Abs. 2 und 4:

(weitergehende Abdingbarkeit, wenn zudem auch 1., 2., oder 3.)

Frist modifizierbar (weitergehende Abdingbarkeit, wenn zudem auch 1., 2. oder 3.).

Die Tabelle ist von links nach rechts zu lesen, da in den Fällen, die in Spalte 1. bis 3. genannt 78 sind, zum einen echte Ausnahmen statuiert werden und zudem die Abdingbarkeit ungleich weiter reicht. So ist beispielsweite in einer B2B-Transaktion (Spalte 5.) unter Beteiligung eines Instituts/einer Filiale in einem Nicht-EU/EWR-Staat (Spalte 1.), § 675d BGB zu den Informationspflichten schon gar nicht anwendbar, nicht nur abdingbar; und für alle Normen, die in B2BTransaktionen (allgemein) für abdingbar erklärt werden, ist in den Fällen, die in Spalten 1. bis 3. benannt sind, eine Abdingbarkeit auch bereits vorgesehen. Am weitesten gehen die Ausnahmen, aber auch die Abdingbarkeit in den Spalten 1. bis 3., also bei Zahlungsverkehr mit einem nicht im EWR ansässigen Institut, Zahlungsvorgängen in einer Nicht-EU/EWR-Währung und Zahlungsvorgängen zwischen ausschließlich außerhalb des EWR ansässigen Instituten. Letztere unterfallen 421

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

zwar prinzipiell nicht dem räumlichen Anwendungsbereich des europäischen Zahlungsdiensterechts, werden jedoch in überschießender Umsetzung der Richtlinie dem deutschen Umsetzungsgesetz unterworfen. Der Gesetzgeber beabsichtigt hiermit, die freilich selten vorkommenden Fälle, in denen ein Zahlungsvorgang zwar nicht von der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie erfasst wird, jedoch aufgrund des IPR dem deutschen Recht unterfällt, gleichlaufend im Zahlungsdiensterecht zu regeln, freilich mit umfassenden Ausnahmen und Abbedingungsmöglichkeiten. Spalte 3 weist daher nur eine geringe Relevanz auf. Hinsichtlich der eingeschränkten Anwendbarkeit des Zahlungsdiensterechts ergeben sich bezüglich Spalte 1 und 2 nur geringe Unterschiede (vgl. im einzelnen Grafik in Rn 77). Zusätzlich sieht eine Reihe von Vorschriften (§§ 675q Abs. 4, 675s Abs. 3 S. 1 und 2, 675x Abs. 6, 675y Abs. 8, 675z S. 6 BGB) bei derartigen Transaktionen für die innerhalb der Union getätigen Bestandteile, für die etwa §§ 675e Abs. 2 BGB freilich keine Geltung entfaltet, weitere Ausnahmen und Abbedingungsmöglichkeiten vor. Das Zahlungsdiensterecht ist also – wenn deutsches Recht überhaupt anwendbar ist (vgl. Dritter Teil Rn 11) – nur sehr bedingt anwendbar bei Zahlungsverkehr in einer Nicht-EU/EWR-Währung, bei Beteiligung eines Instituts mit Sitz in einem Nicht-EU/EWR-Staat (genauer: einer auf Zahler- oder Zahlungsempfängerseite agierenden Filiale in solch einem Staat) und als nationale Besonderheit bei ausschließlicher Beteiligung von Instituten, die ihren Sitz außerhalb des EWR haben. Darüber hinaus ist in diesen Fällen das anwendbare Recht umfassend/weitestgehend abdingbar. Daneben ist es in (sonstigen) B2B-Transaktionen auch noch recht weitgehend abdingbar, in Nicht-EuroTransaktionen (mit Verbrauchern) hingegen nur recht eingeschränkt. 79

2. Ausnahmen bei Abwicklung oder Währung außerhalb von EU/EWR (§ 675e Abs. 1 und 2 BGB). Eine Reihe von Normen, aufgelistet in oben stehender Tabelle, sind unanwendbar, wenn der Zahlungsvorgang abgewickelt wurde unter Einschaltung (auch nur) eines Zahlungsdienstleisters (auf Zahler- oder Empfängerseite), der außerhalb von EU/EWR ansäßig ist, und – mit leicht abweichendem Ausnahmekatalog – wenn der Zahlungsvorgang in einer anderen Währung als der eines EU/EWR-Mitgliedstaates abgewickelt werden soll. Dies gilt ohnehin nur, wenn deutsches Recht anwendbar ist – und damit auch das Zahlungsdiensterecht (oben Dritter Teil Rn 10–12). Für die Ansäßigkeit des jeweiligen Zahlungsdienstleisters kommt es auf die Filiale an, die im konkreten Zahlungsvorgang auf Zahler- oder Empfängerseite tätig wurde, nicht den Hauptsitz.180 Mit diesen Ausnahmen sollen Normen, deren Anwendung eine besondere Integration bzw. Harmonisierung der Zahlungssysteme bzw. Abwicklungsprozeduren voraussetzt, von vornherein ausgeblendet werden. An ihrer Stelle gilt dann allgemeines Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht. Ergänzt wird dieser Ausnahmekatalog durch eine (fast) umfassende Abdingbarkeit aller weiteren Normen des Zahlungsdiensterechts für die Teile, die außerhalb des Raumes oder von Währungen von EU/EWR abgewickelt werden (unten Dritter Teil Rn 81). 3. Abdingbarkeit

80

a) Einseitig zwingender Charakter (§ 675c Abs. 1 BGB). Das Zahlungsdiensterecht ist grds. halbzwingend, eine Abbedingung zu Lasten des Nutzers scheidet also aus. Im Umkehrschluss dazu ist eine privatautonome Ausgestaltung im Interbankenverhältnis umfassend möglich, wenn nicht schon, wie innerhalb von Zahlungssystemen, der Anwendungsbereich des Zahlungsdiensterechts gar nicht eröffnet ist (oben Dritter Teil Rn 68, auch 79). Die im Zahlungsverkehr wichtigen Klauselwerke im Interbankenverhältnis sind solchermaßen umfassend zulässig. Ist eine Abbedingung auch im Verhältnis zum Zahlungsdiensternutzer überhaupt zulässig (dazu vgl. im Folgenden), sind die Normen des Zahlungsdiensterechts – wie dispositives Recht

_____ 180

BT-Drucks. 16/11643, S. 100.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

auch sonst – als Leitbild für die AGB-Kontrolle weiterhin heranzuziehen. Eine AGB-Kontrolle ist insbesondere nicht durch den Vollharmonisierungsgrundsatz ausgeschlossen, da die Richtlinie diese Frage sichtlich nicht regelt, sicherlich nicht in B2C-Situationen, die durch EU-Recht der Klauselkontrolle unterworfen werden,181 aber auch nicht in B2B-Transaktionen. Denn durch den Massencharakter der Abwicklung ist weitgehend zwingend vorgegeben, dass die Institute im Kundenverhältnis in durchaus erheblichem Umfang gleiche AGB auf alle Kunden anwenden, Verbraucherkunden ebenso wie berufliche. Eine Ausgestaltung durch AGB ist auch für Fälle möglich, in denen ein Zahlungsdienst, etwa die Ausgabe eines Zahlungs- und Authentifizierungsinstruments, erbracht wird, auch wenn ein Risiko geregelt wird, das eintritt, ohne dass eine weitere Dienstleistung erbracht würde, etwa bei Kartenmissbrauch; andernfalls würde etwa der Verweis von § 675e Abs. 4 BGB auf § 675v BGB gegenstandslos bleiben.182 b) Abwicklung oder Währung außerhalb von EU/EWR (§ 675e Abs. 1 und 2 BGB). Um- 81 fassend abdingbar ist das Zahlungsdiensteregime dann bei allen außerhalb des EWR getätigten Bestandteilen von one-leg transactions und Zahlungen in einer Währung, die nicht die eines EUoder EWR-Mitgliedstaates ist, erst recht bei den Transaktionen von zwei Instituten außerhalb des EWR. Für die innerhalb des EWR getätigten Bestandteile sehen nunmehr die konkret betroffenen Normen (etwa §§ 675q Abs. 4, 675s Abs. 3, 675t Abs. 5 BGB) Ausnahmen und Abbedingungsmöglichkeiten vor. c) B2B und Nicht-Euro-Transaktionen (§ 675e Abs. 3 und 4 BGB). Auch in B2B-Zah- 82 lungsvorgängen sind die Abbedingungsmöglichkeiten recht umfangreich, sie beziehen sich auf die wichtigsten Fälle, in denen trotz Massencharakters der Abwicklung überhaupt Transaktionen sinnvollerweise anders ausgestaltet werden können als in B2C-Verhältnissen. Umgekehrt ist bei Zahlungsvorgängen in einer anderen (EU/EWR-)Währung als Euro nur eine Abweichung gestattet: von § 675t Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BGB, der auch bei Barein- und Barauszahlungen (sog. Finanztransfers) eine unverzügliche Abwicklung vorschreibt (eine weitere nächste Rn). d) Weitere punktuelle Abweichensmöglichkeiten und Ausgestaltungsaufträge. In an- 83 deren Normen finden sich vereinzelt weitere Möglichkeiten einer privatautonomen Abweichung oder Ausgestaltung. Die wichtigsten sind § 675i Abs. 2 BGB zur recht umfangreichen Ausgestaltungsmöglichkeit bei Kleinbetragsinstrumenten, etwa der GeldKarte, § 675s Abs. 1 für eine Verlängerung der Ausführungsfristen, wohl auch § 675x Abs. 3 BGB, der ausdrücklich ein ausgedehntes Widerspruchsrecht im Lastschriftverkehr gestattet (Abweichung belastend für den Zahlungsempfänger). Hinzu kommen all die Fälle, in denen Zahlungsdienstnutzer nur Rechte eingeräumt erhalten und keiner belastet wird (einseitig zwingender Charakter). Relativ häufig wird auch für die Ausgestaltung der Voraussetzungen, etwa für die Bindungswirkung einer einseitigen Autorisierung („Weisung“), ausdrücklich auf eine Parteiabrede verwiesen, d.h. in Situationen, in denen das Zahlungsdienstrecht selbst gar keine Vorgabe macht (Ausgestaltungsauftrag) (vgl. etwa § 675k BGB zur Nutzungsgrenze und Kartensperrung, §§ 675j Abs. 1 S. 3 und 675o Abs. 2 BGB zu Voraussetzungen für die Ausführung der Weisung, § 675x Abs. 3 BGB zum Widerspruch bei Lastschrift).

_____

181 Namentlich Art. 3 f. der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl.EG 1993 L 95/29; dazu auch MünchKommBGB/Wurmnest § 307 Rn 2–5; zur Klauselkontrolle vgl. Einsele, ZIP 2011, 1741; zur Zulässigkeit neben der ZD-RL II: Palandt/Sprau § 675e Rn 2; MünchKommBGB/Casper § 675e Rn 1 ff. 182 AA Scheibengruber BKR 2010, 15 (19).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

V. Klauselwerke des Zahlungsdienstleistungsverkehrs 1. Überweisungsverkehr. Unter den privatautonom gesetzten Regelwerken zum Überweisungsverkehr, die auch zunächst nach dem 1.11.2009 fortgalten, ragte bis zur Migration der SEPA-Überweisung das Abkommen zum Überweisungsverkehr hervor.183 Da die Inlandsüberweisungen auf Grundlage des DTA-Formats184 erfolgten, welche sich als nicht SEPA-kompatibel erwiesen, wurde das Überweisungsabkommen durch das vom EPC herausgegegebene SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook – derzeit Version 1.1. mit Wirkung vom 18.11.2017 – ersetzt.185 Ergänzend hierzu haben die deutschen Kreditinstitute ein Abkommen über die SEPA-Inlandsüberweisung geschlossen.186 Als Interbankenübereinkommen gilt das Abkommen zur SEPA-Inlandsüberweisung ebenso wie das SEPA Rulebook allein zwischen Kreditinstituten, reduziert also Rechte der Kunden nicht187 und unterliegt folglich auch keiner AGBKontrolle.188 Gegenstand sind in beiden Abkommen die Fragen der Abwicklung im Interbankenverkehr, vor allem die heute obligatorische Umwandlung von beleggebundenen Kundenüberweisungsaufträgen in beleglose, elektronische zur Weiterübertragung. 85 Nicht den Überweisungsweg, sondern die Gestaltung des Kundenauftrags betreffen – für die Verfahren nach dem SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook – die Richtlinien zu den einheitlichen Vordrucken.189 Die Vordruckgestaltung kann Gegenstand AGB-rechtlicher Kontrolle sein, soweit sie Regelungsgehalt hat.190 Den daran anschließenden institutsinternen Akt der Codierung betreffen die Richtlinien zur einheitlichen Codierung. Seit 1.1.2002 legen die Kreditinstitute dem Überweisungsverkehr – im Verhältnis zum Kunden – die von der Kreditwirtschaft empfohlenen und vom Bundeskartellamt genehmigten „Bedingungen für den Überweisungsverkehr“ – in einer potentiell jeweils von Kreditinstitut zu Kreditinstitut modifizierten Fassung – zugrun-

84

_____

183 Ursprünglich in Kraft seit dem 16.4.1996, in allen Teilen seit 2.1.1998, WM 1996, 840; letzte Version vom Januar 2014; Abdruck Escher-Weingart BuB Rn 6/146–6/150; Siehe zur Historie der Interbankenabkommen: Baumbach/Hopt, (7) Rn C/83 ff. 184 Vgl. hierzu die Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 84; siehe auch BankR-Hdb/Maihold § 52. 185 https://www.europeanpaymentscouncil.eu/sites/default/files/kb/file/2017-10/EPC125-05%202017%20SCT% 20Rulebook%20version%201.1.pdf; zum Rulebook selbst (Version 3.3.): Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Dippel S. 1269 f.; zu SEPA allgemein etwa BankR-HdB/Haug § 51 insb. Rn 22–45; Werner WM 2014, 243; Walter DB 2013, 385; Reymann JuS 2012, 781; zur Ende 2019 neuerlich anstehenden Ersetzung (oder eher Fortschreibung) vgl. https:// www.europeanpaymentscouncil.eu/document-library/rulebooks/2019-sepa-direct-debit-core-rulebook-version-10, alle Links zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 186 Stand 13.1.2018, abrufbar unter https://beck-online.beck.de/Dokument/Gesamtversion?vpath=bibdata% 2Fges%2FKWG_312497%2Fcont%2FKWG_312497.htm&isAktuellGueltigeGesamtversion=True#lawanchor_kwg_3124 97, zuletzt abgerufen am 13.1.2020, sowie unten Dritter Teil Rn 543. 187 Für das Abkommen über den Überweisungsverkehr: Reiser WM 1990, 745 (745 f.); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 53 Rn 7, Verweis in BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 2a; BankR-HdB/Schimansky (3. Aufl.) § 49 Rn 176, (zur neuen Rechtslage bzgl. des Anspruchs des Empfängers BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 164ff); für das SEPARulebook ausdrücklich dessen Nr. 3.6; sowie: Die Deutsche Kreditwirtschaft Fragen zur Thematik „SEPA“ und „SEPA-Migration“ (Implementierungsfragen), Stand: November 2013. 188 BGH Urt. v. 3.10.1989 – XI ZR 163/88, BGHZ 108, 386 (389 f.) = NJW 1990, 250; vgl. auch Nachw. unten Dritter Teil Rn 87. 189 Die Deutsche Kreditwirtschaft Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke 2016 (anzuwenden seit: 1.2.2016), https://die-dk.de/media/files/Richtlinie-ZV-Vordrucke-2016-DK_finale_Fassung_DK_Homepage.pdf; modifiziert zum 13.1.2018 durch das Merkblatt 2017 – Aktualisierungen zu den „Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke“, https://die-dk.de/media/files/Merkblatt_2017-Anpassung_der_Richtlinien_ V11.01.2018_QOulHUn.pdf. Die alten Vordrucke (Nachw und Erklärung, auch zur vorherigen Entwicklung, in Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 85) können aufgrund der nicht fehlenden SEPA-Konformität nicht mehr verwendet werden, alle Links zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 190 So für die sog. Fakultativklausel BGH Urt. v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (28–31) = NJW 1986, 2428; dazu unten Dritter Teil Rn 328; ebenso für die Zukunft (auch grenzüberschreitende Interbankenabkommen), BR-Drucks. 848/08, S. 172.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

de.191 Für das Online-Banking orientiert sich die Kreditwirtschaft – wieder von Kreditinstitut zu Kreditinstitut potentiell variierend – an den „Bedingungen für die konto-/depotbezogene Nutzung des Online-Banking mit elektronischer Signatur (Homebanking-Bedingungen)“.192 2. Lastschriftverkehr. Ausgestaltet war der Lastschriftverkehr traditionell vor allem durch 86 das Lastschriftabkommen (LSA, letzte Fassung 2/2014, außer Kraft getreten am 15.4.2016).193 Als Interbankenübereinkommen galt es allein zwischen den beteiligten Kreditinstituten (Abschn. IV Nr. 1 LSA), konnte also Rechte der Kunden ebenfalls nicht reduzieren,194 und es unterlag auch keiner AGB-Kontrolle.195 Infolge der SEPA-Migration teilte das LSA die Entwicklung beim Abkommen zum Überweisungsverkehr. An seine Stelle trat mit Außerkrafttreten des § 7a ZAG zum 1.2.2016196 das SEPA Direct Debit Rulebook – derzeit Version 1.1 mit Wirkung vom 19.11.2017 – wahlweise für das SEPA-Basislastschriftverfahren oder das SEPA-Firmenlastschriftverfahren.197 Es regelt – umfassender als etwa das SEPA Core Credit Transfer Scheme Rulebook – den gesamten Ablauf der Lastschrift, vor allem der Lastschriftrückgabe, und bei Rückgabe Ansprüche der Zahlstelle gegen die erste Inkassobank. Ergänzend hierzu haben die deutschen Kreditinstitute ein Abkommen über die SEPA-Inlandslastschrift – Stand: November 2017, Inkraft seit 13.1.2018 – geschlossen. Ein AGB-Regelwerk für alle Rechtsbeziehungen des Lastschriftverkehrs gab es zuerst im Sparkassensektor, das jedoch in fast allen Punkten nur deklaratorisch wirkte, da es dispositives Recht wiederholte.198 Heute haben alle Verbände – im Verhältnis zu den Zahlungsdienstenutzern – Musterbedingungen für die SEPA-Basis- und die SEPA-Firmen-Lastschrift entwickelt,199 weil das SEPA Direct Debit Rulebook nicht nur ausschließlich im Interbankenverhältnis

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191 Abgedruckt in ZBB 2002, 60 ff.; dazu Koch ZBB 2002, 57; Bunte AGB-Banken (3. Aufl. 2011), unter 1., Textabdruck AGB-Banken, S. 1–16; Escher-Weingart BuB Rn 6/136; und (aktuelle Fassung) https://bankenverband. de/media/uploads/2018/01/12/uberweisungsbedingungen13jan2018.pdf; sowie unten Dritter Teil Rn 544; für die früheren Sonderbedingungen im Sparkassenbereich, speziell auch für die grenzüberschreitende Überweisung, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (1. Aufl. 2001) Rn BankR II 21 f. Vgl. charakteristisch https:// www.deutsche-bank.de/pfb/content/fk_rechtliche_hinweise.html (unter C. II. 1.); Lit. zum elektronischen Bankzahlungsgeschäft unten Dritter Teil Rn 229 Fn 502, alle Links zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 192 Abgedruckt in Bunte AGB-Banken, V. (Stand: November 2009; erforderliche Aktualisierung aufgrund ZD-RL II ausstehend); charakteristisch wiederum die Deutsche Bank vgl. vorige Fn (unter A V. und C. V). 193 Abgedruckt bei BankR-Hdb/Ellenberger Anh. 1c zu §§ 56–59 (Vorgängerfassungen unter Anh. 1a und 1b); dazu (vor allem auch zur ungleich dichteren Ausgestaltung des gesamten Lastschriftablaufs als im Parallelabkommen zum Überweisungsverkehr) Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 86; zur Nichtanwendbarkeit auf SEPA-Lastschriften siehe Baumbach/Hopt (36. Aufl.) (10). 194 Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 37; für das SEPA-Rulebook (dazu sogleich) ebenso dessen Nr. 3.4; sowie Die Deutsche Kreditwirtschaft Fragen zur Thematik „SEPA“ und „SEPA-Migration“ (Implementierungsfragen), Stand: November 2013. Auch die (dritt-)kundenbegünstigende Wirkung wurde nicht direkt aus dem LSA abgeleitet; dazu unten Dritter Teil Rn 348. 195 BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (389 f.) = NJW 1990, 250. 196 Nur für Zahlungen, die an einer Verkaufsstelle mit Hilfe einer Zahlungskarte generiert werden, blieb das Einzugsermächtigungsverfahren bis 1.2.2016 zulässig (Art. 6 der EU-SEPA-VO 260/2012, Nachw. oben Dritter Teil Rn 3 Fn 9), das betraf in Deutschland das „alte“ ELV („POZ“). 197 Vgl. https://www.europeanpaymentscouncil.eu/sites/default/files/kb/file/2017-10/EPC016-06%20SDD% 20Core%20Rulebook%202017%20version%201.1.pdf, zuletzt abgerufen am 13.1.2020; Literatur und anstehende Änderungen vgl. oben Fn 185. Ergänzend das sog. SEPA-Lastschriftabkommen vgl. Baumbach/Hopt (7) D42/D43. 198 Abdruck etwa in Spark. 1992, 32 (mit Anmerkungen v. Terpitz). Abschn. I entsprach umfassend dispositivem Recht, allenfalls Abschn. II, III (Bestimmungen für den Zahlungsempfänger und -pflichtigen) enthielten einige darüber hinaus gehende Vereinbarungen (Verbot der Wiedervorlage, Rückbelastungsrecht wie in Nr. 8 EEVInkasso-Muster, Gebühren, Schriftform für Auftrags- und Ermächtigungswiderruf). 199 Abdruck der vorangegangenen (ersetzten) AAV- und EEV-Regelwerke in Vorauflage: StaubGroßKommHGBGrundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 544–546 (einschließlich Muster für Erteilung einer Abbuchungsermächtigung); aktuelle Fassung (SEPA-Basis- und SEPA-Firmenlastschrift-Bedingungen) unter https://bankenverband.de/media/uploads/2018/01/12/bedingungen-sepa-basislastschrift13jan18.pdf bzw. https://bankenverband.de/media/uploads/2018/01/12/bedingungen-sepa-firmenlastschrift13jan18.pdf, zuletzt

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Rechte und Pflichten begründet, sondern weil es zudem mit über 200 Seiten Umfang ungleich breiter und technischer ist als das alte Lastschriftabkommen und sich daraus eine Struktur der Kundenrechte auch ungleich schwerer destillieren lässt. Die umfangreiche Ausgestaltung durch Klauselwerke ist gerade bei der Lastschrift auch unter dem Zahlungsdiensteregime nötig, weil das gesetzliche Regelwerk gerade bei der Lastschrift – trotz seiner Dichte – nur als Rahmenordnung wirkt. Das liegt zum einen daran, dass Art. 76 f. ZD-RL II, ex-Art. 62 f. ZD-RL I und § 675x BGB den Widerspruch noch nach vollständiger Abwicklung des Zahlungsvorgangs zulassen, der charakteristisch (nur) für die Lastschrift ist (die Richtlinie spricht von „Verlangen auf Erstattung“; vgl. auch zur Erstattung speziell für die Lastschrift Art. 89 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 75 Abs. 2 ZD-RL II und § 675y Abs. 2 BGB) und den es daher auszugestalten galt, zum anderen daran, dass auch bei der Lastschrift die Regeln, die nicht zwingend und abschließend sind, durch Vereinbarungslösungen ausgefüllt werden können, insbesondere auch im Interbankenverhältnis. Dies war bzw. ist der Weg des Rulebooks (Interbankenverhältnis), inzwischen im Kern für das Kundenverhältnis aufbereitet in den Muster-AGB für das SEPA-Basis- und das SEPA-Firmenlastschriftverfahren. 87

3. Girocardzahlung. Auch den Einsatz der Girocard (bis 2007 Ec-Karte) gestalten eigene Klauselwerke aus – bei der GA zwei: die Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Kreditinstitute, die nicht als AGB zu qualifizieren sind,200 und die Girocard-Bedingungen, die allein das in der Vereinbarung Vorgesehene auch im Verhältnis zum Kunden zum Tragen bringen, AGB darstellen und heute in der Fassung 1/2018 gelten, kaum mehr zwischen den Institutsgruppen variierend (vgl. Anhänge).201 Im Falle des POS besteht das Kompendium von Klauselwerken aus vier Untergruppen. Hingegen ist das „POZ“ eingestellt, das ELV ist lediglich eine besondere Art der Erstellung eines Lastschriftmandats und ist daher dem Lastschriftverkehr zuzuordnen.202 Die vier Untergruppen bilden daher noch: wiederum eine Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden der Kreditinstitute;203 wiederum die Girocardbedingungen, die das Bank-KundenVerhältnis regeln und die den einzigen Teil jedes dieser Komplexe bilden, der GA, POS und Geldbörse zusammen erfasst und verklammert;204 darüber hinaus eine Untergruppe, die das Verhältnis zum Händler regelt, mit insbesondere den sog. Bedingungen zur „Teilnahme“ am System; 205 sowie zuletzt eine Untergruppe, die die Rechtsverhältnisse und Aufgaben des sog. Netzbetreibers betrifft, der das Netz zwischen Händlern und Kreditinstituten aufbaut, also einen Knoten zwischen einer Anzahl von Händlern und von Kreditinstituten bildet, für den Datenfluss

_____ abgerufen am 13.1.2020, sowie unten Dritter Teil Rn 545–547 (einschließlich einer Abbuchungsermächtigung im Firmenlastschriftverfahren). 200 BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (389 f.) = NJW 1990, 250; zum LSA: BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 139; ausführlich Schäfer Die zivilrechtliche Qualifizierung der Interbankenabkommen, 1990, S. 174–188; ebenfalls monographisch Hennig Zahlungsverkehrsabkommen der Spitzenverbände in der Kreditwirtschaft – bankbetriebliche und bankrechtliche Bedeutung, 1990; Abdruck dieser Vereinbarung in: Werner BuB Rn 6/1423– 6/1455 (mit Erläuterung, Fassung 15.1.2011). 201 Aktuelle Fassung der Girocard-Kunden- sowie der Girocard-Händler-Bedingungen (vgl. unten) unter https://bankenverband.de/media/uploads/2018/01/12/bedingungen-girocard-13jan18.pdf, zuletzt abgerufen am 13.1.2020, sowie Abdruck unten Dritter Teil Rn 548 und 549. Für die Entwicklung und frühere Fassungen, noch stärker nach Institutsgruppen getrennt, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Anhänge in Rn BankR II 446. 202 Vgl. die Übersichten sowohl für das POS als auch für das POZ: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (80 f.); Auf die Möglichkeit des POZ wurde in den alten Girocardbedingungen nur verwiesen, eigentlich ausgestaltet wurde dieses – von der Kreditwirtschaft nicht mehr aktiv angebotene, sondern nur tolerierte – Verfahren bis 1.2.2016 noch durch die Bedingungen zum Einzugsermächtigungsverfahren, siehe Abdruck in der Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 549. 203 Abdruck in: Werner BuB Rn 6/1526–6/1543 (POS). 204 Vgl., Abdruck Dritter Teil Rn 548. 205 Abdruck Dritter Teil Rn 549. Abdruck für das POS vgl bereits: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (91–96); Werner BuB Rn 6/1566–6/1583 und WM Sonderbeilage 1/1994, 18–20.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen, Zahlungsdienste und -instrumente

sorgt und einige Aufgaben bei der Abwicklung übernimmt.206 Im Falle der 1996/97 hinzugekommenen elektronischen Geldbörse besteht das Regelwerk wiederum aus der Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden „GeldKarte“ (1.10.1996) und deren vier Anhängen (zwei zur Spezifizierung der zugelassenen Karten und zum Logo, zwei zu den Bedingungen), den Kundenbedingungen einerseits – wiederum den Girocardbedingungen i.d.F. 1/2018 – und den Händlerbedingungen andererseits, den sog. Bedingungen zur „Teilnahme am System ‚GeldKarte‘“.207 Hintergrund dieser Ausgestaltung ist auch bei der Girocard, dass es sich bei dem gesetzlichen Regelwerk um eine Rahmenordnung handelt, die, soweit die Regeln nicht zwingend und abschließend sind, durch Vereinbarungslösungen ausgefüllt werden kann, insbesondere auch im Interbankenverhältnis, aber auch im Verhältnis zu Karteninhaber und Händler (vgl. etwa Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II, ex-Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I: „Bedingungen für dessen Ausgabe und Nutzung“). 4. Kreditkartenzahlung. Umfangreich durch Klauselwerke ausgestaltet ist auch die Kredit- 88 kartenzahlung, hier ist vorrangig auf die AGB der Kreditkartenunternehmen bzw. ihrer Lizenznehmer (und der mit ihnen zusammenarbeitenden Acqirer von Vertragsunternehmen) abzustellen. Diese unterfallen jeweils in AGB dem Kunden gegenüber (etwa die KreditkartenKundenbedingungen der Deutschen Bank),208 solche dem Vertragsunternehmen gegenüber (etwa die Mastercard-Teilnahmebedingungen) sowie durch die flächendeckende Einführung PIN-gestützter Kreditkarten dem Netzbetreiber gegenüber. Die erstgenannten unterliegen auch im Ausland, jedenfalls innerhalb der EU einer Klauselmissbrauchskontrolle,209 soweit der Kunde, wie überwiegend der Fall, die Karte nicht beruflich einsetzt. Bei den zweiten handelt es sich ebenfalls um AGB, die nach dem deutschen AGBG einer eingeschränkten Klauselkontrolle (§ 310 BGB) unterliegen, nach ausländischem Recht häufig nicht. Auch nach deutschem Recht muss die AGB-Kontrolle der Teilnahmebedingungen im Kreditkartengeschäft, wenn man den Gesetzeszweck ernst nimmt, tendenziell restriktiv gehandhabt werden. Denn die Erstreckung des Schutzes der AGB-Kontrolle auch auf beruflich Tätige wurde bei Verabschiedung vorrangig – ökonomisch allein überzeugend – damit erklärt, dass beim Einsatz von AGB auch im beruflichen Verkehr von der Gegenseite kaum abbaubare Informationsasymmetrien zugunsten des Verwenders auftreten und daher die Richtigkeitsgewähr des Aushandlungsmechanismus nicht mehr gegeben ist.210 Dies ist jedoch bei vielfach abgedruckten, von der Gegenseite auch für den vielfachen Einsatz vorgesehenen AGB nur bedingt der Fall. Die AGB unterfallen nicht nur in zwei Kataloge (Kunden und Vertragsunternehmen), sie di- 89 vergieren auch von Kartenunternehmen zu Kartenunternehmen, ja von Lizenznehmer zu Lizenznehmer211 Deren Zahl ist zwar, soweit es um die Vertragsbeziehungen zu Vertragsunter-

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206 Abdruck für das POS bereits: Werner BuB Rn 6/1544–6/1560 und WM Sonderbeilage 1/1994, 17 f. Die Position des Netzbetreibers hat noch kaum Probleme aufgeworfen; zu ihr etwa Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 1 (4 f., 11). 207 Abdruck der ursprünglichen Vereinbarung in WM 1996, 2353–2355; der ursprünglichen ec-Bedingungen in WM 1996, 2256; der ursprünglichen Händlerbedingungen in WM 1996, 2359. Alle drei Werke in der heutigen Fassung in Werner BuB Rn 6/1691–6/1724, 6/1764 bzw. die Kommentierung hierzu in Rn 6/1737 f.; die GirocardBedingungen, wie gesagt unten Dritter Teil Rn 548. 208 Abdruck der Kundenbedingungen unten Dritter Teil Rn 550; erhältlich auch unter unter https://www.deut sche-bank.de/pfb/data/docs/ser-agb-bedingungen-kreditkarten_pgk.pdf, zuletzt abgerufen am 13.1.2020; Abdruck früherer Fassungen der AGB der verschiedenen Kartengesellschaften etwa bei: Beck Einwendungen Anh.; Giger/ Schluep Kreditkartensysteme S. 387–424; Taupitz Kreditkartenmissbrauch S. 245–337. Im Kreditkartenrecht fehlt demgegenüber das Äquivalent zu den Vereinbarungen zwischen den Spitzenverbänden (keine AGB). 209 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5.4.1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG 1993 L 95/29; Kurzkommentar und Umsetzungshinweise bei Grundmann EG-Schuldvertragsrecht unter 2.10; ausf. Grabitz/Hilf/Pfeiffer Art. 1 ff. RL 93/13/EWG. 210 Vgl. Begründung oben Zweiter Teil Rn 275. 211 Vgl. oben Fn 208.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

nehmen geht, sehr begrenzt.212 Die Zahl der Unternehmen, die Kundenbeziehungen nach ihren (teils divergierenden) AGB abwickeln, ist jedoch erheblich, seitdem die Mastercard von den verschiedenen Kreditinstituten als Lizenznehmer der GZS, heute EURO Kartensysteme GmbH, ausgegeben wird und – im Verhältnis zu den Händlern – verschiedene Acquirer tätig werden. Den folgenden Ausführungen liegen daher zitierte Bedingungen jeweils nur als Beispiele zugrunde, die von Karte zu Karte und Händler zu Händler divergieren können. Wieder gilt: Beim gesetzlichen Regelwerk handelt es sich nur um eine Rahmenordnung, die, soweit die Regeln nicht zwingend und abschließend sind, durch Vereinbarungslösungen ausgefüllt werden kann, insbesondere im Verhältnis zu Karteninhaber und Händler (vgl. etwa Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II, ex-Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I: „Bedingungen für dessen Ausgabe und Nutzung“).

ZWEITER ABSCHNITT Organisationsrahmen der Parteien 2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

C. Valutaverhältnis: Insbes. Zulassung und Erfüllungswirkung des Zahlungsdienstes(-instruments) I. II.

III.

Übersicht Regelung im Allgemeinen Schuldrecht | 90, 91 Überweisung | 92–104 1. Zulassung – Überweisung als Erfüllungssurrogat | 93–97 a) Parteiautonome Zulassung als Erfüllungssurrogat | 94–96 b) Pflicht zur Hinnahme von Überweisungen? | 97 2. Erfüllungswirkung – Tragung des Verlustund Verzögerungsrisikos | 98–102 a) Verlustrisiko | 99 b) Verzögerungsrisiko | 100–102 3. Entgeltfragen | 103 4. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 104 Lastschrift | 105–112 1. Zulassung durch Lastschriftabrede | 105–108 a) Bestehen der Lastschriftabrede | 105–107 b) Pflichten aus der Lastschriftabrede | 108

Erfüllungswirkung | 109–111 Entgeltfragen und grenzüberschreitende Sachverhalte | 112 Kartenzahlung | 113–118 1. Verhältnis zwischen Kunden und Dritten („Valutaverhältnis“) bei der Girocard | 113–116 a) Zulassung zum Betrieb und seine Aufrechterhaltung | 113 b) Entgeltfragen | 114, 115 c) Grenzüberschreitende Sachverhalte | 116 2. Verhältnis zwischen Kunden und Vertragsunternehmen („Valutaverhältnis“) bei der Kreditkartenzahlung | 117–119 a) Hinnahme der Kreditkartenzahlung | 117 b) Wirkungen der Kreditkartenzahlung auf das Vertragsverhältnis | 118 Alternative Zahlungssysteme (insbes. Payal) | 119 2. 3.

IV.

V.

I. Regelung im Allgemeinen Schuldrecht 90

Nicht im Zahlungsdiensterecht geregelt ist die Wirkung der Zahlung auf das Valutaverhältnis, also namentlich die Erfüllungswirkung, obwohl Erfüllung im Valutaverhältnis regelmäßig das Ziel der einzelnen Zahlungstransaktion und damit des Zahlungsdienstes ist (sog. „neutrale Leistung“ im Valutaverhältnis). Im Valutaverhältnis sind drei Fragen die Zahlungsdienste betreffend

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Im Wesentlichen Visacard, Mastercard, American Express und Diners Club, vgl. oben Dritter Teil Rn 58.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

angesiedelt: Im Vordergrund stehen für die Mehrzahl der Zahlungsverkehrsinstrumente die Frage nach (1) der Zulässigkeit dieses Zahlungsinstruments als Mittel zur Erfüllung der Leistungs-, d.h. der Zahlungspflicht und – damit verbunden, jedoch gesondert – die Frage nach (2) der Erfüllungswirkung, insbesondere auch nach dem Zeitpunkt, zu dem diese eintritt. Eine dritte Frage, die das Valutaverhältnis regelt (zugleich die einzige, zu der das Zahlungsdiensterecht eine [Teil-]Regelung enthält), ist die danach, wie zwischen den Parteien des Valutaverhältnisses die Pflicht verteilt wird, die anfallenden Entgelte zu tragen und welche Modifikationen insoweit zulässig sind. Die meisten Regeln des Zahlungsdiensterechts, die Entgelte regeln, gelten zwar allein im Verhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und seinem Kunden (§§ 675d Abs. 4, 675f Abs. 5 S. 2, 675h Abs. 3, 675l Abs. 1 S. 3, 675o Abs. 1 S. 4, 675p Abs. 4 S. 3 BGB, auch §§ 675q Abs. 1 und 2 und 675y Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 sowie Abs. 5 S. 5 und Abs. 6 BGB zu der Pflicht, die Valuta ohne Abzug der Entgelte weiterzugeben, und deren Sanktionierung). Einzig § 675q Abs. 3 und 675f Abs. 3 und 6 BGB betreffen das Valutaverhältnis. Diese drei Regelungen – ebenso wie die autonomen nationalen Regeln zu den beiden zuerst genannten Fragen – betreffen die verschiedenen Zahlungsinstrumente unterschiedlich. Diese sind daher im Folgenden einzeln darzustellen. Dass der Gläubiger vertraglich (in AGB) auf einer bestimmten Zahlungsart bestehen darf, ist im deutschen Recht (wohl) anerkannt.213 Im Zahlungsdiensterecht – Richtlinie wie Gesetz – sind jedenfalls die beiden erstgenannten 91 Fragen nicht geregelt: weder die Frage, unter welchen Voraussetzungen das jeweilige Zahlungsinstrument als Erfüllungsinstrument zugelassen ist,214 noch die Frage, wann Erfüllungswirkung eintritt, obwohl insoweit eine Ausstrahlwirkung des Zahlungdiensterechts denkbar erscheint.215 Als gesetzliches Zahlungsmittel („Legal Tender“) ordnet die Euro-Verordnung 98 bei Schulden in Euro allein die Barzahlung an,216 so dass auch insoweit EU-Recht für andere Zahlungsformen keine Regelung der Frage vorsieht. Inwieweit andere Zahlungsformen zugelassen sind, entscheidet also das nationale Recht autonom, und zwar dasjenige, das nach internationalprivatrechtlichen Vorschriften auf das Valutaverhältnis Anwendung findet.217 Im deutschen Recht beurteilen sich demnach, soweit es Anwendung findet, die Fragen, die das Zahlungsdienstgesetz regelt, nach diesem – Aufteilung der Entgelttragungspflicht (§ 675q Abs. 3 BGB) sowie Freiheit, Rabatte zu gewähren (§ 675f Abs. 6 BGB), ggf. auch eine Ausstrahlungswirkung bei der Frage nach dem Zeitpunkt, zu dem Erfüllung eintritt –, die sonstigen Fragen demgegenüber nach allgemeinen Schuldrecht, namentlich §§ 362–364 und 269 f. BGB. II. Überweisung Die Überweisung dient – wie alle Zahlungsinstrumente – der Erfüllung. Angestoßen wird sie 92 also im Valutaverhältnis, das über Zulässigkeit (Dritter Teil Rn 93 ff) und Erfüllungswirkung

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213 Beschränkung allein auf unbare Zahlung in den AGB von Ryanair zuläsig: BGH Urt. v. 20.5.2010 – Xa ZR 68/09, WM 2010, 1564 (aber Kontrolle der verlangten Gebühren); umgekehrt Klausel unzulässig, dass die Zahlungskarte dann als einziger Identitätsbeleg (beim Einchecken) gelten soll: LG Frankfurt Urt. v. 27.1.2011 – 2-24 O 142/10, RRa 2011, 151. 214 Vgl. etwa Palandt/Sprau Einf v § 675c Rn 4. 215 Vgl. Freitag, AcP 213 (2013), 128 (141 f.); MünchKommBGB/Casper § 675 f. Rn 6; Palandt/Sprau Einf v § 675c Rn 4. Zur möglichen Ausstrahlwirkung vgl. namentlich Dritter Teil Rn 8. 216 Vgl. 128 AEUV sowie Art. 10 f. Euro-VO 1998, Verordnung (EG) Nr. 974/98 des Rates vom 3.5.1998 über die Einführung des Euro, ABl. EG 1998 Nr. L 139/1; näher Hahn/Häde Währungsrecht2, 2010, S. 270 f.; Wittelsberger in Andenas/Gormley/Hadjiemmanuil/Harden (Hrsg.) European Economic and Monetary Union – the Institutional Framework, 1997, S. 27, 29 bis 31. 217 Mangels Rechtswahl ist das iZw das Recht des Schuldners der charakteristischen Leistung, Art. 4 Abs. 1 und 2 Rom-I-VO. Für die Maßgeblichkeit des Valutaverhältnisses für diese Frage (weit überwiegende Meinung) – und nicht etwa des Rechts des Landes der gewählten Währung – vgl. Art. 12 Abs. 1 lit. b Rom-I-VO und Freitag in: Reithmann/Martiny (Hrsg.) Internationales Vertragsrecht, Rn 6.594, 6.597.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(Dritter Teil Rn 98 ff) der Überweisung entscheidet, zugleich jedoch nicht Teil der Überweisungskette selbst ist. 93

1. Zulassung – Überweisung als Erfüllungssurrogat. Obwohl die Überweisung volumenmäßig die Regel darstellt, wird sie der Barzahlung rechtlich nicht gleichgestellt: Die noch h.M. sieht in ihr keine Erfüllung, sondern nur Leistung an Erfüllungs statt (§ 364 BGB).218 Ein Annahmezwang besteht uneingeschränkt nur für die gesetzlichen Zahlungsmittel Banknoten (§ 14 Abs. 1 S. 2 BBankG) und (eingeschränkt) für Münzen (vgl. § 3 MünzG), auf der Grundlage von Art. 12 f. Euro-VO98.

a) Parteiautonome Zulassung als Erfüllung. Dies gilt freilich unstr. nur, wenn nicht Erfüllung auch (oder gar nur) durch Überweisung parteiautonom zugelassen wurde. Damit ist die weit überwiegende Mehrzahl der Fälle abgedeckt. Meist wird fraglich, ob die Überweisung auch, dh. neben der Barzahlung, Erfüllungswirkung zeitigt.219 Hierfür ist eine einseitige Zulassung seitens des Gläubigers ausreichend (die Abrede zeitigt mehr Bindungswirkung). Eine Interessenabwägung ist hier noch nicht nötig, da die Schuldnerbefugnisse erweitert werden. Eine einseitige Zustimmung ist in der Angabe eines Kontos in Geschäftsbriefen oder auf der Rechnung zu sehen,220 außerdem in der widerspruchslosen Hinnahme früherer Überweisungen221 und in der Hinnahme der fraglichen Überweisung ohne unverzüglichen Widerspruch.222 Die einseitige (und die vertragliche) Zulassung kann freilich auch auf ein bestimmtes Konto beschränkt werden – so iZw., wenn nur dieses angegeben wird.223 Die einseitige Zulassung wird bis zur Vornahme der Erfüllungshandlung für einseitig wi95 derruflich gehalten.224 Dies ist fraglich bei besonderem Interesse oder Vertrauensdisposition des Schuldners; teils muss eine Abrede angenommen werden: Die der Geschäftsform entsprechende Vereinbarung kann nur einverständlich widerrufen werden. Allerdings kann der Gläubiger einseitig das Empfängerkonto ändern,225 wenn nur die Überweisung überhaupt zugelassen bleibt und damit keine höhere Belastung einhergeht. 96 Rechtsfolge der Zulassung als Erfüllung ist, dass auf das angegebene Konto befreiend geleistet werden kann. Dies gilt auch, wenn das Konto falsch angegeben war,226 selbst wenn es das

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218 BGH Urt. v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 (162 f.); Urt. v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (29 f.) (beide Urteile: bei Zustimmung jedenfalls Erfüllungswirkung); Baumbach/Hopt (7) Rn C/107 (wenn freilich von Anfang mit Einverständnis des Gläubigers gar Erfüllung, offengelassen von beiden BGH-Urteilen); Canaris Bankvertragsrecht Rn 466–474; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 102–104; Soergel/Schreiber § 362 Rn 4; offen gelassen von BGH Urt. v. 28.10.1998 – VIII ZR 157/97 NJW 1999, 210; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 179; aA Palandt/Grüneberg § 362 Rn 9; breiter Rechtsvergleich bei Stille Europäische Prinzipien, S. 273–286. 219 Die Abrede, dass bargeldlos gezahlt werden muss, ist ebenfalls zulässig (sinnvoll etwa bei hohen Beträgen). § 14 Abs. 1 S. 2 BBankG ist also dispositiv: Gramlich BBankG – Kommentar, 1988, § 14 Rn 5, 13. 220 BGH (Fn 190), BGHZ 98, 24 (30) = NJW 1986, 2428; BGH Urt. v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03 NJW-RR 2004, 1281; Weber Recht des Zahlungsverkehrs, S. 25–27; Palandt/Grüneberg § 362 Rn 9. 221 BGH Urt. v. 30.10.1954 – II ZR 131/53, BGHZ 15, 154 (157); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 4; Palandt/Grüneberg § 362 Rn 9. 222 BGH Urt. v. 24.6.1958 – VIII ZR 95/57, NJW 1958, 1724; Canaris Bankvertragsrecht Rn 471; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 4. 223 BGH Urt. v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156 (162) = NJW 1983, 1605; BGH Urt. v. 18.4.1985 – VII ZR 309/ 84, NJW 1985, 2700 (2700); BGH Urt. v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03, NJW-RR 2004, 1281 f.; Soergel/Schreiber § 362 Rn 4. 224 BGH Urt. v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03, NJW-RR 2004, 1281; Meyer-Cording Bank-Überweisung S. 128; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 5; Canaris Bankvertragsrecht Rn 472; anders grds. bei vertraglicher Abrede: Brandenburg. OLG Urt. v. 13.1.2010 – 3 U 155/08, juris. 225 BGH Urt. v. 17.3.2004 – VIII ZR 161/03, NJW-RR 2004, 1281 f.; aA Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 6 (im Einvernehmen, nur nicht formbedürftig). 226 BFH Urt. v. 10.11.1987 – VII R 171/84, WM 1988, 252 (253); Canaris Bankvertragsrecht Rn 485; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 3; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 187.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

Konto eines Dritten ist,227 oder wenn als Verwendungszweck die Rechnung, auf die gezahlt wurde, nicht spezifiziert ist.228 Der Anspruch, der dem Auftraggeber wegen Nichtbeachtung der Diskrepanz zwischen Namen und Kontonummer gegen das beauftragte Institut (im absoluten Ausnahmefall) auch nach Zahlungsdiensterecht noch zustehen mag, ist dem Gläubiger analog § 285 BGB abzutreten.229 b) Pflicht zur Hinnahme von Überweisungen? Die traditionelle Lehre, die der Überwei- 97 sung allein bei Zulassung durch den Gläubiger Erfüllungswirkung zuspricht, stellt allein auf Gläubigerinteressen ab: In der Tat sind solche Gläubigerinteressen nicht von der Hand zu weisen. So kann Zahlung auf ein debitorisches Konto für ihn dem Verlust der Valuta gleichkommen und die Überweisung auf ein bestimmtes Konto kann für ihn wichtig sein (für rechtzeitige Zahlungsverwendung).230 Umgekehrt kann vor allem bei Massenzahlungen das Schuldnerinteresse, bargeldlos erfüllen zu können, erheblich sein. Haben beide Seiten eine Klärung versäumt, ist heute – entgegen der Rechtsprechung – aus §§ 157, 242 BGB die Pflicht der Gläubigers abzuleiten, die Überweisung als Erfüllung hinzunehmen, wenn ein solches konkretes Gegeninteresse fehlt.231 2. Erfüllungswirkung – Tragung des Verlust- und Verzögerungsrisikos. Verlust- und Ver- 98 zögerungsrisiko gehen nach §§ 269, 270 Abs. 1 BGB zu verschiedenen Zeitpunkten vom Schuldner auf den Gläubiger über. Die Zahlungsschuld wird herkömmlich als Schickschuld verstanden, so dass dem Schuldner, wenn er verschickt hat, kein Sorgfaltsverstoß vorgeworfen werden kann und er daher nicht mehr in Verzug geraten kann (§ 286 Abs. 4 BGB). Zugleich jedoch soll nach herkömmlicher Meinung das Verlustrisiko, die „Gefahr“, erst bei Eingang am Wohnort des Gläubigers (Erfüllung) übergehen (§ 270 Abs. 1 BGB). Zahlungsverpflichtungen stellen demnach sog. qualifizierte Schickschulden dar. In beiden Punkten sind inzwischen die Wertungsgrundlagen der EG-Überweisungs- und der zweiten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie zu berücksichtigen sowie die Telekom-Entscheidung des EuGH zur Zahlungsverzugs-Richtlinie 2000/35/EG. a) Verlustrisiko. Das Risiko, dass die Valuta nicht eingeht, trägt mangels weiterer Abrede 99 der Auftraggeber: Nach herkömmlich h.M. geht das (Verlust-)Risiko erst über, sobald dem Empfänger Gutschrift erteilt wurde.232 Überzeugender im Gesamtsystem des Zahlungsdiensterechts

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227 BFH (Fn 226), WM 1988, 252 (252 f.); BGH Urt. v. 13.6.1983 – II ZR 226/82, BGHZ 87, 376 (379) = NJW 1983, 2944 (jeweils: allerdings keine Erfüllungswirkung, wenn Falschbezeichnung als solche erkennbar); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 3; Escher-Weingart BuB Rn 6/22. 228 Adäquater (auch dogmatisch) ist es, Erfüllung zu bejahen und Haftung wegen Nebenpflichtverletzung anzunehmen; aA im Grundsatz Braun ZIP 1996, 617 (617 f.). 229 Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Werner Rn 4.242. Dieser Anspruch, der früher bei fehlendem Abgleich bestand, bildet freilich seit dem 1.11.2009 die Ausnahme, weil das Institut nach Zahlungsdiensterecht berechtigt ist, allein nach der Kontonummer zu buchen (§ 675r Abs. 1 S. 2 BGB), und allenfalls bei offensichtlichen Fehlern eine Pflicht zum Einschreiten oder Warnen besteht. Vgl. näher unten Dritter Teil Rn 325–329. 230 Canaris Bankvertragsrecht Rn 472; Escher-Weingart BuB Rn 6/218. 231 Tendenziell Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 102; dahingehend auf die Verkehrsanschauung abstellend: Schönle FS Werner 1984, S. 817 (819 f.); BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 181 f. IE ebenfalls vergleichbar, die Erfüllungswirkung verneinend, jedoch die Aufrechnung des Kondiktionsanspruchs gegen den (nochmals zu erfüllenden) Zahlungsanspruch im Einzelfall bejahend: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 8; allgemein für die Möglichkeit einer Aufrechnung des Bereicherungsanspruchs gegen einen fortbestehenden Zahlungsanspruch bei unerwünschter Zahlung durch Überweisung (auch auf das falsche Konto): OLG Hamburg Urt. v. 30.3.2011 – 4 U 208/08, NJW 2011, 3524, Besprechung K. Schmidt JuS 2012, 169. Freilich ist der Bereicherungsanspruch ggf. selbst Einwendungen ausgesetzt, etwa gegenläufigen Schadensersatzsansprüchen, wenn der Gläubiger tatsächlich ein geschütztes Gegeninteresse hatte. 232 BGH Urt. v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108 (109) = NJW 1972, 633; BGH (Fn 190), BGHZ 98, 24 (30) (implizit) = NJW 1986, 2428; BGH Beschluss v. 23.1.1996 – XI ZR 75/95, NJW 1996, 1207 (1207 f.); Weber Recht des

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(namentlich § 675y Abs. 1 S. 5 BGB) ist die Meinung, schon die (einwendungsfreie) Gutschrift zugunsten des Empfängerinstituts lasse das Verlustrisiko übergehen.233 Die Kernüberlegung hierfür ergibt sich aus der Risikoverteilung, wie sie die EG-Überweisungs- und die zweite EGZahlungsdienste-Richtlinie vorsehen: In der Tat lag § 676g Abs. 4 BGB (idF des Überweisungsgesetzes) und Art. 6 Abs. 2, 7 Abs. 3 Üw-RL und liegt seit dem 1.11.2009 Art. 75 Abs. 1 ZD-RL bzw. seit dem 13.1.2018 Art. 89 Abs. 1 ZD-RL II und § 675y Abs. 1 S. 5 BGB die Wertung zugrunde, dass der Empfänger sein Institut auswählt und daher – ökonomisch allein sinnvoll – die von ihm ausgehenden Risiken trägt. Es war schon bisher unangebracht, dass das Risiko einer Insolvenz des Empfängerinstituts nicht derjenige tragen sollte, der es ausgewählt hatte.234 Zudem ist der einzige Umstand entfallen, auf Grund dessen ein Anspruch auf Gutschrift manchmal nicht in einen Anspruch aus Gutschrift umzuwandeln war: Der Widerruf des Überweisungsauftrags durch den Auftraggeber ist in diesem Zeitraum nicht mehr zulässig (so in der Fassung des Überweisungsgesetzes §§ 676a Abs. 4, 676d Abs. 2 BGB; und seit dem 1.11.2009 Art. 66 ZD-RL bzw. seit dem 13.1.2018 Art. 80 ZD-RL II und § 675p BGB).235 Die früher h.M. erhielt freilich wieder dadurch (indirekt) Unterstützung, dass der EuGH in seiner Telekom-Entscheidung (sogar) für den Zahlungsverzug auf den Eingang beim Gläubiger, also Gutschrift für den Empfänger abstellt, obwohl die herkömmlich h.M. für die Schuldnerhaftung hier verspätete Absendung verlangte und nicht schon verspäteten Eingang genügen ließ, also an eine Schuldnerhaftung strengere Anforderungen setzte als beim Verlustrisiko. Die EuGH-Entscheidung wäre also a maiore auch auf das Verlustrisiko zu beziehen.236 Da der EuGH freilich die Frage des Verlustrisikos nicht entschied und zu entscheiden hatte und für die vordringende Meinung die ungleich höhere Kohärenz mit dem Wertungssystem der EG-Richtlinien spricht, ist ihr zu folgen, zugleich jedoch eine Vorlage an den EuGH m.E. angezeigt. 100

b) Verzögerungsrisiko. Das Verzögerungsrisiko ist nach §§ 269, 270 Abs. 1 BGB offenbar anders zu behandeln als das Verlustrisiko. Unstr. muss der Schuldner und Auftraggeber auch nach §§ 269, 270 Abs. 1 BGB (mangels abweichender Abrede) zumindest das seinerseits Erforderliche getan haben, dh. mindestens für Deckung auf dem Konto gesorgt und das beauftragte Institut wirksam (u.a. auch formgerecht) verpflichtet haben, die Überweisung durchzuführen („Überweisungsauftrag“).237 Die h.M. geht herkömmlich davon aus, dass diese Schritte, getan bis

_____ Zahlungsverkehrs, S. 28; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 105; Soergel/Schreiber § 362 Rn 4; auch nach der (insoweit maßgeblichen) Änderung durch das Überweisungsgesetz so und gegen die im Folgenden angesprochene Fortentwicklung: Graf v. Westphalen BB 2000, 157. 233 BankR-HdB/Schimansky (3. Aufl.) § 49 Rn 207 f. (Erfüllung verabredungsgemäß durch Verschaffung eines Anspruchs gegen das Empfängerinstitut, der sowohl im Anspruch auf als auch im Anspruch aus Gutschrift liegt); so seit 2009 auch der vorliegende Kommentar; vgl. näher und speziell für das Zahlungsdiensteregime Gösele, FS Nobbe 2009, 75 (79–81); Wolters VuR 2009, 16 (18); aA BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 190 ff.; Baumbach/Hopt (7), Rn C/107, C/109; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Langenbucher 3. Kapitel § 675y Rn 24; Freitag AcP 213 (2013) 128 (153 f.). Für Erfüllungswirkung mit Eingang beim Empfängerinstitut auch die Cour de Cassation Com 3.2. 2009 JCP 2009 II 10045; Piedelièvre Paiement, S. 394. 234 In der Tat wurde insoweit eine Ausnahme auf der Grundlage von § 242 BGB angenommen: Canaris Bankvertragsrecht Rn 478; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 109. 235 Standen Einwendungen und Einreden des Empfängerinstituts gegen den Empfänger entgegen (etwa Aufrechnung), musste schon nach bisher h.M. Tilgung angenommen werden: GroßkommHGB/Canaris Anh. § 357 Anm. 153; Soergel/Schreiber § 362 Rn 4. 236 So Gösele FS Nobbe, 2009, 75 (81 und 91), die die EuGH-Entscheidung auch für diese Frage für verbindlich hält (Verlustrisiko beim Schuldner bis zur Gutschrift für den Gläubiger). 237 RG Urt. v. 11.1.1912 – Rep. VI 480/10, RGZ 78, 137 (140); BGH Urt. v. 29.1.1969 – IV ZR 545/68, NJW 1969, 875 (876); BFH Urt. v. 14.1.1986 – IX R 51/80, NJW 1986, 2968 (2969); OLG Düsseldorf Beschluss v. 10.9.1984 – 17 W 67/84, WM 1985, 585 (585 f.); Häuser/Welter WM 1994, 775 (776 f.); Weber Recht des Zahlungsverkehrs, S. 29; Palandt/Grüneberg § 270 Rn 5 f. (nach der Zahlungsverzugs-Richtlinie und der Rechtsprechung des EuGH muss der Schuldner die Leistungshandlung so rechtzeitig vornehmen, dass der Geldbetrag bei üblicher Abwicklung dem

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

zum Termin, ausreichen, um das Verzögerungsrisiko übergehen und insbesondere eine Haftung nach § 286 BGB entfallen zu lassen. Der Überweisungsauftrag musste also bis zum Termin eingereicht werden. Teils wurde freilich davon ausgegangen, dass das Verzögerungsrisiko nur bei Vorliegen zu- 101 sätzlicher Voraussetzungen übergehe, teils, dass der Überweisungsauftrag so früh zu erteilen sei, dass die Valuta bei üblicher Laufzeit den Empfänger zum Termin erreiche,238 teils auch, dass das beauftragte Institut den Auftrag schon weitergereicht bzw. bearbeitet habe (Sphärengedanken) – so bei außerbetrieblichen Überweisungen239 oder gar bei Filialüberweisungen.240 Mit § 676a Abs. 2 BGB (idF des Überweisungsgesetzes) und heute (seit 1.11.2009) mit Art. 69 Abs. 1 ZD-RL I bzw. nunmehr Art. 83 ZD-RL II und § 675s Abs. 1 BGB wurde der Zeitablauf genau kalkulierbar. Deswegen überzeugt es, dass der Schuldner in Verzug kommt, wenn er den Überweisungsvorgang nicht so rechtzeitig auslöst, dass unter Einrechnung der Ausführungsfristen nach § 675s BGB mit Gutschrift zur Fälligkeit zu rechnen ist. Dies sieht auch der EuGH in der Telekom-Entscheidung i.Erg. so, wenn er auch im Leitsatz auf Gutschrift für den Gläubiger, nicht Gutschrift für das Empfängerinstitut abstellt.241 Die Entscheidung erging freilich zur EGZahlungsverzugs-Richtlinie 2000/35/EG, also nur für B2B-Verhältnisse. Die Wertungslage unter der EG-Überweisungs- und EG/EU-Zahlungsdienste-Richtlinie ist freilich so gestaltet, dass die gleiche Rechtslage auch für B2C-Transaktionen zu befürworten ist.242 Die restriktivere Regelung der §§ 269, 270 Abs. 1 BGB galt schon nach herkömmlicher 102 Meinung jedenfalls nicht bei abweichender Abrede – zugunsten einer Hol- oder Bringschuld. Im letzten Fall ist wieder der Tilgungszeitpunkt maßgeblich,243 etwa für den Erhalt eines Skontos.244 Teils wird das Verzögerungsrisiko auch kraft Gesetzes anders verteilt und wird auf Eingang abgestellt: so nach § 224 AO; so bei der Frage, ab wann ein Darlehen zu verzinsen ist oder Versicherungsschutz besteht;245 nach (bisher) h.M. in Deutschland nicht jedoch bei der Frage nach Einhaltung der Nachfrist nach § 323 BGB.246

_____ Gläubigerkonto innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben werden kann; das gilt aufgrund einer wünschenswerten einheitlichen Auslegung des § 270 BGB nicht nur im Verhältnis zu Unternehmen); vgl. auch BGH Urt. v. 20.11.1970 – IV ZR 58/69, NJW 1971, 380 (spätestens Abbuchung vom Konto des Auftraggebers); EuGH (1. Kammer), Urt. v. 3.4.2008 – Rs. C-306/06 (01051 Telecom GmbH/Deutsche Telekom AG) Slg. 2008 I-1923 = NJW 2008, 1935 (Betrag muss dem Konto des Gläubigers rechtzeitig gutgeschrieben sein); für die Einpassung in deutsches Recht (auch zum Vertrauensschutz in Altfällen): OLG Köln Urt. 12.3.2009 – 8 U 101/08, juris. 238 Häuser/Welter WM 1994, 775 (777); Canaris Bankvertragsrecht Rn 480. 239 Baumbach/Hopt (34. Aufl.) (7) Rn C/24; Canaris Bankvertragsrecht Rn 481; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 107. 240 Canaris Bankvertragsrecht Rn 481 sowie Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 107, freilich ohne Erklärung dafür, warum, wenn beide Parteien das gleiche Institut wählten, das Fehlversagen in die Sphäre der einen fallen soll. 241 EuGH Urt. v. 3.4.2008 – Rs. C-306/06 Telekom, Slg. 2008 I-1923 (bes. Tz 30) (bei Auslösung der Überweisung zum genannten Zeitpunkt Schuldner sein Verhalten nicht „vorwerfbar“); Gösele FS Nobbe, 2009, 75 (81–91, bes. 90 f.); krit. Scheuren-Brandes ZIP 2008, 1463. 242 Ebenso Gösele, FS Nobbe, 2009, 75 (77) (keine gespaltene Auslegung). 243 BankR-HdB/Schimansky (3. Aufl.) § 49 Rn 218–222 (etwa bei der Klausel „Kasse gegen Dokumente“); BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 194 (Rn 195 ff. zur richtlinienkonformen Auslegung des § 270 BGB nach Art. 3 der EGRichtlinie 2000/35 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 29. Juni 2000 und der TelekomEntscheidung des EuGH). 244 OLG Hamm Beschluss v. 9.5.1957 – 17 W 10/57, BB 1957, 627; Nettesheim BB 1991, 1724 (mwN); ebenso für Mietzinszahlungen OLG Düsseldorf Urt. v. 28.9.2009 – I-24 U 120/09, 24 U 120/09, ZMR 2010, 958. 245 Für Ersteres: BGH Urt. v. 7.3.1985 – III ZR 211/83, WM 1985, 653 (654); noch nicht bei Gutschrift auf Anderkonto: BGH Urt. v. 5.5.1986 – III ZR 240/84, NJW 1986, 2947 (2948); BGH (Fn 232), NJW 1996, 1207 (1207 f.). Für Zweiteres BGH Urt. v. 28.2.1989 – XI ZR 80/88, NJW 1989, 1671 (1671 f.). 246 BGH Urt. v. 6.2.1954 – II ZR 176/53, BGHZ 12, 267 (269 f.); MünchKommBGB/Ernst § 326 Rn 99; enger wohl BGH Urt. v. 15.4.1959 – V ZR 21/58, NJW 1959, 1176.

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3. Entgeltfragen. Für die Überweisung ist von den Entgeltregeln des Zahlungsdiensterechts vor allem § 675q Abs. 3 BGB von Bedeutung. Danach trägt jede Partei ihre Entgelte, die ihr von ihrem Zahlungsdienstleister in Rechnung gestellt werden. Diese sog. SHARE-Regel entsprach schon vorher deutschem Recht, wo ohnehin eine Abgeltung der Überweisungen durch die jeweilige periodische Kontogebühr üblich ist.247 Für Währungsumrechnungen galt das unter Geltung der ersten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie nicht (ausdrücklich so schon § 675e Abs. 2 BGB in Umsetzung von Art. 51, 53 ZD-RL).248 Seit dem 13.1.2018 ist die SHARE-Regel immer dann anzuwenden, soweit die am Zahlungsvorgang beteiligten Zahlungsdienstleister innerhalb des EWR belegen sind. Sie findet dementsprechend keine Anwendung auf One-Leg-Transactions und in den Fällen des § 675d Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB, bei denen keiner der beteiligten Zahlungsdienstleister im EWR belegen ist. Die Frage, ob die Norm zwingenden oder dispositiven Charakter hat, scheint weiterhin unbeantwortet.249 Für einen dispositiven Charakter spricht freilich, dass der zwingende Charakter vom Ziel her (allein) die Kreditinstitute binden soll und dass, wenn er auch im Valutaverhältnis verbindlich sein soll, dies auch im Wortlaut deutlich gemacht wird (vgl. § 675f Abs. 6 BGB). Die zuletzt genannte Norm ist für den Überweisungsverkehr nur von theoretischer Bedeutung.

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4. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Die zwei genannten Hauptfragen nach Zulassung als Erfüllungsinstrument und Erfüllungswirkung stellen sich auch und können anders zu lösen sein, wenn das Valutaverhältnis nach Art. 3–6 Rom-I-VO ausländischem Recht untersteht – bei Sitz des Schuldners der charakteristischen Leistung im Ausland und teils auch, wenn ein Verbraucher beteiligt ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Die Zulässigkeitsfrage wird allein auf Grund der Internationalität der Fallgestaltung anders behandelt: Auch eine Barzahlungsklausel bedeutet nicht, dass nicht durch Überweisung geleistet werden dürfte, sondern nur, dass Kreditierung ausgeschlossen ist250 und (nach internationaler Praxis) dass zum vereinbarten Erfüllungszeitpunkt die Wertstellung erfolgt sein muss.251 Auch Fragen der Erfüllungswirkung, etwa welche Währung geschuldet ist, und vor allem, wann die Leistungsgefahr übergeht (etwa schon mit Eingang der Valuta beim Empfängerinstitut oder gar wenn die erstbeauftragte Bank das ihrerseits Erforderliche getan hat), beurteilen sich nach dem Vertragsstatut im Valutaverhältnis.252, 253 Diese Vorgaben (etwa zur Währung oder zum geschuldeten Wertstellungszeitpunkt) haben der Auftraggeber und auf seine Weisung hin das beauftragte Institut in der Überweisungskette durchzusetzen (dazu Dritter Teil Rn 314 ff, 524 ff).

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247 Vgl. MünchKommBGB/Casper (6.Aufl.) § 675q Rn 14. 248 Die Kosten der Währungsumrechnung trug iZw der Zahler, wenn nach Vertrag die Zielwährung geschuldet war, hingegen der Empfänger, wenn die Ausgangswährung geschuldet war (vgl. nächste Rn), der Zahler es dann jedoch übernahm, den Transfer schon in Zielwährung vorzunehmen. Allgemeine Diskussion der Lösung OUR und BEN(eficiary) bei Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675q Rn 5 ff. 249 Zur Diskussion zur Vorgängernorm: befürwortend MünchKommBGB/Casper (6.Aufl.) § 675q Rn 15 f.; Palandt/Sprau (73. Aufl.) § 675q Rn 4 jeweils unter Verweis auf die Gesetzesbegründung: BT-Drucks. 16/11643, S. 110; kritisch hierzu Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675q Rn 7 f.; offen lassend: Zahrte in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, § 675q Rn 36 ff. 250 Jede Handlung, durch die der Betrag bedingungslos zur Verfügung gestellt wird, ist als Erfüllung geeignet: Pleyer/Wallach RIW 1988, 172 (174) (m. Nachw. zur internationalen Praxis); Schinnerer ÖJZ 1984, 205 (207). 251 House of Lords, A/S Awilcko v. Fulvia S. p. A. di Navigazione (The „Chikuma“), 1 Lloyd’s Rep. 371 (1981); dazu Effros A Primer on Electronic Fund Transfers, in Horn (Ed.), The Law of International Trade Finance, 1989, 161 (170 f.); Pleyer/Wallach RIW 1988, 172 (174 f.); Schinnerer ÖJZ 1984, 205 (208); Etzkorn S. W. I. F. T. S. 59 f. 252 MünchKommBGB/Spellenberg (4. Auflage 2006) Art. 32 EGBGB Rn 15 (Art. 32 EGBGB aufgehoben); ebenso wohl Pleyer/Wallach RIW 1988, 172 (173 und 176); Etzkorn S. W. I. F. T. S. 106. 253 Zum Problemkomplex Hol-, Schick-, und Bringschuld: v. Caemmerer FS Mann, 1977, S. 1; Huber in: Hadding/Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 33.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

III. Lastschrift 1. Zulassung durch Lastschriftabrede a) Bestehen der Lastschriftabrede. Die Lastschriftabrede ist i.d.R. stärker formalisiert als 105 die Zulassung der Überweisung als Erfüllung(ssurrogat). Nur wenn die Ermächtigung seitens des Schuldners zweifelhaft ist, weil er sie nicht ausdrücklich erteilte, mag zweifelhaft sein, ob er mit mehrfacher Duldung eines dennoch veranlassten Lastschrifteinzugs konkludent einer Lastschriftabrede zustimmt.254 Dass jedenfalls der Gläubiger mit Tätigung eines Lastschrifteinzugs diesem als Erfüllungsinstrument zustimmt, ist zudem offensichtlich. In allen anderen Fällen wird die Abrede explizit getroffen. Geschieht dies im zu erfüllenden Vertrag selbst, so ist allein Mitwirkung im Lastschriftverfahren geschuldet (§ 362 BGB); ex nunc gilt Gleiches bei späterer Abrede.255 Jedenfalls kann der Schuldner den Gläubiger, solange die Abrede besteht, bei Erfüllungsverlangen auf den Lastschriftweg verweisen.256 Die Abrede kann ohne vertragliche Bindung oder vertraglich getroffen werden,257 auch als 106 Teil eines Dauerschuldverhältnisses. All dies ist auch im SEPA-Lastschriftverfahren von § 675j Abs. 1 S. 2 und 3 BGB gedeckt. Die stärkere Bindungswirkung, die die vertragliche Abrede zeitigt (nächste Rn), setzt nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass bestehende Formvorschriften beachtet werden.258 Klauselmäßig wirksam vereinbart werden kann jedenfalls jedes SEPALastschriftverfahren (sog. Basis-Lastschriftverfahren), in dem sich der Schuldner (beim BasisLastschriftverfahren zwar meist ein Verbraucher, aber nicht zwingend, vgl. Nr. 1.2.1 und 1.2.2 der Kundenbedingungen zur SEPA-Basislastschrift) angesichts seines Widerspruchsrechts substantiell noch keiner Rechte begibt (vgl. § 675x Abs. 3 BGB).259 Sieht man die Rechtfertigung einer AGB-Kontrolle im kaufmännischen (beruflichen) Verkehr darin, dass die andere Vertragsseite dem Verwender mit struktureller Zwangsläufigkeit informationell erheblich unterlegen ist, muss hier auch eine Vereinbarung des SEPA-Lastschriftverfahrens ohne solche Widerrufsmöglichkeit (d.h. bei der SEPA-Firmenlastschrift, die für beruflich tätige Kunden reserviert ist) für zulässig erachtet werden.260 Denn der Gehalt solch einer Klausel sollte jedem beruflich Tätigen unschwer erkennbar sein.

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254 Früher im Einzugsermächtigungsverfahren eine nicht ganz theoretische Möglichkeit, vgl. dazu BGH Urt. v. 25.6.1979 – II ZR 253/78, NJW 1979, 2146; Hadding WM 1978, 1366 (1375). Angesichts der Formfreiheit der Autorisierung auch im SEPA-Lastschriftverfahren (Fn 516) auch seit 1.11.2009 weiter relevant, freilich wohl selten wirklich praktisch. 255 Hadding WM 1978, 1366 (1380); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1444); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 147; auch BGH Urt. v. 19.10.1977 – IV ZR 149/76, BGHZ 69, 361 (367) = NJW 1978, 215. 256 BGH (Fn 255), BGHZ 69, 361 (367) = NJW 1978, 215; Hadding WM 1978, 1366 (1380); Engel Lastschriftverfahren S. 47 f.; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 137; primär für Überweisung: Hammen Die Gattungshandlungsschulden, 1995, S. 18. Vgl. jedoch auch Dritter Teil Rn 109. 257 Die übliche Formel lautet (für die SEPA-Basislastschrift): „Ich ermächtige Sie, Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. … Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. …“ Für sie unten Dritter Teil Rn 234, 547. 258 Vgl. etwa (Formzwang für alle Nebenabreden) BGH Urt. v. 13.11.1963 – V ZR 8/62, BGHZ 40, 255 (262); Palandt/Ellenberger § 125 Rn 9. Die typischen Einzugsfälle betreffen freilich formfrei abzuschließende Verträge. 259 OLG Nürnberg Urt. v. 4.4.1995 – 3 U 4115/94, WM 1995, 1307; Häuser ZBB 1995, 285 (296); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 130; Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 295; auch BGH (Fn 101), NJW 1996, 988 (989 f.). Für Preisaufschlag bei Nichtzustimmung zum Lastschriftverfahren: KG Urt. v. 5.11.1993 – 5 U 6113/92, NJW-RR 1994, 1543. 260 Der Verwender hat angesichts der Vielzahl der geplanten Einsätze jeden Anlass, für die Erstellung seiner AGB Kosten aufzuwenden, während die andere Seite dies nicht hat; ihre Informationskosten sind ungleich höher als diejenigen des Verwenders bezogen auf jeden einzelnen der vielen Fälle des Einsatzes: Adams BB 1989, 781 (787); Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Koller FS Steindorff 1990, S. 667 (669 f.); v. Hoyningen-Huene, Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz – ein Kommentar, 1992, Rn 19 f.; und aus ökonomischer Sicht: Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 552–555. Diese Asymmetrie besteht jedoch grds. nicht oder

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Die Lastschriftabrede entfällt mit Erlöschen des Schuldverhältnisses, auf das sie sich bezieht – so mit Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses.261 Sie entfällt außerdem bei wirksamer Kündigung (bzw. einseitigem Widerruf), jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft.262 Streitig ist, wann von einer vertraglichen Abrede auszugehen ist und wie eng dann das Kündigungsrecht beschränkt ist. Zwischen beiden Fragen besteht ein Konnex. Daran, die jederzeitige, einseitige Widerruflichkeit auszuschließen, kann dem Gläubiger, jedoch auch dem Schuldner gelegen sein (Arbeitsersparnis). Ob eine vertragliche Abrede zu bejahen ist, hängt also davon ab, ob die Parteierklärungen dahingehend auszulegen sind, dass die jederzeitige, einseitige Widerruflichkeit ausgeschlossen sein soll, die Erfüllung durch Lastschrift also ersichtlich wichtig war.263 Da § 675j Abs. 2 S. 2 BGB im Verhältnis zu beruflichen Kunden abdingbar ist (§ 675e Abs. 4 BGB), ist diese – für das kaufmännische Abbuchungsermächtigungsverfahren entwickelte – Rechtslage auch seit dem 1.11.2009 noch richtlinienkonform. Umgekehrt ist für das SEPA-Basislastschriftverfahren dem Verbraucher gegenüber (früher Einzugsermächtigungsverfahren) klargestellt, dass eine vertragliche Bindung ohne Kündigungsmöglichkeit nicht zulässig ist (§ 675e Abs. 4 BGB e contrario). War die vertragliche Abrede einer Abwicklung durch Lastschrift zulässig und war sie geradezu Voraussetzung für den Vertragsschluss – etwa weil das Unternehmen keinerlei Debitorenbuchhaltung aufbauen will –, ist eine vertragliche Abrede dahingehend anzunehmen, dass Kündigung nur aus wichtigem Grunde zulässig ist,264 andernfalls, dass die dispositiven Kündigungsregeln eingreifen: Für den Gläubiger gilt dann § 671 BGB analog (keine Kündigung zur Unzeit).265 Für den Schuldner ergibt das Verbot einer Kündigung zur Unzeit wenig Sinn, so dass nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis doch zwischen ordentlicher, jederzeitiger Kündbarkeit und Kündbarkeit allein aus wichtigem Grunde entschieden werden muss.266

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b) Pflichten aus der Lastschriftabrede. Der Lastschriftschuldner ist, solange die Abrede besteht, verpflichtet, den Einzug zu ermöglichen, im Einzelnen: hierfür ein Girokonto zu halten, evtl. noch einzurichten, genügend Deckung für den Einzug bereitzustellen,267 sowie seinem In-

_____ ist jedenfalls signifikant abgemildert bei von dritter Seite formulierten und öffentlichen Regelwerken. Diese ratio spricht jedoch zugleich dafür, jedenfalls die klauselmäßige Vereinbarung des Lastschriftverfahrens ohne Widerrufsmöglichkeit (noch stringenter als es Abschn. II Nr. 1 Sparkassen-Sonderbedingungen früher für das AAV ausdrückte) allein im beruflichen Verkehr zuzulassen. Wirksamkeitszweifel (bei Vereinbarung mit dem Privatkunden, damals im Abbuchungsauftragsverfahren [AAV] ohne Widerrufsmöglichkeit) auch bei OLG Koblenz (Fn 106), NJW-RR 1994, 689 (691); Häuser ZBB 1995, 285 (296); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 130; Baumbach/Hopt (36. Aufl.) (7) Rn D/51; für Unwirksamkeit bei Unwiderruflichkeit auch BGH Urt. v. 21.4.1986 – II ZR 126/85, WM 1986, 784. 261 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 132; Kreifels Widerspruchsrecht S. 39; Canaris Bankvertragsrecht Rn 650a. 262 Kreifels Widerspruchsrecht S. 39. Ausdrücklich seit dem 1.11.2009 Art. 54 Abs. 3 S. 2 ZD-RL, § 675j Abs. 2 S. 2 BGB. 263 Grundlegend gegen die jederzeitige, einseitige Widerruflichkeit bei vertraglicher Abrede: BGH Urt. v. 7.12.1983 – VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871 (872); auch Schwarz ZIP 1989, 1442 (1446). Heute wird das – ohne besonderes Interesse einer Seite an der Beibehaltung gerade dieses Zahlungsinstruments – für zu weitgehend erachtet. Freilich wird die Kündigung eines Lastschriftmandats (auch?) in Großbritannien als Vertragsbruch qualifiziert: Esso Petroleum Co. Ltd. v. Milton [1997] 2 All E. R. 593 [CA]; dagegen Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 574 f. 264 BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 190; dafür auch ohne Abrede Häuser WM 1991, 1 (3). 265 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 131; Kreifels Widerspruchsrecht S. 39; Canaris Bankvertragsrecht Rn 649. 266 Ähnlich wohl Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 131; unklar BGH (Fn 263), NJW 1984, 871 (872); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 190; für Verbot der Kündigung zur Unzeit Kreifels Widerspruchsrecht S. 39; und wohl auch Canaris Bankvertragsrecht Rn 649 f. 267 BGH (Fn 255), BGHZ 69, 361 (366) = NJW 1978, 215; BGH Urt. v. 30.1.1985 – IVa ZR 91/83, WM 1985, 461 (462); Häuser WM 1991, 1 (2); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1443); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 127.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

stitut entsprechend Weisung (Abbuchungsauftrag) zu erteilen268 und – im SEPA-Basis-Lastschriftverfahren, allgemeiner: in jedem Lastschriftverfahren, in dem ein nachträglicher Widerspruch möglich ist – nicht missbräuchlich Widerspruch zu erheben.269 Umgekehrt muss der Einzugsgläubiger unnötige Belastungen für den Schuldner ausräumen und ihm die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Einzugs erleichtern, im Einzelnen: den Einzug (mit Datum und Betrag) ankündigen und den Rechtsgrund klären,270 damit nur zum gewünschten Zeitpunkt und nur in der notwendigen Höhe Deckung vorgehalten werden muss; jede Forderung gesondert in einem Einzugsauftrag geltend machen, damit der Schuldner Forderungen, die er für unberechtigt hält, von der Erfüllung ausnehmen kann, ohne ansonsten vertragsbrüchig zu werden;271 den Einzug zumindest bei Beträgen tatsächlich vornehmen, deren Abfluss Voraussetzung für den Erhalt von Ansprüchen des Schuldners ist.272 2. Erfüllungswirkung. Mit Lastschriftabrede wird statt der (qualifizierten) Schickschuld 109 eine Holschuld vereinbart.273 Das Verzögerungsrisiko trägt nach der Telekom-Entscheidung des EuGH bei der qualifizierten Schickschuld (Überweisung) heute zwar der Schuldner (vgl. Dritter Teil Rn 100–102). Bei der Holschuld im Lastschriftverfahren trägt der Schuldner es unstreitig nicht mehr, wenn er das seinerseits Erforderliche getan hat, im Einzelnen:274 rechtzeitig seinem Institut Weisung erteilt hat und genügend Deckung bereitgestellt hat, wobei Verzögerungen nicht zu seinen Lasten gehen, wenn sie auf unzureichender oder fehlender Benachrichtigung

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268 So bisher für das Abbuchungsauftragsverfahren, da allein dort die Weisung auch an das Institut notwendig war (was seit Einführung des SEPA-Lastschriftverfahrens jedoch allgemein, auch beim Basis-Lastschriftverfahren für Verbraucher, gilt): Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (15); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1443); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 127. 269 BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (306) = NJW 1979, 1652; BGH Urt. v. 15.6.1987 – II ZR 301/86, BGHZ 101, 153 (157) = NJW 1987, 2370; Bauer WM 1981, 1186 (1194); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 127; ausführlich für den Fall der Krise Westermann FS Hübner, 1984, S. 697. Zum Vorliegen und den sonstigen Folgen eines missbräuchlichen Widerspruchs vgl. unten Dritter Teil Rn 472–474. 270 BGH (Fn 267), WM 1985, 461 (462); OLG München Urt. v. 7.2.1986 – 10 U 3896/85, VersR 1987, 554; Häuser WM 1991, 1 (3); Engel Lastschriftverfahren S. 50; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 128; Canaris Bankvertragsrecht Rn 633 f. Bei periodisch wiederkehrender Leistungspflicht zu bestimmten Daten und in gleicher Höhe genügt die einmalige Ankündigung für alle Daten. 271 BGH (Fn 267), WM 1985, 461 (462); OLG München (Fn 270), VersR 1987, 554; Häuser WM 1991, 1 (3); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 129. Zwar würden die Weigerungsrechte des Schuldners auch erhalten, wenn bei Zusammenfassung mehrerer Einzugsaufträge der Auftrag insgesamt nur als korrekt qualifiziert würde, wenn alle Teile rechtmäßig waren. Damit würde jedoch das Risiko des Schuldners, etwa ein Prozessrisiko, erhöht. 272 Zumindest insoweit nicht nur Obliegenheit des Gläubigers: BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 186 (für Bausparen wegen der von der Zahlung abhängenden Bausparprämie); BGH (Fn 255), BGHZ 69, 361 (366) = NJW 1978, 215 (für Versicherungsprämien wegen des davon abhängenden Versicherungsschutzes; fraglich); unzutreffend BGH (Fn 263), NJW 1984, 871 (872) (wegen Leasingraten). Verpflichtung (nicht nur Obliegenheit) ist allein zu bejahen, wo Leistungen Dritter in Frage stehen oder zwingende Normen die Leistung des Gläubigers vom Eingang der Valuta abhängig machen. Andernfalls genügt Obliegenheitsverletzung, um dem Schuldner den Gegenanspruch zu erhalten. 273 BGH (Fn 255), BGHZ 69, 361 (366) = NJW 1978, 215; Bork JA 1986, 121 (124); Hadding WM 1978, 1366 (1379); Häuser WM 1991, 1 (2); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1447); Engel Lastschriftverfahren S. 48 f.; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 133; auch für Versicherungsprämien (unter Abbedingung von § 36 Abs. 1 VVG): BGH aaO und BGH (Fn 267), WM 1985, 461 (462). 274 BGH (Fn 255), BGHZ 69, 361 (366) = NJW 1978, 215; BGH (Fn 267), WM 1985, 461 (462); Hadding WM 1978, 1366 (1380); Häuser WM 1991, 1 (2); Schwarz ZIP 1989, 1442 (1443); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 133; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 157 f. Der Gläubiger gerät in Annahmeverzug, was jedoch eigenständige Bedeutung nur im unwahrscheinlichen Fall der Insolvenz der Zahlstelle hat: BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 188. Für einen (seltenen) Ausnahmefall, in dem die Erteilung von Einzugsermächtigung diese Wirkungen nicht zeitigte, vgl. BGH Urt. v. 26.2.2009 – VII ZR 73/08, WM 2009, 931.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

durch den Gläubiger über Einzugstermin und -betrag beruhen.275 Fraglich ist, ob der Gläubiger im Einzelfall (auch bei von ihm zu vertretenden Störungen) den Lastschriftweg verlassen und zu den allgemeinen Regeln über den Verzug (mit Mahnung etc.) zurückkehren kann.276 Aus der Vereinbarung einer Holschuld wird abgeleitet, dass der Gläubiger auch das Ver110 lustrisiko trägt, sobald die Zahlstelle die Lastschrift eingelöst hat, vor allem das Risiko des Verlustes in der Einzugskette; denn die von ihm beauftragte (erste) Inkassobank bestimmt den Laufweg.277 Wer das Risiko im Verhältnis zwischen Inkassobank und Gläubiger trägt, wird weniger diskutiert als für die Überweisung, ist jedoch parallel zu beantworten.278 Mit ex-Art. 75 Abs. 2 ZD-RL I, heute Art. 89 Abs. 2 ZD-RL II und § 675y Abs. 2 BGB wurde seit dem 1.11.2009 freilich auch für die Lastschrift eine Haftung des erstbeauftragten Instituts für Handeln der zwischengeschalteten Institute begründet (wie im Überweisungsrecht schon seit 2002). Haftungsfolge ist nach den genannten Regeln, dass die Valuta dem Zahler zurückzuerstatten ist, evtl. einbehaltene Entgelte dem Empfänger nachzubezahlen. Um diesen (weiteren) Anspruch auf Valuta wäre der Schuldner bereichert, wenn tatsächlich die Schuld erloschen wäre; daher kann das Verlustrisiko – die Zahlungsgefahr – bei dieser Rahmenordnung sinnvoller Weise nicht mehr dem Gläubiger auferlegt werden. Er hat weiter Anspruch auf Zahlung. Er kann zudem, wenn er Zahlung nicht noch erhält, einen Anspruch gegen die Inkassobank bei Auswahlverschulden seitens dieser haben. 111 Hiervon zu unterscheiden ist der Eintritt der Erfüllung. Im AAV wurde praktisch einhellig für den Zeitpunkt der Einlösung plädiert, da der Schuldner alle Erfüllungshandlungen vorgenommen hat und die Valuta abgeholt wurde.279 Im EEV fehlte bis zur Genehmigung durch den Schuldner noch die letzte seinerseits erforderliche Erfüllungshandlung. Aus diesem Grund konnte erst dann von Erfüllung ausgegangen werden.280 Dafür sprachen auch weitere Wertungsgesichtspunkte und vor allem der Umstand, dass andernfalls eine zentrales Bedürfnis dogmatisch kaum befriedigt hätte werden können: Der Gläubiger muss einen Anspruch gegen den Schuldner haben, dass dieser den rechtmäßigen Einzug genehmigt.281 Seit 2010/12 geht die höchstrichterliche Rechtsprechung freilich von wirksamer Autorisierung seitens des Schuldners

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275 BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 183. Zu diesen Benachrichtigungspflichten oben Dritter Teil Rn 108. Auch bei fehlender Deckung wird davon ausgegangen, dass Verzug erst mit Gläubigerhandlung (Lastschriftauftrag) begründet wird: Schwarz ZIP 1989, 1442 (1444); Schwintowski (3. Aufl.) § 7 Rn 260. 276 So Schwarz ZIP 1989, 1442 (1446); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 137. Bei vertraglicher Abrede sicher nur, wenn eine Kündigung zulässig wäre: Häuser WM 1991, 1 (2). Andernfalls, dh. wenn die Gegeninteressen nicht als erheblich hervortraten, ist in der Tat wohl auch ein Teilwiderruf der Lastschriftabrede – nur für diesen einen Fall – zulässig. 277 Häuser WuB I D 2.–2.95, 811 f.; Fallscheer-Schlegel Lastschriftverfahren S. 35; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 134; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 158; Krepold BuB Rn 6/366. Zur Einlösung vgl. unten Dritter Teil Rn 296 f. 278 Wohl für bloßes Auswahlverschulden der Inkassobank: BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 21. Bloßes Auswahlverschulden war freilich die Rechtsfolge im Überweisungsverkehr nur bis zum Erlass des Überweisungsgesetzes 1999. Am überzeugendsten erscheint es daher, zwar die Inkassobank bei Auswahlverschulden zusätzlich dem Empfänger haften zu lassen, ansonsten freilich verschuldensunabhängige Haftung und Regress nach dem gesetzlichen Regime wie bei der Überweisung eingreifen zu lassen. 279 Häuser WM 1991, 1 (3); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 149; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 193. 280 Wie hier ausführlich BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 165–181; für die Genehmigungstheorie, solange die Kreditwirtschaft im Deckungsverhältnis in ihren AGB die Sicht der Genehmigungstheorie vertraglich vereinbart und so dem Anwendungsbereich des § 675x BGB entzogen hat, dann wohl auch BGH Urt. v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 (287 f. Tz 38) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510; sowie vorher schon: Häuser WM 1991, 1 (5); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 150 f.; Kreifels Widerspruchsrecht S. 35 f. Demgegenüber für Erfüllungswirkung schon zum Einlösungszeitpunkt vor allem: Bauer WM 1981, 1186 (1194); Canaris Bankvertragsrecht Rn 636; Engel Lastschriftverfahren S. 54; noch früher (e. V.-Gutschrift durch Inkassobank + ein Tag) Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 137 und 132; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 196–201. 281 BGH (Fn 269), BGHZ 101, 153 (157) = NJW 1987, 2370; Häuser ZBB 1993, 178 (183); BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 185.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

(gegenüber seinem Zahlungsdienstleister) auch im EEV aus, und im Regime der SEPABasislastschrift ist explizit vorgesehen, dass auch der Verbraucher seinem Institut einen Abbuchungsauftrag erteilt und nur für 8 Wochen das Recht zum Widerspruch behält (§ 675x BGB, näher unten Dritter Teil Rn 476). Er hat also einerseits das seinerseits Erforderliche getan,282 umgekehrt freilich begründet das Widerspruchsrecht einen Schwebezustand.283 Da es freilich – wie beispielsweise bei einem Rücktritts- oder verbraucherrechtlichen Widerrufsrecht – einer gesonderten Willenserklärung bedarf, die das Rechtsverhältnis umgestaltet, und der Widerspruch auch nur in wenigen Ausnahmefällen ausgesprochen wird, ist es überzeugender, mit Lastschrifteinlösung von Erfüllung auszugehen und nur bei erfolgtem Widerspruch die Erfüllungswirkungen wieder entfallen zu lassen.284 3. Entgeltfragen und grenzüberschreitende Sachverhalte. Die Lastschrift war vor Ein- 112 richtung des SEPA-Raumes grenzüberschreitend nicht möglich. Mit ihm gilt die SHARERegelung auch hier und, da die Lastschrift als „rückläufige Überweisung“ konstruiert ist (vgl. Dritter Teil Rn 151), auch das sonst zur Überweisung Gesagte (vgl. Dritter Teil Rn 103 f. und 149 f). Insbesondere ist auch bei der Lastschrift für die Fragen der Erfüllungswirkung (insbesondere Obliegenheiten und Zeitpunkt) das Recht berufen, das auf das Valutaverhältnis Anwendung findet.285 IV. Kartenzahlung 1. Verhältnis zwischen Kunden und Dritten („Valutaverhältnis“) bei der Girocard a) Zulassung zum Betrieb und seine Aufrechterhaltung. Vor Abgabe der Verpflichtungs- 113 erklärung des kartenemittierenden Instituts steht der Zugang zum System. Die Vereinbarungen der Spitzenverbände des Kreditwesens zum GA-Einsatz sowie die Händlerbedingungen beim POS wirken unstreitig drittbegünstigend.286 Der Kunde hat also einen Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang, der zudem durch die sog. Barzahlungsklausel ausgestaltet wird (zu Änderungen bei der Barzahlungsklausel die nächsten beiden Rn). Dieses System ist eingespielt und problematisch nur in Entgeltfragen klassisch bei der Fremd-GA. Ein Anspruch des Kunden, beim fremden Institut bzw. Händler einen pannenfreien Betrieb vorzufinden, scheidet aus den für die Auszahlung beim eigenen Institut zu erörternden Gründen und im dort genannten Umfang a maiore aus.287

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282 Daher für Erfüllungswirkung zu diesem Zeitpunkt: statt vieler Canaris Bankvertragsrecht Rn 636; MünchKommBGB/Fetzer § 362 Rn 25; Nobbe WM 2009, 1537 (1544 f.; für das neue Modell der Doppelermächtigung auch BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (280–283 und 287 ff. Tz 21–26 und 38 ff.) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510 (durch die Nichtrückgängigmachung der Buchung auflösend bedingte Erfüllung im Wege der vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Gläubigerkonto). 283 Daher für Erfüllungswirkung erst nach Entfall des Widerspruchsrechts: Freitag AcP 213 (2013), 128 (153 f.); MünchKommHGB/Hadding/Häuser 2. Aufl. 2009, Bd. 5, Zahlungsverkehr, Rn 127 f.; Hadding WM 2014, 97 (bes. 99 f.); und für das herkömmliche Modell des EEV: BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (287 f. Tz 38) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510. 284 BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (281 f. Tz 25) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510; Bitter WM 2010, 1725 (1733); Schnauder WM 2011, 1685 (1689); aA Nobbe WM 2011, 961 (966). 285 So allgemein zur Erfüllung: Art. 12 Abs. 1 lit. d Rom I-VO, Giuliano/Lagarde BT-Drucks. 10/503, S. 33 (65); vgl. auch NK-BGB/Leible, Art. 12 Rom I-VO Rn 27; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Spickhoff Art. 12 Rom I-VO Rn 9; MünchKommBGB/Spellenberg Art. 12 Rom I-VO Rn 99. 286 Für das POS unstr.: OLG Düsseldorf Urt. v. 5.3.1991 – U [Kart] 31/90, WM 1991, 913 (914 f.); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 7; Reiser WM Sonderbeil. 3/1989, 7; Weber Recht des Zahlungsverkehrs S. 256; für die GA: Gößmann WM 1998, 1264 (1272) (anders noch ders. Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 368). 287 Vgl. unten Dritter Teil Rn 239 f.; ausführlich Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (65–67).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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b) Entgeltfragen. Im POS hat der Kunde einen Anspruch nicht nur auf Zulassung zur Zahlung, sondern bei Verwendung besonders gängiger Zahlungsmittel auch einen Anspruch auf Zulassung zum Barzahlungspreis. Die Erhebung zusätzlicher Entgelte ist bei Bezahlung mittels SEPA-Lastschrift, SEPA-Überweisung oder Debit- und Kreditkarten nach Art. 62 Abs. 4 ZD-RL II, § 270a BGB nunmehr unzulässig. Die alten Händlerbedingungen, wonach – Nr. 2 S. 2–4 – Preisaufschläge, freilich nur an den Kosten orientiert und angemessen und auch nur bei ausdrücklichem vorherigem Hinweis, erhoben werden durften, sind damit hinfällig.288 Umstritten ist – wenn auch inzwischen schon recht lange praktiziert – die Entgeltfrage bei 115 der GA, zunächst im Verhältnis der beteiligten Kreditinstitute zueinander – jedoch mit Rückwirkung auf den Kunden. In diesem Verhältnis greifen die Verbote der §§ 270a, 675f Abs. 6 BGB nicht ein, da die Abrede zur Preisgestaltung hier nicht gegenüber einem Zahlungsempfänger oder dem Schuldner einer Zahlungspflicht, sondern zwischen zwei Zahlungsdienstleistern bzw diesen gegenüber getroffen wird.289 Die frühere Preisabsprache zwischen den Spitzenverbänden des Kreditwesens wurde 1998 vom Sparkassen- und Giroverband gekündigt. Da diese ohnehin kartellrechtswidrig war,290 gilt die Vereinbarung zwischen den Spitzenverbänden ohne Preisabsprache fort. Nach § 311 Abs. 1 BGB kann sich der Kunde auch gegenüber dem fremden Institut verpflichten, die am Automaten bekannt gegebenen Entgelte zu zahlen – unabhängig davon, ob man mit der h.M. Vertragsbeziehungen zwischen dem Kunden und dem fremden Institut ansonsten verneint. Die Richtlinie macht keine Vorgaben insoweit. Die Spitzenverbände haben sich jedoch mit Wirkung ab 15.1.2011 dahingehend verständigt, dass nur das Fremdinstitut Gebühren erhebt und diese vor Finalisierung des Vorgangs dem Karteninhaber mitteilt. Da diese Abrede dazu diente, verbindlichen gesetzlichen Vorgaben durch privatautonome Gestaltung zuvorzukommen, wird man ihre (Dritt-)Schutzwirkung zugunsten der Kunden (nach allen Kriterien zum Vertrag mit Schutzwirkung gegenüber Dritten) zu bejahen haben.291 Auf der Grundlage des Girovertrages kann der Kunde auch sein Institut anweisen, diesen Betrag zu zahlen – was durch Karteneinsatz mit PIN-Eingabe geschieht. Freilich sagt das eigene Institut weder dem Kunden (in Abschn. III Nr. 1.3 der Girocard-Bedingungen) noch dem fremden Institut zu, auch für diesen Betrag ein Zahlungsversprechen abzugeben.292

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c) Grenzüberschreitende Sachverhalte. In grenzüberschreitenden Sachverhalten ist das auf das Valutaverhältnis anwendbare Recht nach Art. 3 ff. Rom-I-VO zu ermitteln. Mangels gegenteiliger Rechtswahl, kommt das Recht des Händlers zur Anwendung (Art. 4 Rom-I-VO) außer bei Verträgen mit Verbrauchern, die nicht selbstinitiativ den Auslandskontakt geschaffen haben

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288 Zu den Problemen, die sich hieraus und aus der Konstruktion der Händlerbedingungen als dritt-, d.h. kundenschützend ergaben, vgl die Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 114. 289 Ebenso Omlor NJW 2014, 1703 (1705) (mwN); Palandt/Sprau § 675f Rn 20; vgl. auch Art. 248 § 17a EGBGB, wonach Bargeldabhebungsdienstleister insbesondere über die Entgelte, die bei der GA fällig werden, unterrichten müssen. 290 Zu den sonstigen Argumenten, die der Sparkassen- und Giroverband für die Rechtmäßigkeit der (isolierten) Kündigung (allein) der Preisabsprache anführte: Fischer Bankrechtstag 1998, 157 (161 f.) Ausführlich zur kartellrechtlichen Lage vor 1998, die jedenfalls nicht abgemildert wurde: Kleine Probleme im ec-GeldautomatenSystem, S. 28–46; zur Lage nach Kündigung Fischer FS Schimansky, 1999 S. 111 und zum möglichem Marktmissbrauch durch Sparkassen: Immenga/Körber BB 1999, Beil. 12, S. 4. 291 Nur der Inhalt sollte nicht dem Gesetzgeber überlassen werden. Das Kreditwesen kann freilich angesichts der genannten Zielsetzung nicht zusätzlich dahin verstanden werden, nur eine unverbindliche Absichtserklärung formuliert zu haben. Jedenfalls war der Begünstigtenkreis gut erkennbar, die gegenseitige Berührung (Sachnähe) vorhersehbar und wäre ein möglicher Interessengegensatz zwischen der Partei der Abrede und dem Begünstigten unerheblich. AA MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 64. 292 Vergleichbar Fischer Bankrechtstag 1998, 157 (162–164) (fraglich nur insoweit, als eine Bevollmächtigung des Kunden durch das kartenausgebende Institut angenommen wird, dieses zur Zahlung des Entgelts zu verpflichten).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

(vgl. Art. 6 Rom-I-VO). Für das Zahlungsgeschäft ist jedoch das fremde Vertragsstatut ohne nennenswerte Bedeutung. Die erste wichtige Frage – darf der Kunde das Zahlungsmittel wählen? – ist ausdrücklich und positiv in den Händlerbedingungen (Nr. 2 Girocard-Händlerbedingungen) geregelt. Diese sind selbst nach dem besonders strengen deutschen Recht wirksam. Daneben ist praktisch wichtig nur eine zweite Frage, die den abstrakten Zahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut betrifft (dazu Dritter Teil Rn 359). 2. Verhältnis zwischen Kunden und Vertragsunternehmen („Valutaverhältnis“) bei der Kreditkartenzahlung a) Hinnahme der Kreditkartenzahlung. Das Vertragsunternehmen verpflichtet sich in den 117 Teilnahmebedingungen dem Kartenunternehmen gegenüber, dessen Kunden die Zahlung mit Kreditkarte zu gestatten (regelmäßig Nr. 1 der Kreditkarten-Teilnahmebedingungen). Diese Klausel hat, dem Vertragsunternehmen erkennbar, das Ziel, auch dem Kunden ein Recht auf Zulassung zur Kreditkartenzahlung einzuräumen (§ 328 BGB),293 dies nach dem neuen Rechtszustand – § 270a BGB – zwingend ohne Aufschlag zum Barzahlungspreis.294 Streitig ist, ob ein Recht auf Zulassung auch besteht, wenn der Kreditkarteninhaber nicht als Kunde, jedoch für einen Kunden bezahlt (§ 267 BGB). Da das Vertragsunternehmen auch in diesem Fall den Vorteil genießt, dass der Aushang des Kartenlogos ihm potentiell weitere Kunden erschloss, da seine Kosten nicht höher liegen als bei Zahlung des Kunden mit dieser Kreditkarte und da umgekehrt dem Karteninhaber in Läden mit entsprechendem Logo die Karte wie Bargeld zur Verfügung stehen soll, ist die Frage zu bejahen.295 Die Gegenmeinung argumentiert – formalistisch –, der Dritte könne sich auch in solchen Konstellationen auf § 267 BGB nur bei Erfüllung stützen, nicht bei Einsatz von Zahlungsinstrumenten erfüllungshalber. b) Wirkungen der Kreditkartenzahlung auf das Vertragsverhältnis. Mit Hinnahme der 118 Kreditkartenzahlung wird nach verbreiteter Ansicht auf Leistung Zug um Zug verzichtet.296 In der Tat liegt in der Hinnahme jedenfalls die Stundung der Zahlungspflicht, da das Kartenunternehmen seine Ansprüche und Schulden erst zum nächsten Monatswechsel abrechnet und realisiert. Der Zahlungsanspruch kann also, solange der Kreditkartenzahlungsvorgang planmäßig abgewickelt wird, nicht auf andere Weise geltend gemacht werden.297 Die Kreditkartenzahlung

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293 LG Düsseldorf Urt. v. 24.10.1990 – 23 S 885/89, WM 1991, 1027; Avancini ZfRV 1969, 121 (128); Hammann Universalkreditkarte S. 32; Hadding FS Pleyer, 1986, S. 17 (24 f.); Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 35. Zur Pflicht zur Kreditkartenakzeptanz und Gleichstellung mit Barzahlung (nächste Fn) in Frankreich (kraft Gesetzes): Piedelièvre Paiement, S. 386 f. (bereits mit Hinweise auf den – heute verabschiedeten – Verordnungsentwurf mit geminderter Überwälzungsmöglichkeit 0,2% bei Girocards, 0,3% bei Kreditkarten); für Großbritannien nur Pflicht zur Kreditkartenakzeptanz: Brindle/Cox/Smith/Robertson Bank Payments, S. 241; Hudson Finance, S. 937. 294 Für die bisherige Barzahlungsklausel auch im Kreditkartensegment (für Wirksamkeit): BankR-HdB/Martinek/ Oechsler (3. Aufl.) § 67 Rn 58, 72; implizit wohl auch EuGH Urt. v. 9.4.2014 – Rs. C-616/11 (T-Mobile Austria), Slg. 2014 N.N. = EuZW 2014, 464; zur möglichen Änderung durch § 675f Abs. 5 BGB: BankR-HdB/Martinek (4. Aufl.) Rn 58, 72. Zur kartellrechtlichen Problematik (einen Verstoß gegen § 26 Abs. 2 GWB a.F. und Art. 102 AEUV [exArt. 82 EG] annehmend): Oechsler Wettbewerb, Reziprozität und externe Effekte im Kreditkartengeschäft – kartellrechtliche Grundprobleme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, 1992, S. 104–108, 256–268; ebenso Adams ZIP 1990, 632; dagegen etwa Hönn ZBB 1991, 6 (8, 13); Horn ZHR 157 (1993), 324 (bes. 324, 347 f.). In der Tat veranschlagt die verneinende Meinung die Leistungen der Kreditkartenunternehmen – Zuführung neuer Kunden, Übernahme des Bonitäts- und Fälschungsrisikos – wohl zu niedrig. Vgl. noch unten Dritter Teil Rn 179. 295 So AG Neuss Urt. v. 20.11.1989 – 30 C 496/89, WM 1990, 433. 296 Etwa Bitter ZBB 1996, 104 (117); Hammann Universalkreditkarte S. 28; Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 18. 297 Hammann Universalkreditkarte S. 28; Hadding FS Pleyer, 1986, S. 17 (24); missverständlich Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 26.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

erfolgt erfüllungshalber, nicht an Erfüllungs statt (§ 364 Abs. 2 BGB).298 Möglich ist die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts,299 bei Dienstleistungen wird hingegen Vorleistung meist unumgänglich sein. Da die Zahlungsdienste-Richtlinien bzw. das Zahlungsdienste-Gesetz das Valutaverhältnis grds. nicht regeln, bleibt die Rechtslage in all diesen Punkten unverändert. V. Alternative Zahlungssysteme (insbes. PayPal) 119

Beim Einsatz von alternativen Zahlungssystemen wie PayPal sowie Zahlungsauslösediensten erscheinen grundlegender modifiziert vor allem der Autorisierungsprozess sowie das Gefüge an Rahmenrechtsbeziehungen (vgl. hierzu unten Dritter Teil Rn 246 f. bzw. 173–175). Jedoch auch die Fragen nach der Einwirkung der Autorisierung und Zahlungsabwicklung auf das Valutaverhältnis sind für dieses Szenario gesondert zu denken – namentlich, dass und ob der Kunde „das Seine“ getan hat bzw. ob und wann Erfüllung eintritt. Im Unterschied zu PayPal ergeben sich bei der Betrachtung von Zahlungsauslösediensten keine Besonderheiten für das Valutaverhältnis. Die Möglichkeit per Sofortüberweisung oder Apple Pay eine Ware oder Dienstleistung zu bezahlen, führt zu keiner anderen Bewertung als die Bezahlung mittels Rechnung oder Zahlungskarte, da für die Erfüllung weiterhin die – vom kontoführenden Zahlungsinstitut – durchzuführende Leistungsbewirkung – Eingang der Zahlung und nicht Übermittlung der Autorisierung – maßgeblich ist. Umgekehrt ist die Frage der Erfüllungswirkung von PayPal-Zahlungen heute freilich weitgehend geklärt. Theoretisch ist auch im Onlinegeschäft zunächst zu fragen, ob alternative Zahlungssysteme, etwa PayPal, als Erfüllungsinstrumente oder -surrogate überhaupt zugelassen werden. Zwar mag die Marktdurchdringung allgemein noch nicht so hoch sein, dass eine Zulassung konkludent – aus den Umständen, namentlich dem Fehlen einer ausdrücklichen Ablehnung – geschlossen werden könnte.300 Im online-Verkehr allein jedoch ist die Dynamik dergestalt, dass die Zahlungsauslösung durch spezialisierte Dienstleister zunehmend dominiert, dies freilich aufgeteilt unter verschiedene Anbieter. Es kommt freilich weder darauf an, dass einerseits Online-Zahlungsdienste in diesem (demnach maßgeblichen) Segment dominieren, noch darauf, dass sie andererseits zugleich in viele Anbieter fragmentiert erscheinen, und auch nicht darauf, was hieraus für die Annahme konkludenter Abreden folgt. Denn die Frage der konkludenten Zulassung stellt sich praktisch nicht, weil sowohl bei Überweisungen als auch bei Kartenzahlungen und Zahlungen mit mobilem Gerät die Frage, welcher/welche Auslösedienst/e im konkreten Falle zugelassen wird/werden, vom Händler explizit vorgegeben wird und zwar im Zusammenhang mit dem zwingend vorgesehenen ausdrücklichen Hinweis dahingehend, dass jetzt „zahlungspflichtige Bestellung“ ausgelöst wird (nach § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. Art. 246c Nr. 1 EGBGB und E-Commerce-Richtlinie). Daher bleibt die aufgeworfene Frage ähnlich theoretischer Natur wie im Bereich der klassischen Kartenzahlungen (oben Dritter Teil Rn 90 f., 113, 117). Die Frage nach der Erfüllungswirkung (bzw. nach der Wirkung auf den Verzug und den Standard dessen, was der Zahler als „das Seine“ zu gewährleisten hat, um Verzugswirkungen zu vermeiden) ist komplexer. Die Frage ist jedoch im Grundsatz höchstrichterlich – überzeugend – geklärt. Bei PayPal-Zahlung ist mit vorbehaltloser Gutschrift auf dem PayPal-Verrechnungskonto des Gläubigers – oder dem Konto des Empfängerinstituts oder mit wirksamer Abgabe eines abstrakten Zahlungsversprechens durch das Zahlerinstitut – erfüllt; die

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298 LG Düsseldorf (Fn 293) WM 1991, 1027 (1028); Weber Recht des Zahlungsverkehrs, S. 285; Weller Kreditkartenverfahren S. 109 f.; Hadding FS Pleyer, 1986, S. 17 (24); Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 18, 37; aA Eckert WM 1987, 161 (167). 299 Allerdings unüblich Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 20. 300 So Omlor ZIP 2017, 1836 (1841); wohl aA Söbbing WM 2016, 1066 (1068); zurecht auf durchgehende Klärung der Frage auf der Eingabemaske verweisend: Harman BKR 2018, 457 (462).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

Möglichkeit einer Rückbelastung steht der Erfüllungswirkung nicht entgegen.301 Kommt es später freilich zu einer Rückbelastung – etwa wegen Nichtlieferung oder nach Rückgabe mangelhafter Ware aufgrund von Rücktritt –,302 wird der (zunächst erfüllte und damit erloschene) Anspruch wegen wirtschaftlichem Wegfall der Erfüllungswirkung (kraft impliziter Parteiabrede) neu begründet. Dies ist namentlich der Fall bei Rückbelastung aufgrund entsprechender Abrede, die bei Fehlen gegenläufiger Indizien aus entsprechenden AGB des Zahlungsdienstleisters, soweit er sie gegenüber Zahler und Empfänger einbezieht, auch zwischen beiden Vertragsparteien herzuleiten ist.303 Dabei geht der BGH nicht von auflösender Bedingung aus (so bei der Lastschrift), weil die Rückbelastungsmöglichkeit im einzelnen Fall inhaltlich zu prüfen ist, sondern von stillschweigender Wiederbegründung der zuvor durch Erfüllung erloschenen (Kaufpreis-) Forderung.

D. § 675d BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB: Allgemeine Informationspflichten im Zahlungsdienstevertrag I.

II.

Übersicht System, insbes. Standardisierte Informationspflichten | 120–123 1. Vorgängerregelung im Überweisungsrecht | 120 2. Standardisierte Information im Zahlungsdiensterecht | 121, 122 3. Weitere punktuelle Informationspflichten ad hoc nach allgemeinen Regeln? | 123 Standardinformation – Inhalt und Form (§ 675d Abs. 1, 2 und 5 BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB) | 124–131 1. Allgemeine Regeln (Abs. 1 i.V.m. §§ 1, 2) | 124 2. Informationen bei Abwicklung über Rahmenvertrag (Abs. 1 i.V.m. §§ 3–11) | 125–128 a) Inhalte (§§ 4–9) | 125, 126 b) Form (§§ 3, 10) | 127

c)

III.

Ausgestaltungsmöglichkeiten (einschließlich Kleinbetragsinstrumente) (§§ 10 f) | 128 3. Informationen in Einzelzahlungsverträgen (Abs. 1 i.V.m. §§ 12–16) | 129, 130 a) Inhalte (§§ 13–16) | 129 b) Form (§ 12) | 130 4. Informationspflichten von Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdiensten (Abs. 2 i.V.m. §§ 4, 13 Abs. 1–3, 13a) | 131 5. Entgeltinformationen seitens Zahlungsempfängern, Bargeldabhebungsdienstleistern und Dritter (Abs. 5 i.V.m. §§ 17–19) | 132 Standardinformation – Sonstige Modalitäten (§ 675d Abs. 3 und 4 BGB) | 133–134 1. Beweislast (Abs. 3) | 133 2. Entgeltregelung für Zahlungsdienstleister (Abs. 4) | 134

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301 BGH Urt. v. 22.11.2017 – VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 = WM 2018, 38 = NJW 2018, 537 (Rn 15–21); ausf. Brechtel WM 2016, 1057; zu PayPal-AGB OLG Hamburg Urt. v. 24.4.2015 – 1 U 185/14, MMR 2015, 608. 302 Näher zu dieser Möglichkeit etwa im PayPal-Zahlungssystem Fries NJW 2016, 2860 (2861) (Geld und Ware nie bei derselben Person, also Geld zurück bei Mängelrüge erst nach Rückabsendung der Ware, „faktische Privatisierung des Privatrechts“); Harman BKR 2018, 457 (462 f., 464); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 224–228; vgl. allgemeiner zum „Paypal-Recht“ auch Harman BKR 2018, 457; Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177. 303 BGH Urt. v. 22.11.2017 – VIII ZR 83/16, BGHZ 217, 33 = WM 2018, 38 = NJW 2018, 537 (Rn 22–46); Urt. v. 22.11.2017 – VIII ZR 213/16, WM 2018, 37 = ZIP 2018, 226 (Rn 27–41); LG Saarbrücken Urt. v. 31.8.2016 – 5 S 6/16, MMR 2017, 46; zu beiden Aspekten vgl. näher noch Guggenberger NJW 2018, 1057; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 225–228; Omlor ZIP 2017, 1836 (1841 f.) (freilich ohne weiteres vollständigen Gleichlauf zur Lastschrift annehmend). Allgemeiner zur Dogmatik der Ausstrahlwirkung von AGBs, die Onlineplattformen stellen, auch auf den zwischen den Nutzern geschlossenen Vertrag („Valutaverhältnis“) in Form einer Auslegungshilfe namentlich BGH Urt. v. 7.11.2001 – VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129 (135 f.); Urt. v. 11.5.2011 – VIII ZR 289/09, BGHZ 189, 346 (Rn 21); Urt. v. 10.12.2014 – VIII ZR 90/14, NJW 2015, 1009 (Rn 19); Urt. v. 24.8.2016 – VIII ZR 100/15, BGHZ 211, 331 = WM 2017, 1168 = NJW 2017, 468; Urt. v. 15.2.2017 – VIII ZR 59/16 NJW 2017, 1660.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

§ 675d Unterrichtung bei Zahlungsdiensten (1) Zahlungsdienstleister haben Zahlungsdienstnutzer bei der Erbringung von Zahlungsdiensten über die in Art. 248 §§ 1 bis 12, 13 Absatz 1, 3 bis 5 und §§ 14 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Umstände in der dort vorgesehenen Form zu unterrichten. (2) Zahlungsauslösedienstleister haben Zahler ausschließlich über die in Artikel 248 § 13 Absatz 1 bis 3 und § 13a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Umstände in der Form zu unterrichten, die in Artikel 248 §§ 2 und 12 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehen ist. Kontoinformationsdienstleister haben Zahlungsdienstnutzer über die in Artikel 248 §§ 4 und 13 Absatz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Umstände zu unterrichten; sie können die Form und den Zeitpunkt der Unterrichtung mit dem Zahlungsdienstnutzer vereinbaren. (3) Ist die ordnungsgemäße Unterrichtung streitig, so trifft die Beweislast den Zahlungsdienstleister. (4) Für die Unterrichtung darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer nur dann ein Entgelt vereinbaren, wenn die Information auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers erbracht wird und der Zahlungsdienstleister 1. diese Information häufiger erbringt, als in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehen, 2. eine Information erbringt, die über die in Artikel 248 §§ 1 bis 16 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgeschriebenen hinausgeht, oder 3. diese Information mithilfe anderer als der im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbarten Kommunikationsmittel erbringt. Das Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein. (5) Zahlungsempfänger, Dienstleister die Bargeldabhebungsdienste erbringen, und Dritte unterrichten über die in Artikel 248 §§ 17 bis 18 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Umstände. Der Zahler ist nur dann verpflichtet, die Entgelte gemäß Artikel 248 § 17 Absatz 2 und § 18 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu entrichten, wenn deren volle Höhe vor der Auslösung des Zahlungsvorgangs bekannt gemacht wurde. (6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden auf 1. die Bestandteile eines Zahlungsvorgangs, die außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigt werden, wenn a) der Zahlungsvorgang in der Währung eines Staates außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erfolgt und sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist oder b) bei Beteiligung mehrerer Zahlungsdienstleister an dem Zahlungsvorgang von diesen Zahlungsdienstleistern mindestens einer innerhalb und mindestens einer außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist; 2. Zahlungsvorgänge, bei denen keiner der beteiligten Zahlungsdienstleister innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 sind die Informationspflichten nach Artikel 248 § 4 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe e, § 6 Nummer 1 sowie § 13 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche auch auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden. Gleiches gilt im Fall des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b für die Informationspflicht nach Artikel 248 § 4 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe g des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche. Art. 248 Informationspflichten bei der Erbringung von Zahlungsdiensten Abschnitt 1 Allgemeine Vorschriften § 1 Konkurrierende Informationspflichten Ist der Zahlungsdienstevertrag zugleich ein Fernabsatzvertrag oder ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag, so werden die Informationspflichten nach Artikel 246b § 1 Absatz 1 durch die Informa-

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

tionspflichten nach den §§ 2 bis 13 und 14 bis 16 ersetzt. Dies gilt bei Fernabsatzverträgen nicht für die in Artikel 246b § 1 Absatz 1 Nummer 7 bis 12, 15 und 19 und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen nicht für die in Artikel 246b § 1 Absatz 1 Nummer 12 genannten Informationspflichten. § 2 Allgemeine Form Die Informationen und Vertragsbedingungen sind in einer Amtssprache des Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der Zahlungsdienst angeboten wird, oder in einer anderen zwischen den Parteien vereinbarten Sprache in leicht verständlichen Worten und in klarer und verständlicher Form abzufassen. Abschnitt 2 Zahlungsdiensterahmenverträge § 3 Besondere Form Bei Zahlungsdiensterahmenverträgen (§ 675f Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer die in den §§ 4 bis 9 genannten Informationen und Vertragsbedingungen auf einem dauerhaften Datenträger mitzuteilen. § 4 Vorvertragliche Informationen (1) Die folgenden vorvertraglichen Informationen und Vertragsbedingungen müssen rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Zahlungsdienstnutzers mitgeteilt werden: 1. zum Zahlungsdienstleister a) den Namen, die ladungsfähige Anschrift seiner Hauptverwaltung und gegebenenfalls seines Agenten oder seiner Zweigniederlassung in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsdienst angeboten wird, sowie alle anderen Anschriften einschließlich E-Mail-Adresse, die für die Kommunikation mit dem Zahlungsdienstleister von Belang sind, und b) die für den Zahlungsdienstleister zuständigen Aufsichtsbehörden und das bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht geführte Register oder jedes andere relevante öffentliche Register, in das der Zahlungsdienstleister als zugelassen eingetragen ist, sowie seine Registernummer oder eine gleichwertige in diesem Register verwendete Kennung, 2. zur Nutzung des Zahlungsdienstes a) eine Beschreibung der wesentlichen Merkmale des zu erbringenden Zahlungsdienstes, b) Informationen oder Kundenkennungen, die für die ordnungsgemäße Auslösung oder Ausführung eines Zahlungsauftrags erforderlich sind, c) die Art und Weise der Zustimmung zur Auslösung eines Zahlungsauftrags oder zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs und des Widerrufs eines Zahlungsauftrags gemäß den §§ 675j und 675p des Bürgerlichen Gesetzbuchs, d) den Zeitpunkt, ab dem ein Zahlungsauftrag gemäß § 675n Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als zugegangen gilt, und gegebenenfalls den vom Zahlungsdienstleister gemäß § 675n Abs. 1 Satz 3 festgelegten Zeitpunkt, e) die maximale Ausführungsfrist für die zu erbringenden Zahlungsdienste, f) die Angabe, ob die Möglichkeit besteht, Betragsobergrenzen für die Nutzung eines Zahlungsinstruments gemäß § 675k Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vereinbaren und g) im Falle von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten, die mehrere Zahlungsmarken tragen, die Rechte des Zahlungsdienstnutzers gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1). 3. zu Entgelten, Zinsen und Wechselkursen a) alle Entgelte, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat, einschließlich derjenigen, die sich danach richten, wie und wie oft über die geforderten Informationen zu unterrichten ist, sowie gegebenenfalls eine Aufschlüsselung dieser Entgelte, b) gegebenenfalls die zugrunde gelegten Zinssätze und Wechselkurse oder, bei Anwendung von Referenzzinssätzen und -wechselkursen, die Methode für die Berechnung der tatsächlichen Zinsen sowie der maßgebliche Stichtag und der Index oder die Grundlage für die Bestimmung des Referenzzinssatzes oder -wechselkurses, und

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

c)

soweit vereinbart, das unmittelbare Wirksamwerden von Änderungen des Referenzzinssatzes oder -wechselkurses gemäß § 675g Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 4. zur Kommunikation a) die Kommunikationsmittel, deren Nutzung zwischen den Parteien für die Informationsübermittlung und Anzeigepflichten vereinbart wird, einschließlich der technischen Anforderungen an die Ausstattung und die Software des Zahlungsdienstnutzers, b) Angaben dazu, wie und wie oft die nach diesem Artikel geforderten Informationen mitzuteilen oder zugänglich zu machen sind, c) die Sprache oder Sprachen, in der oder in denen der Vertrag zu schließen ist und in der oder in denen die Kommunikation für die Dauer des Vertragsverhältnisses erfolgen soll, und d) einen Hinweis auf das Recht des Zahlungsdienstnutzers gemäß § 5, Informationen und Vertragsbedingungen in einer Urkunde zu erhalten, 5. zu den Schutz- und Abhilfemaßnahmen a) gegebenenfalls eine Beschreibung, wie der Zahlungsdienstnutzer ein Zahlungsinstrument sicher aufbewahrt und wie er seine Anzeigepflicht gegenüber dem Zahlungsdienstleister gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfüllt, b) eine Beschreibung des sicheren Verfahrens zur Unterrichtung des Zahlungsdienstnutzers durch den Zahlungsdienstleister im Falle vermuteten oder tatsächlichen Betrugs oder bei Sicherheitsrisiken c) soweit vereinbart, die Bedingungen, unter denen sich der Zahlungsdienstleister das Recht vorbehält, ein Zahlungsinstrument gemäß § 675k Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu sperren, d) Informationen zur Haftung des Zahlers gemäß § 675v des Bürgerlichen Gesetzbuchs einschließlich Angaben zum Höchstbetrag, e) Angaben dazu, wie und innerhalb welcher Frist der Zahlungsdienstnutzer dem Zahlungsdienstleister nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgelöste oder ausgeführte Zahlungsvorgänge gemäß § 676b des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzeigen muss, sowie Informationen über die Haftung des Zahlungsdienstleisters bei nicht autorisierten Zahlungsvorgängen gemäß § 675u des Bürgerlichen Gesetzbuchs, f) Informationen über die Haftung des Zahlungsdienstleisters bei der Auslösung oder Ausführung von Zahlungsvorgängen gemäß § 675y des Bürgerlichen Gesetzbuchs und g) die Bedingungen für Erstattungen gemäß § 675x des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 6. zu Änderungen der Bedingungen und Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrags a) soweit vereinbart, die Angabe, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung der Vertragsbedingungen gemäß § 675g des Bürgerlichen Gesetzbuchs als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem Zeitpunkt angezeigt hat, zu dem die geänderten Vertragsbedingungen in Kraft treten sollen, b) die Laufzeit des Zahlungsdiensterahmenvertrags und c) einen Hinweis auf das Recht des Zahlungsdienstnutzers, den Vertrag zu kündigen, sowie auf sonstige kündigungsrelevante Vereinbarungen gemäß § 675g Abs. 2 und § 675h des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 7. die Vertragsklauseln über das auf den Zahlungsdiensterahmenvertrag anwendbare Recht oder über das zuständige Gericht und 8. einen Hinweis auf die Beschwerdeverfahren gemäß den §§ 60 bis 62 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sowie auf das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren gemäß § 14 des Unterlassungsklagengesetzes. (2) Wenn auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers der Zahlungsdiensterahmenvertrag unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, das dem Zahlungsdienstleister die Mitteilung der in Absatz 1 bestimmten Informationen und Vertragsbedingungen auf einem dauerhaften Datenträger nicht gestattet, hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer diese unverzüglich nach Abschluss des Vertrags in der in den §§ 2 und 3 vorgesehenen Form mitzuteilen. (3) Die Pflichten gemäß Absatz 1 können auch erfüllt werden, indem eine Abschrift des Vertragsentwurfs übermittelt wird, die die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen und Vertragsbedingungen enthält.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

§ 5 Zugang zu Vertragsbedingungen und vorvertraglichen Informationen während der Vertragslaufzeit Während der Vertragslaufzeit kann der Zahlungsdienstnutzer jederzeit die Übermittlung der Vertragsbedingungen sowie der in § 4 genannten Informationen in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger verlangen. § 6 Informationen vor Ausführung einzelner Zahlungsvorgänge Vor Ausführung eines einzelnen vom Zahler ausgelösten Zahlungsvorgangs teilt der Zahlungsdienstleister auf Verlangen des Zahlers Folgendes mit: 1. die maximale Ausführungsfrist, 2. die dem Zahler in Rechnung zu stellenden Entgelte und 3. gegebenfalls die Aufschlüsselung der Entgelte nach Nummer 2. § 7 Informationen an den Zahler bei einzelnen Zahlungsvorgängen Nach Belastung des Kontos des Zahlers mit dem Zahlungsbetrag eines einzelnen Zahlungsvorgangs oder, falls der Zahler kein Zahlungskonto verwendet, nach Zugang des Zahlungsauftrags teilt der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem unverzüglich die folgenden Informationen mit: 1. eine dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung, die dem Zahler die Identifizierung des betreffenden Zahlungsvorgangs ermöglicht, sowie gegebenenfalls Angaben zum Zahlungsempfänger, 2. den Zahlungsbetrag in der Währung, in der das Zahlungskonto des Zahlers belastet wird, oder in der Währung, die im Zahlungsauftrag verwendet wird, 3. die für den Zahlungsvorgang zu entrichtenden Entgelte und gegebenenfalls eine Aufschlüsselung der Beträge dieser Entgelte oder die vom Zahler zu entrichtenden Zinsen, 4. gegebenenfalls den Wechselkurs, den der Zahlungsdienstleister des Zahlers dem Zahlungsvorgang zugrunde gelegt hat, und den Betrag, der nach dieser Währungsumrechnung Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, und 5. das Wertstellungsdatum der Belastung oder das Datum des Zugangs des Zahlungsauftrags. § 8 Informationen an den Zahlungsempfänger bei einzelnen Zahlungsvorgängen Nach Ausführung eines einzelnen Zahlungsvorgangs teilt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesem unverzüglich die folgenden Informationen mit: 1. eine dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung, die dem Zahlungsempfänger die Identifizierung des Zahlungsvorgangs und des Zahlers ermöglicht, sowie alle weiteren mit dem Zahlungsvorgang übermittelten Angaben, 2. den Zahlungsbetrag in der Währung, in der dieser Betrag auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wird, 3. den Betrag der für den Zahlungsvorgang zu entrichtenden Entgelte und gegebenenfalls deren Aufschlüsselung oder der vom Zahlungsempfänger zu entrichtenden Zinsen, 4. gegebenenfalls den Wechselkurs, den der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers dem Zahlungsvorgang zugrunde gelegt hat, und den Betrag, der vor dieser Währungsumrechnung Gegenstand des Zahlungsvorgangs war, und 5. das Wertstellungsdatum der Gutschrift. § 9 Sonstige Informationen während des Vertragsverhältnisses Während des Vertragsverhältnisses ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer unverzüglich zu unterrichten, wenn 1. sich Umstände, über die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 unterrichtet wurde, ändern oder 2. zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers Änderungen von Zinssätzen wirksam geworden sind. § 10 Abweichende Vereinbarungen Für die in den §§ 7, 8 und 9 Nr. 2 genannten Informationen können Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eine andere Häufigkeit und eine von § 3 abweichende Form oder ein abweichendes Verfahren vereinbaren. Über die in den §§ 7 und 8 genannten Informationen hat der Zahlungsdienstleister jedoch mindestens einmal monatlich so zu unterrichten, dass der Zahlungsdienstnutzer die Informationen unverändert aufbewahren und wiedergeben kann.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

§ 11 Ausnahmen für Kleinbetragsinstrumente und E-Geld (1) Bei Zahlungsdiensteverträgen über die Überlassung eines Kleinbetragsinstruments (§ 675i Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) teilt der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer abweichend von den §§ 4 und 6 nur Folgendes mit: 1. die wesentlichen Merkmale des Zahlungsdienstes, einschließlich der Nutzungsmöglichkeiten des Kleinbetragsinstruments, 2. Haftungshinweise, 3. die anfallenden Entgelte und 4. die anderen für den Zahlungsdienstnutzer wesentlichen Vertragsinformationen. Ferner gibt der Zahlungsdienstleister an, wo die weiteren gemäß § 4 vorgeschriebenen Informationen und Vertragsbedingungen in leicht zugänglicher Form zur Verfügung gestellt sind. (2) Bei Verträgen nach Absatz 1 können die Vertragsparteien abweichend von den §§ 7 und 8 vereinbaren, dass der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer nach Ausführung eines Zahlungsvorgangs 1. nur eine dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung mitteilen oder zur Verfügung stellen muss, die es ermöglicht, den betreffenden Zahlungsvorgang, seinen Betrag sowie die erhobenen Entgelte zu identifizieren, und im Fall mehrerer gleichartiger Zahlungsvorgänge an den selben Zahlungsempfänger eine Information, die den Gesamtbetrag und die erhobenen Entgelte für diese Zahlungsvorgänge enthält, 2. die unter Nummer 1 genannten Informationen nicht mitteilen oder zur Verfügung stellen muss, wenn die Nutzung des Kleinbetragsinstruments keinem Zahlungsdienstnutzer zugeordnet werden kann oder wenn der Zahlungsdienstleister auf andere Weise technisch nicht in der Lage ist, diese Informationen mitzuteilen; in diesem Fall hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer eine Möglichkeit anzubieten, die gespeicherten Beträge zu überprüfen. Abschnitt 3 Einzelzahlungsverträge § 12 Besondere Form Bei einem Einzelzahlungsvertrag, der nicht Gegenstand eines Zahlungsdiensterahmenvertrags ist, hat der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsdienstnutzer die in § 13 genannten Informationen und Vertragsbedingungen hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Zahlungsdienste in leicht zugänglicher Form zur Verfügung zu stellen. Auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers stellt ihm der Zahlungsdienstleister die Informationen und Vertragsbedingungen in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. § 13 Vorvertragliche Informationen (1) Die folgenden vorvertraglichen Informationen und Vertragsbedingungen sind rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Zahlungsdienstnutzers zur Verfügung zu stellen: 1. die vom Zahlungsdienstnutzer mitzuteilenden Informationen oder Kundenkennungen, die für die ordnungsgemäße Auslösung oder Ausführung eines Zahlungsauftrags erforderlich sind, 2. die maximale Ausführungsfrist für den zu erbringenden Zahlungsdienst, 3. alle Entgelte, die der Zahlungsdienstnutzer an den Zahlungsdienstleister zu entrichten hat, und gegebenenfalls ihre Aufschlüsselung, 4. gegebenenfalls der dem Zahlungsvorgang zugrunde zu legende tatsächliche Wechselkurs oder Referenzwechselkurs. (2) Ein Zahlungsauslösedienstleister hat dem Zahler rechtzeitig vor der Auslösung des Zahlungsvorgangs auch die folgenden Informationen zur Verfügung zu stellen: 1. den Namen des Zahlungsauslösedienstleisters, die Anschrift seiner Hauptverwaltung und gegebenenfalls die Anschrift seines Agenten oder seiner Zweigniederlassung in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsauslösedienst angeboten wird, sowie alle anderen Kontaktdaten einschließlich der E-MailAdresse, die für die Kommunikation mit dem Zahlungsauslösedienstleister von Belang sind, und 2. die Kontaktdaten der zuständigen Behörde. (3) Die anderen in § 4 Abs. 1 genannten Informationen sind, soweit sie für den Einzelzahlungsvertrag erheblich sind, dem Zahlungsdienstnutzer ebenfalls zur Verfügung zu stellen. (4) Wenn auf Verlangen des Zahlungsdienstnutzers der Einzelzahlungsvertrag unter Verwendung eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird, das dem Zahlungsdienstleister die Informationsunter-

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

richtung nach Absatz 1 nicht gestattet, hat der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer unverzüglich nach Ausführung des Zahlungsvorgangs in der Form zu unterrichten, die in den §§ 2 und 12 vorgesehen ist. (5) Die Pflichten gemäß Absatz 1 können auch erfüllt werden, indem eine Abschrift des Vertragsentwurfs übermittelt wird, die die nach Absatz 1 erforderlichen Informationen und Vertragsbedingungen enthält. § 13a Informationen an den Zahler und den Zahlungsempfänger nach Auslösung des Zahlungsauftrags über einen Zahlungsauslösedienstleister Ein Zahlungsauslösedienstleister unterrichtet den Zahler und gegebenenfalls den Zahlungsempfänger unmittelbar nach der Auslösung des Zahlungsauftrags über 1. die erfolgreiche Auslösung des Zahlungsauftrags beim kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers, 2. die dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung, die dem Zahler und dem Zahlungsempfänger die Identifizierung des Zahlungsvorgangs und dem Zahlungsempfänger gegebenenfalls die Identifizierung des Zahlers ermöglicht, sowie jede weitere mit dem Zahlungsvorgang übermittelte Angabe, 3. den Zahlungsbetrag, 4. gegebenenfalls die Höhe aller an den Zahlungsauslösedienstleister für den Zahlungsvorgang zu entrichtenden Entgelte sowie gegebenenfalls deren Aufschlüsselung. § 14 Informationen an den Zahler nach Zugang des Zahlungsauftrags Nach Zugang des Zahlungsauftrags unterrichtet der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesen hinsichtlich der von ihm zu erbringenden Zahlungsdienste unverzüglich über 1. die dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung, die dem Zahler die Identifizierung des betreffenden Zahlungsvorgangs ermöglicht, sowie gegebenenfalls Angaben zum Zahlungsempfänger, 2. den Zahlungsbetrag in der im Zahlungsauftrag verwendeten Währung, 3. die Höhe der vom Zahler für den Zahlungsvorgang zu entrichtenden Entgelte und gegebenenfalls deren Aufschlüsselung, 4. gegebenenfalls den Wechselkurs, den der Zahlungsdienstleister des Zahlers dem Zahlungsvorgang zugrunde gelegt hat, oder einen Verweis darauf, sofern dieser Kurs von dem in § 13 Abs. 1 Nr. 4 genannten Kurs abweicht, und den Betrag, der nach dieser Währungsumrechnung Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, und 5. das Datum des Zugangs des Zahlungsauftrags. § 15 Informationen an den Zahlungsempfänger nach Ausführung des Zahlungsvorgangs Nach Ausführung des Zahlungsvorgangs unterrichtet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesen hinsichtlich der von ihm erbrachten Zahlungsdienste unverzüglich über 1. die dem Zahlungsvorgang zugeordnete Kennung, die dem Zahlungsempfänger die Identifizierung des betreffenden Zahlungsvorgangs und gegebenenfalls des Zahlers ermöglicht, sowie jede weitere mit dem Zahlungsvorgang übermittelte Angabe, 2. den Zahlungsbetrag in der Währung, in der er dem Zahlungsempfänger zur Verfügung steht, 3. die Höhe aller vom Zahlungsempfänger für den Zahlungsvorgang zu entrichtenden Entgelte und gegebenenfalls deren Aufschlüsselung, 4. gegebenenfalls den Wechselkurs, den der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers dem Zahlungsvorgang zugrunde gelegt hat, und den Betrag, der vor dieser Währungsumrechnung Gegenstand des Zahlungsvorgangs war, und 5. das Wertstellungsdatum der Gutschrift. § 16 Informationen bei Einzelzahlung mittels rahmenvertraglich geregelten Zahlungsinstruments Wird ein Zahlungsauftrag für eine Einzelzahlung über ein rahmenvertraglich geregeltes Zahlungsinstrument übermittelt, so ist nur der Zahlungsdienstleister, der Partei des Zahlungsdiensterahmenvertrags ist, verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer nach Maßgabe des Abschnitts 2 zu unterrichten.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Abschnitt 4 Informationspflichten von Zahlungsempfängern, Bargeldabhebungsdienstleistern und Dritten § 17 Informationspflichten des Zahlungsempfängers (1) Sollen Zahlungen mittels eines Zahlungsinstruments in einer anderen Währung als Euro erfolgen und wird vor der Auslösung des Zahlungsvorgangs vom Zahlungsempfänger eine Währungsumrechnung angeboten, muss der Zahlungsempfänger dem Zahler alle damit verbundenen Entgelte sowie den der Währungsumrechnung zugrunde gelegten Wechselkurs offenlegen. (2) Verlangt der Zahlungsempfänger für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ein Entgelt oder bietet er eine Ermäßigung an, so teilt er dies dem Zahler vor Auslösung des Zahlungsvorgangs mit. § 17a Informationspflichten des Bargeldabhebungsdienstleisters Ein Dienstleister, der Bargeldabhebungsdienste erbringt, ist verpflichtet, den Kunden über alle Entgelte für eine Geldabhebung entsprechend § 13 Absatz 1 und 3, den §§ 14, 15 sowie 17 Absatz 1 sowohl vor der Abhebung als auch auf der Quittung nach dem Erhalt des Bargeldes zu unterrichten. § 18 Informationspflichten Dritter Verlangt ein Dritter, über welchen ein Zahlungsdienstnutzer einen Zahlungsvorgang auslösen kann, von diesem für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ein Entgelt, so teilt er dies dem Zahlungsdienstnutzer vor der Auslösung des Zahlungsvorgangs mit. § 19 Abweichende Vereinbarungen Handelt es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher, so können die Parteien vereinbaren, dass die §§ 17 und 18 ganz oder teilweise nicht anzuwenden sind.

I. System, insbes. Standardisierte Informationspflichten 120

1. Vorgängerregelung im Überweisungsrecht. Eine systematische Informationsregelung im Zahlungsverkehr – über § 242 BGB (unten 3.) hinausgehend – brachte erstmals das Überweisungsgesetz 1999, teils auch als Ersatz für eine damals noch nicht erfolgte Harmonisierung, etwa bei den Ausführungsfristen. In Übereinstimmung mit Art. 3 f. Üw-RL sah § 675a BGB a.F. für den Überweisungsvertrag vor, dass Informationen über Entgelte und Auslagen (evtl. nach Bestimmung gemäß § 315 BGB), sowie über Wertstellungszeitpunkt und Referenzkurse zu erteilen waren, außerdem über die Ausführungsfrist, widrigenfalls eine Frist von ein/drei bzw. fünf Bankarbeitstagen bei inländischer bzw. grenzüberschreitender Überweisung galt (§ 676a Abs. 2 BGB a.F.). Die Regelung war zwingend (genauer § 676c Abs. 3 BGB a.F.). Die Einzelheiten von Art. 3 f. Üw-RL wurden inhaltlich, überwiegend sogar wörtlich identisch in die BGB-Informationspflichten-Verordnung (davor Kundeninformationsverordnung) übernommen.304 Die Information musste jedes Institut jeweils (nur) seinem Kunden erteilen (Sphärenaufteilung).

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2. Standardisierte Information im Zahlungsdiensterecht. Seit dem 1.11.2009 ergibt sich die maßgebliche Informationsordnung aus Art. 30–50 ZD-RL I, die durch Art. 38–60 ZD-RL II ersetzt wurden, seit 2009 und heute gesetzlich (und nicht mehr im Verordnungswege) umgesetzt

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304 Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach bürgerlichem Recht vom 5.8.2002, BGBl. I S. 3002; Verordnung über Kundeninformationen vom 30.7.1999, BGBl. I S. 1730. Die Ausnahme für Überweisungen der in § 676c Abs. 3 BGB a.F. bezeichneten Art war möglich, da diese nicht unter die Üw-RL fielen (vgl. Art. 1 i.V.m. 2 lit. f); zu den gemeinschaftsrechtlichen Regeln: Favre-Bulle Les paiements transfrontières, S. 136–176; Grundmann EG-Schuldvertragsrecht 4.13; ausf. Darstellung in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 51–54.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

in § 675d BGB und Art. 248 §§ 1–19 EGBGB.305 Wieder ist die Umsetzung inhaltsgleich, meist auch wörtlich identisch. Eine richtlinienkonforme Auslegung der deutschen Regeln ist daher umfassend zulässig und angezeigt. Unterschieden wird dort zwischen (i) allgemeinen Regeln und einigen Regeln für Entgeltinformationen seitens des Zahlungsempfängers und Dritter (Art. 38– 42, auch Art. 59 f. ZD-RL II, § 675d BGB, Art. 248 §§ 1 f, 17–19 EGBGB), (ii) Informationspflichten für Zahlungen auf der Grundlage eines Rahmen- oder Girovertrages (Art. 50–58 ZD-RL II, Art. 248 §§ 3–11 EGBGB) und (iii) solchen speziell für Einzelzahlungsverträge, insbesondere bei der Inanspruchnahme von Zahlungsauslösediensten (Art. 43–49 ZD-RL II, Art. 248 §§ 12–16 EGBGB). Für die beiden zuletzt genannten Kategorien finden sich die zentralen Unterscheidungen wieder, die bereits das Überweisungsgesetz prägten: namentlich zwischen (i) Informationen, die vorvertraglich geschuldet sind, und solchen, die im Rahmen der Ausführung bzw. danach zu geben sind; sowie (ii) die Abgrenzung zwischen den Sphären, dass jeder Zahlungsdienstleister grds. Informationen nur seinem eigenen Zahlungsdienstnutzer schuldet. Dritte und Zahlungsempfänger haben wiederum Informationspflichten nur gegenüber ihrem Vertragspartner (dem Zahlungsdienstnutzer). Die allgemeine Verweisungsnorm und Grundlagen finden sich im deutschen Recht in § 675d BGB, die Einzelheiten dann in Art. 248 EGBGB. Neu am Informationsregime des Zahlungsdiensterechts ist seine dezidiert systematische 122 Durchführung. Anders als im Vorgängerregime bis 2009 handelt es sich bei den Informationen praktisch viel weiter gehend schlicht um Informationen über Rechte des Kunden, die dem (Verbraucher-)Kunden ohnehin zwingend geschuldet sind, also um eine Aufklärung über Rechte; so ist beispielsweise die Ausführungspflicht zwingend vorgegeben und hat die Information nicht mehr die Funktion, Abweichungen von einem dispositiven Regime zu signalisieren. Auch wird in den allgemeinen Regeln der Zuschnitt der Informationsregeln deutlicher vorgegeben, namentlich mit fünf Strukturmerkmalen: das Entfallen der Pflicht ex lege für die außerhalb des EWR getätigten Bestandteile von Zahlungsvorgängen, die in einer anderen Währung erfolgen als der eines EU/EWR-Mitgliedstaates oder die auf Zahler- oder Zahlungsempfängerseite über ein Institut abgewickelt werden, das außerhalb dieser Staaten ansässig ist (die handelnde Filiale), wobei diese Ausnahmevorschriften in der jüngsten Reform vom Ende von Abs. 1 in eine eigenständige umfassende Regelung in Abs. 6 versetzt und so ans Ende von § 675d BGB gerückt wurden und hier die eigentliche sedes materiae in § 675e BGB (Ausnahmen und Abdingbarkeit) ergänzen; daneben tritt die Abdingbarkeit (nur) im Verhältnis zu beruflichen Kunden (Art. 38 Abs. 1 S. 2 ZD-RL II, § 675e Abs. 4 S. 1 BGB) (zu diesem beiden bereits oben Unterabschnitt B.); Sonderregeln für Kleinbetragsinstrumente (Art. 42 ZD-RL II, Art. 248 § 11 EGBGB); außerdem werden die Informationspflichten – die wichtigste Neuerung in Umsetzung der Zahlungsdienste-Richtlinie II – doch recht substantiell erstreckt auf Zahlungsauslöse- sowie Kontoinformationsdienste (Art. 45 Abs. 2, 46, 47 ZD-RL II, § 675d Abs. 2 BGB, Art. 248 §§ 4, 13 Abs. 1–3, 13a EGBGB); wichtig und allgemein ist schließlich die Zulässigkeit von (angemessenen, kostenorientierten) Entgelten nur bei entsprechender Vereinbarung und nur für solche Informationen oder Informationsformen, die nicht das gesetzliche Minimum darstellen (Art. 40 ZD-RL II, § 675d Abs. 4 EGBGB) und die Beweislast des Instituts für die Bereitstellung der Information (Art. 41 ZD-RL II, § 675d Abs. 3 BGB) (zu Letzterem beidem unten Punkt III.). Schließlich werden die genannten Entgeltregeln flankiert durch weitere Regeln zu Entgelten bei Währungsumrechnung und (eher für die Kartenzahlung von Bedeutung) bei Erhebung von Entgelten durch Dritte, namentlich Zahlungsempfängern, und seit dem 13.1.2018 auch durch Bargeldabhebungsdienstleister (Art. 59 f. ZD-RL, Art. 248 § 17–19 EGBGB).

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305 Dazu gesetzgeberische Erklärung BR-Drucks. 848/08, S. 225–232; zu den Änderungen der zweiten EGZahlungsdienste-Richtlinie siehe BR-Drucks. 158/17, S. 172–175, 212–216.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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3. Weitere punktuelle Informationspflichten ad hoc nach allgemeinen Regeln? Weitere, ungeschriebene Auskunfts- und Warnpflichten– insbesondere auf der Grundlage von §§ 242, 311 Abs. 2 BGB (c.i.c.) – können zwar durchaus im Einzelfall bestehen, jedoch – wie schon vor Einführung des Zahlungsdiensterechts – nur in sehr eingeschränktem Maße. Denn der Überweisungsverkehr ist auf massenhafte, routinemäßige Abwicklung ausgelegt. Leitfaden ist: Das Institut muss und darf in das Valutaverhältnis nicht Einblick nehmen (Grundsatz der Auftragsstrenge, näher unten); es muss nur auf Schädigungen, die sich ihm aufdrängen, hinweisen306 sowie – etwas weitergehend, jedoch auch nur soweit als routinemäßig möglich – auf spezifische, dem Kunden erkennbar wichtige, doch unbekannte Gefahren des Überweisungsverkehrs.307 Auch soweit Zahlungsdienstleister gesetzlichen Pflichten unterworfen werden, namentlich im Zusammenhang mit Geldwäsche, ist an eine Warnpflicht – auch etwa des Zahlungsempfängerinstituts gegenüber dem Zahler – auf der Grundlage von §§ 261 Abs. 1 StGB i.V.m. 823 Abs. 2 BGB zu denken.308 Obwohl die zweite EG-Zahlungsdienste-Richtlinie wie auch die Vorgängerrichtlinie auch einen Höchststandard bildet, dürfen solche außergewöhnlichen Umstände nach der derzeitigen EuGH-Rechtsprechung auf der Grundlage von § 242 BGB auch weiterhin offenbarungspflichtig bleiben.309 II. Standardinformation – Inhalt und Form (§ 675d Abs. 1, 2 und 5 BGB i.V.m. Art. 248 EGBGB)

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1. Allgemeine Regeln (Abs. 1 i.V.m. §§ 1, 2). Die Allgemeinen Regeln haben nur zwei Gehalte: Doppelungen mit den Informationsregeln aus dem Fernabsatzrecht sollen vermieden werden, wenn ein Zahlungsdienst im Fernabsatz erbracht wird (§ 1). Und die Information ist in der Sprache des Landes zu geben, in dem dem Zahlungsdienstnutzer das Angebot gemacht wird (außer bei ausdrücklich abweichender Vereinbarung); zudem ist sie „in leicht verständlichen Worten und in klarer und verständlicher Form“ zu geben (§ 2 – Transparenzgebot).310 2. Informationen bei Abwicklung über Rahmenvertrag (Abs. 1 i.V.m. §§ 3–11)

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a) Inhalte (§§ 4–9). Umfangreicher (und von der Form her strenger, vgl. unten) ist das Informationsregime im Rahmenvertrag, der naheliegender Weise vor dem Einzelvertrag geregelt

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306 Vor allem bei unmittelbar bevorstehender, dem Institut bekannter Insolvenz des Empfängers (präsentes Wissen!): BGH Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 89/76, NJW 1978, 1852 (1853); BGH Urt. v. 29.9.1986 – II ZR 283/85, NJW 1987, 317 (318); sowie BGH Urt. v. 6.5.2008 – XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 = WM 2008, 1252 = NJW 2008, 2245; BGH Urt. v. 24.4.2012 – XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422 (2425 Tz 32); für Gefahr von Straftat BGH Urt. v. 22.6.2010 – VI ZR 212/09, WM 2010, 1393 (1394 Tz 18) (grundsätzlich aber nicht zugunsten Dritter). Zur Durchbrechung von Geheimhaltungspflichten in diesem Falle oben Zweiter Teil Rn 115–120. 307 BGH Urt. v. 31.1.1957 – II ZR 41/56, BGHZ 23, 222 (227). 308 Dazu Seibert WM 2008, 2006 (namentlich auch zu den Organisationspflichten und Prüfroutinen, die dieses Haftungsrisiko tatsächlich, aber auch rechtlich [„Leichtfertigkeit“ und § 831 Abs. 1 S. 2 BGB] mindern). 309 Vgl. EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. 310 Ausf. zum Transparenzgebot in Art. 5 AGB-Richtlinie, in der es erstmals ausdrücklich statuiert wurde: Grabitz/Hilf/Pfeiffer Das Recht der Europäischen Union, 40 EL. 2019; Art. 5 RL 93/13/EWG, Rn 2 ff.; zunehmend wird es als allgemeines Gebot im Europäischen Schuldvertragsrecht gesehen: Heiderhoff Europäisches Privatrecht, 5. Aufl. 2020, Rn 252–264; Klauer Europäisierung des Privatrechts: EuGH als Zivilrichter, 1998, S. 95; Micklitz Perspektiven eines Europäischen Privatrechts – Ius commune praeter legem? ZEuP 1998, 253–276; ablehnend jedoch Riesenhuber System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, 2003, S. 301 f.; ders., Europäisches Vertragsrecht, 2013, S. 129; der EuGH hat bisher allenfalls zögerlich ein Transparenzgebot statuiert: EuGH Urt. v. 7.3.1990 – Rs. C-362/88 GB-Inno Slg. 1990, I-683 (I-687 Tz 14 ff.); dem Zusatz „in leicht verständlichen Worten“ durch die ZD-RL II wird daher nur präzisierender Charakter zugeschrieben, vgl. BT-Drucks. 18/11495, S. 181.

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ist. Den ersten großen Block der Auskünfte bilden diejenigen über den Rahmenvertrag an sich (§ 4), die auch während der Laufzeit des Vertrages jederzeit nochmals bereit zu stellen sind (§ 5), wenn auch dann ggf. gegen Entgelt (§ 675d Abs. 4 BGB). Diese Pflicht besteht schon in der Zeit vor Abschluss des Rahmenvertrags (und selbstverständlich vor Erteilung der Einzelweisung zu einem Zahlungsvorgang) – allein schon deswegen, weil ein potentieller Zahlungsdienstenutzer die Intention hat, ggf. einen Rahmenvertrag mit diesem Institut abzuschließen311 – und ist von der Form her zwingend ausgestaltet (vgl. unten). Bei Unklarheiten gilt, wie sonst im EUSchuldvertragsrecht, die dem Kunden günstigere Angabe, was für die Haftungsregeln wichtig ist. Inhaltlich sind die geforderten Angaben erschöpfend und betreffen u.a. die Zugangs- und Widerrufsregeln für die Einzelweisung, die Ausführungszeiten, die Kommunikationsmittel und ihre Nutzung, die Kosten (Entgelte, Wertstellung und Umrechnungskurs), vor allem auch Regeln zum Gebrauch des jeweiligen Zahlungsinstruments und Schutzmaßnahmen vor möglichem Missbrauch sowie mögliche Beschwerdeverfahren. Über all dies hat jeder Zahlungsdienstleister seinen Kunden zu informieren, weil der Zahlungsdienstenutzer teils Zahler, teils Zahlungsempfänger sein wird. Vor Ausführung eines einzelnen Zahlungsvorgangs ist der Zahler zudem – nunmehr freilich nur auf Verlangen – nochmals über Ausführungsfristen und Entgelte zu informieren (§ 6). Da dieses Recht ausdrücklich nur dem Zahler zusteht, stellt sich die Frage, welche Bearbeitungszeiten das beauftragte Institut zu verantworten hat: nach dem System der Aufteilung in Sphären wohl nur die Zeit bis zum Eingang beim Empfängerinstitut (§ 675y Abs. 1 S. 4 BGB; fast noch klarer schon Art. 3 2. Spiegelstrich Üw-RL, nach dem die Empfängerinstitute „ihrem Kunden [gegenüber] … bei Eingang“ verpflichtet waren).312 Für die Entgelte gilt entsprechendes auf Grund der Share-Regelung in § 675q Abs. 3 BGB. Die Auskunft nach Ausführung regeln §§ 7 und 8 – nach Sphären getrennt, für den Zahler 126 und für den Zahlungsempfänger – und zu wichtigen Änderungen (den Zahlungsdienstleister selbst und Änderungen von Zinssätzen betreffend) in § 9 für den Zahlungsdienstenutzer, für den dies jeweils relevant wird. Die Angaben sind weitgehend parallel zu denjenigen gestaltet, die vorvertraglich für den Zahlungsvorgang nötig sind. Allerdings sind nunmehr konkretere Angaben möglich und auch geschuldet. Auf Grund der Aufteilung nach Sphären treffen Auskunftspflichten stets nur das Institut, das gehandelt hat (oder handeln musste), im Verhältnis zu seinem Auftraggeber, etwa nur das, das die Umrechnung vorgenommen hat.313 Jeder Kunde ist auch nur über die von ihm zu tragenden Provisionen zu informieren. b) Form (§§ 3, 10). Die in § 3 vorgesehene Form umfasst zwei Anforderungen (hierzu Ab- 127 reden teils möglich nach § 10): Es muss sich um (i) eine Wiedergabe zumindest auf dauerhaftem Träger handeln, die wohl auch durch Wiedergabe der Namensunterschrift zuzuordnen sein muss (also die Textform i.S.v. § 126b BGB), und die Information muss „mitgeteilt“ werden. Unter (ii) Mitteilung ist ein aktives Herantragen an den Kunden – im Gegensatz zum bloßen Bereitstellen (dazu sogleich) – zu verstehen.314 Eine Übermittlung des Rahmenvertrages selbst genügt, um die Informationspflicht hinsichtlich aller dort zu findenden Gehalte zu erfüllen (§ 4 Abs. 3). c) Ausgestaltungsmöglichkeiten (einschließlich Kleinbetragsinstrumente) (§§ 10 f). Ob 128 die Information vorvertraglich oder nach Ausführung des Zahlungsvorgangs zu erteilen ist, hat

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311 BGH Urt. v. 23.2.2010 – XI ZR 186/09, WM 2010, 647 (650). 312 Schief Schneider EuZW 1997, 589 (591) (das erstbeauftragte Institut müsse die „üblichen und wahrscheinlichen … Gutschriftfristen“ angeben). 313 Das ist nicht etwa nur mit Praktikabilitätsgesichtspunkten zu begründen: so Schneider EuZW 1997, 589 (591). 314 BT-Drucks. 16/11643, S. 100; Staudinger/Omlor § 675d Rn 4, MünchKommBGB/Casper § 675d Rn 4; zu elektronischen Postfachlösungen EuGH v. 25.1.2017 – C-315/15 BAWAG, ECLI:EU:C:2017:38; Zahrte BKR 2017, 279.

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zentrale Bedeutung für die Abweichensmöglichkeiten. Diese betreffen – bei allen Instrumenten – die Form und Frist. Abweichungen können sowohl hinsichtlich der Textform als auch hinsichtlich des Erfordernisses des Mitteilens vereinbart werden. Insbesondere kann die Abholung durch den Nutzer vereinbart werden (etwa Kontoauszugsdrucker). Eine Bereitstellung liegt auch etwa in der Zusendung eines Informationsblattes nur auf Anforderung hin oder in der Bereitstellung auf der Homepage des Dienstleisters.315 Freilich muss technisch sichergestellt sein, dass etwa mit Speicherung eine unveränderte Aufbewahrung und Wiedergabe möglich ist. Und die Mitteilung/Bereitstellung muss nur mindestens ein Mal monatlich und nicht unmittelbar vorgesehen werden, wenn das so vereinbart wird, kann also etwa durch monatliche Zusendung der Auszüge erfolgen. Bei Kleinbetragsinstrumenten kommen – zu diesen Abweichensmöglichkeiten die Form betreffend, die auch bei diesen gelten – auch noch Abweichensmöglichkeiten beim Inhalt hinzu (§ 11): Die vorvertraglichen Informationspflichten bzw. diejenigen vor Ausführung werden ex lege enger umrissen (Ausnahmen) (Abs. 1), und auch für die Informationen nach Ausführung werden immerhin Abweichensmöglichkeiten kraft Abrede eröffnet (Abs. 2). 3. Informationen in Einzelzahlungsverträgen (Abs. 1 i.V.m. §§ 12–16) 129

a) Inhalte (§§ 13–16). Die Informationspflichten werden wiederum aufgeteilt in solche, die vorvertraglich zu erfüllen sind, und solche nach Ausführung. Sie sind denen in Rahmenverträgen auch inhaltlich nachgebildet, freilich hier nun auf das Notwendige reduziert (§ 13, wobei eine Öffnungsklausel alles andere Relevante aus dem Regime der Rahmenverträge ebenfalls für geschuldet erklärt, Abs. 3). Die Informationspflichten nach Zugang des Auftrags bzw. nach Ausführung sind wieder getrennt nach solchen dem Zahler gegenüber (§ 14) und solchen dem Zahlungsempfänger gegenüber (§ 15) und beide nochmals ähnlicher den Parallelregeln für den Rahmenvertrag. Erfolgt ein Zahlungsvorgang „gemischt“ rahmen- und einzelvertraglich, d.h. für die eine Seite – etwa den Zahler – im Rahmen eines Rahmenvertrages (mit Zahlungsund meist auch Zahlungsauthentifizierungsinstrument), für die andere jedoch in Form der Einzelauszahlung, sind allein für das erstgenannte Verhältnis die Informationspflichten für Rahmenverträge anwendbar (§ 16).

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b) Form (§ 12). Intensiv unterscheidet sich zwischen Rahmen- und Einzelvertrag besonders die Form der Informierung (vgl. Art. 51 Abs. 1, 44 Abs. 1 ZD-RL II, Art. 248 §§ 3, 12 EGBGB): Während sie in dem einen Fall individuell übermittelt werden muss, auf dauerhaftem Datenträger, genügt bei Abschluss eines Einzelvertrages das „Bereitstellen“, also grundsätzlich Veröffentlichung „in leicht zugänglicher Form“ (etwa Aushang in der Schalterhalle), und ist Aushändigung in Textform nur auf Verlangen nötig. Wiederum genügt dann eine Übermittlung des (Einzel-) Vertrages selbst, um die Informationspflicht hinsichtlich aller dort zu findenden Gehalte zu erfüllen (§ 13 Abs. 5).

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4. Informationspflichten von Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdiensten (Abs. 2 i.V.m. §§ 4, 13 Abs. 1–3, 13a). Spezifisch zugeschnitten sind die Informationspflichten auf die sog. Dritten Zahlungsdienstleister – die Kontoinformationsdienste (vgl. hierzu bereits oben Dritter Teil Rn 72) und, ungleich wichtiger, die Zahlungsauslösedienste. Bei Letzteren handelt es sich um Dienste, die in den Zahlungsvorgang selbst – die erste Phase – eingebunden sind, indem sie die Autorisierung für einen Zahlungsdienstenutzer bezogen auf ein bei einem

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BT-Drucks. 16/11643, S. 100.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

anderen Zahlungsdienstleister geführtes Konto dieses Nutzers auslösen (§ 1 Abs. 33 ZAG) und dabei umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen schulden, namentlich bei der Generierung der Voraussetzungen für starke Kundenauthentifizierung. Ihre Einbindung geht so weit, dass für sie (anders als für die Kontoinformationsdienste) das Zahlerinstitut haftet (näher Dritter Teil Rn 529) und ggf. Regress nimmt. Entsprechend detailliert sind auch die Gegenstände der Informationspflichten, denen sie nach § 675d Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BGB unterliegen – während für die Form der Unterrichtung auf die allgemeinen Regeln verwiesen wird (näher Dritter Teil Rn 125– 130). Wichtig ist, dass Zahlungsauslösedienste strukturell dem (Informations-)Regime für die Einzelverträge unterworfen werden, nicht für die Rahmenverträge, weil der Zahlungsauslösedienst einerseits von Transaktion zu Transaktion wechseln kann – je nachdem mit welchen Diensten der jeweilige Händler zusammenarbeitet – und andererseits die rahmenvertraglichen Informationspflichten ohnehin von dem Zahlungsdienstleister der Zahlungsquelle erfüllt werden müssen.316 Danach haben sie die in Art. 248 §§ 13 Abs. 1–3 und 13a EGBGB genannten Gegenstände aufzudecken. Dies sind zunächst (i) vorvertraglich (wie namentlich bei Einmalverträgen) die Anforderungen an Auftragsauslösung, namentlich die Informationen, die der Kunde bereitzustellen hat, die Erfüllungsfristen, alle Entgelte sowie ggf. Wechselkursfragen (§ 13 Abs. 1), außerdem die Kerndaten (mit Kontaktdaten) zum Zahlungsauslösedienstleister selbst und zur ihn beaufsichtigenden Behörde (§ 13 Abs. 2), schließlich auch, soweit bedeutsam, alle Informationsgegenstände aus der Hauptnorm des § 4 (für die Rahmenverträge, vgl. oben Dritter Teil Rn 125). Geschuldet sind sodann (ii) nach Auslösung der einzelnen Transaktion Informationen über die spezifisch für Zahlungsauslösedienste wichtigen Gegenstände (Art. 248 § 13a EGBGB), namentlich Auslösungsanzeige, klare Benennung des ausgelösten Zahlungsvorgangs, eigene Entgelte, ggf. aufgeschlüsselt. So wird der Zahlungsdienstenutzer in die Lage versetzt, einerseits verlässliche Auslösung des Zahlungsvorgangs (für das Valutaverhältnis) nachzuweisen, andererseits seinem kontoführenden Institut gegenüber Auftrag und daraus resultierende Pflichten für das Zahlerinstitut. Zur Durchführung des Zahlungsvorgangs selbst, den er nicht aus eigener Einsicht überblickt, hat der Zahlungsauslösedienst demgegenüber nicht Auskunft zu geben, sondern das Zahlerinstitut. Dies ergibt sich bereits aus der vermittelnden Natur der Dienstleistung, die sich auf die Weiterleitung der Autorisierung beschränkt. Erst recht hat der Zahlungsauslösedienstleister nicht etwa (Rechts-)Beratung bzw. Information zu Fehlern anderer Zahlungsdienstleister zu geben. 5. Entgeltinformationen seitens Zahlungsempfängern, Bargeldabhebungsdienstleis- 132 tern und Dritter (Abs. 5 i.V.m. §§ 17–19). Zahlungsempfänger, Bargeldabhebungsdienstleister oder Dritte, die die Nutzung eines Zahlungsinstruments ermöglichen, namentlich den Karteneinsatz, sind professionell tätig und schulden die Informationen nach §§ 17–18. Neben den Bargeldabhebungsdienstleistern, die ihrem Namen entsprechend Geldautomaten bereitstellen und betreiben und vorab Information und zugleich im nachhinein Quittung schulden (§ 17a), handelt es sich um Händler oder aber Informationsdienste, die selbst nicht Zahlungsempfänger sind, aber den Zahlungsvorgang – insbesondere Authentifizierungsvorgänge – technisch ermöglichen. Informieren müssen alle Adressaten der Norm über von ihnen geforderte Entgelte bzw. gewährte Nachlässe, der Zahlungsempfänger auch über den Wechselkurs, wenn er eine Umrechnung in eine andere Währung als Euro anbietet. Speziell für das Verhältnis diesen Dritten gegenüber wird besonders betont, dass bei Verletzung der Informationspflicht gar kein Entgelt-

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316 Vgl. BT-Drs. 18/11495, S. 149; der deutsche Gesetzgeber geht darüberhinaus irrtümlich davon aus, dass Zahlungsauslösedienste nur auf Basis von Einzelzahlungsverträgen erbracht werden. Dies ist allerdings bei Diensten wie Apple Pay und Google Pay nicht der Fall.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

anspruch entsteht (§ 675d Abs. 5 S. 2 BGB). (Allein) In B2B-Transaktionen sind alle Informationspflichten dispositiv (§ 19). III. Standardinformation – Sonstige Modalitäten (§ 675d Abs. 3 und 4 BGB) 133

1. Beweislast (Abs. 3). Die Beweislast dafür, dass überhaupt informiert wurde, und dafür, dass die Information auch richtig und im geforderten Umfang erbracht wurde, trägt – wie Abs. 3 in Übereinstimmung mit bisherigem deutschen Recht statuiert – der Zahlungsdienstleister.317

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2. Entgeltregelung für Zahlungsdienstleister (Abs. 4). Grundsätzlich muss die Informationsbereitstellung kostenfrei erfolgen – im Verbrauchervertrag, im B2B kann hingegen anderes vereinbart werden (vgl. § 675e Abs. 4 BGB). Im Verbrauchervertrag gestattet Abs. 4 ein Entgelt nur unter dreifacher Bedingung: (i) Die Informierung muss auf Verlangen des Verbrauchers erfolgen, was, wenn diese Bedingung überhaupt eine Bedeutung haben soll, bedeuten muss, dass der Kunde nach Abschluss des Vertrages ein eigenes (zusätzliches) Verlangen formuliert haben muss; (ii) die Informierung muss über das ohnehin geschuldete Maß hinausgehen und zwar in einer der drei genannten Formen, die freilich die Bandbreite der Möglichkeiten auch weitestgehend abdecken (Wiederholung der Information auch über § 5 hinaus, also Wiederholung vor allem derjenigen Informationen, die nach Ausführung des Auftrages geschuldet sind; Informierung über die vorgeschriebenen Gegenstände hinaus, etwa Beratung über Zahlungsverkehrsgefahren, die § 4 nicht erfasst; oder Informierung durch weitere als die vereinbarten Kommunikationskanäle);318 (iii) das Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten ausgerichtet sein. Selbst dieses – im Wesentlichen nur gut kostendeckende – Entgelt ist noch durch die ersten beiden Bedingungen beschränkt. Insbesondere ist wohl der durchaus gängige Fall nicht erfasst, dass die Erstellung des Kontoauszuges durch den Kunden am Kontoauszugsdrucker oder über Homebanking vereinbart wurde, zudem jedoch, dass der Zahlungsdienstleister bei Nichtabholung – etwa bei Ablauf von einem Monat seit dem letzten Auszug – den Auszug per Post zuzusendet. Hierfür könnte demnach auch kein Kostenersatz – und sei es auch nur für Postgebühren – vereinbart werden, weil die Versendung nicht auf eigenes Verlangen des Kunden hin erfolgte – ein Verlangen jenseits der ursprünglichen Abrede. Dass diese Zusendung im Gesamtsystem der Haftungsverteilung sinnvoll ist, etwa weil anderenfalls nicht klar ist, ob die Widerspruchsfrist bei Lastsschriften anläuft oder die Einwendungsfrist gegen Quartalsabschlüsse, ist zwar richtig. Dennoch scheint Abs. 4 in der ersten der drei Bedingungen schlicht nicht erfüllt.319

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317 Näher dazu etwa MünchKommBGB/Casper § 675d Rn 14; Erman/Graf v. Westphalen, § 675d Rn 7; Staudinger/Omlor § 675d Rn 7. 318 (Wohl) Auch dann, wenn ein Kommunikationskanal kostenfrei, ein anderer optional gegen Kostenübernahme angeboten wird: LG Frankfurt a.M. Urt. v. 11.11.2012 – 2/10 O 192/11, ZIP 2012, 114; aA Fornasier WM 2013, 205 (210). 319 Hierzu i.Erg. ebenso Kropf/Habl BKR 2012, 141 (144); sowie (freilich AGB-Rechtswidrigkeit annehmend): LG Frankfurt/M. Urt. v. 8.4.2011 – 2-25 O 260/10, WM 2011, 1846; wirksam etwa: Versendung von Duplikat auf Anforderung hin: LG Frankfurt/M. Urt. v. 23.1.2013 – 17 U 54/12, ZIP 2013, 452. Näher dazu auch Staudinger/Omlor § 675d Rn 10; Erman/Graf v. Westphalen § 675d Rn 8; MünchKommBGB/Casper § 675d Rn 19, Palandt/Sprau § 675d Rn 6.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

E. §§ 675f bis 675h BGB: Zahlungsdienste-, insbes. ZahlungsdiensteRahmenvertrag und sein Bestand I.

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Übersicht § 675f Abs. 1–5 BGB: Begründung und Inhalt des Zahlungsdienstevertrages (auch Zahlungsauslösedienst), insbes. zum Zahler („Deckungsverhältnis“) | 135–175 1. Grundlagen und Überblick | 135–139 a) Zahlungsdienstevertrag als Organisationsgrundlage: Deckungs-, Zuwendungs- und Valutaverhältnis | 135 b) Einzel- und Rahmenvertrag (Abs. 1, 2 und 4) | 136–138 c) Form und Inhalt des Rahmenvertrages – Überblick und Verweis | 139 2. Insbes. Entgelte (Abs. 5) | 140–145 a) Stellung der Norm im System der Entgeltregeln | 140–143 b) Entgelte für die Erfüllung von Haupt-, Neben- und Drittpflichten | 144 c) Insbes. Entgelte für die Erfüllung von Nebenpflichten – Grundregime und Verweis | 145 3. Überweisung – Formen von „Verträgen“ und „Aufträgen“ – mit Einzelzahlungsvertrag | 146–150 a) Unterschiede im Begründungsvorgang – (einzel-)vertraglich oder als Weisung | 146, 147 b) Unterschiede nach Zahl und Abwicklung der Vorgänge | 148 c) Besonderheiten im grenzüberschreiten den Verkehr | 149, 150 4. Lastschrift – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis und Formen | 151–153 a) Gesondertes Geschäftsbesorgungverhältnis und Formen | 151, 152 b) Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr? | 153 5. Girocard-Vertrag („Ec-Karte“) – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis, Formen/ Funktionen und Entgelte | 154–162 a) Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis | 154 b) Geldautomatenauszahlung (GA/GAA) beim eigenen Institut – Zwei-PersonenVerhältnis | 155 c) Geldautomatenauszahlung (GA/GAA) beim Fremdinstitut und Girocardzahlung mit Zahlungsgarantie beim Händler (Point-of-Sale; POS) – DreiPersonen-Verhältnis und Entgeltfragen | 156–159

d)

II.

III.

Besonderheiten beim grenzüberschreitenden Einsatz | 160 e) Girocardzahlung beim Händler (Point-of-Sale) ohne Zahlungsgarantie („POZ“) – Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) | 161, 162 6. Kreditkarte – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis, Formen und Entgelte | 163–172 a) Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis und Formen („Aufträge“) | 163–165 b) Insbes. Zahlungs- und Erstattungsansprüche bei planmäßigem Rückgriff auf den Kunden | 166 c) Kartenentgelt und sonstige Entgelte | 167–171 d) Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 172 7. Zahlungsauslösedienste (§ 675f Abs. 3 BGB) im Gefüge der Rahmenverträge für die „primären“ Zahlungsdienste | 173–175 §§ 675f Abs. 6 BGB: Zahlungsdienstevertrag (bei Kartenzahlung) im Verhältnis zum Zahlungsempfänger/Händler („Zuwendungsverhältnis“) | 176–179 1. Rahmenvertrag – und Fragen des Zahlungs- und Garantieanspruches (mit Verweis) | 176, 177 2. Fragen zum Entgelt (Abs. 6) | 178, 179 §§ 675g, 675h BGB: Änderung, Anpassung und Beendigung des Zahlungsdienstevertrages | 180–197 1. Änderung des Rahmenvertrages (§ 675g Abs. 1 und 2 BGB) | 180–184 a) Vertragsänderung mit Zustimmung – Form (Abs. 1) | 180–182 b) Zustimmung durch Schweigen (Abs. 2) | 183, 184 2. Automatische Anpassung des Rahmenvertrages bei Referenzzinssatz und Wechselkursänderung (§ 675g Abs. 3 und 4 BGB) | 185, 186 3. Kündigung (§ 675h BGB) | 187–197 a) Allgemeine Grundsätze einschließlich Entgeltfolgen (Abs. 3, 4) | 187–190 b) Ordentliche (und außerordentliche) Kündigung durch den Zahlungsdienstnutzer (Abs. 1) | 191–193 c) Ordentliche (und außerordentliche) Kündigung durch den Zahlungsdienstleister (Abs. 2) | 194–197 Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

Kapitel 2 Zahlungsdienstevertrag § 675f Zahlungsdienstevertrag (1) Durch einen Einzelzahlungsvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für die Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt (Zahlungsdienstnutzer), einen Zahlungsvorgang auszuführen. (2) Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann auch Bestandteil eines sonstigen Vertrags sein oder mit einem anderen Vertrag zusammenhängen. (3) Der Zahlungsdienstnutzer ist berechtigt, einen Zahlungsauslösedienst oder einen Kontoinformationsdienst zu nutzen, es sei denn, das Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers ist für diesen nicht online zugänglich. Der kontoführende Zahlungsdienstleister darf die Nutzung dieser Dienste durch den Zahlungsdienstnutzer nicht davon abhängig machen, dass der Zahlungsauslösedienstleister oder der Kontoinformationsdienstleister zu diesem Zweck einen Vertrag mit dem kontoführenden Zahlungsdienstleister abschließt. (4) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über einen Zahlungsauslösedienstleister oder den Zahlungsempfänger erteilt. (5) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein. (6) In einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung oder einen anderweitigen Anreiz anzubieten, nicht ausgeschlossen werden.

I. § 675f Abs. 1–5 BGB: Begründung und Inhalt des Zahlungsdienstevertrages (auch Zahlungsauslösedienst), insbes. zum Zahler („Deckungsverhältnis“) 1. Grundlagen und Überblick 135

a) Zahlungsdienstevertrag als Organisationsgrundlage: Deckungs-, Zuwendungs- und Valutaverhältnis. Zahlungsdienste werden erbracht im Verhältnis zum Zahler ebenso wie zum Zahlungsempfänger. Daher werden Zahlungsdiensteverträge ebenfalls in beiden Verhältnissen abgeschlossen. Mit anderen Worten: Im Dreipersonenverhältnis, das im Zahlungsverkehr der Zahlungsdienste stets (mindestens) besteht (Dritter Teil Rn 28–30, 34 f.), werden die zwei Verhältnisse, an denen zwingend ein Zahlungsdienstleister beteiligt ist, als Zahlungsdiensteverträge ausgestaltet. Der Schwerpunkt der Regelung zur Grundlage des Zahlungsdienstevertrages liegt freilich auf (i) dem Deckungsverhältnis (Abs. 1–5), hier liegt in der Tat auch der Schwerpunkt der Probleme: dem Verhältnis, in dem der Zahler vor allem „Deckung“ für den Zahlungsvorgang verspricht, den der Zahlungsdienstleister für ihn organisiert (hier I.). Hierzu werden die verschiedenen Formen geregelt (Abs. 1, 2 und 4, nächste Rn), seit dem 13.1.2018 zudem eine Duldungspflicht für Zahlungsauslöse- und Kontoinformationsdienstleister festgeschrieben (Abs. 3, Rn 139), außerdem die Grundregelung in Entgeltfragen getroffen (Abs. 5, dazu unten 2.). Grundmann

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

Demgegenüber gilt zwar § 675f BGB für alle Zahlungsdienstverträge, auch denjenigen mit dem Zahlungsempfänger, (ii) dem sog. Zuwendungsverhältnis, und sind die beiden Zahlungsdiensteverträge dem Zahler und dem Zahlungsempfänger gegenüber auch in einem Netz funktional verbunden.320 Die Regelung, die diese zweite Seite vorrangig betrifft, ist jedoch schmal: § 675f Abs. 6 BGB regelt nur einen Teilausschnitt aus den Entgeltfragen gegenüber dem Zahlungsempfänger, namentlich dem Händler bei Kartenzahlung (unten Punkt II.). Nicht geregelt ist demgegenüber beispielsweise das für den Zahlungsempfänger überragend wichtige (abstrakte) Zahlungsversprechen, das der Zahlungsdienstleister ihm gegenüber abgibt, die „Zuwendung“, die diesem Verhältnis seinen Namen gibt. Das dritte Rechtsverhältnis – (iii) das Valutaverhältnis – schließlich wird gar nicht angesprochen – naheliegend, weil es keinen Zahlungsdienstevertrag bildet. Da in diesem freilich der Zahlungsvorgang insofern angestoßen wird, als die Verpflichtung zur Zahlung in ihm begründet wird, ist es funktional mit den beiden anderen Verhältnissen verbunden und wurde hier (auf Grund der von ihm ausgehenden Anstoßwirkung) vorgezogen kommentiert (oben Unterabschnitt C.). b) Einzel- und Rahmenvertrag (Abs. 1, 2 und 4). Die gesetzgebungstechnisch zentrale 136 Unterscheidung bei den Zahlungsdiensteverträgen ist die zwischen Einzel- und Rahmenvertrag. Der Einzelzahlungsvertrag wird dahingehend definiert, dass der Vertrag – auf Zahlerund/oder Zahlungsempfängerseite – nur auf einen Zahlungsvorgang ausgelegt ist. In diesem Falle schließt der Zahlungsdienstleister (nach §§ 145 ff. BGB) jeweils einen gesonderten Vertrag – auf Zahlerseite mit dem Inhalt, diesen einen Zahlungsvorgang gegen Einzahlung zu organisieren, auf Zahlungsempfängerseite, in diesem einen Fall die Valuta entgegenzunehmen und bar auszukehren.321 Die Klärung des Begriffes Zahlungsvorgang erfolgt in diesem Zusammenhang (Abs. 4, oben Dritter Teil Rn 67) und ist in der Tat hier für die Abgrenzung wichtig. Umgekehrt ist nämlich der Rahmenvertrag auf die Abwicklung einer Mehr- oder Vielzahl von Zahlungsvorgängen auslegt (zur Konstruktion vgl. unten Dritter Teil Rn 138, 146–150). So zentral die Unterscheidung zwischen Einzel- und Rahmenvertrag gesetzgebungstechnisch ist, so gering ist jedoch ihre praktische Bedeutung. Zum einen wird die Unterscheidung zwar allgemein (für alle Zahlungsinstrumente und -dienste) formuliert, sie ist jedoch nur für die Überweisung von Bedeutung (vgl. unten Punkt 3.): Lastschrift und Kartenzahlung können auf Zahlerseite nur über ein Kontokorrent, also einen Rahmenvertrag abgewickelt werden, und auch der Zahlungsempfänger kann sie nur im Rahmen einer Dauerbeziehung initiieren bzw. entgegennehmen. Sichtlich wurde eine Regelung, die in der Überweisungs-Richtlinie noch sinnvoll gewesen sein mag, weil sie systematisch die Alternativen ausleuchtete, hier übernommen, obwohl sie im Gesamtkontext periphär ist. Zum anderen spielt der Einzelvertrag jedoch auch bei der Überweisung praktisch nur eine geringe Rolle – im Wesentlichen nur in den Fällen, in denen der Zahler und/oder der Empfänger über kein Konto verfügt, also etwa bei Überweisung in ein Land ohne funktionierenden Zahlungsverkehr (Einzelauszahlung an den Zahlungsempfänger),322 bei außergewöhnlichen Zahlungsvorgängen seitens des Zahlers und im Zusammenhang mit der Nutzung von Zahlungsauslösediensten. Hierfür bedarf es jedoch nicht zwingend der vertraglichen Verbindung zwischen den Parteien (siehe unten Dritter Teil Rn 175), sodass der Einzelzahlungsvertrag auch durch Wachstum bei den Zahlungsauslösediensten kaum an Bedeutung gewinnen wird.

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320 Zum Vertragsnetz und dem dafür charakteristischen gemeinsamen Interesse an einem Erfolg des Netzes („Netzziel“ oder Netzzweck“), freilich ohne gemeinsame, parallel gerichtete Förderpflicht („gemeinsamer Zweck“) i.S.d. § 705 BGB, vgl. nur Grundmann, Die Dogmatik der Vertragsnetze, AcP 207 (2007) 718 (720 und 740–742). 321 Palandt/Sprau § 675f Rn 4 f.; MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 13 f.; Baumbach/Hopt (7) Rn C/29; Erman/Graf v. Westphalen § 675f Rn 15; auch HK-BGB/Schulte-Nölke § 675f BGB Rn 4. 322 Vgl. etwa Palandt/Sprau § 675f Rn 68.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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Die Hauptpflicht, den Zahlungsvorgang durchzuführen, ist im Rahmenvertrag anders zu konstruieren als im Einzelzahlungsvertrag, zudem treffen den Zahlungsdienstleister neben dieser Hauptpflicht beim Einzelzahlungsvertrag und beim Rahmenvertrag unterschiedliche Pflichten: bei Einzelauszahlung zusätzlich die durchaus zentrale Aufgabe (Obliegenheit), die Identität des Zahlungsempfängers zu überprüfen,323 bei Einzeleinzahlung ist potentiell das Geldwäscheregime zu beachten, das auf Bargeldverkehr zugeschnitten ist und bei der Erbringung von Zahlungsauslösediensten sind die zusätzlichen Pflichten des ZAG, insbesondere die Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung, zu berücksichtigen.324 Diese Pflichten(lagen) – Zahler- wie auf Empfängerseite – sind im Rahmenvertrag unbedeutend bzw. werden durch weniger personalisierte Routinen ersetzt. Umgekehrt klärt die Norm für den Rahmenvertrag die Pflichten dahingehend, dass ein 138 (Bank-)Konto zu führen (dazu Zweiter Teil 3. Abschnitt = Rn 122 ff.) und darüber eine Mehr- oder Vielzahl von Zahlungsvorgängen auszuführen sei. Mit anderen Worten: Mit der Mehr- und Vielzahl der Zahlungsvorgänge geht auch eine unterschiedliche Konstruktion der Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters, den jeweiligen Zahlungsvorgang auszuführen, einher: Begründet der Rahmenvertrag bereits die Verpflichtung, so ist zwar dieser selbst nach §§ 145 ff. BGB durch beiderseitige Zustimmung (Konsens) zu schließen, gilt Gleiches jedoch nicht für jeden einzelnen Zahlungsvorgang:325 Aus § 675o BGB ergibt sich, dass diese Pflicht besteht, wannimmer der Zahlungsdienstnutzer einseitig Weisung gibt (auftragsrechtliches Weisungsmodell, § 665 BGB) und zugleich die im Zahlungsdienstevertrag festgelegten Bedingungen erfüllt sind. Ebendiese Festlegung der Ausführungsbedingungen ist daher ebenfalls zentraler Inhalt und dies geschieht für die einzelnen Zahlungsdienste und -instrumente gesondert (vgl. daher unten Einzelkommentierung der verschiedenen Instrumente jeweils gesondert in Punkten 3.–6.). 139

c) Form und Inhalt des Rahmenvertrages – Überblick und Verweis. Der Rahmenvertrag – als die praktisch ungleich wichtigere Variante – ist zwar grundsätzlich nicht formbedürftig, auf Grund der Informationsregeln in § 675d BGB i.V.m. Art. 248 § 3 EGBGB ist freilich praktisch eine Aushändigung der zentralen Inhalte in Textform geschuldet (die Verletzung bildet nur kein Wirksamkeitshindernis).326 Der Grundtyp eines Rahmenvertrages, der Girovertrag, umfasst nach § 675f Abs. 2 BGB eine (Bank-)Kontokorrentbeziehung (dazu Zweiter Teil) und beinhaltet die Pflicht, Überweisungen auf der Zahlerseite auszuführen und auf Zahlungsempfängerseite entgegenzunehmen, ohne weitere Abrede (dazu unten Punkt 3.). Inhaltlich wurde die Ausgestaltungsfreiheit im Kunden-Zahlungsdienstleister-Verhältnis durch die zweite EG-ZahlungsdiensteRichtlinie (Art. 66, 67 ZD-RL II, § 675f Abs. 3 BGB) eingeschränkt. Die Nutzung von Zahlungsauslöse- oder Kontoinformationsdiensten darf nicht untersagt werden, soweit das Zahlungskonto des jeweiligen Nutzers online, also über eine technische Schnittstelle mit Fernkommunikationsmitteln zugänglich ist.327 Die Nutzung darf überdies gem. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB nicht von einer vertraglichen Beziehung zwischen dem dritten Zahlungsdienstleister (Zahlungsauslöse- oder Kontoinformationsdienst) und dem kontoführenden Institut abhängig gemacht werden. Bei online zugänglichen Konten darf also kein kontoführender Zahlungsdienstleister mehr Dienste, die der überblicksweisen Zusammenfassung von Kontodaten (auch vieler Konten) dienen oder der

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323 Andernfalls hat der Berechtigte (in der Kundenkennung benannte Zahlungsempfänger) weiterhin einen Anspruch auf Auskehrung aus § 675t Abs. 1 S. 1 BGB. 324 Im Bargeldverkehr greifen ungleich früher Prüf- und Anzeigepflichten ein, vgl. namentlich § 22 Abs. 3 ZAG; und dazu BankR-HdB/Walther § 42 Rn 215 ff.; zum Geldwäscheregime Kurzübersicht oben Zweiter Teil Rn 110–114. 325 Vgl. etwa MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 28 f.; Palandt/Sprau § 675f Rn 6. 326 Die Verletzung dieser vorvertraglichen Informationspflichten führt lediglich zu etwaigen Rechtsverlusten oder einer Haftung des Zahlungsdienstleisters, vgl. etwa Palandt/Grüneberg EGBGB Einf v 238 Rn 3; Palandt/Sprau EGBGB 248 § 3 Rn 1; MünchKommBGB/Casper § 675d Rn 11 f.; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Pfeifer § 675d Rn 48. 327 Vgl. BT-Drucks. 18/11495, S. 154.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

beschleunigten Auslösung von Zahlungsvorgängen, verbieten oder durch Nichtabschluss eines Vertrages de facto unterbinden – während dann umgekehrt insbes. Zahlungsauslösedienste ‚ besondere Sicherheitsstandards beim Zugriff und bei der Nutzung auf bzw. von Kontodaten für solch eine Tätigkeit einzuhalten haben (unten Dritter Teil Rn 173–175 und 246 f.). Für die Lastschrift, die Girokartenausgabe und -zahlung ebenso wie für die Kreditkartenausgabe und -zahlung sind demgegenüber jeweils eigene weitere Abreden nötig – auf Zahlerseite (außer bei der Lastschrift) ebenso wie auf Zahlungsempfängerseite (dazu unten Punkte 4., 5. und 6.). Komplex sind dann die Autorisierung durch den Zahler (teils zusätzlich mit Initiierung durch den Zahlungsempfänger) (Unterabschnitt G.) ebenso wie die Ausführung seitens des oder der Zahlungsdienstleister (Unterabschnitt H.), und ebenso schließlich die Fehlerfolgen (Unterabschnitt I. und J.), Ihnen gilt der Rest der Kommentierung. Neben den – je nach Zahlungsinstrument – unterschiedlichen Pflichten des Zahlungsdienstleisters aus dem Rahmenvertrag (unten Punkte 3.–6.), steht im Zahlungsdiensterecht außerdem die synallagmatisch eingegangene Pflicht des Zahlungsdienstenutzers im Fokus: die Entgeltpflicht: 2. Insbes. Entgelte (Abs. 5) a) Stellung der Norm im System der Entgeltregeln. Nicht nur die Haupt-, teils auch Ne- 140 benpflichten des Zahlungsdienstleisters werden in § 675f BGB geregelt (oben 1.), sondern auch die Hauptpflicht des Zahlungsdienstenutzers, die Entgeltpflicht (hier 2.), namentlich durch § 675f Abs. 5 BGB. Bei dieser Norm handelt es sich sogar um die Grundnorm für das Entgeltregime im Zahlungsdiensterecht. Denn sie enthält die zentrale Beschränkung in den Rechtsverhältnissen, welche das Zahlungsdiensterecht regelt, den jeweiligen Zahlungsdiensteverträgen. Mit dieser Aussage sind zwei Abgrenzungen angesprochen: (i) Das Zahlungsdiensterecht regelt die Problematik „Entgelte“ (Entgelte jeweils zugunsten 141 des Zahlungsdienstleisters)328 sehr breit – ganz seinem grundsätzlichen Schutzansatz entsprechend, der vor allem im halbzwingenden Charakter des Großteils der Normen zugunsten des Zahlungsdienstenutzers zum Ausdruck kommt (§ 675e Abs. 1 BGB). Dabei baut das Zahlungsdiensterecht auf Schutz durch Informationsnormen einerseits und durch Beschränkungsnormen andererseits. Das Schutzkonzept umfasst also einerseits § 675d Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 248 §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 13 Abs. 1 Nr. 3 und §§ 17 f. EGBGB. Umgekehrt wird jedoch – bei den Entgelten für die Erfüllung von Nebenpflichten – das Informationsmodell als nicht hinreichend verstanden:329 An dieser Stelle greift die – für diesen zweiten Zweig zentrale – Beschränkungsregel des § 675f Abs. 5 BGB ein. Sie regelt dreierlei: in welchen Fällen eine Beschränkung eingreift; dass es sich hierbei dann um eine Beschränkung mit Ausnahmevorbehalt handelt, so dass sie zugleich einen Verweis auf weitere Normen mit Ausnahmetatbeständen enthält; und dass selbst in den Ausnahmebereichen das Entgelt höhenmäßig begrenzt sein muss. All dies gilt freilich nicht zwingend in den Ausnahmebereichen des § 675e Abs. 2–4 BGB, namentlich in allen B2BTransaktionen. Dort freilich wird man die Abgrenzungen zwischen entgelt- und nicht entgeltpflichtigen Dienstleistungen zumindest als gesetzliches Leitbild für eine Klauselkontrolle zu verstehen haben, denn der Vollharmonisierungsansatz im Zahlungsdiensterecht schließt wohl nur dort eine Klauselkontrolle aus, wo der Europäische Gesetzgeber gezielt und ausgewählt im

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328 Keine Vorgaben finden sich für die Guthabenszinsen, die einzige Form eines „Entgelts“ zugunsten des Zahlungsdienstnutzers. 329 Grundlegend zur adversen Selektion und anderen Schutzproblemen, zu denen nicht hinreichende Information führt: Akerlof The Market for ‘Lemons’: Quality Uncertainty and the Market Mechanism, 84 Quarterly Journal of Economics 488 (1970); Erläuterung und w. Nachw. in Grundmann in Grundmann/Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie, 2015, Kapitel 12.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Einzelfall Vertragsfreiheit einräumt.330 Neben die Informationsregeln und die Regeln, die die Zulässigkeit von Entgelten beschränken, tritt eine dritte Form von Regeln zu Entgelten, nämlich diejenigen Regeln, die die Entnahme des Entgelts aus der übertragenen Valuta verbieten und die dieses Verbot auch sanktionieren (namentlich § 675q Abs. 1 und 2 BGB sowie § 675y Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 BGB). Diesen nahe steht schließlich noch § 675h Abs. 3 BGB, nach dem bei Kündigung des Rahmenvertrages vorausgezahlte Entgelte für Laufzeiten anteilig zu erstatten sind, für die der Rahmenvertrag wegen der Kündigung keinen Bestand mehr hat (rechtsgrundlose Überzahlung). 3. Teil – Zahlungsgeschäft 2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien Grundmann 142 (ii) Eine zweite Abgrenzung ist im Ausgangssatz oben ebenfalls angelegt: § 675f Abs. 5 BGB ist die Grundnorm für das Entgeltregime innerhalb der Zahlungsdiensteverträge. Von diesem abzugrenzen sind die Entgeltabsprachen – und die wenigen Regeln hierzu –, die im Valutaverhältnis getroffen werden: Zentral sind insoweit ursprünglich zwei, mit Inkrafttreten der ZD-RL II drei Regeln: jede Partei des Valutaverhältnisses trägt grds. die Entgelte ihres Zahlungsdienstleisters („share“, § 675q Abs. 3 BGB); Entgelte für die Nutzung bestimmter besonders gängiger Zahlungsinstrumente wie Überweisung, Lastschrift, Kredit- und Debitkartenzahlung dürfen nicht mehr vereinbart werden (so seit 13.1.2018 § 270a BGB); des Weiteren – und rechtspolitisch besonders umstritten und praktisch überaus wichtig – ist schließlich, dass im Zahlungsdienstevertrag in Fragen Entgelte zwischen den Parteien des Valutaverhältnisses die Vertragsfreiheit jedenfalls nicht darin beschränkt werden darf, dass eine Partei der anderen bei Nutzung eines Zahlungsinstruments Rabatte oder sonstige Vorteile („Anreize“) gewähren will und gewährt, bei der Nutzung eines anderen hingegen nicht (§ 675f Abs. 6 BGB).331 Solchermaßen bilden also § 675f Abs. 5 und 6 BGB für alle drei Rechtsverhältnisse den Kern eines Entgeltregimes mit zwingenden Vorgaben. Das Entgeltregime im Zahlungsverkehr insgesamt umfasst also – neben den privatautonomen Entgeltabreden selbst, diese unterstützend und kanalisierend – Informationsregeln und zwingende Vorgaben (Beschränkungen), aber auch Regeln für die Zahlungsdiensteverträge (weitgehende, fast flächendeckende Regelung) sowie solche für das Valutaverhältnis (Regelung nur zentraler Einzelpunkte). 143

Graphisch kann das Regime solchermaßen zusammengefasst werden: Rechtsverhältnis

1. Zahlungsdienstevertrag: (Deckungs- und Zuwendungsverhältnis)

2. Valutaverhältnis

Regeltyp

B2C-Verhältnis

B2B-Verhältnis

Informationsregeln

§ 675d Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB, nicht abdingbar nach Art. 248 § 10 EGBGB

§ 675d Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBG abdingbar nach § 675e Abs. 4 BGB

Art. 248 §§ 17 f. EGBGB, abdingbar in B2B (§ 19)

Zwingende inhaltliche Vorgaben (Beschränkungen)

§ 675f Abs. 5 S. 2 BGB: Entgelte für Erfüllung von Nebenpflichten, nur, wenn vereinbart, an Kosten ausgerichtet und in folgenden Fällen:

§ 675f Abs. 5 S. 2 BGBRegime gilt ebenfalls, aber als ius dispositivum, vgl. § 675e Abs. 4 BGB

– Freiheit, Rabatte zu gewähren (§ 675f Abs. 6 BGB), zwingend auch für B2B, vgl. § 675e Abs. 4 BGB – Share-Regel

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330 Für die Zulässigkeit einer Klauselkontrolle auch Einsele ZIP 2011, 1741 (1742); Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Walz § 675f Rn 11; Staudinger/Omlor § 675e Rn 8; aA Fornasier WM 2013, 205 (209). 331 Beide Normen gesondert kommentiert, oben bzw. unten Dritter Teil Rn 103, 318 (Share-Regel). Zu den Entgeltregeln im Valutaverhältnis vgl. oben Dritter Teil Rn 103, 112, 114 f., vgl. auch Rn 176–179 (§ 675f Abs. 5 BGB).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

Rechtsverhältnis

Verbot der Entnahme des Entgelts aus der transferierten Valuta

1. Zahlungsdienstevertrag: (Deckungs- und Zuwendungsverhältnis)

2. Valutaverhältnis

– § 675l Abs. 1 S. 3 BGB (Ausstellen einer Ersatzkarte) – § 675o Abs. 1 S. 3 BGB (Information über berechtigte Nichtausführung) – § 675p Abs. 4 S. 3 BGB (Abwicklung bei spätem Widerruf) – § 675y Abs. 5 S. 5 BGB (Nachforschung bei Fehlleitung der Valuta auf Grund Kundenfehlers)

(§ 675q Abs. 3 BGB), wohl abdingbar, da Abrede ohne Zahlungsdiensteleister

§ 675q Abs. 1 und 2 BGB sowie § 675y Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 BGB

Regeln dispositiv, da Abweichung von § 675y BGB als Rechtsfolge zulässig, vgl. § 675e Abs. 4 BGB

Mit dem bisher Gesagten ist auch die Unterscheidung angesprochen, die in § 675f Abs. 5 BGB selbst im Zentrum steht, die Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenpflichten und der Entgeltregelung hierfür: b) Entgelte für die Erfüllung von Haupt-, Neben- und Drittpflichten. Zu unterscheiden 144 ist zwischen Entgelten für Haupt- und Nebenpflichten – das ergibt sich direkt aus der Norm – zudem aber auch Entgelten für Drittpflichten. Entgelte für Hauptpflichten beschränkt zwar nicht § 674f Abs. 5 BGB, vielmehr statuiert er die (selbstverständliche) Pflicht des Zahlungsdienstenutzers, diese zu leisten (S. 1). Freilich finden sich andernorts zwingende Vorgaben auch für die Entgelte für die Erbringung der Hauptpflicht: Namentlich betrifft das Verbot, zwischen Zahlungsvorgängen im Inland und solchen in andere Mitgliedstaaten der EU bzw. des EWR unterschiedlich hohe Entgelte vorzusehen (Diskriminierungsverbot), gerade die Entgelte für die Erbringung der Hauptpflicht. Da Kreditinstitute in der Wahl frei sein sollen, ob sie pauschal ein Entgelt für die Durchführung des Rahmenvertrags (monats- oder quartalsweise) fordern oder ob sie jeden Vorgang (entsprechend ihrer Definition) belasten, ist es demgegenüber unter dem neuen Regime problematisch, im nationalen Recht Entgelte für die Erfüllung der Hauptpflicht zu untersagen, etwa Einzelgebühren für jede einzelne Dienstleistung, etwa auch die Barabhebung am Schalter.332 Auch sind die Entgelte für die Erbringung der Hauptpflicht je nach Zahlungsinstrument unterschiedlich (und werden daher auch getrennt für jedes Instrument kommentiert). Überblicksweise kann das folgendermaßen zusammengefasst werden: In Deutschland werden Überweisungen typischer Weise von dem Entgelt für die Kontoführung pauschal mit abgedeckt, anders teils im Ausland, etwa in Italien. Für Lastschriften werden auf Zahlungsempfängerseite, der regelmäßig beruflich handelt, Entgelte (individuell) vereinbart,333 für die verschiedenen Formen des Einsatzes der Girocard ebenfalls: für die Zahlung mit Girocard

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332 Bisher etwa Verbot, Entgelte für die Barabhebung am Schalter zu nehmen: BGH Urt. v. 30.11.1993 – XI ZR 80/93, NJW 1994, 318; Verbot unzulässig im Zahlungsdiensteregime, ebenso BT-Drucks. 16/11643, S. 102; BGH Urt. v. 18.6.2019 – XI ZR 768/17, ZIP 2019, 2203 (aber AGB-Kontrolle als Preisnebenabrede); OLG Bamberg Urt. v. 17.4.2013 – 3 U 229/12, WM 2013, 1705 (1706); Fornasier WM 2013, 205 (209); Kropf/Habl BKR 2012, 141 (142); aA Palandt/Sprau § 675f Rn 20, 21. Aus EuGH (Fn 294), EuZW 2014, 464 ergibt m.E. nichts Gegenteiliges, weil die Entscheidung das Valutaverhältnis betrifft, vgl. Dritter Teil Rn 117, 178. 333 Vgl. etwa die Formulare bei BuB/Krepold, Rn 6/379, 6/380a, 6/381a und Anm. 6/398.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(mit PIN) wiederum mit dem beruflich tätigen Zahlungsempfänger, dem Händler, dies hier jedoch derzeit noch standardisiert, während umgekehrt bei der Auszahlung (GA) beim fremden Institut typischer Weise dessen Entgelte dem Zahlungsdienstenutzer in Rechnung gestellt werden, d.h. durchgereicht werden.334 Beim Kreditkarteneinsatz wurden Entgelte dem Zahler teils vom Zahlungsempfänger in Rechnung gestellt (etwa Fluggesellschaften), teils (auch kumulativ) vom Zahlungsdienstleister, was zumindest im Hinblick auf Zahlungsempfänger durch die Vorschrift des § 270a BGB nunmehr untersagt ist.335 Einschränkt wird demgegenüber die Abrede zu Entgelten für die Erfüllung von Nebenpflichten (gegenüber Verbraucherkunden, vgl. nächste Rn). Von den Entgelten für die Erfüllung von Nebenpflichten sind freilich die Entgelte für die Erfüllung von Drittpflichten zu unterscheiden. Diese sind nicht gleichermaßen beschränkt, sondern unterliegen allenfalls der AGB-Kontrolle: Dies sind Pflichten, die sich gar nicht aus dem Zahlungsdiensteregime ergeben: Besonders deutlich ist das etwa bei dem Vereinbarungsdarlehen, das sich an eine Kreditkartenzahlung anschließen kann.336 Doch auch etwa § 675d Abs. 4 BGB, besonders dessen Nr. 2 ist so zu verstehen: Weiterreichende Informationen (als in Art. 248 EGBGB vorgesehen) werden nicht mehr auf Grund von Nebenpflichten im Zahlungsdienstevertrag gegeben, sondern auf Grund gesonderter, weiterreichender Abrede. Insofern hat § 675d Abs. 4 BGB nur klarstellende Funktion. 145

c) Insbes. Entgelte für die Erfüllung von Nebenpflichten – Grundregime und Verweis. Für die Erfüllung von gesetzlich statuierten Nebenpflichten darf ein Entgelt nur unter einer dreifachen Einschränkung gefordert werden: wenn (i) eine dahingehende (nach nationalem Recht) wirksame Abrede erfolgt, was auch in AGB möglich ist,337 dann aber nach der BGHRechtsprechung zur Kontrolle von Preisnebenabreden (im Gegensatz zu Preisabreden) der AGBKontrolle unterfällt;338 (ii) wenn eine spezifische Norm solch eine Abrede überhaupt zulässt (zwingender numerus clausus der Ausnahmen zum Entgeltverbot); und soweit (iii) die Entgeltabrede angemessen und an den tatsächlich anfallenden Kosten ausgerichtet ist.339 Spezifische Normen, die Entgelte für die Erfüllung von Nebenpflichten zulassen (und gesondert kommentiert werden), finden sich in: – § 675l Abs. 1 S. 3 BGB (für das Ausstellen einer Ersatzzahlungskarte);340 – § 675o Abs. 1 S. 4 BGB (für die Information über die berechtigte Nichtausführung eines Zahlungsauftrages);341

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334 Für das Erste näher Dritter Teil Rn 159, 169–171, für das Zweite näher Dritter Teil Rn 159. 335 Werner WM 2018, 449 (454). Näher Dritter Teil Rn 167–169, 178 f. 336 Auf diese sog. „revolvierenden Konsumentenkredite“ finden die Regelungen über das Verbraucherdarlehen Anwendung, BGH Urt. v. 4.12.1990 – 340/89, NJW 1991, 832 (833) (zu einem Fall, in dem es um einen Kredit im Anschluss an ein [überzogenes] Girokonto ging); Staudinger/Omlor Vorbem. Zu §§ 675c–676c BGB Rn 144, 149. 337 BGH Urt. v. 8.5.2012 – XI ZR 437/11, WM 2012, 1344 (1349); OLG Bamberg Urt. v. 19.10.2011 – 3 U 53/11, NJW-RR 2012, 630 (631) = WM 2011, 2318; Palandt/Sprau § 675f Rn 20; zur Änderung des gesetzlichen Leitbildes bei Bankentgelten durch die ZD-RL siehe: Herresthal FS Coester-Waltjen 2015, S. 1115. 338 BGH Urt. v. 21.10.1997 – XI ZR 5/97, NJW 1998, 309 (310); MünchKommBGB/Wurmnest § 307 Rn 17. 339 Dazu näher Kropf/Habl BKR 2013, 103 (104); OLG Frankfurt Urt. v. 23.1.2013 – 17 U 54/12, ZIP 2013, 452; auch BT-Drucks. 16/11643, S. 103 (Auslagenersatz Dritter darf einbezogen werden). 340 Nach bisheriger Rechtslage wurde hierbei zwischen Karten mit und ohne Sperrmöglichkeit differenziert. Soweit eine Klausel ein Entgelt für das Ausstellen einer Ersatzkarte zum Gegenstand hatte, war diese Vereinbarung nach § 675f Abs. 4 S. 2 BGB a.F. unwirksam, soweit die Karte gesperrt werden konnte, da sich eine derartige Nebenpflicht aus § 675k Abs. 2 S. 5 BGB a.F. ohne explizite Entgeltregelung ergab, vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2015 – XI ZR 166/14, NJW 2016, 560 (561, 562). Konnte die Karte hingegen nicht gesperrt werden – insbesondere bei Kleinbetragsinstrumenten –, griff keine Pflicht aus § 675k Abs. 2 S. 5 BGB a.F. ein, sodass in der Neuausstellung eine vertraglich nicht geschuldete Leistung erbracht wurde, für die zulässigerweise ein Entgelt vereinbart werden konnte, vgl. OLG Köln, Urt. v. 10.2.2016 – 13 U 45/15, WM 2016, 354 (355). 341 Gerade in diesem Fall entgegen der bisherigen deutschen Rechtsprechung, vgl. unten Dritter Teil Rn 294.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

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§ 675p Abs. 4 S. 3 BGB (für den Abwicklungsaufwand bei besonders vereinbartem, spätem Widerrufsrecht); und § 675y Abs. 5 S. 5 BGB (für die Nachforschung bei Fehlleitung der Valuta auf Grund Kundenfehlers).

Gemeinsam ist den Regeln, dass der Zahlungsdienstleister in diesen Fällen hilft, die Folgen eines Fehlers des Kunden zu kurieren, oder jedenfalls dem Kunden über das gesetzliche Regime hinaus entgegenzukommen. Insofern ist eine gewisse Nähe dieser Ausnahmefälle zu den Entgelten bei Erfüllung von Drittpflichten unverkennbar (vorige Rn). 3. Überweisung – Formen von „Verträgen“ und „Aufträgen“ – mit Einzelzahlungsvertrag a) Unterschiede im Begründungsvorgang – (einzel-)vertraglich oder als Weisung. Die 146 Pflicht des Erstinstituts, die Überweisung durchzuführen, kann nach dem Gesagten zwei Grundlagen haben: Das Institut kann sich gegen Barzahlung durch speziell für diese Überweisung geschlossenen Vertrag verpflichten (Einzelzahlungsvertrag).342 Dies ist der Ausnahmefall (und nur als Überweisung gestaltbar). Üblicherweise schließt das Institut (auch im Überweisungsverkehr) einen Rahmenvertrag, herkömmlich als Girovertrag bezeichnet (Art. 50 ff, 79 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 40 ff., 65 Abs. 2 ZD-RL I und §§ 675 f. Abs. 2, 675o Abs. 2 BGB; unter dem Überweisungsgesetz in der Zeit zwischen 1999 und 2009 etwas unklarer: §§ 676a Abs. 1 und 676g BGB a.F.). In ihm verpflichtet sich der Zahlungsdienstleister (ohne dass nochmals seine Zustimmung nötig wäre), den einzelnen Überweisungsauftrag – eine auftragsrechtliche, einseitige Weisung des Kunden (§ 665 BGB)343 – auszuführen. Pflichten des Instituts werden allerdings nur zu den Konditionen begründet, die der Girovertrag vorsieht,344 und auch nur bei Einhaltung der Weisungsform, die vereinbart wurde (ausdrücklich Art. 79 Abs. 2 ZD-RL II, § 675o Abs. 2 BGB). In einer Zwischenzeit, unter dem Überweisungsgesetz, wurde diese Konstruktion teils in 147 Zweifel gezogen, was bei der Lektüre von Rechtsprechung und Literatur aus der Zeit von 1999 bis 2009 zu berücksichtigen ist: Es wurde teils auch für jede Einzelweisung des Kunden im Rahmen eines Giro- oder Rahmenvertrages davon ausgegangen, dass die Ausführungspflicht des Instituts nur bei eigener (nochmaliger) Zustimmung entstehe. Dies war – trotz des in der Tat widersprüchlichen Wortlautes – vielleicht schon vom Gesetzgeber gar nicht so gewollt, jedenfalls jedoch mit Grundüberlegungen zur Parteiautonomie von Zahlungsdienstleistern und -nutzern unvereinbar, weil beide offenbar von einer Ausführungspflicht bei einseitiger Weisung ausgingen, sodass jedenfalls die Auslegung der Parteiabrede zu solch einem Ergebnis führte.345 Mit der Umsetzung von Art. 65 Abs. 2 Zahlungsdienste-Richtlinie (heute Art. 79 Abs. 2 ZD-RL II) wur-

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342 BGH Urt. v. 31.1.1972 – II ZR 145/69, WM 1972, 308 (308 f.); BGH Urt. v. 27.2.1978 – II ZR 3/76, NJW 1978, 1524; Canaris Bankvertragsrecht Rn 316; Escher-Weingart BuB Rn 6/23 (mit Überblick zur alten Rechtslage vor der Zahlungsdiensterichtlinie mit Überweisungsvertrag); BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 3. Grundlage ist ein sog. neutraler Zahl- oder Überweisungsschein; es handelt sich jedoch um einen seltenen Ausnahmefall: Häuser WM 1999, 1037 (1041 f.); Köndgen ZBB 1999, 103 (104); Reifner VuR 1999, 387 (388). In Großbritannien wird demgegenüber von führenden Lehrbüchern – auch wegen der dogmatisch noch immer prägenden Rolle des Scheckrechts – die Darstellung ganz auf den Einzelzahlungsvertrag fokussiert: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 603. 343 BGH Urt. v. 21.2.1983 – II ZR 142/82, NJW 1983, 1779; Meyer-Cording Bank-Überweisung S. 32; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 30; Escher-Weingart BuB Rn 6/35. 344 Umgekehrt darf das Institut an die Ausführung nicht andere als die vereinbarten Bedingungen knüpfen: BGH Urt. v. 29.5.1951 – I ZR 65/50, BGHZ 2, 218 (221) = NJW 1951, 652; BGH Urt. v. 6.10.1953 – I ZR 185/52, BGHZ 10, 319 (322 f.) = NJW 1953, 1911; ausdrücklich Art. 79 Abs. 2 RD-RL II, ex-Art. 65 Abs. 2 ZD-RL I, § 675o Abs. 2 BGB. 345 Nachw. und nähere Diskussion zu diesem Streit in der Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn BankR II 36.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

den jedenfalls die zwischenzeitlichen Zweifel an der Fortgeltung (oder Wiedereinführung) des alten Weisungsmodells mit Wirkung seit dem 1.11.2009 ausgeräumt (§ 675o Abs. 2 BGB).346 Das Zahlungsdiensterecht geht seitdem wieder ausdrücklich von einer Bindung (Ausführungspflicht) des Instituts auf Grund einseitiger Weisung des Kunden aus, wenn die Weisung die im Rahmen- oder Girovertrag festgelegten Bedingungen erfüllt (Form, Deckung). Denn der Kunde geht in solch einem Fall von gesicherter Ausführung aus (Planungssicherheit).347 148

b) Unterschiede nach Zahl und Abwicklung der Vorgänge. Beruht die Pflicht des Instituts nicht auf Einzel-, sondern auf Rahmenvertrag, so kann der Überweisungsauftrag allein für einen Vorgang oder für eine Mehrzahl gesammelt erteilt werden. Im ersten Fall wird die Weisung (Autorisierung) heute ggf. auch über einen Zahlungsauslösedienst vermittelt, der Rahmenvertrag freilich besteht weiterhin (allein) mit dem kontoführenden Zahlungsdienstleister. Im zweiten Fall soll an mehrere Empfänger überwiesen werden oder – beim Dauerauftrag – an einen Empfänger zu wiederkehrenden Zeitpunkten. Für die Abwicklung ist vor allem die Unterscheidung zwischen beleggebundenem Überweisungsauftrag und elektronisch beleglosem wichtig. Sammelaufträge für mehrere Empfänger werden nach dem Gesagten praktisch nur noch elektronisch beleglos erteilt.

c) Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Die vertragliche Grundlage für die (Pflicht zur) Überweisung, ob Vereinbarung eines isolierten Vertrages oder einseitige Weisung, die die Pflicht im Rahmenvertrag aktualisiert, stellt i.d.R. selbst keinen grenzüberschreitenden Sachverhalt dar. Anwendbar ist in jedem Falle das deutsche Recht, soweit das Konto bei einem Institut mit Sitz in Deutschland geführt wird – kraft Rechtswahl (Nr. 6 AGB-Banken) und auch kraft objektiver Anknüpfung (Art. 4 Rom-I-VO).348 Eine grenzüberschreitende Komponente erhält die Überweisung erst dadurch, dass der 150 Empfänger, das Empfängerinstitut oder zwischengeschaltete Institute ihren Sitz im Ausland haben. Bedeutung hat dies insoweit, als der Auftraggeber Vorgaben aus einem Valutaverhältnis, das möglicherweise ausländischem Recht unterliegt, durchsetzen muss und dass ihm sein Institut insoweit auch Aufklärung und Interessenwahrung schuldet. So muss er etwa (durch Erklärung) sicherstellen, dass eine Schuld, die er in einer Währung effektiv schuldet, nicht an einer Stelle der Überweisungskette in eine andere umgerechnet werden darf (nach Regeln wie § 244 BGB). Entsprechendes gilt für die Einhaltung des (nach dem Valutaverhältnis geschuldeten) Erfüllungszeitpunkts. Diese Fälle werden durch die Vereinheitlichung im EU/EWR-Raum heute zahlenmäßig deutlich reduziert und entschärft.

149

4. Lastschrift – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis und Formen 151

a) Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis und Formen. Als rückläufige Überweisung wird die Lastschrift vom Gläubiger und seinem Institut initiiert, während die Einlösung beim Schuldnerinstitut folgt (Dritter Teil Rn 40 ff). Für die zwischengeschalteten Institute gilt das zur Überweisung Gesagte entsprechend. Die Zulassung des Gläubigers zum Lastschriftinkasso (aktive Inkassofähigkeit) setzt eine 152 gesonderte Abrede neben dem Girovertrag voraus,349 in der die Inkassobank wie im Girover-

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346 Ausdrücklich BR-Drucks. 848/08, S. 164, 176 f. 347 Vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 176 f. 348 BGH Urt. v. 9.3.1987 – II ZR 238/86, NJW 1987, 1825 (1826); Pleyer/Wallach RIW 1988, 172 (173 f.); v. der Seipen in Hadding/Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 79 (83 f.). Erfasst sind hiermit ebenso Tochterinstitute und nach Art. 4 Abs. 2, 19 Abs. 2 Rom-I-VO sogar Zweigstellen eines ausländischen Instituts. 349 Bork JA 1986, 121 (123); Kreifels Widerspruchsrecht S. 40 f.; Krepold BuB Rn 6/374; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 21.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

trag Geschäftsbesorgungspflichten übernimmt (§ 675c Abs. 1 BGB).350 Nach dem Gesagten ist dieses Verhältnis durch AGB (in den SEPA-Basislastschrift- und den SEPA-FirmenlastschriftAGB) sowie – im Interbankenverkehr – im SEPA Direct Debit Core Scheme Rulebook ausgestaltet. Im eigenen Interesse prüft das Institut sowohl die tadellose Bonität als auch die Seriosität und hinreichende technische Ausstattung des Inkassogläubigers –351 hierzu halten auch die Spitzenverbände des Kreditwesens an.352 Ungleich vereinfacht wurde das Lastschriftregime seit 2009 im Hinblick auf die Formen, namentlich den vom Kunden zu erteilenden „Abbuchungsauftrag“, eine Weisung im Rahmen des Geschäftsbesorgungsverhältnisses.353 Alle Formen sind durch die SEPA-Migration insofern aneinander angeglichen, als solch ein Abbuchungsauftrag nicht mehr nur in allen Fällen an den Zahlungsempfänger gegeben werden muss, sondern auch an das eigene Institut des Zahlers, gleichermaßen bei der SEPA-Basislastschrift und der SEPA-Firmenlastschrift.354 Grund für die Notwendigkeit einer gesonderten Vereinbarung zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister sowie der genannten Prüfung ist, dass das (erste) Inkassoinstitut das Insolvenzrisiko des Gläubigers trägt355 und dies umso schwerer wiegt, je wahrscheinlicher die Nichteinlösung der Lastschrift bzw. ein Widerspruch ist. Hinzu kommen Standingaspekte. b) Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr? Für die grenzüberschreitende 153 Lastschrift gilt das zur Überweisung Gesagte grundsätzlich entsprechend. Freilich wird die Lastschrift nach dem Gesagten insofern „inlandisiert“, als sie entweder im SEPA-Raum abgewickelt wird und dann in allen Kernfragen ohnehin den einheitlichen Regeln des SEPA-Regimes unterliegt oder (außerhalb des SEPA-Raums) nur äußerst vereinzelt praktiziert wird – auf der Grundlage eines individuellen Abkommens. Die Frage des anwendbaren Rechts und von Rechtsunterschieden ist also de facto entschärft. 5. Girocard-Vertrag („Ec-Karte“) – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis, Formen/Funktionen und Entgelte a) Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis. Die Kernfunktionen des Girokartenein- 154 satzes sind in Abschn. III Nr. 1 der Girocard-Bedingungen umschrieben: die Geldautomatenauszahlung beim eigenen Institut, die Geldautomatenauszahlung beim fremden Institut und die Zahlung an Händlerkassen (Point-of-Sale, POS) mit Zahlungsgarantie. Die Ermöglichung all dieser Funktionen – und die dazu nötige Kartenausgabe – gründen sämtlich in einem gesonderten Vertrag über die Bereitstellung und Nutzung der Girocard, dem Girocard-Vertrag. Er ist vom Girovertrag als dem Basisrahmenvertrag zu trennen, um beiden Seiten eine gesonderte Ent-

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350 Polke Der Zahlungsverkehr der Banken im In- und mit dem Ausland, 1978, S. 100; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 159. 351 Denck ZHR 144 (1980), 171 (173); Wand WM 1995, 2165 (2169); Kreifels Widerspruchsrecht S. 41; Polke (vorige Fn) S. 100; im Rulebook Abschnitt 5, bes. Nr. 5.7 (Obligations of a Creditor Bank). 352 Vgl. Reyher/Terpitz Lastschriftverkehr S. 113 (Abdruck der diesbezüglichen „Erläuterungen“ der Spitzenverbände, speziell Nr. 1.1); aber keine Pflicht (mangels unmittelbarer Vertragsbeziehung): BGH (Fn 100), BGHZ 69, 186 (187) = NJW 1977, 2210. 353 Zu dieser Qualifikation: Hadding ZBB 2012, 149 (157–160); Werner BKR 2012, 221 (223); BGH (Fn 280), BGHZ 186, 269 (277 f. Tz 17) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510; auch Einwilligung: Palandt/Sprau § 675j Rn 9. 354 Das abweichende Regime im Einziehungsermächtigungsverfahren – ohne Abbuchungsauftrag auch an das eigene Institut – galt ohnehin nur noch in einem Spezialfall, dem bis 2016 zulässigen Einzugsermächtigungsverfahren bei Girocardzahlung ohne Zahlungsgarantie beim Händler („POZ“), und selbst hierfür ging die höchstrichterliche Rechtpsrechung seit 2010 davon aus, dass die Schuldnererklärung (im Falle der Abrede eines Widerspruchsrechts) zugleich auch als Einwilligung gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister zu verstehen sei: vgl. unten Dritter Teil Rn 225 und 236. 355 Vgl. im Einzelnen unten Dritter Teil Rn 346, 470.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

scheidung zur Übernahme der zusätzlichen Risiken zu gestatten.356 Ob in diesem Geschäftsbesorgungsvertrag357 die dienst- oder die werkvertraglichen Elemente überwiegen,358 entscheidet sich danach, wie die Sachfragen zu beantworten sind: 155

b) Geldautomatenauszahlung (GA/GAA) beim eigenen Institut – Zwei-Personen-Verhältnis. Rechtlich sehr einfach ist die Qualifikation des Auszahlungsvorgangs bei der Geldautomatenauszahlung (GA) beim eigenen Institut: Erfolgt sie aus Guthaben, so handelt es sich um eine Erfüllung des Anspruchs aus Guthaben, also aus abstraktem Zahlungsversprechen (§ 780 BGB),359 den der Kontoinhaber/Zahlungsdienstenutzer gegen das kontoführende Institut hat. Erfolgt die Auszahlung aus einer Kreditlinie (Überziehungskredit) oder wird sie darüber hinaus geduldet, so handelt es sich um eine Kreditbegründung.360 In jedem Fall kann (für diese Dienstleistung) – nach dem System des EU-Zahlungsdiensterechts und anders als traditionell nach deutscher (AGB-)Dogmatik und –Rechtsprechung – ein gesondertes Entgelt genommen werden.361 Die eigentliche Problematik in diesem Verhältnis liegt in der Wirksamkeit der Autorisierung und ggf. in Fehlerfolgen (dazu unten Unterabschnitt G.) – und diese Problematik kommt auch in den Dreieckssituationen mit Zahlungsgarantie in vergleichbarer Form zu den Fragen hinzu, die den Rahmenvertrag selbst betreffen:

c) Geldautomatenauszahlung (GA/GAA) beim Fremdinstitut und Girocardzahlung mit Zahlungsgarantie beim Händler (Point-of-Sale, POS) – Drei-Personen-Verhältnis und Entgeltfragen. Wie die Geldautomatenauszahlung beim eigenen Institut wird auch diejenige beim fremden Institut und das POS im Bank-Kunden-Verhältnis speziell in Abschn. III Nr. 1 der Girocard-Bedingungen geregelt. Hinsichtlich der Gründung in einer gesonderten Abrede im Rahmenvertrag zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister (Kreditinstitut), die auch hier nötig ist, gilt also umfassend das eingangs und zum Zwei-Personen-Verhältnis Gesagte. Es kommen freilich zwei weitere Beziehungen hinzu: zwischen Zahler und Fremdinstitut 157 bzw. Händler einerseits und zwischen Zahlungsdienstleister des Zahlers und Fremdinstitut bzw. Händler andererseits. Dieses zuletzt genannte Verhältnis bildet – von den Erklärungen her – sogar das Herz des Dreiecksverhältnisses, die (abstrakte) Verpflichtungserklärung, die das kartenemittierende Institut bei Einsatz der Girocard unter korrekter PIN-Eingabe– ggf diese Weisung/Eingabe auch hier über einen Zahlungsauslösedienst generiert – als sog. elektronische Willenserklärung (des Kartenemittenten) abgibt, und die vom Händler (POS) bzw. Fremdinstitut (Fremd-GA) nach § 151 BGB angenommen wird (näher zu diesen Fragen der „Abwicklung“ unten Dritter Teil Rn 241, 352 f.). Mit anderen Worten: Abweichungen vom Zweipersonenverhältnis ergeben sich erst bei der 158 Abwicklung, was auch Auswirkungen im Deckungsverhältnis, d.h. im Rahmenvertrag, zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister hat: Im Drei-Personen-Verhältnis erwirbt das kartenemittierende Institut mit wirksamer Abgabe des Zahlungsversprechens einen Aufwen156

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356 Bertrams ZIP 1985, 963 (966); Gößmann WM 1998, 1264, 1265 (1272). 357 Gößmann WM 1998, 1264 (1265); Pfeiffer ec-Bedingungen Rn 12. 358 Für das Letztere die h.M., vgl. Gößmann WM 1998, 1264 (1265); Pfeiffer ec-Bedingungen Rn 13; aA OLG Frankfurt Urt. v. 10.12.1992 – 6 U 149/91, WM 1993, 889 (892). 359 Näher zur Konstruktion des Anspruchs aus Guthaben beim Bankkonto oben Dritter Teil Rn 75. 360 Näher zur Konstruktion des Anspruchs aus Kreditlinie beim Bankkonto und zum Abschluss eines Darlehens-/ Kreditvertrages in diesen Fällen oben bzw. unten Dritter Teil Rn 60, 155, 237. 361 BT-Drucks. 16/11643, S. 102; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal 7. Kapitel § 675f Rn 39; Kropf/Habl BKR 2012, 141 (142); schon vor 2009 BGH Urt. v. 7.5.1996 – XI ZR 217/95, WM 1996, 1080 (1082); Nobbe WM 2008, 185 (190); weiterhin sehr umstritten, aA etwa jüngst wieder Niebling MDR 2019, 907, 909) mit Verweis auf: BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 405/12 mit Anm. Niebling, NJ 2015, 68 und BGH v. 13.5.2014 – XI ZR 170/13 , MDR 2014, 912; OLG Düsseldorf v. 28.4.2016 – I-6 U 152/15 , WM 2017, 664 („einmaliger laufzeitabhängiger Individualbetrag“) (alle ohne Befragung der EU-Vorgabe).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

dungsersatzanspruch,362 wenn auch die Weisung wirksam erfolgt war. Schon vor Erfüllung des Versprechens konnte sie nach der Rechtslage bis 2009 Ersatz verlangen (§ 669 BGB).363 Seit dem 1.11.2009 legt freilich § 675t Abs. 3 BGB in Übereinstimmung mit Art. 73 Abs. 2 EG-Zahlungsdienste-Richtlinie I (nunmehr Art. 87 Abs. 3 ZD-RL II) fest, dass für eine Belastungsbuchung, wenn sie als Vorschuss nach § 669 BGB genommen wird und nicht erst als Aufwendungsersatz (§ 670 BGB), die Wertstellung zeitgleich oder nach der Gutschrift für den nächsten Empfänger zu erfolgen hat – bei Kartenzahlung Gutschrift für das Institut des Händlers oder das Auszahlungsinstitut oder die erste zwischengeschaltete Verrechnungsstelle.364 Die Rechtsfragen in den anderen Beziehungen des Dreiecksverhältnisses sind bei POS und 159 Fremd-GA weitestgehend, jedoch nicht völlig gleich, insbesondere hinsichtlich der Regelwerke. Das Verhältnis zum Händler (POS) ist in den sog. Teilnahmebedingungen geregelt, einem Klauselwerk, das einer AGB-Kontrolle unterliegt.365 Demgegenüber unterliegt das Verhältnis zu anderen Kreditinstituten (Fremd-GA) der Vereinbarung der Spitzenverbände und Ausführungsregeln, also Interbankenvereinbarungen, die als solche nach dem Gesagten nicht der AGBKontrolle unterliegen (Nachw. Dritter Teil Rn 87). Mit den Unterschieden der Vereinbarungsgrundlage hängen auch die Unterschiede speziell in der Entgeltfrage zusammen, die bei der Fremd-GA, nicht beim POS, zeitweise höchst umstritten war. Auch kartellrechtlich ist schon der Ausgangspunkt unterschiedlich, hier horizontale, dort vertikale Bindung.366 Am intensivsten ist/war der Streit über die Entgelte bei der Fremd-GA, die Entgelte sowohl für die Barabhebung mit der Girocard als auch mit der Kreditkarte (während die Frage der Höchstsätze bei der Überwälzung im POS und bei Kreditkarteneinsatz beim Händler im EU-Verordnungsweg geregelt ist, oben Rn 26). Zeitweise herrschte eine „Preisschlacht“ gerade zwischen den Institutsgruppen, die flächendeckend Geldautomaten aufbauten (vor allem der Sparkassensektor), und solchen, die darauf verzichteten (vor allem Direktbanken, teils auch Kleinbanken), und für deren Kunden etwa die Sparkassen sehr hohe Barauszahlungsgebühren berechneten (bei Girocardeinsatz), teils gar die Abhebung ganz sperrten (etwa bei Visacard-Einsatz).367 Als Kompromiss wurde die Vereinbarung über das deutsche Geldautomaten-System in der Fassung vom Januar 2011 neuformuliert,368 das auf die vorher zu findende Kumulierung von Gebühren und das Problem der Diskriminierung zwischen Kunden verschiedener Institute reagiert, freilich nur für Girocards umfassend gilt: Es sieht – neben einem allgemeinen Diskriminierungsverbot beim Zugang (Nr. 3) – vor allem eine zweifache Regel zu den Entgelten vor: ein Interbankenentgelt nur auf der Grundlage eines Interbankenabkommens, also ausgehandelt zwischen den Instituten oder Insti-

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362 Dazu (noch für den ec-/maestro-Karten-Einsatz): Ahlers WM 1995, 601 (605 f.); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 11; Klingner-Schmidt ec-Service S. 168–178; BankR-HdB/Nobbe (3. Aufl.) § 63 Rn 12, siehe auch Bedingungen für Bankkundenkarten: Verweis in BankR-HdB/Koch § 68 Rn 19. 363 Ikas Recht der elektronischen Zahlung, S. 106–108. 364 Vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 184. 365 Vgl. Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 7; Abdruck unten Dritter Teil Rn 549. 366 Dazu Bunte WM 1990, 829 (831); Hönn ZBB 1991, 6 (20 f.); Hofmann WuW 2006, 17 (19–30); Oechsler Wettbewerb, Reziprozität und externe Effekte im Kreditkartengeschäft – kartellrechtliche Grundprobleme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, 1992, S. 234–238 (GA). 367 Hierzu, besonders der Frage, ob dies den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nach §§ 19 f. GWB bedeutet (mit unterschiedlichen Meinungen): zur Girocard OLG München Urt. v. 17.6.2010 – U[K] 1607/10, WM 2010, 1598 (bejahend); Hess WM 2010, 1971 (verneinend); zur Kreditkarte LG München I Urt. v. 8.12.2009 – 9 HKO 9435/09, WM 2010, 1123 (verneinend); OLG München Urt. v. 17.6.2010 – U (K) 1607/10, WM 2010, 1598 (bejahend); Kapp/ Rauhut WM 2010, 1111 (tendenziell bejahend). Zentral war (für die Feststellung oder Verneinung einer Marktbeherrschung), ob der relevante Markt sachlich-räumlich eng (die Region) oder weit (Privatbankenmarkt in Deutschland) abgegrenzt wurde. Noch eher auf gezielte Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG a.F. (= § 4 Nr. 4 UWG n.F.) abstellend die früheren Stellungnahmen, etwa LG Verden Urt. v. 15.12.2008 – 10 O 102/08, WM 2009, 656; ähnlich LG Heilbronn Urt. v. 8.12.2008 – 21 O 135/08, juris; unter UWG einen Verstoß verneinend etwa LG Halle Urt. v. 20.11.2008 – 8 O 1485/08, WM 2009, 655. 368 Abdruck etwa in BankR-Hdb/Maihold Anh. 4 zu §§ 52–55.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

tutsgruppen, und dass dieses dann individuell und einseitig erhobene Entgelte ausschließt (Nr. 7 lit. a) Abs. 2); und für individuell und einseitig erhobene Entgelte sieht es vor, dass sie vor der Abhebung transparent gemacht und vom Kunden akzeptiert werden müssen, zusätzlich und vor allem jedoch für alle (Fremd-)Kunden gleich sein müssen (Nr. 7 lit. a) Abs. 1). Zudem integriert das Abkommen eine Entgeltvereinbarung mit Mastercard (Nr. 7 lit. c). All dies betrifft allein die Geldautmatenauszahlung. In den rechtskonstruktiven Kernfragen sind POS und Fremd-GA jedoch gleich zu behandeln: in Fragen des Zugangs zum System; in Fragen der Zahlungsverpflichtung des kartenemittierenden Instituts und der diesbezüglichen Einreden und Einwendungen (dazu jeweils unten Unterabschnitt H.); und auch in Fragen der Abwicklung zwischen diesem Institut und seinem Kunden. 160

d) Besonderheiten beim grenzüberschreitenden Einsatz. Beim grenzüberschreitenden Einsatz der Girocard gilt all das Gesagte gleichermaßen. Nicht nur ist das gemeinsame innerstaatliche Recht anwendbar. Vielmehr behandeln auch die Girocard-Bedingungen die Abwicklung einer Auslandstransaktion des Kunden inhaltlich so, als handelte es sich um eine Inlandstransaktion (vgl. ausdrücklich für den Kernbereich der Transaktionen, GA und POS, heute Abschnitt I 1. und 2. der Girocard-Bedingungen). Auch die Frage, welche Aufwendungen erforderlich waren, bezieht sich auf einen Anspruch, der zwar grenzüberschreitend zwischen Händler und Kreditinstitut begründet wird, der jedoch nach dem Gesagten in allen wesentlichen Fragen ebenfalls dem inländischen Recht des Instituts unterworfen ist.369 In einem Punkt gilt eine gewisse Besonderheit: Teils kann im Ausland für das POS die Girocard nicht mit PIN eingesetzt werden, sondern nur mit Unterschrift. Dann entfällt die Haftung des Kunden für Drittmissbrauch jedenfalls für (im Wege des ersten Anscheins angenommene) gemeinsame Verwahrung von Karte und PIN (vgl. Nr. 15.1 Abs. 4 S. 2 der Girocard-Kundenbedingungen).

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e) Girocardzahlung beim Händler (Point-of-Sale) ohne Zahlungsgarantie („POZ“) – Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV). Im Interessenwiderstreit zwischen Händler- und Kreditinstitutsseite, vor allem in der Entgeltfrage, entstand das ELV (ursprünglich „POZ“), die Zahlung an automatisierten Kassen (Point-of-Sale) ohne Zahlungsgarantie, bei der die Eingabe der PIN durch Unterschrift des Zahlers ersetzt wird. Obwohl dies im Ablauf den einzigen Unterschied bildet, sind von den Rechtsverhältnissen und Rechtsfragen her das ELV („POZ“) und das POS grundverschieden. Zunächst entwickelten allein die Händler eine Variante, das „wilde“ POZ, sodann, als Reaktion darauf, die Kreditinstitute in Absprache mit der Händlerseite das geregelte POZ, für das sie auch einen umfangreichen Komplex von Klauselwerken erarbeiteten.370 Dieses organisierte POZ stellten die im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) zusammengeschlossenen Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft freilich mangels genügend breiter Akzeptanz zum 31. Dezember 2006 wieder ein.371 Wie ursprünglich das „wilde“ POZ toleriert die Kreditwirtschaft das Verfahren seitdem weiter, inzwischen explizit, indem sie es als Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) fortführt. Technisch wird dieses seit dem 1.2.2016 nur noch im elektronischen SEPA-Lastschriftverfahren (als dem einzig verbliebenen zulässigen Lastschriftverfahren) abgewickelt; allerdings findet im ELV stets im Hintergrund der Karteneinlesung und Transaktionsdurchführung eine online-Überprüfung statt, ob die Karte gesperrt oder vermisst gemeldet ist und ob der Kunde auf einer sog. black list (ggf. auch white list) geführt wird, auf der die Problemfälle der Vergangenheit festgehalten sind; diese Liste freilich wird für

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369 Vgl. unten Dritter Teil Rn 359; zur „Inlandisierung“ des Bank-Kunden-Verhältnisses: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (78 f.). 370 Übersicht über die damals entwickelten und praktizierten einzelnen Klauselwerke in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 293, 446. 371 Pressemitteilung des ZKA vom 15.10.2004 unter www.zka.de.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

die Händler vom Netzbetreiber oder den von ihm eingeschalteten Serviceanbietern gepflegt, nicht von Seiten der Kreditwirtschaft. Da die Händler – optional – auch die Abwicklung von Problemfällen mittels Factoring an den Netzbetreiber vornehmen, fallen die Daten großteils ohnehin direkt beim Netzbetreiber an, dem auch die anderen Händler melden.372 Während also zwar weiterhin die für das POS charakteristische Bankgarantie fehlt und statt dessen das Lastschriftverfahren als Zahlungsweg gewählt wird, weichen bei der Überprüfung und bei der Durchsetzung im Problemfall zentrale Punkte gegenüber der „gewöhnlichen“ SEPA-Lastschrift ab. Wie früher das „wilde“ POZ, das an sich unzulässig und gefährlich war, beruht auch das 162 heute praktizierte ELV – als SEPA-Lastschrift – auf keiner vertraglichen Bindung der kartenemittierenden Zahlungsdienstleister den Händlern gegenüber. Die Rechtsfolgen hiervon sind vor allem folgende: Theoretisch ist das Händlerverhalten als „Aneignung fremder Arbeitsergebnisse“ zu qualifizieren (hier des Zahlungsinstruments Girocard), dh. als eine Fallgruppe von §§ 1 und 3 UWG.373 Da die Kreditinstitutsseite die Praxis jedoch so offensichtlich toleriert, ist eine Geltendmachung von Ansprüchen nicht nur unwahrscheinlich, sondern potentiell auch rechtsmissbräuchlich. Wichtiger war eine zweite Problematik, die sich infolge der SEPAMigration jedoch erledigt hat und vor allem im Rahmenvertrag zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister angesiedelt war: So konnte der Kunde bei Erstellung des Einzugsauftrags sein Institut wirksam anweisen, die Lastschrift einzulösen, nicht jedoch, Name und Adresse zu nennen. Seine dahin gehende Erklärung würde das Institut nur vom Bankgeheimnis entbinden, nicht zum Tätigwerden verpflichten (§ 784 BGB). Wichtig wurde dies, wenn der Kunde Gegenweisung zum Einzugsauftrag erteilt. Ohne Zustimmung des betroffenen Kreditinstituts war das alte ELV also nicht nur unzulässig, sondern es ist auch, soweit Name und Adresse nicht bekanntgegeben werden, für die Händlerseite missbrauchsanfällig – zumal wenn sich die Rechtslage „herumspricht“. Beim ELV ist das insofern anders, als der Netzbetreiber als Service nicht nur die Bereitstellung des Netzes, sondern auch die genannten Prüfschritte verspricht, die jedenfalls generalpräventiv wirken, wenn auch nicht nötig im konkreten Einzelfall, und auch ein Factoring jedenfalls optional anbietet. Alle diese Dienste werden außerhalb des Kreditwesens erbracht, so dass dieses keine Gebühren (außer für die Lastschrift) einnimmt und auch das Bankgeheimnis nicht eingreift. 6. Kreditkarte – Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis, Formen und Entgelte a) Gesondertes Geschäftsbesorgungsverhältnis und Formen („Aufträge“). Die Ab- 163 wicklung der einzelnen Zahlungsvorgänge (unten Dritter Teil Rn 168 f.) erfolgt auf der Grundlage eines Rahmenvertrages, der unstreitig als – über den Girovertrag selbst hinausgehender, gesondert zu vereinbarender – Geschäftsbesorgungsvertrag zu qualifizieren ist.374 Auftragsrechtlicher Natur sind also die Pflichten des Kartenunternehmens, sie umfassen auch die Interessenwahrungspflicht zugunsten des Kunden.375 Ob seine Ausgestaltung dienstvertrag-

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372 Zu all dem näher Werner BuB Rn 6/1598 f. 373 Vgl. Wandtke/Bullinger/Grützmacher Urheberberecht, 5. Aufl. 2019, § 69g UrhG Rn 27 (mwN); früher entsprechend (damals zu § 1 UWG) Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 13; zur Fallgruppe: BGH Urt. v. 19.6.1974 – I ZR 20/73, WRP 1976, 370 (371); BGH Urt. v. 30.10.1968 – I ZR 52/66, BGHZ 51, 41 (46). 374 BGH Urt. v. 17.5.1984 – II ZR 280/83, BGHZ 91, 221 (223 f.) = NJW 1984, 2460; KG Urt. v. 8.6.1993 – 13 U 119/93, NJW 1993, 2879; Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 15; auch Nachw. in den nächsten drei Fn. Einmalige unaufgeforderte Zusendung einer Kreditkarte seitens eines Zahlungsdienstleisters an seinen Kunde zulässig, wenn deutlich wird, dass Kreditkartenvertrag erst durch gesonderte Kundenerklärung zustande kommt und der Kunde andernfalls die Karte auf einem ihm sicher erscheinenden Weg entsorgen darf: BGH Urt. v. 3.3.2011 – I ZR 167/09, MMR 2011, 660. 375 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 10, 39 (Pflicht zu „geschäftsbesorgungsvertraglicher Treue“); implizit wohl auch KG (Fn 374) NJW 1993, 2879; ausführlicher zu dieser Pflicht: Grundmann Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 192–236.

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lich376 oder werkvertraglich ist,377 hängt nicht von der – zunehmend geklärten – Streitfrage ab, ob ein abstraktes Zahlungsversprechen oder ein Forderungskauf vereinbart wird. Auch im zweiten Fall verspricht das Kartenunternehmen seinem Kunden die Erfüllung des Anspruchs aus dem Valutaverhältnis, nicht nur ein Bemühen. Wiederum ist aus den Lösungen in den Sachfragen auf die Qualifikation zu schließen, nicht umgekehrt. Abgewickelt werden die einzelnen Zahlungsvorgänge über ein Deckungskonto des Kun164 den, für das Einzugsermächtigung erteilt wird. Die monatliche Abrechnung hat Kontokorrentsaldierungscharakter.378 Eingestellt werden jeder Aufwendungsersatzanspruch und auch jede (zedierte) Forderung aus dem Valutaverhältnis. Vereinbart ist insbesondere auch die Zusendung des Abschlusses zwecks Anerkennung (ein Mal monatlich). Mit der Anerkennung wird auch hier ein abstraktes Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB abgegeben.379 Das gilt auch im Zahlungsdiensterecht unverändert. Bei der Kreditkartenzahlung – wie allgemein im kartengestützten Zahlungsverkehr – hat der 165 Kunde also stets bereits im Zusammenhang mit dem Valutaverhältnis die Weisung abzugeben, die den eigentlichen Zahlungsvorgang anstößt. Ausgeglichen wird dieser dann zwischen dem Kunden und seinem Institut im Wege des Aufwendungsersatzes. Voraus geht jedoch die Aufwendung selbst – die Zahlung an den Händler, bei der Kreditkartenzahlung an das Vertragsunternehmen. In diesem Verhältnis wird zudem über die Grundlinien der Einwendungslehre entschieden, gleichgültig ob das Institut ein abstraktes Zahlungsversprechen abgibt (so im POSSystem und inzwischen h.M. bei Kreditkartenzahlung) oder die Forderung aus dem Valutaverhältnis ankauft (so die früher h.M. bei Kreditkartenzahlung). Die Einwendungslehre ist wiederum nicht nur praktisch zentral, sondern verklammert auch als einzige rechtlich beide Verhältnisse, die das Kartenunternehmen eingeht. Dieser gesamte Komplex – das Vollzugsverhältnis – wird vom Regime des Zahlungsdiensterechts nur in wenigen Einzelpunkten tangiert, die unten – im Rahmen der Kommentierung der Abwicklung (Unterabschnitt H.) – genannt werden, bleibt jedoch ansonsten davon unberührt, insbesondere auch in den juristischen Qualifikationen der abgegebenen Erklärungen und der Grundstruktur der Einwendungslehre. 166

b) Insbes. Zahlungs- und Erstattungsansprüche bei planmäßigem Rückgriff auf den Kunden. Durch planmäßige Abwicklung erwirbt das Kartenunternehmen zunächst einen Aufwendungsersatzanspruch (§ 670 BGB).380 Voraussetzung ist das Vorliegen einer wirksamen Weisung (unten Dritter Teil Rn 243–247) sowie Zahlung an das Vertragsunternehmen (Aufwendung). Daneben tritt die Forderung aus dem Valutaverhältnis, die dem Kartenunternehmen abgetreten wird. Schwierig ist die Koordinierung der Einwendungen gegen beide Ansprüche. Theoretisch kann man Gültigkeitseinwendungen gegen die Weisung beim ersten Anspruch durchgreifen lassen, Einwendungen aus dem Valutaverhältnis nur beim zweiten.381 Der Auf-

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376 So vor allem: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.12.1992 – 6 U 149/91, ZIP 1993, 665 (666); Weller Kreditkartenverfahren S. 113 f. 377 So die heute h.M., früh schon: Schönle Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 1976, S. 345 f.; Zahrnt NJW 1972, 1077 (1079); heute: Reinfeld WM 1994, 1505 (1506); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 403; Hammann Universalkreditkarte S. 33; Hadding FS Pleyer, 1986, S. 17 (34); v. Westphalen/Fandrich Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, (Stand 2/2014), Kreditkartenvertrag Rn 13; offen gelassen von BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 7; ebenso Wolf//Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Rn K71; implizit BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (223 f.) = NJW 1984, 2460; offen BGH Urt. v. 29.3.1994 – XI ZR 69/93, BGHZ 125, 343 (346 f.) = NJW 1994, 1532. 378 Bitter BB 1997, 480 (481); Weller Kreditkartenverfahren S. 115 f.; Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt (10. Aufl.) Anh. § 9–11 Rn 452. 379 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 12. Zur str. Frage, wann Anerkennung anzunehmen (und das Fehlen einer Weisung unbeachtlich) ist, unten Dritter Teil Rn 312 bei der Weisung. 380 Unstr., etwa BGH Urt. v. 24.9.2002 – XI ZR 420/01, ZIP 2002, 2079 (2080); Weller Kreditkartenverfahren S. 116 f.; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 11. 381 Diese Differenzierung etwa bei Pfeiffer Kreditkartenvertrag Rn 66 f., 75, 79.

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wendungsanspruch ist in der Tat abstrakt, allein auf die Weisung (und die Aufwendung) gestützt.382 Dies ist auch das Konzept, das Art. 64, 73 ZD-RL II, ex-Art. 54 und 60 ZD-RL I und §§ 675j, 675u BGB zugrunde liegt. Doch ist die Abstraktheit nicht nur bei rechtsmissbräuchlichem Handeln des Vertragsunternehmens (liquide beweisbaren Mängeln) durchbrochen.383 Vielmehr kann auch der Kunde nach h.M. die Weisung widerrufen, zumindest indem er Gewährleistungsrechte substantiiert, und dann a maiore auch bei Gültigkeitseinwendungen im Valutaverhältnis.384 Umgekehrt wirken zwar Einwendungen gegen die Weisung grundsätzlich nicht auch gegen die (abgetretene) Forderung aus dem Valutaverhältnis. Regelmäßig herrscht jedoch Fehleridentität – etwa bei Geschäftsunfähigkeit oder Sittenwidrigkeit (vgl. Dritter Teil Rn 244). Weitergehend erscheint es konsequent, auch zwischen Aufwendungsersatzanspruch und Forderung aus dem Valutaverhältnis zumindest hinsichtlich „Reklamationen“ (Gewährleistungsrechten) i.Erg. keinen Unterschied zu machen: Anders wäre dies zu sehen, wenn (entgegen der hier vertretenen Auffassung) Nr. 8 Abs. 4 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] (früher Nr. 6 Mastercard-Musterkundenbedingungen) nicht im Lichte solcher Händlerbedingungen ausgelegt würden, die, vor allem im Fernabsatz und hier auch besonders überzeugend, zwischen Kreditkartenemittent/Acquirer und Händler ein Reklamationsrecht des Kunden vereinbaren (etwa bisher Nr. 6.3 Mastercard-Musterteilnahmebedingungen für Händler im Fernabsatz).385 Sieht man dies jedoch – mit der jedenfalls herkömmlich h.M. – umgekehrt, kann auch die Weisung widerrufen werden. Aufwendungsersatz und Forderung sind also wiederum parallel zu behandeln. Dieser nämlich stehen auch nach Abtretung die Gültigkeitseinwendungen aus Wirksamkeitshindernissen im Valutaverhältnis entgegen (§ 404 BGB) – Nr. 8 Abs. 4 KreditkartenKundenbedingungen [Deutsche Bank] schlösse diese dann nach seinem eng auszulegenden Wortlaut (§ 305 c Abs. 2 BGB) nicht aus. c) Kartenentgelt und sonstige Entgelte aa) Entgelte für den Karteneinsatz. Ähnlich wie dann auch im Vollzugsverhältnis werfen im 167 Deckungsverhältnis die Entgeltpflichten, die den Kunden treffen, die (neben der Einwendungslehre) umstrittensten Fragen auf, überwiegend klauselrechtliche. Die Kartenunternehmen berechnen für die Ausstellung der Karte eine Jahresgebühr (typischerweise 10,– bis 40,– €, für die Goldcard je nach Kartenemittent/Kreditinstitut unterschiedlich, zumeist zwischen 50,– und 100,– €). Sie bedachten sich bis 2009 aus, die Gebühr jeweils nach § 315 BGB neu festsetzen zu können. Obwohl § 309 Nr. 1 BGB nicht eingriff, unterlagen solche Klauseln schon nach bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung dem Gebot, dass die Erhöhung im Ausmaß erkennbar sein und bei erheblicher Erhöhung ein Lösungsrecht gewährt sein musste.386 Die PreisangabenVO (mit Transparenzgebot) ist anwendbar.387 Teils ist die Jahresgebühr (auch heute) nach Umsätzen gestaffelt, wogegen im Schrifttum wettbewerbsrechtliche Bedenken angemeldet werden.388

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382 Schwintowski/Hofmann (4. Aufl.) § 9 Rn 27; so durchaus auch Vertreter der Theorie der freien Widerruflichkeit (zu dieser sogleich), etwa Köndgen NJW 1996, 558 (568); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 11. 383 So stets bei Begründung abstrakter Zahlungsansprüche im Zahlungsverkehr und so daher auch Autoren, die solch einen Anspruch bejahen: Hammann Universalkreditkarte S. 108, 115; und unten Dritter Teil Rn 375 (auch zur Fortgeltung unter dem Regime der Zahlungsdienste-Richtlinien). 384 Vgl. unten Dritter Teil Rn 382. Überwiegend wird nach dem Gesagten gar von freier Widerruflichkeit ausgegangen. 385 Zur mangelnden Koordination beider Klauseln unten Dritter Teil Rn 380–383. 386 Vgl. näher Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs § 309 Nr. 1 Rn 30–38. 387 ZIP 1987, A119 Nr. 397; Gimbel/Boest Die neue PreisangabenVO, 1985, § 4 Anm. 6. 388 Für Wirksamkeit: OLG Stuttgart Urt. v. 23.7.1992 – 2 W 43/92, WM 1993, 986; OLG Frankfurt Urt. v. 4.9.1992 – 6 W 97/92, NJW-RR 1993, 424; OLG München Urt. v. 8.10.1992 – 6 U 4414/92, WM 1993, 370; aA BankR-HdB/ Martinek/Oechsler (3. Aufl.) § 67 Rn 8 (Verstoß gegen § 1 UWG durch vermehrten Akzeptanzdruck auf Händler), nicht so eindeutig BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 8.

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Hinzu kommen regelmäßig Entgelte für Einzeltransaktionen, vor allem die Geldautomatenauszahlung und für die Umrechnung von Umsätzen in Fremdwährung, etwa gemäß Nr. 10 der Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]. Diese Zusatzentgelte sind, sollen sie nicht überraschend i.S.v. § 305c I BGB sein, im Zusammenhang mit dem Hauptentgelt (Jahresgebühr) zu regeln,389 allenfalls im zweiten Fall im Zusammenhang mit dem Aufwendungsersatzanspruch. Wieder gilt die PreisangabenVO mit ihren Transparenzanforderungen. Eine über diese Transparenzkontrolle hinausreichende klauselrechtliche Inhaltskontrolle ist unzulässig (§ 307 Abs. 3 BGB):390 Abzulehnen sind untergerichtliche Entscheidungen, die etwa die Vereinbarung von Umrechnungsgebühren als (generell) unangemessen nach § 307 Abs. 1, 2 BGB einstufen.391 Dieses – ursprünglich für das autonome deutsche Recht – entwickelte Regime ist seit 2009 169 an den Vorgaben des Regimes des Zahlungsdiensterechts zu messen. Nach diesem ist zwischen Entgelten für die Erfüllung von Nebenpflichten und Entgelten für die eigentliche Leistung zu unterscheiden. Über Letztere – hier das Entgelt für die Bereitstellung der Karte sowie dasjenige für die einzelne Transaktion (Art. 60 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 50 ZD-RL I, § 675f Abs. 5 S. 1 BGB, Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3a, § 13 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB), aber auch Umrechnung (Art. 59 Abs. 2 ZD-RLII, ex-Art. 49 Abs. 2 ZD-RL I, § 675f Abs. 5 S. 1 BGB, Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3b, § 13 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB) – ist zwar zu informieren. Ansonsten ist eine Vereinbarung jedoch grds. nicht in der Höhe beschränkt, das Entgelt muss sich hier, anders als bei den Entgelten für Nebenpflichterfüllung, auch nicht strikt nach den Kosten richten. Umgekehrt soll die Richtlinie Schutzstandards nach sonstigen Richtlinien, vor allem AGB-rechtlicher Art, nicht tangieren. Nach all dem dürften alle oben genannten Einzelauslegungen auch unter dem Regime beider Zahlungsdienste-Richtlinien (mit Umsetzung) vertretbar bleiben, die Letztentscheidungskompetenz liegt jedoch wieder beim EuGH. Strenger geworden ist hingegen das Änderungsregime, also die Preisanpassung: § 675g BGB fordert jetzt für Änderungen beim Entgelt Zustimmung seitens des Zahlungsdienstenutzers (statt einem Bestimmungsrecht nach § 315 BGB), wenn auch ggf. durch Schweigen (Abs. 2, dazu und den dann zu beachtenden Kautelen näher unten Punkt III.), das bereits bisher gewährte Lösungsrecht gewährt das Europäische Recht bei jeder Änderung. Und auch bei der automatischen Anpassung von Umrechnungskursen sind die Vorgaben des § 675g Abs. 3 und 4 BGB zu beachten (unten Punkt III.). Zu beachten ist zusätzlich, dass nach der EG-Zahlungsentgelte-VO von 2009 (ursprünglich VO 2560/2001 über grenzüberschreitende Zahlungen) Entgelte nicht nach In- und Auslandseinsatz in der EU differenzierend gestaltet werden dürfen392 – was die Bedingungen regelmäßig schon bisher beachteten. 170

bb) Provisions- und Zinsansprüche bei Hinausschiebung der Zahlung. Wird nach Abrechnung bei Fälligkeit das Deckungskonto überzogen und nicht erfüllt, so wird damit zunächst nur gegen Nr. 6 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] oder ähnliche Regelungen zur finanziellen Nutzungsgrenze bzw. zum Deckungsrahmen verstoßen. Zunehmend kommt es

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389 LG Frankfurt/M. Urt. v. 26.4.1991 – 2/13 O 295/90, NJW 1991, 2842 (2843); Metz NJW 1991, 2804 (2809); BankRHdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 16. 390 So jedoch LG Frankfurt/M. (Fn 389) NJW 1991, 2842 (2843). Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 48 f. nimmt Unerfahrenheit i.S.v. § 138 Abs. 2 BGB an, weil der Kunde die Kostenstruktur des Anbieters nicht kennt. Dies wäre im Geschäftsverkehr bei fast jedem Kunden und Geschäft zu bejahen. Auch würde der marktwirtschaftlich wichtige Innovationsanreiz, geheim gehaltene günstige Kostenstrukturen zu nutzen, zerstört; wie hier Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Jungmann 6. Kapitel § 675f Rn 9; Piekenbrock GPR 2014, 26 (32); und i. Erg. auch schon Etzkorn WM 1991, 1901 (1905) (mit OLG-Rspr.). 391 AG Frankfurt/M. Urt. v. 2.7.1993 – 322 C 780/93–19, WM 1993, 1548; LG Hamburg Urt. v. 20.10.1995 – 324 O 220/95, WM 1995, 2062 (nur Jahresentgeltabsprache unterfalle § 307 Abs. 3 BGB, Preisabsprache für einzelne Leistungen bei Auslandseinsatz hingegen § 307 Abs. 1, 2 BGB); krit. zu letzterem Eyles WiB 1996, 296; Meder NJW 1996, 1849; Wand WM 1996, 289. 392 Vgl. Nachw. oben Dritter Teil Rn 3 Fn 8 und etwa BR-Drucks. 848/08, S. 165.

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dann in dieser Höhe zu einem Teilzahlungskredit (Vereinbarungsdarlehen).393 Da das Regime des (EU-)Zahlungsdiensterechts sonstige Schutzregime unberührt lässt und es sich um kein Entgelt für bloße Nebenpflichterfüllung handelt, bleibt die Rechtslage zu Zins und Provision insgesamt unverändert. Erst beim Vereinbarungsdarlehen stellt sich die Frage nach der Anwendbarkeit der Vor- 171 schriften über den Verbraucherdarlehensvertrag.394 Notwendig ist nach § 491 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB eine Teilzahlungsabrede über eine Valuta von mehr als 200,– €. Ein Einwendungsdurchgriff nach § 359 BGB ist bei der Universalkreditkarte jedoch nicht möglich. Die wirtschaftliche Einheit zwischen Kauf und Kredit ist zu verneinen, weil die insoweit charakteristische Einschaltung des Kreditgebers durch den Händler (§ 358 Abs. 3 BGB) fehlt.395 Vielmehr wird der „Kredit“ der Kreditkarte so gewährt, dass das Angebot im gesamten Netz der Vertragsunternehmen gesucht werden darf. Wird für diese Fälle eine pauschale Überziehungsgebühr vereinbart, so ist dies als Vereinbarung einer Vertragsstrafe zu qualifizieren und die Vereinbarung (jedenfalls gegenüber Privatkunden) nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam.396 Ein nach § 307 Abs. 1, 2 BGB unwirksames Abweichen von Grundideen der gesetzlichen Regelung ist in einer Abrede zu sehen, nach der die Zinszahlungspflicht nicht erst mit der Fälligstellung einsetzen soll, sondern bereits mit Abschluss des Valutaverhältnisses und Begründung der Schuld.397 d) Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Das für das Emittenten-Kunden- 172 Verhältnis Gesagte gilt unverändert auch bei grenzüberschreitendem Einsatz. Das Vertragsstatut im Emittenten-Kunden-Verhältnis ändert sich nicht, wenn die Karte bestimmungsgemäß im Ausland eingesetzt wird. Auch die Kundenbedingungen differenzieren nicht je nach Einsatzort. Freilich sind Begriffe vor allem in Generalklauseln mit Wertungsspielräumen jeweils auf die Besonderheiten der Sachverhaltsgestaltung hin zu überprüfen (sog. Datumtheorie). So wird etwa die Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung nach Rückkehr von einer mehrmonatigen Auslandsreise noch als unverzüglich angesehen (Dritter Teil Rn 458). 7. Zahlungsauslösedienste (§ 675 f. Abs. 3 BGB) im Gefüge der Rahmenverträge für die 173 „primären“ Zahlungsdienste. Zahlungsauslösedienstleister komplettieren im novellierten Zahlungsverkehrsregime – seit Einbeziehung in die Regulierung durch die Zweite ZahlungsdiensteRichtlinie und ihre Umsetzung (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 7 ZAG) – das Gefüge der Rahmenverträge für die primären Zahlungsdienste, also jener Verträge mit Zahler- und Empfängerinstitut, auf die sich die gesamte Abwicklung des Zahlungsvorgangs stützt (von der Autorisierung bis zur Gutschrift für den Empfänger). Anders als der ebenfalls mit der Novellierung durch die zweite Zahlungsdienste-Richtlinie neu zugelassene und der Aufsicht unterstellte Kontoinformationsdienst, der nur hilft, konsolidierte Überblicke über verschiedene Konten des Zahlungsdienstnutzers zu erhalten und daher zwar Registrierungs- und Geheimhaltungspflichten unterliegt, nicht jedoch Eigenkapitalanforderungen (oben Dritter Teil Rn 72), sind die Zahlungs-

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393 Häde ZBB 1994, 33 (36); Seibert DB 1991, 429 (430); v. Usslar/v. Morgen Rechtsfragen S. 33; zur diesbezüglichen AGB-Kontrolle vgl. etwa Beispiele in OLG Oldenburg Urt. v. 24.5.2011 – 13 U 66/10, ZIP 2011, 1139. 394 Unanwendbar in der (höchstens) einmonatigen Phase bis zur periodischen Abrechnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 VerbrKrG a.F., heute implizit § 499 Abs. 1 BGB: Hönn ZBB 1991, 6 (12); Seibert DB 1991, 429 (430); BankR-HdB/ Martinek/Omlor § 67 Rn 49; Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 58; vgl. ausführlich Heerstraßen FS Merle, 2000 S. 167. Das Kartenunternehmen gewährt zudem nicht einmal Haftungskredit (oben Dritter Teil Rn 117), das Vertragsunternehmen allenfalls unentgeltlichen Kredit (§ 488 Abs. 1 BGB). 395 Seibert DB 1991, 429 (430); Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 59; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 51; aA Metz NJW 1991, 2804 (2812). 396 BGH (Fn 377), BGHZ 125, 343 (345 f.) = NJW 1994, 1532; Neuberger BuB Rn 6/1976. 397 BGH (Fn 377), BGHZ 125, 343 (346–349) = NJW 1994, 1532; Neuberger BuB Rn 6/1977; Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 50.

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auslösedienste, das Missbrauchsrisiko erhöhend, direkt in den Zahlungsvorgang eingeschaltet – und dies nicht nur rein technisch (technische Weiterleitung),398 sondern durch Zugriff auf Kontodaten und persönliche Sicherheitsmerkmale. Ziel ist es hierbei, die Autorisierung des Zahlers so zu generieren, dass Authentizität (Herkunft vom berechtigten Zahler), Verlässlichkeit in der Auslösung, ggf. auch Durchführung und jedenfalls Nachweis in Echtzeit ermöglicht werden. Das Regime zu den Zahlungsauslösedienstleistern beschränkt sich dabei auch nicht nur auf Regeln zur Auslösung im Einzelfall (der Generierung der Autorisierung mit der angezeigten Authentifizierungsform; dazu noch unten Dritter Teil Rn 246 f.). Vielmehr etabliert das Regime auch ein Gefüge von dauerhaften Beziehungen zwischen den Beteiligten, die teils in einem echten Rahmenverträgen fußen (typischer Weise zum Händler), teils jedenfalls vergleichbare Pflichten begründen (gegenüber Zahler als Kunden). Konstituierend ist (i) die Rolle als Zahlungsauslösedienstleister (als Unterform der Zahlungsdienstleister, nächste Rn) und (ii) die vertragliche Beziehung zu den eigentlichen Trägern des Zahlungsvorgangs (Zahler und Empfänger, namentlich Händler, und von den kontoführenden Instituten das Zahlerinstitut, unten Rn 175). Zahlungsauslösedienste können zwar auch als E-Geld-Institute zugelassen sein (etwa die 174 Google Tochter Google Payments),399 bilden als solche jedoch unter dem novellierten Zahlungsdiensteregime (ZD-RL II) eine eigene Gruppe von Zahlungsdienstleistern (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 7 ZAG),400 mit eigenem Regulierungsregime.401 Dieses zeichnet sich unter anderem aus durch die Vorgabe einer Berufshaftpflicht (§ 16 ZAG), neben einem (Mindest-) Eigenkapital von 50.000,– € (§ 12 Nr. 3 lit. b ZAG), der Pflicht, den Vorgang so zu gestalten, dass der Zahlungsauslösedienst nie selbst Zugriff auf Kundengelder hat (§ 49 Abs. 1 S. 2 ZAG) und dass er die Kundendaten rein zielgerichtet einsetzt und löscht (Datenminimierungspflicht, § 49 Abs. 4 ZAG).402 Die Funktion – Übernahme eines neuralgischen Teils der Autorisierung für den Kunden – wird in § 1 Abs. 33 ZAG umschrieben. Die eigentliche Ausgestaltung des Rahmenverhältnisses finden sich in §§ 48 f., 52, 55 Abs. 3 und 4 ZAG, wobei Teile der Regelung eher die Einzelautorisierung betreffen (unten Dritter Teil Rn 247), hingegen die §§ 48, 52 und 55 Abs. 4 ZAG – i.V.m. §§ 675f Abs. 3 und 675k Abs. 3 BGB das Grundgerüst des – über die Einzeltransaktion hinausreichenden – Rahmenverhältnisses gestalten. Grundidee ist, dass der Zahlungsauslösedienst die Authentifizierungsmerkmale des Zahlers beim kontoführenden Institut für diesen dauerhaft verwalten kann oder im Einzelfall aktiviert. Es werden also die Credentials des kontoführenden Instituts selbst genutzt, und dieses wird in § 55 Abs. 4 ZAG verpflichtet, dies zu ermöglichen, in den Fällen des § 55 Abs. 2 ZAG (elektronischer Fernzahlungsvorgang) mit dynamischer

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398 Zu Abgrenzung von rein technischer Weiterleitung der Informationen vgl. namentlich Kilian in: Möslein/ Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 4; sowie ausführlich Ph.Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 184–187. 399 Nach sowohl litauischem und britischem Recht: Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 264; vgl. auch für Litauen: https://www.lb.lt/en/sfi-financial-market-participants/google-payment-lithuania-uab sowie für UK: https://register.fca.org.uk/ShPo_FirmDetailsPage?id=001b000000m4IWpAAM; Vgl. auch Harman BKR 2018, 457 (462) (luxemburgisches Recht). 400 Bis 2019 teils noch dem Zahlungskartengeschäft § 1 Abs. 2 Nr. 2 lit. c ZAG a.F. zugeordnet (heute § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 b ZAG), vgl. etwa Danwerth ZBB 2015, 119 (123), teils dem digitalisierten Zahlungsgeschäft (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 ZAG a.F.), Söbbing WM 2016, 1066 (1069). Auch die Merkmale des Akquisitionsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 ZAG) können erfüllt sein; vgl. zur Einordnung auch Harman BKR 2018, 457 (461). Auf die Einordnung kam es wegen Erlaubnisfreiheit (nach § 1 Abs. 10 Nr. 9 ZAG a.F.) nicht an, vgl. Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (185). Auch heute wegen der als abschließend konzipierten Sonderregulierung unerheblich. Vgl. Nachw. nächste Fn. 401 Soweit nicht bereits eine Zulassung als Zahlungsinstitut oder E-Geld-Institut besteht, die zur Erbringung von Zahlungsauslösediensten berechtigt (vgl. Art. 11 Abs. 1 ZD-RL II). 402 Näher zu Zulassungspflicht und -voraussetzungen etwa Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 193; Zahrte NJW 2018, 337 (338). Näher speziell zum Fehlen eines Eigenlagengeschäfts auch bei sofortiger Transformation in E-Geld und Unverzinslichkeit (§ 3 Abs. 2 S. 2 ZAG) – etwa bei PayPal: Harman BKR 2018, 457 (462); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 253–255.

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starker Kundenauthentifizierung.403 So wird etwa für die Sofortüberweisung ein Zugriff auf PIN und TAN (als Element des Besitzes (etwa ein Gerät mit App)) eröffnet, damit Online-Überweisungen mit starker Kundenidentifizierung ausgelöst werden können, und dies etwa indem auf dem Sofortüberweisungs-Eingabemenü nur noch der button „bezahlen“ gedrückt werden muss. Vergleichbar ist das, wenn beim proximity payment, namentlich kontaktlosem Bezahlen, die App auf dem eingesetzten Gerät die benötigten Informationen mit NFC-Technik übermittelt, ggf. auch ohne selbst für diese Transaktion online-Zugang zum Zahlungsauslösedienst etablieren zu müssen (also ohne Zugriff auf Elemente der starken Kundenauthentifizierung, unten Dritter Teil Rdn 222 f. bzw. 246 f.). Die zwei zentralen Voraussetzungen, um diese Form der Auslösung missbrauchsimmun und verlässlich zu gewährleisten, finden sich in § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ZAG, nach dem jede Kommunikation zwischen kontoführendem Institut und Zahlungsauslösedienstleister sicher – d.h. vor Abfangen und Manipulation absolut geschützt – sein muss404 und Eingaben des Zahlungsauslösedienstes – diskriminierungsfrei – so zu behandeln sind, als hätte der Kunde selbst sie getätigt, also die Weisung/Autorisierung gegeben.405 Der Schutz vor Datenphishing wird durch eine Tokenisierung – eine Verschlüsselung der sensiblen Zahlungsdaten, die nur durch den Kreditkartenemittenten entschlüsselt werden kann – gewährleistet.406 Das (Rechts- und Kooperations-)Verhältnis zwischen kontoführendem Institut und Zah- 175 lungsauslösedienst ist rechtlich und wirtschaftlich komplexer als die bisherigen Ausführungen dies nahelegen mögen – man könnte fast schon von Paradoxien sprechen. Rechtlich ist für den Aufbau des genannten Kooperationsverhältnisses – trotz der großen Sensibilität der Daten und trotz der Teilhabe an einem von den kontoführenden Instituten aufgebauten Sicherheitssystem – kein Vertrag nötig. Diese Anordnung (aufsichtsrechtlich in § 48 Abs. 2 ZAG, zivilrechtlich und zugunsten des Kunden in § 675f Abs. 3 BGB, vgl. oben Dritter Teil Rn 62 f., 119) soll verhindern, dass kontoführende Institute Zahlungsauslösediensten den Zugang (Marktzutritt) verweigern.407 Nicht intendiert ist, damit eine Sonderrechtsbeziehung zwischen kontoführendem Institut und Zahlungsauslösedienst zu negieren – die Eröffnung eines Regressweges (§ 676a BGB) im Falle von Fehlverhalten des Zahlungsauslösedienstes belegt, dass das Gegenteil der Fall ist.408 Im System des deutschen Schuldrechts (namentlich § 311 Abs. 2 BGB) ist es ohne solch ein Sonderrechtsverhältnis auch nicht denkbar, dass der Zahlungsauslösungsdienstleister im Verhältnis zum kontoführenden Institut nicht nur legitimiert sein soll (so auch als Vertreter oder kraft Ermächtigung), sondern darüber hinaus auf die Sicherheitssysteme und -merkmale des kontoführenden Instituts (die sog. „credentials“) soll zugreifen dürfen und dass auch ein absolutes Gleichstellungsgebot gilt. Paradox ist dies auch aus wirtschaftlicher Perspektive: Diese Zugriffsmöglichkeit auf absolut zentrale Systeme und Leistungselemente der kontoführenden Zahlungsdienstleister (für ihre Leistung „sicherer Valutatransfer“) wirkt spannungsreich angesichts des Umstandes, dass Zahlungsauslösedienstleister in Konkurrenz um Marktanteile mit den kontoführenden Instituten stehen.409

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403 Zur starken Kundenauthentifizierung, auch der qualifizierten Form dynamischer starker Kundenauthentifizierung, unten Dritter Teil Rn 246. Zur Nutzung der Credentials des kontoführenden Instituts Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 9 f. (namentlich auch technisch mit dem sog. screenscraping); sowie (auch zur zweifelhaften Rechtslage vor 2019): Harman BKR 2018, 457 (458 f.; 460 f.); vgl. früher BGH Urt. v. 18.7.2017 – KZR 39/16, NJW 2017, 3289; zu den technischen Schnittstellen Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (185 f.); Jestaedt BKR 2018, 445 (447, 448). 404 Konkretisiert durch die delegierte Verordnung (EU) 2018/389, vgl. Rn 222, 246. 405 BT-Drs. 18/11495, S. 134; Spindler/Zahrte BKR 2014, 265 (268); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 190. 406 Ausführlich zur Verschlüsselung: MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel G, Rn 129. 407 So auch MünchKommBGB/Casper § 675f Rn 115. 408 Ebenfalls von Sonderrechtsbeziehung implizit ausgehend („Pflicht zur Kooperation“): MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Abschnitt K Rn 288, 305. 409 Vgl. einerseits Söbbing WM 2016, 1066 (1066) (vor allem das Umschwingen auf Smartphoneeinsatz); ders. BKR 2016, 360 (360) (das Bild eines geradezu disruptiven Verdrängungswettbewerbs zeichnend); auch Lutz

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Letztere können von den Zahlungsauslösediensten auch kein Entgelt (oder Teilhabe an deren Entgeltaufkommen) fordern.410 Demgegenüber besteht durchaus ein Rahmenvertrag zwischen Empfänger (Händler) und Zahlungsauslösedienst, auf dessen Grundlage der Empfänger (Händler) dem Zahler die Möglichkeit der Zahlung unter Einschaltung von spezifischen Zahlungsauslösediensten eröffnet.411 Ähnlich wie in den Kreditkarten-Händlerbedingungen, ist der entsprechenden Abrede drittschützender Charakter für den Kunden zuzsprechen.412 Folglich löst sein Auftrag an den Zahlungsauslösedienstleister nicht nur eine Berechtigung (§ 185 BGB) zur Auslösung aus, sondern eine Pflicht hierzu (Geschäftsbesorgungspflicht – 10. Erw.grund ZD-RL II spricht von „Mandat“, und § 675c Abs. 1 BGB, verweist auf alle Zahlungsdienstleister, also auch Zahlungsauslösedienstleister [§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. S. 2 Nr. 7 ZAG]).413 II. § 675f Abs. 6 BGB: Zahlungsdienstvertrag (bei Kartenzahlung) im Verhältnis zum Zahlungsempfänger/Händler („Zuwendungsverhältnis“) 1. Rahmenvertrag – und Fragen des Zahlungs- und Garantieanspruches (mit Verweis). Auch gegenüber dem Zahlungsempfänger wird bei allen Zahlungsdiensten ein Rahmenvertrag abgeschlossen. Auch auf dieser Seite ist die Dauerverbindung – der eigentliche Rahmenvertrag – von der Einzeltransaktion zu unterscheiden. Letztere ist bei der Überweisung die Gutschrift auf dem Konto des Empfängerinstituts und dann dem Zahlungsempfängerkonto selbst (ggf. Einzelauszahlung), bei der Lastschrift ebenfalls eine (doppelte) Gutschrift, ggf. belastet mit einer Widerspruchsoption, bei der Girocard ein abstraktes Zahlungsversprechen seitens des kartenemittierenden Instituts (§ 780 BGB), bei der Kreditkarte wohl ebenfalls (aA Forderungskauf mit Garantieversprechen), beim ELV (in Nachfolge zum „POZ“) wiederum eine Gutschrift (Abwicklung als Lastschrift). All diese Einzelvorgänge sind Teil der Abwicklung und als solche später zu kommentieren (Unterabschnitt H.). Auch auf Seiten des Zahlungsempfängers wirft jedoch auch der Rahmenvertrag selbst ei177 gene Fragen auf, freilich ungleich weniger als auf Seiten des Zahlers, und auch nur für einige Zahlungsdienste in nennenswertem Umfang: Das ist in spätestens seit Zulassung der Zahlungsauslösedienste vor allem bei Karteneinsatz, namentlich Girocard-Einsatz der Fall, weil für die Generierung der Kundenweisung – namentlich bei sog. kontaktlosem Zahlen (mit NFCTechnologie) – (wiederum) ein Zahlungsauslösedienst eingeschaltet werden kann, namentlich über Smartphone mit entsprechender App, bei entsprechender technologischer Ausstattung der Karte selbst freilich nicht muss (näher zu dieser Form der Einzelweisung unten Teil 3 Rn 247). Das ist sodann namentlich bei der Kreditkarte der Fall. Hier geht zumindest die Erwartung der Vertragsunternehmens dahin, dass ihnen das Kartenunternehmen durch Werbung neue Käuferschichten erschließt, sich also um die Verbreitung der Karte bemüht.414 Konkreter sind die geschäftsbesorgerischen Elemente insoweit, als das Kartenunternehmen dem Vertragsunter-

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ZvglRWiss 116 (2017) 177 (177 f. sowie 180 zum veränderten Wettbewerb um Ansprechmöglichkeiten); andererseits auf den Zugriff bei den credentials hinweisend: Werner WM 2018, 449 (450). 410 Dies folgt bereits aus dem Diskriminierungsverbot nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 ZAG, vgl. oben Dritter Teil Rn 174. 411 Harman BKR 2018, 457 (458 f., 461); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 188, 190; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675f Rn 52. 412 Zum drittschützenden Charakter im Kreditkartensystem oben Dritter Teil Rn 113. Ebenso für den drittschützenden Charakter des Vertrages zwischen Empfänger (Händler) und Zahlungsauslösedienst: Bamberger/ Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675f Rn 52; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 190–191; Terlau ZBB 2016, 122 (134). 413 Ebenso Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 191; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ D. Schmalenbach § 675f Rn 52; sowie (jeweils implizit, weil Geschäftsbesorgungs-Rahmenvertrag) Harman BKR 2018, 457 (461, 462); Omlor ZIP 2017, 1836 (1839). 414 Rechtlich am ehesten unter Hinweis auf § 86 Abs. 1 HGB zu begründen, der auch anwendbar ist, wenn der Handelsvertreter nur einen von mehreren Absatzwegen bildet: Baumbach/Hopt § 86 Rn 12 f.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

nehmen Interessenwahrung schuldet.415 Es hat also bei der Abwicklung der Zahlung im Interesse des Vertragsunternehmens zu handeln – freilich nur, soweit nicht speziellere Regeln die Verhaltensweise vorgeben, und auch in manchen Fällen unter Abwägung mit einer entsprechenden Interessenwahrungspflicht dem Kunden gegenüber. Wie dem Kunden gegenüber erfolgt die Abrechnung über ein Kontokorrent,416 typischerweise monatlich – mit Anerkennung, die als abstraktes Schuldanerkenntnis zu qualifizieren ist, jedoch bestimmten Einwendungen unterliegt. Weitere Pflichten aus dem Rahmenvertrag betreffen die Missbrauchsprävention, insbesondere Überprüfungspflichten des Vertragsunternehmens bei der Unterschrift, werden aber wegen des Sachzusammenhangs mit der Autorisierung seitens des Zahlers und den diesbezüglichen Pflichten zur Missbrauchsprävention kommentiert (unten Unterabschnitt F.). 2. Fragen zum Entgelt (Abs. 6). Unter allen Pflichten und Rechten, die der Zahlungsemp- 178 fänger aus dem Rahmenvertrag hat, wird spezifisch allein die Entgeltfrage geregelt, Und auch dies geschieht nur in einem speziellen Aspekt, der zudem Wirkung erst im Valutaverhältnis entfaltet. Die Regelung in § 675f Abs. 6 BGB (Art. 60 Abs. 2, 62 Abs. 3 ZD-RL II, ex-Art. 50 Abs. 2, 52 Abs. 3 ZD-RL I) will für den Bereich der Kartenzahlung die Freiheit, Konditionen im Valutaverhältnis festzulegen, vor (kartellierenden) Abreden in Zahlungsverträgen mit dem Zahlungsempfänger, namentlich Händler, schützen. Damit willl sie den Wettbewerb zwischen verschiedenen Kartenzahlungsformen und -angeboten stimulieren. Dieses – wichtige – Ziel verfolgt sie freilich nur in beschränktem Maße: Dem Zahlungsempfänger darf nicht durch Abrede mit dem Zahlungsdienstleister untersagt werden, Ermäßigungen bei Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu gewähren. Zwar soll damit der Wettbewerb zwischen Zahlungsinstrumenten gefördert werden, zugleich jedoch geht die Grundtendenz der Richtlinie dahin, Zahlungsdienstenutzer (nur) zu privilegieren und spricht auch der Wortlaut ausdrücklich nur davon, dass Ermäßigungen nicht ausgeschlossen werden dürfen.417 Damit fielen die zwei – wohl wichtigsten – (kartellierenden) Arten von Absprachen nicht unter das Verbot. Das ist einerseits die Barzahlungsklausel und jede Klausel, die es dem Zahlungsempfänger verbietet, bei Einsatz einer bestimmten Karte, ein höheres Entgelt zu fordern (Surcharge). Letztere Thematik hat der Richtliniengeber mit Art. 62 Abs. 4 ZD-RL II, § 270a BGB zumindest für die gängigsten Zahlungsmittel gesetzgebrisch entschieden. Für SEPA-Überweisungen und Lastschriften sowie für Debitund Kreditkarten dürfen seit dem 13.1.2018 durch Zahlungsempfänger ohnehin flächendeckend keine zusätzlichen Entgelte erhoben werden. Von § 675 Abs. 6 BGB ebenfalls nicht verboten sind Abreden über Ermäßigungen („Anreize“).418 Zwar ergibt sich nach Standardannahme in der Ökonomik (u.a. bei Rationalitätsannahme) kein Unterschied daraus, ob bei Einsatz eines anderen Zahlungsinstruments ein weiterer Nachlass gewährt wird oder ob bei Einsatz dieses Zahlungsinstruments ein Zahlungsaufschlag gefordert werden kann. Das würde es nahelegen, wenn der Wettbewerb tatsächlich belebt werden soll, die Freiheit des Zahlungsempfängers in beide Richtungen vor Einschränkungen durch Abreden zu schützen. Der Gesetzgeber wollte jedoch offenbar das Verbot einer Abrede nur für den einen Fall, nicht den anderen einführen, und psychologisch wirken beide Abreden/Einschränkungen derselben wohl in der Tat verschieden. Desgleichen nicht erfasst sind Abreden zu Entgelten zwischen Zahlungsdienstleistern, weil diese nicht „Zahlungsempfänger“ sind, namentlich zu Entgelten für die Geldautomatenauszahlung

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415 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 39 (Pflicht zu „geschäftsbesorgungsvertraglicher Treue“); explizit § 675c Abs. 1 BGB. 416 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 4, 12. 417 Zu diesem Zielebündel vgl. BT-Drucks. 16/13669, S. 124. 418 Schon die Barzahlungsklausel untersagte dem Zahlungsempfänger nur Preisaufschläge, nicht Ermäßigungen durch Abrede, und in dieser Form (und mit diesem Inhalt) wird/wurde sie auch für wirksam gehalten. Vgl. etwa – auch schon für die neue Rechtslage – Palandt/Sprau § 675f Rn 24; Baumbach/Hopt (7) Rn F/57; MünchKommBGB/ Casper § 675f Rn 57.

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beim Fremdinstitut.419 Der Versuch, kartellierende Abreden zu den Entgelten zurückzudrängen, blieb also unvollkommen. Das bedeutet freilich nicht, dass diese Abreden nicht potentiell an den wettbewerbsrechtlichen Regeln des AEUV zu messen wären. 179 Sonstige Fragen das Entgelt betreffend werden auf Empfängerseite vor allem für die Kreditkarte diskutiert. Das Entgelt des Kartenunternehmens wird als prozentualer Abzug von der Forderung, die es vom Vertragsunternehmen ankauft, berechnet (Disagio).420 Auch diese Abrede ist von § 675f Abs. 6 BGB nicht betroffen, da sie das Entgelt im Zuwendungsverhältnis selbst betrifft und keine Abrede für die Entgeltfreiheit im Valutaverhältnis darstellt. Dieser Abzug darf seit Inkrafttreten der MIF-VO bei der Kreditkarte nicht mehr als 0,3% betragen,421 bei der Girocard 0,2% (vom herausgelegten Zahlungsversprechen). Bezahlt wird (vor allem bei der Kreditkarte) für die Werbung neuer Kundenkreise und die Zahlungsabwicklung. Für MastercardUmsätze in Deutschland wird das Disagio einheitlich durch die EURO Kartensysteme GmbH festgesetzt, auch für Kreditinstitute als ihre Lizenznehmer.422 Hierzu wird freilich auf das Fehlen von Preiskartellen in anderen Mitgliedstaaten und den USA und auf niedrigere durchschnittliche Disagiosätze hingewiesen, so dass ein Verstoß des Kartells gegen § 1 GWB und Art. 101 Abs. 1 AEUV (früher Art. 81 Abs. 1 EG) (ohne Freistellungsmöglichkeit) nahe lag/liegt.423 Denn eine eigene Gebührenpolitik der Kreditinstitute erscheint demnach durchführbar, ob diese freilich nach gesetzgeberischer Deckelung auf 0,3% noch günstigere Konditionen anbieten würden/ könnten, ist fraglich. III. § 675g, 675h BGB: Änderung, Anpassung und Beendigung des Zahlungsdienstevertrages § 675g Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags (1) Eine Änderung des Zahlungsdiensterahmenvertrags auf Veranlassung des Zahlungsdienstleisters setzt voraus, dass dieser die beabsichtigte Änderung spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens dem Zahlungsdienstnutzer in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form anbietet. (2) Der Zahlungsdienstleister und der Zahlungsdienstnutzer können vereinbaren, dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu einer Änderung nach Absatz 1 als erteilt gilt, wenn dieser dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung angezeigt hat. Im Fall einer solchen Vereinbarung ist der Zahlungsdienstnutzer auch berechtigt, den Zahlungsdiensterahmenvertrag vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung fristlos zu kündigen. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer mit dem Angebot zur Vertragsänderung auf die Folgen seines Schweigens sowie auf das Recht zur kostenfreien und fristlosen Kündigung hinzuweisen.

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419 Ebenso Omlor NJW 2014, 1703 (1705) (mwN, ohne nennenswerte Gegenstimmen); Palandt/Sprau § 675f Rn 24. 420 Vgl. nur BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 4. 421 Staffelung bei Mastercard von täglicher zu monatlicher Zahlung von 0,2% Aufschlag zu 0,3% Abschlag vom Basis-Disagio. Und während bei Umsätzen bis 25 000,– € keinerlei Abschlag gemacht wird, beläuft er sich bei höheren Umsätzen auf bis zu 0,9% (Umsätze über 3 Mio. €). Für die vor gesetzlicher Deckelung üblichen Händlergebühren bei Kreditkarten (3–5%) vgl. Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 179. 422 Durch Beschluss des Gesellschafterausschusses, der die Grundlage für eine Bestimmung nach § 315 BGB gegenüber dem einzelnen Lizenznehmer bildet: Hönn ZBB 1991, 6 (17 f.); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 30. 423 Dazu die Verfahren der EG-Kommission gegen VISA, ABl. EG 2002, L 318/17, und MasterCard, European Commission, XXXIIIrd Report on Competition Policy 2003, SEC(2004) 658 final, S. 56; Hönn ZBB 1991, 6 (18–21); Oechsler (Fn 312) S. 226–228; dagegen Horn ZHR 157 (1993), 324 (346); Hofmann WuW 2006, 17 (24–30). Art. 102 f. AEUV sind regelmäßig anwendbar: EuGH 14.7.1981 – Rs. 172/80 (Züchner ./. Bayerische Vereinsbank), Slg. 1981, 2021 (2032 f.).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

(3) Änderungen von Zinssätzen oder Wechselkursen werden unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung wirksam, soweit dies im Zahlungsdiensterahmenvertrag vereinbart wurde und die Änderungen auf den dort vereinbarten Referenzzinssätzen oder Referenzwechselkursen beruhen. Referenzzinssatz ist der Zinssatz, der bei der Zinsberechnung zugrunde gelegt wird und aus einer öffentlich zugänglichen und für beide Parteien eines Zahlungsdienstevertrags überprüfbaren Quelle stammt. Referenzwechselkurs ist der Wechselkurs, der bei jedem Währungsumtausch zugrunde gelegt und vom Zahlungsdienstleister zugänglich gemacht wird oder aus einer öffentlich zugänglichen Quelle stammt. (4) Der Zahlungsdienstnutzer darf durch Vereinbarungen zur Berechnung nach Absatz 3 nicht benachteiligt werden. § 675h Ordentliche Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrags (1) Der Zahlungsdienstnutzer kann den Zahlungsdiensterahmenvertrag, auch wenn dieser für einen bestimmten Zeitraum geschlossen ist, jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, sofern nicht eine Kündigungsfrist vereinbart wurde. Die Vereinbarung einer Kündigungsfrist von mehr als einem Monat ist unwirksam. (2) Der Zahlungsdienstleister kann den Zahlungsdiensterahmenvertrag nur kündigen, wenn der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde und das Kündigungsrecht vereinbart wurde. Die Kündigungsfrist darf zwei Monate nicht unterschreiten. Die Kündigung ist in der in Artikel 248 §§ 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche vorgesehenen Form zu erklären. (3) Im Fall der Kündigung sind regelmäßig erhobene Entgelte nur anteilig bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrags zu entrichten. Im Voraus gezahlte Entgelte, die auf die Zeit nach Beendigung des Vertrags fallen, sind anteilig zu erstatten. (4) Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer für die Kündigung des Zahlungsdiensterahmenvertrags kein Entgelt vereinbaren.

1. Änderung des Rahmenvertrages (§ 675g Abs. 1 und 2 BGB) a) Vertragsänderung mit Zustimmung – Form (Abs. 1). Die Änderung des Rahmenvertra- 180 ges, soweit sie ein Zahlungsdienstleister veranlasst, i.d.R. also von AGB desselben, unterliegt einer besonderen Form bzw. einem besonderen Verfahren (Abs. 1), von der bzw. dem Erleichterungen nach Abs. 2–4 zugelassen werden: nach Abs. 2 mit Zustimmung durch Schweigen seitens des Zahlungsdienstenutzers; nach Abs. 3, 4 automatisch nach einem vereinbarten Verfahren unter Anwendung eines vorher vereinbarten Wechselkurs- oder Referenzzinssatzes. Abs. 1 verdrängt also alle anderen Formen einer Vertragsänderung (außer Abs. 2–4), freilich nur bei Zahlungsdiensteverträgen, nicht bei damit verbundenen Verträgen, etwa Kreditverträgen, und nicht, wenn der Kunde eine Änderung initiiert, insbesondere im Rahmen einer Individualabrede.424 Das Regime ist halbseitig zwingend, es ist jedoch in B2B-Verträgen umfassend und für Kleinbetragsinstrumente im Kernpunkt dispositiv (§§ 675e Abs. 4, 675i Abs. 2 Nr. 1 BGB). Als Form für das Angebot auf Vertragsänderung – im Falle von AGB als Einbeziehungs- 181 voraussetzung – wird zweierlei gefordert: (i) Das Änderungsangebot bzw. Angebot auf Einbeziehung muss auf einem dauerhaften Datenträger (also in Textform i.S.v. § 126b BGB) gemacht werden (Art. 248 § 3 EGBGB) und in „leicht verständlichen Worten und in klarer und verständlicher Form“ abgefasst sein (Art. 248 § 2 EGBGB).425 (ii) Zwischen Angebot und dem vorgeschlagenen, d.h. im Angebot spezifizierten frühesten Annahmezeitpunkt durch den Kunden müssen

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424 Zu beiden Ausnahmen vgl. MünchKommBGB/Casper § 675g Rn 3 f.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ D. Schmalenbach § 675g Rn 1; Palandt/Sprau § 675f Rn 7 bzw. § 675g Rn 1; Staudinger/Omlor § 675g Rn 1, 3. 425 Ggf. auch rein elektronisch, wenn Dauerhaftigkeit verbürgt wird, vgl. Nr. 1 Abs. 2 S. 2 AGB-Banken; zur Wirksamkeit BGH Urt. v. 8.10.1997 – IV ZR 220/96, NJW 1998, 454 (456); Bunte AGB-Banken, Nr. 1 Abs. 2 AGBBanken Rn 74 ff.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

mindestens zwei Monate liegen. Dies ist – wie die Einhaltung von gesetzlichen Formvorschriften allgemein – Wirksamkeitsvoraussetzung für die Vertragsänderung.426 Diese Regel gilt freilich nur, wenn die Änderung „auf Veranlassung“ des Zahlungsdienstleisters erfolgte; dies bleibt allerdings selbst dann der Fall, wenn der Kunde durch Zustimmung seinerseits ein inhaltsgleiches „Änderungsangebot“ abgibt.427 Umgekehrt ist die Annahme formfrei. Erfolgt die Annahme zu früh und dann nochmals, ist 182 die zweite Annahme nur wirksam, wenn der Kunde sie im Bewusstsein abgibt, zu diesem Zeitpunkt noch nicht gebunden (gewesen) zu sein.428 b) Zustimmung durch Schweigen (Abs. 2). Die Annahme kann auch durch Schweigen erfolgen – dies unter einer vierfachen Voraussetzung: (i) Das Angebot muss wirksam gewesen sein, d.h. den in Abs. 1 genannten Voraussetzungen entsprechen (vgl. oben); (ii) die Zustimmungswirkung des Schweigens muss vereinbart worden sein, (iii) der Zahlungsdienstleister muss im Angebot auf die Zustimmungswirkung (und die Voraussetzungen) im Angebot selbst nochmals hingewiesen haben und auch auf das damit verbundene Sonderkündigungsrecht (nächste Rn); (iv) der Kunde darf nicht fristgerecht, d.h. vor Ablauf des vorgeschlagenen Zeitraums abgelehnt haben. Den typischen Fall der Änderung des Rahmenvertrages bildet die Änderung der AGB-Banken – oder von Sonderbedingungen. Die Zustimmungswirkung von Schweigen ist dort regelmäßig vereinbart, etwa in Nr. 1 Abs. 2 S. 4 und 5 AGB-Banken. Bei der – im Angebot zu spezifizierenden, mindestens zweimonatigen – Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist, Schweigen hat Zustimmungswirkung also auch, wenn der Kunde sie ohne Verschulden hat verstreichen lassen.429 Umgekehrt wird dieser – im Massenverkehr häufig unverzichtbare und in der Abwicklung für 184 alle Seiten ungleich einfachere – Abänderungsmodus vom Gesetzgeber offenbar argwöhnisch betrachtet. Zwingend wird nämlich ein fristloses und kostenfreies Sonderkündigungsrecht an die bloße Vereinbarung solch eines Abänderungsmodus geknüpft,430 und muss über dieses ebenfalls informiert werden (vgl. vorige Rn Voraussetzung (iii)). Wurde informiert, verfällt dieses Sonderkündigungsrecht mit Verstreichen des vorgeschlagenen Reaktionszeitraumes. Für den gegenteiligen Fall wird die Rechtsfolge nicht statuiert, die systematische Stellung der Informationsregel spricht freilich dafür, dass es sich insoweit wohl nicht um ein Wirksamkeitshindernis für die Vertragsänderung selbst handelt, umgekehrt jedoch das Kündigungsrecht nicht entfällt, wenn über es nicht aufgeklärt wurde. Große Bedeutung hat all dies im deutschen Recht ohnehin nicht, da § 675h BGB dem Kunden ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht einräumt, das nur in der (Maximal-)Kündigungsfrist von (höchstens) einem Monat etwas ungünstiger ausgestaltet ist als 183

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426 Palandt/Sprau § 675g Rn 5; Zweifel an der Richtlinienkonformität bei Gebauer/Wiedmann/Schinkels Kapitel 16 Rn 25, m.E. aber spätestens durch EuGH Urt. v. 30.5.2013 Rs. C-604/11 Bankinter, ECLI:EU:C:2013:344 = EuZW 2013, 557 ausgeräumt; vgl. Grundmann, ERCL 2013, 267. 427 MünchKommBGB/Casper § 675g Rn 4; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675g Rn 8; Palandt/Sprau § 675g Rn 2. 428 Andernfalls fehlt der (freie) Rechtbindungswillen: vgl. etwa zum entsprechenden Fall der (auch konkludenten) Genehmigung oder Bestätigung eines schwebend unwirksamen oder anfechtbaren Vertrags BGH Urt. v. 17.3.1973 – V ZR 16/73, NJW 1973, 1789; BGH Urt. v. 2.2.1990 – V ZR 266/88, NJW 1990, 1106; Staudinger/Singer, Vorbem. zu §§ 116 ff. BGB, Rn 44, wo jeweils gefordert wird, dass der Handelnde zumindest mit der Möglichkeit rechnet, der Vertrag könne noch nicht wirksam sein. 429 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675g Rn 20; Erman/Graf v. Westphalen § 675g Rn 5 ff.; MünchKommBGB/Casper § 675g Rn 10; Palandt/Sprau § 675g Rn 7 f. 430 Nach dem Wortlaut der Norm besteht das Sonderkündigungsrecht, wenn dieser Abänderungsmodus vereinbart wurde und eine Abänderung vorgeschlagen wird, selbst dann, wenn im konkreten Fall gar nicht vorgeschlagen wird, dass Schweigen Zustimmungscharakter haben soll (freilich eher unwahrscheinlich): vgl. Prütting/Wegen/Weinreich/ Fehrenbacher § 675g Rn 5; Erman/Graf v. Westphalen § 675g Rn 6; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675g Rn 8.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

das Sonderkündigungsrecht nach § 675g Abs. 2 S. 2 BGB. Während des Laufens der Reaktionsfrist hat der Kunde zudem ein Wahlrecht: Er kann die Änderung ablehnen – worauf dann das Institut mit ordentlicher Kündigung nach § 675h Abs. 2 BGB reagieren mag – oder aber von sich aus den Rahmenvertrag fristlos kündigen. 2. Automatische Anpassung des Rahmenvertrages bei Referenzzinssatz- und Wech- 185 selkursänderung (§ 675g Abs. 3 und 4 BGB). Neben dem Verfahren nach Abs. 1 und 2, das auch im Hinblick auf Zinssätze oder Wechselkurse (alternativ) verwendet werden kann,431 bieten Abs. 3 und 4 bei diesen beiden Änderungsparametern ein Verfahren an, nach dem sich die Änderung automatisch, ohne weitere Zustimmung vollzieht. Dieses erleichterte Verfahren gilt nur für die Änderung von Wechselkursen und Zinssät- 186 zen, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind: (i) Für einen im Rahmenvertrag verwendeten Wechselkurs oder Zinssatz muss ein Referenzwechselkurs bzw. -zinssatz vereinbart werden, also ein durchgängig anzuwendender Wechselkurs bzw. Zinssatz, der aus öffentlichen Quellen ersichtlich ist (Wechselkurs oder Zinssatz) oder den der Zahlungsdienstleister allgemein anwendet und allgemein zugänglich macht (nur Wechselkurs) (Definitionen in Art. 4 Nr. 27 und 28 ZDRL II bzw. § 675g Abs. 3 S. 2 und 3 BGB); (Vereinbarung eines Referenzwertes) (ii) für diesen Referenzwert (Referenzwechselkurs oder -zinssatz) muss vereinbart werden, dass seine Änderung automatisch – und nicht durch einseitige Willenserklärung mit Ermessensspielraum, etwa nach § 315 BGB – auch den ursprünglich im Rahmenvertrag vereinbarten Wert (Wechselkurs oder Zinssatz) verändert, ggf. auch nur bei Überschreitung einer festgelegten Schwelle (etwa bei Abweichungen von jeweils mindestens 0,5% vom Ursprungs- bzw. zuletzt geltenden Wert) (Vereinbarung eines Verfahrens automatischer Anpassung); (iii) die vereinbarten Änderungen beim Referenzwert müssen eingetreten sein (all dies Abs. 3): zudem (iv) muss der Änderungsmechanismus in beiden Richtungen gleich gestaltet sein, also nicht den Kunden benachteiligen (Benachteiligungsverbot, Abs. 4).432 Letzteres bezieht sich nur auf den Änderungsmechanismus, so dass die Höhe der Änderung und auch der Zeitpunkt der Änderung in beide Richtungen gleich festzusetzen ist. Umgekehrt kann der Ausgangswert durchaus asymmetrisch festgelegt sein, etwa für den Sollzins höher als für den Habenzins.433 Die üblichen Kontokorrentzinsen fallen unter Abs. 3 und 4 (str.), (andere) Kreditzinsen hingegen, die nicht als Zahlungsdienste zu qualifizieren sind (vgl. Wertung in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 i.V.m. § 3 Abs. 4 ZAG), unterfallen nicht dem restriktiven Änderungsregime des § 675g BGB, auch nicht Absätzen 3 und 4.434 Sowohl über das ursprüngliche Regime ist aufzuklären als auch über die eingetretene Änderung (vgl. Art. 248 § 4 Nr. 3 lit. b und c sowie § 9 Nr. 2 EGBGB). 3. Kündigung (§ 675h BGB) a) Allgemeine Grundsätze einschließlich Entgeltfolgen (Abs. 3, 4). § 675h Abs. 1 und 2 187 BGB regeln allein die ordentliche Kündigung, sehr liberal für den Zahlungsdienstnutzer und stark einschränkend für den Zahlungsdienstleister. Dies macht eine Abgrenzung im Anwendungsbereich nötig: Möglich bleibt daneben nach allgemeinen Regeln die außerordentliche

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431 Abs. 3 und 4 eröffnen nur einen erleichternden Mechanismus: Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 675g Rn 6; Staudinger/Omlor § 675g Rn 8; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675g Rn 12; zum Konzept Referenzzins und -wechselkurs etwa Wimmer/Rösler WM 2011, 1788. 432 Vgl. schon bisher im deutschen Recht BGH Urt. v. 21.4.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051; zudem Prütting/ Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 675g Rn 7; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675g Rn 14; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675g Rn 34; MünchKommBGB/Casper § 675g Rn 17. 433 Palandt/Sprau § 675g Rn 14; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675g Rn 14. 434 Näher Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675g Rn 14; aA (für den Kontokorrentzins) Palandt/ Sprau § 675g Rn 9.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Kündigung aus wichtigem Grund (§§ 313 Abs. 3 S. 2, 314, 490, 626 f. BGB), für den Zahlungsdienstnutzer ebenso wie den Zahlungsdienstleister.435 Auch die Kündigung anderer Verträge als solcher über Zahlungsdienste, auch wenn beide verbunden sind, richtet sich (auch für die ordentliche Kündigung) nach allgemeinen Regeln, namentlich §§ 489, 495, 499 f, 620 ff. BGB.436 Die Kündigungserklärung erfasst zwingend auch alle auf dem Rahmenvertrag aufbauen188 den Zahlungsdienstverträge, etwa zur Lastschrift oder Kartenzahlung.437 Umgekehrt muss ein aufbauender Zahlungsdienstvertrag durchaus gesondert gekündigt werden können (etwa allein die Kreditkartenabrede). Sollte demgegenüber (nur) ein Teil eines Rahmenvertrages gekündigt werden, so handelt es sich nach dem Richtlinienregime offenbar um eine Änderung (§ 675g BGB), die die Zustimmung beider Seiten voraussetzt, einseitig also nicht möglich ist.438 Insgesamt ist das Regime der ordentlichen Kündigung einseitig zwingend nur im B2C189 Vertrag, im B2B-Vertrag ist es in allen Punkten abdingbar (§ 675e Abs. 4 BGB, Art. 38 Abs. 1 S. 2 ZD-RL II). Das gilt auch für die einmonatige Kündigungsfrist nach § 675h Abs. 1 S. 2 BGB.439 Ist wirksam gekündigt, ist das Entgelt zwingend anteilig zu berechnen (Abs. 3) – wiederum 190 abdingbar im B2B-Vertrag (§ 675e Abs. 4 BGB). Dies gilt gleichermaßen für noch zu erhebende wie bereits erhobene Entgelte, so dass das ausstehende Entgelt bzw. der Überschuss anteilig nachzubezahlen bzw. zu erstatten sind. Der neue Absatz 4 der Vorschrift stellt die ohnehin bereits bestehende Rechtslage klar, dass für die Kündigung kein Entgelt vereinbart werden darf.440 b) Ordentliche (und außerordentliche) Kündigung durch den Zahlungsdienstnutzer (Abs. 1). Der Zahlungsdienstnutzer ist in seiner Freiheit, den Rahmenvertrag ordentlich zu kündigen (ohne Kündigungsgrund), maximal geschützt, selbst bei Rahmenverträgen, die auf eine bestimmte Zeit geschlossen werden (entgegen §§ 489, 620 Abs. 2 BGB; dies schützt den Kunden zulässiger Weise noch über Art. 55 Abs. 2 und 6 ZD-RL II, ex-Art. 45 Abs. 2 und 6 ZD-RL I, hinausgehend). Einzig eine Kündigungsfrist darf vereinbart werden, das effet utile Prinzip fordert freilich, 192 dass diese – wie sonst Kündigungsfristen – angemessen ist im Hinblick auf die Abwicklung und nicht darüber hinausgeht. Dafür wird ein Monat jedenfalls als das Maximum angesehen. Das Ziel 191

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435 OLG Naumburg Urt. v. 31.1.2012 – 9 U 128/11, WM 2013, 1706 (1709); BankR-Hdb/Schmieder § 47 Rn 31; MünchKommBGB/Casper § 675h Rn 2; Palandt/Sprau § 675h Rn 1; HK-BGB/Schulte-Nölke § 675h Rn 1. Zur Kartensperre, die typischer Weise bei (außerordentlicher) Kündigung durch den Zahlungsdienstleister in Betracht kommt und vollzogen wird, vgl. noch unten Dritter Teil Rn 332, 254–257. 436 Herresthal WM 2013, 773 (781); Palandt/Sprau § 675h Rn 1. 437 Herresthal WM 2013, 773 (775). 438 Ähnlich wohl Palandt/Sprau § 675h Rn 2 (Teilkündigung unzulässig); vgl. BGH Urt. v. 8.11.2005 – XI ZR 74/05, NJW 2006, 430. Wenn man die Frage freilich als solche der Vertragsänderung sieht, kann auch nicht im Voraus eine einseitige Änderungsbefugnis verabredet werden (§ 675g Abs. 3 BGB e contrario). 439 Unzutr. Palandt/Sprau § 675h Rn 2. Das (letztentscheidende) Richtlinienregime, das der deutsche Gesetzgeber 1 : 1 umsetzen wollte, spricht hier – wie bei allen anderen Regeln – nur davon, dass eine längere Kündigungsfrist als 1 Monat nicht „vereinbart“ werden darf (Vgl. Art. 55 Abs. 1 S. 2 ZD-RL II, ex-Art. 45 Abs. 1 S. 2 ZD-RL I). Auf Richtlinienebene spricht daher kein Grund dafür, die Vertragsfreiheit, die Art. 38 Abs. 1 S. 2 ZD-RL II (ex-Art. 30 Abs. 1 S. 2 ZD-RL I) allgemein für den fraglichen Titel für B2B-Verträge zulässt, gerade an dieser Stelle einschränken zu wollen. Wenn nun der deutsche Gesetzgeber „Unwirksamkeit“ jeder gegenläufigen Vereinbarung statuiert, so präzisiert er nur die Verstoßfolge, die das deutsche Recht bei Widerspruch zum zwingenden Recht allgemein vorsieht (§ 134 BGB). Es ist jedoch darüber hinaus nicht ersichtlich, dass er vom Richtlinienregime abweichen wollte (was er trotz Vollharmonisierungsansatzes an dieser Stelle ausnahmsweise dürfte, vgl. Art. 55 Abs. 6 ZD-RL II (exArt. 45 Abs. 6 ZD-RL I). 440 BT-Drucks. 18/11495, S. 155; der Gesetzgeber hielt aufgrund einer Änderung der Europäischen Vorgaben eine Klarstellung für notwendig. Nach Art. 45 Abs. 2 ZD-RL I konnten nur Zahlungsdienstrahmenverträge, die länger als 12 Monate in Kraft waren, kostenlos gekündigt werden. Nach Art. 55 Abs. 2 ZD-RL II darf nunmehr nur noch ein Entgelt vereinbart werden, soweit der Vertrag weniger als 6 Monate Bestand hatte. Da der deutsche Gesetzgeber ohnehin von der Option des Art. 45 Abs. 6 ZD-RL I Gebrauch gemacht hatte, bleibt diese Änderung fürs deutsche Recht folgenlos, was mit § 675h Abs. 4 BGB klargestellt wird.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

des Kundenerhalts tritt hinter die Freiheit, jederzeit seinen Zahlungsdienstleister wechseln zu können, zurück.441 Dass – nach dem Gesagten – dem Kunden die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 313 Abs. 3 S. 2, 314, 626 BGB) daneben ebenfalls offen steht, hat ebenfalls praktisch nur noch Bedeutung insofern, als dann selbst die Einmonatsfrist nicht mehr gilt. Über das Kündigungsrecht ist der Zahlungsdienstnutzer vor Vertragsschluss in Textform 193 aufzuklären (Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 6 lit. c EGBGB). Umgekehrt ist seine eigene Kündigungserklärung formfrei, ja sogar konkludent möglich, sie bedarf insbesondere keiner Begründung. Sie hat die oben (unter a)) beschriebenen Wirkungen. c) Ordentliche (und außerordentliche) Kündigung durch den Zahlungsdienstleister (Abs. 2). Umgekehrt hat der Zahlungsdienstleister kein Recht zur ordentlichen Kündigung, wenn der Rahmenvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen wurde, aber auch wenn er auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurde, nur, wenn das Kündigungsrecht vereinbart wurde. Das geschah etwa in Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken. Alte AGB gelten als „Vereinbarung“ fort.442 Für aufbauende weitere Verträge sind regelmäßig die Modalitäten der ordentlichen Kündigung nochmals gesondert vereinbart (etwa Nr. 16 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Vor allem bei der ordentlichen Kündigung werden Missbräuchlichkeitsschranken gesehen, selbstverständlich ist sie ausgeschlossen, soweit ein Kontrahierungszwang besteht.443 Auch der Zahlungsdienstleister kann aus wichtigem Grund – i.d.R. fristlos kündigen, die Zahlungsdienste-Richtlinie regelt und präkludiert diesen Fall auch auf dieser Seite nicht.444 Angesichts des Schädigungspotentials ist die (fristlose) Kündigung aus wichtigem Grund schon bei einmaligem Verstoß gegen Nr. 6 Kreditkarten-Kundenbedingungen[Deutsche Bank] (finanzielle Nutzungsgrenze) zulässig – ohne dass dieser Kündigungsgrund gesondert vereinbart werden muss. Erhebliche Schädigungsgefahr reicht aus, nicht nötig ist (erhebliche) Schädigung.445 Ebenfalls nicht verdrängt ist die Regelung, dass die Insolvenz des Kunden den Zahlungsdienstevertrag ohne weitere Erklärung beendet (Art. 116 S. 1 InsO, umgekehrt hat die Insolvenz des Zahlungsdienstleister diese Wirkung nicht, vgl. S. 3).446 Der Durchsetzung einer Kündigung, typischerweise aus wichtigem Grunde, im Wege der Selbsthilfe dient die Sperre. Sie ist dann aber auch heute nur zulässig, wenn solch eine Kündigung zulässig wäre.447 Freilich ist die Sperre heutzutage im Alltagsgeschäft umgekehrt primär ein Kundenschutzinstrument (Schutz vor missbräuchlicher Nutzung durch Dritte).448 Für die ordentliche Kündigung gilt eine Kündigungsfrist von zwei Monaten, für die außerordentliche Kündigung gelten insoweit die allgemeinen Regeln (i.d.R. fristlos, ggf. außerordentlich befristet). Deswegen verstößt auch die Abrede, dass das Kartenunternehmen ohne Grund außerordentlich (fristlos) kündigen darf, schon gegen § 675h Abs. 2 BGB, den sie umgeht; nach altem Recht wurde ebenfalls bereits davon ausgegangen, dass sie jedenfalls zu sehr von Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht, um vor § 307 Abs. 1, 2 BGB zu beste-

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441 BT-Drucks. 16/11643, S. 104. Ein Beispiel für ein tatsächlich (frei) kompetitives (Europäisches) Vertragsrecht, wie es vor allem Micklitz propagiert, vgl. Micklitz Perspektiven eines Europäischen Privatrechts – Ius Commune praeter legem? ZEuP 1998, 253 (265–267) (der Kunde bleibt für Konkurrenzangebote länger offen); dagegen etwa Riesenhuber Europäisches Vertragsrecht, 2. Aufl. 2006, Rn 943–945. 442 BGH Urt. v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519 (1519 f. Tz 15); für eine Kündbarkeit (auf Grund von § 138 BGB) auch ohne dahin gehende Abrede, wenn eine bestimmte Zeit abgelaufen ist: Palandt/Sprau § 675h Rn 3. 443 Vgl. OLG Naumburg Urt. v. 31.1.2012 – 9 U 128/11, ZIP 2012, 1119; BGH (Fn 442), NJW 2013, 1519. 444 Nachw. oben Fn 394. 445 Allgemein Neuberger BuB Rn 6/1981; Wolf/Horn/Lindacher/Pamp 5. Teil Rn K107 f. 446 Vgl. BGH Urt. v. 26.6.2008 – XI ZR 47/05, WM 2008, 1442 (1443 Tz 11); wohl in der Tat anders ist das zu sehen für das P-Konto, bei dem die Trennung von Teilen, die der Vollstreckung unterliegen, und „verfügungsfreien“ Teilen charakteristisch ist: AG Nienburg Urt. v. 24.1.2013 – 6 C 516/12, ZIP 2013, 923. 447 Neuberger BuB Rn 6/1984; vgl. auch Nachw. unten Dritter Teil Rn 257. 448 Dazu unten Dritter Teil Rn 248 ff.

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hen.449 Die Kündigungserklärung hat in Textform zu erfolgen und „klar und verständlich“ zu sein, kann also von dieser Seite keinesfalls konkludent erfolgen (vgl. Verweis in Abs. 2 S. 3). Obwohl dies direkt nur für die in § 675h BGB geregelte – ordentliche – Kündigung gilt, wird man auch aus allgemeinen Regeln, insbesondere dem Begründungsgebot, bei der außerordentlichen Kündigung de facto – und a maiore – die gleichen Standards herzuleiten haben.

F. § 675i BGB: Elektronische Geldbörse und ähnliche Kleinbetragsinstrumente I.

II.

Übersicht Sonderregime für Kleinbetragsinstrumente | 198–202 1. Kleinbetragsinstrumente, insbes. im E-Geld (Abs. 1) | 198–200 2. Lockerungen durch Sonderregime | 201, 202 a) Abdingbarkeit von Einzelregeln (Abs. 2) | 201 b) Unanwendbarkeit der Risikotragungsregeln zulasten des Zahlungsdienstleisters (Abs. 3) | 202 Insbes. GeldKarte – Elektronische Geldbörse | 203–221 1. Phänomen | 203–207 a) Entstehung und Funktion | 203, 204 b) Zahlungsablauf im Mehrpersonenverhältnis | 205–207 2. Verhältnis zwischen Kunden und Dritten („Valutaverhältnis“) | 208, 209 3. Rahmenvertrag und Autorisierung („Deckungsverhältnis“) | 210–218

Anspruch auf Chipkarte | 211 Vorschuss („Aufladen“) und diesbezüglicher Missbrauch | 212–215 c) Verfügbarkeit und Verzinsung des Vorschusses | 216, 217 d) Missbrauch der aufgeladenen Chipkarte (Diebstahl u.a.) | 218 4. Vollzugsverhältnis zwischen Händlerund Emittentenseite | 219–223 a) Weisungsgemäße Befriedigung aus Vorschuss oder Garantie | 219 b) Einwendungen | 220 c) Entgelt | 221 Annex: Kontaktloses Zahlen mit Kleinbetragsinstrumenten? | 222, 223 1. Kontaktlose Kleinbetragsinstrumente – Mechanismus und Typen von Instrumenten | 222 2. Starke Kundenauthentifizierung und Haftungsregime | 223 a) b)

III.

§ 675i Ausnahmen für Kleinbetragsinstrumente und E-Geld (1) Ein Zahlungsdienstevertrag kann die Überlassung eines Kleinbetragsinstruments an den Zahlungsdienstnutzer vorsehen. Ein Kleinbetragsinstrument ist ein Mittel, 1. mit dem nur einzelne Zahlungsvorgänge bis höchstens 30 Euro ausgelöst werden können, 2. das eine Ausgabenobergrenze von 150 Euro hat oder 3. das Geldbeträge speichert, die zu keiner Zeit 150 Euro übersteigen. In den Fällen der Nummern 2 und 3 erhöht sich die Betragsgrenze auf 200 Euro, wenn das Kleinbetragsinstrument nur für inländische Zahlungsvorgänge genutzt werden kann. (2) Im Fall des Absatzes 1 können die Parteien vereinbaren, dass 1. der Zahlungsdienstleister Änderungen der Vertragsbedingungen nicht in der in § 675g Abs. 1 vorgesehenen Form anbieten muss, 2. § 675l Absatz 1 Satz 2, § 675m Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 5 sowie Satz 2 und § 675v Absatz 5 nicht anzuwenden sind, wenn das Kleinbetragsinstrument nicht gesperrt oder eine weitere Nutzung nicht verhindert werden kann, 3. die §§ 675u, 675v Abs. 1 bis 3 und 5, die §§ 675w und 676 nicht anzuwenden sind, wenn die Nutzung des Kleinbetragsinstruments keinem Zahlungsdienstnutzer zugeordnet werden kann oder der Zahlungs-

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449 BGH (Fn 377), BGHZ 125, 343 (349–351) = NJW 1994, 1532; OLG Frankfurt (Fn 358) WM 1993, 889 (892); Metz NJW 1991, 2804 (2810); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 30; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Rn K107.

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

dienstleister aus anderen Gründen, die in dem Kleinbetragsinstrument selbst angelegt sind, nicht nachweisen kann, dass ein Zahlungsvorgang autorisiert war, 4. der Zahlungsdienstleister abweichend von § 675o Abs. 1 nicht verpflichtet ist, den Zahlungsdienstnutzer von einer Ablehnung des Zahlungsauftrags zu unterrichten, wenn die Nichtausführung aus dem Zusammenhang hervorgeht, 5. der Zahler abweichend von § 675p den Zahlungsauftrag nach dessen Übermittlung oder nachdem er dem Zahlungsempfänger seine Zustimmung zum Zahlungsauftrag erteilt hat, nicht widerrufen kann, oder 6. andere als die in § 675s bestimmten Ausführungsfristen gelten. (3) Die §§ 675u und 675v sind für E-Geld nicht anzuwenden, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht die Möglichkeit hat, das Zahlungskonto, auf dem das E-Geld gespeichert ist, oder das Kleinbetragsinstrument zu sperren. Satz 1 gilt nur für Zahlungskonten, auf denen das E-Geld gespeichert ist, oder Kleinbetragsinstrumente mit einem Wert von höchstens 200 Euro.

I. Sonderregime für Kleinbetragsinstrumente 1. Kleinbetragsinstrumente, insbes. im E-Geld (Abs. 1). § 675i Abs. 1 S. 1 BGB erlaubt es, 198 Kleinbetragsinstrumente auszugeben, die als Bargeldersatz – für kleinere Beträge – eingesetzt werden sollen. Wie vor allem bei Lastschrift, Girocard und Kreditkarte handelt es sich ersichtlich um eine auf dem allgemeinen Rahmenvertrag aufbauende, zusätzliche Abrede („kann … vorsehen“). Dem genannten Ziel dient es, dass die Zahlungsdienstleister bei Ausgabe von Kleinbetragsinstrumenten und ihrem Einsatz, um sie nicht mit kostenintensiven Schutzvorkehrungen zu umfangreich zu belasten, von der Einhaltung zahlreicher Schutzvorschriften des Zahlungsdiensterechts freigestellt werden.450 Teils werden Regeln für abdingbar (Abs. 2), teils – unter bestimmten weiteren Bedingungen – für unanwendbar erklärt, namentlich alle Regeln zur Risikotragung des Zahlungsdienstleisters bei Drittmissbrauch (Abs. 3). Für frei gestaltbar erklärt werden (Abs. 2) namentlich die Regeln zur Änderung des Rahmenvertrages, das Regime zur Prävention von Missbrauch durch Dritte, und allgemein zur Autorisierung seitens des Kunden (zu ihrer Aufzeichnung, der Beweislast und zur Risikotragung bei nicht nachweisbarer Autorisierung), zur Benachrichtigung über Nichtausführung (namentlich mangels Deckung), das Widerrufsregime und die Regeln über die Ausführungs- und damit auch Wertstellungsfristen und auch – in Abs. 2 nicht genannt – zur Informierung des Kunden. Hinzu kommen die Regeln nach Abs. 3 zu Missbrauchsrisiko und Kartensperre (zu allem näher unten 2.). Insgesamt geht dies so weit, dass Kleinbetragsinstrumente tatsächlich Bargeld funktional stark ähneln – nur dass eine elektronische Abwicklung ermöglicht wird –, dass insbesondere der Verlust nicht mehr durch Sperre „aufzuhalten“ ist, und dass es daher verständlicher sein dürfte, die Kleinbetragsinstrumente hier getrennt zu kommentieren (namentlich die GeldKarte unten Abschnitt II.) und nicht gemeinsam und nach einzelnen Ausführungsschritten getrennt mit der – ganz anders durchgestalteten – Girocard und Kreditkarte. Kleinbetragsinstrumente sind „Mittel“ – nach Art. 42 ZD-RL II (ex-Art. 34 ZD-RL I) plasti- 199 scher: „Zahlungsinstrumente“ –, die vor allem eine Betragsbegrenzung auszeichnet: Alternativ muss der Einzelauszahlungsbetrag auf bis zu 30,– € oder aber das (jeweils vorhandene, nach Nutzung neu [auf]speicherbare)451 Speicherungsmaximum auf bis zu 150,– € beschränkt werden (bei nur im Inland einsetzbaren Zahlungsinstrumenten auf bis zu 200 €). Gerade bei den Höchstbeträgen hatten die Mitgliedstaaten Ausgestaltungsräume, die das deutsche Recht in der Höhe nicht vollständig ausschöpft (vgl. Art. 63 Abs. 2 ZD-RL II, ex- Art. 53 Abs. 2 ZD-RL I). Klar ist

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450 30. Erwägungsgrund der ZD-RL; BT-Drucks. 16/11643, S. 104 f.; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 2; MünchKommBGB/Casper § 675i Rn 1. 451 Dazu dass der Höchstbetrag nicht einmalig am Anfang, sondern für den jeweiligen Stand des Guthabens gilt, vgl. MünchKommBGB/Casper § 675i Rn 6; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 6; Palandt/Sprau § 675i Rn 2.

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jedoch, dass nur eine von beiden Obergrenzen gelten muss, wie aus Art. 42 ZD-RL II zweifelsfrei hervorgeht. Der deutsche Gesetzgeber hat – um der technischen Genauigkeit willen – den zweiten Höchstbetrag seinerseits in zwei Alternativen aufgeteilt (und damit die genannte Alternativität etwas verunklärt): Ist ein (physisches) Speichermedium (etwa Chipkarte) vorhanden, das individuell den verfügbaren Betrag erfasst, gilt Nr. 3, ermöglicht das Instrument hingegen den Zugang auf einen höheren (Konto-)Bestand, jedoch nur bis zu einer (Gesamtausgaben-)Obergrenze, bevor eine neue Freigabe (mit Identifizierung), gleichsam ein neues „Aufladen“ erfolgt, so gilt Nr. 2. Dies ist vor allem bei Speicherung auf einem Server möglich. In Deutschland geht die wichtigste Ausgestaltung – bei der GeldKarte – dahin, die Karte als Speicher- oder Chipkarte zum Inlandseinsatz mit 200,– € Obergrenze auszustatten. Diese Variante wird auch ausführlicher kommentiert (unten Punkt II.). Verkompliziert wird die Regel dadurch, dass zwei Arten von Instrumenten getrennt gere200 gelt werden, die in der Praxis häufig zusammenfallen,452 und dass beide Regelungen zudem praktisch identische Höchstbeträge vorsehen: Kleinbetragsinstrumente (Abs. 1) sind häufig als E-Geld ausgestaltet, insbes. auch bei der insoweit in Deutschland zentralen GeldKarte. Dann greifen Abs. 1 (mit Abs. 2) und Abs. 3 kumulativ ein, besteht also nicht nur umfangreiche Vertrags- und Gestaltungsfreiheit (nächste Rn), sondern entfällt die Risikotragungspflicht des Zahlungsdienstleisters bei Drittmissbrauch ganz (übernächste Rn). Voraussetzung für Letzteres ist nur, dass der in Abs. 3 vorgesehene Höchstbetrag eingehalten wird, der freilich dem in Abs. 1 vorgesehenen entspricht, wenn das Kleinbetragsinstrument nur im Inland eingesetzt werden kann. Zudem muss nach Abs. 3 das Instrument ausdrücklich als solches ausgestaltet (und angeboten) sein, für das keine Sperrung möglich ist (vergleichbar freilich auch hierin Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 und 3, die die Parallelregeln zu Autorisierung und Missbrauchsrisiko enthalten). 2. Lockerungen durch Sonderregime 201

a) Abdingbarkeit von Einzelregeln (Abs. 2). Für abdingbar erklärt werden können folgende Schutzbestimmungen, die theoretisch in B2B-Instrumenten mit den Freistellungen nach § 675e Abs. 4 BGB kombiniert werden könnten: 1. Für den Rahmenvertrag kann vom strikten Änderungsregime abgewichen werden (Nr. 1). Dass § 675g Abs. 1 BGB nicht gilt, ist dahin zu verstehen, dass andere Änderungsverfahren vorgesehen werden können, insbesondere ohne Textform, dass freilich durchaus Zustimmung notwendig bleibt (keine einseitige Abänderung) und dass dann die Vorgaben für eine Zustimmung durch Schweigen (§ 675g Abs. 2 BGB) durchaus gelten.453 2. Die Missbrauchspräventionsregeln der §§ 675l Abs. 1 Satz 2 und 675m Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 5 und Satz 2 BGB – Sperrmöglichkeit und fehlende Wirkung jeder nach Sperrung erfolgten Verfügung zulasten des Karteninhabers – können abbedungen werden (Nr. 2), wenn eine Sperrung oder sonstige Verhinderung der weiteren Nutzung (nach Entwendung etc.) nicht möglich ist. Solch eine kostengünstige Gestaltung – ohne Sperrungsmöglichkeit – kann also angeboten werden. Entsprechend kann dann auch die Regel abbedungen werden, dass nach Sperranzeige des Kunden (oder wenn eine Sperrmöglichkeit nicht bereit gestellt wurde) der Zahlungsdienstleister das volle Risiko trägt (§ 675v Abs. 5 BGB). Das ergibt Sinn insbes. im Zusammenhang damit, dass in diesem Fall ohnehin die Risikotragungsregeln zulasten des Kartenemittenten nach §§ 675u, 675v BGB regelmäßig nach § 675i Abs. 3 BGB schon gar nicht zur Anwendung kommen. Mit anderen Worten: Solch ein Zahlungsinstru-

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452 Zum Zusammenspiel beider Normbestandteile auch Langenbucher/Bliesener/Spindler/Borges 8. Kapitel § 675c Rn 5–7. 453 Dazu näher Staudinger/Omlor § 675i Rn 7; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 11; MünchKommBGB/Casper § 675i Rn 18.

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ment wirkt im Kernpunkt tatsächlich wie Bargeld, denn die Valuta kann nach Verlust des Zahlungsinstruments nicht durch Sperre „gerettet“ werden.454 Umgekehrt erspart dies die Kosten der entsprechenden technischen Vorkehrungen. Durch Vereinbarung können zudem alle weiteren (Risikotragungs-, Beweis-, und Aufzeichnungs-)Regeln zu unautorisierten Zahlungen (§§ 675u, 675v [sonstige Absätze], 675w und 676 BGB) modifiziert oder abbedungen werden (Nr. 3), wenn das Kleinbetragsinstrument so ausgestaltet ist, dass der Autorisierungsvorgang nicht mehr nachweisbar ist – was demnach (wieder aus Kostenersparnisgründen) bei Kleinbetragsinstrumenten auch für zulässig erklärt wird, sonst demgegenüber nicht (vgl. insbesondere Aufzeichnungsregeln nach § 676 BGB).455 Zahler und Zahlungsdienstleister können eine Unterrichtung darüber ausschließen, dass ein Zahlungsvorgang nicht ausgeführt werden kann, insbes. mangels Deckung (§ 675o Abs. 1 BGB) (Nr. 4), dies weil – und unter der Bedingung dass – dies ohnehin offenbar wird. Bei Zahlung an Händlerkassen ist dies stets der Fall, bei Bestellungen im Fernabsatz, insbesondere elektronisch, muss diese Aufklärung verbürgt werden.456 Vereinbart werden kann auch, dass eine Autorisierung sofort mit ihrem Wirksamwerden oder bereits die Erteilung der Einzugsermächtigung an den Zahlungsempfänger unwiderruflich wird (Nr. 5), nicht erst zu den in § 675p Abs. 2 und 3 BGB genannten Zeitpunkten. Das macht Routinen zur Entgegennahme und Verarbeitung von Widerrufen im (ohnehin kurzen) Zeitfenster zwischen Autorisierung und Ausführung überflüssig; im Normalfall – etwa bei Zahlung an Händlerkassen – würden beide ohnehin zusammenfallen. Auch die Ausführungsfristen (§ 675s BGB) und – soweit davon abhängend – indirekt auch die Wertstellungstermine (§ 675t BGB) dürfen abweichend geregelt werden (Nr. 6). Hinzu kommen Abweichensmöglichkeiten bei den verpflichtenden Informationsgegenständen nach Art. 248 § 11 EGBGB: Die vorvertraglichen Informationspflichten bzw. diejenigen vor Ausführung werden ex lege enger umrissen (Ausnahmen) (Abs. 1), und auch für die Informationen nach Ausführung werden immerhin Abweichensmöglichkeiten kraft Abrede eröffnet (Abs. 2).

b) Unanwendbarkeit der Risikotragungsregeln zulasten des Zahlungsdienstleisters 202 (Abs. 3). Nicht nur für gestaltbar, sondern für unanwendbar werden die Regeln über die Risikotragung bei Abhandenkommen und Missbrauch des Zahlungsinstruments erklärt, die das Risiko weitgehend dem Zahlungsdienstleister auferlegen: Nicht mehr er trägt das Risiko unautorisierter Verfügungen, sondern der Kunde (§ 675u BGB); daher sind auch Regeln, nach denen der Kunde ausnahmsweise dieses Risiko trägt (§ 675v Abs. 1 bis 4 BGB), überflüssig, ebenso wie Regeln über die Sperre und ihre Wirkungen (§ 675v Abs. 5 BGB). Für diese weitgehende Modifikation des Risikotragungsregimes bestehen freilich zwei weitere Bedingungen: Die erste geht dahin, dass das Instrument – oder allgemeiner jegliches E-Geld – so ausgestaltet sein muss, dass eine Sperrung durch den Zahlungsdienstleister – entgegen § 675k Abs. 2 BGB – nicht vorgesehen ist. Unter dem Zahlungsdiensteregime wird diese Sperrungsmöglichkeit als eine mögliche Vereinbarung vorgesehen. Recht eigentlich bildet sie ein zentrales Schutzinstrument gleichermaßen für Zahler und seinen Zahlungsdienstleister gegen Missbrauch durch Dritte.457 Dennoch wird sie nicht – zugunsten des Zahlers – für verpflichtend erklärt. Die zweite Bedingung geht dahin, dass

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454 Dazu näher Staudinger/Omlor § 675i Rn 8; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 12. 455 Dazu näher Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 13; Staudinger/Omlor § 675i Rn 8 f.; vgl. jedoch auch Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 223 ff., der davon ausgeht, der Verweis in Art. 63 ZD-RL II falle zu weitreichend aus, denn bei Instrumenten, bei denen eine Autorisierung nicht nachweisbar ist – wie etwa die NFC-Kreditkarten – könnte die Norm des § 675v Abs. 5 BGB abbedungen werden – und dies sei angesichts der Möglichkeit des Zahlungsdienstleisters, die Karte zu sperren, unbillig. 456 Dazu näher Staudinger/Omlor § 675i Rn 10; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 14. 457 Vgl. näher unten Dritter Teil Rn 261.

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es sich um ein Kleinbetragsinstrument (mit Beschränkung auf einen Höchstbetrag von 200,– €) in der Form von E-Geld handeln muss, also um einen Anspruch (idR aus abstraktem Zahlungsversprechen) gegen das Kreditinstitut (Buchung), dessen Buchung ebenso wie Verwendung ausschließlich elektronisch erfolgt.458 Erfolgen nicht alle Vorgänge elektronisch (und ohne Authentifizierungsmechanismus), so ist potentiell ein Eingreifen zur Missbrauchsprävention denkbar und greift daher allein Abs. 2. II. Insbes. GeldKarte – Elektronische Geldbörse 1. Phänomen a) Entstehung und Funktion. Das bedeutendste spezifisch mit dieser Zielrichtung ausgestaltete Kleinbetragsinstrument im deutschen Rechtsverkehr ist die sog. GeldKarte (elektronische Geldbörse) (Abschn. A. III Nr. 2 der Girocard-Bedingungen)459 – obwohl beim kontaktlosen Zahlen inzwischen parallele Gestaltungsformen gefunden werden können (häufig jedoch nicht gewählt werden, vgl. unten Rn 222 f.). Die elektronische Geldbörse wurde unter dem Logo „GeldKarte“ eingeführt, weil im Bereich der Kleinstbeträge POS und POZ nicht angenommen wurden: einerseits weil die Händlerseite die Kosten für die online-Verbindung, die für die Autorisierung beim POS und – bis 31.12.2006 – für die Sperrabfrage beim POZ (ab 30,68 €) notwendig ist bzw. war, bei solchen Beträgen nicht tragen wollte, andererseits weil auch die Kreditinstitutsseite den Buchungsaufwand für jede Transaktion gesondert für exzessiv hielt. Beide Kostenfaktoren wurden durch das GeldKarte-System eliminiert. Dennoch ist der 204 wirtschaftliche Erfolg des Instruments begrenzt geblieben. Eingesetzt wurde die Chiptechnik, weil sie weniger manipulationsgefährdet ist als eine Speicherung auf dem Magnetstreifen:460 Auf die Karte wird ein Mikroprozessor (Chip) aufgebracht, in dem der notwendige Datensatz gespeichert wird. Hierfür werden kontogebundene Karten – Girocards und solche, die allein Geldbörsefunktion haben – sowie kontoungebundene verwandt.461 Die Karte selbst ist nicht Wertpapier,462 wenn auch teils auf sie wertpapierrechtliche Regeln analog angewandt werden können. Als Zahlungskarte (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 lit. b ZAG), auf der zudem E-Geld gespeichert ist (§ 675c Abs. 2 BGB) bildet die GeldKarte (doppelt) einen Zahlungsdienst und unterfällt sie dem Zahlungsdiensterecht (mit der Maßgabe des § 675i BGB).463 203

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b) Zahlungsablauf im Mehrpersonenverhältnis. Gespeichert wird zunächst der Betrag (bis 200,– €, vgl. § 675i Abs. 1 BGB), den der Kunde in einem ersten Schritt aufladen muss, wobei das kartenemittierende Institut denselben Betrag einem (Geld-)Börsenverrechnungskonto gutschreibt, aus dem dann die vom Kunden entladenen (gezahlten) Beträge zugunsten des Zahlungsempfängers abgebucht werden. Der Aufladevorgang, der typischerweise nicht Kleinstbeträge zum Gegenstand hat, folgt noch ganz den Mechanismen von GA, POS oder Bargeldein-

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458 Zum Begriff vgl. oben Dritter Teil Rn 199. 459 Zu den weiteren einschlägigen Regelwerken oben Dritter Teil Rn 87; zum GeldKarte-System insgesamt Hofmann GeldKarte. 460 Kümpel WM 1997, 1037 (1037). Zur Sicherheit des Systems, dessen Anforderungen in Nr. 2, 4 und im Anh. zu Anlage 3 des Interbankenabkommens festgelegt sind: Werner BuB Rn 6/1707 f.; auch Krauße/Knecht/Krebs/Steidele Verfahrensbeschreibung zum Geldkarte-System, 1998, S. 28 f.; Szameitat GeldKarte – und mehr: System, Nutzen und Markt, 1996, S. 5–10. Zur Beurteilung damals im Ausland (Auszeichnung als effizienteste Chipkartenentwicklung des Jahres 1997 weltweit durch die American Smart Card Industry Association) Rodewald WM 1997, 1520. 461 Kümpel WM 1997, 1037 (1037); Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1036). 462 Hofmann GeldKarte, S. 132–146; Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1036 f.); Wand Bankrechtstag 1998, 97 (112–114); aA Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht, S. 67 (96 f.) (§ 808 BGB); Schinkels WM 2005, 450 (454). 463 Gebauer/Wiedmann/Schinkels, Kapitel 16 Rn 29, Palandt/Sprau § 675i Rn 2; MünchKommBGB/Casper § 675i Rn 17 ff.; Staudinger/Omlor § 675i Rn 14.

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zahlung, also auch unter entsprechenden Sicherungsvorkehrungen (PIN).464 Vorschuss nehmen kann das Institut im System der GeldKarte trotz verschärfter Wertstellungsregeln auch noch seit dem 1.11.2009, weil es nicht den Regeln über die sofortige Ausführung unterliegt (Art. 63 Abs. 1 lit. e ZD-RL II, Art. 53 Abs. 1 lit. e ZD-RL I und § 675i Abs. 2 Nr. 6 BGB). Anders ist dies beim Entladevorgang an der Händlerkasse:465 Die Übertragung der Wertein- 206 heiten folgt von Kundenchip zu Händlerchip in einem Händlerterminal ohne PIN-Eingabe und Autorisierung, allein durch Hingabe der Chipkarte und Bestätigung (allein) des Preises. Dieser offline vorgenommene Vorgang setzt die größere Manipulationsfestigkeit des Chips voraus. Die im Laufe eines Tages vereinnahmten Beträge werden insgesamt auf dem Händlerchip gespeichert und aggregiert, als Tagessumme weiterbearbeitet: Dies erfolgt bei einer Evidenzzentrale sowohl auf der Seite der Händler (Händlerevidenzzentrale) als auch auf der Seite der kartenemittierenden Institute (Kartenevidenzzentrale), die ihre Daten jeweils an ihre (je eine) Verrechnungsbank weitergeben. Zwischen diesen beiden Verrechnungsbanken (mit Verrechnungskonten für alle Händler- bzw. alle Kundenbanken) werden die aggregierten Beträge je Händler- oder je Kundenbank abgewickelt, genauer: vom Verrechnungskonto der jeweiligen Kundenbanken im Lastschriftverfahren eingezogen. Glattgestellt werden diese Verrechnungskonten, indem auf der Grundlage einer DTA-Datei je einzelne Händler- bzw. je einzelne Kundenbank die Summen im Wege der Gutoder Lastschrift weitergegeben werden. Es wird also etwa das (mit den Vorschüssen nach § 669 BGB gespeiste) Börsenverrechnungskonto jeder Kundenbank entsprechend zugunsten des Verrechnungskontos dieser Bank bei der (Karten-)Verrechnungsbank belastet. Der Datenfluss wird insgesamt dadurch angestoßen, dass die Einzelumsätze der Händler- 207 evidenzzentrale übermittelt werden, die sie der Kartenevidenzzentrale aggregiert und in den Einzelsummen übermittelt. Beide Evidenzzentralen haben Prüfaufgaben für ihre Seite. Für die Kartenevidenzzentrale ist jede einzelne Karte durch eine Kennung individualisiert, die wiederum nur durch die Kundenbank selbst einem konkreten Kunden zugeordnet werden kann. Zu Prüfungszwecken hält die Kartenevidenzzentrale für jede (durch Kennung individualisierte) Karte den Saldo (unverbrauchten Restbetrag) vor (sog. Schattensaldo), nicht die Einzelumsätze. Letzteres dient der Senkung der Systemkosten. 2. Verhältnis zwischen Kunden und Dritten („Valutaverhältnis“). Das Verhältnis des 208 Kunden zum Dritten ist teils in den Girocard-Bedingungen beschrieben, teils wirken die Händlerbedingungen ein. Wie bei Kreditkarte und POS hat der Kunde einen Anspruch auf Zulassung zur Zahlung mit der GeldKarte.466 Der Händler darf gerade bei der für Kleinbeträge konzipierten GeldKarte keinen Mindestbetrag festsetzen. Die Zahlung im Valutaverhältnis erfolgt durch Entladen der Käuferkarte und kongruentes Aufladen der Händlerkarte, ohne PIN-Eingabe (Abschn. III Nr. 2.4 der Girocard-Bedingungen). Rechtskonstruktiv wird die Transaktion überwiegend als Weisung im Rahmen des Ge- 209 schäftsbesorgungsverhältnisses qualifiziert, den Vorschuss zur Befriedigung des Händlers zu verwenden – nicht als Forderungsabtretung und nicht als Wertpapierverfügung.467 Im Vollzugsverhältnis geht die Weisung dem kartenemittierenden Institut bzw. seinen Empfangsboten

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464 Zu den zwei Aufladetechniken, zum Höchstbetrag und zum Börsenverrechnungskonto näher und mit rechtlicher Wertung unten Dritter Teil Rn 211 f.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Borges 8. Kapitel § 675f Rn 15–19b. 465 Näher dazu: Wand Bankrechtstag 1998, 97 (100 und 102–105); Borges (vorige Fn). 466 Für die GeldKarte und den drittschützenden Charakter der Barzahlungsklausel bisher (vgl. heute § 270a BGB): Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1037); Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (121); Werner BuB Rn 6/1729. Näher oben Dritter Teil Rn 159 f. 467 Wand Bankrechtstag 1998, 97, 111 f. (113 f.): Es bestehe keine Forderung gegen das Institut, weil Inhaber und Berechtigter des Börsenverrechnungskontos das Institut, nicht der (Kreis der) Chipkarten-Kunde(n) sei; auch werde nicht über die Urkunde, die schon nicht als Wertpapier zu qualifizieren sei, sondern nur über Beträge verfügt.

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zu.468 Im Ergebnis entscheidend ist, dass die Transaktion für den Kunden bereits mit Abschluss des Ent- und Aufladevorgangs am Händlerterminal unwiderruflich wird wie die Bargeldzahlung.469 Wie beim POS ist – aus den genannten Gründen und angesichts noch besserer Händlerabsicherung – von Leistung an Erfüllung Statt auszugehen.470 210

3. Rahmenvertrag und Autorisierung („Deckungsverhältnis“). Dem Bank-KundenVerhältnis liegt ein Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde. 471 Näher ausgestaltet ist er in Abschn. III Nr. 2 der Girocard-Bedingungen. Hier werden auch Aufklärungspflichten erfüllt.

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a) Anspruch auf Chipkarte. Einen Anspruch auf Bereitstellung einer GeldKarte begründen zwar nicht die Bedingungen, wohl aber der Girovertrag, wenn das Institut diesen Service überhaupt anbietet und der Kunde die Bereitstellungsgebühr leistet 472 – anders als bei der Girocard, da für das Kreditinstitut ohne Risiko: Das kartenemittierende Institut übernimmt ein solches nicht einmal in Höhe des Maximalladebetrags von 200,– €, sondern leistet nur aus dem Vorschuss (§ 669 BGB), während andere Risiken allenfalls systembedingt sind. Die Interessenabwägung auf der Grundlage des Girovertrages kann daher in der Frage, ob die Chipkarte bereitzustellen ist, nur zugunsten des Kunden ausfallen.

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b) Vorschuss („Aufladen“) und diesbezüglicher Missbrauch. Vor Einsatz der Chipkarte verschafft sich das kartenemittierende Institut Vorschuss (§ 669 BGB), diese Gestaltung blieb auch seit dem 1.11.2009 zulässig (Dritter Teil Rn 400): Der Kunde hat die Chipkarte aufzuladen, wozu er zwischen drei Formen wählt (Abschn. III Nr. 2.2 der Girocard-Bedingungen): indem er entweder Bargeld hingibt oder seine Karte gegen das eigene Girokonto auflädt (Normalfall) oder auch – im Zusammenwirken mit dieser – gegen das Girokonto einer anderen Karte. Alle Ladevorgänge sind an speziellen Ladegeräten möglich. Die beiden letzten Vorgänge setzen den Einsatz der PIN der verfügenden Karte voraus und sind auch an dafür ausgerüsteten Geldausgabeautomaten möglich und zwar auch solchen anderer Institute. Wird gegen das Girokonto einer anderen Karte aufgeladen, so ist deren Einsatz (mit PIN) nötig, um die Abbuchungsweisung zu geben; für den korrespondierenden Buchungsvorgang auf einem Börsenverrechnungskonto ist dann, auf entsprechende Aufforderung hin, die andere Karte einzugeben, für die die Gutschrift vorgenommen wird. 213 Sie bilden also eine Transaktion, die derjenigen der Geldautomatenauszahlung entspricht, wobei an die Stelle der Auszahlung das Aufladen des Chip und die gleichzeitige Gutschrift auf dem Börsenverrechnungskonto tritt (dazu sogleich). Auch das Aufladen der eigenen oder einer fremden Karte ist daher irreversibel. Fehler im Rechtsverhältnis zwischen kartenemittierendem Institut und seinem Kartenkunden können nur bereicherungsrechtlich abgewickelt werden, vor Einsatz der Karte auch etwa, indem das Institut entsprechendes Entladen der Karte fordert. Die Haftung bei Missbrauch, d.h. Aufladen durch einen Dritten auf seine Karte,

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468 Im Einzelnen zu dieser (wohl nur akademischen) Frage: Gößmann in Horn/Schimanksy (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (101); Kümpel WM 1997, 1037 (1039). 469 Zulässig nach § 675i Abs. 2 Nr. 5 BGB; ebenso (schon bisher) Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (101 f.); Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1038). Wertungsgrundlage hierfür ist, dass auch eine Vollmacht an den Händler, die Weisung auszusprechen, unwiderruflich erteilt werden könnte (§ 168 S. 2 HS 2 BGB). Unwiderruflich ist die Weisung bei der GeldKarte sogar im Falle liquide beweisbarer Mängel im Valutaverhältnis; vgl. sogleich Dritter Teil Rn 221. 470 Vgl. unten Dritter Teil Rn 353; Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (122 f.); aA Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 7; Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1037); Werner BuB Rn 6/1729 (Leistung erfüllungshalber). Der Händler kennt weder Name noch Anschrift des Kunden. Es bestehen auf Grund der aggregierten Abrechnung auch keine Vorrichtungen im System, diese Informationen an den Händler weiterzugeben. 471 Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht, S. 67 (93–95); Kümpel WM 1997, 1037 (1038); Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1037). 472 Ebenso Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (93–95).

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folgt exakt denselben Grundsätzen wie die Haftung bei missbräuchlicher GA durch Dritte (dazu Dritter Teil Rn 424–445). Daher sind beide Fälle in den Haftungsvorgaben der GirocardBedingungen gemeinsam geregelt (siehe etwa Abschn. III Nr. 14.1, 14.2 Abs. 1, 15.1 Abs. 1, 15.2). Der Vorschuss wird entweder in bar entgegengenommen oder dem Girokonto sofort be- 214 lastet (Abschn. III Nr. 2.3 der Girocard-Bedingungen).473 Der Betrag wird auf einem Börsenverrechnungskonto gutgeschrieben. Hierbei handelt es sich um ein Konto des kartenemittierenden Instituts, kein Treuhandkonto, an dem anteilig Rechte der Chipkarten-Inhaber bestünden, wohl aber ein Konto, das die Einlagensicherungsfonds der Institute absichern.474 Aufgeladen werden kann die Karte – schon nach früherer Praxis, heute gesetzlich vorgegeben 215 (§ 675i BGB) – nur bis zu 200,– €. Die Klausel ist als Leistungsbeschreibung gänzlich kontrollfrei (§ 307 Abs. 3 BGB), jedenfalls jedoch nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB.475 Denn bei der Standardisierungsnotwendigkeit ist auf die Kundeninteressen als Gesamtheit abzustellen, und die Kreditinstitute schützen insbesondere gefährdetere Kunden vor Missbrauchsgefahren, die sie nicht sicher handhaben können. Dieser Gesichtspunkt ist allgemein für die Ausgestaltung der GeldKarte, auch soweit ihr zugrunde liegende Abreden der AGB-Kontrolle unterliegen, zentral. c) Verfügbarkeit und Verzinsung des Vorschusses. Über den Betrag kann der Kunde nur 216 durch sukzessives Entladen beim Zahlen verfügen, ansonsten gemäß Abschn. III Nr. 2.2 der Girocard-Bedingungen nur durch Entladen des verbliebenen Gesamtbetrages. Bei Funktionsunfähigkeit erhält er ebenfalls den verbliebenen Gesamtbetrag erstattet. Die Klausel ist wirksam.476 Versteht man sie dahin, dass das Kreditwesen die GeldKarte im Bank-Kunden-Verhältnis nicht als Kontokorrent ausgestalten wollte,477 so ist die Klausel sogar nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei (Wiedergabe dispositiven Rechts). Der auf das Börsenverrechnungskonto gebuchte Vorschuss wird nicht (anteilig) verzinst. 217 Dies dürfte für den Kunden auch transparent sein (Abschn. III Nr. 2.3 der Girocard-Bedingungen). Die Kreditinstitute verstehen diese Guthaben auch nicht als Treuhandguthaben, mit denen sie nicht „arbeiten“ dürften. Erträge aus Vorschüssen i.S.v. § 669 BGB wären freilich nach dispositivem Recht den Auftraggebern herauszugeben.478 Dass dies nach Abschn. III Nr. 2.3 der Girocard-Bedingungen ausgeschlossen ist, ist jedoch nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB. Der Rationalisierungseffekt, der erzielt wird, indem auf eine anteilige Aufschlüsselung von Zinsvorteilen für die relativ kleinen Beträge verzichtet wird, wird (teils) an die Kunden weiter gereicht, indem und soweit ihnen der Aufwand für die Bereitstellung der Technik nicht anteilig berechnet wird. d) Missbrauch der aufgeladenen Chipkarte (Diebstahl u.a.). Nach Abschn. III Nr. 2.5 der 218 Girocard-Bedingungen (a.F.) trug der Kunde das Risiko des Abhandenkommens der Chipkarte. Es existierte – und existiert auch heute – keine Sperrmöglichkeit bei Verlust. Das ist der

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473 Die Klausel ist nach § 307 Abs. 3 BGB i.V.m. § 669 BGB wirksam: Kümpel WM 1997, 1037 (1038); Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1039); Werner BuB Rn 6/1749. 474 Wand Bankrechtstag 1998, 97 (131–133). Zu weiteren Rechten des Chipkarten-Kunden gegen dieses Konto oben Dritter Teil Rn 204 f. 475 Schon vor 2009 wurde einhellig von Wirksamkeit ausgegangen: Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1038); Werner BuB Rn 6/1699, 6/1744. 476 Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1038). 477 BGH Urt. v. 11.11.1977 – V ZR 235/74, WM 1978, 192 (193); Palandt/Grüneberg § 266 Rn 11 wenden § 266 BGB (wortlautgetreu) nicht zugunsten des Schuldners an. Als Bsp. wird jedoch nur die Klage auf Teilleistung genannt, angesichts des Prozesskostenrisikos plausibel. Da § 266 BGB Belästigung vorbeugen soll, ist er jedoch außerprozessual und vor allem vorliegend auch zugunsten des Schuldners anzuwenden. So im Grundsatz MünchKommBGB/Krüger § 266 Rn 8, 14, 22. 478 Jedenfalls keine längere zinslose Überlassung gestatten MünchKommBGB/Schäfer § 667 Rn 11, 19, § 669 Rn 8 (siehe noch konkreter bisher MünchKommBGB/Seiler [6. Aufl.] § 669 Rn 5); Palandt/Sprau § 667 Rn 2, 6 mit § 669 Rn 1.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nachteil einer Ausgestaltung der Entladung (Zahlung) als off-line Transaktion. Anderes kann heute freilich vereinbart werden (vgl. Abschnitt C unter 5. Girocard-Bedingungen). Die Risikoüberwälzungsklausel wurde bisher für wirksam gehalten, da die Rechtslage die gleiche sei wie bei Bargeldabhebung. Dies und die betragsmäßige Begrenzung des Risikos gestatteten es, für diesen Spezialfall eine Risikoverteilung nach Sphären vorzunehmen.479 Dem konnte nicht entgegengehalten werden, das Kreditwesen hätte eine Form schaffen müssen, die mehr Sicherheit bietet als das Mitführen von Bargeld. Denn eine sicherere Form (on-line) ließ sich bei den Händlern nicht durchsetzen und wäre (angesichts des geringen Missbrauchsvolumens) auch gesamtwirtschaftlich suboptimal – was auf Grund des geringen, nicht existenzgefährdenden Gefahrenpotenzials auch für die Interessenabwägung den Ausschlag geben muss. Zudem ist auch dogmatisch zwischen dem Karteneinsatz bei GA/POS und demjenigen als elektronischer Geldbörse zu differenzieren: Bei Verfügung über abhanden gekommene Wertpapiere trägt der Berechtigte, anders als nach h.M. bei Nutzung abhanden gekommener Vollmachtsurkunden, deswegen das Risiko, weil er keine unbegrenzte Verpflichtung zu gewärtigen hat, sondern nur den Verlust eines betragsmäßig begrenzten und zudem bereits erwirtschafteten Vermögenswerts. Mit der GeldKarte kann der Dieb also mit Liberationswirkung für das kartenemittierende Institut (§§ 669, 670 BGB) verfügen. Nr. 2.5 gab daher nur dispositives Recht wieder.480 Heute wird die Wertung in § 675i Abs. 3 BGB übernommen: Ist eine Sperrung nicht möglich (was nach Abschnitt C Nr. 5. Girocard-Bedingungen jedes Institut individuell entscheidet), so ergibt sich ex lege eine Risikoüberwälzung auf den Kunden.481 Unwirksam war umgekehrt die Klausel freilich in den Fällen, in denen die Karte abhanden kam, die Gültigkeit abgelaufen war und kein Dritter über den Betrag verfügte.482 Entsprechend ist auch § 675i Abs. 3 BGB – ebenso wie Art. 63 ZD-RL II als die Europische Vorgabe – teleologisch zu reduzieren. Denn wertungsmäßig ist hier die Parallele zum Bargeld aufgegeben, der Kartenemittent hat den Gegenwert noch immer in „Händen“. 4. Vollzugsverhältnis zwischen Händler- und Emittentenseite 219

a) Weisungsgemäße Befriedigung aus Vorschuss oder Garantie. Das kartenemittierende Institut wird angewiesen, aus dem erlangten Vorschuss den Händler zu befriedigen. Diese Weisung im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsverhältnisses entfaltet, da der Schutz so gut wie bei Bargeldzahlung sein soll, Drittschutzwirkung zugunsten des Händlers (§ 328 BGB). Nur für die Fälle, in denen das Kreditinstitut tatsächlich keinen Vorschuss erlangte, etwa bei Manipulation der Kundenkarte, geht es eine eigenständige Zahlungsverpflichtung dem Händler gegenüber ein (Nr. 4 Händlerbedingungen für die Teilnahme am System „GeldKarte“).483 Diese ist als Garantie

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479 Im Einzelnen: Kümpel WM 1997, 1037 (1041 f.); Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1039); Werner BuB Rn 6/1751. Zur (sonst abzulehnenden) Risikoverteilung nach Sphären unten Dritter Teil Rn 239 f., 255; vgl. auch den Verweis auf Art. 6 der Empfehlung 1997 in: Wand Bankrechtstag 1998, 97 (125 f.); sogar kontrollfrei nach § 307 Abs. 3 BGB nach Meinung von MünchKommBGB/Casper § 676 h a.F. Rn 37. Die von § 675 v Abs. 1 BGB a.F. angeordnete Zufallshaftung bis 150,– €, die zwar inzwischen leicht verwässert wurde (Art. 74 Abs. 1 ZD-RL II, vgl. unten Rn 435), stärkt seit dem 1.11.2009 diese Meinung zusätzlich. 480 Zweifel konnten sich allenfalls aus § 676h BGB a.F. ergeben, den der Gesetzgeber offenbar auch auf die GeldKarte angewandt wissen wollte BT-Drucks. 14/2658, S. 19; vgl. auch Baumbach/Hopt (34. Aufl.) (7) Rn F/13; Palandt/Sprau § 676h a.F. Rn 10 (68. Aufl.); aA MünchKommBGB/Casper § 676h a.F. Rn 37 (5. Aufl.); Schinkels WM 2005, 450 (455). 481 Ebenso heute BT-Drucks. 16/11643, S. 105; Palandt/Sprau § 675i Rn 6; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Schindele § 675i BGB Rn 17 f.; MünchKommBGB/Casper § 675i Rn 14 f. 482 Hofmann GeldKarte S. 55–62; für eine verbraucherfreundlichere Regelung auch Langenbucher/Gößmann/ Werner/Neumann Zahlungsverkehr, § 6 Rn 45. 483 Zur rechtskonstruktiven Begründung des Vertragsabschlusses in dieser Frage: Gößmann in Horn/Schimansky (Hrsg.) Bankrecht 1998, S. 67 (116–118); Kümpel WM 1997, 1037 (1040 f.); Werner BuB Rn 6/1731 (Nr. 4 nicht nur in Missbrauchsfällen anwendend).

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2. Abschnitt – Organisationsrahmen der Parteien

zu qualifizieren – entsprechend dem Wortlaut in der Nr. 4 der Bedingungen und weil sie, anders als beim POS, nur im Ausnahmefall in Anspruch genommen werden soll.484 b) Einwendungen. Wie bei POS und Kreditkartenzahlung (i.E. weitergehend) ist der An- 220 spruch des Händlers immun gegenüber Einwendungen. Wiederum greifen Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis nicht durch. Und wiederum ist der Anspruch abstrakt, so dass Mängel im Valutaverhältnis irrelevant sind. Anders als bei POS, Kreditkarte und etwa Dokumentenakkreditiv muss es dem Kunden sogar verwehrt sein, bei liquide beweisbaren Mängeln im Valutaverhältnis den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu erheben. Insbesondere ist das kartenemittierende Institut dem Kunden gegenüber nicht verpflichtet, diesen Einwand im Verhältnis zum Händler zu erheben. Dies ergibt sich aus der Gestaltung des Gesamtsystems: Es werden nicht einzelne, sondern nur aggregierte Forderungen abgewickelt. Angesichts der geringen Höhe der Beträge durfte Rationalisierungseffekten im Gesamtsystem der Vorrang eingeräumt und der Kunde uneingeschränkt auf die Rückforderung im Valutaverhältnis verwiesen werden. Ebenfalls nicht tragfähig ist (abgesehen von Fällen der Bösgläubigkeit) der Einwand der Entwendung der Karte (in Anlehnung an § 935 BGB) und regelmäßig (§ 110 BGB) auch der Minderjährigkeit des Kunden – wiederum in Übertragung paralleler wertpapierrechtlicher Wertungen. c) Entgelt. Die Geldkarte unterfällt als Guthabenkarte ebenfalls der MIF-VO, sodass seit 221 dem 9.12.2015 der Händler dem kartenemittierenden Institut nur noch 0,2% statt den zuvor (nach den früheren Händlerbedingungen für die Teilnahme am System „Geldkarte“) vorgeschriebenen 0,3% des Transaktionsvolumens als Entgelt schuldet.485 III. Annex: Kontaktloses Zahlen mit Kleinbetragsinstrumenten? 1. Kontaktlose Kleinbetragsinstrumente – Mechanismus und Typen von Instrumen- 222 ten. Von den Sonderregelungen machen die zuletzt sehr populär gewordenen Kontaktloszahlungen mit Zahlungskarte oder Smartphone interessanterweise noch keine Anwendung.486 Das Phänomen der kontaktlosen Zahlungen beruht seltener auf der QR(„QuickResponse")-CodeTechnologie, deutlich verbreiteter auf der NFC-Technologie. Letztere hat sich im mobilen Zahlungsmarkt weitgehend durchgesetzt. Die NFC-Technologie ermöglicht eine Nahbereichskommunikation – P2P Mode – zwischen zwei mit einer NFC-Antenne ausgestatteten Geräten. Die Zahlungsdaten können zum einem auf einem NFC-Chip sicher gespeichert werden, der mittlerweile auf den meisten Zahlungskarten verbaut ist, aber gleichfalls auch als Sticker an anderen Geräten angebracht werden kann. Zum anderen können Zahlungsdaten auf einem besonders geschützten Speicherelement der SIM-Karte, dem sog. Secure Element, abgelegt werden und dann mittels Smartphone Verwendung finden. Unabhängig vom Speicherort der Kartendaten erfolgt die Übermittlung stets über eine NFC-Antenne – das Verfahren heißt bei Mastercard „Paypass“ und bei Visa „payWave“ – an das Kartenlesegerät. Dieses erhält somit dieselben Daten wie bei einer gewöhnlichen Kartenzahlung – in der Regel handelt es sich auch bei Kreditkar-

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484 Kümpel WM 1997, 1037 (1040); Werner BuB Rn 6/1731; aA Pfeiffer NJW 1997, 1036 (1038). Zur abweichenden Qualifikation, die die h.M. beim POS und der institutsfremden GA vornimmt, unten Dritter Teil Rn 353. 485 Wettbewerbsrechtlich wurde selbst die einheitliche Festsetzung auf 0,3% – auch vom Bundeskartellamt – bisher mangels Spürbarkeit nicht als bedenklich eingestuft. Für Girocards (damals ec-/maestro-Karten) generell: BankR-HdB/Bunte § 140 Rn 80 f.; ausführlich für die GeldKarte (vergleichbare Vorgängerregelung): Hofmann GeldKarte S. 117–137; vgl. zudem die Freistellung von geldwäscherechtlichen Identifizierungspflichten und von entsprechenden Datenspeicherungspflichten zur GeldKarte durch die BaFin mit Bescheid vom 14.4.2014, GZ: GW 3-K 5004-100982-2012/0001. 486 Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 299 – vgl. dort S. 299 ff. näher auch zum Folgenden (Rn 222 f.).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

ten nur noch um Token, damit auch der Händler nicht in den Besitz der sensiblen Zahlungsdaten kommt.487 Diese Daten werden – wie üblich – an den Acquirer weitergeleitet, der sodann nach erfolgreicher Prüfung der Zahlungsvoraussetzungen die Transaktion freigibt. Ist der Zahlungsbetrag höher als die vereinbarte Betragsgrenze, die meist bei 25 oder 50 Euro liegt,488 bedarf es der Eingabe der PIN am Kartenlesegerät. Die QR-Code Technologie wird aktuell nur zur Erstellung von elektronischen SEPA-Lastschriftmandaten eingesetzt und nimmt so eine dem online durchgeführten Lastschriftverfahren vergleichbare Funktion ein.489 Der Kunde scannt mit einer speziellen App, bei der die Kontodaten hinterlegt sind, einen QR-Code – es handelt sich hierbei um einen zweidimensionalen Code, der binäre Finanzdaten enthält – und erteilt durch seine Zustimmung in der App ein SEPA-Lastschriftmandat zugunsten des Händlers. Es liegt zwar – von außen betrachtet – eine kontaktlose Zahlung vor. Diese kann jedoch als Lastschriftverfahren weder dem Bereich der Kleinbetragszahlungsinstrumente noch der klassischen kontaktlosen Zahlungen zugeordnet werden – es gelten daher auch nicht die Schwellen. 223

2. Starke Kundenauthentifizierung und Haftungsregime. Die grundlegende Veränderung des Autorisierungsregimes durch Inkrafttreten der delegierten Verordnung (EU) 2018/389 und der damit einhergehenden Operationalisierung der Vorgaben zur starken Kundenauthentifizierung (näher unten Rn 246) betrifft auch kontaktlose Zahlungen, egal ob Kleinbetragszahlung oder nicht. Nach Art. 11 VO 2018/389 sind kontaktlose Kartenzahlungen von einer verstärkten Authentifizierung befreit, soweit der Einzelbetrag 50,– € nicht überschreitet und alle mit dieser Technologie seit der letzten starken Authentifizierung ausgelösten Zahlungen nicht den Gesamtbetrag von 150,– € übersteigen (und dabei seitdem auch nicht mehr als 5 Zahlungen durchgeführt worden sind). Eine Authentifizierung i.S.d. § 1 Abs. 23 ZAG erfolgt dann nicht; es genügt das bloße Heranhalten der Karte an das Kartenlesegerät. Zahlungen mit Karten, die mit einer Betragsgrenze für kontaktlose Einzelzahlungen von 25,– € und in der Summe von nicht mehr als 150,– € ausgestattet sind, unterfallen den Kleinbetragsinstrumenten i.S.d. § 675i Abs. 1 BGB.490 Neben der beschriebenen Ausnahmeregel sind Kleinbetragszahlungen zusätzlich auch auf Grundlage von Art. 16 VO 2018/389 von einer starken Kundenauthentifizierung befreit. Allerdings darf in diesen Fällen der Einzelbetrag nicht höher als 30,– € liegen und neben den 5 aufeinanderfolgenden kontaktlosen Zahlungen dürfen die summierten authentifizierungsfreien Zahlungen in der Summe 100,– € nicht überschreiten. Aus Authentifizierungsgesichtspunkten besteht daher kein Anreiz, kontaktlose Zahlungsinstrumente auf Beträge von unter 30,– € zu beschränken. Bei diesem alternativen Verfahren gilt freilich das für den Emittenten ungleich positivere Haftungsregime der Kleinbetragsinstrumente. Zwar sind die §§ 675u, 675v BGB nicht per se gem. § 675i Abs. 3 BGB unanwendbar, da NFC-Zahlungskarten – egal ob verkörpert oder auf dem Smartphone hinterlegt – vom Emittenten gesperrt werden können.491 Allerdings eröffnet § 675i Abs. 2 Nr. 3 BGB NFC-Kartenemittenten die Möglichkeit, vertraglich die Anwendung der §§ 675u, 675v Abs. 1–3 und 5, 675w, 676 BGB abzubedingen und damit weitgehend das

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487 MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel G, Rn 129; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 313 f. 488 BaFin-Fachartikel von Strassmair-Reinshagen zum Thema Starke Kundenauthentifizierung v. 15.6.2018, abrufbar unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2018/fa_bj_1806_Starke_Kundenauthenti fizierung.html; Danwerth ZBB 2015, 119 (121); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 32; Rammos CR 2014, 67 (68). 489 Vgl. die Nutzungsbedingungen von PayBack Pay: https://www.payback.de/site-mobile/payagb und Bluecode: https://bluecode.com/wp_contents/uploads/2018/11/nutzungsbedingungen_bluecode_de_sepamandat_20181115.pdf. 490 Vgl. hierzu ausführlich: Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 297–299. 491 So auch Danwerth ZBB 2015, 119 (129); MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel G, Rn 128; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 313.

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

verbraucherfreundliche Haftungsregime auszuschließen.492 Voraussetzung hierfür ist allein die fehlende Zuordnungsmöglichkeit der Nutzung des Kleinbetragsinstruments zu einem Zahlungsdienstnutzer oder aufgrund der Ausgestaltung des Zahlungsinstruments die Uneinbringbarkeit des Nachweises einer Autorisierung. Letzteres ist bei kontaktlosen Zahlungen der Fall, da der bloße Besitz des Trägermediums – Smartphone oder Zahlungskarte – zur Zahlungserteilung genügt. Der Zahlungsdienstleister hat keine Möglichkeit eine Autorisierung nach § 675w S. 1 BGB nachzuweisen, da es an der Aufzeichnung einer Authentifizierung fehlt. Die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 23 ZAG sind nicht erfüllt. Der bloße Besitz eines Smartphones oder einer Zahlungskarte ohne zusätzliche Verwendung personalisierter Sicherheitsmerkmale ermöglicht weder eine Verifizierung der Identität des Nutzers noch einer berechtigten Verwendung des Zahlungsinstruments.493 Das demnach zulässige Abbedingen der Haftungsvorschriften hätte ein mit der Nutzung von Bargeld vergleichbares Haftungsregime zur Folge. Der Verlust würde aufgrund der Unanwendbarkeit von § 675u S. 1 BGB ein immanentes Schadensrisiko für alle bis zur Sperre verursachten Transaktionen bedeuten. Von solch einer Abredemöglichkeit nach § 675i Abs. 2 Nr. 3 BGB ist allerdings bisher von Seiten der Kartenemittenten noch kein Gebrauch gemacht worden. Die Gründe dürften wirtschaftlicher Natur sein. Die Niedrigzinsphase belastet die Bankenwirtschaft. Die Emission von Karten ist für Banken aus zwei wirtschaftlichen Gesichtspunkten attraktiv. Einerseits verdient der Emittent über das Disagio an den steigenden Kartenumsätzen mit und gleichzeitig führt eine höhere Nutzung der Zahlungskarte zu einem geringeren Bedarf an Bargeld, dessen Ausgabe durch das Vorhalten von Bankautomaten oder Benutzen fremder Bankautomaten wiederum mit hohen Kosten für die Bank verbunden ist. Je weniger der Kunde Bargeld abhebt und je häufiger er Einkäufe mit der Karte tätigt, desto profitabler ist er für seine Bank.

DRITTER ABSCHNITT Initiierung der Einzeltransaktion 3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

G. §§ 675j bis 675p BGB: Kundenauftrag zur Zahlungsausführung I.

Übersicht § 675j BGB: Initiierung („Autorisierung“) von Zahlungsdiensten („Auftragserteilung“) | 224–247 1. Überblick: Auftragserteilung („Autorisierung“), Sicherheitsstandards, Pflichtenbegründung und (Auftrags-) Widerruf | 224–227 a) Ausgangsnorm zur Autorisierung (Initiierung) des Zahlungsvorgangs | 224 b) Autorisierung („Auftrag“, „Weisung“) (§ 675j Abs. 1 BGB) | 225, 226 c) Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit (§ 675j Abs. 2) | 227 2. Überweisung | 228–232 a) Auftragserteilung | 228–230

Wirksamkeitshindernisse | 231 Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 232 Lastschrift | 233–236 a) Schuldnererklärung im SEPA-Firmenlastschriftverfahren (früher Abbuchungsauftragsverfahren) | 234 b) Schuldnererklärung im SEPABasislastschriftverfahren | 235 c) Schuldnererklärung im elektronischen Lastschriftverfahren (ELV, früher POZ) | 236 Girocard | 237–242 a) Grundkonstellation: Auszahlung beim eigenen Institut – Kundenerklärung | 237, 238 b) c)

3.

4.

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492 Kritisch im Hinblick auf die Abdingbarkeit von § 675v Abs. 5 BGB: Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 255–257. 493 Vgl. MünchKommBGB/Zetzsche § 675w Rn 10.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

b)

II.

Exkurs: Anspruch auf Aufrechterhaltung des Betriebs? | 239, 240 c) Auszahlung beim fremden Institut und garantierte Zahlung beim Händler (POS) | 241 d) Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 242 5. Kreditkarte | 243–245 a) Erteilung der Weisung | 243 b) Wirksamkeitshindernisse | 245 c) Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 245 6. Auftragserteilung mit starker Kundenauthentifizierung bzw. über Zahlungsauslösedienst | 246, 247 a) Starke Kundenauthentifizierung | 246 b) Auftragserteilung über Zahlungsauslösedienst (mit § 675k Abs. 3 BGB) | 247 §§ 675k bis 675m BGB: Nutzungsbegrenzung, Sperre und Missbrauchsprävention bei Zahlungsinstrumenten | 248–280 1. Überblick – Missbrauch (unbefugte Autorisierung) und Missbrauchsprävention bei Zahlungsinstrumenten | 248 2. Nutzungsbegrenzung (§ 675k Abs. 1 BGB) | 249–259 a) Nutzungsbegrenzung und Deckungsrahmen | 249–252 b) Girocard, ggf. Weisungen im OnlineBanking – Prävention primär von Drittmissbrauch | 253–257 c) Kreditkarte – Prävention von Kundenmissbrauch | 258, 259 3. Sperre (§ 675k Abs. 2 BGB) | 260–263 4. Kundenpflichten zur Missbrauchsprävention (§ 675l BGB) | 264–274 a) Allgemeine Präventionspflicht mit zwei Hauptausprägungen (Abs. 1) | 264 b) Schutz vor Fremdzugriff (Abs. 1 S. 1) | 265, 266 c) Unverzügliche Verlustanzeige (Abs. 1 S. 2) | 267, 268 d) Ersatzbeschaffung und Kostentragungspflicht (Abs. 1 S. 3) | 269 e) Weitere ungeschriebene oder vereinbarte Sorgfaltspflichten (Abs. 2) | 270, 271 f) Insbes.: Prüfpflichten des Vertragsunternehmens im Kreditkartenverfahren? | 272–274 5. Institutspflichten zur Missbrauchsprävention und Nachfragetransparenz (§ 675m BGB) | 275–280

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a)

III.

IV.

Spiegelbildliche Präventionspflicht zu den beiden Kundenpräventionspflichten | 275 b) Schutz vor Fremdzugriff (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2) und Gefahrtragung für das Restrisiko (Abs. 2) | 276, 277 c) Jederzeitige Ermöglichung von und sofortige Reaktion auf Verlustanzeigen (Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 5 sowie S. 2) | 278 d) Weitere ungeschriebene Sorgfaltspflichten? | 279 e) Nachfragetransparenz bei Bonitätsanfragen (Abs. 3) | 280 §§ 675n, 675o BGB: Zugang der Autorisierung und Ablehnung der Ausführung von Zahlungsdiensten | 281–297 1. Zugang und Wirksamwerden des Zahlungsauftrags (§ 675n BGB) | 281–287 a) Überblick und Stellung im System | 281, 282 b) Zugang des Einzelauftrags (Abs. 1) | 283–286 c) Zugang des Auftrags auf Termin, etwa des Dauerauftrags (Abs. 2) | 287 2. Ablehnung der Auftragsausführung bei Fehlen der Voraussetzungen (§ 675o BGB) | 288–297 a) Ausführungspflicht und Ablehnungsgründe (Abs. 2) | 288–290 b) Ablehnungserklärung und Entgeltfragen (Abs. 1) | 291–294 c) Ablehnungswirkungen (Abs. 3) | 295 d) Insbesondere: Einlösung und Nichteinlösung der Lastschrift | 296, 297 § 675p BGB: Widerruf der Autorisierung von Zahlungsdiensten | 298–313 1. Entfallen der Autorisierung durch Widerruf – Überblick und Gesamtsystem | 298–302 a) Einschränkung der Widerruflichkeit als Grundprinzip (Abs. 1) | 298, 299 b) Zuordnung des Ausgangsregimes zu den verschiedenen Zahlungsinstrumenten (Abs. 1–3) | 300, 301 c) Privatautonom gestaltete Sonderregime, einschließlich Zahlungsverkehrssysteme (Abs. 4, 5) | 302 2. Widerruf des Überweisungsauftrags (Abs. 1 und 3, ggf. 4 S. 1) | 303–307 a) Rechtzeitigkeit | 303, 304 b) Widerrufsweg | 305, 306 498

3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

c)

3. 4.

Besonderheiten bei Grenzüberschreitung | 307 Widerruf des SEPA-Lastschriftauftrags (Abs. 2 S. 2, Abs. 3 und Verweis) | 308 (Kein) Widerruf bei Girocard-Zahlung und Nutzung von Zahlungsauslösediensten (Abs. 2 S. 1) | 309

5.

Widerruf der Kreditkartenweisung (Abs. 2 S. 1 und Abs. 4) | 310–313 a) Gesetzliches Regime | 310 b) Vereinbartes Widerrufsrecht – Rechtzeitigkeit und Widerrufsgrund? | 311–313

I. § 675j BGB: Initiierung („Autorisierung“) von Zahlungsdiensten („Auftragserteilung“) Kapitel 3 Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten Unterkapitel 1 Autorisierung von Zahlungsvorgängen; Zahlungsinstrumente § 675j Zustimmung und Widerruf der Zustimmung. (1) Ein Zahlungsvorgang ist gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er diesem zugestimmt hat (Autorisierung). Die Zustimmung kann entweder als Einwilligung oder, sofern zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zuvor vereinbart, als Genehmigung erteilt werden. Art und Weise der Zustimmung sind zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister zu vereinbaren. Insbesondere kann vereinbart werden, dass die Zustimmung mittels eines bestimmten Zahlungsinstruments erteilt werden kann. (2) Die Zustimmung kann vom Zahler durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsdienstleister so lange widerrufen werden, wie der Zahlungsauftrag widerruflich ist (§ 675p). Auch die Zustimmung zur Ausführung mehrerer Zahlungsvorgänge kann mit der Folge widerrufen werden, dass jeder nachfolgende Zahlungsvorgang nicht mehr autorisiert ist.

1. Überblick: Auftragserteilung („Autorisierung“), Sicherheitsstandards, Pflichtenbegründung und (Auftrags-)Widerruf a) Ausgangsnorm zur Autorisierung (Initiierung) des Zahlungsvorgangs. Mit § 675j BGB 224 hebt die Sequenz derjenigen Normen an, die die Autorisierung durch den Zahler als die eigentliche Legitimationsgrundlage für die Einleitung und Durchführung des Zahlungsvorgangs regeln. Diese Autorisierung – zugleich auch Initiierung – des Zahlungsvorgangs regelt Kapitel 3 in seinem 1. Untertitel (§§ 675j bis 675m BGB) und der 1. Hälfte des 2. Untertitels (§§ 675n bis 675p BGB). Sie betreffen die Initiierung des Zahlungsvorgangs (in §§ 675q ff BGB folgt dann dessen Ausführung – dazu dann Unterabschnitte H.–J.). Dies gilt nach dem SEPAModell gerade auch für die Lastschrift, da dieses stets erst einmal einen Abbuchungsauftrag, d.h. eine Autorisierung seitens des Zahlers, an die anderen Hauptbeteiligten voraussetzt – und erst auf dieser Grundlage dann auch die Initiative des Zahlungsempfängers, den Betrag einzuziehen. Dieser Regelungskomplex unterfällt in vier Einzelproblemkreise, die auch in dieser Reihenfolge kommentiert werden, die zugleich die Normenabfolge wiedergibt (wenn auch teils in anderer Unterteilung): Es sind dies nacheinander: (i) die Autorisierung selbst (§ 675j BGB), für die schon anfangs auch auf die (später spezifizierte) Widerruflichkeit hingewiesen wird (Punkt I.); (ii) die Regeln zu Schutzstandards, die möglichst gut verbürgen sollen, dass die Autorisierung in der Tat vom Berechtigten stammt (Missbrauchsprävention), dies mit den Instrumenten Nutzungsbegrenzung (§ 675k Abs. 1 BGB), Sperre (§ 675k Abs. 2 BGB) und Verhaltens499

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

pflichten der Kunden (§ 675l BGB) ebenso wie der Zahlungsdienstleister (§ 675m BGB), die ineinander greifen (Punkt II.); (iii) die pflichtenbegründende Wirkung der Autorisierung, die als Weisung i.S.d. Auftragsrechts ab Zugang (§ 675n BGB) das Institut einseitig bindet, vor allem jedoch die Voraussetzungen (und damit die Ausnahmen von) der Ausführungspflicht (§ 675o BGB) (Punkt III.); und (iv) die Möglichkeit des Widerrufs (der die Weisung aufhebenden Gegenweisung) (§ 675p BGB) (Punkt IV.), wobei freilich die Regelung der praktisch wohl wichtigsten Form des „Widerrufs“, bei der SEPA-Basislastschrift, des sog. „Widerspruchs“, weit nach hinten verschoben wurde, bis ins nächste Unterkapitel (§ 675x Abs. 2 BGB). Umgekehrt bilden Fragen des Zugangs der Autorisierung, der (fehlenden) Bindungswirkung der Autorisierung (vgl. etwa § 675o Abs. 3 BGB) und vor allem des Widerrufs der Autorisierung (vorrangig) Fragen der Autorisierung und ihrer Wirkung und nicht bereits Fragen der Ausführung durch die Zahlungsdienstleister, namentlich im Interbankensystem, obwohl das Gesetz die diesbezüglichen §§ 675n bis 675p BGB als Normen zu Ausführungsfragen einordnet. Vorliegend werden sie – m.E. systematisch überzeugender – als Teil des Problemkomplexes Autorisierung – aber durchaus der Nummerierung in der Normabfolge entsprechend – kommentiert (unten Punkte III. und IV.). 225

b) Autorisierung („Auftrag“, „Weisung“) (§ 675j Abs. 1 BGB). In § 675j Abs. 1 BGB sind die Grundlagen der Autorisierung geregelt. Es handelt sich um die zentrale Willenserklärung des Zahlers,494 die seine Verpflichtung (Belastungsbuchung) bzw. die Verfügung über Ansprüche (aus Guthaben), die ihm zustehen, gestattet. Die Norm selbst hat drei Regelungsgehalte: Wenn der Zahlungsvorgang (nur) „wirksam“ ist auf Grund der Autorisierung (S. 1), so begründet diese, erstens, die Pflicht des Zahlungsdienstleisters, den Zahlungsvorgang auszuführen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind (Ausführungspflicht, zu den Ausführungsvoraussetzungen näher §§ 675n, 675o BGB und Kommentierung dort),495 sie begründet zugleich jedoch auch einen Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters (§ 670 BGB) und damit eine Einwendung gegen jeden Erstattungsanspruch seitens des Kunden (§ 675u BGB e contrario), also den „Rechtsgrund“ zum Behalten des mittels Belastungsbuchung genommenen Aufwendungsersatzes.496 Zweitens stellt die Norm klar, dass die Autorisierung mittels Einwilligung (ex ante, § 183 BGB) oder Genehmigung (ex post, § 184 Abs. 1 BGB) erfolgen kann (S. 2), damit zugleich auch implizit, dass es sich um eine Willenserklärung handelt (vgl. oben). In der Sache sind freilich die Zahlungsvorgänge des SEPA-Zahlungsdienstesystems alle so ausgestaltet, dass die Einwilligung gefordert wird, die Genehmigung also als systemwidriger, wenn auch die Transaktion heilender Ausnahmefall zu sehen ist. Das gilt gerade auch bei der SEPA-Basislastschrift. Nur das Einzugsermächtigungsverfahren sah in der Tat eine (nachträgliche) Genehmigung seitens des Zahlers als den Regelfall vor. Die höchstrichterliche Rechtsprechung konstruierte jedoch schon seit 2010/12 auch diese Schuldnererklärung als vorherige Einwilligung auch gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister, nicht mehr („nur“) als Genehmigung (vgl. Dritter Teil Rn 236). Entsprechend ist heute nach deutschem Recht – trotz offener Richtlinienvorgaben – sowohl die SEPA-Basislastschrift als auch die SEPA-Firmenlastschrift so zu konstruieren, dass sie eine verherige Einwilligung des Zahlers gegenüber seinem Institut voraussetzt. (vgl. Dritter Teil Rn 233, 235). Der dritte Regelungsgehalt ist der wichtigste, er enthält einen Regelungsauftrag an die Par226 teien: Durch Abrede zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister ist die „Art und Weise“

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494 Zur Qualifikation als Willenserklärung und Anwendbarkeit der Rechtsgeschäftslehre (die die Europäische Vorgabe nicht regelt): Jauernig/Berger § 675j Rn 1; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675j BGB Rn 4, 6; Palandt/ Sprau § 675j Rn 2, 3; MünchKommBGB/Casper § 675j Rn 6. 495 MünchKommBGB/Casper § 675j Rn 6, MünchKommBGB/Jungmann § 675n Rn 5, § 675o Rn 5; Ellenberger/ Findeisen/Nobbe/Frey § 675j BGB Rn 3, § 675n BGB Rn 1, § 675o BGB Rn 1. 496 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675j Rn 5; HK-BGB/Schulte-Nölke § 675j Rn 2; MünchKommBGB/Casper § 675j Rn 8; Staudinger/Omlor § 675j Rn 9; Palandt/Sprau § 675j Rn 2.

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der Zustimmung festzulegen (S. 3), d.h. vor allem, in welcher Form die Zustimmung abzugeben ist und unter welchen weiteren Voraussetzungen sie Bindungswirkung entfaltet, d.h. eine Ausführungspflicht des Zahlungsdienstleisters begründet. Während Zweiteres in §§ 675n, 675o BGB gesondert aufgegriffen wird (vgl. dort), ist Ersteres allein hier geregelt: Die Parteien können festlegen, wie die Zustimmung formal ausgestaltet sein muss, etwa welche Vordrucke und Leitwege benutzt werden müssen, etwa auch elektronische Eingabe oder Verwendung von Kodierungen etc. S. 4 betont ausdrücklich auch die Möglichkeit einer Abrede dahingehend, dass die Zustimmung – wie bei der Girocard – ggf. unter Einsatz eines Zahlungsinstruments erfolgen muss. Damit wird zugleich auch deutlich gemacht: Wie die Zustimmung zu erfolgen hat, kann von Zahlungsinstrument (Zahlungsdienst) zu Zahlungsinstrument (Zahlungsdienst) unterschiedlich und einzeln verabredet werden, insbesondere mit divergierenden formalen, aber auch inhaltlichen Voraussetzungen. Ebendies wird auch in § 675k BGB bestätigt, der beispielsweise die Festlegung einer Nutzungsbegrenzung durch Abrede für ein Zahlungsinstrument zulässt, die nicht notwendig – und nicht einmal üblicherweise – für andere ebenfalls vereinbart wird. So wird etwa für die Girocardnutzung durchweg eine gänzlich andere Nutzungsgrenze vereinbart als etwa für die Kreditkarte oder gar Überweisung im online-Banking (mit TAN) – bei Letzterer teils auch gar keine. Diese Unterschiedlichkeit (der Abreden) zwischen den Zahlungsinstrumenten gibt eine für jedes einzelne Zahlungsinstrument getrennte Kommentierung der Autorisierung und ihrer „Art und Weise“ geradezu zwingend vor (dazu dann unten Punkte 2. bis 5.). Sie divergieren – in S. 3 so vorgegeben – ggf. von Zahlungsinstrument (Zahlungsdienst) zu Zahlungsinstrument (Zahlungsdienst) und dies in der Tat in erheblichem Umfang. c) Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit (§ 675j Abs. 2 BGB). Auch die Möglichkeit, eine Au- 227 torisierung (Weisung) zu widerrufen, wird in der Ausgangsnorm angesprochen – freilich mit ungleich weniger Gehalt. Während also § 675j Abs. 1 BGB für die Frage nach der Autorisierungsfrage eine Ausgangsnorm bildet, enthält § 675j Abs. 2 BGB für die Frage nach der Widerruflichkeit eher nur eine Verweisnorm. Beim „Widerruf“ handelt es sich im auftragsrechtlichen Modell um eine Gegenweisung.497 § 675j Abs. 2 BGB statuiert hierfür nur eine unbestrittene Rechtsfolge, nämlich dass bei der Abgabe einer Mehrzahl von Weisungen, namentlich im sog. Dauerauftrag, jede (spätere) Weisung durch Gegenweisung widerrufen werden kann, solange sie noch gar nicht zur Ausführung gelangt ist. Das ist namentlich vor Eintritt des Ausführungsdatums der Fall. Mit anderen Worten: Jede Weisung ist hinsichtlich ihrer Widerruflichkeit einzeln zu betrachten (S. 2). Den Kern des Widerrufsproblems freilich bildet die Frage nach der Widerruflichkeit in einem anderen Zeitraum: die Frage nach der Zulässigkeit eines Widerrufs bzw. einer Gegenweisung in dem Zeitraum zwischen Wirksamwerden der Autorisierung durch Zugang und Anbrechen des Fälligkeitstages/ zeitpunkts einerseits und tatsächlicher Ausführung des Zahlungsvorgangs andererseits. Diese Kernfrage regelt dann ausschließlich § 675p BGB, auf den auch verwiesen wird (S. 1).498 2. Überweisung a) Auftragserteilung. Beruht die Verpflichtung des Instituts auf einem Rahmenvertrag, so 228 ist der Überweisungsauftrag des Kunden unter dem Zahlungsdiensteregime (wieder eindeutig) als auftragsrechtliche Weisung gemäß § 665 BGB zu qualifizieren.499 Das Institut wird zur Ausführung verpflichtet, wenn nur die im Rahmenvertrag vereinbarten Anforderungen erfüllt sind.

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497 BGH Urt. v. 26.5.1955 – II ZR 256/54, BGHZ 17, 317 (326); Staudinger/Omlor § 675j Rn 11; Schwintowski Kap. 10 Rn 178–180. 498 Dazu dann unten Dritter Teil Rn 298–313. 499 Für (m.E. unbegründete) Zweifel, die unter dem Überweisungsgesetz geäußert wurden, vgl. Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 36.

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Dabei spielt es im Verhältnis zum kontoführenden Zahlungsdienstleister keine Rolle, ob der Zahlungsauftrag über einen Zahlungsauslösedienst (näher unten Rn 247) oder direkt vom Zahlungsdienstnutzer erteilt wird. 229 Formelle Voraussetzung beim beleggebundenen Überweisungsauftrag ist, dass die Formulare verwendet werden, die gemäß den Richtlinien zu den einheitlichen Vordrucken gestaltet sind. Da die Signatur seit 1.7.1997 das Formular wieder unten abschließt, entfaltet der unterschriebene Vordruck Beweiswirkung nach § 440 Abs. 2 ZPO.500 Freilich muss das Institut diese Formanforderungen nicht einfordern, es darf auch – etwa auf telefonischen Zuruf – mit Wirkung gegenüber dem Kunden (mündlich) autorisierte Zahlungsvorgänge ausführen. Stammt umgekehrt der Auftrag nicht vom Berechtigten, fehlt es an einer wirksamen Weisung und kann dieser allenfalls aus Nebenpflichtverletzung auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.501 In Betracht kommt solch eine Haftung aus Nebenpflichtverletzung i.d.R. nur für die elektronische Autorisierung seitens des Kunden: Wird der Überweisungsauftrag online erteilt,502 so

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500 BGH Urt. v. 20.11.1990 – XI ZR 107/89, BGHZ 113, 48 (51 f.) = NJW 1991, 487 (e contrario); auch Trölitzsch/Jaeger BB 1994, 2152 (2154) (für Beweiswert nach § 286 ZPO). Zum Beweiswert der abgestempelten Kundendurchschrift, insbes. auch im Verhältnis zum Institut, sowie zum Beweiswert einer Weigerung, die Durchschrift abzustempeln: BankR-HdB/ Schmieder § 49 Rn 8; Trölitzsch/Jaeger aaO 2154 f. Zur Form für Frankreich: Art. 133–6 Code monétaire et financier (formfrei); auch Cour de Cassation Civ 1ère, 1.12.1997 Bull. Civ. I, n. 218; Bonhomme Paiement, S. 286; Piedelièvre Paiement, S. 391–393. Freilich können Form- und Ausführungsbedingungen vereinbart werden (und ist dies durchgängig der Fall): für Frankreich: Bonhomme Paiement, S. 286; Piedelièvre Paiement, S. 402 f.; für Großbritannien: sec. 55(2) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 604; Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 139. 501 Für die ec-/maestro-Karte, heute Girocard BGH Urt. v. 5.10.2004, WM 2004, 2309 (2310); für Telefax-Weisung OLG Frankfurt Urt. v. 11.5.2017 – 1 U 224/15, VuR 2017, 463; für Pay by Call-Verfahren BGH Urt. v. 6.4.2017 – III ZR 368/16, NJW 2017, 2273; für die Online-Überweisung Borges NJW 2005, 3313 (3314); seit dem 1.11.2009 sehr explizit für diese Konstruktion Art. 60 f. ZD-RL I, Art. 73 ZD-RL II, §§ 675u, 675v BGB. 502 Qualifikation als Zahlungsdienst unstr. vgl. nur EuGH (Fn 294), EuZW 2014, 464. Zu anderen Bankdienstleistungen, die über Btx/online nachgefragt werden können (Informationen, Eröffnung weiterer Konten etc.), vgl. Hellner FS Werner, 1984 S. 251 (258); BankR-HdB/Maihold § 55 Rn 42 (BTX-Abkommen wurde freilich 2007 vollständig eingestellt). Zur gesonderten, neben dem Girovertrag notwendigen Abrede über den Zugang zur Btx/online-Nutzung, den hieraus fließenden Verpflichtungen und ihrer Beendigung: Hellner aaO S. 262–266; Gößmann aaO Rn 5–8. Ausführlichere Darstellung des elektronischen Zahlungsverkehrs (für Überweisung rechtlich wichtig vor allem bei der hier angesprochenen anderen Form der Autorisierung mit Missbrauchsformen, etwa Phishing) bei: BankR-HdB/Maihold § 55 (2017) (mit ausf. Literaturübersicht); Langenbucher/Gößmann/Werner/ Koch/Vogel Zahlungsverkehr, S. 203 ff.; sowie etwa D. Bock/Ch. Bock Zahlungsverkehr im Internet: rechtliche Grundzüge klassischer und innovativer Zahlungsverfahren, 2004; Borges Rechtsfragen des Phishing – ein Überblick, NJW 2005, 3313; ders. Haftung für Identitätsmissbrauch im Online-Banking, NJW 2012, 2385; ders. Identitätsmissbrauch im Online-Banking und die neue Zahlungsdiensterichtlinie, ZBB 2016, 249; Hoeren/Kairies Der Anscheinsbeweis im Bankenbereich, WM 2015, 549; dies. Anscheinsbeweis und chipTAN, ZBB 2015, 35; Hofmann Das neue Haftungsrecht, BKR 2018, 62; Hoffmann/Haupert/Freiling Anscheinsbeweis und Kundenhaftung beim Online-Banking, ZHR 2017, 780; Linardatos Von Anscheinsbeweisen im Zahlungsdiensterecht und fehlgeleiteten Gesetzgebern, NJW 2017, 2145; Kahler/Werner Electronic Banking und Datenschutz – Rechtsfragen und Praxis, 2007; Koch/Maurer Rechtsfragen des Online-Vertriebs von Bankprodukten, WM 2005, 2443 ff. und 2481 ff.; Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Herresthal 5. Kapitel; C. Müller/Starre Der E-Geld-Agent – Zwischen Legaldefinition, gesetzgeberischer Vorstellung und Wirklichkeit, BKR 2013, 149; R. Müller Internetbanking im Zeitalter der elektronischen Signatur, 2005; Oberndörfer Netz-„Geld“: Funktionen des Netzgeldes insbesondere aus zivilrechtlicher Sicht, 2003; Recknagel Vertrag und Haftung beim Internet-Banking, 2005; Schulte am Hülse/ Klabunde Abgreifen von Bankdaten im Onlinebanking, Vorgehensweise der Täter und neue zivilrechtliche Haftungsfragen des BGB, MMR 2010, 84; Seidl/Geuer Online-Banking: Haftung der Bank gegenüber Kunden für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge durch „Phishing“, jurisPR-ITR 2/2012 Anm. 6; Söbbing Mobile Zahlungssysteme – Die rechtlichen Herausforderungen bei Zahlungen via Smartphone, Tablet, Watch etc., WM 2016, 1066; Zahrte Aktuelle Entwicklungen beim Pharming – Neue Angriffsmethoden auf das Online-Banking, MMR 2013, 207; für Frankreich etwa Piedelièvre Paiement, S. 425–432; für Großbritannien Brindle/Cox/Robertson/ Goodall/Power Bank Payments, S. 299–391; Cresswell/Blair/Hooley Butterworths Encyclopaedia: D1 – Payment Rn 382–447; für Italien Mancini et al./Bearbeiter Pagamento, S. 325–339. Aus der betriebswirtschaftlichen Literatur etwa Cecchetti/Schoenholtz Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017, S. 31 f. und Mishkin (Fn 41) S. 54 f.: u.a. mit der Unterscheidung der drei zentralen Charakteristika von E-Geld: (i) elektronisch gespeicherte Valuta, (ii) als

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ist er nicht nur standardisiert abzugeben, sondern durch Eingabe von PIN und TAN auch zu authentifizieren. Die (idR fünfstellige) PIN (Personal Identification Number) erhält der Kunde, kann er stets ändern und hat er bei jeder Transaktion einzugeben. TAN (Transaktionsnummern) erhielt der Kunde meist auf Vorrat, niedergeschrieben auf TAN-Listen. Aufgrund ihrer Anfälligkeit für Drittmissbrauch und der daraus folgenden Unzulässigkeit nach der neuen Vorschrift des § 55 Abs. 2 ZAG, der seit dem 14.9.2019 in Kraft ist, setzen die kontoführenden Kreditinstitute heute auf TAN-Generatoren oder Smartphones, an die eine individuelle TAN für den jeweiligen Auftrag per SMS oder über eine Banking-App gesendet wird.503 Die Eingabe der TAN ist meist mit der Autorisierung gleichzustellen. So wichtig praktisch das Online-Banking und das e-Banking ist, es handelt sich doch – jedenfalls im Zahlungsverkehr – im Kern „nur“ um eine besondere Form der Auftragserteilung (potentiell im Fernabsatz):504 Die Haftungsgrundsätze für den Missbrauch von PIN und TAN entsprechen im Grundmodell den intensiver diskutierten zum Missbrauch der Girocard: Zwar fehlt, wenn das Kreditinstitut nicht die Autorschaft des Berechtigten nachweist, die wirksame Weisung (das Institut trägt die Beweislast, ausdrücklich heute § 675w BGB). Der Kontoinhaber ist jedoch potentiell einem Anspruch aus Vertragspflichtverletzung ausgesetzt; daher begründen die Eingabe der zutreffenden PIN und TAN, wenn der Kunde bestreitet, den Auftrag selbst erteilt zu haben, den ersten Anschein fahrlässigen Handelns unter der Voraussetzung, dass ein nicht überwindbares TAN-Verfahren, namentlich mit (individuellem) TAN-Generator, zum Einsatz kam.505 Dieser Anscheinsbeweis kann wiederum entkräftet werden, indem Umstände vorgetragen werden, die den Kunden etwa als „Phishing“-Opfer ausweisen.506 Materielle Voraussetzung für die Bindungswirkung des Überweisungsauftrages ist, dass 230 ein Rahmenvertrag (bisher Girovertrag) vorliegt, der dem Kunden ein einseitiges Weisungsrecht gibt, und Deckung vorhanden ist, entweder durch Guthaben oder Kreditzusage. Zweiteres ist in §§ 675n, 675o BGB speziell geregelt, es betrifft die Voraussetzungen der durch die Kundenweisung ausgelösten Ausführungspflicht selbst (daher näher unten Dritter Teil Rn 288). b) Wirksamkeitshindernisse. Die wichtigsten Wirksamkeitshindernisse sind – wenn die 231 Weisung vom Berechtigten oder seinen Vertretern stammt – die des Missbrauchs der Vertre-

_____ Gegenwert für durch Kunden zur Verfügung gestellte Valuta und (iii) Akzeptanz als Zahlungsmittel durch Dritte; dies dann freilich wiederum mit Verweis auf die E-Geld-Richtlinie 2000/46/EG (!), aber auch mit der Unterscheidung der drei zu konstatierenden Phänotypen: (i) elektronische Speicherung auf Karte mit Zugang zum Konto (praktisch das mit Abstand wichtigste, vgl. Statistiken oben Dritter Teil Rn 16), (ii) GeldKarte (mit elektronischer Speicherung der Valuta auf der Karte selbst, teils auch auf dem Computer), und zuletzt (iii) Abwicklungssysteme (einschließlich „Konten“) über Telefone, wie bei M-Pesa, die – beginnend in Kenia – vor allem in Entwicklungsländern die elektronische Speicherung auf einem Bankkonto ersetzen, in Europa und den USA hingegen (wegen des Zulassungserfordernisses und der ungleich dominanteren Marktstellung des Kreditwesens) eine Randerscheinung bilden. 503 Ausführlich zu den verschiedenen TAN-Verfahren siehe: BankR-Hdb/Maihold § 55 Rn 7–28. 504 Zur (gestiegenen) praktischen Bedeutung und zu den verschiedenen Auftragsformen vgl. nur: Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Herresthal 5. Kapitel Rn 1–15, dort auch zu den fernabsatzrechtlichen Dimensionen aaO Rn 25– 31; das Ansteigen der praktischen Bedeutung ist freilich relativ, in absoluten Zahlen für die Transaktionsvolumina immer noch gering (jenseits der Kartenzahlung), vgl. oben Dritter Teil Rn 16. 505 BGH Urt. v. 26.1.2016 – XI ZR 91/14, NJW 2016, 2024; ausf. Lit. oben Fn 502; Folgeentscheidungen etwa AG München Urt. v. 5.1.2017 – 132 C 49/15, WM 2017, 2021; LG München Urt. v. 16.6.2017 – 32 S 1552/17, BeckRS 2017, 123679; vorher vergleichbar – auch für andere Zahlungsinstrumente – BGH (Fn 501) WM 2004, 2309 zur ec/maestro-Karte, heute Girocard; BankR-HdB/Maihold § 55 Rn 68 (keine Anscheinsvollmacht, Handeln unter/in fremden Namen nicht mit den §§ 675u, 675j Abs. 1 S. 4 BGB vereinbar; aber Schadensersatzplicht nach § 675v Abs. 2 BGB); Schwintowski (4. Aufl.) § 10 Rn 51 (gegen den Anscheinsbeweis); Mankowski CR 2003, 44 (47); Werner MMR 1998, 232 (235); Wiesgickl WM 2000, 1039 (1050). Zum Meinungsstand bei Girocard-Einsatz vgl. unten Dritter Teil Rn 436–445. 506 Zum Phishing ausführlich Borges NJW 2005, 3313; breiterer Überbllick zu den Angriffsformen Koch M., Missbrauch von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, S. 79–89; zu den technischen Fragen des Online-Banking Koch/Maurer WM 2002, 2443; sowie unten Dritter Teil Rn 424 ff.

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tungsmacht507 und der fehlenden und besonders der beschränkten Geschäftsfähigkeit. Das zweitgenannte Risiko trägt das Institut,508 so dass die Wirksamkeit der Weisung von der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abhängt.509 Der Schutzzweck des Gesetzes ist so stark, dass jedenfalls die Risikoverlagerung auf den Kunden für den Fall, dass er selbst geschäftsunfähig wird, klauselmäßig nicht wirksam vereinbart werden kann.510 Die Anfechtung ist während der Widerrufsfrist ohnehin bedeutungslos, danach wirtschaftlich uninteressant (§ 122 BGB).511 Sonderprobleme ergeben sich bei Insolvenz des Kunden (Auftraggebers). Bei Unkenntnis von der Verfahrenseröffnung verfügt das Institut noch wirksam über Guthaben bzw. ist sein Aufwendungsersatzanspruch noch von bestehenden Sicherheiten, etwa dem Pfandrecht, gedeckt (§ 82 InsO).512 232

c) Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Die Weisung selbst erfolgt im Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister, das regelmäßig einen Inlandssachverhalt darstellt. Erst der Widerruf, der auf die Zahlungskette einwirken kann, hat das Potential, in nennenswertem Umfang Probleme des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs aufzuwerfen.513

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3. Lastschrift. Die rechtliche Konstruktion der Erklärung des Zahlers im Lastschriftverfahren zählte vor Durchsetzung des SEPA-Lastschrift-Regimes (2009/12) zu den komplexesten Fragen des Zahlungsverkehrsrechts. Dies galt vor allem für die Konstruktion der Zahler-/ Schuldnererklärung(en) im Einzugsermächtigungsverfahren. Da dieses Verfahren nur bis zum 1.2.2016 genutzt werden durfte, ist die Problematik selbst heute obsolet. Die Entwicklung in dieser Frage prägte jedoch die heute anwendbare Lösung und ist daher als Hintergrund weiterhin von Bedeutung. Heute sind (noch) drei Verfahren zu unterscheiden: Die beiden SEPALastschriftverfahren, die langfristig zur Verfügung stehen – die SEPA-Firmenlastschrift und die SEPA-Basislastschrift –, folgen für die Autorisierung im Grundsatz beide dem selben Modell (während dann erhebliche Unterschiede beim Widerruf/Widerspruch nach § 675x Abs. 2 BGB bestehen): Beide verlangen im Grundsatz eine Autorisierung sowohl gegenüber dem Zahlungsempfänger, um diesen zu ermächtigen, den Abbuchungsvorgang anzustoßen, als auch gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister. Das ist deswegen bemerkenswert, weil ZD-RL I und II – auch auf Insistieren Deutschlands hin – auch eine nachträgliche Genehmigung seitens

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507 Zur grundsätzlichen Unanwendbarkeit von § 181 BGB und zu den daher verstärkt eingreifenden Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht oben Zweiter Teil Rn 723. 508 BGH Urt. v. 20.6.1990 – XII ZR 98/89, BGHZ 111, 382 (385 f.) = NJW 1990, 3194; BGH Urt. v. 25.6.1991 – XI ZR 257/90, BGHZ 115, 38 (43–45) = NJW 1991, 2414; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 179, anderer Fall aber ebenfalls zum Bereicherungsausgleich bei fehlender wirksamer Anweisung aufgrund Geschäftsunfähigkeit (unmittelbarer Bereichungsanspruch der Bank gegen den Scheckbegünstigten) in Schwintowski Kap. 12 Rn 93. 509 Zu den Leitlinien hierzu oben Zweiter Teil. 510 BGH (Fn 508), BGHZ 115, 38 (43–45) = NJW 1991, 2414; aA noch BGH Urt. v. 5.5.1969 – II ZR 263/67, BGHZ 52, 61 (63 f.) = NJW 1969, 1485. Heute wird eine Risikoübernahme nur noch in Nr. 4 Abs. 2 AGB-Sparkassen für den Fall vereinbart, dass der Vertreter geschäftsunfähig wird, eine im Lichte der Wertungen von §§ 165, 278 BGB zulässige Vereinbarung: aA Graf v. Westphalen Banken- und SparkassenAGB, in: ders. Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 4/1999, Rn 78–80. 511 Escher-Weingart BuB Rn 6/170 f.; Canaris Bankvertragsrecht Rn 377–378a (mit Diskussion der Gegenmeinung). 512 Ausführlich Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 9. Aufl. 2017, Rn 3.7 ff.; Remmerbach Auswirkungen des Konkurses, S. 34–66; BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 37–50 (auch zu den Sicherheitsmaßregeln vor Verfahrenseröffnung); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 55–57. Für die Unkenntnis maßgeblicher Zeitpunkt ist der, bis zu dem die Überweisung noch rückgängig gemacht werden kann; für die Insolvenz des Begünstigten vgl. Fn 744. Verfügungen über ein Konto, das der Schuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahren eröffnet, sind jedoch unwirksam: vgl. BGH Urt. v. 5.2.2009 – IX ZR 78/07, WM 2009, 662 = ZIP 2009, 673. Für die Insolvenz auf der Empfängerseite vgl. OLG Dresden Urt. v. 25.11.2008 – 8 U 1117/08 ZIP 2009, 678. 513 Dazu dann unten Dritter Teil Rn 298–313.

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des Zahlers an sein Zahlerinstitut als Autorisierung zuließ, also eine vorherige Einwilligung gar nicht fordert (Art. 64 Abs 1 S 2 ZD-RL II, ex-Art. 54 Abs 1 S 2 ZD-RL I – jeweils 2. Alt.).514 Dieses Insistieren Deutschlands war motiviert durch das bis 2010 praktizierte Autorisierungsmodell im (damaligen) Einzugsermächtigungsverfahren (EEV) (als dem Pendant zur heutigen SEPABasislastschrift für B2C-Transaktionen). Im EEV ging man davon aus, dass der Zahler zwar dem Zahlungsempfänger Einzugsermächtigung erteilt, sich gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister jedoch erst nach Durchführung des Verfahrens erklärt: durch Erhebung eines Widerspruchs, ausdrückliche oder konkludente Genehmigung oder aber – im Regelfall – in Form von Schweigen, das es zu bewerten gilt. Beide Erklärungen wurden ausführlich dogmatisch erörtert. Mit einer Aufsehen erregenden höchstrichterlichen Entscheidung vom 20.7.2010 wurde jedoch auch die Schuldnererklärung im EEV (erstmals) als eine doppelte ausgelegt, als Abbuchungsauftrag an den Gläubiger und (bei Anpassung der Banken-AGB) als Autorisierung gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister (vgl. noch unten Rn 236). Das EEV wurde also – von der Konstruktion der Schuldnererklärungen her – dem angeglichen, was heute auch die (autonom gewählte) Lösung beim SEPA-Basislastschrift-Verfahren in Deutschland ist. Wichtiger jedoch: Gerade in der – über viele Wochen offen gehaltenen – Möglichkeit eines Widerspruchs seitens des Zahlers treffen sich SEPA-Basislastschrift und Einzugsermächtigungsverfahren ebenfalls – auch nach Einführung des SEPA-Systems. Dieser Widerspruch freilich erfolgt erst nach Abwicklung des gesamten Zahlungsvorgangs, steht also an seinem Ende.515 Für alle drei Verfahren gilt Formfreiheit: Die Schuldnererklärungen des Zahlers – Abbuchungsauftrag (Weisung) als Ermächtigung oder Genehmigung – bedürfen keiner Form (§ 675j Abs. 1 S. 3 BGB).516 Eine weitere Erleichterung liegt darin, dass eine Schuldnererklärung nach alter Rechtslage in die entsprechende Schuldnererklärung nach neuer Rechtslage konvertiert werden darf, namentlich die Erklärung des Zahlers im (damaligen) EEV in die notwendigen Erklärungen im SEPA-Lastschriftverfahren, also auch Einzugsermächtigungen von vor 2016 weitergelten, da der Schutz durch die 8-wöchige Widerspruchsfrist als materielles Äquivalent für die bisherige Gestaltung angesehen wurde.517 a) Schuldnererklärung im SEPA-Firmenlastschriftverfahren (früher Abbuchungsauf- 234 tragsverfahren). Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren – vergleichbar wie vor seiner Durchsetzung im Abbuchungsauftragsverfahren (AAV), das vollständig verdrängt wurde – weist der Schuldner (nach Lastschriftabrede) sein Institut an, auf Anforderung des Gläubigers hin sein Konto zu belasten und im Interbankenverhältnis entsprechend Gutschrift zu erteilen.518 Diese Anweisung ergeht regelmäßig, bevor die zu erfüllende Forderung bestimmt und in der Höhe

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514 Lange umkämpft war im Gesetzgebungsverfahren die Frage, ob die Autorisierung zwingend vorab erteilt werden musste oder eine Genehmigungsmöglichkeit eingeführt werden sollte (wie dies letztlich eingeschränkt geschah). Vgl. Lohmann/Koch WM 2008, 57 (59 und 62). 515 In der – am zeitlichen Ablauf des Zahlungsvorgangs ausgerichteten – Gesetzessystematik daher auch erst gegen Ende geregelt und entsprechend zu kommentieren: bei den Erstattungsansprüchen für (unautorisierte) Ausführung des Zahlungsvorgangs, unten Dritter Teil Rn 405–423. 516 Das Formerfordernis (so noch Kommissionsvorschlag KOM(2005) 603 endg.) wurde im Rahmen der ersten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie in Art. 54 Abs. 2 ZD-RL nach langer Diskussion bewusst fallen gelassen; vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 171 f.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675j Rn 11; MünchKommBGB/Casper § 675j Rn 29 f.; bestätigt auf Anfrage in BT-Drucks. 17/11395, S. 13. Wortidentisch heute Art. 64 Abs. 2 ZD-RL II. 517 Art. 7 SEPA-VO (Nachw. oben Dritter Teil Rn 3 Fn 9); dazu Hadding ZBB 2012, 149 (150); Omlor NJW 2012, 2150 (2155); Zahrte WM 2013, 1207 (1208); ausf. zur Mandatserteilung bei grenzüberschreitender Lastschrift; Lohmann Grenzüberschreitende Lastschrift, S. 91–172. 518 Die Muster lauten: „Ich weise/wir weisen Sie an, die von (Name des Zahlungsempfängers) für mich/uns bei Ihnen eingehenden Lastschriften zu Lasten meines/unseres Kontos (Kontonummer, Bankleitzahl) einzulösen. Ich kann/wir können bei einer Zahlung, die diesem Abbuchungsauftrag entspricht, von Ihnen keine Erstattung des belasteten Betrages verlangen.“ Ellenberger/Findeisen/Nobbe Anhang B.2.1.2. Zu diesem Verfahren und Überblick zu allen drei Verfahren etwa MünchKommHGB/Omlor Bd. 6, Abschnitt C. Rn 22–29, 117–121.

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festgelegt ist. Streitig war für das AAV vor allem,519 ob diese (zweite) Erklärung als Ermächtigung zu qualifizieren ist oder als auftragsrechtliche (General-)Weisung.520 Die schon bisher herrschende Theorie von der Generalweisung entspricht im SEPA-Firmenlastschriftverfahren besser § 675x Abs. 1 BGB, der die dogmatische Konstruktion zwar offen lässt, jedoch davon ausgeht, dass die fehlende ziffernmäßige Festlegung einer umfassenden „Genehmigungs“-Wirkung – ohne Widerrufsmöglichkeit und ohne möglichen Erstattungsanspruch – im Normalfall (angemessener Ausfüllung des Blanketts) keineswegs entgegensteht. Diese Theorie kann insbesondere auch unschwer erklären, dass der Widerspruch in diesem Verfahren (und auch bisher im AAV) ab Einlösung der Lastschrift unzulässig ist (war); sie versagt jedoch auch keineswegs bei der Qualifikation der Gläubigererklärung, die schlicht als Erfüllungsbegehren zu qualifizieren ist, dem das Institut entsprechend der erteilten Weisung entweder nachkommt oder nicht. Umgekehrt führt die Ermächtigungstheorie zur (kaum plausiblen) Doppelung der Ermächtigungen. Entscheidend ist die Interessenlage der Parteien: Es sollte ein Verfahren zur Verfügung stehen, in dem der Gläubiger die Initiative ergreifen kann, zugleich jedoch nicht über einen längeren Zeitraum ungesichert bleibt. Denn über die Berechtigung des Einzugs kann in vielen Fällen trefflich gestritten werden. 235

b) Schuldnererklärung im SEPA-Basislastschriftverfahren. Gesichert war diese Sicht von Anfang an auch für die – strukturell gänzlich vergleichbaren – Autorisierungserklärungen bei der SEPA-Basislastschrift. Diese kann zwar unabhängig von der Rolle der Zahlers (d.h. auch von einem professionellen Kunden) gewählt werden, ist jedoch vor allem für B2C-Transaktionen konzipiert. Auch diese Form der Lastschrift beruht auf zwei Autorisierungserklärungen des Zahlers: gegenüber seinem Institut sowie gegenüber dem Gläubiger.521 Beide werden vorab erklärt, gerade auf diese Form bezieht sich die Widerspruchsmöglichkeit in Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 1–3 ZD-RL II (ex-Art.62 Abs. 1 Unterabs. 1–3 ZD-RL II Abs. 1 Unterabs. 1–3 ZD-RL I). Diese doppelte Autorisierungserklärung unterschied die SEPA-Lastschrift, die allgemein Anwendung findet und nur bis 1.2.2016 in einem Teilbereich noch Raum für das EEV ließ, bis 2010 von diesem Verfahren, das ebenfalls im Verhältnis zum Verbraucher verwandt wurde. Die SEPA-BasislastschriftKundenbedingungen ließen bereits unter dem Regime der ersten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie auch bei der SEPA-Basislastschrift ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht zu (Nr. 2.5 SEPABasislastschrift-Kundenbedingungen a.F.; entsprechend Art. 62 Abs. 1 Unterabs. 4 ZD-RL, § 675x Abs. 2 BGB a.F.). Dies Bedingungen sind mit Inkrafttreten der zweiten EG-ZahlungsdiensteRichtlinie zwingend geworden (Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 5 ZD-RL II, § 675x Abs. 2 BGB).

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c) Schuldnererklärung im elektronischen Lastschriftverfahren (ELV, früher POZ). Eine besondere Form des SEPA-Basislastschriftverfahrens bildet das sog. elektronische Lastschriftverfahren (ELV). Dieses löste – wiederum primär auf B2C-Transaktionen zugeschnitten – das alte Einzugsermächtigungsverfahren zum 1.2.2016 ab, konkret für den Teilbereich einer kartengestützten Herstellung von Lastschrifteinzugsermächtigungen an Händlerkassen (erstmals so

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519 Zu weiteren, heute nicht mehr diskutierten Theorien Bork JA 1986, 121 (123); BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 57 Rn 57–66, Verweis in BankR-HdB/Ellenberger § 57 Rn 53. Auch die Sonderbedingungen bilden heute die herrschende Sicht ab, so dass eine dahingehende vertragliche Abrede besteht. 520 Für Letzteres: BGH (Fn 82), BGHZ 69, 82 (85) = NJW 1977, 1916; BGH Urt. v. 19.10.1978 – II ZR 96/77, BGHZ 72, 343 (345) = NJW 1979, 542; BGH Urt. v. 10.4.1978 – II ZR 203/76, WM 1978, 819; Bork JA 1986, 121 (123); Hadding/ Häuser ZHR 145 (1981), 138 (142); Jacob Lastschriftverfahren, S. 92 f.; Mütze Fehlerrisiko, S. 78; Hadding FS Bärmann, 1975 S. 375 (382 f.); BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 57 Rn 57–66; Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 295. Für Ermächtigung praktisch nur noch Canaris Bankvertragsrecht Rn 532–534, schon damals Mindermeinung. 521 Zu dieser Form des Lastschriftverfahrens näher Burghardt WM 2006, 1893 (1895); Hadding ZBB 2012, 149 (152 f.); Werner, BKR 2012, 221 (226 f.); Nobbe WM 2011, 961 (964 f.); auch Manger-Nestler EuZW 2008, 332 (336); MünchKommHGB/Omlor Bd. 6 Abschnitt C. Rn 22–29 (Überblick über alle Verfahren) und 45–116.

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praktiziert im sog. Point-of-Sale ohne Zahlungsgarantie, dem „POZ“ [vgl. Art. 6 der EU-SEPA-VO 260/2012, Nachw. oben Dritter Teil Rn 3 Fn 9]). Solchermaßen bildet es die Form des Lastschriftverfahrens, die am engsten mit dem früheren Einzugsermächtigungsverfahren verknüpft ist. Ursprünglich handelte es sich um ein Einzugsermächtigungsverfahren (EEV), mit den genannten Komplexitäten, das jedoch 2010 radikal vereinfacht und der Konstruktion im SEPABasislastschriftverfahren angepasst wurde. Von den verschiedenen Fragen zur Konstruktion, die zum EEV äußerst umstritten waren,522 sind heute freilich nur noch folgende Eckpunktüberlegungen von Bedeutung, weil sie die Wahl der Konstruktion begründen und nur sie (als Auswahl unter bestehenden Alternativen) auch heute noch legitimieren (können): Entscheidend dafür, dass der BGH 2010 dazu überging, das Verhalten des Verbrauchers als Einzugsschuldner als vorherige Einwilligung zu verstehen,523 sich also gegen die von Art. 64 Abs 1 S 2 ZD-RL II, ex-Art. 54 Abs 1 S 2 ZD-RL I – jeweils 2. Alt. – durchaus weiterhin eröffnete Möglichkeit entschied, an der Genehmigungstheorie festzuhalten, war ein hinreichender Schutz des Zahlers (Einzugsschuldners), den der BGH gewährleistet sah. Denn das Gericht erhob die Verwirklichung dieses Schutzes auch zur Bedingung für solch eine Auslegung des Verbraucherverhaltens. Der BGH forderte, dass – wie im SEPA-Basislastschriftverfahren – eine nachträgliche Widerrufsmöglichkeit während der ersten acht Wochen nach Belastungsbuchung explizit vereinbart wird (zuerst Nr. 2.5 ELV-Kundenbedingungen; entsprechend Art. 62 Abs. 1 Unterabs. 4 ZD-RL, § 675x Abs. 2 BGB). Mit ZD-RL II und ihrer Umsetzung muss dieser Schutz nicht einmal vereinbart werden, sondern ist bereits gesetzlich gewährleistet (vgl. Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 5 ZD-RL II, § 675x Abs. 2 BGB). Bei all dem handelt es sich demnach um eine Entscheidung autonom nach deutschem Recht, weil eine Richtlinienvorgabe zugunsten allein der Ermächtigungstheorie fehlte – und deswegen sind die Voraussetzungen für diese autonome Wahl auch heute – nach Ersetzung des Einzugsermächtigngsverfahrens – noch verbindlich und relevant. Praktisch hat diese – dogmatisch primär bankvertragsrechtliche – Frage Auswirkung vor allem auch jenseits des Bankvertragsrechts: Es stellt sich mit dieser Konstruktion als Ermächtigung vorab nicht mehr die Frage, ob und ggf. innerhalb welcher einschränkender (Missbrauchs-)Grenzen der Insolvenzverwalter oder auch der Schuldner in dessen Insolvenz oder bei Nahen derselben Widerspruchsrechte hat – eine Frage, die die Diskussion zwischen beiden Senaten, aber auch der Untergerichte und der Literatur dominierte und die im Folgenden auch noch angesprochen wird.524 Ist die

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522 Ausführlicher zur ursprünglich großen Vielfalt der Theorien, zuletzt vor allem dem Gegensatz zwischen Genehmigungs- und Einwilligungstheorie: Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 236. Zur bis 2010 herrschenden (weniger weitreichenden) Genehmigungstheorie namentlich: BGH Urt. v. 11.4.2006 – XI ZR 220/05 NJW 2006, 1965 (1966); BGH (Fn 82), BGHZ 69, 82 (84) = NJW 1977, 1916; BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (304) = NJW 1979, 1652 (implizit); BGH Urt. v. 14.2.1989 – XI ZR 141/88, NJW 1989, 1672 (1673); Bork JA 1986, 121 (125 f.); Denck ZHR 144 (1980), 171 (175); Hadding FS Bärmann, 1975 S. 375 (388–393); Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 296 f. (alle mwN); sogar durch den Gesetzgeber (implizit) bestätigt: vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 188– 190. Sie sah in der ursprünglichen Zustimmung des Zahlers nur das generelle Einverständnis zur Abwicklung im Lastschriftverfahren, keine Zustimmung zur einzelnen Belastungsbuchung. Diese bedurfte noch der Genehmigung durch den Schuldner (ausdrücklich, konkludent, evtl. durch Schweigen). Sie wurde nach dieser Theorie durch Widerspruch verweigert. 523 BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (287 ff. Tz 38 ff.) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510; Parallelentscheidung des 9. Zivilsenats, mit der insbesondere der lange Streit zwischen beiden Senaten über die Insolvenzfestigkeit des Einzugs im EEV (weitestgehend) ausgeräumt wurde: BGH Urt. v. 20.7.2010 – IX 37/09, WM 2010, 1543; vgl. auch unten Dritter Teil Rn 470. zum genauen Stichtag, dem 9.7.2012 vgl. unten Dritter Teil Rn 294. 524 Dazu beide Entscheidungen (vorige Fn) sowie – unter der Flut an Anmerkungen vor allem: Eyber ZInsO 2010, 2363; Jacoby ZIP 2010, 1725; Ringstmeier/Homann ZInsO 2010, 2039; Schleich/Götz/Nübel DZWiR 2010, 409; Schnauder juris PR-BKR 4/2012 Anm. 1; Schulte-Kaubrügger ZIP 2008, 2348; Wagner ZIP 2011, 846. Übersichten über den Rechtszustand unmittelbar zuvor (weiter relevant für Altfälle, vgl. zur Definition Dritter Teil Rn 470): Berger NJW 2009, 473; Nobbe WM 2009, 1537; die Rechtsprechungsänderung war vielfach angemahnt und auch vorhergesehen worden: sehr beharrlich und plastisch Jungmann ZIP 2007, 295; ders. WM 2007, 1633 („Plädoyer für Trendwende“); ders. ZBB 2008, 409 („Vorabend eines Paradigmenwechsels“).

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Schuldnererklärung als Autorisierung in Form einer (vorab erteilten) Ermächtigung zu qualifizieren, kommt es insolvenzrechtlich (Insolvenzanfechtung etc.) allein auf diesen Zeitpunkt bzw. den der letzten Widerrufs- (§ 675p BGB), nicht mehr die fortbestehende Widerspruchsmöglichkeit (§ 675x BGB) an (Insolvenzfestigkeit der Ermächtigung).525 4. Girocard a) Grundkonstellation: Auszahlung beim eigenen Institut – Kundenerklärung. Die Erklärung, die der berechtigte Karteninhaber durch Eingabe der Girocard und PIN am Geldausgabeautomaten des eigenen Instituts abgibt, ist als Anspruchsgeltendmachung zu qualifizieren: Bei Guthaben wird der Anspruch des Kunden gegen sein Institut aus § 780 bzw. § 781 BGB geltend gemacht, der mit der Gutschrift bzw. dem Saldoanerkenntnis begründet wird.526 Bei Abhebung im Rahmen einer eingeräumten Kreditlinie macht der Kunde einen Anspruch auf Darlehensauszahlung aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB geltend. Erst die Anforderung einer Auszahlung jenseits der Kreditlinie muss als bloßes (elektronisches) Angebot des Kunden auf eine weitere Darlehenseinräumung („geduldete Überziehung“), also auf Abschluss eines weiteren Darlehensvertrages, qualifiziert werden.527 Stimmt das Institut (mittels elektronischer Willenserklärung) zu, so kommen die Schutzregeln zum Verbraucherkredit zur Anwendung.528 die für eine Darlehenseinräumung, ggf. als Verbraucherkredit, gelten. Wird die Erfüllungshandlung des Instituts (angesichts der rechtsgeschäftlichen Elemente, 238 namentlich der Übereignung von Zahlungsmitteln nach § 929 S. 1 BGB) als Willenserklärung qualifiziert,529 so wird diese als sog. elektronische Willenserklärung abgegeben.530 Sicherlich als elektronische Willenserklärung ist die Reaktion des Instituts zu qualifizieren, wenn – ausnahmsweise – ein neuer Darlehensvertrag zu schließen ist (vorige Rn). Ob in der Tat Erfüllungswirkung (im Verhältnis des Zahlungsdienstleisters zu seinem Kunden) eintritt, aber auch, ob mit dem Kunden ein neuer Darlehensvertrag zustande kommt, hängt davon ab, ob er selbst oder für 237

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525 Nachw. vorige Fn; für den breiteren Kontext nach neuer Rechtslage: Langen/Lang NJW 2010, 3484; Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349 (wenn auch für die SEPA-Lastschrift, an deren Rechtslage freilich die EEVLastschrift mit dem „Doppel“-Urteil angepasst wurde). Für die nun verbleibenden Optionen des Insolvenzverwalters: Einsele WM 2015, 1125 (1133 f.); Tetzlaff NJW 2011, 974; Wagner ZIP 2011, 846. Kritik an den (angeblich) fortbestehenden Unklarheiten bei der Lösung der anstehenden Fragen (und auch oder vor allem an der dogmatischen Konstruktion) namentlich bei: Nobbe ZIP 2012, 1937. 526 Vgl. zu dieser Qualifikation im Einzelnen unten Dritter Teil Rn 353. 527 OLG Hamm Urt. v. 10.12.2001 – 31 U 103/99, NJW-RR 2002, 1477 (1478); auch MünchKommBGB/Berger Vor § 488 Rn 53; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Rohe § 488 Rn 94. 528 Vgl. zu diesen unten Vierter Teil Rn 870–876 (Renner). Und zum eingeräumten Überziehungskredit („Kreditlinie“) ebenda Rn 844–849. Auch in Frankreich wird bereits für die Kreditlinie das Verbraucherkreditregime angewandt: Piedelièvre Paiement, S. 384. Erst Recht bei der nur geduldeten Überziehung (Zahlungsausführung über den Deckungsrahmen hinaus), ebenso für Frankreich Piedelièvre Paiement, S. 393 f. In Großbritannien fallen sog. Credit Token (insbesondere Karten, die Kreditierung erlauben) an sich schon unter das Verbraucherkreditregime: vgl. etwa Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 664–669, 671; ausf. Brindle/Cox/Smith/Robertson Bank Payments, S. 270–293. 529 Streitig, zur Qualifikation als Willenserklärung (Annahme): wohl auch BankR-HdB/Maihold § 54 Rn 33; einer anderen Ansicht zufolge ist das Angebot schon im Aufstellen des Geldautomaten zu sehen, vgl. MünchKommHGB/ Häuser/Haertlein Anhang I, E 59 f.; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn 221. Zumindest ist von (rechts-) geschäftsähnlicher Handlung auszugehen. 530 Dazu allgemeiner Köhler AcP 182 (1982), 126 (bes. 134); Brauner Das Erklärungsrisiko beim Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, 1988, S. 39–41, bes. 40 f.; Kuhn Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, 1991, S. 54–83, bes. 81–83. Eine Willenserklärung des autorisierenden Kreditinstituts ist problemlos (und unstr.) zu bejahen; speziell zur Wirkung der (Willens-)Erklärung des Instituts bei der Geldautomatenauszahlung vgl. BankR-HdB/Maihold § 54 Rn 33 f.; allgemeiner zur Rechtsgeschäftslehre im elektronischen Zahlungsverkehr, namentlich Online-Banking: Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal 5. Kapitel Rn 32–47.

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ihn wirksam ein Vertreter gehandelt hat (vgl. § 362 Abs. 2 BGB). Andernfalls kommen allenfalls Schadensersatzansprüche gegen den Kunden aus § 675v BGB in Betracht, weil er den Missbrauch der Karte ermöglicht hat.531 b) Exkurs: Anspruch auf Aufrechterhaltung des Betriebs? Zu unterscheiden ist zwischen 239 fehlerhafter Ausführung bzw. Missbrauch und gänzlichem Ausfall des Automaten. Sicherlich ist im ersten Fall die Schuld des kontoführenden Instituts (teilweise) nicht erfüllt bzw. hat dieses keinen Aufwendungsersatzanspruch erworben. Der gänzliche Ausfall wirft gänzlich andere Fragen auf, namentlich solche nach Mangelfolgeschäden, etwa weil Gebühren bei Abhebung am Automaten eines fremden Instituts anfallen oder gar ein wichtiges Geschäft scheitert. Die ec-/maestro-Bedingungen regelten die Frage schon seit 1995 nicht mehr; nach Nr. 7.2 i.d.F. 1/1989 war Funktionserhaltung ausdrücklich nicht zugesagt.532 Die Frage muss also unter Heranziehung allgemein schuldrechtlicher Überlegungen – und unter Berücksichtigung des Massencharakters des Geschäfts – beantwortet werden. Im System der Verschuldenshaftung wurden zunächst die Fälle eines Verschuldens von 240 Angestellten (§ 278 BGB) oder eines Organisationsverschuldens (§ 276 BGB) ausgesondert und hier eine Haftung bejaht.533 Fraglich war erst, ob Versagen der Maschine nach § 278 BGB analog zuzurechnen sei. Teils wurde dies bejaht,534 teils in Anlehnung an die Sphärentheorie betont, dass der Kunde ebenso Zugriff auf die Maschine habe wie das Kreditinstitut und eine Haftung abgelehnt.535 Teils wurde – eher formal – argumentiert, es fehle an der Mahnung und daher an der Ersatzfähigkeit536 – im Widerspruch zu dem, was die h.M. sonst bei fahrlässiger Zugangsvereitelung annimmt.537 Eine Argumentation mit § 254 BGB – der Kunde solle sich bei wichtigen Geschäften nicht auf den Automaten verlassen – weist in die richtige Richtung.538 Noch überzeugender erscheint jedoch eine generellere Lösung, gestützt auf den teils auch andernorts im Schadensrecht anklingenden Effizienzgedanken, da allein Vermögensschäden in Frage stehen, die zudem gestreut werden, also jeden Kunden einmal treffen, und (außer bei grober Leichtfertigkeit des Kunden) auch nur kleine Beträge betreffen.539 Die gegenseitige Zusage der Kreditinstitute, das System pannenfrei zu halten, und die Sorge um das Renommee reichen als Anreiz aus, um Kosten und Pannenfreiheit ins optimale Gleichgewicht zu bringen. Eine Liquidation der kleinen Schäden würde exzessive Transaktionskosten verursachen. Ein Anspruch aus Ausfall der Maschine auf Ersatz von Mangelfolgeschäden ist jedenfalls in den Fällen schon a limine abzulehnen, in denen das Kreditinstitut übliche technische Entwicklungen berücksichtigt und Wartungsarbeiten durchführt. Unterstützt wird diese Auslegung des deutschen Schadensrechts durch Art. 8 Abs. 1, 2 der EG-Empfehlung von 1997, die zudem dem Regelungsmodell der EG-Überweisungs-Richtlinie und Zahlungsdienste-Richtlinie ent-

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531 Diese Regeln stehen dann im Verbund des Haftungsregimes, dazu unten Dritter Teil Vierter Abschnitt, namentlich Rn 424–458. 532 Die Streichung begrüßend, weil die Klausel bedenklich sei: Schröter ZBB 1995, 395 (400); für Nichtigkeit: Klingner-Schmidt ec-Service S. 224–228. 533 Grundlegend: Blaurock CR 1989, 561 (564). 534 So grundsätzlich Möschel AcP 186 (1986), 187 (200 f.). 535 Blaurock CR 1989, 561 (564); ausführlich gegen eine Haftung für Versagen der Maschine (unabhängig von menschlichem Verschulden): Schneider Point of Sale-Zahlungen, S. 165–180. 536 Gößmann WM 1998, 1264 (1272); Canaris Bankvertragsrecht Rn 527i; Pfeiffer Ec-Bedingungen Rn 134. 537 Zugang rückwirkend bejaht, wenn Empfänger später über die Willenserklärung informiert wird: BGH Urt. v. 27.10.1982 – V ZR 24/82, NJW 1983, 929 (930 f.); unstr., etwa Palandt/Ellenberger § 130 Rn 16, 18. 538 In der Tat gehen viele Stellungnahmen von Haftung aus, wollen jedoch damit im Einzelfall nicht ernst machen, etwa Gößmann WM 1998, 1264 (1272). 539 Vgl. näher BGH Urt. v. 29.11.1983 – VI ZR 137/82, NJW 1984, 801 (802); BGH Urt. v. 13.7.1989 – III ZR 122/88, BGHZ 108, 273 = NJW 1989, 2808 (Anm. Kötz/Schäfer JZ 1992, 355); näher für die hier behandelte Frage Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (52–54); und methodisch: ders. RabelsZ 66 (1997), 423 (430–443).

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spricht:540 Kreditinstitute haften für Verlust der Valuta; umgekehrt darf sich der Kunde für Mangelfolgen nicht auf den routinemäßigen Betrieb verlassen. Er muss bei Transaktionen, deren Bedeutung (Folgeschädenpotenzial) er besser erkennen kann als die Kreditinstitute, einen sicheren Weg wählen. Folgerichtig statuieren ex-Art. 57, 59, 60 ZD-RL I und Art. 70, 72, 73 ZD-RL II Pflichten des Instituts ausdrücklich nur in der Form, dass Missbrauch (durch Dritte) vorgebeugt wird. 241

c) Auszahlung beim fremden Institut und garantierte Zahlung beim Händler (POS). Die Bargeldauszahlung am Geldausgabeautomaten des fremden Instituts (Fremd-GA) erfolgt ebenso wie die Entpflichtung des Kunden an der automatisierten Händlerkasse (POS), nachdem er auf Grund des Girocard-Einsatzes und der PIN-Eingabe (Weisung i.S.v. §§ 665, 675 BGB)541 bei der Autorisierungsstelle des kartenemittierenden Instituts eine Verpflichtungserklärung erwirkt hat (für verbindlich erklärt durch Art. 80 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 66 Abs. 2 ZD-RL I und § 675p Abs. 2 BGB). Ist die Karte nicht gesperrt (weil als verloren gemeldet), die PIN korrekt eingegeben und die Nutzungsgrenze (ggf. auch der Deckungsrahmen) nicht erschöpft, so verpflichtet sich das kartenemittierende Institut durch Abgabe einer sog. elektronischen Willenserklärung gegenüber dem fremden Institut oder dem Händler zur Zahlung.542 Diese Verpflichtungserklärung bildet das Kernstück beider Dreiecksverhältnisse, betrifft freilich bereits die Ausführungsphase.543

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d) Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Nutzungsgrenze, Deckungsrahmen und die Frage nach dem Anspruch auf Aufrechterhaltung der Funktion sind im grenzüberschreitenden Girocard-Einsatz umfassend gleich zu sehen. Anders als früher beim Euroscheck gibt es auch nicht verschiedene Nutzungsbegrenzungen je nach Land, sondern werden die eine Nutzungsgrenze und der eine Deckungsrahmen auf die Summe der in- und ausländischen Transaktionen (GA und POS) angewandt. 5. Kreditkarte

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a) Erteilung der Weisung. Die wirksame Weisung des Kunden ist Voraussetzung für die Entstehung des Aufwendungsersatzanspruches auch bei der Kreditkarte.544 Fehlt sie, fehlt regelmäßig auch ein wirksamer (und an das Kartenunternehmen abgetretener) Anspruch gegen den Kunden aus dem Valutaverhältnis, obwohl beide Ansprüche grundsätzlich selbstständig sind. Bei dieser Weisung handelt es sich um eine geschäftsbesorgungsrechtliche Weisung i.S.v.

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540 Nachw. für beide Rechtsakte oben Dritter Teil Rn 87. Ausgegangen wird davon, dass das System auf Grund der drohenden Abwicklungsaufwendungen für alle teurer würde, umgekehrt die Preisvorteile allen Kunden zugute kommen und sie – annäherungsweise – die Lasten auch gleichmäßig tragen. Hier ist es in der Tat paretooptimal, Lasten und Nutzen im Gesamtsystem gegeneinander aufzurechnen. 541 Gößmann WM 1998, 1264 (1265 und 1267); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 33; Schneider Point of SaleZahlungen, S. 15. 542 Dazu allgemeiner Köhler AcP 182 (1982), 126 (bes. 134); Brauner Das Erklärungsrisiko beim Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, 1988, S. 39–41, bes. 40 f.; Kuhn Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, 1991, S. 54–83, bes. 81–83. Eine Willenserklärung des autorisierenden Kreditinstituts ist problemlos (und unstr.) zu bejahen; speziell zum Vertragsschluss beim POS: Bröcker WM 1995, 468 (477–479); Brockmeier POS-System, S. 54–59; Schneider Point of Sale-Zahlungen, S. 48–57. Der Verfügungsrahmen (die Kontodeckung) wird nur geprüft, wenn dies technisch möglich ist, die Nutzungsgrenze systematisch. Näher unten Dritter Teil Rn 252. 543 Daher zur Verpflichtungserklärung näher unten Dritter Teil Rn 352. 544 BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (224) = NJW 1984, 2460; BGH (Fn 380) ZIP 2002, 2079 (2080); Schwintowski/ Hofmann Kap. 10 Rn 23.

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§§ 675, 665 BGB, nicht um eine Anweisung i.S.d. § 683 BGB.545 All dies gilt auch im Zahlungsdiensteregime (Art. 64, 73 ZD-RL II, ex-Art. 54, 60 ZD-RL II, §§ 675j, 675 u BGB), auch bei den im Folgenden erörterten Formfragen hat sich auch durch die Novellierung der Zahlungsdiensterichtlinie nichts geändert: Die zu beachtende Form ist auch hier Frage der Verabredung (§ 675j Abs. 1 S. 3 BGB): Üblicherweise ging diese dahin, dass die Weisung am POS durch Erstellung des Slip und Unterschrift ergeht. Obwohl diese Möglichkeit weiter besteht, erfolgt mittlerweile die Bezahlung aus Sicherheitsgründen meist per PIN oder bei NFC-Kreditkarten, mit denen kontaktlos an Zahlungsterminals gezahlt werden kann, bis zu einem Betrag von 25 Euro ohne jegliche Authentifizierung (vgl auch unten Rn 246 f.). Bei Bargeldauszahlung am Automaten wird ebenfalls die Eingabe der PIN erforderlich, bei Verwendung der Karte im Telefon- und Mailorderverfahren eine mündliche oder elektronische Mitteilung der Kartendaten, ggf. unter Heranziehung zusätzlicher Authentifizierungsverfahren wie etwa MasterCard SecureCode oder VISA 3D Secure und namentlich einer starken Kundenauthentifizierung nach Art. 97 Abs. 1 ZD-RL II i.V.m. § 55 ZAG und Art. 4 Abs 1 2. UAbs. Delegierte VO (EU) 2018/389. Da es an Formanforderungen fehlt und weil auch der Richtliniengeber bewusst von solchen absah (Art. 64 Abs. 2 ZDRL II, ex-Art. 54 Abs. 2 ZD-RL I und § 675j Abs. 1 S. 3 BGB). kann in Ausnahmefällen weiter auf die Rechtsprechung zu den Fällen rekurriert werden, in denen letztlich von Auftragserteilung (Autorisierung) sogar ohne explizite eigene Zustimmung des Nutzers ausgegangen wurde, namentlich auf Grund einer Anscheinsvollmacht.546 Es handelt sich jedoch um seltene Ausnahmefälle, in denen eine besondere Nähe zwischen berechtigtem Karteninhaber und dem agierenden Dritten bestand und nach außen sichtbar wurde,547 und nicht um die typischen Drittmissbrauchsfälle. Zudem lässt Verschulden des Instituts, etwa ein Unterlassen des notwendigen Abgleichs, nach Rechtsscheingrundsätzen teils bereits die Zurechnung der Willenserklärung an den Kunden entfallen.548 Stammt der Auftrag nicht vom Berechtigten und ist die Autorisierung ihm nach den geannten Grundsätzen nicht zuzurechnen, so gelten die Grundsätze über den Missbrauch durch Dritte (vgl. Dritter Teil Rn 449–455). b) Wirksamkeitshindernisse. Die Wirksamkeit der Weisung beurteilt sich nach der all- 244 gemeinen Rechtsgeschäftslehre. Daher fehlt es an ihr insbesondere bei Handeln beschränkt Geschäftsfähiger ohne Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter549 oder bei sonstigen Wirksamkeitshindernissen, jedoch auch, wenn ein Fehler im Valutaverhältnis ausnahmsweise auch auf die Weisung durchschlägt. Dies ist insbesondere bei Sittenwidrigkeit des Valutaverhältnisses

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545 BGH (Fn 380), ZIP 2002, 2079 (2080); Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 23; Langenbucher/Gößmann/ Werner Zahlungsverkehr, § 3 Rn 45. 546 Vgl. oben Fn 528. 547 BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 (3214); Langenbucher FS Köndgen 2016, S. 383 (387 f.); Neuberger BuB Rn 6/1924–6/1932; Baumbach/Hopt (36. Aufl.) (7) Rn C/50 für die Blankounterschrift; so auch BGH Urt. v. 31.5.1994 – VI ZR 12/94, NJW 1994, 2357 (2358 f.), für die Verfälschung einer Sammelüberweisung durch eingeschaltete Angestellte. Insoweit wendet der BGH im bestehenden Rahmenvertrag ohnehin nicht die Grundsätze über die Anscheins- oder Duldungsvollmacht an, sondern zu Recht die strengeren über die Haftung für Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB). Zuzurechnen ist deren (auch vorsätzlich weisungswidriges) Verhalten jedenfalls, wenn sie zur Ausfüllung von Überweisungsträgern eingesetzt werden. Vgl. auch OLG Koblenz Urt. v. 9.12.1983 – 2 U 944/82, WM 1984, 206 (208 f.). 548 So wird etwa der Anschein einer Vollmacht bereits gänzlich verneint, wenn das Institut insoweit selbst ebenfalls fahrlässig agierte: vgl. BGH Urt. v. 15.2.1982 – II ZR 53/81, NJW 1982, 1513 (1513); vergleichbar im Überweisungsverkehr sorgloser Umgang mit Überweisungsträgern mit Voreindruck. Demgegenüber führt Verschulden des Instituts beim Schadensersatzanspruch nach § 675v BGB nur zu einer Minderung nach § 254 BGB, vgl. dort. 549 Implizit BGH Urt. v. 2.5.1990 – VIII ZR 139/89, NJW 1990, 2880; zu den Grundsätzen und Unwirksamkeit auf Grund von § 105 BGB OLG Köln Urt. v. 14.11.2001 – 13 U 8/01, WM 2002, 1800 (1802) (bestätigt in BGH Urt. v. 24.9.2002 – XI ZR 420/01, NJW 2002, 3698).

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der Fall.550 Die Weisung kann auch mündlich, in der Praxis allein unter Angabe der Kartennummer und (eine gewisse Authentizität verbürgend) unter Nennung des Ausgabedatums, erfolgen, freilich ab Einführung der Anforderung einer starken Kundenauthetifizierung im September 2019 nur noch unter Einschränkungen – namentlich wenn dieser (nichtelektronische) „Fernzugang“ Art. 97 Abs. 1 ZD-RL II i.V.m. § 55 ZAG und Art. 4 Abs 1 2. UAbs. Delegierte VO (EU) 2018/389 im konkreten Fall keine Missbrauchsgefahr begründet – etwa bei persönlichem Erkennen des Kunden am Telefon – und daher keine starke Kundenauthentifizierung gefordert ist. Die mündliche Weisung wird dann vom Vertragsunternehmen, dem gegenüber sie ausgesprochen wird, dem Kartenunternehmen überbracht. Unproblematisch ist die nicht formularmäßige Weisung, wenn sie in den AGB des Kartenunternehmens vorgesehen ist (etwa Nr. 3 Abs. 1 S. 2 Kreditkarten-Kundenbedingungen Deutsche Bank). Jedoch auch wenn die Bedingungen formularmäßige Weisung fordern, ist die mündliche Weisung, wenn das Kartenunternehmen daraufhin leistet, dh. bei konkludenter gegenläufiger Vereinbarung, wirksam (§ 305b BGB). Die Beweislast, dass die Weisung erteilt wurde, trägt nach allgemeinen Grundsätzen jedes Unternehmen dem Kunden gegenüber (Art. 72 Abs. 1 ZD-RL II, ex-Art. 59 Abs. 1 ZD-RL I und § 675w BGB),551 zwischen ihnen das Vertragsunternehmen. Eine klauselmäßige Veränderung dieser Beweislastgrundsätze verstößt gegen § 309 Nr. 12 BGB und wohl auch gegen § 307 Abs. 2 BGB.552 245

c) Keine Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Wieder wird das für den Karteninhaber maßgebliche Verhältnis dem Kreditinstitut bzw. Kartenemittenten gegenüber „inlandisiert“, d.h. nach den genannten Grundsätzen behandelt, gleichgültig, ob die Transaktion im Inland oder aber im Ausland, auch in einem Drittland außerhalb von EU/EWR, getätigt wurde. 6. Auftragserteilung mit starker Kundenauthentifizierung bzw. über Zahlungsauslösedienst

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a) Starke Kundenauthentifizierung. Auf der Grundlage von Art. 97, 98 ZD-RL II, einer Regelung, die in den aufsichtsrechtlichen Teil der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie fällt, wurde in § 55 ZAG eine Pflicht zur sog. starken Kundenauthentifizierung eingeführt und zwar bei (i) online-Zahlungen und -Kontozugriffen, allgemeiner bei (ii) elektronischen Zahlungen und bei (iii) missbrauchsgefährdeten Formen von Fernzugriff (Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3). Bei elektronischen Fernzahlungsvorgängen gilt sogar eine (inhaltlich qualifizierte) Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung in dynamischer Form (Abs. 2). Anwendbar ist die Norm erst seit 14.9.2019,553 weil dieses Regime erst 18 Monate nach Inkrafttreten der die starke Kundenauthentifizierung

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550 LG Berlin Urt. v. 30.10.1985 – 18 O 263/85, NJW 1986, 1939; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 402; Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 57 (trotz Ausschluss von § 404 BGB etwa durch Nr. 6 Mastercard-Kundenbedingungen; in der Neuauflage nicht erwähnt); auch BGH Urt. v. 3.10.1989 – XI ZR 154/88, NJW 1990, 384 a maiore. 551 Metz NJW 1991, 2804 (2809); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 40 (jedoch zu Unrecht Mittlerpflichten des Kartenunternehmens bejahend); der Kunde darf daher nicht auf die Grundsätze über den Anscheinsbeweis verwiesen werden: Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 110. Zur formularmäßigen Weisung, die der Höhe nach offen blieb: Etzkorn WM 1991, 1901 (1904). 552 KG (Fn 374) NJW 1993, 2879 (2880) = WuB I D 5.-3.94 (Oechsler); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 40. 553 Vor diesem Zeitpunkt, auf der Grundlage der Übergangsregel in § 68 Abs. 4 ZAG: Rundschreiben 4/2015 BaFin Mindestanforderungen an die Sicherheit von Internetzahlungen (MaSI) – Titel II Ziffer 7.1 – verfügbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Rundschreiben/2015/rs_1504_ba_MA_Internetzahlung en.html; dazu Omlor ZIP 2017, 1836 (1840); zum EU-rechtlichen Hintergrund auch schon hier Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (183 f.); ausf. Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 36–41; und zu den Unterschieden im Anwendungsbereich namentlich Terlau ZBB 2016, 122 (131).

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näher ausgestaltenden Delegierten Verordnung der EU-Kommission554 zur Anwendung kommen sollte.555 Die stärkste zivilrechtliche Wirkung entfaltet die Pflicht über § 675v Abs. 4 BGB, der einen Haftungsausschluss zugunsten des Zahlungsdienstenutzers statuiert, wenn die gesetzlich geforderte (ggf. auch die einfach nur mögliche) starke Kundenauthentifizierung vom Zahlungsdienstleister oder -empfänger nicht verlangt bzw. nicht akzeptiert wird (dazu unten Dritter Teil Rn 447). Eine starke Kundenauthentifizierung setzt nach Art. 4 Abs. 1 Delegierte VO (EU) 2018/389 – vergleichbar § 1 Abs. 24 ZAG i.V.m. § 675c Abs. 3 BGB – voraus, dass zwei voneinander unabhängige Elemente556 aus zwei unterschiedlichen von drei möglichen Kategorien zusammenkommen und abgeprüft werden.557 Außerdem muss sichergestellt sein, dass aus einem aus der Prüfung generierten Authentifizierungscode nicht auf diese Elemente geschlossen werden kann, kein weiterer Authentifizierungscode hergestellt und dieser auch nicht gefälscht werden kann (Abs. 2). Die Sicherheitsanforderungen werden in Abs. 3 näher spezifiziert. Die nach Abs. 1 möglichen Kategorien sind die des Wissens, das nach den Nutzungsbedingungen dem rechtsmäßigen Nutzer exklusiv sein muss (etwa Wissen um PIN),558 die des Besitzes (etwa Halten der Giro- oder Kreditkarte) und die der Inhärenz, also Seinsmerkmale (des rechtmäßigen Nutzers, etwa seines Fingerabdrucks oder biometrischer Daten).559 Keine der Kategorien ist durch die auf der Kreditkarte aufgedruckte Kartennummer, Kontrollnummer und das Gültigkeitsdatum erfüllt,

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554 Delegierte Verordnung (EU) 2018/389 der Kommission vom 27. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards für eine starke Kundenauthentifizierung und für sichere offene Standards für die Kommunikation, ABl.EU 2018 L 69/23; für weitere Teile des Rulebook Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 7. 555 Genauer 18 Monate nach Bekanntmachung von deren Inkrafttreten, wie sie sie Art. 15 Abs. 1 des (zweiten) Zahlungsdiensterichtlinie-Umsetzungsgesetzes (oben Fn 12) vorsieht (in diesem Artikel das „Einführungsgesetz“ zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, das selbst wiederum in Art. 1 enthalten ist), diese intertemporale Regelung insgesamt auf der Grundlage von Art. 115 Abs. 4 ZD-RL II. Auf der Grundlage dieses intertemporalen Normgehalts stellte Bekanntmachung über das Inkrafttreten des delegierten Rechtsakts nach Artikel 98 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG vom 26.7.2019, BGBl. 2019 I, S. 1113 fest, dass der delegierte Rechtsakt (vorige Fn) am 14. März 2018 in Kraft getreten sei – woraus sich dann eine Anwendbarkeit des materiellrechtlichen Regimes (§ 55 ZAG) ab dem 14.9.2019 errechnet. Zu §§ 45–52 ZAG, die demselben (intertemporären) Anwendungsregime folgen, nächste Rn bzw. oben und unten Dritter Teil Rn 174 und 280. 556 Zum Kriterium gegenseitiger Unabhängigkeit: Hoffmann VuR 2016, 243 (249); Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 14; Palandt/Sprau § 675v Rn 10. Zu bejahen bei PIN und TAN und bei Karteneinsatz und PIN. Hingegen fehle sie bei Karteneinsatz und Unterschrift im Präsenzgeschäft und im Distanzgeschäft: Hofmann BKR 2018, 62 (65) – was freilich, wenn die Unterschrift tatsächlich graphologisch sicher jeweils seinem (berechtigten) Urheber zugeordnet werden kann, zweifelhaft ist. Die Authentizität ist nicht weniger zweifelsfrei festzustellen als bei PIN und TAN, nur nicht für jedermann. 557 Vgl. zu den Anforderungen etwa BaFin-Fachartikel (Strassmair-Reinshagen) zur starken Kundenauthentifizierung, erhältlich über https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2018/fa_bj_1806_Starke_Kundenauthentif izierung.html; zu dieser ausf. Kunz Rechtliche Rahmenbedingungen für Mobile Payment – ein Blick auf die Anforderungen zur starken Kundenauthentifizierung, CB 2018, 393; vgl. auch in den Übersichtsaufsätzen, etwa Borges ZBB 2016, 249 (256); Hoffmann VuR 2016, 243 (248); Jünemann DB 2917, 1952 (1955); Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (186); Werner BKR 2018, 449 (450). Spezifisch dazu, dass die beiden Elemente aus zwei verschiedenen Kategorien stammen müssen: Borges, ZBB 2016, 249 (256); Palandt/Sprau § 675v Rn 10. 558 Zu dieser Kategorie „exklusiven“ Wissens (insbes. PIN) Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (186); Palandt/Sprau § 675v Rn 10; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675v Rn 13. Dazu, dass Nutzungsbedingungen solch eine „Exklusivität“ herstellen können (etwa Weitergabeverbot bei PIN) vgl. Hoffmann VuR 2016, 243 (248). Auch TAN wird teils in diese Kategorie gezählt, zu Unrecht, vgl. im Text. 559 Nach hM nur biometrische Daten, nicht autographische Unterschrift: Hofmann BKR 2018, 62 (65); Palandt/Sprau § 675v Rn 10; aufgrund des Umstandes, dass die Unterschrift nicht für elektronische Zahlungsvorgänge, sondern nur für den vom Kartenlesegerät erstellten Leistungsbeleg (vergleichbar mit einer Lastschrift) zum Einsatz kommt, hat die Unterschrift im Zusammenhang mit der starken Kundenauthentifzierung keinen Anwendungsbereich, vgl. MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Abschnitt G Rn 29.

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weil diese auch bei ordnungsgemäßen Gebrauch, etwa vom Händler, kopiert werden können, bei Sliperstellung sogar zwingend kopiert werden, und daher Eingabe dieser Elemente weder Besitz noch exklusives Wissen belegt.560 Umgekehrt ist die TAN, soweit sie heute per SMS ans Handy gesandt oder über TAN-Generatoren individuell und ad hoc kreiert wird und dann etwa online-Überweisungen auslösen hilft, der Kategorie Besitz, nicht der Kategorie Wissen, zuzuordnen, weil sie beweist, dass der Empfänger im Besitz des vom rechtmäßigen Zahlungsdienstenutzer angegebenen Handys oder seines TAN-Generators ist (vergleichbar Kartenbesitz, zu dem PIN hinzukommt).561 Andernfalls wäre auch ein so zentraler Zahlungsvorgang wie die OnlineÜberweisung mittels Eingabe von PIN und TAN nicht hinreichend authentifiziert (keine zwei Elemente aus zwei unterschiedlichen Kategorien) – was sicherlich nicht die Intention der Gesetzgeber auf EU- und auf nationaler Ebene war. Eine dynamische Verknüpfung (§ 55 Abs. 2 ZAG, Art. 5 Delegierte VO (EU) 2018/389) setzt namentlich voraus, dass jedes Element „speziell für den Zahlungsbetrag und den Zahlungsempfänger“ generiert bzw. eingegeben ist, also bei Änderung des Betrags oder Empfängers nochmals eine neue TAN zu generieren ist und die PIN neu einzugeben ist, also Autorisierung in vollem Bewusstsein der essentialia der Zahlung erfolgt.562 Wohl nur aufsichtsrechtlich von Bedeutung ist hingegen die umfangreiche Regelung von Ausnahmen von der Authentifizierungspflicht, die Art. 10–20 der Delgierten VO (EU) 2018/389 vorsehen und die im Kern auf der Überlegung beruhen, dass das Geheimhaltungsinteresse oder die Transaktion geringfügig sind (Art. 10–12 und 16), diese strukturell kein Risiko birgt (Art. 13–15) oder nur in sehr exklusiven Systemen stattfindet (Art. 17) bzw. dass im konkreten Fall kraft Risikoanalyse hinreichend nachgewiesen ist, dass das Risiko bei dieser Transaktionsform statistisch auch nicht größer ist als bei Zahlungsvorgängen, die mit starker Kundenauthentifizierung abgesichert sind (Art. 18–20).563 247

b) Auftragserteilung über Zahlungsauslösedienst (mit § 675k Abs. 3 BGB). Ebenfalls erst seit dem 14.9.2019 anwendbar sind mit den §§ 48 f., 52 und auch § 55 Abs. 3 ZAG die Kernregeln zu den Zahlungsauslösedienstleistern (und Kontoinformationsdienstleistern), deren Wirken spezifisch auf diejenigen Zahlungsvorgänge fokussiert sind, die nach § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 1–3 ZAG der starken Kundenauthentifizierung bedürfen (vorige Rn).564 Ihre Einschaltung soll also vor allem möglichst sichere Abwicklung gewährleisten, darüber hinaus ggf. Verlässlichkeit in der Rechtzeitigkeit der Auslösung (vor allem bei größeren Transaktionszahlen) und eine Ab-

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560 Ebenso (und daher das klassische mail-order-Verfahren [Dritter Teil Rn 453] ohne starke Kundenauthentifizierung) BaFin-Fachartikel (Strassmair-Reinshagen) (oben Fn 488); Palandt/Sprau § 675v Rn 10; Hofmann BKR 2018, 62 (68); vgl. auch MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Abschnitt G Rn 28. 561 Ebenso (Kategorie Besitz) Baumann GWR 2017, 275 (277); Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (186); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 97; demgegenüber für Einordnung in die Kategorie Wissen: Palandt/Sprau § 675v Rn 10; MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Abschnitt K Rn 28. Im herkömmlichen TAN-Verfahren, in dem eine Serie von TAN-Zahlen zur Verfügung gestellt wurde, kann sicherlich allenfalls von einem Element der Kategorie Besitz gesprochen werden, jedenfalls jedoch nicht von dynamischer Verknüpfung iSv Art. 5 Delegierte VO (EU) 2018/389, weil nicht spezifisch auf eine Transaktion mit bestimmtem Betrag und für bestimmte Person bezogen – so dass diese Technik jedenfalls im elektronischen Fernzahlungsverkehr nach Art. 97 II ZD-RL II insuffizient ist: Omlor BKR 2019, 105 (109) mwN. Für die Karte als Hauptbeispielsfall des Elements Besitz: Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (186); Palandt/Sprau § 675v Rn 10. 562 Dazu etwa Omlor ZIP 2017, 1836 (1841); BaFin-Fachartikel (Strassmair-Reinshagen) (oben Fn 488). 563 Kilian in: Möslein/Omlor (Hrsg.), FinTech-Handbuch, § 8 Rn 17; Ph. Schmalenbach Die Digitalisieirung des Zahlungswesens S. 241–244. Komplex ist insbes. die letzte Ausnahme (Art. 18–20), nach der eine (jährlich fortzuschreibende) Risikoanalyse belegen muss, dass beim gewählten Weg – i.d.R. stark individualisiert und auf der Grundlage von big data oder targeted data zum konkreten Nutzer – die Missbrauchsrate statistisch nicht höher liegt als bei der Referenzbetrugsrate für „kartengebundene elektronische Fernzahlungsvorgänge“ bzw. „elektronische Überweisungen über einen Fernzugang“. Zur fehlenden Wirkung im Zivilrecht vgl. unten Dritter Teil Rn 447. 564 Zur genannten Fokussierung Werner WM 2018, 449 (450); vgl. auch Baumann GWR 2017, 275 (277). Zur Anwendbarkeit seit 14.9.2019 vorige Rn (dort für § 55 ZAG, bei dem das Anwendungsregime denselben Normen folgt).

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wicklung in Echtzeit.565 So unterfallen Zahlungen, die durch Sofortüberweisung (dem Marktführer unter den Zahlungsauslösedienstleistern) ausgelöst werden, in der Regel nicht nur dem Pflichtentatbestand für starke Kundenauthentifizierung in § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZAG, sondern auch der verstärkten Anforderung der dynamischen Verknüpfung gem. § 55 Abs. 2 ZAG.566 Spezifisch auf diese Verknüpfung mit starker Kundenauthentifizierung und den Sicherheitsaspekt zielt auch die wichtigste zivilrechtliche Regel, die sich im Regelkomplex individuelle Autorisierung durch den Nutzer findet. Nach § 675k Abs. 3 BGB kann die Tätigkeit eines Zahlungsauslösedienstleisters gesperrt werden – vergleichbar wie ein Zahlungsinstrument, etwa die Girocard (in Art. 68 ZD-RL II auch beide Sperren unmittelbar nacheinander in Abs. 4 und 5 geregelt). Die Befugnis hierzu besteht wiederum in Fällen, in denen „objektive und gebührend nachgewiesene Gründe“, i.d.R. Tatsachen, eine besondere Missbrauchsgefahr nahelegen (klarer in den Voraussetzungen Art. 68 Abs. 5 ZD-RL II, den § 675k Abs. 3 BGB umsetzt; aufsichtsrechtlich, mit Berichtspflichten an die BaFin, dazu § 52 ZAG, oben Dritter Teil Rn 173 f.). Die Begründung für die Sperrentscheidung geht nicht an den Zahlungsauslösedienstleister, dessen (wahrscheinliches) Fehlverhalten zur Diskussion steht, sondern an den Zahler als den Kontoberechtigten, potentiell auch finanziell Betroffenen und jedenfalls die Person, die über die Einschaltung dieses bzw. eines Zahlungsauslösedienstes entschied und für die Zukunft entscheidet (mit einer Ausnahme, wenn auch das Kundenverhalten Sicherheitsbedenken aufwirft).567 Unter den aufsichtsrechtlichen Regeln zum Zahlungsauslösedienstleister (§§ 48 f., 52 und 55 Abs. 3 und 4 ZAG) betreffen allein § 49 und 55 Abs. 3 ZAG die individuelle Autorisierung, die Einzelentscheidung:568 Für alle Sicherheitsvorkehrungen, namentlich Sicherheit und Vertraulichkeit der jeweiligen Kommunikationswege, muss der Zahlungsauslösedienstleister die gleichen Standards erfüllen wie der kontoführende Zahlungsdienstleister selbst (§ 55 Abs. 3 ZAG mit dem Verweis auf Abs. 1 und 2); freilich bleibt die Letztverantwortung, die geschuldete starke Kundenauthentifizierung wirklich einzufordern, bei Letzterem (daher kein Verweis in § 55 Abs. 3 ZAG auf Abs. 1 S. 1 – und vergleichbar in Art. 97 Abs. 4 ZD-RL II).569 Inhaltlich ist auch der Zahlungsauslösedienstleister vor allem an den Grundsatz der Auftragsstrenge gebunden (§ 49 Abs. 1 S. 1 ZAG), unterstützt jedoch ausschließlich den Autorisierungsvorgang, nicht den Transfervorgang mit Zugang zu Geldern und Guthaben, die strikt untersagt sind (§ 49 Abs. 1 S. 2 ZAG, Art. 66 Abs. 3 lit. a ZD-RL II).570 Rechtlich geprägt ist seine Rolle durch die Pflichten: (i) zum Ausweis gegenüber dem Zahlerinstitut und Verwendung der personalisierten Sicherheitsmerkmale allein gegenüber Zahler und Zahlerinstitut (Abs. 2), (ii) zur Gewährleistung vollständiger Sicherheit der Kommunikationswege (Abs. 3) und (iii) zu strikter Vertraulichkeit der Daten und Limitierung ihrer Verwendung auf den Zweck der Zahlungsauslösung (Abs. 4).

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565 Zu diesen Zielen (und auch zum Geschäftsmodell der Zahlungsauslösedienstleister) vgl. etwa Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (177–180 sowie 181–183 und 185) (Schnelligkeit, bisher fehlende Regulierung, Echtzeit, umgekehrt jedoch „Zahlen mit Daten“, sowie Sicherheitsfragen und Sicherheit der Zahlung für Empfänger); sowie (bes. die Verlässlichkeit der Auslösung im Interesse des Empfängers betonend): Harman BKR 2018, 457 (458 f., 465) (aber Datensicherheit gerade abnehmend); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 21, 186, 324; Werner WM 2018, 449 (449 f.). 566 Omlor ZIP 2017, 1836 (1841); Terlau ZBB 2016, 122, (135); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 199 f. Auch Erw.grund 96 ZD-RL II betont im Zusammenhang mit der starken Kundenauthentifizierung spezifisch den Bezug zu den Zahlungsauslösediensten. 567 Vgl. zu den Voraussetzungen für eine Sperre (und zur Informationsvorenthaltung auch gegenüber dem Nutzer im Ausnahmefall) auch Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675k Rn 8; MünchKommHGB/Häuser Band 6, Teil 1, Kapitel B, Rn 75, 76 (auch zur schadensersatzbegründenden unberechtigten Zugangsverweigerung). 568 Zu den verbleibenden Regeln, die das Rahmenrechtsverhältnis betreffen, oben Dritter Teil Rn 173–175 (zu §§ 48, 52 und 55 Abs. 4 ZAG). 569 Ebenso Terlau ZBB 2016, 122 (136); ders. jurisPR-BKR 2/2016, Anm. 1 unter IV. 3. c). 570 Hierzu Harman BKR 2018, 457 (462); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 197; Werner WM 2018, 449 (450). Daher auch Begrenzung der Pflicht zur Eigenkapitalausstattung auf (regelmäßig) 50.000,– €, vgl. § 12 Nr. 3 lit. b ZAG.

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II. §§ 675k bis 675m BGB: Nutzungsbegrenzung, Sperre und Missbrauchsprävention bei Zahlungsinstrumenten § 675k Begrenzung der Nutzung eines Zahlungsinstruments; Verweigerung des Zugangs zum Zahlungskonto (1) In Fällen, in denen die Zustimmung mittels eines Zahlungsinstruments erteilt wird, können der Zahler und der Zahlungsdienstleister Betragsobergrenzen für die Nutzung dieses Zahlungsinstruments vereinbaren. (2) Zahler und Zahlungsdienstleister können vereinbaren, dass der Zahlungsdienstleister das Recht hat, ein Zahlungsinstrument zu sperren, wenn 1. sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit des Zahlungsinstruments dies rechtfertigen, 2. der Verdacht einer nicht autorisierten oder einer betrügerischen Verwendung des Zahlungsinstruments besteht oder 3. bei einem Zahlungsinstrument mit Kreditgewährung ein wesentlich erhöhtes Risiko besteht, dass der Zahler seiner Zahlungspflicht nicht nachkommen kann. In diesem Fall ist der Zahlungsdienstleister verpflichtet, den Zahler über die Sperrung des Zahlungsinstruments möglichst vor, spätestens jedoch unverzüglich nach der Sperrung zu unterrichten. In der Unterrichtung sind die Gründe für die Sperrung anzugeben. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit der Zahlungsdienstleister hierdurch gegen gesetzliche Verpflichtungen verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, das Zahlungsinstrument zu entsperren oder dieses durch ein neues Zahlungsinstrument zu ersetzen, wenn die Gründe für die Sperrung nicht mehr gegeben sind. Der Zahlungsdienstnutzer ist über eine Entsperrung unverzüglich zu unterrichten. (3) Hat der kontoführende Zahlungsdienstleister einem Zahlungsauslöse- oder Kontoinformationsdienstleister den Zugang zum Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers verweigert, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer in einer im Zahlungsdiensterahmenvertrag zu vereinbarenden Form über die Gründe zu unterrichten. Die Unterrichtung muss möglichst vor, spätestens jedoch unverzüglich nach der Verweigerung des Zugangs erfolgen. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit der kontoführende Zahlungsdienstleister hierdurch gegen gesetzliche Verpflichtungen verstoßen würde. § 675l Pflichten des Zahlungsdienstnutzers in Bezug auf Zahlungsinstrumente (1) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, unmittelbar nach Erhalt eines Zahlungsinstruments alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um die personalisierten Sicherheitsmerkmale vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Er hat dem Zahlungsdienstleister oder einer von diesem benannten Stelle den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsinstruments unverzüglich anzuzeigen, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat. Für den Ersatz eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsinstruments darf der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer ein Entgelt vereinbaren, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdeckt. (2) Eine Vereinbarung, durch die sich der Zahlungsdienstnutzer gegenüber dem Zahlungsdienstleister verpflichtet, Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung eines Zahlungsinstruments einzuhalten, ist nur insoweit wirksam, als diese Bedingungen sachlich, verhältnismäßig und nicht benachteiligend sind. § 675m Pflichten des Zahlungsdienstleisters in Bezug auf Zahlungsinstrumente; Risiko der Versendung

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(1) Der Zahlungsdienstleister, der ein Zahlungsinstrument ausgibt, ist verpflichtet, unbeschadet der Pflichten des Zahlungsdienstnutzers gemäß § 675l Absatz 1 sicherzustellen, dass die personalisierten Sicherheitsmerkmale des Zahlungsinstruments nur der zur Nutzung berechtigten Person zugänglich sind, die unaufgeforderte Zusendung von Zahlungsinstrumenten an den Zahlungsdienstnutzer zu unterlassen, es sei denn, ein bereits an den Zahlungsdienstnutzer ausgegebenes Zahlungsinstrument muss ersetzt werden,

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sicherzustellen, dass der Zahlungsdienstnutzer durch geeignete Mittel jederzeit die Möglichkeit hat, eine Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 vorzunehmen oder die Aufhebung der Sperrung gemäß § 675k Absatz 2 Satz 5 zu verlangen, 4. dem Zahlungsdienstnutzer eine Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 kostenfrei zu ermöglichen und 5. jede Nutzung des Zahlungsinstruments zu verhindern, sobald eine Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 erfolgt ist. Hat der Zahlungsdienstnutzer den Verlust, den Diebstahl, die missbräuchliche Verwendung oder die sonstige nicht autorisierte Nutzung eines Zahlungsinstruments angezeigt, stellt sein Zahlungsdienstleister ihm auf Anfrage bis mindestens 18 Monate nach dieser Anzeige die Mittel zur Verfügung, mit denen der Zahlungsdienstnutzer beweisen kann, dass eine Anzeige erfolgt ist. (2) Die Gefahr der Versendung eines Zahlungsinstruments und der Versendung personalisierter Sicherheitsmerkmale des Zahlungsinstruments an den Zahlungsdienstnutzer trägt der Zahlungsdienstleister. (3) Hat ein Zahlungsdienstleister, der kartengebundene Zahlungsinstrumente ausgibt, den kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers um Bestätigung ersucht, dass ein für die Ausführung eines kartengebundenen Zahlungsvorgangs erforderlicher Betrag auf dem Zahlungskonto verfügbar ist, so kann der Zahler von seinem kontoführenden Zahlungsdienstleister verlangen, ihm die Identifizierungsdaten dieses Zahlungsdienstleisters und die erteilte Antwort mitzuteilen.

1. Überblick – Missbrauch (unbefugte Autorisierung) und Missbrauchsprävention bei 248 Zahlungsinstrumenten. §§ 675k bis 675m BGB regeln Instrumente und Pflichten, die einem Missbrauch von Zahlungsinstrumenten vorbeugen sollen, namentlich auch durch den Einsatz von Authentifizierungsverfahren, die für besonders missbrauchsanfällige Situationen seit der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie auch spezifisch vorgeschrieben werden (vgl Art. 97 Abs. 1 RDRL II). Zwischen Zahlungsinstrument und Zahlungsauthentifzierungsverfahren wird seitdem auch strenger getrennt – und daher auch für die Missbrauchsprävention heute auf „Zahlungsinstrumente“ in §§ 675l und 675m BGB (und gezielt auf die jeweilige Situation bezogene „Authentifizierungs“-Instrumente) abgestellt, nicht mehr allgemein auf Zahlungsauthentifizierungsinstrumente (so §§ 675l, 675m BGB a.F.). Missbrauchsprävention ist heute für jedes Zahlungsinstrument geschuldet, nicht mehr nur für solche mit spezifischen Authentifizierungsverfahren. Dies löst auch die bisher umstrittene Frage – in dem bereits in der Vorauflage vertretenen Sinne –, ob denn Missbrauchsprävention auch bei denjenigen Instrumenten zu betreiben sei, bei denen – wie bei der Kreditkarte – alle Angaben, wie i.d.R. im Fernabsatz, direkt von der Karte abgelesen werden können (Nummer, Gültigkeitszeitraum, Prüfziffer).571 Zwar sind hier die Sicherheitsmerkmale nie zu trennen, so dass selbst in der Hand des Berechtigten die sichere persönliche Zuordnung an diesen nicht gewährleistet wird, andererseits wurde jedoch durch die Kreditkarte unzweifelhaft ein System von Angaben geschaffen, die als Sicherheitsmerkmale fungieren sollen/sollten. Da der Willen des Richtliniengesetzgebers entschied (nicht gegenläufige Stellungnahmen im deutschen Gesetzgebungsverfahren) und dieser eine teleologische Auslegung sehr in den Vordergrund rückte, war schon nach alter Rechtslage eine Missbrauchsprävention bei solchen zwar nicht personalisierbaren, jedoch missbrauchsanfälligen Instrumenten geschuldet. Heute ist das nicht mehr zu bezweifeln, da die Kreditkarte mit den genannten Angaben unzweifelhaft ein Zahlungsinstrument darstellt. Die Überweisung per Online-Banking (mit PIN und TAN) zählte schon nach alter Rechtslage unstreitig zu den Zahlungsvorgängen mit Zahlungsauthentifizierung, so dass sich die Pflicht zur Missbrauchsprävention auf die dort eingesetzten Verfahren fraglos bezog und auch weiterhin bezieht. Bei der Prävention wird unterschieden zwischen Präventionsmechanismen, die punk-

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571 So Oechsler WM 2010, 1381 (1381); und Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 248. aA Casper/Pfeifle WM 2009, 2243 (2249); und wohl auch BR-Drucks. 848/08, S. 186. Vgl. darüber hinaus Nachw. oben Dritter Teil Rn 70 (Fn 159). Zum darin liegenden Systemwechsel – oder zumindest Klärung (Zahlungsinstrument primär nur noch Auslöseinstrument für elektronische Zahlung, nicht mehr Authentifizierungsinstrument, das davon streng getrennt zu sehen ist) Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 43 ff.

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tuell und einfach wirken (§ 675k BGB) und besonders großem Schaden vorbeugen sollen, und allgemeinen Verhaltenspflichten (§§ 675l, 675m BGB). Die punktuellen Präventionsinstrumente (§ 675k Abs. 1 und 2 BGB) bestehen: (i) in der Festlegung einer Nutzungsbegrenzung für das (missbrauchsanfällige) Instrument, die die Verfügungen nicht übersteigen können, so dass ein Schaden auf dieses Limit begrenzt wird (auch finanzielle Nutzungsgrenze genannt) (§ 675k Abs. 1 BGB); und (ii) in der Möglichkeit, den Verlust des Instruments, das (mit anderen personalisierten Merkmalen wie der PIN) die Authentifizierung erst ermöglicht, etwa den Verlust der Girocard, anzuzeigen, worauf dieses Instrument gesperrt wird (§ 675k Abs. 2 BGB). Schon bei der Sperre wirken beide Beteiligten, die Kartenemittenten (oder Emittenten der Zahlungsinstrumente) und die Karteninhaber (Nutzer der Zahlungsinstrumente), zusammen. Dies gilt allgemein bei den allgemeinen Verhaltenspflichten. Hierfür werden beide Beteiligten, Nutzer/Zahler (§ 675l BGB) und Emittent (§ 675m BGB) systematisch „gemeinsam“ in die Pflicht genommen. Ziel ist letztlich, dem sog. „cheapest cost avoider“ den Anreiz zu geben, die nötige Sorgfalt walten zu lassen und gemeinsam das Risiko, so gut wie unter sinnvollem Kosten- und Sorgfaltsaufwand möglich, zu minimieren.572 Für die Missbrauchsprävention wird also (kumuliert) sowohl auf konkrete Einzelmaßnahmen als auch auf eine eher offene allgemeine Verhaltensanforderung gesetzt. Konzipiert wurde dieses Regime freilich nicht durch den (Europäischen) Gesetzgeber, sondern er kodifizierte nur ein vorher vergleichbar bestehendes Präventionssystem, das die Praxis entwickelt hatte. Und die Präventionsmaßnahmen und -pflichten erschöpfen das System, insbes. das Anreizsystem nicht. Zentral ist insoweit ebenfalls das Regime der Rechtsfolgen, insbes. die Verteilung des Risikos nach §§ 675u bis 675w BGB, nach denen der Emittent grundsätzlich das Missbrauchsrisiko trägt, der Nutzer jedoch stets – als Sorgfaltsanreiz – einen gewissen Risikobeitrag zu leisten hat und bei grobfahrlässigem oder vorsätzlichem eigenen Verhalten das gesamte Risiko trägt.573 Fraglich ist zudem, inwieweit neben §§ 675l und 675m BGB weitere Verhaltensanforderungen (nach Europäischem oder nach nationalem Recht) bestehen bzw. bestehen können, also ob beide Normen abschließend wirken oder nicht.574 2. Nutzungsbegrenzung (§ 675k Abs. 1 BGB) a) Nutzungsbegrenzung und Deckungsrahmen. § 675k Abs. 1 BGB sieht für Zahlungsinstrumente allgemein vor – nicht mehr nur für Zahlungsauthentizierungsinstrumente –, dass Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer (potentieller Zahler) eine Nutzungsbegrenzung vereinbaren. Durch diese Abrede wird ein Höchstbetrag festgelegt, bis zu dem der Zahlungsdienstnutzer innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, meist einer Woche oder eines Monats, über Beträge – etwa mittels Einsatzes der Girocard mit Zahlungsgarantie (PIN) – verfügen kann. Dies ist auch in AGB möglich,575 etwa wenn, wie üblich, der Zahlungsdienstleister eine bestimmte Quote des üblichen monatlichen Zahlungs-, etwa Gehaltseingangs als Nutzungsbegrenzung festlegt. Die Begrenzung gilt also nur für diese eine Art der Verfügung über Kontoguthaben oder eine Kontokreditlinie. Diese Nutzungsbegrenzung kann unterschiedliche Zielrichtungen haben – vor Missbrauch 250 durch Dritte (zu Lasten von Zahlungsdienstleister und/oder -nutzer) zu schützen, aber auch, vor Missbrauch durch den Zahlungsdienstnutzer selbst (zu Lasten des Zahlungsdienstleisters) zu schützen, also vor unbefugten oder gefährdenden Verfügungen seitens des Zahlungsdienstnut-

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572 Zu diesem Ziel MünchKommBGB/Jungmann § 675l Rn 4, § 675m Rn 3; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ D. Schmalenbach § 675l Rn 1; Staudinger/Omlor § 675l Rn 1, § 675m Rn 1. 573 Dazu dann unten im Teil zu den Haftungsregeln, Dritter Teil Rn 402–458. 574 Dazu unten jeweils am Ende der Kommentierung zu §§ 675l bzw. 675m BGB, Dritter Teil Rn 270–274 bzw. Rn 279. 575 BR-Drucks. 848/08, S. 162; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675k Rn 3; Erman/Graf v. Westphalen § 675k Rn 2; MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 13; Palandt/Sprau § 675k Rn 2. Zur AGB-Kontrolle unten Dritter Teil Rn 255.

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zers. Ersteres steht im Vordergrund bei der Girocard (unten b), Zweiteres ist durchaus ebenfalls wichtig bei der Kreditkarte (unten c). Diese doppelte Zielsetzung zeigt sich u.a. auch in § 675k Abs. 2 Nr. 1–3 BGB zur Sperrmöglichkeit, die mit der Nutzungsbegrenzung eng verknüpft ist. Der Schutz (auch) des Zahlungsdienstnutzers ist freilich die dominante Zielrichtung, wie sich bereits aus dem Umstand ableiten lässt, dass eine Vereinbarung auch mit Verbraucherkunden zugelassen wird, was § 675e BGB im Grundsatz jeweils nur zugunsten von Verbrauchern gestattet. Abzugrenzen ist (mit dem eben Gesagten zusammenhängend) die Nutzungsbegrenzung 251 i.S.v. § 675k Abs. 1 BGB vom Deckungsrahmen, obwohl beide auch ineinander greifen können.576 Mit dem Deckungs- oder Belastungsrahmen wird der Betrag bezeichnet, bis zu dem der Zahlungsdienstnutzer (Konto-)Deckung hat, also sein Guthaben und seine Kreditlinie, d.h. der Rahmen, innerhalb dessen er verfügen darf. Darüber hinaus verfügt er unbefugt, wenn es auch sein mag, dass der Zahlungsdienstleister auch einer weiterreichenden Verfügung zustimmt (und sie damit legitimiert) (geduldete Überziehung, zur Konstruktion oben Dritter Teil Rn 237). Dass das Kreditinstitut eine Auszahlung jenseits des Deckungsrahmens verweigern kann, ergibt sich also daraus, dass insoweit kein Zahlungsanspruch aus Kontokorrentguthaben oder Kreditzusage (Kreditlinie) besteht. Abschn. II Nr. 2 Abs. 1 der Girocard-Bedingungen stellt denn auch nur eine Information dar, keine Abrede und AGB.577 In § 675k Abs. 1 BGB ist freilich allein die Nutzungsbegrenzung (gesetzlicher Begriff) geregelt. Beide Schranken greifen insofern ineinander, als sie als zwei Schranken des Anspruchs 252 beim Girocard-Einsatz, theoretisch auch beim Kreditkarteneinsatz, wirken können, namentlich bei der Auszahlung beim eigenen Institut im Normalbetrieb, teils jedoch auch bei der GA beim Fremdinstitut oder bei der Zahlung mit Zahlungsgarantie beim Händler (POS). Das Verhältnis beider Schranken ist jedoch geradezu „verkreuzt“: Der Deckungsrahmen bildet die grundlegendere Begrenzung, bezeichnet er doch die Höhe des Zahlungsanspruchs, den der Kunde girovertraglich aus Kontoguthaben oder Kreditzusage/linie hat. Freilich wird der Deckungsrahmen nicht systematisch beim Girocard-Einsatz geprüft, sondern nur wenn der Zugriff auf Kontodaten und damit den Deckungsrahmen technisch möglich ist. Demgegenüber betrifft die Nutzungsbegrenzung (gesetzlicher Begriff) allein den (isolierten) Girocard-Einsatz, wird jedoch stets geprüft. Ihn allein regelt § 675k Abs. 1 BGB. In den Girocard-Bedingungen wird (trotz der Verwirrung im Begrifflichen) das Verhältnis beider Schranken klar: Der Deckungsrahmen ist im Allgemeinen Teil der Bedingungen geregelt (in Abschn. II Nr. 3 der Girocard-Bedingungen), die Nutzungsbegrenzung allein in den besonderen Bestimmungen für die Girocard (in Abschn. III Nr. 1.1 der Girocard-Bedingungen). Es handelt sich um den Betrag, über den der Kunde innerhalb einer Woche – meist beginnend montags – durch Girocard-Einsatz (bei GA oder POS) verfügen kann. Den Betrag setzt das Kreditinstitut nach der genannten AGB fest, typischerweise auf 1 000,– bis 2 000,– €. Eine Abänderung ist einverständlich möglich (Abschn. III. Nr. 1.1 der GirocardBedingungen). Dabei wird vor allem die Höhe des Deckungsrahmens berücksichtigt. Mit ihm steigt also typischerweise auch die Nutzungsbegrenzung. b) Girocard, ggf. Weisungen im Online-Banking – Prävention primär von Drittmiss- 253 brauch. In § 675k Abs. 1 BGB ist die Nutzungsbegrenzung vor allem mit dem ersten Ziel geregelt,

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576 Leider ist die Begriffsbildung problematisch, weil Gesetz/Richtlinie und Girocard-Bedingungen (nächste Rn) die Begriffe verwirrend gestaltet haben: Was das Gesetz als „Nutzungsbegrenzung“ bezeichnet hat, nennen die Girocard-Kundenbedingungen in Abschnitt III unter 1.1. „Verfügungsrahmen“ (Schranke allein für den Girocardeinsatz). Was das Gesetz gar nicht regelt, nennen die Girocard-Kundenbedingungen in Abschnitt II unter 2. „finanzielle Nutzungsgrenze“ (Schranke der Deckung des Kontos insgesamt), zum Verwechseln ähnlich dem Gesetzesbegriff „Nutzungsbegrenzung“ für die andere Schranke. Im Folgenden wird der gesetzliche Begriff „Nutzungsbegrenzung“ für die Schranke nach § 675k Abs. 1 BGB benutzt und, um Verwechslungen vorzubeugen, für die zweitgenannte Schranke der (neue, unbelastete) Begriff des Deckungsrahmens. 577 Zu Missbrauchsfolgen dann unten Dritter Teil Rn 257.

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dem Missbrauch durch Dritte vorzubeugen, also einer Verfügung durch Nichtbefugte über Deckung, die auf dem Konto vorhanden ist.578 Die Nutzungsbegrenzung muss der Kunde auch nicht einhalten, bei ihrer Überschreitung ist jedoch eine Girocard-Verfügung bei funktionierendem System schlicht unmöglich. Die einzige Grenze, die zu achten er vertraglich verpflichtet ist (auch wenn die Nutzungsbegrenzung noch nicht erschöpft ist), ist der Deckungsrahmen.579 Dies ist auch im Zahlungsdiensteregime so, obwohl der Deckungsrahmen hier nicht ausdrücklich festgeschrieben ist. Diese Grenze ergibt sich jedoch nach dem Gesagten bereits aus dem allgemeinen (nationalen) Schuldrecht (Recht auf Verfügung nur über eigene Ansprüche [aus Guthaben] und im Rahmen einer Kreditzusage). 254 Vorgebeugt wird durch die Schaffung der Nutzungsbegrenzung („Verfügungsrahmen“) Missbräuchen, primär durch Dritte:580 Sie können mit der erlangten Karte und PIN in der laufenden Woche nur noch den Rest dessen ausschöpfen, was von der Nutzungsbegrenzung (vom „Verfügungsrahmen“) nicht ausgenutzt ist, nicht das übrige Guthaben und die übrige Kreditlinie – es verbleibt genügend Zeit für die Sperrung der Karte. Für Auszahlungen jenseits der Nutzungsbegrenzung (des „Verfügungsrahmens“) haftet das Institut,581 hier wirkt diese allein kundenschützend. Gleiches gilt, wenn für das Online-Banking (mit PIN UND TAN) eine Nutzungsbegrenzung vereinbart wird. Vorgebeugt wird durch die Nutzungsbegrenzung jedoch auch mittelbar dem Missbrauch durch den Karteninhaber, der in jeder Verfügung liegt, die über den (konzedierten) Deckungsrahmen hinaus geht: Da der Deckungsrahmen zwar bei Abhebung am Automaten des kartenemittierenden Instituts, (in der Regel) nicht jedoch bei jedem sonstigen Einsatz der Girocard geprüft werden kann (anders vor allem im Deutsche-Bank-System), hilft teils erst die Nutzungsbegrenzung dem Kreditinstitut, einen sich anbahnenden, sonst nicht erkennbaren Missbrauch in betragsmäßig abgegrenzten Wochentranchen zu erkennen und darauf durch Kartensperre zu reagieren. Möglich bleibt jedoch, die Kreditlinie in Höhe einer Nutzungsbegrenzung zu überziehen, bevor das Kreditinstitut erstmals reagieren kann. Zweifel an der klauselrechtlichen Wirksamkeit (wegen Kundenbenachteiligung) könnten 255 allein auf Grund der zuletzt genannten Wirkung bestehen, sind jedoch unbegründet.582 Dies gilt unabhängig davon, ob eine AGB-rechtliche Kontrolle nicht dadurch ausgeschlossen werden sollte, dass die ZD-RL (I und II) in diesem Punkt ausdrücklich und gezielt die Abredefreilheit eröffnete. Die Klausel ist nach § 307 Abs. 3 schon kontrollfrei, da das AGB-Recht strukturell bedingten und sinnvollerweise nicht ausräumbaren Informationsasymmetrien entgegen wirken soll (fehlende Richtigkeitsgewähr),583 diese hinsichtlich der Nutzungsbegrenzung (des „Verfügungsrahmens“) jedoch nicht bestehen. Wer jedoch § 307 Abs. 1 und 2 BGB anwendet, hat zu

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578 Zu dieser Zielsetzung BR 848/08, S. 172; Hofmann WM 2005, 441 (445); MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 3; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675k Rn 2; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675k Rn 3; Palandt/Sprau § 675k Rn 2; zur zweiten Zielsetzung, dem Missbrauch durch den Kunden selbst vorzubeugen, vgl. unten Dritter Teil Rn 250. 579 Eine nicht ausgeschöpfte Nutzungsbegrenzung verschiebt den Deckungsrahmen rechtlich nicht: Abschn. III Nr. 1.1 der Girocard-Bedingungen; sowie Ahlers WM 1995, 601 (602); Gößmann WM 1998, 1264 (1266, 1272); Schröter ZBB 1995, 395 (398); Pfeiffer ec-Bedingungen Rn 136. 580 So auch etwa Hofmann WM 2005, 441 (445); sowie BR 848/08, S. 172. 581 Nichtbeachtung der Nutzungsbegrenzung als Pflichtverletzung, hingegen nicht Nichtbeachtung des Deckungsrahmens: BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422 (2425 Tz 36, 37); für Ersteres auch BGH Urt. v. 29.11.2011 – XI ZR 370/10, NJW 2012, 1277. 582 Für Wirksamkeit auch Gößmann WM 1998, 1264 (1272); Pfeiffer ec-Bedingungen Rn 136. 583 Der Verwender hat angesichts der Vielzahl der geplanten Einsätze jeden Anlass, für die Erstellung seiner AGB Kosten aufzuwenden, während die andere Seite dies nicht hat; ihre Informationskosten sind, bezogen auf den einen Fall des Einsatzes der AGB, ungleich höher als diejenigen des Verwenders bezogen auf jeden einzelnen der vielen Fälle des Einsatzes: Adams BB 1989, 781 (787); Köndgen NJW 1989, 943 (946 f.); Koller FS Steindorff, 1990, S. 667 (669 f.); v. Hoyningen-Huene Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGB-Gesetz – ein Kommentar, 1992, Rn 19 f.; und aus ökonomischer Sicht: Schäfer/Ott Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 5. Aufl. 2012, S. 552–555.

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bedenken, dass nur eine Form der Anspruchsgeltendmachung, nicht diese selbst beschränkt ist und dass der Schutz vor Drittmissbrauch ganz im Vordergrund steht.584 Außerdem geht jedenfalls das gesetzliche Leitbild mit § 675k Abs. 1 BGB dahin, dass dieser Rahmen sinnvoll ist. Im Zusammenhang mit der genannten Möglichkeit missbräuchlicher Nutzung durch den 256 Kunden stellt sich auch die Frage, ob Kreditinstitute Kunden an einer unvernünftigen Kreditinanspruchnahme hindern müssen. Teils wird dies auf Grund Professionalität und überlegenen Wissens des Instituts bejaht.585 Notwendig wäre hierfür nicht nur eine technische Aufrüstung, da die (typischerweise für mehrere Kreditinstitute agierenden) Autorisierungszentralen zwar über die Daten zur Nutzungsbegrenzung, nicht jedoch zum ungleich komplexeren und „intimeren“ Deckungsrahmen verfügen (anders im System der Deutschen Bank und bei der GA beim eigenen Institut). Solch ein patriarchalisches Modell einer Vorbeugung hoher Verschuldung verstieße vielmehr auch gegen die gesetzgeberische Wertung im (Europäischen) (Verbraucher-)Kreditrecht selbst. Eindeutig gegen solch eine Pflicht sprach sich der Europäische Gesetzgeber in der ursprünglichen Fassung der EG-Verbraucherkredit-Richtlinie aus.586 Doch auch während der Novellen wurde die Einführung einer Pflicht zur sog. verantwortungsbewussten Kreditvergabe zwar diskutiert, im Ergebnis in der verabschiedeten Fassung jedoch gerade nicht flächendeckend, sondern nur für besonders große und tendenziell existentielle Kredite eingeführt.587 Nur vereinzelt werden immerhin verschärfte Aufklärungspflichten angenommen,588 die sich freilich in der vorliegend diskutierten Frage nicht auswirken würden. Der Missbrauch durch den Kunden (Überziehung), der demnach keine Bankpflichten be- 257 gründet, führt, wenn es sich um einen Privatkunden handelt, zu einer Schuld i.S.v. § 493 Abs. 2 BGB589 und kann, vor allem bei Wiederholung, einen wichtigen Grund zu Kündigung590 und Sperre der Karte nach Abschn. A II Nr. 6 der Girocard-Bedingungen darstellen (dazu unten Dritter Teil Rn 260–263). Diese Regeln gelten entsprechend für die Kreditkarte, bei der im Zusammenhang mit der Nutzungsbegrenzung Aspekte des Kundenmissbrauchs sogar im Vordergrund stehen:

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584 Zu diesem und weiteren Argumenten Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (50 f.). Dazu dass Klauseln, die Missbrauch vorbeugen, selbst nicht missbräuchlich sind, jedenfalls wenn – wie hier – das mildeste Mittel gewählt wird: vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs § 307 BGB Rn 105, 125. 585 Für manche Fälle bejahend: OLG Zweibrücken Urt. v. 24.9.1990 – 4 U 31/90, WM 1991, 67; dagegen Gößmann WM 1998, 1264 (1266); auch BGH Urt. v. 5.2.1973 – II ZR 116/71, WM 1973, 722; monographisch zum Problem: Streit Kartenzahlung bes. S. 269 ff. 586 Näher Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (55 f.), ders. EG-Schuldvertragsrecht, 4.10 Rn 2 f., 32. 587 Vgl. die Entwicklung der verschiedenen Vorschläge KOM(2002) 443 endg.; KOM(2004) 747 endg.; KOM(2005) 483 endg., verabschiedete Fassung: Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. EG 2008 L 133/66; zur Entwicklung umfassend Hoffmann Die Reform der Europäischen Verbraucherkredit-Richtlinie (87/102/EWG), 2007; zur Bewertung plastisch Franck ZBB 2003, 334; auch Hofmann (nächste Fn) und Atamer Duty of Responsible Lending – Should the European Union Take Action? in: Grundmann/Atamer (Hrsg.) Financial Services, Financial Crisis and General European Contract Law: Failure and Challenges of Contracting, 2011, 179 (bes. 181–185). Anders dann im Gefolge der globalen Finanzkrise für den (viel wichtigeren) Bereich der grundpfandrechtlich gesicherten Kredite (Einführung einer Pflicht zur verantwortungsbewussten Kreditvergabe in Art. 14 und 16): Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl. 2014 L 60/34. 588 Hofmann in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 71 (96–103 und 111 f.). 589 Gößmann WM 1998, 1264 (1266); unbenommen bleibt eine Klauselkontrolle, dazu: Streit Kartenzahlung, S. 190–230. 590 Vgl. Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal 7. Kapitel Rn 6; Brand JR 2008, 496; ders. WM 2008, 2194; Ahlers WM 1995, 601 (601) (strafbar); wohl auch Gößmann WM 1998, 1264 (1265); monographisch zum Strafrecht: Ehrlicher Bankomatenmissbrauch; Henke Kartenkriminalität.

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c) Kreditkarte – Prävention von Kundenmissbrauch. Eine Nutzungsbegrenzung ist auch in den Kundenbedingungen für den Kreditkarteneinsatz vorgesehen, etwa Nr. 7 KreditkartenKundenbedingungen [Deutsche Bank], freilich nun mit anderer vorrangiger Zielsetzung. Sie soll Missbrauch durch den Kunden selbst vorbeugen. Er darf mit der Kreditkarte nur im Rahmen seiner Vermögensverhältnisse verfügen. Es wird also keine feste Nutzungsbegrenzung vorgesehen. Diese flexible Nutzungsbegrenzung ist zu unterscheiden von dem Verfügungsrahmen, der dem Vertragsunternehmen gegenüber gilt, d.h. ab dem dieses nachzufragen hat, will es nicht das Risiko eines missbräuchlichen Karteneinsatzes tragen. Der Kunde darf also durchaus jenseits dieses Verfügungsrahmens verfügen, wenn seine Vermögensverhältnisse dies gestatten. Diese flexible Nutzungsbegrenzung unterscheidet die Kreditkarte grundlegend von der Girocard: Die Klauselgestaltung geht noch immer vom guten Namen aus, bei der Girocard hingegen von bestehendem Guthaben oder Kreditlinien. Mit § 675k Abs. 1 BGB bleibt auch diese Regelung zur Nutzungsbegrenzung als Teil der Ausgabebedingungen, die vereinbart werden dürfen, zulässig.591 Im Verhältnis zu seinem Zahlungsdienstleister handelt der Kunde vertragswidrig („miss259 bräuchlich“), wenn er die Nutzungsbegrenzung nach Nr. 7 der Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] (den „Verfügungsrahmen“ in der Nomenklatur dieser Bedingungen) überschreitet, vor allem jedoch, wenn er die Karte so nutzt, dass nicht „ein Ausgleich der Kartenumsätze bei Fälligkeit gewährleistet ist.“ Die Nutzungsbegrenzung fungiert hier auch als präventive Grenze gegenüber exzessivem Autorisierungsverhalten, obwohl die zweite Grenze (Gewährleistung des Ausgleichs bei Fälligkeit) die wichtigere und in der Finalität die sogar allein maßgebliche ist. Wie weit die Nutzungsgrenze gezogen ist, mag teils erst durch Auslegung zu ermitteln sein, vor allem, ob mit mehrfacher Duldung konkludent die Nutzungsgrenze ausgedehnt wird.

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3. Sperre (§ 675k Abs. 2 BGB). Gänzlich unterbunden (durch technische Vorkehrungen) wird eine Nutzung des Zahlungsinstruments, etwa der Girocard, durch Sperrung.592 Dabei ist die einvernehmliche Sperrung stets zulässig – wie die einvernehmliche Vertragsauflösung, bei der dies unzweifelhaft der Fall ist und die weiter reicht (argumentum a maiore). Daher betrifft § 675k Abs. 2 BGB erst die zwar vorab vereinbarte,593 dann jedoch einseitig vorgenommene Sperrung („das Recht hat …“), namentlich deren Zulässigkeitsvoraussetzungen (S. 1): Dabei werden sowohl Fälle von Drittmissbrauch (Nr. 1 und 2) als auch Fälle des Missbrauchs durch den Karteninhaber (Zahlungsdienstenutzer) selbst (Nr. 3) genannt. Gefährdungen genügen, wie alle drei Nummern deutlich machen,594 beim Ziel der Prävention von Drittmissbrauch insbesondere auch Entwicklungen, für die der Zahlungsdienstenutzer nicht verantwortlich ist (Nr. 1 und auch Nr. 2).595 Nr. 1 umfasst auch Fälle, in denen sich Systemlücken breitflächig zeigten, während sich Nr. 2 auf ein bestimmtes (einzelnes) Zahlungsinstrument bezieht. Nr. 3 setzt entweder wiederholte oder schwerwiegende Verstöße gegen die Regeln über Nutzungsbegrenzung oder Deckungsrahmen voraus.596 Die An-

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591 Zur Nutzungsbegrenzung speziell beim Kreditkarteneinsatz näher Baumbach/Hopt (7) Rn F/40; MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 12; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675k Rn 4. 592 BT-Drucks. 16/11643, S. 106. 593 Wiederum zulässig in AGB, etwa Abschnitt II unter 5. der Girocard-Bedingungen: vgl. Bunte AGB-Banken, Nr. 5 SB girocard Rn 49 f.; Palandt/Sprau § 675k Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 14. 594 MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 21 f.; Staudinger/Omlor § 675k Rn 7 ff.; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675k Rn 9 ff.; Palandt/Sprau § 675k Rn 4. Vgl. zu Einzelheiten der (weitestgehend vergleichbaren) Rechtslage in Frankreich Cour de Cassation Com. 26.5.2004 RD banc. Fin. 2004, 244; Bonhomme Paiement, S. 304 f.; Piedelièvre Paiement, S. 384; zudem S. 403 (zur Begründungspflicht, namentlich bei Sperre); in Großbritannien bes. sec. 56(2)(3) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 604; für Italien Mancini et al./O. Troiano/Pironti Pagamento, S. 109–111. 595 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675k Rn 9, 10; MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 21; Palandt/Sprau § 675k Rn 4. 596 Erman/Graf v. Westphalen § 675k Rn 7; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675k BGB Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675k Rn 25; Palandt/Sprau § 675k Rn 4.

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wendung von Nr. 1–3 ist eine gebundene Entscheidung des Zahlungsdienstleisters, da dieser die Einräumung der Nutzung als Zusatzabrede zum Rahmenvertrag vertraglich zugesagt hat. Bei der Entscheidung besteht freilich ein gewisser Ermessens- oder Einschätzungsspielraum, weshalb Nr. 1–3 auch AGB-mäßig wirksam präzisiert werden können.597 Ein Beispiel hierfür bildet Abschnitt III Nr. 1.2 der Girocard-Bedingungen, der von hinreichender Gefährdung i.S.v. § 675k Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB ausgeht, wenn die PIN drei Mal falsch eingegeben wurde (wobei die Klausel nicht von Sperre spricht, sondern nur davon, das die Karte „nicht mehr eingesetzt“ werden kann). Die Sperre bildet demnach nicht nur ein Mittel zur Prävention von Drittmissbrauch, sondern 261 auch eine Maßnahme zum Schutz gegen Kundenmissbrauch – bis hin zur Durchsetzung einer Kündigung, typischerweise aus wichtigem Grunde, im Wege der Selbsthilfe (§ 229 BGB). Sie ist daher nur zulässig, wenn solch eine Kündigung ausgesprochen werden könnte. Bis 2009 wurde gar gefordert, dass die Kündigung auch ausgesprochen wurde oder wird.598 Während die Sperre jedoch (bei entsprechender Vereinbarung) als Mittel seit dem 1.11.2009 sogar gesetzlich vorgesehen ist, also auch das gesetzliche Leitbild bildet und spezifischer gesetzlich ausgestaltet wurde und damit ihre Zulässigkeit außer Zweifel gestellt wurde (Art. 68 Abs. 2–4 ZD-RL II, exArt. 55 Abs. 2–4 ZD-RL I und § 675k Abs. 2 BGB), ist die zuletzt genannte Rechtsfolge wohl neu zu beurteilen: Das gesetzliche Leitbild geht heute nämlich dahin, dass eine Sperre auch wieder aufgehoben werden kann (und muss), was freilich nur denkbar ist, wenn die Sperre auch ohne vorherige Kündigung erklärt werden kann. Durch Informationspflichten unterlegt ist dann sowohl (i) die Vereinbarung der Sperrmög- 262 lichkeit und ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen selbst als auch (ii) die Begründung der Sperrung im konkreten Einzelfall und zwar sowohl über die Tatsache an sich (S. 2) als auch über die Gründe, es sei denn dies ist dem Zahlungsdiensteleister gesetzlich untersagt (S. 3, 4), die mit der Liste nach Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 übereinstimmen müssen, aber auch mit dem konkret Vereinbarten. Weil es sich bei der Sperrung um eine gebundene (einseitige) Entscheidung und um eine 263 Ausnahme zu einer Vertragspflicht handelt, hat der Kunde bei Wegfall der Gründe auch einen Anspruch auf Entsperrung, beziehungsweise auf Ausgabe einer Ersatzkarte(S. 5)599 – mit der Möglichkeit, die Erstattung der direkten Kosten zu vereinbaren (§ 675l Abs. 1 S. 3 BGB, unten Rn 269). Über die Entsperrung ist wieder zu informieren (S. 6), auch um den Kunden wieder zur Wachsamkeit hinsichtlich des Zahlungsinstruments anzuhalten (Missbrauchsprävention). Der Anspruch dürfte auch bei einvernehmlicher Sperrung bestehen, wenn der Kunde das fordert und zu diesem Zeitpunkt keine Gründe für eine Sperrung bestehen. 4. Kundenpflichten zur Missbrauchsprävention (§ 675l BGB) a) Allgemeine Präventionspflicht mit zwei Hauptausprägungen (Abs. 1). Kundenpflich- 264 ten zur Missbrauchsprävention wurden schon vor 2009 (und werden bis heute) klauselmäßig vereinbart, etwa in Nr. 8 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]. Sie ergaben sich bereits bis 2009 und ergeben sich heute unter Art. 69 ZD-RL II, ex-Art. 56 ZD-RL I und § 675l Abs. 1 BGB (jedenfalls im Kern) bereits aus objektivem Recht, so dass diese Klauseln kontrollfrei wirksam sind (§ 307 Abs. 3 BGB). Jede Vertragsseite hat, soweit ihr zum Zwecke der Vertragsdurchführung Einwirkungsmacht auf das Vermögen der anderen eingeräumt wird, eine Pflicht,

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597 Palandt/Sprau § 675k Rn 1; Erman/Graf v. Westphalen § 675k Rn 8. 598 Gößmann WM 1998, 1264 (1266 f.); ähnlich wohl Ahlers WM 1995, 601 (608); pauschaler für die Zulässigkeit der klauselmäßigen Vereinbarung einer Sperre: Blaurock CR 1989, 561 (567). 599 Ebenso für Frankreich: Piedelièvre Paiement, S. 403; für Großbritannien: sec. 56(6) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 604; für Italien Mancini et al./O. Troiano/Pironti Pagamento, S. 111 f. Zur (Un-)Zulässigkeit von Entgeltabreden nach der alten Rechtslage (§ 675f Abs. 4 S. 2 BGB a.F.): Fornasier WM 2013, 205 (210); Palandt/Sprau (73. Aufl.) § 675k Rn 6; auch Scheibengruber BKR 2010, 15 (19 f.) (freilich zu Unrecht Kontrolle nach § 307 BGB).

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von diesem Schaden abzuwenden, zumindest soweit es ihr unschwer möglich ist und allein sie auf Grund der Vertragsgestaltung über die nötigen Mittel verfügt (vgl. unten Dritter Teil Rn 273). Die Pflicht geht demnach dahin, zumutbare Vorkehrungen zu treffen, namentlich durch sorgfältige Verwahrung der Karte oder durch Überwachung beim Einsatz, um dem Missbrauch durch Dritte vorzubeugen. Im Zahlungsdiensteregime wird diese allgemeine – generalklauselmäßig offene – Verhaltenspflicht durch zwei konkrete und zentrale Beispiele präzisiert. Fraglich ist, ob es sich (entgegen dem, was § 675l Abs. 1 BGB suggeriert) um eine allgemeine Pflicht handelt – auch über diese beiden Zentralaspekte hinaus. Besonders wichtig ist das für mögliche Unterschriftsprüfpflichten von Vertragsunternehmen im Kreditkartenverfahren. Dass es sich jedenfalls bei den gesetzlich statuierten Anforderungen um zentrale Pflichten handelt, belegt auch der Umstand, dass Ausnahmen praktisch nicht gemacht bzw. zugelassen werden (vgl. § 675e BGB), außer im außereuropäischen Drittstaatenverhältnis (vgl. § 675e Abs. 2 BGB; Abdingbarkeit, weil der zwingende Charakter dort nicht durchsetzbar) und bei Kleinbetragsinstrumenten, wo das Risiko ohnehin i.d.R. beim Karteninhaber selbst liegt (vgl. § 675i Abs. 2 Nr. 2 BGB). 265

b) Schutz vor Fremdzugriff (Abs. 1 S. 1). Die erste Kernpflicht geht dahin, das Zahlungsinstrument im Rahmen des „Zumutbaren“ vor „unbefugtem Zugriff“ zu schützen. Da das Zahlungsinstrument im Einsatz auf eine Kombination an Sicherungsvorkehrungen zugeschnitten ist, gilt das für jedes einzelne Sicherungselement, etwa für die Karte ebenso wie für die PIN. Durch die Ersetzung des Begriffs „Zahlungsauthentifizierungsinstrument“ durch denjenigen eines „Zahlungsinstruments“ sollte an dieser Rechtslage ersichtlich nichts geändert werden, was auch das Telos der Norm zwingend nahelegt – so dass jedes in der Praxis relevante Element eines Einsatzes von Zahlungsinstrumenten gemeint ist. Diese Pflicht – ähnlich wie die Gründe für eine Sperre – ist einer Ausgestaltung durch AGB zugänglich, freilich nur in dem Rahmen dessen, was als „zumutbar“ anerkannt werden kann.600 Dies gilt – selbstverständlich – erst ab dem Zeitpunkt, zu dem das Zahlungsinstrument (und sonstige Sicherungselement) in den Machtbereich des Zahlungsdienstenutzers gelangt ist und von ihm erwartet werden kann, dass er hiervon Kenntnis nahm (§ 675m Abs. 2 BGB, unten Dritter Teil Rn 277). Schwerpunkt der – durch umfangreiche Rechtsprechung spezifizierten – Sorgfaltspflicht 266 sind der Girocard-Einsatz und das Online-Banking (Überweisungen).601 Dabei ist entscheidend – und wird auch nicht notwendig getrennt –, dass der Pflichtverstoß grobfahrlässig erfolgt, denn nur dann wird eine (umfassende) Haftung ausgelöst (§ 675v Abs. 3 BGB, vgl. dort). Die zentralen Anforderungen, die in der Rechtsprechung entwickelt wurden, können zusammengefasst werden mit den Begriffen Trennungsgrundsatz, Sicherungsgrundsatz für jedes einzelne Sicherheitsmerkmal, und Verdachtsvorsorgegrundsatz: Die PIN muss getrennt von der Karte verwahrt werden, so dass keine einheitliche Zugriffsmöglichkeit besteht (Trennungsgrundsatz).602 Sie muss aber nicht vernichtet werden,603 kann also auch andernorts verwahrt werden (jedenfalls ist das nicht grob fahrlässig).604 Und beide müssen (auch getrennt) „sicher“ – aber

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600 BankR-Hdb/Maihold § 54 Rn 89; MünchKommBGB/Jungmann § 675l Rn 8; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675l Rn 11; vgl. etwa Abschnitt II Nr. 6.1. bis 6.3. der Girocard-Kundenbedingungen. 601 Gute Übersicht hierzu bei BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422; Borges NJW 2012, 2365; Ausgestaltung durch die AGB Online-Banking. 602 BGH Urt. v. 17.10.2000 – XI ZR 42/00, BGHZ 145, 337 = NJW 2001, 286; auch in der Wohnung Trennung nötig: KG Urt. v. 5.1.2000 – 24 U 5123/99, MDR 2000, 1022. 603 BGH Urt. v. 17.10.2000 – XI ZR 42/00, BGHZ 145, 337. 604 Etwa Notierung unter Telefonnummern u.ä.: OLG Frankfurt, Urt. v. 15.7.2003 – 19 U 71/03, NJW-RR 2004, 206; in der Wohnung differenzierend KG Urt. v. 5.1.2000 – 24 U 5123/99, MDR 2000, 1022 (gewisse Verschlusspflicht); abgeschlossen im Büro: LG Bonn Urt. v. 23.8.2005 – 3 O 126/05, NJW-RR 2005, 1645; aA OLG Düsseldorf Urt. v. 26.10.2007 – I-16 U 160/04, BKR 2008, 41; aber nicht an öffentlich zugänglichen Orten: LG Rottweil Urt. v. 25.11.1998 – 1 S 148/98, WM 1999, 1934; AG Münster Urt. v. 16.7.2010 – 61 C 389/10, VuR 2011, 72 (Strand).

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nur im Rahmen des Zumutbaren „sicher“ –605 verwahrt und gehalten werden (Sicherungsgrundsatz für jedes Sicherheitsmerkmal). Insbesondere ist die PIN geheim zu halten606 und gilt eine Sorgfaltspflicht auch bei der PIN-Eingabe selbst, jedoch wiederum nur im Rahmen des Zumutbaren.607 Bei Auftreten von Verdachtsmomenten dürfen PIN und TAN nicht mehr über das Internet verwendet werden (Verdachtsvorsorgegrundsatz).608 Angesichts dessen, dass – und insoweit als – beim Online-Banking eine Nutzungsbegrenzung nicht üblich ist, das Risiko also (typischer Weise) nicht „gedeckelt“ ist – oder erst durch den Deckungsrahmen und selbst dies nicht verlässlich –, muss an die Anforderungen für eine Haftung des Kunden m.E. tendenziell ein strengerer Maßstab angelegt werden als beim Girocard-Einsatz.609 c) Unverzügliche Verlustanzeige (Abs. 1 S. 2). Jedes Abhandenkommen eines „Zahlungs- 267 instruments“, von dem der Zahlungsdienstenutzer positive Kenntnis erlangt, ob vom Nutzer selbst ausgehend („Verlust“) oder von einem Dritten („Diebstahl“ oder auch „Verlust“), ist unverzüglich anzuzeigen. Wie § 675m Abs. 1 Nr 4 BGB klarstellt, muss das kartenemittierende Institut die Möglichkeit hierzu kostenfrei bereitstellen. Einem Verlust steht freiwillige Weitergabe gleich, wenn danach eine unbefugte Nutzung festgestellt wird. Unbefugt ist nur die Nutzung, die im Verhältnis zum Zahlungsdienstleister als nicht autorisiert gelten würde, also nicht die Nutzung des Instruments durch den berechtigten Inhaber, wenn dieser den Deckungsrahmen missachtet,610 und auch nicht die Nutzung durch einen berechtigten Inhaber einer Zweitkarte, wenn dieser interne Absprachen missachtet.611 Nur bei Nutzung ohne Autorisierungswirkung wird eine (Haftungs-)Gefahr für den Zahlungsdienstleister begründet, vor der ihn die Anzeige schützen soll. In Grenzfällen wird eine Haftung des Zahlers entweder auf Grund erfolgter Autorisierung (Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters) oder auf Grund fehlender Anzeige (Schadensersatzanspruch nach § 675v BGB) zu bejahen sein, wenn der Zahlungsdienste-

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605 Verwahrung unter Verschluss, wenn auch nicht einbruchssicher, also genügend: OLG Frankfurt Urt. v. 7.12.2001 – 24 U 188/99, NJW-RR 2002, 692 (Wohnwagen); aA, m.E. zu streng: LG Hamburg Urt. v. 23.11.2001 – 313 S 116/01, NJW-RR 2002, 264 (Kfz, m.E jedenfalls auf Reisen akzeptabel); vgl. auch vorige Fn. Speziell zu PIN und TAN OLG Frankfurt Urt. v. 11.4.2001 – 7 U 18/00, NJW-RR 2001, 1341; Kind/Werner CR 2006, 353. Zum Schutz des Computers BankR-Hdb/Maihold § 55 Rn 114–131 mwN; Bender WM 2008, 2049; Hülse/Klabunde MMR 2010, 84. 606 OLG Hamm Urt. v. 17.12.1997 – 31 U 60/97, NJW-RR 1998, 561; Gößmann WM 1998, 1261 (1269). 607 Vgl. etwa LG Halle Urt. v. 27.10.2000 – 14 O 97/0, WM 2001, 1298 (exponierte Automatenaufstellung), m.E. Automatenaufstellung Risiko der Zahlungsdienstleisterseite, die die angeschlossenen Unternehmen entsprechend zu besseren Sicherheitskonzepten anhalten kann. 608 KG Urt. v. 29.11.2010 – 26 U 159/09, WM 2011, 493 (Phishing, d.h. der Versand von Emails zur Erlangung von PINs durch täuschungsbedingte Eingabe des Kunden); BGH (Fn 306) NJW 2012, 2422 (Pharming, Eingabe einer Vielzahl von TANs entgegen bei korrektem Ablauf stets eingeblendeter, deutlich sichtbarer Warnhinweise, obwohl für die Transaktion nur die Eingabe einer TAN notwendig ist); wenn freilich weniger sicheres Verfahren angeboten als die meisten anderen Institute auch bei Eingabe von 4 TANs jedenfalls § 254 BGB: KG (oben diese Fn) WM 2011, 493; vgl. auch LG Berlin Urt. v. 11.8.2009 – 37 O 4/09, MMR 2010, 137. Zudem ließ der BGH offen, ob ggf. nur leichte Fahrlässigkeit zu bejahen war, und nicht, wie heute von § 675v Abs. 3 BGB gefordert, grobe Fahrlässigkeit; Verwendung von e-mail an Unbekannten im osteuropäischen Ausland gar bösgläubig nach OLG Zweibrücken Urt. v. 28.1.2010 – 4 U 133/08, MMR 2010, 346. 609 In der Tat formte der EuGH verschiedene Verbraucherleitbilder aus je nachdem, ob es sich um eine Situation mit „existentiellem“ Risiko handelte oder nicht: vgl. EuGH Urt. v. 13.1.2000 – Rs. C-220-98 Estée Lauder, Slg. 2000, I-117 (I-146); EuGH Urt. v. 24.10.2002 – Rs. C-99/01 Linhart und Biffl, Slg. 2002, I-9375 (I-9404); sowie Grundmann ERCL 2005, 184 (200); jüngst gesetzgeberisch bestätigt durch die Einführung einer Pflicht zur verantwortungsbewussten Kreditvergabe in Art. 14 und 16 der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.2.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl. 2014 L 60/34. 610 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675l BGB Rn 5; Palandt/Sprau § 675l Rn 2; Ellenberger/ Findeisen/Nobbe/Frey § 675l Rn 9. 611 Zwade/Mühl WM 2006, 1225 (1229). Hier dann Autorisierung anzunehmen und entsprechend auch ein Aufwendungsersatzanspruch des Zahlungsdienstleisters.

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nutzer die Karte einem Dritten ausgehändigt hat und dieser gegen seine Weisungen verstößt.612 Auch kann der Zahlungsdienstenutzer in diesen Fällen freiwillig Verlustanzeige erstatten, um die Sperrwirkung auszulösen. 268 Bezogen wird dies allein auf das Zahlungsinstrument (Karte), nicht sonstige Sicherheitsmerkmale (PIN, TAN), wie Art. 69 Abs. 1 lit. b ZD-RL II (und vorher schon ex- Art. 56 Abs. 1 lit. b ZDRL I) klarstellt(e).613 Der Verlust des Instruments allein genügt auch bereits, um die Pflicht auszulösen, weil damit eine hinreichende Gefahr begründet wird (Vorsorgeprinzip).614 Bei bloßem Verdacht, etwa wenn der Zahler nicht sicher ist, ob er die Karte nur verlegte oder ob eine Transaktion von ihm autorisiert wurde oder auf einen unbefugten Dritten zurückgeht, wird man angesichts der Gefährdung sofortige intensive Nachforschungen fordern müssen.615 Bringen diese dann nicht umgehend Aufklärung, ist es angesichts der Gefährdungslage auch hier „zumutbar“ i.S.v. Art. 69 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZD-RL II (ex-Art. 56 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 ZD-RL I), unverzüglich Anzeige zu erstatten (Abschnitt A I. Nr. 7.4. Abs. 2 der Girocard-Kundenbedingungen gibt insoweit nur objektives Recht wieder). Unverzüglichkeit, also Anzeige ohne schuldhaftes Zögern, bedeutet angesichts der Gefährdungslage zügigeres Handeln als unter § 121 Abs. 1 S. 1 BGB. Es bedeutet bei positiver Kenntnis sofort,616 bei bloßem Verdacht schnellstmögliche Aufklärung, ggf. gefolgt von einer Anzeige. 269

d) Ersatzbeschaffung und Kostentragungspflicht (Abs. 1 S. 3). In Umsetzung von Art. 70 Abs. 1 lit. d ZD-RL II gestattet Abs. 1 S. 3, die Erstattung von Kosten für die Ersatzbeschaffung zu vereinbaren – in der Tat eine Pflicht des Zahlungsdienstenutzers. Erstattungsfähig sind insofern allein direkte Kosten (Kartendruck und -versendung), also nicht etwa anteilige Allgemein- und Verwaltungskosten.617 Die umgekehrt teils noch wichtigere Frage, ob und wann das kartenemittierende Institut zur Ausstellung einer Ersatzkarte verpflichtet ist, ist nicht geregelt (wäre auch keine Pflicht des Nutzers). Grundsätzlich bleibt die Zusatzabrede zum Girovertrag, die fragliche Karte auszugeben, bestehen – und erlischt die Pflicht hierzu nicht etwa durch einmalige Erfüllung. Freilich können die Umstände, die zur Sperre geführt haben – auch etwa mehrfacher Verlust mit Schwierigkeiten in der Abwicklung danach –, eine Kündigung der Zusatzabrede rechtfertigen. Freilich muss hierfür wohl das Maß eines wichtigen Grundes erreicht sein, wenn nicht das Institut den Girovertrag (den Rahmenvertrag) in seiner Gesamtheit wirksam ordentlich kündigt.618

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e) Weitere ungeschriebene oder vereinbarte Sorgfaltspflichten (Abs. 2). Weitere Sorgfaltspflichten des Zahlers – über die beiden näher spezifizierten hinaus – sind nicht spezifisch für Zahlungsinstrumente. Da nach dem Gesagten der Begriff „unbefugter Zugriff“ auch auf Vorgänge wie beispielsweise das Ausspähen oder das „Phishing“ oder „Pharming“ erstreckt werden

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612 Für das Erste Mülbert FS Canaris 2007, 271 (284); für das Zweite etwa MünchKommBGB/Casper (6. Aufl.) § 675l Rn 27. Überzeugender ist die erste Meinung, weil sie – wertungsmäßig korrekt – bereits für die erste weisungswidrige Verfügung eine Zuordnung des Risikos zum Zahlungsdienstnutzer begründen kann. 613 Das bedeutet freilich nicht, dass der Verlust der Sicherheitsmerkmale nicht von der offener und umgekehrt in der Pflicht weniger absolut formulierten Regel in Art. 69 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 ZD-RL II (ex Art. 56 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 2 ZD-RL II) erfasst sein kann (unten Dritter Teil Rn 456–458). 614 Casper/Pfeifle WM 2009, 2343 (2346). 615 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Frey § 675l Rn 18; Erman/Graf v. Westphalen § 675l Rn 12; Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Herresthal 5. Kapitel § 675l Rn 19 f.; Palandt/Sprau § 675l BGB Rn 7; keinerlei Anzeigepflicht nach Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675l BGB Rn 6. 616 OLG Frankfurt Beschluss. v. 15.7.2003 – 19 U 71/03, NJW-RR 2004, 206 (1 ½ Stunden schon zu spät). Nicht klar ist, ob der EuGH – wie in Freiburger Kommunalbauten für die AGB-Richtlinie – die Ausfüllung dieser Generalklausel dem nationalen Recht überlassen wird. Sollte er einen Europäischen Standard entwickeln, ist die ausländische Rechtsprechung auch für das deutsche Recht besonders wichtig: Sehr streng hinsichtlich der Unverzüglichkeit der Anzeige insbesondere das französische Recht: Art. 133–15 Code monétaire et financier: Cour de Cassation Com. 28.6.2011 Dr. et Pr. 2001 suppl. n. 10 S. 22; Piedelièvre Paiement, S. 410. 617 BeckOK BGB/Schmalenbach § 675l Rn 9; Palandt/Sprau § 675k Rn 6. 618 Zur Pflicht der Ausstellung einer Ersatzkarte bisher BGH Urt. v. 20.10.2015 XI ZR 166/14, juris Rz 27.

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kann, sind freilich nur wenige Fälle denkbar, in denen weitere Sorgfaltspflichten von Bedeutung sein könnten. Eine Pflicht des Zahlers, bei einer Abbuchung, die er als unautorisiert erkennen kann, dem Zahlungsdienstleister unverzüglich Anzeige zu erstatten und nicht bis zum Quartalsabschluss zu warten, auch wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass er selbst den „unbefugten Zugang“ ermöglicht hat, statuiert § 676b Abs. 1 BGB. Sie wäre wohl gar § 675l Abs. 1 BGB zu entnehmen:619 Wer ein Zahlungsinstrument (genauer: ein Verfahren mit seinen Sicherungsvorkehrungen) vor „unbefugten Zugang“ im Rahmen des Zumutbaren schützen soll, wird es auch vor Fortsetzung des (erkannten oder erkennbaren) „unbefugten Zugang“ zu schützen haben.620 Das Gleiche gilt für Nachforschungs-, ggf. Warnpflichten, die § 676b Abs. 1 BGB nicht anspricht, namentlich Anzeigepflichten, wenn auf die Ankündigung der Übersendung eines Zahlungsinstruments hin dieses nicht eintrifft.621 Wer eine so weite Auslegung von § 675l Abs. 1 S. 1 BGB ablehnt, ist auf das Folgende zu verweisen: Mit Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II (weniger klar ex-Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I), umgesetzt in 271 § 675l Abs. 2 BGB, wurde jedenfalls die Möglichkeit anerkannt, präzisierend weitere Sorgfaltspflichten durch Abrede zu formulieren – auch solche, wie sie bisher als ungeschriebene Pflichten diskutiert werden. Diese werden vorausgesetzt, obwohl die Regel nur die Grenze solch einer Abrede präzisiert. Die dreifache Grenze geht dahin, dass die in der Abrede niedergelegten Kriterien „sachlich“ sein müssen, also verifizierbare oder falsifizierbare Faktenlagen bezeichnen müssen,622 dass sich ihre Anwendung am Gleichheitssatz auszurichten hat, was jedenfalls eine gleichmäßige Anwendung auf alle Kunden in gleicher Lage umfasst, wohl aber auch eine symmetrische Belastung und Pflichtenlage für Nutzer und Dienstleister,623 schließlich, dass die verabredeten Kriterien verhältnismäßig sein müssen – wohl im Verhältnis zwischen auferlegter Belastung und zu erwartendem Sicherheitsgewinn (vergleichbar der Verhältnimäßigkeit ieS).624 All dies soll für Ausgabe- und Nutzungsbedingungen gelten, gemeint sind freilich vor allem Zweitere. Jedenfalls wird man aus diesen Grenzen nicht ableiten können, dass eine Ausgabepflicht für ein bestimmtes Instrument besteht bzw. die Verweigerung solch einer Ausgabe an den drei genannten Kriterien gemessen werden muss. Vielmehr besteht für das „ob“ der Ausgabe eines bestimmten Zahlungsinstruments weiterhin Wahl- und Vertragsfreiheit. Die Norm sollte sichtlich dieses Grundprinzip unberührt lassen. f) Insbes.: Prüfpflichten des Vertragsunternehmens im Kreditkartenverfahren? Nicht 272 von § 675m BGB und § 676b Abs. 1 BGB angesprochen sind mögliche Sorgfaltspflichten des Zahlungsempfängers, da diese Norm weder eine allgemeine Sorgfaltspflicht statuiert, noch überhaupt – vom Kreis der genannten Pflichten her – den Zahlungsempfänger in der Kreis der Pflichtigen einbezieht. Diese „Lücke“ freilich kann – und muss auf Grund des Vollharmonisierungsgrundsatzes – durch richtlinienkonforme Auslegung geschlossen werden: Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II (ex-Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I) statuiert (im Rahmen des Zumutbaren) eine Präventionspflicht für alle Zahlungsdienstnutzer, nicht nur den Zahler, und zudem diese Pflicht als eine allgemeine, bezogen auf die „Nutzung“, nicht nur die vorangehenden „Zugriffsmöglichkeiten“.

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619 Ebenso, noch vor Einführung von § 675l BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (227 f.) = NJW 1984, 2460 (allerdings auf der Grundlage einer dahingehenden AGB und implizit); Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 167–175. 620 Mit ganzer Schärfe stellt sich die Frage nach der Fortgeltung einer allgemeineren Sorgfaltspflicht bei anderen als Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, etwa wenn ein Zahlungsdienstnutzer erkennen kann, dass unautorisierte Überweisungen (auf klassischem Überweisungsträger) ausgeführt wurden und er weiteren Missbrauch durch sofortige Anzeige verhindern könnte: dazu nach altem Recht Nachw. vorige Fn. 621 Warnpflicht bejahend KG Beschluss v. 31.10.2005 – 12 U 112/05, NJW 2006, 381 (382); kritisch hierzu BankRHdB/Maihold § 54 Rn 56; ablehnend Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn 29. 622 Ähnlich BeckOK BGB/Schmalenbach § 675l Rn 7; Palandt/Sprau § 675l Rn 8. 623 Für das Erste BeckOK BGB/Schmalenbach § 675l Rn 7; Palandt/Sprau § 675l Rn 8. Für das Zweite Omlor BKR 2019, 105 (111). 624 BeckOK BGB/Schmalenbach § 675l Rn 7; Palandt/Sprau § 675l Rn 8.

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Soweit denn Rücksichtsnahme- und Prüfpflichten des Vertragsunternehmens vereinbart werden („Bedingungen für die Nutzung“ formuliert werden), was freilich immer seltener geschieht, waren sie bis 2009 als Obliegenheit zu verstehen. Denn bei Verletzung und Nichteinbringlichkeit der Forderung entfiel der abstrakte Zahlungsanspruch bzw. die Pflicht des Kartenunternehmens zum Forderungsankauf.625 Die dogmatische Konstruktion muss seit 2009 angepasst werden, das Ergebnis bleibt freilich dasselbe: Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II (ex- Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I) qualifiziert solche Abreden als Grundlage einer Präventionspflicht aller Zahlungsdienstenutzer, auch von Zahlungsempfängern. Anders als bei der Girocard ist mit der Rückfragemöglichkeit jedoch eine flexible Handhabung (und damit die Eignung der Karte auch für preisintensive Spontankäufe) gewährleistet. Solche Klauseln sind wirksam, ist diese Pflicht doch im Grundsatz bereits im objektiven Recht, namentlich dem Zumutbarkeitsgrundsatz angelegt: Jede Vertragsseite hat, soweit ihr zum Zwecke der Vertragsdurchführung Einwirkungsmacht auf das Vermögen der anderen eingeräumt wird, eine Pflicht, von diesem Schaden abzuwenden, zumindest soweit es ihr unschwer möglich ist und allein sie auf Grund der Vertragsgestaltung über die nötigen Mittel verfügt.626 274 Dies hat Auswirkungen im Vollzugsverhältnis (Kartenemittent – Vertragsunternehmen). Für (beim Kartenemittenten) danach verbleibende Schäden gelten für das Präsenzverfahren die vor allem im Scheckrecht entwickelten Grundsätze über die Sorgfalt bei der Überprüfung der Karte und der Unterschriftenübereinstimmung: Dem Vertragsunternehmen wird – in den üblichen Kreditkarten-[Händler-]Teilnahmebedingungen, wenn auch teils eher implizit – ein abstrakter Zahlungsanspruch bzw. der Ankauf der Forderung auch zugesagt, wenn diese unter Einsatz einer Karte, die das Kreditkartenunternehmen ausgegeben hat, begründet wurde, jedoch nicht durch den berechtigten Karteninhaber (dies dann eine Nutzungsbedingung i.S.v. Art. 69 Abs. 1 lit. a ZDRL II); das Kartenunternehmen haftet also für Missbrauch, nicht für Fälschung von Karten.627 Letzteres ergibt sich i.d.R. („Einsatz der Karte“) aus dem Wortlaut der Bedingungen, vor allem jedoch aus der ihnen zugrunde liegenden Rechtsscheindogmatik. Umgekehrt muss das Vertragsunternehmen (nach den üblichen und insoweit i.d.R. auch sehr expliziten Kreditkarten-[Händler]Teilnahmebedingungen), will es nicht den Einwand der Bösgläubigkeit (auch grobfahrlässigen Nichtwissens) gewärtigen, die Sperrlisten beachten,628 einen Unterschriftsvergleich vornehmen629 (außer im PIN-Verfahren) und bei sich aufdrängenden Zweifeln Nachforschungen anstellen (all dieses dann wieder eine Nutzungsbedingung i.S.v. Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II).630 Da für die Zurechnung nach § 278 BGB („in Erfüllung“) entscheidend ist, ob der Gehilfe im ihm übertragenen Aufgabenkreis handelte, ist der Missbrauch des Angestellten, der die Karte zur Zahlung entgegennehmen durfte, dem Vertragsunternehmen wie eigener Missbrauch zuzurechnen.631 Wichtig für die Haftung des Vertragsunternehmens ist zudem, dass es nur sehr begrenzt Rückgriff nehmen

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625 Zu dieser Einwendung unten Dritter Teil Rn 376 f. 626 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 75 (Rückfrageklauseln); und allgemeiner MünchKommBGB/Oetker § 254 Rn 68–70; Palandt/Grüneberg § 254 Rn 36 f. 627 Für den Missbrauch der echten Karte: Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 114–120 (auch von der Forderungskauftheorie her); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 42 f. 628 Weller Kreditkartenverfahren, S. 144–146; für die ec-/maestro-Karte bzw. Girocard BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 68 Rn 13, Verweis darauf in BankR-HdB/Koch § 68 Rn 1 Fn 1. 629 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 398; Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 104 f. (jedoch geringere Anforderungen als an Bankangestellte); Weller Kreditkartenverfahren, S. 153. 630 BGH Urt. v. 12.7.2005 – XI ZR 412/04, WM 2005, 1601 (sehr teure Bestellungen ohne vollständige oder mit signifikant inkorrekter Namensnennung, aus exotischen und anderen Ländern als bisher); LG Hamburg Urt. v. 14.1.1986 – 4 O 383/85, WM 1986, 353 (354); Oechsler WM 2010, 1381 (1385 f.) (mit ausf. Diskussion und Begründung des Grundmodells zur Haftungsverteilung zwischen Kreditkartenemittent und Vertragsunternehmen); Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 105. 631 Vgl. Palandt/Grüneberg § 278 Rn 20–22; und vergleichbar BGH Urt. v. 8.10.1991 – XI ZR 207/90, NJW 1991, 3208 (3210) (Missbrauch von Bankvollmacht); aA noch BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (392) = NJW 1990, 250.

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kann: Treten Verschulden des Vertragsunternehmens und des Kunden nebeneinander, kann der Kunde nicht – etwa unter Heranziehung von Grundsätzen zum Gesamtschuldnerausgleich –632 mit mehr als dem Betrag belastet werden, den er auf Grund der Kreditkarten-Kundenbedinungen schuldet (häufig 0,– €, außer bei grober Fahrlässigkeit, etwa Nr. 12.1 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Die Freistellungsvereinbarung zugunsten des Kunden soll – allen Parteien im System erkennbar – für diesen das Risiko endgültig begrenzen. 5. Institutspflichten zur Missbrauchsprävention und Nachfragetransparenz (§ 675m BGB) a) Spiegelbildliche Präventionspflicht zu den beiden Kundenpräventionspflichten. 275 Spiegelbildlich zu den beiden spezifizierten Präventionspflichten der Kunden werden zwei Pflichten(komplexe) der jeweiligen Zahlungsdienstleister formuliert, die möglichst hohe Synergien in den Schutzanstrengungen gewährleisten sollen. Dabei betreffen § 675m Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 sowie Abs. 2 BGB den Schutz vor Fremdzugriff (Vorsorge) und die diesbezügliche Risikotragung, umgekehrt dann § 675m Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie S. 2 BGB die Reaktionspflichten, sobald Fremdzugriff dennoch eintrat (Sperrung). Dass es sich – wie bei den Kunden – auch auf der Seite der Zahlungsdienstleister um allgemeine Pflichten handelt, belegt wiederum der Umstand, dass Ausnahmen praktisch nicht gemacht bzw. zugelassen werden (vgl. § 675e BGB), außer im außereuropäischen Drittstaatenverhältnis (vgl. § 675e Abs. 2 BGB; Abdingbarkeit, weil zwingender Charakter nicht durchsetzbar) und bei Kleinbetragsinstrumenten, wo das Risiko i.d.R. beim Karteninhaber liegt und insbesondere die Pflicht, auf die Anzeige sofort zu reagieren, sinnlos ist, wenn eine Sperrmöglichkeit fehlt (vgl. § 675i Abs. 2 Nr. 2 BGB). Wieder stellt sich die Frage, ob die beiden gesetzlich spezifizierten Pflichten(komplexe) den Kanon der Präventionspflichten der Zahlungsdienstleister erschöpfen (vgl. unten Dritter Teil Rn 279). b) Schutz vor Fremdzugriff (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2) und Gefahrtragung für das Restrisi- 276 ko (Abs. 2). Der Zahlungsdienstleister hat einen möglichst sicheren Übermittlungsweg zu wählen, um zu gewährleisten, dass nur der berechtigte Zahlungsdienstnutzer die Verfügungsgewalt über Zahlungsinstrument und alle personalisierten Sicherheitsmerkmale erlangt (Nr. 1). Diese Pflicht des Zahlungsdienstleisters hat zwei Hauptaspekte: Es ist in jedem Einzelfall eine möglichst sichere Versendungsform zu wählen. So sind etwa Karte und PIN jedenfalls in getrennten Briefen zu versenden (spiegelbildlich zum Trenngebot beim Kunden), wohl sogar eine Versendung per Einschreiben zu wählen. Zugleich jedoch besteht die Pflicht, das System selbst so sicher auszugestalten wie (unter zumutbaren Kosten) möglich, namentlich hinsichtlich der Sicherheitsmerkmale oder Übertragungswege,633 aber auch etwa hinsichtlich der Aufklärung und Beratung des Kunden.634

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632 Nach höchstrichterlicher Rspr. wirkt die mit dem Gläubiger vereinbarte Haftungsbeschränkung nicht auch im Gesamtschuldnerausgleich (anderen Schuldnern gegenüber); richtig ist jedoch, die Frage durch Auslegung der Haftungsbeschränkungsregel zu beantworten: vgl. zu allem nur Palandt/Grüneberg § 426 Rn 18–21. 633 Vgl. (primär für die Sicherheitsmerkmale, auf die Übertragungswege aber gut übertragbar): BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422 (implizit: TAN 2008 „noch“ lege artis – inzwischen jedoch starke Kundenauthentifizierung legislatorisch geregelt, vgl. Rn 246); KG Urt. v. 29.11.2010 – 26 U 159/09, WM 2011, 493 (496); Schulte am Halse/ Klabunde MMR 2010, 84 (88); zu den wichtigsten Angriffsformen und den wichtigsten Sicherheitsverfahren vgl. Langenbucher/Bliesener/Spindler/Herresthal 5. Kapitel Rn 55a–66b; Gössmann/Bredenkamp FS Nobbe, 2009 S. 93; Zahrte MMR 2013, 207; MünchKommBGB/Zetzsche § 675v BGB Rn 45, 46, 48. Schöne Übersicht zu den Sicherheitsmechanismen und ihrer Effizienz bei Koch M. Missbrauch von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, S. 60–79. 634 Borges NJW 2012, 2385 (2388); vgl. auch Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 2 lit. f und Nr. 5 EGBGB.

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Da der Zahlungsdienstleister sowohl die Gefahr der Übermittlung trägt (Abs. 2) als auch, wenn kein Fehlverhalten des Kunden nachgewiesen wird, die Gefahr von Verlusten aus nicht autorisierten Zahlungsvorgängen (vgl. §§ 675u, 675v BGB), handelt es sich primär zwar um eine Obliegenheit. Die Richtlinie gestaltet sie jedoch als echte (vom Kunden freilich wohl kaum einmal durchgesetzte) Pflicht aus und strebt so danach, den Kunden vor Verdächtigungen und Streitigkeiten möglichst weitgehend zu schützen. Eine vergleichbare Zielrichtung hat das Verbot, unaufgefordert Zahlungsinstrumete zuzusenden, es sei denn zum Zweck, unbrauchbare Instrumente zu ersetzen (Nr. 2): Der Kunde soll nicht mit einem möglichen Risiko – aber auch nicht mit Rückgabemühen – belastet zu werden. Daher werden sich die Pflichten aus § 675l BGB auf solchermaßen verbotswidrig zugesandte Instrumente nicht beziehen dürfen.

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c) Jederzeitige Ermöglichung von und sofortige Reaktion auf Verlustanzeigen (Abs. 1 S. 1 Nr. 3 bis 5 sowie S. 2). Um der Kundenanzeige größtmögliche Effizienz beizulegen, hat der Zahlungsdienstleister zwei – technisch nicht wirklich aufwändige – Schritte zu verbürgen: Die Anzeige des Zahlungsdienstnutzers muss jederzeit – 24 Stunden am Tag – ermöglicht werden (Nr. 3). Und die Reaktion durch Sperrung muss sofort einsetzen (Nr. 5). Sie muss bewirken, dass die Karte („Zahlungsinstrument“) nicht mehr genutzt werden kann.635 Gleiches muss (trotz engeren Wortlauts in Art. 69 ZD-RL II, ex- Art. 56 ZD-RL I) für jedes Sicherheitsmerkmal gelten, weil dem Zahlungsdienstnutzer für alle Aspekte des Zahlungsauthentifizierungsinstruments ein sicherer Mechanismus eröffnet werden muss, mittels dessen er seine Haftung für die Zukunft völlig ausschließen kann – selbst und gerade, wenn er vorher die notwendige Sorgfalt nicht hat walten lassen. Flankiert wird die doppelte Pflicht des Zahlungsdienstleisters in Fragen der Sperrung durch zwei Regeln: Zum einen kann sich der Zahlungsdienstnutzer die erfolgte Sperranzeige innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten bestätigen lassen (Abs. 1 S. 2) – was genügt, um Beweis zu erhalten, wenn ein solcher denn nötig werden sollte. Zum anderen kann für diese Bestätigung ebenso wie für die Bereithaltung und Anwendung der Sperrmöglichkeit kein Entgelt gefordert werden, was nach der alten Rechtslage aufgrund von § 675f Abs. 5 S. 2 BGB (ursprünglich Abs. 4 S. 2) bereits galt und nunmehr klarstellend in § 675m Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BGB niedergelegt ist.636

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d) Weitere ungeschriebene Sorgfaltspflichten? Die Frage, ob weitere Sorgfaltspflichten neben die gesetzlich Statuierten treten, stellt sich auf Seiten der Zahlungsdienstleister ebenso wie auf Seiten der Zahlungsdienstenutzer. Freilich ist der Rahmen, in dem sie sich stellt, ein anderer: Einerseits tragen die Zahlungsdienstleister das Restrisiko – etwa von Fälschung oder unaufgeklärten Abläufen – ohnehin (§§ 675m Abs. 2, 675u BGB). Daher hat die Frage nach weiteren ungeschriebenen Sorgfaltspflichten ohnehin nur Bedeutung, wenn dem Kunden grobfahrlässige oder vorsätzliche (Sorgfalts-)Pflichtverstöße nachgewiesen werden oder als Einwendung gegen die Kundenpflicht nach § 675v Abs. 1 BGB, verschuldensunabhängig (seit 2018 freilich mit der Exkulpationsmöglichkeit nach § 675v Abs. 2 BGB) einen Risikobeitrag von 50 € zu tragen. Andererseits ist Art. 70 ZD-RL II (ex-Art. 57 ZD-RL I) jedoch – ebenso wie § 675m BGB – so formuliert, dass er ausschließlich die spezifischen Pflichten nennt und – anders als Art. 69 ZD-RL II (ex-Art. 56 ZD-RL I) – keine zusätzliche Auffangklausel enthält. Ersichtlich ging der Europäische Gesetzgeber davon aus, dass angesichts der Risikoverteilung in § 675u BGB und angesichts der (Üblichkeit einer) Nutzungsbegrenzung das Risiko für Zahlungsdienstenutzer hinreichend eingeschränkt sei, weil sie – auch bei grobfahrlässigen Verfehlungen – durch unverzügliche Anzeige ihr Risiko noch auf die einmalige Ausschöpfung dieses Betrages beschränken können. Dies freilich ist nicht der Fall,

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635 Zusatzanwendungen, die andere Anbieter auf der Karte ermöglicht haben, müssen hingegen gesondert angezeigt und ggf. gesperrt werden (vgl. Abschnitt C Nr. 5 Girocard-Kundenbedingungen). 636 OLG Düsseldorf Urt. v. 19.7.2012 – 6 U 195/11, ZIP 2012, 1748; vgl. näher Scheibengruber BKR 2010, 15 (20) aA zur alten Rechtslage MünchKommBGB/Jungmann § 675m Rn 23.

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

wenn eine Nutzungsbegrenzung nicht vereinbart wurde, was § 675k Abs. 1 BGB nicht vorschreibt und was für das Online-Banking in der Tat häufig unterbleibt. In diesem Fall entspricht es wohl nicht der Intention des Gesetzgebers, dass das Risiko potentiell grenzenlos sein kann (planwidrige Lücke): Daher hat das Institut zumindest in den Fällen, in denen keine Nutzungsbegrenzung vereinbart wurde, den Deckungsrahmen, den es beim Online-Banking auch stets routinemäßig prüfen kann, als absolute Grenze zu sehen und zu prüfen.637 e) Nachfragetransparenz bei Bonitätsanfragen (Abs. 3). Der Auskunftsanspruch des Zah- 280 lungsdienstenutzers bezieht sich allein auf kartenbegundene Zahlungsinstrumente, bei deren Einsatz der kartenemittierende Zahlungsdienstleister bei einem (von ihm verschiedenen) kontoführenden Zahlungsdienstleister nachfragt, ob Deckung vorhanden ist. Hintergrund ist die Regelung in §§ 45 f. ZAG (auf der Grundlage von Art. 65 ZD-RL II). Sie stellt klar, dass das kontoführende Institut auf der Grundlage einer vorherigen Zustimmung des Zahlungsdienstenutzers auch diesem gegenüber nach § 45 ZAG zur Auskunft verpflichtet ist (weil sonst der Zahlungsvorgang abgebrochen würde), desgleichen nach § 46 ZAG dem anfragenden Kartenemittenten und dies bei online zugänglichem Konto (§ 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZAG) – letztlich voll automatisiert.638 Die Auskunft – beschränkt auf ein „ja“ oder „nein“ – dient allein dem Ziel, Klarheit über die Deckung zu erhalten, und ist allein hierfür zu verwenden und nach Durchführung auch sofort zu löschen – führt auch nicht zur Kontosperre (vgl. genannte Normen), was angesichts der sofortigen Ausführung auch unverhältnismäßig wäre. In dieser Situation führt die positive Antwort zur Durchführung des Zahlungsvorgangs, bei negativer Antwort hingegen ermöglicht § 675m Abs. 3 BGB es dem Zahler zu reagieren. Die hierfür nötigen Daten – Identifikation des anfragenden Kartenemittenten, betroffene Transaktion und erteilte Antwort – sind dem Zahler vom angefragten kontoführenden Institut mitzuteilen, allerdings nur „auf Verlangen“ und nicht eigeninitiativ (freilich nach § 675f Abs. 5 S. 2 BGB entgeltfrei).639

III. §§ 675n, 675o BGB: Zugang der Autorisierung und Ablehnung der Ausführung von Zahlungsdiensten Unterkapitel 2: Ausführung von Zahlungsvorgängen § 675n Zugang von Zahlungsaufträgen (1) Ein Zahlungsauftrag wird wirksam, wenn er dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zugeht. Fällt der Zeitpunkt des Zugangs nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, gilt der Zahlungsauftrag als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen. Der Zahlungsdienstleister kann festlegen, dass Zahlungsaufträge, die nach einem bestimmten Zeitpunkt nahe am Ende eines Geschäftstags zugehen, für die Zwecke des § 675s Abs. 1 als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen gelten. Geschäftstag ist

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637 AA (Nichtbeachtung der Nutzungsbegrenzung zwar als Pflichtverletzung zu sehen, nicht jedoch Nichtbeachtung des Deckungsrahmens): BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422 (2425 Tz 37). 638 Zu diesen Voraussetzungen hat man auch zu zählen, dass unter diesen Voraussetzungen die Beantwortung für das kontoführende Institut auch nicht zu zusätzlichen Organisationslasten führen darf. Das Regime ist seit 14.9.2019 anwendbar (vgl. näher oben Dritter Teil Rn 246 – dort für § 55 ZAG, bei dem das Anwendungsregime denselben Normen folgt). 639 Vgl. zum Inhalt der Mitteilung auch BT-Drs. 18/11495, S. 158. Zu den Formen, wie Mitteilung dann gegeben werden kann, vgl. oben Dritter Teil Rn 127. Allerdings unterscheidet sich „Mitteilung“ aufgrund des Erfordernisses eines Kundenverlangens praktisch nicht mehr von bloßem „Zugänglichmachen“.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

jeder Tag, an dem der an der Ausführung eines Zahlungsvorgangs beteiligte Zahlungsdienstleister den für die Ausführung von Zahlungsvorgängen erforderlichen Geschäftsbetrieb unterhält. (2) Vereinbaren der Zahlungsdienstnutzer, der einen Zahlungsvorgang auslöst oder über den ein Zahlungsvorgang ausgelöst wird, und sein Zahlungsdienstleister, dass die Ausführung des Zahlungsauftrags an einem bestimmten Tag oder am Ende eines bestimmten Zeitraums oder an dem Tag, an dem der Zahler dem Zahlungsdienstleister den zur Ausführung erforderlichen Geldbetrag zur Verfügung gestellt hat, beginnen soll, so gilt der vereinbarte Termin für die Zwecke des § 675s Abs. 1 als Zeitpunkt des Zugangs. Fällt der vereinbarte Termin nicht auf einen Geschäftstag des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, so gilt für die Zwecke des § 675s Abs. 1 der darauf folgende Geschäftstag als Zeitpunkt des Zugangs. § 675o Ablehnung von Zahlungsaufträgen (1) Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung oder Auslösung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1 zu unterrichten. In der Unterrichtung sind, soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit sie gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag ein Entgelt für den Fall vereinbaren, dass er die Ausführung eines Zahlungsauftrags berechtigterweise ablehnt. (2) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. (3) Für die Zwecke der §§ 675s, 675y und 675z gilt ein Zahlungsauftrag, dessen Ausführung berechtigterweise abgelehnt wurde, als nicht zugegangen.

1. Zugang und Wirksamwerden des Zahlungsauftrags (§ 675n BGB) 281

a) Überblick und Stellung im System. Die Norm regelt den Zugang des Zahlungsauftrags als den Zeitpunkt, in dem dieser wirksam wird. In den meisten Rechtsordnungen entfaltet eine Willenserklärung – etwa die Weisung nach § 665 BGB – erst (Rechtsbindungs-)Wirkung ab diesem Zeitpunkt, so dass der Zugang konstitutiv für das Vorliegen einer Willenserklärung ist. Dennoch ordnet der Gesetzgeber des Zahlungsdiensterechts die Regel – entgegen der herkömmlichen Systematik im BGB, namentlich mit § 130 BGB – nicht unter den Regeln zum „Auftrag“ ein, sondern unter den Regeln zur Ausführung durch den Zahlungsdienstleister. Für § 675n BGB – aber auch für die Gegenweisung nach § 675p BGB („Widerruf“), die den Auftrag wieder entfallen lässt – überzeugt das nicht.640 Denn der Auftrag mag die Ausführungspflicht begründen. Mit diesem Argument freilich hätten alle Wirksamkeitsvoraussetzungen des Auftrages unter dem Abschnitt zu den Ausführungspflichten eingeordnet werden können, also der Zahlungsauftrag insgesamt einem großen Kapitel Zahlungsausführung untergeordnet werden können. Trennt man Auftrag und Ausführung, so betreffen §§ 675n bis 675p BGB (primär) Ersteren. Vorliegend werden sie daher – entsprechend der klassisch privatrechtlichen Sicht – als Hauptregeln zur Willenserklärung Zahlungsauftrag behandelt. Mit § 675n BGB wird der Zugang als Wirksamkeitszeitpunkt deklariert, zugleich jedoch auch weitgehend – wenn auch teils indirekt – definiert und dies gleichermaßen für den üblichen Einzelauftrag (Abs. 1) wie für den Dauerauftrag, aber auch für andere (Einzel-)Aufträge auf Termin (Abs. 2).

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640 Selbst der zwischen beide Normen eingefügte § 675o BGB regelt jedenfalls auch, wohl sogar vorrangig, die Voraussetzungen für die Ausführungspflicht, und sicherlich nicht die Ausführung – d.h. die Erfüllung der Pflichten – selbst. Nur wird annexweise auch die Nichtausführung (Ablehnung) geregelt, wenn die Voraussetzungen für die Ausführungspflicht einmal nicht vorliegen.

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Mit dem Wirksamwerden des Auftrags (durch Zugang) werden zentrale Rechtsfolgen aus- 282 gelöst, so dass § 675n BGB in den entsprechenden Regeln seine Hauptwirkung entfaltet. Es sind dies namentlich: (i) Es wird die Ausführungspflicht begründet und – als Kehrseite dazu – bei Fehlen der Voraussetzungen die Möglichkeit für den Zahlungsdienstleister, die Ausführung abzulehnen, gekoppelt mit der Pflicht, dies mitzuteilen (§ 675o BGB); (ii) mit der Bindungswirkung geht grundsätzlich der Wegfall der Widerruflichkeit einher, angesichts der Einseitigkeit der Erklärung (Weisung) finden sich jedoch (in Grenzen) Durchbrechungen, soweit der Auftrag noch keine Wirkung nach außen entfaltet hat oder die Beteiligten zugestimmt haben (§ 675p BGB, ausnahmsweise auch § 675x BGB); (iii) schließlich lässt der Zugang (das Wirksamwerden) die (Ausführungs-)Frist anlaufen, innerhalb derer der Auftrag auszuführen ist (§ 675s BGB). Die Regel ist mit ihrer Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für andere Regeln so wichtig, dass Ausnahmen praktisch nicht gemacht bzw. zugelassen werden (vgl. § 675e BGB), außer im außereuropäischen Drittstaatenverhältnis (vgl. § 675e Abs. 2 BGB; Abdingbarkeit, weil jedenfalls der zwingende Charakter dort nicht durchsetzbar ist). b) Zugang des Einzelauftrags (Abs. 1). Mit Zugang des üblichen (Einzel-)Zahlungs- 283 auftrages – d.h. der Willenserklärung des Zahlers – wird dieser wirksam. Der Anwendungsbereich der Norm ist breit: Obwohl technisch die Erklärung des Zahlungsempfängers bei von ihm initiierten Zahlungsvorgängen kein Zahlungsauftrag sein mag, sind die Grundsätze des § 675n BGB hier ebenfalls (jedenfalls analog) anzuwenden, insbes. auch Abs. 2. Dabei regelt § 675n BGB die Rechtsgeschäftslehre hinsichtlich der Wirksamkeit der Willensbildung nicht und verweist insoweit auf (autonom gesetztes) nationales Recht.641 Hinsichtlich des Zugangs selbst werden demgegenüber wichtige Eckpunkte geregelt und 284 ist wohl von einer Europäisch autonomen Begrifflichkeit auszugehen.642 Zugang ist – da Rechtswirksamkeit ausgelöst wird – nur bei solchen Erklärungen zu befürworten, die als verbindlich gemeint sind. Das schließt bloße vorherige Beratung etc. aus.643 Da zugleich der Zugang zu Zahlungsdienstleistern stark formalisiert ist, müssen auch diese bereitgestellten formalisierten Wege benutzt werden, genügt dies jedoch auch: Eingang im Briefkasten, jedenfalls dem für Zahlungsvorgänge vorgesehenen Briefkasten, und Eingang auf dem Server über die bereitgestellten Eingabemasken. Die zwei wesentlichen Fragen, die sich darüber hinaus noch zum Zeitpunkt stellen, regelt 285 der Europäische Gesetzgeber: Zugang im Rechtssinne ist nur an Geschäftstagen möglich, so dass Eingang auf einem der formalisierten Wege vor dem Geschäftstag erst am (nächsten) Geschäftstag Zugangswirkung entfaltet (S. 2). Dabei sind Geschäftstage nur solche, an denen der Bankbetrieb im Zahlungsverkehr stattfindet, also Aufträge inhaltlich bearbeitet werden (S. 4), etwa nicht ein Tag der offenen Tür oder Ähnliches, auch wenn Werbegespräche, vielleicht auch mit bestimmten Beratungselementen stattfinden.644 Entscheidend ist die Lage beim befassten Institut, also etwa beim Zahlungsdienstleister des Zahlers, nicht beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers (anders erst im Rahmen von § 675s BGB und allein dort, vgl. dort). Freilich muss ggf. auch von Zahlungsvorgang zu Zahlungsvorgang differenziert werden: Bestimmte Dienste, etwa die GA, werden täglich angeboten, so dass dann auch Zugang und Wirksamwerden des entsprechendes

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641 Etwa Geschäftsfähigkeit, Botenschaft, auch Vertretungsvoraussetzungen: etwa Staudinger/Omlor § 675n Rn 1; MünchKommBGB/Jungmann § 675n Rn 1. 642 AA offenbar Gebauer/Wiedmann/Schinkels Kapitel 16 Rn 32, 38. 643 So zu Recht BT-Drucks. 16/11643, S. 107. 644 BGH Urt. v. 17.10.2017 – XI ZR 419/15, NJW 2018, 299 (300); Palandt/Sprau § 675n Rn 4; allgemeiner Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675n Rn 3 f.; MünchKommBGB/Jungmann § 675n Rn 21 ff.; Staudinger/ Omlor § 675n Rn 11.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Auftrages an Feiertagen anzunehmen ist.645 Es handelt sich also um einen funktional (und wohl europaeinheitlich) auszulegenden Begriff. Dementsprechend kann es umgekehrt auch Werktage geben, an denen der fragliche Bankbetrieb nicht stattfindet (Bankfeiertage, etwa Heiligabend). 286 Innerhalb von Geschäftstagen wird der letztmögliche Zugangszeitpunkt teils durch den Gesetzgeber bestimmt, teils der individuellen Organisation dieses Instituts überantwortet. Denn mit der „cut-off“-Regel des S. 3 wird den Zahlungsdienstleistern gestattet, nach den Bedürfnissen ihrer internen Abläufe einen Zeitpunkt festzulegen, ab dem sie einen Zahlungsauftrag nicht mehr an diesem Tage bearbeiten (Rationalisierungsinteresse). Gesetzlich vorgegebene Voraussetzung ist freilich, dass dies nicht beliebig geschieht, sondern „nahe am Ende“ eines Geschäftstages. Für die Auslegung dieses Begriffs wird maßgeblich sein müssen, ob die Festsetzung des Zeitpunkts noch damit sinnvollerweise gerechtfertigt werden kann, dass die Abwicklung am selben Tag nicht mehr durchgängig rationell organisiert werden kann.646 Denn hinter der Regel steht die Überlegung, dass die Ausführungsfrist i.d.R. schon am nächsten Tag endet, also zwischen (realistischem) Bearbeitungszeitpunkt und Ende des Ausführungsfrist ein Tag liegen soll. Die cut-off-Regel kann man als Fiktion verstehen (ggf. unter Hinweis auf den Wortlaut von § 675n Abs. 1 S. 3 BGB und von Art. 78 Abs. 1 S. 3, aber auch S. 2 ZD II. ex-Art. Art. 64 Abs. 1 S. 3 und 2 ZD-RL I), oder als „Ausnahme“647 oder aber – wie hier – als individuell-funktional gefasste Präzisierung des Zugangszeitpunkts – wie denn die Begriffsbildung in § 675n BGB allgemein funktional vorgenommen wurde. 287

c) Zugang des Auftrags auf Termin, etwa des Dauerauftrags (Abs. 2). Im Ausgangspunkt anders gelagert ist die Situation bei Aufträgen auf Termin, namentlich Daueraufträgen. Hier kann der Zahlungsdienstleister „planen“. Daher kann die „cut-off“-Regel nicht gelten, der Zahlungsdienstleister muss die Bearbeitung früh genug am vereinbarten Tag angehen. Ansonsten gelten die Zugangsregeln entsprechend. Insbesondere wird dem Zahlungsdienstleister nicht auferlegt, die Ausführungsfristen vorab einzuplanen oder einzurechnen. Er hat nur über sie aufzuklären (Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 2 lit. e EGBGB). Der Zahlungsdienstleister bearbeitet also am vereinbarten (Geschäfts-)Tag bzw. dem ersten folgenden Geschäftstag. Der Zahler hat dann auf dieser Grundlage den vereinbarten Zugangstag so zu legen, dass Eingang der Valuta beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers noch bis zur Fälligkeit sichergestellt ist – beispielsweise bei Fälligkeit in den ersten drei Tagen des Monats nicht erst am dritten Tage des Monats. Zugleich regelt Abs. 2, dass der Zahlungsdienstleister i.Z.w. nicht zusagt, den Zahlungsauftrag vor Eingang der hierzu bereitgestellten Deckung auszuführen. 2. Ablehnung der Auftragsausführung bei Fehlen der Voraussetzungen (§ 675o BGB)

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a) Ausführungspflicht und Ablehnungsgründe (Abs. 2). § 675o Abs. 2 BGB ist die Ausgangsnorm zur Pflicht des Zahlungsdienstleisters, Zahlungsaufträge auszuführen. Diese Pflicht regelt die Norm unmittelbar – wenn auch durch Negativformulierung und wenn auch nur für den (tatsächlich ungleich wichtigeren) Fall des Bestehens eines Zahlungsdiensterahmenvertrages. Drei Voraussetzungen für die Ausführungspflicht werden deutlich:648 (1) das Bestehen

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645 Ausdrücklich: BGH Urt. v. 17.10.2017 – XI ZR 419/15, NJW 2018, 299 (300); Ahrens NJW-Spezial 2018, 85 (86); schon Grundmann WM 2009, 1109 (1115). 646 So wohl auch BT-Drucks. 16/11643, S. 107: sogar Differenzierung möglich, etwa wenn (vor mehreren Feiertagen) großer Arbeitsanfall vorhersehbar; für eine Konkretisierung (zu Mietzahlungen) BGH Urt. v. 5.10.2016 – VIII ZR 222/15, NJW 2017, 1596; Anm. Börstinghaus NZM 2017, 650. 647 So i.d.R. die deutsche Kommentarliteratur, etwa Palandt/Sprau § 675n BGB Rn 5. 648 Zur Vorgängerregelung in § 676a BGB a.F., die diese Zusammenhänge verunklärte, jedoch im Ergebnis im gleichen Sinne auszulegen war, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 36, 38–41.

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

eines Rahmenvertrages (vgl. oben § 675f BGB), (2) das Vorliegen einer wirksamen Autorisierung (Einzelauftrag/Weisung, § 675j BGB) – auch ggf. über einen Zahlungsauslösedienst, wie die Norm seit 2018 klarstellt – und (3) das Vorliegen a) der gesetzlich und b) der durch die Vereinbarung festgelegten Ausführungsbedingungen. Gesetzliche Voraussetzungen werden – ganz dem Leitbild einer freien Marktwirtschaft und von §§ 134, 138 BGB entsprechend – nur in Form von Verboten formuliert, namentlich bei Geldwäsche, ggf. im Falle von Beschlagnahmungen, kaum mehr aus währungs- und devisenrechtlichen Gründen (Art. 63 AEUV).649 Die wichtigen Voraussetzungen regelt demgegenüber die Vereinbarung. Schon die zweite Voraussetzung, die Autorisierung, gestaltet die Vereinbarung näher aus, dies von Zahlungsvorgang zu Zahlungsvorgang unterschiedlich (zudem Art. 5 Abs. 1 bis 3 SEPA-VO).650 Darüber hinaus jedoch legt sie auch weitere Voraussetzungen fest: Die Wichtigste ist die der hinreichenden Deckung, entweder als (freies) Guthaben oder als Kreditlinie (Darlehensauszahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 BGB).651 Fehlende Deckung gibt freilich nur ein Ablehnungsrecht, umgekehrt kann das Institut auch bei Fehlen der Deckung ausführen.652 Ob dies allgemein gilt, ist allerdings fragwürdig: namentlich soweit der Deckungsrahmen einen (letzten) Schutz vor Missbrauch durch Dritte bietet, sicherlich jedoch gegenüber Verbrauchern, bei denen die Schutzregeln des Verbraucherkreditrechts eingreifen.653 Für den – praktisch weniger wichtigen – Einzelzahlungsvertrag wird die Ausführungs- 289 pflicht in § 675f Abs. 1 BGB positiv und ungleich direkter formuliert, freilich nur deswegen, weil alle drei Voraussetzungen bei Vertragsschluss geprüft bzw. ersetzt werden: die vertragliche Grundlage wird ad hoc geschaffen, damit zugleich auch die Autorisierung und die Deckung wird durch Einzahlung bewirkt bzw. vom Zahlungsdienstleister darlehensweise für diesen Zahlungsvorgang zugesagt. Dass die Voraussetzungen dennoch im Prinzip die gleichen sind, zeigt sich u.a. daran, dass selbstverständlich auch im Rahmen des § 675f Abs. 1 BGB die (nur in § 675o Abs. 2 BGB genannte) Ausnahme einer entgegenstehenden gesetzlichen Regel (Geldwäsche u.a.) gilt. Fehlt eine der Voraussetzungen für die Ausführungspflicht, ist der Zahlungsdienstleister be- 290 rechtigt – nach dem Gesagten nicht notwendig auch verpflichtet –, Ausführung abzulehnen (Abs. 2 e contrario). b) Ablehnungserklärung und Entgeltfragen (Abs. 1). Zwar regelt die Norm – entgegen ih- 291 rer amtlichen Überschrift – als Hauptpflicht unmittelbar nur diejenige zur Ausführung (Abs. 2), nur im Umkehrschluss auch das Recht zur Ablehnung. Der sonstige Gehalt der Norm präzisiert dann freilich die flankierenden Pflichten für den Fall der Ablehnung. Allein auf diesen sonstigen Gehalt beziehen sich die (wenigen) Ausnahmemöglichkeiten, namentlich die Abdingbarkeit im

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649 Hingegen kein Recht zur Ablehnung bei Zahlungsunfähigkeit des Zahlers: BGH Urt. v. 24.1.2013. – IX ZR 11/12, WM 2013, 361 (Tz 31). 650 Im Einzelnen oben Dritter Teil Rn 226, 228–245. 651 Escher-Weingart BuB Rn 6/47; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 33; Schwintowski Kap. 9 Rn 227; s. auch BGH Urt. v. 15.6.2004 – XI ZR 220/03, NJW 2004, 2517 (2518). Ebenso für Frankreich Piedelièvre Paiement, S. 392 f.; für Großbritannien: sec. 56(1) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 604; Hudson Finance, S. 927; für Italien Mancini et al./Lupacchino Pagamento, S. 185 f. Und für die Ausführungspflicht, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind: Für Großbritannien: Conservative and Unionist General Office vs. Burrel, [1982] 1 W.L.R. 522, [1982] All E.R. 1 (6); Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 604; Hudson Finance, S. 932; Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 134. Für Italien: Mancini et al./Lupacchino Pagamento, S. 185 f. 652 BGH Urt. v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, ZIP 2007, 435; BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 33. 653 Für das Erste vgl. oben Dritter Teil Rn 250 und für das Zweite Dritter Teil Rn 237. In Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) Rn BankR II 55 zudem Zweifel insofern, als der mit dem Kunden vereinbarte Überziehungsrahmen auch dem Schutz des Kontoinhabers vor übermäßigen Belastungen mit Überziehungszinsen dienen kann, wenn Überweisungen ohne vorherige Deckungsprüfung angewiesen werden.

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außereuropäischen Drittstaatenverhältnis (§ 675e Abs. 2 BGB) sowie die Ausnahme bei Kleinbetragsinstrumenten, wenn die Ablehnung sich bereits aus dem Ablauf des Zahlungsvorgangs selbst ergibt (§ 675i Abs. 2 Nr. 4 BGB). Nur wenn der Zahlungsdienstleister von seinem Ablehnungsrecht auch Gebrauch macht, greifen die flankierenden Regeln. Zunächst stellt die Norm klar, dass die Ablehnung – gleichgültig ob sie rechtmäßig war 292 oder nicht – dem Kunden mitzuteilen ist (S. 1; so schon die einhellige Meinung nach Auftragsrecht bzw. § 362 HGB a maiore).654 Die Mitteilung muss unverzüglich erfolgen, spätestens innerhalb der Ausführungsfrist nach § 675s BGB, also etwa bei Eurozahlungen in EU/EWR innerhalb eines Geschäftstages. Ziel ist es regelmüßig, dem Kunden die Möglichkeit zu geben, Abhilfe zu schaffen und so Säumnisfolgen zu vermeiden oder zu minimieren.655 In diesem Geist hat auch die Auslegung zu erfolgen: Es ist der schnellstmögliche routinemäßig mögliche Weg zu wählen, die Frist kann demnach durchaus unter der Ausführungsfrist bleiben. Hintergrund für die Auslegung des Maßstabes der „Unverzüglichkeit“ ist, dass die Nichteinlösung typischerweise die Interessen des Schuldners tangiert und sein Zahlungsdienstleister ihm auftragsrechtlich Interessenwahrung schuldet. Daher sollte die Benachrichtigung, wenn möglich, so gewählt werden, dass er Nachteilen vorbeugen kann.656 Höchstrichterlich schon bis 2009 nicht geklärt war, ob die Benachrichtigung so vorzunehmen ist, dass der Schuldner noch innerhalb der Rückgabefrist für Deckung (bzw. Abbuchungsauftrag) sorgen und die Einlösung gewährleisten kann.657 Mit den allein geschuldeten routinemäßig einsetzbaren Kommunikationsmedien ist das nur möglich, wenn der Schuldner eine Faxnummer oder e-mail-Adresse hinterließ oder telefonisch (stets) zu erreichen ist. Da er umgekehrt Nachteile auch etwa durch Blitztransfer vermeiden kann, ist nur umgehende briefliche Benachrichtigung zu fordern, es sei denn anderes ist (konkludent, etwa durch Angabe der Faxnummer) vereinbart. Mit welchem Mittel auch immer die Benachrichtigung erfolgt, routinemäßige Abwicklung impliziert im Regelfall, dass nur die Absendung innerhalb der Frist geschuldet sein kann,658 dann jedoch schnellstmöglich und damit i.d.R. bereits am gleichen Tag. Dabei ist die/eine Form zu wählen (oder jedenfalls genügend), die vertraglich für Kommu293 nikationen vereinbart wurde. Adressat ist derjenige Zahlungsdienstenutzer, dessen Auftrag unausgeführt blieb, ggf. also auch der Zahlungsempfänger, wenn er etwa den Inkassoauftrag nicht formgemäß erteilte. Der Inhalt der Mitteilung muss – neben dem Faktum der Ablehnung selbst – die Begründung für die Ablehnung umfassen, aber auch einen Hinweis zu den Mitteln, mit denen Abhilfe geschaffen werden kann (S. 2). Ausnahmen von der Begründungspflicht können sich allein aus Gesetz ergeben, namentlich im strafrechtlichen Bereich, etwa der Geldwäsche.

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654 Baumbach/Hopt (7) Rn C/42; Heymann/Horn Anh. § 372 Rn V/15. Ebenso für Frankreich Piedelièvre Paiement, S. 394; und für Italien Mancini et al./Lupacchino Pagamento, S. 185 f. 655 MünchKommBGB/Jungmann § 675o Rn 5 f.; Palandt/Sprau § 675o Rn 4; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/ Burghardt § 675o Rn 2. 656 BGH Urt. v. 28.2.1989 – XI ZR 80/88, NJW 1989, 1671; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 139; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 2. Nach OLG Saarbrücken Urt. v. 13.7.1989 – 7 U 92/86, NJW 1989, 2758 (2759) muss der Schuldner beweisen, dass er den Nachteil ausgeräumt hätte; ebenso Häuser WM 1989, 841 (842); Terpitz NJW 1989, 2740. Nach den Grundsätzen über das rechtmäßige Alternativverhalten läge die umgekehrte Beweislastverteilung nahe. 657 Dafür Canaris Bankvertragsrecht, Rn 539; dagegen tendenziell BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 111; vgl. auch Schwintowski (3. Aufl.) § 7 Rn 260 (unverzügliche Unterrichtung, für eine analoge Anwendung von § 675o Abs. 1 BGB). Jedenfalls keine Beratungspflichten: BGH Urt. v. 5.5.1986 – II ZR 150/85, BGHZ 98, 24 (31) = NJW 1986, 2428. 658 BT-Drucks. 16/11643, S. 108; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Schmalenbach § 675o Rn 4; Palandt/Sprau § 675o Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675o Rn 40 ff.; ähnlich Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675o Rn 3; aA mit Hinweis auf die ratio legis, den Zahlungsdienstnutzer vor Nachteilen infolge nicht ausgeführter Zahlungsaufträge zu bewahren (argumentum e § 675o Abs. 1 S. 2) Staudinger/Omlor § 675o Rn 11 (grundsätzlich Erfolgseintritt innerhalb der Frist des § 675s BGB geschuldet, Ausnahmen bei tatsächlicher Unmöglichkeit).

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Für die berechtigte Ablehnung darf der Zahlungsdienstleister ein Entgelt fordern (S. 4). Nach 294 der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie ist die Entgeltpflicht damit nicht mehr an die Benachrichtigung über die Ablehnung gekoppelt, wie dies noch in Art. 65 Abs. 1 ZD-RL vorgesehen war. Damit wurde de facto (bereits 2009) eine alte Rechtsprechung korrigiert, die AGBs für unwirksam erklärte, die für die Benachrichtigung des Zahlers über die Ablehnung der Zahlungsausführung ein Entgelt vorsahen.659 Voraussetzung für die Entgeltpflicht ist, dass sie vereinbart worden ist (etwa Nr. 1.7 Abs. 3 Bedingungen für den Überweisungsverkehr und entsprechend sonstige Sonderbedingungen) und dass das Entgelt angemessen und an den Kosten orientiert ist (§ 675f Abs. 5 S. 2 BGB).660 Obsolet ist heute die Frage, ob etwas anderes galt in den Fällen, in denen Autorisierung erst nachträglich zu erfolgen hat (wie im früheren EEV), oder ob nicht die Richtlinienvorgabe – weniger formalistisch – jeglichen Zahlungsvorgang meint, der autorisiert werden muss.661 c) Ablehnungswirkungen (Abs. 3). Die berechtigte Ablehnung führt dazu, dass der Zah- 295 lungsauftrag keine Verpflichtungswirkung für den Zahlungsdienstleister entfaltet und insoweit – namentlich im Rahmen von §§ 675s, 675y und 675z BGB – als nicht erteilt (wirkungslos) gilt (klarstellend Abs. 3). Die unberechtigte Ablehnung löst demgegenüber diese Ansprüche aus, da dann der Zahlungsauftrag Verpflichtungswirkung entfaltet(e). Die unterbliebene oder fehlerhafte, etwa verspätete Mitteilung einer berechtigten Ablehnung löst Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB aus. d) Insbesondere: Einlösung und Nichteinlösung der Lastschrift. Besonders komplex ist 296 die Frage nach den Voraussetzungen für die Einlösung und nach einer Ablehnung bei der Lastschrift. Bis 2009 differierten sie nach Verfahren: Während es im EEV genügte, wenn die Angaben im Einzugsauftrag eine Zuordnung zum Schuldnerkonto erlaubten, der Auftrag also „anbringlich“ war, und wenn Deckung, auch in Form einer Kreditzusage oder -linie, vorhanden war,662 musste die Zahlstelle schon im AAV zudem das Vorliegen eines Abbuchungsauftrags des Schuldners prüfen. Das gilt heute für alle Verfahren, da alle Verfahren Abbuchungsauftrag auch gegenüber der Zahlstelle voraussetzen.663 Liegen die Voraussetzungen vor, ist die Zahlstelle verpflichtet, den Einzugsauftrag einzulösen, wohl auch im Interbankenverhältnis.664 ebenso wie dem Schuldner gegenüber auf Grund auftragsrechtlicher Weisung.665 Fehlt ein Abbuchungsauftrag, so kann die Zahlstelle die Lastschrift zwar zurückgeben, muss jedoch den Schuldner

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659 So BGH Urt. v. 13.2.2001 – XI ZR 197/00, NJW 2001, 1419 (1420). Zur klauselrechtlichen Kontrolle von Schadenspauschalen, die sich der Empfänger bei Nichteinlösung vom Schuldner ausbedingt: BGH Urt. v. 17.9.2009 – Xa ZR 40/08, WM 2009, 2398. 660 Im Richtliniensystem m.E. keineswegs selbstverständlich, ob die allgemeinen Personalkosten (für die Prüfung des Auftrags) wirklich nicht einkalkuliert werden dürfen; so OLG Bamberg (Fn 327), WM 2011, 2318 (2319); Kropf/Habl BKR 2012, 141 (142 f.) (selbst zu Recht auch auf die erhebliche Quersubventionierungswirkung hinweisend, auf Grund derer Zahler, die Deckung bereithalten, für Zahler, die keine Deckung bereithalten, mitzahlen). 661 Näher und für die stärker funktionale, nicht formalistische Sicht: Vorauflage: StaubGroßKommHGBGrundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 295; ebenso OLG Dresden Urt. v. 26.5.2011 – 8 U 1989/10, WM 2011, 1843 (Revision erfolgreich, s. unten); Grundmann WM 2009, 1157 (1159); Zahrte BKR 2011, 386; Palandt/Sprau § 675o Rn 4. Demgegenüber auf Wortlautauslegung bestehend (und nicht die Richtlinienvorgabe konsultierend): Kropf/Habl BKR 2012, 141 (142); Nobbe WM 2011, 961 (962 f.); Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Schmalenbach § 675o Rn 7; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675o Rn 7; zuletzt BGH (Fn 174) BGHZ 193, 238 = NJW 2012, 2571 = WM 2012, 1383; vorher LG Leipzig Urt. v. 6.12.2010 – 08 O 1140/10 juris. 662 Die Zahlstelle muss (und darf) Einlösung nicht von Vorliegen und Nachweis einer Einzugsermächtigung abhängig machen: vgl. Bundschuh FS Stimpel 1985, S. 1039 (1044–1046); BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 47; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 140. 663 Vgl. Dritter Teil Rn 152. 664 Vgl. BGH Urt. v. 7.5.1979 – II ZR 210/78, BGHZ 74, 352 (355) = NJW 1979, 2143; BGH Urt. v. 15.12.1980 – II ZR 53/80, BGHZ 79, 381 (385) = NJW 1981, 1669; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 28. 665 BGH (Fn 664), BGHZ 79, 381 (385) = NJW 1981, 1669; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 232.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

benachrichtigen (§ 675o Abs. 1 S. 1 und 3 BGB). Daher hat die Rechtsprechung auf zwei weitere Alternativen hingewiesen, einerseits diejenige, dass die Zahlstelle auf eigenes Risiko hin einlöst, andererseits dass sie den Lastschriftauftrag als Antrag behandelt, die Lastschrift erst nach Einholung des Einverständnisses des Schuldners einzulösen.666 Fehlt Deckung, so kann sich die Zahlstelle für Nichteinlösung entscheiden, muss dann 297 jedoch Benachrichtigungspflichten erfüllen (§ 675o Abs. 1 S. 3 BGB, mit Entgeltpflicht nach S. 4 BGB). Streitig ist, ob die Zahlstelle alternativ auch den Auftrag einlösen und dem Schuldner Kredit gewähren darf.667 Dagegen spricht, dass die Entscheidung, die Schuld auf Kredit zu tilgen, beim Schuldner bleiben muss.668 Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren wird man bei nicht betragsgenau spezifizierten Abbuchungsaufträgen des Schuldners (vgl. § 675x Abs. 1 BGB) demgegenüber nicht fordern können, dass das Institut prüft, ob der Schuldner die vom Gläubiger zum Einzug gebrachte Höhe nach bisheriger Praxis „vernünftigerweise hätte erwarten können.“ Denn die Hintergründe kennt das Institut nicht und auch im Widerspruchsfall hat es noch zunächst einen Auskunftsanspruch gegen den Schuldner.

IV. § 675p BGB: Widerruf der Autorisierung von Zahlungsdiensten § 675p Unwiderruflichkeit eines Zahlungsauftrags (1) Der Zahlungsdienstnutzer kann einen Zahlungsauftrag vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 nach dessen Zugang beim Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht mehr widerrufen. (2) Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister, vom Zahlungsempfänger oder über diesen ausgelöst, so kann der Zahler den Zahlungsauftrag nicht mehr widerrufen, nachdem er dem Zahlungsauslösedienstleister die Zustimmung zur Auslösung des Zahlungsvorgangs oder dem Zahlungsempfänger die Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs erteilt hat. Im Fall einer Lastschrift kann der Zahler den Zahlungsauftrag jedoch unbeschadet seiner Rechte gemäß § 675x bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Fälligkeitstag widerrufen. (3) Ist zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister ein bestimmter Termin für die Ausführung eines Zahlungsauftrags (§ 675n Abs. 2) vereinbart worden, kann der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsauftrag bis zum Ende des Geschäftstags vor dem vereinbarten Tag widerrufen. (4) Nach den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Zeitpunkten kann der Zahlungsauftrag nur widerrufen werden, wenn der Zahlungsdienstnutzer und der jeweilige Zahlungsdienstleister dies vereinbart haben. In den Fällen des Absatzes 2 ist zudem die Zustimmung des Zahlungsempfängers zum Widerruf erforderlich. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag für die Bearbeitung eines solchen Widerrufs ein Entgelt vereinbaren. (5) Der Teilnehmer an Zahlungsverkehrssystemen kann einen Auftrag zugunsten eines anderen Teilnehmers von dem in den Regeln des Systems bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr widerrufen.

1. Entfallen der Autorisierung durch Widerruf – Überblick und Gesamtsystem 298

a) Einschränkung der Widerruflichkeit als Grundprinzip (Abs. 1). Mit § 675p BGB wurde erstmals ein gesetzliches Gesamtsystem für die Frage entwickelt, bis zu welchem Zeitpunkt Autorisierungserklärungen für Zahlungsvorgänge widerrufen werden können. Nach dem Aus-

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666 BGH (Fn 664), BGHZ 74, 352 (355 und 357) = NJW 1979, 2143; BGH (Fn 664), BGHZ 79, 381 (385 und 388) = NJW 1981, 1669; BGH Urt. v. 20.9.1982 – II ZR 186/81, NJW 1983, 220 (221); Hadding/Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (18 f.). Rückmeldung an die erste Inkassobank am nächsten Bankgeschäftstag bleibt notwendig: Schwintowski/ Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 48. 667 Dafür Engel Lastschriftverfahren, S. 39 f.; dagegen etwa BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 151 f. 668 Daher nur Kondiktionsanspruch der Zahlstelle (aufgedrängte Bereicherung): BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 152 (m. Nachw. zu Gegenmeinungen, die §§ 683, 670 BGB bejahen).

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

gangsmodell des Auftragsrechts (§ 675c Abs. 1 BGB) handelt es sich beim Widerruf um eine zweite – gegenläufige – Weisung (Gegenweisung).669 Als solche ist sie stets möglich und macht die vorangegangene obsolet (Posterioritätsgrundsatz), solange nicht der Auftrag ausgeführt ist und damit „vollendete Tatsachen“ geschaffen sind (vgl. §§ 670 f. BGB). Im Fall der Überweisung beispielsweise wurde der Ausführungszeitpunkt nacheinander als der Zeitpunkt der Gutschrift zugunsten des Zahlungsempfängers gesehen (bis 2002), dann als der Zeitpunkt der Gutschrift zugunsten des Zahlungsempfängerinstituts (bis 2009). Erklärtes Ziel des Zahlungsdiensteregimes ist es, nicht nur ein Gesamtsystem zu schaffen, sondern auch den Widerrufszeitpunkt vorzuverlegen, um so eine Automatisierung und damit eine erhebliche Verkürzung der Ausführungsfristen zu ermöglichen.670 Dies betrifft freilich praktisch nur die Überweisung, bei der in der Tat die Abkürzung der Widerrufsfrist (und auch der Ausführungsfrist) erheblich ist. Auch bei der Kreditkarte wurde die früher gewährte Widerspruchsoption erheblich eingeschränkt, beruht dies jedoch nicht auf der hier erörterten Gesetzesänderung, sondern neuer Gestaltung der Klauselwerke. Bei den anderen Zahlungsinstrumenten war die Widerruflichkeit entweder schon herkömmlich praktisch ausgeschlossen (Zahlung mit Ec-Karte, heute Girocard) oder wird die Frage der Widerruflichkeit weiter in die Hände der Beteiligten gelegt und bleibt im Wesentlichen im bisher üblichen Maß erhalten (Lastschrift). In zwei Punkten freilich ist das „System“ weniger kohärent, als es sich gibt: Zum einen 299 wird die Norm – entsprechend dem horizontalen Ansatz – allgemein formuliert, als gälte sie für alle Zahlungsinstrumente parallel. Tatsächlich jedoch sind einzelne Teile der Norm jeweils einem oder allenfalls einigen wenigen Zahlungsinstrumenten zuzuordnen und sind die Widerrufsregime im Ergebnis in der Tat zwischen den vier Hauptzahlungsinstrumenten verschieden (nächste Rn). Es ist daher sinnvoll, nach einem Überblick über die Einzelteile der Norm, die jeweils maßgeblichen Regeln für das jeweils betroffene Zahlungsinstrument zu kommentieren (unten 2. ff). Zum anderen wurde die praktisch vielleicht wichtigste Widerrufsregel – im System der Lastschrift, namentlich für die SEPA-Basislastschrift, aber auch die SEPA-Firmenlastschrift – ausgelagert und weit nach hinten verschoben (§ 675x BGB). Das System ist in Drittstaatentransaktionen für die außerhalb des EWR getätigten Bestandteile freilich abdingbar ebenso wie in B2BTransaktionen (vgl. § 675e Abs. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 4 BGB), bei Kleinbetragsinstrumenten ist die (ohnehin kurze) Widerrufsfrist noch abkürzbar, de facto ausschließbar (§ 675i Abs. 2 Nr. 5 BGB). b) Zuordnung des Ausgangsregimes zu den verschiedenen Zahlungsinstrumenten 300 (Abs. 1–3). Das Ausgangsregime bilden Abs. 1–3, wohingegen Abs. 4 und 5 privatautonom gestaltete Sonderregime zum Gegenstand haben. In Abs. 1 wird nur der Widerruf bei der Überweisung geregelt, der herkömmlich in dieser Frage und auch von der praktischen Bedeutung her im Zentrum steht – dies dahingehend, dass der Widerruf nach Zugang der Autorisierung ausgeschlossen ist, mit anderen Worten: dass er gänzlich ausgeschlossen ist, denn vor Zugang ist die Autorisierung noch gar nicht wirksam, rechtlich also ein „nullum“, es fehlt noch an der Weisung (§ 675n Abs. 1 BGB). Liegt dann eine Weisung vor, schließt Abs. 1 die Gegenweisung aus. Freilich wird für den Überweisungsauftrag auf Termin in Abs. 3 ergänzend geregelt, dass Widerruf vor Eintritt des Termins durchaus noch zulässig ist – dies nun in Parallelität zu § 675n Abs. 2 BGB als der Zugangsregel für den Überweisungsauftrag auf Termin (auch noch kein Zugang vor Termineintritt). In Abs. 1 ist deswegen nur die Überweisung ohne Zwischenschaltung eines dritten Zahlungs- 301 dienstleisters gemeint, weil alle Zahlungsvorgänge, die von einem Dritten initiiert werden, in Abs. 2 einer Sonderregelung unterworfen werden, die Abs. 1 verdrängt.671 Überweisungen können

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669 BGH (Fn 497), BGHZ 17, 317 (326); Schwintowski Kap. 9 Rn 178 ff. 670 BT-Drucks. 16/11643, S. 109; BR-Drucks. 848/08, S. 177 f. 671 Vgl. (wenn auch teils zur insoweit freilich vergleichbaren Fassung des § 675p BGB bis 2019): Ellenberger/ Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675p BGB Rn 11; MünchKommBGB/Jungmann § 675p Rn 17; Palandt/Sprau § 675p Rn 3.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

seit dem Inkrafttreten der zweiten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie nunmehr auch über Dritte, den Zahlungsauslösedienstleistern, in Auftrag gegeben werden – weswegen dieser Fall jetzt auch im Widerspruchsregime ausdrücklich angesprochen wird – allerdings (auch für die Auslösung von Überweisungen) dem Regime des Abs. 2 unterstellt wird. Demgegenüber werden vom oder über den Zahlungsempfänger initiiert die übrigen drei zentralen Zahlungsvorgänge: Lastschrift, GirocardZahlung und Kreditkartenzahlung.672 Dabei unterfällt Abs. 2 in einen (spezielleren) Satz 2 für die Lastschrift und einen Satz 1 für die Überweisung mittels Zahlungsauslösedienstleister sowie Girocard- und Kreditkarten-Zahlung als den verbleibenden zwei „pull“-Zahlungen. Bei der Lastschrift ist der Zahlungsauftrag auf Termin ebenfalls denkbar und üblich, so dass hier Abs. 3 ebenfalls hinzu kommt – demnach die einzige wirklich allgemeine Regel im Ausgangsregime. 302

c) Privatautonom gestaltete Sonderregime, einschließlich Zahlungsverkehrssysteme (Abs. 4, 5). Hinzu kommen privatautonom gestaltete Sonderregime. Im Ersten (Abs. 4) wird individuell ein anderes Widerrufsregime vereinbart. Das bedarf der Zustimmung von Zahler und seinem Zahlungsdienstleister, und, soweit schon in Rechte des Zahlungsempfängers eingegriffen wird, auch von diesem (vgl. S. 2, wenn auch unvollständig). Dieses Sonderregime kann insbes. für die Verlängerung der Widerrufsfristen, wo dies für die Attraktivität des Zahlungsinstruments wichtig ist, genutzt werden, namentlich bei der Kreditkartenzahlung. Das zweite Sonderregime ist ein kollektives, ein Zahlungsverkehrssystem (Abs. 5, zum Begriff oben Dritter Teil Rn 34 f.), bei dem die Widerrufsregelung Teil des kollektiven Arrangements ist und als solches pauschal anerkannt wird. Freilich sind dort verkürzte Widerrufsfristen ohnehin üblich. 2. Widerruf des Überweisungsauftrags (Abs. 1 und 3, ggf. 4 S. 1)

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a) Rechtzeitigkeit. Vor Umsetzung der Überweisungs-Richtlinie wurde der Widerruf bis zu dem Zeitpunkt für zulässig erachtet, in dem der Empfänger eine feste Rechtsposition erworben hatte, die Gutschrift auf seinem Konto.673 Im internationalen Trend, der sich im UNCITRALModellgesetz manifestierte, erschien dies bereits als vereinzelter Sonderweg.674 Und jedenfalls seitdem der Zahlungsempfänger die von seinem Institut ausgehenden Risiken zu tragen hat(te),675 ist/war es wenig überzeugend anzunehmen, dass Langsamkeit dieses Instituts die Rechte des Auftraggebers ausweiten sollte. Durch § 676a Abs. 4, § 676d Abs. 2 BGB a.F. wurde 2002 der maßgebliche Zeitpunkt bereits vorverlegt (ohne dass die Üw-RL hierzu gezwungen hätte): Schon mit Gutschrift für das Empfängerinstitut (Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift) entfiel das Kündigungsrecht.676 Zudem wurde für Zahlungsverkehrssysteme bereits deren – privatautonom geschaffenes – Regime für maßgeblich erklärt (und damit de facto eine alte Rechtsprechung aufgegeben, nach der das Widerrufsrecht nicht AGB-mäßig abbedungen werden durfte).677

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672 Ebenso Palandt/Sprau § 675p Rn 3; MünchKommBGB/Jungmann § 675p Rn 17 ff., 183; Staudinger/Omlor § 675p Rn 8; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675p BGB Rn 11, 17. 673 BGH Urt. v. 9.3.1951 – I ZR 38/50, NJW 1951, 437 (437 f.); BGH Urt. v. 15.5.1952 – IV ZR 157/51, BGHZ 6, 121 (123) = NJW 1952, 929; BGH Urt. v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143 (145 f.) = NJW 1988, 1320; BGH Beschl. v. 23.11.1999 – XI ZR 98/99, WM 2000, 25 (elektronischer Zahlungsverkehr); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 66; Schwintowski/Schäfer (1. Aufl.) § 4 Rn 68; auch die Gutschrift auf einem CpD-Konto des Empfängerinstituts ließ das Widerrufsrecht noch nicht entfallen: BGH Urt. v. 30.6.1986 – III ZR 70/85, NJW 1987, 55 (56). 674 Insbes. im angloamerikanischen Recht, teils auch in romanischen Ländern: Vgl. Beiträge in Hadding/ Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 244 (Cranston Großbritannien: Nachricht über Valutabereitstellung an Empfängerbank), S. 267 (Vasseur Frankreich: Abbuchung vom Auftraggeberkonto), S. 303 (Costa Italien: str.), S. 325 f. (Iwahara Japan: BOJ-NET wie Frankreich, Zengin Empfängergutschrift), S. 380 f. (Felsenfeld sec. 4A 211 Uniform Commercial Code, der in allen 50 US-Bundesstaaten gilt: Auftragserteilung an Empfängerbank); zu Clearing-Systemen sogleich. 675 Zur hohen Überzeugungskraft dieses Grundsatzes vgl. oben Dritter Teil Rn 99. 676 BGH Urt. v. 5.12.2006 – XI ZR 21/06, ZIP 2007, 319 (321). 677 BGH Urt. v. 28.5.1984 – III ZR 63/83, NJW 1984, 2816 (2816 f.).

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

Mit der Umsetzung von Art. 66 ZD-RL (nunmehr Art. 80 ZD-RL II) wurde ab 1.11.2009 der 304 Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit nochmals vorverlegt. Soweit Sonderregeln für Zahlungssysteme gelten, bleibt es bei deren vorrangiger Verbindlichkeit (§ 675p Abs. 5 BGB). Die für die Überweisung relevanten § 675p Abs. 1, 3 und 4 BGB etablieren folgendes System: Grundsätzlich bindet der Überweisungsauftrag ab Zugang (Art. 78 ZD-RL II, § 675n BGB), mit dem ja auch die Ausführungspflicht des Instituts einsetzt und die kurzen Ausführungsfristen anlaufen. Mit anderen Worten: der Überweisungsauftrag ist nach §§ 675n, 675p BGB bereits in dem Moment, in dem wirksam wird, zeitgleich auch bereits unwiderruflich (Abs. 1). Ausnahmen bedürfen der Vereinbarung (Abs. 4), also auch etwa die (bis 2009 geltende) Widerrufsmöglichkeit bis Gutschrift zugunsten des Empfängerinstituts.678 Anders ist dies nur bei Aufträgen auf künftige Termine (Abs. 3), auch Daueraufträgen; hier ist der Widerruf vor Einsetzen der Ausführungspflicht, dh. vor Termin, zulässig und die Widerrufsmöglichkeit auch gesetzlich verbürgt. Dies gilt insbesondere bei Daueraufträgen, die für die Zukunft widerruflich bleiben. Der Widerruf hat am Geschäftstag vor dem Termin zuzugehen – wobei (rechtzeitiger) Zugang wohl entsprechend den zu § 675n BGB entwickelten Grundsätzen zu bestimmen ist. b) Widerrufsweg. Ist ein Widerruf überhaupt zulässig, hat ihn das erstbeauftragte Institut, 305 wenn es nicht selbst reagieren kann, schnellstmöglich weiterzuleiten (Interessenwahrungspflicht).679 Relevant ist das praktisch nur noch für die Vereinbarung eines Widerrufsrechts nach Abs. 4. Bestmögliche Interessenwahrung bedeutet, dass es die Kündigung dem Institut direkt erklärt, bis zu dem der Widerruf überhaupt zulässig ist680 – unter Übergehung der Überweisungskette. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist gesichert, seitdem es in Nr. 4 des Abkommens zum Überweisungsverkehr a.F. (für beleglose und beleggebundene Überweisungen) vereinbart wurde (vgl. heute Nr. 4.3.2 SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook).681 Fraglich ist nur, ob der Auftraggeber selbst zur Direktkündigung berechtigt ist. Das SEPA 306 Credit Transfer Scheme Rulebook, das nur im Interbankenverhältnis gilt, räumt ihm dieses Recht nicht ein. Die ganz h.M. verneint solch ein Recht – rechtskonstruktiv deswegen, weil keine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und dem Adressaten der Willenserklärung bestehe;682 unter Wertungsgesichtspunkten deswegen, weil der Auftraggeber den anderen Instituten gegenüber nicht ausgewiesen ist und es sich im Massengeschäft verbietet, Institute auf anderer als gesicherter Basis zu verpflichten. Unter Wertungsaspekten ist es daher auch unhaltbar, der „Widerrufsankündigung“ durch den Auftraggeber Wirkungen dahingehend zuzusprechen, dass Nichtbeachtung (Gutschrifterteilung an den Empfänger) Ansprüche aus § 826 BGB auslöse.683 Mit

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678 Vgl. etwa BGH Urt. v. 16.6.2015 – XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 = WM 2015, 1631 = NJW 2015, 3093 (Rn 13–15, 19); Winkelhaus jurisPR BKR 8/2016 Anm. 1 (untern C. I). 679 BGH (Fn 673), BGHZ 103, 143 (145) = NJW 1988, 1320; Häuser NJW 1994, 3121 (3122 f. und 3128). Der Widerruf muss hierfür bei der kontoführenden Stelle erklärt werden: BGH Urt. v. 27.1.1965 – VIII ZR 11/63, NJW 1965, 965 (966); aA Canaris Bankvertragsrecht, Rn 358 (bei Filialüberweisung bei allen befassten Stellen). 680 Häuser NJW 1994, 3121 (3125 f.); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 53 Rn 6a, Verweis in BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 2a, aber Problem nach neuem Recht entfallen: BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 23; vorsichtig auch Hadding/Häuser WM 1988, 1149 (1154 f.). 681 Vgl. statt aller (auch zur rechtlichen Konstruktion): Häuser NJW 1994, 3121 (3125 f.); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 53 Rn 6a. 682 BGH (Fn 673), BGHZ 103, 143 (145) = NJW 1988, 1320; Häuser NJW 1994, 3121 (3123–3125); Schröter ZHR 151 (1987), 118 (141 f.); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 61; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 23a; Baumbach/ Hopt (7) Rn C/40; Palandt/Sprau § 675p Rn 2. Ein Rechtsverhältnis besteht auch nach neuem Recht jedenfalls nicht zwischen dem Auftraggeber und dem Empfängerinstitut. Denn sein Verhalten ist, anders als das der zwischengeschalteten Institute, nicht dem Erstinstitut zuzurechnen: Art. 89 Abs. 1 ZD-RL II, ex-Art. 75 Abs. 1 ZD-RL I und § 675y Abs. 1 S. 5 BGB; für Zulässigkeit des Direktwiderrufs nach dem Überweisungsgesetz: Schneider in Blaurock (Hrsg.) Grenzüberschreitende Überweisung, unter VI (S. 145–148); und heute: Werner BKR 2010, 353. 683 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 362, 365.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

weiterer Automatisierung, Internationalisierung und Abkürzung der Ausführungsfristen seit dem 1.11.2009 gilt das noch verstärkt. 307

c) Besonderheiten bei Grenzüberschreitung. Rückwirkungen auf das Auftragsverhältnis können ansonsten fremde Rechte, nach denen sich andere Rechtsverhältnisse beurteilen, vor allem in Fragen des „Auftragswiderrufs“ zeitigen. In den angloamerikanischen ClearingSystemen („Tor“ zu vielen Regionen), aber auch in romanischen Ländern wird auf den Weisungs- oder Valutaeingang beim zwischengeschalteten Institut abgestellt. Von den wichtigen Informationsübermittlungs- und Clearing-Systemen stellen nur die (allerdings zentralen) S. W. I. F. T.-Regeln auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Empfängerkonto ab.684 Letztlich setzt sich die kürzeste am jeweiligen Punkt der Überweisungskette geltende Widerrufsfrist durch,685 weil jeder Auftrag nach dem Recht des jeweils beauftragten Instituts zu beurteilen ist (Art. 4 Rom-IVO).686 Seit 1.11.2009 gilt für die erfassten EU-Überweisungen, also einen Großteil der Auslandsüberweisungen einheitlich Art. 66 ZD-RL (heute Art. 80 ZD-RL II), § 675p BGB. Mit Abschluss der SEPA-Migration sind nunmehr alle im EWR getätigten Überweisungen dem Widerrufsregime des Europäischen Zahlungsdiensterechts unterworfen.

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3. Widerruf des SEPA-Lastschriftauftrags (Abs. 2 S. 2, Abs. 3 und Verweis). Das Lastschriftregime ist heute nicht mehr so sehr in Fragen der Autorisierungserklärung oder auch des Zahlungsanspruchs gegen den Kartenemittenten gespalten als gerade im Hinblick auf den Widerruf. Während für die SEPA-Basislastschrift mit den freien Widerrufsmöglichkeiten nach § 675x BGB, besonders dessen Abs. 2, für den Zahler (i.d.R. Verbraucher) ein beachtliches Zeitfenster zur Gegenweisung offen steht (unten Dritter Teil Rn 464–477),687 fehlt es hieran im SEPAFirmenlastschriftverfahren. Daher hat die verbleibende Widerrufsmöglichkeit nach § 675p Abs. 2 S. 2 BGB vor allem für diese Bedeutung. Die Norm ist derjenigen in Abs. 3 nachgebildet (hierzu, für die Überweisung, oben Dritter Teil Rn 303–307). Der Widerruf ist möglich bis zum Ablauf des Geschäftstags, der dem Tag der Fälligkeit vorangeht, wie ihn das Valutaverhältnis bestimmt.688 Denn am Fälligkeitstag selbst muss der automatisierte Einzug mit Gutschriftbuchung für das Inkassoinstitut ungestört ablaufen können. Diese Überlegung spricht auch dafür, dass hinsichtlich (der Rechtzeitigkeit) des Widerrufs (am Vortag) die Zugangsregeln des § 675n BGB heranzuziehen sind (für den Zahlungsdienstleister des Zahlers, der widerruft).689

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4. (Kein) Widerruf bei Girocard-Zahlung und Nutzung von Zahlungsauslösediensten (Abs. 2 S. 1). Die über einen Zahlungsauslösedienstleister erteilte Autorisierung sowie die Autorisierung bei der Girocard-Zahlung ist mit Übermittlung der Autorisierung seitens des Zahlers an den Zahlungsauslösedienstleister beziehungsweise Zahlungsempfänger unwiderruflich (Abs. 2 S. 1) – nicht erst an den Zahlungsdienstleister des Zahlers (so Abs. 1). Beides fällt freilich im Normalfall der Online-Überweisung und der Zahlung an der Händlerkasse mit Zahlungsgaran-

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684 Vgl. zu all dem die Nachw. bei Etzkorn S. W. I. F. T., S. 74 f. (S. W. I. F. T. – belgisches Recht), 73 f. (CHIPS, USA), 115 (Fedwire, USA), 117 (CHAPS Großbritannien: Rückmeldung der Empfängerbank), 123 f. (verschiedene Clearing Systeme). 685 Ebenso Etzkorn S. W. I. F. T., S. 73. 686 Unrealistisch ist die Diskussion allein auf dem Hintergrund des deutschen Rechts und für die ganze Welt nach einem Maßstab: Polke ZIP 1985, 11 (14); BankR-HdB/Hadding/Häuser (Vorauflage) § 51 Rn 32. 687 Dieses ist für § 675x BGB zu erörtern, vgl. unten Dritter Teil Rn 464–474. 688 Zur Maßgeblichkeit des Valutaverhältnisses in diesem Punkt vgl. Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ D. Schmalenbach § 675p Rn 4; Palandt/Sprau § 675p Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675p Rn 25. 689 Wieder ist der Widerruf nur im direkten Vertragsverhältnis möglich, nicht gegenüber einem Drittinstitut: MünchKommBGB/Casper (6. Aufl.) § 675p Rn 5; Palandt/Sprau § 675p Rn 2; aA grds. zum vertraglich vereinbarten Widerrufsrecht Werner BKR 2010, 353 (358 f.).

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3. Abschnitt – Initiierung der Einzeltransaktion

tie sowie bei der GA beim Fremdinstitut praktisch zusammen – abgesehen von den wenigen Sekunden Übertragungszeit. Diese leichte Vorverlegung des Zeitpunkts der Unwiderruflichkeit gilt allgemein, auch etwa beim Girocard-Einsatz im Distanzgeschäft.690 Sie ist im Falle des Zahlungsauslösedienstleisters aus dem Geschäftsmodell motiviert, das dem Zahlungsempfänger sofortige Sicherheit über die Zahlungsinitiierung geben soll.691 Bei der Zahlung mittels Girocard wäre aufgrund der Konzipierung als Bargeldersatz eine Widerrufsmöglichkeit i.S.d. § 675p Abs. 1 BGB ebenfalls interessenwidrig.692 Dies ist im Kern richtig, freilich wird, genau genommen, die Bargeldzahlung erst durch die Verpflichtungserklärung des Kartenemittenten ersetzt, nicht durch eine Verpflichtungserklärung des Zahlers (sein „Wort“ ist nicht ebenso „gut“ wie Bargeld, sondern erst dasjenige des Instituts). Die Unwiderruflichkeit zu leicht vorgezogenem Zeitpunkt ist also technisch zu begründen: Mit Eingabe des PIN wird ein kurzer Übertragungsweg in Gang gesetzt, der mit einer Gegenweisung schon rein technisch nicht mehr „zurückgeholt“ werden kann, bis dann die Autorisierungserklärung tatsächlich auch dem Zahlungsdienstleister des Zahlers zugeht. Vergleichbar ist das beim Zahlungsauslösedienstleister zu sehen. 5. Widerruf der Kreditkartenweisung (Abs. 2 S. 1 und Abs. 4) a) Gesetzliches Regime. Grundsätzlich gilt dasselbe Regime wie für die Girocard-Zahlung: 310 Ohne anderslautende Vereinbarung ist ein Widerruf ab Übermittlung an den Zahlungsempfänger, etwa den Händler ausgeschlossen (Art. 80 Abs. 2, 5 ZD-RL II; ex- Art. 66 Abs. 2, 5 ZD-RL I und § 675p Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 BGB). Zudem muss einer abweichenden Vereinbarung auch der Zahlungsempfänger zustimmen (wenn nicht gar dem einzelnen Widerspruch). Die Rechtslage ist deswegen unsicher, weil die derzeit praktizierten Regelwerke divergieren, teils auch von Lizenznehmer zu Lizenznehmer, teils auch Divergenzen zwischen den Kreditkarten-Kundenbedingungen und den Händler-Bedingungen festzustellen sind, und daher nicht sicher ist, ob sie etwa vom EuGH als hinreichende Vereinbarung i.S.v. Abs. 4 eingeordnet werden würden. Ist dies nicht der Fall, wären bei weiterer Werbung mit der Widerruflichkeit gegenüber dem Kunden ggf. Schadensersatzansprüche wegen Nebenpflichtverletzung zu gewärtigen (§ 280 Abs. 1 BGB). b) Vereinbartes Widerrufsrecht – Rechtzeitigkeit und Widerrufsgrund? Der Widerruf 311 wird in den Kreditkartenbedingungen nur noch teilweise, teils auch implizit und negativ, behandelt, etwa mit Nr. 9 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank], der den Kunden hinsichtlich Einreden und Einwendungen aus dem Valutaverhältnis auf Rechtsbehelfe gegen den Gläubiger verweist (vgl. auch Nr. 12.5 für ein Widerspruchsrecht gemäß § 675x Abs. 1 BGB). Auch bei der Kreditkarte erfolgt der Widerruf der Weisung, soweit er zulässig ist, technisch durch Gegenweisung, die die frühere derogiert.693 Die Zahlungsdienste-Richtlinien lassen die Qualifikation offen und überantworten sie damit nationalem Recht. Die Gegenweisung kann isoliert und ausdrücklich erklärt werden, typischerweise jedoch, indem sich der Kunde dem Kartenunternehmen gegenüber auf ein Gültigkeitshindernis oder Gestaltungsrecht im Valuta-

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690 Nobbe WM 2011, 961 (967) (für die Kreditkarte); Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675p Rn 3; Palandt/Sprau § 675p Rn 3. Ebenso für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 288, 311; Piedelièvre Paiement, S. 405; für Italien vgl. Mancini et al./Lupacchino Pagamento, S. 188–193. 691 Zu den Zielen vgl. Lutz ZvglRWiss 116 (2017) 177 (177–180 sowie 181–183 und 185) (Schnelligkeit, bisher fehlende Regulierung, Echtzeit, umgekehrt jedoch „Zahlen mit Daten“, sowie Sicherheitsfragen und Sicherheit der Zahlung für Empfänger); sowie (bes. die Verlässlichkeit der Auslösung im Interesse des Empfängers betonend): Harman BKR 2018, 457 (458 f., 465) (aber Datensicherheit gerade abnehmend); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 21, 186, 324; Werner WM 2018, 449 (449 f.). 692 Staudinger/Omlor § 675p Rn 9; MünchKommBGB/Jungmann § 675p Rn 20; Palandt/Sprau § 675p Rn 3. 693 BGH Urt. v. 26.5.1955 – II ZR 256/54, BGHZ 17, 317 (326); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 52; Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 188 f.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

verhältnis beruft (konkludenter Widerruf). Die beiden Hauptfragen betreffen den Zeitpunkt, bis zu dem die Gegenweisung zulässig ist, und den Grund, auf den die Gegenweisung bei Kreditkartenzahlung zu stützen ist – auch ob es eines solchen überhaupt bedarf. 312 Der zeitliche Rahmen für die Gegenweisung ist nach Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 folgendermaßen abzustecken: Die Weisung erfolgt im Zusammenhang mit der Entstehung des Valutaverhältnisses, und zwar am Terminal bzw. bei Eingabe gegenüber dem Vertragsunternehmen. Die (Möglichkeit einer) Gegenweisung ist deshalb nach Abs. 2 S. 1 ab diesem Zeitpunkt ausgeschlossen und kann nur noch auf Abs. 4 gestützt werden. Nicht mehr möglich ist die Gegenweisung allein mit dem Argument, dass der Beauftragte (Kartenunternehmen) noch keine Aufwendung getätigt und damit den Auftrag ausgeführt hat.694 Zudem läge eine Aufwendung auch darin, dass sich der Beauftragte (das Kartenunternehmen) dem Dritten (Vertragsunternehmen) gegenüber gebunden und damit unumkehrbare Dispositionen getroffen hat,695 nach der bisherigen (und fortgeltenden) BGH-Rechtsprechung in der Eingehung des abstrakten Schuldversprechens gegenüber dem Vertragsunternehmen.696 Entscheidend ist daher der Inhalt einer möglichen abweichenden Vereinbarung, die frei313 lich im konkreten Fall nicht nur im zeitlichen Rahmen, sondern auch hinsichtlich der Begründungsvoraussetzungen zweifelhaft ist: Schon nach dem Rechtszustand bis 2009 konnte das Gegenweisungsrecht durch Parteiabrede ausgeschlossen bzw. durch ein Begründungserfordernis eingeschränkt werden (auch konkludent im zugrunde liegenden Rechtsverhältnis).697 Dies muss nach Abs. 4 a maiore gelten, da hier die Vereinbarung das Gegenweisungsrecht erst begründet. Bei Kreditkartenzahlung ist solch eine Einschränkung der Gründe, auf die eine Gegenweisung gestützt werden kann, in Nr. 9 der Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] und ähnlichen Bedingungen zu finden. Fehler im Valutaverhältnis werden – wirksam – für unbeachtlich erklärt. Gleiches hat a maiore bei willkürlicher Gegenweisung zu gelten. Dabei ist jedoch auf den Widerspruch in den AGB hinzuweisen, die einerseits nach Nr. 3 Abs. 2 S. 3 und 9 der Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] und ähnlichen Bedingungen einen Widerruf des Karteninhabers ausschließen, andererseits aber teils im Fernabsatz eine Zahlungsrückforderung gegenüber dem Vertragsunternehmen vorsehen. Dieser Widerspruch ist, soweit er besteht, im Sinne der Unwirksamkeit der erstgenannten Bestimmung zu lösen (dazu Dritter Teil Rn 382 f.). Sofern man daher das Rückbelastungsrecht – etwa im Fernabsatz – als wirksam vereinbart ansieht (zur Unwirksamkeit einer pauschalen Überwälzung aller Risiken aus dem Kreditkarteneinsatz im Fernabsatz auf die Vertragsunternehmen vgl. Dritter Teil Rn 382 f., 453), ist von einem vereinbarten Gegenweisungsrecht bis zu dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem das Kartenunternehmen dem Kunden nicht mehr Geltendmachung dieses Rechts schuldet. Und dies ist (erst) mit Anerkennung der Abrechnung durch den Kunden der Fall (abstraktes Schuldanerkenntnis). Für den Karteninhaber bedeutet das: Seine Gegenweisung ist zulässig,

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694 Statt aller BGH (Fn 497), BGHZ 17, 317 (326); BGH Urt. v. 19.3.1991 – XI ZR 102/90, NJW 1991, 2210 (2211); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 32–35 (Streitstand dargestellt, dieser dann entschieden durch § 675p Abs. 1 und 2 Satz 1 BGB). 695 Vgl. etwa (unter den Vertretern der Forderungskaufstheorie) Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1624; Langenbucher/Gößmann/Werner Zahlungsverkehr, § 3 Rn 45; sowie (unter den Vertretern der Garantietheorie) BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 33; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 52; jedoch aA Schwintowski Kap. 9 Rn 60, 179. (weil § 675e Abs. 1 BGB eine Abweichung von § 675p Abs. 1 BGB zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers ausschließe). 696 BGH (Fn 380) ZIP 2002, 2079 (2080); Die Gegenansicht, die auf einen Forderungskauf abstellt, hielt den Zeitpunkt der Abrechnung dem Vertragsunternehmen gegenüber (mit Gutschrift) für maßgeblich: etwa Köndgen NJW 2004, 1288 (1297); Werner BB 2002, 1382 (1383); Langenbucher BKR 2002, 119 (121); Meder NJW 2002, 2215 (2216). 697 OLG Karlsruhe Urt. v. 28.11.1990 – 1 U 189/90, WM 1991, 184 (187 f.) (sogar in AGB); kritisch Neuberger BuB Rn 6/1931.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

wenn solch eine abweichende Klausel in den Händlerbedingungen zum Fernabsatz zu finden ist und wenn mit der Gegenweisung die genannten Fehler im Valutaverhältnis geltend gemacht werden (vgl. Dritter Teil Rn 380–383).

VIERTER ABSCHNITT Ausführung und Haftung 4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

H. §§ 675q bis 675t BGB: Ausführung von Zahlungsdiensten I.

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Übersicht §§ 675q, 675r BGB: Ausführungspflicht, insbes. ungekürzte Valutaweitergabe und Auftragsstrenge | 314–386 1. Ausführungspflicht und punktuelle Regelung zentraler Ausführungsmodalitäten: (Überblick zum Regelungsgehalt) | 314–318 a) Grundlage der Ausführungspflicht und Inhalt derselben | 314 b) Fehlende Regelung der (zahlungsinstrumentsspezifischen) Hauptpflicht | 315, 316 c) Punktuelle Regelung zentraler Ausführungsmodalitäten (§§ 675q bis 675t BGB) | 317, 318 2. Gesetzlich geregelte Ausführungsmodalitäten im einzelnen | 319–334 a) Ungekürzte Valutaweitergabe – mit punktuellen Ausnahmen (§ 675q Abs. 1, 2 und 4 BGB) | 319–324 b) Auftragsstrenge (§ 675r Abs. 1 und 2 BGB) und dennoch verbleibende Prüfpflichten | 325–333 c) Unterrichtung bei formal begründeter Unausführbarkeit (§ 675r Abs. 3) | 334 3. Überweisung – Hauptpflichten | 335–343 a) Haupptlicht des erstbeauftragten Instituts | 335–337 b) Hauptpflicht des Empfängerinstituts | 338, 339 c) Recht des Empfängerinstituts zur und aus Gutschrift? | 340–342 d) Kein grenzüberschreitender Sachverhalt | 343 4. Lastschrift – Hauptpflicht des erstbeauftragten (Zahlungsempfänger-) Instituts | 344–351 a) Wahl der Einzugsvariante | 344 b) Einleitung des einzelnen Einzugsverfahrens | 345 c) Gutschrifterteilung und Einlösung | 346–348

d)

II.

Exkurs: Rechtsverhältnis des erstbeauftragten (Zahlungsempfänger-)Instituts auch zum Zahler? | 349–351 5. Girocard-Zahlung mit Zahlungsgarantie – Zahlungsanspruch des Dritten gegen das kartenemittierende Institut | 352–359 a) Autorisierung und Zahlungsanspruch | 352, 353 b) Einwendungen | 354–358 c) Grenzüberschreitende Sachverhalte | 359 6. Girocard-„Zahlung“ ohne Zahlungsgarantie – Ausführungspflichten im elektronischen Lastschriftverfahren | 360–368 a) Planmäßige Ausführung | 360 b) Rechte des Händlers bei Misslingen des Lastschrifteinzugs wegen Kundenverhalten | 361–364 c) Rechte des Händlers bei Missbrauch durch Dritte | 365–368 7. Kreditkarten-Zahlung – Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens gegen den Kartenemittenten | 369–386 a) Forderungskauf oder abstraktes Zahlungsversprechen? | 369, 370 b) Einheitliche Einwendungslehre für Vollzugs- und Deckungsverhältnis | 371 c) Einzelne Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch | 372–383 d) Internalisierung der Probleme des grenzüberschreitenden Kreditkarteneinsatzes in die InterchangeBeziehung | 384–386 §§ 675s, 675t BGB: Ausführungsfrist und Wertstellungs- bzw. Verfügbarkeitsdatum bei Zahlungsdiensten | 387–401 1. Fristen (§§ 675s, 675t BGB) –Abgrenzung und Anwendungsbereich | 387–389 a) Ausführungsfristen (§ 675s BGB) und Fristen zur Verfügbarmachung bzw. Wertstellung (§ 675t BGB) | 387, 388 b) Anwendungsbereich | 389 Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

2.

3.

Ausführungsfristen (§ 675s BGB) | 390–394 a) Beim Zahlungsdienstleister des Zahlers (§ 675s Abs. 1 BGB) – Fristbeginn, Frist und Fristende | 390–392 b) Beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers (§ 675s Abs. 2 BGB) | 393, 394 Wertstellungs- bzw. Verfügbarkeitsdatum; Sperrung eines verfügbaen Geldbetrages (§ 675t BGB) | 395–401

a)

b)

c)

d)

Verfügbarkeit und Wertstellung beim Zahlungsempfänger bei Buchgeldanweisungen (§ 675t Abs. 1 BGB) | 395–398 Verfügbarkeit und Wertstellung beim Zahlungsempfänger bei Bareinzahlung (§ 675t Abs. 2 BGB) | 399 Wertstellung der Belastungsbuchung beim Zahler (§ 675t Abs. 3 BGB) | 400 Vorratssperrung von Valuta für Kartenzahlungen (Abs. 4) | 401

I. §§ 675q, 675r BGB: Ausführungspflicht, insbes. ungekürzte Valutaweitergabe und Auftragsstrenge § 675q Entgelte bei Zahlungsvorgängen (1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers sowie sämtliche an dem Zahlungsvorgang beteiligte zwischengeschaltete Stellen sind verpflichtet, den Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist (Zahlungsbetrag), ungekürzt an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu übermitteln. (2) Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers darf ihm zustehende Entgelte vor Erteilung der Gutschrift nur dann von dem übermittelten Betrag abziehen, wenn dies mit dem Zahlungsempfänger vereinbart wurde. In diesem Fall sind der vollständige Betrag des Zahlungsvorgangs und die Entgelte in den Informationen gemäß Artikel 248 §§ 8 und 15 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche für den Zahlungsempfänger getrennt auszuweisen. (3) Zahlungsempfänger und Zahler tragen jeweils die von ihrem Zahlungsdienstleister erhobenen Entgelte, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums belegen ist. (4) Wenn einer der Fälle des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 vorliegt, 1. ist § 675q Absatz 1 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden und 2. kann von § 675q Absatz 2 für die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs abgewichen werden.

§ 675r Ausführung eines Zahlungsvorgangs anhand von Kundenkennungen (1) Die beteiligten Zahlungsdienstleister sind berechtigt, einen Zahlungsvorgang ausschließlich anhand der von dem Zahlungsdienstnutzer angegebenen Kundenkennung auszuführen. Wird ein Zahlungsauftrag in Übereinstimmung mit dieser Kundenkennung ausgeführt, so gilt er im Hinblick auf den durch die Kundenkennung bezeichneten Zahlungsempfänger als ordnungsgemäß ausgeführt. (2) Eine Kundenkennung ist eine Abfolge aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen, die dem Zahlungsdienstnutzer vom Zahlungsdienstleister mitgeteilt wird und die der Zahlungsdienstnutzer angeben muss, damit ein anderer am Zahlungsvorgang beteiligter Zahlungsdienstnutzer oder dessen Zahlungskonto für einen Zahlungsvorgang zweifelsfrei ermittelt werden kann. (3) Ist eine vom Zahler angegebene Kundenkennung für den Zahlungsdienstleister des Zahlers erkennbar keinem Zahlungsempfänger oder keinem Zahlungskonto zuzuordnen, ist dieser verpflichtet, den Zahler unverzüglich hierüber zu unterrichten und ihm gegebenenfalls den Zahlungsbetrag wieder herauszugeben.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

1. Ausführungspflicht und punktuelle Regelung zentraler Ausführungsmodalitäten (Überblick zum Regelungsgehalt) a) Grundlage der Ausführungspflicht und Inhalt derselben. Den Inhalt der Ausfüh- 314 rungspflicht – verschiedene zentrale Einzelfragen – regeln vier Normen, §§ 675q, 675r, 675s und 675t BGB. Alle setzen sie eine Ausführungspflicht voraus, ohne sie ausdrücklich zu statuieren. Diese ist am klarsten – wenn auch noch völlig allgemein – auf § 675f BGB zu stützen sowie – viel spezifischer, wenn auch eher indirekt – aus § 675o BGB herzuleiten. Die letztgenannte Norm sieht ein Ablehnungsrecht nur bei Vorliegen einer „Begründung“, also bei Vorliegen eines Ablehnungsgrundes, vor (Abs. 1) und einen solchen für nicht gegeben, wenn „die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind“ (Abs. 2). Eine Ausführungspflicht besteht also, wenn diese vereinbarten Ausführungsbedingungen erfüllt sind. Das sind grundsätzlich (i) eine Weisung, die in einer bestimmten festgelegten Form ergeht, und (ii) hinreichende Deckung;698 ggf. bestehen noch eingrenzende Bedingungen wie die finanzielle Nutzungsbegrenzung (sog. „Verfügungsrahmen“). b) Fehlende Regelung der (zahlungsinstrumentsspezifischen) Hauptpflicht. Die ge- 315 nannten vier Normen setzen jedoch nicht nur die Ausführungspflicht voraus ohne sie selbst zu statuieren, sie regeln auch den Inhalt der solchermaßen ausgelösten Ausführungspflicht nur in zentralen Einzelfragen, nicht systematisch und nicht im Kern: Insbesondere regeln sie nicht die eigentliche Hauptpflicht, jedenfalls nicht ihre rechtliche Konstruktion. So wird zwar vorausgesetzt, dass etwa bei einer unbaren Überweisung die Valuta innerhalb einer bestimmten (Ausführungs-)Frist so übertragen werden muss, dass sie bis zum Ablauf der Frist „beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers“ eingeht (§ 675s Abs. 1 S. 1 BGB) und dass sie dann auf Seiten des Zahlungsempfängers zu einem bestimmten Zeitpunkt auch dem Zahlungsempfänger selbst „verfügbar“ gemacht sein muss (§ 675t Abs. 1 BGB). Nicht geregelt ist freilich, wie rechtlich der Wert gestaltet ist, den der Empfänger zu erhalten hat. Eine schlichte Übereignung von Bargeld ist es in den seltensten Fällen. Gerade in diesem Punkt jedoch – bei der Gestalt der eigentlichen Hauptpflicht – divergieren 316 die verschiedenen Zahlungsinstrumente. Die Ausführung durch das bzw. die beteiligten Institute setzt Erklärungen und Handlungen voraus, die von Zahlungsdienst zu Zahlungsdienst (Zahlungsinstrument zu Zahlungsinstrument) variieren. Bei der Überweisung bestimmt den Leitweg das Zahlerinstitut als das erstbeauftragte Institut und es sind – wenn nicht ausnahmsweise dasselbe Institut Zahlungsdienstleister des Zahlers und des Zahlungsempfängers ist – Pflichten des Zahlungsdienstleisters dem Zahler gegenüber von solchen des Zahlungsdienstleisters dem Zahlungsempfänger gegenüber zu unterscheiden. Vergleichbar ist dies bei der Lastschrift als „rückläufiger Überweisung“, freilich mit dem Unterschied, dass jetzt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Zahlungsvorgang einzuleiten und entsprechend zu organisieren hat. Die Erklärungen und Buchungen sind freilich zwischen Überweisung und Lastschrift vergleichbar, sie verteilen sich jeweils auf zwei Rahmenverträge. Anders gestaltet ist die Girocardund Kreditkartenzahlung, weil hier der Zahlungsdienstleister des Zahlers bzw. Kartenemittent dem Zahlungsempfänger direkt gegenüber tritt, insbesondere ihm gegenüber auch eine eigene Verpflichtungserklärung abgibt. Diese Varianz in den Ausführungsformen und -pflichten legt – für die eigentliche Hauptpflicht – eine Kommentierung der verschiedenen Ausführungsverhältnisse nacheinander nahe, und zwar nach jeweiligen Rechtsverhältnissen und Zahlungsinstrumenten unterschieden (vgl. 3.a) und b) für die Überweisung, 4. für die Lastschrift, schließlich 5. und 7. für die Girocard und die Kreditkarte sowie 6. für den speziellen [„außerplanmäßigen“] Einsatz der Girocard als Lastschriftinstrument). Dies gilt umso mehr, als Kern-

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Näher oben Dritter Teil Rn 288 f. sowie 230.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

stücke – insbesondere die jeweiligen Verpflichtungserklärungen und die Voraussetzungen ihrer Wirksamkeit – gerade nicht durch das Zahlungsdiensterecht, insbes. die ZahlungsdiensteRichtlinien, geregelt sind oder allenfalls in der Zielrichtung, nicht in der einzelnen Durchgestaltung. Dies gilt auch für die gesamte – durchaus zentrale – Einwendungslehre. Für all diese Fragen ist auf die allgemein schuldrechtlichen Vertragstypen zu rekurrieren. Erschwert wird dies freilich dadurch, dass punktuell einzelne – zentrale – Fragen zum Inhalt der Ausführungspflicht dann horizontal, für alle Zahlungsinstrumente gemeinsam, geregelt werden, die dann auch solchermaßen – „horizontal“ für alle Zahlungsinstrumente – vorab oder gesondert anhand des jeweiligen Gesetzestextes kommentiert werden sollen: c) Punktuelle Regelung zentraler Ausführungsmodalitäten (§§ 675q bis 675t BGB). §§ 675q, 675r BGB regeln jedoch für die Ausführung immerhin einige – zentrale – Rahmenpflichten gemeinsam, formal für alle Zahlungsinstrumente parallel. Freilich haben einige Regeln auch wiederum ausschließlich oder vorrangig für (nur) ein oder zwei Instrumente (Zahlungsdienste) Bedeutung. Diese Rahmenpflichten betreffen folgende Pflichten: (i) die Pflicht, die Valuta ungekürzt an den Zahlungsempfänger weiterzugeben (§ 675q Abs. 1 und 2 BGB), d.h. anfallende Entgelte gesondert abzurechnen, eine Pflicht, deren Nichtbeachtung praktisch nur bei der Überweisung (früher) Probleme aufwarf, obwohl theoretisch Probleme jedenfalls auch bei der Lastschrift auftreten könnten (mit Ausnahmen § 675q Abs. 4 BGB); (ii) die Pflicht, den Auftrag streng formal (insbes. nach Kontonummern) abzuwickeln („Auftragsstrenge“) (§ 675r Abs. 1 und 2 BGB), wiederum eine Pflicht, die bei den Kartenzahlungen praktisch unerheblich ist, da hier die „Strenge“ des Verfahrens an der Zahlungsdienstleister-Händler-Schnittstelle schon rein technisch gewährleistet wird; (iii) und schließlich die Pflicht des Zahlungsdienstleisters, bei Aufträgen, die aus formalen Gründen unausführbar sind, zeitnah Nachricht zu geben (§ 675r Abs. 3 BGB), auch dies eine Pflicht ohne wirkliche Relevanz bei der Kartenzahlung, wo die fehlende Akzeptanz seitens des Zahlungsdienstleisters beim Einsatz der Karte selbst deutlich wird (und auch die Ablehnung auf anderen Gründen als auf der fehlenden Eruierbarkeit des Kontos beruht). Weitere Pflichten zur Ausführungsfrist und zum Wertstellungszeitpunkt folgen – nunmehr in der Tat für alle Zahlungsdienste von Bedeutung – in §§ 675s und 675t BGB (dazu unten II.). Eine letzte Regelung fällt gar nicht in den hier geregelten Zusammenhang, denn sie enthält 318 keine Ausführungspflicht, die ein Zahlungsdienstleister gegenüber einem Kunden oder Erklärungsadressaten (d.h. dem Zahler oder dem Zahlungsempfänger) hätte. Dies ist die sog. ShareRegel für Entgelte (§ 675q Abs. 3 BGB): Sie regelt – für das Valuta-Verhältnis! –, dass der jeweilige Zahlungsdienstenutzer die seinem Zahlungsdienstleister geschuldeten Entgelte nicht vom Vertragspartner erstattet erhalten kann (wenn nichts anderes verabredet ist). Diese Regel wurde daher im Abschnitt zu den Entgelten und zum Valutaverhältnis erörtert (vgl. oben Dritter Teil Rn 103). 317

2. Gesetzlich geregelte Ausführungsmodalitäten im Einzelnen 319

a) Ungekürzte Valutaweitergabe – mit punktuellen Ausnahmen (§ 675q Abs. 1, 2 und 4 BGB). Mit § 675q Abs. 1 wird dem Zahlungsdienstleister des Zahlers, mit § 675q Abs. 2 BGB demjenigen des Zahlungsempfängers untersagt, Entgelte aus der zu transferierenden Valuta zu entnehmen. Vielmehr soll jeder Zahlungsdienstleister sie seinem Kunden direkt in Rechnung stellen. Damit werden einerseits Probleme korrekter Vertragserfüllung vermieden, die dem Zahler im ersten Fall gegenüber dem Zahlungsempfänger entstehen können, weil er den Zahlungsbetrag dann nicht vollständig erbracht hat.699 Zugleich jedoch soll diese Regel – zu wenig

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699 MünchKommBGB/Jungmann § 675q Rn 6; Palandt/Sprau § 675q Rn 1; Staudinger/Omlor § 675q Rn 1. Zum Vollauskehrungsgebot für Frankreich: Piedelièvre Paiement, S. 404; und für Großbritannien sec. 68(1) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 605; für Italien Mancini et al./A. Santoro Pagamento, S. 195–202.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

thematisiert – auch Transparenz fördern:700 Das Entgelt muss von demjenigen Zahlungsdienstnutzer erhoben werden, der dessen Berechtigung am besten einschätzen kann, weil jedes Entgelt nur geschuldet ist, wenn es sich auf vertragliche Abrede stützen kann (§ 675f Abs. 5 BGB) und der beteiligte Vertragspartner die relevante Information dazu hat (§ 675d Abs. 1 i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB). Deswegen ist die Regel auch auf Zahlungsempfängerseite sinnvoll. Hier freilich ist sie deswegen auch abdingbar, denn es kann sich kein Problem der korrekten Vertragserfüllung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger mehr ergeben. Nur die Transparenz muss gewahrt bleiben: Auch in B2C-Verhältnissen kann ein sofortiger Abzug vereinbart werden. Umgekehrt müssen dann die Valuta und das Entgelt – unter Einhaltung der Informationsformalitäten des § 675d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB – getrennt abgerechnet werden. Die betragsgenaue Gutschrift war schon vor 2002 geschuldet, wenn sich der Auftraggeber formularmäßig für die Option Kosten und Gebühren zu Lasten des Auftraggebers („OUR“) entschied.701 Da das beauftragte Institut (seit 2002, und erst recht seit 2009) auch für Fehlverhalten der zwischengeschalteten Institute haftet, muss es auch haften, falls die Weisung nicht weitergereicht oder falls von ihr abgewichen wird (ausdrücklich § 676b Abs. 2 BGB a.F., aber auch Art. 75 Abs. 1 ZD-RL I, Art. 89 Abs. 1 ZD-RL II, § 675y Abs. 1 S. 1 BGB). Auch dass der Auftraggeber kostenfreie (Nach-)Überweisung der vertragswidrig einbehaltenen Abzugsbeträge verlangen kann, entspricht allgemeinem Schadensrecht (Naturalrestitution), heute ergibt sich dies ausdrücklich aus Art. 81 Abs. 3 ZD-RL II, ex-Art. 67 Abs. 3 ZD-RL I und § 675y Abs. 1 S. 4 BGB. Indem Abs. 3 im Zweifel die Zahlungsdienstnutzer in ihrem Verhältnis zueinander jeden die Entgelte seines Zahlungsdienstleisters tragen lässt, ergänzt Abs. 3 diese Entnahmeverbote – und dies rechtfertigt es, etwas systemwidrig, an dieser Stelle annexweise Fragen des Valutaverhältnisses zu regeln. Das Entnahmeverbot (Abs. 1, 2) gilt freilich nicht ohne (räumliche) Grenzen. Es kann für die außerhalb des EWR erbrachten und damit von der Richtlinie ohnehin nicht erfassten Bestandteile von Zahlungsvorgängen abbedungen werden (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB). Für die innerhalb des EWR getätigten Bestandteile von Zahlungen mit Drittstaatenbezug findet das Entnahmeverbot des § 675q Abs. 1 BGB nach § 675q Abs. 4 Nr. 1 BGB keine Anwendung (vormals § 675e Abs. 2 S. 1 BGB a.F., der diese Ausnahme auch zusätzlich auf die SHARE-Regelung erstreckte; vgl. Art. 52 Abs. 2 ZD-RL I702).Von dem in Abs. 2 normierten Entnahmeverbot kann in gleich gelagerten Drittstaatensachverhalten immerhin noch durch Abrede abgewichen werden. Zudem gilt die Pflicht bei Kartenzahlungen zwar ebenfalls, entspricht jedoch ohnehin durchgängiger Praxis. Wirkliche Bedeutung hat die Regel daher vor allem im Überweisungsverkehr. Praktisch nur hier warf ihre Nichtbeachtung (früher) Probleme auf, so dass die prominente Übernahme der – heute eher marginalen – Regelung vor allem damit zu erklären ist, dass sie in der Überweisungs-Richtlinie (und im Überweisungsgesetz) eine Kernneuerung darstellte, die dann auch – nunmehr als formal allgemeine Regel – Eingang in die ZahlungsdiensteRichtlinien fand.

_____ Demgegenüber wäre im zweiten Fall nach dem System des Zahlungsdiensterechts bereits vollständig erfüllt, weil die Valuta vollständig dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gutgeschrieben wurde und dies genügt, vgl. Dritter Teil Rn 387 f., 495. 700 Vgl. 42 Erwägungsgrund ZD-RL I, auch Erwägungsgrund 65 f. ZD-RL II; besonders deutlich zeigt sich dies auf der Empfängerseite, weil dort das Transparenzziel allein im Vordergrund steht; vgl. unten Dritter Teil Rn 319 f. 701 BR-Drucks. 163/99 S. 50–52. Die anderen Optionen gehen auf „SHAre“ (Gebührenteilung) (so das heutige dispositive Recht in § 675q Abs. 3 BGB, vgl. Dritter Teil Rn 103, 318) und „BENeficiary“ (Gebührentragung durch Empfänger); vgl. etwa Schneider EuZW 1997, 589 (592). 702 Zur weiteren Homogenisierung aufgehoben: vgl. Erwägungsgrund 65 f. ZD-RL II.

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b) Auftragsstrenge (§ 675r Abs. 1 und 2 BGB) und dennoch verbleibende Prüfpflichten aa) Der (Einzel-)Überweisungsvertrag, vor allem jedoch die einseitige Weisung des Kunden sind streng im Sinne der Kundenerklärung zu befolgen (Grundsatz der Auftragsstrenge). Denn das Institut kann sich bei routinemäßiger Abwicklung regelmäßig nicht über das Valutaverhältnis informieren und soll und muss dies daher auch nicht.703 Insbesondere ist für es auch die Angabe des Verwendungszwecks irrelevant. Eine Überprüfung desselben, der für den Empfänger bestimmt ist, findet nicht statt (heute ausdrücklich Art. 88 Abs. 1 ZD-RL II, ex- Art. 74 Abs. 1 ZDRL I und § 675r Abs. 1 BGB).704 Daher hat das Institut auch nicht auf Unzweckmäßigkeit hinzuweisen.705 Der Grundsatz der Auftragsstrenge hat also eine entlastende Wirkung, die mit dem Zahlungsdienstegesetz noch ausgeweitet wurde (unten Dritter Teil Rn 329), die jedoch, soweit der Charakter des Zahlungsverkehrs als Massengeschäft Auftragsstrenge nicht erfordert, auch gewisse Grenzen hat (unten Dritter Teil Rn 331–334). 326 All dies gilt allgemein. Auch bei den außerhalb des EWR erfolgenden Bestandteilen von „one-leg transactions“ und von Zahlungen in Drittstaatwährung ist der Grundsatz nur abdingbar (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB). Formal gilt der Grundsatz auch bei Girocard- und KreditkartenZahlung, die technische Abwicklung lässt freilich ohnehin keinen Entscheidungsspielraum für andere Abgleiche als zwischen Karte und PIN, ggf. Gerät. Und auch bei der Lastschrift, bei der schon der Auftrag an das Inkassoinstitut auf elektronischem Datenträger erfolgt, wird der (richtige) Empfänger vom Zahlungsempfänger selbst eingegeben. Der Grundsatz der Auftragsstrenge wirkt also vor allem, ja ausschließlich im Überweisungsverkehr. Allenfalls der Ausschluss der Haftung des Zahlungsdienstleisters bei Divergenz zwischen Kontonummer und Empfängerperson zeitigt theoretisch auch bei der Lastschrift Wirkung. 325

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bb) Die Kundenerklärung umfasst notwendig die essentialia negotii – hier die Angabe des gewünschten Empfängerkontos, bestehend aus der Angabe des Empfängers, jedoch auch eines einzigen seiner Konten. Heute steht die Kontoangabe – anders als bis 2009 – ganz im Vordergrund. Sie besteht aus Buchstaben, Zahlen oder Symbolen und ist so gestaltet, dass sie eine „zweifelsfreie“ Zuordnung erlaubt (§ 675r Abs. 2 BGB), dies länderübergreifend, d.h unabhängig vom jeweiligen Transaktionsland. Dafür wurden IBAN (International Bank Account Number) und BBAN (Basic Bank Account Number) entwickelt. Jedenfalls den äußeren Aufbau und die Geltungsdaten geben Art. 5, 6 SEPA-VO vor. Innerhalb dieses Rahmens wurde der IBAN zunächst vom ECBS (European Committee for Banking Standards) entwickelt und ist jetzt internationaler Standard von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) (derzeit ISO 136161:2007). Auf diese verweisen die Rulebooks.706 Den einzelnen IBAN vergibt schließlich der jeweilige Zahlungsdienstleister an den Zahlungsdienstenutzer im Rahmenvertrag. Der IBAN, der für die grenzüberschreitende Überweisung seit 1.2.2014 allein gewählt werden darf (Art. 6 SEPA-VO) und für den Inlandsverkehr seit dem 1.2.2016 ebenfalls (Art. 16 SEPA-VO, Nachw. Rn 3 Fn 9), besteht aus einer Länderkennung (etwa DE für Deutschland), einer zweistelligen Prüfnummer

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703 BGH Urt. v. 1.12.1960 – II ZR 158/59, WM 1961, 78 (79); BGH Urt. v. 26.2.1962 – II ZR 93/60, WM 1962, 460 (462); BGH Urt. v. 11.3.1976 – II ZR 116/74, WM 1976, 904 (905); vergleichbar für Frankreich Piedelièvre Paiement, S. 392 f. 704 BGH Urt. v. 30.5.1968 – VII ZR 2/66, BGHZ 50, 227 (230) = NJW 1968, 1822; BGH Urt. v. 19.4.1994 – XI ZR 18/93, NJW 1994, 2082 (2084); OLG Düsseldorf Urt. v. 9.7.1985 – 4 U 53/85, NJW 1986, 62 (63); OLG Schleswig Urt. v. 27.7.2000 – 5 U 63/99, WM 2001, 812 (813); BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 67 f.; Escher-Weingart BuB Rn 6/186, 6/196. Anders natürlich, wenn das Institut selbst Empfänger ist: BGH Urt. v. 5.3.1991 – XI ZR 61/90, NJW 1991, 2139. 705 BGH (Fn 306), NJW 1978, 1852 (1853); BGH (Fn 306), NJW 1987, 317 (318); Schwintowski Kap. 9 Rn 246 (Berechtigung der Zahlungsdienstleister den Zahlungsvorgang ausschließlich anhand der Kundenkennung vorzunehmen, § 675r Abs. 1 S. 1 BGB). Zur Ausnahme bei bekannter, kurz bevorstehender Schädigung, oben Zweiter Teil Rn 115–120. 706 Vgl. S. 74 SEPA Credit Transfer (SCT) Rule Book; S. 110 SEPA Direct Debit (DD) B2B Rule Book; S. 114 CoreSEPA Direct Debit (SDD) Rule Book (Basislastschrift).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

sowie der achtstelligen Bankleitzahl und der zehnstelligen Kontonummer (kürzere Kontonummern werden mit vorangestellten Nullen auf die richtige Stellenzahl gebracht) (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. a–c und 6.–8. Erwägungsgrund SEPA-VO).707 Der BBAN durfte nur noch bis 1.2.2016 von Verbrauchern verwendet und von ihren Zahlungsdienstleistern angenommen werden und dies ausschließlich im Inlandsverkehr; er bestand aus der alten Bankleitzahl und Kontonummer, war also nicht länderunabhängig einsetzbar.708 (Alte) Lastschriftaufträge mussten ebenfalls in IBAN konvertiert werden (zur Konvertierungsmöglichkeit Art. 7 SEPA-VO), wozu der Zahlungsdienstleister bis zum 1.2.2016 Verbrauchern Hilfestellung leisten durfte (vgl. Art. 16 SEPA-VO, § 7b ZAG a.F.). Der BIC (Bank Identifier Code), mit dem der Zahlungsdienstleister identifiziert wird, ist seit dem 1.2.2016 auch im grenzüberschreitenden Verkehr überflüssig (Art. 5 Abs. 7 SEPA-VO). cc) Die Frage nach der verbindlichen Wirkung der Kontobezeichnung (vgl. § 675r 328 Abs. 1 BGB) geht in zwei Richtungen: Die Angabe des Kontos ist so wichtig oder kann, für das Institut unerkennbar, so wichtig sein, dass das Institut diese Kundenangabe nicht einseitig ändern darf und dies kann es sich auch nicht durch sog. Fakultativklausel formular-, d.h. klauselmäßig ausbedingen709 – namentlich durch eine Klausel, dass, wenn der Kunde sie nicht streicht, das Institut auf jedes Konto des Empfängers überweisen darf. Wichtiger ist die zweite Richtung: Die Frage, ob allein die Kontonummer (mit zugehöri- 329 gem Institut) der Überprüfung zugrunde zu legen ist oder auch die Person des Empfängers,710 war nach Rechtslage bis 2009 von Überweisungsart zu Überweisungsart verschieden zu beantworten. Der Kunde konnte sich für ein auf professionelle Belange zugeschnittenes, preisgünstigeres Verfahren entscheiden oder eben nicht. Im zweiten Fall musste das Zahlungsempfängerinstitut die Kontonummer und die Person des Zahlungsempfängers abgleichen und bei Divergenz den Zahlungsvorgang abbrechen – namentlich bei der beleggebundenen Überweisung,711 aber auch wenn der Kunde die Daten selbst elektronisch, beleglos übermittelte, jedoch kein professionelles Verfahren wählte –712 oder aber – wenn zweifelsfreie Zuordnung möglich war – gar nach Empfängerperson buchen.713 Umgekehrt durfte schon damals allein nach der

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707 Dazu Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (1398 f.). 708 Vgl. Art. 16 SEPA-VO. Zum BBAN vgl. KG Urt. v. 29.11.2010 – 26 U 159/09, WM 2011, 493; Hadding FS Schneider 2011, 443 (447–450). 709 So überzeugend auf der Grundlage von §§ 305c und 307 Abs. 2 BGB (damals §§ 3 und 9 Abs. 2 AGBG): BGH (Fn 190), BGHZ 98, 24 (28–31) = NJW 1986, 2428; auch BGH Urt. v. 9.4.1987 – III ZR 84/86, NJW 1987, 2011; vorher Häuser WM 1984, 550 (550–552) (Urteilsanm.); abl. Canaris ZIP 1986, 1021 (1021–1027). Für die besondere Bedeutung der Überweisung allein auf das angegebene Konto besonders bei Hinweisen wie „Sperrkonto“ oder „Treuhandkonto“: BGH Urt. v. 28.1.1974 – III ZR 185/71, WM 1974, 272 (274); BGH Urt. v. 18.3.1974 – II ZR 68/72, WM 1974, 406 (407). 710 Diese Angabe ist typischerweise ungleich weniger fehleranfällig und war daher nach altem Recht maßgeblich, wenn der Fehler in der Kontenangabe plausibel korrigiert werden konnte: BGH Urt. v. 28.3.1977 – II ZR 134/75, BGHZ 68, 266 (268) = NJW 1977, 1344; BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (391) = NJW 1990, 250; BGH (Fn 631), NJW 1991, 3208 (3209 f.); OLG Hamm Urt. v. 17.6.1991 – 31 U 26/91, WM 1991, 1918 (1919 f.); Blaurock/André ZBB 1990, 83 (86 f.); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 43 f. 711 Zur Pflicht zur Empfängerprüfung damals: BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (391) = NJW 1990, 250 (klauselmäßig nicht abdingbar); BGH Urt. v. 14.1.2003 – XI ZR 154/02, NJW 2003, 1389 f. (beleggebundener Überweisungsverkehr und Ausnahmen); OLG Schleswig, Urt. v. 27.7.2000 – 5 U 63/99, WM 2001, 812 (813); OLG Düsseldorf Urt. v. 16.1.2004 – 16 U 24/03, WM 2004, 1233 (1235) (Vorrang der namentlichen Bezeichnung des Überweisungsempfängers); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 53 Rn 7, Verweis darauf in BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 2a; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 71 ff. (neue Regelung). 712 Wichtig ist insoweit die Weitergabe über Btx, heute online: Blaurock/André ZBB 1990, 83 (89); BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 82. 713 Früher wurde von der Möglichkeit einer Auslegung ausgegangen und davon, dass ein Ergebnis auch dann zugrunde gelegt werden konnte, wenn Widersprüche innerhalb der Weisung sicher zu beheben waren: OLG München Urt. v. 10.1.1995 – 25 U 4514/94, WM 1995, 2137 (2139); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 38;

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Kontonummer – ohne Prüfung der Person des Zahlungsempfängers – gebucht werden, wenn der Kunde die elektronische Überweisung durch Datenträgeraustausch (DTA) wählte.714 Weiter ging bereits der Gesetzgeber des Überweisungsgesetzes mit der Zulassung von privatautonom geschaffenen Zahlungsverkehrssystemangeboten und deren Ausgestaltung (§ 676a Abs. 4 S. 2 BGB a.F.).715 Seit 1.11.2009 ist bei allen erfassten Überweisungen allein die Kontonummer (als Kundenidentifikator) zugrunde zu legen (damals Art. 74 Abs. 1, heute Art. 88 Abs. 1 ZD-RL II, § 675r Abs. 1BGB). Dies dient (trotz größerem Fehlerrisiko) der allgemeinen Beschleunigung.716 Ausdrücklich wird das Risiko fehlerhafter Kontoangabe dem Zahler auferlegt717 bzw. – wenn er den Zahlungsvorgang initiierte – dem Zahlungsempfänger, jedenfalls im Rahmen des Zahlungsvorgangs (§§ 675r Abs. 1 S. 2, 675y Abs. 5 S. 1 BGB).718 Dieser Beschleunigungszweck ebenso wie der Wortlaut (der Richtlinien und des Gesetzes) legen es nahe, dass daher weder der Zahlungsdienstleister des Zahlers 719 noch derjenige des Zahlungsempfängers die Übereinstimmung prüfen muss – der Letztere schon deswegen nicht, weil seine Prüfung Schutzwirkung für den Zahler entfalten würde (vgl. § 675r Abs. 1 S. 2 BGB), der umgekehrt gar nicht sein Vertragspartner ist und für die Dienstleistung auch nicht bezahlt.720 Es handelt sich hierbei um einen „Paradigmenwechsel“, eine der wichtigsten Neuerungen durch die erste EG-Zahlungsdienste-Richtlinie überhaupt,721 die teils auch heftig kritisiert wurde. So wird auf die höhere Fehleranfälligkeit der Buchung allein nach Kontonummer hingewiesen, auch darauf, dass ein „Kundenidentifikator“ als Kombination zwischen Buchstaben und Zahlen unschwer auch den Namen enthalten könnte, ohne dass ein maschineller Abgleich dadurch unmöglich gemacht würde, zudem auch darauf, dass Art. 74 ZD-RL bzw. Art. 88 ZD-RL II keineswegs den deutschen Gesetzgeber dazu verpflichte, Zahlungsdienstleister von einer Pflicht zur Prüfung des (zutref-

_____ allerdings musste schon damals das Institut keinen erheblichen Aufwand betreiben: Gößmann aaO; OLG Frankfurt Urt. v. 31.1.1995 – 5 U 46/92, WM 1995, 1179. Zu den Pflichten bei Zweifeln vgl. Dritter Teil Rn 516 f. 714 BGH (Fn 358), NJW 1987, 1825 (1826); BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (388 f.) = NJW 1990, 250; OLG Köln Urt. v. 8.5.1990 – 22 U 299/89, NJW 1990, 2261 (2262); OLG Dresden, Beschl. v. 19.3.2007 – 8 U 311/07, WM 2007, 1023 (1024); OLG Düsseldorf Urt. v. 2.4.2003 – 15 U 134/02, ZIP 2003, 1139 (1140); AG München Urt. v. 18.6.2007 – 222 C 5471/07, WM 2008, 1451; BankR-HdB/Maihold § 52 Rn 42; Escher-Weingart BuB Rn 6/187; ausführlich Blaurock/ André ZBB 1990, 83 (87–89). Die Klausel war wirksam, da die Wahl gelassen wurde und dies bei unterschiedlichen Preisen. Ebenso BankR-HdB/Maihold § 52 Rn 42; Escher-Weingart BuB Rn 6/6i; Möschel AcP 186 (1986), 187 (206– 211); offen BGH (Fn 358), NJW 1987, 1825 (1826); OLG Köln (vgl. diese Fn oben), NJW 1990, 2261 (2262). Für die Beachtlichkeit von Gebührendifferenzierungen bei der Anwendung von § 307 Abs. 2 BGB (damals § 9 Abs. 2 AGBG) statt aller BGH Urt. v. 12.5.1980 – VII ZR 166/79, BGHZ 77, 126 (134) = NJW 1980, 1953; Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs § 307 Rn 148 (wenn Preisdifferenz auf tatsächlicher Kostendifferenz beruht). Darauf abstellend, dass Fehler vom Auftraggeber verschuldet und Mitverschulden der Institute berücksichtigt: Gößmann aaO; vgl. auch Reiser WM 1990, 745 (746–748). 715 Von der Idee der AGB-Kontrolle her überzeugend, da die Informationsbeschaffungskosten des Kunden angesichts der Vielzahl der Anwendungen vertretbar; vgl. nur Grundmann FS Rolland 1999, S. 145 (152 f.); und Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann Vor § 343 HGB Rn 84. Umgekehrt wird das Rationalisierungspotential genutzt, dass der professionelle Kunde bei Destinationsfehlern „cheapest cost avoider“ ist. 716 BR-Drucks. 848/08, S. 180 f.; ausf. Hoffmann WM 2016, 1110. 717 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675r Rn 5; Erman/Graf v. Westphalen § 675r Rn 6; Bamberger/Roth/ Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675r Rn 3; Palandt/Sprau § 675r Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 31. 718 Bei fehlerhafter Übermittlung durch den Zahlungsempfänger an den Zahler kann im Valutaverhältnis Ausgleich gesucht werden, vgl. nächste Rn. 719 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675r BGB Rn 5; MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 7; Erman/ Graf v. Westphalen § 675r Rn 3; BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 73; Palandt/Sprau § 675r Rn 4. 720 Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675r BGB Rn 5; wohl auch Palandt/Sprau § 675r BGB Rn 4; MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 36; ausdrücklich für Haftungsfreiheit des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers EuGH Urt. v. 21.3.2019 – Rs. C-245/18 Technoservice Int. ECLI:EU:C:2019:242; aA Hadding FS Schneider 2011, S. 443 (454). 721 Casper FS Nobbe 2009, S. 3 (16); ähnlich Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (bes. 1399–1401) („Zumutung für Verbraucher?“); Meckel jurisPR-BKR 1/2010, Anm. 1, Teil 3 unter V.12.1 („eine der bedeutendsten und … folgenschwersten Neuregelungen“); und auch Hadding FS Schneider 2011, S. 443 (445).

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fenden) Empfängernamens zu entlasten – jedenfalls nicht auf Seiten des Zahlungsempfängerinstituts.722 Diese Sicht ist aus historischer Perspektive und mit dem Blick auf die (noch möglichen) Verhältnisse bei der reinen Inlandszahlung in Deutschland zwar verständlich, maßgeblich muss freilich eine Richtlinienauslegung sein, da der Europäische Gesetzgeber in diesem Punkt offensichtlich dem nationalen Gesetzgeber keinen Ermessensspielraum einräumen wollte, der Vollharmonisierungsansatz i.V.m. dem Gebot einer richtlinienkonformen Auslegung das Ergebnis also auch für den deutschen Rechtsverkehr verbindlich vorgibt. Die europäischen Vorgaben sind dann nicht nur im Lichte des historischen Gesetzgeberwillens (auf EU-Ebene), sondern vor allem nach dem im 48. Erwägungsgrund der ersten EG-Zahlungsdienste-Richtlinie hinreichend klar beschriebenen Telos auszulegen: Dort ist einerseits geklärt, dass der Identifikator (IBAN) europaeinheitlich festgelegt werden muss und die Mitgliedstaaten gerade keinen Spielraum haben, andere Elemente einzuführen. Dort ist andererseits auch das Ausmaß einer Prüfung, auf das die Institute verpflichtet werden dürfen, geklärt: Routinen dürfen nur verlangt werden, die „technisch und ohne manuelles Eingreifen … [klären, ob der] Kundenidentifikator kohärent“ ist. Mit anderen Worten: Es dürfen Prüfroutinen verlangt werden, die die Fehler des Kunden beim Auftrag anhand von Kohärenzkriterien aufdecken, nicht jedoch die konkrete Zuordnung im Einzelfall umfassen (dazu sogleich noch; (zum Aufbau des IBAN und den rechtlichen Vorgaben insoweit vgl. Dritter Teil Rn 327, 331, dort namentlich zu sehr stark absichernden Prüfroutinen). Wenn demnach das Zahlerinstitut zu keiner weiteren Prüfung verpflichtet ist (weil hinreichende Prüfroutinen bereits mit der Festelgung des IBAN erfüllt wurden), so ist es umgekehrt nicht an einer Prüfung der Identität gehindert, jedenfalls ist es ihm gestattet, die Überweisung nicht durchzuführen, wenn deutlich wird, dass ein falscher Empfänger begünstigt würde.723 Das gilt jedenfalls für das Zahlerinstitut das allein seinem Nutzer verpflichtet ist, weswegen grds. eine für den Zahler günstigere Lösung richtlinienkonform ist, jedenfalls wenn sie sich aus der Anwendung von Rechtsmissbrauchsklauseln im nationalen Recht ergibt, hier § 242 BGB, der eine materielle Falschbuchung „sehenden Auges“ verbietet. Ist die Zahlung demnach wirksam bewirkt (§ 675y Abs. 5 S. 1 BGB), so wird man, wenn 330 der Zahlungsempfänger das Konto fehlerhaft angab, Erfüllungswirkung zugunsten des Zahlers anzunehmen haben (§§ 362 Abs. 1, 185, 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB), wenn der Zahler das Konto fehlerhaft angab, keine Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB). Entsprechend ist der Inhaber des falsch eingegebenen Kontos im ersten Fall auf Kosten des berechtigten Zahlungsempfängers, im zweiten auf Kosten des Zahlers bereichert, der entsprechende Bereicherungsanspruch jedoch praktisch nicht ganz leicht durchsetzbar.724 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ein Abgleich mit dem Empfängernamen zulässig 331 ist – was kaum zu bezweifeln war und inzwischen auch höchstrichterlich bestätigt ist725 – oder aber gar gewisse Prüfroutinen gefordert werden können, die das Risiko einer Buchung bei Abweichung von IBAN und Zahlungsempfänger reduzieren,726 etwa die Einführung der Prüfzif-

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722 Namentlich Hadding FS Schneider 2011, S. 443 (447–454); Wolters VuR 2009, 16 (18 f.); allgemeiner auch Casper FS Nobbe 2009, S. 3 (16); Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (bes. 1399–1401), wobei freilich die beiden zuletzt genannten Beiträge im Ergebnis eine Prüfpflicht hinsichtlich des Empfängernamens selbst beim Empfängerinstitut verneinen. 723 BGH Urt. v. 16.6.2015 – XI ZR 243/13 BGHZ BGHZ 205, 377 = WM 2015, 1631 = NJW 2015, 3093 (Rn 15) (hier auch für das Empfängerinstitut); MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 23 f.; Winkelhaus jurisPR BKR 8/2016 Anm. 1 (untern C. II). Zur Zulässigkeit des Rechtsmissbrauchseinwands nach nationalem Recht auch im Richtlinienregime vgl. die EuGH-Rechtsprechung (unten Fn 832). 724 Die Probleme entsprechen – angesichts des Bankgeheimnisses und des Fehlens eines Informationsanspruchs gegen den Zahlungsdienstleister des tatsächlichen Zahlungsempfängers – denjenigen im ELV, vgl. unten Dritter Teil Rn 362. 725 BGH Urt. v. 16.6.2015 – XI ZR 243/13 BGHZ 205, 378 Rz 15 b) = WM 2015, 1631 (1632). 726 Grds. für solch eine Pflicht: Bitter WM 2010, 1725 (1729); Gebauer/Wiedmann/Schinkels Kapitel 16 Rn 47; BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 75.

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fer.727 Diese hat in der Tat zentrale Bedeutung, eine Bedeutung, die in der Diskussion um das Problem „Geld weg bei falscher Kontonummer?“ (Wolters) zu sehr vernachlässigt wird. Legt man das Instrument zugrunde, das der Europäische Gesetzgeber vorsah, den IBAN, so relativiert sich die Gefahr für den Zahler auch bei solch einer restriktiven Sicht der Prüfpflichten ganz und gar: Der IBAN wird nach dem sog. MOD97-10-Verfahren ermittelt, nach dem die eingefügte Prüfziffer so gewählt wird, dass die Ziffernfolge, geteilt durch 97, jeweils einen Rest 1 ergibt.728 Daher führen einfache Zahlendreher praktisch immer zu Inkohärenz, nicht etwa zu einer Buchung für einen anderen Empfänger („Geld weg“). Die eigentliche Gefahr des neuen Systems liegt also darin, dass der Betrag bei Zahlendrehern u.ä. zurückgeht und nicht vom Empfängerinstitut eruiert wird, welches der richtige Empfänger sein könnte. Dass im Interesse der allgemeinen Beschleunigung dieser Service dem fahrlässigen Zahler nicht mehr angeboten wird, ist ein Interessenausgleich, der ungleich überzeugender klingt als ein (teils suggerierter) Interessenausgleich dahingehend, dass den Instituten eine (unschwer zu erfüllende) Prüfroutine abgenommen wird, um für die Zahler eine kleine Beschleunigung zu erreichen, und dass dafür einige Zahler einer Totalverlustgefahr ausgesetzt werden. Die Gefahr geht fast nie dahin, dass das Geld einem anderen Empfänger gutgeschrieben wird, von dem es der Zahler durch Kondiktion zurückzufordern hätte (der Inhalt der Gefahr „Geld weg“ geht also selbst in diesem Ausnahmefall doch nur so weit!). Dafür müsste der Zahlendreher einer der ungewöhnlichen Art sein, nämlich zwischen der richtigen Angabe und der gewählten selbst wieder eine Differenz von 97 liegen, also etwa in einem IBAN ein zutreffendes Stück „433“ versehentlich als „336“ eingegeben worden sein. Die 97 als Divisor wurde gerade deswegen gewählt, weil der einfache Zahlendreher oder das Vertippen einer oder auch von zwei Stellen i.d.R. nicht genügt, um zu einer neuen kohärenten Kundenkennung – also zum „Geld weg“ – zu führen. Allein bei der (früher zulässigen) Kundenkennung aus Bankleitzahl und Kontonummer, für deren Verwendung die Übergangszeit jedoch seit 2016 abgelaufen ist, war dies nicht gewährleistet.729 Allein hier konnte argumentiert werden, dass der (im 48. Erwägungsgrund festgehaltene) Rationalisierungswille des Europäischen Gesetzgebers nicht durchzusetzen war, angesichts der wirklich realen Gefahr einer Fehlbuchung in der Tat auch nicht überzeugend war und noch auf die nationale Rechtslage vor 2009 rekurriert werden konnte (was offenbar auch die Praxis der Kreditinstitute bei Einreichung von Überweisungsträgern mit Bankleitzahl und Kontonummer war). Eine Unterrichtungspflicht – und auch eine Pflicht, den Auftrag zurückzuhalten – besteht jedenfalls auch, wenn – etwa bei einer Hausüberweisung oder weil ein Abgleich vorgenommen wurde – dem Zahlungsdienstleister positiv bekannt ist, dass das angegebene Konto nicht dem intendierten Zahlungsempfänger zuzuordnen ist.730 Werden diese Pflichten verletzt, regeln weder die Zahlungsdienste-Richtlinien noch §§ 675r ff. BGB die Rechtsfolge. Sie richtet sich daher nach allgemeinen Regeln: Der Zahlungsdienstleister hat die Schäden zu ersetzen, die entstehen, wenn der oben genannte Bereicherungsanspruch tatsächlich nicht durchsetzbar ist (§ 280 Abs. 1 BGB).731 Die Kundenerklärung kann darüber hinaus (fakultativ) alle anderen Fragen der Über332 weisung betreffen. Fraglich ist, ob das Institut dann die Überweisung allein auf Grund des Rahmenvertrages und der einseitigen Weisung (ohne weitere Zustimmung) schuldet. Da der

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727 Dazu Rauhut ZBB 2009, 32 (44); ausführlich auch Hoffmann WM 2016, 1110 (1111). 728 Hierzu näher Scheibengruber/Breidenstein WM 2009, 1393 (1398 f.). 729 Auf Grund von Nr. 2 Abs. 4 S. 1 des (Interbanken-)Überweisungsabkommens aus 2011, das eine gegenseitige Kommunikation der Prüfzifferberechnungsmethoden (über die Deutsche Bundesbank) vorsieht, ist heute (wohl) auch diese Fehlergefahr weitgehend ausgeräumt: Schürmann Bankrechtstag 2009, 11 (44); Fornasier AcP 212 (2012), 410 (451 f.). 730 Palandt/Sprau § 675r Rn 8; Gebauer/Wiedmann/Schinkels Kapitel 16 Rn 47; Ellenberger/Findeisen/Nobbe/ Burghardt § 675r Rn 12; BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 58. 731 Palandt/Sprau § 675r Rn 8; Erman/Graf v. Westphalen § 675r Rn 13; offenlassend ob § 280 Abs. 1 oder § 675y Abs. 1 BGB Anspruchsgrundlage ist: MünchKommBGB/Casper (6. Aufl.) § 675r Rn 30.

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Rahmenvertrag dies i.d.R. nicht regelt, ist entscheidend, ob die Ausführungsart, zu der angewiesen wird, aus Sicht des Kunden noch zu denen zählt, die das Institut routinemäßig abwickeln kann.732 Bei Überweisungen ins Ausland, jedenfalls in OECD-Staaten, und bei Vorgabe des Leitweges ist dies anzunehmen. Soweit die Weisung diese weiteren Fragen nicht anspricht, hat sich das Institut bei seinen Entscheidungen von der auftragsrechtlichen Interessenwahrungspflicht stricto sensu leiten zu lassen. Verstöße des Zahlungsdienstleisters gegen den Grundsatz der Auftragsstrenge führen dazu, 333 dass kein Aufwendungsersatz entsteht, wenn es daher nicht zur Buchung auf dem angewiesenen Empfängerkonto kommt. Die Belastungsbuchung ist zurückzunehmen (§ 675u BGB) (näher Dritter Teil Rn 402–410). c) Unterrichtung bei formal begründeter Unausführbarkeit (§ 675r Abs. 3 BGB). Obwohl 334 der Abgleich zwischen Empfängername und Empfängerkonto nicht mehr geschuldet ist und i.d.R. auch nicht mehr erfolgt, können Restprüfroutinen dazu führen, dass eine feherhafte Weisung als solche erkannt wird. Namentlich möglich ist, dass die Ausführung – die Überweisung – aus formalen Gründen unmöglich ist – etwa wegen falscher Stellenzahl oder Kombination. In diesem Fall hat der Zahlungsdienstleister seinen Kunden unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB), zu unterrichten. Eine möglicherweise bereits vorgenommene Belastungsbuchung ist zurückzunehmen (wohl Erstattungsanspruch nach § 675u S. 2 BGB, der zu einer auch wertstellungswirksamen ex tunc Stornierung führen würde).733 All dies ist kostenfrei, was freilich in B2B-Transaktionen anders vereinbart werden kann (vgl. § 675f Abs. 5 S. 2 BGB, 675e Abs. 4 BGB; ebenso bei außereuropäischen Drittstaatenzahlungen, § 675e Abs. 2 BGB). Der Zahlungsdienstleister hat die Schäden zu ersetzen, die – etwa im Valutaverhältnis – deswegen eintraten, weil der Kunde nicht zeitnah anders disponieren konnte (§ 280 Abs. 1 BGB).734 Von dieser Unterrichtungspflicht bei (positiv erkannter) formaler Unmöglichkeit der Ausführung zu unterscheiden ist die – oben genannte und ausnahmsweise bestehende – Pflicht, den Auftrag ggf. gar nicht auszuführen und dann ebenfalls hiervon zu unterrichten (oben Dritter Teil Rn 288–294). 3. Überweisung – Hauptpflichten a) Hauptpflicht des erstbeauftragten Instituts. Die Ausführungspflicht setzt formal einen 335 wirksamen Auftrag (Weisung) und Deckung voraus, das war schon vor 2009 und 2002 so.735 Geändert hat sich hingegen mit dem Überweisungs- und dem Zahlungsdienstegesetz die Rechtslage beim Inhalt des Anspruchs. Ihn umrissen schon §§ 676a–676c BGB a.F. in mehreren Hauptpunkten gänzlich anders als vor 2002. Die Hauptpflicht wurde nach allgemeinem Geschäftsbesorgungsrecht (vor 2002) unterschiedlich gefasst, je nachdem ob die Überweisung hausintern erfolgte (Haus- oder Filialüberweisung) oder außerbetrieblich. Im ersten Fall war schon damals unstreitig Gutschrift (§ 780 BGB) auf dem Empfängerkonto (mit taggleicher Wertstellung, s.u.) geschuldet.736 Dies gilt im geltenden Regime (und schon seit 2002) ebenso, wiederum wird Gutschrift selbst geschuldet (Art. 87 Abs. 1 S. 2 ZD-RL II, ex-Art. 73 Abs. 1 S. 2 ZD-RL I und § 675t Abs. 1 S. 1 BGB).737 Die alte Rechtslage ist auch heute noch insofern wichtig, als so die Ausfüh-

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732 Vgl. grundsätzlich in diesem Sinne schon BGH (Fn 344), BGHZ 10, 319 (322 f.) = NJW 1953, 1911. 733 AA BT-Drucks, 16/11043, S. 111; Palandt/Sprau § 675r Rn 8. Da die (Auslegung der) Richtlinie den Ausschlag gibt, ist die Meinung des deutschen Gesetzgebers jedenfalls nicht ausschlaggebend. 734 Palandt/Sprau § 675r Rn 8; Erman/Graf v. Westphalen § 675r Rn 13; MünchKommBGB/Jungmann § 675r Rn 28. 735 Dazu oben Dritter Teil Rn 224–227, 250. 736 BGH (Fn 694), NJW 1991, 2210 (2210). 737 Alternativ kann der Überweisungsauftrag auch auf Barauszahlung gehen: vgl. § 675t Abs. 1 S. 3 BGB; BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 199–204. Das Gesagte gilt dann entspr.

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rungsfrist bei der Haus- oder Filialüberweisung – zulässiger Weise – kürzer gefasst wird als die Höchstausführungsfrist nach § 675s Abs. 1 BGB. Im zweiten Fall, der außerbetrieblichen Überweisung, war vor 2002 nach h.M. nur die Weiterleitung des Auftrages an das zwischengeschaltete Institut geschuldet;738 allein eine Haftung für Auswahlverschulden, jedoch keine Garantiehaftung wurde bejaht.739 Dies hat sich grundsätzlich geändert. Nach geltendem Regime geht die Hauptpflicht des erstbeauftragten Instituts (Zahlungsdienstleister des Zahlers) dahin, dass die Valuta dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers (ungekürzt) gutgeschrieben wird, dem Empfängerinstitut also Deckung verschafft wird (so schon seit 2002 § 676a Abs. 1 S. 2 BGB a.F.; heute Art. 89 Abs. 1 ZD-RL II, , ex-Art. 75 Abs. 1 ZD-RL I und § 675 y Abs. 1 BGB).740 Fehlleistungen von zwischengeschalteten Instituten entlasten das Zahlerinstitut nicht (§ 676c BGB e contrario). Wird im Fall der außerbetrieblichen Überweisung dann keine Gutschrift erteilt, so trägt der Empfänger, nicht mehr der Zahler und sein Zahlungsdienstleister das Risiko (§§ 675t Abs. 1 und 2 sowie 675y Abs. 1 S. 5 BGB). Die so gefasste Hauptpflicht wird heute schärfer umrissen durch die genannten gesetzli336 chen Regelungen zu einzelnen Modalitäten des Anspruchs: vor allem die betragsgenaue Gutschrift (oben Dritter Teil Rn 321) und die Ausführungs- sowie Wertstellungsfristen (unten Dritter Teil Rn 338). Vertragsgemäße Ausführung schuldet das Erstinstitut allein dem Auftraggeber, wenn es 337 diese nicht auch dem Empfänger speziell zusagt.741 Gegenteilige Auffassungen742 missachten das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das zwischen dem Grundsatz der Relativität von Schuldverhältnissen und den Instituten vertraglicher Dritt(schutz)wirkung besteht. Gründe für die Sonderbehandlung eines gesamten Vertragstyps werden nicht überzeugend dargetan. Nach der neuen Rechtslage mag zwar die Aufgliederung der Überweisungskette in einzelne Auftragsverhältnisse ohne gegenseitige Ausstrahlungswirkung zu relativieren sein, jedoch gerade nicht in dem Sinne, den die Gegenmeinung propagiert: Erkennbar soll zwar der Auftraggeber Ansprüche aus Pflichtverletzungen in der ganzen Überweisungskette bis zum Eingang der Valuta beim Empfängerinstitut herleiten können, der Empfänger jedoch nur aus Pflichtverletzungen des Empfängerinstituts. Die spezielle Zusage, die eine Ausnahme begründet, muss vom Erstinstitut ausgehen. Sie kann daher jedenfalls nicht darin gesehen werden, dass der Empfänger den Überweisungsträger vom Auftraggeber erhält und einreicht.743

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738 RG Urt. v. 17.6.1922 – I 358/21, RGZ 105, 48 (51); BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (388) = NJW 1990, 250; BGH (Fn 694), NJW 1991, 2210 (2210 f.); aA (entsprechend dem neuen Regime) vor allem Köndgen NJW 1992, 2263 (2268). 739 BGH (Fn 673), BGHZ 103, 143 (145) = NJW 1988, 1320; BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (388) = NJW 1990, 250; ausführlich Koller/Faust ZBB 1989, 63 (65–76); Schröter ZHR 151 (1987), 118 (120–124). Zur Nebenpflicht, den Kunden bei der Rückforderung des Betrages zu unterstützen: BGH Urt. v. 18.12.1951 – I ZR 94/50, BGHZ 4, 244 (249) = NJW 1952, 340. 740 Für dahingehende Primärpflicht schon früher: Bydlinski WM 1999, 1046 (1049); Häuser WM 1999, 1037 (1043); auch Schön AcP 198 (1998), 401 (448 f.); aA für die Üw-RL Bydlinski WM 1999, 1046 (1047). Für die heutige Rechtslage (unstr.) vgl. BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 54; MünchKommBGB/Jungmann § 675s Rn 13; Erman/Graf v. Westphalen § 675r Rn 2; Palandt/Sprau § 675s Rn 2 und § 675y Rn 3. 741 RG Urt. v. 25.2.1921 – VII 439/20, RGZ 102, 65 (68); BGH Urt. v. 17.10.1951 – II ZR 105/50, BGHZ 3, 238 (239 f.) = NJW 1952, 21 (bestätigte Überweisung); BGH (Fn 76), BGHZ 69, 82 (85 f.) = NJW 1977, 1916; BGH Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 172/84, BGHZ 96, 9 (17); BGH Urt. v. 17.9.1991 – XI ZR 256/90, NJW 1992, 112 (113); Möschel JuS 1972, 297 (297 f.); Meyer-Cording Bank-Überweisung, S. 13 f.; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 34; jedenfalls für die Berücksichtigung von Einwendungen gegen den Auftraggeber Lauer WM 1985, 705 (auch zur abw. Möglichkeit abstrakter Zahlungsversprechen); und für das neue Recht wiederum gegen Anspruch des Zahlungsempfängers: Palandt/Sprau § 675f Rn 40; auch die ZD-RL sowie ihre Novellierung bringen keine Änderung. 742 OLG Düsseldorf Urt. v. 21.5.1987 – 6 U 197/86, WM 1987, 1008 (1009); für Einschlägigkeit von § 826 BGB im konkreten Fall Hüffer EWiR BGB § 328 1/88, 29. 743 BGH (Fn 731), BGHZ 3, 238 (241) = NJW 1952, 21; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 18, 51.

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b) Hauptpflicht des Empfängerinstituts aa) Der Empfänger erwirbt einen Anspruch auf Gutschrift, sobald das Empfängerinstitut 338 selbst Deckung erlangt hat. Dies ist auf der Empfängerseite Hauptinhalt des Girovertrages (Art. 89 Abs. 1 ZD-RL II, ex-Art. 75 Abs. I ZD-RL I und § 675t Abs. 1 BGB).744 Der Anspruch ist mangels gegenteiliger Abrede, etwa im Girovertrag, innerhalb eines Bankgeschäftstages zu erfüllen (Art. 87 Abs. 1 ZD-RL II, ex-Art. 73 Abs. 1 ZD-RL I und § 675t Abs. 1 S. 1 und 2 BGB, „unverzüglich“ und Wertstellung taggleich, Abs. 2 S. 2 präzisiert das für den schwierigeren Fall der Barauskehrung selbst gegenüber Zahlungsempfängern, die professionell handeln, auf einen Tag; vergleichbar schon vor 2009 § 676g Abs. 1 S. 1 BGB a.F.). Während dieses Tages trägt der Empfänger zwar nicht (mehr) das Risiko eines Widerrufs durch den Auftraggeber, wohl jedoch das Risiko, dass Deckung beim Institut auf Grund unvermeidbarer Ereignisse/höherer Gewalt entfällt oder sonstige Ausschlussgründe eintreten (ausdrücklich Art. 93 ZD-RL II, ex-Art. 78 ZD-RL I und § 676c BGB). Vor allem Beschlagnahme, Abwertung etc. modifizieren den Anspruch des Empfängers.745 Soweit der Anspruch aus Gutschrift durch Korrekturbuchung u.ä. zu Fall gebracht werden kann, gilt Gleiches natürlich auch für den noch nicht erfüllten Anspruch auf Gutschrift.746 Wie der Anspruch aus der Gutschrift ist bereits der auf Gutschrift kontokorrentmäßig gebunden (§§ 355, 357 HGB, dazu Zweiter Teil Rn 143 f., 241). bb) Das Recht aus erfolgter Gutschrift ist ein (abstrakter Zahlungs-)Anspruch, der ins Kon- 339 tokorrent eingeht. Die Buchung und insbesondere die Korrekturmöglichkeiten bei ursprünglich oder nachträglich fehlerhafter Buchung beziehen sich denn auch nicht allein auf die Überweisung, sondern generell auf Eingänge auf dem Girokonto.747 c) Recht des Empfängerinstituts zur und aus Gutschrift? Das kontoführende Institut 340 kann ein wirtschaftliches Interesse an der Herbeiführung einer Gutschrift bzw. an der Aufrechterhaltung einer erfolgten Gutschriftbuchung haben, vor allem weil dadurch ein Debet verringert oder ein Pfandrecht nach Nr. 14 AGB-Banken begründet wird. Dem Kundeninteresse kann umgekehrt die Buchung gerade deswegen widersprechen, weil er die Valuta frei verwenden möchte. Weder Überweisungs- noch Zahlungsdienste-Richtlinien entscheiden diese Frage. Vielschichtig ist der Meinungsstand zu dieser Frage, welche die Europäische Vorgabe 341 unbeantwortet lässt, die jedoch im deutschen Recht ausführlich diskutiert wird. Die BGHRechtsprechung geht davon aus, dass das Institut ein Recht habe, die Gutschrift (einseitig) vorzunehmen,748 dass es jedoch, soweit in der Überweisung eine bestimmte Zweckbestimmung vor-

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744 BT-Drucks. 16/11643, S. 112, 117; st. Rspr. schon vor 2009: BGH Urt. v. 15.3.2005 – XI ZR 338/03, NJW 2005, 446; auf der Grundlage von § 667 BGB (unstr.): BGH Urt. v. 28.11.1977 – II ZR 110/76, NJW 1978, 699 (699 f.); BGH Urt. v. 24.1.1985 – IX ZR 65/84, BGHZ 93, 315 (322) = NJW 1985, 1218; BGH Urt. v. 14.11.1989 – XI ZR 97/88, WM 1990, 6 (7) (implizit); Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried/Werner Rn 4.272–4.282. Kenntnis ist unerheblich: BGH Urt. v. 27.4.1954 – I ZR 175/52, LM HGB § 355 Nr. 8, Bl. 3; für die Lage bei Gutschrift in der Insolvenz des Überweisungsempfängers: Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 9. Aufl. 2017, Rn 3.100–3.258; Remmerbach Auswirkungen des Konkurses, S. 66–120. 745 Zur Qualifikation dieser Ereignisse als Fälle höherer Gewalt vgl. oben Zweiter Teil Rn 187–189 und Dritter Teil Rn 541. AA i.E., auch nach klassischer auftragsrechtlicher Dogmatik wenig überzeugend, BGH (Fn 744), LM HGB § 355 Nr. 8, Bl. 3; wie hier Baumbach/Hopt (7) Rn C/82. 746 Etwa BGH (Fn 744), NJW 1978, 699; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 55. Zu den verschiedenen Arten von Korrekturbuchungen oben Zweiter Teil Rn 170–172. 747 Zu den diesbezüglichen Problemen – Buchung, Wirksamkeit und deren Zeitpunkt, Korrektur – vgl. daher oben Zweiter Teil Rn 166–173. 748 BGH Urt. v. 6.12.1994 – XI ZR 173/94, BGHZ 128, 135 (139) = NJW 1995, 520; BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 15; dagegen Häuser ZIP 1995, 89 (94).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

gegeben werde, diese zu achten oder die Annahme der Valuta zu verweigern habe.749 Ist die Gutschrift (einseitig) erteilt worden, so geht die BGH-Rechtsprechung davon aus, dass der Kunde ein Zurückweisungsrecht analog § 333 BGB habe, wenn die Überweisung rechtsgrundlos erfolgte,750 nicht jedoch, wenn der Betrag im Valutaverhältnis geschuldet war und dies auch, wenn die Überweisung keine Erfüllungswirkung zeitigte (etwa weil sie auf ein falsches Konto des Empfängers erfolgte).751 Das Widerspruchsrecht wirke ex tunc752 und sei ausgeschlossen, sobald der Kunde über den Betrag disponiert hat.753 Die Literatur geht überwiegend – ebenso wie Teile der Rspr. – von einem Zurückweisungsrecht in jedem Falle aus,754 jedoch ebenfalls mit der Einschränkung, dass die Kundendisposition das Recht entfallen lässt.755 342 Angezeigt erscheint eine Lösung nach auftrags- und rechtsscheinrechtlichen Grundprinzipien. Nach § 675c Abs. 1 BGB i.V.m. § 667 BGB sowie Art. 81, 87 ZD-RL II, Art. 67, 73 ZD-RL I und §§ 675q Abs. 1, 2, 675t Abs. 1 BGB besteht allein die Pflicht des Instituts, Erlangtes herauszugeben (Gutschrifterteilung), nicht das Recht hierzu. Sind Sachen erlangt, erfolgt Übereignung und Besitzübergang nur unter Mitwirkung des Auftraggebers. Bei konsequenter Qualifikation der Gutschrift als ein abstraktes Zahlungsversprechen (§ 780 BGB) ist auch deren Entstehung von einer Annahme des Kunden abhängig. Hiervon mag man bei Konsens aus Praktikabilitätsgründen absehen;756 inakzeptabel ist es jedoch, dadurch Rechtspositionen des Kunden zu beschneiden, vor allem diejenige, Annahme zu verweigern. Nicht § 333 BGB analog, sondern §§ 311, 780 BGB unmittelbar führen bei ausdrücklich verweigerter Zustimmung des Kunden dazu, dass Gutschrift zu verneinen ist757 – in der Tat ex tunc. Hierfür spricht – weniger rechtskonstruktiv – auch die Leitidee der auftragsrechtlichen Interessenwahrungspflicht:758 In keinem Fall darf der Beauftragte Erwerbsaussichten entgegen dem geäußerten Willen oder mutmaßlichen Interesse des Auftraggebers realisieren, um eigene Interessen zu befördern. Über die Interessen, die mit dem Konto (Gegenstand von Auftrag und „treuhänderischer“ Verwaltung) verfolgt werden, entscheidet allein der Kunde; Interessen des Beauftragten treten zurück, solange nicht in seine Rechtspositionen eingegriffen wird. Aus dieser Einschränkung ergibt sich auch, dass das Weigerungsrecht des Kunden in der Tat erlischt, sobald er disponiert hat. Sobald das Institut „nachschießt“ (durch Auszahlung oder zusätzliche Krediteinräumung; „Vertrauensdisposition“), erlischt das Weigerungsrecht. Diese Lösung, die allein im Einklang mit auftrags- und rechtsscheinrechtlichen Grundprinzipien steht, ist mit dieser Einschränkung auch kaum weniger praktikabel als die BGH-Rechtsprechung,759 dieser jedoch wertungsmäßig deutlich überle-

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749 Dazu (und zur Zulässigkeit solch einer Weigerung): BGH (Fn 342), WM 1972, 308 (309); OLG Zweibrücken Urt. v. 12.1.1984 – 4 U 136/82, NJW 1985, 1034 (1034). 750 BGH Urt. v. 19.9.1989 – XI ZR 150/88, NJW 1990, 323 (324); Baumbach/Hopt (7) Rn C/90; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 473; monographisch Seiler Bereicherungsausgleich; überzeugende Kritik schon gegen die Konstruktion bei Häuser ZIP 1995, 89 (92). 751 BGH (Fn 748), BGHZ 128, 135 (138 f.); aA Häuser ZIP 1995, 89 (92–94); ders. WM-Festgabe Hellner, 1994 S. 10 (12–14). 752 BGH (Fn 750), NJW 1990, 323 (324); BGH (Fn 748), BGHZ 128, 135 (138); BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 17; aA Häuser ZIP 1995, 89 (92). 753 Etwa durch Inanspruchnahme des Tagessaldo oder von neuem Kredit: BGH (Fn 750), NJW 1990, 323 (324); BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 18 f. Ob unabhängig von solcher Disposition auch Unverzüglichkeit des Widerspruchs zu fordern ist, wurde offen gelassen: BGH aaO; dafür Baumbach/Hopt (34. Aufl.) (7) Rn C/14; dagegen Canaris ZIP 1986, 1021 (1025). 754 Baumbach/Hopt (34. Aufl.) (7) Rn C/14; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 473; ausführlich Bydlinski ÖBA 1995, 599; Häuser ZIP 1995, 89; ders. WM-Festgabe Hellner 1994, S. 10; im Grundsatz auch Krause JuS 1991, 103 (104 f.). 755 Krause JuS 1991, 103 (105); ähnlich Canaris Bankvertragsrecht, Rn 473. 756 Zur Konstruktion vgl. oben Zweiter Teil Rn 167. 757 Unverzüglichkeit der Weigerung zu fordern, hieße, einen Maßstab anzulegen, der im Kontokorrentrecht nur für den Ersatz nachgewiesenen Schadens gilt. Es genügt, dass das Weigerungsrecht mit Disposition oder mit Saldoanerkenntnis erlischt – bei Letzterem entfällt ja umgekehrt auch das Stornorecht der Banken. 758 Grundmann Der Treuhandvertrag – insbesondere die werbende Treuhand, 1997, S. 157–160, 192 ff., bes. 220–222. 759 So aber und vor allem hierauf abhebend BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 20.

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gen: Fehlen die genannten Verfügungen zu Lasten des Instituts, so bedeutet eine Anerkennung des Weigerungsrechts nur, dass dem Institut und Pfändungsgläubigern eine Valuta, auf die sie keinen Anspruch hatten, nicht erhalten bleibt, dass ihnen also nicht (ohne Recht darauf) zusätzliche Liquidität zufällt. Diese Aussicht erscheint weniger schützenswert als umgekehrt das Interesse des Schuldners, nicht (aus wohlerworbenen Vermögensrechten) die gleiche Schuld doppelt begleichen zu müssen, nur gegen Einräumung eines unsicheren Kondiktionsanspruches.760 d) Kein grenzüberschreitender Sachverhalt. Wie der Rahmenvertrag im Verhältnis des 343 Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister (oben Dritter Teil Rn 149 f. und auch 153, 160, 172) ist auch derjenige zwischen Empfängerinstitut und Empfänger i.d.R. nicht grenzüberschreitend angelegt. Anders ist dies nur hinsichtlich der Währung beim Fremdwährungskonto. Das zum anwendbaren Recht und das zur Rückwirkung der Interbankenverhältnisse Gesagte gilt entsprechend:761 Wiederum ist die kürzeste Widerrufsfrist maßgeblich; freilich wirkt sich dies auf der Empfängerseite umgekehrt „positiv“ aus: Das Schutzniveau, das ihm sein (Wohn-)Sitzrecht verbürgt, wird nie unterschritten. 4. Lastschrift – Hauptpflicht des erstbeauftragen (Zahlungsempfänger-)Instituts a) Wahl der Einzugsvariante. Das erstbeauftragte Institut bei der Lastschrift ist der Zah- 344 lungsdienstleister des Zahlungsempfängers (Inkassoinstitut, „rückläufige Überweisung“), diesem gegenüber hat das Inkassoinstitut daher Rechtspflichten, Die Hauptpflicht zielt auf Zahlungseinzug. Drei Etappen können unterschieden werden: Welche der beiden Lastschriftvarianten gewählt wird – SEPA-Firmenlastschrift oder SEPA-Basislastschrift –, entscheidet der Gläubiger bei jedem einzelnen Einzug durch Angabe der entsprechenden Schlüsselnummer. Vorher greift die allgemeine Aufklärungspflicht ein, die Kreditinstitute in Fragen spezifischer Bankexpertise bei erkennbarem Kundenbedürfnis haben:762 Die erste Inkassobank hat den Gläubiger (als Nebenpflicht aus Inkassovertrag), soweit überhaupt eine Wahlmöglichkeit besteht, über die Vorund Nachteile aufzuklären763 und zwar regelmäßig bei Abschluss der Inkassovereinbarung (nicht erst beim einzelnen Einzugsauftrag). Nur so kann der Gläubiger die beste Variante in der jeweiligen Lastschriftabrede verankern. Die Wahl der einen oder anderen Variante beeinflusst weniger den Pflichtenkanon des Inkassoinstituts als sein Risiko (Dritter Teil Rn 464 ff.). b) Einleitung des einzelnen Einzugsverfahrens. Die auftragsrechtliche Hauptpflicht des 345 ersten Inkassoinstituts geht dahin, das Lastschriftverfahren einzuleiten, wenn der Gläubiger hierzu eine Weisung abgibt („Inkassoauftrag“)764 und die Voraussetzungen vorliegen, die das

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760 So in der Tat die Lösung der BGH-Rspr., vgl. BGH (Fn 223), NJW 1985, 2700 (2700); BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 27. 761 Vgl. oben Dritter Teil Rn 149 f. Zur Frage der Gebührentragungspflicht ausführlich Real RIW 1994, 158; BankRHdB/Haug § 51a Rn 28–30; Art. 62 Abs. 2 ZD-RL II, § 675q Abs. 3 BGB scheinen heute noch klarer als ex-Art. 52 Abs. 2 ZD-RL I davon auszugehen, dass der Auftraggeber die Kosten der Währungsumrechnung trägt, wenn in anderer Währung als der seines Kontos zu erfüllen ist, da die Neufassung für alle Kosten die Kostentragung nach jeweiligem Kundenverhältnis anordnet. In der Literatur und Rechtsprechung offenbar nicht problematisiert/problematisch. Letztere vor allem zur Frage, ob die Gebühren überhaupt berechnet werden dürfen, etwa von Kreditkartenunternehmen: vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 15.5.1996 – 5 U 246/95, NJW 1996, 1902 (1903) (verneinend); BGH Urt. v. 14.10.1997 – XI ZR 167/96, BGHZ 137, 27 = WM 1997, 2244 (bejahend). 762 Zu diesen Kriterien für das Bestehen von (Bank-)Aufklärungspflichten vgl. oben Zweiter Teil Rn 28–37. 763 BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 49; Krepold BuB Rn 6/377. Zu diesen Vor- und Nachteilen oben Dritter Teil Rn 42. 764 Zur Qualifikation als Weisung i.S.v. § 665 BGB: Kreifels Widerspruchsrecht, S. 45; Polke (Fn 350) S. 100; Hadding/Häuser ZHR 145 (1981), 138 (142 und 148 f.); Reyher/Terpitz Lastschriftverkehr, S. 25 f., 29, 43 f.; BankRHdB/Ellenberger § 58 Rn 24 (§ 675p Abs. 1 BGB stellt den Grundsatz auf, dass der Zahlungsauftrag nach dessen Zugang beim Zahlungsdienstnutzer des Zahlers nicht mehr widerrufen werden kann): Die drei Letztgenannten auch

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Inkassomuster (SEPA-Firmen- oder SEPA-Basislastschrift) statuiert. Hiervon geht auch Art. 89 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 75 Abs. 2 ZD-RL I und § 675y Abs. 2 BGB aus. Die Voraussetzungen sind: Die einzuziehende Forderung muss fällig sein, und der Gläubiger muss versichern, dass eine Lastschriftabrede getroffen wurde, die den Einzug gestattet, und der Schuldner der Zahlstelle einen Abbuchungsauftrag erteilt hat (in beiden Verfahren). Das Lastschriftmandat des Zahlers (der Auftrag an Zahlungsempfänger und eigenen Zahlungsdienstleister) verbleibt beim Zahlungsempfänger. Diese Voraussetzungen prüft die erste Inkassobank regelmäßig nicht und muss dies auch nicht.765 Liegen sie jedoch nicht vor und haftet die Inkassobank daher Dritten (der Zahlstelle), so schuldet ihr umgekehrt der Gläubiger Ersatz aus Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht nach § 280 BGB. c) Gutschrifterteilung und Einlösung. Die Inkassobank erteilt nach Nr. 9 Abs. 1 AGBBanken und -Sparkassen bereits bei Weiterleitung des Auftrages Gutschrift, freilich Einlösung vorbehalten (E.v.).766 Über das Guthaben verfügen darf der Gläubiger freilich nur im Einvernehmen mit dem Inkassoinstitut, worin eine Kreditgewährung liegt.767 Nach Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle entfällt der Vorbehalt. Auch im SEPA-Basislastschriftverfahren ist, obwohl ein Schuldnerwiderspruch noch möglich ist, nunmehr der Gläubiger befugt, über das Guthaben zu verfügen.768 Falls freilich der Schuldner Widerspruch erhebt – namentlich bei der Basislastschrift innerhalb der Achtwochen-Frist nach § 675x Abs. 2 und 4 BGB – und die Zahlstelle die Lastschrift zurückrechnet, hat das Inkassoinstitut nach den gängigen Inkasso-Mustern (etwa Nr. 2.5. Deutsche Bank) ein Stornorecht – ex tunc, mit entsprechender Zins-, gegebenenfalls auch Sollzinswirkung.769 Eingelöst ist der Lastschriftauftrag (spätestens), sobald für die Belastungsbuchung auto347 risierte Abrufpräsenz hergestellt ist und zwei Bankarbeitstage lang nicht rückgängig gemacht wurde (etwa Nr. 2.4.2. der SEPA-Basislastschrift- sowie der SEPA-FirmenlastschriftKundenbedingungen).770 Diese zwei Tage dienen der Prüfung der Voraussetzungen für eine Belastungsbuchung und Ausführung (vgl. etwa Nr. 2.4.1. Abs. 2 der SEPA-Basislastschrift- und SEPA-Firmenlastschrift-Kundenbedingungen). Mit dieser Bearbeitungszeit erübrigt es sich, die ungestörte Abwicklung im Interbankenverhältnis oder gar dem Gläubiger zu melden. Das Wider-

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dazu, dass die Weisung bis zur Ausführung (Einlösung durch Zahlstelle) „widerrufen“ werden kann (Gegenweisung). Diese Art Widerspruch durch den Gläubiger behandeln Art. 76, 80 TD-RL II, ex-Art. 62, 66 ZD-RL I, §§ 675p, 675x BGB nicht, sie beschneiden ihn daher wohl auch nicht. 765 BGH (Fn 76), BGHZ 69, 186 (187 f.) = NJW 1977, 2210. Dies ergibt sich aus dem allen Parteien bekannten Zuschnitt des Verfahrens auf routinemäßige, massenhafte Abwicklung. Sie darf jedoch Nachweis verlangen (etwa aus Sorge um ihr Standing). Vgl. insgesamt etwa Nr. 2.2.1., 2.2.2. und 2.3. AGB-Sparkassen zur SEPA-Basislastschrift (für die fehlende Prüfpflicht eher implizit und weniger deutlich als noch Abschn. I Nr. 4 SparkassenSonderbedingungen für den Lastschriftverkehr a.F.). 766 Häuser WM 1991, 1 (3); Kreifels Widerspruchsrecht, S. 47; BankR-HdB/Ellenberger § 56 Rn 44. Der Vorbehalt ist insolvenzfest: van Gelder aaO (3. Aufl.) § 59 Rn 17; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 191. Nur in einem Punkt war die alte Rechtslage zu ändern: Die Wertstellung kann sich nach § 675t Abs. 1 BGB nicht mehr nach den zu erwartenden Einzugslaufzeiten richten, sondern muss den Eingang selbst zugrunde legen. 767 BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 13. Gewährter Kredit begründet nur eine Insolvenzforderung, allerdings kann die durch Einlösung eingegangene Valuta auch noch in der Insolvenz verrechnet werden; das insolvenzrechtliche Aufrechnungsverbot steht nicht entgegen: van Gelder aaO (3. Aufl.) § 59 Rn 18; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 191. 768 Zutr. wird hierin eine Akzeptanzvoraussetzung für das Lastschriftverfahren gesehen: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 179; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 14. 769 Hierzu und zur Wirksamkeit der Klausel (bejahend): Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 180 (schon dispositives Recht); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 16–20. Ebenso für die Zeit seit dem 1.11.2009 BR-Drucks. 848/08, S. 183. Zum Zeitpunkt, zu dem das Stornorecht erlischt, vgl. unten Dritter Teil Rn 468 f., 473 f. 770 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 148; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 39–44 (auch zum Einlösungszeitpunkt im Abrechnungsverfahren bei den Landeszentralbanken); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 48.

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rufsrecht nach § 675p Abs. 2 BGB erlischt freilich schon am Tag vor der Belastungsbuchung bzw. (bei der Firmenlastschrift) spätestens an diesem Tag (vgl. Nr. 2.2.3. der SEPA-Basislastschriftund SEPA-Firmenlastschrift-Kundenbedingungen, bei Letzteren zudem Nr. 2.2.4. Abs. 2 und 3). Hinzu kommen die Widerspruchsmöglichkeiten nach § 675x BGB. Bei Nichteinlösung ist – über die Benachrichtigung des Schuldners hinaus (vgl. § 675o 348 Abs. 1 BGB und Kommentierung) – der Lastschriftauftrag auch der kontoführenden Stelle zurückzugeben, dies (spätestens) am ersten Geschäftstag nach Abschnitt III Abs. 3 des SEPAInlandslastschrift-Abkommen (Fassung 1.2.2014), namentlich in Deutschland, nach dem SEPA Direct Debit Rulebook (vgl. oben Dritter Teil Rn 86) hingegen innerhalb von bis zu fünf Tagen (vgl. dort S. 21 [Beschreibung] bzw. section 4.3.4 unter 4. Business and Operational Rules [S. 22 ff. Rulebook]). Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt jedoch nicht dazu, dass Einlösung fingiert wird, sondern begründet nur Schadensersatzpflichten771 (etwa weil das Inkassoinstitut den Gläubiger nunmehr über die Valuta verfügen lässt und diese später uneinbringlich ist). Diese Rechtsprechung kann bestehen bleiben, da beide Richtlinien diese Rechtsverhältnisse nicht regeln. Nach BGH-Rechtsprechung ist diese Pflicht sogar drittschützend auch zugunsten des Gläubigers.772 Die Aussage bildete schon ursprünglich nur ein obiter dictum und blieb vereinzelt, überwiegend wird heute dafür plädiert, dass der Gläubiger einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruches der ersten Inkassobank haben soll und diesen geltend macht (Drittschadensliquidation, im Ergebnis sehr ähnlich).773 d) Exkurs: Rechtsverhältnis des erstbeauftragten (Zahlungsempfänger-)Instituts auch zum Zahler? aa) Zwischen Schuldner und erster Inkassobank bestehen keine unmittelbaren Rechtsbezie- 349 hungen, wenn nicht letztere auch Zahlstelle ist. Zwei Ansprüche hat die Inkassobank gegen den Schuldner dennoch unstr.: Nach Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken (Nr. 25 Abs. 2 AGB-Sparkassen) erwirbt sie die Forderung aus dem Valutaverhältnis sicherungsweise –774 zur Absicherung der Ansprüche, die sich gegen den Gläubiger aus einem Gutschriftsstorno nach Nr. 9 Abs. 1, 2 AGB-Banken und -Sparkassen ergeben, wenn dieser über das Guthaben bereits verfügt hat. Außerdem erwirbt sie, wenn der Schuldner den Widerspruch im SEPA-Basislastschriftverfahren missbräuchlich erhebt und ihr daraus ein Schaden erwächst, einen Anspruch nach § 826 BGB.775

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771 BGH (Fn 664), BGHZ 79, 381 (389) = NJW 1981, 1669 (hierfür sofortige Rüge durch Inkassobank notwendig); Häuser WM 1989, 841 (842); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 155 ff.; Krepold BuB Rn 6/490. 772 BGH (Fn 76), BGHZ 69, 82 (85–89) = NJW 1977, 1916; demgegenüber wird das Verhältnis der Zahlstelle zum Schuldner (insbes. die Erteilung des Abbuchungsauftrages) auch höchstrichterlich nicht als drittschützend verstanden: BGH aaO 84. 773 Gegen die Entscheidung daher ganz überwiegend die Literatur, etwa: Hellner ZHR 145 (1981), 109 (115–119); Hüffer ZHR 151 (1987), 93 (101 f.); Badde Vertrag mit Schutzwirkung, S. 78–81; Dahm Die dogmatischen Grundlagen und tatbestandlichen Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte – unter besonderer Berücksichtigung des vorvertraglichen Bereichs, 1988, S. 95–99; Hadding FS Werner 1984, S. 164 (193–199); Krepold BuB Rn 6/336; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 85 (Drittschadensliquidation bevorzugend) und immerhin zwei BGH-Richter: BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 225–229; BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 198–216; zustimmend praktisch nur Canaris Bankvertragsrecht, Rn 617; Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 224–230. 774 Die Wirksamkeit der Klausel ist unbestr., da sie streng auf ein konkretes Risiko beschränkt ist: BGH Urt. v. 1. 7. 1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 = NJW 1985, 2649; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 210 f. (BankR-HdB/van Gelder [3. Aufl.] § 58 Rn 184 m. Nachw. auch zum Streit, ob Abtretungsverbot im Valutaverhältnis eng auszulegen ist, so dass es nicht für SEPA-Basis- und SEPA-Firmenlastschriftverfahren (früher EEV/AAV) gilt und den Gläubiger nicht zwingt, gegen Abreden mit dem Institut zu verstoßen [so h.M.]). 775 BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (303–307) = NJW 1979, 1652; BGH (Fn 254), NJW 1979, 2146 (2147); BGH (Fn 269), BGHZ 101, 153 (156) = NJW 1987, 2370; Bauer WM 1981, 1186 (1194); Bork JA 1986, 121 (126); Hadding WM 1978, 1366 (1369). Da im SEPA-Basislastschriftverfahren Interbankenverhältnis und Stornomöglichkeiten gegenüber der Zahlungsempfänger besser aufeinander abgestimmt sind (dazu unten Dritter Teil Rn 462–468), verliert dieser Anspruch freilich erheblich an Bedeutung.

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Streitig ist, ob außerdem die Lastschriftabrede drittschützende Wirkung zugunsten der Inkassobank zeitigt.776 Der unberechtigte Widerspruch würde dann auch mangels Missbrauchsbewusstseins zum Schadensersatz verpflichten. Hiergegen spricht nicht nur, dass die Drittschutzkriterien überdehnt werden,777 sondern, dass das Rechtsinstitut subsidiär, bei unerfülltem Schutzbedürfnis eingreift (angesichts der Sicherungszession weitgehend zu verneinen), und vor allem, dass wiederum die Parteierwartungen missachtet würden: Der Schuldner mag bei Missbrauchsbewusstsein auch etwa für Folgeschäden des Inkassoinstituts haften; untragbar ist dies jedoch angesichts des suggerierten freien Widerspruchsrechts, wenn solch ein Bewusstsein fehlte. Es muss dann allein bei der Durchsetzung der Forderung aus dem Valutaverhältnis bleiben.

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bb) Umgekehrt resultieren auch aus der Rechtsbeziehung zwischen Gläubiger und Inkassobank keine Schutzpflichten des Inkassoinstituts zugunsten des Schuldners.778 Das Vorliegen einer Einziehungsermächtigung darf zwar die Inkassobank, muss sie jedoch nicht prüfen und zudem kann der Schuldner im SEPA-Basislastschriftverfahren Widerspruch erheben; das Vorliegen eines Abbuchungsauftrags kann sie schon gar nicht prüfen. Der routinemäßigen, massenhaften Abwicklung widersprächen auch sonstige Überwachungspflichten. Daher begründet allein die Kenntnis von missbräuchlichem oder insolvenzstrafrechtlich relevantem Verhalten des Gläubigers einen Anspruch nach § 826 BGB (Beihilfe).779 5. Girocard-Zahlung mit Zahlungsgarantie – Zahlungsanspruch des Dritten gegen das kartenemittierende Institut

a) Autorisierung und Zahlungsanspruch. Auf der Grundlage einer wirksamen Autorisierung durch den Karteninhaber,780 die das kartenemittierende Institut sowohl ermächtigt als auch dazu anweist (§ 665 BGB), hat dieses eine Verpflichtungserklärung gegenüber dem fremden Institut oder dem Händler abzugeben. Diese ergeht in Form einer sog. elektronischen Willenserklärung.781 Die Erklärung begründet ein abstraktes Zahlungsversprechen nach § 780 BGB782 – jeden353 falls eine von Valuta- und Deckungsverhältnis abstrakte Zahlungsverpflichtung. Gewollt ist eine

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776 Dagegen BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (303) = NJW 1979, 1652; Bauer WM 1981, 1186 (1197); BankR-HdB/ Ellenberger § 58 Rn 213 f.; dafür Canaris Bankvertragsrecht, Rn 612 f.; Hirth Vertrag mit Schutzwirkung, S. 177 f., 182. Zur Diskussion des Drittschutzes der Rechtsverhältnisse im Lastschriftverfahren monographisch Badde Vertrag mit Schutzwirkung; Hirth aaO; sowie unten Dritter Teil Rn 351 (Beziehung Gläubiger/Inkassobank zugunsten Schuldner) und Rn 481–485 (Beziehung Zahlstelle zu Schuldner bzw. Inkassobank zugunsten Gläubiger). Ansprüche der Zahlstelle gegen den Gläubiger werden nicht unter den Drittschutzaspekten auf der Grundlage des Valutaverhältnisses diskutiert, sondern im Bereicherungs- und Deliktsrecht (vgl. unten Dritter Teil Rn 481–485 und 411–423). 777 So vor allem van Gelder WM 1995, 1253 (1254–1259). 778 Dagegen BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 215; dafür Canaris Bankvertragsrecht, Rn 615; abstrakt für den drittschützenden Charakter: Hirth Vertrag mit Schutzwirkung, S. 181 f.; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 4. 779 BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 215. 780 Dazu im Einzelnen oben Dritter Teil Rn 224–227. 781 Dazu allgemeiner Köhler AcP 182 (1982), 126 (bes. 134); Brauner Das Erklärungsrisiko beim Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, 1988, S. 39–41, bes. 40 f.; Kuhn Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, 1991, S. 54–83, bes. 81–83. Eine Willenserklärung des autorisierenden Kreditinstituts ist problemlos (und unstr.) zu bejahen; speziell zum Vertragsschluss beim POS: Bröcker WM 1995, 468 (477–479); Brockmeier POS-System, S. 54–59; Schneider Point of Sale-Zahlungen, S. 48–57. 782 Brockmeier POS-System, S. 59–72; Bröcker WM 1995, 468 (468 und 477–479); Gößmann WM 1998, 1264 (1265), 1267; Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 9; Hofmann BKR 2003, 321 (323 f.); Klingner-Schmidt ec-Service, S. 137–141. Früher für Qualifikation als Garantie etwa Bertrams ZIP 1985, 963 (967); Schneider Point of Sale-Zahlungen, S. 29– 34, heute so Ahlers WM 1995, 601 (605 f.); Baumbach/Hopt (7) Rn F/23. Verpflichtungswirkung unstr., Art. 80 Abs. 2 ZD-RL II, ex-Art. 66 Abs. 2 ZD-RL I und § 675 p Abs. 2 BGB.

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Verpflichtung, die regelmäßig so sicher ist wie Bargeld.783 Streitig ist, ob die Verpflichtung an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1 BGB) oder erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) eingegangen wird,784 ob also der Kunde im Valutaverhältnis schon mit Eingehung der Verpflichtung durch sein Institut befreit wird oder erst durch Zahlung seitens des Instituts. Für die Qualifikation als abstraktes Zahlungsversprechen, jedoch auch als Leistung an Erfüllungs Statt spricht, dass das fremde Institut bzw. der Händler weder Name noch Adresse des Kunden aufnehmen und, anders als im ELV (Einzug aufgrund kartengenerierter Einzugsermächtigung), auch keinen Verzicht auf das Bankgeheimnis insoweit fordern. Weitere Kundeninanspruchnahme wird also „aufgegeben“. Dies gilt natürlich nur in dem Umfang, in dem das Zahlungsversprechen die Schuld höhenmäßig erreicht. Da die Zahlungsdienste-Richtlinie das Valutaverhältnis nicht regelte, änderte sich hieran auch nichts. b) Einwendungen. Da nicht die Autorisierung, sondern Handeln des kontoführenden Insti- 354 tuts den Zahlungsanspruch begründet – und auch nicht (Vertreter-)Handeln einer anderen Person, etwa des Kunden –, stimmt die Einwendungslehre zwar im rechtlichen Grundansatz mit derjenigen bei anderen (Neben-)Zahlungsinstrumenten überein, divergieren jedoch die Ergebnisse in durchaus wesentlichen Punkten. Die Zahlungsdienste-Richtlinien, die nur die Notwendigkeit einer Autorisierung vorsehen (Art. 54 Abs. 1 ZD-RL I, nunmehr Art. 64 Abs. 1 ZD-RL II, § 675j Abs. 1 BGB), weitere Fragen jedoch nicht regelt, ändern an der im Folgenden dargestellten Rechtslage nichts. aa) Einwendungen des Instituts können sich aus drei Beziehungen ergeben, zunächst auf 355 der Grundlage des Verhaltens außenstehender Dritter. Gerade hier liegt für die Händler die bereits angesprochene besondere Stärke des Girocard-Einsatzes, weil ihn die AGB (Nr. 5 Girocard-Händlerbedingungen) von allen Einwendungen entlasten: Selbst Fälschung durch den Dritten lässt den Zahlungsanspruch unberührt, da der Schuldner (das kontoführende Institut) bei Autorisierung potenziell auch diesen Punkt prüfen kann und nach objektivem Empfängerhorizont die Prüfung mit dem entsprechenden Fehlschlagrisiko übernimmt.785 bb) Einwendungen auf der Grundlage des Verhaltens des Kunden betreffen die Weisung, 356 die der Kunde seinem Institut gibt, ein Zahlungsversprechen abzugeben.786 Während das Institut das Risiko gänzlich fehlender Weisung (etwa Fälschung) übernimmt, gilt Gleiches nicht für das Risiko der Unwirksamkeit der Weisung. Unwirksamkeitsgründe beruhen auf Beschränkungen der Geschäftsfähigkeit beim Kunden oder – nur selten, wenn diese auch die Weisung erfassen – auf Fehlern im Valutaverhältnis (dazu sogleich). Der erste Fall wird weder in den GirocardBedingungen noch in den Händlerbedingungen angesprochen, das Risiko insoweit also vom Verwender weder abgewälzt noch übernommen. (Wie bei Barzahlung) ist der Händler und wohl auch das fremde Institut 787 einem Kondiktionsanspruch ausgesetzt – hier ist das Zahlungsver-

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783 Einzelheiten hierzu betreffen die Frage nach den (un)zulässigen Einwendungen; hierzu unten Dritter Teil Rn 354–358. 784 Für das Erste Gößmann WM 1998, 1264 (1270 f.); Eckert WM 1987, 161 (167) (für Kreditkarte); für das zweite Hadding FS Pleyer 1986, S. 17 (24); Häde ZBB 1994, 33 (41); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 7. 785 Unzutr. Bröcker WM 1995, 468 (479); grundsätzlich wie hier Gößmann WM 1998, 1264 (1267 f.); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 10. 786 Vergleichbar dem Garantieversprechen beim Euroscheck, inzwischen angenähert auch der Rechtslage bei der Kreditkarte. Vgl. Dritter Teil Rn 378–383. 787 Dass der Händler die fehlende Geschäftsfähigkeit möglicherweise erkennen kann, der Geldautomatenaufsteller hingegen nicht, ist sowohl für die Rechtsgeschäftslehre (fehlende Geschäftsfähigkeit) als auch für den Bereicherungsausgleich dogmatisch und auch wertungsmäßig irrelevant.

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sprechen herauszugeben – und damit einer Einwendung aus § 242 BGB (dolo petit).788 Bei Entreicherung entfallen beide Rechtsfolgen (außer bei Bösgläubigkeit). Der Wegfall der Weisung (durch Gegenweisung) ist hingegen geregelt: Was bis 2009 357 klauselmäßig ausbedungen werden musste,789 statuiert heute § 675p Abs. 2 BGB: Die Gegenweisung ist nur bis zur Ausführung möglich, danach ist demnach Aufwendungsersatz geschuldet. Die Ausführung liegt bereits in der Autorisierung (mit unmittelbar folgendem Zahlungsversprechen), da wirtschaftlich nicht erst mit effektiver Zahlung disponiert wird. Dies wird in Abschn. III Nr. 1.3 der Girocard-Bedingungen dem Kunden mitgeteilt (vgl. auch Nr. 5 GirocardHändlerbedingungen). 358

cc) Auch die positive Kenntnis des Händlers von der Überschreitung des Deckungsrahmens des Kunden begründet – wie beim Kreditkarteneinsatz das Wissen um einen Kundenverstoß gegen die Pflicht, nur nach der eigenen Zahlungsfähigkeit zu verfügen – eine Einwendung.790 Einwendungen aus Fehlern des Valutaverhältnisses kann und muss das Institut hingegen nicht berücksichtigen. Vielmehr müssen Probleme in diesem Verhältnis zwischen den Parteien gelöst werden (Abschn. III Nr. 1.3 der Girocard-Bedingungen). Anders ist dies nur – wie bei den anderen Nebenzahlungsinstrumenten mit vergleichbarer Absicherungsfunktion – bei liquider Beweisbarkeit solcher Fehler.791

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c) Grenzüberschreitende Sachverhalte. Der abstrakte Zahlungsanspruch richtet sich, falls keine abweichende Rechtswahl getroffen wurde, auch bei grenzüberschreitendem GirocardEinsatz nach dem (inländischen) Sitzrecht des kartenemittierenden Kreditinstituts.792 Fraglich ist freilich die Auswirkung des Valutaverhältnisses auf diesen Zahlungsanspruch. Wieder gilt auch beim grenzüberschreitenden Girocard-Einsatz das zum deutschen Recht Gesagte: Der Rechtsmissbrauchseinwand, der insoweit allein bedeutsam ist, wird im grenzüberschreitenden Verkehr auch durchgesetzt, wenn deutsches Recht abgewählt sein sollte: Er wird als Bestandteil des inländischen ordre public gesehen (Art. 21 Rom-I-VO).793

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788 Ikas Recht der elektronischen Zahlung, S. 81 f. (allerdings nur bei Kenntnis der fehlenden Geschäftsfähigkeit); aA Schneider Point of Sale-Zahlungen, S. 62–76. 789 Wirksam nach OLG Schleswig Urt. v. 29.11.1990 – 5 U 143/89, WM 1991, 453 (453 f.); Bitter BB 1997, 480 (481 f.); Eckert WM 1987, 161 (165); Gößmann WM 1998, 1264 (1267); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 10; Meder NJW 1993, 3245 (3245–3247). 790 Tendenziell Ikas Recht der elektronischen Zahlung, S. 81 f.; nur Kollusionsfälle nennend: Brockmeier POSSystem, S. 85 f. 791 Dazu für den Girocard-Einsatz: LG Frankfurt/M. Urt. v. 19.1.1993 – 2/26 O 311/92, WM 1994, 111; LG Hamburg Urt. v. 14.1.1986 – 4 O 383/85, WM 1986, 353; Gößmann WM 1998, 1264 (1268); Junker DStR 1994, 1461 (1465); wohl auch unter der Geltung der ZD-RL sowie der ZD-RL II weiter haltbar: vgl. EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. Dies gilt, obwohl die meisten anderen Rechtsordnungen den Abstraktionsgrundsatz (gegenüber Einwänden aus dem Valutaverhältnis) uneingeschränkt befolgen: Vgl. für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 311; Piedelièvre Paiement, S. 385; und für Großbritannien Re Charge Card Services [1987] Ch. 250, 268; Brindle/Cox/Smith/Robertson Bank Payments, S. 256; Hudson Finance, S. 937. 792 Reithmann/Martiny/Martiny Rn 6.502–6.504 (für die funktional vergleichbare Garantie auf erstes Anfordern). 793 LG Frankfurt/M. Urt. v. 11.12.1979 – 3/10 O 123/79, NJW 1981, 56 (58); Palandt/Thorn Art. 21 Rom I-VO Rn 5; Spickhoff Der ordre public im internationalen Privatrecht: Entwicklung – Struktur – Konkretisierung, 1989, S. 170; Stoll FS Kegel 1987, S. 623 (634).

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6. Girocard-„Zahlung“ ohne Zahlungsgarantie – Ausführungspflichten im elektronischen Lastschriftverfahren a) Planmäßige Ausführung. Das ELV ist seit dem 1.2.2016 ein reines SEPA-Lastschrift- 360 verfahren. Abgesehen von der Problematik der Bankenzustimmung wirft es wenig zusätzliche Rechtsfragen auf – nicht bei störungsfreier Abwicklung, jedoch auch nur punktuell bei gestörter: Die Einzugsermächtigung wird schriftlich erteilt und lässt die zugrundeliegende Forderung erkennen, so dass (inzwischen ohnehin nicht mehr bestehende) Zweifel, ob das Lastschriftmandat schriftlich zu erteilen ist, unerheblich sind.794 Wie auch sonst im Lastschriftverfahren ist Zahlung seitens der beteiligten Zahlungsdienstleister nicht zugesagt – zumal nicht, wenn Deckung fehlt, oder bei Kundenwiderspruch.795 Problematisch ist allein, welche Rechte der Händler hat, um seine Forderung gegen den Kunden durchzusetzen. b) Rechte des Händlers bei Misslingen des Lastschrifteinzugs wegen Kundenverhalten. Die Gefahr gestörter Abwicklung trägt nicht das Kreditinstitut. Dies gilt schon bei Einsatz der Girocard durch den Kunden (vgl. Nr. 10 der Girocard-Händlerbedingungen). Die Klausel ist nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfrei, da das Institut nur die Abgabe eines abstrakten Zahlungsversprechens unterlässt. Freilich hat der Händler den (gewöhnlichen) Zahlungsanspruch gegen den Kunden, allerdings nicht etwa wertpapiermäßig unterlegt. Er muss die Anspruchsvoraussetzungen beweisen und der Anspruch ist Einreden und Einwendungen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ausgesetzt.796 All dies ist unproblematisch. Schwierigkeiten verursacht erst der Umstand, dass der Händler Name und Adresse des Kunden nicht kennt. Die an der Kasse angefertigte Einzugsermächtigung enthält auch eine Entbindung des Kreditinstituts vom Bankgeheimnis,797 außerdem eine Weisung des Kunden an das Kreditinstitut, dem Händler Name und Adresse bei Nichteinlösung der Lastschrift bekanntzugeben. Dass dies das Institut nicht nur entpflichtet, sondern auch verpflichtet,798 ergibt sich nicht mehr aus den branchenweit eingesetzten AGB, kann jedoch noch individuell zwischen Kartenemittent und Händler vereinbart werden (allerdings gänzlich unüblich). Im ELV stellen sich die parallelen Probleme – nunmehr im Hinblick auf die Informationszusagen zu Kundenausfalldaten, die Netzbetreiber den Händlern geben – unter dem Blickwinkel Datenschutzrecht. Problematisch ist – soweit der Kartenemittent Weitergabe überhaupt schuldet – der Kundenwiderruf. Zunächst wird zu Recht getrennt: Aus dem Widerruf der Einzugsermächtigung ist nicht auf den Widerruf der Willenserklärung(en) zum Bankgeheimnis zu schließen.799 Der Kunde, der Gewährleistungsrechte geltend macht, muss keineswegs dahin verstanden werden, dass er sich aus der eventuell doch bestehenden Verantwortung stehlen will. Umstritten ist die Rechtslage, wenn er jedoch ausdrücklich den Widerruf auch auf die Entbindung und Weisung erstreckt. Die Stellungnahmen bleiben vage: Zulässig sei der Wider-

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794 Schon für das POZ nach altem Recht: Gößmann WM 1998, 1264 (1271). Zur Formfrage nach neuem Recht vgl. oben Dritter Teil Rn 233. 795 Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 12; BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 68 Rn 12 f., das POZ wurde zum 31. Dezember 2006 eingestellt: Verweis auf 3. Aufl. in BankR-HdB/Koch § 68 Rn 1 Fn 1, vgl. näher oben Dritter Teil Rn 297, 464–474. 796 Wand ZIP 1996, 214 (220); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 68 Rn 13. 797 Datenschutzrecht läuft insoweit parallel. Vgl. dazu Godschalk CR 1987, 416; Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 12; und für das Regime der DSGV Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit b (Erforderlichkeit zur Vertragserfüllung) Simitis/Hornung/Spiecker gen. Döhmann/Roßnagel DSGVO Art. 6 Rn 35. 798 So Nr. 2 Anh. der Girocard-Bedingungen a.F. und Nr. 8 der POZ-Händlerbedingungen a.F., dazu (insbes. zur Wirksamkeit) Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 15. 799 Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 15; Schröter ZBB 1995, 395 (397); Wand ZIP 1996, 214 (219 f.); BankR-HdB/ Gößmann (3. Aufl.) § 68 Rn 14.

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ruf, jedoch nur für die Zukunft800 (also doch nicht für die fragliche Transaktion?). Auch sei ein rechtsmissbräuchlicher Widerruf unbeachtlich801 (liegt der nicht immer vor?). Zutreffend ist, dass der Widerruf irrelevant ist und eine ggf. bestehende Verpflichtung des Zahlungsdienstleisters fortbesteht. In der Tat beruht eine der vier Ausnahmegruppen zum Bankgeheimnis darauf, dass der Dritte schon gegen den Kunden einen Anspruch auf Informationspreisgabe hat, d.h. in dem Verhältnis, in dem der Interessenkonflikt letztlich angesiedelt ist. Da unstreitig allein der Kunde über das Bankgeheimnis disponiert,802 ist seine Pflichtenlage entscheidend. Das Institut muss zwar nicht Schiedsrichter in schwierigen Fragen spielen, bei liquider Beweislage setzt sich jedoch die Pflichtenlage im primär betroffenen Rechtsverhältnis durch. Hat der Dritte gegen den Kunden einen Auskunftsanspruch, ist auch das Bankgeheimnis durchbrochen.803 c) Rechte des Händlers bei Missbrauch durch Dritte. Setzt ein Dritter die abhanden gekommene Girocard im ELV ein, so erwirbt der Händler zwar nicht weiterreichende Rechte gegen den Kunden oder das kartenemittierende Institut als bis 2007 bei regulärem POZ-Einsatz, möglicherweise jedoch ebenso weitreichende. Gegen eine Einzugsermächtigung wäre also jedenfalls Widerspruch möglich. Fraglich ist nur, ob im Grundverhältnis ein Anspruch gegen den Kunden begründet wird und ob wiederum das Bankgeheimnis bzw. der Datenschutz durchbrochen ist. 366 Keinen Anspruch hat der Händler gegen den Kartenberechtigten, wenn die Karte (auf Grund Verlustmeldung) gesperrt war. Denn wo immer Vertrauenshaftung in Frage kommt, entfällt sie bei Einhaltung des vorhandenen formalisierten Weges zur Ausräumung des Vertrauenstatbestands – Registereintrag oder hier Verlustmeldung. Schwieriger ist die Lage, solange die Karte nicht gesperrt ist. Hinzu kommen muss dann 367 zunächst, dass der Händler die Sperrabfrage vorgenommen hat (ab 2007 wohl durchgehend). In diesen Fällen hätte vorherige Verlustmeldung ihn von der Transaktion abgehalten, die zum Verlust der eigenen Leistung gegen Erwerb einer faktisch uneinbringlichen Forderung führte. Jedenfalls ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses ist zu bejahen. Die Grundsätze zur Anscheinsvollmacht, die zumindest hinsichtlich des negativen Interesses fast einhellig als Fall der Vertrauenshaftung anerkannt sind,804 wurden in diesem eingeschränkten Umfang durchaus auch höchstrichterlich herangezogen, als eine entwendete Vollmachtsurkunde eingesetzt wurde.805 Eine Pflicht zum Ersatz des negativen Interesses wurde bejaht, obwohl das Opfer in diesen Fällen nicht im Nachhinein reagieren konnte. Die Pflicht zum Ersatz zumindest des negativen Interesses ist daher erst recht zu bejahen, wenn, wie bei der Girocard, der Rechtsscheintatbestand noch nach Entwendung unschwer ausgeräumt werden kann. Umgekehrt wird im Rahmen des § 254 BGB – insbesondere bei höheren Beträgen – zu berücksichtigen sein, dass der Händler 365

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800 Gößmann WM 1998, 1264 (1271); Werner BuB Rn 6/1642. 801 Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 15; Wand ZIP 1996, 214 (220); Werner BuB Rn 6/1642, 6/1656. 802 Es kommt allein auf den Willen, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Kunden an, eine Unterlegung durch schützenswerte Interessen wird nicht gefordert: BGH Urt. v. 12.5.1958 – II ZR 103/57, BGHZ 27, 241 (246) = NJW 1958, 1232 („alle Tatsachen, die der Kunde geheimzuhalten wünscht“). Das Bankgeheimnis besteht allein im Kunden-, nicht im Kreditinstitutsinteresse; vgl. näher Grundmann Der Treuhandvertrag (Fn 375), S. 224; und oben Zweiter Teil. 803 Vgl. näher zu der großen Kategorie von Durchbrechungen des Bankgeheimnisses, die sich mit dem „besseren Recht“ des Anspruchstellers in dessen Rechtsbeziehung zum Bankgeheimnisberechtigten erklären lassen: Grundmann Der Treuhandvertrag (Fn 375), S. 337–342; sowie oben Zweiter Teil Rn 115–120 und Dritter Teil Rn 161 f., 362–368 in Anwendung auf das POZ: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (72–75). Bei Streit wird der Berechtigte jedoch das Kreditinstitut anweisen können, die Frage gegen Kostenübernahme (§§ 669 f. BGB) in einem Prozess klären zu lassen, da er das gleiche Recht auch im unmittelbaren Verhältnis zum Auskunftsbegehrenden hätte. 804 Str. ist nur, ob Ersatz des positiven oder nur des negativen Interesses geschuldet ist: statt aller MünchKommBGB/Schramm (6. Aufl.) § 167 Rn 54–56. 805 BGH Urt. v. 30.5.1975 – V ZR 206/73, BGHZ 65, 13 (15).

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mit dem POS ein besser abgesichertes Verfahren hätte wählen können. Zudem wird der Schadensersatzanspruch (auch mehrerer potentiell geschädigter Händler) jedenfalls auf die – bewusst kundenschützende – finanzielle Nutzungsbegrenzung (den „Verfügungsrahmen“) zu beschränken sein. Effektiv Ersatz erhält der Händler freilich nur, wenn er gegen den Kunden auch einen An- 368 spruch auf Namens- und Adressnennung hat – und dieses würde nach den genannten Grundsätzen wiederum das Bankgeheimnis/Datenschutz durchbrechen; das Kreditinstitut – seit 2007 der Netzbetreiber – wäre also entpflichtet, freilich wohl nicht auch zur Preisgabe verpflichtet, weil ihm der Vertrauenstatbestand nicht zuzurechnen ist. 7. Kreditkarten-Zahlung – Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens gegen den Kartenemittenten a) Forderungskauf oder abstraktes Zahlungsversprechen? Ausgangspunkt für die Über- 369 legungen zum Zahlungsanspruch gegen den Kartenemittenten bei der Kreditkartenzahlung, und insbes. auch für die intensiv ausdifferenzierte Einwendungslehre ist die noch immer umstrittene Frage, welches Versprechen das Kartenunternehmen dem Vertragsunternehmen gibt. Vorgeschlagen wurden viele rechtskonstruktive Lösungen,806 heute werden nur noch zwei ernsthaft diskutiert: Zunehmend und heute weit überwiegend wird das Versprechen als abstrakter Zahlungsanspruch qualifiziert – als Garantie807 oder eher noch als abstraktes Zahlungsversprechen –,808 der anlässlich des Abschlusses des Vertrages im Valutaverhältnis – parallel zu diesem und zu dessen Erfüllung – begründet wird.809 Das Vertragsunternehmen ist also schon ab diesem Zeitpunkt durch einen abstrakten Zahlungsanspruch gegen einen solventen Schuldner abgesichert. Demgegenüber ging vor allem der BGH zunächst davon aus, dass das Kartenunternehmen dem Vertragsunternehmen nur zusage, die Forderung aus dem Valutaverhältnis anzukaufen (Forderungskauf).810 Zunächst erscheint eine andere Lösung als beim Girocard-Einsatz (POS-System) wenig „äs- 370 thetisch“, es fehlt die rechte Symmetrie. Auch ist von der Interessenlage aller Beteiligten her die Gleichbehandlung plausibel zu begründen. Das Vertragsunternehmen sieht die Kreditkartenzahlung als Bargeldersatz an; es soll daher so behandelt werden, als hätte es Bargeld erhalten.811 Dagegen wurde freilich eingewandt, dass bei Beschränkung auf Bargeldzahlung das konkrete Geschäft häufig eben doch nicht zustande gekommen wäre. Die Möglichkeit, mit Kreditkarte zu zahlen, bewegt den Kunden häufig zu Käufen, die als Bargeschäfte angesichts der Risiken und Lästigkeit von Bargeldbeschaffung, insbesondere im Ausland, unterblieben wären. Die Möglichkeit der Kreditkartenzahlung erschließt weitere Kundenkreise.812 Dies ist beim POS jedoch genauso. Auch die Girocard erspart es dem Karteninhaber, Bargeld mit sich führen zu

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806 Vgl. Weller Kreditkartenverfahren, S. 84–103; Eckert WM 1987, 161 (162); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 61–63; Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 26. 807 Bitter ZBB 1996, 104 (117–119 und 122); Zahrnt NJW 1972, 1077 (1079); Heymann/Horn § 372 Anh. Rn V/146; Schönle Bank- und Börsenrecht, 2. Aufl. 1976, S. 345. 808 Hammann Universalkreditkarte, S. 59 (mwN); Hadding FS Pleyer 1986, S. 17 (31–33); BankR-HdB/Martinek/ Omlor § 67 Rn 66. 809 Zur Konstruktion des Vertragsschlusses: einerseits (Rahmenversprechen im Akquisitionsvertrag, das der Karteninhaber betragsmäßig nach § 315 BGB ausfüllt) etwa Bitter ZBB 1996, 104 (119); Heymann/Horn § 372 Anh. Rn V/146; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 66; andererseits (Einzelvertragsabschluss durch Willenserklärung seitens des Kunden) Schönle (Fn 807) S. 345. 810 BGH (Fn 549) NJW 1990, 2880; Eckert WM 1987, 161 (162); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 30. In Frankreich noch vorrangig so gesehen, vgl. nur Piedelièvre Paiement, S. 386. 811 OLG Schleswig (Fn 789) WM 1991, 453; Bitter ZBB 1996, 104 (122); Weller Kreditkartenverfahren, S. 15, 115, 156 f.; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 65 f. 812 Schwintowski (3. Aufl.) § 8 Rn 8 f. und Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 8.

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müssen. Ein Unterschied besteht nur noch insoweit, als der Verfügungsrahmen bei der Kreditkarte häufig höher ist, die Kreditkarte also bei hohen Beträgen verstärkt zum Einsatz kommt und insofern dem Vertragsunternehmen einen breiteren Kundenkreis eröffnen kann als die Girocard. Die wirtschaftliche Lage ist daher nicht ganz identisch mit der bei POS und Barzahlung. Dies freilich spricht auch nicht zwingend für die (abweichende) Qualifikation als Forderungskauf, obwohl das Interesse der Vertragsunternehmen an der Erschließung weiterer Kundenkreise offenbar Grund genug war, die Kreditkartenzahlung auch noch zu akzeptieren, als sich der BGH in seiner Entscheidung von 1990 der ihnen ungünstigeren Forderungskauftheorie anschloss. Andererseits ist eine entscheidende Parallele zwischen POS und Kreditkarte unbestreitbar: Das Vertragsunternehmen benötigt zum Ausgleich für seinen Verzicht auf den Barzahlungsanspruch einen solventen Schuldner. Im Kreditkarten-System ebenso wie im POS ist das Vertragsunternehmen gleichermaßen daran interessiert, für seinen Verzicht auf den Barzahlungsanspruch gegen den Karteninhaber eine Sicherheit zu erhalten, die ein abstrakter Zahlungsanspruch, nicht aber ein Forderungskauf bietet, da hier der Käufer alle Einwendungen aus dem Verhältnis von Karteinhaber und Vertragsunternehmen geltend machen könnte.813 Für das Kartenunternehmen gilt ebenso, dass es nicht die angekaufte Forderung umfangreich prüfen will.814 Aus diesen Gründen hat sich auch der BGH mittlerweile mehrfach für eine Qualifikation des Rechtsgeschäfts als abstraktes Schuldversprechen ausgesprochen.815 In der Tat ist der Grund, weswegen ursprünglich in den AGB die Konstruktion eines Forderungskaufs tatsächlich gewählt wurde,816 entfallen: Seit dem am 1.7.2002 in Kraft getretenen Vierten Finanzmarktförderungsgesetz sind Kreditkartenunternehmen allein auf Grund dieses Geschäfts aufsichtsrechtlich erfasst (vgl. erstmals § 1 Abs. 1a Nr. 8 KWG a.F., heute § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 i.V.m. § 3 Abs. 4 ZAG) und kann diese Rechtsfolge auch nicht mehr durch die Wahl der rechtlichen Konstruktion – Forderungskauf statt Garantieübernahme – vermieden werden. 371

b) Einheitliche Einwendungslehre für Vollzugs- und Deckungsverhältnis. Ein zweiter Ausgangspunkt ist wichtig für den Zahlungsanspruch und diesbezügliche Einwendungen: Der „Systemkopf“, das Kartenunternehmen, steht in zwei Rechtsbeziehungen, zum Kunden und zum Vertragsunternehmen. Können alle sonstigen Punkte für jede von ihnen separat gesehen werden, so muss doch die Einwendungslehre für beide einheitlich ausgestaltet werden:817 Hat das Kartenunternehmen Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des Vertragsunternehmens, muss es diese auch geltend machen; hat es sie nicht, so darf auch der Kunde keine Einwendungen gegen das Kartenunternehmen haben. Das Kartenunternehmen übernimmt zwar das Risiko des Missbrauchs durch Dritte (und Insolvenzrisiken).818 Ansonsten darf jedoch kein

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813 Oechsler WM 2000, 1613 (1615); Hofmann BKR 2003, 321 (325). 814 Barnert WM 2003, 1153 (1154); Hofmann BKR 2003, 321 (325); Schnauder NJW 2003, 849 (850). 815 Grundlegend BGH Urt. v. 6.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2235 f.); bestätigt durch BGH Urt. v. 24.9.2002 – XI ZR 420/01, ZIP 2002. 2079 (2080); BGH Urt. v. 13.1.2004 – XI ZR 479/02, BKR 2004, 395 (397); BGH Urt. v. 16.3.2004 – XI ZR 13/03, ZBB 2004, 400 (401); BGH Urt. v. 16.3.2004 – XI ZR 169/03, ZBB 2004, 402 (403 f.); BGH Urt. v. 12.7.2005 – XI ZR 412/04,WM 2005, 1601 = BKR 2005, 461 (462 f.); zustimmend Schnauder NJW 2003, 849 (851 f.); Bitter WuB I D 5 a-2.02; Barnert WM 2003, 1153 (1154); Freitag ZBB 2002, 322 (323). 816 Weiterhin wird die Forderungskauftheorie vertreten – überwiegend unter Hinweis auf den Wortlaut der AGBs – etwa von: Köndgen NJW 2004, 1288 (1297); Werner BB 2002, 1382 (1383); Langenbucher BKR 2002, 119 (121); Meder NJW 2002, 2215 (2216); ders. ZIP 2002, 2112 (2113 f.); ohne weitere Begründung noch für Forderungskauf OLG Naumburg Urt. v. 20.8.2002 – 11 U 140/01, ZIP 2002, 1795 (1796). Der Wortlaut war jedoch nicht einmal einheitlich: vgl. die Darstellung bei Hofmann BKR 2003, 321 (324 f.). Jedenfalls war es inkonsequent, dass dann das Kreditkartenunternehmen „auf die Forderung“ zahlen sollte (deren Gläubiger sie doch nach dieser Konstruktion geworden wäre): Bitter ZBB 1996, 104 (114 f.); Hofmann BKR 2003, 321 (326). 817 Vgl. unten Dritter Teil Rn 372–409, jedoch auch die (nochmalige) Durchführung bei den Ansprüchen des Kartenunternehmens gegen den Kunden und beim Weisungswiderruf seitens des Kunden: Dritter Teil Rn 165. 818 Vgl. unten Dritter Teil Rn 373 f.

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„Rest“ bleiben, den es trägt. Rechtsdogmatisch erklärt sich dies zunächst daraus, dass genau dies die (für die AGB-Auslegung maßgebliche) Erwartung aller Parteien ist. Dass das Kartenunternehmen mögliche Einwendungen dem Vertragsunternehmen gegenüber auch geltend machen muss, erklärt sich zudem damit, dass es dem Kunden Interessenwahrung schuldet,819 dem Vertragsunternehmen hingegen zwar grundsätzlich auch, jedoch nicht, wenn speziellere Regeln, hier zum Bestehen von Einwendungen, eine Ausnahme eröffnen.820 Und dass das Kartenunternehmen, soweit es dem Vertragsunternehmen keine Einwendungen entgegenhalten kann und zahlen muss, auch einen Anspruch gegen den Kunden hat, ergibt sich aus der Dogmatik des Aufwendungsersatzanspruches.821 Es bleibt also kein „Rest“. In der Tat sind die verschiedenen Klauselwerke für beide Rechtsbeziehungen gut zur Deckung zu bringen, außer in einem Punkte: in der Frage, wie Einwendungen aus dem Valutaverhältnis bei Mängelreklamation zu behandeln sind (dazu sogleich). c) Einzelne Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch. Aufgrund des Grundsatzstrei- 372 tes zur Verpflichtung des Kreditkartenunternehmens gegenüber dem Vertragsunternehmen sind nur einige Eckpunkte geklärt (Dritter Teil Rn 373–375), die Marge dazwischen bleibt streitig (Dritter Teil Rn 376–383).822 aa) Einwand fehlender Bonität des Kunden und der Nichtachtung der finanziellen 373 Nutzungsgrenze. Das Kartenunternehmen übernimmt das Risiko der Bonität des Kunden. Dies ist für das abstrakte Schuldversprechen ohne Weiteres und auch für die Forderungskauftheorie dogmatisch unschwer mit einem Umkehrschluss aus § 453 BGB zu erklären. Zudem ist die Kundenakquisition und -bonitätsprüfung in die Hände der Kartenunternehmen bzw. der von ihnen eingeschalteten Kreditinstitute gelegt, die daher auch das Risiko tragen.823 Freilich ist dieses Risiko eingegrenzt durch Setzung einer finanziellen Nutzungsgrenze 374 (Nr. 7 Kreditkarten-Kundenbedingungen Deutsche Bank; Nutzungsbedingung i.S.v. Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II). Fragt das Vertragsunternehmen vor Hinnahme der Kreditkartenzahlung oberhalb dieser Grenze – soweit sie ihm gegenüber deutlich wird – nicht beim Kartenunternehmen nach,824 so verlagert sich das Bonitätsrisiko auf das Vertragsunternehmen.825 Ist der Betrag in diesem Falle beim Kunden nicht zu realisieren – auch etwa, weil mit einer schon gesperrten Karte verfügt wurde –, so kann die dem Vertragsunternehmen bereits erteilte Gutschrift als rechtsgrundlos kondiziert werden (§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB).826 Daran hat auch die novellierte ZD-RL und ihre Umsetzung nichts geändert, da diese nur Ansprüche gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlers (i) bei fehlender Autorisierung durch den Zahler, (ii) bei fehlerhafter Durchführung autorisierter Zahlungsvorgänge, und (iii) gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers auf Auskehrung/Gutschriftbuchung bzw. bei fehlerhafter Ausführung statuieren.

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819 Wiederum handelt es sich um ein Geschäftsbesorgungsverhältnis, vgl. oben Dritter Teil Rn 163. 820 Die Interessenwahrungspflicht gebietet auch dem Beauftragten nicht, eigene Interessen hintanzustellen, soweit ihm die Rechtsordnung Ansprüche einräumt und er sie ausüben will. Vgl. Grundmann Der Treuhandvertrag (Fn 375), S. 173–178, 214–218. 821 Der Auftraggeber hat alle Aufwendungen zu ersetzen, die der Beauftragte auf Grund pflichtgemäßer Durchführung des Auftrages (im Außenverhältnis zwingend) zu tragen hat: BGH Urt. v. 16.12.1952 – I ZR 29/52, BGHZ 8, 222 (229); BGH Urt. v. 30.11.1972 – VII ZR 239/71, BGHZ 60, 14 (22); BGH Urt. v. 6.7.1977 – IV ZR 17/76, BGHZ 69, 235 (242); Palandt/Sprau § 670 Rn 3. 822 Eine Durchführung der Einwendungslehre etwa bei: BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 73, 74. 823 LG Heidelberg Urt. v. 15.12.1987 – 4 S 14/87, NJW 1988, 1273; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 397, 401. 824 Dazu (und zur solchermaßen geschaffenen Flexibilität für Spontankäufe) vgl. oben Dritter Teil Rn 273. Dort auch zur Autorisierungspflicht bei jedem Betrag, falls elektronische Belegerstellung im online-Dienst gewählt wurde. 825 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 398 f.; Weller Kreditkartenverfahren, S. 144 f. 826 IE LG Düsseldorf Urt. v. 14.5.1984 – 40 O 158/83, NJW 1984, 2475 (2475 f.); Weller Kreditkartenverfahren, S. 145; ausführlich BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 78 f. (condictio ob rem).

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bb) Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Vertragsunternehmens. Ebenfalls weit überwiegend anerkannt ist der umgekehrte Extremfall: Auch im Recht der Kreditkartenzahlung wird davon ausgegangen, dass liquide beweisbare Fehler im Valutaverhältnis das Kartenunternehmen berechtigen827 – und dem Kunden gegenüber auch verpflichten –,828 den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) zu erheben. Damit sind Gültigkeitsmängel im Valutaverhältnis ebenso gemeint wie Fehler, die Gestaltungsrechte begründen, die der Kunde geltend macht (etwa Vertragsaufhebung), jedoch wohl auch solche zur Minderung des Anspruchs.829 Diese – im Ausland durchweg weniger weitreichend bekannte – Einwendung beruht auf zwei Gedanken: Einerseits soll das Institut, das die Zahlung abzuwickeln hat, nicht in eine Schiedsrichterrolle zum Valutaverhältnis gedrängt werden. Andererseits soll es nicht, wenn angesichts der liquiden Beweislage keine Gefahr besteht, sehenden Auges Rechtsmissbrauch durch das Vertragsunternehmen (dolo petit …) unterstützen. Immerhin schuldet es seinem Kunden Interessenwahrung. Für diese Einwendung reicht jedoch nicht aus, dass das Kartenunternehmen weiß, dass der Einwand des Kunden aus dem Valutaverhältnis begründet ist; notwendig ist vielmehr, dass es dies auch liquide beweisen kann, also kein Risiko eingeht.830 Dieser Einwand kann jedenfalls bis zum Saldoanerkenntnis des Kunden geltend gemacht werden;831 eine bereits dem Vertragsunternehmen erteilte Gutschrift kann wiederum kondiziert werden. Obwohl weder die erste noch die zweite Zahlungsdienste-Richtlinie eine solche Einwendung explizit vorsehen, wird ihre Zulässigkeit auch heute noch durch den Umstand nahe gelegt, dass der EuGH auch in anderen Fällen Rechtsmissbrauchsschranken im nationalen Recht neben einer Richtlinienregelung zugelassen hat, wenn deren vereinheitlichende Zielsetzung nicht konterkariert wurde.832 Ob Einwendungen aus dem Valutaverhältnis, die der Kunde geltend macht, weiterreichend den Zahlungsanspruch berühren, ist demgegenüber streitig.

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cc) Einwand mangelnder Verität der Forderung? Die Rechtslage in den Fällen, in denen Gültigkeitseinwendungen im Valutaverhältnis bestehen, jedoch nicht liquide beweisbar sind, bildet den Kernpunkt des Streites um die Alternative abstrakter Zahlungsanspruch oder Forderungskauf. In dem Fall, in dem der BGH die zweite Meinung vorzog, war der Kunde (unerkannt) geschäftsunfähig. Genereller geht es um Wirksamkeitshindernisse bei Vertragsschluss mit dem berechtigten Karteninhaber. Auf dem Boden der Forderungskauftheorie liegt es nahe, dass das Vertragsunternehmen keinen Zahlungsanspruch hat (§§ 433 Abs. 2, 453 BGB).833 Jedoch

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827 Meder NJW 1994, 2597 (2597 f.); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 412; Hammann Universalkreditkarte, S. 105–115; Pütthoff Kreditkarte in rechtsvergleichender Sicht, S. 162 f.; BankR-HdB/Martinek/ Omlor § 67 Rn 37. 828 Hammann Universalkreditkarte, S. 115. 829 Teils wird ein außerordentlich schwerer Fehler gefordert: etwa OLG Schleswig (Fn 789) WM 1991, 453 (454); Bitter ZBB 1996, 104 (113); Hammann Universalkreditkarte, S. 110–115. Bei liquider Beweisbarkeit des Fehlers liegt jedoch ein „dolo petit …“ unabhängig hiervon vor und kann das Kartenunternehmen risikolos als Schiedsrichter agieren. 830 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 412; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 37; zu sehr von der Absicherung des Vertragsunternehmens her argumentierend etwa Hammann Universalkreditkarte, S. 108–110. 831 Zur Maßgeblichkeit dieser Zeitgrenze im Recht der Kreditkartenzahlung unten Dritter Teil Rn 383. Da bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten des Vertragsunternehmens die Abstraktheit zwischen den einzelnen Rechtsverhältnissen durchbrochen wird und auch die Voraussetzungen genügend eng gehalten sind, ist sogar davon auszugehen, dass hier die Kondiktion des abstrakten Schuldanerkenntnisses des Kartenunternehmens gegenüber dem Vertragsunternehmen und seitens des Kunden gegenüber dem Kartenunternehmen möglich bleibt. Zur Kondiktion abstrakter Schuldanerkenntnisse vgl. nur MünchKommBGB/Habersack § 781 Rn 14. 832 EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Coöperatieve Rabobank BA, Slg. 1997, I-7219 (7227); Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. 833 BGH (Fn 549) NJW 1990, 2880 (2881); Bitter ZBB 1996, 104 (117); Eckert WM 1987, 161 (162); Schwintowski/ Hofmann Kap. 10 Rn 55 f.

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auch für die Theorie vom abstrakten Zahlungsanspruch wird teils angenommen, dass bei Gültigkeitseinwendungen im Valutaverhältnis der Zahlungsanspruch (§ 780 BGB) kondiziert werden kann, weil der Sicherungszweck entfiel; schließlich könne im parallelen Fall einer Barzahlung auch das Bargeld kondiziert werden.834 Von den genannten Fällen zu unterscheiden sind diejenigen, in denen das Vertragsunternehmen nicht mit dem berechtigten Karteninhaber abgeschlossen hat (Missbrauch nach Diebstahl, Manipulationen durch Angestellte des Vertragsunternehmens, Fälschung der Karte). Dann fehlt es nach nahezu einhelliger Auffassung an der Weisung des Berechtigten gegenüber dem Kartenunternehmen, Zahlungspflichten gegenüber dem Vertragsunternehmen zu begründen (vgl. Dritter Teil Rn 449–455). Die Haftung des Kunden ist in diesen Fällen nach dem gesetzlichen Modell unterhalb der Schwelle von grober Fahrlässigkeit auf allenfalls 50 € begrenzt, was in den (inwoweit durchaus divergierenden) Kreditkarten-Kundenbedingungen teils auch auf 0 € reduziert wird (Art. 74 Abs. 1 ZD-RL II, § 675v Abs. 1 und 2 BGB). Das verbleibende Risiko trägt im Präsenzverfahren das Kartenunternehmen, weil es insoweit Risikotragung zugesagt hat, es sei denn das Vertragsunternehmen war bösgläubig – letztere Ausnahme bleibt auch seit 2009 zulässig (Art. 56 Abs. 1 lit. a ZD-RL I, nunmehr Art. 69 Abs. 1 lit. a ZD-RL II). Es stellt sich also nicht die Frage nach Einwendungen des Kartenunternehmens, sondern nach Sorgfaltspflichten des Vertragsunternehmens (dazu Dritter Teil Rn 425, 449). 3. Teil – Zahlungsgeschäft 4. Abschnitt – Ausführung und Haftung Grundmann dd) Einwand entfallener Weisung – Mängelreklamationen und Rückbelastung? Am schwierigsten ist die Frage nach dem Einwand entfallener Weisung. Während Fälle fehlender Weisung gesetzlich geregelt sind (§ 675u BGB), bezieht sich der Einwand entfallener Weisung auf Mängel im Valutaverhältnis: Schwierig ist die Frage nach dem Einwand entfallener Weisung deswegen, weil die Klauselwerke gegenüber Kunden und Vertragsunternehmen insoweit – zumindest im Falle der Mastercard-Bedingungen – nicht deckungsgleich sind. Für die Theorie vom abstrakten Zahlungsanspruch ist die Rechtslage einfach: Die Weisung kann ab Begründung des Zahlungsanspruchs nicht mehr widerrufen werden, weil damit die Aufwendung getätigt ist.835 Diese Lösung stieße auch an keine Grenzen in den europäischen Vorgaben (vgl. Art. 80 Abs. 1 ZD-RL II, ex- Art. 66 Abs. 1 ZD-RL I und § 675p Abs. 1 BGB). Demgegenüber gehen die Vertreter der Forderungskauftheorie davon aus, dass die Weisung nach den allgemeinen Grundsätzen frei widerruflich sei,836 wohl bis zur Abrechnung dem Vertragsunternehmen gegenüber, da mit ihr der Forderungskaufvertrag geschlossen wird.837 Auch solch eine Lösung wäre als Vereinbarungslösung auch nach dem novellierten Regime weiterhin möglich (vgl. Art. 80 Abs. 5 ZD-RL II, ex- Art. 66 Abs. 5 ZD-RL I und § 675p Abs. 4 S. 1 und 2 BGB). Beide Meinungen können sich für den Hauptfall des Weisungswiderrufs – das Bestehen von Gestaltungsrechten aus Gewährleistung – auf das Regelwerk von Mastercard berufen. Für die Rechtslage, die die Theorie vom abstrakten Zahlungsanspruch propagiert, sprechen Nr. 9 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] und (durchgängig zu findende) vergleich-

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834 LG Düsseldorf (Fn 826) NJW 1984, 2475 (2476 f.); Heymann/Horn § 372 Rn V/147; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 31; aA jedoch wohl die Mehrzahl der Autoren, die abstrakten Zahlungsanspruch annehmen: Bitter ZBB 1996, 104 (122); Hadding FS Pleyer 1986, S. 17 (33 f.) (Bereicherungsausgleich nur bei nichtigem Rahmenvertrag); Hammann Universalkreditkarte, S. 102–105; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 36 f. 835 OLG Schleswig (Fn 789) WM 1991, 453; Bitter ZBB 1996, 104 (122); Eckert WM 1987, 161 (165); Horn ZBB 1995, 273 (277); Weller Kreditkartenverfahren, S. 115; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 33; Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 26 ff. (Weisung ist nach Zugang unwiderruflich [§ 675p Abs.1 BGB]). 836 OLG Karlsruhe Urt. v. 28.11.1990 – 1 U 189/90, WM 1991, 184 (187 f.); Langenbucher S. 270–279: Widerruf solange zu beachten, wie Rückforderung des gezahlten Betrages möglich. 837 Streitdarstellung Bitter ZBB 1996, 104 (108); nicht ganz klar: Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 6 Rn 58 ff. („Leistungsbewirkung“, wohl im Valutaverhältnis).

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bare Klauseln. Nach dieser Klausel hat der Kunde „Einwendungen und sonstige Beanstandngen … aus seinem Vertragsverhältnis … unmittelbar gegenüber dem Vertragsunternehmen geltend zu machen“. Keinen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Kunden hat der Kreditkartenemittent also, wenn von diesem keine wirksame Weisung zur Begleichung des Umsatzes erteilt wurde. Umgekehrt hat dieser Reklamationen aus seinem Vertragsverhältnis zu dem Vertragsunternehmen unmittelbar mit dem Unternehmen zu klären. 381 In Teilnahmebedingungen für Vertragsuntenehmen für den Fernabsatz ist jedoch teils vorgesehen, dass dem Kartenunternehmen ein Rückbelastungsrecht auch in anderen Fällen als der fehlenden Weisungserteilung zusteht, wenn nichts anderes ausnahmsweise vereinbart wird (namentlich durch besondere Vertragsgestaltung „Akzeptanzvertrag mit Zahlungszusage auch bei Bestreiten der Weisungserteilung“). Durch solche Bedingungen wird dem Risiko begegnet, dass der Kunde die Leistung im Fernabsatz nicht bei Vertragsabschluss und Autorisierung in Augenschein nehmen kann und entsprechend Beanstandungen (und ein Widerruf nach Fernabsatzrecht) wahrscheinlicher sind. Übt dieser sein Widerspruchsrecht dann aus, muss sich das Vertragsunternehmen direkt an den Karteninhaber halten. A maiore kann das Kartenunternehmen noch nicht erfolgte Gutschriften gar nicht erteilen, wenn der Kunde wegen Beanstandungen die Weisung widerruft („Widerspruch“) und sich weigert, eine Belastungsbuchung anzuerkennen. Allerdings wird dem Vertragsunternehmen der Nachweis eröffnet, dass die geschuldete Leistung ordnungsgemäß erbracht wurde. Schwierig ist es, beide Klauseln in Konkordanz zu bringen. Das Rückbelastungsrecht des 382 Kartenunternehmens ist zwar umstritten,838 bildet jedoch den Ausgangspunkt. Die Regelung ist wirksam.839 Als angemessen (und klauselrechtlich unbedenklich) wird es zunächst von allen Seiten angesehen, dass das Kartenunternehmen nicht die Schiedsrichterrolle für Fragen des Valutaverhältnisses übernehmen will.840 Anerkannt ist auch, dass diejenige Partei im Valutaverhältnis, die ihr Recht letztlich gegenüber der anderen durchsetzen muss, vor allem beim (üblichen) internationalen Einsatz der Karte, erheblich belastet ist.841 Letztlich muss diese Last jedoch, soll das Kartenunternehmen nicht doch in die Schiedsrichterrolle gedrängt werden, entweder dem Kunden oder dem Vertragsunternehmen aufgebürdet werden – Buchung ohne Rücksicht auf Mängel im Valutaverhältnis oder Widerrufs- und Rückbuchungsmöglichkeit bei Reklamationen. Sicherlich haben von beiden Seiten die Vertragsunternehmen noch eher die Möglichkeit, sich zu organisieren und die Last internationaler Rechtsdurchsetzung zu tragen. Da Teilnahmebedingungen, die für den Fernabsatz überhaupt noch ein Widerspruchsrecht des Kunden – genauer: ein Rückbuchungsrecht des Kartenemittenten auf Reklamation des Kunden hin – vorsehen, tatbestandlich eng umrissen sind, ist die Klausel wirksam: Soweit man davon ausgeht, dass die Kartenunternehmen nur den Ankauf der Forderung versprochen haben, ist

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838 Zu diesem Recht: BGH (Fn 549), NJW 1990, 2880 (2881); str., vgl. etwa Hammann Universalkreditkarte, S. 182 f., 187–190; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 62. Gerade angesichts der teilweisen Streichung dieser Klausel in Händlerbedingungen ist bemerkenswert, dass in Frankreich im Fernabsatz solch ein Widerspruchs- und entsprechendes Rückbelastungsrecht des Karteninhabers bzw. -unternehmens offenbar unabhängig von entsprechenden AGBs angenommen wird, als dem Fernabsatzrecht geradezu immanent: Cour de Cassation Com. 6.12.2005 Bull. Civ. IV, n. 238; RTD com. 2006, 166 (Anm. Legeais); Piedelièvre Paiement, S. 386 f., auch 416 f. (allerdings selbst sehr kritisch). 839 Ebenso LG Heidelberg (Fn 823) NJW 1988, 1273; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 401; kritisch Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Rn K120; aA Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 64; Hofmann BKR 2003, 321 (328) (freilich nur für den Fall der Fälschung, da sich aus dem von dem Kartenunternehmen gesetzten Rechtsschein bei täuschend echter Unterschriftenfälschung ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebe). Zur (Unwirksamkeit einer) pauschalen klauselmäßigen Überwälzung aller Risiken des Kreditkarteneinsatzes auf das Vertragsuntenehmen vgl. unten Dritter Teil Rn 453. 840 LG Heidelberg (Fn 823) NJW 1988, 1273; Welter WuB I D 5.–3.88; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 401; Heymann/Horn § 372 Rn V/148. 841 Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 67 ff.

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diese Entscheidung kontrollfrei wirksam (§ 307 Abs. 3 BGB) – und dieses Versprechen können sie, wenn sie nicht Schiedsrichter sein wollen, dahingehend bedingen, dass es schon bei schlüssiger Behauptung von Gewährleistungsrechten entfällt. Unangemessen belastend i.S.v. § 307 Abs. 2 BGB wäre diese Risikoverteilung für das Kartenunternehmen jedoch, wenn sie perpetuiert würde; Reklamationen i.S.d. Rückbelastungsklauseln kann der Kunde daher wirksam nur bis zur Anerkennung des Saldos erheben.842 Die Gegenauffassung argumentiert, dass das Rechtsgeschäft als abstraktes Schuldversprechen einzuordnen sei; dann aber sei es überraschend, dass dieses Zahlungsversprechen nun doch nicht abstrakt, sondern von Mängelfreiheit im Valutaverhältnis abhängig sein soll (§ 305c Abs. 1 BGB), und damit werde der angestrebte Zweck, das Vertragsunternehmen gerade gegen derartige Fälle abzusichern, verfehlt. Daher sei die Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB nicht einbezogen und auch nach § 307 Abs. 2 BGB unwirksam.843 Aus dem Gesagten ergeben sich, soweit ein Rückbelastungsrecht anzuerkennen ist, dessen 383 beide Hauptkonturen: Dieses berechtigt nicht nur zum Storno, sondern bereits zur Ablehnung der Gutschrift, wirkt also ab Vertragsabschluss im Valutaverhältnis (bis Saldoanerkenntnis). Zudem besteht es nur, wenn eine Nichtleistung oder fehlerhafte Leistung behauptet worden ist.844 Diese Anforderung ist, da sie das Kartenunternehmen bindet, auch an einen wirksamen Widerruf der Weisung (eine Gegenweisung) zu stellen. Dieser ist demnach zwar grundsätzlich, jedoch nicht frei möglich. Zweifel an der vorgeschlagenen Lösung können sich allein daraus ergeben, dass Nr. 9 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] und vergleichbare Bedingungen im Kundenverhältnis Einreden und Einwendungen aus dem Valutaverhältnis als Grundlage für ein Widerrufs- oder Widerspruchsrecht ausschließen und ebenfalls wirksam sind.845 Soweit also Teilnahmebedingungen für den Fernabsatz – abweichend – die Beachtlichkeit solcher Einreden und Einwendung für ein Rückbuchungsrecht vorsehen, gilt es einen Widerspruch aufzulösen: Der Umstand, dass Zweiteres eine speziellere Regel für den Fernabsatz bildet und dass das Vertragsunternehmen einen dann nötigen Rechtsstreit besser organisieren und beurteilen kann, spricht dafür, das Rückbuchungsrecht in solchen Fällen zu bejahen und aus der auftragsrechtlichen Interessenwahrungspflicht auch ein Recht des Kunden gegen den Kartenemittenten herzuleiten, dass dieser sein Rückbuchungsrecht auf die Kundenreklamation hin auch tatsächlich ausübt846 und ihm den Betrag erstattet. Zweifel sind bei AGBs zu Lasten des Verwenders der Kreditkarten-Kundenbedingungen auszulegen. d) Internalisierung der Probleme des grenzüberschreitenden Kreditkarteneinsatzes in 384 die Interchange-Beziehung. Die Praxis in Deutschland dominiert ein um Lizenznehmer erweitertes System. Die Mastercard wird – wie andere – heute nicht vom Kartenunternehmen

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842 Zur grundsätzlichen Kondizierbarkeit des abstrakten Schuldanerkenntnisses, das die Einzelforderungen falsch wiedergibt (bei Beweislastumkehr): statt aller MünchKommBGB/Habersack § 781 Rn 14. Würde der Kunde kondizieren und das Kartenunternehmen noch entsprechend rückbelasten können, so könnte der Kunde zeitlich unbegrenzt über das Kartenunternehmen Zahlungen schlicht „stornieren“. Hat dieses jedoch kein Rückbelastungsrecht, entfällt auch die Kondiktion des Anerkenntnisses wegen Entreicherung. 843 Hofmann BKR 2003, 321 (328); i.E. auch Welter WuB I D 5.–3.88; Heymann/Horn § 372 Rn V/148. 844 Demgegenüber für freie Widerruflichkeit diejenigen Stimmen, die ein Rückbelastungsrecht befürworten; vgl. Nachw. oben Dritter Teil Rn 379. 845 BGH (Fn 549), NJW 1990, 2880 (2881); nahezu unstr., vgl. (auch zu den Argumenten): Heymann/Horn § 372 Anh. Rn V/141; kritisch Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil Rn K120; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 28, 31, 61 f.; zweifelnd Weller Kreditkartenverfahren, S. 96 f. 846 Nr. 9 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank] verstieße, wenn man ihn anders auslegen und dem Kreditkartenemittenten ein freies Wahlrecht einräumen wollte, wegen grundsätzlicher Abweichung von der auftragsrechtlichen Interessenwahrungspflicht gegen § 307 Abs. 1 und 2. Für eine Pflicht des Kartenunternehmens zur Rückbelastung auch etwa Heymann/Horn § 372 Anh. Rn V/147 f.; in besonderen Konstellationen Schwintowski/ Hofmann (4. Aufl.) § 9 Rn 27.

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selbst (EURO Kartensysteme GmbH früher GZS) den Kunden angeboten, sondern von den (platzierungskräftigeren)847 Kreditinstituten als Lizenznehmern der EURO Kartensysteme GmbH, die selbst nur die Vertragsbeziehungen zu den Vertragsunternehmen aufbaut. Zwei Kartenunternehmen verschaffen sich also gegenseitig Zugang zu den Kunden, hier Anbietern (Vertragsunternehmen), dort Nachfragern (sog. Interchange-System). Hierbei verpflichtet sich der Lizenznehmer, die vom Kartenunternehmen erworbene Forderung des Vertragsunternehmens gegen den Kunden seinerseits vom Kartenunternehmen zu erwerben.848 Die Beziehung zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden beurteilt sich nach denselben Rechtsgrundlagen (auch AGB) und folgt unverändert denselben Grundsätzen wie im Dreipersonenverhältnis.849 385 Charakteristisch ist das Interchange-System gerade für den internationalen Kreditkarteneinsatz. In den großen Systemen – Visa und Mastercard – bearbeiten Kartenunternehmen (Acquirer) jeweils nur national die Märkte, bauen Beziehungen zu Vertragsunternehmen und/oder Kreditkartenkunden auf.850 Gegenseitig sagen sie sich zu, den Kunden der anderen Kartenunternehmen den Zugang zu den eigenen Kunden der Marktgegenseite zu vermitteln, etwa Kartenkunden der EURO Kartensysteme GmbH (mit deutschen Kreditinstituten) den Zugang zu Vertragsunternehmen in den USA. Für die Beziehungen zu ihren nationalen Kunden unterfallen die Kartenunternehmen dem gemeinsamen innerstaatlichen Recht und auch in der Klauselausgestaltung wird nicht differenziert nach Herkunft der anderen Vertragsseite im Valutaverhältnis. Die Rechte der eigenen Kunden (auch Vertragsunternehmen) in der Zahlungsabwicklung bleiben also unverändert.851 Dies gilt, obwohl sich das Valutaverhältnis eines Kartenkunden zum Vertragsunternehmen durchaus nach dem fremden Recht beurteilen kann (Art. 4, 3 und 6 Rom-I-VO). Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen den verschiedenen Kartenunternehmen 386 sind jeweils Gesellschaftsverträge, bei Visacard und Mastercard nach dem Recht des Staates Delaware. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten beurteilen sich danach.852 Wird das danach Vereinbarte aus geschäftspolitischen oder (AGB-)rechtlichen Gründen dem jeweiligen Kunden (Kartenkunden oder Vertragsunternehmen) gegenüber nicht durchgesetzt, so trägt das Karterunternehmen Schäden, die aus dieser Diskrepanz resultieren: So mag das Kartenunternehmen seinem Kartenkunden gegenüber verpflichtet sein, Einwendungen aus dem Valutaverhältnis auch zu berücksichtigen, wenn sie aus Fehlern der Sache resultieren. Umgekehrt will es bei Visacard und Mastercard die gesellschaftsrechtlich vereinbarte Regel, dass Kartenunternehmen untereinander allein das Fehlen schriftlich zugesicherter Eigenschaften geltend machen dürfen. Hat nun das andere Kartenunternehmen seinem Vertragsunternehmen gegenüber nur die letztgenannte Regel durchgesetzt, wird es ihm gegenüber (zu Recht) keine Rückbelastung vornehmen, während das erstgenannte Kartenunternehmen seinem Kartenkunden gegenüber die Belastungsbuchung zurücknehmen muss. Das Risiko der Grenzüberschreitung wird von den Kartenunternehmen in die (Gesellschafter-)Beziehung zueinander übernommen und solchermaßen internalisiert.

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847 Umgekehrt ist auch die durch Ausgabe von Kreditkarten erhöhte Bindung des jeweiligen Kunden an das Institut attraktiv: Neuberger BuB Rn 6/1859 f. (Kundenbindung nicht erwähnt); BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 5. 848 Vgl. zur Konzeption des Vier-Personen-Systems, insbesondere zur Lizenz-Vergabe, Jungmann WM 2005, 1351 (1352 ff.); Hofmann WuW 2006, 17 (19 f.). Näher zum Lizenzvertrag: Etzkorn Rechtsfragen, S. 121, 125–142; Reinfeld WM 1994, 1505. 849 Etzkorn WM 1991, 1901 (1902); Reinfeld WM 1994, 1505 (1507 und 1510–1512). 850 Etzkorn Rechtsfragen, S. 121, 122 f.; Reinfeld WM 1994, 1505 (1507 f. und 1510). 851 Näher Etzkorn Rechtsfragen, S. 121, 138 f. und 142–149. 852 Ausführlich zu den sehr detaillierten Inhalten der Regelwerke der Gesellschaften, auch zu den Regeländerungsrechten des Vorstands (Board): Etzkorn Rechtsfragen, S. 121, 126–142.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

II. §§ 675s, 675t BGB: Ausführungsfrist und Wertstellungsbzw. Verfügbarkeitszeitpunkt bei Zahlungsdiensten § 675s Ausführungsfrist für Zahlungsvorgänge (1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist verpflichtet sicherzustellen, dass der Zahlungsbetrag spätestens am Ende des auf den Zugangszeitpunkt des Zahlungsauftrags folgenden Geschäftstags beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. Für Zahlungsvorgänge innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, die nicht in Euro erfolgen, können ein Zahler und sein Zahlungsdienstleister eine Frist von maximal vier Geschäftstagen vereinbaren. Für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge können die Fristen nach Satz 1 um einen weiteren Geschäftstag verlängert werden. (2) Bei einem vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgang ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verpflichtet, den Zahlungsauftrag dem Zahlungsdienstleister des Zahlers innerhalb der zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister vereinbarten Fristen zu übermitteln. Im Fall einer Lastschrift ist der Zahlungsauftrag so rechtzeitig zu übermitteln, dass die Verrechnung an dem vom Zahlungsempfänger mitgeteilten Fälligkeitstag ermöglicht wird. (3) Wenn einer der Fälle des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 vorliegt, ist § 675s Absatz 1 Satz 1 und 3 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden. Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a vorliegt, 1. ist auch § 675s Absatz 1 Satz 2 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden und 2. kann von § 675s Absatz 2 für die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs abgewichen werden.

§ 675t Wertstellungsdatum und Verfügbarkeit von Geldbeträgen; Sperrung eines verfügbaren Geldbetrags (1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist verpflichtet, dem Zahlungsempfänger den Zahlungsbetrag unverzüglich verfügbar zu machen, nachdem der Betrag auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters eingegangen ist, wenn dieser 1. keine Währungsumrechnung vornehmen muss oder 2. nur eine Währungsumrechnung zwischen dem Euro und einer Währung eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder zwischen den Währungen zweier Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vornehmen muss. Sofern der Zahlungsbetrag auf einem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers gutgeschrieben werden soll, ist die Gutschrift, auch wenn sie nachträglich erfolgt, so vorzunehmen, dass der Zeitpunkt, den der Zahlungsdienstleister für die Berechnung der Zinsen bei Gutschrift oder Belastung eines Betrags auf einem Zahlungskonto zugrunde legt (Wertstellungsdatum), spätestens der Geschäftstag ist, an dem der Zahlungsbetrag auf dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers eingegangen ist. Satz 1 gilt auch dann, wenn der Zahlungsempfänger kein Zahlungskonto unterhält. (2) Zahlt ein Verbraucher Bargeld auf ein Zahlungskonto bei einem Zahlungsdienstleister in der Währung des betreffenden Zahlungskontos ein, so stellt dieser Zahlungsdienstleister sicher, dass der Betrag dem Zahlungsempfänger unverzüglich nach dem Zeitpunkt der Entgegennahme verfügbar gemacht und wertgestellt wird. Ist der Zahlungsdienstnutzer kein Verbraucher, so muss dem Zahlungsempfänger der Geldbetrag spätestens an dem auf die Entgegennahme folgenden Geschäftstag verfügbar gemacht und wertgestellt werden. (3) Eine Belastung auf dem Zahlungskonto des Zahlers ist so vorzunehmen, dass das Wertstellungsdatum frühestens der Zeitpunkt ist, an dem dieses Zahlungskonto mit dem Zahlungsbetrag belastet wird. Das Zahlungskonto des Zahlers darf nicht belastet werden, bevor der Zahlungsauftrag seinem Zahlungsdienstleister zugegangen ist. (4) Unbeschadet sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Rechte ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers im Fall eines kartengebundenen Zahlungsvorgangs berechtigt, einen verfügbaren Geldbetrag auf dem Zahlungskonto des Zahlers zu sperren, wenn

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1. 2.

der Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst worden ist und der Zahler auch der genauen Höhe des zu sperrenden Geldbetrags zugestimmt hat. Den gesperrten Geldbetrag gibt der Zahlungsdienstleister des Zahlers unbeschadet sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Rechte unverzüglich frei, nachdem ihm entweder der genaue Zahlungsbetrag mitgeteilt worden oder der Zahlungsauftrag zugegangen ist. (5) Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a vorliegt, 1. kann von § 675t Absatz 1 Satz 3 für die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs abgewichen werden und 2. ist § 675t Absatz 2 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden.

1. Fristen (§§ 675s, 675t BGB) – Abrenzung und Anwendungsbereich a) Ausführungsfristen (§ 675s BGB) und Fristen zur Verfügbarmachung bzw. Wertstellung (§ 675t BGB). § 675s regelt Ausführungsfristen, Abs. 1 auf Seiten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers, Abs. 2 auf Seiten des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers. In beiden Absätzen ist von einer Ausführungsfrist die Rede, in der die Valuta beim Zahlungsdienstleister einzugehen hat bzw. in der der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einen Zahlungsauftrag zu übermitteln hat. Da bei den verschiedenen Formen der Kartenzahlung kein Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers dazwischen zu treten hat – außer dann bei einer Abwicklung, etwa per Lastschrift (wie im ELV) –, erfasst die Norm allein Überweisungen und Lastschriften: Abs. 2 ersichtlich nur die Lastschrift,853 Abs. 1 hingegen die Überweisung ebenso wie – in der Übertragungsphase nach Eingang des Abbuchungsauftrags beim Zahlerinstitut – auch die Lastschrift.854 Dies gilt dann auch, wenn die Überweisung nicht über Konten abgewickelt wird, sondern auf Seiten des Zahlers oder des Zahlungsempfängers durch Barein- oder Barauszahlung.855 Ausführungsfristen selbst sind Fristen des Interbankenverhältnisses (dazu unten 2.). Gemeint ist nämlich die Frist, die zwischen dem Wirksamwerden der Weisung (Zugang) und Eingang beim Zahlungsempfängerinstitut verstreichen darf (Abs. 1), bzw. die Frist, die ab Zugang des Abbuchungsauftrages (der Weisung zum Einzug) des Zahlungsempfängers und Eingang des Inkassobegehrens beim Zahlerinstitut verstreichen darf (Abs. 2). Umgekehrt sind Daten für Verfügbarmachung und zur Wertstellung, die der eng mit § 675s 388 BGB verknüpfte § 675t BGB regelt, solche, die die Rechtzeitigkeit von Ausführungshandlungen zwischen Zahlungsdienstleister und seinem Kunden (Zahlungsdienstenutzer) betreffen. Sie betreffen in der Tat (i) die an die Ausführung zwischen den Zahlungsdienstleistern zeitlich anschließende Phase der Begünstigung des Zahlungsempfängers (Abs. 1 und 2), aber auch (ii) die dieser Ausführung zwischen den Zahlungsdienstleistern zeitlich vorangehende Phase der Belastung des Zahlers und (neu ab 2018) der Vorabsperrung von für die Lastschrift benötigten Beträgen (Abs. 3 bzw. 4, dazu unten 3.). Dabei meint Verfügbarmachung die Ermöglichung einer Verfügung über den Betrag, bei Bargeld durch Übereignung und Besitzeinräumung, bei Buchgeld durch Einstellung ins Kontokorrent und damit verbundene Änderung des jeweiligen Saldos (sog. Tagessaldos), über den verfügt werden kann. Wertstellung bezeichnet hingegen die Stichtagbestimmung, die über den Zinslauf entscheidet.856 Ausdrücklich sind wieder Zahlungsvorgänge mit Barein- und Barauszahlungen einbezogen (§ 675t Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB). Mangels Einschaltung eines 387

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853 Auch nicht sonstige (vom Zahlungsempfänger initiierte) sog. Pull-Zahlungen, insbes. Kartenzahlungen, weil es hier an einem „Zahlungsauftrag“ an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers fehlt: Laitenberger NJW 2010, 192 (195). 854 Franck/Massari WM 2009, 1117 (1120); Palandt/Sprau § 675s BGB Rn 2. 855 BT-Drucks. 16/11643, S. 111; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 675s Rn 1; Palandt/Sprau § 675s Rn 2. 856 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675t Rn 7; MünchKommBGB/Jungmann § 675t Rn 47 ff.; HK-BGB/Schulte-Nölke § 675t Rn 3.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Zahlungsdienstleisters auf Zahlungsempfängerseite beziehen sich die diesbezüglichen Regeln (Abs. 1 und 2) bei der Kartenzahlung wiederum allenfalls auf die Verrechnung. b) Anwendungsbereich. Anwendbar sind beide Normen relativ breit, insbesondere auch 389 zwingend in B2B-Transaktionen (§ 675e Abs. 4 BGB). Abdingbar sind nur die Regeln zur Verfügbarmachung bei Barein- und bei Barauszahlung in anderer Währung als Euro (aber innerhalb EU/EWR) (vgl. § 675e Abs. 3 i.V.m. § 675t Abs. 1 S. 3 und Abs. 2 BGB). Stark eingeschränkt ist der Anwendungsbereich erst bei den außerhalb des EWR erfolgenden Bestandteilen von Zahlungen, namentlich solchen, die eine Filiale in einem Drittstaat auf Zahler- oder Zahlungsempfängerseite abwickelt, oder solchen, die in einer Drittstaatwährung ausgeführt werden (vgl. § 675e Abs. 2 BGB). Bei diesen Zahlungen sind die Regeln zu Ausführungsfristen (Interbankenverhältnis, § 675s BGB) auch auf die innereuropäisch abgewickelten Bestandteile nach § 675s Abs. 3 S. 1 BGB nicht anzuwenden. Formal gilt das nur für Abs. 1. Da freilich Lastschriften de facto auf den SEPA-Raum beschränkt bleiben (oben Dritter Teil Rn 45), gilt Abs. 2 hier nur im seltenen Ausnahmefall der individuellen Einrichtung eines Lastschriftverfahrens. Dennoch sieht § 675s Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BGB für Transaktionen in Drittstaatwährungen die Möglichkeit vor, die Vorgaben des § 675s Abs. 2 BGB immerhin durch Abrede abzubedingen. Die Regeln zur Verfügbarmachung und Wertstellung sind nach § 675t Abs. 5 Nr. 2 BGB nur in Fällen einer Bareinzahlung in einer Drittstaatwährung unanwendbar. Soweit der Zahlungsempfänger kein Zahlungskonto unterhält, kann überdies bei Transaktionen in Drittstaatwährungen von § 675t Abs. 1 S. 3 BGB abgewichen werden. Für Kleinbetragsinstrumente sind die Fristregeln abdingbar (§ 675i Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 675s BGB) bzw. unerheblich (§ 675t BGB, Abwicklung nicht über Konto oder durch Verfügbarmachung, sondern über eigene Verrechnungsformen). 2. Ausführungsfristen (§ 675s BGB) a) Beim Zahlungsdienstleister des Zahlers (§ 675s Abs. 1 BGB) – Fristbeginn, Frist und 390 Fristende. Zu den Herzstücken der Europäisierung des Überweisungs-, dann des gesamten Zahlungsdiensterechts zählt es, dass die Ausführungsfristen schärfer umrissen wurden. Nach dem Gesagten bezieht sich diese Regelung nur auf Überweisung und Lastschrift, freilich auch durch Barein- oder Barauszahlung. Bis 2002 war – rahmenmäßig – die unverzügliche857 Beauftragung des nächsten Instituts in der Überweisungskette und die Wahl des Leitweges geschuldet, der dem Kundeninteresse am besten entspricht.858 Auch heute sind die genauer umrissenen Fristen, die zudem nicht nur die Ingangsetzung des Zahlungsvorgangs betreffen sondern den Leitweg bis zum Eingang beim Empfängerinstitut, nur als solche umschrieben, in denen die Valuta „spätestens“ einzugehen hat. Auch die Interessenwahrungspflicht des Geschäftsbesorgungsrechts könnte für ein Fortbestehen der rahmenhaften Pflicht zu „unverzüglicher“ Ausführung sprechen, falls diese kürzer wäre als die ohnehin gesetzlich festgeschriebenen. Unzweifelhaft kann eine kürzere Frist jedenfalls vereinbart werden. Ob solch eine Vereinbarung vorliegt, ist Auslegungsfrage, auch aus einer Information nach § 248 § 4 Nr. 2 lit. e EGBGB kann sich die Zusage ergeben, den Zahlungsvorgang schneller auszuführen als gesetzlich vorgegeben (oder vertraglich vereinbart).859 Beschleunigt werden kann die Transaktion insbesondere, indem das beauftragte Institut den direkten Kontakt zum Empfängerinstitut herstellt, ihm den Eingang der Valuta zusagt und es so zur sofortigen Gutschrift veranlasst (Blitztransfer/“Instant Payment“).860 Demgegenüber erscheint es ange-

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857 BGH (Fn 342), NJW 1978, 1524. 858 Koller/Faust ZBB 1989, 63 (bes. 75 f.); Escher-Weingart BuB Rn 6/63 f. (auch zu den möglichen Leitwegen); BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 54. 859 Palandt/Sprau § 675s Rn 3. 860 Escher-Weingart BuB Rn 6/65, 6/71; BankR-HdB/Schmieder § 48 Rn 10. Nötig ist ein Hinweis außerhalb des Formulars: Nr. 11 Abs. 3 S. 2 AGB-Banken. Abzugrenzen vom bloßen Eilavis, bei dem das beauftragte Institut das

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sichts des Massencharakters der Abwicklung und der inzwischen sehr kurzen Fristen angezeigt, (mangels eigener Abrede) von „Unverzüglichkeit“ stets dann auszugehen, wenn die genauer spezifizierten Fristen eingehalten wurden. 391 Erstmals taggenau festgelegt wurden die Ausführungsfristen mit der ÜberweisungsRichtlinie bzw. dem Überweisungsgesetz 2002 und zwar (mangels anderer Abrede) auf drei bzw. fünf Tage bei Überweisungen im Inland bzw. ins Ausland, bei institutsinterner Überweisung auf einen bzw. bei Hausüberweisung zwei Tag(e) (§ 676a Abs. 2 BGB a.F.).861 Nochmals genauer und strenger gefasst wurden die Ausführungsfristen ab 1.11.2009 (Art. 69 ZD-RL, § 675s BGB a.F.).862 Mit der Novellierung des Europäischen Zahlungsdiensterechts durch ZD-RL II wurden zwar die Ausführungsfristen nicht nochmals verkürzt, jedoch der Anwendungsbereich der durchaus anspruchsvollen Anforderungen erweitert (vgl. §§ 675e Abs. 2, 675s Abs. 3 BGB, oben Rn 389), sodass in den zusätzlich erfassten Sachverhaltskonstellationen die Ausführungsfristen nunmehr gesetzlich vorgegeben sind und nicht mehr durch Abrede festgelegt werden. Dabei sind Fristbeginn, Frist und Fristablauf zu unterscheiden. Die Frist läuft an mit Wirksamwerden der Weisung, entweder des Zahlers (bei der Überweisung) oder des Zahlungsempfängers durch sein Inkassoinstitut (bei der Lastschrift). Das ist der Zugang der jeweiligen Willenserklärung beim Zahlerinstitut, freilich unter Berücksichtigung dessen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (kurz) vor Ablauf des Arbeitstages ein cut-off-Zeitpunkt gesetzt werden kann, ab dem Zahlungsvorgänge (etwa Buchungen) nicht mehr vorgenommen und bereits der nächste Arbeitstag als Zugangstag zu sehen ist.863 Die Frist läuft ab mit Eingang der Valuta beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers, also bei Gutschrift auf dessen (Korrespondenzbank-)Konto.864 Für die Frist selbst sind fünf Fallgruppen zu unterscheiden: (1) rein elektronisch abge392 wickelte Zahlungsvorgänge – Überweisungen und Lastschriften – in Euro innerhalb von EU und EWR; (2) beleggebunden abgewickelte Zahlungsvorgänge – Überweisungen und Lastschriften – in Euro innerhalb von EU und EWR; (3) Zahlungsvorgänge – Überweisungen und Lastschriften – in einer anderen Währung eines Mitgliedstaates innerhalb von EU und EWR; (4) innereuropäische Bestandteile von Zahlungen unter Einschaltung eines Zahlungsdienstleisters (auf Zahleroder Zahlungsempfängerseite), der (mit seiner agierenden Filiale) Sitz außerhalb von EU/EWR hat, oder bei Zahlungen in Drittstaatwährung; (5) außereuropäische Bestandteile von Zahlungen der 4. Fallgruppe. In der vierten beziehungsweise fünften Fallgruppe ist § 675s Abs. 1 BGB teilweise beziehungsweise gänzlich unanwendbar (§ 675s Abs. 3 BGB für Fallgruppe 4, oben Rn 389, und § 675e Abs. 2 BGB für Fallgruppe 5). Keine eigene Fallgruppe (unter der ZD-RL II) bildet die Konstellation, dass ausschließlich Zahlungsdienstleister außerhalb des EWR beteiligt sind und agieren und daher schon gar nicht der Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet ist. Grundsätzlich gilt, wenn durch gesetzliche Anordnung oder Abrede eine Ausnahme von der Einhaltung taggenauer Fristen gemacht wurde (oben Rn 389–391), als Rückfallregel weiterhin der

_____ Empfängerinstitut nur direkt die Weiterleitung an das erste zwischengeschaltete Institut mitteilt. Zu dessen Problemen etwa BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 168; zur teils stärker flächendeckenden Einführung (als „EchtzeitÜberweisung“) in Antwort auf PayPal und sonstige Formen der Sofortüberweisung: Dieckmann BKR 2018, 276; Herresthal ZJP 2019, 895. 861 Unzutreffend erschien die Umsetzung darin, dass Bankgeschäftstage, die für irgendein Glied der Kette keine sind (Feiertage), stets abzuziehen seien: RegBegr. BR-Drucks. 163/99 S. 45; Becher DStR 1999, 1360 (1362); Hartmann Die Bank 1999, 536 (538); Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2202 f.). Im Europäischen Zahlungsdiensterecht ging man hingegen von Anfang an wohl davon aus, dass sie durchaus mitzurechnen sind, wenn offensichtlich gerade ein anderes Institut handeln muss, die Feiertagsregelung sich also nicht auch im konkreten Fall auswirkt: Vgl. Troberg/ Schwimann in Blaurock (Hrsg.) Grenzüberschreitende Überweisung, Anm. zu Art. 6 Üw-RL (S. 85 f.). 862 Dazu näher BR-Drucks. 848/08, S. 181–184; Burghardt WM 2006, 2065 (2069 f.); Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragrechts, 2008, S. 113 (155 f.); Lohmann/Koch WM 2008, 57 (60 und 64). 863 § 675n Abs. 1 S. 3 BGB. Näher oben Dritter Teil Rn 286. 864 Grundmann WM 2000, 2267 (2278); Palandt/Sprau § 675s Rn 2.

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Unverzüglichkeitsgrundsatz.865 In den ersten drei Fallgruppen kommt es nicht darauf an, ob der Zahlungsauftrag unbar (kontobezogen) erteilt wird oder durch Bareinzahlung. In den ersten drei Fallgruppen sollte durch die Vereinheitlichung von Kunden- und Bankidentifikatoren für die erfassten Euroüberweisungen (vgl. Dritter Teil Rn 31) sowie die Leitwegeschaltung allein nach Kundenkennung (vgl. Dritter Teil Rn 329–331) eine erhebliche Vereinheitlichung und Beschleunigung erzielt werden: Seit 1.1.2012, mit dem Entfall bis dahin geltender Ausnahmen (vgl. Art. 68 Abs. 2 ZD-RL § 675s Abs. 1 S. 1 2. HS BGB a.F.) beträgt die Frist im ersten Fall einen Geschäftstag (§ 675s Abs. 1 S. 1 BGB), in der zweiten Fallgruppe zwei Geschäftstage (§ 675s Abs. 1 S. 3 BGB), in der dritten vier Geschäftstage (§ 675s Abs. 1 S. 2 BGB). Bei all dem ist auch das bisher Gesagte teils erheblich: Auch unter den EG/EU-Zahlungsdienste-Richtlinien sind Feiertage wohl nur dann abzuziehen, wenn sie sich auf die Abwicklung ausgewirkt haben (vgl. Fn 861). b) Beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers (§ 675s Abs. 2 BGB). Die Vor- 393 gaben zu Ausführungsfristen für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers betreffen nach dem Gesagten (allein) den Lastschrifteinzug („Zahlungsauftrag“). Hier wird für die Ausführungsfrist primär auf die Vereinbarung zwischen dem Zahlungsdienstleister und -nutzer abgestellt (S. 1). Da der Lastschrifteinzug auf Zahlungsempfängerseite ausschließlich beruflichen Kunden offen steht, ist dies auch systemkonform und liegen solche Abreden jeweils vor. Soweit in Drittstaatfällen überhaupt Lastschriftverfahren vereinbart werden und § 675s Abs. 2 BGB keine Anwendung findet bzw. ausgeschlossen ist, gilt wiederum der Unverzüglichkeitsgrundsatz. Er bildet das subsidär anwendbare Recht und – sollte eine AGB-Kontrolle nötig sein – auch das gesetzliche Leitbild wohl auch auf Seiten des Zahlungsempfängerinstituts. Übermittelt ist die Weisung, sobald sie der Zahlstelle im Interbankverhältnis in der dort verabredeten Form (vgl. 4.7.5 Core-SDD-Rulebook [SEPA Direct Debit] und B2B-SDD-Rulebook [SEPA Direct Debit B2B] Rulebook) zur Kenntnis gebracht ist. Für den Fall dass das Zahlungsempfängerinstitut Kenntnis hat, dass der Zahlungsvorgang 394 zu einem bestimmten Zeitpunkt, der Fälligkeit, abgeschlossen sein muss, tritt an die Stelle der Vereinbarung (S. 1) eine gesetzlich umrissene Sorgfaltspflicht, die die implizit zu erwartende Abrede formuliert (S. 2): Das Institut hat dann – unter Berücksichtigung der für den Zahlungsdienstleister des Zahlers geltenden Ausführungsfristen (§ 675s Abs. 1 BGB) – die Weisung (Abbuchungsauftrag) des Zahlungsempfängers so rechtzeitig zu übermitteln, dass Gutschrift bis zur Fälligkeit gewährleistet ist. 3. Wertstellungs- bzw. Verfügbarkeitsdatum; Sperrung eines verfügbaren Geldbetrags (§ 675t BGB) a) Verfügbarkeit und Wertstellung beim Zahlungsempfänger bei Buchgeldanweisun- 395 gen (§ 675t Abs. 1 BGB). Gesetzgebungstechnisch wird für Fragen der Verfügbarkeit und der Wertstellung beim Zahlungsempfänger zwischen Zahlungen, die der Zahler unbar (aus Buchgeld) anweist (Abs. 1), und Zahlungen, die der Zahler bar einzahlt (Abs. 2), unterschieden. In beiden Fällen ist dann zwischen Verfügbarkeit und Wertstellung beim Zahlungsempfänger zu unterscheiden. Noch bedeutsamer ist diese Unterscheidung für die – praktisch auch ungleich wichtigere – Anweisung des Zahlers aus Buchgeld (Abs. 1). Mit Verfügbarkeit, die S. 1 und 3 regeln, wird die Möglichkeit umschrieben, auf den Zahlungsbetrag entweder physisch zuzugreifen – namentlich die Zahlungsmittel in Besitz zu nehmen – oder aber über sie als Buchgeld verfügen zu können, was die (Gutschrift-)Buchung des Betrages voraussetzt. Dies ist demnach für alle Arten der Zahlung von Bedeutung, ob sie auf Empfängerseite innerhalb eines Rah-

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Oben Dritter Teil Rn 390; ebenso Palandt/Sprau § 675s Rn 3.

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menvertrages abgewickelt wird (S. 1) oder nicht (Einzelauszahlung, S. 3). Dies gilt auch für die Überweisung (Gutschrift) und Lastschrift (Gutschrift, die hier freilich häufig schon vorher unter Vorbehalt des Widerrufs erteilt wird). 396 Als Frist sieht Abs. 1 – rahmenhaft – Unverzüglichkeit vor, also eine Verfügbarmachung „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) – es sei denn, eine Währungsumrechnung in eine oder von einer Nicht-EWR-Währung ist nötig (sie kann zeitintensiv sein). Unverzüglichkeit sieht freilich auch Abs. 2 vor, dies für den (mangels Vollautomatisierung) eher komplizierteren Fall, dass der Zahler bar einzahlt, und präzisiert dies in S. 2 dahingehend, dass jedenfalls bei beruflichen Kunden ein Geschäftstag die Maximalfrist bildet. Den Schutz wird man für Verbraucher schwerlich niedriger ansetzen können. Schuldhaft ist das Zögern mangels ungewöhnlicher Umstände also jedenfalls, wenn nicht spätestens am Geschäftstag nach Gutschriftbuchung für das Empfängerinstitut dieses den Betrag auch seinem Kunden zur Verfügung gestellt hat, hier gutgeschrieben hat. Die Gutschrift muss freilich auch weiterhin nur in dem Umfang erteilt werden, wie sie dem 397 Empfängerinstitut erteilt wurde (§ 667 BGB). Verfügbarkeit heißt also nicht freie Verfügbarkeit, sondern nur in dem Rahmen dessen, was das Institut selbst erhält. In der Tat handelt es sich weiter um einen Anspruch aus § 667 BGB, für den § 675t BGB lediglich die Erfüllungsfristen regelt und Wertstellungsvorgaben macht.866 Andernfalls wären die folgenden Einschränkungen nicht zu begründen (da § 675t BGB selbst solche nicht vorsieht): Besteht noch eine Widerspruchsmöglichkeit im Lastschriftverkehr, darf die Gutschrift unter den Vorbehalt des Eingangs (E.v.) gestellt werden.867 Zudem beziehen sich Pfandrechte nach Nr. 14 AGB-Banken und ähnliche Sicherungsrechte auch auf diese Gutschrift.868 Sie kann auch zurückgehalten werden, wenn die Forderung, die beglichen wurde, dem Institut abgetreten war.869 Obwohl die Verfügbarkeit wichtig ist, war die Wertstellung (S. 2) schon vor dem ersten Zah398 lungsdienstegesetz ungleich umstrittener. Wertstellung ist ein Konzept, das – abweichend von der Verfügbarmachung – nur bei kontogebundener Abwicklung auf Seiten des Zahlungsempfängers Wirkung entfalten kann. Ebenfalls anders als bei der Verfügbarmachung ist der Betrag für denselben Geschäftstag wertzustellen, an dem der Zahlungsdienstleister selbst Gutschrift erhalten hat. Eigentlich ergibt sich dies bereits aus § 667 BGB und der Geschäftsbesorgerpflicht, alles Erlangte ungeschmälert herauszugeben. Dennoch bedurfte es in Deutschland einer langen Rechtsprechungsentwicklung, um diese Position durchzusetzen,870 und galt sie im Ausland keineswegs flächendeckend. Da der Wertstellungszeitpunkt auch rückwirkend festgelegt werden kann, ist diese Pflicht auch unschwer noch bei Buchung am Folgetag zu erfüllen. (Taggenaue) Wertstellung nach § 675t Abs. 1 BGB erhöht zum Wertstellungszeitpunkt einen Guthabensaldo bzw. reduziert ein Soll, so dass bei der Zinsrechnung ab diesem Tag der geänderte Zinsstock zugrunde zu legen ist. 399

b) Verfügbarkeit und Wertstellung beim Zahlungsempfänger bei Bareinzahlung (§ 675t Abs. 2 BGB). Für den ungleich selteneren Fall der Bareinzahlung – die das Institut entgegennehmen kann, aber nicht muss (etwa Direktbanken) – sind Verfügbarmachung und Wertstellung leicht modifiziert geregelt. Gleich ist das Grundkriterium beim Verfügbarmachen, wieder ist Unverzüglichkeit der Maßstab (S. 1). Daher gilt das zu den unbaren Zahlungsvorgängen

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866 Wie hier BankR-Hdb/Schmieder § 47 Rn 9 f.; aA Palandt/Sprau § 675t Rn 4. 867 BR-Drucks. 848/08, S. 183 f.; Laitenberger NJW 2010, 192 (195); Palandt/Sprau § 675t Rn 4. 868 BR-Drucks. 848/08, S. 183 f.; Palandt/Sprau § 675t Rn 4. 869 Palandt/Sprau § 675t Rn 4; Rühl DStR 2009, 2256 (2258). 870 Vgl. insbes. BGH Urt. v. 17.1.1989 – XI ZR 54/88, BGHZ 106, 259; Urt. v. 6.5.1997 – XI ZR 208/96, BGHZ 135, 316; Urt. v. 17.6.1997 – XI ZR 239/96, WM 1997, 1661; und näheren Überblick bei Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Burghardt § 675t Rn 2 f.; Borges WM 1998, 105.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Gesagte entsprechend. Dieser Maßstab („bloße Unverzüglichkeit“) gilt hier nun freilich auch für die Wertstellung. Der Unterschied ist plausibel: Ein (Buch-)Guthaben würde im System des Instituts sofort „arbeiten“ (Zinsen tragen oder Sollzinsen reduzieren), und dies soll nicht auf Kosten des Kunden zugunsten des Instituts zugelassen werden und daher ist dort taggleiche Wertstellung geschuldet. Gleiches ist jedoch bei Bareinzahlung nicht der Fall. Bargeld trägt keine Zinsen und reduziert Sollzinsen nicht. Dennoch soll das Institut die Bearbeitungszeit nicht hinauszögern dürfen und schuldet daher Wertstellung parallel zur Verfügbarmachung, nach demselben Kriterium, im Regelfall also spätestens am Folgegeschäftstag.871 Für berufliche Zahlungsempfänger ist der Folgegeschäftstag ohne Ausnahme als der Tag der Verfügbarkeit und der Wertstellung geschuldet (S. 2). So wird im beruflichen Verkehr, in dem es auf die Liquidität zu bestimmten Zeitpunkten besonders ankommt oder ankommen kann, mehr Verlässlichkeit für den Zahlungsempfänger aber auch den Zahler verbürgt (bessere Kalkulierbarkeit, etwa wenn es auf Eingang beim Empfänger ankommt, etwa für Sconti). c) Wertstellung der Belastungsbuchung beim Zahler (§ 675t Abs. 3 BGB). Die Parallelre- 400 gelung auf Zahlerseite ist viel kürzer und auch vom Anwendungsbereich her beschränkter – freilich inhaltlich durchaus einschneidend. Sie gilt schon dem Wortlaut nach nur für die unbare Zahlung mittels Abbuchung vom Konto und regelt auch nur die Problematik der Wertstellung. Für diese schreibt sie die Zielsetzung, die auf Zahlungsempfängerseite für eine taggenaue Wertstellung bei Eingang der Valuta spricht, fort. Alles andere wäre auch inkonsequent und ein eklatanter Systembruch. Daher ist auch hier – trotz des etwas ungeschickten Wortlauts (in der Übersetzung) – die Auslegung unschwer im entsprechenden Sinne möglich und auch angezeigt: Dem Zahlungsdienstleister des Zahlers ist es untersagt, anlässlich der Abbuchung die Wertstellung so vorzunehmen, dass er für sich selbst – zu Lasten des Zahlers – Zinsgewinne generiert. Daher darf die Wertstellung erst für den Zeitpunkt vorgenommen werden, in dem auch das Zahlerinstitut selbst belastet wird. So darf etwa, wenn das Zahlerinstitut Vorschuss nach § 669 BGB nimmt, es diesen erst für den Tag in Wert stellen, an dem es selbst nach außen im Interbankenverhältnis belastet wird, etwa Gutschrift für die Korrespondenzbank erteilt.872 Wie wichtig dem Europäischen Gesetzgeber dieser Ausschluss von (versteckten) Wertstellungsgewinnen (in § 675t Abs. 1 S. 1 und 2 sowie Abs. 3 BGB) ist, zeigt sich daran, dass er zwingend vorgesehen ist bei Zahlungen in allen Währungen und dass die klassischen Ausnahmebereiche nur deutlich reduziert eröffnet sind (vgl. §§ 675e Abs. 2 und Abs. 3, 675t Abs. 5 BGB) – was bei nur wenigen anderen Regeln vergleichbar restriktiv gehandhabt wird.873 Die zweite Ausnahme – bei Kleinbetragsinstrumenten – beruht auf der Überlegung, dass das Instrument soll aufgeladen und dann offline benutzt werden können, dass dies jedoch nur möglich ist, wenn der Kartenemittent Vorschuss nehmen kann und dies auch schon mit Wertstellungswirkung.874 d) Vorratssperrung von Valuta für Kartenzahlungen (Abs. 4). Für Kartenzahlungen, 401 wohl auch im Wege des elektronischen Lastschriftverfahrens (mit Generierung an der Händlerkasse) sieht Abs. 4 – in Umsetzung von Art. 75 Abs. 1 ZD-RL II – seit 2018 vor, dass ausgelöste

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871 Palandt/Sprau § 675t Rn 9 (da institutsinterner Vorgang, Verfügbarmachung und Wertstellung am selben Geschäftstag geschuldet). 872 Bartels WM 2010, 1828 (1830); Grundmann WM 2009, 1157 (1161); Palandt/Sprau § 675t Rn 10. Sehr streng traditionell schon auch Frankreich: Art. 133–14 Code monétaire et financier; gegen ein Vorziehen gegenüber der eigenen Belastung beim Abbuchen und Zurückverlegen gegenüber der eigenen Gutschriftbuchung bei Gutschrift zuletzt Cour de Cassation Com. 3.2.2009 RTD banque fin. 2009 Sept-Oct., 41; Piedelièvre Paiement, S. 407; und auch schon traditionell Italien, vgl. Mancini et al./Bello Pagamento, S. 223–239; vergleichbar streng jetzt Grobritannien: sec. 73(3) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 606. 873 Vgl einschränkend BT-Drucks. 16/11643, S. 112. 874 Grundmann WM 2009, 1157 (1161); Palandt/Sprau § 675t Rn 10.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Zahlungsvorgänge vom Institut des Zahlers bereits blockiert werden können, wenn der zu blockierende Betrag feststeht und der Zahler seiner Blockierung (auch in AGB) zugestimmt hat.875 Zugeschnitten ist die Regelung – wie namentlich im Kreditkartenverfahren – auf die Phase der Kreditierung bereits ausgelöster Zahlungen (vor Abrechnung). Der Zahler kann über die blockierten Beträge dann nicht mehr verfügen, umgekehrt ist freilich die Saldominderung noch nicht wertgestellt.876 Der blockierte Betrag ist mit Auftragseingang freizugeben – dann freilich folgt die Buchung in der geschuldeten Höhe. Die Richtlinie sieht dies vor allem für die Fälle vor, in denen die Höhe der dann ausgelösten Zahlung noch nicht bekannt ist – was freilich in der Umsetzung nicht mehr klargemacht wird. Solchermaßen ergänzt Abs. 4 den – ebenfalls 2018 neu eingeführten – Abs. 3 S. 2, der eine Buchung vor Eingang des Zahlungsauftrages (aus den genannten Kongruenzgründen zwischen Buchung und Abbuchung) ausschließt.

I. §§ 675u bis 675x BGB: Haftung bei nicht autorisierten Zahlungsdiensten Übersicht Vorbemerkung zu §§ 675u bis 676c BGB | 402–404 I. § 675u BGB: Zahlungsdienste ohne Autorisierung – Risikotragung der Institute | 405–423 1. Rückabwicklung nicht autorisierter Zahlungsvorgänge im Deckungsverhältnis (§ 675u BGB) | 405–410 a) Grundidee und Anwendungsbereich | 405, 406 b) Kein Aufwendungsersatz-/ Erstattungsanspruch des Zahlungsdienstleisters (S. 1) | 407 c) Erstattungsanspruch des Zahlungsdienstenutzers – mit Durchführungs modalitäten (S. 2–5) | 408–410 2. Bereicherungsausgleich in weiteren Rechtsverhältnissen | 411–423 a) Grundstruktur und Konstellationen | 411–413 b) Mängel im Deckungsverhältnis – insbes. fehlende und widerrufene Autorisierung (Weisung) | 414–421 c) Mängel im Valutaverhältnis | 422, 423 II. §§ 675v, 675w BGB (mit § 676b Abs. 1 BGB): Haftung des Kunden für Ermöglichung von Zahlungsdienstemissbrauch | 424–458 1. Überblick und rechtliche Konstruktion/§§ 675v, 675w BGB) | 424–432 a) Drittmissbrauch mit Zahlungsinstrumenten – Zusammenhang mit anderen Missbrauchsfällen | 424–426

b)

2.

3.

4.

Rechtliche Konstruktion: Schadensersatz für Sorgfaltspflichtverstoß (§ 675w S. 1, 2 BGB) statt Aufwendungsersatzanspruch auf Grund Autorisierung | 427–431 c) Grundsätze der Beweislast (§ 675w S. 3, 4 BGB) | 432 Basishaftung (§ 675v Abs. 1, 2 BGB) | 433–435 a) Kartenverlust und Missbrauch, vor allem Distanzgeschäfte (Abs. 1) | 433, 434 b) Ausnahme bei Unvermeidbarkeit (Abs. 2) | 435 Vollhaftung (§ 675v Abs. 3 BGB) | 436–445 a) Faktenlage als Hintergrund | 436–438 b) Pflichtverstöße und Sorgfaltsmaßstab | 439–442 c) Beweisfragen, insbes. Anscheinsbeweis (§ 676w BGB) | 443–445 Haftungserstreckung und Haftungsausschluss | 446–448 a) Gesamtschuldnerische Haftung | 446 b) Haftungsausschluss bei Unterlassen starker Kundenauthentifizierung (§ 675v Abs. 4 BGB) | 447

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875 Vgl. hierzu BT-Drucks. 18/11495, S. 162 (ohne Hinweis auf das ELV); sowie BeckOGK/Zimmermann (2018), § 675t Rn 655; MünchKommBGB/Zetzsche § 675t Rn 655; BeckOK BGB/Schmalenbach § 675t Rn 15. 876 Ebenso BeckOGK/Zimmermann (2018), § 675t Rn 655; MünchKommBGB/Zetzsche § 675t Rn 655; BeckOK BGB/Schmalenbach § 675t Rn 15.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

c)

III.

Haftungsausschluss ab Sperranzeige (§ 675v Abs. 5 BGB) | 448 5. Sonderfragen bei Kreditkarteneinsatz und Online-Banking | 449–453 a) Mangelnde Autorisierung als Ausgangspunkt (§ 675u BGB) – Haftungskonstruktion | 449, 450 b) (Basis-)Haftung bei bloßer Kreditkartenhingabe und Online-Banking (Abs. 1 – letzte Alt.)? | 451 c) Basis- und Vollhaftung bei Kreditkartenverlust (Abs. 1 bis 3) | 452 d) Haftungsverteilung bei fehlender Weisung im Mail- und Telefonorder-Verfahren | 453 6. Missbrauchsproblematik im grenzüberschreitenden Verkehr | 454, 455 7. Annex: „Pflicht“ zur Prüfung der Abrechnung und Ihre Verletzung (§ 676b Abs. 1 BGB) | 456–458 a) Anwendungsbereich und Rechtsfolge der Prüfungspflicht | 456, 457 b) Inhalt der Prüfungspflicht | 458 § 675x BGB: Erstattung bei Lastschrift und anderen empfängerinitiierten Zahlungsdiensten nach Widerspruch gegen Autorisierung | 459–485 1. Überblick und Anspruchssystem | 459–461 a) Besonderes Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch bei Lastschriften und anderen empfängerinitiierten Zahlungsvorgängen | 459, 460 b) Anspruchssystem im Mehrpersonenverhältnis | 461

2.

3.

4.

5. 6.

Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch bei überhöhter Blankettausfüllung (Abs. 1) | 462, 463 a) Kontext des Erstattungsanspruchs | 462 b) Tatbestand des Erstattungsanspruchs | 463 Gesetzlich eingräumtes freies Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch (Abs. 2, 3 und 5 S. 3) | 464–474 a) Anwendungsbereich | 464–466 b) Entfallen des Widerspruchsrechts bei Genehmigung | 467–470 c) Unbeachtlichkeit eines missbräuchlichen Widerspruchs (auch im Insolvenzfall) | 471–474 Grenzen des Widerspruchsrechts | 475–477 a) Qualifizierte Zustimmung, vor allem bei konkretisierter Ankündigung (Abs. 3) | 475 b) Achtwöchige Ausschlussfrist (Abs. 4) | 476 c) Genehmigung (ex-Abs. 6) | 477 Erstattungsanspruch und sonstige Rechtsfolgen (Abs. 5) | 478–480 Rückwirkung der Erstattung in den anderen Rechtsverhältnissen | 481–485 a) Gesamtsystem | 481, 482 b) Interbankenverhältnis | 483 c) Zuwendungsverhältnis | 484 d) Valutaverhältnis | 485

Vorbemerkung zu §§ 675u bis 676c BGB Das dritte Unterkapitel zu Kapitel 3 zur Durchführung („Erbringung und Nutzung“) von Zah- 402 lungsdiensten (§§ 675j ff BGB) betrifft die Rechtsbehelfe, die „Haftung“ (§§ 675u bis 676c BGB). Aus dem Gesamtbereich der Rechtsbehelfe, auf die jede vertrags- und privatrechtsdogmatische Betrachtung zuläuft, regeln §§ 675u bis 676c BGB zwar die wichtigsten, jedoch nicht alle. Die Regelung fokussiert sich auf das jeweilige Rechtsverhältnis zwischen einem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister (selbst dies freilich nicht umfassend); und seitdem dritte Zahlungsdienstleister gesetzlich anerkannt wurden, wird das Gesagte dadurch besonders bestätigt, dass auch das Verhalten der Zahlungsauslösedienste (im Verhältnis zum Nutzer) dem jeweiligen Zahlungsdienstleister zugerechnet bzw. zugeordnet wird (vgl. etwa §§ 675u S. 5, 675y Abs. 1 S. 3 und Abs. 3 S. 3, 676b Abs. 4 S. 1 BGB). Vorliegend werden jedoch, um das Bild der Rechtsbehelfe zu vervollständigen, zentrale weitere Rechtsbehelfe annexweise mitbehandelt, etwa der Bereicherungsausgleich in anderen als den geregelten Rechtsverhältnissen. Eine zweite Form der Integration ist im Folgenden zu leisten: Die Regeln zu den Rechtsbehelfen (§§ 675u bis 676c BGB) greifen in vielen Voraussetzungen – Tatbestandsmerkmalen – auf Regeln zurück, die weiter vorne stehen, etwa das Konzept der Autorisierung mit all ihren Wirksamkeitsvoraussetzun583

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

gen (§§ 675j ff BGB) oder das Konzept des Rahmenvertrages und seines (Fort-)Bestehens (§ 675f ff BGB). Teils sind Regeln zu den Rechtsbehelfen und diese früheren Regeln eng miteinander verknüpft, etwa die Widerrufsregeln zur Lastschrift (§ 675p BGB) mit denen zum Widerspruch gegen den Lastschriftauftrag (§ 675x BGB) oder die Regeln zu Präventionspflichten von Zahler und Zahlungsdienstleister (§§ 675l, 675m BGB) mit denen zur Haftung bei (dennoch erfolgtem) Drittmissbrauch (§§ 675v, 675w BGB). Die jeweils wechselbezüglichen Regelkomplexe sind dann integriert zu sehen. Die im 3. Unterkapitel geregelten Sachfragen („Rechtsbehelfe“) unterfallen in drei Unterkomplexe, wobei die letzten beiden eng verknüpft erscheinen: 403

(1) Der erste Unterkomplex betrifft die Rechtsbehelfe, die der Zahler und sein Zahlungsdienstleister gegeneinander haben, wenn die Autorisierung nicht befugt erteilt oder durch Widerspruch aufgehoben wurde. Die Ausgangsregel in § 675u BGB geht dahin, dass der Zahlungsdienstleister in diesem Fall keinen (Aufwendungs-)Ersatzanspruch gegen den Zahler hat bzw. (mangels Behaltensgrundes) eine bereits erfolgte Belastungsbuchung rückgängig zu machen hat (Erstattungsanspruch) (§ 675u BGB). Annexweise ist der Bereicherungsausgleich, gerade auch in den anderen Rechtsverhältnissen, zu behandeln. Von der Risikotragung durch den Zahlungsdienstleister (§ 675u BGB) wird eine Ausnahme gemacht, und zwar in Form eines Schadensersatzanspruches des Zahlungsdienstleisters gegen den Kunden, wenn die Autorisierung durch einen unbefugten Dritten mittels eines Zahlungsinstruments vorgenommen wurde und der Kunde bestimmte Ursachenbeiträge hierfür setzte und so dem Drittmissbrauch Vorschub leistete (§§ 675v, 675w BGB). Mindestens einen weiteren Schadensersatzanspruch (genauer: den diesbezüglichen Pflichtverstoß) regelt freilich eine – an ganz anderer Stelle in diesem Unterkapitel platzierte – Regel: Erkennt der Kunde nicht autorisierte Verfügungen, insbesondere auf den Kontoauszügen bzw. -abrechnungen, hat er dies (bei jedem Zahlungsvorgang, auch solchen ohne Zahlungsinstrument) seinem Zahlungsdienstleister unverzüglich mitzuteilen, um weiterem Drittmissbrauch vorzubeugen (§ 676b Abs. 1 BGB). Diese Regel ist beim Drittmissbrauch mitzukommentieren. Die Grundregel (Erstattungsanspruch des Kunden) greift ebenfalls ein, wenn bei einem vom Zahlungsempfänger initiierten Zahlungsvorgang, namentlich einer Lastschrift, der Zahler (oder ein Befugter) die Autorisierung zwar zunächst erteilt hat, dann aber durch zulässigen Widerspruch wieder aufgehoben hat (§ 675x BGB). Die Autorisierung wird behandelt, als sei sie „nicht erteilt“ worden, so dass der Zahler auch hier insbesondere einen Erstattungsanspruch hat.

404

(2) Der zweite Unterkomplex umfasst die Rechtsbehelfe, die Zahlungsdienstenutzer gegen Zahlungsdienstleister und diese untereinander haben, wenn zwar die Autorisierung wirksam erteilt worden ist, der Auftrag jedoch nicht oder nicht fehlerfrei ausgeführt worden ist. Es sind dies verschiedene Haftungsansprüche der Zahlungsdienstnutzer gegen ihre Zahlungsdienstleister, zumindest jedoch Nachforschungspflichten der Zahlungsdienstleister (§§ 675y, 675z BGB), wobei der Nachweis der ordnungsmäßigen Ausführung vom Zahlungsdienstleister zu führen ist (§ 676 BGB). Zwischen den Zahlungsdienstleistern selbst bestehen, wenn einer für einen Ursachenbeitrag haftet, den ein anderer gesetzt hat, Ausgleichsansprüche (§ 676a BGB). Ergänzt wird dieser Unterkomplex durch (3) Haftungsausschlusstatbestände in Form von Ausschlussfristen (§ 676b Abs. 2–5 BGB) und der Ausnahme bei unvermeidbaren Ereignissen und gesetzlich angeordneter Pflichterfüllung (§ 676c BGB). Zwar gelten diese Haftungsausschlussgründe auch für die Erstattungsansprüche nach §§ 675u und 675x BGB, haben praktisch jedoch ihren Schwerpunkt bei § 675y, 675z BGB und gelten für die Schadensersatzansprüche des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahlungsdienstenutzer schon gar nicht (§§ 675v, 675w, 676b Abs. 1 BGB).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

I. § 675u BGB: Zahlungsdienste ohne Autorisierung – Risikotragung der Institute § 675u Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Zahlungsvorgänge Im Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegen diesen keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen. Er ist verpflichtet, dem Zahler den Zahlungsbetrag unverzüglich zu erstatten und, sofern der Betrag einem Zahlungskonto belastet worden ist, dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch den nicht autorisierten Zahlungsvorgang befunden hätte. Diese Verpflichtung ist unverzüglich, spätestens jedoch bis zum Ende des Geschäftstags zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem dem Zahlungsdienstleister angezeigt wurde, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert ist, oder er auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat der Zahlungsdienstleister einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Zahlers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat der Zahlungsdienstleister seine Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 den kontoführenden Zahlungsdienstleister.

1. (Rück-)Abwicklung nicht autorisierter Zahlungsvorgänge im Deckungsverhältnis (§ 675u BGB) a) Grundidee und Anwendungsbereich. § 675u BGB verhilft dem Grundgedanken zum 405 Durchbruch, dass der Zahler, der den Zahlungsvorgang nicht autorisiert hat, nicht durch diesen belastet werden darf: weder indem der Zahlungsdienstleister von ihm Erstattung der Aufwendungen verlangen kann (S. 1) noch dadurch, dass er einen schon genommenen Vorschuss (§ 669 BGB) behalten bzw. eine vollzogene Belastungsbuchung bestehen lassen darf (S. 2). Dieser Grundgedanke wird demnach nach beiden Richtungen durchgeführt und durch die Pflicht des Zahlungsdienstleisters hierüber zu informieren (Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 5 lit. e EGBGB) faktisch besser durchsetzbar gemacht. Die Regel gilt für alle Zahlungsvorgänge, gleichgültig ob sie mit oder ohne Authentifizierung erfolgt sind, dh. für alle Zahlungsinstrumente: Überweisung, Lastschrift, Girocard und Kreditkarte. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers trägt also grundsätzlich das Risiko fehlender Autorisierung. Das gilt namentlich bei gefälschter Autorisierung praktisch unbeschränkt, 877 bei gewissen Drittmissbrauchsfällen haftet ihm freilich (auf Grund erheblichen Ursachenbeitrages) der Zahler (vgl. zu diesem Komplex näher §§ 675v, 675w BGB, unten Punkt II.). Der genannte Grundgedanke gilt allgemein, mit wenigen Ausnahmen. Nur bei Kleinbe- 406 tragsinstrumenten in Form von elektronischem Geld ohne Sperrmöglichkeit ist er ohne Sinn und daher unanwendbar (wie bei Bargeld trägt der Zahler dort das Risiko von Drittmissbrauch uneingeschränkt) (§ 675i Abs. 3 BGB). Bei anderen Kleinbetragsinstrumenten ohne die Möglichkeit, Autorisierungen nachzuverfolgen (§ 675i Abs. 2 Nr. 3 BGB), und in außereuropäischen Drittstaatenfällen (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB) ist immerhin eine abweichende (ggf. modifizierende) Abrede zulässig. Keine Ausnahme gilt demgegenüber im Verhältnis zu beruflichen Kunden sowie für die innereuropäischen Bestandteilen von Drittstaatenfällen.878

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877 Schon BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 (3214); BGH Urt. v. 30.6.1992 – XI ZR 145/91, WM 1992, 1392 (1393 f.); BGH (Fn 547) NJW 1994, 2357 (2358 f.); Meyer-Cording Bank-Überweisung, S. 104–107; Baumbach/Hopt (7) Rn C/58. 878 Die Beschränkung des Anspruchs aus § 675u BGB in Nr. 2.3.4. Bedingungen für den Überweisungsverkehr gegenüber beruflichen Kunden findet in § 675e Abs. 1 und 4 BGB keine Stütze und verstößt daher gegen zwingendes Recht; vgl. Einsele ZIP 2011, 1741 (1743).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

407

b) Kein Aufwendungsersatz-/Erstattungsanspruch des Zahlungsdienstleisters (S. 1). Schon nach allgemeinem Auftragsrecht setzt der Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB nicht nur einen Rahmenvertrag und Ausführung voraus, sondern auch den Einzelauftrag (Weisung) zur Ausführung. Fehlt er/sie – die Autorisierung –, entfällt auch der Anspruch.879 Dies stellt § 675u S. 1 BGB – anders als beide ZD-RL selbst – nochmals ausdrücklich klar. Und § 676w BGB regelt – jedenfalls für die Zahlungsvorgänge, bei denen die Autorisierung mittels Authentifizierung erfolgt – die Beweislast. Da es sich bei § 675u S. 1 BGB um eine vertragliche Regelung handelt, die den Anspruch versagt, kann der Zahler auch nicht bereicherungsrechtlich auf Aufwendungsersatz in Anspruch genommen werden,880 wohl jedoch schadensersatzrechtlich (vgl. Wertung des § 325 BGB), namentlich nach § 675v, 675w BGB. Der Ausschluss des Bereicherungsrechts gilt jedoch nicht für andere Rechtsverhältnisse (vgl. unten).

408

c) Erstattungsanspruch des Zahlungsdienstenutzers – mit Durchführungsmodalitäten (S. 2–5). Hat der Zahlungsdienstnutzer den Aufwendungsersatz bereits bezahlt, obwohl der Zahlungsdienstleister keinen Anspruch darauf hatte, oder hat dieser bereits eine Belastungsbuchung vorgenommen, ist das Erlangte unverzüglich zurückzugewähren (S. 2, Art. 73 Abs. 1 ZDRL II, ex- Art. 60 Abs. 1 ZD-RL I): bei Barzahlung ist das Erlangte unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) (sofort nach Prüfung), in bar zu erstatten; bei Belastungsbuchung ist diese wertstellungswirksam zu stornieren (nicht etwa bar zu erstatten).881 Es ist also das Konto – hinsichtlich Soll- und Habenzinsen – so zu rechnen, als hätte die Belastungsbuchung nie stattgefunden.882 Das macht auch auf dieser Seite Verzugszinsen überflüssig. Auch bei der Belastungsbuchung ist das Unverzüglichkeitserfordernis wichtig, da der Zahler über den Betrag auch schnell wieder verfügen können soll. Zwischenzeitliche Folgeschäden sind nach § 280 Abs. 1 BGB zusätzlich zu ersetzen – etwa nicht erzielte Skonti für zeitnahe Zahlungen, die der Zahler andernfalls hätte tätigen können.883 Diese Grundlinie bestätigt und präzisiert die (2018 hinzugekommene) Regelung in S. 3, nach der nicht nur solch rückwirkende Wertstellungsberichtigung geschuldet ist, sondern auch die Korrektur der Buchung selbst nicht nur „unverzüglich“, sondern zudem spätestens innerhalb eines Geschäftstages nach Kenntnisnahme vom Anspruch bzw. der Anspruchserhebung zu erfolgen hat – um die Verfügbarkeit der Valuta wieder zu gewährleisten (zur Ausnahme Betrugsverdacht nächste Rn).884 Der Erstattungsanspruch verdrängt – als vertraglicher Anspruch – den bis 2009 angenommen, inhaltsgleichen Bereicherungsanspruch des Zahlers gegen sein Institut bei unautorisierter Überweisung (Rückgängigmachung der Belastungsbuchung) gänzlich. Den abschließenden Charakter unterstreicht § 675z S. 1 BGB885 – mit einer zentralen Folge und Modifikation: Für den Anspruch

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879 Soergel/Beuthien § 670 Rn 7; MünchKommBGB/Schäfer § 670 Rn 27; Staudinger/Martinek/Omlor § 670 Rn 12. Für Frankreich: Art. 133–18 Code monétaire et financier; Piedelièvre Paiement, S. 413–416; für Großbritannien: sec. 61(a) (b) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 608; für Italien Mancini et al./O. Troiano/Cuoccii Pagamento, S. 137–142; und speziell für die Tragung des Fälschungsrisikos durch das Institut für Frankreich: Piedelièvre Paiement, S. 393. 880 Unstreitig, vgl. Bartels WM 2010, 1828 (1833); Belling/Belling JZ 2010, 708 (710); Winkelhaus BKR 2010, 441 (445); Palandt/Sprau § 675u Rn 3. 881 Kein Anspruch hierauf, etwa weil der Zahler angesichts negativem Kontostand Bargeld bevorzugt: BGH Urt. v. 2.4.2009 – IX ZR 171/07, WM 2009, 958 (959 Tz 13). 882 Winkelhaus BKR 2010, 441 (445); MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 20 ff. 883 MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 20 ff.; Staudiner/Omlor § 675u Rn 17; wohl auch BankR-Hdb/Schmieder § 47 Rn 51. 884 Näher hierzu – auch dazu, dass das Unverzüglichkeitsanforderung unberührt bleibt und eine noch schnellere Reaktion notwendig machen kann –: BT-Drucks. 18/11495, S. 163 f.; sowie BeckOGK/Zimmermann (2018), § 675u Rn 26–28; MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 37; Palandt/Sprau § 675u Rn 6. 885 Dazu (insbesondere auch zum abschließenden Charakter dieses Anspruchs): BR-Drucks. 848/08, S. 184 (Bereicherungsanspruch präkludiert). Zur Qualifikation der Belastungsbuchung als bloßer Buchposition (ohne

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

nach § 675u S. 2 BGB gilt eine 13-monatige Ausschlussfirst (Art. 71 Abs. 1 ZD-RL II, ex- Art. 58 ZD-RL I und § 676b Abs. 2 S. 1 BGB), die endgültig alle Ansprüche abschneidet, auch die Kondiktion eines möglichen Anerkenntnisses durch Schweigen auf Kontoabschluss hin.886 Weitere Modalitäten der Geltendmachung präzisieren seit der Novellierung durch die zweite 409 Zahlungsdienste-Richtlinie Sätze 3 (zur Unverzüglichkeit, vorige Rn) sowie Sätze 4 und 5 – Letztere zu Strukturen der Geltendmachung, namentlich zur Effektivierung/Initiierung des Anspruches in Problemfällen und zum erfassten Adressatenkreis. Liegt ein Betrugsverdacht gegen den Zahler vor, so ändert sich die Prozedur – nur bei Betrugsverdacht gegen ihn, denn andernfalls ist der Erstattungsanspruch nach S. 2 jedenfalls gegeben und daher in den genannten Fristen ohne Verlust erfüllbar –,887 so greift das Verfahren nach S. 4. Die Höchstfrist nach S. 3 wird ersetzt durch eine doppelte Pflicht: den Verdacht der Aufsichtsbehörde zu melden, und mit dieser Meldung wird dann anstelle einer Pflicht zur Erfüllung schon am nächsten Geschäftstag eine Pflicht ausgelöst, die Betrugsfrage unverzüglich zu untersuchen und zu unterscheiden – sowie bei für den Nutzer positiver Antwort dann in den Fristen nach S. 2 und 3 die Erstattung nachzuholen (mit rückwirkender Wertstellung).888 Bei Einschaltung von Zahlungsauslösediensten wird nach S. 5 weiterhin allein das kontoführende Institut verpflichtet (Vorgabe aus Art. 73 Abs. 2 1. UAbs. ZD-RL II), obwohl dieses der Einschaltung nicht zugestimmt haben muss, also primär, weil es allein die Fragen des Zusammenwirkens professionell aufklären kann – namentlich auch entscheiden kann, ob nach S. 2 und 3 (mit kurzen Fristen) oder nach S. 4 (mit intensiverem Verfahren) vorzugehen ist (und dann Regress nach § 676a Abs. 1 BGB nehmen kann). 889 Die Geltendmachung des Erstattungsanspruches ist i.d.R. als Ablehnung einer Genehmi- 410 gung zu verstehen, soweit diese Form der Autorisierung möglich gewesen wäre (§ 675j Abs. 1 S. 2 2. Alt. BGB). Hatte der Zahler eine andere Weisung gegeben (etwa Zahlung auf ein anderes Konto), ist also der Zahlungsvorgang formal nicht autorisiert worden, ist jedoch der Zweck des Zahlers erreicht (etwa weil der Zahlungsempfänger die Überweisung an Erfüllungs Statt angenommen hat), stellt sich die allgemeinere Frage nach den Grenzen der Geltendmachung des Erstattungsanspruches: Wirkt etwa das Verhalten des Kunden mit – etwa ein Fehler beim Ausfüllen des Überweisungsträgers –, so galt § 254 BGB entsprechend.890 Seit 2009 wird man differenzieren müssen:891 Wenn das Zahlungsdiensterecht keine Pflicht vorsieht – also weder eine

_____ rechtlich wirksame Begründung eines entsprechenden Anspruchs des Instituts, bevor der Kunde nicht [regelmäßig durch Schweigen] zugestimmt hat), vgl. oben Zweiter Teil Rn 166. Näher zu § 676b Abs. 2 BGB unten Dritter Teil Rn 534 f. 886 Weniger klar in diesem Sinne BR-Drucks. 848/08, S. 195 f., vgl. aber auch vorige Fn zum abschließenden Charakter der statuierten Ansprüche. 887 Für die Begrenzung auf Betrugsverdacht gegen den Nutzer: BT-Drucks. 18/11495, S. 163 f.; sowie BeckOGK/ Zimmermann (2018) § 675u Rn 26–28; MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 37; BeckOK BGB/Schmalenbach § 675u Rn 5. 888 Für dieses Fristengefüge: BT-Drucks. 18/11495, S. 163 f.; sowie BeckOGK/Zimmermann (2018), § 675u Rn 26– 28; MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 37; BeckOK BGB/Schmalenbach § 675u Rn 5. 889 Zu dieser Erklärung (und dem Regressanspruch nach § 676a Abs. 1 BGB bei gleichzeitigem Ausschluss eines Anspruchs des Zahlers gegen den Zahlungsauslösedienst) BT-Drucks. 18/11495, S. 164; sowie BeckOGK/Zimmermann (2018), § 675u Rn 26–28; MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 37; BeckOK BGB/Schmalenbach § 675u Rn 5. 890 BGH (Fn 227), BGHZ 87, 376 (380) = NJW 1983, 2944; BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (391 f.) = NJW 1990, 250; BGH (Fn 631), NJW 1991, 3208 (3209 f.); Baumbach/Hopt (7) Rn C/59. Nur analog ist § 254 BGB anzuwenden, weil kein Schadensersatzanspruch des Kunden in Frage steht. BankR-HdB/Schimansky (3. Aufl., Verweis in BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 130) § 49 Rn 126–128 geht davon aus, dass das Institut in Normalfällen mindestens die Hälfte des Schadens zu tragen habe, überwiegendes Verschulden des Kunden sei nur angenommen worden bei ungewöhnlich schweren, insbes. dauerhaften Sorgfaltsverstößen, etwa 13-jähriger Weiterzahlung nach dem Tod des Empfängers oder Beibehaltung der Fehlbezeichnung nach mehrfachem Hinweis: BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (393) = NJW 1990, 250; BGH Urt. v. 25.11.1977 – II ZR 122/76, WM 1978, 367 (367 f.). Anders freilich im Verfahren BGH (Fn 710), BGHZ 68, 266 (bes. 267). 891 Allgemeiner zur Frage, ob Mitverschulden des Kunden, etwa unklare Kontokennung, nach § 254 BGB den Haftungsanspruch für Ausführungsfehler mindert, insbes. denjenigen nach § 675u BGB, und dies trotz

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Absicherungspflicht für das Zahlungsinstrument und soweit vorhanden für die personalisierten Sicherheitsmerkmale (§ 675l Abs. 1 BGB), ggf. auch kraft Abrede (§ 675l Abs. 2 BGB), noch eine Pflicht, Unregelmäßigkeiten zeitnah anzuzeigen (§ 676b Abs. 1 BGB) –, kann eine Berufung auf Mitverschulden nicht mehr zulässig sein. Das gilt etwa für die unbefugte Nutzung von Überweisungsträgern, in die der Name des Kontoinhabers eingedruckt ist.892 Wenn hingegen solch eine Pflicht des Kunden bestand, ist eine gegenläufige (Teil-)Haftung des Kunden unschwer zu konstruieren (ausdrücklich § 675v BGB).893 Und in Fällen, in denen der Kunde rechtsmissbräuchlich handelt, wird auch dieser Einwand nach nationalem Recht vom Europäischem Recht wohl toleriert:894 So war bis 2002 unbestritten, dass ein Verstoß den Aufwendungsersatzanspruch unberührt lässt, wenn das gewünschte Ergebnis dennoch erreicht wurde.895 Ist seit 2002 der Erfolg geschuldet (und nicht eine korrekte Art des Bemühens), ist sogar von Erfüllung auszugehen. Die fehlende Relevanz des Verstoßes ist vom Institut zu beweisen. Von solcher ist auszugehen, wenn der Betrag dem angewiesenen Konto gutgeschrieben wurde,896 jedoch auch, wenn der Betrag einem anderen Konto gutgeschrieben wurde und dies für den Auftraggeber so gut ist wie korrekte Ausführung.897 2. Bereicherungsausgleich in weiteren Rechtsverhältnissen 411

a) Grundstruktur und Konstellationen. § 675u BGB behandelt nur einen Ausschnitt aus der Problematik der Rückabwicklung fehlerhafter Überweisung: wenn der Fehler in der fehlenden Auftragserteilung im Deckungsverhältnis liegt. Diese Frage zählt sogar zu den einfacheren, die Behandlung der anderen Fragen im nationalen Recht wird durch die Regelung durch das Zahlungsdiensterecht (trotz Vollharmonisierungsansatzes) nicht präkludiert.898 Der Bereicherungsausgleich im Überweisungsrecht wird in Deutschland herkömmlich eher im Dreipersonenverhältnis diskutiert – unabhängig davon, ob rechtlich in der Tat nur drei Personen beteiligt sind (Haus- und Filialüberweisung) oder außerdem weitere (außerbetriebliche Überweisung). Denn die Empfängerbank ist bereicherungsrechtlich nie als intendierter Leistungs-

_____ Vollharmonisierungsansatzes und § 675e Abs. 1 BGB, vgl. Grundmann WM 2009, 1109 (1115); Palandt/Sprau § 675y BGB Rn 8. 892 Nach alter Rechtslage konnte demgegenüber jeder Sorgfaltsverstoß zu Schadensersatzansprüchen gegen den Kunden führen, auch etwa bei unvorsichtiger Aufbewahrung von Überweisungsträgern mit Eindruck der Auftraggeberdaten: BGH Urt. v. 11.10.1994 – XI ZR 238/93, NJW 1994, 3345; zur Zulässigkeit, die Rechtsscheindogmatik unter dem Zahlungsdiensteregime überhaupt heranzuziehen: auch (vorrangig für die hier angesprochene Überweisung) Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675j Rn 12 ff.; dies. FS Köndgen 2016, S. 383 (385 ff.). 893 Dazu BGH Urt. v. 11.10.2005 – XI ZR 85/04, NJW 2006, 294; sowie Dritter Teil Rn 430 f. 894 Die Stützung einer Ausnahme auf den Rechtsmissbrauchseinwand (nach nationalem Recht) lässt auch der EuGH grds. zu, wenn dies dem Richtlinienziel nicht widerspricht: vgl. EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. 895 Allgemein: BGH Urt. v. 11.10.2005 – XI ZR 85/04, NJW 2006, 294 (296). Eine Berufung auf die Einwendung seitens des Kunden sei rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB): BGH (Fn 703), WM 1976, 904 (906); BGH (Fn 631), NJW 1991, 3208 (3209 f.); OLG Hamm (Fn 710), WM 1991, 1918 (1919 f.); schlicht Erfüllung annehmend Dräger MDR 2012, 1009. 896 Alle Nachw. vorige Fn. 897 Etwa weil der Empfänger die Überweisung als Erfüllung anerkennt oder offensichtlich anerkennen muss. Tendenziell ebenso BGH (Fn 703), WM 1976, 904 (906); Baumbach/Hopt (7) Rn C/59; Auffächerung von Fallgruppen bei Canaris Bankvertragsrecht, Rn 350. Andererseits müssen bei Anwendung des Grundsatzes der Auftragsstrenge auch geschäftliche Interessen des Auftraggebers beachtet werden, so dass ihm ein Rechtsstreit mit dem Empfänger (auch gegen Übernahme des Prozessrisikos) nicht zugemutet werden darf und dass in diesem Falle daher der Verstoß nicht als folgenlos qualifiziert werden kann. 898 MünchKommBGB/Zetzsche § 675u Rn 7; Palandt/Sprau § 675u Rn 4 ff.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

empfänger, sondern stets nur als Zahlstelle des Empfängers zu sehen. Entsprechendes gilt für die zwischengeschalteten Institute. Im Dreipersonenverhältnis kann, da zwischen dem Empfänger und dem beauftragten In- 412 stitut kein Rechtsverhältnis besteht, von einem planwidrigen Fehlen des Rechtsgrundes nur im Valuta- und im Deckungsverhältnis gesprochen werden. Daher werden Mängel allein für diese beiden Rechtsverhältnisse diskutiert – wobei für Mängel im Deckungsverhältnis heute (neben § 675u BGB) nur noch die Frage zu erörtern ist, wie sie sich bereicherungsrechtlich in weiteren Rechtsverhältnissen auswirken, etwa auf den Zahlungsempfänger. Im Valutaverhältnis handelt es sich um Fälle, in denen der Anspruch Einwendungen oder Einreden ausgesetzt ist oder die vorgenommene Überweisung keine Erfüllungswirkung zeitigt. Im Deckungsverhältnis handelt es sich um die unproblematischen Fälle, dass das Auftragsverhältnis oder dass Deckung fehlt, ganz überwiegend jedoch um Fälle, in denen die Weisung (Autorisierung) mangelhaft ist – eine Frage, die im Verhältnis des Zahlungsdienstleisters zum Zahler § 675u BGB (abschließend) regelt. Unbestritten – selbst unter Berücksichtigung einer möglichen Ausstrahlwirkung der Zah- 413 lungsdienste-Richtlinien– ist zunächst der Ausgangspunkt: Leistungen in jedem dieser Rechtsverhältnisse sind grundsätzlich allein zwischen den Parteien des Rechtsverhältnisses rückabzuwickeln.899 Das überzeugt auch wertungsmäßig, denn diese Parteien haben sich als Vertragspartner gewählt und haben daher gegenseitig das Insolvenzrisiko zu tragen, desgleichen die Einwendungen, die sie gegeneinander haben.900 Dabei leistet bei mangelfreier Überweisung nach Auffassung aller Beteiligter der Auftraggeber (Schuldner) an den Empfänger (Gläubiger) und das beauftragte Institut an den Auftraggeber,901 nicht das beauftragte Institut an den Empfänger. Das nehmen im Ausgangspunkt auch diejenigen an, die der ZahlungsdiensteRichtlinie Wertungen entnehmen, die es angezeigt erscheinen lassen, das Regime des Bereicherungsausgleiches, wie es sich im deutschen Recht über Jahrzehnte ausgebildet hat, grundlegend zu modifizieren. Allein wenn jede Leistungsbeziehung zu verneinen ist, kommt es zu Nichtleistungskondiktionen.902 An die Stelle von Kondiktionen treten im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister die Ansprüche nach § 675u S. 1 und 2 BGB. Umgekehrt ist freilich das Kondiktionsverhältnis zwischen Zahler und Zahlungsempfänger nicht geregelt, so dass die diesbezüglichen Grundsätze unverändert fortgelten können. Erst für die Auswirkung im De-

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899 So durchaus auch die beiden jüngeren Leitentscheidungen des BGH, in denen manche Autoren eine „historische Wende“ sehen (ewa Landschein BKR 2016, 457 (457)): BGH Urt. v. 16.6.2015 – XI ZR 243/13, BGHZ 205, 377 = WM 2015, 1631 = NJW 2015, 3093; krit. Anmerkungen: Hadding WuB 2015, 488; Omlor EWiR 2015, 595 („dogmatischer Flurschaden“); zust. Kropf WM 2015, 67; Winkelhaus JurisPR-BKR 8/2016 Anm. 1 krit (hinsichtlich Begründung, nicht Ergebnis): Jansen JZ 2015, 952; vgl auch Foerster BGK 2015, 473; Langebucher FS Köndgen 2016, S. 389; und zuvor (weniger grundlegend) BGH Urt. v. 2.6.2015 – XI ZR 327/14 BGHZ 205, 334 = WM 2015, 1458 = NJW 2015, 2725; zust. etwa Nobbe WuB 2015, 648; Casper/Danwerth EWiR 2015, 528;. Grundlegend für diesen Bezug auf das jeweilige Leistungsverhältnis: BGH Urt. v. 29.5.1967 – VII ZR 66/65, BGHZ 48, 70 (73) = NJW 1967, 1905; BGH Urt. v. 25.9.1986 – VII ZR 349/85, NJW 1987, 185 (186); BGH (Fn 508), BGHZ 111, 382 (385); BGH (Fn 547), NJW 1994, 2357 (2357 f.); BGH Urt. v. 24.4.2001 – VI ZR 36/00, BGHZ 147, 269 (273); BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 = BKR 2005, 372 (373 f.); BGH (Fn 522), NJW 2006, 1965; BGH Urt. v. 5.12.2006 – XI ZR 21/06, ZIP 2007, 319 (320); OLG München Urt. v. 4.2.2009 – 20 U 3996/08, juris; OLG Frankfurt Urt. v. 9.9.2009 – 9 U 20/08, juris (doppelte Überweisung, die doppelt angewiesen, muss Schuldner vom Gläubiger zurückfordern); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 430; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 113; monographisch Seiler Bereicherungsausgleich. 900 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 430.; unverändert wichtig als Gesichtspunkt unter der neuen BGHRechtsprechung, allerdings abzuwägen gegen eine Verantwortlichkeit für eigene Fehlersetzung, vgl. etwa Jansen JZ 2015, 952 (954 f.). 901 Ausdrücklich wieder BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377 (Rn 17); aus der langen Rechtsprechungslinie vgl BGH Urt. v. 9.5.1983 – II ZR 241/82, BGHZ 87, 246 (250) = NJW 1983, 2501; BGH Urt. v. 19.1.1984 – VII ZR 110/83, BGHZ 89, 376 (382) = NJW 1984, 1348; BGH (Fn 547), NJW 1994, 2357 (2357); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 114. 902 BGH (Fn 899), NJW 1987, 185 (186); Schwintowski Kap. 9 Rn 290 (Nichtleistungskondiktion bei nicht autorisiertem Zahlungsvorgang).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

ckungsverhältnis stellt sich überhaupt die Frage, ob und in welchem Maß das deutsche Recht durch das EU-Richtlinienregime überformt ist. Da mit den beiden genannten Entscheidungen des BGH aus 2015 zwar eine Rechtsprechungsänderung in gewissen Konstellationen vollzogen wurde, umgekehrt jedoch offen gelassen wurde bzw. verneint wurde, dass das Regime der EU-Zahlungsdiensterechts (ZD-RL I und II) diese Änderungen nötig gemacht bzw. angestoßen hat,903 sollte die klassische Einteilung schlicht fortgeschrieben, nicht aufgegeben werden. Die These von der grundsätzlichen Fortgeltung des klassischen Bereicherungsausgleichs nach deutschem Recht (außer für den Erstattungsanspruch nach § 675u BGB) erscheint in ihrem Kern durch die Rechtsprechungsänderung nicht erschüttert, obwohl sich das Ergebnis in einer spezifischen Sachverhaltskonstellation änderte (vgl. näher die Zusammenfassung hierzu unten Dritter Teil Rn 420). b) Mängel im Deckungsverhältnis – insbes. fehlende und widerrufene Autorisierung (Weisung). Ausgangspunkt ist: Probleme ergeben sich allein bei Weisungsmängeln. Denn Voraussetzung für die Pflicht des beauftragten Instituts, die Überweisung durchzuführen, ist nach dem Gesagten ein Verpflichtungsgeschäft („Überweisungsvertrag“, meist Rahmenvertrag mit Weisung) und das Vorhandensein von Deckung. Keine rechtlichen Probleme werfen Mängel in zwei dieser drei Elemente auf: Der abstrakte Charakter der Empfängergutschrift, eine zentrale Effizienzbedingung des Instruments Überweisung, zeigt sich gerade darin, dass fehlende Deckung die Gutschrift nicht entfallen lässt, also zwar ungewollt Kredit gewährt wurde, jedoch kein Bereicherungsausgleich stattfindet.904 Auch das Fehlen eines Rahmenvertrages ist unschädlich, da in diesem Fall die Weisung als Angebot zu einem isolierten Überweisungsvertrag verstanden werden kann, den das Institut durch Ausführung annimmt.905 Fehlt hingegen die Weisung des Kunden, so ist die Wertung schwieriger. Die Fälle rei415 chen von solchen, in denen keine wirksame Weisung des Auftraggebers vorliegt (fehlende oder beschränkte Geschäftsfähigkeit, Fälschung und Verfälschung, vollmachtlose Vertretung), über solche, in denen das Institut über die vorliegende Weisung hinausgeht (zehnfacher Betrag, Doppelüberweisung oder Überweisung an den falschen Empfänger), bis hin zur später entfallenen (widerrufenen) Weisung.906 Vorwiegend die letztgenannte Konstellation wirft die Fragen des Zusammenspiels deutschen Bereicherungsrechts mit dem EU-Richtlinienregime auf. Wertungsmäßig ist zentral, dass der Konflikt seinen Ausgangspunkt beim Institut hat: 416 Kommt es zur Überweisung trotz Mängeln bei der Weisung, so liegt das Risiko im Verhältnis zum Kunden (abgesehen von Mitverschulden) beim Institut. Dies stellen Art. 73 ZD-RL II, exArt. 60 ZD-RL I und § 675u BGB außer Zweifel und dies muss auch in der Ausgestaltung des Be-

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903 Da im konkreten Fall schon deutsches Recht im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlerinstitut für Letzteres keinen Anspruch begründe, wurde der Einfluss des Richtlinienregimes offengelassen von: BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334 (Rn 13, 17 f.). Explizit eine Rückwirkung des EU-Richtlinienregimes, vor allem des Erstattungsanspruchss im Verhältnis zwischen Zahler und Zahlerinstitut (§ 675u BGB) verneinend: BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377 (Rn 21, 22 – mit ausf. Darstellung des Meinungsstandes); demgegenüber eine zusätzliche Harmonisierungswirkung für den Europäischen Zahlungsraum aus der letztgenannten Entscheidung ableitend: Landschein BKR 2016, 457. 904 Unstr., etwa Meyer-Cording Bank-Überweisung, S. 48 f.; Escher-Weingart BuB Rn 6/205; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 170 (Kapitel Bereicherungsausgleich später weggefallen). Auch Art. 73 ZD-RL II, ex-60 ZD-RL I und § 675 u BGB greifen nur mangels Autorisierung, nicht Deckung ein. Und auch in Frankreich hat das Zahlungsversprechen auch bei Insolvenz des Karteninhabers Bestand (aber nur bis zur Zusagegrenze): Piedelièvre Paiement, S. 385; vergleichbar Abstraktheit der verschiedenen Rechtsverhältnisse zueinander auch in Großbritannien angenommen: Re Charge Card Services [1987] Ch. 250, 268; Hudson Finance, S. 937. 905 Gegen Bereicherungsausgleich auch (aus verschiedenen Gründen) RG Urt. v. 12.1.1904 – Rep. VI 111/04, RGZ 60, 24; BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 7. Gleiches gilt, wenn der Auftraggeber gar nicht (mehr) die Verfügungsmacht über das Konto hat: BGH Urt. v. 20.5.1955 – V ZR 154/52, WM 1955, 1473 (1476) (Insolvenz). 906 Vgl. Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 115.

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reicherungsausgleich seinen Niederschlag finden.907 Umgekehrt kann der Empfänger, wenn der Bereicherungsausgleich zwischen ihm und dem Institut stattfindet, immerhin den Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) erheben.908 Schwieriger zu beantworten ist erst die Wertungsfrage, wer das „Restrisiko“ tragen soll, wenn sich aus der Verantwortlichkeit des Zahlerinstituts keine Lösung herleiten lässt, die sowohl Zahler als auch Empfänger vollständig so stellt, wie jeder bei ordnungsgemäßer Abwicklung/Beachtung der Vorgaben gestanden hätte. Diese Wertungsfrage ist m.E. im Sinne eines Vorrangs des Schutzinteresses des Empfängers zu beantworten, da er keinen Einfluss auf die Wahl des Instituts hatte, auf dessen Fehler die Konfliktlage zurückzuführen ist. Die Frage kann sich vor allem – sicherlich sehr selten – in der am stärksten umstrittenen Konstalltion stellen, derjenigen einer Weisung zum Zahlungsvorgang, die der Zahler vor Ausführung desselben wirksam widerrief. Auf diesem Hintergrund kann die bisherige Rechtsprechungslösung – nach verschie- 417 denen Fallgruppen differenzierend – der neuen Rechtslage angepasst werden: Sie kann erhalten bleiben, soweit sie nicht der Wertung des § 675u BGB widerspricht – der BGH weist in den Entscheidungen von 2015 zudem auf die Wertungen des § 675j BGB hin, die freilich denen klassischen Auftragsrechts ohnehin entsprechen. Nach diesen Wertungen wurde die aufgezeigte Vielzahl von Weisungsmängeln – schuldrechtlichen Grundwertungen folgend – nach zwei Grundkriterien aufgeteilt: Einerseits fragt sich, ob der Kunde nach objektivem Leistungsempfängerhorizont als der Leistende erschien oder nicht, andererseits, ob dieses Erscheinungsbild ihm zugerechnet werden kann. Auch diese Zweiteilung ist durch die BGH-Entscheidungen aus dem Jahr 2015 nicht aufgegeben, nur die Zuordnung von Konstellationen zu den beiden Gruppen ist überdacht worden. Die BGH-Rechtsprechung leitete aus den bisher genannten Unterscheidungen und Überlegungen zwei Grundsätze ab, die zu zwei Modellen führen (Auftraggeber nicht als Leistender bzw. Auftraggeber durchaus als Leistender zu sehen): Bei Kenntnis des Empfängers vom Weisungsmangel, auch vom Widerruf der Weisung, ist der Auftraggeber nicht als Leistender zu sehen.909 Der Bereicherungsausgleich folgt also bei Kenntnis des Empfängers stets dem Modell der Nichtleistungskondiktion des Instituts gegen den Empfänger, bei dem der Auftraggeber endgültig unberührt bleibt (erstes Modell).910 Dieses Modell wird durch die BGHEntscheidungen aus dem Jahr 2015 nicht berührt, es ist auch mit § 675j BGB (Verantwortungsübernahme des Zahlers nur in vollständiger Autonomie) und § 675u BGB (Freistellung des Zahlers im Verhältnis zum Zahlerinstitut) offensichtlich gut vereinbar. Schon nach herkömmlicher Rechtsprechung war dieses Modell zudem auch zu wählen, wenn beim Empfänger zwar der An-

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907 Ebenso (wenn auch in den Schlussfolgerungen divergierend) Belling/Belling JZ 2010, 708 (711). Schon vor 2009 wurde angenommen, dass der Zahler, der im Bereicherungsausgleich keine vollständige Restitution erhält, gegen das Institut zumindest einen Schadensersatzanspruch in dem Umfange hat, in dem das Institut das Risiko zu tragen hat: BGH (Fn 223), NJW 1985, 2700 (2700); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 175. Konsequent wäre es seit 2009 (und rechtlich auch angezeigt), insoweit kein Verschulden des Instituts zu fordern. Dann macht es auch keinen Unterschied, ob es sich um einen Schadensersatz- oder Erstattungsanspruch handelt und wird das Richtlinienregime schon auf diesem Wege vollständig umgesetzt. 908 Belling/Belling JZ 2010, 708 (711); Baumbach/Hopt (7) Rn C/101; Schwintowski Kap. 9 Rn 287. 909 Ausdrücklich aufrecht erhalten auch ab 2015 durch: BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334 (Rn 14); BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377 (Rn 21 f. a maiore); schon bis 2015 so BGH Urt. v. 29.4.2008 –XI ZR 371/07, BGHZ 176, 234 = WM 2010, 1218 (Rn 32–34); BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 (3214 f.); BGH Urt. v. 16.6.1983 – VII ZR 370/82, BGHZ 87, 393 (394 f.) = NJW 1983, 2499; auch BGH (Fn 899), NJW 1987, 185 (186 f.) (Sichverschließen vor der Wahrheit). Fehlt Kenntnis, fand der Bereicherungsausgleich bei Weisungswiderruf (im Gegensatz zum ursprünglichen Fehlen der Weisung) bis 2015 hingegen zwischen Auftraggeber und Empfänger statt: BGH (Fn 901), BGHZ 87, 246 (249 f.); BGH Urt. v. 22.9.1983 – VII ZR 47/83, BGHZ 88, 232 (236) = NJW 1984, 483; BGH (Fn 901), BGHZ 89, 376 (378 f. und 382) (Beweislast für Kenntnis beim Auftraggeber). Dies änderte sich mit BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334 und vor allem BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377, weil der Auftraggeber nicht mehr von seinem Institut in Anspruch genommen werden kann und daher nichts zurückzufordern hat – vgl. im Folgenden. 910 Vom schuldrechtlichen Wertungsmodell her ist dies überzeugend und allenfalls zu fragen, ob nicht schon bei Kennenmüssen nach objektivem Empfängerhorizont eine Leistung des Auftraggebers zu verneinen ist.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

schein einer Leistung durch den Auftraggeber entsteht, dieser jedoch dem Auftraggeber nicht zuzurechnen ist. Dies nahm schon vor 2015 und nimmt auch weiterhin die BGH-Rechtsprechung in allen Fällen anfänglichen Fehlens der Weisung an.911 Anders war das erst im Falle des Weisungswiderrufs. Der Schnitt verlief also zwischen unerkanntem Weisungswiderruf (zweites Modell) und allen anderen Fällen (einschließlich erkanntem Weisungswiderruf) (erstes Modell). Im ersten Modell blieb und bleibt der Zahler demnach vom Bereicherungsausgleich gänzlich unberührt, im zweiten wurde er bis 2015 von der BGH-Rechtsprechung einbezogen, soll dies nach den Entscheidungen von 2015 jedoch nicht mehr werden. Nur um diese zweite Konstellation geht es (Widerruf der Weisung, der dem Empfänger unbekannt blieb), wenn teils in der Zahlungsdienste-Richtlinie I (vergleichbar dann ZD-RL II) Wertungen erkannt wurden, die nach Meinung dieser Autoren eine Modifikation des herkömmlichen Bereicherungsausgleiches geboten.912 Mit den Entscheidungen von 2015 erkennt der BGH solche Wertungen aus den EUZahlungsdienste-Richtlinien einerseits gerade nicht als maßgeblich an, gibt jedoch dennoch seinen abweichenden Lösungsweg für diese Konstellation auf, dies jedoch auf der Grundlage von nunmehr autonom im deutschen Recht festgestellten „neuen“ Grundwertungen (unten Rn 419 f.). Kann der Auftraggeber nach diesen Grundsätzen nicht als Leistender behandelt werden 418 (erstes Modell), so entsteht dennoch umgekehrt auch nicht der Eindruck, das Institut habe eine Leistung an den Empfänger erbringen wollen. Und dem Auftraggeber erbringt es keine Leistung, weil die Belastungsbuchung berichtigt werden muss. Daher ist sein Anspruch gegen den Empfänger als Nichtleistungskondiktion zu verstehen. Das Institut hat also in all diesen Fällen die Belastungsbuchung zu Lasten des Zahlers rückgängig zu machen und die übertragene Valuta im Wege der Nichtleistungskondiktion vom Empfänger zurückzufordern, der jedoch Entreicherung einwenden kann.913 Dieses Modell, nach dem gänzlich fehlende Autorisierung (Weisung) abgewickelt wird, aber auch eine Autorisierung, deren Widerruf dem Empfänger bekannt ist,914 ist auch im Regime des Zahlungsdiensterechts problemlos anzuwenden, obwohl die Belastungsbuchung zu Lasten des Zahlers nicht mehr auf der Grundlage von § 812 BGB rückgängig

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911 Ausdrücklich aufrecht erhalten auch ab 2015 durch: BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334 (Rn 14, 19 f.); BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377 (18); schon bis 2015 so BGH Urt.v. 18.3.1997 – XI ZR 117/96, BGHZ 135, 116 (118) (Fälschung, Mehrfachüberweisung, Geschäftsunfähigkeit); BGH Urt.v. 2.3.2004 – XI ZR 125/03, BGHZ 158 1 (5 ff.) = WM 2004, 671 (Geschäftsunfähigkeit); BGH Urt. v. 29.9.1989 – V ZR 1/88, BGHZ 108, 380 (383–385) = NJW 1990, 508 (für die Fälschung/Verfälschung); BGH (Fn 899), NJW 1987, 185 (186) (für die Überweisung eines zu hohen Betrages); BGH (Fn 909), BGHZ 88, 232 (236–238) (für die Doppelüberweisung); BGH (Fn 508), BGHZ 111, 382 = NJW 1990, 3194 (für die Weisung durch Geschäftsunfähigen); BGH Urt. v. 31.5.1976 – VII ZR 260/75, BGHZ 66, 372 (375) = NJW 1976, 1449 (für die Überweisung an den falschen Empfänger); BGH Urt. v. 21.6.2005 – XI ZR 152/04, NJW 2005, 3213 = BKR 2005, 372 (374) (für Verfälschungen des Überweisungsauftrages durch den Beauftragten); für den Weisungswiderruf vgl. OLG Nürnberg Urt. v. 9.4.1999 – 6 U 4316/98, WM 1999, 2357; allgemein Schnauder ZIP 1994, 1069 (1070–1073); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 431, 433; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 176 f.; aA – auf Grund fraglicher Zurechnung – im letzten Fall, wenn der falsche Empfänger vom Auftraggeber Zahlung erwarten konnte: Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 117. 912 Vor allem LG Hannover Urt. v. 21.12.2010 – 18 O 166/10, BKR 2011, 348; Belling/Belling JZ 2010, 708; Bartels WM 2010, 1828; Winkelhaus BKR 2010, 441; ders Bereicherungsausgleich nach Umsetzung des neuen Zahlungsdiensterechts, S. 300. Gegen solch eine Modifikation Grundmann WM 2009, 1109 (1116 f.); Fornasier AcP 212 (2012), 410; Kiehnle Jura 2012, 895; Köndgen JuS 2011, 481 (489); Rademacher NJW 2011, 2169; Baumbach/Hopt (7) Rn C/101; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Wendehorst § 812 Rn 210; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 6 Rn 161 f.; Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675u Rn 28 f. Zu den Argumenten noch unten Dritter Teil Rn 419. 913 Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 114; BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 12 ff.; implitzit auch BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334 (Rn 14, 19 f.); BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377 (18, 21 f.). Zum Entreicherungseinwand vgl. Nachw. oben Fn 840. 914 Wie Kenntnis vom Widerruf war auch vor 2015 bereits der Fall zu behandeln, dass der Auftraggeber gegenüber dem Empfänger Einwände im Valutaverhältnis erhob, da dann mit dem Widerruf der Weisung zu rechnen war. Wohl aA Kupisch ZIP 1983, 1412 (1416–1420); vgl. auch Canaris JZ 1987, 201 (202).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

gemacht wird, sondern mittels Erstattungsanspruches nach Art. 73 ZD-RL II, ex-Art. 60 ZD-RL I und § 675 u BGB. Das zweite Modell wurde bis 2015 in denjenigen Konstellationen angewandt, in denen der 419 Zahler die Überweisung durch entsprechende Weisung zwar ursprünglich autorisiert, diese Weisung dann jedoch widerrufen hatte, ohne dass der Empfänger hiervon Kenntnis erhielt (evtl. auch: ohne dass er dies erkennen musste). Der Ausgleich ging dann dahin, dass das Zahlerinstitut vom Zahler unmittelbar Wertersatz verlangen konnte, wenn mit der Überweisung dessen Schuld erfüllt wurde, andernfalls hingegen nur die Abtretung des Kondiktionsanspruchs des Auftraggebers gegen den Empfänger (mit Einwendungen und Insolvenzrisiko).915 Zwar war die Belastungsbuchung rückgängig zu machen (in Übereinstimmung Art. 73 ZD-RL II, ex Art. 60 ZD-RL I und § 675 u BGB), umgekehrt aber die Bereicherung auszugleichen, die der Zahler dadurch erlangt, dass er von einer Schuld gegenüber dem Empfänger befreit wird. Jedenfalls formal war der Richtlinienvorgabe Genüge geleistet. Und wertungsmäßig überzeugte diese Lösung in hohem Maße, weil sie nur eine bestehende nach Erfüllung des Erstattungsanspruches bestehende Bereicherung – soweit sie bestand – vom Zahler zum Zahlerinstitut zurücktransferierte. War demgegenüber Schuldbefreiung seitens des Zahlers nicht gesichert, war nicht der Wert der Schuldbefreiung herauszugeben, sondern nur der Bereicherungsanspruch, den der Zahler gegen den Empfänger haben mochte, mit all seinen Unsicherheiten (Kondiktion der Kondiktion). Da das Institut den Widerruf der Weisung (pflichtwidrig) nicht beachtet hatte, war es wertungsgerecht, es mit einem möglichen Insolvenzrisiko des Empfängers zu belasten. Diese Lösung fußte in der Überlegung, dass es nicht das Ziel des Richtlinienregimes war, den Zahler zu bereichern (um die Befreiung von einer Verbindlichkeit oder zumindest um einen Kondiktionsanspruch). Ähnlich wie der Rechtsmissbrauchseinwand in den Fällen, in denen der Erfüllungserfolg umfassend eintrat, obwohl die Ausführung fehlerhaft war (dazu und zum Rekurs des EuGH auf nationales Recht in solchen Fällen oben Dritter Teil Rn 410), bewirkte hier das Bereicherungsrecht eine Feinjustierung des Grundmodells der Richtlinie im nationalen Recht in besonders gelagerten Ausnahmefällen. Insbesondere verbürgte diese Lösung auch den oben genannten Wertungsgedanken auf zweiter Ebene: Wenn ein Restrisiko verblieb, das durch die Verantwortlichkeit des Zahlerinstituts nicht auszuräumen war, so trug dieses nicht der Empfänger, sondern der Zahler. Mit seiner Rechtsprechungswende von 2015 nahm der BGH Abstand von dieser Lösung und 420 entschied sich auch in den Konstellationen des Widerrufs einer bereits erteilten Weisung, den der Empfänger nicht erkennen konnte, für einen Direktanspruch des Zahlerinstituts gegen den Empfänger in Form einer Nichtleistungskondiktion (Gleichstellung von Modell eins und zwei).916 Dabei folgte der BGH freilich gerade nicht der Argumentation, dass die Zahlungsdienste-Richtlinien solch eine Kehrtwende geböten,917 namentlich dass die Richtlinienregelung, insbesondere § 675u BGB, insoweit abschließende Wirkung entfalteten (§ 675z S. 1 BGB). Dies trifft auch nicht zu, weil für das exakte Ausmaß der Sperrwirkung exakter auf die Richtlinien (als das allein verbindliche „Original“) zu rekurrieren ist. Der 47. Erwägungsgrund der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie umriss diese Sperrwirkung juristisch scharf (und die Norm wurde mit ZD-RL II nicht im geringsten modifiziert): „Diese Richtlinie sollte nur die vertraglichen Ver-

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915 BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 22; für eine ausf. (im Kern die BGH-Rechtsprechung bis 2015 wiederspiegelnde) dogmatische Begründung aus jüngerer Zeit vgl. Müller WM 2010, 1393; für diese Konstellation bei Zuvielüberweisung BGH (Fn 909), BGHZ 176, 234 = NJW 2008, 2331; dazu ausf. Kiehnle VersR 2008, 1606. 916 BGH (Fn 899) BGHZ 205, 377; andeutungsweise bereits BGH (Fn 899) BGHZ 205, 334. So zunächst vor allem LG Hannover (Fn 912), BKR 2011, 348 (349 f.) (bereicherungsrechtlicher Anspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahler durch § 675u BGB gesperrt; aber Anspruch des Zahlungsdienstleisters gegen den Zahlungsempfänger aus Nichtleistungskondiktion). 917 Vgl. Nachw. oben Fn 912; knappe systematische Zusammenfassung des Bereicherungsausgleichs auf der Grundlage dieser Auffassung etwa bei: Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675u Rn 8–24.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

pflichtungen und Verantwortlichkeiten zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister zum Gegenstand haben.“ Der Bereicherungsausgleich wurde von der Harmonisierung ausgenommen und dies namentlich dann, wenn der Interessenwiderstreit – wie in der vorliegenden Frage – seinen Sitz im Rechtsverhältnis zwischen Zahler und Zahungsempfänger („Rechtsschein“) hat.918 Vielmehr gehört es zum Repertoire der EuGH-Rechtsprechung, nationales Recht – mit seinen generalklauselartigen Konzepten wie Treu und Glauben und Rechtsmissbrauch – mit EU-Harmonisierung in sinnvollen Ausgleich zu bringen, ihm also Raum für die interessengerechte Feinjustierung in komplexen Fallkonstellationen einzuräumen, die eine europaweite Vereinheitlichung schlicht nicht hinreichend subtil zu erfassen vermag.919 Sah der BGH die neue Rechtsprechungslinie also nicht durch das Richtlinienregime vorgegeben, so überrascht die Begründung – nicht notwendig das Ergebnis –: Der BGH argumentiert, mit § 675j BGB sei das Zahlungsddiensteregime allein auf das Erfordernis einer Autorisierung (Weisung) fokussiert, die die Zahlung legitimiere, sosntige Zurechnungsgedanken seien fortan unerheblich. Dies erscheint jedenfalls missverständlich, wenn wirksame Vertretung bei der Abgabe der Weisung (Autorisierung) nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht (wohl) weiterhin möglich sein soll. Vor allem jedoch bedeutet die Einführung von § 675j BGB keinerlei Neuerung gegenüber dem Auftragsmodell, in dem ebenfalls allein eine einseitige Weisung den jeweiligen Zahlungsvorgang legitimierte. Die Frage geht also lediglich dahin, wie Fälle wertungsmäßig sinnvoll zu erfassen sind, in denen Veranlassungsbeiträge von Zahler und Zahlerbank vorliegen. Im Ergebnis freilich kann auch der nunmehr höchstrichterlich favorisierten Konstruktion einer Nichtleistungskondiktion gegen den Empfäger beigetreten werden, freilich mit der Vorgabe, dass die Folgefragen wertungsmäßig vergleichbar stimmig gelöst werden wie im bis 2015 favorisierten Regime. Damit der Zahler nicht bereichert ist, muss also für den zwar überwiesenen, aber kondizierten Betrag Erfüllungswirkung verneint werden, im BGH-Fall die zweite gezahlte Tranche (auf 13.000,– € Schuld waren zweifach 5.000,– € überwiesen worden, wo nur einfache Überweisung vereinbart war). Eine Freigabe von Sicherheiten seitens des Empfängers müsste revidiert (etwa angefochten) werden können.920 Ob es der veränderten Rechtsprechungslinie gelingt, ein evtl. verbleibendes Restrisiko, das ggf. durch Verantwortlichkeit des Zahlerinstituts nicht ausgeräumt werden kann, im Verhältnis vom Zahler zum Empfänger – wertungsmäßig überzeugend – stets allein dem Zahler aufzuerlegen, bleibt abzuwarten. Diese Grundsätze können unverändert angewandt werden, wenn zum Mangel im De421 ckungsverhältnis einer im Valutaverhältnis hinzutritt (Doppelmangel).

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918 Hintergrund für diese – bewusste – Beschränkung, die sich der Europäische Gesetzgeber auferlegt, ist gerade die Komplexität des Bereicherungsrechts und der Umstand, dass das Bereicherungsverbot aus genau diesem Grunde auch im Zusammenhang mit harmonisierten Bereichen als ein Europäischer Grundsatz, jedoch weiterhin als im nationalen Recht verankert gesehen wird. Ständige Rechtsprechung, vgl. nur EuGH Urt. v. 13.7.2006 verb. Rs. C-295/04 bis C-298/04 Manfredi, Slg. 2006 I-6619 (Tz 94, mwN). 919 Näher Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 420; vgl. etwa EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. Auch das – etwa von: Landschein BKR 2016, 457 wieder vorgetragene – Argument, ein Bereicherungsausgleich zwischen Zahlerbank und Empfänger fördere die Harmonisierung in der EU, scheint mir illusorisch. Zum ohnehin im englischen Recht abweichenden Lösungsansatz vgl. nur Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 514–556; Brindle/Cox/Taylor Bank Payments, S. 180– 212; Fornasier AcP 212 (2012), 410 (439) (mwN); Solomon Der Bereicherungsausgleich in Anweisungsfällen, 2004, S. 304 ff. Harmonisierung der Folgelösungen wäre nur denkbar, wenn ein Vorschlag im Schrifttum jene Rechtseinheit herbeiführen sollte, auf die der Europäische Gesetzgeber bewusst verzichtete (der Aufsatzautor als Ersatz des Europäischen Gesetzgebers?). 920 Erste Ansätze für solch eine Lösung im Gesamtsystem bei Foerster BGK 2015, 473; und Winkelhaus JurisPRBKR 8/2016 Anm. 1 (unter C. IV. und D.).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

c) Mängel im Valutaverhältnis. Wertungsmäßig weniger problematisch sind die Fälle, in 422 denen Mängel im Valutaverhältnis auftreten. Ist der Zahlungsanspruch, der durch Überweisung erfüllt werden soll, Einwendungen oder Einreden ausgesetzt, so ist der Bereicherungsausgleich unstreitig allein im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger möglich.921 Dies gilt gleichermaßen, und selbst dann, wenn auch die Weisung widerrufen wird (Doppelmangel), dies jedoch dem Empfänger bekannt (oder zumindest erkennbar) war. Ebenfalls als Mangel im Valutaverhältnis ist der Fall zu behandeln, dass die Überweisung, 423 wie sie der Auftraggeber anwies, keine Erfüllungswirkung zeitigt – in diesem Fall wird der angestrebte Zweck nicht erreicht (vgl. § 812 S. 2 2. Alt. BGB). Möglich ist dies, weil die Überweisung entweder überhaupt nicht als Erfüllungsinstrument zugelassen war, oder weil die Überweisung auf ein anderes als das angegebene Konto erfolgte. Anders als in den Fällen, in denen das Institut an einen anderen als den angegebenen Empfänger leistet, liegt hier eine Weisung vor.922 Der Auftraggeber will also in diesem Fall selbst leisten, und seine Handlung wird so auch vom Empfänger verstanden. Wiederum kann der Bereicherungsausgleich also nur im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Empfänger erfolgen.923 Die praktisch wichtigste Frage in diesem Problemkomplex ist allerdings vorgelagert und betrifft das – vorliegend umfassend bejahte – Recht des Kunden, seine Zustimmung zur Gutschrift zu verweigern (vgl. Dritter Teil Rn 342). Soweit dieses Recht bejaht und ausgeübt wird, kommt es zu keinerlei Buchungen und erübrigt sich der Bereicherungsausgleich. Und soweit die Erfüllungswirkung trotz Fehlern bei der Ausführung des Zahlungsvorgangs eintritt, fehlt es an einer Bereicherung des Empfängers (dazu oben Dritter Teil Rn 410).

II. §§ 675v, 675w BGB (mit § 676b Abs. 1 BGB): Haftung des Kunden für Ermöglichung von Zahlungsdienstemissbrauch § 675v Haftung des Zahlers bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsinstruments (1) Beruhen nicht autorisierte Zahlungsvorgänge auf der Nutzung eines verloren gegangenen, gestohlenen oder sonst abhandengekommenen Zahlungsinstruments oder auf der sonstigen missbräuchlichen Verwendung eines Zahlungsinstruments, so kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers von diesem den Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens bis zu einem Betrag von 50 Euro verlangen. (2) Der Zahler haftet nicht nach Absatz 1, wenn 1. es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments vor dem nicht autorisierten Zahlungsvorgang zu bemerken, oder 2. der Verlust des Zahlungsinstruments durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung eines Zahlungsdienstleisters oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten des Zahlungsdienstleisters ausgelagert wurden, verursacht worden ist. (3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister zum Ersatz des gesamten Schadens verpflichtet, der infolge eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs entstanden ist, wenn der Zahler 1. in betrügerischer Absicht gehandelt hat oder

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921 BGH Urt. v. 31.10.1963 – VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272 (276–280); BGH (Fn 899), NJW 1987, 185 (zust. Anm. Canaris JZ 1987, 201); Baumbach/Hopt (7) Rn C/95. 922 Der Fall, der BGH (Fn 223), NJW 1985, 2700 zugrunde lag, betraf demgegenüber, so wie das Gericht ihn verstand, eine Abweichung von der Weisung des Kunden (Überweisung auf ein anderes als das angegebene Konto unter Heranziehung der – unwirksamen! – Fakultativklausel) und daher einen Mangel im Deckungsverhältnis; aA etwa Joost/Dikomey JuS 1988, 104 (105 f.); Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 7 Rn 174 f. 923 BGH (Fn 223), NJW 1985, 2700; BankR-HdB/Schmieder § 50 Rn 27.

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den Schaden herbeigeführt hat durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung a) einer oder mehrerer Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 oder b) einer oder mehrerer vereinbarter Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments. (4) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler seinem Zahlungsdienstleister nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn 1. der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht verlangt oder 2. der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes nicht akzeptiert. Satz 1 gilt nicht, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat. Im Fall von Satz 1 Nummer 2 ist derjenige, der eine starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptiert, verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (5) Abweichend von den Absätzen 1 und 3 ist der Zahler nicht zum Ersatz von Schäden verpflichtet, die aus der Nutzung eines nach der Anzeige gemäß § 675l Absatz 1 Satz 2 verwendeten Zahlungsinstruments entstanden sind. Der Zahler ist auch nicht zum Ersatz von Schäden im Sinne des Absatzes 1 verpflichtet, wenn der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht gemäß § 675m Abs. 1 Nr. 3 nicht nachgekommen ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, wenn der Zahler in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

§ 675w Nachweis der Authentifizierung Ist die Autorisierung eines ausgeführten Zahlungsvorgangs streitig, hat der Zahlungsdienstleister nachzuweisen, dass eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet, verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. Eine Authentifizierung ist erfolgt, wenn der Zahlungsdienstleister die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich seiner personalisierten Sicherheitsmerkmale, mit Hilfe eines Verfahrens überprüft hat. Wurde der Zahlungsvorgang mittels eines Zahlungsinstruments ausgelöst, reicht die Aufzeichnung der Nutzung des Zahlungsinstruments einschließlich der Authentifizierung durch den Zahlungsdienstleister und gegebenenfalls einen Zahlungsauslösedienstleister allein nicht notwendigerweise aus, um nachzuweisen, dass der Zahler 1. den Zahlungsvorgang autorisiert, 2. in betrügerischer Absicht gehandelt, 3. eine oder mehrere Pflichten gemäß § 675l Absatz 1 verletzt oder 4. vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen eine oder mehrere Bedingungen für die Ausgabe und Nutzung des Zahlungsinstruments verstoßen hat. Der Zahlungsdienstleister muss unterstützende Beweismittel vorlegen, um Betrug, Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Zahlungsdienstnutzers nachzuweisen.

1. Überblick und rechtliche Konstruktion (§§ 675v, 675w BGB) 424

a) Drittmissbrauch mit Zahlungsinstrumenten – Zusammenhang mit anderen Missbrauchsfällen. Während grds. der Zahlungsdienstleister (des Zahlers, ggf. auch des Zahlungsempfängers) das Risiko unautorisierter Zahlungsvorgänge trägt, also namentlich das Risiko, dass ein Dritter den Zahlungsvorgang unbefugt („missbräuchlich“) ausgelöst hat (oben Dritter Teil Rn 405–410), statuieren §§ 675v, 675w BGB ausnahmsweise eine Haftung des Kunden – für Verursachenbeiträge bei Drittmissbrauch. Bei Kleinbetragsinstrumenten in Form elektronischen Geldes ohne Sperrmöglichkeiten sind sie unanwendbar, weil der Kunde ohnehin das Verlustrisiko trägt (§ 675i Abs. 3 BGB), im außereuropäischen Drittstaatenverhältnis, in B2BTransaktionen und bei Kleinbetragsinstrumenten ohne Möglichkeit, die Autorisierung nachzuverfolgen, sind sie (weitestgehend) dispositiv (§§ 675e Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 4 sowie 675i Abs. 2 Nr. 3 BGB).

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§§ 675v, 675w BGB regeln den wichtigsten Fall von Drittmissbrauch, durch Zahlungsin- 425 strumente. Die unbefugte Autorisierung muss der Dritte also durch ein Zahlungsinstrument bewirkt haben – d.h. ein Instrument, das die Überprüfung der Identität der autorisierenden Person mittels (vorher festgelegter) Sicherheitsmerkmale ermöglicht (zum Begriff oben Dritter Teil Rn 70), namentlich die Girocard mit PIN, die Kreditkarte mit PIN oder Unterschrift, das OnlineBanking mit PIN und TAN (oder das Telefonbanking mit Abfrage von Kundenkennung und Kennwort), nicht hingegen das Überweisungsformular als solches, nach schon bisher vorliegend vertretener, nach Neukonzeption durch ZD-RL II und ihre Umsetzung zweifelsfreier Auffassung auch die Kreditkarte im Fernabsatz (obwohl nur Angaben übermittelt werden, die sich sämtlich auf der Karte befinden, vgl. oben Dritter Teil Rn 248). Drei Formen des Drittmissbrauchs sind zu unterscheiden: die Fälschung, der Missbrauch der gestohlenen Karte und der Missbrauch der Karte, die beim Zahlungsvorgang Angestellten des Vertragsunternehmens übergeben wird (bzw. sonstiger Drittmissbrauch ohne Kartenbesitz). Das Fälschungsrisiko trägt das Kartenunternehmen dem Kunden gegenüber umfassend (vgl. § 675m Abs. 2 BGB a maiore),924 das Missbrauchsrisiko in den beiden anderen Konstellationen ist Gegenstand der Regelung in Abs. 1 und Abs. 3. Auch hiernach trägt das Kartenunternehmen zumindest Teile des Risikos. Neben den Missbrauch in Form des Drittmissbrauchs durch Zahlungsinstrumente treten 426 andere Missbrauchsformen. In der Tat sind die Regeln der §§ 675v, 675w BGB im Zusammenhang mit einigen anderen zu sehen. Die erste Gruppe betrifft noch den von §§ 675v, 675w BGB geregelten Drittmissbrauch durch Zahlungsinstrumente. Denn diese Normen regeln nur die Rechtsfolge umfassend, den Tatbestand hingegen nur teilweise. Insbesondere für die Frage nach dem Pflichtverstoß, dem Maßstab der (dem Kunden und seinem Zahlungsdienstleister abverlangten) Verhaltenspflichten, ist für eine Anwendung von § 675v BGB auf §§ 675l und 675m BGB und das dort Gesagte zu rekurrieren. In den Zahlungsdienste-Richtlinien sind all diese Regeln in Art. 69–74 ZD-RL II (und schon Art. 56–61 ZD-RL I) in der Tat in einem einzigen Zusammenhang geregelt. Umgekehrt erfassen §§ 675v, 675w BGB jedoch auch nicht alle Fälle von Drittmissbrauch. Das liegt teils daran, dass für viele Fälle von Drittmissbrauch in der Tat der Zahlungsdienstleister, der das Zahlungsinstrument ausgab, das Risiko tragen soll (§ 675u BGB), etwa das Fälschungsrisiko (vgl. § 675m Abs. 2 BGB). Eine Norm freilich findet sich (in ganz anderem Zusammenhang) durchaus, die den Drittmissbrauch in einer Weise regelt, dass der Kunde für ihn oder seine Ermöglichung haftet. Dies ist § 676b Abs. 1 BGB, der daher vorliegend jedenfalls annexweise mit zu kommentieren ist – der Systematik der Zahlungsdienste-Richtlinien folgend, die diese Norm ebenfalls im Kontext der genannten Normen zu Autorisierung und Drittmissbrauch einordnet und keineswegs vergleichbar „abtrennt“ wie die deutsche Umsetzung, dort als Art. 71 ZD-RL II, ex-Art. 58 ZD-RL I (vgl. hierzu unten Punkt 7.). Diese Norm betrifft jeden Drittmissbrauch – ob unter Einsatz eines Zahlungsinstruments oder nicht – und sie formuliert eine sehr offene Pflicht: jeden solchen Fall unverzüglich anzuzeigen. Potentiell statuiert diese Norm – die selbst keine Rechtsfolge statuiert – also ebenfalls eine Schadensersatzpflicht (wie § 675v BGB), freilich für die Ermöglichung späteren, weiteren Drittmissbrauchs, der durch Anzeige hätte verhindert werden können. Eine dritte Regelgruppe ist demgegenüber mit der hier behandelten nur über den Begriff (locker) verbunden: Sie betrifft den vom Drittmissbrauch abzugrenzenden Eigen- oder Kundenmissbrauch. Hier besteht jedoch kein Problem der Autorisierung, genauer: der unbefugten Autorisierung durch Dritte. Dieser Missbrauch besteht vielmehr gerade darin, dass der Kunde autorisiert und damit Verfügungen über den Deckungsrahmen, der ihm laut Absprache zusteht, hinaus tätigt.925

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924 OLG Koblenz Urt. v. 26.11.2009 – 2 U 16/09, VuR 2010, 156. 925 Diese Problematik ist mit dem Rahmenvertrag und Kündigungsmöglichkeiten verbunden und wurde dort kommentiert, vgl. Dritter Teil Rn 195.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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b) Rechtliche Konstruktion: Schadensersatz für Sorgfaltspflichtverstoß (§ 675w S. 1, 2 BGB) statt Aufwendungsersatzanspruch auf Grund Autorisierung. Die rechtliche Konstruktion der Haftung des Kunden, die §§ 675v, 675w BGB ausnahmsweise für den Einsatz von Zahlungsinstrumenten auch ohne eigene Autorisierung anordnen, beschränkt sich auf den Zeitraum zwischen Erhalt des Instruments – bis dahin trägt der Zahlungsdienstleister das Risiko uneingeschränkt (§ 675m Abs. 2 BGB, vgl. dort) – und einer Sperranzeige des Kunden – ab dann trägt der Zahlungsdienstleister es wieder uneingeschränkt (§ 675v Abs. 5 BGB, alternativ auch, wenn er keine Einrichtung für Sperranzeigen bereitgestellt hat, vgl. unten 4. c)) bzw. wenn er in den von diesem Erfordernis erfassten Konstellationen den Zahlungsvorgang ohne die vorgesehene starke Kundenauthentifizierung ausgelöst hat (§ 675v Abs. 4 BGB, vgl. unten 4 b)).926 Ausgangspunkt für die Haftung ist die Authentifizierung, die unverzichtbar ist, also der 428 rein technische Vorgang etwa der Karten- und PIN-Eingabe. Die Beweislast für diese liegt beim Zahlungsdienstleister (§ 675w S. 1 BGB), er kann freilich Beweis durch Aufzeichnung erbringen: Die Aufzeichnung des technischen Vorgangs der Authentifizierung – etwa Karten- und PINEingabe – erbringt den Beweis, wenn sie (i) den vereinbarten Standards entspricht und (ii) keine technische Störung aufgetreten ist (d.h. Panne oder Zusammenbruch, Art. 72 ZD-RL II, exArt. 59 ZD-RL I). Der Beweis der Authentifizierung ist freilich, wie § 675w S. 3, 4 BGB herausstellt, weder der Autorisierung durch den Zahler gleichzustellen (Nr. 1) – dann hätte der Zahlungsdienstleister bereits einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 675u BGB – noch erbringt er Beweis für die Haftungsvoraussetzungen nach § 675v BGB (Nr. 2–4) – dann hätte der Zahlungsdienstleister einen Schadensersatzanspruch nach dieser Norm. Vielmehr ist der Beweis des Verursachungsbeitrags positiv aus „unterstützenden Beweismitteln“ (S. 4) zu erbringen (unten Teil 3 Rn 432, 443–445). Die Konstruktion beruht also auf den zwei Säulen „Autorisierung“ (und Aufwendungsersatzanspruch) und „Ermöglichung des Drittmissbrauchs“ (und Schadensersatzanspruch). Entwickelt wurde die rechtliche Konstruktion vor allem für die Girocard (früher ec/Maestro-Karte) im Zusammenspiel zwischen Klausel- und Richterrecht, dieser Bereich hat die Regelungsentwicklung geprägt. §§ 675v, 675w BGB verallgemeinern die Konstruktion jedoch und beziehen insbesondere auch Kreditkarte und Online-Banking (mit PIN und TAN) ein – trotz gewisser verbleibender Besonderheiten (vgl. unten Punkt 5, Dritter Teil Rn 449–453). Die Anspruchsbegründungslinie „Autorisierung“ ist zwar rechtsdogmatisch die vorran429 gige (§ 675u BGB), regelmäßig ist sie jedoch schwach: Bestreitet der Kartenberechtigte die Autorschaft einer Verfügung, so ist ihm diese, da graphologisch prüfbare Spuren fehlen, kaum nachzuweisen. Dies wäre nötig, um einen Aufwendungsersatzanspruch zu begründen (§ 675u BGB). Zwar wird teilweise zugunsten des Kartenausgebers von einem Beweis des ersten Anscheins für die Verwendung der Karte durch den berechtigten Karteninhaber ausgegangen;927 diesen Anschein kann der Karteninhaber jedoch erschüttern, indem er einen schlüssigen Schadenshergang darlegt. Er muss einen Sachverhalt glaubhaft darlegen, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf den Verlust der Karte zulässt.928 Es genügt, dass sich hinreichend deutlich das äußere Bild eines Verlustes ergibt929 und kein erheblicher

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926 Palandt/Sprau § 675v Rn 2 spricht von drei Phasen: bis zum Eingang des Instruments, zwischen Eingang und Sperranzeige, und ab Sperranzeige. §§ 675v, 675w BGB regeln allein Phase 2 (und den Zeitpunkt, in dem sie endet) und sehen nur für sie eine Haftung des Kunden vor. 927 LG Bonn Urt. v. 11.1.1995 – 5 S 163/94, WM 1995, 575 (576); LG Berlin Urt. v. 1.8.2002 – 52 S 31/02, WM 2003, 128 (129); Hofmann WM 2005, 441 (446); Koch/Vogel in: Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr, § 5 Rn 21 f.; Werner WM 1997, 1514; Pleyer FS Baumgärtel 1990, S. 439 (453); BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 54 Rn 13, dagegen seit 2009 aufgrund § 675w S. 3 BGB BankR-HdB/Maihold § 54 Rn 44–53; aA auch OLG Zweibrücken Urt. v. 24.9.1990 – 4 U 31/90, WM 1991, 67; LG Frankfurt a.M. Urt. v. 12.5.1999 – 2 S 336/98, WM 1999, 1930 (1932); OLG Stuttgart Urt. v. 13.3.2002 – 9 U 63/01, WM 2003, 125 (126). 928 OLG Hamm Urt. v. 17.3.1997 – 31 U 72/96, WM 1997, 1203 (1205). 929 OLG Hamm (Fn 928) WM 1997, 1203 (1205).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Grund zum Misstrauen besteht.930 Im Einzelnen ist vom Karteninhaber zu fordern, dass er die Umstände des Verlustes der Karte plausibel macht931 und – zumindest in groben Zügen – darlegt, wann und wo er die Karte letztmalig verwendet und wo er sie anschließend aufbewahrt hat.932 Nicht ausreichend ist hingegen die schlichte Behauptung, er habe die Verfügung nicht vorgenommen und es müsse eine Funktionsstörung vorliegen,933 wobei andererseits vom Kreditinstitut Ausführungen zu erwarten sind, wie Funktionsstörungen vermieden werden.934 Nach dem Gesagten stellt heute § 675w S. 1, 2 BGB ohnehin klar, dass das Institut die Authentifizierung zunächst in jedem Falle nachzuweisen hat (für den Anspruch nach § 675u BGB ebenso wie für denjenigen nach § 675v BGB). Erst dann schließt sich die weitere Frage an, ob dieser Vorgang – der stattgefunden hat – vom Karteninhaber durchgeführt wurde (Autorisierung) oder von einem Dritten missbräuchlich (keine Autorisierung). Ungleich wichtiger ist die Anspruchsbegründungslinie „Ermöglichung des Drittmiss- 430 brauchs“: Soweit kein Beweis für Autorisierung durch den Kontoinhaber geführt bzw. der Anscheinsbeweis (für solch eine Autorisierung) entkräftet werden kann, ist ein Schadensersatzanspruch wegen Nebenpflichtverletzung denkbar (§ 675v BGB): Hierbei wird die Ausgangsfrage gestellt, ob ein Dritter auch ohne Fehlverhalten des Karteninhabers hätte verfügen können. Das Fehlverhalten liegt in Verstößen gegen die Pflichten nach § 675l Abs. 1 BGB (einschließlich vereinbarter Nutzungsbedingungen, § 675l Abs. 2 BGB). Diese führen zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Zahlungsdienstnutzer (mit Auf- oder Verrechnung gegen den Rückerstattungsanspruch).935 Nach objektivem allgemeinem Schuldrecht trüge der Kunde – vorbehaltlich § 254 BGB – schon bei leicht fahrlässigem, schadensursächlichem Fehlverhalten den (gesamten) Schaden. Dies schien für den Einsatz von Zahlungsinstrumenten mit ihren spezifischen Gefahren und Sonderfragen sinnvoller Anreizgestaltung schon seit Jahrzehnten als zu pauschal.936 Die Entwicklung ging in Richtung Anreizerhaltung für den Kunden bei gleichzeitiger 431 Zurückdrängung allzu existentieller Risiken, d.h. in Richtung einer Differenzierung bei den Haftungsbeiträgen:937 von den Bedingungen in den 80er Jahren, die noch, kaum kritisiert,938 im Sinne der Sphärentheorie939 das Schadensrisiko ganz dem Kunden auferlegten; über die Fassung von 1/1989, in denen die Kreditinstitute vor allem aus Akzeptanzgründen den Hauptteil des Schadens übernahmen (etwa bei den Privatbanken 90:10 für alle Verschuldensgrade); bis hin zu den

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930 Für ec-/maestro-Karte (Girocard) und eurocheques LG München Urt. v. 8.9.1987 – 28 O 15790/86, WM 1987, 1453; wohl strenger AG Hannover Urt. v. 21.6.1996 – 537 C 3553/96, WM 1997, 64; erforderlich sei die Darlegung der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs, wobei insbesondere plausibel zu machen sei, wie es zum Verlust der Karte kam und wie der Dritte Kenntnis von der PIN erhalten konnte. 931 LG Bonn Urt. v. 11.1.1995 – 5 S 163/94, WM 1995, 575. 932 AG Schöneberg Urt. v. 9.11. 1996 – 8 C 258/96, WM 1997, 66; ohne die hier vorgenommene Einschränkung. 933 LG Duisburg Urt. v. 22.12.1988 – 5 S 35/88, WM 1989, 181; AG Nürnberg Urt. v. 15.10.1986 – 23 C 5048/86, WM 1987, 9; AG Charlottenburg Urt. v. 17.10.1997 – 12 b C 164/97, WM 1998, 1124; BankR-HdB/Gößmann (3. Aufl.) § 54 Rn 14; vgl. auch AG Burgdorf Urt. v. 25.10.1993 – 3 C 532/93, WM 1993, 2122; das AG Aschaffenburg Urt. v. 2.8.1988 – C 490/88, WM 1989, 213, sah hingegen das Beweismittel der Parteivernehmung nach § 448 ZPO als ausreichend an, um von einer Fehlfunktion des Geldautomaten auszugehen. 934 Dazu im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung OLG Celle Urt. v. 27.2.1985 – 3 U 148/84, WM 1985, 655; vgl. auch LG Duisburg Urt. v. 22.12.1988 – 5 S 35/88, WM 1989, 181; dann auch BGH (Fn 501), WM 2004, 2309. 935 BGH Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 166/77, BGHZ 72, 9 (15) = NJW 1978, 2149; BGH Urt. v. 29.1.1979 – II ZR 148/77, BGHZ 73, 207 (211) = NJW 1979, 1164; OLG Hamburg Urt. v. 20.8.1982 – 11 U 52/82, WM 1983, 517 (518); Escher-Weingart BuB Rn 6/159; ausf. rechtsvergleichend (England, Spanien, EU-Regel) Stange Drittmissbrauchshaftung in Europa. 936 § 280 Abs. 1 BGB wird selbstverständlich durch § 675v BGB verdrängt: Ausdrücklich BT-Drucks. 16/11643, S. 113; Palandt/Sprau § 675v Rn 2. 937 Zur Ausbildung des Modells im Klauselrecht vgl. Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (57 f.). 938 Anders jedoch: Koller NJW 1981, 2433 (2438–2440); ders. WM 1985, 821 (825); noch 1986 als vereinzelter Außenseiter angesehen, vgl. Reiser WM 1986, 1401 (1402). 939 Entwickelt von Ulmer Recht der Wertpapiere, 1938, S. 308; lange von der höchstrichterlichen Rspr. akzeptiert, etwa noch implizit BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (227 f.) = NJW 1984, 2460 (Kreditkarte).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Bedingungen 1/1995 (und insoweit unveränderten von 7/2002), die auch auf das Massa-KartenUrteil des BGH reagierten, das die Sphärentheorie verwarf:940 Die genannte Quote wurde nur noch für fahrlässiges Verhalten des Kunden vorgesehen, doch musste der Kunde seitdem ab grober Fahrlässigkeit den ganzen Schaden tragen (gemindert um die Mitverschuldensquote des Kreditinstituts) – jeweils endend mit der Verlustanzeige. Kritik an diesen AGB,941 die eigentlich nur §§ 276, 254 BGB übernahmen und im Bereich leichte Fahrlässigkeit erheblich abmilderten,942 erklärt sich vor allem mit ihrer prozessualen Umsetzung in der Rechtsprechung, namentlich der Annahme eines Beweises des ersten Anscheins für grobe Fahrlässigkeit.943 Auch im Zahlungsdiensterecht wird eine Basishaftung vorgesehen, nunmehr freilich nicht im Verhältnis von 10 : 90, sondern – praktisch häufig eher höher – bis zu einem ab 2009 bei 150,– € liegenden, jedoch durch die zweite ZD-RL auf 50,– € abgesenkten Betrag. Die von der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie vorgesehene Gefährdungshaftung, die unabhängig von einer etwaigen Fahrlässigkeit Anwendung fand (vgl Art. 61 Abs. 1 ZD-RL I, § 675v Abs. 1 BGB a.F.),944 ist mit der Novellierung des Zahlungsdiensterechts nunmehr einer mit einem Verschuldenselement versehenen Basishaftung gewichen. Dies bedeutet eine teilweise Annäherung (und Rückorientierung) der EU-Vorgaben an das Leitbild im Massakartenurteil des BGH, wonach das gesetzliche Leitbild – allerdings im deutschen Recht! – eine verschuldensunabhängige Haftung nicht mehr zulässt.945 Im Kern wird freilich die Exkulpation angesichts der hohen Anforderungen in § 675v Abs. 2 BGB nicht leicht gelingen, so dass auch die Basishaftung nach ZD-RL II und § 675v Abs. 1, 2 BGB n.F. der verschuldensunabhängigen Haftung nach ZD-RL I und § 675v Abs. 1 BGB a.F. nahekommt (näher unten Dritter Teil Rn 433–435). Und auch im Zahlungsdiensterecht (ZD-RL I und II) tritt neben die (modifizierte) Basishaftung eine vollumfängliche Haftung ab grober Fahrlässigkeit (Art. 74 Abs. 1 ZD-RL II, ex-Art. 61 Abs. 1 ZD-RL I und § 675v Abs. 3 BGB, dazu unten Punkt 3.). Diese Vorgabe ist heute in Abschnitt A II Nr. 15.1. Abs. 4 der Girocard-Bedingungen näher ausgestaltet (dazu unten). 432

c) Grundsätze der Beweislast (§ 675w S. 3, 4 BGB). Die Haftung nach § 675v BGB für Drittmissbrauch dreht sich im Kern fast immer um Beweisfragen: in der Frage, ob überhaupt ein Fehlverhalten des Kunden vorliegt; und in der Frage, wie schwerwiegend dieses ist (grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz). Daher ist die Frage nach der Verteilung der Beweislast so zentral. § 675w S. 3 BGB erweist sich hierbei als ein Formelkompromiss, der den 33. Erwägungsgrund der ZD-RL I aufnahm. Die Frage zählte zu den am intensivsten diskutierten im EU-Gesetzgebungsprozess. Diese Geschichte ebenso wie der 33. Erwägungsgrund und auch der Wortlaut von § 675w S. 3 BGB legen als Schlussfolgerung nahe, dass sich die Rechtslage nach nationalem deutschem Recht nicht ändern muss, auch nicht nach Anfügung eines erklärenden Satzes 4 (in Umsetzung zu Art. 72 Abs. 2 S. 2 ZD-RL II) (näher dann unten Dritter Teil Rn 443–445). Die Beweisanforderungen

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940 BGH Urt. v. 23.4.1991 – XI ZR 128/90, BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886; dann § 676h BGB a.F. (BGBl. 2000 I S. 897, 900). 941 Vgl. allein die Diskussion um das Urteil des OLG Hamm von 1997 (unten Dritter Teil Rn 445 [Fn 926]) und etwa die Stellungnahme von Strube WM 1998, 1210; sowie Ahlers WM 1995, 601 (601) („geteiltes Echo“). 942 Für das grobfahrlässige Fehlverhalten wiederhol(t)en die AGB nur die gesetzliche Regelung, nach der vollumfänglich gehaftet wird, das Mitverschulden jedoch zu berücksichtigen ist. Ansonsten wurde der Kunde mit einer Aufteilung der Haftung im Verhältnis von 10 : 90% privilegiert, denn das Mitverschulden des Kreditinstituts übersteigt in keinem typischen Geschehensablauf 90%: Gemeint sind die Fälle, dass Automaten nicht optimal gegen Ausspähen geschützt sind, die Girocard per Brief zugesandt wird oder nicht die sicherste PINZahlenkombination zugeteilt wird. 943 Hofmann WM 2005, 441 (442–445). 944 Dazu (und zur Anreizwirkung, die damit intendiert war): BR-Drucks. 848/08, S. 185 f.; 32. Erwägungsgrund ZD-RL I. Dies schloss jede weitere Haftung wegen leichter Fahrlässigkeit, etwa auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB, aus, vgl. BR-Drucks. aaO – was gleichermaßen für die Neufassung zu gelten hat, vgl. etwa für die Anreizwirkung BT-Drs.18/11495, S. 165. 945 Vgl. hierzu die Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 433.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

variieren dabei nicht unbeträchtlich: von eher gering im Falle der Basishaftung nach § 675v Abs. 1 und 2 BGB – bloßer Nachweis des Verlusts und Exkulpation bei objektiv erwiesener fehlender Bemerkbarkeit für den Zahler – bis hin zu hoch im Falle der Vollhaftung nach § 675v Abs. 3 BGB – Nachweis von mindestens grob fahrlässigem Fehlverhalten, auf das sich auch die Regeln zum Anscheinsbeweis (§ 675w S. 3, 4 BGB primär (überwiegend sogar: ausschließlich) beziehen. 2. Basishaftung (§ 675v Abs. 1, 2 BGB) a) Kartenverlust und Missbrauch, vor allem Distanzgeschäfte (Abs. 1). Grundlage der 433 Haftung – der Basishaftung ebenso wie der Vollhaftung (unten Punkt 3.) – ist der missbräuchliche Einsatz eines abhanden gekommenen Zahlungsinstruments bzw. sein sonstiger Missbrauch. Während die Umsetzung von ZD-RL I – in § 675v Abs. 1 a.F. – beide Varianten noch in S. 1 und S. 2 getrennt voneinander auswies, wurden sie in § 675v Abs. 1 BGB n.F. in einem Satz zusammengefasst. Damit sollte freilich die Rechtslage nur insoweit geklärt werden, als beide Varianten den gleichen Haftungsvoraussetzungen unterliegen.946 Für die praktische Anwendung bleibt es sinnvoll, beide Varianten nacheinander in den Blick zu nehmen. Kommt das Zahlungsinstrument abhanden (1. Variante), setzt die Basishaftung nach § 675v Abs. 1 S. BGB voraus, dass (i) keine Autorisierung durch den Zahler oder sonstigen Befugten vorliegt947 (sonst bereits Anspruch nach § 675u BGB), dass (ii) dennoch eine Authentifizierung durch Zahlungsauthentifizierungsinstrument vorgenommen wurde,948 und dass (iii) das Zahlungsauthentifizierungsinstrument – genauer: sein körperlicher Teil –949 abhanden kam, also gegen den Willen des befugten Inhabers in den Besitz des Dritten gelangte950 (sonst ggf. wieder Anspruch nach § 675u BGB). Bei unvermeidbaren Ereignissen/höherer Gewalt wäre zwar auch dieser Anspruch ausgeschlossen gewesen (§ 676c BGB), was durch Einführung der Haftungsausnahme nach Abs. 2 verstärkt wird (unten 3. Teil Rn 435). Dennoch handelte es sich – und handelt es sich trotz Abs. 2 auch heute noch – um eine Regelung, die weniger mit der Setzung eines Gefährdungstatbestandes erklärt werden kann (den setzen Kartenemittent und -nutzer etwa bei Diebstahl oder Raubüberfall gemeinsam), als mit Überlegungen zur richtigen Anreizsetzung: Da i.d.R. die Umstände des Verlustes dem Nutzer ungleich transparenter sind, er sie häufig auch besser vermeiden kann (cheaptest cost avoider, jedenfalls durch zeitnahe Anzeige), soll ihm ein Präventionsanreiz gegeben werden und dieser soll nicht dadurch durchbrochen werden, dass er sich auf fehlendes Verschulden berufen könnte (nach der alten Fassung noch stärker: dass ihm irgendein Nachweis fehlenden Verschuldens eröffnet bleiben sollte).951 Umgekehrt soll die Haftung nicht exzessiv sein, gilt also die Deckelung auf einmalig 50,– € (Absenkung ZD-RL II) – nach ZD-RL I noch 150,– € –, dies auch für mehrfachen missbräuchlichen Einsatz (freilich Anzeigepflicht s.u.).952 Weniger offensichtlich als der Verlust der Karte ist – von der Gefährdungslage her – jeder 434 weitere „Missbrauch“, d.h. unbefugter Gebrauch von Sicherheitsmerkmalen (ohne Besitz-

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946 BT-Drs. 18/11495, S. 165. 947 Darin – bzw. im Zusammenspiel mit Tatbestandsmerkmal (ii) – besteht in dieser Fallvariante bereits der „Missbrauch“, der nicht nochmals gesondert geprüft werden muss, aA Palandt/Sprau § 675v Rn 3. 948 BankR-Hdb/Maihold § 54 Rn 58 (implizit); hierfür ist Nachweis entsprechend § 675w S. 1, 2 BGB gefordert, näher oben Dritter Teil Rn 428. Auch nach der Neufassung in Umsetzung von Art. 72 ZD-RL II ist zu fordern, dass der Zahlungsvorgang kein ungesicherter war, etwa mit Auslösung durch (gefälschte) Unterschrift, sondern durch Zahlungsauthentifizierungsinstrument vorgenommen wurde: (auf § 675v Abs. 4 verweisend): MünchKommHGB/ Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel G, Rn 124. 949 Nicht etwa PIN und TAN, auch wenn sie niedergeschrieben sind und der Zettel als Sache (körperlicher Gegenstand) gestohlen werden oder abhanden kommen könnte: Scheibengruber NJOZ 2010, 1366 (1369). 950 OLG Düsseldorf Urt. v. 6.7.2012 – I-17 U 79/11, NJW 2012, 3381 (3382). 951 Vgl. 32. Erwägungsgrund der ZD-RL I: „Um dem Zahlungsdienstnutzer einen Anreiz zu geben …“. 952 Oechsler WM 2010, 1381 (1383).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

verschaffung). Hierher zählen etwa das Kopieren/Einlesen des Magnetstreifens (bei Rückgabe der Karte) und ihre Nutzung mit PIN oder das Kopieren des Kreditkartenslips oder die Verwendung von PIN und TAN im Online-Banking,953 wohl auch die Verwendung der Kundenkennung mit Prüfziffern bei der Kreditkarte.954 Neben (i) die unbefugte Autorisierung und (ii) die Authentifizierung durch ein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (zusammengefasst als „Missbrauch“) trat nach § 675v Abs. 1 BGB a.F. bis 2018 (iii) die Voraussetzung, dass der Nutzer „die personalisierten Sicherheitsmerkmale nicht sicher aufbewahrt hat.“ Dies war jedenfalls als Pflichtverstoß formuliert, dieser also zu beweisen.955 Obwohl es in dieser Konstellation an einem – für den Zahlungsdienstenurtzer leichter erkennbaren – Verlust eines Zahlungsinstruments fehlt, scheint nach der Neufassung bei Nachweis eines Missbrauchs (unautorisierter Nutzung) der Nutzer auch haftbar ohne Nachweis eines eigenen vergleichbaren „Verursachungsbeitrages“ (wie etwa unvorsichtige Aufbewahrung).956 Grds. wird also vom Missbrauch auf seinen Verursachungsbeitrag geschlossen und so ein stringenter Vorsorgeanreiz geschaffen, Anomalitäten so schnell wie möglich zu erkennen. Der Nutzer ist nämlich auch in dieser Konstellation ganz auf die allgemeine Ausnahme nach Abs. 2 (mit dem Erkennbarkeitskriterium) verwiesen. 435

b) Ausnahme bei Unvermeidbarkeit (Abs. 2). Die – in Umsetzung von Art. 74 Abs. 1 2. UAbs. ZD-RL II eingeführte – Ausnahme, die Abs. 2 seit 2018 statuiert, ist nur klarstellend in ihrem zweiten Teil. Der Nutzer soll keiner Basishaftung unterliegen, wenn ein Beteiligter auf Seiten des Zahlungsdienstleisters den Verlust zu verantworten hat – gleichgültig, ob angestellt, organisatorisch oder rechtlich verbunden oder nur eingeschaltet (Nr. 2, Zurechung an den Zahlungsdienstleister in Übereinstimmung mit Rechtsgedanken in § 675y BGB, aber auch § 278 BGB). Eine gewisse Neuorientierung bedeutet es demgegenüber, dass der Kunde sich auch bei objektiv fehlender Erkennbarkeit exkulpieren kann (Nr. 1). Freilich bleibt es im Grundsatz weiterhin bei einer verschuldensunabhängigen Basishaftung.957 Das Modell eines Haftungsbeitrages, der in jedem Falle geschuldet ist und solchermaßen zu Sorgfalt im Eigeninteresse anhalten soll, weil er nicht „hinterfragt“ werden kann, ist freilich abgelöst worden durch eines, das nicht nur im Haftungsbetrag erheblich abgesenkt wurde, sondern auch eine Exkulpationsmöglichkeit eröffnet. Dabei ist „Erkennbarkeit“ nach nationalem Recht zu beurteilen (72. Erwgrund ZD-RL II), in Deutschland also im Sinne objektiver, im jeweiligen Verkehrskreis angenommer Erkennbarkeit.958 Die Beweislast trägt nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen der Nutzer,959 sodass das praktische Ergebnis einer verschuldensunabhängigen Haftung sehr nahe kommt.

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953 Näher Schulte am Hülse/Klabunde MMR 2010, 84 (86 f.). 954 So BT-Drucks. 16/11643, S. 113; zweifelhaft weil kein Zahlungsauthentifizierungsinstrument (ebenso MünchKommBGB/Casper § 675v Rn 17), m.E. wohl aber eine planwidrige Lücke bereits auf EU-Ebene, die in der Tat (auch auf EU-Ebene) durch Analogie geschlossen werden kann. Dies ist, da nach den Neufassung nur noch auf Missbrauch, nicht mehr explizit auf Zahlungsauthentifizierung abgestellt wird, nach dieser noch besser zu begründen (teleologisch überzeugend, vom Wortlaut her nicht ausgeschossen). 955 Ellenberger/Findeisen/Nobbe § 675v Rn 44. Zur Qualifikation des Anspruches auch BGH (Fn 581), NJW 2012, 1277 (1279); Oechsler WM 2010, 1381 (1383). 956 Für die Neufassung in der Tat wohl in diesem Sinne BT-Drs. 18/11495, S. 166; ebenso MünchKommHGB/ Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel K, Rn 190; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 90 (für den Einsatz von Kreditkarten), 179 f. 957 BT-Drs. 18/11495, S. 165 („grundsätzlich verschuldensunabhängige Haftung“); Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ D. Schmalenbach § 675v Rn 5; Hoffmann VuR 2016, 243 (244); MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel K, Rn 190; Werner WM 2018, 449 (454). Zum Streit dazu, ob die Vorgängerfassung (2009) als Gefährdungshaftung oder doch noch als Verschuldenshaftung zu qualifizieren war und auch darum, ob § 280 Abs. 1 S. 2 BGB anwendbar war, Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 433. 958 BT-Drs. 18/11495, S. 165; MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel K, Rn 196; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 90. 959 Hoffmann VuR 2016, 243 (245); MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel K, Rn 195.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

3. Vollhaftung (§ 675v Abs. 3 BGB) a) Faktenlage als Hintergrund. Umstritten ist – oder war – vor allem die Faktenlage zur 436 Sicherheit des Systems, die für die Konstruktion der Vollhaftung, insbesondere auch die Beweisfrage von zentraler Bedeutung ist. Kernbestandteile sind die Sperrmöglichkeit bei Verlust (§ 675v Abs. 5 BGB) und das Zwei-Medien-Konzept:960 Nur durch Zusammenspiel der Karte und der Eingabe der richtigen, vier- oder fünfstelligen PIN kann die Verfügung ausgelöst werden. Der Girocard-Einsatz allein mit Unterschrift genügt nur beim ELV und mancherorts im Ausland im Girocard-System. In beiden Fällen trägt der Kunde das Missbrauchsrisiko regelmäßig nicht.961 Letzteres ergibt sich nach der Neufassung bereits aus § 675v Abs. 4 BGB (unten 3. Teil Rn 447). Nutzt ein Kunde die Chance, eines der beiden Medien zu „entmaterialisieren“, indem er die PIN auswendig lernt, ist das System, jedenfalls wenn die PIN nicht ermittelt werden kann, sicherer als bei der Kreditkarte, jedenfalls soweit sie nicht ebenfalls mit PIN verwandt wird, sondern immer noch (wenn auch praktisch abnehmend) mit Unterschrift und wo dann auch das zweite Medium materialisiert und damit dem Fremdzugriff ausgesetzt ist. Soweit – wie traditionell und noch heute überwiegend bei der Kreditkarte (vgl. Dritter Teil Rn 57, 248) – Karte und Unterschriftsvorlage untrennbar sind, ist der Sicherheitsstand der des Girocard-Systems in den unsichereren Ländern. Entscheidend ist demnach außerhalb der beiden genannten Ausnahmefälle die – weiterhin 437 umstrittene – Frage nach der Sicherheit der PIN. In der Tat wurde zunächst über das „Ob“ der Gefahren intensiver diskutiert als über rechtliche Konstruktionen.962 Drei Formen der Ermittlung durch Dritte sind denkbar,963 zunächst die Ermittlung durch Technik. Da die PIN nicht auf der Karte (Magnetstreifen) niedergelegt, sondern bei jeder Transaktion unter Zugrundelegung eines Verschlüsselungssystems, des sog. Data Encryption Systems (DES), in der Autorisierungszentrale errechnet wird, kommt nicht Entschlüsselung eines Codes auf der Karte, sondern allein Entschlüsselung des DES in Betracht. Weder konnten Skeptiker mit höchstem Know-how dies leisten – nicht einmal beim 56-Bit-Schlüssel, der auch außerhalb des Privatbankensektors jedenfalls seit Jahrtausendwende durch einen 128-Bit-Schlüssel ersetzt wurde – noch gab auch nur einer von ca. 20 000 aufgeklärten Missbrauchsfällen aus den 1990er Jahren einen Anhaltspunkt in diese Richtung.964 Dies beeinflusste die Rechtsprechung erheblich. Demgegenüber ist Ausspähung denkbar, freilich durch den Kunden zu beeinflussen. BKA-Berichte und -Statistiken legen nahe, dass dies nicht völlig unwahrscheinlich ist, evtl. auch nicht die missbräuchliche Anbringung von Zweittastaturen oder Kameras.965 Streitig ist, wie leicht ein Dritter mit Karte (Finder, Dieb) deren PIN erraten kann. Die Angaben reichen von Wahrscheinlichkeiten von 1 : 72 (allerdings nur bei alten, inzwischen aus dem Verkehr gezogenen Karten mit Massierung mancher

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960 Verallgemeinert, vor allem auch in Konstellationen des Distanzgeschäfts oder kontaktloser Zahlungsmethoden, durch das Erfordernis(„Obliegenheit“) einer starken Kundenauthentifizierung (§ 675v Abs. 4 BGB), vgl. unten 3. Teil Rn 446. 961 Für das Girocard-System vgl. Abschnitt II Nr. 15.1 Abs. 4 S. 2 der Girocard-Bedingungen und unten Dritter Teil Rn 455; für das ELV (früher „POZ“) und die Widerspruchsmöglichkeit des Kunden hierbei oben Dritter Teil Rn 365– 368. Auf die höhere Missbrauchsanfälligkeit der Kombination Karte und Unterschrift (besonders üblich bei der Kreditkarte) weist auch auf dem Hintergrund des französischen Rechts Piedelièvre Paiement, S. 382 hin. 962 Etwa Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218; Hagemann/Schaup/Schneider Datenschutz und Datensicherung 1999, 5; Strube WM 1998, 1210. 963 Vgl. etwa Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218 (1218–1222); Hofmann WM 2005, 441 (447 f.); der Sache nach auch Schröter WM 1998, 1210 (1213–1217); vgl. auch Ehrlicher Bankomatenmissbrauch, S. 32–36. 964 Näher: Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218 (1221); Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (58–60). 965 Vgl. Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (132–135); Pausch CR 2004, 308 (323).

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Zahlen-Kombinationen)966 über allseits konzedierte von 1 : 3333 (für neue Karten, die im Privatbankenbereich bereits um 2000 umfassend eingeführt waren) bis zu noch geringeren Prozentsätzen. Nach drei Fehlversuchen wird die Karte eingezogen, wobei die Zahl der Fehlversuche wiederum in der Zentrale festgehalten wird, so dass Manipulationen auf der Karte aussichtslos sind, wenn die Autorisierung, wie überall in Deutschland und inzwischen im Großteil des SEPA-Raumes, online erfragt wird.967 438 Somit ist die Entschlüsselung Spekulation geblieben, die Erratenschance in Deutschland nur drei Mal eröffnet (bei oben genannten Wahrscheinlichkeiten), die Ausspähungsmöglichkeit hingegen realistisch, jedoch je nach räumlichen Vorkehrungen verschieden hoch (eigene Automatenräume oder Außenwände). Insgesamt wirkt die Einschätzung als zu pauschal, dass die Sicherheitsfrage trotz oder gerade auf Grund widersprüchlicher Sachverständigengutachten in unterinstanzlichen Verfahren nicht als geklärt gelten kann.968 b) Pflichtverstöße und Sorgfaltsmaßstab. Einen genuinen Schadensersatzanspruch, der (mindestens grob fahrlässigen) Pflichtverstoß voraussetzt, regelt erst § 675v Abs. 3 BGB.969 Die genannten Beispiele sind abschließend formuliert und auch so zu verstehen.970 Freilich ist der Katalog breit, da auf die gesetzlich statuierten Präventionspflichten des Kunden in § 675l Abs. 1 BGB verwiesen wird (Nr. 2 lit. a) und zudem auf die Nutzungsbedingungen in der Abrede (Nr. 2 lit. b). Für Ersteres ist auf die Ausführungen zu § 675l Abs. 1 BGB zu rekurrieren:971 Es gelten der Trennungsgrundsatz (zwischen Sicherheitsmerkmalen), der Sicherungsgrundsatz (für jedes einzelne Sicherungsmerkmal) und ein Verdachtsvorsorgegrundsatz (§ 675l Abs. 1 S. 1 BGB) sowie die (unverzüglich zu erfüllende) Anzeigepflicht (§ 675l Abs. 1 S. 2 BGB). Bei all dem ist zu berücksichtigen, dass nur der grob fahrlässige Verstoß (gesondert) sanktioniert wird, was besonders plastisch hervortritt, wenn etwa keine Vernichtung des PIN gefordert und nicht jede (getrennte) Notierung desselben verboten wird.972 In den entschiedenen Fällen wird häufig Pflichtverstoß und besonders hoher Sorgfaltsverstoß (grobe Fahrlässigkeit) gemeinsam geprüft, weil die Grenzlinie zur sonstigen Fahrlässigkeit über die Rechtsfolgen entscheidet. Grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverstoß muss den missbräuchlichen Einsatz des Zahlungsinstruments (im konkreten Fall) ermöglicht haben. Bei betrügerischem Handeln (Nr. 1) wird demgegenüber auch nachträgliche Kollusion erfasst, also auf Kausalität verzichtet.973 Demgegenüber können die Nutzungsbedingungen in der Vereinbarung sehr breit ausfal440 len (vgl. etwa Abschnitt A. II. Nr. 15. 1. Abs. 4 Girocard-Kundenbedingungen). Der Eingrenzung dient zunächst, dass die finanzielle Nutzungsbegrenzung („Verfügungsrahmen“) als Haftungsobergrenze statuiert wird, diese also als kundenschützend ausgestaltet wird (ausdrücklich Abschnitt A. II. Nr. 15.1 Abs. 5.), desgleichen die Sperranzeige, so dass der Kunde auch schon bei mäßig schneller Anzeige allenfalls einen Schaden in Höhe einer (wöchentlichen oder monatlichen) Nutzungsbegrenzung zu tragen hat. Wo keine solche Nutzungsbegrenzung vereinbart ist, muss nach hier vertretener Meinung zumindest der Deckungsrahmen als vergleichbar kunden439

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966 Strube WM 1998, 1210 (1210); vgl. außerdem (auch zu den Zahlen im Folgenden) Aepfelbach/Cimiotti WM 1998, 1218 (1218 f.). 967 Von veralteten Voraussetzungen geht aus: Strube WM 1998, 1210 (1213 f.). 968 LG Bonn Urt. v. 17.3.2005 – 3 O 657/03, ZIP 2005, 1006 (1007). 969 Von Gleichartigkeit der Ansprüche nach Abs. 1 und Abs. 2 a.F. (heute Abs. 3) ging demgegenüber Palandt/Sprau (73. Aufl.) § 675v Rn 5 aus. 970 Ebenso Erman/Graf v. Westphalen § 675v Rn 16; Palandt/Sprau § 675v Rn 7. 971 Oben Dritter Teil Rn 264–274, dort auch für § 675l Abs. 2 BGB, vgl. oben Dritter Teil Rn 267–271. 972 BGH Urt. v. 17.10.2000 – XI ZR 42/00, BGHZ 145, 337 = NJW 2001, 286; Langenbucher/Bliesener/Spindler 3. Kapitel § 675l Rn 6. 973 BT-Drs. 18/11495, S. 166.

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schützend verstanden werden.974 Jedoch dürfen – trotz dieser Einschränkung – Verstöße gegen Nutzungsbedingungen nicht allgemein als hinreichende Pflichtverstöße verstanden werden, um eine Vollhaftung nach § 675v Abs. 3 BGB auszulösen. Denn über die Gefahren des GirocardEinsatzes ist der Kunde aufzuklären,975 und der Schaden fehlender Aufklärung (fehlender Aufnahme in den Katalog) ist von den Instituten bereits zu ersetzen, wenn nicht feststeht, dass die Warnung ohnehin fruchtlos geblieben wäre.976 Entsprechend ist über besonders zentrale Pflichtverstöße mit besonderem Nachdruck aufzuklären. Dem kann sich der Zahlungsdienstleister nicht dadurch entziehen, dass er auf drei Pflichten besonders hinweist, diese jedoch als Regelbeispiele („insbesondere“) ausgestaltet und damit den Rückgriff auf alle anderen Pflichten ebenfalls eröffnet. Somit steht nach den Nutzungsbedingungen die Anzeigepflicht (1. Spiegelstrich) und die Trennpflicht im Vordergrund (Spiegelstriche 2 und 3). Bei anderen Pflichtverstößen wird man, da sie in der Vereinbarung nicht besonders hervorgehoben werden und nur im Gesetz genannt sind, nur dann grobe Fahrlässigkeit annehmen können, wenn sich kein vernünftiger Nutzer je so verhalten würde, sich der eklatante Pflichtverstoß also jedem aufdrängt und daher keine Aufklärung hierüber nötig ist. Auf die Beispiele wurde im Rahmen von § 675l BGB eingegangen.977 Darüber hinaus exemp- 441 lifiziert werden kann hier nur noch das Zusammenspiel zwischen Pflichtverstoß und grober Fahrlässigkeit und die Abstufung zwischen den Verstoßarten: Für § 675l Abs. 1 S. 1 BGB wurden – neben der Anzeigepflicht (S. 2) – vor allem der Trennungsgrundsatz, der Sicherungsgrundsatz und Verdachtsvorsorgegrundsatz herausgestellt. Nach dem eben Gesagten werden freilich nur die ersten beiden auch in den AGB so herausgehoben, dass der Kunde über sie in aller Schärfe aufgeklärt wird. Bei ihrer Verletzung ist von grober Fahrlässigkeit grds. auszugehen, nicht hingegen bei Verletzung des Sicherungs- und des Verdachtsvorsorgegrundsatzes. Das wirkt sich dann aus, wenn etwa die Karte auf Reisen im Kfz verwahrt wird (Sicherungsgrundsatz) und dann im Ausland ohne PIN-Abfrage genutzt werden konnte.978 Alle anderen Regelbeispiele stellen auf eine kombinierte Fehlleistung hinsichtlich beider Medien, Karte und PIN, ab, so dass die Verwahrung im KfZ an sich nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen kann.979 Nach Kenntnisnahme vom Diebstahl – Anzeigepflicht – ist freilich gerade in solchen Ländern und bei Verlust der Kreditkarte sofort zu handeln, da die Missbrauchsgefahr sogar noch größer ist (einigermaßen überzeugende Fälschung von Unterschrift einfacher als Erraten der PIN). Auch das versehentliche Steckenlassen der Karte betrifft nur ein Medium (Sicherungsgrundsatz) und ist deswegen noch nicht als grobfahrlässig einzustufen.980 Und auch die oben genannte h.M., die PIN müsse nicht vernichtet werden und dürfe getrennt durchaus notiert werden, ist damit zu erklären, dass nicht der Trennungsgrundsatz berührt ist. Umgekehrt muss mangels Verdachtssituation keineswegs nur der allersicherste Weg gewählt werden, eine Übermittlung etwa im Postweg wird zurecht nicht als grobfahrlässig eingestuft.981 Über die wich-

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974 Oben Dritter Teil Rn 249–252. 975 LG München I Urt. v. 8.9.1987 – 28 O 15790/86, WM 1987, 1453; Köhler AcP 182 (1982), 126 (129); Reiser WM 1986, 1401 (1403); Brockmeier POS-System, S. 107; Kleine Probleme im ec-Geldautomaten-System, S. 135–137. 976 Vgl. nur Soergel/Wiedemann (12. Aufl.) Vor § 275 Rn 261; ausführlicher zum Gedankengang: Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (60–63). 977 Oben Dritter Teil Rn 264–274. 978 Ebenso Strube WM 1998, 1210 (1216) (mit Hinweis auf die damalige gegenläufige erstinstanzielle Rspr.); BankRHdB/Nobbe (3. Aufl.) § 63 Rn 17, Verweis in BankR-HdB/Nobbe § 63 Rn 3; aA OLG Düsseldorf Urt. v. 26.10.2007 – I-16 U 160/04, BKR 2008, 41; LG Berlin Urt. v. 22.6.2010 – 10 S 10/09, WM 2010, 2353; Ahlers WM 1995, 601 (605). 979 Das wird von den Untergerichten jedoch häufig verkannt, vgl. dazu die Darstellung bei Hofmann WM 2004, 441 (444); problematisch auch OLG Frankfurt Beschl. v. 15.7.2003 – 19 U 71/03, NJW-RR 2004, 206 (grobe Fahrlässigkeit bei Verlustmeldung nach 11/2 Stunden). 980 OLG Düsseldorf Urt. v. 6.7.2012 – I-17 U 79/11 NJW 2012, 3381. 981 BGH Urt. v. 16.6.1998 – XI ZR 254/97, BGHZ 139, 108 = NJW 1998, 2898 (hier Übersendung eines Schecks auf dem Postweg).

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tigsten Pflichten beim Phishing ist ebenfalls so klar aufzuklären – in AGBs oder durchgehend auf dem Bildschirm –, dass sie als „Kardinalpflichten“ hervortreten, sonst ist grobe Fahrlässigkeit zu verneinen.982 Umgekehrt fragt sich, ob ein Mitverschulden des Zahlungsdienstleisters – etwa fehlende 442 Reaktion auf Verdacht erregende Formen der Verfügung – die Höhe des Schadensersatzanspruches mindert.983 Beide ZD-RL sprechen zwar von vollem Schadensersatz. Stimmiger im System des deutschen Zivilrechts und rechtspolitisch überzeugender als die Vollkompensation erscheint in der Tat jedoch die Anwendung von § 254 BGB.984 Beide ZD-RL, die dem Vollharmonisierungsansatz folgen, lassen diese Frage leider offen, obwohl die Abweichung zugunsten des Kunden geht (zu dieser Tendenz vgl. § 675e Abs. 1 BGB). Anders als für den Rechtsmissbrauch hat der EuGH985 freilich für diese Grenze der Rechtsdurchsetzung (seitens der Zahlungsdienstleister) noch nicht entschieden, ob sie neben einer Richtlinie zulässig bleibt, wenn sie deren Ziele nicht konterkariert. 443

c) Beweisfragen, insbes. Anscheinsbeweis (§ 676w BGB). Der Schwerpunkt der bisherigen Diskussion und Rechtsprechung zum Drittmissbrauch betrifft Fragen der Beweislast bzw. des Beweismaßes. Daher stellt sich im Ausgangspunkt die Frage, ob sich diese nach Europäischem Recht (ZD-RL) oder nach nationalem Recht beurteilen, namentlich ob unter der gültigen Richtlinie die h.M. im deutschen Recht, die einen Anscheinsbeweis für das Vorliegen grober Fahrlässigkeit grds. für möglich hält (nächste Rn), fortbestehen kann.986 Eine klare Beweislastregel zugunsten des Kunden, die noch der Vorschlag enthalten hatte, wurde zugunsten der Formel aufgegeben, dass der Nachweis von technisch ordnungsgemäßer Kartenverwendung und PINEingabe „nicht notwendigerweise [genüge um anzunehmen], dass der Zahler … grob fahrlässig“ handelte (Art. 72 Abs. 2 ZD-RL II, ex- Art. 59 Abs. 2 ZD-RL I und § 675w S. 3 BGB). Die Gesetzgebungsmaterialien und der 33. Erwägungsgrund (ZD-RL I) belegen freilich, dass mit dieser Formel auf die nationalen Beweisgrundsätze verwiesen werden sollte. Als Rahmen dürfte nur vorgegeben sein, dass die Umstände des Einzelfalls zu prüfen sind (keine pauschalen Beweisregeln),987 und sich die Lage mit den technischen Gegebenheiten sogar ändern kann.988 Dies legt es (unabhängig von der Überzeugungskraft oder Fragwürdigkeit nationaler Rechtsentwicklungen) nahe, dass der EuGH an seine Rechtsprechung zur AGB-Richtlinie anknüpfen wird, in der er schon unter weniger eindeutigen Voraussetzungen die Auslegung der Generalklausel – hier die Auslegung der Formel „nicht notwendigerweise“ – den nationalen Gerichten überantwortete.989 Es ist also

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982 Vgl. BGH (Fn 306), NJW 2012, 2422; Borges NJW 2012, 2365; ders. NJW 2005, 3313 (3315–3317); tendenziell strenger: Bender WM 2008, 2049 (2057 f.). Ausgestaltung durch die AGB Online-Banking. 983 BGH Beschluss v. 25.1.1985 – III ZR 138/84, WM 1985, 511. Zur Gewichtung des Mitverschuldens vgl. auch oben Zweiter Teil Rn 46 und unten Dritter Teil Rn 516–520. 984 Ebenso Ehmann/Hadding WM-Sonderbeil. 3/1999, 11; Palandt/Sprau § 676c Rn 2 (alte Rechtslage, 68. Aufl. 2009); zur ökonomischen Überlegenheit der Lösung und Verankerung sogar im Gemeinschaftsrecht vgl. Grundmann WM 2000, 2269 (2280 f.). 985 Für den Rechtsmissbrauch EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3. 1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. 986 Jeden Änderungsbedarf unter der Richtlinie verneinend: BR-Drucks. 848/08, S. 186; BT-Drucks. 16/11643, S. 115; Lohmann/Koch WM 2008, 57 (63); und bereits für ZD-RL II (aber auch ZD-RL I): MünchKommBGB/Zetzsche § 675v Rn 12 ff.; Palandt/Sprau § 675w Rn 4; grds. ebenso, ausführlicher und mit Rechtsvergleich. Koch M. Missbrauch von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, S. 183–192; ausführlicher Rechtsvergleich Stange Drittmissbrauchshaftung in Europa; dagegen Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.) Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (135– 148). 987 So in der Tendenz auch BT-Drucks. 16/11643, S. 114; und noch deutlicher BT-Drs. 18/11495, S. 167. 988 Für eine dynamische Sicht deutlich BGH (Fn 581), NJW 2012, 1277 (1279 Tz 37). 989 EuGH Urt. v. 1.4.2004 – Rs. C-237/02 Freiburger Kommunalbauten Slg. 2004, I-3403. Positiv zur Rechtsprechung (hinreichende Würdigung im Einzelfall): BankR-Hdb/Maihold § 54 Rn 107 ff.; auch Gebauer/Wiedmann/Schinkels Kapitel 16 Rn 56 (sogar krit. im Hinblick auf gegenläufige, stärker europaeinheitliche

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nicht zu erwarten, dass der EuGH die bestehende deutsche Rechtsprechung korrigiert oder allenfalls sehr punktuell. Für die besonders umstrittene Beweislast gibt auch § 675w S. 3 BGB, mit dessen Verabschie- 444 dung der deutsche Gesetzgeber Art. 59 Abs. 2 ZD-RL I (heute Art. 72 Abs. 2 ZD-RL II) umsetzte und auch auf den 33. Erwägungsgrund der ZD-RL I reagierte, lediglich einen Rahmen vor: Weit überwiegend geht man davon aus, dass angesichts der Sicherheit des Zwei-Medien-Systems prima facie ein Fehlverhalten des Karteninhabers dargetan sei, wenn nach seiner Einlassung ein anderer verfügte (Anscheinsbeweis für Pflichtverstoß).990 Von der Sicherheit des Systems im oben genannten Sinne kann ausgegangen werden, wenn auch der Zahlungsdienstleister auf Nachfrage hin die Sicherheitsvorkehrungen darzulegen hat (Modell der § 675w S. 1 und 2 BGB).991 Der Anscheinsbeweis wird für die GA ebenso wie die Zahlung mit PIN am Händlerterminal (POS) angenommen, freilich nur bei Einsatz der Originalkarte,992 zumal wenn die zeitliche Nähe zwischen Diebstahl und Verfügung eine gleichzeitige Erlangung der PIN nahelegen.993 Wenn S. 4, der in Umsetzung von Art. 72 Abs. 2 S. 2 Z-RL II klarstellend angefügt wurde, dies dahingehend ergänzt, dass weitere Indizien für eine Verantwortlichkeit des Kunden sprechen müssen, so sollten jedenfalls die genannten Indizien hierfür genügen. Denn die Norm gibt nicht vor, welche weiteren Indizien dies sein müssen oder welcher Art.994 Substantiiert der Nutzer seinen Vortrag freilich gar nicht, wird man bereits insoweit von einem genügend weiteren Indiz iSv S. 4 ausgehen können. Denn allgemeinen Grundsätzen entsprechend kann der Kunde den Anschein schon durch Dartun eines untypischen Geschehensablaufs erschüttern.995 Vollbeweis ist nicht nötig.

_____ Auslegungsbeispiele in der EuGH-Rechtsprechung); zweifelnd demgegenüber Scheibengruber BKR 2010, 15 (20–23). Obwohl der EuGH die Unterschiede demnach wohl nicht zum Anlass nimmt, selbst die Fragen inhaltlich zu entscheiden, sind die Unterschiede für die weitere deutsche Diskussion als Wertung relevant: Für die französische Ausfüllung dieses Formelkompromisses vgl. Art. 133–19 Code monétaire et financier. Ein Anscheinsbeweis wird dort nicht angenommen: Cour de Cassation Com. 2.10.2007 JCP E 2007, 2376; Bonhomme Paiement, S. 323–326; Piedelièvre Paiement, S. 407; Halfmeier ZEuP 2009, 613; für Beispiele grober Fahrlässigkeit vgl. Cour de Cassation Com. 16.10.2012 JCP E 2012, 1680. Für Großbritannien: sec. 57(1), 62(2) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 608 f.; mit völligem Haftungsausschluss im Mail-Order-Verfahren und anderen Fernabsatzgeschäften, vgl. dort und sec. 62(3)(c), was in Großbritannien offenbar aus dem Zusammenspiel mit der VerbraucherrechteRichtlinie hergeleitet wird. Und auch bei Drittmissbrauch bei Karteneinsatz mit PIN begrenzt sec. 83 des Consumer Credit Acts von 1974 die Haftung eher eng, vgl. Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 668–670. Für Italien vgl. (wiederum gegen einen Anscheinsbeweis und mit hohen Beweisanforderungen an die Zahlungsdienstleister) Mancini et al./O. Troiano/Cuocci/Pironti Pagamento, S. 150–152. 990 LG Berlin (Fn 978), WM 2010, 2353; AG Frankfurt Urt. v. 10.11.2010 – 29 C 1461/10-85, WM 2011, 496; AG Hamburg Urt. v. 28.9.2010 – 4 C 178/10, WM 2011, 498 (alle schon unter Zahlungsdiensterecht); LG Hannover Urt. v. 16.3.1998 – 20 S 97/97, WM 1998, 1123; AG Charlottenburg Urt. v. 13.8.1997 – 7b C 280/97, WM 1997, 2082; Aepfelbach/ Cimiotti WM 1998, 1218 (1219) (mwN aus der Rspr.); Gößmann WM 1998, 1264 (1269 f.); Reiser WM 1986, 1401 (1404); Werner WM 1997, 1516; vgl. auch Rspr. bei Strube WM 1998, 1210 (1211–1213 und 1216 f.); ausführlich zum Problembereich Bruns MuR 1999, 19; Werner MuR 1998, 232; demgegenüber angesichts der Zunahme neuer Kriminalitätsformen aus jüngerer Zeit gegen solchen Anscheinsbeweis: AG Berlin Mitte Urt. v. 25.11. 2009 – 21 C 442/08, NJW-RR 2010, 407. 991 BGH Urt. v. 5.10.2004 – XI ZR 210/03, WM 2004, 2309; Urt. v. 14.11.2006 – XI ZR 294/05, NJW 2007, 593 (596); BGH (Fn 581), NJW 2012, 1277 (1279 Tz 37); für die Kreditkarte ebenso OLG Frankfurt Urt. v. 17.6.2009 – 23 U 22/06, WM 2009, 1602; wenn Beweismittel freilich vernichtet oder nicht aufgedeckt (Kameraaufzeichnungen), Anscheinsbeweis ausgeräumt: AG Frankfurt Urt. v. 26.5.2009 – 30 C 2223/08 – 45, 30 C 2223/08, VuR 2009, 472; AG Potsdam Urt. v. 20. 7. 2009 – 20 C 338/08, WM 2009, 1941. Bei Einschaltung von Zahlungsauslösediensten müssen diese Beweis erbringen – andernfalls muss der Zahlungsdienstleister ihnen den Streit verkünden, vgl. BT-Drs. 18/11495, S. 168. 992 Für GA: BGH (Fn 581), NJW 2012, 1277; OLG Frankfurt Urt. v. 30.1.2008 – 23 U 37/05, WM 2008, 534; Kollrus MDR 2012, 377 (380); für die Kreditkarte (Geldautomatenabhebung) AG Offenbach Urt. v. 31.5.2011 – 30 C 117/07, juris. 993 BGH Urt. v. 6.7.2010 – XI ZR 224/09, WM 2011, 924; BGH (Fn 581), NJW 2012, 1277 (1279 Tz 37). 994 So auch Hofmann BKR 2018, 62 (68, 69); kritisch zur Entstehungsgeschichte: Linardatos NJW 2017, 2145. 995 Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle Anh. § 286 Rn 20; speziell für die ec-Karte: Gößmann WM 1998, 1264 (1270); Harbeke WM Sonderbeil. 1/1994, 11; Strube WM 1998, 1210 (1212); hieran dürfen – zumal im

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Meist wird – weitergehend – vom ersten Anschein grober Fahrlässigkeit ausgegangen,996 was auch vom BGH im Grundsatz bestätigt wurde.997 Erst für diesen Anscheinsbeweis entfalten S. 3 und S. 4 ihre Hauptwirkung (vgl. S. 3 Nr. 2–4, vgl. bereits vorige Rn). Zugleich drücken sie freilich in diesem Kontext nur Selbstverständliches aus: Die pannenfreie Aufzeichnung und der Beweis von Kartennutzung und Athentifizierung belegen als solche noch nicht, dass der Nutzer grob fahrlässig – und nicht etwa nur leicht fahrlässig – oder betrügerisch handelte. Folgerichtig geht auch der BGH davon aus, der Karteninhaber könne den Beweis des ersten Anscheins entkräften, wenn er Tatsachen darlege und gegebenenfalls beweise, aus denen sich die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache ergebe.998 Umgekehrt lehnte eine nicht unbedeutende Mindermeinung jeden prima-facie-Beweis schon als solchen ab (wie überwiegend im EU-Ausland), da das System nicht sicher genug sei, um auf Grund der Lebenserfahrung auf einen typisierten Geschehensablauf zu schließen.999 Die PIN kann nach bisherigen Erkenntnissen jedoch nur mit exzessivem Aufwand errechnet werden. Ein Ausspähen (mit Kartendiebstahl) lässt nach der Lebenserfahrung ebenfalls zumindest auf leichte Fahrlässigkeit des Kunden schließen.1000 Auch eine Wahrscheinlichkeit von 72 : 1, jedenfalls jedoch eine von von 3333 : 1 spricht nach den Leitentscheidungen prima facie für Fahrlässigkeit.1001 Ist also der Mindermeinung nicht zu folgen, so ist andererseits – und entgegen der h.M. – m.E. nur der erste Anschein leichter Fahrlässigkeit begründet: Der Fall, dass die PIN ausgespäht und die Karte dann entwendet wurde, erscheint als ein plausibler alternativer Geschehensablauf. Eine plausibel gemachte Ausspähmöglichkeit kann also den Anscheinsbeweis – jedenfalls für grobe Fahrlässigkeit – erschüttern.1002 Freilich sind alternative Szenarien, die üblicherweise plausibel sein mögen, im konkreten Fall aber unplausibel erscheinen, auszuscheiden1003 – etwa wenn die letzte Verfügung an einem ausspähungsgefährdeten Terminal weit zurückliegt. Die h.M. sieht freilich das Ausspähen der PIN bei abstrakter Betrachtung ganz allgemein als seltenen Ausnahmefall an, der einen prima-facie-Beweis nicht hindert.1004 Im Online-Banking gilt grundsätzlich – mangels typisierten Geschehensablaufs mit sichtbarem Verlust des körperlichen Teils des Zahlungsinstruments (Karte) – kein Anscheinsbeweis,1005 des-

_____ Prozesskostenhilfeverfahren – nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, zumal nicht, wenn unklar ist, ob der Kunde die Karte überhaupt erhielt: BVerfG Beschluss v. 8.12.2009 – 1 BvR 2733/06, NJW 2010, 1129. 996 OLG Frankfurt a.M. Urt. v. 7.5.2002 – 8 U 268/01, WM 2002, 2101 (2103); LG Köln Urt. v. 20.9.1994 – 11 S 338/92, WM 1995, 976 (977); LG Frankfurt Urt. v. 12.5.1999 – 2 S 336/98, WM 1999, 1930 (1932); LG Stuttgart Urt. v. 28.4.1999 – 13 S 239/98, WM 1999, 1934 f.; LG Darmstadt Urt. v. 10.11.1999 – 2 O 571/97, WM 2000, 911 (914); LG Köln Urt. v. 30.8.2000 – 13 S 172/00, WM 2001, 852 (853); weitere Nachweise bei Hofmann WM 2005, 441 (446, Fn 71). Dagegen grundsätzlich für die Fälle, in denen gemeinsame Verwendung von PIN und Karte nicht nachgewiesen ist: BGH (Fn 603), BGHZ 145, 337 = NJW 2001, 286. 997 BGH (Fn 501), WM 2004, 2309. 998 BGH (Fn 501), WM 2004, 2309 (2311); freilich kein solcher Anscheinsbeweis, wenn Karte und PIN an zwei getrennten Orten im Haus aufbewahrt: BGH (Fn 603), BGHZ 145, 337 = NJW 2001, 286. 999 OLG Hamm (Fn 928), WM 1997, 1203; OLG Frankfurt a.M. Urt. v. 7.12.2001 – 24 U 188/91, ZIP 2002, 978 (980); Hofmann WM 2005, 441 (449) (auch zu weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung S. 446, Fn 72); Strube BKR 2004, 497 (Anm. zu BGH v. 5.10.2004); ders. WM 1998, 1210 (1213); Reifner BB 1989, 1912 (1919); ders. EWiR 1999, 447 (448). 1000 AA Hofmann WM 2005, 441 (449). 1001 BGH Urt. v. 18.12.1952 – VI ZR 54/52, BGHZ 8, 239: Kollision mit einem Baum tut die Fahrlässigkeit des Fahrers dar. Vgl. außerdem (auch zum Folgenden) Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (60–63). 1002 Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (60–63); ebenso heute BGH (Fn 993), WM 2011, 924; näher Günther WM 2013, 496; Schulte am Hülse/Welchering NJW 2012, 1262 (1265). 1003 BGH Urt. v. 14.12.1953 – III ZR 183/52, BGHZ 11, 227 (230); dann für die ec-/maestro-Karte bzw. Girocard: BGH (Fn 603), BGHZ 145, 337 = NJW 2001, 286. 1004 So BGH (Fn 501), WM 2004, 2309 (2311 f.). 1005 KG (Fn 608), WM 2011, 493 (auch zur Obliegenheit des Instituts, sichere Verfahren zu wählen); AG Krefeld Urt. v. 6.7.2012 – 7 C 605/11, BKR 2012, 480; BankR-Hdb/Maihold § 55 Rn 87; vgl. auch Münch-KommBGB/Zetzsche § 675v BGB Rn 43, 48 (Erfüllung abgegrenzter Tatbestandsmerkmale erforderlich, Übersicht zu sicheren Verfahren

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

gleichen nicht bei Kreditkarteneinsatz im Distanzgeschäft.1006 Der BGH hat dies inzwischen freilich dahingehend präzisiert, dass ein vergleichbarer Anscheinsbeweis immerhin (und nur) bei TAN-Verfahren in Betracht käme, die vergleichbar unüberwindbar sind wie der PIN-Einsatz, und dies für die ad hoc zugesandte SMS mit TAN bejaht.1007 4. Haftungserstreckung und Haftungsausschluss a) Gesamtschuldnerische Haftung. Vor allem bei Kreditkarten – theoretisch auch bei ande- 446 ren Instrumenten – ist eine Erstreckung der Verfügungsberechtigung auf Dritte häufig zu finden, namentlich durch Ausstellung von Zusatzkarten. Insbesondere in Firmen und für Familien werden – zu reduzierten Jahresgebühren – Zusatzkarten neben der Hauptkarte ausgegeben – an Angestellte der Firma oder andere Familienmitglieder. Die Entgeltminderung beruht nicht zuletzt darauf, dass es bei der Solvenzprüfung allein des Hauptkarteninhabers verbleibt. Im Grundsatz ist unstreitig, dass dieser für die Forderungen haftet, die durch Einsatz der Zusatzkarten begründet werden.1008 Problematisch ist dies jedoch, sobald der Hauptkarteninhaber die fragliche Zusatzkarte gekündigt hat (vgl. Abschnitt I Nr. 14 Abs. 1 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Der Rechtsgedanke des § 170 BGB spricht gegen die Fortwirkung der Haftung für die Zukunft, gegenteilige AGB-Abreden (vgl. Abschnitt I Nr. 14 Abs. 1 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]) stoßen sich an § 305c I BGB und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn davon auch Fälle unverschuldeter Schäden und der Höhe nach unbegrenzte Schadensfälle erfasst werden.1009 Der Verweis auf die „Sphärenhaftung“1010 vermag kein anderes Ergebnis zu begründen, da der Missbrauch durch obligatorische Sperrabfragen vom Kartenemittenten effektiver verhindert werden kann als vom Hauptkarteninhaber. Die (gesamtschuldnerische) Haftung des Inhabers der Zusatzkarte (neben dem Hauptkarteninhaber) ist typischerweise enger gefasst (unklar Nr. 14 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank], weil nur auf gemeinsam beantragte Karten anwendbar). Danach haftet der Zusatzkarteninhaber grundsätzlich nur für Forderungen, die durch Einsatz seiner (Zusatz-)Karte begründet wurden.1011 Gewisse Ausnahmen vom Grundsatz bestehen in beide Richtungen: Eine Mithaftung auch für durch Hauptkarteneinsatz begründete Forderungen wird in derselben AGB für die Fälle vorgesehen, in denen der Zusatzkarteninhaber „Mitantragsteller“ ist. Dies ist dann als Schuldbeitritt des Zusatzkarteninhabers zur Verpflichtung des Hauptkarteninhabers zu werten.1012 Überraschend und auch unangemessen i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB bzw. § 307 Abs. 1, 2 BGB (jedenfalls jedoch eng auszulegen) ist die Klausel, wenn der Zusatzkarteninhaber auf die Ausgabe der Hauptkarte nicht ähnlich Einfluss nehmen kann wie der

_____ bei TAN und eTAN etc.). Zur Pflicht, möglichst sichere Standards und Mechanismen bereitzustellen (§ 675m BGB), die jedenfalls nach § 254 BGB sanktioniert wird, vgl. oben Dritter Teil Rn 275–279. 1006 OLG Celle Urt. v. 10.6.2009 – 3 U 29/09, MMR 2009, 858; Oechsler WM 2010, 1381 (1382). 1007 BGH (Fn 505) NJW 2016, 2024; vgl. näher (zu den unterschiedlichen E-Payment Methoden) Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 120 ff., 138, 153 ff., 215, 262 f. 1008 Etwa Abschnitt I Nr. 14 Abs. 1 S. 1 Kreditkarten-Kundenbedingungen (Deutsche Bank). Wirksamkeit wird einhellig bejaht: OLG Düsseldorf Urt. v. 31.7.1975 – 12 U 108/74, WM 1976, 1101; BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 54; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pamp 5. Teil, Rn K 108; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs Teil 2 (29) Kreditkarten Rn 12; Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 117 f.; Gößmann in Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr, § 3 Rn 59. 1009 So und zum Ganzen Langenbucher NJW 2004, 3522 (bes. 3523). 1010 Auf dieser Grundlage bejahten die Wirksamkeit einer entsprechenden Klausel beispielsweise OLG Oldenburg Urt. v. 19.7.2004 – 15 U 37/04, NJW 2004, 2907; OLG Koblenz Urt. v. 21.6.2004 – 12 U 786/03, NJW 2004, 3563. Zur Fragwürdigkeit der Theorie oben Dritter Teil Rn 255. 1011 Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 117 ff.; auch Nachw. übernächste Fn, teils e contrario; deutlich weitergehend die solidarische Haftung insbesondere In Frankreich Cour de Cassation Com.24.2.1987 Bull. Civ. IV, n. 117; Piedelièvre Paiement, S. 383 f. 1012 Langenbucher NJW 2004, 3522 (3523).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Hauptkarteninhaber auf diejenige der Zusatzkarte. Dies schützt jedenfalls gewöhnliche Angestellte, die den Antrag mit unterschreiben.1013 Umgekehrt ist fraglich, ob der Zusatzkarteninhaber in der Tat für alle von ihm begründeten Forderungen haftet oder nicht nur für diejenigen, denen Geschäfte für Eigenbedarf (nicht Dienstgeschäfte) zugrunde liegen.1014 Zwar ist dem Kartenunternehmen der Einsatzzweck ähnlich wenig erkennbar wie Einzelheiten des Valutaverhältnisses. Für den Zusatzkarteninhaber ist es jedoch überraschend, dass die Haftung des Hauptkarteninhabers (Firma) bei Firmengeschäften nicht genügen soll. 447

b) Haftungsausschluss bei Unterlassen starker Kundenauthentifizierung (§ 675v Abs. 4 BGB). Nach § 675v Abs. 4 BGB, der die Vorgabe von Art. 74 Abs. 2 ZD-RL II umsetzt, entfällt seit dem 14.9.2019 (vgl. oben Dritter Teil Rn 246) jegliche Haftung des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister (Zahlerinstitut) nach § 675v BGB, wenn eine starke Kundenauthentifizierung nicht verlangt (S. 1 Nr. 1) bzw. nicht akzeptiert (S. 1 Nr. 2) wurde.1015 Eine Gegenausnahme besteht, wenn der Zahler selbst betrügerisch handelte, vor allem wenn er – auch nachträglich, namentlich auch nur mittelbar – an den Vorteilen des Missbrauchs partizipierte (S. 2).1016 Unterschieden wird mit der Haftungsausschlussregel in S. 1 zwischen Push- und Pull-Zahlungen, also vom Zahlerinstitut ausgelösten Zahlungsvorgängen, bei denen ein „Nichtverlangen“ die Haftung entfallen lässt (S. 1 Nr. 1), und vom Empfängerinstitut oder vom Empfänger selbst ausgelösten Zahlungsvorgängen, bei denen ein „Nichtakzeptieren“ diese Folge hat. Im zweiten Fall trägt in einem ersten Schritt ebenfalls das Zahlerinstitut die Last des Haftungsausschlusses (keine Zahlerhaftung), kann es im Wege des Regresses jedoch in einem zweiten Schritt beim Empfänger oder Empfängerinstitut Kompensation für den Ausfall fordern, soweit der eine oder andere durch „Nichtakzeptieren“ die Sicherheit des besseren Authentifizierungsinstruments ausgeschlagen hat. Im Falle der Push-Zahlung – durch Überweisung – erfolgt diese entweder online oder elektronisch und löst dann nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZAG die (primär aufsichtsrechtliche, ausweislich § 675v Abs. 4 BGB aber auch zivilrechtliche) Pflicht aus,1017 eine starke Kundenauthentifizierung zu verlangen. Beruft sich das Zahlerinstitut auf eine der in Art. 10–20 Delegierte VO (EU) 2018/389 zugelassenen Ausnahmen (vgl. oben Dritter Teil Rn 246), so lässt dies nach h.M. den zivilrechtlichen Haftungsausschluss nicht entfallen – richtig jedenfalls in den Hauptfällen (namentlich Art. 18–20 der VO), in denen sich das Institut auf eine Ausnahme beruft, die nicht der Zahler beeinflussen kann (wie Kartenbesitz, PIN etc.), sondern bei der der Zahlungsdienstleister eine besonders wenig risikobelastete, von ihm steuerbare Konstellation zum Anlass nimmt, auf das hohe Sicherheitspotential starker Kundenauthentifzierungen zu verzichten.1018

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1013 OLG Düsseldorf (Fn 1008), WM 1976, 1101; Hammann Universalkreditkarte, S. 80; BankR-HdB/Martinek/ Omlor § 67 Rn 54; Ulmer/Brandner/Hensen/Schäfer § 305c Rn 95 (für enge Auslegung im Sinne einer Haftung nur für die durch die Zusatzkarte begründeten Verbindlichkeiten); i.E. auch Gößmann in Langenbucher/Gößmann/Werner, Zahlungsverkehr, § 3 Rn 60; anders beim Inhaber der Firma, für die die Hauptkarte ausgestellt wurde: OLG Frankfurt Urt. v. 26.3.1987 – 3 U 233/85, NJW-RR 1989, 1523; Neuberger BuB Rn 6/1965. 1014 Vgl. Neuberger BuB Rn 6/1967 f.; Schwintowski/Hofmann Kap. 10 Rn 118 f. 1015 Für Online-Zahlungen galt dies bereits seit dem 13.1.2018, vgl. § 68 Abs. 4 ZAG sowie oben Dritter Teil Rn 246. 1016 AA allerdings Hoffmann VuR 2016, 243 (245); MünchKommBGB/Zetzsche § 675v Rn 32; Oechsler WM 2010, 1381 (1384); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 94. 1017 Nach hier vertretener Auffassung lösen aufsichtsrechtliche Pflichten, die den Einzelkunden schützen (etwa vor seiner Inanspruchnahme mit Haftungsansprüchen), auch zivilrechtliche Pflichten aus, vgl. oben Erster Teil Rn 88–91. Für die Pflicht nach § 55 Abs. 1 ZAG ebenso: MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel K, Rn 157; vgl. auch Palandt/Sprau § 675v Rn 11; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 102 (allerdings „Obliegenheit“). Unstreitig ist freilich, dass bei Bestehen einer Pflicht nach § 55 Abs. 1 ZAG nach § 675v Abs. 4 BGB die Haftung des Zahlers entfällt: Harman BKR 2018, 457 (463 f.); Hoffmann VuR 2016, 243 (248); Omlor WM 2018, 57 (63); Paland/Sprau § 675v Rn 11. 1018 Gegen zivilrechtliche Wirkung der Ausnahmen nach Art. 10–20 Delegierte VO (EU 2018/389 auch: Hoffmann VuR 2016, 243 (250); Palandt/Sprau § 675v Rn 11 (beide freilich rein formalistisch, weil es sich um allein öffentlichrechtliche Ausnahmetatbestände handele); ebenso für die Art. 18–20: Bamberger/Roth/Hau/Poseck/

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Wird der Überweisungsauftrag weder per online-Weisung/Autorisierung noch sonst elektronisch (etwa im Datenträgerverfahren) ausgelöst, muss also das Zahlerinstitut nach § 55 Abs. 1 ZAG keine starke Kundenauthentifizierung verlangen, so erfolgt der Auftrag beleggebunden und trägt das Zahlerinstitut ohnehin das Fälschungsrisiko (oben Dritter Teil Rn 227–229) – sodass es der Anordnung nach § 675v Abs. 4 BGB nicht bedarf und es auf eine mögliche Obliegenheit oder Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung gar nicht ankommt. Umgekehrt entfällt im Falle von Pull-Zahlungen die Zahlerhaftung (mit der genannten Regresslösung), wenn Empfänger oder Empfängerinstitut eine erkennbar mögliche starke Kundenauthentifizierung nicht akzeptieren. Dies betrifft vor allem drei Konstellationen des Kredit- und des Giro-Karteneinsatzes. Bei online-Transaktionen (im Fernabsatz), die schon nach § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZAG die Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung auslösen, erfolgt das klassische mail-Order-Verfahren (mit bloßer Eingabe von Kartennummer, Gültigkeitszeit und Kontrollnummer der Kreditkarte – also ohne starke Kundenauthentifizierung, oben Dritter Teil Rn 246) für den Händler auf eigene Gefahr.1019 Gleiches gilt, wenn die Girocard („ec-Karte“) im Präsenzhandel (wie im Elektronischen Lastschriftverfahren, ELV) zur bloßen elektronischen Lastschriftgenerierung eingesetzt wird,1020 obwohl mit ihr auch ein durch starke Kundenauthentifizierung geschützter Zahlungsvorgang (Karteneinsatz mit PIN) ausgelöst werden könnte (Authentifizierungspflicht in diesem Fall nach § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZAG). Dass in diesem Fall der Händler das Risiko trägt, war freilich auch schon vor 2019 so, da die starke Kundenauthentifizierung auf die Erteilung von Lastschriftmandaten ohnehin keine Anwendung findet (oben Dritter Teil Rn 234–236, 246). Unklar ist demgegenüber der dritte Hauptfall, in dem bisher Pull-Zahlungen ohne Eingabe von PIN u.ä. ausgelöst wurden und werden – bei der Entgegennahme von Kreditkartenzahlungen im Präsenzgeschäft mit Unterschrift. Ist für die fragliche Kreditkarte die Zahlung mit PIN-Eingabe nicht möglich, bleibt es bei der alten Rechtslage (kein „Nichtakzeptieren“ möglicher starker Kundenauthentifizierung). Ist hingegen (wie meist) Zahlung mit PIN-Eingabe möglich, greift zwar kein Pflichttatbestand nach § 55 Abs. 1 S. 1 ZAG ein, steht jedoch ein Weg von höherer Sicherheit zur Verfügung. Die Zielsetzung der Reform – möglichst den sichersten Weg zu wählen (vgl. 95. Erw.grund ZD-RL II) – spricht hier dafür, das Risiko dem Händler aufzuerlegen (trotz Fehlens einer Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung). Im Ergebnis kommt es hierauf freilich nicht an, denn jedenfalls gehen die jeweiligen Händlerbedingungen vor. Denn in allen drei Fällen kann in den Händlerbedingungen – mit dem kartenemittierenden oder für das kartenemittierende (Zahler-)Institut – auch eine differenzierte Lösung vereinbart werden, etwa weiterhin, dass der Händler bei Überprüfung der Unterschrift auf Plausibilität hin in jedem Falle von der Haftung freigestellt sein soll (vgl. Dritter Teil Rn 274, auch 449–455), also in solch einer Konstellation auf denkbaren Regress nach S. 3 verzichtet wird. Die Möglichkeit solch einer Abrede ergibt sich daraus, dass der Zahlungsdiensterahmenvertrag ohnehin in B2B-Verhältnissen hinsichtlich § 675v BGB insgesamt dispositiv ist (§ 675e Abs. 4 BGB), dass jedoch darüber hinaus Zahlungsdiensterecht sogar insgesamt nur einseitig zwingend ist – also für den Kunden günstigere Absprachen flächendeckend möglich sind. c) Haftungsausschluss ab Sperranzeige (§ 675v Abs. 5 BGB). Zentralelement des Sicher- 448 heitskonzepts ist die Sperrmöglichkeit. Bereits die Sperranzeige lässt daher jede Haftung des

_____ D. Schmalenbach § 675v Rn 13; aA MünchKommHGB/Linardatos Band 6, Teil 1, Kapitel G, Rn 147 und Kapitel K, Rn 157; ausführlich Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 102–113; Werner ZBB 2017, 345 (350); wohl auch Terlau ZBB 2016, 122 (133). 1019 Ebenso Hoffmann VuR 2016, 243 (246). Ein Regress ist dann nach S. 3 eröffnet. Dies gilt nach dem Gesagten auch, wenn aufsichtsrechtlich eine der Ausnahme nach Art. 10–20 Delegierte VO (EU) 2018/389 eingreifen mag. 1020 Dabei handelt es sich um das seit jeher bestehende, dem Lastschriftverfahren eigene Risiko: Palandt/Sprau § 675v Rn 11; zum fehlenden Erfordernis einer starken Kundenauthentifizierung im Lastschriftverfahren: MünchKommHGB/Haertlein Band 6, Teil 1, Kapitel I, Rn 17; Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 167; ansonsten wie vorige Fn.

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Nutzers nach Abs. 1 und 3 entfallen (Abs. 5 S. 1). Die Wichtigkeit dieser Möglichkeit spricht auch dafür, dass allein die fehlende Bereitstellung einer Sperrmöglichkeit (ohne jede weitere Voraussetzung) ebenfalls bereits genügen muss, den Anspruch zu präkludieren (Abs. 5 S. 2).1021 Dafür spricht der Wortlaut der Norm, vor allem aber die Anreizwirkung für den Zahlungsdienstleister und das Ziel, den Nutzer zu entlasten (auch etwa von Beweisschwierigkeiten dahingehend, dass er anzuzeigen versuchte). Selbst wenn die geschuldete Information (gar) nicht gegeben wird (Art. 248 § 4 Abs. 1 Nr. 5 lit. a EGBGB), sollte dies dahin gehend gewertet werden, dass der Zahlungsdienstleister seiner Pflicht nicht nachkam, „geeignete Mittel jederzeit“ für eine schnelle Anzeige und Sperrung bereitzustellen (vgl. § 675m Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB). Sinnvoll ist der Vermerk der gemeinsamen Sperr-Hotline (Tel. 11 61 16) auf allen Karten teilnehmender Emittenten, weil gerade auch bei Verlust häufig, vielleicht sogar meist eine andere Karte die am schnellsten aufgefundene Informationsquelle bildet (Eigenversuch mit 60 Probanten, die Handy und Partner dabei hatten). Ein gänzlicher Haftungsausschluss liegt auch nahe, wenn der Kunde zwar die (Kredit-)Karte nicht gänzlich hat sperren lassen, gegen eine konkrete Transaktion jedoch vor deren Durchführung (Auszahlung) Einspruch erhoben hat – wenn der Kartenemittent dann dennoch leistete.1022 5. Sonderfragen bei Kreditkarteneinsatz und Online-Banking a) Mangelnde Autorisierung als Ausgangspunkt (§ 675u BGB) – Haftungskonstruktion. Auch bei allen Kreditkarteneinsätzen und im Online-Banking bleibt das Grundmodell unverändert: Gebraucht ein unbefugter Dritter die Karte, so entsteht mangels Weisung des Berechtigten gegen diesen weder ein Aufwendungsersatzanspruch (§ 670 BGB) noch eine Forderung im Valutaverhältnis, die das Kartenunternehmen erwerben könnte (ausdrücklich so auch Nr. 12.1 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). 1023 Anscheinsvollmacht wird in diesem Zusammenhang abgelehnt. Abgesehen von allgemeinen Kritikpunkten gegen dieses Institut, steht diese zurückhaltende Auffassung im Recht gerade der Kreditkartenzahlung auch im Einklang mit § 170 BGB und der diesbezüglichen Rechtsprechung des BGH. Dieser wendet diese Vorschrift auf die entwendete Vollmachtsurkunde nicht analog an1024 – zu Recht angesichts der bewussten Eingrenzung der vorgesehenen Rechtsscheintatbestände. Dies ist in der Tat auch das Modell von Art. 73 f. ZD-RL II, ex- Art. 60 f. ZD-RL I und §§ 675u, 675v BGB, dessen Abs. 1 die Haftung auch in diesem Fall ausdrücklich begrenzt. Für das Online-Banking gilt dieser Ausgangspunkt erst recht, da nicht einmal ein Ansatzpunkt für einen Rechtsscheintatbestand besteht, also die Annahme einer Autorisierung (etwa bei abhanden gekommener TAN und PIN) noch weniger zu begründen ist (erst recht kein § 170 BGB). Verhalten des Berechtigten, das diesen Missbrauch ermöglicht, kann jedoch Schadenser450 satzansprüche begründen (§ 675v BGB; etwa Nr. 13.1 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Den Kunden trifft – schon nach objektivem Recht – eine Schadensverhinderungs-

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1021 BankR-Hdb/Maihold § 54 Rn 100; MünchKommBGB/Zetzsche § 675v Rn 52; tendenziell auch Palandt/Sprau § 675v Rn 12; aA (Kausalität, d.h. vergeblicher Versuch des Nutzers den Verlust anzuzeigen, ist ebenfalls zu fordern): Meckel juris-PR-BKR 2/2010 Anm. 1, dort Ziff. 19.4. 1022 AG München Urt. v. 16.2.2009 – 242 C 28708/08, BB 2009, 1081. 1023 Für die Kreditkarte: BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 = NJW 1984, 2460; BGH (Fn 940), BGHZ 114, 238 = NJW 1991, 1886 (Risikoabwälzung auf den Kunden auch in AGB unwirksam); Hammann Universalkreditkarte, S. 164; BankRHdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 41–44 (auch zu § 675v BGB); ausdrücklich Art. 73 ZD-RL II, § 675u BGB. Grundsätze über Anscheins- oder Duldungsvollmacht bleiben unberührt. Zur Strafbarkeit des Dritten und des Berechtigten (vor allem bei Beihilfe): BGH Urt. v. 3.12.1991 – 4 StR 538/91, WM 1992, 1432; Bernsau Scheck- und Kreditkartenmissbrauch; Bringewat NStZ 1985, 535; Henke Kartenkriminalität. 1024 BGH (Fn 805), BGHZ 65, 13 (15).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

pflicht als Nebenpflicht, soweit ihm dies zumutbar, weil unschwer möglich ist.1025 Spezifiziert sind diese Nebenpflichten heute durch Art. 69 ZD-RL II, ex- Art. 56 ZD-RL I und § 675l BGB, also auch Abrede („Nutzungsbedingungen“). Drei Missbrauchsformen sind wichtig und zu unterscheiden:1026 b) (Basis-)Haftung bei bloßer Kreditkartenhingabe und Online-Banking (Abs. 1 – letzte 451 Alt.)? Bei der ersten Form kommt es nicht zum Verlust der Karte. Nicht zu vermeiden und vom Kunden nicht zu vertreten sind Gefahren, die daraus resultieren, dass er beim Zahlungsvorgang die Kreditkarte planmäßig aushändigt. Dieses Verhalten ist sozialadäquat und begründet daher nicht den Vorwurf einer Pflichtverletzung. Nach objektivem Empfängerhorizont müssen Kunden auch die üblichen Kreditkartenbedingungen so verstehen, weil für diese Art des Missbrauchs keine Haftung vorgesehen wird, anders als bei der zweiten unten erörterten Missbrauchsform. Solch eine Haftung dürfte nach § 675v Abs. 1 letzte Alt. BGB auch nicht ohne weitere Voraussetzungen vorgesehen werden. Wenn also Angestellte, die den Zahlungsvorgang abwickeln sollen, mit der Karte weitere Slips anfertigen (lassen) und (nach der Probe auf der Kreditkarte) die Unterschrift fälschen (lassen), so begründet dies keine Haftung des Kunden.1027 Anders ist dies, wenn die Kartenüberlassung nicht mehr sozialadäquat erscheint – so bei klaren Verdachtsmomenten.1028 Dann wird man jedenfalls einen Pflichtverstoß dahin gehend zu bejahen haben, dass der Kunde die Sicherheitsmerkmale nicht hinreichend geschützt hat (ggf. durch Unterlassung ihrer Erneuerung) und daher insbes. auch die Ausnahme nach Abs. 2 (fehlende Vermeidbarkeit) nicht beweisen kann. Diese Haftung ist auf 50 € beschränkt, in vielen Kreditkarten-Kundenbedingungen wird selbst hierauf verzichtet (vgl. Abschnitt I Nr. 12.1 Abs. 1 und 2 Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]). Bei grobfahrlässiger Missachtung der Verdachtsmomente gründet sich demgegenüber die Haftung auf § 675v Abs. 3 Nr. 2 lit. a BGB i.V.m. § 675l S. 2 BGB (Nichtanzeige „sonstiger missbräuchlicher Verwendung“) (aufgenommen in Abs. 3 der genannten Kreditkarten-Kundenbedingungen). Den am besten vergleichbaren Vorgang beim Online-Banking wird man in Phishing-Attacken sehen können. War solch ein Phishing-Versuch erfolgreich, ist (unabhängig davon, wie geschickt er ausgeführt wurde) jedenfalls ab dem Zeitpunkt, da dies erkennbar wird, von einem objektiven Verstoß gegen die Pflicht, Sicherheitsmerkmale hinreichend zu schützen, auszugehen; folglich ist die Basishaftung nach § 675v Abs. 1 letzte Alt. BGB zu bejahen.1029 Eine Vollhaftung setzt grobe Fahrlässigkeit bei solch einer Nichtanzeige voraus. c) Basis- und Vollhaftung bei Kreditkartenverlust (Abs. 1 bis 3). Die zweite Missbrauchs- 452 form setzt Verlust des Zahlungsinstruments voraus und scheidet daher beim Online-Banking aus. Vor 2009 war die Haftung des Kreditkarteninhabers bei Kartenverlust und Verwendung der abhanden gekommenen Kreditkarte durch einen unbefugten Dritten auf 50,– € beschränkt (Eurocard) und dies selbst bei grober Fahrlässigkeit, wobei zudem die Haftung mit Meldung des Verlusts endete (heute zwingend nach § 675v Abs. 5 BGB).1030 Die auf diese Weise

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1025 Vgl. Zweiter Teil Rn 46, 49. Das negative Interesse sprach durchaus auch der BGH bei entwendeter Vollmachtsurkunde zu: BGH (Fn 805), BGHZ 65, 13 (15). 1026 BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (224–227) = NJW 1984, 2460; Neuberger BuB Rn 6/1946, 6/1948 f., 6/1951. Bei Verwendung der Kreditkarte mit PIN gilt das zur Girocard Gesagte; speziell zum Missbrauchsrisiko bei Verwendung der Karte per Internet: Meder ZBB 2000, 89; Pichler NJW 1998, 3234. 1027 BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (224–227) = NJW 1984, 2460; Neuberger BuB Rn 6/1948; BankR-HdB/Martinek § 67 Rn 44. 1028 Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 111 (bei „triftigen Anhaltspunkte[n]“); Neuberger BuB Rn 6/1948. 1029 Dazu eingehender MünchKommBGB/Zetsche § 675v Rn 22 f. (mwN); zu den Sorgfaltspflichten beim OnlineBanking MünchKommBGB/Jungmann § 675l Rn 34–49. 1030 Nähere Darstellung in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009) BankR Rn II 438.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

hervorgerufenen Schäden sind und waren freilich erheblich.1031 Die genannte Beschränkung (und Privilegierung im Vergleich zur Girocard) wurde auch aus diesem Grund zunehmend aufgegeben. So übernehmen etwa die Kreditkarten-Kundenbedingungen der Deutschen Bank im Wesentlichen das Modell der Girocard-Kundenbedingungen, wenn die missbräuchliche Verfügung unter Einsatz des PIN erfolgte (vgl. Spiegelstriche 2 und 3 in Abschnitt I. Nr. 12.1 Abs. 3 der Kreditkarten-Kundenbedingungen [Deutsche Bank]), jedoch auch wegen schuldhafter Verzögerung einer Verlustanzeige (Spiegelstrich 1). Umgekehrt wird – obwohl die Garantiehaftung in den früheren Kreditkartenbedingungen ihren Ausgang nahm – auf eine verschuldensunabhängige Haftung nach § 675v Abs. 1 BGB jedenfalls in den genannten Bedingungen verzichtet – obwohl die Belastung mit einem gewissen Selbstbehalt wohl adäquatere Anreizstrukturen schaffen würde (gegen Gefahr opportunistischen Verhaltens). In beiden Punkten zeichnet sich also ein erheblicher Umbruch bei der kauselmäßigen Behandlung des Kreditkartenverlustes ab: die verschuldensunabhängige Basishaftung (heute mit Exkulpationsmöglichkeit) wird aufgegeben, obwohl das Gesetz sie heute ausdrücklich erlaubt, umgekehrt freilich entfällt auch der Ausschluss weitergehender Haftung selbst bei grober Fahrlässigkeit.1032 453

d) Haftungsverteilung bei fehlender Weisung im Mail- und Telefonorder-Verfahren. Die dringlichste Frage, mit der sich die höchstrichterliche Rechtsprechung im Bereich des Kreditkarten-Systems seit gut eineinhalb Dekaden zu befassen hatte, ist die nach der Schadensverteilung im Verhältnis von Kartenemittent und Vertragsunternehmen, wenn die Kartendaten im Mail- und Telefonorder-Verfahren eingesetzt wurden und eine Weisung nicht erteilt wurde. Die hier zu erörternde Rechtslage ist zwar komplex, dieses Verfahren befindet sich jedoch – auch wegen der legislativen Rahmenbedingungen – stark auf dem Rückzug und wird durch ein Verfahren mit starker Kundenauthentifizierung (vgl. diese Rn a.E) ersetzt. Zu bedenken ist im Mail- und Telefonorderverfahren sowohl die Haftung des Zahlers als auch die Risikoverteilung zwischen Kartenemittent und Vertragsunternehmen (Einwendung gegen den Zahlungsanspruch). Eine Haftung des Zahlers schied nach dem Zahlungsdiensterecht schon in der Fassung von 2009 (ZD-RL I) i.d.R. aus. Im Mail- und Telefonorder-Verfahren wird die Karte nicht vorgelegt, sondern die Kartendaten – Kartennummer, Name des Karteninhabers und Gültigkeitsablauf sowie Prüfnummer – werden per Telefon oder Internet an ein Vertragsunternehmen übermittelt. Somit scheidet eine Basishaftung nach § 675v Abs. 1 1. Alt. BGB (mangels Kartenverlust) aus. Da diese Daten leicht zugänglich sind, besteht eine erhöhte Missbrauchsgefahr. Dies führt dazu, dass ein Anscheinsbeweis gegen den Kunden – er habe die Karte nicht sorgfältig verwahrt, er habe grobfahrlässig gegen die Sorgfaltspflichten nach §§ 675l, 675v Abs. 3 BGB verstoßen – praktisch ausscheidet1033 und damit auch eine Haftung nach § 675v Abs. 1 letzte Alt. BGB und nach § 675 Abs. 3 BGB. Mit dem neuen Zahlungsdiensteregime (ZD-RL II) wird diese Rechtslage festgeschrieben, weil insoweit eine starke Kundenauthentifizierung unterlassen wird (mit Exklusionswirkung nach § 675v Abs. 4 BGB), die vorgesehen ist (§ 55 ZAG).1034 Anders ist die

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1031 Ca. 75% des Schadensvolumens durch eine Form von Abhandenkommen bei Visa-, Master- und Diners ClubKarte: Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 31 f. Das Unterschriftserfordernis allein sorgt bei Kartenverlust für wenig Sicherheit, da die Unterschriftsvorlage auf der Karte zu finden ist. 1032 Zur Wirksamkeit von dahingehenden AGBs (mit gleichzeitiger Entlastung des Kunden von jeglicher Vollhaftung), die für den Kreditkarteneinsatz vor Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts praktiziert wurden (bejahend): Neuberger BuB Rn 6/1951 (auch zur verschuldensunabhängigen Haftung gemäß § 675v Abs.1 BGB); teilweise aA Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 13 Rn 42 (in der 4. Aufl. § 9 Rn 87 Paradigmenwechsel zu verschuldensunabhängiger Haftung bis 150 € betont); BankR-HdB/Martinek § 67 Rn 42. 1033 KG (Fn 608), WM 2011, 439; OLG Celle Urt. v. 10.6.2009 – 3 U 29/09, MMR 2009, 858; AG Krefeld Urt. v. 6.7.2012 – 7 C 605/11, BKR 2012, 480; BankR-Hdb/Maihold § 55 Rn 87; Oechsler WM 2010, 1381 (1382). 1034 Ebenso Hoffmann VuR 2016, 243 (246); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 116 (Fn 443), 175 f.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Lage erst, wenn Missbrauchsfälle schon aufgetreten sind und dann nicht gemeldet werden (§§ 675l Abs. 1 S. 2 und 676b Abs. 1 BGB), was dann i.d.R. auch den Vorwurf grober Fahrlässigkeit (und Vollhaftung nach § 675v Abs. 3 BGB) begründet,1035 desgleichen wenn das Zahlungsauthentifizierungsinstrument einem Dritten übergeben wird.1036 Andere Fälle – wie die Wahl weniger sicherer Verfahren im elektronischen Geschäftsverkehr oder auch die Vorlage der Kreditkarte als Altersnachweis – begründen nicht den Vorwurf grober Fahrlässigkeit, also allenfalls eine Haftung nach § 675v Abs. 1 letzte Alt. BGB (Höchstgrenze 50,– €).1037 Während die Karteninhaber in diesen Fällen freigestellt werden, wurden Vertragsunternehmen an diesem Risiko des Fernabsatzes in verschiedenen Fassungen der Händlerbedingungen beteiligt, teils wird es ganz auf sie abgewälzt (früher Nr. 6.3 Mastercard-Teilnahmebedingungen). Der BGH erklärte derartige Regelungen jedoch nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB für unwirksam.1038 Er begründet dies vor allem damit, dass die Kartenunternehmen das missbrauchsanfällige System geschaffen hätten und das Risiko auch besser tragen könnten.1039 Freilich eröffnet dieses den Vertragsunternehmen auch Vertriebskanäle ganz neu, und diese gehen das Risiko bewusst ein.1040 Überzeugend ist dies, wenn, wie in den vom BGH zu entscheidenden Fällen, der Kartenemittent bei Verwendung der Kreditkarte im Telefon- und Mailorderverfahren ein gegenüber dem Präsenzverfahren erhöhtes Entgelt berechnet. Denn hier können keine erhöhten Kosten den Zuschlag rechtfertigen, sondern wird ersichtlich das erhöhte Risiko vergütet. Damit geht dann eine Erklärung des Kartenemittenten einher, auch die gegenüber dem Präsenzverfahren erhöhten Risiken zu übernehmen, gegenteilige Klauseln verstoßen gegen §§ 305c Abs. 1 und 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB.1041 Allerdings sind die wenigen und zum Teil auch kaum effektiven Prüfungsmöglichkeiten,1042 die beiden Seiten nach den Händlerbedingungen obliegen sollen, nach Auffassung des BGH streng einzuhalten und führen als Obliegenheiten bei Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust.1043 Nach der Novellierung durch die ZD-RL II und Einführung des Ausschlusstatbestandes in § 675v Abs. 4 BGB (Unterlassen starker Kundenidentifikation), der unmittelbar zwar nur den Zahler freistellt, mittelbar jedoch auf das Verhältnis zum Empfänger (etwa Händler) auszustrahlen hat,1044 ist diese Lösung freilich nur noch im Vereinbarungsweg – und dann mit AGBKontrolle im Lichte des gesetzlichen Leitbildes – denkbar. In den Fällen, in denen ein Verfahren starker Kundenidentifikation vorgeschrieben ist bzw. genutzt wurde, bleibt es dabei, dass der Zahler wegen Sorgfaltsverstößen nach § 675 Abs. 1 bzw. 3 BGB einer (Basis- oder Voll-) Haftung grds. nicht unterliegen kann. Ein Anscheinsbeweis für Pflichtverstoß, aber auch grobe

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1035 BGH (Fn 603) BGHZ 145, 337 (337 f.) = NJW 2001, 286; Oechsler WM 2010, 1381 (1384 f.). 1036 Oechsler WM 2010, 1381 (1384) (wohl gar Autorisierung kraft Rechtsschein, §§ 172 Abs. 1, 675j BGB); ähnlich und ausf. Koch M. Missbrauch von Zahlungsauthentifizierungsinstrumenten, S. 104–119; zu zurückhaltend („jedenfalls fahrlässig“) AG Neukölln Urt. v. 1.9.2009 – 18 C 58/09, MMR 2010, 137. 1037 Oechsler WM 2010, 1381 (1383–1385). 1038 BGH Urt. v. 6.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2236); BGH (Fn 815), BKR 2004, 395 (397 f.); BGH (Fn 815), ZBB 2004, 400 (401); BGH (Fn 815), ZBB 2004, 402 (403); BGH Urt. v. 12.7.2005 – XI ZR 412/04, WM 2005, 1601 = BKR 2005, 461 (462 f.); ablehnend – unter Berufung auf die Anweisungskonstruktion – Schnauder NJW 2003, 849 (852). 1039 So BGH Urt. v. 6.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2237); diesem Aspekt zustimmend, doch mit weitergehenden Forderungen an eine Verbesserung der Sicherheit Hofmann ZBB 2004, 405 (409 f.); Jungmann WM 2005, 1351 (1355); ablehnend Meder JZ 2004, 503 (505 f.); ders. ZIP 2004, 1044 (1045). 1040 OLG Naumburg Urt. v. 20.8.2002 – 11 U 140/01, ZIP 2002, 1795 (1797 f.); Barnert WM 2003, 1153 (1157); Hofmann BKR 2003, 321 (328 f.); ders. ZBB 2004, 405 (409); Meder ZIP 2002, 2112 (2115); i.E. auch OLG Frankfurt, Urt. v. 25.7.2001 – 19 U 3/01, ZIP 2001, 1583 (1584). 1041 So – als Hilfserwägung – auch BGH Urt. v. 6.4.2002 – XI ZR 375/00, NJW 2002, 2234 (2237); Barnert WM 2004, 1153 (1156); primär auf diese Erklärung abstellend Hofmann BKR 2003, 321 (329 f.); ders. ZBB 2004, 405 (409); so auch schon Bitter ZBB 1996, 104 (122). 1042 Zur Kritik Hofmann ZBB 2004, 405 (410 f.). 1043 BGH (Fn 815), BKR 2004, 395 (397 f.); BGH (Fn 815), ZBB 2004, 400 (401); BGH (Fn 815), ZBB 2004, 402 (403). 1044 Näher oben Dritter Teil Rn 446.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Fahrlässigkeit setzt voraus, dass ein vergleichbar missbrauchssicheres Verfahren wie beim Girocardeinsatz mit PIN eingesetzt wurde – so namentlich das heute bereits überwiegend übliche Verfahren mit TAN-Generierung per SMS.1045 6. Missbrauchsproblematik im grenzüberschreitenden Verkehr. Für das Bank-KundenVerhältnis wird kein Unterschied gemacht zwischen Transaktionen im Inland oder im Ausland, namentlich im Girocard-System. Dies gilt auch und gerade für die Tragung des Missbrauchsrisikos.1046 Insoweit kann auch hier eine im internationalen Bankgeschäft zu findende „Inlandisierung“ der Regeln und Standards konstatiert werden.1047 Das Risiko weniger günstigen Auslandsrechts wird dem Kunden genommen. Für die von der Zahlungsdienste-Richtlinie erfassten Transaktionen gibt schon diese den einheitlichen Standard vor. Dies gilt vollumfänglich freilich nur innerhalb des EWR. Außerhalb des EWR – und allge455 mein im Ausland – wurden die Missbrauchsregeln früher sogar zu seinen Gunsten modifiziert, wenn das System im Ausland missbrauchsanfälliger war: vgl. Abschn. A II Nr. 13.1 Abs. 4 der Girocard-Kundenbedingungen a.F. (Abdruck Vorauflage). Der Kunde war grds. von der Haftung für Missbräuche in Ländern freigestellt, in denen das Zwei-Medien-System nicht eingeführt ist, sondern allein mit der Girocard verfügt wird (wenn der Kunde plausibel darlegte, dass nicht er autorisierte, und Anzeige bei der Polizei stellte). Die derzeit geltenden GirocardKundenbedingungen (Abschn. A II Nr. 13.1 Abs. 3 – idF Deutsche Bank von 10/2018 unter A II Nr. 14.1 Abs. 3) sehen demgegenüber außerhalb des EWR pauschal eine Vollhaftung bei jeder Form von Fahrlässigkeit vor. In diesem Rahmen wird man freilich die Wertung der alten Girocardbedingungen einfließen lassen müssen, dass in allen Fällen, in denen in einem Drittland kein Zwei-Medien-System eingeführt ist, kein Anschein von Fahrlässigkeit besteht, wenn allein die Karte dem Kunden abhanden gekommen ist und allein mit dieser verfügt wurde.

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7. Annex: „Pflicht“ zur Prüfung der Abrechnung und ihre Verletzung (§ 676b Abs. 1 BGB) 456

a) Anwendungsbereich und Rechtsfolge der Prüfungspflicht. Eine zusätzliche Verhaltenspflicht schließt sich in einer weiteren zeitlichen Phase an, wurde jedoch systematisch weit nach hinten gerückt (§ 676b Abs. 1 BGB, für Missbrauch mit Zahlungsinstrumenten freilich auch § 675l Abs. 1 S. 2 BGB). Zudem erfasst sie Abrechnungen für alle Verfügungen nicht nur mit Zahlungsinstrumenten (so §§ 675v und 675w BGB). Überwiegend wird freilich die Anforderung als bloße Obliegenheit verstanden, nicht als echte Rechtspflicht, die Drittmissbrauch vorbeugen soll.1048 Dies wird damit begründet, dass § 676b Abs. 1 BGB im Zusammenhang mit den Aus-

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1045 BGH (Fn 505) NJW 2016, 2024; ausf. hierzu Grüneberg WM 2017, 61; vgl. näher (zu den unterschiedlichen E-Payment Methoden) Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens, S. 120 ff., 138, 153 ff., 215, 262 f. 1046 Kleine Probleme im ec-Geldautomaten-System, S. 148 f. (Anwendbarkeit des deutschen Rechts); rechtsvergleichend Stange Drittmissbrauchshaftung in Europa; Wackwitz Zahlungsdiensterichtlinie, S. 122–126, 145–149, 173–176, 178–180. 1047 Vgl. Grundmann Bankrechtstag 1998, 37 (77 f.). 1048 Für Qualifikation als bloße Obliegenheit Erman/Graf v. Westphalen § 676b Rn 2; Bamberger/Roth/Hau/ Poseck/D. Schmalenbach § 676b Rn 3; Palandt/Sprau § 676b Rn 2; MünchKommBGB/Zetzsche § 676b Rn 6; Staudinger/Omlor § 676b Rn 3–6; unklar Meckel juris-PR-BKR 2/2010 Anm. 1, dort Ziff. 21.6. („Pflicht mit den Wirkungen einer Obliegenheit“). Umgekehrt wird jedoch die vertraglich vereinbarte Aufforderung zur Prüfung (Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken bzw. Nr. 20 Abs. 1 lit. g AGB-Sparkassen) meist als Pflicht gesehen (aA auch hier jedoch MünchKommBGB/Casper (6. Aufl.) § 676b Rn 6 f.; ggf. auch Erman/Graf v. Westphalen § 676b Rn 6), teils freilich als unwirksam vereinbart (Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 676b Rn 12; Erman/Graf v. Westphalen § 676b Rn 6), teils jedoch auch als durchaus wirksam: Palandt/Sprau § 676b Rn 1; Staudinger/Omlor § 676b Rn 7.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

schlussfristen geregelt sei, nicht mit Sorgfaltspflichten, die einem Drittmissbrauch vorbeugen.1049 Da es jedoch auf die Auslegung der Richtlinie ankommt, ist dieses – systematische – Argument leicht mit dem Hinweis darauf zu entkräften (und ins Gegenteil zu kehren), dass Art. 71 ZD-RL II, ex-Art. 58 ZD-RL I durchaus im unmittelbaren Kontext der Sorgfaltspflichten gegen Drittmissbrauch steht (Art. 69, 70 ZD-RL II, ex- Art. 56, 57 ZD-RL I enthalten die Pflichten, die im deutschen Recht §§ 675l, 675m BGB regeln). Wichtiger jedoch ist, dass die erste Zahlungsdienste-Richtlinie den Gesetzeszweck selbst – auch für das deutsche Umsetzungsgesetz verbindlich – bereits festlegt hat: Nach ihrem 31. Erwägungsgrund „sollte der Zahlungsdienstnutzer den Zahlungsdienstleister so bald wie möglich über Einwendungen gegen angeblich nicht autorisierte oder fehlerhaft ausgeführte Zahlungsvorgänge informieren,“ „um die Risiken oder Folgen von nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgängen gering zu halten.“ Das kann gar nicht auf bereits vollzogene Zahlungsvorgänge und den bereits eingetretenen Schaden bezogen werden. „Risiken und Folgen“ kann eine baldige Benachrichtigung des Zahlungsdienstleisters nur dann „gering halten“, wenn das Ziel ist, weiterem Missbrauch vorzubeugen. Auch wäre ein Wertungssystem in sich widersprüchlich, wenn es vorsähe, dass eine grobfahrlässige Vernachlässigung von Verhaltensstandards, die andere – hier den Zahlungsdienstleister – schädigt, teils Haftungsfolgen auslösen sollte, teils nicht. Die Qualifikation als Obliegenheit ist auch im deutschen Recht ohne Vorbild, weil die Schadenspräventionspflicht mit dem genannten Inhalt eine lange Tradition als grundlegender Rechtsgrundsatz hat (vgl. Nachw. von vor 2009 im Folgenden). Da hier nur eine Verhaltenspflicht statuiert wird, die Norm jedoch nicht die Rechtsfolge 457 selbst regelt, ist insoweit auf nationales Recht zu rekurrieren, namentlich § 280 Abs. 1 BGB. Hauptfrage ist die nach einer möglichen Beschränkung der Haftung. Dies gilt einerseits für den Haftungsumfang, andererseits für den Haftungsmaßstab. Da der Verlust des Zahlungsinstruments eher deutlicher sichtbar hervortritt als eine zweifelhafte Buchung, wird man auch hier – im Einklang mit der Wertung in § 675v Abs. 3 BGB – die unbeschränkte Haftung nur im Falle grober Fahrlässigkeit bejahen dürfen. Das entspricht der Gesamtentwicklung zum Drittmissbrauch mit Zahlungsinstrumenten, in der die allgemeine Verschuldenshaftung durch eine – abgestufte, speziellere – Regelung im Zahlungsverkehrs- oder Zahlungsdiensterecht überlagert wurde. Die Lücke ist also in Anlehnung an das sonstige Wertungssystem zu schließen, das von Vollhaftung erst ab grober Fahrlässigkeit ausgeht. Zudem ist eine Haftungsdeckelung dahingehend anzunehmen, dass, selbst wenn der Zahlungsdienstnutzer die Warnung unterlässt, der Zahlungsdienstleister jedenfalls nicht über den Deckungsrahmen hinaus verfügen darf (vgl. Dritter Teil Rn 440). b) Inhalt der Prüfungspflicht. Grundlage der Haftung ist ein Pflichtverstoß dahingehend, 458 dass der Kunde die Anzeigen zu Zahlungsvorgängen – Einzelbuchungen, Abrechnung des Kreditkartenunternehmens, periodische Saldoabschlüsse bei Konto –1050 nicht unverzüglich überprüft und bei Fehlbelastungen widerspricht (Nr. 11 Abs. 4 AGB-Banken, Abschnitt A I. Nr. 7.4. der Girocard-Kundenbedingungen oder Abschnitt A I. Nr. 8.4 Abs. 3 KreditkartenKundenbedingungen [Deutsche Bank]). Er gibt durch Schweigen – wenn es sich um einen Kon-

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1049 Vgl. Nachw. vorige Fn; es könnte hierfür auch auf den Wortlaut von Art. 71 ZD-RL II und ex-Art. 58 ZD-RL I verwiesen werden, der (anders als derjenige von § 676b Abs. 1 BGB) in der Tat den Rechtsverlust in den Vordergrund rückt. Die in Deutschland h.M. von § 676b Abs. 2 BGB als bloßer Obliegenheit erscheint freilich in der rechtsvergleichenden Umschau eher vereinzelt, was angesichts des Vollharmonisierungsansatzes, der diesen Punkt erfasst, ein Überdenken der Position – über die im Folgenden vorgebrachten teleologischen Argumente hinaus – besonders dringlich macht: Für die französische Sicht, nach der alle Verdachtsanzeigen zu Präventivzwecken zu machen sind, nicht nur bei Kartenverlust: Art. 133–149 Code monétaire et financier: Piedelièvre Paiement, S. 409; besonders klar präventiv verstanden auch in Italien: Mancini et al./Pironti Pagamento, S. 126–130. 1050 Jeder dieser Kommunikationsinhalte ist relevant, die Literatur i.d.R. nicht sehr spezifisch. Breit jedenfalls Staudinger/Omlor § 676b Rn 3–6.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

tokorrentabschluss handelt – auch ein abstraktes Schuldanerkenntnis ab (vgl. Nr. 7 AGBBanken). Darauf kommt es jedoch nicht an. § 676b Abs. 1 BGB statuiert die Pflicht zu widersprechen bereits für jede einzelne Mitteilung über (Einzel-)Verfügungen, und fordert stets – auch für (die Reaktion auf) Kontoabschlüsse – „unverzügliche“ Prüfung und ggf. Anzeige, also ohne schuldhaftes Zögern –1051 wie entsprechend die genannten Bedingungen: Dies wird dem Kunden auch für Kontoauszüge (vor allem wegen Lastschrift und Überweisung), für die Girocard und für den Kreditkarteneinsatz mitgeteilt. Diese Klauseln wurden schon vor 2009 für wirksam erachtet,1052 heute sind sie kontrollfrei wirksam (§ 307 Abs. 3 BGB). Schuldhaft ist freilich das Zögern nur, wenn die Verzögerung nicht sozialadäquat ist. Dies ist wichtig etwa für den Kreditkarteneinsatz. Da gerade dieser auch auf Einsatz auf Auslandsreisen zugeschnitten ist, ist ein Abwarten bis zur Rückkehr nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als sozialadäquat anzusehen, auch bei mehrmonatigen Reisen.1053 Angesichts der Bedeutung der Abrechnung und der Erklärung verstößt hingegen eine Klausel gegen § 308 Nr. 6 BGB und wohl auch gegen § 307 Abs. 2 BGB oder gar gegen zwingendes Recht, die den Zugang der Abrechnung beim Kunden fingiert oder ihm insoweit die Beweislast auferlegt.1054 Wirksam (und wohl bereits im objektiven Recht angelegt) ist es freilich zu fordern, dass der Kunde, dessen Abrechnung sich lange über den vereinbarten oder üblichen Zeitpunkt hinaus verzögert, nachfragt.1055 All dies ist als Teil der vereinbarten Nutzungsbedingungen zu sehen (vgl. Art. 69 Abs. 1 lit. a, 71 und 74 ZD-RL II, ex- Art. 56 Abs. 1 lit. a, 58 und 61 Abs. 1 ZD-RL I und §§ 675 l, 675 v, 676b Abs. 1 BGB).

III. § 675x BGB: Erstattung bei Lastschrift und anderen empfängerinitiierten Zahlungsdiensten nach Widerspruch gegen die Autorisierung § 675x Erstattungsanspruch bei einem vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten autorisierten Zahlungsvorgang (1) Der Zahler hat gegen seinen Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf Erstattung eines belasteten Zahlungsbetrags, der auf einem autorisierten, vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgang beruht, wenn 1. bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde und 2. der Zahlungsbetrag den Betrag übersteigt, den der Zahler entsprechend seinem bisherigen Ausgabeverhalten, den Bedingungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls hätte erwarten können; mit einem etwaigen Währungsumtausch zusammenhängende Gründe bleiben außer Betracht, wenn der zwischen den Parteien vereinbarte Referenzwechselkurs zugrunde gelegt wurde. Ist der Zahlungsbetrag einem Zahlungskonto belastet worden, so ist die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf diesem Zahlungskonto so vorzunehmen, dass das Wertstellungsdatum spätestens der Geschäftstag der Belastung ist. Auf Verlangen seines Zahlungsdienstleisters hat der Zahler nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllt sind. (2) Unbeschadet des Absatzes 3 hat der Zahler bei SEPA-Basislastschriften und SEPA-Firmenlastschriften ohne Angabe von Gründen auch dann einen Anspruch auf Erstattung gegen seinen Zahlungsdienstleister, wenn die Voraussetzungen für eine Erstattung nach Absatz 1 nicht erfüllt sind. (3) Der Zahler kann mit seinem Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass er keinen Anspruch auf Erstattung hat, wenn er seine Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs direkt seinem Zahlungsdienst-

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1051 Die Legaldefinition des § 121 BGB ist zumindest bei deutschem Vertragsstatut als Hintergrund heranzuziehen; i.E. ebenso BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (227 f.) = NJW 1984, 2460. 1052 BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (227 f.) = NJW 1984, 2460 (implizit); Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 167–175. 1053 BGH (Fn 374), BGHZ 91, 221 (227 f.) = NJW 1984, 2460; Neuberger BuB Rn 6/1959. 1054 BankR-HdB/Martinek/Omlor § 67 Rn 14; Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt § 308 Nr. 6 Rn 6. 1055 Taupitz Kreditkartenmissbrauch, S. 164–167; Neuberger BuB Rn 6/1959 (Nachfragepflicht nicht erwähnt). Gegenüber Kreditinstituten gilt Nr. 11 Abs. 5 AGB-Banken bzw. Nr. 20 Abs. 1 lit. g AGB-Sparkassen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

leister erteilt hat und er, sofern vereinbart, über den anstehenden Zahlungsvorgang mindestens vier Wochen vor dem Fälligkeitstermin vom Zahlungsdienstleister oder vom Zahlungsempfänger unterrichtet wurde. (4) Ein Anspruch des Zahlers auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn er ihn nicht innerhalb von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastung des betreffenden Zahlungsbetrags gegenüber seinem Zahlungsdienstleister geltend macht. (5) Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, innerhalb von zehn Geschäftstagen nach Zugang eines Erstattungsverlangens entweder den vollständigen Betrag des Zahlungsvorgangs zu erstatten oder dem Zahler die Gründe für die Ablehnung der Erstattung mitzuteilen. Im Fall der Ablehnung hat der Zahlungsdienstleister auf die Beschwerdemöglichkeiten gemäß den §§ 60 bis 62 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes und auf die Möglichkeit, eine Schlichtungsstelle gemäß § 14 des Unterlassungsklagengesetzes anzurufen, hinzuweisen. Das Recht des Zahlungsdienstleisters, eine innerhalb der Frist nach Absatz 4 geltend gemachte Erstattung abzulehnen, erstreckt sich nicht auf den Fall nach Absatz 2. (6) Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b vorliegt, 1. ist § 675x Absatz 1 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden und 2. kann von § 675x Absatz 2 bis 5 für die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs abgewichen werden.

1. Überblick und Anspruchssystem a) Besonderes Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch bei Lastschriften und an- 459 deren empfängerinitiierten Zahlungsvorgängen. § 675x BGB regelt zwei (außerordentliche) Erstattungsansprüche (Abs. 1 und Abs. 2) in Fällen, in denen eine Autorisierung seitens des Zahlers vorlag.1056 Hierbei erfasst er allein solche Zahlungsvorgänge, die der Empfänger auslöste, also Lastschriften und Kartenzahlungen („Pull-Zahlungen“). Bei diesen ist ein außerordentliches nachträgliches Widerspruchsrecht dadurch gerechtfertigt, dass der Zahler den Zahlungsvorgang zwar abstrakt autorisiert, dann aber nicht initiiert, und dass daher der genaue Zeitpunkt und/oder Umfang der Abbuchung für ihn unklar sein können.1057 Im Falle des Abs. 1 kommt hinzu, dass die Autorisierung betragsmäßig den Zahlungsvorgang nicht gesichert abdeckt. Weitergehend hatte das grundlose mehrwöchige Widerspruchsrecht im EEV – vor allem für Verbraucher – den Erfolg des Lastschriftverfahrens im Verbrauchersektor gerade in Deutschland erheblich befördert und damit die oben benannten Vorteile für alle Beteiligten ermöglicht.1058 Diese Erfahrungen aufnehmend, reicht auch der – vor allem verbraucherschützend ausgerichtete – Erstattungsanspruch nach Abs. 2 weiter, der seit 2018 (unter dem Regime der ZD-RL II und damit jetzt europaweit) keine Vereinbarung mehr voraussetzt, und auf entsprechende (nur nationale) Vereinbarungslösungen im alten Regime folgt (für die alte Rechtslage in Nr. 2.5 Abs. 1 Kundenbedingungen SEPA-Basislastschrift a.F. vorgesehen). Er greift jetzt de lege lata ein, setzt keinen Widerspruchsgrund voraus, hat jedoch einen noch engeren Anwendungsbereich und erfasst allein SEPA-Basis- und Firmen-Lastschriften (in Euro).1059 Außerdem ist er im Ergebnis

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1056 Daher handelt es sich um keinen Haftungsanspruch (wegen Pflichtverstoß/Planwidrigkeit), sondern um einen Erstattungsanspruch sui generis: BT-Drs. 18/11495, S. 169. Zum Erstattungsanspruch nach Abs. 1 unten Punkt 2. (Rn 462 f.), zu demjenigen nach Abs. 2 unten Punkt 3. (Rn 464–474). Die Grenzen des Widerspruchsrechts (Punkt 4., Rn 475–477) betreffen – außer der zeitlichen Begrenzung nach Abs. 4 – praktisch nur den Erstattungsanspruch nach Abs. 1, der auch im Hinblick auf die Erfüllung oder aber Ablehnung durch den Zahlungsdienstleister (Punkt 5, Rn 478–480) allein größere Probleme aufwirft. 1057 BT-Drucks. 16/11643, S. 115; Palandt/Sprau § 675x Rn 1; MünchKommBGB/Zetzsche § 675x Rn 1; Soergel/Werner § 675x Rn 1. 1058 BGH (Fn 522), NJW 1989, 1672 (1673); Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 279. Zu den Vor- und Nachteilen oben Dritter Teil Rn 42. 1059 BT-Drs. 18/11495, S. 169. Dort auch zur Intention des Richtliniengebers, diesem Erstattungsanspruch (durch gesetzliche Anordnung anstelle der Vereinbargungslösung) größere Verlässlichkeit zu geben (vgl. auch 76. Erw.grund ZD-RL II).

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zwingend nur für die Verbraucherlastschrift, während er – auf der Grundlage von § 675e Abs. 4 BGB – bei der Firmenlastschrift abbedungen werden kann – und in Deutschland wird (Nr. 2.5 Kundenbedingungen SEPA-Firmenlastschrift). Umgekehrt bezieht sich der Erstattungsanspruch nach Abs. 1 praktisch zwar ebenfalls vor allem auf Lastschriften, theoretisch jedoch auch auf alle Kartenzahlungen, wobei die Fälle der zu Garantiezwecken eingesetzten Kreditkarte nunmehr in § 675t Abs. 4 BGB geregelt sind (siehe hierzu oben Teil 3 Rn 401). Ausgelöst werden die Erstattungsansprüche durch Anspruchsgeltendmachung, die herkömmlich als „Widerspruch“ (gegen die ursprüngliche Autorisierung) bezeichnet wird und nach geltendem Regime zeitlich klar begrenzt ist (Abs. 4). Dieses – deutlich weiter reichende – Widerspruchsrecht wird zusätzlich zu den – sehr eingeschränkten – Widerrufsrechten nach § 675p BGB gewährt (vgl. dessen Abs. 2 S. 2), mit denen es jedoch den Wirkmechanismus teilt. Es bildet praktisch die wichtigste Einbruchsstelle in das System des § 675u BGB, nach dem einmal autorisierte Zahlungsvorgänge im Deckungsverhältnis, d.h. gegenüber dem Zahler, grundsätzlich Bestand haben und (allein) nicht autorisierte Zahlungsvorgänge einen Erstattungs- oder Rückabwicklungsanspruch auslösen. 460 Unanwendbar ist der erste der beiden Erstattungsansprüche (§ 675x Abs. 1 BGB) generell bei One-leg-Transaktionen – weil die Folgeansprüche außerhalb des EWR idR nicht durchsetzbar wären –,1060 also in Fällen, in denen ein beteiligtes Institut (der Sitz der agierenden Filiale) nicht die eines EU/EWR-Staates ist (§ 675x Abs. 6 Nr. 1 BGB). Für die außereuropäischen Bestandteile von Transaktionen in Drittstaatenwährungen gilt dies ebenso (§ 675e Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Rest der Norm ist (aus vergleichbaren Gründen) abdingbar – also grundsätzlich kalibrierbar – in ebendiesen Fällen (§§ 675x Abs. 6 Nr. 2, 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB), die ganze Norm in allen B2B-Transaktionen (§ 675e Abs. 4 BGB). 461

b) Anspruchssystem im Mehrpersonenverhältnis. § 675x BGB schafft zwei vertragsrechtliche Erstattungsansprüche zwischen dem Zahler und seinem Zahlungsdienstleister, der sog. Zahlstelle. Die Norm gilt also allein im Deckungsverhältnis. Der Erstattungsanspruch tritt – inhaltsgleich oder weitestgehend inhaltsgleich – an die Stelle eines bis 2009 als bereicherungsrechtlich verstandenen Rückabwicklungsanspruches in eben diesem Verhältnis. Die Rückwirkungen auf die anderen Rechtsverhältnisse bleiben demgegenüber ungeregelt und sind weiterhin aus allgemeinen schuldrechtlichen Instituten bzw. Klauselwerken herzuleiten: namentlich (i) Rückgriffs- oder Rückbuchungsansprüche der Zahlstelle gegen die Inkassostelle (Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers), (ii) Rückbuchungs- oder Stornierungsrechte der Inkassostelle gegen den Zahlungsempfänger und (iii) verbleibende Ansprüche im Valutaverhältnis.1061 2. Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch bei überhöhter Blankettausfüllung (Abs. 1)

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a) Kontext des Erstattungsanspruchs. Der Erstattungsanspruch nach Abs. 1 (Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 1–3 und Abs. 2 ZD-RL II, ex- Art. 62 Abs. 1 Unterabs. 1–3 und Abs. 2 ZD-RL I)1062 entfaltet seine wichtigste Wirkung für all diejenigen Zahlungsvorgänge, die vom Zahlungsempfänger

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1060 BT-Drs. 18/11495, S. 170. 1061 Dazu Punkt 6. (Rn 481–485). 1062 Näher Lohmann/Koch WM 2008, 57 (64). Für Frankreich Art. 133–25 Code monétaire et financier; für Kreditkartenzahlungen schon bisher Cour de Cassation Com. 24.3.2009 RTD banque fin. 2009 Mai–Juin, 47; Bonhomme Paiement, S. 295 f. (auf die Wichtigkeit für Kreditkartenreservierungen hinweisend); Piedelièvre Paiement, S. 418 f. (kritisch); für Italien Mancini et al./O. Cuocci(Giambelluca Pagamento, S. 164 f.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

initiiert sind, für die zugleich jedoch das weiter reichende und voraussetzungsärmere Widerspruchsrecht mit Erstattungsanspruch nach Abs. 2 nicht eröffnet ist: Dies sind die SEPAFirmenlastschrift und – unter den Kartenzahlungen – am ehesten die Kreditkartenzahlung, während umgekehrt für die SEPA-Basislastschrift ein Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch nach der alten Fassung des Abs. 2 vereinbart wurde (vgl. Nr. 2.5 Abs. 1 Kundenbedingungen SEPA-Basislastschrift a.F.) und nunmehr zwingend ist. Formal gilt Abs. 1 freilich für alle genannten Zahlungsvorgänge. Für sie sieht die Norm ein spezielles (eingeschränktes) Widerspruchsrecht in den Fällen vor, in denen, wie häufig, der Abbuchungsauftrag (die Autorisierung durch den Zahler) betragsmäßig nicht spezifiziert wird. Dieses Widerspruchsrecht unterliegt freilich den beiden Grenzen, die Abs. 3 und 4 statuieren (unten Punkt 4.). b) Tatbestand des Erstattungsanspruchs. Der Widerspruch ist möglich bei Zahlungsvor- 463 gängen, für die (i) der Zahler Autorisierung erteilt hat, freilich pauschal, d.h. ohne Festlegung des genauen Betrags. Das eigentliche Tatbestandsmerkmal liegt in der fehlenden betragsmäßigen Festlegung, denn ohne Autorisierung wäre die Widerspruchsmöglichkeit überflüssig (§ 675u BGB). Solch eine (vorherige) Autorisierung wird gegeben bei der Kreditkarte und den beiden SEPA-Lastschriftverfahren, auch in der Form des ELV, weil der Zahler jeweils Einwilligung auch dem eigenen Institut erteilt.1063 Darüber hinaus ist erforderlich, dass (ii) sich der konkrete Abbuchungsauftrag des Zahlungsempfängers höhenmäßig außerhalb des Rahmens bewegt, den die pauschale Autorisierung – richtig ausgelegt – vorgegeben hat. Die Auslegungskriterien für diese Rahmenbestimmung sind die „jeweiligen Umstände des Einzelfalls“, und unter diesen vor allem präzisierende Vereinbarungen im Rahmenvertrag und das „bisherige Ausgabeverhalten“ (zur konkreten Abrede – den „Bedingungen“ – sogleich noch). Der Zahlungsdienstleister wird also – auf Widerspruch des Kunden hin – aufgefordert, unter Heranziehung vor allem der beiden genannten Leitkriterien (Abrede und Ausgabeverhalten) eine Einzelfallprüfung vorzunehmen mit dem Ziel festzustellen, ob der Zahler die vom Gläubiger zum Einzug gebrachte Höhe „vernünftigerweise hätte erwarten können.“ Dabei kann er sich vom Zahler unterstützen lassen und von ihm die Sachumstände erläutern lassen (vgl. S. 3). Der Zahler hat freilich seit Umsetzung der ZD-RL II nicht mehr nur „darzulegen“ (zu substantiieren), dass die genannten Grenzen überschriten sind, sondern dies nach der neuen Fassung nachzuweisen (S. 3). 1064 Und dabei bestehen zwei feste Auslegungsgrenzen: Falls eine automatische Wechselkursanpassung nach § 675g Abs. 3 BGB vereinbart wurde, wird zwingend von einer Risikoübernahme ausgegangen und ist daher jeglicher Widerspruch auf Grund dieser Änderung in der Höhe des Betrages a limine ausgeschlossen. Außerdem zeigt der Verweis auf die Vereinbarung, dass auch die (Höchstbetrags-)Grenzen des Rahmenvertrages einzuhalten sind – was freilich (schon bisher) selbstverständlich war und ist. Dies erfordert dann auch keine vergleichbar schwierige Wertung wie die Abwägung der Umstände des Einzelfalls. 3. Gesetzlich eingeräumtes freies Widerspruchsrecht und Erstattungsanspruch (Abs. 2, 3 und Abs. 5 S. 3) a) Anwendungsbereich. (Auch) Unter dem Eindruck des Erfolgs, den das Lastschriftver- 464 fahren in Deutschland hatte – ungleich größer als in den anderen Mitgliedstaaten –, wurde mit dem nunmehr zwingenden „freien“ Widerspruchsrecht das wohl wichtigste Element des (dama-

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1063 Vgl. oben Dritter Teil Rn 243 f. (Kreditkarte), 234 (Firmenlastschrift); galt auch für das ehemalige EEV unter dem damals neuen Regime des Zahlungsdiensterechts, vgl. BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (287 ff. Tz 38 ff.) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510. 1064 Vgl. BT-Drs. 18/11495, S. 169; sowie Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 7.

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ligen) EEV ins Europäische Regime übernommen. § 675x Abs. 2 BGB (Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 4 ZD-RL II, ex- Art. 62 Abs. 1 Unterabs. 4 ZD-RL I) räumt dem Zahler ein Widerspruchsrecht bei allen SEPA-Lastschriften ein, womit seit Wegfall der nationalen Lastschriftverfahren zum 1.2.2016 alle Lastschriften (in Euro) gemeint sind. Nach dem Gesagten handelte es sich 2009 um eine Möglichkeit auf der Grundlage von Abreden, ab 2018 um ein gesetzliches Recht, das freilich nach Abs. 3 (im Firmenlastschriftverfahren) abbedungen werden kann und wird. Abs. 5 S. 3 macht klar, dass es sich hierbei um ein bedingungsloses (also „freies“) Widerspruchsrecht handelt, das keiner Begründung bedarf. Aus diesem Grunde fehlt es – anders als nach Abs. 1 S. 3 – auch an einer Nachweis- oder auch nur Begründungspflicht. Diese ausdrückliche Zulassung war nötig, da unter § 675e Abs. 1 BGB jede Vereinbarung zu Lasten auch nur eines Zahlungsdienstenutzers – des Zahlers oder des Zahlungsempfängers – unzulässig wäre, etwa auch jede Abweichung von §§ 675n, 675p, 675u BGB zu Lasten des Zahlungsempfängers.1065 Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren hat der Schuldner demgegenüber – wie schon früher 465 im auf professionelle Kunden ausgerichteten AAV – kein Widerspruchsrecht nach Abs. 2 (nach Einlösung). 1066 Zwar liegen die Voraussetzungen eines bedingungslosen („freien“) Widerspruchsrechts nach Abs. 2 durchaus vor, in der deutschen Praxis wird dieses Widerspruchsrecht jedoch im B2B-Verhältnis umfassend abbedungen (Nr. 2.5 Kundenbedingungen Firmenlastschrift). Dies gestattet Abs. 3 unter der Voraussetzung, dass der Einzug vier Wochen vorher angekündigt wird. Diese Gestattung ist freilich im Zusammenhang mit § 675e BGB zu lesen, eröffnet also zwar im B2B-Verhältnis solch eine Abredemöglichkeit zu Lasten des Kunden (dort Abs. 4), hingegen nicht im B2C-Verhältnis.1067 Diese Lektüre von Abs. 3 wird nahegelegt durch das Ziel (76. Erw.grund), den Verbraucherschutz zu steigern (gesetzliches Verbraucherwiderspruchsrecht), nicht i.Erg. nur beizubehalten (Abredelösung, wie zuvor in Deutschland). Im Firmenlastschriftverfahren bleibt dem Schuldner folglich nur das eingeschränkte Recht zur Kündigung der Lastschriftabrede, die keine Wirkung für die Vergangenheit zeitigt (Art. 80 Abs. 4 ZD-RL II, ex- Art. 66 Abs. 4 ZD-RL I und § 675 p Abs. 3 BGB) – sowie bei fehlender betragsmäßiger Bestimmung das Widerspruchsrecht nach Abs. 1. 466 Auch bei der sog. doppelt begründeten Lastschrift hat der Schuldner kein Widerspruchsrecht nach Abs. 2.1068 Hierbei erteilt der Gläubiger (häufig versehentlich) Einzugsauftrag im SEPA-Basislastschriftverfahren (früher EEV), obwohl ein SEPA-Firmenlastschriftauftrag (früher AAV-Abbuchungsauftrag) seitens des Schuldners vorliegt. Die materiellen Vorausset-

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1065 BT-Drucks. 16/11643, S. 115; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 13; Palandt/Sprau § 675x Rn 8; anders (nur klarstellend, „nicht zwingend durch § 675e Abs. 1 geboten“): Staudinger/Omlor § 675x Rn 13; ausf. zu Widerspruch und Rückabwicklung bei grenzüberschreitender Lastschrift: Lohmann Grenzüberschreitende Lastschrift, S. 173–245. 1066 Auf der Grundlage Core-SEPA Direct Debit Rulebook, Verfahrensschritt PT-04.15 (achtwöchiges Recht für den Schuldner, Rückerstattung auf einer „no-questions-asked“-Basis zu verlangen); dazu (wenn auch nach alter Rechtslage) BGH (Fn 664), BGHZ 79, 381 (385) = NJW 1981, 1669; BGH (Fn 520), WM 1978, 819 (819 f.); Bundschuh FS Stimpel 1985, S. 1039 (1044 f.); damals Abschn. III LSA, Nr. 8 Inkasso-Muster; zum Zahlungsdienstregime: Langenbucher/Bliesener/Spindler/Werner Kap. 4 § 675f Rn 16 (Widerspruchsrecht); sowie allgemeiner Langenbucher/Bliesener/Spindler/Rigler Kap. 11 Rn 91–94; nicht als Abrede eines Widerspruchsrechts nach Abs. 2 wurde es gesehen (und der Fall sollte auch kein gesetzliches Widerspruchsrecht nach Abs. 2 n.F. auslösen), wenn das darlehensgewährende Institut die Darlehenszinsen und -tilgung per Lastschrift vom Darlehenskonto einzieht, das bei ihm geführt wird: OLG Brandenburg Urt. v. 2.9.2008 – 6 U 123/07, WM 2009, 1792. 1067 So auch BT-Drs. 18/11495, S. 169; aA Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 10. 1068 AA dem Wortlaut nach BGH (Fn 520), BGHZ 72, 343 (347) = NJW 1979, 542 (freilich ein Fall, in dem der Gläubiger ausdrücklich nur EEV – als das damalige Äquivalent zur heutigen Basislastschrift – wählte); BGH Urt. v. 13.10.2011 – IX ZR 115/10, Urt. v. 13.10. 2010 – XI ZR, WM 2011, 2130; pauschal so Bork JA 1986, 121 (128); Hadding/ Häuser WM-Sonderbeil. 1/1983, 1 (10 und 19 f.); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 120–125; van Gelder WM 2000, 101 (108 f.); i.E. wie hier hingegen Lüke/Philippi JuS 1978, 304 (305); Pleyer/Holschbach DB 1973, 1057 (1058); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 590, 558 („skandalös“).

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zungen dafür, dass die Einlösung endgültig und ein freier Widerspruch (nach Abs. 2) ausgeschlossen ist, liegen also vor.1069 Der BGH scheint jedoch davon auszugehen, dass die Bejahung einer Pflicht der Zahlstelle, die bereits erteilte Zahlerzustimmung zu einer Abbuchung ohne freies Widerspruchsrecht zu beachten, die Vorteile einer routinemäßigen Abwicklung in Wegfall brächte.1070 Dieses Praktikabilitätsargument wäre im Lastschriftverfahren, das auf massenweise Abwicklung ausgelegt ist, in der Tat entscheidend. Es trifft jedoch nicht zu. Denn keineswegs in allen Fällen, sondern nur in denjenigen ca. 1% der Fälle, in denen Widerspruch erhoben wurde und die ohnehin individualisiert abgewickelt werden müssen, muss die Zahlstelle die Prüfroutine (moderat) erweitern: auf die Frage, ob ein Abbuchungsauftrag im SEPA-Firmenlastschriftverfahren vorlag. Dann mag die zusätzliche Prüfroutine sogar dadurch aufgewogen werden, dass umgekehrt i.d.R. die Rückrechnung entfällt. Jedenfalls überwiegt das (materiellrechtlich fundierte) Sicherungsinteresse des Gläubigers, gerade angesichts der Höhe der Beträge, die im Firmenlastschriftverfahren eingezogen werden. b) Entfallen des Widerspruchsrechts bei Genehmigung. Auch das bedingungslose Wi- 467 derspruchsrecht nach Abs. 2 kann durch Genehmigung (vor Ablauf der Ausschlussfrist nach Abs. 4) entfallen.1071 Zwar statuierte dies der – auf das EEV zugeschnittene und wegen seiner Einstellung zum 1.2.2016 weggefallene –1072 § 675x Abs. 6 BGB a.F. nur für das Widerspruchsrecht nach Abs. 1. Die Möglichkeit, eine Ausnahme im Falle einer Genehmigung vorzusehen, wurde jedoch als Teil der Vertragsfreiheit, die Abs. 2 eröffnet, gesehen – so dass in Abs. 6 eine Anordnung dieses Entfallensgrundes auch für Abs. 2 überflüssig erschien. Ebenso wie die Vereinbarung ein Widerspruchsrecht begründen konnte, konnte sie dies auch an bestimmte Kautelen und Grenzen binden. Auch in diesem Punkt blieb die Rechtslage für die SEPA-Basislastschrift derjenigen, die bisher für das EEV galt, vergleichbar.1073 Und da die Streichung von Abs. 6 – ausweislich der Gesetzgebungsbegründung – nur dem Umstand geschuldet war, dass die Genehmigung nicht mehr (wie im EEV) das Kerninstrument für die dauerhafte Wirksamkeit bildet, sollte auch aus der Streichung keine Änderung der Rechtslage ablgeleitet werden. Auch das gesetzliche Widerspruchsrecht (Abs. 2 n.F.) ist zwar gegen vorherige Abbedingung im B2C-Verhältnis immun, folgt aber beim (nicht geregelten) Verzicht (durch Genehmigung) der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre. Die notwendige Abrede findet sich wiederum in Nr. 2.5 der Kundenbedingungen SEPA-Ba- 468 sislastschrift, die in ihrem Abs. 2 den Ausschluss des Widerspruchsrechts durch Genehmigung weiterhin vorsieht. Freilich wird eine Genehmigung selten ausdrücklich erklärt, sondern allenfalls konkludent, wenn die Geschäftsverbindung mit vielfachen Verfügungen und Saldo-

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1069 So zutr. die Mindermeinung, vgl. Nachw. vorige Fn. 1070 Buchung allein nach den eingegebenen Schlüsseln soll ermöglicht werden: BGH (Fn 520), BGHZ 72, 343 (346–348) = NJW 1979, 542; BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 100. Wenig überzeugend ist der Hinweis, der Schuldner könne ein Interesse haben, in einer Rechtsbeziehung wechselnd AAV oder EEV bzw. heute Firmen- und Basislastschriftverfahren zu praktizieren: van Gelder aaO. Welches Verfahren gewählt wird, entscheidet nicht der Schuldner, sondern der Gläubiger, der sich hier irrt und das ihm weniger günstige Verfahren wählt. 1071 Zustimmend zur neuen Rechtslage: Palandt/Sprau § 675x Rn 8; von Olshausen in: Gsell/Krüger/Lorenz/ Reymann, BeckOGK, § 675x Rn 40; Ebenso zum freien Widerspruchsrecht nach § 675x Abs. 2 BGB a.F.: Palandt/ Sprau (73. Aufl.) § 675x Rn 8; Staudinger/Omlor § 675x Rn 11; vgl. auch BR-Drucks. 848/08, S. 188–190; aA MünchKommBGB/Zetzsche § 675x Rn 43 (etwas formalistisch dahingehend argumentierend, dass „bereits vorab genehmigt [und daher] kein Raum für eine nachträgliche Genehmigung“). 1072 Vgl. BT-Drs. 18/11495, S. 170. 1073 Für das Entfallen des Widerspruchsrechts durch Genehmigung im EEV: BGH (Fn 522), NJW 2006, 1965 (1966); BGH Urt. v. 24.6.1985 – II ZR 277/84, BGHZ 95, 103 (108) = NJW 1985, 2326; BGH (Fn 269), BGHZ 101, 153 (156) = NJW 1987, 2370; Heymann/Horn Anh. § 372 V Rn 66; Bundschuh FS Stimpel 1985, S. 1039 (1044 –1047); van Gelder WM 2000, 101 (104–106); aA Jacob Lastschriftverfahren, S. 53, 56.

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abschlüssen nach der Lastschrift fortgesetzt wird.1074 Beide Klauseln legen diese Wirkung im Zahlungsdiensteregime freilich nur noch einer „ausdrückliche(n) Genehmigung des Kunden unmittelbar gegenüber der Bank“ bei. Die umfangreichen Zweifelsfragen und die komplexe Rechtsprechung zur konkludenten Genehmigung, speziell zur Auslegung von Verfügungen über Tagessalden als Genehmigung,1075 sollten nicht ins neue, durch die erste Zahlungsdienste-Richtlinie geschaffene Regime hineingetragen werden, dies ist wohl sogar europarechtlich geboten.1076 Diese Begünstigung des Schuldners – in sein Verhalten dürfen nicht mehr Willenserklärungen hineingelesen werden, die seine Gestaltungsrechte abschneiden – ist aus AGB-rechtlichen Gründen besonders „absolut“: Auf Grund des Günstigkeitsprinzips bei der Auslegung von AGBs (§ 305c Abs. 2 BGB, Art. 5 S. 2 AGB-Richtlinie) muss das Ausdrücklichkeitserfordernis so weit ausgelegt werden, wie es ein vernünftiger Kunde nur irgend sinnvoll verstehen konnte. Die Tätigung anderer Zahlungsvorgänge oder das Schweigen auf gewisse Benachrichtigungen – die beiden Hauptfälle konkludenter Genehmigung nach der bisherigen Rechtsprechung und Dogmatik – zählen sicher nicht hierher. Daher bezieht sich die durchaus fortbestehende Diskussion und Rechtsprechung um konkludente Genehmigungen allein auf Altfälle.1077 Vergleichbar ist nur die Wirkung der achtwöchigen Ausschlussfrist nach Abs. 5, die freilich, anders als die klauselmäßig vorgesehene Sechswochenfrist nach altem Regime (Nr. 7 Abs. 3 bzw. 4 AGB-Banken bzw. Sparkassen a.F.), nicht erst mit dem jeweiligen Quartalsabschluss zu laufen beginnt, sondern bereits nach jeder Kenntnisnahme über die Einzelverfügung (vgl. unten). Die ausdrückliche Genehmigung setzt zwar nicht den Begriff „Genehmigung“ voraus, 469 doch eine dahingehende Willenserklärung, die nicht in eine andere Transaktion hineingelesen wird. Entscheidend ist, dass der Zahler bewusst eine Zustimmung abgeben wollte, nicht nur ein anderes Verhalten dahingehend verstanden werden kann und sogar muss (schlüssiges oder konkludentes Verhalten reichen nicht aus).1078 Dem Zahlungsdienstleister des Zahlers muss dieser die Genehmigung deswegen unmittelbar erklären, um auch in diesem Punkt Unklarheiten zu vermeiden. Die Zahlstelle soll selbst sicher beurteilen können, ob die Voraussetzungen für das Entfallen eines Widerspruchsrechts gegeben sind.1079 Ist ein Widerspruch erklärt, entfällt damit die Möglichkeit einer Genehmigung endgültig.1080 Die Zahl der Altfälle nimmt ab, so dass primär nur noch der Zeitpunkt festzuhalten ist, ab 470 dem von der Anwendbarkeit des neuen Regimes (vorangeganene beide Rn) auszugehen ist. In

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1074 Vgl. BGH (Fn 254), NJW 1979, 2146 (2147); BGH Urt. v. 18.6.1991 – XI ZR 159/90, WM 1991, 1630: nicht Schweigen auf Zusendung von Auszug: BGH (Fn 1073), BGHZ 95, 103 (108) = NJW 1985, 2326; Bundschuh FS Stimpel 1985, S. 1039 (1044–1047). 1075 Insgesamt zum Streitstand vor dem Zahlungsdienstregime: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn II 471 f. 1076 Ob dies von Art. 62 ZD-RL I auch gefordert war, ist str.; dafür (mangels Einschränkungen dieses Widerspruchsrechts in der Richtlinie) Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn BankR II 153. 1077 Das wird freilich nicht in allen aktuellen Stellungnahmen zur konkludenten Lastschriftgenehmigung hinreichend deutlich. Vgl. zur Problematik näher Burghardt WM 2013, 62; Hutschenreuther/Rinckens ZInsO 2012, 1602; Ringstmeier/Homann ZInsO 2010, 2039; Schnauder WM 2011, 1685. Zu den Altfällen unten Dritter Teil Rn 470. 1078 Vgl. für die vergleichbar gelagerte Regel des § 312d BGB a.F. („ausdrücklicher Wunsch“) Beck-OK/SchmidtRäntsch § 312d BGB Rn 32; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Schmidt-Räntsch § 312d BGB (a.F.) Rn 32; auch (obwohl etwas schwächer) Spindler/Schuster/Micklitz/Schirmbacher Das Recht der elektronischen Medien 2. Aufl. 2011, § 312d BGB (a.F.) Rn 76 (obwohl man „keine überhöhten Anforderungen stellen“ sollte, müsse der Verbraucher/ Zahler sich jedenfalls dessen bewusst sein, dass er sich seines Widerrufs- oder Widerspruchsrechts begibt); aA wohl nur MünchKommBGB/Wendehorst § 312d BGB (a.F.) Rn 53 („gleichwertige Zeichen“ genügten, d.h. wohl doch konkludentes Verhalten). Vgl. auch die Überlegungen zu den Fällen konkreter Abstimmung zwischen Kunden und Zahlerinstitut in der nächsten Rn. 1079 So schon BGH (Fn 1068), WM 2011, 2130. 1080 BGH (Fn 1068), WM 2011, 2130; sowie bereits BGH (Fn 522), NJW 1989, 1672 (1673); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 62 f. (auch zur Umdeutung des Widerrufs des Widerspruchs in einen neuen Überweisungsauftrag).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

seiner Grundsatzentscheidung vom 20.7.2010 hatte der BGH nur einen Weg dahin aufgezeigt, welche Voraussetzungen bestehen müssten, um im Einzugsermächtigungsverfahren die anfängliche Schuldnererklärung auch als Ermächtigung an den eigenen Zahlungsdienstleister (Autorisierung) auslegen zu können: namentlich, dass dem Kunden ein Widerpruchsrecht rechtsverbindlich und unanzweifelbar durch Abrede (AGB) eingeräumt werden würde, weswegen dann auch sein eigenes Absicherungsinteresse nicht mehr dagegen spräche, seine anfängliche Erklärung als eine verbindliche Ermächtigung (mit Widerspruchsvorbehalt) zu verstehen.1081 Diese rechtsverbindliche und zweifelsfreie Abrede eines Widerspruchsrechts findet sich erstmals in Nr. 2.5 der Fassung der EEV/ELV-Kundenbedingungen vom 9.7.2012. Altfälle bilden daher all diejenigen Widersprüche, für die die Geltung der EEV/ELV-Bedingungen vom 9.7.2012 noch nicht wirksam vereinbart war (unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 675g BGB). Für diese Fälle verblieb es bei der alten Rechtslage, nach der der Schuldner den Zahlungsvorgang nicht vorab autorisierte, sondern nachträglich genehmigte, jedoch im Gegenzug solch eine Genehmigung als auch konkludent erteilt eingestuft werden konnte. Zu erinnern ist nur noch daran, dass die Liste der Situationen, in denen eine konkludente Genehmigung anzunehmen sein sollte, zunehmend präzisiert und dabei erheblich verbreitert wurde: vom 6-wöchigen Schweigen auf Saldoabschluss (mit Problemen bei Einsetzung eines Insolvenzverwalters in dieser Frist) über die dauerhaft fortgesetzte zugrunde liegende Rechtsbeziehung bis hin zu konkreten Gesprächen und Verfügungssituationen, die eine konkludente Erklärung nahelegten.1082 Subjektiv mussten diese Fallumstände dazu führen, dass das Zahlerinstitut davon ausging, dass es sich im konkreten Falle um solch eine wiederkehrende Leistung handele, und dass es die berechtigte Erwartung hegte, dass sie auch diesmal Bestand haben würde (Vertrauenswirkung), nicht hingegen notwendig, dass das Institut auch wisse, dass damit eine Genehmigungswirkung verbunden wird.1083 c) Unbeachtlichkeit eines missbräuchlichen Widerspruchs (auch im Insolvenzfall). 471 Vor Inkrafttreten des Zahlungsdiensteregimes 2009 wurde die Missbräuchlichkeit des Widerspruchs ausführlich diskutiert und war auch umfangreich Gegenstand von Judikatur. Angesichts des weiterhin langen Zeitraums, in dem Widerspruch erhoben werden kann, ist diese Rechtsprechung weiter von Belang. Denn nach der EuGH-Rechtsprechung ist der Einwand im nationalen Recht, dass die Ausübung eines Rechts rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich sei, auch gegenüber Rechtspositionen gestattet, die Europäisches Recht vermittelt, freilich unter der Bedingung, dass dadurch nicht die harmonisierende Wirkung des EU-Regimes konterkariert wird.1084 Demnach fußt der Einwand weiter im Wertungsgefüge des deutschen Privatrechts, ist freilich über die herkömmliche Dogmatik zum missbräuchlichen Widerspruch jedenfalls nicht hinauszugehen. Missbräuchlichkeit wurde schon unter dem alten Regime (namentlich zum EEV) einhellig 472 verneint, wenn eine Einzugsermächtigung oder ein Anspruch im Valutaverhältnis fehlt,1085

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1081 BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (287 ff. Tz 38 ff.) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510; vgl. näher bereits oben Dritter Teil Rn 111. 1082 Vgl. im einzelnen Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 470. 1083 BGH Urt. v. 1.3.2011 – XI ZR 320/09; WM 2011, 743 (744 f.); Hutschenreuther/Rinckens ZInsO 2012, 1602 (1605 f.). Übertragung der BGH-Rechtsprechung auf Handeln des Insolvenzverwalters in OLG München Urt. v. 20.12.2010 – 19 U 2126/09, NZI 2011, 285. 1084 Vgl. EuGH Urt. v. 16.12.1997 – Rs. C-104/96 Cooperatieve Rabobank Slg. 1997, I-7219; Urt. v. 12.3.1996 – Rs. C-441/93 Pafitis, Slg. 1996, I-1347 (1382 f. Tz 67–70); Urt. v. 12.5.1998 – Rs. C-367/96 Kefalas, Slg. 1998, I-2843 (2869–2871 Tz 19–29); Urt. v. 3.9.2009 – Rs. C-489/07 Messner ./. Krüger, Slg. 2009, I-7315. 1085 BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 = NJW 1979, 1652; BGH (Fn 113), NJW 1985, 847; KG Urt. v. 2.12.2008 – 13 U 8/08 WM 2009, 545; Bauer WM 1981, 1186 (1194 f.); Bork JA 1986, 121 (126); Reiser/Krepold BuB Rn 6/421; zum Missbrauch des Widerspruchsrechts monographisch: Kreifels Widerspruchsrecht; aber damals sehr str. vgl. etwa dagegen OLG

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

außerdem, wenn Einreden und Gegenrechte bestehen.1086 In der Tat sind das die Fälle, deretwegen das Widerspruchsrecht eingeräumt wird – um dem Zahler eine Reaktion zu ermöglichen, wenn er die Initiierung des Zahlungsvorgangs zu dem Zeitpunkt nicht mehr in der Hand hat, zu dem die andere Seite leistet. Umgekehrt erscheint ein Widerspruch zumindest als rechtsmissbräuchlich, mit dem der 473 Zeitablauf genutzt und Insolvenzrisiken auf andere Beteiligte abgewälzt werden sollen: so wenn der Darlehensgeber (Schuldner des Auszahlungsanspruchs) bei Bonitätsverschlechterung des Kreditnehmers, etwa Insolvenzgefahr, die per Lastschrift ausgezahlte Darlehensvaluta durch Widerspruch zurückholen will,1087 so auch wenn der Schuldner, der leisten wollte, unter entsprechenden Umständen später seine Zahlung rückgängig machen will.1088 Hier wird das Insolvenzrisiko vom Schuldner auf die beteiligten Banken verlagert. Aus entsprechenden Gründen missbräuchlich ist daher – entgegen der ursprünglichen Rechtsprechung des InsolvenzrechtsSenats des BGH – der Widerspruch des Insolvenzverwalters, der damit die Masse vergrößern will.1089 Wurde die Lastschrift mittels unpfändbaren Vermögens eingelöst, hat der Insolvenzverwalter nicht einmal Rechtsmacht zum Widerspruch.1090 Im Ergebnis von Unbeachtlichkeit des Widerspruchs geht auch der BGH seit 2010 für diejenigen Verfahren aus, die – wie das SEPABasislastschriftverfahren – eine Autorisierung des Zahlers nicht nur gegenüber dem Zahlungsempfänger, sondern auch gegenüber dem eigenen Zahlungsdienstleister voraussetzen:1091 In einer Entscheidung, die den Konflikt zwischen dem Insolvenzrechts- und dem Bankrechtssenat zur Behandlung des Widerspruchs in der Schuldnerinsolvenz beendete, verweist das Gericht

_____ München Urt v. 20.8.2009 – 14 U 762/08, ZInsO 2010, 87; OLG Düsseldorf Urt v. 23.4.2009 – I-6 U 65/08, ZIP 2009, 980. 1086 So für die Einrede des unerfüllten Vertrages, der Aufrechenbarkeit und das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB: BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (305) = NJW 1979, 1652; BGH (Fn 113), NJW 1985, 847; Bauer WM 1981, 1186 (1191); Kreifels Widerspruchsrecht, S. 126; Schwintowski (3. Aufl.) § 7 Rn 270; zur bloßen subjektiven Annahme des Schuldners, eine Einwendung oder Einrede läge vor: Kreifels Widerspruchsrecht, S. 137. 1087 BGH Urt. v. 21.4.2009 – VI ZR 304/07, WM 2009, 1073 = NJW-RR 2009, 1207; BGH (Fn 254), NJW 1979, 2146 (2147); OLG Bamberg Urt. v. 2.2.2009 – 4 U 34/08, juris; Bauer WM 1981, 1186 (1198); Zschoche Einordnung des Lastschriftverfahrens, S. 137 f.; Reiser/Krepold BuB Rn 6/423. 1088 BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (306) = NJW 1979, 1652; BGH Urt. v. 28.5.1979 – II ZR 219/77, BGHZ 74, 309 (314) = NJW 1979, 2145; OLG Köln Hinweisbeschluss v. 26.10.2009 – 13 U 132/08, NJW-RR 2010, 777 (jedoch Kenntnis von der bevorstehenden Insolvenz des Zahlungsempfängers nötig); Bauer WM 1981, 1186 (1198); Kreifels Widerspruchsrecht, S. 129. 1089 AA noch BGH Urt. v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, NJW 2005, 675 (675–678): Insolvenzverwalter darf widersprechen, wenn Schuldner die Belastung noch nicht genehmigt hat, wobei er nicht den Beschränkungen des Schuldners unterliegt; i.E. ließ der BGH offen, ob der Widerspruch sittenwidrig sein könnte, wenn der Insolvenzmasse dadurch keinerlei Vorteil erwachsen wäre; bestätigend BGH Urt. v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, WM 2007, 2246; OLG München Urt. v. 29.3.2007 – 19 U 4837/06, WM 2007, 883 wandte diese Grundsätze auf das Verhältnis des Schuldners zu seinem Kreditinstitut an; ablehnend Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885 (1890); kritisch Jungmann NJW 2005, 1621 (1623); Meder JZ 2005, 1098 (1094); wie hier vgl. OLG Hamm Urt. v. 22.1.1985 – 27 U 156/84, NJW 1985, 865 (866 f.) (Fahrlässigkeit genügt, da Sonderrechtsbeziehung); BGH (Fn 269), BGHZ 101, 153 (157) = NJW 1987, 2370; auch BGH (Fn 113), BGHZ 74, 300 (305) = NJW 1979, 1652; OLG Hamm Urt. v. 26.3.2010 – 1–34 U 7/09, BKR 2010, 303; ausführlich zum Themenkreis Obermüller/Kuder ZIP 2010, 349; und auch bereits zum Schuldnerverhalten in der Krise: Denck ZHR 144 (1980), 171 (180–191); Westermann FS Hübner 1984, S. 697 (bes. 704 –716); auch Remmerbach Auswirkungen des Konkurses des Bankkunden, S. 153–175, bes. 163–170. Insgesamt ist der Meinungsstreit durch Übergang zur Ermächtigungstheorie für alle Lastschriftverfahren (wohl) im zweiten Sinne entschieden (Missbräuchlichkeit des Insolvenzverwalterhandelns). 1090 BGH Urt. v. 20.7.2010 – IX 37/09, WM 2010, 1543. 1091 BGH (Fn 280) BGHZ 186, 269 (282 ff. Tz 27 ff.) = WM 2010, 1546 = NJW 2010, 3510 dazu Laier GWR 2010, 429; Ries/Böhner FD-InsR 2010, 307917; und Dritter Teil Rn 111, 470. Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren wird solch eine Autorisierung zwar ebenfalls erteilt, ist jedoch ein Widerspruch nach § 675x Abs. 2 BGB im Einklang mit § 675e Abs. 4 BGB ausgeschlossen. Daher stellt sich hier die Frage nach möglicher Missbräuchlichkeit eines Widerspruchs schon im Ansatz nicht.

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dafür auf eine Analogie zu § 377 Abs. 1 BGB, weil der Schuldner (wie mit der Hinterlegung) alles seinerseits für die Erfüllung Erforderliche getan habe. Wie nach § 377 Abs. 1 BGB habe in seiner Insolvenz daher weder sein Insolvenzverwalter noch er selbst das Recht, diese Erfüllungshandlung wieder zurückzunehmen. Die Vergleichbarkeit der Situationen ist in der Tat gegeben. Hierbei spricht das Gericht diese Rechtsfolge jedenfalls für all diejenigen Verfahren aus, in denen der Zahler den Lastschrifteinzug auch dem eigenen Zahlungsdienstleister gegenüber vorab autorisiert – mithin allen SEPA-Lastschriftverfahren, einschließlich ELV (und zwischen 2012 und 2016 auch dem inzwischen eingestellten EEV).1092 Dieser Begründungsansatz verbietet es auch, an der vor Geltung des Zahlungsdiensterechts 474 herrschenden Meinung festzuhalten, die davon ausging, der Zahlungsdienstleister habe den Widerspruch (entgegen allgemeinen Grundsätzen zum Rechtsmissbrauch) auch dann zu beachten, wenn dieser rechtsmissbräuchlich war.1093 Die für die damals herrschende Meinung tragende Überlegung, das Institut solle nicht in eine – für es untragbare – Schiedsrichterrolle gedrängt werden, verfängt im vorliegenden Fall nicht. Denn die Regel für den Insolvenzfall ist einfach anzuwenden: Die Tatsache der Insolvenz wird formalisiert festgestellt und die dann anwendbare Regel eröffnet keine Ermessens- und Beurteilungsspielräume. Umgekehrt ist in den anderen Fällen kein Rechtsmissbrauch anzunehmen. Die nach führerer Rechtslage so sehr komplizierten Fragen der Rückabwicklung in den anderen Rechtsverhältnissen – im Interbankenverhältnis und dann gegenüber dem Zahlungsempfänger – reduzieren sich auf den – eher einfachen – Fall eines Widerspruchs innerhalb von 8 Wochen, der als nicht rechtsmissbräuchlich und wirksam einzustufen ist.1094 4. Grenzen des Widerspruchsrechts a) Qualifizierte Zustimmung, vor allem bei konkretisierter Ankündigung (Abs. 3). Ver- 475 einbart werden kann – als eine erste Grenze der Widerspruchsrechte nach Abs. 1 oder Abs. 2 –, dass der Zahlungsdienstnutzer kein Recht zum Widerspruch haben soll, wenn er seine ursprüngliche Zustimmung (Autorisierung der Abbuchung) „direkt“ seinem Zahlungsdienstleister gegenüber gegeben hat. Diese darf also nicht dem Zahlungsempfänger gegenüber ausgesprochen werden, der sie an den Zahlungsdienstleister des Zahlers weiterleitet oder ihm vorlegt bzw. vorlegen lässt.1095 Das Unmittelbarkeitserfordernis dient dem Schutz des Zahlers vor voreiligen Entscheidungen sowie dem Transparenzinteresse des Zahlungsdienstleisters, der die Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit des Widerspruches selbst sicher soll beurteilen können. Am wichtigsten dürfte die Grenze sein für Widerspruchsrechte nach Abs. 1, wenn zugleich vereinbart wird, dass die jeweilige Abbuchung (mit Höhe) vier Wochen zuvor anzukündigen ist. Diese zweite Tatbestandsvoraussetzung gilt zwar nicht von Gesetzes wegen bei jeder Abrede nach Abs. 3, sondern nur bei entsprechender Abrede („sofern vereinbart“). Insbesondere im Zusammenspiel mit Abs. 1 entschärft sie jedoch die Anwendungsprobleme, die Abs. 1 aufwerfen

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1092 BGH (vorige Fn), BGHZ 186, 269 (287 ff., Tz 38 ff.) = WM 2010, 1546. Zu den Gründen, die dafür sprechen, dass die Schuldnererklärungen im ELV nach heutiger Rechtslage und bis 2016 auch im EEV – anders als vor Einführung von § 675x Abs. 2 BGB – ebenfalls als Ermächtigung sowohl an den Zahlungsempfänger als auch an sein eigenen Zahlungsdienstleister zu verstehen sind, vgl. Dritter Teil Rn 470. 1093 BGH (Fn 1073), BGHZ 95, 103 (106) = NJW 1985, 2326; schon BGH (Fn 1088), BGHZ 74, 309 (312) = NJW 1979, 2145; Bauer WM 1981, 1186 (1191); Denck ZHR 144 (1980), 171 (176); Hadding WM 1978, 1366 (1369–1371); Klinger Rückabwicklung, S. 278; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 139; Bundschuh FS Stimpel 1985, S. 1039 (1048); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 561. 1094 Dazu unten Dritter Teil Rn 481–485. Zu den komplizierten Rückabwicklungsregeln nach altem Recht, die insbesondere auch von der Auslegung der verschiedenen Klauselwerke abhing, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn BankR II 155, 157 f. 1095 Palandt/Sprau § 675x Rn 8; Erman/Graf v. Westphalen § 675x Rn 15; Soergel/Werner § 675x Rn 54.

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kann: Durch die Ankündigung wird dem Zahler der konkrete Betrag deutlich gemacht. Er kann nun entscheiden, den Abbuchungsauftrag nach § 675p Abs. 3 BGB vor Fälligkeit zu widerrufen, oder er verliert sein Widerspruchsrecht nach Abs. 1 mit Einlösung. Mit anderen Worten: Das Widerspruchsrecht nach Abs. 1 – mit seinen schwierigen Auslegungsfragen – ist dann so gestaltet, dass Schweigen als Zustimmung (Genehmigung) zu werten ist und dass folglich die Zahlstelle seine Tatbestandsvoraussetzungen auch nicht mehr prüfen muss. 476

b) Achtwöchige Ausschlussfrist (Abs. 4). Für beide Erstattungsansprüche zentral ist als zweite Grenze die Achtwochenfrist, die Abs. 4 statuiert. Sie bezieht sich auf beide Ansprüche (vgl. Abs. 5 S. 3). Sie läuft ab jeder einzelnen Belastungsbuchung auf dem Konto des Zahlers, dem Zeitpunkt, ab dem der Zahler Kenntnis nehmen und reagieren kann (also nicht Wertstellungszeitpunkt).1096 Das ist anders als früher beim (freien) Lastschriftwiderspruch, dessen Sechswochenfrist erst mit dem Quartalsabschluss anlief (Nr. 7 Abs. 3 bzw. 4 AGB-Banken bzw. Sparkassen a.F.).1097 Der Zahler muss innerhalb der Achtwochenfrist den Anspruch geltend machen, d.h. (zumindest konkludent) zum Ausdruck bringen, dass er die Autorisierung zurücknehmen will und – Folge hiervon – die Belastungsbuchung revidiert sehen will.1098 Es handelt sich um eine Ausschlussfrist, mit deren Ablauf das Widerspruchsrecht und der Erstattungsanspruch erlöschen. Um diesen Zeitpunkt festzuhalten und nicht bis zum Quartalsende hinauszuschieben, sind viele Zahlungsdienstleister dazu übergegangen, Zahlungsdienstenutzern, die Kontoauszüge über einen bestimmten Zeitraum (beispielsweise über einen Monat) nicht abgerufen haben, Zwischenmitteilungen zuzusenden. Für diese zusätzliche Information darf, da der Zahlungsdienstnutzer sie nicht im Einzelfall „verlangt“ hat, nach § 675d Abs. 4 BGB kein Entgelt oder Aufwendungsersatz gefordert werden (häufig werden sie dennoch berechnet).

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c) Genehmigung (ex-Abs. 6). Für das Einzugsermächtigungsverfahren, das 2016 eingestellt wurde, war die Genehmigung zentral als Instrument, um eine Lastschrift in Bestandskraft erwachsen zu lassen. Darauf bezog sich Abs. 6 a.F., der dies festschrieb, mit Entfallen des Verfahrenstyps jedoch obsolet erschien und gestrichen wurde.1099 Da die allgemeine (nationale) Rechtsgeschäftslehre jedoch von den Zahlungsdienste-Richtlinien nicht verdrängt werden sollte, wird man der ausdrücklichen Genehmigung auch weiterhin die Wirkung eines Verzichts auf die Ansprüche aus § 675x Abs. 1 und 2 BGB zuschreiben können – noch vor Ablauf der Frist nach Abs. 4.1100 Allerdings werden die verschiedenen Konstruktionen, mit denen unter dem alten Regime (für das EEV) bestimmte Verhaltensweisen als konkludente Genehmigung qualiifiziert wurden, durch das Regime der in Abs. 3 und 4 festgelegten Ausschlussgründe verdrängt.1101

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1096 Palandt/Sprau § 675x Rn 6; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 11; MünchKommBGB/Zetzsche § 675x Rn 34 ff.; Soergel/Werner § 675x Rn 55; zum Fristanlauf bei der einzelnen Belastungsbuchung; Bitter WM 2010, 1725 (1731). 1097 Wirksamkeit offen gelassen von BGH (Fn 1089), NJW 2005, 675 (676); BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 76–80, zur früher vierwöchigen Frist BankR-HdB/van Gelder (3. Aufl.) § 58 Rn 79–84; OLG Dresden Urt. v. 28.6.1999 – 17 U 3963/98, WM 2000, 566. 1098 MünchKommBGB/Zetzsche § 675x Rn 34 ff.; Palandt/Sprau § 675x Rn 6; Staudinger/Omlor § 675x Rn 17. Zum Inhalt des Erstattungsanspruchs (und Zeitpunkt seiner Erfüllung) vgl. unten Dritter Teil Rn 478–480. 1099 BT-Drucks. 18/11495, S. 170. 1100 Allerdings wird man aus der bisherigen Judikatur übernehmen können, dass solch eine Genehmigung nicht mehr beachtlich ist, wenn vorher Widerspruch eingelegt wurde: BGH (Fn 1062), WM 2011, 2130. 1101 Ebenso Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 9; Palandt/Sprau § 675x Rn 8.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

5. Erstattungsanspruch und sonstige Rechtsfolgen (Abs. 5). Verlangt der Zahler Erstat- 478 tung, so hat sein Zahlungsdienstleister folgende drei Möglichkeiten, zu reagieren, jeweils innerhalb von zehn Geschäftstagen: (i) den Betrag vollständig zu erstatten; (ii) nach den Sachumständen zu fragen und dann – möglichst umgehend und noch in der 10-Tagesfrist – (i) oder (iii) wählen; (iii) Erstattung abzulehnen, dies dann zwingend mit einer Information über die Beschwerdemöglichkeiten nach S. 2. Option (ii/iii) steht ihm nicht offen bei Widersprüchen und Erstattungsbegehren nach Abs. 2 (Abs. 5 S. 3), genauer: Option (iii) steht ihm bei einem Erstattungsbegehren nach Abs. 2 nach hier vertretener Meinung nur offen, wenn der Widerspruch rechtsmissbräuchlich ist, namentlich in der Zahlerinsolvenz, nicht jedoch aus sonstigen Gründen. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung des Zahlungsdienstleisters, da er den Zahlungsdienstenutzer (hier: Zahler) nach § 675e Abs. 1 BGB in keinem Punkt belasten darf, zu dem ihn das Gesetz nicht ermächtigt, und auch ein „mehr“ nicht vereinbaren darf. Ein „Recht auf Ablehnung“ – wie das Gesetz es formuliert – hat der Zahlungsdienst- 479 leister demnach nur aus den angegebenen Gründen:1102 bei Erstattungsbegehren nach Abs. 2 nur (i) bei rechtsmissbräuchlichem Widerspruch oder bei (ii) Entfallen des Widerspruchsrechts auf Grund von Genehmigung – also Verzicht auf die Geltendmachung – oder (iii) nach Ablauf der Ausschlussfirst (Abs. 4); bei Erstattungsbegehren nach Abs. 1, (i) wenn der Ausfüllungsbetrag nicht überhöht war, (ii) auf Grund von Vereinbarung nach Abs. 3, wenn die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind, (iii) auf Grund von Genehmigung oder (iv) nach Ablauf der Ausschlussfirst (Abs. 4), zudem – rein formal – wenn (v) der Zahler schon seiner Substantiierungs(und dann Nachweis-)pflicht nach Abs. 1 S. 2 nicht nachkommt und die diesbezügliche Anfrage tunlich war. Die Erstattung umfasst den gesamten Betrag – auch bei Widerspruch nach Abs. 1 nicht 480 nur den Überschuss, um den der abgebuchte Betrag zu hoch war (diesen könnte der Zahlungsdienstleister nicht kalkulieren).1103 Streitig war, ob der Betrag nur ex nunc zu erstatten war, oder ob – wie nach altem Recht –1104 das Konto in den Zustand zu bringen ist, in dem es sich ohne die Belastungsbuchung befunden hätte (vor allem rückwirkende Wertstellung).1105 Die Streitfrage wurde bereits vor der Novellierung des Zahlungsdiensterechts für Erstattungsbegehren nach Abs. 2 durch Nr. 2.5 Abs. 1 S. 2 Kundenbedingungen SEPA-Basislastschrift a.F. im zweiten Sinne entschieden: Sie sahen – den Kunden begünstigend und daher wirksam – eine rückwirkende Stornierung vor. Nunmehr findet sich in Umsetzung des Art. 76 Abs. 1 Unterabs. 3 S. 2 ZD-RL II in § 675x Abs. 2 BGB die gesetzliche Normierung der bisherigen Praxis wieder, sodass sich der Streit für die Basislastschrift erledigt hat. Für die Firmenlastschrift ist hingegen die Anwendung der Norm nach § 675e Abs. 4 BGB abbedungen (Nr. 2.5. Kundenbedingungen SEPA-Firmenlastschrift). Soweit jedoch einmal ein (begründeter) Erstattungsanspruch nach Abs. 1 besteht, wird man die gesetzliche Vorgabe hier a maiore heranzuziehen haben. Denn jetzt handelt es sich der Sache nach – anders als bei Erstattungsbegehren nach Abs. 2 – sogar um eine von der Autorisierung (höhenmäßig) nicht gedeckte Verfügung, muss also die Regelung in § 675u BGB (mit rückwirkender Wertstellung) als Leitbild berücksichtigt werden.

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1102 Soergel/Werner § 675x Rn 57; Staudinger/Omlor § 675x Rn 19. 1103 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675x Rn 8; MünchKommBGB/Zetzsche § 675x Rn 31 ff.; Soergel/Werner § 675x Rn 10; Palandt/Sprau § 675x Rn 8; Staudinger/Omlor § 675x Rn 19. 1104 So (für die fehlende Autorisierung ebenso wie für den Widerspruch): Denck ZHR 144 (1980), 171 (175); Kreifels Widerspruchsrecht, S. 108 f.; BankR-HdB/Ellenberger § 58 Rn 57. 1105 Dagegen für das alte Recht BT-Drucks. 16/11643, S. 115; Palandt/Sprau (73. Aufl.) § 675x Rn 5, dafür hingegen Bamberger/Roth/D. Schmalenbach (3. Aufl.) § 675x BGB Rn 8.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

6. Rückwirkung der Erstattung in den anderen Rechtsverhältnissen a) Gesamtsystem. Ist von Autorisierung (ohne wirksamen Widerspruch) auszugehen, erfolgt die Abwicklung allein im Verhältnis der Zahlstelle zum Schuldner, andernfalls – d.h. nur im Falle eines Erstattungsanspruchs des Zahlers – regelmäßig im Mehrpersonenverhältnis: Erfüllt nämlich der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Erstattungsanspruch, stellt sich in drei Stufen die Frage (i) nach der Rückbelastung im Interbankenverhältnis gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers, (ii) nach dem Rückbelastungsrecht dieses Zahlungsdienstleisters gegenüber dem Zahlungsempfänger und (iii) nach den Rückwirkungen auf das Valutaverhältnis. Da keine der Zahlungsdienste-Richtlinien und auch nicht das Zahlungsdienstegesetz (oder die Ausführungs-Verordnungen) diese Rechtsverhältnisse hinsichtlich Rückbelastungsfragen im Lastschriftverkehr regeln, greift nationales Recht ein. Hiernach sind Bereicherungsrecht und (quasi)vertragliche Regelungen zueinander ins Ver482 hältnis zu setzen, wobei Letztere (als „Rechtsgrund“) Erstere verdrängen.1106 Der Bereicherungsausgleich würde den Grundsätzen des Überweisungsrechts folgen, da die Lastschrift als „rückläufige Überweisung“ der Überweisung vom Zahlungsvorgang her ab dem Moment, da Zahlungsströme getätigt werden, gleicht.1107 Nach diesen Grundsätzen sind Fehler im Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner abzuwickeln, Fehler im Deckungsverhältnis zwischen Zahlstelle und Schuldner.1108 Allerdings wären Fehler der Schuldnerzustimmung (Autorisierung) – gleichgültig ob anfängliches Fehlen der Autorisierung oder wirksamer Widerruf der Autorisierung und dies auch unabhängig von der Erkennbarkeit für den Gläubiger – nach neuerer BGH-Rechtsprechung einheitlich im Wege der Nichtleistungskondiktion gegenüber dem Gläubiger abzuwickeln.1109 Diese Grundsätze gelten freilich nur, wenn nicht in den einzelnen Rechtsbeziehungen (quasi)vertragliche Rückabwicklungsansprüche bestehen. Für diese einzelnen Rechtsverhältnisse ergibt sich folgendes Bild:1110 481

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b) Interbankenverhältnis. Im Interbankenverhältnis tritt an die Stelle des LastschriftAbkommens, das früher das Rückbuchungsrecht je nach Berechtigung oder fehlender Berechtigung des Widerspruchs und abgelaufener Frist unterschiedlich ausgestaltete, das SEPA Direct Debit Rulebook (derzeit Version 1.1. mit Wirkung vom 18.11.2017). Dieses sieht Verfahrensabschnitt PR-04 vor, der bestimmt, dass die unter dem Schlagwort „R-Transactions“ zusammengefassten fehlgeschlagenen Transaktionen rückabgewickelt werden.1111 Diese Regelung ist –

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1106 Vgl. Medicus/Petersen Bürgerliches Recht 26. Aufl. 2017, Rn 7–16. 1107 BGH (Fn 76) BGHZ 69, 186 (188) = NJW 1977, 2210; Klinger Rückabwicklung, S. 217; Schwintowski/Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 97 (allgM). 1108 Für das Zweite BGH Urt. 26.7.2011 – XI ZR 36/10, ZInsO 2011, 1740. Ausf. für den Bereicherungsausgleich bei unbegründetem Lastschriftwiderspruch unter dem Zahlungsdiensteregime: Jungclaus/Keller ZIP 2011, 941; allgemeiner, und weiterhin maßgeblich (vgl. Dritter Teil Rn 420): BGH (Fn 522), NJW 2006, 1965; BGH (Fn 76), BGHZ 69, 186 (188) = NJW 1977, 2210; Klinger Rückabwicklung, S. 224, 228; Hadding WM 1978, 1366 (1376); Schwintowski/ Schäfer (2. Aufl.) § 8 Rn 97. 1109 Vgl. zur Interessenlage und Begründung sowie zur (eher nur randbegradigenden) Rechtsprechungsänderung im Jahre 2015 näher oben Dritter Teil Rn 414–421; für die Lastschrift, allerdings noch auf der Grundlage des alten Regimes zum Bereicherungsausgleich im Überweisungsverkehr (mit Rechtsscheinveranlasserprinzip): Ott JA 1992, 170 (175 f.); Klinger Rückabwicklung, S. 220. 1110 Für die sehr komplexe Abwicklung – teils nach Lastschrift-Abkommen, teils bereicherungsrechtlich – nach altem Recht, vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann (2. Aufl. 2009), Rn BankR II 139–142, 154–158. 1111 Unter dem Begriff „R-Transactions“ werden die Fälle „Reject“, „Return“, „Refusal“, „Request“ zusammengefasst, also die verschiedenen Arten von Fehlschlägen, wobei sich die Begriffe danach unterscheiden, von wem und auf welcher Verfahrensstufe die Rückabwicklung initiiert wird. 4.5.4,

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

obwohl sie keine klassische vertragliche Vereinbarung (unter vielen Parteien) darstellt – als Rechtsgrund zu sehen, weil sie jedenfalls branchenweit ein – auf Mitwirkung und Zustimmung der Spitzenverbände beruhendes – Sonderregime darstellt, das zudem auf Grund seiner supranationalen Genese nationale Regelwerke verdrängt.1112 c) Zuwendungsverhältnis. Die Inkassobank, die solchermaßen der Zahlstelle die Valuta 484 zu erstatten hat, hat ihrerseits einen Anspruch auf Rückerstattung gegen den Zahlungsempfänger. Dieser ergibt sich freilich nicht aus Gesetz, da dem Erstattungsanspruch des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister kein entsprechender Erstattungsanspruch des Inkassoinstituts gegen den Zahlungsempfänger gegenüber steht. Auch auf Nr. 9 AGB-Banken kann eine schlichte Rückbuchung nicht gestützt werden. Nach dieser Klausel kann die Gutschriftbuchung zugunsten des Zahlungsempfängers zwar berichtigt werden, wenn der Vorbehalt – Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstelle – nicht eintritt und deswegen die ursprüngliche Buchung materiellrechtlich entfällt. Erhebt freilich der Zahler in der 8-Wochenfrist Widerspruch, war die Lastschrift bereits eingelöst, so dass der genannte Vorbehalt entfällt. Am überzeugendsten ist es daher, entsprechend dem Inkassomuster den ursprünglichen Inkassoauftrag seitens des Zahlungsempfängers an seinen Zahlungsdienstleister, die Inkassostelle, so auszulegen, dass er zugleich eine bedingte Autorisierung einer späteren Rückbelastung umfasst: Hierin autorisiert der Zahlungsempfänger für den Fall, dass die Inkassostelle die Valuta im Interbankenverhältnis der Zahlstelle zu erstatten hat, die Inkassostelle, seinen Zahlungsdienstleister, eine gegenläufige Gutschriftbuchung zu ihren Gunsten vorzunehmen.1113 d) Valutaverhältnis. Im Valutaverhältnis hat der Gläubiger bei unberechtigtem Wider- 485 spruch – etwa wenn der Schuldner Widerspruch erhob, die angenommene Einwendung jedoch nicht bestand – die Ansprüche aus unerfülltem Vertrag (§§ 280 ff, 323 BGB)1114 und – bei entsprechendem Vorsatz – aus § 826 BGB (auch gegen die Zahlstelle, wenn diese aktiv mitwirkt).1115 Für bereicherungsrechtliche Ansprüche ist wiederum kein Raum. Freilich ist im Fall von § 826 BGB regelmäßig von Rechtsmissbrauch auszugehen und daher davon, dass schon der Widerspruch nicht wirksam war, damit auch die Rückrechnung oder Stornierung in den verschiedenen Rechtsverhältnissen nicht. Freilich sind die gegebenen Grenzziehungen zum Begriff der Missbräuchlichkeit nicht immer hilfreich. So ist etwa der Widerspruch nicht missbräuchlich, wenn es an einer Lastschriftabrede und somit der Einziehungsermächtigung fehlt; dennoch gerät der Schuldner spätestens mit Zugang des Lastschriftauftrages, der regelmäßig als Zahlungsaufforderung zu verstehen ist, in Verzug. Bei entsprechender Schädigungsabsicht hat auch die Inkassobank einen Anspruch aus § 826 BGB gegen den Schuldner.1116

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1112 Zur Rechtsnatur der Rulebooks vgl. Arndt Interbankenverhältnis, S. 309–313 (Interbankenvertrag nach belgischem Recht, keine rechtliche [Belastungs-]Wirkung auf Zahlungsdienstenutzer [bes. S. 325], jedoch Berücksichtigung der Ausstrahlwirkung, sog. Four-Corner-Prinzip), grds. mit Vorrang vor den nationalen Interbankenabkommen, a.a.O. S. 325–327; vgl. auch Soergel/Werner § 675x Rn 39 ff. (insbesondere Rn 50 f. zu den verschiedenen R-Transaktionen); sowie Staudinger/Omlor Vorbem. §§ 675c–676c BGB, Rn 13. 1113 Bitter WM 2010, 1725 (1731). 1114 Bauer WM 1981, 1186 (1194); Bork JA 1986, 121 (126); Kreifels Widerspruchsrecht, S. 122 f.; BankR-HdB/ Ellenberger § 58 Rn 97; Ansprüche aus pVV sind dadurch verdrängt: aA offenbar Schwintowski (3. Aufl.) § 7 Rn 277 (4. Aufl. stark gekürzt § 8 Rn 303; ebenso 5. Aufl. Kap. 10 Rn 357); vergleichbar zu den Auswirkungen im Valutaverhältnis auch im Regime des Zahlungsdiensterechts: Nobbe WM 2011, 961 (965). 1115 Vgl. BGH (Fn 269), BGHZ 101, 153 (157) = NJW 1987, 2370; OLG Frankfurt Urt. v. 16.9.1996 – 18 U 92/94, WM 1997, 211; Bork JA 1986, 121 (126). 1116 Nachw. oben Fn 107.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

J. §§ 675y bis 676c BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von (autorisierten) Zahlungsdiensten I.

Übersicht §§ 675y bis 676a BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von Zahlungsdiensten | 486–533 1. Überblick und Gesamtsystem | 486–492 a) Anspruchssystem und Lücken (§§ 675y bis 676a BGB) | 486–488 b) Anwendungsbereich und Abdingbarkeit | 489 c) Beweishilfen (§§ 675y Abs. 7, 676 BGB) | 490–492 2. Verschuldensunabhängige Haftung des Zahlerinstituts (§ 675y Abs. 1, 2 S. 2 und Abs. 3 BGB) | 493–504 a) Haftungstatbestände | 493, 494 b) Umfang der Verantwortung, auch für andere Institute und Zahlungsauslösedienste | 495, 496 c) Insbes. Verspätung (Abs. 3) | 497 d) Haftungsgrenzen | 498–500 e) Inhalt des Haftungsanspruchs (§§ 675y Abs. 1 und 6 BGB) | 501–504 3. Verschuldensunabhängige Haftung des Zahlungsempfängerinstituts (§ 675y Abs. 2 S. 1 und 3 und Abs. 4 sowie § 675t BGB) | 505–513 a) Haftungstatbestände | 505–507 b) Umfang der Verantwortung | 508 c) Insbes. Verspätung (Abs. 4) | 509 d) Haftungsgrenzen | 510 e) Inhalt des Haftungsanspruchs | 511–513 4. Nachverfolgungspflichten (§ 675y Abs. 5 BGB) | 514, 515 a) Nachverfolgungspflicht des Zahlerinstituts (S. 2, 4 und 5) | 514 b) Nachverfolgungspflicht des Empfängerinstituts (S. 3 und 5) | 515 5. Verschuldensabhängige Haftung des Zahlerinstituts (§ 675z S. 2–5 BGB) | 516–523 a) Haftungstatbestände | 516–518 b) Umfang der Verantwortung, auch für andere Institute, und Anspruchsgegner (S. 3, 4) | 519, 520

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Haftungsgrenzen | 521, 522 Inhalt des Haftungsanspruchs | 523 6. Regress bei Pflichtverstoß anderer Zahlungs- und Zahlungsauslösedienstleister (§ 676a BGB) | 524–530 a) Pflichten der zwischengeschalteten Institute und Haftungstatbestand (Abs. 1) | 524, 525 b) Konstruktion der Verantwortung und Anspruchsinhaber bzw. gegner | 526–528 c) Insbes. Regress gegen Zahlungsauslösedienstleister und diesbezügliche Beweislastverteilung (Abs. 2 und 3) | 529 d) Haftungsgrenzen und Inhalt des Regressanspruchs | 530 7. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 531–533 §§ 676b Abs. 2 bis 676c BGB: Ausschlussfristen und Haftungsausschluss | 534–542 1. Ausschlussfristen (§§ 676b Abs. 2 bis 5 BGB) | 534–539 a) Ausschlussfrist für Erstattungs und Haftungsansprüche nach §§ 675u und 675y BGB (§ 676b Abs. 2 BGB) | 534, 535 b) Ausschlussfrist mit Wiedereinsetzungsmöglichkeit für sonstige Ansprüche (§ 676b Abs. 3 BGB) | 536 c) Paralleles Ausschlussfristenregime bei Nutzung von Zahlungsauslösediensten (§ 676b Abs. 4 und 5 BGB) | 537 d) Grenzen nach § 676b Abs. 1 BGB (Unverzüglichkeit) und Zulässigkeit von (weiteren) Genehmigungsfiktionen? | 538, 539 2. Haftungsausschluss bei unvermeidbaren Ereignissen und gesetzlicher Pflichterfüllung (§ 676c BGB) | 540–542 a) Unvermeidbare Ereignisse | 541 b) Gesetzliche Verpflichtung | 542 c) d)

II.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

I. §§ 675y bis 676a BGB: Haftung für fehlerhafte Ausführung von Zahlungsdiensten § 675y Haftung der Zahlungsdienstleister bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung eines Zahlungsauftrags; Nachforschungspflicht (1) Wird ein Zahlungsvorgang vom Zahler ausgelöst, kann dieser von seinem Zahlungsdienstleister im Fall einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungsauftrags die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Zahlungsbetrags verlangen. Wurde der Betrag einem Zahlungskonto des Zahlers belastet, ist dieses Zahlungskonto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. Wird ein Zahlungsvorgang vom Zahler über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 1 und 2 den kontoführenden Zahlungsdienstleister. Soweit vom Zahlungsbetrag entgegen § 675q Abs. 1 Entgelte abgezogen wurden, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers den abgezogenen Betrag dem Zahlungsempfänger unverzüglich zu übermitteln. Weist der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach, dass der Zahlungsbetrag ungekürzt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, entfällt die Haftung nach diesem Absatz. (2) Wird ein Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst, kann dieser im Fall einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungsauftrags verlangen, dass sein Zahlungsdienstleister diesen Zahlungsauftrag unverzüglich, gegebenenfalls erneut, an den Zahlungsdienstleister des Zahlers übermittelt. Weist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach, dass er die ihm bei der Ausführung des Zahlungsvorgangs obliegenden Pflichten erfüllt hat, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers dem Zahler gegebenenfalls unverzüglich den ungekürzten Zahlungsbetrag entsprechend Absatz 1 Satz 1 und 2 zu erstatten. Soweit vom Zahlungsbetrag entgegen § 675q Abs. 1 und 2 Entgelte abgezogen wurden, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den abgezogenen Betrag dem Zahlungsempfänger unverzüglich verfügbar zu machen. (3) Wird ein Zahlungsvorgang vom Zahler ausgelöst, kann dieser im Fall einer verspäteten Ausführung des Zahlungsauftrags verlangen, dass sein Zahlungsdienstleister gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers den Anspruch nach Satz 2 geltend macht. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers kann vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verlangen, die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers so vorzunehmen, als sei der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt worden. Wird ein Zahlungsvorgang vom Zahler über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so trifft die Pflicht aus Satz 1 den kontoführenden Zahlungsdienstleister. Weist der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, entfällt die Haftung nach diesem Absatz. (4) Wird ein Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst, kann dieser im Fall einer verspäteten Übermittlung des Zahlungsauftrags verlangen, dass sein Zahlungsdienstleister die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers so vornimmt, als sei der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt worden. Weist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach, dass er den Zahlungsauftrag rechtzeitig an den Zahlungsdienstleister des Zahlers übermittelt hat, ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers verpflichtet, dem Zahler gegebenenfalls unverzüglich den ungekürzten Zahlungsbetrag nach Absatz 1 Satz 1 und 2 zu erstatten. Dies gilt nicht, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers nachweist, dass der Zahlungsbetrag lediglich verspätet beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. In diesem Fall ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verpflichtet, den Zahlungsbetrag entsprechend Satz 1 auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers gutzuschreiben. (5) Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister nach Absatz 1 Satz 1 und 2 sowie Absatz 2 Satz 2 bestehen nicht, soweit der Zahlungsauftrag in Übereinstimmung mit der vom Zahlungsdienstnutzer angegebenen fehlerhaften Kundenkennung ausgeführt wurde. In diesem Fall kann der Zahler von seinem Zahlungsdienstleister jedoch verlangen, dass dieser sich im Rahmen seiner Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers alle für die Wiedererlangung des Zahlungsbetrags erforderlichen Informationen mitzuteilen. Ist die Wiedererlangung des Zahlungsbetrags nach den Sätzen 2 und 3 nicht möglich, so ist der Zahlungsdienstleister des Zahlers verpflichtet, dem Zahler auf schriftlichen Antrag alle verfügbaren Informationen mitzuteilen, damit der Zahler einen Anspruch auf Er-

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

stattung des Zahlungsbetrags geltend machen kann. Der Zahlungsdienstleister kann mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag ein Entgelt für Tätigkeiten nach den Sätzen 2 bis 4 vereinbaren. (6) Ein Zahlungsdienstnutzer kann von seinem Zahlungsdienstleister über die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 hinaus die Erstattung der Entgelte und Zinsen verlangen, die der Zahlungsdienstleister ihm im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung des Zahlungsvorgangs in Rechnung gestellt oder mit denen er dessen Zahlungskonto belastet hat. (7) Wurde ein Zahlungsauftrag nicht oder fehlerhaft ausgeführt, hat der Zahlungsdienstleister desjenigen Zahlungsdienstnutzers, der einen Zahlungsvorgang ausgelöst hat oder über den ein Zahlungsvorgang ausgelöst wurde, auf Verlangen seines Zahlungsdienstnutzers den Zahlungsvorgang nachzuvollziehen und seinen Zahlungsdienstnutzer über das Ergebnis zu unterrichten. (8) Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b vorliegt, ist § 675y Absatz 1 bis 4 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden.

§ 675z Sonstige Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung eines Zahlungsauftrags oder bei einem nicht autorisierten Zahlungsvorgang Die §§ 675u und 675y sind hinsichtlich der dort geregelten Ansprüche eines Zahlungsdienstnutzers abschließend. Die Haftung eines Zahlungsdienstleisters gegenüber seinem Zahlungsdienstnutzer für einen wegen nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung eines Zahlungsauftrags entstandenen Schaden, der nicht bereits von § 675y erfasst ist, kann auf 12 500 Euro begrenzt werden; dies gilt nicht für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, den Zinsschaden und für Gefahren, die der Zahlungsdienstleister besonders übernommen hat. Zahlungsdienstleister haben hierbei ein Verschulden, das einer zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten, es sei denn, dass die wesentliche Ursache bei einer zwischengeschalteten Stelle liegt, die der Zahlungsdienstnutzer vorgegeben hat. In den Fällen von Satz 3 zweiter Halbsatz haftet die von dem Zahlungsdienstnutzer vorgegebene zwischengeschaltete Stelle anstelle des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsdienstnutzers. § 675y Abs. 5 Satz 1 ist auf die Haftung eines Zahlungsdienstleisters nach den Sätzen 2 bis 4 entsprechend anzuwenden. Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b vorliegt, ist § 675z Satz 3 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden.

§ 676 Nachweis der Ausführung von Zahlungsvorgängen Ist zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und seinem Zahlungsdienstleister streitig, ob der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt wurde, muss der Zahlungsdienstleister nachweisen, dass der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.

§ 676a Ausgleichsanspruch (1) Liegt die Ursache für die Haftung eines Zahlungsdienstleisters gemäß den §§ 675u, 675y und 675z im Verantwortungsbereich eines anderen Zahlungsdienstleisters, eines Zahlungsauslösedienstleisters oder einer zwischengeschalteten Stelle, so kann der Zahlungsdienstleister von dem anderen Zahlungsdienstleister, dem Zahlungsauslösedienstleister oder der zwischengeschalteten Stelle den Ersatz des Schadens verlangen, der ihm aus der Erfüllung der Ansprüche eines Zahlungsdienstnutzers gemäß den §§ 675u, 675y und 675z entsteht. (2) Ist zwischen dem kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers und einem Zahlungsauslösedienstleister streitig, ob ein ausgeführter Zahlungsvorgang autorisiert wurde, muss der Zahlungsauslöse-

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

dienstleister nachweisen, dass in seinem Verantwortungsbereich eine Authentifizierung erfolgt ist und der Zahlungsvorgang ordnungsgemäß aufgezeichnet sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde. (3) Ist zwischen dem kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers und einem Zahlungsauslösedienstleister streitig, ob ein Zahlungsvorgang ordnungsgemäß ausgeführt wurde, muss der Zahlungsauslösedienstleister nachweisen, dass 1. der Zahlungsauftrag dem kontoführenden Zahlungsdienstleister gemäß § 675n zugegangen ist und 2. der Zahlungsvorgang im Verantwortungsbereich des Zahlungsauslösedienstleisters ordnungsgemäß aufgezeichnet sowie nicht durch eine Störung beeinträchtigt wurde.

1. Überblick und Gesamtsystem a) Anspruchssystem und Lücken (§§ 675y bis 676a BGB). Das Anspruchssystem fehler- 486 hafter Ausführung ist deutlich intensiver durchgestaltet als dasjenige bei fehlender Autorisierung (§ 675u BGB).1117 Dies hat – vom äußeren System her betrachtet – drei Gründe: Bei fehlerhafter Ausführung fehlt es, erstens, nicht etwa an einem Rechtsgrund. Es handelt sich demnach in allen Rechtsverhältnissen um ein vertragsrechtliches Anspruchssystem, kein Nebeneinander einer vertrags-, delikts- und bereicherungsrechtlichen Anspruchsvielfalt – mit allen Unwägbarkeiten der Abgrenzung und Rangfolge. Für die fehlerhafte Ausführung sieht das Zahlungsdiensterecht, zweitens, Ansprüche in drei der vier maßgeblichen Rechtsverhältnisse vor, nicht nur im Verhältnis zwischen Zahler und seinem Zahlungsdienstleister (wie in § 675u BGB), sondern in diesem Verhältnis, im Interbankenverhältnis und im Verhältnis zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister. Allein die Rückwirkung auf das Valutaverhältnis wird nicht geregelt. Schließlich wird dieses Anspruchssystem, drittens, für abschließend erklärt, so dass einer Ausuferung sonstiger Ansprüche vorgebeugt wird: Für die verschuldensunabhängig gewährten Ansprüche des Zahlungsdienstenutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister – die mit Abstand wichtigsten Ansprüche – statuiert dies § 675z S. 1 BGB ausdrücklich. Für die verschuldensabhängig gewährten Ansprüche in diesen Rechtsverhältnissen sowie für die Regressansprüche im Interbankenverhältnis wird das praktisch ebenfalls zu gelten haben (allein die genannten vertragsrechtlichen Ansprüche bestehen, vgl. unten). § 675z S. 1 BGB statuiert freilich auch (und schränkt ein), dass die Regelung nur gegenüber denjenigen Ansprüchen nach (allgemeinem) Schuldrecht abschließend (verdrängend) ist, die zu den in §§ 675y, 675z, 676a BGB geregelten Ansprüchen gleichartig sind. Das sind diejenigen Ansprüche nicht, die ein anderes Ziel verfolgen, bzw. die in einem anderen Rechtsverhältnis, namentlich dem Valutaverhältnis, bestehen.1118 Durch § 675z S. 1 BGB sollen weiterreichende Ansprüche nach anderen Vorschriften, im deutschen Recht namentlich §§ 280 ff, 823 ff, 812 ff. BGB präkludiert werden, zugleich verschuldensabhängige Ansprüche auf § 675z BGB beschränkt und den dort genannten Bedingungen unterworfen werden.1119 Schließlich ist, viertens, auch das innere System – der Verstoßtatbestände und damit 487 verbundenen Ansprüche – komplex und intensiv. Die bereits komplexe Regelung wurde durch die Novelle mit der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie auch nochmals stärker ausdifferenziert, namentlich durch die ausdrückliche Regelung der Verspätung in Abs. 3 und 4 – während zuvor die Verspätung zwar ebenfalls geregelt war (in Abs. 1 a.F. hieß es „und verspätet“), jedoch mit Einreihung in die anderen Tatbestände, nicht (wie seit 2018) als klar konturierter eigener Tatbe-

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1117 Dazu oben Unterabschnitt I (Dritter Teil Rn 402–485); breiter Rechtsvergleich zu den Fragen von Unterabschnitt J bei Stille Europäische Prinzipien, S. 137–240; auch Wackwitz Zahlungsdiensterichtlinie, S. 181–236. 1118 Dazu näher Erman/Graf v. Westphalen § 675z Rn 2; MünchKommBGB/Zetzsche § 675z Rn 6; Staudinger/ Omlor § 675z Rn 4. 1119 BT-Drucks. 16/11643, S. 118; MünchKommBGB/Zetzsche § 675z Rn 5; Palandt/Sprau § 675z Rn 2; Staudinger/ Omlor § 675z Rn 5.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

stand. Geregelt sind heute Nichterfüllung, Schlechterfüllung (Minderzahlung aufgrund Gebührenerhebung aus der Valuta) (beide Abs. 1 und 2) sowie Verspätung (Abs. 3 und 4). Dabei sind insgesamt zwei Modellkomponenten erkennbar und konstituierend: Es wird für die drei Tatbestände versucht, Nacherfüllungspflichten einerseits und Restitutionsfolgen andererseits so zu wählen und zueinander zu ordnen, dass möglichst kundenopportune Ergebnisse erzielt werden (grds. als Ausbildung dieser beiden Hauptalternativen durchaus auch im allgemeinen Schuldrecht so angelegt, in den Abgrenzungen und Ergebnissen aber deutlich abweichend). Und es werden dem jeweiligen Hauptdienstleister – Zahlerinstitut einerseits und Empfängerinstitut andererseits – Fehler aus dem jeweiligen Lager (der jeweiligen Kette) zugerechnet (Bündelung der Verantwortung bei Zahler- bzw. Empfängerinstitut) – in der Novelle durch die zweite Zahlungsdienste-Richtlinie nunmehr auch für das Fehlverhalten von Zahlungsauslösediensten ausdrücklich so statuiert (vgl. Abs. 1 S. 3). 488 Nach diesen beiden Hauptverantwortlichen wird denn auch gegliedert. Entsprechend ist – nicht ganz leicht zu lesen – die Haftung des Zahlerinstituts in Abs. 1 und 3 (sowie Abs. 2 S. 2) geregelt, diejenige des Empfängerinstituts in Abs. 2 und 4. Geregelt ist im Verhältnis des Zahlers zu seinem Zahlungsdienstleister ein verschuldensunabhängig bestehender Erstattungsanspruch (und der Wegfall des Aufwendungsersatzanspruchs)1120 bei fehlender oder fehlerhafter Ausführung (§ 675y Abs. 1, 2 S. 2 BGB) – i.d.R. als Vollerstattungsanspruch, nur bei unbefugter Entgeltentnahme als Nachzahlungsanspruch, also Nacherfüllungsanspruch (Abs. 1 S. 4).1121 Hinzu tritt mit der Novellierung des Zahlungsdiensterechts im Falle einer verspäteten Ausführung einer Push-Zahlung (auch wenn der Fehler bei einem Zahlungsauslösedienst lag) ein selbstständiger Anspruch auf Tätigwerden des eigenen Zahlungsdienstleisters, wieder im Sinne eines Nacherfüllungsanspruchs (§ 675y Abs. 3 S. 1, 3 i.V.m. S. 2 BGB). Der Zahlungsdienstleister ist hiernach berechtigt und verpflichtet, (obwohl der Fehler in der Zahlungskette liegt, vgl. Abs. 3 S. 3) den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zur Wertstellung zum dem Zeitpunkt heranzuziehen, zu dem Erfüllung geschudet gewesen wäre (mit der Rechtsfolge, dass dieser dann nach § 676a BGB Regress nehmen kann). Geregelt ist im Verhältnis des Zahlungsempfängers zu seinem Zahlungsdienstleister ein Nacherfüllungsanspruch bei fehlender und nicht hinreichender Übermittlung von Inkassoaufträgen (nochmalige Übermittlung derselben) und bei fehlender Auskehrung vor allem durch vereinbarungskonforme Gutschrift/Wertstellung oder Nachzahlung bei unbefugter Entgeltentnahme (§§ 675y Abs. 2 S. 1 und 3, 675t BGB).1122 Der Zahlungsempfänger erhält außerdem nun ebenfalls im Falle einer verspäteten Übermittlung eines Zahlungsauftrags einer Pull-Zahlung einen Anspruch, jedoch auf ordnungsgemäße Gutschrift auf dem eigenen Zahlungskonto ( 675y Abs. 4 S. 1, 3 und 4 BGB – mit Abgrenzung in S. 2). Geregelt ist – über § 675y BGB hinaus – in beiden Verhältnissen ein (verschuldensabhängiger) Anspruch, der weiterreichende Schäden ausgleichen soll, etwa Folgeschäden bei verspäteter Ausführung (§ 675z S. 2–4 BGB).1123 Geregelt ist schließlich ein Regressanspruch des danach haftenden Zahlungsdienstleisters gegen denjenigen zwischengeschalteten Zahlungsdienstleister oder einen Zahlungsauslösedienstleister, der die maßgebliche Ursache für den Ausführungsfehler setzte (§ 676a Abs. 1 BGB)1124 – mit besonderen Beweislastverteilungsregeln im Verhältnis zu Zahlungsauslösediensten (§ 676a Abs. 2 und 3 BGB). Einzig nicht geregelt sind die Rückwirkungen auf das Valutaverhältnis. In diesem Verhältnis kann

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1120 Praktisch vorrangig ist das Entfallen des Aufwendungsersatzanspruchs. Voraussetzung für dessen Bestehen ist neben der vertraglichen Grundlage die ordnungsgemäße Ausführung. Fehlt es hieran, so entstehen keine Ansprüche nach §§ 669 f. BGB – auch ohne Sorgfaltsverstoß. Eine Belastungsbuchung ist rechtsgrundlos und zurückzuerstatten (dies statuiert dann ausdrücklich § 675y Abs. 1, 2 S. 2 BGB). 1121 Dazu unten Punkt 2., Dritter Teil Rn 493–504. 1122 Dazu unten Punkt 3., Dritter Teil Rn 505–513. 1123 Dazu unten Punkt 5., Dritter Teil Rn 516–523. 1124 Dazu unten Punkt 6., Dritter Teil Rn 524–530.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

man jedoch für die wichtigsten Fragen in der Ausführungsphase – derjenigen nach der Erfüllungswirkung und derjenigen nach der Rechtzeitigkeit der Erfüllung – das System des Zahlungsdiensterechts mit seiner Risikoverteilung nach Sphären durchaus fortdenken: Dann kommt es jeweils nur auf vollständigen und rechtzeitigen Eingang beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers an – etwa für Fragen des Verzugs, der Skontogewährung etc. im Valutaverhältnis.1125 b) Anwendungsbereich und Abdingbarkeit. So breit und systematisch das Anspruchssys- 489 tem für Ausführungsfehler bei Zahlungen im SEPA-Raum geregelt ist, so sehr war dieses gerade deswegen außerhalb des SEPA-Raumes und in B2B-Beziehungen einzuschränken: Die zentralen Haftungsregeln zu – verschuldensunabhängig gewährten – Erstattungs- bzw. Nacherfüllungsansprüchen des Zahlers bzw. des Zahlungsempfängers gegen ihre jeweiligen Zahlungsdienstleister finden schon in Gänze gar keine Anwendung bei Zahlungen unter Einschaltung eines Zahlungsdienstleisters (auf Zahler- oder Zahlungsempfängerseite), der (mit seiner agierenden Filiale) Sitz außerhalb von EU/EWR hat, und zwar für die außereuropäischen Bestandteile (§ 675e Abs. 2 Nr. 1 BGB) wie für die innereuropäischen (§ 675y Abs. 8 BGB) – mit der Ausnahme des Anspruchs des Zahlungsempfängers auf Erteilung von Gutschrift, soweit diese innerhalb von EU/EWR zu erteilen wäre (§ 675t BGB) (vgl. § 675t Abs. 5 BGB e contrario). Für Transaktionen in Drittstaatswährungen gilt gleiches für die außereuropäischen Bestandteile (§ 675e Abs. 2 Nr. 1 BGB), hingegen nicht für die innereuropäischen (§ 675y Abs. 8 BGB e contrario). Gleich ist die Abgrenzung für die beiden „Drittstaatfälle“ (Sitz im Drittstaat bzw. Drittstaatswährung) im Rahmen der verschuldensabhängig gewährten Schadensersatzansprüche für die Zurechnung von Verschulden anderer Zahlungsdienstleister nach § 675z S. 3 BGB (§§ 675e Abs. 2 Nr. 1, 675z S. 6 BGB). Alle sonstigen Regeln sind in diesen (beiden) Drittstaatenbeziehungen für die außereuropäischen Bestandteile jedenfalls abdingbar (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB). Das Gleiche gilt für alle B2B-Transaktionen (§ 675e Abs. 4 BGB.1126 c) Beweishilfen (§§ 675y Abs. 7, 676 BGB). Zu Ausführungsfehlern bei Zahlungsvorgängen 490 sieht das Gesetz zwei spezielle Beweishilfen (vorrangig) zugunsten von Zahlungsdienstenutzern vor. Die erste hilft ihnen vor allem bei ihrer möglichen Substantiierungslast (§ 675y Abs. 7 BGB). Die zweite regelt – vergleichbar wie § 675w zur Autorisierung – den Beweiswert des Aufzeichnungsvorganges, nunmehr denjenigen zur Ausführung (§ 676 BGB) – dies dann potentiell auch zugunsten des Zahlungsdienstleisters. Soweit diese Regeln Beweisfragen nicht regeln, gelten die nationalen Beweislast- und Beweismaßvorschriften.1127 Nicht das Verhältnis zum Zahlungsdienstenutzer betrifft demgegenüber eine neue Beweislastregel, die für den Regress gegenüber Zahlungsauslösediensten Verwantwortungsbereiche abgrenzt (§ 676a Abs. 2 und 3 BGB, dazu unten Dritter Teil Rn 529). § 675y Abs. 7 BGB gibt dem Zahlungsdienstnutzer einen Nachforschungs- und – darauf 491 aufbauend – Unterrichtungsanspruch, dies jeweils gegen seinen Zahlungsdienstleister, also seinen Vertragspartner. Dieser Anspruch besteht nur bei nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgängen, also bei den möglichen Haftungstatbeständen des Zahlungsdienst-

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1125 Vgl. näher oben Dritter Teil Rn 98–102. 1126 Wenn freilich in Nr. 2.3.4. Bedingungen für den Überweisungsverkehr das erstbeauftragte Institut seine Haftung für Fehler in der Überweisungskette auf Auswahlverschulden beschränkt, widerspricht dies diametral dem gesetzlichen Leitbild und damit § 307 Abs. 2 BGB, zumal die Ansprüche aus §§ 812 ff., 667 BGB, die erhalten bleiben, tatsächlich (im Interbankenverhältnis) nicht bestehen: vgl. ausf. Einsele ZIP 2011, 1741 (1743–1746); dort auch dazu, dass gleiches bei der Lastschrift nicht gilt, vgl. aaO 1746–1750. 1127 Palandt/Sprau § 676 Rn 2; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 676 Rn 1; Staudinger/Omlor § 676 Rn 3.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

leisters des Zahlers (Abs. 1 sowie Abs. 2 S. 2, unten Dritter Teil Rn 493–504) bzw. denjenigen des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers (Abs. 2 S. 1, 3 und § 675t BGB, unten Dritter Teil Rn 505–513). Die Vorschrift bezieht sich explizit nur uf diese Haftungstatbestände, findet also keine Anwendung auf die Ansprüche nach den Abs. 3 und 4. Dem Umfang nach bezieht sich der Anspruch offenbar jeweils auf den gesamten Zahlungsvorgang – weil jeder Zahlungsdienstleister ihn ganz überblickt –, d.h. auch auf Fragen zu Zahlungsdienstleistern, deren Akte nicht in den Verantwortungsbereich des in Anspruch genommenen Zahlungsdienstleisters fallen. So kann der Zahler seinen Zahlungsdienstleister auch zu Vorgängen beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers fragen, obwohl der Zahlungsdienstleister für dessen Pflichtverletzungen nicht haftet (§ 675y Abs. 1 S. 5 BGB). Der Umfang der geschuldeten Nachforschung und Unterrichtung bestimmt sich danach, was für den Zahlungsdienstenutzer als Information im Rahmen der Haftungsfragen nützlich sein kann.1128 Der Anspruch unterfällt in einen Anspruch, Nachforschungen zu diesen Fragen zu unternehmen, und in einen Anspruch, über die gefundenen Erkenntnisse zu unterrichten. Nach § 675f Abs. 5 S. 2 BGB hat diese Hilfe Verbrauchern gegenüber unentgeltlich zu erfolgen, bei professionellen Kunden darf Gegenteiliges vereinbart werden (vgl. § 675e Abs. 4 BGB). § 676 BGB regelt Beweismittel und allgemeiner den Beweis für ordnungsgemäße Aus492 führung. Ordnungsgemäße Ausführung bezeichnet jede Ausführung, die weder fehlerhaft oder verspätet erfolgte noch ganz ausblieb, also (auf Zahlerseite) jede Ausführung, die keinen der Haftungstatbestände der §§ 675y, 675z BGB auslöst, d.h. Gutschrift der angewiesenen Valuta ohne Abzüge zur rechten Zeit beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers – genauer: beim der Kundenkennung entsprechenden Zahlungsdienstleister. Auf Zahlungsempfängerseite bezeichnet ordnungsgemäße Ausführung dann rechtzeitige, vollständige Übermittlung des Inkassoauftrages bzw. rechtzeitige und ungekürzte Erteilung einer Gutschrift an den Zahlungsempfänger (§§ 675y Abs. 2 S. 1, 675t BGB). § 676 BGB regelt im Rahmen des deutschen Rechts eher eine Obliegenheit als eine „Pflicht“, weil die Beweislast dafür, dass ordnungsgemäß ausgeführt wurde, nach allgemeinem deutschen Beweisrecht – Rosenbergs sog. Normentheorie – ohnehin beim Zahlungsdienstleister läge, weil Ausführung Voraussetzung für das Entstehen des Aufwendungsersatzanspruchs ist.1129 Angesichts der Vollautomatisierung der Abwicklung muss primär auf die Aufzeichnungen zu diesen automatisierten Abläufen zurückgegriffen werden. Ergeben diese eine ordnungsgemäße Ausführung und wurde die Aufzeichnung nicht durch Unterbrechungen oder Pannen gestört, so hat der Zahlungsdienstleister seine Nachweispflicht nach § 676 BGB erfüllt. Streitig ist nur, ob damit auch Vollbeweis für ordnungsgemäße Ausführung erbracht ist. Die Antwort gibt die Richtlinie vor, die m.E. zumindest dahingehend ausgelegt werden muss, dass Vollbeweis in der Tat erbracht ist, es dem Kunde jedoch offen steht, mit anderen Beweismitteln die Richtigkeit desselben zu erschüttern.1130 Der Charakter der „Pflicht“ aus § 676 BGB als Obliegenheit zeigt sich im umgekehrten Fall: In diesem Fall – wenn die Aufzeichnungen unterbrochen wurden – kann der Zahlungsdienstleister auf diesem Weg keinen Vollbeweis führen, dass die Valuta etwa beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfän-

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1128 Ähnlich Schwintowski Kap. 10 Rn 382; Staudinger/Omlor § 675y Rn 21. 1129 Erman/Graf v. Westphalen § 676 Rn 5; mit Verweis auf § 675y Abs. 1 S. 5 BGB (damals S. 4) und BT-Drucks. 16/ 11643 S. 118: Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 676 Rn 2 und § 675y Rn 10; LG Stuttgart Beschl. v. 7.10.2008 – 13 S 189/08, MDR 2008, 1407; aA (ohne Begründung) Palandt/Sprau § 675y Rn 9; doch wohl auch MünchKommBGB/Zetzsche § 676 Rn 7 f.; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 676 Rn 1. Für die Beweiswirkung aus französischer Sicht: Art. 133–23 Code monétaire et financier; Bonhomme Paiement, S. 290; Piedelièvre Paiement, S. 416; aus britischer Sicht: sec. 75(3)(4) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 606; und aus italienischer Sicht Mancini et al./O. Troiano Pagamento, S. 131–136. 1130 Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 676 Rn 1; abweichend (Nachweis nach § 676 BGB reicht für die Entlastung i.S.v. § 675y Abs. 1 S. 5 BGB ggf. nicht aus): Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 10; MünchKommBGB/Zetzsche § 676 Rn 7 f.; Meckel juris-PR-BKR 2/2010 Anm. 1, dort Ziff. 20.3.

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gers eingegangen ist, d.h. dass ordnungsgemäß ausgeführt wurde, wohl jedoch auf anderem Weg.1131 2. Verschuldensunabhängige Haftung des Zahlerinstituts (§ 675y Abs. 1, 2 S. 2 und Abs. 3 BGB) a) Haftungstatbestände. Im Zahlungsdiensterecht sind drei verschuldensunabhängige 493 Haftungstatbestände des Zahlerinstituts ausgebildet, die Erstattungs- bzw. Nachzahlungsansprüche des Zahlers gegen seinen Zahlungsdienstleister (das Zahlerinstitut) begründen, das Gesamttableau in Abs. 1 und 2 S. 2, einer (Verspätung) seit 2018 ausgegliedert auf Abs. 3 (unten Rn 497). Gemeinsame Voraussetzung für alle Haftungstatbestände ist, dass die Ausführung „nicht erfolgt oder fehlerhaft“ ist (Abs. 1 S. 1). Dieser Verstoß ist auch hinreichend, um einen der drei Haftungstatbestände auszulösen. Nicht erfolgt ist die Ausführung, wenn die Valuta gar nicht weitergeleitet wird – durch Gutschrift an ein zwischengeschaltetes Institut oder direkt an das Zahlungsempfängerinstitut, auf einem Korrespondenzbankkonto oder in einem Zahlungsverkehrssystem. Fehlerhaft erfolgt ist die Ausführung, wenn einer der vier zentralen Ausführungserfolge nicht erreicht ist: (i) Gutschrift für das Zahlungsempfängerinstitut (etwa weil die Valuta in der Zahlungskette „verloren“ geht), dies (ii) für den richtigen, d.h. in der Kundenkennung bezeichneten Zahlungsempfänger (etwa weil die Kundenkennung falsch weitergegeben wird); (iii) Rechtzeitigkeit gemäß § 675s BGB (vgl. dort, heute Abs. 3); und (iv) vollständige, ungekürzte Übermittlung (§ 675q Abs. 1 und 2 BGB, vgl. dort). Dieses System der ZD-RL wurde für die Ausführungsanforderung „Rechtzeitigkeit“ teils anders gesehen (bloße verschuldensabhängige Haftung nach § 675z BGB).1132 Dies widersprach nicht nur dem Wortlaut von § 6765y BGB („Verspätung“ war in Abs. 1 a.F: bereits angesprochen), sondern auch dem Telos (Vereinfachung und Kundenschutz).1133 Mit der Novellierung des Zahlungsdiensterechts sind diese Fragen nun in § 675y Abs. 3 und 4 BGB dahingehend geregelt, dass je nachdem ob Pushoder Pull-Zahlung der auftragerteilende Zahlungsdienstnutzer Ansprüche auf Tätigwerden beziehungsweise rechtzeitige (nachträgliche) Gutschrift gegen seinen Zahlungsdienstleister hat. Erstattungsansprüche sind nicht mehr vorgesehen. Verspätete Ausführungen folgen daher einem eigenem Gewährleistungsregime und sind gesondert in den Blick zu nehmen (unten Dritter Teil Rn 497 und 509 für Push- und Pull-Zahlungen, d.h. für Zahler- bzw. Empfängeransprüche). Folgende drei Haftungsfolgen löst die fehlende oder fehlerhafte Ausführung aus: 494 (i) Grundsätzlich hat der Zahler bei jedem Ausführungsfehler bei Zahlungsvorgängen, die er auslöst (und autorisiert), einen Anspruch auf Erstattung der gesamten Valuta (vgl. auch Abs. 6). Dies betrifft vor allem Überweisungen. § 675y Abs. 1 S. 1 und 2 BGB regelt dies für solche Überweisungen, die der Zahler durch Bareinzahlung auslöst (S. 1), und solche, die er unbar durch kontogebundene Weisung auf der Grundlage eines Rahmenvertrages auslöst (S. 2) gesondert, weil die Rechtsfolge leicht divergiert (vgl. unten Dritter Teil Rn 501–504). Im Kern jedoch handelt

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1131 Ebenso MünchKommBGB/Zetzsche § 675w Rn 6, § 676 Rn 6 (mwN); Soergel/Werner § 676 Rn 3; aA Palandt/ Sprau § 676 Rn 2; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 676 Rn 2; Staudinger/Omlor § 676 Rn 3. 1132 BT-Drucks. 16/11643, S. 117; wie hier demgegenüber Erman/v. Westphalen § 675y BGB Rn 12–18; BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 45. 1133 Der Zahlungsdienstenutzer sollte geschützt sein ohne – häufig komplizierten – (Verschuldens-)Beweis erbringen zu müssen. Im Falle verspäteter Gutschrift konnte er – wenn das Interesse entfallen war – für eine Erstattung optieren (und musste nur mögliche Folgeschäden nach § 675z BGB liquidieren). Übte der Zahler einen (ggf. sehr weitgehenden) Erstattungsanspruch offensichtlich rechtsmissbräuchlich aus – etwa allein, um seinen Zahlungsdienstleister zu „disziplinieren“ –, wäre nach der EuGH-Rechtsprechung (oben Fn 832) wohl der Rechtsmissbrauchseinwand nach nationalem Recht zulässig. Vgl. etwa BGH Urt. v. 11.10.2005 – XI ZR 85/04, NJW 2006, 294 (296). Vgl. näher Grundmann WM 2009, 1109 (1116). Heute ist die Frage ohnehin mit Abs. 3 in einem ausgeklügelten eigenen System geregelt.

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es sich um denselben Anspruch, der auf Erstattung der gesamten Valuta geht. Und gleiches gilt seit 2018 auch, wenn die Fehlerhaftigkeit auf das Tun eines Zahlungsauslösedienstes zurückzuführen (S. 3). Dessen Fehler wird also dem kontoführenden Zahlerinstitut zugerechnet, dieses kann nach § 676a BGB Regress nehmen. (ii) Der zweite Anspruch ist mit dem ersten hinsichtlich der Rechtsfolgen identisch. Er divergiert allein hinsichtlich der Art, wie der Zahlungsvorgang initiiert (und autorisiert) wird, und damit hinsichtlich der betroffenen Zahlungsverkehrsinstrumente: § 675y Abs. 2 S. 2 BGB gewährt wiederum einen Anspruch auf Erstattung der gesamten Valuta, wenn der Ausführungsfehler einen Zahlungsvorgang betrifft, den der Zahlungsempfänger ausgelöst hat, nachdem dessen Zahlungsdienstleister den Inkassoauftrag dem Zahlerinstitut übermittelt hat. Der Anspruch ist vor allem für Lastschriften von Bedeutung, ansonsten jedoch an dieselben Voraussetzungen gebunden (fehlende oder fehlerhafte Ausführung durch das Zahlerinstitut) und auch in der Rechtsfolge identisch (Vollerstattung an den Zahler). Das ist auch wertungsmäßig folgerichtig, ist doch die Lastschrift als „umgekehrte Überweisung“ zwar im Initiierungsvorgang eigenständig, nicht jedoch hinsichtlich der Ausführungspflichten des Zahlerinstituts. (iii) Allein bei einem Ausführungsfehler wird die Rechtsfolge der vollständigen Erstattung als unverhältnismäßig gesehen: wenn die Valuta um das Entgelt des Zahlerinstituts und/oder um Entgelte der vom Zahlerinstitut zwischengeschalteten Institute gekürzt wird. Diese Kürzung beträgt typischer Weise nur wenige Prozent. In diesem Falle – nicht bei sonstiger gekürzter Übermittlung der Valuta – ist die Sanktionsfolge deutlich reduziert: Es ist allein (Nach-)Übermittlung des abgezogenen Betrages (des Entgeltes oder der Entgelte) geschuldet (§ 675y Abs. 1 S. 4 BGB, vgl. unten Dritter Teil Rn 502–504, aber auch Rn 513). Das Regime der Überweisungs-Richtlinie hatte dem Zahler noch ein Wahlrecht eingeräumt (Nachüberweisung oder Erstattung an ihn). Ähnlich differenziert (und reduziert) ist die Rechtsfolge bei Verspätung nach Abs. 3 (unten Dritter Teil Rn 497 und 509). b) Umfang der Verantwortung, auch für andere Institute und Zahlungsauslösedienste. Der Zahlungsdienstleister des Zahlers schuldet diesem rechtzeitigen und ungekürzten Eingang (Gutschrift) der angewiesenen Valuta beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers. Ein etwaiger am Zahlungsvorgang beteiligter Zahlungsauslösedienstleister schuldet die rechtzeitige Übermittlung des Autorisierung des Zahlungsauftrags. Damit ist der Umfang der Verantwortung in zwei Richtungen umrissen, hinsichtlich derjenigen Beteiligten, für die das Zahlerinstitut keine Verntwortung trägt bzw. durchaus die Verantowrtung trägt: Einerseits haftet das Zahlerinstitut nicht für Fehlverhalten des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers – namentlich nicht für fehlende, verspätete oder gekürzte Gutschrift für den Zahlungsempfänger selbst (§ 675y Abs. 1 S. 5 BGB). Anders ist dies nur bei hausinterner Überweisung, Lastschrift etc., d.h. wenn das Zahlerinstitut selbst auch als Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers fungiert. Auch in diesem Fall haftet das Institut jedoch für das zuletzt genannte Fehlverhalten nicht dem Zahler, sondern nur im Rechtsverhältnis zum Zahlungsempfänger. Auf der anderen Seite steht die Haftung für Verhalten und Verschulden zwischen496 geschalteter Institute. Diese Frage stellt sich allein für außerbetriebliche Überweisungen, Lastschriften etc. Hier brachte die Überweisungs-Richtlinie und ihr grds. folgend das Zahlungsdiensterecht erhebliche Änderungen. Bis 2002 ging die ganz h.M. davon aus, dass zwischengeschaltete Institute als Substitute zu qualifizieren seien und daher das beauftragte Institut nur für fehlerhafte Auswahl hafte1134 und seinen Aufwendungsersatzanspruch bereits durch ordnungsgemäße Bestimmung des Leitweges und Beauftragung des ersten zwischengeschalteten Instituts erwerbe. Rückerstattungsansprüche gegen ein zwischengeschaltetes Institut, das fehlerhaft ausführte, hattte das erstbeauftragte Institut auch nur abzutreten (§§ 667, 285 495

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Nachw. oben Fn 738 f.

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analog BGB), nicht selbst zu verfolgen.1135 Entsprechend wurde dies für Sorgfaltsverstoß und Schadensersatzanspruch gesehen.1136 Grundsätzlich änderte sich das Regelungsregime (erstmals) mit der Überweisungs-Richtlinie und dem Überweisungsgesetz, mit denen die rechtlichen Schlüsse aus der überlegenden Organisationsmacht des beauftragten Instituts und der Verbundenheit der Institute in einer von ihnen organisierten Vertragskette gezogen wurden. Verhalten der zwischengeschalteten Institute, nicht jedoch solches des Empfängerinstituts, wurde nunmehr dem Erstinstitut wie eigenes Verhalten zugeschrieben:1137 für Überschreiten der Ausführungsfrist (bis Eingang beim Empfängerinstitut), gleichgültig, ob eigenes Verhalten und Verschulden oder solches eines zwischengeschalteten Instituts ursächlich wurde (§§ 676b Abs. 1 und 676 c Abs. 1 S. 2, 3 BGB a.F.), für unbefugte Entnahme der Entgelte aus der Valuta in der Überweisungskette (Art. 7 Abs. 2 Üw-RL; § 676b Abs. 2 BGB a.F.) und bei Verlust der Valuta.1138 Auch im EU-Zahlungsdiensteregime (ZD-RL I und II) erstreckte sich dann die Haftung für zwischengeschaltete Institute in gleicher Weise auf alle Institute der Überweisungskette – mit Ausnahme des Empfängerinstituts (ex-Art. 75 Abs. 1, 67 Abs. 3 ZD-RL I, heute Art. 89 Abs. 1, 81 Abs. 3 ZD-RL II, § 675y Abs. 1 S. 5 BGB). Dies wurde in der (auch heute noch gültigen) Neufassung 2009 zwar nur in § 675z S. 3 BGB für die verschuldensabhängige Haftung ausdrücklich spezifiziert, ergibt sich für § 675y Abs. 1 und 2 S. 2 BGB jedoch ebenfalls, nunmehr aus dem Umstand, dass das erstbeauftragte Institut den Erfolg vollständigen, rechtzeitigen Transfers der Valuta schuldet und nur für Fehlverhalten des Empfängerinstituts hiervon eine Ausnahme gemacht wird (Abs. 1 S. 5): Gehaftet wird folglich nicht nur für Auswahl, sondern für Fehlverhalten dieser Institute und zwar verschuldensunabhängig für den Verlust der Valuta ebenso wie für unzulässige Entgeltentnahme aus der Valuta und für Verzögerung bei der Ausführung (seit 2018 gesondert in Abs. 3). Zudem sind nunmehr die Modalitäten in dem Sinne geklärt, der in der vorliegenden Kommentierung schon für die Überweisungs-Richtlinie angenommen wurde: Es ist die Belastungsbuchung vollständig zurückzunehmen und das Konto des Zahlers in den Stand zu versetzen, in dem es sich ohne jeglichen Auftrag befände (Abs. 1 S. 2). Fortgeschrieben wurde dieses

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1135 BGH Urt. v. 12.5.1958 – II ZR 103/57, BGHZ 27, 241 (247) = NJW 1958, 1232; Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 60; BankR-HdB/Schimansky (3. Aufl.) § 49 Rn 53; Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 100. 1136 Nach h.M. Drittschadensliquidation: van Gelder WM 1995, 1253 (1259 f.); Hadding FS Werner 1984, S. 165 (174–187); Schlegelberger/Hefermehl § 365 Anh. Rn 100. Eine Vertragsbeziehung des Auftraggebers zum zwischengeschalteten Institut und unmittelbare Ansprüche wurden überwiegend abgelehnt; zu den Schwierigkeiten der Anspruchsdurchsetzung nach früherem Recht: Bydlinski WM 1999, 1046 (1046); Einsele AcP 199 (1999), 145 (161 f.); Genner UNCITRAL-Modellgesetz, S. 137 f.; auch UNCITRAL, Legal Guide on Electronic Fund Transfers, 1987, p. 60. 1137 Zur Sinnhaftigkeit dieses Modells: Grundmann EG-Schuldvertragsrecht 4.13 Rn 25; ders. AcP 207 (2007), 708; auch Koller/Faust ZBB 1989, 63 (66–68); für Garantiehaftung bereits vor 2002: Köndgen in Köndgen (Hrsg.) Neue Entwicklungen im Bankhaftungsrecht, 1987, S. 133; Huber in Hadding/Schneider (Hrsg.) Auslandsüberweisung, S. 33 (58–61); und Einsele AcP 199 (1999), 145 (149–164); sowie tendenziell Genner UNCITRAL-Modellgesetz, S. 137–141; harsche rechtspolitische Kritik bei Bydlinski WM 1999, 1046 (1049–1054); spezieller für den grenzüberschreitenden Überweisungsverkehr: Schneider WM 1999, 2189 (2194–2198); jedenfalls das Kreditwesen sah denn auch bereits damals die Haftungsrisiken nicht dramatisch: Ehmann/Hadding WM-Sonderbeil. 3/1999, 18 (mit Kritik an Beschränkungsmöglichkeiten); Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2201); Köndgen ZBB 1999, 103 (105); für eine Aufzählung der Schadensfälle vgl. Trölitzsch/Jaeger BB 1994, 2152 (2153). In der rechtsvergleichenden Umschau: „Strict Liability“ für gesamte Überweisungskette (außer Empfängerbank): Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 606 („the PSR alter the common law position quite dramatically“, damals nur Haftung für eigenes Verschulden, dazu S. 610 ff.); ähnlich für Frankreich Bonhomme Paiement, S. 293; und für Italien Mancini et al./Sciarrone Alibrandi/Dellarosa Pagamento, S. 245–254, 299–312. 1138 I.E. entfiel mit dem Überweisungsgesetz also der Aufwendungsersatzanspruch auch bei korrekter Auftragsweiterleitung und Auswahl der zwischengeschalteten Institute (wohl mit rückwirkender Wertstellung): vgl. BankR-HdB/Schmieder § 47 Rn 58 (entsprechend § 675t BGB n.F.). Vgl. Klamt/Koch NJW 1999, 2776 (2777); Schulz ZBB 1999, 287 (297 f.).

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Modell der Haftungskonzentration schließlich in besonders radikaler Weise mit der Novelle in 2018. Seitdem haftet das Zahlerinstitut dem Zahler bei Einschaltung eines Zahlungsauslösedienstleisters, auch wenn er diese Einschaltung nicht veranlasst hat, nicht einmal vertragliche Beziehungen zu diesem hat (vgl. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB und oben Dritter Teil Rn 173–175). Erst der verbraucherschützende Grundsatz, wonach ein Zahlungsdienstenutzer nur einen Anspruchsgegner haben soll (Konzentrationsgrundsatz), rechtfertigt § 675y Abs. 1 S. 3 BGB (Art. 90 Abs. 1 ZD-RL II), nicht eine Veranlassung durch das Zahlerinstitut, die ihm zugerechnet würde (wie in allen anderen Fällen und in der Normfassung bis 2018). Der kontoführende Zahlungsdienstleister haftet daher auch für nicht erfolgte, verspätete oder fehlerhafte Übermittlungen von Zahlungsaufträgen durch Zahlungsauslösedienstleister.1139 497

c) Insbes. Verspätung (Abs. 3). Während bisher die Behandlung verspäteter Gutschrift beim Empfängerinstitut umstritten war (ob allgemeines Erstattungsregime oder Haftung nur bei Verschulden), ist diese Konstellation seit 2018 im Verhältnis Zahler zum Zahlerinstitut in einem Sonderregime (Abs. 3) mit offenbar abschließender Wirkung gegenüber dem allgemenen Regime geregelt, um nicht bei Verspätung (entgegen allgemeinen Grundsätzen im Schuldrecht) sofort Rückabwicklung eintreten zu lassen, sondern Nacherfüllung (Nachbesserung) zu erlauben und als allein geschuldete Regelfolge vorzusehen.1140 Der Anspruch des Zahlers hat also zugleich die Kehrseite, dem Zahlerinstitut ein „Recht auf zweite Andienung“ zu eröffnen. Diese Nacherfüllung umschreibt Abs. 3 S. 1 und 2 dahingehend, dass das Zahlerinstitut Bemühensund Durchsetzungspflichten hat, den Zustand auch im Zusammenspiel mit dem Empfängerinstitut herzustellen, der bei ordnungsgemäßer Ausführung bestanden hätte, also namentlich Wertstellung zum vereinbarungsgemäß geschuldeten Zeitpunkt.1141 Dies schuldet das Zahlerinstitut dem Zahler (S. 1), dafür jedoch wird ihm offenbar auch ein Anspruch gegen das Empfängerinstitut eingeräumt, insoweit mitzuwirken, was das Zahlerinstitut allein gar nicht bewirken könnte (S. 2) – wobei dann hinzuzudenken ist (nicht explizit angeordnet), dass das Empfängerinstitut für ihm dabei entstehende Verluste Kompensation im Regresswege nach § 676a BGB muss fordern können.1142 Der Mechanismus greift nicht nur ein, wenn die Verspätung auf Fehlverhalten von (durch das Zahlerinstitut) zwischengeschalteten Instituten zurückzuführen ist, sondern auch, wenn der maßgebliche Fehler einem Zahlungsauslösedienst unterlief (S. 3). Wie im Erstattungsregime nach Abs. 1 S. 1 und 2 gilt auch hier die allgemeine Haftungsverteilung nach Sphären (entsprechned Abs. 1 S. 5) und wird bei rechtzeitiger Gutschrift für das Empfängerinstitut die Haftung des Zahlerinstituts (für Verspätung) durch eine Haftung des Empfängerinstituts abgelöst (hier nun Abs. 3 S. 4). Ersetzt also bei Verspätung ein Nachbesserungsregime das allgemeine Erstattungsregime, wird man doch (entsprechend allgemeinen – auch Europäischen – Grundsätzen des Leistungsstörungsrechts) davon auszugehen haben, dass der Erstattungsanspruch nach Abs. 1 S. 1 oder 2 für den Zahler eröffnet wird, wenn das Zahlerinstitut den Anspruch nach Abs. 3 nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfüllt, d.h. auch gegenüber

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1139 Zum Zahlungsauslösedienst und seiner Rolle im Gesamtsystem bereits oben Dritter Teil Rn 171 f., zu den Mechanismen der Zahlungsauslösung selbst oben Dritter Teil Rn 244 f.; näher zur Haftung des Zahlerinstituts für fehlerhafte Zahlungsauslösung (und Regress); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 203– 207; Terlau ZBB 2016, 122 (134 f.). 1140 Zum Streit zwischen beiden genannten Lösungen nach altem Recht und zur Anwendung des allgemeinen Erstattungsregimes nach altem Recht, das für den Zahler den Vorteil hatte, nicht mangelndes Interesse belegen und ggf. schwierige Schadensnachweise führen zu müssen, vgl. Vorauflage: StaubGroßKommHGB-Grundmann Band 10/2 5. Auflage 2016 Rn 493 f., 501 (durchaus mit Sympathie für die normative Grundidee der alten Lösung). Zum abschließenden Charakter des Regimes von Abs. 3 (gegenüber demjenigen in Abs. 1) wie hier: MünchKommHGB/ Häuser Band 6, Teil 1, Kapitel B, Rn 367. 1141 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 15; MünchKommHGB/Häuser Band 6, Teil 1, Kapitel B, Rn 367. 1142 MünchKommHGB/Häuser Band 6, Teil 1, Kapitel B, Rn 367.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

dem Empfängerinstitut durchsetzt (Rücktrittsäquivalent wegen fortbestehender Vertragsverletzung). d) Haftungsgrenzen. Die Haftung erstreckt sich nicht auf Fehlverhalten des Zahlungsemp- 498 fängerinstituts (§ 675y Abs. 1 S. 5 BGB). Für das Zahlerinstitut wird solchermaßen sein Verantwortungsbereich dahingehend umrissen, dass es nur für Gutschrift für das Zahlungsempfängerinstitut, nicht für Gutschrift beim Zahlungsempfänger selbst verantwortlich ist und haftet. Die Verantwortungsbereiche werden – für Haftungsfragen – nach Sphären – unter Zuordnung der Zahlungsauslösedienstleister zum Zahlerinstittut – abgegrenzt und zwar in dem Sinne, dass jeder Zahlungsdienstenutzer seinen Dienstleister auf diejenigen Inhalte des Zahlungsvorgangs in Anspruch nehmen kann, die dieser anzustoßen und zu organisieren hat. Eine Haftung entfällt auch, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Zahlungsvor- 499 gang entsprechend der vom Zahler angegebenen Kundenkennung ausgeführt hat (Abs. 5 S. 1). In diesem Fall ist die Ausführung nicht „fehlerhaft“, wie bereits § 675r Abs. 1 S. 2 BGB statuiert – so dass der Haftungstatbestand des Abs. 1 (und auch des Abs. 2 S. 1 und 2) schon gar nicht erfüllt ist. Abs. 5 S. 1 hat insofern nur klarstellenden Charakter. Der Auftrag ist auch bereits erfüllt, so dass auch kein Anspruch auf neuerliche Ausführung besteht, es sei denn auf Grund eines neuerlichen Auftrages (mit neuen Ausführungsfristen, ggf. auch neuen Entgelten und neuer Kontodeckung). Eine Haftung entfällt schließlich nach den allgemeinen Regeln, namentlich mit Ablauf der 500 Ausschlussfrist nach § 676b Abs. 2 bis 4 BGB bzw. wenn der Ausführungsfehler auf einem unvorhersehbaren und unvermeidbaren Ereignissen beruht oder auf gesetzlicher Anordnung (§ 676c BGB). e) Inhalt des Haftungsanspruchs (§ 675y Abs. 1 und 6 BGB). Der Haftungsanspruch 501 nimmt zwei Formen an, einerseits im allgemeinen Erstattungsregime (diese Rn), andererseits in zwei Sonderkonstellationen in einem abschließenden Alternativregime der „Nachbesserung“ (nächste Rn): Wichtiger – jedenfalls allgemeiner und als Grundregel – erscheint (i) das allgemeine Erstattungsregime. Charakteristisch ist das Entfallen des Aufwendungsersatzanspruchs1143 und – weil der Kunde i.d.R. bereits eingezahlt hat bzw. sein Konto bereits belastet wurde – der Erstattungsanspruch über die gezahlte Valuta (den allein das Gesetz auch explizit regelt, § 675y Abs. 1 S. 1 und 2 BGB). Er bildet die Regelrechtsfolge und wird vorgesehen nicht nur für gänzlich fehlende Ausführung oder Verlust der Valuta in der Zahlungskette, sondern für jede fehlerhafte Ausführung – mit zwei Ausnahmen, für die sich speziellere Regeln finden (nächste Rn): die Entnahme von Gebühren aus der Valuta (mit der Folge betragsmäßig unvollständiger Gutaschrift, dazu Abs. 1 S. 3) und die Verspätung (Abs. 3). Maßgeblich für die Frage nach der Fehlerhaftigkeit ist – wie gesagt – der Eingang beim Zahlungsempfängerinstitut, nicht beim Zahler. Der Zahlungsauftrag entfällt also gänzlich, wenn der Kunde Erstattung fordert. Das ist einfacher für den Kunden, er muss nicht sein mangelndes Interesse an fehlerhaftem Zahlungseingang beweisen (etwa weil die andere Seite vom Vertrag im Valutaverhältnis wegen des Zahlungsproblems zurücktrat). Der Kunde kann freilich auch die Zahlung bestehen lassen, indem er keine Erstattung fordert, und nur Folgeschäden geltend machen (§ 675z BGB, vgl. § 325 BGB).1144 Den Anspruch hat der Zahler (allein) gegen seinen Zahlungsdienstleister (das Zahlerinstitut). Er kann neu disponieren, ob und wie er Zahlung bewirkt. Je nachdem ob der Vorschuss/Aufwendungsersatz durch Barzahlung bewirkt wurde oder unbar durch Belastungsbuchung, geht auch der Erstattungsanspruch auf unverzügliche und ungekürzte Erstattung in bar

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1143 Franck/Massari WM 2009, 1117 (1121); Palandt/Sprau § 675y Rn 5. 1144 Zu verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen (eher nur implizit): BT-Drucks. 16/11643, S. 117; Franck/Massari WM 2009, 1117 (1121); Schwintowski Kap. 10 Rn 381; MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 6.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(Abs. 1 S. 1) oder auf gegenläufige Gutschrift (Abs. 1 S. 2). Letztere hat das Konto in den Zustand zu bringen, der bestanden hätte, wäre der Zahlungsvorgang (mit Belastungsbuchung) nicht vorgenommen worden. 502 Dieses Erstattungsregime wird jedoch in zwei Sonderkonstellationen durch (ii) ein jeweils spezielleres ersetzt, das auch abschließend erscheint. Resultiert, erstens, der Verstoß in Verspätung, so greift (seit 2018) das speziellere Haftungsregime nach Abs. 3 ein – mit Nacherfüllungsanspruch gegen das Zahlerinstitut, das hierzu jedoch auch das Empfängerinstitut verpflichten kann (oben Dritter Teil Rn 497). Und besteht, zweitens, der Fehler der Ausführung allein darin, dass ein Entgelt (von allenfalls wenigen Prozent) aus der Valuta entnommen wurde, erscheint es erst recht unverhältnismäßig, den gesamten Zahlungsvorgang rückabzuwickeln. Daher tritt auch hier (schon seit 2009) an die Stelle eines Erstattungsanspruchs des Zahlers über die ganze Valuta ein „Nacherfüllungsanspruch“ hinsichtlich des unbefugt entnommenen Entgelts (Abs. 1 S. 4) – wobei wieder allein die Entnahme durch das Zahlerinstitut und durch die von ihm zwischengeschalteten Institute erheblich ist. Der statuierte Anspruch dient in diesem Fall wiederum nicht der Rückabwicklung des Zahlungsvorgangs, sondern seiner Vervollkommnung. Das Zahlerinstitut hat das entnommene Entgelt dem Zahlungsempfänger kostenfrei zu übermitteln, so dass dieser auf diesem Weg vollständige Zahlung, wie sie ihm zusteht, erhält. Obwohl wohl auch dieses Regime abschließend konzipiert ist, erscheint es nicht zwingend, dem Zahler den Rekurs auf den (für das Zahlerinstitut einfacher zu erfüllenden) Erstattungsanspruch zu versagen, wenn er ihn bevorzugt. Gegen den Anspruch des Zahlers auf Entgelterstattung könnte sein Zahlungsdienstleister freilich denjenigen auf Zahlung oder auf Aufwendungsersatz für die von den zwischengeschalteten Instituten in Rechnung gestellten Gebühren (§ 670 BGB) geltend machen.1145 Denn in diesem Fall ist der Zahlungsvorgang durchgeführt worden und bleibt bestehen. Dieser Anspruch ist, soll dieser Erstattungsanspruch überhaupt Wirkung entfalten, gesondert geltend zu machen und kann nicht schlicht durch Aufrechnung durchgesetzt werden.1146 Wird Erstattung der Zahlungsvaluta gefordert, sind vom (oben zuerst genannten vollen) Er503 stattungsanspruch auch die Entgelte umfasst, die für den – nunmehr aufgelösten – Zahlungsauftrag und -vorgang berechnet wurden (§ 675y Abs. 6 BGB). Es handelt sich um einen akzessorischen Anspruch, der nur besteht, wenn einer der Haftungstatbestände erfüllt ist. Gleiches gilt für (Soll-)Zinsen, die berechnet wurden (§ 675y Abs. 6 BGB). Der Kunde wird also so gestellt, als wäre die Belastung (Vorschuss oder Aufwendungsersatz) nicht vorgenommen worden (so ausdrücklich Abs. 1 S. 2). Der Auftrag wird erst solchermaßen vollständig rückabwickelt. Dem Zahler werden also Sollzinsen erstattet, dies auch wenn es Zinsen auf ein Darlehen sind, aus dem die Valuta bar eingezahlt wird. Akzessorisch besteht wohl auch ein Kündigungsrecht für dieses Darlehen. (Nicht erzielte) Habenzinsen müssen ihm im Ergebnis ebenfalls erstattet werden, wenn der Zahlungsvorgang kontogebunden abgewickelt wurde.1147 Denn Abs. 1 S. 2 verlangt, dass der Zahler so gestellt wird, als wäre die Belastungsbuchung nicht erfolgt. Habenzinsen, die er andernorts erzielt hätte oder die er nicht mehr erzielt, weil er beispielsweise ein Festgeld aufgelöst hat, um daraus eine Bareinzahlung vorzunehmen, sind dem Zahler demgegenüber nicht nach § 675y BGB geschuldet – jedenfalls nicht nach dem Wortlaut der Norm –, sondern über § 675z BGB zu liquidieren. Die genannte Erstattung von Entgelten und (Soll-)Zinsen ist freilich nicht geschuldet, wenn 504 der Zahlungsvorgang bestehen bleibt – obwohl der Wortlaut von Abs. 6 auch diesen Fall umfas-

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1145 Erman/Graf v. Westphalen § 675q Rn 4; Palandt/Sprau § 675q Rn 2; Staudinger/Omlor § 675q Rn 4. 1146 Palandt/Sprau § 675q Rn 2; Erman/Graf v. Westphalen § 675q Rn 4; auch Staudinger/Omlor § 675q Rn 3 (aber auch keine Aufrechnungslage, da Ansprüche auf Verfügbarmachung und Entgeltzahlung nicht gleichartig); aA Hans. OLG Urt. v. 30.3.2011 – 4 U 208/08, NJW 2011, 3524. 1147 Ähnlich Erman/Graf v. Westphalen § 675y Rn 20; Schwintowski Kap. 10 Rn 370; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 7; demgegenüber pauschal einen Anspruch auf Erstattung der Habenzinsen verneinend: Palandt/Sprau § 675y Rn 17.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

sen würde. Mit anderen Worten: Beim (oben zweitgenannten) (Teil-)Erstattungsanspruch, der allein das unbefugt entnommene Entgelt betrifft (nach Abs. 1 S. 4 sowie auch Abs. 2 S. 3), sind Entgelte und Zinsen durchaus geschuldet und nicht rückabzuwickeln.1148 Denn in diesem Fall bleibt der Zahlungsvorgang bestehen und dient der (Teil-)Erstattungsanspruch nur der Vervollständigung der ordnungsgemäßen Durchführung des Zahlungsvorgangs. Gleiches gilt, wenn der Zahler zwar einen Erstattungsanspruch hat, diesen jedoch nicht geltend macht (sondern allenfalls Folgeschäden nach § 675z BGB). 3. Verschuldensunabhängige Haftung des Zahlungsempfängerinstituts (§ 675y Abs. 2 S. 1 und 3 und Abs. 4 sowie § 675t BGB) a) Haftungstatbestände. Der Zahlungsempfänger hat nach § 675y BGB, ggf. i.V.m. § 675t BGB 505 – je nach Zählung – zwei bzw. drei verschuldensunabhängige Ansprüche gegen seinen Zahlungsdienstleister1149 (und daneben noch denjenigen im Falle von Verspätung (unten Rn 509). aa) Der erste Anspruch betrifft allein Zahlungsvorgänge, die von ihm ausgelöst werden 506 (§ 675y Abs. 2 S. 1 BGB). Das wären Lastschriften und Kartenzahlungen. Da jedoch zudem vorausgesetzt wird, dass der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eine (Pflicht zur) Übermittlung (des Zahlungsauftrags) nicht ordnungsgemäß erfüllt hat (S. 2 e contrario), beschränkt sich dieser Haftungstatbestand auf Lastschriften. Denn nur bei diesen obliegt dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eine entsprechende Organisationspflicht. Ordnungsgemäße Durchführung heißt rechtzeitige (vgl. § 675s Abs. 2 BGB, Dritter Teil Rn 393 f) und vollständige Übermittlung des Inkassoauftrags. bb) Daneben tritt ein Anspruch auf Nachholung der ordnungsgemäßen Buchung – dieser 507 in zwei Varianten: Der Anspruch in der ersten Variante wird in § 675y Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 675q Abs. 2 BGB vorausgesetzt, jedoch nicht ausdrücklich spezifiziert, wohl aber in Art. 89 Abs. 2 Unterabs. 3 ZD-RL II (ex-Art. 75 Abs. 2 Unterabs. 2 ZD-RL I), und der deutsche Gesetzgeber sah ihn bei der Umsetzung der inhaltsgleichen Vorschrift der ersten Zahlungsdienste-Richtlinie jedenfalls von § 675t BGB mitumfasst:1150 Dies ist der Anspruch des Kunden, die Valuta, die seinem Zahlungsdienstleister gutgebracht wurde, ungeschmälert gutgeschrieben zu erhalten (Recht auf Gutschrift). Systematisch hat der deutsche Gesetzgeber den Anspruch zu Recht eher dem Ausführungs- als dem Haftungsregime zugeordnet, da es sich, anders als beim Erstattungsanspruch nach Abs. 1, noch um einen Primär- und keinen Sekundäranspruch handelt. Die zweite Variante – oder auch der dritte Anspruch – ist wieder explizit geregelt, aber gleichartig mit der ersten Variante (nur führt im deutschen Recht systematische „Stringenz“ dazu, dass beide auseinander gerissen erscheinen). Es handelt sich bei dieser anderen Variante um den Anspruch, ggf. der Valuta unbefugt entnommene Entgelte (vgl. § 675q Abs. 1 und 2 BGB), dem Zahlungsempfänger „unverzüglich“ verfügbar zu machen (§ 675y Abs. 2 S. 3 BGB). Dass dies Entgelte betrifft, die der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers selbst unbefugt entnahm, also ohne dahingehende Abrede nach § 675q Abs. 2 BGB, ist sofort einsichtig. Insoweit handelt es sich konzeptionell wohl sogar (wie bei der ersten Variante) noch um eine (teilweise) unerfüllte Primärpflicht. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers haftet freilich auch für Entnahme von Entgelten sei-

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1148 Staudinger/Omlor § 675y Rn 12; BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 62; implizit wohl auch MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 28. 1149 Zu den drei Ausführungspflichten des Empfängerinstituts und den drei korrespondierenden Haftungsansprüchen gegen es vgl. BR-Drucks. 848/08, S. 178 f., 183 f. 1150 BT-Drucks. 16/11643, S. 117. Vgl. daher schon oben Dritter Teil Rn 338 zum sog. Recht des Kunden auf Gutschrift.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

tens der Zahlungsdienstleister des Zahlers und durch Zahlungsdienstleister in der Kette – entgegen der sonst vorgenommenen Aufteilung nach Sphären –, wie der Verweis auch auf § 675q Abs. 1 BGB deutlich macht.1151 So soll die Aufstockung der Valuta auf den vollen Betrag von Seiten der Zahlungsdienstleisterkette insgesamt möglichst schnell ins Werk gesetzt werden – und der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat insoweit den schnellsten Zugriff (und hat bei den anderen eingeschalteten Instituten dann nach § 676a BGB Regress zu nehmen, näher unten Dritter Teil Rn 513). 508

b) Umfang der Verantwortung. In allen drei Haftungstatbeständen, vor allem jedoch beim Ersten, ist jeder Verursachungsbeitrag eines Dritten, den der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers einschaltete und der die Erfüllung verhindert(e), diesem zuzurechnen. Beim ersten Anspruch ist er verantwortlich für den Zugang des wirksamen Inkassoauftrags beim Zahlerinstitut, im zweiten Fall für die ungekürzte und rechtzeitige Gutschrift (und Wertstellung) zugunsten des Zahlungsempfängers, im dritten Fall dafür, dass die Abzugsbeträge „unverzüglich“ ebenfalls zur Verfügung gestellt sind (dazu vgl. noch Inhalt des Haftungsanspruchs). In allen drei Fällen muss der jeweilige Erfolg herbeigeführt werden.

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c) Insbes. Verspätung (Abs. 4). Die Frage der Verspätung regelt Abs. 4 für vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ausgelöste Zahlungsvorgänge (sog. Pull-Zahlungen), theoretisch für Kartenzahlungen und für Lastschriften, praktisch jedoch nur für Zweiteres, weil sich nur hier die Frage nach einer „verspäteten Übermittlung des Zahlungsauftrags“ stellt. Unterschieden werden die beiden möglichen Verzögerungsgründe, namentlich ob diese auf verspäteter Übermittlung des Inkassoauftrages beruht (S. 1) oder auf verspäteter Ausführung durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers (S. 2–4). Im ersten Fall wird die Verzögerung – für die in § 675y BGB kein Verschulden nötig ist – in ihrer Auswirkung schlicht neutralisiert, indem das Inkassoinstitut den Zustand – insbesondere auch die Wertstellung – herzustellen hat, der ohne die eingetretene Verzögerung bestünde.1152 Der Verantwortliche internalisiert also die Lasten der Verzögerung und trägt ggf. aufgetretene Nachteile. Gleiches ist bei verspäteter Ausführung durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht ohne Modifikationen möglich. Die Lösung für diesen Fall ist eine Zweigeteilte. Ist Gutschrift beim Inkassoinstitut bereits erfolgt, wenn auch verzögert, so wird in Parallelität zur Verspätungslösung bei Überweisungen (Abs. 3, oben Dritter Teil Rn 497) das Inkassoinstitut (der Zahlungsdienstleister des Empfängers) zwar ebenfalls verpflichtet, den Zustand herzustellen – namentlich mit entsprechender Wertstellung –, der ohne die eingetretene Verzögerung bestünde (S. 3, 4). Allerdings hat dieses Institut dann – wie auch im Parallelfall nach Abs. 3 – einen Regressanspruch nach § 676a BGB gegen das Zahlerinstitut wegen dadurch eingetretener Nachteile.1153 Solange hingegen Gutschrift für das Inkassoinstitut noch nicht erteilt wurde, kann der Zahler auch den Zahlungsvorgang gänzlich stornieren (S. 2) – also die Lösung wählen, die bei Ausführungsfehlern die Standardlösung bildet (Dritter Teil Rn 493 f.) – und neu disponieren. In allen Fällen, in denen entweder dem Zahlungsempfänger weitere Schäden entstanden sind (etwa weil er mangels rechtzeitiger Buchung eine andere Zahlung nicht rechtzeitig vornehmen konnte) oder dem Zahler (namentlich, wenn er nach S. 2 vorgeht), können sie – und müssen sie – diese Folgeschäden nach § 675z BGB geltend machen.1154

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1151 Durchaus bewusst, vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 117; Erman/Graf v. Westphalen § 675y Rn 32; MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 39; Palandt/Sprau § 675y Rn 9; Staudinger/Omlor § 675y Rn 17. 1152 Ebenso MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 55. 1153 MünchKommHGB/Häuser Band 6, Teil 1, Kapitel B, Rn 367; MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 59. 1154 Implizit ebenso MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 55, 58 (nur bereits neutralisierte Nachteile nicht mehr ersatzfähig).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

d) Haftungsgrenzen. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat bei seiner 510 Pflicht, den Inkassoauftrag zu übermitteln (§ 675y Abs. 2 S. 1 BGB), nur dafür Sorge zu tragen, dass dieser bei der Zahlstelle eingeht. Löst dann diese den Zahlungsvorgang nicht aus, haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers (das Inkassoinstitut) hierfür nicht – sondern die Zahlstelle (§ 675y Abs. 2 S. 2). Daneben finden bei allen drei Ansprüchen die allgemeinen Haftungsgrenzen Anwendung, die Ausschlussfrist nach § 676b Abs. 2, 3 BGB und der Haftungsausschluss bei unvorhersehbaren/unvermeidbaren Ereignissen und gesetzlicher Anordnung (§ 676c BGB). Schließlich finden die Haftungsregeln nach § 675y Abs. 8 BGB keine Anwendung bei Zahlungen unter Einschaltung eines Zahlungsdienstleisters (auf Zahler- oder Zahlungsempfängerseite), der (mit seiner agierenden Filiale) Sitz außerhalb von EU/EWR hat. Gleiches ordnet für diese Transaktionen § 675y Abs. 8 BGB auch für die innereuropäischen Teile an. Bei Zahlungen in Drittstaatwährung (§ 675e Abs. 2 Nr. 1 BGB) ist die Vorschrift auf die außereuropäisch erfolgten Bestandteile der Transaktion wiederum unanwendbar. Für die innereuropäischen Teile ist sie demgegenüber von § 675y abs. 8 BGB nicht erfasst und wird daher nur freigestellt im Rahmen der allgemeinen Regeln, Das bedeutet, dass für Transaktionen in Drittstaatwährungen (nur) in B2BVerhältnissen nach § 675e Abs. 4 BGB ihre Anwendung ausgeschlossen werden kann. e) Inhalt des Haftungsanspruchs. Der Inhalt des Haftungsanspruchs unterscheidet sich 511 nach den drei genannten Haftungstatbeständen. Ist die Übermittlung des Inkassoauftrages nicht ordnungsgemäß erfolgt, ist diese unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 S. 1 BGB) nachzuholen, d.h. angesichts der Vorgeschichte sofort. Die Beweislast für Erfüllung (Übermittlung) liegt – entsprechend allgemeinen Beweisgrundsätzen – beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers,1155 der freilich nur die Aufzeichnung in Anlehnung an §§ 675w, 676 BGB vorzulegen hat. Die Haftung wegen Verzögerungsfolgeschäden nach § 675z BGB bleibt von dem Anspruch, den Inkassoauftrag jetzt unverzüglich (nachträglich) zu übermitteln, unberührt. Die Gutschrift für den Zahlungsempfänger, die auf Grund des zweitgenannten Haftungs- 512 grundes nachgeholt werden muss (§ 675t BGB), hat hinsichtlich der Wertstellung so zu erfolgen, wie sie bei ordnungsgemäßer Ausführung erfolgt wäre: mit Wertstellung spätestens an dem Tag, an dem die Valuta dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers selbst wertgestellt wurde. Wieder bleibt die Haftung wegen Verzögerungsfolgeschäden nach § 675z BGB davon unberührt – etwa weil die Valuta für ein anderes Geschäft hätte zur Verfügung stehen müssen. Für Verzugszinsen freilich ist (mangels Verzugsschadens) i.d.R. kein Raum, weil und soweit die Wertstellung so erfolgt ist, wie sie bei ordnungsgemäßer Ausführung erfolgt wäre. Anders ist das nur bei Verzugszinsen gegenüber Dritten (Folgeschäden). Auch für die Nacherstattung von Entgelten, die unbefugt aus der Valuta entnommen 513 wurden, gilt, dass sie so zu erfolgen hat, wie sie bei ordnungsgemäßer Ausführung erfolgt wäre: mit Wertstellung spätestens taggleich mit Eingang. Und wurde die Valuta nicht ausgezahlt, sondern auf dem Konto gutgeschrieben, hat gleiches für diesen Nachzahlungsbetrag zu gelten. Die wohl wichtigste Einzelfrage geht dahin, wie mit einer möglichen doppelten Nachbezahlung umzugehen ist, also in den Fällen, in denen nicht der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers unbefugt das Entgelt entnahm, sondern ein anderes Institut: Nach dem Gesagten hat der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesem auch diejenigen Entgelte unverzüglich zur Verfügung zu stellen (etwa gutzuschreiben), die der Zahlungsdienstleister des Zahlers oder ein zwischengeschaltetes Institut in Abzug gebracht hat (§ 675y Abs. 2 S. 3 BGB i.V.m.

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1155 Ebenso (für die Pflichten des Zahlungsdienstleisters des Empfängers) Staudinger/Omlor § 675y Rn 7; und (für den Zahlungsdienstleister des Zahlers) Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 10; aA (freilich ohne Begründung) Palandt/Sprau § 675y Rn 7 und 9 (Beweislast jeweils beim Zahlungsdienstnutzer, allenfalls partielle Beweislastumkehr); wohl auch MünchKommBGB/Zetzsche § 675y Rn 29 f., 33 (jeweils eine Beweislastumkehr erst durch § 675y, 67w BGB zugunsten des Zahlungsdienstnutzers); Soergel/Werner § 675y Rn 13.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

§ 675q Abs. 1 BGB).1156 Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers kann für diesen Betrag nach § 676a Abs. 1 BGB Regress bei dem Institut nehmen, welches das Entgelt unbefugt in Abzug gebracht hat. In diesem Fall freilich schuldet auch der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem Erstattung dieser Beträge (§ 675y Abs. 1 S. 4 BGB). Werden beide Ansprüche erfüllt, stellt sich die Frage nach dem Ausgleich der Überzahlung. Teils wird angenommen, nunmehr solle der Zahlungsempfänger seinem Zahlungsdienstleister den Betrag wieder erstatten, der dann (weil damit sein Schaden entfällt) auch keinen Regressanspruch haben soll.1157 Wertungsmäßig richtiger erscheint es, die Abwicklungslast dem Hauptverantwortlichen aufzuerlegen – und dies ist nach der gesetzlichen Wertung in diesem Falle der Zahlungsdienstleister des Zahlers – zumal damit zugleich der bezahlte Aufstockungsbetrag beim Zahlungsempfänger belassen bleibt, dem er ja zugehen sollte. Dies entspricht auch besser dem oben genannten „Vervollkommungs“-Interesse. Mit anderen Worten: Die Last der Wiedererlangung der (zweiten) Restzahlung ist dem Zahlungsdienstleister des Zahlers aufzuerlegen. Für ihn wäre dann ein Bereicherungsanspruch gegen den Zahlungsempfänger zu bejahen und zwar unabhängig davon, ob er selbst später zahlte als die Zahlungsempfängerbank (dann Leistungskondiktion, da Zahlung des dem Entgelt entsprechenden Betrags bei Erstattung rechtsgrundlos) oder schon vorher (dann entfällt der Rechtsgrund für die Zahlung an den Zahler nachträglich, nämlich die Kürzung der Valuta beim Zahlungsempfänger um ein Entgelt). Selbstverständlich hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers zudem demjenigen des Zahlungsempfängers den (nachgezahlten) Abzugsbetrag zu erstatten (§ 676a Abs. 1 BGB). 4. Nachverfolgungspflichten (§ 675y Abs. 5 BGB) 514

a) Nachverfolgungspflicht des Zahlerinstituts (S. 2, 4 und 5). § 675y Abs. 5 S. 2 BGB gewährt im Falle fehlerhafter Kundenkennung – wenn also die Ausführung autorisiert und fehlerfrei war (§§ 675r Abs. 1 S. 2, 675y Abs. 5 S. 1 BGB) – dem Zahler dennoch einen Anspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister, ihn bei der Wiedererlangung der Valuta zu unterstützen. Es handelt sich um eine Bemühenspflicht, die dennoch dahin geht, den bestmöglichen bankgeschäftlichen Weg zur Wiedererlangung aufzuzeigen und die in der Macht des Dienstleisters stehenden Schritte auch selbst einzuleiten: sofortige Mitteilung an das Empfängerinstitut, das ggf. Stornorechte ausüben kann (vgl. Nr. 8 AGB-Banken), jedenfalls jedoch bei seinem Kunden (irrtümlich bezeichneten Zahlungsempfänger) wegen Rücküberweisung anfragen kann. Nicht geschuldet ist demgegenüber, dass das (Zahler-)Institut andere als die klassischen bankgeschäftlichen Behelfe ausübt („Bemühung„ nur „im Rahmen seiner Möglichkeiten“), namentlich nicht etwa die Verfolgung von Bereicherungsansprüchen.1158 Diese hat der Zahler selbst auszuüben, allenfalls kann Teil der Bemühenspflicht die Abtretung eines ggf. bestehenden bereicherungsrechtlichen Anspruchs der beteiligten Institute an den Zahler sein. Freilich stellten sich bei diesen Ansprüchen – hinsichtlich der Aufdeckung der Identität des Empfängers – die gleichen Fragen zum Bankgeheimnis, die sich auch beim ELV (früher „POZ“) stellen, wenn dort der Empfänger Widerspruch erhebt.1159 Hier setzt der neu eingefügte Satz 4 an – auf Seiten des Empfängerinstituts (nächste Rn). Nach Abs. 5 S. 5 ist die Vereinbarung eines Entgelts für die Nachverfolgungsdienste zulässig, das gemäß § 675f Abs. 4 S. 2 2. HS BGB jedoch „angemessen“ und vor allem an den „tatsächlichen Kosten“ orientiert sein muss.

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b) Nachverfolgungspflicht des Empfängerinstituts (S. 3 und 5). Teils wurde vor 2018 zur Lösung Abs. 5 a.F. (entsprechend Abs. 7 n.F.) herangezogen, der jedoch tatbestandsmäßig nicht

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1156 Vgl. oben Dritter Teil Rn 507. 1157 Palandt/Sprau § 675y Rn 9. 1158 So wohl auch Schwintowski Kap. 10 Rn 382 (implizit); Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 19; aA Erman/Graf v. Westphalen § 675y Rn 39. 1159 Vgl. näher oben Dritter Teil Rn 161 f.

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einschlägig war/ist.1160 Die zweite Zahlungsdienste-Richtlinie führte deswegen einen zweiseitigen stufenartigen Pflichtenkatalog für die beteiligten Zahlungsdienstleister ein.1161 Zunächst ist der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gem. § 675y Abs. 5 S. 3 BGB verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister des Zahlers alle für die Wiedererlangung erforderlichen Informationen mitzuteilen, wozu insbesondere die Preisgabe der Identität des Zahlungsempfängers zählt. Das Bankgeheimnis erfährt hierdurch eine weitere gesetzliche Einschränkung. 1162 Führen die mitgeteilten Informationen nicht zum gewünschten Erfolg, muss der Zahlungsdienstleister des Zahlers anschließend dem Zahler alle verfübgaren Informationen aufdecken, die für die Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs erforderlich sind (S. 4), namentlich ebenfalls die Identität des Empfängers. Für das Entgelt gilt das gleiche wie beim ersten (oben erörterten) Nachverfolgungsanspruch. 5. Verschuldensabhängige Haftung des Zahlerinstituts (§ 675z S. 2–5 BGB) a) Haftungstatbestände. Der (schuldhafte) Verstoß (i) gegen Nebenpflichten, die über den 516 in § 675y BGB umrissenen Inhalt der Haupt- und Standardpflichten hinausgehen, aber auch der Verstoß (ii) gegen diese Haupt- und Standardpflichten hinsichtlich verbleibender weiterer Schäden begründen Schadensersatzansprüche nach § 675z BGB:1163 so vor allem, wenn das Institut bei Ausführungshindernissen oder -zweifeln nicht unverzüglich Nachricht gibt und rückfragt,1164 wenn der Verwendungszweck nicht ordnungsgemäß weitergegeben wird1165 oder Kontonummern zu schnell wieder vergeben werden (Nebenpflichten),1166 vor allem jedoch Verstöße gegen Standard- und Hauptpflichten, die weiterreichende Verzögerungsschäden verursachen. All diese Ansprüche werden nicht nach § 675z S. 1 BGB präkludiert und sind daher neben §§ 675u, 675y BGB zugelassen. Erfasst sind die Pflichtverletzungen aller Zahlungsdienstleister, auch des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers (etwa gegen die Pflicht, den Inkassoauftrag zu übermitteln), obwohl die Haftung des Zahlungsdienstleisters des Zahlers sicher im Vordergrund steht und er für die zuletzt genannten Pflichtverstöße (des Empfängerinstituts) auch nicht verschuldensabhängig haftet (nur Hafttung „seinem“ Nutzer gegenüber, vgl. Wortlaut S. 2 und 4 und unten Dritter Teil Rn 519). Zu den zuletzt genannten Verzögerungsschäden zählen auch wieder Zinsschäden, nach- 517 dem die Überweisungs-Richtlinie und das Überweisungsgesetz diese zwischenzeitlich von den Verzugsvoraussetzungen des klassischen Schuld- und Überweisungsrechts freigestellt und verschuldensunabhängig gewährt hatten (§ 676b Abs. 1 BGB a.F., außer bei unvermeidbaren Ereignissen/höherer Gewalt, § 676c Abs. 3 BGB a.F.). Freilich ist (objektiviertes) Verschulden – ange-

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1160 Für dessen Anwendung etwa Palandt/Sprau § 675y Rn 8; Erman/Graf v. Westphalen § 675y Rn 39; MünchKommBGB/Casper § 675y Rn 35. Dieser Regelteil hielt/hält jedoch nur für den (hier nicht vorliegenden) Fall einer „fehlerhaften“ Zahlungsausführung Auskunftsansprüche vor und war/ist zudem wohl selbst einschränkend dahingehend auszulegen, dass er keine Befugnis gab, in fremde Rechte einzugreifen. 1161 Hierzu näher Bamberger/Roth/Hau/Poseck/D. Schmalenbach § 675y Rn 19; Hoffmann WM 2016, 1110 (1115); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 125 f. 1162 Ebenso Hoffmann WM 2016, 1110 (1115); Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 125. 1163 Zu den allgemeinen Grundsätzen der Aufklärung im Überweisungsverkehr BGH Urt. v. 22.6.2004 – XI ZR 90/03, NJW-RR 2004, 1637 f. 1164 BGH (Fn 710), BGHZ 68, 266 (269) = NJW 1977, 1344; LG Bonn Urt. v. 15.9.1999 – 5 S 103/99, NJW-RR 2000, 52 (53); Gößmann Recht des Zahlungsverkehrs, Rn 38; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 85. 1165 BGH (Fn 703), WM 1976, 904 (906). Beachten muss das Institut diese Angabe zwar nicht (Dritter Teil Rn 325), dem Empfänger zur Kenntnis bringen jedoch durchaus. Auch Fälle, in denen das Institut (überobligationsmäßig) beim Ausfüllen von Überweisungsträgern half und ihm Fehler unterliefen, werden hier behandelt: etwa BankRHdB/Schmieder § 49 Rn 94 f. Eigentlich ein Fall von Nichtausführung, weil die Weisung im Gespräch vorgeht. 1166 BGH (Fn 227), BGHZ 87, 376 (379 f.) = NJW 1983, 2944; BankR-HdB/Joeres § 29 Rn 31 (Pflichtverstoß). Die Gefahr der Fehlleitung wird, soweit nur nach Kontonummer gebucht wird bzw. werden darf, unangemessen erhöht. Für Karenzzeit von drei Jahren: OLG Köln (Fn 714), NJW 1990, 2261 (2262 f.).

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sichts der Zurechnung von Verschulden der zwischengeschalteten Institute – praktisch immer ohnehin gegeben. Zudem spielen Verzugszinsen nach dem Gesagten wegen der Pflicht zur extunc Fehlerbeseitigung praktisch nur eine Rolle, wenn es sich um solche Dritten gegenüber handelt. Zu diesen Verzögerungsschäden zählen (im klassischen Regime, im Regime der Überweisungs-Richtlinie und im Zahlungsdiensterecht) vor allem diejenigen in Form von Folgeschäden – etwa das wegen verspäteter Gutschrift ausgefallene Folgegeschäft –, die also weiterhin als klassische Verzugsschäden i.S.v. §§ 286 ff. BGB zu verstehen sind.1167 Die Haftung für diese Schäden wird in § 675z BGB (für die primär Verpflichteten) nur vor518 ausgesetzt, nicht statuiert, weil S. 2 und 3 BGB nur Elemente dieses Anspruchs – wie seine Begrenzung und die Haftung für Fehlverhalten Dritter – regelt. Wie in § 675y BGB (für die verschuldensunabhängig gewährten Erstattungs- und Haftungsansprüche) gilt auch im Rahmen des § 675z BGB eine Ausführung entsprechend einer vom Zahler fehlerhaft vorgegebenen Kundenkennung (und allein nach Kontonummer) als ordnungsgemäß und begründet deswegen auch keine Ansprüche nach § 675z S. 2 und 4 BGB (§ 675z S. 5 BGB). 519

b) Umfang der Verantwortung, auch für andere Institute, und Anspruchsgegner (S. 3, 4). Die Ansprüche nach § 675z BGB bauen sichtlich auf dem Regime nach § 675y BGB auf. Daher trägt auch hier das Zahlerinstitut das Haftungsrisiko nur bis zur Gutschrift für den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers, nicht mehr für dessen Ausführungshandlungen (§ 675y Abs. 1 S. 5 BGB), und umgekehrt der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nicht für Ausführungshandlungen des Zahlerinstituts und der zwischengeschalteten Institute (§ 675y Abs. 2 S. 2 BGB).1168 Hingegen trägt das Zahlerinstitut – wie schon im Rahmen von § 675y BGB, nunmehr auch explizit vorgegeben – das Haftungsrisiko der zwischengeschalteten Institute: Für deren Verschulden haftet das Zahlerinstitut wie für eigenes. Auch der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers haftet für Verschulden der von ihm ggf. eingeschalteten Institute. Dies gilt auch bei der Beteiligung eines Zahlungsauslösedienstleisters. Prinzipiell sehen die insofern zwingenden Vorgaben der zweiten Zahlungsdienste-Richtlinie keine Haftung des Zahlungsauslösedienstleisters im Außenverhältnis zum Kunden vor (explizit Erwägungsgrund 73 ZD-RL II). Ansprüche nach nationalem Recht, die sich auf die Erstattung von Folgeschäden beziehen, bleiben jedoch nach Art. 91 ZD-RL II unberührt, sodass dem Zahlungsdienstenutzer die Inanspruchnahme des Zahlungsauslösedienstleisters für derartige Schäden etwa nach Bereicherungsoder Deliktsrecht nicht verwehrt ist. Er hat diesbezüglich ein Wahlrecht, da der ihm gegenüber stets haftende kontoführende Zahlungsdienstleister ohnehin Regress im Innenverhältnis gegenüber dem Zahlungsauslösedienstleister nach § 676a Abs. 1 BGB nehmen kann.1169 Dies gilt nur insoweit nicht, als der Auftraggeber (Kunde) das zwischengeschaltete Insti520 tut explizit vorgab, wenn dieses die maßgebliche Ursache für die Nichtausführung oder die fehlerhafte (verspätete) Ausführung setzte (§ 675z S. 3 2. HS BGB; ebenso bisher für alle Ansprüche, nicht nur die verschuldensabhängigen § 676c Abs. 2 BGB a.F.; auch § 676b Abs. 3 BGB a.F.). Wieder gilt das auf Seiten des Zahlungsdienstleisters des Zahlers ebenso wie potentiell auf Seiten derjenigen des Zahlungsempfängers.1170 In diesem Fall hat der geschädigte Kunde einen Direktanspruch gegen das zwischengeschaltete Institut (§ 675z S. 4 BGB).1171

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1167 Zu Problemen der Begründung des Verzugs: Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2203 f.). 1168 Das Zahlungsempfängerinstitut schaltet nicht das Zahlerinstitut zwischen und umgekehrt. Ebenso Bamberger/Roth/Schmalenbach § 675f Rn 57 f. 1169 So auch BT-Drucks. 18/11495, S. 176; zu diesem zusätzlichem (Direkt-)Anspruch etwa Ph. Schmalenbach Die Digitalisierung des Zahlungswesens S. 203. 1170 Auf das Erste eingeengt in BT-Drucks. 16/11643, S. 118. 1171 Überwiegend als vertraglicher Anspruch gesehen, auch wenn keine unmittelbare Vertragsbeziehung besteht: Tober Vertragskette im bargeldlosen Zahlungsverkehr, S. 163 ff.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

c) Haftungsgrenzen. Vier Haftungsgrenzen wurden bereits genannt bzw. sind allgemeine: 521 (i) die bereits genannten Grenzen der jeweiligen Verantwortung (keine Haftung des Zahlerinstituts für Fehlverhalten des Zahlungsempfängerinstituts und umgekehrt, d.h. Abgrenzung nach Sphären); (ii) keine Haftung für falsche Empfängerkennnung (§ 675z S. 5 i.V.m. § 675y Abs. 5 S. 1); (iii) keine Haftung für Fehlverhalten zwischengeschalteter Institute, wenn die Einschaltung einer Kundenweisung entsprach (§ 675z S. 3 a.E. BGB; mit Ausnahme von Zahlungsauslösedienstleistern, § 675y Abs. 1 S. 3 BGB; vgl. auch Art. 90 Abs. 2 ZD-RL II); und (iv) keine Haftung nach Ablauf der Ausschlussfrist nach § 676b Abs. 2 und 3 BGB bzw. bei unvorhersehbaren/unvermeidbaren Ereignissen bzw. gesetzlicher Anordung (§ 676c BGB). Daneben treten nicht nur die allgemeinen Möglichkeiten von Verabredungslösungen nach 522 § 675e BGB (einschließlich Haftungsausschluss), sondern auch die Sondertatbestände des § 675z S. 2 BGB: Danach ist eine Haftungsbeschränkung auf 12.500,– € durch Abrede möglich, dies für alle Ansprüche/Haftungstatbestände, die § 675z BGB erfasst bzw. (implizit) statuiert. Diese Höchsthaftungssumme gilt für jeden einzelnen Zahlungsvorgang gesondert, so dass sie bei mehreren Zahlungsvorgängen entsprechend zu multiplizieren ist.1172 Da die Norm diese Beschränkungsmöglichkeit auf Europäischer Ebene vorsieht, kommt eine inhaltliche Überprüfung einer entsprechenden Abrede auf der Grundlage der §§ 305 ff. BGB nicht in Betracht.1173 Von dieser Begrenzungsmöglichkeit werden nur drei Ausnahmen gemacht: der Zinsschaden muss – da er regelmäßig auch vorhersehbar ist – unbegrenzt ersetzt werden. Dies dürfte den klassischen Verzugszins (an Dritte) ebenso wie einen besonders hohen Refinanzierungszins betreffen, den der Kunde zu zahlen hat.1174 Ebenfalls nicht ausschließbar ist die Haftung nach § 675z BGB im Falle von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz, auch nicht von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz der zwischengeschalteten Institute, soweit sie nicht der Kunde vorgegeben hat (S. 3). Zuletzt darf auch eine besondere Risikoübernahme durch Abrede, die über eine bloße Übernahme der Pflichten hinausgeht, nicht durch deren höhenmäßige Beschränkung wieder konterkariert werden (anders wieder bei B2B-Transaktonen, § 675e Abs. 4 BGB). d) Inhalt des Haftungsanspruchs. § 675z BGB begründet genuine Schadensersatzansprü- 523 che, so dass für die nicht geregelten Elemente – insbesondere Kausaliät, (Eigen-)Verschulden (§§ 276 f. BGB) und Schadensumfang (§ 249 ff. BGB) sowie die jeweiligen Beweisgrundsätze (einschließlich Beweislast) – autonomes deutsches Recht zur Anwendung kommt. 6. Regress bei Pflichtenverstoß anderer Zahlungsdienst- und Zahlungsauslösedienstleister (§ 676a BGB) a) Pflichten der zwischengeschalteten Institute und Haftungstatbestand (Abs. 1). § 676a 524 Abs. 1 BGB regelt – anders als das Zahlungsdiensterecht im Verhältnis vom Zahlerinstitut und vom Zahlungsempfängerinstitut zum Nutzer – nur die Haftung, nicht explizit auch die Pflichten der zwischengeschalteten Institute. In der Überweisungskette hat jedes nachgeschaltete Institut gegenüber dem vorangegangenen die Pflichten eines Beauftragten – bis hin zum Empfängerinstitut. Der Zahlungsvertrag (als Rahmenvertrag ebenso wie als Einzelvertrag) ist Geschäftsbe-

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1172 Staudinger/Omlor § 675z Rn 9. 1173 Ebenso (auf der Grundlage verschiedener Überlegungen) Soergel/Werner § 675z Rn 2; Palandt/Sprau § 675z Rn 5; Staudinger/Omlor § 675z Rn 9; ebenso wohl Erman/Graf v. Westphalen § 675z Rn 7, 5 (nur Einbeziehung nach § 305 Abs. 2 BGB erforderlich). 1174 Ebenso wohl auch MünchKommBGB/Zetzsche § 675z Rn 16. Freilich besteht bei B2B-Transaktionen, bei denen dieses Szenario typischer ist, insoweit vollständige Vertragsfreiheit (§ 675e Abs. 4 BGB).

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sorgungsvertrag (§ 675c Abs. 1 BGB).1175 Die Pflichten sind abgeleitete, sie ergeben sich aus der Pflichtenbeschreibung für das Zahlerinstitut (für die von ihm zwischengeschalteten Institute) bzw. für das Zahlungsempfängerinstitut (für die von ihm zwischengeschalteten Institute). Insbesondere haben auch die zwischengeschalteten Institute für Weiterleitung der Valuta (durch Gutschriften), Rechtzeitigkeit (§ 675s BGB) und Beachtung des Verbots einer Entgeltentnahme (§ 675q Abs. 1 und 2 BGB) in ihrem Verantwortungsbereich zu sorgen. 525 Deutlich wird dies auch durch die Formulierung des Haftungstatbestandes, namentlich der ersten Haftungsbedingung: Die zwischengeschalteten Institute sind einem Regress seitens des haftenden Zahlerinstituts oder des haftenden Zahlungsempfängerinstituts unter einer dreifachen Bedingung ausgesetzt: Zunächst (i) muss einer der Haftungstatbestände der §§ 675u, 675y, 675z BGB erfüllt sein, also ein Ausführungs- oder Autorisierungsfehler vorliegen, für den das Zahlerbzw. das Zahlungsempfängerinstitut haftet. Bisher waren Autorisierungsfehler für die zwischengeschalteten Institute unerheblich. Aufgrund des Hinzutretens von Zahlungsauslösedienstleistern wurde eine Erweiterung auch auf Autorisierungsfehler, für die ein Zahlungsauslösedienstleister auch verantwortlich sein kann, erforderlich (unten Dritter Teil Rn 529). Sodann (ii) muss das in Anspruch genommene Institut entweder Zahlungsauslösedienste anbieten oder vom Zahlerinstitut bzw. dem Zahlungsempfängerinstitut zwischengeschaltet worden sein. Dies ist auch dann der Fall, wenn es nicht in direkter Vertragsbeziehung zu diesem steht,1176 aber das Zahlerinstitut einen Leitweg über dieses Institut gewählt hat bzw. das Empfängerinstitut (etwa bei der Übermittlung eines Inkassoauftrags, § 675y Abs. 2 S. 1 BGB). Schließlich (iii) muss das in Anspruch genommene Institut den maßgeblichen Verursachungsbeitrag gesetzt haben, namentlich einen unautorisierten Zahlungsauftrag übermittelt haben, die Valuta nicht durch Gutschrift weitergeleitet haben, nicht zügig genug gehandelt haben oder Entgelte entnommen haben. Zwar muss dies nicht schuldhaft geschehen – nach ausdrücklichem Wortlaut nicht einmal für die verschuldensabhängigen Ansprüche nach § 675z BGB.1177 Notwendig ist jedoch, dass der Ausführungs- oder Autorisierungsfehler vorrangig auf das Verhalten dieses zwischengeschalteten Instituts zurückgeht. 526

b) Konstruktion der Verantwortung und Anspruchsinhaber bzw. -gegner. Bei der außerbetrieblichen Überweisung tritt der Kunde grundsätzlich in Rechtsbeziehungen nur zum ersten Glied in der Überweisungskette, nicht zu den rechtlich selbständigen weiteren Gliedern.1178 Ihm wird seit dem Überweisungsrecht und heute grundsätzlich vergleichbar im Zahlungsdiensterecht die Suche nach dem Verantwortlichen in der Zahlungskette abgenommen, indem ihm ein Anspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister für alle Fehler in derselben eingeräumt wird (§§ 675u, 675y, 675z BGB) und dieser selbst Regress zu nehmen hat gegen das verantwortliche Institut (nächste Rn). Bis 2002 wurde demgegenüber davon ausgegangen, dass das zwischengeschaltete Institut, das seine Hauptpflicht nicht erfüllte, keinen Aufwendungsersatzanspruch erwarb und dass der Erstattungsanspruch nach § 667 BGB seinem unmittelbaren Auftraggeber zustehe, von diesem jedoch nach § 285 BGB (früher § 281 BGB) analog abzutreten sei.1179 Bei

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1175 BR-Drucks. 163/99, S. 25; i.Erg. selbst unter dem Regime der Überweisungs-Richtlinie, die formal die Kette in drei Vertragstypen zergliederte (Überweisungs-, Zahlungs- und Girovertrag): Ehmann/Hadding WM-Sonderbeil. 3/1999, 4 und 10–12; Häuser WM 1999, 1037 (1041); Schulz ZBB 1999, 287 (289 f.). 1176 BankR-Hdb/Schmieder § 49 Rn 143; MünchKommBGB/Zetzsche § 676a Rn 9. Staudinger/Omlor § 676a Rn 9. 1177 BT-Drucks. 16/11643, S. 119; Prütting/Wegen/Weinreich/Fehrenbacher § 676a Rn 2 f. 1178 Grundsätzlich anders die Konzeption vom Netzvertrag: Möschel AcP 186 (1986), 187 (211–232); dann Rohe Netzverträge – Rechtsprobleme komplexer Vertragsverbindungen 1998. Sie hat sich nicht durchgesetzt; im Überweisungsrecht nach Üw-RL sieht umgekehrt Schneider WM 1999, 2189 erste Anlagen zu einem „Sonderrecht für Kettenverträge“. Zu den Gründen, warum das Konzept des Netzvertrages in der Tat dogmatisch und von den Ergebnissen her nicht haltbar ist: Grundmann AcP 207 (2007), 708. 1179 Zum Fehlen eines Direktanspruches: RG (Fn 738), RGZ 105, 48 (50 f.); BGH (Fn 673), BGHZ 103, 143 (145) = NJW 1988, 1320; BGH (Fn 188), BGHZ 108, 386 (388) = NJW 1990, 250; BankR-HdB/Schmieder § 49 Rn 154–156; differenzierend Hüffer ZHR 91 (1987), 93 (103–111).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Schadensersatzansprüchen wurde – vergleichbar – die Figur der Drittschadensliquidation bemüht. Von einer Mindermeinung wurde im jeweiligen Interbankenverhältnis ein Vertrag mit Schutzwirkung für den anweisenden Kunden gesehen, vor allem, um zu vermeiden, dass ihm das aggregierte Insolvenzrisiko der Überweisungskette (bis zum fehlerhaft agierenden Institut) aufgebürdert werde, vor allem nicht dasjenige seines eigenen Instituts.1180 Damit freilich uferte die Zahl der Rechtsbeziehungen im massenhaft abgewickelten Überweisungsverkehr aus.1181 Mit dem Regime des Überweisungs- und Zahlungsdiensterechts wurde ein grundsätz- 527 lich anderer, deutlich weniger komplizierter und überzeugenderer Ansatz gewählt.1182 Dass der Kunde das Insolvenzrisiko seines eigenen Instituts trägt, ist von den ökonomischen Anreizstrukturen her nicht nur unschädlich, sondern zu begrüßen. Auch nach herkömmlicher Dogmatik wird die vertragliche Haftung für Fehlverhalten anderer (§ 278 BGB) als grundsätzlich verdrängend verstanden. Nur wenn die eingeschaltete Person „persönlich … besonderes“ Vertrauen in Anspruch nimmt, das über das in den Geschäftsherrn gesetzte hinausgeht, wird angenommen, dass (kumulativ) auch sie hafte (§ 311 Abs. 3 BGB).1183 Obwohl eine Regelung wie die in § 675z S. 1 BGB für das Verhältnis zu den zwischengeschalteten Instituten fehlt,1184 wird man deswegen davon auszugehen haben, dass das Regime auch Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner festlegen soll: dass der Zahlungsdienstnutzer wegen Ausführungs- und Autorisierungsfehlern ausschließlich einen Anspruch gegen seinen Zahlungsdienstleister hat und dieser ausschließlich einen Regressanspruch gegen das Drittinstitut, das die maßgebliche Ursache für den haftungsbegründenden Fehler setzte. Die Regresslösung wurde erstmals mit dem Überweisungsgesetz eingeführt. Während freilich 528 nach diesem Regime (§ 676e Abs. 1–3 BGB a.F.) für verschuldensunabhängige Ansprüche ein Regress jeweils gegen das nächste Institut in der Kette gewählt wurde (bis hin zum Institut, das die Fehlerursache setzte) und nur für die verschuldensabhängigen Ansprüche ein Direktregress vorgesehen war,1185 wurde Letzteres zum alleinigen Modell im Zahlungsdiensterecht. Das Zahler- oder Zahlungsempfängerinstitut, das haftet, hat dasjenige zwischengeschaltete Institut, das den Ausführungsfehler maßgeblich verursachte, zu individualisieren, auch außerhalb direkter vertraglicher Beziehungen (Art. 92 ZD-RL II, ex-Art. 77 ZD-RL I und § 676a BGB).1186 Das vereinfacht den Regress für die verschuldensunabhängigen Ansprüche – und damit für die große Mehrzahl der Fälle – erheblich und belastet das Zahler- oder Zahlungsempfängerinstitut grds. auch nicht weiter, als es schon im Kundenverhältnis belastet werden kann (vgl. § 675y Abs. 7 BGB). Näheres kann freilich auch in Interbankenabkommen geregelt werden (ausdrücklich Art. 92 Abs. 2 ZD-RL II).1187 c) Insbes. Regress gegen Zahlungsauslösedienstleister und diesbezügliche Beweis- 529 lastverteilung (Abs. 2 und 3). Nach § 676a Abs. 1 BGB kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers aufgrund eines Fehlers „im Verantwortungsbereich … des Zahlungsauslösedienst-

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1180 OLG Frankfurt (Fn 713), WM 1995, 1179 (1180 f.); OLG München Urt. v. 4.12.1986 – 1 U 3855/86, WM 1988, 373 (373 f.); OLG Düsseldorf Urt. v. 11.2.1982 – 6 U 151/81, WM 1982, 575 (576 f.); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 395. 1181 Ausführlich van Gelder WM 1995, 1253 (1255–1259); auch Escher-Weingart BuB Rn 6/139 ff.; und nach dem Überweisungsrecht, das bereits die heutige Regresslösung statuierte: Risse/Lindner BB 1999, 2201 (2205). 1182 BGH Urt. v. 5.12.2006 – XI ZR 21/06, WM 2007, 348 (349) = ZIP 2007, 319. Desgleichen nicht gegen das Empfängerinstitut, weil schon der Eingang Erfüllungswirkung zeitigt. Vgl. oben Dritter Teil Rn 99. 1183 BGH Urt. v. 5.4.1971 – VII ZR 163/69, BGHZ 56, 81 (83 f.) = NJW 1971, 1309; BGH Urt. v. 4.7.1983 – II ZR 220/82, BGHZ 88, 67 (68 f.) = NJW 1983, 2696; v. Heymann Bankenhaftung bei Immobilienanlagen, 18. Aufl. 2010, S. 157. 1184 Dass § 676a BGB keinen abschließenden Charakter habe, betont auch BT-Drucks. 16/11643, S. 119. 1185 Ausführlicher, auch zur Grundidee, die hinter dieser Differenzierung stand: Grundmann WM 2000, 2269 (2282 f.); zu den Problemen im internationalen Fall, in dem das Interbankenverhältnis das internationale ist: Schneider WM 1999, 2189 (2190–2192). 1186 Dazu BR-Drucks. 848/08, S. 195. Zur Konstruktion vgl. Tober Vertragskette im bargeldlosen Zahlungsverkehr, S. 162 ff. 1187 BR-Drucks. 848/08, S. 195.

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leisters“ Regress gegen diesen nehmen, namentlich, wenn dieser (i) eine Autorisierung zu Unrecht oder fehlerhaft auslöste oder (ii) wenn er sie zu Unrecht nicht auslöste. Denn auch in diesen beiden Fallkonstellationen haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers diesem gegenüber für das Fehlverhalten: so wenn deswegen ein – an sich dem Zahler geschuldeter – Zahlungsvorgang nicht ordnungsgemäß ausgelöst und durchgeführt wird (ausdrücklich § 675y Abs. 1 S. 3 und Abs. 3 S. 2 BGB); so jedoch auch, wenn ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang vom Zahlungsauslösedienst (dennoch) ausgelöst wird (§ 675u S. 5 BGB). Für diese beiden Fälle – die fehlende oder fehlerhafte Auslösung trotz bzw. bei Auftrag des Zahlers und die Auslösung ohne entsprechende Autorisierung durch den Zahler – regeln § 676a Abs. 2 und 3 BGB Regressvoraussetzungen und vor allem und explizit die diesbezügliche Beweislast im Verhältnis zwischen Zahlerinstitut und Zahlungsauslösedienst. Beide Absätze betreffen allein das Regressverhältnis, also den Streit zwischen „kontoführendem Zahlungsdienstleister des Zahlers und einem Zahlungsauslösedienstleister“ – so die identische Eingangsformel in beiden Absätzen. Abs. 2 betrifft dann den Regress für eine Haftung des Zahlerinstituts nach § 675u BGB (Erstattungsanspruch bei nicht autorisierter Abbuchung/Zahlung).1188 Zwar muss zwischen Zahlerinstitut und Zahlungsauslösedienstleister nach § 675f Abs. 3 BGB kein Vertragsverhältnis begründet werden, wohl aber entsteht ein Sonderrechtsverhältnis – nach § 311 Abs. 2 BGB, d.h. nach deutschem Schuldrecht, vorausgesetzt jedoch vor allem auch in der Europäischen Vorgabe des Art. 90 ZD-RL II –, das der Zahlungsauslösedienstleister bei Nichtvorliegen einer Autorisierung verletzt. Aus dieser Verletzung der Pflichten im Sonderrechtsverhältnis resultieren dann Schadensersatzansprüche in Form von Regressansprüchen.1189 Da eine Feststellung fehlender Autorisierung zwischen Zahlerinstitut und Zahler (notwendig schon bei Geltendmachung des Anspruches aus § 675u BGB) den Zahlungsauslösedienst nicht bindet (und erst recht nicht eine Erstattung durch das Zahlerinstitut aus Kulanz), kann dem Zahlungsauslösedienstleister gegenüber nicht ohne weiteres vom Fehlen der Autorisierung ausgegangen werden; aufgrund der starken Vermutung der Richtigkeit des Ergebnisses, das zwischen Zahlerinstitut und Zahler festgestellt wurde, wird jedoch für den Regress die Beweislast umgekehrt und muss nicht das Zahlerinstitut das Fehlen, sondern der Zahlungsauslösedienst das Vorliegen einer Authentifizierung in seinem Verantwortungsbereich positiv beweisen (Abs. 2 2. HS – erste Voraussetzung).1190 Dieser Beweis allein freilich genügt nicht, denn auch bei Nachweis einer Autorisierung entfällt ein Regressanspruch nur, wenn der Zahlungsauslösedienstleister die Autorisierung auch ordnungsgemäß – nicht fehlerhaft – ausgelöst hat. In der Tat hat dieser – bei Vorliegen einer Autorisierung – zugleich eine Geschäftsbesorgungspflicht, den Zahlungsvorgang beim Zahlerinstitut ordnungsgemäß auszulösen (oben Dritter Teil Rn 173–175). Die Erfüllung dieser Pflicht kann er dadurch beweisen, dass er das ordnungsgemäße Funktionieren seiner Technik belegt – Aufzeichnung der korrekten Zahlungsauslösung und Fehlen einer technischen Panne (Abs. 2 2. HS – zweite und dritte Voraussetzung).1191 Abs. 3 betrifft demgegenüber die Nichtauslösung oder fehlerhafte Auslösung eines autorisierten – d.h. vom Zahler beauftragten – Zahlungsvorgangs.1192 In diesem Fall ist der Zahlungsauslösedienst nach dem Gesagten kraft Geschäftsbesorgungsverhältnis (und des Grundsatzes der Auftragsstrenge) verpflichtet, beim Zahlerinstitut den Zahlungsvorgang auszulösen und dies in der richtigen Form (namentlich richtige Kunden-

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1188 Ebenso und näher BT-Drs. 18/11495, S. 177; Harman BKR 2018, 457 (460 f.) (mit Kritik an der Risikoverlagerung auf die Zahlungsinstitute). 1189 (Erstaunlich) Wenig diskutiert ist die Konstruktion der Verantwortlichkeit, auf der der Regressanspruch beruht; allgemeiner zum System (generell Haftung Zahlerinstitut für Zahlungsauslösedienste und im Gegenzug flächendeckender Regress): Harman BKR 2018, 457 (460 f.); Werner WM 2018, 449 (450 f.). 1190 Zu dieser Beweislastverteilung und Erklärung für sie etwa BT-Drs. 18/11495, S. 177; Harman BKR 2018, 457 (460 f.); Terlau ZBB 2016, 122 (134); Palandt/Sprau § 676a Rn 3. 1191 Zu dieser Vermutungsregel und den technischen Grundlagen vgl. BT-Drs. 18/11495, S. 177 f. 1192 Ebenso und näher BT-Drs. 18/11495, S. 177 f.

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kennung, aber auch Rechtzeitigkeit u.a.). Hier nun muss der Zahlungsauslösedienst positiv beweisen, dass die Auslösungsanordnung das Zahlerinstitut erreicht hat (Abs. 3 Nr. 1), hinsichtlich der Richtigkeit der Übermittlung (in Übereinstimmung mit Auslösungsanordnung seitens des Zahlers) kann der Zahlungsauslöser jedoch wieder auf das ordnungsgemäße Funktionieren seiner Technik verweisen – Aufzeichnung der korrekten Zahlungsauslösung und Fehlen einer technischen Panne (Abs. 3 Nr. 2).1193 d) Haftungsgrenzen und Inhalt des Regressanspruchs. Da der Anspruch ein abgeleiteter 530 ist, gelten die Haftungsgrenzen, die für die jeweiligen Ansprüche eingreifen, namentlich die allgemeinen Grenzen (Ausschlussfrist nach §§ 676b Abs. 2, 3 BGB und die fehlende Haftung bei unvorhersehbaren/unvermeidbaren Ereignissen und bei gesetzlicher Anordnung, § 675c BGB). Beispielsweise kann das zwischengeschaltete Institut auch dann einwenden, die Ausschlussfrist sei abgelaufen gewesen, wenn das erstbeauftragte Institut die Valuta (aus Kulanz oder aus Versehen) erstattete. Entsprechend bestimmt sich auch der Inhalt des Regressanspruchs nach dem zugrunde liegenden Haftungsanspruch: Nur in dem Umfang, in dem das Zahlerinstitut bzw. das Zahlungsempfängerinstitut materiellrechtlich auch wirklich haftete, ist auch das zwischengeschaltete Institut verpflichtet. 7. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr. Das Interbankenverhältnis ist 531 das grenzüberschreitende bei internationalen Überweisungen. Frei von staatlichen Beschränkungen,1194 dient es jedoch vor allem der Umsetzung von Vorgaben aus anderen Rechtsverhältnissen, zunächst dem Valutaverhältnis, dessen Anforderungen im Auftrag Ausdruck finden müssen. Dieser Auftrag ist auszuführen. Hierbei ist für jedes Rechtsverhältnis gesondert das anwendbare Recht zu ermitteln und dies nochmals gesondert für Kontokorrent und Auftrag. Abwicklungsinstrumente sind vor allem Kontobeziehungen, wobei typischerweise das Konto im Gebiet der Währung, auf die es lautet, geführt wird, vom dort ansäßigen Institut.1195 So hat ein deutsches Institut ein Nostrokonto in fremder Währung, und hält für die Korrespondenzbank ein €-Lorokonto. In der Euro-Zone ist die Wahl nicht entsprechend typischerweise festgelegt. Nach Art. 4 Rom-I-VO regelt (mangels Rechtswahl) das Recht des beauftragten Instituts auf- 532 tragsrechtliche Fragen, das Recht des kontoführenden Instituts kontokorrentrechtliche Fragen. Beides muss nicht das gleiche Recht sein – so wenn ein Überweisungsauftrag in € an ein ausländisches zwischengeschaltetes Institut weitergegeben wird, jedoch über ein (Loro-)Konto beim deutschen Institut abgewickelt wird. Die Buchung (mit Gutschriftzeitpunkt) ist eine kontokorrentrechtliche Frage, der Widerruf eine auftragsrechtliche, in deren Rahmen freilich etwa für die Frage, ob bereits Gutschrift erteilt wurde, wieder auf das Kontostatut zu rekurrieren ist. Genügte der Auftrag den Anforderungen des Valutaverhältnisses, verletzt also der Auftrag- 533 geber selbst dieses nicht, so reduzieren sich die Fragen auf solche der fehlerhaften Ausführung, d.h. vor allem die Frage nach der Haftung für Fehlverhalten zwischengeschalteter Institute, und des Widerrufs, dh. seiner Rechtzeitigkeit (s. dazu oben Dritter Teil Rn 305, 307) und des Widerrufsweges. Die erste Frage beurteilt sich im Verhältnis des beauftragten Instituts zum Auftraggeber nach dem gemeinsamen Personalstatut (vgl. oben), im Verhältnis zu weiteren Instituten jeweils nach dem Auftragsstatut. Sie ist, soweit der Standard der ZD-RL (I und II) maßgeblich ist, also stets wenn ein Institut in der Gemeinschaft bzw. im EWR in einer Währung derselben

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1193 Vgl. zur identischen Voraussetzung im Abs. 2 Nachw. oben Fn 1191. 1194 Art. 63 AEUV gilt – als einzige Grundfreiheit – auch im Verhältnis zu Drittstaaten und liberalisiert Kapitaltransfers umfassend, für In- und Export. Zu den (bloßen) Meldepflichten nach § 26 AWG i.V.m. §§ 59 ff. AWV etwa BankR-HdB/Haug § 51a Rn 11. 1195 Ausführlicher BankR-HdB/Haug § 51a Rn 5–9 (auch zur Abwicklung, wenn es an Kontobeziehungen zum Auftraggeber oder Empfänger oder im Interbankenverhältnis fehlt: aaO Rn 13, 16); und schon oben Zweiter Teil Rn 184–190; zu S. W. I. F. T. als dem üblichen Informationsübermittlungsinstrument oben Dritter Teil Rn 36 f.

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beauftragt ist, für den grenzüberschreitenden Verkehr genauso zu beurteilen wie hier für das deutsche Recht und den inländischen Verkehr dargestellt.

II. §§ 676b Abs. 2 bis 676c BGB: Ausschlussfristen und Haftungsausschluss § 676b Anzeige nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungsvorgänge (1) Der Zahlungsdienstnutzer hat seinen Zahlungsdienstleister unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs zu unterrichten. (2) Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsdienstleister nach diesem Unterkapitel sind ausgeschlossen, wenn dieser seinen Zahlungsdienstleister nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer über die den Zahlungsvorgang betreffenden Angaben gemäß Artikel 248 §§ 7, 10 oder § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. (3) Für andere als die in § 675z Satz 1 genannten Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen Zahlungsdienstleister wegen eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs gilt Absatz 2 mit der Maßgabe, dass der Zahlungsdienstnutzer diese Ansprüche auch nach Ablauf der Frist geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war. (4) Wurde der Zahlungsvorgang über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, sind Ansprüche und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen kontoführenden Zahlungsdienstleister ausgeschlossen, wenn der Zahlungsdienstnutzer den kontoführenden Zahlungsdienstleister nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einem nicht autorisierten oder fehlerhaften Zahlungsvorgang hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn der kontoführende Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer über die den Zahlungsvorgang betreffenden Angaben gemäß Artikel 248 §§ 7, 10 oder § 14 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung durch den kontoführenden Zahlungsdienstleister maßgeblich. (5) Für andere als die in § 675z Satz 1 genannten Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen kontoführenden Zahlungsdienstleister oder gegen den Zahlungsauslösedienstleister wegen eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs gilt Absatz 4 mit der Maßgabe, dass 1. die Anzeige an den kontoführenden Zahlungsdienstleister auch zur Erhaltung von Ansprüchen und Einwendungen des Zahlungsdienstnutzers gegen den Zahlungsauslösedienstleister genügt und 2. der Zahlungsdienstnutzer seine Ansprüche gegen den kontoführenden Zahlungsdienstleister oder gegen den Zahlungsauslösedienstleister auch nach Ablauf der Frist geltend machen kann, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.

§ 676c Haftungsausschluss Ansprüche nach diesem Kapitel sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände 1. auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das diejenige Partei, die sich auf dieses Ereignis beruft, keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder 2. vom Zahlungsdienstleister auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden.

1. Ausschlussfristen (§§ 676b Abs. 2 bis 5 BGB) 534

a) Ausschlussfrist für Erstattungs- und Haftungsansprüche nach §§ 675u und 675y BGB (§ 676b Abs. 2 BGB). Für die in § 675z S. 1 BGB für abschließend erklärten (Erstattungs-) Grundmann

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Ansprüche des Zahlungsdienstnutzers gegen seinen bzw. „den“ Zahlungsdienstleister statuiert § 676b Abs. 2 BGB eine Ausschlussfrist von 13 Monaten ohne Wiedereinsetzungsmöglichkeit. Dies geschieht in Abgrenzung zum Abs. 3 (mit Wiedereinsetzungsmöglichkeit). Zwei Abgrenzungsfragen sind nicht gänzlich geklärt und auf dem Hintergrund auch der novellierten ZDRL, namentlich deren Art. 71 (vgl. auch 31. Erwägungsgrund und ex-Art. 58 der ersten ZD-RL), auch nicht zweifelsfrei zu lösen. Dies ist zum einen die Frage, welche Ansprüche in das Regime der Ausschlussfirst einbezogen sind. Der deutsche Gesetzgeber sieht das für die Erstattungsansprüche nach § 675u und 675y BGB – gegen den Zahlungsdienstleister des Zahlers und den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers – vor. Klar ist sowohl nach Art. 71 ZD-RL II (exArt. 58 ZD-RL I) als auch nach dem 31. Erwägungsgrund ZD-RL I, dass jedenfalls diese Ansprüche (wegen „fehlerhafter“ oder „nicht autorisierter“ Ausführung von Zahlungsvorgängen) einbezogen werden konnten und mussten. Problematisch ist insoweit allein, ob nicht auch noch andere Ansprüche einbezogen werden mussten oder ob sie einem abweichenden Regime unterworfen werden konnten (namentlich nach Abs. 3, vgl. dazu dann dort). Die zweite Frage geht dahin, welche Einschränkungen sich hinsichtlich Anspruchssteller und Anspruchsgegner ergeben. Klar erscheint nach der Richtlinie ebenso wie § 676b Abs. 2 BGB, dass nur Ansprüche des Zahlungsdienstenutzers gegen den/seinen Zahlungsdienstleister erfasst sind – nicht umgekehrt (etwa nach § 675v BGB) und nicht in anderen Rechtsverhältnissen.1196 Problematisch ist allein, ob Ansprüche des Zahlungsdienstenutzers allein gegen „seinen“ Zahlungsdienstleister oder gegen einen/den Zahlungsdienstleister, der der Haftung unterliegt, erfasst sind. Dies betrifft namentlich den Anspruch nach § 675z S. 4 BGB gegen den zwischengeschalteten Zahlungsdienstleister, den der Zahler selbst vorgab.1197 Weder die Richtlinie noch § 676b Abs. 2 BGB legen sich klar fest und sprechen teils von „seinen“, teils von „den“ Zahlungsdienstleistern. Überzeugender erscheint es, alle Zahlungsdienstleister, die den Zahlungsvorgang organisieren, dem gleichen, Rechtssicherheit verbürgenden Regime zu unterwerfen, und dies für alle Ansprüche des Zahlungsdienstenutzers gegen den Zahlungsdienstleister wegen fehlender Autorisierung oder fehlender bzw. fehlerhafter Ausführung. Freilich wird die Frage für das zwischengeschaltete Institut meist theoretischer Natur bleiben, weil dieses i.d.R. nicht die für den Fristanlauf maßgeblichen Informationspflichten erfüllen wird: Die Frist von 13 Monaten läuft an mit dem späteren von zwei Zeitpunkten: dem Zeitpunkt 535 der fehlerhaften Belastungsbuchung (im Sinne von autorisierter Abrufpräsenz) oder der Erfüllung der Informationspflichten nach Art. 248 §§ 7, 10 oder 14 EGBGB. Die Fristberechnung selbst richtet sich dann nach nationalem Recht (namentlich §§ 187 f. BGB). Mit Ablauf der Frist entfällt der Anspruch (Ausschlussfrist). b) Ausschlussfrist mit Wiedereinsetzungsmöglichkeit für sonstige Ansprüche (§ 676b 536 Abs. 3 BGB). Für andere als die genannten Erstattungsansprüche, namentlich für Schadensersatzansprüche nach § 675z S. 2–4 BGB, sieht Abs. 3 dasselbe Regime vor, mit dem einzigen Unterschied, dass hier Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei unverschuldeter Fristversäumnis gewährt wird. Das betrifft vor allem Zinsschäden und Folgeschäden einer verzögerten Gutschrift. Mit der Richtlinie, die nicht solchermaßen differenziert, sollte diese Unterscheidung dennoch kompatibel sein. Denn diese sieht zwar den Fristanlauf allein nach den beiden genannten Kriterien vor (Belastungsbuchung bzw. Erfüllung der Informationspflicht), muss (und sollte m.E.) jedoch nicht so verstanden werden, dass Rechte auch dann entfallen, wenn der Zahlungsdienstnutzer sie noch gar nicht geltend machen konnte. Letzteres ist bei Schadensersatzansprüchen, wie sie § 675z S. 2–4 BGB statuieren, denkbar, wenn der Schaden noch nicht eingetreten ist.

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1196 1197 Rn 5.

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Foerster AcP 213 (2013), 405 (407 f.) (implizit); Winkelhaus BKR 2010, 441 (444). Gegen eine Anwendung von § 676b Abs. 2 BGB auf diesen Zahlungsdienstleister: Palandt/Sprau § 676b

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Letztlich ist das freilich eine (letztverbindlich vom EuGH zu entscheidende) Frage der Auslegung der Richtlinie. 537

c) Paralleles Ausschlussfristenregime bei Nutzung von Zahlungsauslösediensten (§ 676b Abs. 4 und 5 BGB). Wie § 676a Abs. 2 und 3 BGB für den Fall des Regresses geht auch § 676b Abs. 4 und 5 BGB für die Frage nach Ausschlussfristen für die Geltendmachung der Erstattungs- und Schadensersatzansprüche des Zahlers gegen das Zahlerinstitut davon aus, dass dieses Zahlerinstitut für Fehler des Zahlungsauslösedienstes haftet – dies für unberechtigte Auslösung nicht autorisierter Zahlungsvorgänge (§ 675u S. 5 BGB) ebenso wie für die nicht erfolgte oder fehlerhafte Auslösung bei Vorliegen einer Autorisierung (und Verpflichtung zur entsprechenden Auslösung eines Zahlungsvorgangs nach dem Grundsatz der Auftagsstrenge) (vgl. § 675y Abs. 1 S. 3 und Abs. 3 S. 2 BGB). Abs. 4 und 5 stellen – weitgehend deklaratorisch – für die Frage nach dem Ablauf der Ausschlussfrist klar, ob es für die verschiedenen auslösenden Faktoren auf Handeln des Zahlungsauslöse- oder des kontoführenden Instituts ankommt – und zwar Abs 4 für die (verschuldensunabhängig eingreifenden Erstattungs-)Ansprüche nach § 675y BGB, Abs. 5 hingegen für die (verschuldensabhängigen) Schadensersatzansprüche nach § 675z S. 2–5 BGB.1198 Dabei entspricht Abs. 4 wörtlich und inhaltlich Abs. 2 (für Ansprüche nach § 675y BGB) – mit der Maßgabe, dass die Haftung auch im Falle der Einschaltung eines Zahlungsauslösedienstes ausdrücklich allein wieder das Zahlerinstitut trifft und die Frist (ganz wie in Abs. 2) mit dem späteren der beiden Zeitpunkte anläuft: dem Folgetag der Belastungsbuchung oder dem Tag zutreffender Informierung des Zahlungsdienstnutzers nach Art. 248 §§ 7, 10 und 14 EGBGB (Zahlungsauslöseinformationen, vgl. oben Dritter Teil Rn 125–129).1199 Abs. 5 entspricht demgegenüber Abs. 3 (für Ansprüche nach § 675z S. 2–5 BGB) und erlaubt wiederum die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Nr. 2). Zudem zieht die Regelung aus dem Umstand, dass in § 675z BGB die Haftung zwischen Zahlerinstitut und Zahlungsauslösedienst aufgeteilt ist, den Schluss, dass Anmeldung eines Anspruches durch den Zahler gegenüber seinem kontoführenden Institut beiden potentiellen Anspruchsgegnern gegenüber die Frist wahrt, auch dem Zahlungsauslösedienst gegenüber, der evtl. allein in Anspruch genommen wird (Nr. 1).1200

d) Grenzen nach § 676b Abs. 1 BGB (Unverzüglichkeit) und Zulässigkeit von (weiteren) Genehmigungsfiktionen? Teils wird § 676b Abs. 1 BGB als Obliegenheit verstanden,1201 so dass der Zahler, der nicht „unverzüglich“ – i.d.R. in wenigen Tagen – die Erstattungs- oder Haftungsansprüche geltend macht, dieser verlustig ginge. Diese Norm wurde bereits oben anders ausgelegt (und kommentiert), als eine Norm, die weiterem Drittmissbrauch vorbeugen soll, also den Zahlungsdienstleister vor allem warnen soll. Vorliegend ist nur darauf hinzuweisen, dass die Annahme einer Obliegenheit auch zu einem äußerst unbefriedigenden Ergebnis führen würde: Die Ausschlussfristen in Abs. 2 und 3, die den Kern der Regelung darstellen, würden ganz ihrer Bedeutung beraubt, weil „Unverzüglichkeit“ sicherlich nicht Raum für 13 Monate lässt, und der Zahler müsste in wenigen Tagen über Anspruchsgeltendmachung oder nicht entscheiden. 539 Unklar ist jedoch auch, ob die im deutschen Recht übliche Vereinbarung zusätzlicher Fristen für die Anspruchsgeltendmachung zulässig ist, namentlich in Nr. 7 AGB-Banken, der vorgibt, dass Einwendungen gegen Kontoabschlüsse innerhalb von 6 Wochen nach Zugang derselben zu erheben sind.1202 Gegen deren Zulässigkeit wird vor allem vorgetragen, dass eine

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1198 Ebenso und näher (und auch zum weitgehend deklaratorisch-klarstellenden Charakter der beiden Regeln) etwa BT-Drs. 18/11495, S. 178 f.; Palandt/Sprau § 676b Rn 8 f. 1199 Spezifisch zur Ausschlussfrist nach Abs. 4 auch BT-Drs. 18/11495, S. 178 f.; Palandt/Sprau § 676b Rn 8, 6. 1200 Spezifisch zur Ausschlussfrist nach Abs. 5 auch BT-Drs. 18/11495, S. 179; Palandt/Sprau § 676b Rn 9, 7. 1201 Vgl. oben Dritter Teil Rn 456, 492. 1202 Näher zum Wirkmechanismus Zweiter Teil Rn 166, 309–314.

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solche weitere Fristenregelung die Beweislast nach § 675w BGB zu Lasten des Zahlungsdienstnutzers verschiebe und dies unter Verstoß gegen § 675e Abs. 1 BGB (Grundsatz des einseitig zwingenden Charakters der Richtlinie und deren Umsetzung).1203 Ausgangspunkt für eine Antwort auf diese Frage muss freilich – auch nach Europäischem Recht – das nationale Recht, namentlich der Wille des nationalen Gesetzgebers sein. Dieser wollte diese Möglichkeit einer zusätzlichen, kürzeren Frist nicht beschneiden.1204 Der Ausgangspunkt ist – ausnahmsweise – das nationale Recht, weil der Europäische Gesetzgeber auf dieses verweist (vgl. 31. Erwägungsgrund ZD-RL I). Zwar ist dort nur von den nationalen Verjährungsfristen die Rede, die – neben der 13Monatsfrist – einzuhalten sind. Freilich bestimmt auch Art. 71 ZD-RL II (ex-Art. 58 ZD-RL I), dass die Ansprüche nach 13 Monaten „spätestens“ geltend zu machen sind, und der 31. Erwägungsgrund der ersten ZD-RL betont, dass dies der Kanalisierung der Risiken für die Zahlungsdienstleister diene. All dies spricht dafür, dass kürzere Fristen, die im nationalen Recht anerkannt waren, in der Tat weiter bestehen können sollten. Und obwohl die Genehmigungsfiktion nach 6 Wochen ab Abschluss des Quartalssaldos auf Klauselrecht (Nr. 7 AGB-Banken) beruht, ist diese Ausgestaltung doch in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen worden (vgl. § 308 Nr. 5 lit. a BGB) und diese klauselrechtlichen Schranken einer Inhaltskontrolle sind selbstverständlich zu beachten.1205 Die 13-Monatsfrist schneidet dann nur noch den Anspruch ab, das Anerkenntnis und seine Wirkung nach Bereicherungsrecht (und mit umgekehrter Beweislast) zurückzunehmen.1206 Auch kann der Zahlungsdienstenutzer während der 13-Monatsfrist weiter verlangen, dass ihm die technischen Aufzeichnungen zur Ausführung zugänglich gemacht werden (§ 676 BGB). 2. Haftungsausschluss bei unvermeidbaren Ereignissen und gesetzlicher Pflichterfül- 540 lung (§ 676c BGB). Die Erstattungs- und Haftungsansprüche nach dem dritten Kapitel (§§ 675j ff BGB), namentlich gegen das Zahlerinstitut nach §§ 675u, 675y Abs. 1 und 2 S. 2, 675z BGB, gegen das Zahlungsempfängerinstitut nach §§ 675t, 675y Abs. 2 S. 1 und 3, 675z BGB und im Interbankenverhältnis nach § 676a Abs. 1 BGB – verschuldensunabhängige Ansprüche ebenso wie verschuldensabhängige – unterliegen zwei Schranken: Sie entfallen, wenn der Haftungstatbestand durch unvorhersehbare/unvermeidbare Ereignisse verursacht wurde oder die Handlung geboten war, weil sie gesetzlich angeordnet war (§ 676c BGB). Nicht erfasst – wenn auch meistens materiell diesen Schranken ebenfalls unterliegend – sind Ansprüche, die nicht in §§ 675j ff BGB geregelt, neben den hier statuierten Ansprüchen jedoch noch zugelassen sind – etwa Ansprüche im Valutaverhältnis oder andersartige und trotz § 675z S. 1 BGB zugelassene Ansprüche. Im Rahmen von außereuropäischen Bestandteilen von Drittstaatensachverhalten (agierende Filiale bzw. Transaktionswährung in/von Drittstaaten) können weiterreichende Haftungsausschlüsse vereinbart werden (§ 675e Abs. 2 Nr. 2 BGB), desweiteren in B2B-Tranksaktionen, weil und soweit Ansprüche auch gänzlich abbedungen werden können (vgl. im einzelnen § 675e Abs. 4 BGB, auch wenn dieser § 676c BGB nicht nennt).

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1203 Bamberger/Schmalenbach § 676b BGB Rn 13; auch Laitenberger NJW 2010, 192 (194). 1204 Ausdrücklich so: BT-Drucks. 16/11643, S. 119; ebenso BankR-Hdb/Maihold § 54 Rn 124; für den Anlauf von Verjährungsfristen im Lastschriftverfahren vgl. OLG Frankfurt/M. Urt. v. 6.3.2019 – 3 U 145/15 BeckRS 2019, 5090. In Frankreich wurde die frühere Verkürzungsmöglichkeit für die Einspruchsfrist freilich aufgegeben: Art. 133–24 Code monétaire et financier; Piedelièvre Paiement, S. 414; wie in Deutschland blieb hingegen offenbar in Großbritannien auch eine weitere Verkürzung der 13-Monatsfrist zugelassen: sec. 59(1) PSR; Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 607 („without undue delay, and no longer than 13 months“); zu dieser Formel Bankers Trust Co. v. State Bank of India [1991] 2 Lloyds Rep. 443. 1205 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.5.2011 – 13 U 66/10, ZIP 2011, 1139 (1140). 1206 Näher zum Wirkmechanismus Zweiter Teil Rn 314, 317 f.

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a) Unvermeidbare Ereignisse. Die genannten Ansprüche entfallen bei unvermeidbaren Ereignissen, insbes. höherer Gewalt (entsprechend Art. 93 ZD-RL II, Art. 78 ZD-RL I und § 676c BGB).1207 Umgekehrt folgt daraus für den Aufwendungsersatzanspruch, dass er in diesen Fällen erhalten bleibt, vor allem auch bei höherer Gewalt.1208 Dieser Ausnahmetatbestand erfordert, dass (i) das Ereignis ungewöhnlich und (daher) nicht vorhersehbar war, also bei Pflichtenübernahme auch nicht berücksichtigt werden konnte, dass (ii) die verpflichtete Partei es auch nicht in der Ausführungsphase hätte beeinflussen können und (iii) auch die Folgen nicht bei gebotener Sorgfalt hätte vermeiden können. Bei den ersten beiden Kriterien genügt – anders als beim dritten – die Anwendung gebotener Sorgfalt nicht. Insbesondere technische Mängel mögen nicht verschuldet sein, sind jedoch vorhersehbar. Auch die Fälschungsgefahr und ihre Realisierung im Einzelfall ist nicht unvorhersehbar, teils sogar beeinflussbar, jedenfalls aus diesem Grunde nicht als Fall höherer Gewalt zu sehen.1209

542

b) Gesetzliche Verpflichtung. Auch die Erfüllung einer gesetzlich angeordneten Verpflichtung lässt die Ansprüche nach §§ 675j ff BGB entfallen, namentlich von Verpflichtungen aus staatlicher Regulierung, etwa Währungs- und Devisenregulierung, vor allem jedoch auch gesetzlichen Verpflichtungen zugunsten von Gläubigern (Pfändung, Insolvenzrecht etc.).

Anhang zu Abschnitt 1–4: Klauselwerke zu Zahlungsdiensten K. Klauselwerke zu Zahlungsdiensten

1. 2. 3. 4.

543

Übersicht Abkommen über die SEPA-Überweisung | 543 Bedingungen für den Überweisungsverkehr | 544 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im SEPA-Firmenlastschriftverfahren | 545 Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im SEPA-Basislastschriftverfahren | 546

5. 6. 7. 8.

Muster Basis- und Firmenlastschrift – Abbuchungsermächtigungsauftrag | 547 Bedingungen Privatbanken für die Girocard | 548 Händlerbedingungen Girocard (Deutsche Kreditwirtschaft) | 549 Kreditkarten-Kundenbedingungen (Deutsche Bank) | 550

1. Abkommen über die SEPA-Überweisung1210 Fn bleibt, da sonst viele Verschiebungen Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V., Berlin, Bundesverband deutscher Banken e.V., Berlin, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., Berlin,

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1207 Nach der (insoweit ausführlicheren) Üw-RL neben Naturereignissen auch Verhalten Dritter (vor allem Staaten) außerhalb der Überweisungskette, wenn es im konkreten Falle nicht vorhersehbar und unvermeidbar war, nicht jedoch Versagen oder Insolvenz eines zwischengeschalteten Instituts: Grundmann EG-Schuldvertragsrecht 4.13 Rn 26; kaum haltbar ist es, Insolvenz eines zwischengeschalteten Instituts als Fall höherer Gewalt zu qualifizieren, ebenso Schwintowski (4. Aufl.) § 8 Rn 335 (in Neuaufl. nicht enthalten); so jedoch Bydlinski WM 1999, 1046 (1047); und wohl auch Becher DStR 1999, 1360 (1363). 1208 So wird § 670 BGB schon in der allgemeinen auftragsrechtlichen Dogmatik verstanden: vgl. RG WarnR 1919 Nr. 60, S. 87; Staudinger/Martinek/Omlor § 670 BGB Rn 1 ff. 1209 OLG Frankfurt/M Urt. v. 11.5.2017 – 1 U 224/15, VUR 2017, 463 (Rn 3). 1210 Stand November 2017. Text gilt seit 13.1.2018 – https://beck-online.beck.de/Dokument/Gesamtversion? vpath=bibdata%2Fges%2FKWG_312497%2Fcont%2FKWG_312497.htm&isAktuellGueltigeGesamtversion=True#law anchor_kwg_312497.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Deutsche Sparkassen- und Giroverband e.V., Berlin, Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V., Berlin, sowie die Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main, – nachstehend Vertragspartner genannt schließen – die beteiligten Verbände namens der ihnen angeschlossenen Kreditinstitute – folgendes Abkommen. Abschnitt I Anwendungsbereich (1) Das Abkommen gilt ausschließlich für Überweisungen zwischen in Deutschland geführten Konten von Zahlern und Zahlungsempfängern, die zwischenbetrieblich gemäß den Bestimmungen des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council (im Folgenden „SEPA-Inlandsüberweisung”) abgewickelt werden. (2) Für die Zwecke dieses Abkommens erfasst der Begriff „Zahlungsdienstleister” auch die Deutsche Bundesbank, soweit sie nicht in ihrer Eigenschaft als Betreiberin von Zahlungssystemen handelt. Abschnitt II Ergänzende Bestimmungen zum „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook“ des European Payment Council für SEPA-Inlandsüberweisungen Nummer II.1 Bearbeitung beleghaft eingereichter SEPA-Inlandsüberweisungen (1) Die Zahlungsdienstleister nehmen SEPA-Inlandsüberweisungen auf gemäß den „Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke“ gestalteten Vordrucken entgegen. (2) Für die Herstellung und Ausgabe von neutralen SEPA-Überweisungs-/Zahlscheinvordrucken mit KundenReferenznummer (Belegschlüssel „07”) sind mit dem Zahlungsempfänger die „Sonderbedingungen für Herstellung und Ausgabe neutraler SEPA-Überweisungs-/Zahlscheinvordrucke, Referenz mit prüfziffergesicherten Referenzdaten (RF)” gemäß Anlage 1 zu Anhang 2 der „Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke” zu vereinbaren. (3) Für die Überleitung von neutralen SEPA-Überweisungen/Zahlscheinen mit Kunden-Referenznummer (Belegschlüssel „07”), die nach dem in Anlage 1 zu Anhang 1 der „Richtlinien für einheitliche Zahlungsverkehrsvordrucke” beschriebenen Verfahren gesichert sind, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine Prüfzahlkontrolle der Verwendungszweckangaben durchzuführen: – Ist das Prüfergebnis positiv, so hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Kunden-Referenznummer in den strukturierten Verwendungszweck zu stellen. – Ist das Prüfergebnis negativ, so hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers die Kunden-Referenznummer in den unstrukturierten Verwendungszweck zu stellen. (4) Bei der Überleitung von SEPA-Überweisungen/Zahlscheinen, Spende (Belegschlüssel „06”) belegt der Zahlungsdienstleister des Zahlers das Element „Purpose” des „Interbank Payment Dataset (DS-02)” mit dem Kennzeichen „CHAR”. Nummer II.2 Prüfung der IBAN des Zahlungsempfängers (1) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers hat bei allen ausgehenden Überweisungen die Prüfzahl aus der IBAN des Zahlungsempfängers zu prüfen: – Ist das Prüfergebnis positiv, darf der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Datensatz weitergeben. – Ist das Prüfergebnis negativ, darf der Zahlungsdienstleister des Zahlers den Datensatz nicht weitergeben. Nummer II.3 Direkt- und Ketten-Nachfrage durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers (1) Das „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council enthält kein Verfahren für eine Direkt- oder Ketten-Nachfrage. Die Vertragspartner werden gegenüber dem European Payments Council dafür eintreten, ein entsprechendes Verfahren aufzunehmen. Solange dies noch nicht erfolgt ist, wird in Ergänzung des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council Folgendes für die Direkt- und KettenNachfrage geregelt.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(2) Eine Direkt-Nachfrage ist vom Zahlungsdienstleister des Zahlers mit dem Vordruck gemäß Anlage 1 an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu richten. Die Direkt-Nachfrage ist vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers unverzüglich, jedoch längstens innerhalb von drei Bankgeschäftstagen (Eingangsgeschäftstag plus zwei Bankgeschäftstage) auf diesem Vordruck zu beantworten. (3) Ergibt die Direkt-Nachfrage, dass der Überweisungsbetrag nicht beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers eine Ketten-Nachfrage mit dem Vordruck gemäß Anlage 2 auslösen. Die hierbei eingeschalteten Zahlungsdienstleister haben diese unverzüglich, jedoch längstens innerhalb von drei Bankgeschäftstagen (Eingangsgeschäftstag plus zwei Bankgeschäftstage) entweder zu beantworten oder weiterzuleiten. (4) Die Direkt- oder Kettennachfrage ist auf telekommunikativem Wege an die im Interbankenband angegebene zuständige Stelle zu übermitteln. Die im Vordruck gemäß Anlage 1 beziehungsweise Anlage 2 angegebenen Daten – IBAN des Zahlungsempfängers, – BIC des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers, – End-to-End Identification, – Transaction Identification, – Betrag, – IBAN des Zahlers und – BIC des Zahlungsdienstleisters des Zahlers müssen mit dem übermittelten Datensatz der Überweisung übereinstimmen. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers ist berechtigt, den Vorgang anhand dieser Daten zu bearbeiten. (5) Die Antwort auf eine Direkt- oder Kettennachfrage ist auf telekommunikativem Wege an die im Vordruck angegebene Stelle zu übermitteln. (6) Die Bearbeitung von Direkt- und Kettennachfragen durch die beteiligten Zahlungsdienstleister erfolgt gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlers unentgeltlich. Nummer II.4 Anfrage zur Rücküberweisung oder zur Adressmitteilung (1) Eine Anfrage zur Rücküberweisung oder zur Adressmitteilung darf vom Zahlungsdienstleister des Zahlers erst nach Beginn der Ausführung des Überweisungsauftrags ausgelöst werden und ist auf Basis des „Recall“ gemäß den Bestimmungen des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook“ des European Payment Councils vorzunehmen. Die Bearbeitung durch den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erfolgt gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlers unentgeltlich. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat die Anfrage unverzüglich zu bearbeiten. Eine Ablehnung der Anfrage, soweit der namentlich bezeichnete Zahlungsempfänger mit dem tatsächlichen Zahlungsempfänger (Kontoinhaber) übereinstimmt, erfolgt unverzüglich und jedenfalls von zehn Bankgeschäftstagen. (2) Ist eine Rücküberweisung nicht möglich, hat der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers im Falle einer durch den Zahler fehlerhaft angegebenen Kundenkennung des Zahlungsempfängers oder im Falle einer nicht autorisierten Zahlung auf Anfrage des Zahlungsdienstleisters des Zahlers Name und Anschrift der Person mitzuteilen, auf deren Konto der Überweisungsbetrag gutgeschrieben wurde, damit der Zahler oder der Zahlungsdienstleister des Zahlers seine Ansprüche gegen diese Person durchsetzen kann. (3) Die Rücküberweisung oder Adressmitteilung hat unverzüglich und spätestens aber von vier Wochen ab Eingang der Anfrage beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu erfolgen. (4) Die Anfrage zur Rücküberweisung oder zur Adressmitteilung erfolgt auf telekommunikativem Wege mit Vordruck gemäß Anlage 3a. Nummer II.5 Überweisung ab Betrag von 15.000 Euro Bei Überweisungen ab Beträgen von 15.000 Euro, die nicht im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs mit dem Zahlungsempfänger liegen oder gegen deren Ordnungsmäßigkeit im Einzelfall Bedenken bestehen, wird vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erwartet, dass er durch den Zahlungsdienstleister des Zahlers bei dem Zahler zurückfragt. Dies gilt insbesondere bei Überweisungen zugunsten neu eröffneter Konten innerhalb der ersten sechs Monate nach Kontoeröffnung. Es wird erwartet, dass die Rückfrage spätestens bis 14.30 Uhr an dem auf die Anfrage folgenden Bankgeschäftstag beantwortet wird.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Nummer II.6 Zurückgegebene SEPA-Inlandsüberweisungen Für SEPA-Inlandsüberweisungen sind in Ergänzung des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council nur die Rückgabegründe gemäß Anlage 4 zulässig. Nummer II.7 Vermittlung bei einer Streitigkeit In Ergänzung des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council (Kapitel 2.3.1 der „SEPA Scheme Management Internal Rules”) gilt im Falle einer Streitigkeit zwischen den beteiligten Zahlungsdienstleistern über eine SEPA-Inlandsüberweisung, dass diese Kreditinstitute den oder die jeweils zuständigen Vertragspartner zur Vermittlung einschalten können. Die Vermittlungssprache ist deutsch, wenn diese nicht anders zwischen den Zahlungsdienstleistern und den angerufenen Vertragspartnern vereinbart wird. Nummer II.8 Gerichtliche Auseinandersetzung Bei einem Rechtsstreit über eine SEPA-Inlandsüberweisung zwischen den beteiligten Zahlungsdienstleistern gilt die Schiedsgerichtsklausel zur Einschaltung der Internationalen Handelskammer in dem „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council (Kapitel 2.3.7 der „SEPA Scheme Management Internal Rules”) nicht, außer die beteiligten Zahlungsdienstleister vereinbaren etwas anderes. Stattdessen ist der Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht zu führen. Der Gerichtsstand bestimmt sich nach deutschem Recht. Nummer II.9 Recall Die Bearbeitung des „Recall” einer SEPA-Inlandsüberweisung gemäß den Bestimmungen des „SEPA Credit Transfer Scheme Rulebook” des European Payments Council erfolgt durch den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers gegenüber dem Zahlungsdienstleister des Zahlers unentgeltlich. Abschnitt III Schlussbestimmungen Nummer III.1 Rechte und Pflichten Dieses Abkommen begründet Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Zahlungsdienstleistern. Nummer III.2 Inkrafttreten Dieses Abkommen tritt zum 13. Januar 2018 in Kraft und ersetzt die bisherigen Fassungen vom 24. November 2014. Nummer III.3 Änderung der Anlagen Die in diesem Abkommen in Bezug genommenen Anlagen sind Bestandteile des Abkommens. Die Regelungen in den Anlagen können durch Beschluss der Vertragspartner im Betriebswirtschaftlichen Arbeitskreis der Spitzenverbände des Kreditgewerbes geändert werden. Die Änderungen werden für die Zahlungsdienstleister verbindlich, die diesen Änderungen nicht binnen einer Frist von einem Monat nach deren Bekanntgabe widersprechen; die Zahlungsdienstleister werden auf diese Möglichkeit des Widerspruchs jeweils bei Bekanntgabe der Änderungen in jedem Einzelfall hingewiesen. Der Widerspruch ist über den für das angeschlossene Kreditinstitut zuständigen Spitzenverband des deutschen Kreditgewerbes an den im Zentralen Kreditausschuss federführenden Verband zu richten. Der Widerspruch der übrigen Zahlungsdienstleister ist unmittelbar an den im Zentralen Kreditausschuss federführenden Verband zu richten. Dieser hat die übrigen Vertragspartner unverzüglich und die Zahlungsdienstleister, die nicht angeschlossene Kreditinstitute sind, entsprechend zu unterrichten.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nummer III.4 Kündigung (1) Dieses Abkommen kann von jedem Zahlungsdienstleister oder einem Vertragspartner mit einer Frist von zwölf Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. (2) Kündigungen haben durch einen eingeschriebenen Brief gegenüber dem im Zentralen Kreditausschuss federführenden Verband zu erfolgen. Dieser hat die Kündigung den Vertragspartnern und den übrigen diesem Abkommen angeschlossenen Zahlungsdienstleistern mitzuteilen. (3) Kündigt ein angeschlossenes Kreditinstitut, ist die Erklärung über den zuständigen Vertragspartner an den im Zentralen Kreditausschuss federführenden Verband zu richten. Die Kündigung muss in diesen Fällen spätestens am vierzehnten Tag der Kündigungsfrist bei dem im Zentralen Kreditausschuss federführenden Verband eingegangen sein. Dieser hat die Kündigung den Vertragspartnern und den übrigen diesem Abkommen angeschlossenen Zahlungsdienstleistern – soweit möglich über die Vertragspartner – mitzuteilen. (4) Durch eine Kündigung wird das Fortbestehen dieses Abkommens zwischen den übrigen Vertragspartnern nicht berührt. Schlussformel Berlin, Frankfurt am Main, im November 2017 Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V., Berlin Bundesverband deutscher Banken e.V., Berlin Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V., Berlin Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Berlin Verband deutscher Pfandbriefbanken e.V., Berlin Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main Anlage 1 Direkt-Nachfrage Anlage 2 Ketten-Nachfrage Anlage 3a Telekommunikative Anfrage zur Rücküberweisung oder zur Adressmitteilung Anlage 4 Rückgabegründe für SEPA-Inlandsüberweisungen (sämtlich nicht abgedruckt)

2. Bedingungen für den Überweisungsverkehr*

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Für die Ausführung von Überweisungsaufträgen von Kunden gelten die folgenden Bedingungen. Nr. 1 Allgemein Nr. 1.1 Wesentliche Merkmale der Überweisung einschließlich des Dauerauftrags Der Kunde kann die Bank beauftragen, durch eine Überweisung Geldbeträge bargeldlos zugunsten eines Zahlungsempfängers an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zu übermitteln. Der Kunde kann die Bank auch beauftragen, jeweils zu einem bestimmten wiederkehrenden Termin einen gleich bleibenden Geldbetrag an das gleiche Konto des Zahlungsempfängers zu überweisen (Dauerauftrag). Nr. 1.2 Kundenkennungen Für das Verfahren hat der Kunde folgende Kundenkennung des Zahlungsempfängers zu verwenden: Zielgebiet

Währung

Kundenkennung des Zahlungsempfängers

Inland

Euro

– IBAN1

_____ * 1

Stand: 13. Januar 2018. Muster des Bundesbandes deutscher Banken e.V. International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Zielgebiet

Währung

Kundenkennung des Zahlungsempfängers

Grenzüberschreitend innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums2

Euro

– IBAN

Inland oder innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums

Andere Währung als Euro

– IBAN und BIC3 oder – Kontonummer und BIC

Außerhalbdes Europäischen Wirtschaftsraums

Euro oder andere Währung

– IBAN und BIC oder – Kontonummer und BIC

Die für die Ausführung der Überweisung erforderlichen Angaben bestimmen sich nach Nummer 2.1., 3.1.1 und 3.2.1. Nr. 1.3 Erteilung des Überweisungsauftrags und Autorisierung (1) Der Kunde erteilt der Bank einen Überweisungsauftrag mittels eines von der Bank zugelassenen Formulars oder in der mit der Bank anderweitig vereinbarten Art und Weise (zum Beispiel per Online Banking) mit den erforderlichen Angaben gemäß Nummer 2.1 beziehungsweise Nummern 3.1.1. und 3.2.1. Der Kunde hat auf Leserlichkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben zu achten. Unleserliche, unvollständige oder fehlerhafte Angaben können zu Verzögerungen und zu Fehlleitungen von Überweisungen führen; daraus können Schäden für den Kunden entstehen. Bei unleserlichen, unvollständigen oder fehlerhaften Angaben kann die Bank die Ausführung ablehnen (siehe auch Nummer 1.7). Hält der Kunde bei der Ausführung der Überweisung besondere Eile für nötig, hat er dies der Bank gesondert mitzuteilen. Bei formularmäßig erteilten Überweisungen muss dies außerhalb des Formulars erfolgen, falls das Formular selbst keine entsprechende Angabe vorsieht. (2) Der Kunde autorisiert den Überweisungsauftrag durch Unterschrift oder in der anderweitig mit der Bank vereinbarten Art und Weise (zum Beispiel per Online-Banking-PIN/TAN). In dieser Autorisierung ist zugleich die ausdrückliche Zustimmung enthalten, dass die Bank die für die Ausführung der Überweisung notwendigen personenbezogenen Daten des Kunden abruft (aus ihrem Datenbestand), verarbeitet, übermittelt und speichert. (3) Auf Verlangen des Kunden teilt die Bank vor Ausführung eines einzelnen Überweisungsauftrags die maximale Ausführungsfrist für diesen Zahlungsvorgang sowie die in Rechnung zu stellenden Entgelte und gegebenenfalls deren Aufschlüsselung mit. (4) Der Kunde ist berechtigt, für die Erteilung des Überweisungsauftrages an die Bank auch einen Zahlungsauslösedienst gemäß § 1 Absatz 33 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz zu nutzen, es sei denn, das Zahlungskonto des Kunden ist für ihn nicht online zugänglich. Nr. 1.4 Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank (1) Der Überweisungsauftrag wird wirksam, wenn er der Bank zugeht. Das gilt auch, wenn der Überweisungsauftrag über einen Zahlungsauslösedienstleister erteilt wird. Der Zugang erfolgt durch den Eingang des Auftrags in den dafür vorgesehenen Empfangsvorrichtungen der Bank (zum Beispiel mit Abgabe in den Geschäftsräumen oder Eingang auf dem Online-Banking Server der Bank). (2) Fällt der Zeitpunkt des Eingangs des Überweisungsauftrags nach Absatz 1 Satz 3 nicht auf einen Geschäftstag der Bank gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“, so gilt der Überweisungsauftrag erst am darauf folgenden Geschäftstag als zugegangen. (3) Geht der Überweisungsauftrag nach dem an der Empfangsvorrichtung der Bank oder im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Annahmezeitpunkt ein, so gilt der Überweisungsauftrag im Hinblick auf die Bestimmung der Ausführungsfrist (siehe Nummer 2.2.2) erst als am darauf folgenden Geschäftstag zugegangen.

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2 Zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern. 3 Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungscode).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 1.5 Widerruf des Überweisungsauftrags (1) Bis zum Zugang des Überweisungsauftrags bei der Bank (siehe Nummer 1.4 Absätze 1 und 2) kann der Kunde diesen durch Erklärung gegenüber der Bank widerrufen. Nach dem Zugang des Überweisungsauftrags ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 ein Widerruf nicht mehr möglich. Nutzt der Kunde für die Erteilung seines Überweisungsauftrags einen Zahlungsauslösedienstleister, so kann er den Überweisungsauftrag abweichend von Satz 1 nicht mehr gegenüber der Bank widerrufen, nachdem er dem Zahlungsauslösedienstleister die Zustimmung zur Auslösung der Überweisung erteilt hat. (2) Haben Bank und Kunde einen bestimmten Termin für die Ausführung der Überweisung vereinbart (siehe Nummer 2.2.2 Absatz 2), kann der Kunde die Überweisung beziehungsweise den Dauerauftrag (siehe Nummer 1.1) bis zum Ende des vor dem vereinbarten Tag liegenden Geschäftstags der Bank widerrufen. Die Geschäftstage der Bank ergeben sich aus dem „Preis und Leistungsverzeichnis“. Nach dem rechtzeitigen Zugang des Widerrufs eines Dauerauftrags bei der Bank werden keine weiteren Überweisungen mehr aufgrund des bisherigen Dauerauftrags ausgeführt. (3) Nach den in Absätzen 1 und 2 genannten Zeitpunkten kann der Überweisungsauftrag nur widerrufen werden, wenn Kunde und Bank dies vereinbart haben. Die Vereinbarung wird wirksam, wenn es der Bank gelingt, die Ausführung zu verhindern oder den Überweisungsbetrag zurück zu erlangen. Nutzt der Kunde für die Erteilung seines Überweisungsauftrags einen Zahlungsauslösedienstleister, bedarf es ergänzend der Zustimmung des Zahlungsauslösedienstleisters und des Zahlungsempfängers. [Für die Bearbeitung eines solchen Widerrufs des Kunden berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.]

Nr. 1.6 Ausführung des Überweisungsauftrags (1) Die Bank führt den Überweisungsauftrag des Kunden aus, wenn die zur Ausführung erforderlichen Angaben (siehe Nummern 2.1, 3.1.1 und 3.2.1) in der vereinbarten Art und Weise (siehe Nummer 1.3 Absatz 1) vorliegen, dieser vom Kunden autorisiert ist (siehe Nummer 1.3 Absatz 2) und ein zur Ausführung der Überweisung ausreichendes Guthaben in der Auftragswährung vorhanden oder ein ausreichender Kredit eingeräumt ist (Ausführungsbedingungen). (2) Die Bank und die weiteren an der Ausführung der Überweisung beteiligten Zahlungsdienstleister sind berechtigt, die Überweisung ausschließlich anhand der vom Kunden angegebenen Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2) auszuführen. (3) Die Bank unterrichtet den Kunden mindestens einmal monatlich über die Ausführung von Überweisungen auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg. Mit Kunden, die keine Verbraucher sind, kann die Art und Weise sowie die zeitliche Folge der Unterrichtung gesondert vereinbart werden.

Nr. 1.7 Ablehnung der Ausführung (1) Sind die Ausführungsbedingungen (siehe Nummer 1.6 Absatz 1) nicht erfüllt, kann die Bank die Ausführung des Überweisungsauftrags ablehnen. Hierüber wird die Bank den Kunden unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der in Nummer 2.2.1 beziehungsweise Nummer 3.1.2 und 3.2.2 vereinbarten Frist, unterrichten. Dies kann auch auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg geschehen. Dabei wird die Bank, soweit möglich, die Gründe der Ablehnung sowie die Möglichkeiten angeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. (2) Ist eine vom Kunden angegebene Kundenkennung für die Bank erkennbar keinem Zahlungsempfänger, keinem Zahlungskonto oder keinem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers zuzuordnen, wird die Bank dem Kunden hierüber unverzüglich eine Information zur Verfügung stellen und ihm gegebenenfalls den Überweisungsbetrag wieder herausgeben. [(3) Für die berechtigte Ablehnung der Ausführung eines autorisierten Überweisungsauftrags berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.]

Nr. 1.8 Übermittlung der Überweisungsdaten Im Rahmen der Ausführung der Überweisung übermittelt die Bank die in der Überweisung enthaltenen Daten (Überweisungsdaten) unmittelbar oder unter Beteiligung zwischengeschalteter Stellen an den Zahlungsdienstleister

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

des Zahlungsempfängers. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers kann dem Zahlungsempfänger die Überweisungsdaten, zu denen auch die IBAN des Zahlers gehört, ganz oder teilweise zur Verfügung stellen. Bei grenzüberschreitenden Überweisungen und bei Eilüberweisungen im Inland können die Überweisungsdaten auch über das Nachrichtenübermittlungssystem Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) mit Sitz in Belgien an den Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers weitergeleitet werden. Aus Gründen der Systemsicherheit speichert SWIFT die Überweisungsdaten vorübergehend in seinen Rechenzentren in der Europäischen Union, in der Schweiz und in den USA. Nr. 1.9 Anzeige nicht autorisierter oder fehlerhaft ausgeführter Überweisungen Der Kunde hat die Bank unverzüglich nach Feststellung eines nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Überweisungsauftrags zu unterrichten. Dies gilt auch im Fall der Beteiligung eines Zahlungsauslösedienstleisters. Nr. 1.10 Entgelte und deren Änderung Nr. 1.10.1 Entgelte für Verbraucher Die Entgelte im Überweisungsverkehr ergeben sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Änderungen der Entgelte im Überweisungsverkehr werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart, können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kunde kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden Änderungen der Entgelte angeboten, kann er diese Geschäftsbeziehung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Die Änderung von Entgelten für den Zahlungsdiensterahmenvertrag (Girovertrag) richtet sich nach Nummer 12 Absatz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nr. 1.10.2 Entgelte für Kunden, die keine Verbraucher sind Bei Entgelten und deren Änderung für Überweisungen von Kunden, die keine Verbraucher sind,verbleibt es bei den Regelungen in Nummer 12 Absätze 2 bis 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nr. 1.11 Wechselkurs Erteilt der Kunde einen Überweisungsauftrag in einer anderen Währung als der Kontowährung, wird das Konto gleichwohl in der Kontowährung belastet. Die Bestimmung des Wechselkurses bei solchen Überweisungen ergibt sich aus der Umrechnungsregelung im „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Eine Änderung des in der Umrechnungsregelung genannten Referenzwechselkurses wird unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung des Kunden wirksam. Der Referenzwechselkurs wird von der Bank zugänglich gemacht oder stammt aus einer öffentlich zugänglichen Quelle. Nr. 1.12 Meldepflichten nach Außenwirtschaftsrecht Der Kunde hat die Meldepflichten nach dem Außenwirtschaftsrecht zu beachten.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 2 Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums4 (EWR) in Euro oder in anderen EWR-Währungen5 Nr. 2.1 Erforderliche Angaben – –

– – – – –

Der Kunde muss im Überweisungsauftrag folgende Angaben machen: Name des Zahlungsempfängers, Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2), ist bei Überweisungen in anderen EWRWährungen als Euro der BIC unbekannt, ist statt dessen der vollständige Name und die Adresse des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers anzugeben, Währung (gegebenenfalls in Kurzform gemäß Anlage 1), Betrag, Name des Kunden, IBAN des Kunden; [und bei grenzüberschreitenden Überweisungen die Entgeltweisung „Entgeltteilung“ zwischen Kunde und Zahlungsempfänger] Nr. 2.2 Maximale Ausführungsfrist Nr. 2.2.1 Fristlänge

Die Bank ist verpflichtet sicherzustellen, dass der Überweisungsbetrag spätestens innerhalb der im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Ausführungsfrist beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. Nr. 2.2.2 Beginn der Ausführungsfrist (1) Die Ausführungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt des Zugangs des Überweisungsauftrags des Kunden bei der Bank (siehe Nummer 1.4.). (2) Vereinbaren die Bank und der Kunde, dass die Ausführung der Überweisung an einem bestimmten Tag oder am Ende eines bestimmten Zeitraums oder an dem Tag, an dem der Kunde der Bank den zur Ausführung erforderlichen Geldbetrag in der Auftragswährung zur Verfügung gestellt hat, beginnen soll, so ist der im Auftrag angegebene oder anderweitig vereinbarte Termin für den Beginn der Ausführungsfrist maßgeblich. Fällt der vereinbarte Termin nicht auf einen Geschäftstag der Bank, so beginnt die Ausführungsfrist am darauf folgenden Geschäftstag. Die Geschäftstage der Bank ergeben sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. (3) Bei Überweisungsaufträgen in einer vom Konto des Kunden abweichenden Währung beginnt die Ausführungsfrist erst an dem Tag, an dem der Überweisungsbetrag in der Auftragswährung vorliegt Nr. 2.3 Erstattungs-, Berichtigungs- und Schadensersatzansprüche des Kunden Nr. 2.3.1 Erstattung bei einer nicht autorisierten Überweisung Im Falle einer nicht autorisierten Überweisung (siehe Nummer 1.3 Absatz 2) hat die Bank gegen den Kunden keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Sie ist verpflichtet, dem Kunden den Überweisungsbetrag zu erstatten und, sofern der Betrag einem Konto des Kunden belastet worden ist, dieses Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung mit der nicht autorisierten Überweisung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Überweisung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kunden vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unver-

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4 Zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern. 5 Zu den EWR-Währungen gehören derzeit: Euro, Britisches Pfund Sterling, Bulgarischer Lew, Dänische Krone, Isländische Krone, Kroatische Kuna, Norwegische Krone, Polnischer Zloty, Rumänischer Leu, Schwedische Krone, Schweizer Franken, Tschechische Krone, Ungarischer Forint.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

züglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 die Bank. Nr. 2.3.2 Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Überweisung (1) Im Falle einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Überweisungsbetrages insoweit verlangen, als die Zahlung nicht erfolgt oder fehlerhaft war. Wurde der Betrag dem Konto des Kunden belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den nicht erfolgten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. Wird eine Überweisung vom Kunden über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 1 und 2 die Bank. Soweit vom Überweisungsbetrag von der Bank oder zwischengeschalteten Stellen Entgelte abgezogen worden sein sollten, übermittelt die Bank zugunsten des Zahlungsempfängers unverzüglich den abgezogenen Betrag. (2) Der Kunde kann über den Absatz 1 hinaus von der Bank die Erstattung derjenigen Entgelte und Zinsen insoweit verlangen, als ihm diese im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung der Überweisung in Rechnung gestellt oder auf seinem Konto belastet wurden. (3) Im Falle einer verspäteten Ausführung einer autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank fordern, dass die Bank vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verlangt, die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers so vorzunehmen, als sei die Überweisung ordnungsgemäß ausgeführt worden. Die Pflicht aus Satz 1 gilt auch, wenn die Überweisung vom Kunden über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst wird. Weist die Bank nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, entfällt diese Pflicht. [Die Pflicht nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Kunde kein Verbraucher ist.] (4) Wurde eine Überweisung nicht oder fehlerhaft ausgeführt, wird die Bank auf Verlangen des Kunden den Zahlungsvorgang nachvollziehen und den Kunden über das Ergebnis unterrichten Nr. 2.3.3 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (1) Bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Überweisung oder bei einer nicht autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank einen Schaden, der nicht bereits von Nummern 2.3.1 und 2.3.2 erfasst ist, ersetzt verlangen. Dies gilt nicht, wenn die Bank die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Bank hat hierbei ein Verschulden, das einer zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten, es sei denn, dass die wesentliche Ursache bei einer zwischengeschalteten Stelle liegt, die der Kunde vorgegeben hat. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. (2) Die Haftung nach Absatz 1 ist auf 12.500,– Euro begrenzt. Diese betragsmäßige Haftungsgrenze gilt nicht – für nicht autorisierte Überweisungen, – bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank, – für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, und – für den Zinsschaden, wenn der Kunde Verbraucher ist. Nr. 2.3.4 Ansprüche von Kunden, die keine Verbraucher sind Abweichend von den Ansprüchen in Nummer 2.3.2 und in Nummer 2.3.3 haben Kunden, die keine Verbraucher sind, bei einer nicht erfolgten, fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Überweisung oder bei einer nicht autorisierten Überweisung neben etwaigen Herausgabenansprüchen nach § 667 BGB und §§ 812 ff. BGB lediglich Schadensersatzansprüche nach Maßgabe folgender Regelungen: – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der von der Bank zwischengeschalteten Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle (weitergeleiteter Auftrag). – Ein Schadensersatzanspruch des Kunden ist der Höhe nach auf den Überweisungsbetrag zuzüglich der von der Bank in Rechnung gestellten Entgelte und Zinsen begrenzt. Soweit es sich hierbei um die Geltendmachung von Folgeschäden handelt, ist der Anspruch auf höchstens 12.500,– Euro je Überweisung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkungen gelten nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, sowie für nicht autorisierte Überweisungen.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 2.3.5 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Eine Haftung der Bank nach Nummern 2.3.2 bis 2.3.4 ist in folgenden Fällen ausgeschlossen: Die Bank weist gegenüber dem Kunden nach, dass der Überweisungsbetrag rechtzeitig und ungekürzt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. – Die Überweisung wurde in Übereinstimmung mit der vom Kunden angegebenen fehlerhaften Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2) ausgeführt. In diesem Fall kann der Kunde von der Bank jedoch verlangen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. Ist die Wiedererlangung des Überweisungsbetrags nicht möglich, so ist die Bank verpflichtet, dem Kunden auf schriftlichen Antrag alle verfügbaren Informationen mitzuteilen, damit der Kunde gegen den tatsächlichen Empfänger der Überweisung einen Anspruch auf Erstattung des Überweisungsbetrags geltend machen kann. [Für die Tätigkeiten der Bank nach den Sätzen 2 und 3 dieses Unterpunktes berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (2) Ansprüche des Kunden nach Nummern 2.3.1 bis 2.3.4 und Einwendungen des Kunden gegen die Bank aufgrund nicht oder fehlerhaft ausgeführter Überweisungen oder aufgrund nicht autorisierter Überweisungen sind ausgeschlossen, wenn der Kunde die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Überweisung hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kunden über die Belastungsbuchung der Überweisung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Schadensersatzansprüche nach Nummer 2.3.3 kann der Kunde auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der Kunde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister auslöst. (3) Ansprüche des Kunden sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. –

Nr. 3 Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)6 in Währungen eines Staates außerhalb des EWR (Drittstaatenwährung)7 sowie Überweisungen in Staaten außerhalb des EWR (Drittstaaten)8 Nr. 3.1 Überweisungen innerhalb Deutschlands und in andere Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) in Währungen eines Staates außerhalb des EWR (Drittstaatenwährung) Nr. 3.1.1 Erforderliche Angaben – –



Der Kunde muss im für die Ausführung der Überweisung folgende Angaben machen: Name des Zahlungsempfängers, Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2); ist bei grenzüberschreitenden Überweisungen der BIC unbekannt, ist statt dessen der vollständige Name und die Adresse des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers anzugeben, Zielland (gegebenenfalls in Kurzform gemäß Anlage 1),

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6 Zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern. 7 Zum Beispiel US-Dollar. 8 Drittstaaten sind alle Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

– – – –

Währung (gegebenenfalls in Kurzform gemäß Anlage 1) Betrag, Name des Kunden, Kontonummer [und Bankleitzahl] oder IBAN des Kunden.

Nr. 3.1.2 Ausführungsfrist Die Überweisungen werden baldmöglichst bewirkt.

Nr. 3.1.3 Erstattungs-, Berichtigungs- und Schadensersatzansprüche des Kunden Nr. 3.1.3.1 Erstattung bei einer nicht autorisierten Überweisung Im Falle einer nicht autorisierten Überweisung (siehe oben Nummer 1.3 Absatz 2) hat die Bank gegen den Kunden keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Sie ist verpflichtet, dem Kunden den Zahlungsbetrag zu erstatten und, sofern der Betrag einem Konto des Kunden belastet worden ist, dieses Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch die nicht autorisierte Überweisung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“, zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Überweisung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kunden vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 die Bank. Nr. 3.1.3.2 Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Überweisung (1) Im Falle einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Überweisungsbetrages insoweit verlangen, als die Zahlung nicht erfolgt oder fehlerhaft war. Wurde der Betrag dem Konto des Kunden belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den nicht erfolgten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. Wird eine Überweisung vom Kunden über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 1 und 2 die Bank. Soweit vom Überweisungsbetrag von der Bank oder zwischengeschalteten Stellen Entgelte abgezogen worden sein sollten, übermittelt die Bank zugunsten des Zahlungsempfängers unverzüglich den abgezogenen Betrag. (2) Der Kunde kann über den Absatz 1 hinaus von der Bank die Erstattung derjenigen Entgelte und Zinsen insoweit verlangen, als ihm diese im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung der Überweisung in Rechnung gestellt oder auf seinem Konto belastet wurden. (3) Im Falle einer verspäteten Ausführung einer autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank fordern, dass die Bank vom Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers verlangt, die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers so vorzunehmen, als sei die Überweisung ordnungsgemäß ausgeführt worden. Die Pflicht aus Satz 1 gilt auch, wenn die Überweisung vom Kunden über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst wird. Weist die Bank nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, entfällt diese Pflicht. [Die Pflicht nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Kunde kein Verbraucher ist.] (4) Wurde eine Überweisung nicht oder fehlerhaft ausgeführt, wird die Bank auf Verlangen des Kunden den Zahlungsvorgang nachvollziehen und den Kunden über das Ergebnis unterrichten. Nr. 3.1.3.3 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (1) Bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Überweisung oder bei einer nicht autorisierten Überweisung kann der Kunde von der Bank einen Schaden, der nicht bereits von Nummern 3.1.3.1 und 3.1.3.2 erfasst ist, ersetzt verlangen. Dies gilt nicht, wenn die Bank die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Bank hat hierbei ein Verschulden, das einer zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten, es sei denn, dass die wesentliche Ursache bei einer zwischengeschalteten Stelle liegt, die der Kunde vorgegeben hat. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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(2) Die Haftung nach Absatz 1 ist auf 12.500 Euro begrenzt. Diese betragsmäßige Haftungsgrenze gilt nicht für nicht autorisierte Überweisungen, bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank, für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, und für den Zinsschaden, wenn der Kunde Verbraucher ist. Nr. 3.1.3.4 Sonderregelung für die außerhalb des EWR getätigten Bestandteile der Überweisung

Für die außerhalb des EWR getätigten Bestandteile der Überweisung bestehen abweichend von den Ansprüchen in den Nummern 3.1.3.2 und 3.1.3.3 bei einer nicht erfolgten, fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Überweisung neben etwaigen Herausgabeansprüchen nach § 667 BGB und §§ 812 ff. BGB lediglich Schadensersatzansprüche nach Maßgabe folgender Regelungen: – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der von der Bank zwischengeschalteten Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle (weitergeleiteter Auftrag). – Die Haftung der Bank ist auf höchstens 12.500 Euro je Überweisung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkung gilt nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat. Nr. 3.1.3.5 Ansprüche von Kunden, die keine Verbraucher sind Abweichend von den Ansprüchen in den Nummern 3.1.3.2 und 3.1.3.3 haben Kunden, die keine Verbraucher sind, bei einer nicht erfolgten, fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Überweisung oder bei einer nicht autorisierten Überweisung neben etwaigen Herausgabeansprüchen nach § 667 BGB und §§ 812 ff. BGB lediglich Schadensersatzansprüche nach Maßgabe folgender Regelungen: – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der von der Bank zwischengeschalteten Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle (weitergeleiteter Auftrag). – Ein Schadensersatzanspruch des Kunden ist der Höhe nach auf den Überweisungsbetrag zuzüglich der von der Bank in Rechnung gestellten Entgelte und Zinsen begrenzt. Soweit es sich hierbei um die Geltendmachung von Folgeschäden handelt, ist der Anspruch auf höchstens 12.500,– Euro je Überweisung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkungen gelten nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat sowie für nicht autorisierte Überweisungen. Nr. 3.1.3.6 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Eine Haftung der Bank nach Nummern 3.1.3.2 bis 3.1.3.5 ist in folgenden Fällen ausgeschlossen: Die Bank weist gegenüber dem Kunden nach, dass der Überweisungsbetrag ordnungsgemäß beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. – Die Überweisung wurde in Übereinstimmung mit der vom Kunden angegebenen fehlerhaften Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2) ausgeführt. In diesem Fall kann der Kunde von der Bank jedoch verlangen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. Ist die Wiedererlangung des Überweisungsbetrags nach Satz 2 nicht möglich, so ist die Bank verpflichtet, dem Kunden auf schriftlichen Antrag alle verfügbaren Informationen mitzuteilen, damit der Kunde gegen den tatsächlichen Empfänger der Überweisung einen Anspruch auf Erstattung des Überweisungsbetrags geltend machen kann. [Für die Tätigkeiten der Bank nach den Sätzen 2 und 3 dieses Unterpunktes berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (2) Ansprüche des Kunden nach Nummern 3.1.3.1 bis 3.1.3.5 und Einwendungen des Kunden gegen die Bank aufgrund nicht oder fehlerhaft ausgeführter Überweisungen oder aufgrund nicht autorisierter Überweisungen sind ausgeschlossen, wenn der Kunde die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Überweisung hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kunden über die Belastungsbuchung der Überweisung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderen–

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

falls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Schadensersatzansprüche nach Nummer 3.1.3.3 kann der Kunde auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der Kunde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister auslöst. (3) Ansprüche des Kunden sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. 3. Teil – Zahlungsgeschäft 4. Abschnitt – Ausführung und Haftung Grundmann Nr. 3.2 Überweisungen in Staaten außerhalb des EWR (Drittstaaten)9 Nr. 3.2.1 Erforderliche Angaben – –

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Der Kunde muss für die Ausführung der Überweisung folgende Angaben machen: Name des Zahlungsempfängers, Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2); ist bei grenzüberschreitenden Überweisungen der BIC unbekannt, ist statt dessen der vollständige Name und die Adresse des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers anzugeben, Zielland (gegebenenfalls in Kurzform gemäß Anlage 1), Währung (gegebenenfalls in Kurzform gemäß Anlage 1) Betrag, Name des Kunden, Kontonummer [und Bankleitzahl] oder IBAN des Kunden. Nr. 3.2.2 Ausführungsfrist Die Überweisungen werden baldmöglichst bewirkt. Nr. 3.2.3 Erstattungs- und Schadensersatzansprüche des Kunden Nr. 3.2.3.1 Erstattung bei einer nicht autorisierten Überweisung

(1) Im Falle einer nicht autorisierten Überweisung (siehe oben Nummer 1.3 Absatz 2) hat die Bank gegen den Kunden keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Sie ist verpflichtet, dem Kunden den Zahlungsbetrag zu erstatten und, sofern der Betrag einem Konto des Kunden belastet worden ist, dieses Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastung durch die nicht autorisierte Überweisung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“, zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Überweisung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kunden vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Wurde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst, so treffen die Pflichten aus den Sätzen 2 bis 4 die Bank. (2) Bei sonstigen Schäden, die aus einer nicht autorisierten Überweisung resultieren, haftet die Bank für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben.

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9 Drittstaaten sind alle Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes (derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 3.2.3.2 Haftung bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Überweisung Bei einer nicht erfolgten, fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Überweisung hat der Kunde neben etwaigen Herausgabeansprüchen nach § 667 BGB und §§ 812 ff. BGB Schadensersatzansprüche nach Maßgabe folgender Regelungen: – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der zwischengeschalteter Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle (weitergeleiteter Auftrag). – Die Haftung der Bank ist auf höchstens 12.500 Euro je Überweisung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkung gilt nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat. Nr. 3.2.3.3 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Eine Haftung der Bank nach Nummer 3.2.3.2 ist in folgenden Fällen ausgeschlossen: Die Bank weist gegenüber dem Kunden nach, dass der Überweisungsbetrag ordnungemäß beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. – Die Überweisung wurde in Übereinstimmung mit der vom Kunden angegebenen fehlerhaften Kundenkennung des Zahlungsempfängers (siehe Nummer 1.2) ausgeführt. In diesem Fall kann der Kunde von der Bank jedoch verlangen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. [Für die Tätigkeiten der Bank nach den Satz 2 dieses Unterpunktes berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (2) Ansprüche des Kunden nach Nummern 3.2.3.1 und 3.2.3.2 und Einwendungen des Kunden gegen die Bank aufgrund nicht oder fehlerhaft ausgeführter Überweisungen oder aufgrund nicht autorisierter Überweisungen sind ausgeschlossen, wenn der Kunde die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Überweisung hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kunden über die Belastungsbuchung der Überweisung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Schadensersatzansprüche kann der Kunde auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch dann, wenn der Kunde die Überweisung über einen Zahlungsauslösedienstleister auslöst. (3) Ansprüche des Kunden sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. –

Nr. 4 Anhang: Verzeichnis der Kurzformen für Zielland und Währungen (nicht abgedruckt)

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3. Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im SEPA-Firmenlastschriftverfahren* Für Zahlungen des Kunden, der kein Verbraucher1 ist, an Zahlungsempfänger mittels SEPA-Firmenlastschrift über sein Konto bei der Bank gelten folgende Bedingungen. Nr. 1 Allgemein Nr. 1.1 Begriffsbestimmung Eine Lastschrift ist ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang zu Lasten des Kontos des Kunden, bei dem die Höhe des jeweiligen Zahlungsbetrages vom Zahlungsempfänger angegeben wird.

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* Stand 13.1.2018 (Bankenverband). 1 Verbraucher ist gemäß § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Nr. 1.2 Entgelte Bei Entgelten und deren Änderung sind die Regelungen in Nummer 12 Absätze 2 bis 6 AGB-Banken maßgeblich. Nr. 2. SEPA-Firmenlastschrift Nr. 2.1 Allgemein Nr. 2.1.1 Wesentliche Merkmale des SEPA-Firmenlastschriftverfahrens Das SEPA-Firmenlastschriftverfahren kann nur von Kunden genutzt werden, die keine Verbraucher sind. Mit dem SEPA-Firmenlastschriftverfahren kann der Kunde über die Bank an einen Zahlungsempfänger Zahlungen in Euro innerhalb des Gebiets des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums („Single Euro Payments Area“, SEPA) bewirken. Zur SEPA gehören die im Anhang genannten Staaten und Gebiete. – – –

Für die Ausführung von Zahlungen mittels SEPA-Firmenlastschrift muss der Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister das SEPA-Firmenlastschriftverfahren nutzen, der Kunde vor dem Zahlungsvorgang dem Zahlungsempfänger das SEPA-Firmenlastschrift-Mandat erteilen und der Kunde der Bank die Erteilung des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats bestätigen.

Der Zahlungsempfänger löst den jeweiligen Zahlungsvorgang aus, indem er über seinen Zahlungsdienstleister der Bank die Lastschriften vorlegt. Der Kunde kann bei einer autorisierten Zahlung aufgrund einer SEPA-Firmenlastschrift von der Bank keine Erstattung des seinem Konto belasteten Lastschriftbetrages verlangen. Nr. 2.1.2 Kundenkennungen Für das Verfahren hat der Kunde die ihm mitgeteilte IBAN2 und bei grenzüberschreitenden Zahlungen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums3 zusätzlich den BIC4 der Bank als seine Kundenkennung gegenüber dem Zahlungsempfänger zu verwenden, da die Bank berechtigt ist, die Zahlung aufgrund der SEPA-Firmenlastschrift ausschließlich auf Grundlage der ihr übermittelten Kundenkennung auszuführen. Die Bank und die weiteren beteiligten Stellen führen die Zahlung an den Zahlungsempfänger an Hand der im Lastschriftdatensatz vom Zahlungsempfänger als dessen Kundenkennung angegebenen IBAN und bei grenzüberschreitenden Zahlungen außerhalb des EWR zusätzlich angegebenen BIC aus. Nr. 2.1.3 Übermittlung von Lastschriftdaten Bei SEPA-Firmenlastschriften können die Lastschriftdaten auch über das Nachrichtenübermittlungssystem der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) mit Sitz in Belgien und Rechenzentren in der Europäischen Union, in der Schweiz und in den USA weitergeleitet werden. Nr. 2.2 SEPA-Firmenlastschrift-Mandat Nr. 2.2.1 Erteilung des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats (SEPA Business-to-Business Direct Debit Mandate) Der Kunde erteilt dem Zahlungsempfänger ein SEPA-Firmenlastschrift-Mandat. Damit autorisiert er gegenüber seiner Bank die Einlösung von SEPA-Firmenlastschriften des Zahlungsempfängers. Das Mandat ist schriftlich oder in der mit seiner Bank vereinbarten Art und Weise zu erteilen. In dieser Autorisierung ist zugleich die ausdrückliche Zustimmung enthalten, dass die am Lastschrifteinzug beteiligten Zahlungsdienstleister und etwaige zwischengeschaltete Stellen die für die Ausführung der Lastschrift notwendigen personenbezogenen Daten des Kunden abrufen, verarbeiten, übermitteln und speichern. – –

In dem SEPA-Firmenlastschrift-Mandat müssen die folgenden Erklärungen des Kunden enthalten sein: Ermächtigung des Zahlungsempfängers, Zahlungen vom Konto des Kunden mittels SEPA-Firmenlastschrift einzuziehen, und Weisung an die Bank, die vom Zahlungsempfänger auf sein Konto gezogenen SEPA-Firmenlastschriften einzulösen.

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International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer). Für die Mitgliedstaaten siehe Anhang. Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungscode).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Das SEPA-Firmenlastschrift-Mandat muss folgende Angaben (Autorisierungsdaten) enthalten: – Bezeichnung des Zahlungsempfängers, – eine Gläubigeridentifikationsnummer, – Kennzeichnung eine einmalige Zahlung oder wiederkehrende Zahlungen, – Name des Kunden, – Bezeichnung der Bank des Kunden und – seine Kontokennung (siehe Nummer 2.1.2). Über die Autorisierungsdaten hinaus kann das Lastschriftmandat zusätzliche Angaben enthalten. Nr. 2.2.2 Bestätigung der Erteilung eines SEPA-Firmenlastschrift-Mandats Der Kunde hat seiner Bank die Autorisierung nach Nummer 2.2.1 unverzüglich zu bestätigen, indem er der Bank folgende Daten aus dem dem Zahlungsempfänger erteilten SEPA-Firmenlastschrift-Mandat übermittelt: – Bezeichnung des Zahlungsempfängers, – Gläubigeridentifikationsnummer des Zahlungsempfängers, – Mandatsreferenz, – Kennzeichnung einmalige Zahlung oder wiederkehrende Zahlungen und – Datum der Unterschrift auf dem Mandat. Hierzu kann der Kunde der Bank auch eine Kopie des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats übermitteln. Über Änderungen oder die Aufhebung des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats gegenüber dem Zahlungsempfänger hat der Kunde die Bank unverzüglich, möglichst schriftlich, zu informieren. Nr. 2.2.3 Widerruf des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats Das SEPA-Firmenlastschrift-Mandat kann vom Kunden durch Erklärung gegenüber seiner Bank widerrufen werden. Der Widerruf wird ab dem auf den Eingang des Widerrufs folgenden Geschäftstag gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ wirksam. Der Widerruf sollte möglichst schriftlich und möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle der Bank erfolgen. Zusätzlich sollte dieser auch gegenüber dem Zahlungsempfänger erklärt werden. Der Widerruf des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats erfasst bereits dem Konto des Kunden belastete SEPA-Firmenlastschriften nicht. Für diese gilt Nummer 2.2.4 Absätze 2 und 3. Nr. 2.2.4 Zurückweisung einzelner SEPA-Firmenlastschriften (1) Der Kunde kann der Bank gesondert die Weisung erteilen, Zahlungen aus bestimmten SEPA-Firmenlastschriften des Zahlungsempfängers nicht zu bewirken. Diese Weisung muss der Bank bis spätestens zum Ende des Geschäftstages gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ vor dem im Datensatz der Lastschrift angegebenen Fälligkeitstag zugehen. Diese Weisung sollte möglichst schriftlich und möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle der Bank erfolgen. Zusätzlich sollte dieser auch gegenüber dem Zahlungsempfänger erklärt werden. (2) Am Tag der Belastungsbuchung der SEPA-Firmenlastschrift kann diese nur noch zurückgewiesen werden, wenn Kunde und Bank dies vereinbart haben. Die Vereinbarung wird wirksam, wenn es der Bank gelingt, den Lastschriftbetrag endgültig zurück zu erlangen. [Für die Bearbeitung eines solchen Widerrufs des Kunden berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (3) Nach dem Tag der Belastungsbuchung der SEPA-Firmenlastschrift kann der Kunde diese nicht mehr zurückweisen. Nr. 2.3 Einzug der SEPA-Firmenlastschrift auf Grundlage des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats durch den Zahlungsempfänger (1) Das vom Kunden erteilte SEPA-Firmenlastschrift-Mandat verbleibt beim Zahlungsempfänger. Dieser übernimmt die Autorisierungsdaten und etwaige zusätzliche Angaben in den Datensatz zur Einziehung von SEPAFirmenlastschriften. Der jeweilige Lastschriftbetrag wird vom Zahlungsempfänger angegeben. (2) Der Zahlungsempfänger übermittelt elektronisch den Datensatz zur Einziehung der SEPA-Firmenlastschrift unter Einschaltung seines Zahlungsdienstleisters an die Bank als Zahlstelle. Dieser Datensatz verkörpert auch die im SEPA-Firmenlastschrift-Mandat enthaltene Weisung des Kunden an die Bank zur Einlösung der jeweiligen SEPAFirmenlastschrift (siehe Nummer 2.2.1 Sätze 2 und 5). Für den Zugang dieser Weisung verzichtet die Bank auf die für die Erteilung des SEPA-Firmenlastschrift-Mandats vereinbarte Form (siehe Nummer 2.2.1 Satz 3).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Nr. 2.4 Zahlungsvorgang aufgrund der SEPA-Firmenlastschrift Nr. 2.4.1 Belastung des Kontos des Kunden mit dem Lastschriftbetrag (1) Eingehende SEPA-Firmenlastschriften des Zahlungsempfängers werden am im Datensatz angegebenen Fälligkeitstag mit dem vom Zahlungsempfänger angegebenen Lastschriftbetrag dem Konto des Kunden belastet. Fällt der Fälligkeitstag nicht auf einen im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesenen Geschäftstag der Bank, erfolgt die Kontobelastung am nächsten Geschäftstag. (2) Eine Kontobelastung erfolgt nicht oder wird spätestens am dritten Bankarbeitstag5 nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht, wenn – der Bank keine Bestätigung des Kunden gemäß Nummer 2.2.2 vorliegt, – der Bank ein Widerruf des Firmenlastschrift-Mandats gemäß Nummer 2.2.3 zugegangen ist, – der Bank eine Zurückweisung der Lastschrift des Kunden gemäß Nummer 2.2.4 zugegangen ist, – der Kunde über kein für die Einlösung der Lastschrift ausreichendes Guthaben auf seinem Konto oder über keinen ausreichenden Kredit verfügt (fehlende Kontodeckung); Teileinlösungen nimmt die Bank nicht vor, – die im Lastschriftdatensatz angegebene IBAN des Zahlungspflichtigen keinem Konto des Kunden bei der Bank zuzuordnen ist, oder – die Lastschrift nicht von der Bank verarbeitbar ist, da im Lastschriftdatensatz – eine Gläubigeridentifikationsnummer fehlt oder für die Bank erkennbar fehlerhaft ist, – eine Mandatsreferenz fehlt, – ein Ausstellungsdatum des Mandats fehlt oder – kein Fälligkeitstag angegeben ist. Nr. 2.4.2 Einlösung von SEPA-Firmenlastschriften SEPA-Firmenlastschriften sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung auf dem Konto des Kunden nicht spätestens am dritten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Nr. 2.4.3 Unterrichtung über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung oder Ablehnung der Einlösung Über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung (siehe Nummer 2.4.1 Absatz 2) oder die Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Firmenlastschrift (siehe Nummer 2.4.2) wird die Bank den Kunden unverzüglich, spätestens bis zu der gemäß Nummer 2.4.4 vereinbarten Frist unterrichten. Dies kann auch auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg geschehen. Dabei wird die Bank, soweit möglich, die Gründe sowie die Möglichkeiten angeben, wie Fehler, die zur Nichtausführung, Rückgängigmachung oder Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. [Für die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer autorisierten SEPA-Firmenlastschrift wegen fehlender Kontodeckung (siehe Nummer 2.4.1 Absatz 2 vierter Spiegelstrich) berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] Nr. 2.4.4 Ausführung der Zahlung (1) Die Bank ist verpflichtet sicherzustellen, dass der von ihr dem Konto des Kunden aufgrund der SEPAFirmenlastschrift des Zahlungsempfängers belastete Lastschriftbetrag spätestens innerhalb der im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Ausführungsfrist beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. (2) Die Ausführungsfrist beginnt an dem im Lastschriftdatensatz angegebenen Fälligkeitstag. Fällt dieser Tag nicht auf einen Geschäftstag gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ der Bank, so beginnt die Ausführungsfrist am darauf folgenden Geschäftstag. (3) Die Bank unterrichtet den Kunden über die Ausführung der Zahlung auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg und in der vereinbarten Häufigkeit. Nr. 2.5 Ausschluss des Erstattungsanspruchs bei einer autorisierten Zahlung Der Kunde kann bei einer autorisierten Zahlung aufgrund einer SEPA-Firmenlastschrift von der Bank keine Erstattung des seinem Konto belasteten Lastschriftbetrages verlangen; Ansprüche aus § 675x BGB sind ausgeschlossen.

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Bankarbeitstage sind alle Werktage außer: Sonnabende, 24. und 31. Dezember.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Erstattungsansprüche des Kunden bei einer nicht erfolgten oder fehlerhaft ausgeführten autorisierten Zahlung richten sich nach Nummer 2.6.2.

Nr. 2.6 Erstattungs- und Schadensersatzansprüche des Kunden Nr. 2.6.1 Erstattung bei einer nicht autorisierten Zahlung Im Falle einer vom Kunden nicht autorisierten Zahlung hat die Bank gegen den Kunden keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Sie ist verpflichtet, dem Kunden den von seinem Konto abgebuchten Lastschriftbetrag zu erstatten. Dabei bringt sie das Konto wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die Belastung durch die nicht autorisierte Zahlung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Zahlung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kunden vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Nr. 2.6.2 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung Bei einer nicht erfolgten autorisierten Zahlung, einer fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Zahlung oder einer nicht autorisierten Zahlung kann der Kunde von der Bank, neben etwaigen Herausgabeansprüchen nach § 667 und §§ 812 ff. BGB, den Ersatz eines hierdurch entstehenden Schadens nach Maßgabe folgender Regelungen verlangen. – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der von der Bank zwischengeschalteten Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle (weitergeleiteter Auftrag). – Die Haftung der Bank für Schäden ist der Höhe nach auf den Lastschriftbetrag zuzüglich der von der Bank in Rechnung gestellten Entgelte und Zinsen begrenzt. Soweit es sich hierbei um Folgeschäden handelt, ist die Haftung zusätzlich auf höchstens 12.500 Euro je Zahlung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkungen gelten nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat sowie für nicht autorisierte Zahlungen. Ansprüche aus § 675y BGB sind ausgeschlossen. Nr. 2.6.3 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Eine Haftung der Bank nach Nummer 2.6.2 ist in folgenden Fällen ausgeschlossen: Die Bank weist gegenüber dem Kunden nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig und ungekürzt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. – Die Zahlung wurde in Übereinstimmung mit der vom Zahlungsempfänger angegebenen fehlerhaften Kundenkennung des Zahlungsempfängers ausgeführt. In diesem Fall kann der Kunde von der Bank jedoch verlangen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. Ist die Wiedererlangung des Zahlungsbetrags nach Satz 2 dieses Unterpunkts nicht möglich, so ist die Bank verpflichtet, dem Kunden auf schriftlichen Antrag alle verfügbaren Informationen mitzuteilen, damit der Kunde einen Anspruch auf Erstattung des Zahlungsbetrags geltend machen kann. [Für die Tätigkeiten nach den Sätzen 2 und 3 dieses Unterpunkts berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (2) Ansprüche des Kunden nach Nummern 2.6.1 und 2.6.2 und Einwendungen des Kunden gegen die Bank aufgrund nicht oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungen oder aufgrund nicht autorisierter Zahlungen sind ausgeschlossen, wenn der Kunde die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlung hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kunden über die Belastungsbuchung der Zahlung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Schadensersatzansprüche aus einer verschuldensabhängigen Haftung der Bank nach Nummer 2.6.2 kann der Kunde auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. –

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

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(3) Ansprüche des Kunden sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. Anhang: Liste der zu SEPA gehörigen Staaten und Gebiete

Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Zypern. Weitere Staaten: Island, Liechtenstein, Norwegen. Sonstige Staaten und Gebiete Guernsey, Jersey, Insel Man, Monaco, San Marino, Schweiz, St. Pierre und Miquelon

4. Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im SEPA-Basislastschriftverfahren* Für Zahlungen des Kunden an Zahlungsempfänger mittels SEPA-Basislastschrift über sein Konto bei der Bank gelten folgende Bedingungen. Nr. 1 Allgemein Nr. 1.1 Begriffsbestimmung Eine Lastschrift ist ein vom Zahlungsempfänger ausgelöster Zahlungsvorgang zu Lasten des Kontos des Kunden, bei dem die Höhe des jeweiligen Zahlungsbetrages vom Zahlungsempfänger angegeben wird. Nr. 1.2 Entgelte und deren Änderung Nr. 1.2.1 Entgelte für Verbraucher Die Entgelte im Lastschriftverkehr ergeben sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Änderungen der Entgelte im Lastschriftverkehr werden dem Kunden spätestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kunde mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart, können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kunde kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Inkrafttretens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kunden gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kunden Änderungen der Entgelte angeboten, kann er diese Geschäftsbeziehung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Die Änderung von Entgelten für den Zahlungsdiensterahmenvertrag (Girovertrag) richtet sich nach Nummer 12 Absatz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nr. 1.2.2 Entgelte für Kunden, die keine Verbraucher sind Für Entgelte und deren Änderung für Zahlungen von Kunden, die keine Verbraucher sind, verbleibt es bei den Regelungen in Nummer 12 Absätze 2 bis 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

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Stand 13.1.2018 (Bankenverband).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 2 SEPA-Basislastschrift Nr. 2.1 Allgemein Nr. 2.1.1 Wesentliche Merkmale des SEPA-Basislastschriftverfahrens Mit dem SEPA-Basislastschriftverfahren kann der Kunde über die Bank an den Zahlungsempfänger Zahlungen in Euro innerhalb des Gebiets des einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums („Single Euro Payments Area“, SEPA) bewirken. Zur SEPA gehören die im Anhang genannten Staaten und Gebiete. – –

Für die Ausführung von Zahlungen mittels SEPA-Basislastschriften muss der Zahlungsempfänger und dessen Zahlungsdienstleister das SEPA-Basislastschriftverfahren nutzen und der Kunde vor dem Zahlungsvorgang dem Zahlungsempfänger das SEPA-Lastschriftmandat erteilen.

Der Zahlungsempfänger löst den jeweiligen Zahlungsvorgang aus, indem er über seinen Zahlungsdienstleister der Bank die Lastschriften vorlegt. Der Kunde kann bei einer autorisierten Zahlung aufgrund einer SEPA-Basislastschrift binnen einer Frist von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf seinem Konto von der Bank die Erstattung des belasteten Lastschriftbetrages verlangen. Nr. 2.1.2 Kundenkennungen Für das Verfahren hat der Kunde die ihm mitgeteilte IBAN1 und bei grenzüberschreitenden Zahlungen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums2 zusätzlich den BIC3 der Bank als seine Kundenkennung gegenüber dem Zahlungsempfänger zu verwenden, da die Bank berechtigt ist, die Zahlung aufgrund der SEPA-Basislastschrift ausschließlich auf Grundlage der ihr übermittelten Kundenkennung auszuführen. Die Bank und die weiteren beteiligten Stellen führen die Zahlung an den Zahlungsempfänger an Hand der im Lastschriftdatensatz vom Zahlungsempfänger als dessen Kundenkennung angegebenen IBAN und bei grenzüberschreitenden Zahlungen außerhalb des EWR zusätzlich angegebenen BIC aus. Nr. 2.1.3 Übermittlung von Lastschriftdaten Bei SEPA-Basislastschriften können die Lastschriftdaten auch über das Nachrichtenübermittlungssystem der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) mit Sitz in Belgien und Rechenzentren in der Europäischen Union, in der Schweiz und in den USA weitergeleitet werden. Nr. 2.2 SEPA-Lastschriftmandat Nr. 2.2.1 Erteilung des SEPA-Lastschriftmandats (SEPA Direct Debit Mandate) Der Kunde erteilt dem Zahlungsempfänger ein SEPA-Lastschriftmandat. Damit autorisiert er gegenüber seiner Bank die Einlösung von SEPA-Basislastschriften des Zahlungsempfängers. Das Mandat ist schriftlich oder in der mit seiner Bank vereinbarten Art und Weise zu erteilen. In dieser Autorisierung ist zugleich die ausdrückliche Zustimmung enthalten, dass die am Lastschrifteinzug beteiligten Zahlungsdienstleister und etwaige zwischengeschaltete Stellen die für die Ausführung der Lastschrift notwendigen personenbezogenen Daten des Kunden abrufen, verarbeiten, übermitteln und speichern. In dem SEPA-Lastschriftmandat müssen die folgenden Erklärungen des Kunden enthalten sein: – Ermächtigung des Zahlungsempfängers, Zahlungen vom Konto des Kunden mittels SEPA-Basislastschrift einzuziehen, und – Weisung an die Bank, die vom Zahlungsempfänger auf sein Konto gezogenen SEPA-Basislastschriften einzulösen. – – – – – –

Das SEPA-Lastschriftmandat muss folgende Autorisierungsdaten enthalten: Bezeichnung des Zahlungsempfängers, eine Gläubigeridentifikationsnummer, Kennzeichnung als einmalige oder wiederkehrende Zahlung, Name des Kunden (sofern verfügbar), Bezeichnung der Bank des Kunden und seine Kundenkennung (siehe Nummer 2.1.2). Über die Autorisierungsdaten hinaus kann das Lastschriftmandat zusätzliche Angaben enthalten.

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International Bank Account Number (Internationale Bankkontonummer). Für die Mitgliedstaaten siehe Anhang. Bank Identifier Code (Bank-Identifizierungscode).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

Nr. 2.2.2 Einzugsermächtigung als SEPA-Lastschriftmandat Hat der Kunde dem Zahlungsempfänger eine Einzugsermächtigung erteilt, mit der er den Zahlungsempfänger ermächtigt, Zahlungen von seinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen, weist er zugleich damit die Bank an, die vom Zahlungsempfänger auf sein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Mit der Einzugsermächtigung autorisiert der Kunde gegenüber seiner Bank die Einlösung von Lastschriften des Zahlungsempfängers. Diese Einzugsermächtigung gilt als SEPA-Lastschriftmandat. Sätze 1 bis 3 gelten auch für vom Kunden vor dem Inkrafttreten dieser Bedingungen erteilte Einzugsermächtigungen. – – –

Die Einzugsermächtigung muss folgende Autorisierungsdaten enthalten: Bezeichnung des Zahlungsempfängers, Name des Kunden, Kundenkennung nach Nummer 2.1.2 oder Kontonummer und Bankleitzahl des Kunden. Über die Autorisierungsdaten hinaus kann die Einzugsermächtigung zusätzliche Angaben enthalten. Nr. 2.2.3 Widerruf des SEPA-Lastschriftmandats

Das SEPA-Lastschriftmandat kann vom Kunden durch Erklärung gegenüber dem Zahlungsempfänger oder seiner Bank – möglichst schriftlich – mit der Folge widerrufen werden, dass nachfolgende Zahlungsvorgänge nicht mehr autorisiert sind. Erfolgt der Widerruf gegenüber der Bank, wird dieser ab dem auf den Eingang des Widerrufs folgenden Geschäftstag gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ wirksam. Zusätzlich sollte dieser auch gegenüber dem Zahlungsempfänger erklärt werden, damit dieser keine weiteren Lastschriften einzieht. Nr. 2.2.4 Begrenzung und Nichtzulassung von SEPA-Basislastschriften Der Kunde kann der Bank gesondert die Weisung erteilen, Zahlungen aus SEPA-Basislastschriften zu begrenzen oder nicht zuzulassen. Diese Weisung muss der Bank bis spätestens zum Ende des Geschäftstages gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ vor dem im Datensatz der Lastschrift angegebenen Fälligkeitstag zugehen. Diese Weisung sollte möglichst schriftlich und möglichst gegenüber der kontoführenden Stelle der Bank erfolgen. Zusätzlich sollte diese auch gegenüber dem Zahlungsempfänger erklärt werden. Nr. 2.3 Einzug der SEPA-Basislastschrift auf Grundlage des SEPA-Lastschriftmandats durch den Zahlungsempfänger (1) Das vom Kunden erteilte SEPA-Lastschriftmandat verbleibt beim Zahlungsempfänger. Dieser übernimmt die Autorisierungsdaten und setzt etwaige zusätzliche Angaben in den Datensatz zur Einziehung von SEPA-Basislastschriften. Der jeweilige Lastschriftbetrag wird vom Zahlungsempfänger angegeben. (2) Der Zahlungsempfänger übermittelt elektronisch den Datensatz zur Einziehung der SEPA-Basislastschrift unter Einschaltung seines Zahlungsdienstleisters an die Bank als Zahlstelle. Dieser Datensatz verkörpert auch die Weisung des Kunden an die Bank zur Einlösung der jeweiligen SEPA-Basislastschrift (siehe Nummer 2.2.1 Sätze 2 und 4 beziehungsweise Nummer 2.2.2 Satz 2). Für den Zugang dieser Weisung verzichtet die Bank auf die für die Erteilung des SEPA-Lastschriftmandats vereinbarte Form (siehe Nummer 2.2.1 Satz 3). Nr. 2.4 Zahlungsvorgang aufgrund der SEPA-Basislastschrift Nr. 2.4.1 Belastung des Kontos des Kunden mit dem Lastschriftbetrag (1) Eingehende SEPA-Basislastschriften des Zahlungsempfängers werden am im Datensatz angegebenen Fälligkeitstag mit dem vom Zahlungsempfänger angegebenen Lastschriftbetrag dem Konto des Kunden belastet. Fällt der Fälligkeitstag nicht auf einen im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesenen Geschäftstag der Bank, erfolgt die Kontobelastung am nächsten Geschäftstag. (2) Eine Kontobelastung erfolgt nicht oder wird spätestens am zweiten Bankarbeitstag4 nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht (siehe Nummer 2.4.2), wenn – der Bank ein Widerruf des SEPA-Lastschriftmandats gemäß Nummer 2.2.3 zugegangen ist, – der Kunde über kein für die Einlösung der Lastschrift ausreichendes Guthaben auf seinem Konto oder über keinen ausreichenden Kredit verfügt (fehlende Kontodeckung); Teileinlösungen nimmt die Bank nicht vor,

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Bankarbeitstage sind alle Werktage außer: Sonnabende, 24. und 31. Dezember.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft



die im Lastschriftdatensatz angegebene IBAN des Zahlungspflichtigen keinem Konto des Kunden bei der Bank zuzuordnen ist oder – die Lastschrift nicht von der Bank verarbeitbar ist, da im Lastschriftdatensatz – eine Gläubigeridentifikationsnummer fehlt oder für die Bank erkennbar fehlerhaft ist, – eine Mandatsreferenz fehlt, – ein Ausstellungsdatum des Mandats fehlt oder – kein Fälligkeitstag angegeben ist. (3) Darüber hinaus erfolgt eine Kontobelastung nicht oder wird spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht (siehe Nummer 2.4.2), wenn dieser SEPA-Basislastschrift eine gesonderte Weisung des Kunden nach Nummer 2.2.4 entgegensteht. Nr. 2.4.2 Einlösung von SEPA-Basislastschriften SEPA-Basislastschriften sind eingelöst, wenn die Belastungsbuchung auf dem Konto des Kunden nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Nr. 2.4.3 Unterrichtung über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung oder Ablehnung der Einlösung Über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung (siehe Nummer 2.4.1 Absatz 2) oder die Ablehnung der Einlösung einer SEPA-Basislastschrift (siehe Nummer 2.4.2) wird die Bank den Kunden unverzüglich, spätestens bis zu der gemäß Nummer 2.4.4 vereinbarten Frist unterrichten. Dies kann auch auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg geschehen. Dabei wird die Bank, soweit möglich, die Gründe sowie die Möglichkeiten angeben, wie Fehler, die zur Nichtausführung, Rückgängigmachung oder Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. [Für die berechtigte Ablehnung der Einlösung einer autorisierten SEPA-Basislastschrift wegen fehlender Kontodeckung (siehe Nummer 2.4.1 Absatz 2 zweiter Spiegelstrich) berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] Nr. 2.4.4 Ausführung der Zahlung (1) Die Bank ist verpflichtet sicherzustellen, dass der von ihr dem Konto des Kunden aufgrund der SEPABasislastschrift des Zahlungsempfängers belastete Lastschriftbetrag spätestens innerhalb der im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Ausführungsfrist beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht. (2) Die Ausführungsfrist beginnt an dem im Lastschriftdatensatz angegebenen Fälligkeitstag. Fällt dieser Tag nicht auf einen Geschäftstag gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ der Bank, so beginnt die Ausführungsfrist am darauf folgenden Geschäftstag. (3) Die Bank unterrichtet den Kunden über die Ausführung der Zahlung auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg und in der vereinbarten Häufigkeit. Nr. 2.5 Erstattungsanspruch des Kunden bei einer autorisierten Zahlung (1) Der Kunde kann bei einer autorisierten Zahlung aufgrund einer SEPA-Basislastschrift binnen einer Frist von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastungsbuchung auf seinem Konto von der Bank ohne Angabe von Gründen die Erstattung des belasteten Lastschriftbetrages verlangen. Dabei bringt sie das Konto wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die Belastung durch die Zahlung befunden hätte. Etwaige Zahlungsansprüche des Zahlungsempfängers gegen den Kunden bleiben hiervon unberührt. (2) Der Erstattungsanspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, sobald der jeweilige Betrag der Lastschriftbelastungsbuchung durch eine ausdrückliche Genehmigung des Kunden unmittelbar gegenüber der Bank autorisiert worden ist. (3) Erstattungsansprüche des Kunden bei einer nicht erfolgten oder fehlerhaft ausgeführten autorisierten Zahlung richten sich nach Nummer 2.6.2. Nr. 2.6 Erstattungs-, Berichtigungs- und Schadensersatzansprüche des Kunden Nr. 2.6.1 Erstattung bei einer nicht autorisierten Zahlung Im Falle einer vom Kunden nicht autorisierten Zahlung hat die Bank gegen den Kunden keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Sie ist verpflichtet, dem Kunden den von seinem Konto abgebuchten Lastschriftbe-

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trag zu erstatten. Dabei bringt sie das Konto wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die Belastung durch die nicht autorisierte Zahlung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Zahlung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kunden vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. Nr. 2.6.2 Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung von autorisierten Zahlungen (1) Im Falle einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Zahlung kann der Kunde von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Lastschriftbetrages insoweit verlangen, als die Zahlung nicht erfolgt oder fehlerhaft war. Die Bank bringt dann das Konto wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. (2) Der Kunde kann über den Anspruch nach Absatz 1 hinaus von der Bank die Erstattung derjenigen Entgelte und Zinsen verlangen, die die Bank ihm im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung der Zahlung in Rechnung gestellt oder mit denen sie das Konto des Kunden belastet hat. (3) Geht der Lastschriftbetrag beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erst nach Ablauf der Ausführungsfrist in Nummer 2.4.4 Absatz 2 ein (Verspätung), kann der Zahlungsempfänger von seinem Zahlungsdienstleister verlangen, dass dieser die Gutschrift des Lastschriftbetrags auf dem Konto des Zahlungsempfängers so vornimmt, als sei die Zahlung ordnungsgemäß ausgeführt worden. (4) Wurde ein Zahlungsvorgang nicht oder fehlerhaft ausgeführt, wird die Bank auf Verlangen des Kunden den Zahlungsvorgang nachvollziehen und den Kunden über das Ergebnis unterrichten. Nr. 2.6.3 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (1) Bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Zahlung oder bei einer nicht autorisierten Zahlung kann der Kunde von der Bank einen Schaden, der nicht bereits von Nummern 2.6.1 und 2.6.2 erfasst ist, ersetzt verlangen. Dies gilt nicht, wenn die Bank die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Bank hat hierbei ein Verschulden, das einer von ihr zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. (2) Die Haftung nach Absatz 1 ist auf 12.500 Euro begrenzt. Diese betragsmäßige Haftungsgrenze gilt nicht – für nicht autorisierte Zahlungen, – bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank, – für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, und – für den dem Kunden entstandenen Zinsschaden, wenn der Kunde Verbraucher ist. Nr. 2.6.4 Ansprüche von Kunden, die keine Verbraucher sind Abweichend von den Ansprüchen in Nummer 2.6.2 und 2.6.3 haben Kunden, die keine Verbraucher sind, bei einer nicht erfolgten, fehlerhaft oder verspätet ausgeführten autorisierten Zahlung oder bei einer nicht autorisierten Zahlung neben etwaigen Herausgabeansprüchen nach § 667 BGB und §§ 812 ff. BGB lediglich Schadensersatzansprüche nach Maßgabe folgender Regelungen: – Die Bank haftet für eigenes Verschulden. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben. – Für das Verschulden der von der Bank zwischengeschalteten Stellen haftet die Bank nicht. In diesen Fällen beschränkt sich die Haftung der Bank auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung der ersten zwischengeschalteten Stelle. – Ein Schadensersatzanspruch des Kunden ist der Höhe nach auf den Lastschriftbetrag zuzüglich der von der Bank in Rechnung gestellten Entgelte und Zinsen begrenzt. Soweit es sich hierbei um die Geltendmachung von Folgeschäden handelt, ist der Anspruch auf höchstens 12.500 Euro je Zahlung begrenzt. Diese Haftungsbeschränkungen gelten nicht für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der Bank und für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat sowie für nicht autorisierte Zahlungen.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Nr. 2.6.5 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Eine Haftung der Bank nach Nummern 2.6.2. bis 2.6.4 ist in folgenden Fällen ausgeschlossen: Die Bank weist gegenüber dem Kunden nach, dass der Zahlungsbetrag rechtzeitig und ungekürzt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. – Die Zahlung wurde in Übereinstimmung mit der vom Zahlungsempfänger angegebenen fehlerhaften Kundenkennung des Zahlungsempfängers ausgeführt. In diesem Fall kann der Kunde von der Bank jedoch verlangen, dass sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten darum bemüht, den Zahlungsbetrag wiederzuerlangen. Ist die Wiedererlangung des Zahlungsbetrags nach Satz 2 dieses Unterpunktes nicht möglich, so ist die Bank verpflichtet, dem Kunden auf schriftlichen Antrag alle verfügbaren Informationen mitzuteilen, damit der Kunde einen Anspruch auf Erstattung des Zahlungsbetrags geltend machen kann. [Für die Tätigkeiten nach den Sätzen 2 und 3 dieses Unterpunkts berechnet die Bank das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ ausgewiesene Entgelt.] (2) Ansprüche des Kunden nach Nummern 2.6.1 bis 2.6.4 und Einwendungen des Kunden gegen die Bank aufgrund nicht oder fehlerhaft ausgeführter Zahlungen oder aufgrund nicht autorisierter Zahlungen sind ausgeschlossen, wenn der Kunde die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Zahlung hiervon unterrichtet hat. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kunden über die Belastungsbuchung der Zahlung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Schadensersatzansprüche nach Nummer 2.6.3 kann der Kunde auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. (3) Ansprüche des Kunden sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden.



Anhang: Liste der zu SEPA gehörigen Staaten und Gebiete Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) Mitgliedstaaten der Europäischen Union: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Zypern. Weitere Staaten: Island, Liechtenstein, Norwegen. Sonstige Staaten und Gebiete: Guernsey, Jersey, Insel Man, Monaco, San Marino, Schweiz, St. Pierre und Miquelon

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5. Muster Basis- und Firmenlastschrift – Abbuchungsermächtigungsauftrag a) Muster: SEPA-Basislastschrift-Mandat für wiederkehrende Lastschrfiten MusterGmbH, Musterstraße 1, 00000 Musterstadt Gläubiger-Identifikationsnummer DE99ZZZ05678901234 Mandatsreferenz 987543CB2 SEPA-Lastschriftmandat Ich ermächtige/Wir ermächtigen Sie, Zahlungen von meinem/unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich meinen/weisen wir unseren unten genannten Zahlungsdienstleister an, die von Ihm auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrags verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

_______________________________________________________ Vorname und Name _______________________________________________________ Straße und Hausnummer _______________________________________________________ Postleitzahl und Ort _________________________ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _| _ _ _ _ _ _ Zahlungsdienstleister des Zahlers (Name und BIC) DE__|______|______|______|______|______ IBAN _______________________________________________________ Datum, Ort und Unterschrift b) Muster: SEPA-Firmenlastschrift-Mandat für wiederkehrende Lastschriften MusterGmbH, Musterstraße 1, 00000 Musterstadt Gläubiger-Identifikationsnummer DE98ZZZ05678901234 Mandatsreferenz 987543CB2 SEPA-Firmenlastschrift-Mandat Ich ermächtige/Wir ermächtigen Sie, Zahlungen von unserem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weisen ich meinen/wir unseren Zahlungsdienstleister an, die von der Muster GmbH auf mein/unser Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Hinweis: Dieses Lastschriftmandat dient nur dem Einzug von Lastschriften, die auf Konten von Unternehmen gezogen sind. Ich bin/Wir sind nicht berechtigt, nach der erfolgten Einlösung eine Erstattung des belasteten Betrages zu verlangen. Ich bin/Wir sind berechtigt, unser Kreditinstitut bis zum Fälligkeitstag anzuweisen, Lastschriften nicht einzulösen. _______________________________________________________ Name der Firma (Kontoinhaber) _______________________________________________________ Straße und Hausnummer _______________________________________________________ Postleitzahl und Ort _________________________ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _| _ _ _ _ _ _ Zahlungsdienstleister des Zahlers (Name und BIC) DE__|______|______|______|______|______ IBAN _______________________________________________________ Datum, Ort und Unterschrift(en)

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

6. Bedingungen Privatbanken für die girocard*

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A. Garantierte Zahlungsformen I. Geltungsbereich Die von der Bank ausgegebene girocard ist eine Debitkarte (im Folgenden „Karte“ genannt). Der Karteninhaber kann die Karte, soweit diese entsprechend ausgestattet ist, für folgende Zahlungsdienste nutzen. 1. In Verbindung mit der persönlichen Geheimzahl (PIN) in deutschen Debitkartensystemen a) b) c) d)

Zum Abheben von Bargeld an Geldautomaten im Rahmen des deutschen Geldautomatensystems, die mit dem girocard-Logo gekennzeichnet sind. Zum Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen an automatisierten Kassen im Rahmen des deutschen girocard-Systems, die mit dem girocard-Logo gekennzeichnet sind („girocard-Terminals“). Zum Aufladen der GeldKarte an Ladeterminals, die mit dem GeldKarte-Logo gekennzeichnet sind. Zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, das ein Mobilfunknutzer bei einem Mobilfunkanbieter unterhält, an einem Geldautomaten, sofern der Geldautomatenbetreiber diese Funktion anbietet und der Mobilfunkanbieter an dem System teilnimmt. 2. In Verbindung mit der persönlichen Geheimzahl (PIN) in fremden Debitkartensystemen

a) b) c)

Zum Abheben von Bargeld an Geldautomaten im Rahmen eines fremden Geldautomatensystems, soweit die Kaste entsprechend ausgestattet ist. Zum Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen an automatisierten Kassen im Rahmen eines fremden Systems, soweit die Karte entsprechend ausgestattet ist. Zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, das ein Mobilfunknutzer bei einem Mobilfunkanbieter unterhält, an dem Geldautomaten eines fremden Systems, sofern der Geldautomatenbetreiber diese Funktion anbietet und der Mobilfunkanbieter an dem System teilnimmt.

Die Akzeptanz der Karte im Rahmen eines fremden Systems erfolgt unter dem für das fremde System geltenden Akzeptanzlogo. 3. Ohne Einsatz der persönlichen Geheimzahl (PIN) [a) Zum kontaktlosen Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen an automatisierten Kassen im Rahmen des deutschen girocard-Systems, die mit dem girocard-Logo gekennzeichnet sind, bis zu 25 Euro [bis zu dem mit der Bank vereinbarten Höchstbetrag] pro Bezahlvorgang, soweit an den automatisierten Kassen für den jeweiligen kontaktlosen Einsatz nicht die Eingabe einer PIN verlangt wird.] [b) Zum kontaktlosen Einsatz bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen an automatisierten Kassen im Rahmen von fremden Debitkartensystemen bis zu 25 Euro [bis zu dem mit der Bank vereinbarten Höchstbetrag] pro Bezahlvorgang, soweit an den automatisierten Kassen für den jeweiligen kontaktlosen Einsatz nicht die Eingabe einer PIN verlangt wird. Die Akzeptanz der Karte im Rahmen eines fremden Systems erfolgt unter dem für das fremde System geltenden Akzeptanzlogo.] c) Als GeldKarte zum bargeldlosen Bezahlen an automatisierten Kassen des Handels- und Dienstleistungsbereiches im Inland, die mit dem GeldKarte-Logo gekennzeichnet sind (GeldKarte-Terminals). d) Außerhalb der Erbringung von Zahlungsdiensten und ohne dass mit der Funktion eine Garantie der Bank verbunden ist, als Speichermedium für Zusatzanwendungen – der Bank nach Maßgabe des mit der Bank abgeschlossenen Vertrages (bankgenerierte Zusatzanwendung) oder – eines Handels- und Dienstleistungsunternehmens nach Maßgabe des vom Karteninhaber mit diesem abgeschlossenen Vertrages (unternehmensgenertierte Zusatzanwendung).

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Stand 13.1.2018 (Bankenverband).

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

II. Allgemeine Regeln 1. [Ausgabe der Karte Die Karte kann als physische Karte oder als digitale Karte zur Speicherung auf einem Telekommunikations-, Digital- oder IT-Gerät (mobiles Endgerät) ausgegeben werden. Diese Sonderbedingungen gelten für beide Kartenformen gleichermaßen, es sei denn, es ist ausdrücklich etwas anderes geregelt. Für die digitale Karte gelten ergänzend die gesondert mit der Bank vereinbarten Nutzungsbedingungen für die digitale Karte.] 2. Karteninhaber und Vollmacht Die Karte gilt für das auf ihr angegebene Konto. Sie kann nur auf den Namen des Kontoinhabers oder einer Person ausgestellt werden, der der Kontoinhaber Kontovollmacht erteilt hat. Wenn der Kontoinhaber die Kontovollmacht widerruft, ist er dafür verantwortlich, dass die an den Bevollmächtigten ausgegebene Karte an die Bank zurückgegeben wird. Die Bank wird die Karte nach Widerruf der Vollmacht für die Nutzung an Geldautomaten und automatisierten Kassen sowie für die Aufladung der GeldKarte elektronisch sperren. Eine Sperrung einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung kommt nur gegenüber dem Unternehmen in Betracht, das die Zusatzanwendung in den Chip der Karte eingespeichert hat, und ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen die Möglichkeit zur Sperrung seiner Zusatzanwendung vorsieht. Die Sperrung einer bankgenerierten Zusatzanwendung der Bank kommt nur gegenüber der Bank in Betracht und richtet sich nach dem mit der Bank abgeschlossenen Vertrag. Solange die Rückgabe der Karte nicht erfolgt ist, besteht die Möglichkeit, dass sie weiterhin zum Verbrauch der noch in der GeldKarte gespeicherten Beträge verwendet wird. Auch eine Nutzung der auf der Karte gespeicherten Zusatzanwendungen ist weiterhin möglich. 3. Finanzielle Nutzungsgrenze Der Karteninhaber darf Verfügungen mit seiner Karte nur im Rahmen des Kontoguthabens oder eines vorher für das Konto eingeräumten Kredits vornehmen. Auch wenn der Karteninhaber diese Nutzungsgrenze bei seinen Verfügungen nicht einhält, ist die Bank berechtigt, den Ersatz der Aufwendungen zu verlangen, die aus der Nutzung der Karte entstehen. Die Buchung solcher Verfügungen auf dem Konto führt zu einer geduldeten Kontoüberziehung. 4. Umrechnung von Fremdwährungsbeträgen Nutzt der Karteninhaber die Karte für Verfügungen, die nicht auf Euro lauten, wird das Konto gleichwohl in Euro belastet. Die Bestimmung des Kurses bei Fremdwährungsgeschäften ergibt sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Eine Änderung des in der Umrechnungsregelung genannten Referenzwechselkurses wird unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung des Kunden wirksam. 5. Rückgabe der Karte Die Karte bleibt im Eigentum der Bank. Sie ist nicht übertragbar. Die Karte ist nur für den auf der Karte angegebenen Zeitraum gültig. Mit Aushändigung der neuen, spätestens aber nach Ablauf der Gültigkeit der Karte ist die Bank berechtigt, die alte Karte zurückzuverlangen [beziehungsweise die Löschung der digitalen Karte zu verlangen oder selbst zu veranlassen]. Endet die Berechtigung, die Karte zu nutzen, vorher (zum Beispiel durch Kündigung der Kontoverbindung oder des Kartenvertrages), so hat der Karteninhaber die Karte unverzüglich an die Bank zurückzugeben [beziehungsweise die digitale Karte zu löschen]. Ein zum Zeitpunkt der Rückgabe noch in der GeldKarte gespeicherter Betrag wird dem Karteninhaber erstattet. Auf der Karte befindliche unternehmensgenerierte Zusatzanwendungen hat der Karteninhaber bei dem Unternehmen, das die Zusatzanwendung auf die Karte aufgebracht hat, unverzüglich entfernen zu lassen. Die Möglichkeit zur weiteren Nutzung einer bankgenerierten Zusatzanwendung richtet sich nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem Karteninhaber und der Bank.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

6. Sperre und Einziehung der Karte (1) Die Bank darf die Karte sperren und den Einzug der Karte (zum Beispiel an Geldautomaten) veranlassen [beziehungsweise die Löschung der digitalen Karte verlangen oder diese selbst veranlassen], – wenn sie berechtigt ist, den Kartenvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, – wenn sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit der Karte dies rechtfertigen oder – wenn der Verdacht einer nicht autorisierten oder betrügerischen Verwendung der Karte besteht. Darüber wird die Bank den Kontoinhaber unter Angabe der hierfür maßgeblichen Gründe möglichst vor, spätestens jedoch unverzüglich nach der Sperre [oder Löschung] unterrichten. Die Bank wird die Karte entsperren oder diese durch eine neue Karte ersetzen, wenn die Gründe für die Sperre nicht mehr gegeben sind. Auch hierüber unterrichtet sie den Karteninhaber unverzüglich. (2) Zum Zeitpunkt der Einziehung noch in der GeldKarte gespeicherte Beträge werden dem Karteninhaber erstattet. (3) Befindet sich auf der Karte für das Online-Banking ein TAN-Generator oder eine Signaturfunktion, so hat die Sperre der Karte auch eine Sperrung des Online-Banking-Zugangs zur Folge. (4) Hat der Karteninhaber auf einer eingezogenen Karte eine Zusatzanwendung gespeichert, so hat der Einzug der Karte zur Folge, dass er die Zusatzanwendung nicht mehr nutzen kann. Zum Zeitpunkt der Einziehung in der Karte gespeicherte unternehmensgenerierte Zusatzanwendungen kann der Karteninhaber vom kartenausgebenden Institut herausverlangen, nachdem dieses die Karte von der Stelle, die die Karte eingezogen hat, zur Verfügung gestellt bekommen hat. Die Bank ist berechtigt, das Herausgabeverlangen in Bezug auf die unternehmensgenerierten Zusatzanwendungen dadurch zu erfüllen, dass sie dem Karteninhaber die um die Zahlungsverkehrsfunktionen bereinigte Karte aushändigt. Die Möglichkeit zur weiteren Nutzung einer bankgenerierten Zusatzanwendung richtet sich nach den für jene Zusatzanwendung geltenden Regeln. 7. Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Karteninhabers 7.1 Unterschrift Sofern die Karte ein Unterschriftsfeld vorsieht, hat der Karteninhaber die Karte nach Erhalt unverzüglich auf dem Unterschriftsfeld zu unterschreiben. 7.2 Sorgfältige Aufbewahrung der Karte Die Karte ist mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren, um zu verhindern, dass sie abhandenkommt oder missbräuchlich verwendet wird. Sie darf insbesondere nicht unbeaufsichtigt im Kraftfahrzeug aufbewahrt werden, da sie (zum Beispiel im Rahmen des girocard-Systems) missbräuchlich eingesetzt werden kann. Darüber hinaus kann jeder, der im Besitz der Karte ist, den in der GeldKarte gespeicherten Betrag verbrauchen [sowie Transaktionen an automatisierten Kassen ohne PIN bis zur Sperre [oder Löschung] tätigen]. 7.3 Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl (PIN) Der Karteninhaber hat dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl (PIN) erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt [, bei einer digitalen Karte nicht im mobilen Endgerät oder in einem anderen Kommunikationsgerät gespeichert] oder in anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden. Denn jede Person, die die PIN kennt und in den Besitz der Karte kommt, hat die Möglichkeit, zu Lasten des auf der Karte angegebenen Kontos Verfügungen zu tätigen (zum Beispiel Geld an Geldautomaten abzuheben). [Sofern der Karteninhaber eine digitale Karte nutzt und der Zugriff auf das mobile Endgerät oder ein anderes Kommunikationsgerät durch ein vom Karteninhaber wählbares Legitimationsmedium abgesichert werden kann, so darf der Karteninhaber zur Absicherung des Zugriffs nicht dieselbe PIN verwenden, die für die Nutzung der Debitkarte erforderlich ist.] 7.4 Unterrichtungs- und Anzeigepflichten (1) Stellt der Karteninhaber den Verlust oder Diebstahl seiner Karte [, des mobiles Endgeräts mit digitaler Karte], die missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN fest, so ist die Bank, und zwar möglichst die kontoführende Stelle, unverzüglich zu benachrichtigen (Sperranzeige). Die Sperranzeige kann der Karteninhaber auch jederzeit gegenüber dem Zentralen Sperrannahmedienst (Telefon xxx aus dem Inland und +49 XXX aus dem Ausland) abgeben. In diesem Fall ist eine Kartensperre nur möglich, wenn der Name der Bank und die IBAN angegeben werden. Der Zentrale Sperrannahmedienst sperrt alle für das betreffende Konto ausgegebenen Karten für die weitere Nutzung an Geldautomaten und automatisierten Kassen. Zur Beschrän-

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

kung der Sperre auf die abhanden gekommene Karte muss sich der Karteninhaber mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. Die Kontaktdaten, unter denen eine Sperranzeige abgegeben werden kann, werden dem Karteninhaber gesondert mitgeteilt. Der Karteninhaber hat jeden Diebstahl oder Missbrauch unverzüglich bei der Polizei anzuzeigen. (2) Hat der Karteninhaber den Verdacht, dass eine andere Person unberechtigt in den Besitz seiner Karte gelangt ist, eine missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN vorliegt, muss er ebenfalls unverzüglich eine Sperranzeige abgeben. [(3) Für den Ersatz einer verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Karte berechnet die Bank dem Kontoinhaber das im Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank ausgewiesene Entgelt, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdeckt. Satz 1 gilt nicht, wenn die Bank die Umstände, die zur Ausgabe der Ersatzkarte geführt haben, zu vertreten hat oder diese ihr zuzurechnen sind.] (4) Befindet sich auf der Karte für das Online-Banking ein TAN-Generator oder eine Signaturfunktion, so hat die Sperre der Karte auch eine Sperrung des Online-Banking-Zugangs zur Folge. [(5) Durch die Sperre der Karte bei der Bank beziehungsweise dem Zentralen Sperrannahmedienst wird nicht der Zugang zum mobilen Endgerät gesperrt. Eine Sperrung der sonstigen Funktionen auf dem mobilen Endgerät kann nur gegenüber dem jeweiligen Anbieter dieser Funktionen erfolgen.] (6) Eine Sperrung einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung kommt nur gegenüber dem Unternehmen in Betracht, das die Zusatzanwendung in den Chip der Karte eingespeichert hat, und ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen die Möglichkeit zur Sperrung seiner Zusatzanwendung vorsieht. Die Sperrung einer bankgenerierten Zusatzanwendung kommt nur gegenüber der Bank in Betracht und richtet sich nach dem mit der Bank abgeschlossenen Vertrag. (7) Der Kontoinhaber hat die Bank unverzüglich nach Feststellung einer nicht autorisierten oder fehlerhaft ausgeführten Kartenverfügung zu unterrichten. 8. Autorisierung von Kartenzahlungen durch den Karteninhaber Mit dem Einsatz der Karte erteilt der Karteninhaber die Zustimmung (Autorisierung) zur Ausführung der Kartenzahlung. Soweit dafür zusätzlich eine PIN erforderlich ist, wird die Zustimmung erst mit deren Einsatz erteilt. Nach Erteilung der Zustimmung kann der Karteninhaber die Kartenzahlung nicht mehr widerrufen. In dieser Autorisierung ist zugleich die ausdrückliche Zustimmung enthalten, dass die Bank die für die Ausführung der Kartenzahlung notwendigen personenbezogenen Daten des Karteninhabers verarbeitet, übermittelt und speichert 9. Sperrung eines verfügbaren Geldbetrags Die Bank ist berechtigt, auf dem Konto des Kontoinhabers einen im Rahmen der finanziellen Nutzungsgrenze gemäß Nummer II.3 verfügbaren Geldbetrag zu sperren, wenn – der Zahlungsvorgang vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelöst worden ist und – der Karteninhaber auch der genauen Höhe des zu sperrenden Geldbetrags zugestimmt hat. Den gesperrten Geldbetrag gibt die Bank unbeschadet sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Rechte unverzüglich frei, nachdem ihr der genaue Zahlungsbetrag mitgeteilt oder der Zahlungsauftrag zugegangen ist. 10. Ablehnung von Kartenzahlungen durch die Bank – – –

Die Bank ist berechtigt, die Kartenzahlung abzulehnen, wenn der Karteninhaber die Kartenzahlung nicht gemäß Nummer II.8 autorisiert hat, der für die Kartenzahlung geltende Verfügungsrahmen oder die finanzielle Nutzungsgrenze nicht eingehalten ist oder die Karte gesperrt ist. Hierüber wird der Karteninhaber über das Terminal, an dem die Karte eingesetzt wird, unterrichtet. 11. Ausführungsfrist

Der Zahlungsvorgang wird vom Zahlungsempfänger ausgelöst. Nach Zugang des Zahlungsauftrages bei der Bank ist diese verpflichtet sicherzustellen, dass der Kartenzahlungsbetrag spätestens an dem im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Zeitpunkt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

12. Entgelte und deren Änderung (1) Die vom Kontoinhaber gegenüber der Bank geschuldeten Entgelte ergeben sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“ der Bank. (2) Änderungen der Entgelte werden dem Kontoinhaber spätestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kontoinhaber mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (zum Beispiel das Online-Banking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kontoinhaber kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kontoinhabers gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kontoinhaber Änderungen der Entgelte angeboten, kann er diese Geschäftsbeziehung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Die Änderung von Entgelten für den Zahlungsdiensterahmenvertrag (Girovertrag) richtet sich nach Nummer 12 Absatz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. (3) Bei Entgelten und deren Änderung für Zahlungen von Kontoinhabern, die keine Verbraucher sind, bleibt es bei den Regelungen in Nummer 12 Absätze 2 bis 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

13. Information des Kontoinhabers über den Kartenzahlungsvorgang Die Bank unterrichtet den Kontoinhaber mindestens einmal monatlich über die mit der Karte getätigten Zahlungsvorgänge auf dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg. Mit Kontoinhabern, die nicht Verbraucher sind, wird die Art und Weise sowie die zeitliche Folge der Unterrichtung gesondert vereinbart. Über die mit der GeldKarte getätigten einzelnen Bezahlvorgänge und den Zahlungsempfänger unterrichtet die Bank den Kontoinhaber nicht. Die mit der GeldKarte getätigten Bezahlvorgänge kann der Karteninhaber mit Hilfe eines Chipkartenlesers nachvollziehen.

14. Erstattungs-, Berichtigungs- und Schadensersatzansprüche des Kontoinhabers 14.1 Erstattung bei nicht autorisierter Kartenverfügung Im Falle einer nicht autorisierten Kartenverfügung in Form der Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen Aufladung der GeldKarte Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos hat die Bank gegen den Kontoinhaber keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Die Bank ist verpflichtet, dem Kontoinhaber den Betrag ungekürzt zu erstatten. Wurde der Betrag seinem Konto belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die nicht autorisierte Kartenverfügung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstags gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Kartenzahlung nicht autorisiert ist oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Karteninhabers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt.

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14.2 Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Kartenverfügung (1) Im Falle einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Kartenverfügung in Form der – – – –

Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten, Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, Aufladung der GeldKarte oder Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos kann der Kontoinhaber von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Verfügungsbetrages insoweit verlangen, als die Kartenverfügung nicht erfolgte oder fehlerhaft war. Wurde der Betrag seinem Konto belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die nicht erfolgte oder fehlerhafte Kartenverfügung befunden hätte.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

(2) Der Kontoinhaber kann über den Absatz 1 hinaus von der Bank die Erstattung der Entgelte und Zinsen insoweit verlangen, als ihm diese im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung der autorisierten Kartenverfügung in Rechnung gestellt oder seinem Konto belastet wurden. (3) Geht der Zahlungsbetrag beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erst nach Ablauf der Ausführungsfrist in Nummer II.11 ein (Verspätung), kann der Zahlungsempfänger von seinem Zahlungsdienstleister verlangen, dass dieser die Gutschrift des Zahlungsbetrages auf dem Konto des Zahlungsempfängers so vornimmt, als sei die Kartenzahlung ordnungsgemäß ausgeführt worden. (4) Wurde eine autorisierte Kartenverfügung nicht oder fehlerhaft ausgeführt, wird die Bank die Kartenverfügung auf Verlangen des Karteninhabers nachvollziehen und ihn über das Ergebnis unterrichten. 14.3 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung Im Falle einer nicht autorisierten Kartenverfügung oder im Falle einer nicht erfolgten, fehlerhaften oder verspäteten Ausführung einer autorisierten Kartenverfügung kann der Kontoinhaber von der Bank einen Schaden, der nicht bereits von Nummer II.14.1 oder II.14.2 erfasst ist, ersetzt verlangen. Dies gilt nicht, wenn die Bank die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Bank hat hierbei ein Verschulden, das einer zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten, es sei denn, dass die wesentliche Ursache bei einer zwischengeschalteten Stelle liegt, die der Karteninhaber vorgegeben hat. Handelt es sich bei dem Kontoinhaber nicht um einen Verbraucher oder erfolgt der Einsatz der Karte in einem Land außerhalb Deutschlands und des Europäischen Wirtschaftsraumes1 beschränkt sich die Haftung der Bank für das Verschulden einer an der Abwicklung des Zahlungsvorgangs beteiligten Stelle auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung einer solchen Stelle. Hat der Karteninhaber durch ein schuldhaftes Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kontoinhaber den Schaden zu tragen haben. Die Haftung nach diesem Absatz ist auf 12.500 Euro je Kartenverfügung begrenzt. Diese betragsmäßige Haftungsbeschränkung gilt nicht – für nicht autorisierte Kartenverfügungen, – bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank, – für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, und – für den dem Kontoinhaber entstandenen Zinsschaden, soweit der Karteninhaber Verbraucher ist. 14.4 Haftungs- und Einwendungsausschluss (1) Ansprüche gegen die Bank nach Nummer II.14.1 bis 14.3 sind ausgeschlossen, wenn der Kontoinhaber die Bank nicht spätestens 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit der Kartenverfügung darüber unterrichtet hat, dass es sich um eine nicht autorisierte, nicht erfolgte oder fehlerhafte Kartenverfügung handelt. Der Lauf der 13monatigen Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kontoinhaber über die aus der Kartenverfügung resultierende Belastungsbuchung entsprechend dem für Kontoinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat; anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Haftungsansprüche nach Nummer II.14.3 kann der Kontoinhaber auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. (2) Ansprüche des Kontoinhabers gegen die Bank sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt von ihr nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. 15. Haftung des Kontoinhabers für nicht autorisierte Kartenverfügungen 15.1 Haftung des Kontoinhabers bis zur Sperranzeige (1) Verliert der Karteninhaber seine Karte oder PIN, werden sie ihm gestohlen, kommen sie sonst abhanden oder werden diese sonst missbräuchlich verwendet und kommt es dadurch zu nicht autorisierten Kartenverfügungen in Form der

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1 Zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten, Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, Aufladung der GeldKarte, Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos, so haftet der Kontoinhaber für Schäden, die bis zum Zeitpunkt der Sperranzeige verursacht werden, in Höhe von maximal 50 Euro, ohne dass es darauf ankommt, ob den Karteninhaber an dem Verlust, Diebstahl oder sonstigen Abhandenkommen oder sonstigem Missbrauch ein Verschulden trifft. (2) Der Kontoinhaber haftet nicht nach Absatz 1, wenn – es dem Karteninhaber nicht möglich gewesen ist, den Verlust, den Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung der Karte [oder des mobilen Endgeräts mit der digitalen Karte] vor der nicht autorisierten Kartenverfügung zu bemerken, oder – der Verlust der Karte durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung der Bank oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten der Bank ausgelagert wurden, verursacht worden ist. (3) Handelt es sich bei dem Kontoinhaber nicht um einen Verbraucher oder erfolgt der Einsatz der Karte in einem Land außerhalb Deutschlands und des Europäischen Wirtschaftsraumes, trägt der Kontoinhaber den aufgrund nicht autorisierter Kartenverfügungen entstehenden Schaden nach Absatz 1 auch über einen Betrag von maximal 50 Euro hinaus, wenn der Karteninhaber die ihm nach diesen Bedingungen obliegenden Pflichten fahrlässig verletzt hat. Hat die Bank durch eine Verletzung ihrer Pflichten zur Entstehung des Schadens beigetragen, haftet die Bank für den entstandenen Schaden im Umfang des von ihr zu vertretenden Mitverschuldens. (4) Kommt es vor der Sperranzeige zu nicht autorisierten Verfügungen und hat der Karteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt oder seine Sorgfaltspflichten nach diesen Bedingungen vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, trägt der Kontoinhaber den hierdurch entstandenen Schaden in vollem Umfang. Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers kann insbesondere dann vorliegen, wenn – er den Verlust oder den Diebstahl der Karte oder die missbräuchliche Verfügung der Bank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst schuldhaft nicht unverzüglich mitgeteilt hat, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat, – er die persönliche Geheimzahl auf der physischen Karte vermerkt oder zusammen mit der physischen Karte verwahrt hat (zum Beispiel im Originalbrief, in dem sie dem Karteninhaber mitgeteilt wurde), – [er die persönliche Geheimzahl der digitalen Karte im mobilen Endgerät oder in einem anderen Endgerät gespeichert hat], – er die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt hat und der Missbrauch dadurch verursacht worden ist. (5) Die Haftung für Schäden, die innerhalb des Zeitraums, für den der Verfügungsrahmen gilt, verursacht werden, beschränkt sich jeweils auf den für die Karte geltenden Verfügungsrahmen. (6) Der Kontoinhaber ist nicht zum Ersatz des Schadens nach den Absätzen 1, 3 und 4 verpflichtet, wenn der Karteninhaber die Sperranzeige nicht abgeben konnte, weil die Bank nicht die Möglichkeit zur Entgegennahme der Sperranzeige sichergestellt hatte. (7) Die Absätze 2, 5 und 6 finden keine Anwendung, wenn der Karteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt hat. 15.2 Haftung des Kontoinhabers ab Sperranzeige Sobald der Bank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst der Verlust oder Diebstahl der Karte, die missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Karte oder PIN angezeigt wurde, übernimmt die Bank alle danach durch Verfügungen in Form der – Abhebung von Bargeld an einem Geldautomaten, – Verwendung der Karte an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen, – Aufladung der GeldKarte und – Verwendung der Karte zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos entstehenden Schäden. Handelt der Karteninhaber in betrügerischer Absicht, trägt der Kontoinhaber auch die nach der Sperranzeige entstehenden Schäden. 15.3 Haftung des Kontoinhabers für den in der GeldKarte gespeicherten Betrag Eine Sperrung der GeldKarte für das Bezahlen an automatisierten Kassen ist nicht möglich. Bei Verlust, Diebstahl sowie im Falle der missbräuchlichen Verwendung oder einer sonstigen nicht autorisierten Nutzung der GeldKarte zum Bezahlen an automatisierten Kassen erstattet die Bank den in der GeldKarte gespeicherten Betrag nicht, denn jeder, der im Besitz der Karte ist, kann den in der GeldKarte gespeicherten Betrag ohne Einsatz der PIN verbrauchen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

III. Besondere Regeln für einzelne Nutzungsarten 1. Geldautomaten-Service und Einsatz an automatisierten Kassen von Handels- und Dienstleistungsunternehmen 1.1 Verfügungsrahmen der Karte Verfügungen an Geldautomaten, automatisierten Kassen und die Aufladung der GeldKarte sind für den Karteninhaber nur im Rahmen des für die Karte geltenden Verfügungsrahmens möglich. Bei jeder Nutzung der Karte an Geldautomaten und automatisierten Kassen wird geprüft, ob der Verfügungsrahmen der Karte durch vorangegangene Verfügungen bereits ausgeschöpft ist. Verfügungen, mit denen der Verfügungsrahmen der Karte überschritten würde, werden unabhängig vom aktuellen Kontostand und einem etwa vorher zum Konto eingeräumten Kredit abgewiesen. Der Karteninhaber darf den Verfügungsrahmen der Karte nur im Rahmen des Kontoguthabens oder eines vorher für das Konto eingeräumten Kredits in Anspruch nehmen. Der Kontoinhaber kann mit der kontoführenden Stelle eine Änderung des Verfügungsrahmens der Karte für alle zu seinem Konto ausgegebenen Karten vereinbaren. Ein Bevollmächtigter, der eine Karte erhalten hat, kann nur eine Herabsetzung für diese Karte vereinbaren. 1.2 Fehleingabe der Geheimzahl Die Karte kann an Geldautomaten sowie an automatisierten Kassen, an denen im Zusammenhang mit der Verwendung der Karte die PIN eingegeben werden muss, nicht mehr eingesetzt werden, wenn die persönliche Geheimzahl dreimal hintereinander falsch eingegeben wurde. Der Karteninhaber sollte sich in diesem Fall mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. 1.3 Zahlungsverpflichtung der Bank; Reklamationen Die Bank hat sich gegenüber den Betreibern von Geldautomaten und automatisierten Kassen vertraglich verpflichtet, die Beträge, über die unter Verwendung der an den Karteninhaber ausgegebenen Karte verfügt wurde, an die Betreiber zu vergüten. Einwendungen und sonstige Beanstandungen des Karteninhabers aus dem Vertragsverhältnis zu dem Unternehmen, bei dem bargeldlos an einer automatisierten Kasse bezahlt worden ist, sind unmittelbar gegenüber diesem Unternehmen geltend zu machen. 1.4 Vorauswahl an automatisierten Kassen Die Handels- und Dienstleistungsunternehmen haben die Möglichkeit, bei den von ihnen akzeptierten Karten in ihren automatisierten Kassen Mechanismen zu installieren, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen. Dabei dürfen sie den Karteninhaber nicht daran hindern, sich über diese Vorauswahl hinwegzusetzen. 2. GeldKarte 2.1 Servicebeschreibung Die mit einem Chip ausgestattete Karte kann auch als GeldKarte eingesetzt werden. Der Karteninhaber kann an GeldKarte-Terminals des Handels- und Dienstleistungsbereiches bargeldlos bezahlen. 2.2 Aufladen und Entladen der GeldKarte Der Karteninhaber kann seine GeldKarte an den mit dem GeldKarte-Logo gekennzeichneten Ladeterminals innerhalb des ihm von seiner Bank eingeräumten Verfügungsrahmens (Nummer III.1.1) zu Lasten des auf der Karte angegebenen Kontos bis zu einem Betrag von maximal 200 Euro aufladen. Vor dem Aufladevorgang muss er seine persönliche Geheimzahl (PIN) eingeben. Der Karteninhaber kann seine GeldKarte auch gegen Bargeld sowie im Zusammenwirken mit einer anderen Karte zu Lasten des Kontos, über das die Umsätze mit dieser Karte abgerechnet werden, aufladen. Aufgeladene Beträge, über die der Karteninhaber nicht mehr mittels GeldKarte verfügen möchte, können nur bei der kartenausgebenden Bank entladen werden. Bei einer Funktionsunfähigkeit der GeldKarte erstattet die kartenausgebende Bank dem Karteninhaber den nicht verbrauchten Betrag. Benutzt der Karteninhaber seine Karte, um seine GeldKarte oder die GeldKarte eines anderen aufzuladen, so ist die persönliche Geheimzahl (PIN) am Ladeterminal einzugeben. Die Auflademöglichkeit besteht nicht mehr, wenn die PIN dreimal hintereinander falsch eingegeben wurde. Der Karteninhaber sollte sich in diesem Fall mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. 2.3 Sofortige Kontobelastung des Ladebetrages Benutzt der Karteninhaber seine Karte, um seine GeldKarte oder die GeldKarte eines anderen aufzuladen, so wird der Ladebetrag dem Konto, das auf der Karte angegeben ist, belastet.

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2.4 Zahlungsvorgang mittels GeldKarte Beim Bezahlen mit der GeldKarte ist die PIN nicht einzugeben. Bei jedem Bezahlvorgang vermindert sich der in der GeldKarte gespeicherte Betrag um den verfügten Betrag. 3. Aufladen von Prepaid-Mobilfunk-Konten 3.1 Servicebeschreibung Unter Verwendung seiner Karte und der persönlichen Geheimzahl (PIN) kann der Karteninhaber ein PrepaidMobilfunk-Konto eines Mobilfunkanbieters, auf dem vorausbezahlte Telefonwerteinheiten verbucht werden, an Geldautomaten innerhalb des ihm von seiner Bank eingeräumten Verfügungsrahmens (Nummer III.1.1) zu Lasten des auf der Karte angegebenen Kontos aufladen. Voraussetzung ist, dass der vom Karteninhaber gewählte Geldautomat über eine entsprechende Ladefunktion verfügt und der Mobilfunkanbieter, der das Prepaid-Mobilfunk-Konto führt, das aufgeladen werden soll, an dem System teilnimmt. Zum Aufladen eines Prepaid-Mobilfunk-Kontos hat der Karteninhaber am Display des Geldautomaten den Menüpunkt zum Aufladen des Prepaid-Mobilfunk-Kontos zu wählen, die Mobilfunk-Telefonnummer („Handy-Nummer“) einzugeben und einen angezeigten Aufladebetrag zu wählen. Nach Autorisierung der Ladetransaktionen durch die Bank des Karteninhabers wird das Prepaid-Mobilfunk-Konto beim Mobilfunkanbieter aufgeladen. Mit diesem Verfahren kann der Karteninhaber sowohl sein eigenes Prepaid-Mobilfunk-Konto als auch das eines Dritten aufladen. Wird die Aufladung von der Bank, etwa wegen fehlender Kontodeckung, nicht autorisiert, wird am Display ein ablehnender Hinweis angezeigt. 3.2 Fehleingabe der Geheimzahl Die Karte kann an Geldautomaten nicht mehr eingesetzt werden, wenn die persönliche Geheimzahl dreimal hintereinander falsch eingegeben wurde. Der Karteninhaber sollte sich in diesem Fall mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen. 3.3 Zahlungsverpflichtung der Bank; Reklamationen Die Bank ist vertraglich verpflichtet, Ladebeträge für ein Prepaid-Mobilfunk-Konto, die unter Verwendung der an den Karteninhaber ausgegebenen Karte autorisiert worden sind, zu bezahlen. Die Zahlungspflicht beschränkt sich auf den jeweils autorisierten Betrag. Einwendungen und sonstige Beanstandungen des Karteninhabers aus dem Vertragsverhältnis zu dem Mobilfunkanbieter, der das Prepaid-Mobilfunk-Konto führt, sind unmittelbar gegenüber diesem Unternehmen geltend zu machen. B. Von der Bank angebotene andere Service-Leistungen 1. Besondere Bedingungen Für weitere von der Bank für die Karte bereitgestellte Service-Leistungen gelten besondere Bedingungen, die vor Inanspruchnahme mit dem Kontoinhaber vereinbart werden. 2. Vereinbarung über die Nutzungsarten Die Bank vereinbart mit dem Kontoinhaber, welche Dienstleistungen er mit der Karte in Anspruch nehmen kann. C. Zusatzanwendungen 1. Speicherung von Zusatzanwendungen auf der Karte (1) Der Karteninhaber hat die Möglichkeit, den auf der Karte befindlichen Chip als Speichermedium für eine bankgenerierte Zusatzanwendung (zum Beispiel in Form eines Jugendschutzmerkmals) oder als Speichermedium für eine unternehmensgenerierte Zusatzanwendung (zum Beispiel in Form eines elektronischen Fahrscheins) zu benutzen. (2) Die Nutzung einer bankgenerierten Zusatzanwendung richtet sich nach dem Rechtsverhältnis des Karteninhabers zur Bank. Eine unternehmensgenerierte Zusatzanwendung kann der Karteninhaber nach Maßgabe des mit dem Unternehmen geschlossenen Vertrages nutzen. Es obliegt der Entscheidung des Karteninhabers, ob er seine Karte zur Speicherung unternehmensgenerierter Zusatzanwendungen nutzen möchte. Die Speicherung einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung auf der Karte erfolgt am Terminal des Unternehmens nach Absprache zwi-

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schen dem Karteninhaber und dem Unternehmen. Kreditinstitute nehmen vom Inhalt der am Unternehmensterminal kommunizierten Daten keine Kenntnis. 2. Verantwortlichkeit des Unternehmens für den Inhalt einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung Die kartenausgebende Bank stellt mit dem Chip auf der Karte lediglich die technische Plattform zur Verfügung, die es dem Karteninhaber ermöglicht, in der Karte unternehmensgenerierte Zusatzanwendungen zu speichern. Eine Leistung, die das Unternehmen über die unternehmensgenerierte Zusatzanwendung gegenüber dem Karteninhaber erbringt, richtet sich ausschließlich nach dem Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen dem Karteninhaber und dem Unternehmen. 3. Reklamationsbearbeitung in Bezug auf Zusatzanwendungen (1) Einwendungen, die den Inhalt einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung betreffen, hat der Karteninhaber ausschließlich gegenüber dem Unternehmen geltend zu machen, das die Zusatzanwendung in die Karte eingespeichert hat. Das Unternehmen bearbeitet derartige Einwendungen auf Basis der bei ihm gespeicherten Daten. Der Karteninhaber darf die Karte zum Zwecke der Reklamationsbearbeitung nicht dem Unternehmen aushändigen. (2) Einwendungen, die den Inhalt einer bankgenerierten Zusatzanwendung betreffen, hat der Karteninhaber ausschließlich gegenüber der Bank geltend zu machen. 4. Keine Angabe der von der Bank an den Kunden ausgegebenen PIN bei unternehmensgenerierten Zusatzanwendungen Bei der Speicherung, inhaltlichen Änderung oder Nutzung einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung auf der Karte wird die von der kartenausgebenden Bank an den Karteninhaber ausgegebene PIN nicht eingegeben. Sofern das Unternehmen, das eine unternehmensgenerierte Zusatzanwendung in die Karte eingespeichert hat, dem Karteninhaber die Möglichkeit eröffnet, den Zugriff auf diese Zusatzanwendung mit einem separaten, von ihm wählbaren Legitimationsmedium abzusichern, so darf der Karteninhaber zur Absicherung der unternehmensgenerierten Zusatzanwendung nicht die PIN verwenden, die ihm von der kartenausgebenden Bank für die Nutzung der Zahlungsverkehrsanwendungen zur Verfügung gestellt worden ist. 5. Sperrmöglichkeit von Zusatzanwendungen Die Sperrung einer unternehmensgenerierten Zusatzanwendung kommt nur gegenüber dem Unternehmen in Betracht, das die Zusatzanwendung in den Chip der Karte eingespeichert hat, und ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen die Möglichkeit zur Sperrung seiner Zusatzanwendung vorsieht. Die Sperrung von bankgenerierten Zusatzanwendungen kommt nur gegenüber der Bank in Betracht und richtet sich nach dem mit der Bank geschlossenen Vertrag.

7. Händlerbedingungen GiroCard (Deutsche Kreditwirtschaft)*

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Händlerbedingungen – Bedingungen für die Teilnahme am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft 1. Teilnahme am electronic-cash-System der deutschen Kreditwirtschaft Das Unternehmen ist berechtigt, am electronic cash-System der deutschen Kreditwirtschaft nach Maßgabe dieser Bedingungen teilzunehmen. Das electronic cash-System ermöglicht die bargeldlose Zahlung an automatisierten Kassen – electronic cashTerminals. Vertragspartner des Unternehmens im Zusammenhang mit der Autorisierung jeder einzelnen Zahlungstransaktion ist der jeweilige kartenausgebende Zahlungsdienstleister (siehe Nr. 5). Die Gesamtheit der am electronic cash-System teilnehmenden Zahlungsdienstleister wird im Folgenden als Kreditwirtschaft bezeichnet.

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Stand 23.8.2019 (Bankenverband).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

2. Kartenakzeptanz An den electronic cash-Terminals des Unternehmens sind die von Zahlungsdienstleistern emittierten Debitkarten, die mit einem girocard-Logo gemäß Kap. 2.3 des Technischen Anhangs versehen sind, zu akzeptieren. Den Unternehmen bleibt es unbenommen, Rabatte zu gewähren. Auf eine Nichtakzeptanz von Debitkarten von Zahlungsdienstleistern mangels Entgeltvereinbarung wird der Karteninhaber vom Unternehmen vor einer Zahlung mittels Aufkleber, elektronisch oder auf sonstige geeignete Art und Weise hingewiesen. Soweit die Kreditwirtschaft mit in anderen Staaten ansässigen Betreibern oder Teilnehmern garantierter und PIN-gestützter Debitkartensysteme (Kooperationspartner) entsprechende Kooperationsvereinbarungen getroffen hat, ist das Unternehmen verpflichtet, auch die im System eines Kooperationspartners von einem Zahlungsdienstleister ausgegebenen Debitkarten für die bargeldlose Zahlung an electronic cash-Terminals zu den im electronic cash-System geltenden Bedingungen zu akzeptieren. Der Netzbetreiber wird das Unternehmen über die Debitkarten der Kooperationspartner, die im Rahmen des electronic cashSystems zu akzeptieren sind, unterrichten und diese bei der technischen Abwicklung im Rahmen des electronic cashSystems berücksichtigen. Die Akzeptanz von Karten weiterer Systeme an electronic cash-Terminals ist hiervon nicht berührt, soweit sie die ordnungsgemäße Verarbeitung der im electronic cash-System zu akzeptierenden Karten nicht beeinträchtigt. Das Unternehmen hat die Möglichkeit, bei den von ihm akzeptierten Karten in seinen electronic cashTerminals automatische Mechanismen zu installieren, die eine Vorauswahl einer bestimmten Zahlungsmarke oder Zahlungsanwendung treffen. Dabei darf es den Karteninhaber nicht daran hindern, sich über diese Vorauswahl hinwegzusetzen. 3. Anschluss des Unternehmens an das Betreibernetz eines Netzbetreibers Die Teilnahme des Unternehmens am electronic cash-System setzt, sofern das Unternehmen nicht selbst die Aufgabe des Netzbetreibers übernimmt, den Anschluss an ein Betreibernetz auf der Grundlage einer gesonderten Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und einem Netzbetreiber voraus. Aufgabe des Betreibernetzes ist, die electronic cash-Terminals mit den Autorisierungssystemen der Kreditwirtschaft, in denen die electronic cash-Umsätze genehmigt werden, zu verbinden. Der Netzbetreiber ist für die Aufstellung der electronic cash-Terminals, deren Anschluss an den Betreiberrechner sowie deren technische Betreuung einschließlich der Einbringung von kryptographischen Schlüsseln verantwortlich. Sofern hierfür das Verfahren zur OnlinePersonalisierung von Terminal-Hardewaresicherheitsmodulen (OPT-Verfahren) zur Anwendung kommt, ist er für die Durchleitung von kryptographischen Schlüsseln im Rahmen jenes Verfahrens verantwortlich. Der Netzbetreiber hat sicherzustellen, dass das Betreibernetz die von der Kreditwirtschaft vorgegebenen Sicherheitsanforderungen erfüllt. 4. Austausch von für den Terminalbetrieb erforderlichen kryptographischen Schlüsseln Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit des electronic cash-Systems besteht die Notwendigkeit, die kryptographischen Schlüssel in regelmäßigen Abständen oder anlassbezogen auszutauschen. Die für den Betrieb des Terminals erforderlichen kryptographischen Schlüssel werden von der Kreditwirtschaft erstellt. Das Unternehmen ist verpflichtet, diese kryptographischen Schlüssel, so wie sie von der Kreditwirtschaft bereitgestellt werden, abzunehmen. Dies erfolgt über den Netzbetreiber. Sofern für die Einbringung das OPT-Verfahren Verwendung findet, schließt das Unternehmen hierzu eine entsprechende Vereinbarung mit einem von ihm gewählten Zahlungsdienstleister (TerminalZahlungsdienstleister) oder mit einem von diesem beauftragten Netzbetreiber. 5. Umsatzautorisierung durch den kartenausgebenden Zahlungsdienstleister Der kartenausgebende Zahlungsdienstleister, der dem electronic cash-System angeschlossen ist, gibt mit der positiven Autorisierung des Umsatzes die Erklärung ab, dass es die Forderung in Höhe des am electronic cash-Terminal autorisierten Betrages (electronic cash-Umsatz) begleicht. Akzeptiert das Unternehmen an seinem electronic cashTerminal die im System eines Kooperationspartners von einem Kreditinstitut ausgegebene Debitkarte, so gibt der kartenausgebende Zahlungsdienstleister im System des Kooperationspartners mit der positiven Autorisierung des Umsatzes die Erklärung ab, dass es die Forderung in Höhe des am electronic cash-Terminal autorisierten Betrages (electronic cash-Umsatz) begleicht. Voraussetzung für die Begleichung des electronic cash-Umsatzes ist, dass das electronic cash-Terminal gegenüber dem Netzbetreiber zugelassen, nach den mit dem Netzbetreiber vereinbarten Verfahren betrieben wurde und die in Nr. 2 und 7 genannten Anforderungen vom Unternehmen eingehalten wurden. Ist der kartenausgebende Zahlungsdienstleister dem electronic cash-System angeschlossen, ist weiterhin Vorausset-

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

zung, dass der electronic cash-Umsatz einem Zahlungsdienstleister des Unternehmens (InkassoZahlungsdienstleister) innerhalb von 8 Tagen eingereicht wurde. Die Einreichung des electronic cash-Umsatzes durch das Unternehmen bei seinem Zahlungsdienstleister ist nicht Bestandteil der Autorisierung des Umsatzes durch den kartenausgebenden Zahlungsdienstleister gegenüber dem Unternehmen. Durch eine Stornierung des electronic cash-Umsatzes entfällt die Zahlungsverpflichtung des kartenausgebenden Zahlungsdienstleisters. Das angeschlossene Unternehmen ist verpflichtet, der Kreditwirtschaft auf Anforderung, die über den Netzbetreiber geleitet wird, näher spezifizierte Unterlagen bezüglich des reklamierten electronic cash-Umsatzes (z. B. Belegkopie, Händlerjournal) unverzüglich, spätestens aber innerhalb einer Frist von 10 Tagen nach Erhalt der Anfrage zur Verfügung zu stellen. 6. Entgelte Für den Betrieb des electronic cash-Systems und die Genehmigung der electronic cash-Umsätze in den Autorisierungssystemen der Kreditwirtschaft oder im Autorisierungssystem eines Kooperationspartners schuldet das Unternehmen bzw. ein von diesem Beauftragter dem kartenausgebenden Zahlungsdienstleister das mit diesem vereinbarte Entgelt. Bei der Vereinbarung individueller Entgelte werden beide die technischen Anforderungen des electronic cash-Systems beachten. Für stornierte Umsätze wird kein Entgelt erhoben. Das Unternehmen ist verpflichtet, dem Netzbetreiber das Bestehen seiner Entgeltvereinbarungen mit allen kartenausgebenden Zahlungsdienstleistern nachzuweisen sowie den Netzbetreiber über die Eckpunkte in Kenntnis zu setzen, die der Netzbetreiber für die technische Abwicklung der Transaktion zwingend benötigt (z. B. möglicherweise die Angabe über einen individuell vereinbarten Grundberechnungswert). Fehlen dem Unternehmen Entgeltabreden mit einem oder mehreren kartenausgebenden Zahlungsdienstleistern, muss es sich unverzüglich um den Abschluss von Entgeltabreden mit den fehlenden kartenausgebenden Zahlungsdienstleistern bemühen. Solange der Nachweis nicht oder nicht vollständig erbracht ist, kann der Netzbetreiber unter Einbeziehung des Unternehmens geeignete und angemessene Vorkehrungen treffen, wie etwa einen Hinweis an den Karteninhaber durch das Unternehmen über die Nichtakzeptanz von Debitkarten von bestimmten kartenausgebenden Zahlungsdienstleistern mangels Entgeltvereinbarung oder die (vorübergehende) Außerbetriebnahme des Terminals bis zum Nachweis der fehlenden Entgeltabrede(n). Direkt zwischen einem Unternehmen und kartenausgebenden Zahlungsdienstleister(n) ausgehandelte Entgeltabreden kann der Netzbetreiber auf Wunsch des Händlers nach Einigung auf einen Servicevertrag technisch abwickeln. Nutzt das Unternehmen für Entgeltabrechnungen von electronic cash-Entgelten einen Beauftragten, verpflichtet es diesen zudem, die electronic cash-Entgelte getrennt von seinem sonstigen Vermögen auf einem separaten Konto zu verbuchen. Es handelt sich auch bei diesen Entgelten, vorbehaltlich einer anderslautenden Vereinbarung, um Treuhandvermögen der kartenausgebenden Zahlungsdienstleister. Das dem jeweiligen kartenausgebenden Zahlungsdienstleister geschuldete Entgelt wird über den Netzbetreiber periodisch an die kartenausgebenden Zahlungsdienstleister abgeführt, sofern dies zwischen dem Unternehmen bzw. seinem Beauftragten und dem jeweiligen kartenherausgebenden Zahlungsdienstleister bzw. seinem Beauftragten unter Berücksichtigung der technischen Anforderungen des Netzbetreibers vereinbart worden ist. 7. Betrieb von Terminals nach Maßgabe der Vorgaben des Technischen Anhangs Das Unternehmen wird die electronic cash-Terminals für die nach diesen Bedingungen zugelassenen Karten (siehe Nr. 2) ausschließlich nach der im beigefügten Technischen Anhang formulierten „Betriebsanleitung" betreiben. Die darin enthaltenen Anforderungen sind Bestandteil dieser Bedingungen. Um insbesondere ein Ausspähen der PIN bei der Eingabe am Terminal auszuschließen, sind bei der Aufstellung von Terminals die im beigefügten Technischen Anhang aufgeführten Sicherheitsanforderungen zu beachten. Das Unternehmen hat alles zu unterlassen, was die Sicherheit oder den ordnungsgemäßen Ablauf des electronic cash-Systems beeinträchtigen könnte. Das Unternehmen ist verpflichtet, seinen Netzbetreiber über etwaige Vorfälle, die die Sicherheit oder den ordnungsgemäßen Ablauf des electronic cash-Systems beeinträchtigen könnten, zu informieren. Für die Teilnahme am electronic cash-System dürfen nur Terminals eingesetzt werden, die über eine Zulassung der Kreditwirtschaft verfügen. Notwendige Anpassungen am Terminal sind nach Vorgabe der Kreditwirtschaft termingerecht umzusetzen, so dass geltende Zulassungsbestimmungen eingehalten werden. Nicht umgestellte Terminals dürfen nach Fristablauf nicht im electronic cash-Netz betrieben werden.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

8. Eingabe der persönlichen Geheimzahl (PIN) beim Bezahlvorgang Zur Bezahlung an electronic cash-Terminals ist neben der Karte die persönliche Geheimzahl (PIN) einzugeben. Die PIN darf nur durch den Karteninhaber eingegeben werden. Zur Abwicklung von kontaktlosen Zahlungen (sofern das electronic cash-Terminal dies unterstützt) kann vom kartenausgebenden Zahlungsdienstleister bei Transaktionen bis zu jeweils 25 Euro auf die Eingabe der PIN verzichtet werden. 9. Zutrittsgewährung Das Unternehmen gewährleistet, dass Beauftragte der Kreditwirtschaft auf Wunsch Zutritt zu den electronic cash-Terminals erhalten und diese überprüfen können. 10. Einzug von electronic cash-Umsätzen Der Einzug der electronic cash-Umsätze erfolgt aufgrund gesonderter Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und dem gewählten Zahlungsdienstleister und ist nicht Gegenstand dieser Bedingungen. Der Netzbetreiber hat sich bereit erklärt, das Unternehmen bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs dadurch zu unterstützen, dass er aus den electronic cash- bzw. Umsätzen des Unternehmens Lastschriftdateien erstellt und diese unter anderem – dem Unternehmen zur Einreichung bei seinem kontoführenden Zahlungsdienstleister bzw. einer von diesem benannten Zentralstelle zur Verfügung stellt, – die Einreichung beim kontoführenden Zahlungsdienstleister des Unternehmens in dessen Auftrag selbst vornimmt – oder nach Abtretung der Forderung durch das Unternehmen seinem kontoführenden Zahlungsdienstleister zur Einziehung übergibt. 11. Aufbewahrungsfristen Das Unternehmen wird die Händlerjournale von electronic cashTerminals, ungeachtet der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, für mindestens 15 Monate aufbewahren und auf Verlangen dem InkassoZahlungsdienstleister, über das der electronic cash-Umsatz eingezogen wurde, zur Verfügung stellen. Einwendungen und sonstige Beanstandungen von Karteninhabern nach Nr. 2 Satz 1, die das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmen betreffen, werden unmittelbar gegenüber dem Unternehmen geltend gemacht. 12. Akzeptanzzeichen Das Unternehmen hat auf das electronic cash-System mit einem zur Verfügung gestellten Zeichen gemäß Kap. 2.3 des Technischen Anhangs deutlich hinzuweisen. Dabei darf das Unternehmen einen Zahlungsdienstleister oder eine Gruppe von Zahlungsdienstleistern werblich nicht herausstellen. 13. Sonderbestimmungen für die Auszahlung von Bargeld durch das Unternehmen Falls ein Unternehmen im Rahmen des electronic cash-Verfahrens die Möglichkeit der Bargeldauszahlung anbietet, gelten dafür zusätzlich folgende Bestimmungen: – Die Auszahlung von Bargeld ist nur in Verbindung mit einer electronic-cash-Transaktion zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen des Unternehmens zulässig. Die Höhe der electronic cash-Transaktion soll mindestens 20,00 € betragen. – Die Auszahlung von Bargeld erfolgt ausschließlich aufgrund einer zwingenden Autorisierung des angeforderten Betrages durch den kartenausgebenden Zahlungsdienstleister. – Vorbehaltlich eines hinreichenden Bargeldbestandes in der Kasse ist das Unternehmen an das Ergebnis der Autorisierung des Zahlungsdienstleisters gebunden. – Die Barauszahlung darf höchstens 200,00 € betragen. – Das Unternehmen wird hinsichtlich des Angebotes der Auszahlung von Bargeld keine Differenzierung zwischen Karteninhabern verschiedener kartenausgebender Zahlungsdienstleister vornehmen. Dabei kann das Unternehmen den jeweiligen Bargeldbestand in der Kasse berücksichtigen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

14. Änderung der Bedingungen Änderungen dieser Bedingungen werden dem Unternehmen schriftlich bekannt gegeben. Ist mit dem Unternehmen ein elektronischer Kommunikationsweg vereinbart, können die Änderungen auch auf diesem Wege übermittelt werden, wenn die Art der Übermittlung es dem Unternehmen erlaubt, die Änderungen in lesbarer Form zu speichern oder auszudrucken. Sie gelten als genehmigt, wenn das Unternehmen nicht schriftlich oder auf dem vereinbarten elektronischen Weg Widerspruch bei seinem kontoführenden Zahlungsdienstleister erhebt. Auf diese Folge wird das Unternehmen bei der Bekanntgabe der Änderung besonders hingewiesen. Das Unternehmen muss den Widerspruch innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe der Änderung an seinen kontoführenden Zahlungsdienstleister absenden. 15. Rechtswahl, Gerichtsstand und Sprache Diese Bedingungen und ihre Anlagen unterliegen dem Recht der Bundesrepublik Deutschland. Ausschließlicher Gerichtsstand für Auseinandersetzungen, die diese Bedingungen betreffen, ist Berlin. Ein beklagter Zahlungsdienstleister und das Unternehmen können auch an ihrem Geschäftssitz verklagt werden. Bei Übersetzungen ist jeweils die Fassung in deutscher Sprache verbindlich. Anlage: – Technischer Anhang zu den Händlerbedingungen (nicht abgedruckt)

8. Kreditkarten-Kundenbedingungen (Deutsche Bank)*

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Die nachfolgenden Bedingungen gelten für die Kreditkarten der Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG und der Deutsche Bank AG (nachfolgend einheitlich „Bank“). I. Zahlungsverkehrsbezogene Anwendungen 1. Verwendungsmöglichkeiten (1) Die von der Bank ausgegebene Mastercard und VISA-Karte (nachfolgend „Kreditkarte“) kann der Kreditkarteninhaber im Inland und als weitere Dienstleistung auch im Ausland im Rahmen des Mastercard- bzw. VISA-Verbundes einsetzen – bei Vertragsunternehmen im stationären und Online-Handel und – darüber hinaus als weitere Dienstleistung zum Abheben von Bargeld an Geldautomaten sowie an Kassen von Kreditinstituten, dort zusätzlich gegen Vorlage eines Ausweispapiers (Bargeldservice). (2) Die Vertragsunternehmen sowie die Kreditinstitute und Geldautomaten im Rahmen des Bargeldservice sind an den Akzeptanzsymbolen zu erkennen, die auf der Kreditkarte zu sehen sind. Soweit mit der Kreditkarte zusätzliche Leistungen (z.B. Versicherungen) verbunden sind, richtet sich dies nach den insoweit geltenden besonderen Regeln. (3) Sofern die Kreditkarte als BusinessCard ausgegeben wurde, darf diese ausschließlich für geschäftliche Zwecke verwendet werden. 2. Persönliche Geheimzahl (PIN) (1) Für die Nutzung von Geldautomaten und an Kassenterminals wird dem Kreditkarteninhaber eine persönliche Geheimzahl (PIN = Persönliche Identifizierungsnummer) für seine Kreditkarte zur Verfügung gestellt. (2) Die Kreditkarte kann an Geldautomaten sowie an Kassenterminals, an denen im Zusammenhang mit der Verwendung der Kreditkarte die PIN eingegeben werden muss, nicht mehr eingesetzt werden, wenn die PIN dreimal hintereinander falsch eingegeben wurde. Der Kreditkarteninhaber sollte sich in diesem Fall mit seiner Bank, möglichst mit der kontoführenden Stelle, in Verbindung setzen.

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Stand 10.9.2019.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

3. Autorisierung von Kreditkartenzahlungen durch den Kreditkarteninhaber (1) Bei Nutzung der Kreditkarte ist entweder ein Beleg zu unterschreiben, auf den das Vertragsunternehmen die Kreditkartendaten übertragen hat, – an Geldautomaten und Kassenterminals die PIN einzugeben – oder bei online oder telefonischen Bestellungen die Kreditkartennummer, das Verfalldatum und ggf. die Kreditkartenprüfziffer anzugeben. Beim Karteneinsatz an Kassenterminals kann von der Eingabe der PIN zur Bezahlung von Verkehrsnutzungsentgelten oder Parkgebühren an unbeaufsichtigten Kassenterminals abgesehen werden. Beim kontaktlosen Bezahlen an Kassenterminals ist die Kreditkarte mit Kontaktlosfunktion an ein Kreditkartenlesegerät zu halten. Für Kleinstbeträge ist unter Umständen die Eingabe einer PIN oder das Unterschreiben eines Belegs nicht erforderlich. Bei Online-Bezahlvorgängen erfolgt die Authentifizierung des Karteninhabers, indem er auf Anforderung die gesondert vereinbarten Authentifizierungselemente einsetzt. Authentifizierungselemente sind – Wissenselemente (etwas, das der Karteninhaber weiß, z.B. Online-Passwort), – Besitzelemente (etwas, das der Karteninhaber besitzt, z.B. mobiles Endgerät zur Erzeugung oder Empfang von einmal verwendbaren Transaktionsnummern (TAN) als Besitznachweis) oder – Seinselemente (etwas, das der Karteninhaber ist, z.B. Fingerabdruck). (2) Mit dem Einsatz der Kreditkarte erteilt der Kreditkarteninhaber die Zustimmung (Autorisierung) zur Ausführung der Kreditkartenzahlung. Soweit dafür zusätzlich eine PIN, die Unterschrift oder ein sonstiges Personalisiertes Sicherheitsmerkmal gefordert wird, wird die Zustimmung erst mit deren Einsatz erteilt. Nach der Erteilung der Zustimmung kann der Kreditkarteninhaber die Kreditkartenzahlung nicht mehr widerrufen. In dieser Autorisierung ist zugleich die ausdrückliche Zustimmung enthalten, dass die Bank die für die Ausführung der Kreditkartenzahlung notwendigen personenbezogenen Daten des Kreditkarteninhabers verarbeitet, übermittelt und speichert. –

4. Sperrung eines verfügbaren Geldbetrags Die Bank ist berechtigt, auf dem Konto des Kreditkarteninhabers einen im Rahmen der finanziellen Nutzungsgrenze (vgl. I.7) verfügbaren Geldbetrag zu sperren, wenn – der Kreditkartenzahlungsvorgang vom Zahlungsempfänger ausgelöst worden ist und – der Kreditkarteninhaber auch der genauen Höhe des zu sperrenden Geldbetrags zugestimmt hat. Den gesperrten Geldbetrag gibt die Bank unbeschadet sonstiger gesetzlicher oder vertraglicher Rechte unverzüglich frei, nachdem ihr der genaue Zahlungsbetrag mitgeteilt worden oder der Zahlungsauftrag zugegangen ist. 5. Ablehnung von Kreditkartenzahlungen durch die Bank Die Bank ist berechtigt, die Kreditkartenzahlung abzulehnen, wenn sich der Kreditkarteninhaber nicht mit seiner PIN oder einem sonstigen Authentifizierungselement legitimiert hat, – der für die Kreditkartenzahlung geltende Verfügungsrahmen der Kreditkarte oder die finanzielle Nutzungsgrenze nicht eingehalten ist oder – die Kreditkarte gesperrt ist. Über die Zahlungsablehnung wird der Kreditkarteninhaber über das Terminal, an dem die Kreditkarte eingesetzt wird, oder beim Bezahlvorgang im Online-Handel unterrichtet. –

6. Ausführungsfrist Der Kreditkartenzahlungsvorgang wird vom Zahlungsempfänger ausgelöst. Nach Zugang des Zahlungsauftrags bei der Bank ist diese verpflichtet sicherzustellen, dass der Kreditkartenzahlungsbetrag spätestens zu dem im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ angegebenen Zeitpunkt beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingeht.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

7. Finanzielle Nutzungsgrenze Der Kreditkarteninhaber darf die Kreditkarte nur innerhalb des Verfügungsrahmens der Kreditkarte und nur in der Weise nutzen, dass ein Ausgleich der Kreditkartenumsätze bei Fälligkeit gewährleistet ist. Der Kreditkarteninhaber kann mit der Bank grundsätzlich eine Änderung seines Verfügungsrahmens der Kreditkarte vereinbaren. Auch wenn der Kreditkarteninhaber die finanzielle Nutzungsgrenze nicht einhält, ist die Bank berechtigt, den Ersatz der Aufwendungen zu verlangen, die aus der Nutzung der Kreditkarte entstehen. Die Genehmigung einzelner Kreditkartenumsätze führt weder zur Einräumung eines Kredites (z.B. eingeräumte Kontoüberziehung) noch zur Erhöhung eines zuvor eingeräumten Kredites (z.B. eingeräumte Kontoüberziehung), sondern erfolgt in der Erwartung, dass ein Ausgleich der Kreditkartenumsätze bei Fälligkeit gewährleistet ist. Übersteigt die Buchung von Kreditkartenumsätzen das vorhandene Kontoguthaben oder einen vorher für das Konto eingeräumten Kredit (z. B. eingeräumte Kontoüberziehung), so führt die Buchung lediglich zu einer geduldeten Kontoüberziehung.

8. Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Kreditkarteninhabers 8.1 Unterschrift Der Kreditkarteninhaber hat die Kreditkarte nach Erhalt unverzüglich auf dem Unterschriftsfeld zu unterschreiben. 8.2 Sorgfältige Aufbewahrung der Kreditkarte Die Kreditkarte ist mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren, um zu verhindern, dass sie abhandenkommt oder missbräuchlich verwendet wird. Sie darf insbesondere nicht unbeaufsichtigt im Kraftfahrzeug aufbewahrt werden. Denn jede Person, die im Besitz der Kreditkarte ist, hat die Möglichkeit, mit ihr missbräuchliche Kreditkartenverfügungen zu tätigen. 8.3 Geheimhaltung der persönlichen Geheimzahl (PIN) Der Kreditkarteninhaber hat auch dafür Sorge zu tragen, dass keine andere Person Kenntnis von seiner PIN erlangt. Die PIN darf insbesondere nicht auf der Kreditkarte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden. Jede Person, die die PIN kennt und in den Besitz der Kreditkarte kommt bzw. die Kreditkartennummer kennt, hat die Möglichkeit, missbräuchliche Kreditkartenverfügungen zu tätigen (z.B. Bargeldauszahlung an Geldautomaten). 8.4 Schutz der Authentifizierungselemente für Online-Bezahlvorgänge Der Karteninhaber hat alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um seine mit der Bank vereinbarten Authentifizierungselemente für Online-Bezahlvorgänge (siehe Nummer 3 (1) letzter Untersatz dieser Bedingungen) vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Authentifizierungselemente für OnlineBezahlvorgänge missbräuchlich verwendet werden oder in sonstiger Weise nicht autorisiert genutzt werden. Zum Schutz der einzelnen Authentifizierungselemente für Online-Bezahlvorgänge hat der Karteninhaber vor allem Folgendes zu beachten: (a) Wissenselemente, wie z.B. das Online-Passwort, sind geheim zu halten; sie dürfen insbesondere – nicht mündlich (z.B. telefonisch oder persönlich) mitgeteilt werden, – nicht außerhalb von Online-Bezahlvorgängen in Textform (z.B. per E-Mail oder Messenger-Dienst) weitergegeben werden, – nicht ungesichert elektronisch gespeichert (z.B. Speicherung des Online-Passworts im Klartext im mobilen Endgerät) werden und – nicht auf einem Gerät notiert oder als Abschrift zusammen mit einem Gerät aufbewahrt werden, das als Besitzelement (z.B. mobiles Endgerät) oder zur Prüfung des Seinselements (z.B. mobiles Endgerät mit Anwendung für Kreditkartenzahlung und Fingerabdrucksensor) dient. (b) Besitzelemente, wie z.B. ein mobiles Endgerät, sind vor Missbrauch zu schützen, insbesondere – ist sicherzustellen, dass unberechtigte Personen auf das mobile Endgerät des Karteninhabers (z.B. Mobiltelefon) nicht zugreifen können, – ist dafür Sorge zu tragen, dass andere Personen die auf dem mobilen Endgerät (z.B. Mobiltelefon) befindliche Anwendung für Kreditkartenzahlungen (z.B. Karten-App, Authentifizierungs-App) nicht nutzen können,

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3. Teil – Zahlungsgeschäft



ist die Anwendung für Online-Bezahlvorgänge (z.B. Karten-App, Authentifizierungs-App) auf dem mobilen Endgerät des Teilnehmers zu deaktivieren, bevor der Teilnehmer den Besitz an diesem mobilen Endgerät aufgibt (z.B. durch Verkauf oder Entsorgung des Mobiltelefons) und – dürfen die Nachweise des Besitzelements (z.B. TAN) nicht außerhalb der Online-Bezahlvorgänge mündlich (z.B. per Telefon) oder in Textform (z.B. per E-Mail, Messenger-Diesnt) weitergegeben werden, (c) Seinselemente, wie z.B. der Fingerabdruck des Karteninhabers, dürfen auf einem mobilen Endgerät des Karteninhabers für Online-Bezahlvorgänge nur dann als Authentifizierungselement verwendet werden, wenn auf dem mobilen Endgerät keine Seinselemente anderer Personen gespeichert sind. Sind auf dem mobilen Endgerät, der für Online-Bezahlvorgänge genutzt wird, Seinselemente anderer Personen gespeichert, ist für Online-Bezahlvorgänge das von der Bank ausgegebene Wissenselement (z.B. Online-Passwort) zu nutzen und nicht das auf dem mobilen Endgerät gespeicherte Seinselement. 8.5 Kontrollpflichten bei Online-Bezahlvorgängen

Sollten bei Online-Bezahlvorgängen an den Karteninhaber Angaben zum Zahlungsvorgang (z.B. der Name des Vertragsunternehmens und der Verfügungsbetrag) mitgeteilt werden, sind diese Daten vom Karteninhaber auf Richtigkeit zu prüfen. 8.6 Unterrichtungs- und Anzeigepflichten des Kreditkarteninhabers (1) Stellt der Kreditkarteninhaber den Verlust oder Diebstahl seiner Kreditkarte oder missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Kreditkarte, PIN oder für Online-Bezahlvorgänge vereinbarter Authentifizierungselemente fest, so ist die Bank, und zwar möglichst die kontoführende Stelle, oder eine Repräsentanz des Mastercard- bzw. VISA-Verbundes unverzüglich zu unterrichten, um die Kreditkarte sperren zu lassen. Die Kontaktdaten, unter denen eine Sperranzeige abgegeben werden kann, werden dem Kreditkarteninhaber gesondert mitgeteilt. Der Kreditkarteninhaber hat einen Diebstahl oder Missbrauch auch unverzüglich bei der Polizei anzuzeigen. (2) Hat der Kreditkarteninhaber den Verdacht, dass eine andere Person unberechtigt in den Besitz seiner Kreditkarte und ggf. PIN gelangt ist, eine missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Kreditkarte, PIN oder für Online-Bezahlvorgänge vereinbarter Authentifizierungselemente vorliegt, muss er ebenfalls unverzüglich eine Sperranzeige abgeben. Für den Ersatz einer verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Kreditkarte berechnet die Bank dem Kreditkarteninhaber das im „Preis- und Leistungsverzeichnis“ der Bank ausgewiesene Entgelt, das allenfalls die ausschließlich und unmittelbar mit dem Ersatz verbundenen Kosten abdeckt. Der vorhergehende Satz gilt nicht, wenn die Bank die Umstände, die zur Ausgabe der Ersatzkreditkarte geführt haben, zu vertreten hat oder diese ihr zuzurechnen sind. (3) Der Kreditkarteninhaber hat die Bank unverzüglich nach Feststellung einer nicht autorisierten oder einer fehlerhaft ausgeführten Kreditkartenverfügung hierüber zu unterrichten.

9. Zahlungsverpflichtung des Kreditkarteninhabers Die Bank ist gegenüber den Vertragsunternehmen sowie den Kreditinstituten, die die Kreditkarte zur Bargeldauszahlung an Schaltern oder Geldautomaten akzeptieren, verpflichtet, die vom Kreditkarteninhaber mit der Kreditkarte getätigten Umsätze zu begleichen. Die Bank unterrichtet den Kreditkarteninhaber mindestens einmal monatlich auf dem mit ihm vereinbarten Weg über alle im Zusammenhang mit der Begleichung der Kreditkartenumsätze entstehenden Aufwendungen. Dies kann dadurch geschehen, dass die Bank nach vorheriger Vereinbarung mit dem Kreditkarteninhaber ihm diese gesammelte Abrechnung zum elektronischen Abruf bereitstellt. Mit Kreditkarteninhabern, die nicht Verbraucher sind, werden die Art und Weise sowie die zeitliche Folge der Unterrichtung gesondert vereinbart. Der Abrechnungsbetrag ist mit Erteilung der Abrechnung gegenüber dem Kreditkarteninhaber fällig und wird dem vereinbarten Abrechnungskonto belastet. Die Bank behält sich vor, Bargeldverfügungen einschließlich dabei anfallender Aufwendungen als sofort fällig dem vereinbarten Abrechnungskonto unmittelbar zu belasten. Einwendungen und sonstige Beanstandungen des Kreditkarteninhabers aus seinem Vertragsverhältnis zu dem Vertragsunternehmen, bei dem die Kreditkarte eingesetzt wurde, sind unmittelbar gegenüber dem Vertragsunternehmen geltend zu machen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

10. Fremdwährungsumrechnung Nutzt der Kreditkarteninhaber die Kreditkarte für Kreditkartenverfügungen, die nicht auf Euro lauten, wird das Konto gleichwohl in Euro belastet. Die Bestimmung des Kurses bei Fremdwährungsgeschäften ergibt sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“. Eine Änderung des in der Umrechnungsregelung ggf. genannten Referenzwechselkurses wird unmittelbar und ohne vorherige Benachrichtigung des Kreditkarteninhabers wirksam. 11. Entgelte und Auslagen (1) Die vom Kreditkarteninhaber gegenüber der Bank geschuldeten Entgelte und Auslagen ergeben sich aus dem „Preis- und Leistungsverzeichnis“ der Bank. (2) Änderungen der Entgelte werden dem Kreditkarteninhaber spätestens zwei Monate vor dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kreditkarteninhaber mit der Bank im Rahmen der Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das OnlineBanking), können die Änderungen auch auf diesem Wege angeboten werden. Der Kreditkarteninhaber kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kreditkarteninhabers gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigungswirkung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. (3) Werden dem Kreditkarteninhaber Änderungen der Entgelte angeboten, kann er diese Geschäftsbeziehung vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird die Bank den Kreditkarteninhaber in ihrem Angebot besonders hinweisen. (4) Bei Entgelten und deren Änderung für Zahlungen von Kreditkarteninhabern, die nicht Verbraucher sind, bleibt es bei den Regelungen in Nr. 12 Abs. 2 bis 6 AGB-Banken. 12. Erstattungs-, Berichtigungs- und Schadensersatzansprüche des Kreditkarteninhabers 12.1 Erstattung bei nicht autorisierter Kreditkartenverfügung Im Falle einer nicht autorisierten Kreditkartenverfügung in Form der Bargeldauszahlung oder der Verwendung der Kreditkarte zur Bezahlung bei einem Vertragsunternehmen hat die Bank gegen den Kreditkarteninhaber keinen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen. Die Bank ist verpflichtet, dem Kreditkarteninhaber den Betrag ungekürzt zu erstatten. Wurde der Betrag einem Konto belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die nicht autorisierte Kreditkartenverfügung befunden hätte. Diese Verpflichtung ist spätestens bis zum Ende des Geschäftstages gemäß „Preis- und Leistungsverzeichnis“ zu erfüllen, der auf den Tag folgt, an welchem der Bank angezeigt wurde, dass die Kreditkartenzahlung nicht autorisiert ist, oder die Bank auf andere Weise davon Kenntnis erhalten hat. Hat die Bank einer zuständigen Behörde berechtigte Gründe für den Verdacht, dass ein betrügerisches Verhalten des Kreditkarteninhabers vorliegt, schriftlich mitgeteilt, hat die Bank ihre Verpflichtung aus Satz 2 unverzüglich zu prüfen und zu erfüllen, wenn sich der Betrugsverdacht nicht bestätigt. – –

12.2 Ansprüche bei nicht erfolgter, fehlerhafter oder verspäteter Ausführung einer autorisierten Kreditkartenverfügung (1) Im Falle einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Kreditkartenverfügung in Form – der Bargeldauszahlung oder – der Verwendung der Kreditkarte zur Bezahlung bei einem Vertragsunternehmen kann der Kreditkarteninhaber von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Verfügungsbetrages insoweit verlangen, als die Kreditkartenverfügung nicht erfolgte oder fehlerhaft war. Wurde der Betrag einem Konto belastet, bringt die Bank dieses wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne die nicht erfolgte oder fehlerhafte Kreditkartenverfügung befunden hätte. (2) Der Kreditkarteninhaber kann über den Absatz 1 hinaus von der Bank die Erstattung der Entgelte und Zinsen insoweit verlangen, als ihm diese im Zusammenhang mit der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung der autorisierten Kreditkartenverfügung in Rechnung gestellt oder seinem Konto belastet wurden.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(3) Geht der Betrag der Kreditkartenzahlung beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers erst nach Ablauf der Ausführungsfrist in Nummer I.6 ein (Verspätung), kann der Zahlungsempfänger von seinem Zahlungsdienstleister verlangen, dass dieser die Gutschrift des Betrags der Kreditkartenzahlung auf dem Konto des Zahlungsempfängers so vornimmt, als sei die Kreditkartenzahlung ordnungsgemäß ausgeführt worden. Die Pflicht nach Satz 1 gilt nicht, wenn der Kreditkarteninhaber kein Verbraucher ist. (4) Wurde eine autorisierte Kreditkartenverfügung nicht oder fehlerhaft ausgeführt, wird die Bank die Kreditkartenverfügung auf Verlangen des Kreditkarteninhabers nachvollziehen und ihn über das Ergebnis unterrichten. 12.3 Schadensersatzansprüche des Kreditkarteninhabers aufgrund einer nicht autorisierten oder einer nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung einer autorisierten Kreditkartenverfügung Im Falle einer nicht autorisierten Kreditkartenverfügung oder im Falle einer nicht erfolgten, fehlerhaften oder verspäteten Ausführung einer autorisierten Kreditkartenverfügung kann der Kreditkarteninhaber von der Bank einen Schaden, der nicht bereits von Nummer 12.1 und 12.2 erfasst ist, ersetzt verlangen. Dies gilt nicht, wenn die Bank die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Die Bank hat hierbei ein Verschulden, das einer zwischengeschalteten Stelle zur Last fällt, wie eigenes Verschulden zu vertreten, es sei denn, dass die wesentliche Ursache bei einer zwischengeschalteten Stelle liegt, die der Kreditkarteninhaber vorgegeben hat. Handelt es sich bei dem Kreditkarteninhaber nicht um einen Verbraucher oder erfolgt der Einsatz der Kreditkarte in einem Land außerhalb Deutschlands und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)1, beschränkt sich die Haftung der Bank für das Verschulden einer an der Abwicklung des Kreditkartenzahlungsvorgangs beteiligten Stelle auf die sorgfältige Auswahl und Unterweisung einer solchen Stelle. Hat der Kreditkarteninhaber durch ein schuldhaftes Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen, bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Bank und Kreditkarteninhaber den Schaden zu tragen haben. Die Haftung nach diesem Absatz ist auf 12.500 Euro je Kreditkartenverfügung begrenzt. Diese betragsmäßige Haftungsbeschränkung gilt nicht – für vom Kreditkarteninhaber nicht autorisierte Kreditkartenverfügungen, – bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Bank, – für Gefahren, die die Bank besonders übernommen hat, und – für den dem Kreditkarteninhaber entstandenen Zinsschaden, soweit der Kreditkarteninhaber Verbraucher ist. 12.4 Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen nach Nummer 12.1 bis 12.3 Ansprüche gegen die Bank nach Nummer 12.1 bis 12.3 sind ausgeschlossen, wenn der Kreditkarteninhaber die Bank nicht unverzüglich, spätestens jedoch 13 Monate nach dem Tag der Belastung mit der Kreditkartenverfügung2 darüber unterrichtet hat, dass es sich um eine nicht autorisierte, nicht erfolgte oder fehlerhafte Kreditkartenverfügung handelt. Der Lauf der 13-monatigen Frist beginnt nur, wenn die Bank den Kreditkarteninhaber über die aus der Kreditkartenverfügung resultierende Belastungsbuchung entsprechend dem für Umsatzinformationen vereinbarten Weg spätestens innerhalb eines Monats nach der Belastungsbuchung unterrichtet hat. Anderenfalls ist für den Fristbeginn der Tag der Unterrichtung maßgeblich. Haftungsansprüche nach Nummer 12.3 kann der Kreditkarteninhaber auch nach Ablauf der Frist in Satz 1 geltend machen, wenn er ohne Verschulden an der Einhaltung dieser Frist verhindert war. 12.5 Erstattungsanspruch bei einer autorisierten Kreditkartenverfügung ohne genaue Betragsangabe und Frist für die Geltendmachung des Anspruchs (1) Der Kreditkarteninhaber kann von der Bank die unverzügliche und ungekürzte Erstattung des Betrages der Kreditkartenverfügung verlangen, wenn er eine Kreditkartenverfügung bei einem Vertragsunternehmen in der Weise autorisiert hat, dass – bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde und – der Kreditkartenzahlungsvorgang den Betrag übersteigt, den der Kreditkarteninhaber entsprechend seinem bisherigen Ausgabeverhalten, dem Inhalt des Kreditkartenvertrages und den jeweiligen Umständen des Ein-

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1 Zum Europäischen Wirtschaftsraum gehören derzeit: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich (einschließlich Französisch-Guayana, Guadeloupe, Martinique, Mayotte, Réunion), Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Zypern. 2 Zum Beispiel Bargeldauszahlungen.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

zelfalles hätte erwarten können. Mit einem etwaigen Währungsumtausch zusammenhängende Gründe bleiben außer Betracht, wenn der vereinbarte Wechselkurs zugrunde gelegt wurde. (2) Der Kreditkarteninhaber ist verpflichtet, gegenüber der Bank die Sachumstände darzulegen, aus denen er seinen Erstattungsanspruch herleitet. (3) Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn er nicht innerhalb von acht Wochen nach dem Zeitpunkt der Belastung des Kreditkartenumsatzes auf dem Abrechnungskonto gegenüber der Bank geltend gemacht wird. 12.6 Haftungs- und Einwendungsausschluss Ansprüche des Kreditkarteninhabers gegen die Bank nach Nummer 12.1 bis 12.5 sind ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände – auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen, auf das die Bank keinen Einfluss hat und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt von ihr nicht hätten vermieden werden können, oder – von der Bank aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung herbeigeführt wurden. 13. Haftung des Kreditkarteninhabers für von ihm nicht autorisierte Kreditkartenverfügungen 13.1 Haftung des Kreditkarteninhabers bis zur Sperranzeige (1) Verliert der Kreditkarteninhaber seine Kreditkarte oder PIN, werden sie ihm gestohlen, kommen sie ihm sonst abhanden oder wird die Kreditkarte oder die für Online-Bezahlvorgänge vereinbarten Authentifizierungselemente sonst missbräuchlich verwendet und kommt es dadurch zu einer nicht autorisierten Kreditkartenverfügung in Form – der Bargeldauszahlung oder – der Verwendung der Kreditkarte zur Bezahlung bei einem Vertragsunternehmen, so haftet der Kreditkarteninhaber für Schäden, die bis zum Zeitpunkt der Sperranzeige verursacht werden, gemäß Absatz 3 nur, wenn er seine Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. (2) Das Gleiche gilt, wenn es vor der Sperranzeige zu einer nicht autorisierten Kreditkartenverfügung kommt, ohne dass ein Verlust, Diebstahl, ein sonstiges Abhandenkommen oder ein sonstiger Missbrauch der Kreditkarte und/oder PIN vorliegt. (3) Der Kreditkarteninhaber haftet nicht nach Absatz 1 und 2, wenn – es ihm nicht möglich gewesen ist, den Verlust, Diebstahl, das Abhandenkommen oder eine sonstige missbräuchliche Verwendung der Kreditkarte oder der für Online-Bezahlvorgänge vereinbarten Authentifizierungselemente vor dem nicht autorisierten Zugriff zu bemerken, oder – der Verlust der Kreditkarte durch einen Angestellten, einen Agenten, eine Zweigniederlassung der Bank oder eine sonstige Stelle, an die Tätigkeiten der Bank ausgelagert wurden, verursacht worden ist. (4) Kommt es vor der Sperranzeige zu einer nicht autorisierten Kreditkartenverfügung und hat der Kreditkarteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt oder seine Sorgfaltspflichten nach diesen Bedingungen vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, trägt der Kreditkarteninhaber den hierdurch entstandenen Schaden in vollem Umfang. Grobe Fahrlässigkeit des Kreditkarteninhabers kann insbesondere dann vorliegen, wenn – er den Verlust oder den Diebstahl der Kreditkarte und/oder der PIN oder die missbräuchliche Kreditkartenverfügung der Bank oder der Repräsentanz des Mastercard bzw. VISA-Verbundes schuldhaft nicht unverzüglich mitgeteilt hat, nachdem er hiervon Kenntnis erlangt hat, – er die PIN oder das vereinbarte Wissenselement für Online-Bezahlvorgänge (z.B. Online-Passwort) der Kreditkarte vermerkt hat oder zusammen mit der Kreditkarte verwahrt war (z.B. im Originalbrief, in dem sie dem Kreditkarteninhaber mitgeteilt wurde) oder – er die PIN oder das vereinbarte Wissenselement für Online-Bezahlvorgänge (z.B. Online-Passwort) einer anderen Person mitgeteilt hat und der Missbrauch dadurch verursacht wurde. (5) Die Haftung für Schäden, die innerhalb des Zeitraums, für den der Verfügungsrahmen gilt, verursacht werden, beschränkt sich jeweils auf den für die Kreditkarte geltenden Verfügungsrahmen. (6) Der Kreditkarteninhaber ist nicht zum Ersatz der Schäden nach den Absätzen 1, 4 und 5 verpflichtet, wenn der Kreditkarteninhaber die Sperranzeige nicht abgeben konnte, weil die Bank nicht die Möglichkeit zur Entgegennahme der Sperranzeige sichergestellt hatte. (7) Abweichend von den Absätzen 1, 2 und 4 ist der Karteninhaber nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Bank vom Karteninhaber eine starke Kundenauthentifizierung im Sinne des § 1 Absatz 24 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) nicht verlangt hat oder der Zahlungsempfänger oder sein Zahlungsdienstleister diese nicht akzep-

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

tiert hat, obwohl die Bank zur starken Kundenauthentifizierung nach § 55 ZAG verpflichtet war. Eine starke Kundenauthentifizierung erfordert die Verwendung von zwei voneinander unabhängigen Authentifizierungselementen aus den Kategorien Wissen (etwas, das der Karteninhaber weiß, z.B. PIN), Besitz (etwas, das der Karteninhaber besitzt, z.B. Kreditkarte oder mobiles Endgerät) oder Seinselemente (etwas, das der Karteninhaber ist, z.B. Fingerabdruck). (8) Die Absätze 3, 5 bis 7 finden keine Anwendung, wenn der Kreditkarteninhaber in betrügerischer Absicht gehandelt hat. 13.2 Haftung des Kreditkarteninhabers ab Sperranzeige Sobald der Verlust oder Diebstahl der Kreditkarte, die missbräuchliche Verwendung oder eine sonstige nicht autorisierte Nutzung von Kreditkarte, PIN oder für Online-Bezahlvorgänge vereinbarter Authentifizierungselemente gegenüber der Bank oder einer Repräsentanz des Mastercard- oder VISA-Verbundes angezeigt wurde, übernimmt die Bank alle danach durch Verfügungen in Form – der Abhebung von Bargeld oder – der Verwendung der Kreditkarte bei einem Vertragsunternehmen entstehenden Schäden. Handelt der Kreditkarteninhaber in betrügerischer Absicht, trägt der Kreditkarteninhaber auch die nach der Sperranzeige entstehenden Schäden. 14. Gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Antragsteller (1) Für die Verbindlichkeiten aus einer gemeinsam beantragten Kreditkarte haften die Antragsteller als Gesamtschuldner, d.h. die Bank kann von jedem Antragsteller die Erfüllung sämtlicher Ansprüche fordern. Jeder Antragsteller kann das Vertragsverhältnis nur mit Wirkung für alle Antragsteller durch Kündigung beenden. Jeder Antragsteller hat dafür Sorge zu tragen, dass die ausgegebene Kreditkarte mit Wirksamwerden der Kündigung unverzüglich an die Bank zurückgegeben wird. Die Aufwendungen, die aus der weiteren Nutzung der gekündigten Kreditkarte bis zu ihrer Rückgabe an die Bank entstehen, haben die Antragsteller ebenfalls gesamtschuldnerisch zu tragen. Unabhängig davon wird die Bank zumutbare Maßnahmen ergreifen, um Kreditkartenverfügungen mit der gekündigten Kreditkarte nach Erklärung der Kündigung zu unterbinden. (2) Abweichend von vorstehendem Absatz 1 haftet im Falle einer BusinessCard (Kreditkarte) der Inhaber einer BusinessCard (Kreditkarte) nur für seine eigenen mit der BusinessCard (Kreditkarte) getätigten Umsätze gesamtschuldnerisch. 15. Eigentum und Gültigkeit der Kreditkarte (1) Die Kreditkarte bleibt im Eigentum der Bank. Sie ist nicht übertragbar. Die Kreditkarte ist nur für den auf der Kreditkarte angegebenen Zeitraum gültig. (2) Mit der Aushändigung einer neuen, spätestens aber nach Ablauf der Gültigkeit der Kreditkarte ist die Bank berechtigt, die alte Kreditkarte zurückzuverlangen. Endet die Berechtigung, die Kreditkarte zu nutzen, vorher (z.B. durch die Kündigung des Kreditkartenvertrages), so hat der Kreditkarteninhaber die Kreditkarte unverzüglich an die Bank zurückzugeben. Auf der Kreditkarte befindliche unternehmensgenerierte Zusatzanwendungen hat der Kreditkarteninhaber bei dem Unternehmen, das die Zusatzanwendung auf die Kreditkarte aufgebracht hat, unverzüglich entfernen zu lassen. Die Möglichkeit zur weiteren Nutzung einer bankgenerierten Zusatzanwendung richtet sich nach dem Vertragsverhältnis zwischen dem Kreditkarteninhaber und der Bank. (3) Die Bank behält sich das Recht vor, auch während der Laufzeit einer Kreditkarte diese gegen eine neue auszutauschen; Kosten entstehen dem Kreditkarteninhaber dadurch nicht. 16. Kündigung des Kreditkarteninhabers Der Kreditkarteninhaber kann den Kreditkartenvertrag jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. 17. Kündigungsrecht der Bank (1) Die Bank kann den Kreditkartenvertrag unter Einhaltung einer angemessenen, mindestens zweimonatigen Kündigungsfrist kündigen. Die Bank wird den Kreditkartenvertrag mit einer längeren Kündigungsfrist kündigen, wenn dies unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kreditkarteninhabers geboten ist.

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4. Abschnitt – Ausführung und Haftung

(2) Die Bank kann den Kreditkartenvertrag fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, durch den die Fortsetzung dieses Vertrages auch unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange des Kreditkarteninhabers für die Bank unzumutbar ist. (3) Ein solcher Grund liegt insbesondere vor, wenn der Kreditkarteninhaber unrichtige Angaben über seine Vermögenslage gemacht hat und die Bank hierauf die Entscheidung über den Abschluss des Kreditkartenvertrages gestützt hat oder wenn eine wesentliche Verschlechterung seiner Vermögenslage eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus dem Kreditkartenvertrag gegenüber der Bank gefährdet ist. 18. Folgen der Kündigung (1) Mit Wirksamwerden der Kündigung darf die Kreditkarte nicht mehr benutzt werden. Sie ist unverzüglich und unaufgefordert an die Bank zurückzugeben. (2) Auf der Kreditkarte befindliche unternehmensgenerierte Zusatzanwendungen hat der Kreditkarteninhaber bei dem Unternehmen, das die Zusatzanwendung auf die Kreditkarte aufgebracht hat, unverzüglich entfernen zu lassen. Die Möglichkeit zur weiteren Nutzung einer bankgenerierten Zusatzanwendung richtet sich nach den für diese Zusatzanwendung geltenden Regeln. 19. Einziehung und Sperre der Kreditkarte (1) Die Bank darf die Kreditkarte sperren und den Einzug der Kreditkarte (z.B. an Geldautomaten) veranlassen, – wenn sie berechtigt ist, den Kreditkartenvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, – wenn sachliche Gründe im Zusammenhang mit der Sicherheit der Kreditkarte dies rechtfertigen oder – wenn der Verdacht einer nicht autorisierten oder betrügerischen Verwendung der Kreditkarte besteht. II. Änderungen der Geschäftsbedingungen Änderungen dieser Geschäftsbedingungen werden dem Kreditkarteninhaber spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform angeboten. Hat der Kreditkarteninhaber mit der Bank im Rahmen seiner Geschäftsbeziehung einen elektronischen Kommunikationsweg vereinbart (z.B. das OnlineBanking), können die Änderungen auch auf diesem Weg angeboten werden. Der Kunde kann den Änderungen vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens entweder zustimmen oder sie ablehnen. Die Zustimmung des Kreditkarteninhabers gilt als erteilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen angezeigt hat. Auf diese Genehmigung wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. Werden dem Kreditkarteninhaber Änderungen dieser Bedingungen angeboten, kann er diese Geschäftsbeziehung vor dem vorgesehenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen auch fristlos und kostenfrei kündigen. Auf dieses Kündigungsrecht wird ihn die Bank in ihrem Angebot besonders hinweisen. III. Versicherungsbedingungen Für eine Kreditkarte mit Versicherungsschutz gelten die zur jeweiligen Kreditkarte gehörenden Versicherungsbedingungen, Erläuterungen und Hinweise, die der Kreditkarteninhaber in Form der Versicherungsbestätigungen gesondert erhält. Die Versicherungsleistungen werden bei Besitz von zwei oder mehr von der Bank ausgegebenen Kreditkarten nicht je Kreditkarte, sondern je Kreditkarteninhaber erbracht.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

FÜNFTER ABSCHNITT Sonstige Zahlungsinstrumente 5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente Schrifttum (Auswahl) 1. Dokumentenakkreditiv a) Monographien, Sammelbände, Kommentare: Angersbach Beiträge zum Institut des Dokumenten-Akkreditivs, 1966; Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 38. Aufl. 2018, unter (7) Bankgeschäfte: K. Akkreditivgeschäft und (11) ERA; Baker/Dolan Users’ Handbook for Documentary Credits under UCP 600, ICC-Publikation Nr. 694, 2008; Borggrefe Akkreditiv und Grundverhältnis, 1971; Byrne/Taylor ICC Guide to the eUCP, ICC-Publikation Nr. 639, 2002; Collyer/Katz (Hrsg.), ICC Banking Commission Opinions 2009–2011, ICC-Publication No. 732, 2012; De Rooy Documentary Credits, 1984; Ellinger/Neo The Law and Practice of Documentary Letters of Credit, 2010; Hakenberg in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB-Kommentar, Bd. II, 3. Aufl. 2014/15, Bankrecht Rn II 583–625; ICC Commentary on the UCP 600, ICCPublikation Nr. 680, 2007; Jäger/Haas in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2017, § 120: Grundlagen des Akkreditivgeschäfts (bis 4. Aufl. mit Nielsen/Jäger); Katz Insights into UCP 600, ICCPublikation Nr. 682, 2008; Lücke Das Dokumentenakkreditiv in Deutschland, Frankreich und der Schweiz – eine rechtsvergleichende Darstellung, Diss. Kiel 1976; Nielsen Grundlagen des Akkreditivgeschäfts, 3. Aufl. 1989; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, 1985; Rückert Verpflichtungen der Banken aus unwiderruflichen Dokumenten-Akkreditiven, Diss. Mainz 1960; Schärrer Die Rechtsstellung des Begünstigten im Dokumenten-Akkreditiv, 1980; Schütze/Vorpeil Das Dokumentenakkreditiv im Internationalen Handelsverkehr, 7. Aufl. 2016; Segna 10. Kapitel Dokumentäre Zahlungen, in Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechtskommentar, 2. Aufl. 2016; Stoufflet Le crédit documentaire, 1957 (Supplément 1958); C. Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, 1989; Wessely Die Unabhängigkeit der Akkreditivverpflichtung von Deckungsbeziehung und Kaufvertrag, 1975; v. Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, 3. Aufl. 1987; Wiele Das DokumentenAkkreditiv und der angloamerikanische Documentary Letter of Credit2, Hamburg 1957. b) Aufsätze und Beiträge: v. Bar Kollisionsrechtliche Aspekte der Vereinbarung und Inanspruchnahme von Dokumentenakkreditiven, ZHR 152 (1988) 38; Bergami Will the UCP 600 Provide Solutions to Letter of Credit Transactions? 3 Int. Review of Business Research Papers 2007, 41; v. Bernstorff Risikomanagement im Exportgeschäft – Forderungssicherung im internationalen Geschäft mit Hilfe der Forfaitierung IWRZ 2017, 253; ders. Bank Payment Obligation – eine Alternative zum dokumentären Zahlungsverkehr? RIW 2014, 34; ders. Vorläufiger Rechtsschutz im Dokumentengeschäft nach deutschem und angloamerikanischem Recht, RIW 1986, 332; Eberth Der Standby Letter of Credit im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika, ZVglRW 80 (1981) 29; ders. Zur Rechtsnatur der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, FS Neumayer, 1985 S. 199; Holzwarth Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Internationales Handelsrecht (IHR) 2007, 136; Horn Internationale Zahlungen und Akkreditiv, in: Horn/Marschall v. Bieberstein/Rosenberg/Pavicévic (Hrsg.) Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977, S. 9; Jeffery The New UCP 600, 23 Banking & Financial Law Review 2007, 189; Kegel Die Bankgeschäfte im deutschen internationalen Privatrecht, GS Schmidt, 1966 S. 215; Koller Die Dokumentenstrenge im Licht von Treu und Glauben beim Dokumentenakkreditiv, WM 1990, 293; Liesecke Neuere Theorie und Praxis des Dokumentenakkreditivs, WM 1976, 258; ders. Die Stellung der kreditgebenden Bank beim Dokumenten-Akkreditiv, FS Fischer, 1979 S. 397; Nielsen Das Risiko der Wiedererlangung der Akkreditivsumme bei fehlerhafter Auszahlung durch akkreditivbestätigende (Zweit)Bank, WM 1985, 149; ders. Die Aufnahmefähigkeit von Transportdokumenten im Akkreditivgeschäft, WM 1993 Sonderbeil. 3; Peters Rechtsprobleme des Akkreditivgeschäftes, WM 1978, 1030; Plett/Welling Überblick über die Abwicklung des Dokumenten-Akkreditivs und die Rechtsstellung der beteiligten Parteien, DB 1987, 925; Schinnerer Um ein Recht des Internationalen Handels, ZfRV 9 (1968) 185; Schütze Kollisionsrechtliche Probleme des Dokumentenakkreditivs, WM 1982, 226; ders. Rechtsfragen der Avisierung von Dokumentenakkreditiven, DB 1987, 2189; ders. Rechtsfragen zur Zahlstelle bei Akkreditivgeschäften, RIW 1988, 343; Steindorff Das Akkreditiv im internationalen Privatrecht der Schuldverträge, FS v. Caemmerer, 1978 S. 761; Vorpeil Neuere Entwicklungen im englischen Handels- und Wirtschaftsrecht RIW 2017, 169; ders. Digitalisierung der Außenhandelsfinanzierung – Neue ICC-Richtlinien zur elektronischen Vorlage von Dokumenten bei Akkreditiven und Inkassi – Teil I, WM 2019, 1469; ders. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive – Revision 1993, IWB Fach 10, Gr. 8, 147, 1993; ders. Grundlagen des Dokumentenakkreditivs, NWB Fach 18, 869, 2004; ders. ICC Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Doku-

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

mentenakkreditive – Revision 2007, IWB Fach 10, Gr. 8, 299, 2007; Wälzholz Zur Anwendbarkeit des AGBG auf die Einheitlichen Richtlinien der ICC, WM 1994, 1457; v. Westphalen AGB-rechtliche Erwägungen zu den neuen Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive – Revision 1993, RIW 1994, 453. Weitere Literatur in den Handbüchern/Kommentaren oben, namentlich bei Hakenberg, Jäger/Haas, Schütze/Vorpeil und Segna. 2. Dokumenteninkasso (jüngere Übersichten): Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 38. Aufl. 2018, unter (7) Bankgeschäfte: M. Inkassogeschäft und (12) ERI; T. Fischer in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2017, § 119: Inkassogeschäft; Hakenberg in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB-Kommentar, Bd. II, 3. Aufl. 2014/15, Bankrecht Rn II 560–582; Segna 10. Kapitel Dokumentäre Zahlungen, in Langenbucher/Bliesener/ Spindler, Bankrechtskommentar, 2. Aufl. 2016. Vgl. auch Schrifttum zu 1. (teils auch zu Inkassi). 3. Scheck (jüngere Übersichten): Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselrecht, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen – mit Nebengesetzen und einer Einführung in das Wertpapierrecht, 23. Aufl. 2007; Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 38. Aufl. 2018, unter (7) Bankgeschäfte: E. Scheck; Bülow Wechselgesetz, Scheckgesetz – mit AGBSparkassen, AGB-Banken und AGB-Postbank, 5. Aufl. 2013; Hakenberg in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB-Kommentar, Bd. II, 3. Aufl. 2014/15, Bankrecht Rn II 487–559; Nobbe in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2017, 11. Kapitel (§§ 60–63): Scheckverkehr; Rechtsprechungsübersicht: Nobbe Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kartenzahlungen und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wechsel- und Scheckrecht, WM-Sonderbeil. 2/2012. 4. Wechsel (jüngere Übersichten): Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselrecht, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen – mit Nebengesetzen und einer Einführung in das Wertpapierrecht, 23. Aufl. 2007; Baumbach/Hopt Handelsgesetzbuch mit GmbH & Co., Handelsklauseln, Bank- und Börsenrecht, Transportrecht (ohne Seerecht), 38. Aufl. 2018, unter (7) Bankgeschäfte: J. Diskontgeschäft; Bülow Wechselgesetz, Scheckgesetz – mit AGB-Sparkassen, AGB-Banken und AGB-Postbank, 5. Aufl. 2013; Hakenberg in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), HGB-Kommentar, Bd. II, 3. Aufl. 2014/15, Bankrecht Rn II 443–486; Peters bzw. Welter in: Schimansky/ Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2017, 12. Kapitel (§§ 64–66): Wechselgeschäft; Rechtsprechungsübersicht: Nobbe Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kartenzahlungen und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Wechsel- und Scheckrecht, WM-Sonderbeil. 2/2012.

L. Überblick und Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) – Grundzüge (veröffentlicht im Januar 2007, ICC-Publikation Nr. 600)1211

I.

Übersicht Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten, paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs (ERA) | 551–557 1. Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten – Große Geschichte, doch zunehmend peripher | 551–555 a) Wechsel, Scheck und Dokumentenakkreditiv sowie -inkasso und ihre hervorragende historische Bedeutung | 551–553

b)

II.

Weitere Formen von papiergestützten Zahlungsinstrumenten | 554 c) Dramatischer Bedeutungsverlust | 555 2. Paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs | 556, 557 Funktion, ERA als anwendbares Recht, Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang (Art. 1–3 ERA) | 558–571

_____

1211 Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung Copyright © 2014, International Chamber of Commerce ICC Germany e.V.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

1.

III.

IV.

Funktion des Dokumentenakkreditivs | 558–560 2. ERA als anwendbares „Recht“ (Art. 1 ERA) | 561–566 a) Anwendbarkeit der ERA durch (Rechts-)Wahl (Art. 1 ERA) – mit Wirksamkeitsgrenzen | 561–565 b) Die Lückenhaftigkeit der ERA und ihr Zusammenwirken mit nationalem Recht | 566 3. Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang | 567–571 a) Definitionen: Hauptbeteiligte und -rechtshandlungen – die Struktur des Zahlungsvorgangs (Art. 2 ERA) | 567–569 b) Auslegungsregeln – mit Verweis (Art. 3 ERA) | 570, 571 Valutaverhältnis und Akkreditiv (Art. 4, 5 ERA) | 572–577 1. Abstraktheit des Akkreditivs gegenüber dem Valutaverhältnis (Art. 4, 5 ERA) | 572–575 a) Grundsatz | 572, 573 b) Einwendungslehre (Verweis) | 574, 575 2. Wirkungen von Akkreditivklausel, -eröffnung und -abwicklung im Valutaverhältnis | 576, 577 a) Akkreditivklausel – Pflicht zur Akkreditivbestellung | 576 b) Akkreditiveröffnung und abwicklung – Wirkung auf Verzug und Erfüllung | 577 Akkreditiveröffnung und sonstige Verpflichtungsbegründung im Deckungs- und Zuwendungsverhältnis (Art. 6–12 ERA) | 578–609 1. Akkreditiveröffnung – Verhältnis Auftraggeber zur eröffnenden Bank (Deckungsverhältnis) (Art. 6, 7 ERA) | 578–586 a) Form und zwingender Inhalt (Art. 6 ERA) | 579–581 b) Verpflichtungsinhalt – Ansprüche (Art. 7 ERA) | 582 c) Insbes. Dokumentenstrenge (Art. 4, 6, 7 ERA) | 583 d) Lücken und nationales Recht (insbes. Geschäftsbesorgungsrecht) | 584–586 2. Akkreditiveröffnung – Verhältnis eröffnende Bank zum Begünstigten (Zuwendungsverhältnis) (Art. 6, 7 ERA) | 587–593 a) Abstraktes Zahlungsversprechen | 588, 589

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b)

V. VI.

Rechtshindernde Einreden (Einwendungen) – Verweis | 590 c) Hemmung durch Zahlstellenabrede | 591 d) Pflichteninhalt und Pflicht zur Remboursierung eingeschalteter Banken – Verweise | 592 e) Lücken und nationales Recht | 593 3. Verpflichtung der bestätigenden Bank (Zuwendungsverhältnis) (Art. 8 ERA) | 594–597 a) Abstraktes Zahlungsversprechen (lit. b) und Ablehnung der Bestätigung (lit. d) | 594, 595 b) Paralleler Pflichteninhalt wie bei Akkreditivröffnung (lit. a) | 596 c) Pflicht zur Remboursierung eingeschalteter Banken (lit. c) | 597 4. Avisierung („Zugang“) und (Inhalts-) Änderungen (Art. 9–11 ERA) | 598–606 a) Avisierung – Gesamtgefüge der Pflichten (Art. 9 ERA) | 598–600 b) Avisierung – Hauptpflichten (Art. 9 lit. a, b, f ERA) | 601, 602 c) Änderungen im Verpflichtungsumfang des Akkreditivs (Art. 10 ERA) | 603–605 d) Eilformen: Telekommunikation und Voravis (Art. 11 ERA) | 606 5. Einschaltung weiterer Banken – Nominierung und (bloße) Ermächtigungswirkung (Art. 12 ERA) | 607–609 Rembours im Interbankenverhältnis (Art. 13 ERA) | 610, 611 Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Grundlagen (Art. 14–17 ERA) | 612–630 1. Dokumentenvorlage, -konformität und -prüfung (Art. 14–17 ERA) | 612–620 a) Hauptpflicht: Dokumentenprüfung (Art. 14 lit. a–c ERA) | 612–614 b) Wirkung konformer und nicht konformer Dokumentenvorlage (Art. 15, 16 ERA) | 615–617 c) Anforderungen an eine konforme Dokumentenvorlage (Art. 14 lit. d–l, 17 ERA) | 618, 619 d) Anhang: Elektronische ERA (Anhang el.ERA) | 620 2. Insbesondere: Einwendungslehre | 621–630 a) Grundansatz | 621 b) Wirksamkeitseinwendungen und Einwendungen aus dem Zuwendungsverhältnis | 622

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

c)

Keine Einwendungen aus Deckungsund Valutaverhältnis | 623, 624 d) Ausnahme: Rechtsmissbrauchseinwand | 625–629 e) Prozessuale Geltendmachung der Einwendung (Einstweilige Verfügungen) | 630 VII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Einzelne Dokumente (Art. 18–28 ERA) | 631, 632 VIII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Modalitäten, Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 29–37 ERA) | 633–639

1.

Vorlegungs- und Abwicklungsmodalitäten (Art. 29–33 ERA) | 633–635 a) Vorlegungszeitpunkt (Art. 29, 33 ERA) | 633, 634 b) Abwicklungsmodalitäten (Art. 30–32 ERA) | 635 2. Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 34–37 ERA) | 636–639 IX. Übertragung und Beendigung (Art. 38, 39 ERA) | 640 Anhang el.ERA | 641

I. Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten, paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs (ERA) 1. Überblick zu den verbrieften Zahlungsinstrumenten – Große Geschichte, doch zunehmend peripher a) Wechsel, Scheck und Dokumentenakkreditiv sowie -inkasso und ihre hervorra- 551 gende historische Bedeutung. Nicht in den Kreis der Zahlungsdienste aufgenommen wurden Geschäfte in verbrieften Zahlungsinstrumenten. Seit Einführung des Zahlungsdiensteregimes handelt es sich bei den verbrieften, (zwingend) papiergestützten Zahlungsinstrumenten demnach – systematisch – um (bloße) „sonstige Zahlungsinstrumente“.1212 Diese Wahl war jedoch durchaus auch und vor allem rechtspolitisch-teleologisch motiviert: Auf Grund der Kostenvorteile der (nicht papiergestützten) Zahlungsdienste sollten diese besonders gefördert werden – und umgekehrt die verbrieften Zahlungsinstrumente entsprechend zurückgedrängt werden.1213 Dies bedeutet zugleich eine Abkehr von den Zahlungsinstrumenten, die historisch den 552 Ausgangspunkt und die Grundlage des modernen Zahlungsverkehrs bildeten (mit einer Ablösung der [Bar-]Geldwirtschaft vormoderner Prägung, vgl. oben Dritter Teil Rn 15): Nicht nur steht vor allem der Wechsel am Anfang eines organisierten Zahlungsverkehrs in der Frührenaissance,1214 der Wechsel – und auch das Kreditgeschäfts mit den Päpsten, das rechtstechnisch wegen des Zinsverbots als Wechselgeschäft ausgestaltet war – sind als die Grundlage des Reich-

_____

1212 Genau umgekehrt (für Frankreich, wo in der Tat der Scheck auch noch am stärksten unter allen wichtigen Mitgliedstaaten vertreten ist) die Darstellung des Zahlungsverkehrs bei Bonhomme Paiement, S. 231 ff. („le chèque“), 277 ff. („les autres instruments de paiements“); ähnlich, das Zahlungsverkehrsrecht vor allem vom Scheck her entwickelnd: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 571 ff.; Hudson Finance, S. 921–944. Allerdings wird auch in diesen beiden Ländern durchaus gesehen, dass der Scheck (auch dort) verdrängt wird oder bereits ist: für Frankreich Piedelièvre Paiement, S. 379–381; für Großbritannien: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 557 („dominant for a considerable period of time … no longer the predominant means of non-cash payment“; mit umfangreichem Zahlenmaterial). Zu den Zahlen sogleich. 1213 Vgl. näher (vor allem zur Begründung mit erheblichen Kostenvorteilen bei den beleglos abgewickelten, nicht papiergestützten Zahlungsverkehrsinstrumenten): Commission Staff Working Paper, Anhang Vorschlag zur ZD-RL, KOM(2005) 603 endg., SEC(2005) 1535, C6-0411/05, S. 5 ff.; Franck/Massari in: Riesenhuber (Hrsg.), Perspektiven des Europäischen Schuldvertragsrechts, 2008, S. 113 (118–120). 1214 Zur Geschichte des Wechsels de Roover/Laubenberger in: Erler u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 1998, Stichwort Wechsel, Wechselrecht; Denzel La practica della cambiatura, 1994. Zur (frühen) geschichtlichen Entwicklung des Zahlungsverkehrs: Spufford in: Bernholz/Vaubel (Hrsg.), Explaining Monetary and Financial Innovation, 2014, S. 227–252; in der ökonomischen Bewertung: Cecchetti/Schoenholtz Money, Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017, S. 26–33, 276 f.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

tums und des Mäzenatentums der Medici zu sehen1215 und können damit mit Fug und Recht als die ökonomische Grundlage der Früh- und auch der beginnenden Hochrenaissance überhaupt verstanden werden, jener für die Moderne so überragend wichtigen, ja gänzlich fundamentalen geistes- und kunstgeschichtlichen Entwicklung. Weit zurück reicht auch die Geschichte des Schecks, 1216 des Dokumentenakkreditivs und -inkassos1217 und verwandter Formen (dazu noch Dritter Teil Rn 554). Nicht nur historisch erscheinen Wechsel und Scheck sowie Dokumentenakkreditiv und -in553 kasso überragend wichtig, sondern auch für die Gesetzgebungsentwicklung und die juristisch-dogmatische Durchbildung des Rechts des Zahlungsverkehrs kommt ihnen eine herausragende, ja paradigmatische Rolle zu: Die Instrumente entwickelten sich nicht nur früh und waren (historisch) gar von zentraler Bedeutung. Ihnen galt – aus diesem Grunde – auch die besondere Aufmerksamkeit und dies weltweit: Bei Wechsel und Scheck handelt es sich um die einzigen beiden Instrumente, die weltweit – durch das Internationale Wechsel- und Scheckrecht – kodifiziert wurden, auf Grund internationaler Übereinkommen zum Einheitlichen Wechselund Scheckrecht vom 7.6.1930 bzw. 19.3.1931 (näher unten Dritter Teil Rn 646 bzw. 651). Und Dokumentenakkreditiv und -inkasso wurden zwar nicht durch internationale Übereinkommen vereinheitlicht und kodifiziert, wohl aber ist das ihnen zugrunde liegende Regelwerk – wenn auch durch die Internationale Handelskammer geschaffen und in seiner Normqualität unklar – ein international einheitliches, weitgehend durchkodifiziertes. Dies alles geschah auch jeweils früher, als sich für das Recht der Überweisung, dann der Lastschrift und zuletzt der Kartenzahlung ein kodifiziertes Recht (auch nur national oder regional vereinheitlicht) entwickelte (dazu oben Dritter Teil Rn 2–5, 16 ff., 28 ff.), ja sogar früher als Lastschrift und Kartenzahlung überhaupt als Zahlungsinstrumente entwickelt wurden (dazu oben Dritter Teil Rn 19, 56). Deswegen entstand auch gerade für das Wechsel- und Scheckrecht nicht nur die Dogmatik des Wertpapierrechts überhaupt, sondern die Dogmatik für so zentrale Elemente des Zahlungsverkehrsrechts wie die abstrakten Zahlungsansprüche, die Einwendungslehre, das Recht der Mehrpersonenverhältnisse, die Anweisung und manches andere mehr. Insgesamt kommt also den papiergestützten Zahlungsinstrumenten – und dem diesbezüglichen Recht – eine Vorreiterstellung durch drei absolut strukturbildende Entwicklungen zu: durch die ungleich größere Internationalisierung der Gesetzgebung, durch die ungleich frühere kodifikatorische Durchstrukturierung des Gesamtgebiets und durch eine ebenfalls besonders frühe und stilprägende dogmatische Durchdringung. Dennoch ist es gänzlich falsch, vom Wechsel oder Scheck etwa auf die Lastschrift zu schließen. Gerade dies unternimmt etwa die englische Rechtsprechung (im Ergebnis auch die deutsche), wenn sie den – für das Scheckrecht evident richtigen – Satz, dass der Scheckaussteller (Schuldner), der dann den Scheck nicht einlöst, Vertragsbruch auch im Valutaverhältnis begeht, schlicht auf den Zahler im Lastschriftverfahren (Schuldner) überträgt und daraus schließt, dass dieser das Lastschriftmandat nicht kündigen dürfe.1218 Bei allzu leicht gezogenen Lehren aus dem Scheck- und Wechselrecht ist also große Vorsicht geboten.

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1215 Vgl. etwa FAZ E-Paper 5.6.2008 (Judith Lembke); beginnend mit Johannes XXIII. (Gegenpapst 1410–15, von den Medici finanziertes Grab im Florentiner Dom), endend mit Sixtus IV. (Francesco della Rovere, Papst 1471–84), dem Papst der Sixtinischen Kapelle, mit dem sich Lorenzo „Il Magnifico“ Medici überwarf. Das ist der Zeitpunkt der Ablösung der (Florentiner) Frührenaissance durch die (römisch dominierte) Hochrenaissance. 1216 Zur Geschichte des Schecks Denzel Das System des bargeldlosen Zahlungsverkehrs europäischer Prägung vom Mittelalter bis 1914, 2008, S. 85 ff. 1217 Zur Geschichte des Dokumentenakkreditivs und -inkassos Maduegbuna The origins of bills of exchange in international trade revisited, 7 Afr. J. Int’l & Comp. Law 886 (1995); auch Schütze Das Dokumentenakkreditiv im internationalen Handelsverkehr, 2008, S. 26 ff. 1218 Esso Petroleum Co. Ltd. v. Milton [1997] 2 All E.R. 593 [CA]; dagegen Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 574 f.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

b) Weitere Formen von papiergestützten Zahlungsinstrumenten. Neben die – hier 554 immerhin überblicksweise erörterten – vier papiergestützten Zahlungsinstrumente Wechsel, Scheck, Dokumentenakkreditiv und -inkasso treten als weitere wichtige Formen von papiergestützten Zahlungsinstrumenten – genauer: von papiergestützten Instrumenten mit engem Bezug zur Zahlungsverpflichtung – vor allem: die Bankgarantien, die ein Kreditinstitut herauslegt, um damit in Kauf- und Dienstleistungsverträgen (typischer Weise) die Anbieterleistung hinsichtlich Erbringung, teils auch Qualität „abzusichern“;1219 die (öffentlichen) Exportkreditgarantien, die wiederum die Zahlungsverpflichtung absichern, freilich nicht durch einen dem Zahlungsinstrument inhärenten Absicherungsmechanismus, sondern durch gesonderten, mit dem Zahlungsinstrument jedoch verbundenen Vertrag;1220 teils auch gesonderte Zahlungsgestaltungen im Zusammenhang mit (anderen) Verträgen, in denen nun das Kreditierungselement ganz im Vordergrund steht, namentlich bei den – weiteren – Sicherungsverträgen im Zusammenhang mit (genuiner) In- und Exportfinanzierung1221 und im Zusammenhang Leasing/ Factoring/Forfaitierung;1222 zuletzt auch die Bank Payment Obligation, bei der die Dokumente gegen unwiderrufliches Zahlungsversprechen herausgegeben werden.1223 c) Dramatischer Bedeutungsverlust. Für alle „sonstigen“ (d.h. papiergestützten) Zah- 555 lungsinstrumente ist umgekehrt jedoch ein dramatischer Bedeutungsverlust in den letzten Jahrzehnten zu konstatieren. Das ist für den deutschen Zahlungsverkehr – mit hoher Automatisierung, vor allem elektronischer Abwicklungsdichte –1224 noch charakteristischer,1225 ist jedoch allgemeiner für die entwickelten Marktwirtschaften und insbesondere auch für Europa zu beobachten.1226 In Deutschland werden – von den Transaktionszahlen her – nur noch 0,2% aller Zahlungsvorgänge (jenseits der Barzahlung) nicht durch Zahlungsdienste (§§ 675c ff BGB), also durch papiergestützte Zahlungsinstrumente abgewickelt. Und die Verwendung des Schecks allein, auf den hiervon etwa die Hälfte entfällt (0,08%), sank von 2011 bis 2016, d.h. in gerade mal 5 Jahren, um etwa zwei Drittel (2011 noch 0,23%). Daher schreibt der wohl wichtigste Kommentator der Rechtsprechungsentwicklung im Zahlungsverkehr und frühere Vorsitzende des BGH-Bankensenats – Gerd Nobbe –: „Die wirtschaftliche Bedeutung des Scheckverkehrs tritt … inzwischen völlig in den Hintergrund … Der Bundesgerichtshof hat sich vor allem in den letzten Jahren nur noch in sehr wenigen Fällen mit Scheckzahlungen befassen müssen“.1227 Selbst dies ist noch euphemistisch ausgedrückt, denn es bezieht sich noch vor allem auf Fälle aus den 1990er und frühen 2000er Jahren. Der Scheck und die anderen papiergestützten Zahlungsin-

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1219 Hierzu etwa BankR-Hdb/Fischer § 121; unten Vierter Teil Rn 998–1001. 1220 Hierzu (und den Aspekt der Exportförderung durch die öffentliche Hand) etwa BankR-Hdb/Janus/Scheibe § 122. 1221 Hierzu etwa BankR-Hdb/Jäger/Haas § 100. 1222 Hierzu etwa BankR-Hdb/Martinek/Omlor §§ 101–103. 1223 Vgl. v. Bernstorff RIW 2014, 34; schöne Übersicht über den ganzen Kreis papiergestützter Zahlungsinstrumente bei: Goode/McKendrick Goode on Commercial Law, S. 386–450. 1224 Selbst bei dem einzigen Zahlungsdienst, bei dem ein beleggebundener Teil (Autorisierung) noch in erheblichem Umfang existiert, der Überweisung, betrifft dies nur ca. 10% der Fälle, in ca. 90% erfolgt inzwischen auch die Autorisierung ebenfalls bereits elektronisch: vgl. hierfür und für die Zahlen im Folgenden Deutsche Bundesbank, Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungsstatistiken in Deutschland, 2014–2018, Tabelle 6a und 7a (Stand Juli 2018), abrufbar unter https://www.bundesbank.de, zuletzt abgerufen am 13.1.2020. 1225 Vgl. Statistiken vorige Fn und oben Dritter Teil Rn 16. Zur – aus der betrieblichen Kostenlehre geradezu „zwingenden“ – Erklärung und Folgerichtigkeit dieser Entwicklung vgl. nur Cecchetti/Schoenholtz Banking and Financial Markets, 5. Aufl. 2017, S. 26–33, 276 f. 1226 Europaweit die Zahl der Scheckzahlungen – vor allem wegen seiner fortbestehenden Bedeutung in Frankreich (zum Vergleich in Deutschland werden nur noch 0,1% aller Transaktionen mittels Scheck ausgeführt) – noch bei ca. 2,5%: vgl. Statistiken oben Fn 1224 und oben Dritter Teil Rn 16. 1227 Nobbe WM 2012, Sonderbeil. 2, S. 14.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

strumente, so muss daher konstatiert werden, „sterben“ (nicht nur) in Deutschland weitgehend aus. Sie haben keine Zukunft. Rein arithmetisch entspräche 0,2% in einer gut 400 bis 500-seitigen Kommentierung des Zahlungsverkehrs weniger als eine Seite. Das mag als Sicht und Hinweis etwas überspitzt erscheinen. Da jedoch zudem für Scheck, Wechsel, Dokumentenakkreditiv und Dokumenteninkasso (sowie auch Bankgarantie, vgl. bes. Vierter Teil Rn 947) gute – auch zu einem Gutteil noch mit Neuauflagen fortgeschriebene – Kommentierungen in erheblicher Anzahl existieren, die (weit überwiegend) in einer Zeit entstanden, als vor allem Scheck und Wechsel noch erhebliches Gewicht hatten, erlauben die genannten Zahlen doch immerhin bei einer – auf eine Zukunft ausgerichteten – Neukommentierung eine wertende Schwerpunktsetzung: Besonders paradigmatisch erscheint das Dokumentenakkreditiv, dieses wird daher vorliegend – vor allem paradigmatisch, nicht wegen seines praktischen Gewichts – herausgegriffen und (als einziges papiergestütztes Zahlungsinstrument) noch näher kommentiert:1228 2. Paradigmatische Bedeutung des Dokumentenakkreditivs. Praktisch erhebliche Bedeutung hat – im Vergleich zu den Zahlungsdiensten – auch das Dokumentenakkreditiv nicht. Mit seinen ca. 400.000 Zahlungsvorgängen europaweit in 20121229 erreicht es gar nur ca. 0,00043% der Transaktionszahlen der Zahlungsdienste (94 Milliarden) in 2012.1230 Auch ist seine Bedeutung in den entwickelten Marktwirtschaften eher noch unterproportional ausgebildet1231 – was mit dem Sicherheitsbedürfnis zusammen hängt, welches das Instrument bedient und das in anderen (unsichereren) Regionen der Welt stärker ausgeprägt zu sein scheint – bei einer insgesamt stetigen Tendenz zur Abnahme. 557 Dass das Dokumentenakkreditiv hier herausgegriffen wird, ist daher vor allem qualitativ – mit seiner paradigmatisch hervorragenden Bedeutung zu erklären: Das Regelwerk der ERA ist mit seiner Revision 2007, erstens, ungleich jünger, moderner als das Einheitliche Scheck- und Wechselrecht aus den 1930er Jahren. Es steht solchermaßen sehr plastisch der „Kodifizierung“ durch die erste EG-Zahlungsdienste-Richtlinie, ebenfalls aus 2007, gegenüber. Das zeigt sich dann auch – wie zu sehen sein wird – in seiner Gesamtanlage. Selbst die Einheitlichen Gebräuche für Dokumenteninkassi sind um gut ein Jahrzehnt älter. Mit seiner ungeklärten Normqualität, jedenfalls jedoch einem erheblichen übernationalen Normbestandteil und zugleich einem erheblichen Ausfüllungsbedarf (durch nationales Recht), werfen die ERA und das Recht der Dokumentenakkreditive, zweitens, auch ähnliche Fragen eines Rechts in Mehrebenensystemen auf, wie sie für den Kern des modernen Zahlungsverkehrsrechts in Europa charakteristisch sind. Das ist für einen Kommentar, der in der Internationalisierung des Zahlungsverkehrsrechts eine, vielleicht die Hauptentwicklung der letzten beiden Jahrzehnte sieht und auch entsprechend erfassen und darstellen will, von erheblicher Bedeutung. Gerade auch die große Rolle, die privatautonomer Regelsetzung im Recht der Dokumentenakkreditive zukommt, hat ihre Parallele im Recht der Zahlungsdienste. Darüber hinaus, drittens, ist die Rolle der Banken im Recht der Dokumentenakkreditive auch eine ungleich aktivere als jedenfalls im Wechsel- und auch Scheckrecht: Dort findet der eigentliche Zahlungsvorgang weitgehend jenseits eines Bank-

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1228 Für die anderen drei Instrumente (unten Abschnitt M) dann im Wesentlichen nur Abdruck (teils) und Kurzbeschreibung der Gesamtstruktur, unter besonderer Berücksichtigung der Rolle, die jeweils die Banken hierbei übernehmen. 1229 SWIFT (statistische Auswertung, Volume of L/C issued 2012) (225.000 in der Eurozone); v. Bernstorff RIW 2014, 34 (34). 1230 Vgl. Statistiken oben Fn 1224 und oben Dritter Teil Rn 16. 1231 Ca. 4 Mio. Zahlungsvorgänge in Dokumentenakkreditiven in 2012 weltweit. Vgl. Nachw. oben Fn 1229, woran die EU demnach ca. 10% Anteil haben, wohingegen der Anteil der EU am weltweiten Zahlungsverkehr (Transaktionszahlen) bei 15% liegt: vgl. Nachw. bei v. Bernstorff RIW 2014, 34, Fn. 4. Zu einer umfassenden Aufschlüsselung der weltweiten Zahlungsvorgänge nach Zahlungsinstrumenten vgl. Weltbank World Payments Report 2013, S. 7 (bis 2011).

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Kunden-Verhältnisses statt, ist etwa die Rolle der Banken im Wechselrecht vor allem auf den Ankauf von Wechseln im Diskontgeschäft beschränkt, während beim Dokumentenakkreditiv die Bank durch alle Phasen hindurch als „Herrin des Verfahrens“ erscheint, auch besonderen Pflichten, etwa Prüfpflichten unterworfen wird. Und schließlich, viertens, bildet das Dokumentenakkreditiv dasjenige Instrument, das am stärksten in Kontrast zum standardisierten Massenzahlungsgeschäft tritt, indem hier jeder Zahlungsvorgang (durch individuelle Formulierung der Akkreditivbedingungen und Auswahl der maßgeblichen Dokumente) „maßgeschneidert“ wird. Das sorgt für eine besondere Komplexität, etwa im Verhältnis zum Valutaverhältnis, das (nur grundsätzlich) vom Abstraktionsprinzip geprägt ist (Art. 4, 5 ERA). Das Dokumentenakkreditiv steht auch – mehr als die anderen Instrumente – am Übergang zum anderen „Besonderen“ Teil dieses Bandes zum Commercial Banking, dem Kreditgeschäft mit seinen Kreditsicherheiten. Die Funktion des Dokumentenakkreditivs ist zu einem Gutteil auch die einer Kreditsicherheit in einer Vorleistungssituation (vgl. noch unten Dritter Teil Rn 558–560 und Vierter Teil Rn 389).

II. Funktion, ERA als anwendbares Recht, Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang (Art. 1–3 ERA) Artikel 1 Anwendbarkeit der ERA Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive, Revision 2007, ICC-Publikation Nr. 600 („ERA“), sind Regeln, die für jedes Dokumenten-Akkreditiv („Akkreditiv“) gelten (einschließlich, soweit anwendbar, für jeden Standby Letter of Credit), wenn der Wortlaut des Akkreditivs ausdrücklich besagt, dass es diesen Regeln unterliegt. Sie sind für alle Beteiligten bindend, soweit sie im Akkreditiv nicht ausdrücklich geändert oder ausgeschlossen sind. Artikel 2 Definitionen Im Sinne dieser Regeln bedeutet: avisierende Bank

die Bank, die das Akkreditiv im Auftrag der eröffnenden Bank avisiert;

Auftraggeber

die Partei, in deren Auftrag das Akkreditiv eröffnet wurde;

Bankarbeitstag

ein Tag, an dem eine Bank an dem Ort, an dem eine Handlung unter diesen Regeln auszuführen ist, üblicherweise geöffnet ist;

Begünstigter

die Partei, zu deren Gunsten das Akkreditiv eröffnet ist;

konforme

eine Dokumentenvorlage in Übereinstimmung mit den Akkreditiv-

Dokumentenvorlage

Bedingungen, den anwendbaren Bestimmungen dieser Regeln und dem Standard internationaler Bankpraxis;

Bestätigung

eine feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank, zusätzlich zu derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder negoziieren;

bestätigende Bank

die Bank, die einem Akkreditiv aufgrund Ermächtigung oder im Auftrag der eröffnenden Bank ihre Bestätigung hinzufügt;

Akkreditiv

jede wie auch immer benannte oder bezeichnete Vereinbarung, die unwiderruflich ist und dadurch eine feststehende Verpflichtung der eröffnenden Bank begründet, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren;

Honorieren

a) bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung benutzbar ist, b) eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung zu übernehmen und bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, c) einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel („Tratte“) zu akzeptieren und diesen bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Akzeptleistung benutzbar ist;

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Eröffnende Bank

die Bank, die ein Akkreditiv im Auftrag des Auftraggebers oder in eigenem Interesse eröffnet;

Negoziierung

der Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/ oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist;

benannte Bank

die Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar gestellt ist, oder im Fall eines Akkreditivs, das bei jeder Bank benutzbar gestellt ist, jede Bank;

Dokumentenvorlage

entweder die Vorlage der Dokumente unter einem Akkreditiv bei der eröffnenden Bank oder der benannten Bank oder die vorgelegten Dokumente selbst;

Einreicher

ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt.

Artikel 3 Auslegungen Im Sinne dieser Regeln gilt: Wo immer anwendbar, schließen Worte im Singular den Plural ein, und Worte im Plural schließen den Singular ein. Ein Akkreditiv ist selbst dann unwiderruflich, wenn es keine dementsprechende Angabe enthält. Ein Dokument kann handschriftlich, durch Faksimile-Unterschrift, perforierte Unterschrift, Stempel, Symbol oder durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode unterzeichnet sein. Eine Bedingung, wonach ein Dokument legalisiert, mit einem Sichtvermerk versehen, beglaubigt sein muss oder ähnliches, gilt als erfüllt durch irgendeine Unterschrift, ein Zeichen, einen Stempel oder Aufkleber auf dem Dokument, wodurch diese Bedingung erfüllt zu sein scheint. Filialen einer Bank in unterschiedlichen Ländern gelten als separate Banken. Begriffe wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“, „offiziell“, „kompetent“ oder „örtlich“, die zur Beschreibung eines Ausstellers eines Dokuments verwendet werden, lassen jeden Aussteller mit Ausnahme des Begünstigten für die Ausstellung dieses Dokuments zu. Worte wie „prompt“, „unverzüglich“ oder „baldmöglichst“ werden nicht beachtet, soweit nicht gefordert ist, dass sie in einem Dokument zu verwenden sind. Der Begriff „am oder um den“ oder ähnliche Begriffe werden als eine Bestimmung ausgelegt, wonach ein Ereignis innerhalb eines Zeitraums von fünf Kalendertagen vor bis fünf Kalendertagen nach dem angegebenen Datum eintreten muss, wobei der erste und letzte Tag eingeschlossen sind. Die Worte „bis“, „bis zum“, „ab“ und „zwischen“ schließen, wenn sie zur Bestimmung einer Verladefrist verwendet werden, das angegebene Datum oder die angegebenen Daten ein, und die Worte „vor“ und „nach“ schließen das angegebene Datum aus. Die Worte „ab“ und „nach“ schließen, wenn sie zur Bestimmung eines Fälligkeitsdatums verwendet werden, das angegebene Datum aus. Die Begriffe „erste Hälfte“ und „zweite Hälfte“ eines Monats bedeuten „1. bis 15. einschließlich“ bzw. „16. bis letzter Tag des Monats einschließlich“. Die Begriffe „Anfang“, „Mitte“ oder „Ende“ eines Monats bedeuten „1. bis 10. einschließlich“, „11. bis 20. einschließlich“ bzw. „21. bis letzter Tag des Monats einschließlich“.

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1. Funktion des Dokumentenakkreditivs. Das Dokumentenakkreditiv hat – wie auch das Dokumenten-Inkasso – seine ganz überwiegende praktische Bedeutung im internationalen Zahlungsverkehr.1232 Hier zählt es zu den klassischen Zahlungsmitteln. Vereinzelt trifft man es freilich auch im inländischen Zahlungsverkehr an.1233 Entsprechend selten sind nationale Kodi-

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1232 V. Bar ZHR 152 (1988) 38 (38); Canaris Bankvertragsrecht Rn 916; Nielsen Grundlagen, S.17; Peters WM 1978, 1030 (1032 f.) (mit exemplarischer Aufschlüsselung nach Ländergruppen); Ulrich Rechtsprobleme, S. 8 (mit Zahlenmaterial); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 11/5. 1233 Canaris Bankvertragsrecht Rn 916; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 2, Fn 3; vgl. den Fall OLG Schleswig Urt. v. 10.4.1979 – 11 U 207/78, WM 1980, 48 (49).

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fikationen des Instituts anzutreffen.1234 Im internationalen Bereich bildet das Dokumentenakkreditiv demgegenüber den Gegenstand des erfolgreichsten der unter den Auspizien der Internationalen Handelskammer Paris verfassten Regelwerke: der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) von 1933, heute in der Fassung der Revision von 2007.1235 Sie wurde praktisch weltweit in den Industrieländern und vielen Schwellenländern von den Bankenvereinigungen kollektiv angenommen, in den anderen Ländern häufig jedenfalls von einzelnen Banken.1236 Für den individuellen Vertrag wird das Regelwerk einbezogen durch eine Klausel, nach der für die Leistungserbringung Zahlung bargeldlos, mittels Dokumentenakkreditiv zu erfolgen habe (dazu sogleich noch). Funktion des Dokumentenakkreditivs ist es, in Verträgen über Leistungserbringung, etwa 559 Kauf- oder Werk-/Dienstleistungsverträgen, beide Parteien vor dem Verlust der eigenen Leistung bei gleichzeitigem Ausfall der Gegenleistung zu schützen.1237 Die Käufer-/Nachfragerseite erhält Sicherheit dadurch, dass Zahlung erst erfolgt, sobald die vorgeschriebenen Dokumente eingereicht sind.1238 Die Verkäufer-/Anbieterseite hingegen wird geschützt, indem sie mit der vom Käufer beauftragten Akkreditivbank („eröffnenden Bank“) und/oder deren Korrespondenzbank einen solventen, meist im eigenen Land ansässigen (zusätzlichen) Schuldner erhält, dessen Zahlungspflicht allein durch die vom Verkäufer selbst zu steuernde Einreichung der Dokumente bedingt ist.1239 Selbstverständlich hat das Dokumentenakkreditiv darüber hinaus noch Zahlungsfunktion;1240 die Funktion als Zahlungsmittel ist sogar die primäre, die spezifische Ausgestaltung aber richtete sich nach dem genannten Sicherungsinteresse. Durch die Spezifizierung der geforderten Dokumente bzw. ihres Inhalts kann nun die Sicherheit sehr individuell zugeschnitten werden („maßgeschneiderte Zahlung“ statt Standard- oder Massenzahlung). Häufig kreditiert die eröffnende und/oder bestätigende Bank den Preis zwischen Honorierung der Do-

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1234 Nielsen BuB, Rn 5/472; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/8; ausführlich, insbesondere unter Einbeziehung der wachsenden Zahl jüngerer Kodifikationen: Schütze Dokumentenakkreditiv, 4. Aufl. 1996, S. 22–44. 1235 Internationale Handelskammer Paris Publikation Nr. 600, Fassung vom 1.7.2007, Original englisch, offizielle deutsche Übersetzung; abgedruckt u.a. in: Baumbach/Hopt unter (11); Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, Anhang I (englisch-deutsch); ältere Fassungen etwa Canaris Bankvertragsrecht Rn 935; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 10/1 (englisch-deutsch); ZIP 1984, 251. Dazu als „authentische“ Interpretation: Internationale Handelskammer Paris (ICC Drafting Group), Commentary on UCP 600, Article-by-Article Analysis by the UCP 600 Drafting Group, Chair Collyer, 2007, Publikation Nr. 680 (englisch); Abwicklung i.d.R. über: Internationale Handelskammer Paris, Standardformulare für Dokumenten-Akkreditiv-Geschäfte 1993, Publikation Nr. 516 (englisch). 1236 Vgl. Nielsen BuB Rn 5/496; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 5–8 (auch auf ausgewählte Literatur eingehend); nach Liesecke WM 1976, 258 (258) und Plett/Welling DB 1987, 925 (925) waren es schon in den 1970er/ 1980er Jahren etwa 178 Bankenverbände, welche die ERA angenommen hatten. 1237 Plastisch zur Zentralaufgabe de Rooy Documentary Credits, S. 23: „… the documentary credit arose from the need to observe the principle of simultaneous exchange“; ebenso: Liesecke WM 1976, 258 (260) („um so die Wirkungen einer Zug-um-Zug-Leistung auch bei räumlicher Distanz der Parteien herbeizuführen“); und OLG Frankfurt Urt. v. 22.9.1987 – 5 U 60/86, WM 1988, 254 (256). Plastisch spricht auch Horn in: Horn/Marschall v. Bieberstein/Rosenberg/Pavicevic Dokumentenakkreditive, 9 (10) von einer „besonderen Ausgestaltung des funktionellen Synallagmas“; sowie: Canaris Bankvertragsrecht Rn 917; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 29–32; Nielsen BuB Rn 5/471; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/5. 1238 Angersbach Beiträge, S. 47; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 29–32; Nielsen BuB Rn 5/471; Zahn/ Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/5; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 143. 1239 Ebenso und zu den insoweit vermiedenen Risiken (Insolvenzrisiko; Risiko der Entgegenhaltung von Valutaund Deckungsverhältnis; sowie, falls eine im Land des Verkäufers ansässige Bank das Zahlungsversprechen abgibt, auch das Transferrisiko aus dem Land des Käufers): Angersbach Beiträge, S. 46 f.; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 29–32; Nielsen BuB Rn 5/471; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/5; Schlegelberger/ Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 143. 1240 Angersbach Beiträge, S. 47 f.; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 30 f.; Nielsen BuB Rn 5/471.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

kumente und Erstattung durch den Auftraggeber (§ 670 BGB), verlangt also keinen Vorschuss gemäß § 669 BGB; diese Kreditierungsfunktion gehört jedoch nicht zu den notwendigen Bestandteilen des Dokumentenakkreditivs.1241 Für die spezifische Gestaltung entscheidend ist also allein der Zweck, den Parteien möglichst eine ebenso umfassende Sicherheit einzuräumen, wie sie ihnen die Abwicklung Zug um Zug bei einem Platzgeschäft böte (das Dokumentenakkreditiv als Sonderform des funktionellen Synallagmas). Dieser Zweck ist Ausgangspunkt für eine Ermittlung der gegenseitigen Rechte und Pflichten, soweit sie sich aus den ERA nicht unzweifelhaft ergeben. Diese Fokussierung auf die Absicherungsfunktion verbindet das Dokumentenakkreditiv mit 560 den beiden anderen Absicherungs- und Zahlungsformen im internationalen Bankgeschäft, die die Internationale Handelskammer (IntHK/ICC) vorrangig mit Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen geregelt hat, vor allem mit dem Dokumenteninkasso (vgl. unten Dritter Teil Rn 642–645), aber auch mit der Bankgarantie (vgl. unten Vierter Teil Rn 947). Wie das Dokumenteninkasso wird das Dokumentenakkreditiv eingesetzt zur Abwicklung der Zahlungspflicht und zur (teilweisen) Absicherung beider Seiten vor Ausfallrisiken. Die Absicherung des Zahlungsgläubigers geht beim Dokumentenakkreditiv weiter, da ihm zusätzlich das Risiko abgenommen wird, das durch Absendung ohne Gewährleistung der Gegenleistung entsteht, etwa das Risiko von unnütz eingesetzten Transportkosten. Im Gegensatz zur Gestaltung beim Dokumenteninkasso steht jetzt freilich die Bank auf Seiten des Importeurs, nicht des Exporteurs. Sie zieht Zahlung nicht ein, sondern verspricht diese in Form einer „unwiderruflichen [Zahlungs-] Verpflichtung“ i.S.v. Art. 7 lit. b ERA. Dies wiederum verbindet das Dokumentenakkreditiv mit der Bankgarantie. Für beide ist charakteristisch die weitgehend nichtakzessorische Zahlungsverpflichtung der Bank, wobei der (Rest-)Grad an Akzessorietät jedoch bei den verschiedenen Formen des Dokumentenakkreditivs tendenziell stärker standardisiert ist als bei denen der Bankgarantie. Von der Bankgarantie unterscheidet sich das Dokumentenakkreditiv jedoch dadurch, dass jene typischerweise nur hilfsweise in Anspruch genommen werden soll und nicht (primär) zur Abwicklung der Zahlungspflicht, sondern zu der der charakteristischen Leistung eingesetzt wird, die Absicherungsfunktion also die Zahlungsfunktion i.d.R. verdrängt (daher Darstellung unten im Vierten Teil). Die vertragsgemäße Erbringung der charakteristischen Leistung wird in ihren verschiedenen Aspekten garantiert. Unter den klassischen Instrumenten des internationalen Zahlungsverkehrs, insbesondere zur Abwicklung des Außenhandels, steht also das Dokumentenakkreditiv zwischen den anderen beiden, dem Dokumenteninkasso einerseits und der Bankgarantie andererseits. 2. ERA als anwendbares „Recht“ (Art. 1 ERA) 561

a) Anwendbarkeit der ERA durch (Rechts)Wahl (Art. 1 ERA) – mit Wirksamkeitsgrenzen. Herkömmlich wird das ERA-Regelwerk strikt in das nationale Rechtsquellensystem eingeordnet. Vereinzelt wird es hier als Handelsbrauch (nach nationalem Recht) gesehen.1242 Vielfach – jedenfalls für viele Regeln – wird der Rechtscharakter jedoch sowohl in puncto opinio

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1241 Etwa: Liesecke WM 1976, 258 (260); zu allgemein demgegenüber: Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/6, 2/7 (dort auch zu verschiedenen Formen der Kreditierung und ihrer Absicherung). Möglich – und nach deutschem Recht iZw geschuldet (§ 669 BGB) – ist auch die Bevorschussung des Akkreditivbetrags durch den Auftraggeber. Jedenfalls zählt ein sich anschließender Kredit des Kaufpreises nicht mehr zur Kreditierungsfunktion des Dokumentenakkreditivs: Angersbach Beiträge, S. 49–51; Canaris Bankvertragsrecht Rn 918. 1242 Für die ERA: BGH Urt. v. 14.2.1958 – VIII ZR 313/56, WM 1958, 456 (459); Baumbach/Hopt (11) Einl ERA Rn 5 („in weiten Bereichen“); Angersbach Beiträge S. 14–16; Nielsen BuB Rn 5/496 ff. (ERA) und 5/746 (ERI); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 265 („große Zahl von Bestimmungen“); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/17–18 („in ihrer Gesamtheit“). Für die ERI: OLG Hamburg Urt. v. 27.10.1969 – 8 U 63/69, MDR 1970, 335; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 265 („große Zahl von Bestimmungen“); Graf v. Westphalen WM 1980, 178 (189) („teilweise“); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/23.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

iuris als auch in puncto Übung angegriffen,1243 gerade auch weil sie im Dekadenabstand novelliert werden (oder wurden).1244 (Wohl) Überwiegend werden daher die ERA als AGB verstanden1245 – allenfalls mit Besonderheiten bei der Auslegung (international einheitlich, zumal im Hinblick auf die mit gelieferte „authentische“ Interpretation). Die Frage ist freilich, ob dies nicht eine zu enge – rein nationale – Sicht auf ein Instrument ist, das fast nur international eingesetzt wird. Diese Mehrheitsmeinung kann internationalrechtlich hinterfragt werden, etwa von der 562 Völkerrechtsquellenlehre her – ob Art. 38 des IGH-Statuts heute nicht auch einer durchgängigen Übung seitens der maßgeblichen normpraktizierenden Kreise Rechtsquellencharakter zuerkennt –,1246 bzw. (bei Binnenmarkttransaktionen) auf der Grundlage der Grundfreiheiten – weil eine zwingende AGB-Überprüfung für die Parteien, die ein Regelwerk privatautonom gewählt haben, eine Behinderung des grenzüberschreitenden Verkehrs bildet, die aus Sicht des Europarechts wohl nicht allein durch das Interesse eines vereinzelten Mitgliedstaates an AGB-Kontrolle gerechtfertigt werden kann.1247 Wichtiger als eine Entscheidung dieser Streitfrage ist jedoch für die Anwendung speziell 563 der ERA oder ERI danach zu fragen, wann sich diese Streitfrage überhaupt auswirkt: Dies ist nicht der Fall bei der Auslegung, weil auch die h.M. tendenziell davon ausgeht, dass ERA und ERI international einheitlich auszulegen sind,1248 also im Kern nicht wie rein nationale AGB. Dies ist auch nicht der Fall hinsichtlich solcher zwingender Grenzen, die das nationale Recht setzt, die auch kollisionsrechtlich zwingend bleiben, namentlich hinsichtlich des ordre-public-Vorbehalts (Art. 21 Rom-I-VO) – weil die benannte Völkerrechtsquellenlehre gerade keinen Ansatzpunkt dafür gibt, dass auch insoweit Rechtswahlfreiheit herrschen soll (eine solche herrscht in diesem Fall ja nicht einmal zugunsten nationaler staatlicher Rechte) und weil auch der (nationale!) ordre public im Europarecht immer wieder geachtet wird (vgl. nächste Rn). Ein Unterschied zwischen h.M. und der Lehre von der größeren internationalen „Eigenständigkeit“ der ERA besteht daher praktisch nur hinsichtlich der AGB-Kontrolle. Die zweite Meinung hält eine AGB-Kontrolle anhand des Leitbildes des deutschen (!) dispositiven Rechts1249 für unangemessen

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1243 So Canaris Bankvertragsrecht, Rn 926; dagegen: Grundmann Lex mercatoria und Rechtsquellenlehre – insbesondere die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1991, 43 (66); Nielsen BuB Rn 5/498, 5/746; grundsätzlich (hinsichtlich Rechtswahlklauseln) auch: Kahn Lex mercatoria et euro-obligations, FS Schmitthoff, 1973 S. 215 (240). 1244 Baumbach/Hopt (11) Einl ERA Rn 5; Canaris Bankvertragsrecht Rn 926; Schinnerer ZfRV 9 (1968) 185 (212); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 227 f. 1245 Für die ERA: BGH Urt. v. 19.11.1959 – VII ZR 209/58, WM 1960, 38 (40); OLG München Urt. v. 3.7.1996 – 7 U 2162/96, WM 1996, 2335 (2336); Baumbach/Hopt (11) Einl ERA Rn 5 (vgl. aber auch letzte Fußnoten); Canaris Bankvertragsrecht Rn 926 f.; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 227 f. (vgl. aber auch letzte Fußnoten). Für die ERI: Baumbach/Hopt (11) Einl ERI Rn 2; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1089; Frh. v. Gablenz Die Haftung der Banken bei der Einschaltung Dritter – eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtstatsächliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Fragen der Substitution bei Besorgung fremder Geschäfte, 1983, S. 262; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 207. 1246 Dazu Grundmann Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1991, 43. Für eine Qualifikation des ERARegelwerks als wählbares Recht etwa die Anhänger der Lehre von der lex mercatoria bzw. new law merchant; dazu Stein Lex Mercatoria – Realität und Theorie, 1995, bes. S. 179–232; kurzer Überblick über die Hauptfragen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann Vor § 343 HGB Rn 76–85. 1247 Dazu Grundmann Law merchant als lex lata Communitatis – insbesondere die Unidroit-Principles, FS Rolland, 1999 S. 145; ausf. Metzger Extra legem, intra ius – Allgemeine Rechtsgrundsätze im europäischen Privatrecht, 2009. 1248 Baumbach/Hopt (11) Einl ERA Rn 8; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 22; Steindorff FS v. Caemmerer, 1978 S. 761 (765); aA vor allem Canaris Bankvertragsrecht Rn 930. 1249 Paradigmatisch: Canaris Die Stellung der ,UNIDROIT Principles‘ und der ,Principles of European Contract Law‘ im System der Rechtsquellen, in: Basedow (Hrsg.) Europäische Vertragsrechtsvereinheitlichung und deutsches Recht (Sonderveröffentlichungen des Archivs für die civilistische Praxis und Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht), 2000, S. 5.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

(und auch dogmatisch für unzulässig). Inhaltlich ergibt sich ebendies jedoch auch für die erste Meinung, wenn sie nur das deutsche AGB-Recht teleologisch und im Hinblick auf die Besonderheiten des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs bzw. des Charakters der ERA auslegt. Denn dann gibt die Überlegung den Ausschlag, dass die beiden Hauptgründe für eine AGB-Kontrolle nicht eingreifen – namentlich: die Verwenderseite hat einen strukturellen Informationsvorteil, weil sie die AGB vielfach verwendet, während dies bei der Gegenseite nicht der Fall ist,1250 und es liegt bei AGB nahe, dass nicht die Interessen aller betroffenen Seiten einbezogen wurden, bei ihnen ist Neutralität also nicht einmal ansatzweise verbürgt. Beides ist anders bei den ERA und ERI. Alle Seiten haben gleichen informationellen Zugang zu den ERA, insbesondere Anbieter und Nachfrager, für sie sind die Informationskosten die gleichen wie bei staatlichem Recht. Zudem werden die ERA und ERI so „neutral“ wie möglich – unter Beteiligung aller maßgeblichen Marktkreise, vergleichbar einem parlamentarischen Willensbildungsprozess – formuliert.1251 Dies spricht dafür, im Ergebnis die AGB-Kontrolle auf eine Überprüfung anhand des ordre-public-Vorbehalts oder anhand von § 138 BGB zu beschränken,1252 etwa indem auf Grund der genannten Charakteristika ein Verstoß gegen „Treu und Glauben“ nicht mehr schon bei jeder erheblichen Abweichung vom Standard des deutschen Vertragsrechts angenommen wird, sondern nur bei Verstoß gegen den deutschen ordre public oder bei Sittenwidrigkeit. Dies ist der im Folgenden zugrunde gelegt Standard. In der Praxis ist selbst dieser Unterschied zwischen beiden Meinungen i.d.R. unerheblich, weil und soweit die jeweiligen Rechtsbeziehungen einer Schiedsgerichtsbarkeit, namentlich der ICC Schiedsgerichtsbarkeit, unterworfen werden und dann der Schiedsspruch, auch wenn er in Deutschland anerkannt und vollstreckt werden soll, im Inhalt in der Tat nur auf einen Verstoß gegen den ordre public überprüft wird.1253 Dieser Ansatz führt nicht zu unbeschränkter Wahlfreiheit: Offensichtlich unbillige Er564 gebnisse, soweit die Anwendung der ERI/ERA solche zeitigen sollten, unterfallen bei entsprechender Inlandsberührung1254 dem ordre public Vorbehalt;1255 – ganz wie auch bei sonstigem (staatlichen) Recht. Sie stießen insoweit auch vom hier vertretenen Ansatzpunkt aus an die Grenzen deutschen Rechts. Der Wille Deutschlands, sein international zwingendes Recht durchzusetzen, begrenzt selbst jeden Ansatz, nach dem im grenzüberschreitenden Sachverhalt die

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1250 Vgl. Nachw oben Dritter Teil Rn 106 (Fn 237). 1251 Die Beteiligung aller betroffener Kreise ist bei den ERI/ERA in der Vertretung von Käufer- und Verkäuferseite in der Internationalen Handelskammer zu sehen sowie auf Bankenseite in der universalen Annahme auf Empfehlung der Bankenkommissionen hin (vgl. oben Rn 558). Zur Zusammensetzung der Internationalen Handelskammer (die wesentlichen Wirtschaftsverbände aus inzwischen weit über 100 Ländern): etwa Aden Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1988, S. 60 f.; Craig/Park/Paulsson International Chamber of Commerce Arbitration, vol. 1, 1990, S. 25–27. Die Beteiligung aller betroffener Kreise bei den ERA betonen daher etwa: Wheble IHK Publikation Nr. 411, S. 5; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 227. Zudem wird schon seit der Revision 1974 mit UNCITRAL eine UNO-Kommission eingebunden: Herber Die Arbeiten des Ausschusses der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (UNCITRAL), RIW 1976, 125 (127); Horn (Fn 1237), S. 9 (11); Liesecke WM 1976, 258 (259); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 226; dann für die Revision 1983 (etc.): De Rooy Documentary Credits S.12. 1252 Für diese Begrenzung nationaler Schutzmechanismen sprechen im internationalen Sachverhalt so gute Gründe, dass auch Autoren, welche die ERI/ERA als AGB qualifizieren, das entsprechende Ergebnis auf einem Umweg anstreben: Mittels teleologischer Reduktion des § 307 BGB begrenzen sie die Inhaltskontrolle auf Fälle offensichtlicher Unbilligkeit analog § 319 Abs. 1 S. 2 BGB: Canaris Bankvertragsrecht, Rn 929; ähnlich Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 157 (Überprüfung von Art. 18 ERA nur auf „Treu und Glauben“). 1253 § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO; noch weiter, wenn das Gericht nach der maßgeblichen Schiedsklausel „ex aequo et bono“ entscheiden darf. 1254 Dazu, dass der ordre public Vorbehalt nur bei hinreichendem Inlandsbezug erhoben werden kann, statt aller MünchKommBGB/Martiny Art. 21 Rom-I-VO Rn 5. 1255 Ebenso (jeweils zur Herabsetzung einer Vertragsstrafe, die deutsches Recht bei offensichtlicher Unbilligkeit aus ordre public Überlegungen heraus vorschreibt): Raape/Sturm Internationales Privatrecht I, 1977, S. 213 Fn 155; Wolff Das internationale Privatrecht Deutschlands, 1954, S. 66; auch: Rau Richterliche Herabsetzung einer Vertragsstrafe nach spanischem Recht, AWD 1978, 23 (26).

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Wahl eines neutralen Rechts zuzulassen ist, soweit nur seine Ausgewogenheit auch prozedural gesichert ist. Die Wahl der ERA erfolgte bis 1993, soweit deutsche Kreditinstitute beteiligt sind, aufrund 565 der Allgemeinen Banken-AGB (Art. 28 AGB-Banken a.F. bzw. Nr. 29, 35 S. 2, 48 Abs. 4 S. 2, 53 Abs. 5, 54, 55 AGB-Sparkassen a.F.), heute als Sonderbedingungen zu den Dokumenten-Akkreditiven – ERA.1256 b) Die Lückenhaftigkeit der ERA und ihr Zusammenwirken mit nationalem Recht. 566 Nicht alle beim Dokumentenakkreditiv auftretenden Fragen sind in den ERA geregelt.1257 So fehlt eine Regelung für die Entstehung der Rechtsverhältnisse, d.h. die Rechtsgeschäftslehre, für die Nebenpflichten und weitgehend auch für das Leistungsstörungsrecht sowie die Einwendungen und Einreden. Gerade im letztgenannten Bereich enthalten aber allgemeine, in den ERA enthaltene Regeln über das Dokumentenakkreditiv entscheidende Vorgaben. Insoweit gebieten die ERA als Regelwerk mit Rechtscharakter eine Schließung der Lücken vorrangig aus ihren Grundgedanken heraus. Auch bei der Anwendung des nationalen Sachrechts sind Grundgedanken der ERI/ERA noch als Auslegungshilfen heranzuziehen. 3. Kernbegriffe zum Zahlungsvorgang a) Definitionen: Hauptbeteiligte und -rechtshandlungen – die Struktur des Zahlungs- 567 vorgangs (Art. 2 ERA). Definiert werden vor allem die Beteiligten, zudem jedoch auch die zentrale Rechtshandlung, die der Begünstigte vorzunehmen hat, um den Zahlungsanspruch durchzusetzen (konforme Dokumentenvorlage), sowie die Pflichten, die daraus den verpflichteten Banken erwachsen („Honorieren“). Damit ist zugleich der durchaus komplexe Zahlungsvorgang folgendermaßen umrissen: Der Zahlungspflichtige (etwa Käufer) – der Auftraggeber nach Art. 2 ERA –1258 erteilt auf 568 Grund einer entsprechenden Verpflichtung im Valutaverhältnis seiner Bank, der AkkreditivBank – der eröffnenden Bank i.S.v. Art. 2 ERA –, etwa seiner Hausbank, den Auftrag, dem Begünstigten (i.S.v. Art. 2 ERA) einen unwiderruflichen, abstrakten (Zahlungs-)Anspruch1259 aus Dokumentenakkreditiv durch Versprechen einzuräumen (das Akkreditiv i.S.v. Art. 2 ERA). Dieser resultiert also primär aus Eröffnung des Akkreditivs durch die Akkreditiv-Bank (die „eröffnende Bank“) selbst, zudem jedoch auch aus einer Bestätigung des Akkreditivs durch eine von der Akkreditiv-Bank ihrerseits beauftragte, meist im Land des Begünstigten ansässige Korrespondenzbank, die als bestätigende Bank (i.S.v. Art. 2 ERA) zu solch einem Schuldbeitritt ermächtigt ist (mit der Folge, dass sie einen Rückgriffsanspruch erwirbt), jedoch nicht verpflichtet ist.1260 So kann das Akkreditiv als Urkunde bereits in all seinen Ansprüchen angelegt werden, während die bestätigende Bank noch nicht ihre Entscheidung getroffen hat, insbesondere weil sie noch die Kreditwürdigkeit des Auftraggebers (selten) oder sonstige Umstände prüfen will.

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1256 Vgl. Sonnenhof BuB 1/19. 1257 Nielsen BuB Rn 5/503. 1258 Nicht (notwendig) dann Partei des Akkreditivs selbst: ICC Drafting Group, Commentary (Fn 1235) zu Art. 2 ERA; Baumbach/Hopt (11) Nr. 2 ERA Rn 3. 1259 Die Unwiderruflichkeit ergibt sich ebenfalls aus der Definition in Art. 2 ERA, wieder ist die Regel freilich dispositiv: Baumbach/Hopt (11) Nr. 2 ERA Rn 9; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 41 f.; wohl zu eng (dann nicht ERA 600 vereinbar, sondern nur ERA 500): Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 600. Theoretisch (selten praktisch) ist also die Eröffnung auch einmal widerruflich. Dazu dass eine eröffnende Bank auch ein Akkreditiv im eigenen Interesse herauslegen kann: BGH Urt. 10.2.1999 – VIII ZR 70/98, ZIP 1999, 607. 1260 Zur Bestätigung als Grundlage eines abstrakten Zahlungsanspruchs und zur bloßen Ermächtigungswirkung der Benennung als bestätigende Bank: Baumbach/Hopt (11) Nr. 2 ERA Rn 7, 8; vgl. auch Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 46 f.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Für die Eröffnung durch die Akkreditiv-Bank kann ebenfalls eine Korrespondenzbank eingeschaltet werden, als sog. Avis-Bank (i.S.v. Art. 2 ERA), wenn sie dem Begünstigten die Nachricht von der Eröffnung überbringen (und dabei rudimentär die Echtheit des Akkreditivs prüfen) soll, aber nicht selbst ein Zahlungsversprechen abgeben soll, oder als sog. benannte Bank i.S.v. Art. 2 ERA, eine Zahlstelle, wenn sie Zahlungen auf den Anspruch (mit Wirkung gegen die eröffnende Bank) vornehmen können soll. 569 Neben die Definitionen zu den Beteiligten treten diejenigen zu den Rechtshandlungen: Der genannte Zahlungsanspruch ist zwar i.d.R. unwiderruflich, jedoch bedingt: Der Anspruch aus Eröffnung oder Bestätigung ist regelmäßig1261 durch Einlieferung bestimmter Dokumente, insbesondere solcher über Versendung, Versicherung, möglicherweise auch über die Berechnung und die Qualität der Ware, bedingt, weshalb – neben den Beteiligten – auch die konforme Dokumentenvorlage (und auch die Dokumentenvorlage selbst und der zur Vorlage berechtigte Personenkreis der „Einreicher“) in Art. 2 ERA definiert sind.1262 Die konforme Dokumentenvorlage ist die – insbes. inhaltlich und zeitlich umfangreich geregelte – Voraussetzung dafür, dass der Begünstige die genannten Zahlungsansprüche durchsetzen kann. Und die Setzung dieser Bedingung ermöglicht es rechtstechnisch, das oben genannte Sicherungsinteresse, dem die Akkreditiveröffnung dient, zu befriedigen und richtig zu kalibrieren. Schließlich wird auch die Pflicht derjenigen Institute näher definiert, die abstrakte (Zahlungs-)Versprechen abgeben: Sie haben das Akkreditiv zu honorieren, dies (je nach Abrede) auf verschiedene Weisen: durch sofortige oder spätere Zahlung, durch Übernahme eines Akzepts oder (als sog. Negoziierung eigens definiert) durch Ankauf von Wechseln (Tratten).1263 b) Auslegungsregeln – mit Verweis (Art. 3 ERA). Neben Selbstverständlichkeiten (Singular/Plural, Abs. 1) enthalten die Auslegungsregeln in Art. 3 zunächst drei Regeln zu Wirksamkeit (Form) und Inhalt der Verpflichtungserklärung (vor allem der eröffnenden Bank): dass ein Akkreditiv ohne ausdrückliche gegenteilige Festlegung als unwiderruflich zu verstehen ist und welche Form und welche Legalisierungsformen iZw als vereinbart gelten (Abs. 2–4). Diese Regeln sind wegen des Sachzusammenhangs bei der Erörterung von Wirksamkeit und Inhalt der Verpflichtungserklärung aufzugreifen (unten Dritter Teil Rn 579, 580). Zudem wird klargestellt, dass für die Rechtshandlungen des Akkreditivrechts jede Filiale als eigene Bank zu sehen ist (Abs. 5), nicht jedoch, soweit es wie namentlich bei der Prozessfähigkeit auf die Rechtsperson ankommt.1264 Entsprechend der allgemeinen Zielsetzung, unbestimmte Rechtsbegriffe zurückzudrängen und so Rechtsicherheit zu verbürgen, werden Begriffe wie „erstklassig“ etc. als nicht geschrieben eingeordnet (Abs. 6). Die Regel schließt nur den Begünstigten als Aussteller (ein „Insich-Akkreditiv“) aus, alle anderen Personen sind – unabhängig von ihrem Standing – als Aussteller zugelassen. 571 Darüber hinaus enthält Art. 3 ERA eine Reihe von überwiegend selbsterklärenden Auslegungsregeln zu Zeitangaben (Abs. 8–12). Den Auftakt macht eine weitere Regel, nach der unbestimmte Begriffe wie „prompt“, „unverzüglich“ etc. als nicht geschrieben gelten (wieder, um Zweifel auszuräumen), wobei freilich insoweit die entsprechende Aussage in Dokumenten gefordert werden kann (Abs. 7). Im letzten Fall wird der Zweifel durch den Aussteller des Doku-

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1261 Anders nur beim (wenig verbreiteten) sog. einfachen Akkreditiv, das nur eine Legitimierung des Begünstigten voraussetzt: vgl. Angersbach Beiträge, S. 20; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 916; Nielsen Grundlagen, S. 15; Schütze Dokumentenakkreditiv, 6. Aufl. 2008, S. 61 („nicht mehr gebräuchlich“) (in Neuafl. nicht mehr enthalten). 1262 Vgl. dazu Baumbach/Hopt (11) Art. 2 ERA Rn 6, 14 und 15; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 54 f.; und unten Dritter Teil Rn 612–620. 1263 Vgl. dazu Baumbach/Hopt (11) Art. 2 ERA Rn 10 und 12; Nielsen BuB Rn 5/481 ff.; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 54 ff. 1264 Baumbach/Hopt (11) Art. 3 ERA Rn 6.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

ments selbst behoben, handelt es sich also in der Sache darum, dass die Parteien diesem einen Beurteilungsspielraum einräumen (nicht der Bank!). Besonders wichtig ist ansonsten, dass die Angaben „bis“ und „ab“ als ein- bzw. ausschließlich zu verstehen sind, je nachdem ob sie für Verladezeiten oder Fälligkeitszeitpunkte verwandt werden. Praktisch wichtig ist auch die Präzisierung dessen, was als „am oder um den“ zu verstehen ist: einschließlich fünf Tage zuvor und danach.

III. Valutaverhältnis und Akkreditiv (Art. 4, 5 ERA) Artikel 4 Akkreditive im Verhältnis zu Verträgen a) Ein Akkreditiv ist seiner Natur nach ein von dem Kauf- oder anderen Vertrag, auf dem es möglicherweise beruht, getrenntes Geschäft. Banken haben in keiner Hinsicht etwas mit einem solchen Vertrag zu tun und sind durch ihn auch nicht gebunden, selbst wenn im Akkreditiv irgendein Bezug darauf enthalten ist. Folglich ist die Verpflichtung einer Bank zu honorieren, negoziieren oder irgendeine andere Verpflichtung unter dem Akkreditiv zu erfüllen, nicht abhängig von Ansprüchen oder Einreden des Auftraggebers, die sich aus seinen Beziehungen zur eröffnenden Bank oder zum Begünstigten ergeben. Ein Begünstigter kann sich keinesfalls auf die vertraglichen Beziehungen berufen, die zwischen den Banken oder zwischen dem Auftraggeber und der eröffnenden Bank bestehen. b) Eine eröffnende Bank sollte jedem Versuch des Auftraggebers, Kopien des zugrunde liegenden Vertrags, Proforma-Rechnung und Ähnliches als integralen Bestandteil des Akkreditivs aufzunehmen, entgegentreten. Artikel 5 Dokumente im Verhältnis zu Waren, Dienstleistungen oder Leistungen Banken befassen sich mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen.

1. Abstraktheit des Akkreditivs gegenüber dem Valutaverhältnis (Art. 4, 5 ERA) a) Grundsatz. Ein Kernprinzip des Akkreditivrechts und zugleich eine Funktionsvorausset- 572 zung geht dahin, dass der Zahlungsanspruch (oder die Zahlungsansprüche) des Begünstigten gegen die akkreditiveröffnende Bank und weitere bestätigende Banken (unten Dritter Teil Rn 588, 589 bzw. 594, 595) unabhängig (abstrakt) vom Bestehen des Valutaverhältnisses und der korrekten Erfüllung der Ansprüche aus diesem ist (sind) – soweit die erforderlichen Dokumente vorgelegt werden, mit deren Festlegung auch das Maß an Akzessorietät festgelegt wird, das zwischen Zahlungsanspruch und Valutaverhältnis zugelassen wird. Dieser Abstraktionsgrundsatz ist heute (wohl weltweiter) Handelsbrauch,1265 gilt also unabhängig von einer Wahl der ERA, die diesen Abstraktionsgrundsatz in Art. 4 lit. a S. 1 ERA als Ausgangspunkt formulieren. Im Rest von Art. 4, 5 ERA präzisieren dies die ERA nur noch weiter und zwar auf drei 573 Weisen: erstens, indem sie den genannten Kontext mit den Dokumenten operational machen: Die Banken sollen sich mit dem Valutaverhältnis nur über die Prüfung der festgeschriebenen Dokumente beschäftigen, nicht mit einer Begutachtung von Waren oder Dienstleistungen (Art. 5 ERA). Zweitens wird der Abstraktionsgrundsatz in all seinen Aspekten nochmals besonders betont und aufgefächert (Art. 4 lit. a S. 2–4 ERA), namentlich, dass nicht einmal die pauschale Bezugnahme im Akkreditiv auf das Valutaverhältnis den Grundsatz in Frage stellt (S. 2 2. Halbsatz),1266 sie also iZw ohne rechtsgeschäftlichen Erklärungswert ist, und namentlich durch die

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1265 Für Deutschland Nachw Dritter Teil Rn 572, 573. Für Großbritannien Ellinger/Neo Letters of credit, S. 138 f. und 139–174 (Rechtsmissbrauchsausnahme). Für Frankreich Vasseur Réflexions sur le crédit docu-mentaire à paiement différé, Dalloz 1987 Chr. (59) 63–64 n. 12; vgl. auch Cousy/Tilleman/Verbeke (Hrsg.), Droit des contrats France, Suisse, Belgique, 2006, bes. S. 30. 1266 Für diese Auslegungsleitlinie vgl. Baumbach/Hopt (11) ERA Nr. 4 Rn 1.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Feststellung, dass Einreden und Einwendungen im Valutaverhältnis für das Bestehen und die Durchsetzung des Zahlungsanspruches unerheblich sind. Zudem wird eine besonders eindringliche Sprache eingesetzt („in keiner Hinsicht“, „keinesfalls“), der Grundsatz soll absolut gelten und zwar auch gegenüber anderen Rechtsverhältnissen (Art. 4 lit. a S. 4 ERA). Dennoch wird der Grundsatz gerade im deutschen Recht insoweit durchbrochen, als bei liquide beweisbaren Mängeln der Rechtsmissbrauchseinwand durchgreift. Dies ist Teil der Einwendungslehre (vgl. nächste Rn). Drittens wird – präventiv – den Banken dringlich angeraten, auch keine konkreteren Bezüge auf das Valutaverhältnis herzustellen, namentlich durch Aufnahme von Abreden und insbesondere Rechnungen aus dem Valutaverhältnis in das Akkreditiv (Art. 4 lit. b ERA). Hintergrund dieses Hinweises ist es, dass auch die Auslegungslehre zu den ERA von deren dispositivem Charakter ausgeht, also Art. 4 lit. a S. 1 ERA auch abbedungen werden kann und eine (konkludente) Abbedingung umso näher liegt, je konkreter der Bezug zu einzelnen Kernstücken des Valutaverhältnisses im Text des Akkreditivs selbst wird.1267 b) Einwendungslehre (Verweis). Am plastischsten zeigt sich die Abstraktheit der akkreditivrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Valutaverhältnis bei den Einreden und Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch (Einwendungslehre), die grds. nicht aus dem Valutaverhältnis (und auch nicht dem Deckungsverhältnis) hergeleitet werden können. Am plastischsten kann dies jedoch im Zusammenhang mit diesen Ansprüchen dargestellt werden (vgl. daher erst unten Dritter Teil Rn 621–630). Wichtig ist hier freilich bereits, dass der in der deutschen Praxis gestattete Rückgriff auf 575 den Einwand des Rechtsmissbrauchs bei liquide beweisbaren Mängeln im Valutaverhältnis (und auch bei dessen Erfüllung) unabhängig von der Rechtsquellenlehre zulässig ist (vgl. oben Dritter Teil Rn 564; zur sachrechtlichen Ausgestaltung dieses Einwands dann unten Dritter Teil Rn 621–630): Selbst wenn man den ERA Rechtsquellencharakter zuspricht, bleibt nach dem Gesagten der ordre-public-Einwand eröffnet und der Rechtsmissbrauchseinwand ist Teil desselben. Diesen kann man im grenzüberschreitenden Fall, wenn der Leistungsempfänger mit Deutschland hinreichend Kontaktpunkte aufweist, unabhängig vom Vertragsstatut durchgreifen lassen (vgl. Art. Rom 21 I-VO). Doch auch wenn man das Vertragsstatut für berufen hält – weil es sich letztlich um die Frage handelt, wie weit die Wirkung von Einwendungen aus dem Valutaverhältnis reichen sollte –, wird man zur Anwendung deutschen Rechts kommen: Denn das Vertragsstatut regelt die Wirkungen des Vertrages (Valutaverhältnis) und damit auch die Befugnis des Auftraggebers, dem Begünstigten den Gebrauch seiner Rechte aus dem Akkreditiv zu untersagen. Ob solch eine Befugnis besteht, ist in diesem Verhältnis zwar schon im Grundsatz umstritten. Mangels (möglicher) Rechtswahl ist für die Frage, ob dem Auftraggeber solch eine Befugnis gegen den Begünstigten zusteht, jedoch wohl das Recht des Auftraggebers berufen. Dies wird freilich bestritten, da der Auftraggeber zugleich nicht der Erbringer (Schuldner), sondern der Empfänger der charakteristischen Hauptleistung, typischerweise der Kaufsache, ist: Ob Einwendungen oder Einreden gegen einen vertraglichen Anspruch geltend gemacht werden können, ist eine vertragsrechtliche Frage, die mangels Rechtswahl durch das Recht, das auf den fraglichen Anspruch Anwendung findet, geregelt wird.1268 Ob der Auftraggeber dem Begünstigten die Geltendmachung des Zahlungsanspruch aus dem Akkreditiv untersagen kann, beurteilt sich folglich nach dem Recht, das auf die Pflicht des Auftraggebers (Käufers) Anwendung findet,

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1267 Zur Möglichkeit, durch Abrede durchaus Stücke des Valutaverhältnisses zur Bedingung für den Zahlungsanspruch zu machen: Baumbach/Hopt (11) Art. 1 ERA Rn 3, Art. 4 ERA Rn 2. Dies muss dann nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre sogar konkludent geschehen können. 1268 RG 23.4.1903 – VI 449/02, RGZ 54, 311 (316); Heldrich Kollisionsrechtliche Aspekte des Mißbrauchs von Bankgarantien, FS Kegel, 1987 S. 175 (189); Graf v. Westphalen Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 2014, S. 365.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

dem Begünstigten solch einen Zahlungsanspruch zu verschaffen. In diesem Verhältnis ist der Käufer der Schuldner der charakteristischen Leistung.1269 Der Vertrag zwischen Auftraggeber und Begünstigtem begründet freilich umgekehrt für diesen (Verkäufer) die Pflicht zur Lieferung und damit zur Erbringung einer ebenfalls charakteristischen Leistung. Bei Zusammentreffen zweier Leistungspflichten, die beide Elemente einer charakteristischen Leistung enthalten, versucht die h.M. inzwischen, dennoch ein einheitliches Vertragsstatut aufrechtzuerhalten.1270 Richtiger erscheint es aber, in atypischen Fällen gezielt auf die Wertungen zurückzugreifen, die Art. 4 Rom-I-VO zugrunde liegen. Mit dem Rückgriff auf das Merkmal des „Überwiegens“ leistet man einer begrifflichen Argumentation Vorschub und versperrt den Weg zu den eigentlichen Wertungskriterien. Art. 4 Rom-I-VO will zum einen in der Tat die Einheit des anwendbaren Rechts fördern.1271 Diese Zielsetzung ist freilich, soweit ein Kaufvertrag seitens des Käufers mittels Dokumentenakkreditivs erfüllt werden soll, in jedem Fall durchkreuzt. Denn am AkkreditivGeschäft sind weitere Personen beteiligt, so dass unterschiedliche Rechte kraft objektiver Anknüpfung zur Anwendung kommen. Der Bruch ist an irgendeiner Stelle unvermeidlich. Art. 4 Rom-I-VO will zum anderen den Schuldner der charakteristischen Leistung deswegen in den Genuss der Anwendung seines Rechts kommen lassen, weil er die typischerweise rechtlich kompliziertere Leistung zu erbringen hat, d.h. Rechtsnormen intensiver seine Pflicht beeinflussen können.1272 Ist die Rechtsspaltung an irgendeiner Stelle im Mehrpersonenverhältnis unvermeidlich, so liegt es nahe, auch die Pflicht zur Verschaffung eines akkreditivrechtlichen Zahlungsanspruchs als charakteristische i.S.v. Art. 4 Rom-I-VO anzusehen und jedenfalls nicht der Pflicht zur Lieferung der Kaufsache unterzuordnen. Dies entspricht dem Vorgehen der ganz h.M. beim parallel gelagerten Problem bei der Bankgarantie.1273 Der Rechtsmissbrauchseinwand nach deutschem Sachrecht bleibt also Käufern (Schuldnern) mit deutschem Personalstatut auch dann eröffnet, wenn man nicht auf Art. 21 Rom-I-VO rekurriert. 2. Wirkungen von Akkreditivklausel, -eröffnung und -abwicklung im Valutaverhältnis a) Akkreditivklausel – Pflicht zur Akkreditivbestellung. Das Valutaverhältnis begründet 576 die Pflicht des Anbieters zur Lieferung der Kaufsache oder Dienstleistung, umgekehrt die Pflicht des Käufers/Abnehmers, dem Begünstigten einen akkreditivrechtlichen Zahlungsanspruch (gegen eine Bank) zu verschaffen. Die ERA verbieten nicht nur der Bank, sich mit dem Warengeschäft zu beschäftigen (Art. 5 ERA), sondern regeln auch selbst die akkreditivrechtlichen Fragen desselben nicht. Daher ist das (Valuta-)Verhältnis zwischen Auftraggeber und Begünstigtem

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1269 Für die Pflicht, eine Garantie zu verschaffen, vgl. nur Goerke, Kollisionsrechtliche Probleme internationaler Garantien, 1982, S. 90–92; Heldrich (vorige Fn) S. 184 f.; Graf v.Westphalen (vorige Fn) S. 352. 1270 MünchKommBGB/Martiny Art. 4 Rom-I-VO Rn 180, 204 (abstrakt), Rn 92–97 (zum Dokumentenakkreditiv); Kreuzer Know-How-Verträge im deutschen internationalen Privatrecht, FS v. Caemmerer, 1978 S. 705 (730 f.); Schulze Die Kodifikation des Vertragsstatuts im IPR, 1980, S. 108; und speziell für das Dokumentenakkreditiv: v. Bar ZHR 152 (1988) 38 (55) (Rechtsmissbrauchseinwand und andere Fragen hinsichtlich abstraktem Zahlungsanspruch des Begünstigten im Verhältnis zwischen Begünstigtem und Auftraggeber iZw nach Recht des Verkäufers zu beurteilen). 1271 V. Hoffmann Über den Schutz des Schwächeren bei internationalen Schuldverträgen, RabelsZ 38 (1974) 396 (398); Linke Sonderanknüpfung der Willenserklärung? ZVglRW 79 (1980) 1 (25); MünchKommBGB/Martiny Art. 4 Rom-I-VO Rn 5 f. 1272 Grundlegend Kegel GS Schmidt, 1966 S. 215 (220 f., 223 f.); Kropholler Elastische Anknüpfungsmomente für das internationale Vertrags- und Deliktsrecht, RIW 1981, 359 (361); Lando The EEC Convention on the Law Applicable to Contractual Obligations, CMLR 24 (1987) 159 (202 f.). 1273 Getrennt die (Rück)Garantie an das Auftraggeberrecht, den Aufwendungsersatz demgegenüber an das Beauftragtenrecht, knüpfen an: BGH Urt. v. 16.10.1985 – VI ZR 14/83, NJW 1985, 561 (562); Bark Rechtsfragen und Praxis der indirekten Garantien im Außenwirtschaftsverkehr, ZIP 1982, 405 (410); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1139a; MünchKommBGB/Martiny Art. 4 Rom-I-VO Rn 229 ff.; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/44.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

grundsätzlich unabhängig von den Regeln der ERA und von den sonstigen Rechtsverhältnissen im Akkreditiv-Geschäft anzuknüpfen.1274 Die Akkreditivklausel selbst begründet dann jedoch in den anwendbaren Sachrechten, namentlich dem deutschen, einen Anspruch des Verkäufers oder Dienstleisters gegen den (Zahlungs-)Schuldner darauf, dass dieser die Eröffnung eines (vertragskonformen) Akkreditivs durch sein Kreditinstitut bewirkt.1275 577

b) Akkreditiveröffnung und -abwicklung – Wirkung auf Verzug und Erfüllung. Zudem besteht zwischen Valutaverhältnis und Akkreditv-Geschäft insoweit eine enge Verbindung, als das Akkreditiv-Geschäft während seiner Laufzeit den Zahlungsanspruch aus dem Warengeschäft hemmt1276 und eine Zahlung auf den Akkreditiv-Zahlungsanspruch auch den Zahlungsanspruch aus dem Warengeschäft zum Erlöschen bringt.1277

IV. Akkreditiveröffnung und sonstige Verpflichtungsbegründung im Deckungs- und Zuwendungsverhältnis (Art. 6–12 ERA) Artikel 6 Benutzbarkeit, Verfalldatum und Ort für die Dokumentenvorlage a) b) c) d)

e)

Ein Akkreditiv muss die Bank angeben, bei der es benutzbar ist, oder, ob es bei jeder Bank benutzbar ist. Ein bei einer benannten Bank benutzbares Akkreditiv ist auch bei der eröffnenden Bank benutzbar. Ein Akkreditiv muss angeben, ob es durch Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung benutzbar ist. Ein Akkreditiv darf nicht durch eine Tratte gezogen auf den Auftraggeber benutzbar gestellt sein. i. Ein Akkreditiv muss ein Verfalldatum für die Dokumentenvorlage angeben. Ein für die Honorierung oder Negoziierung angegebenes Verfalldatum gilt als Verfalldatum für die Dokumentenvorlage. ii. Der Ort der Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, ist der Ort für die Dokumentenvorlage. Der Ort für die Dokumentenvorlage unter einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv ist der Ort jeder Bank. Ein Ort für die Dokumentenvorlage, der vom Ort der eröffnenden Bank abweicht, gilt zusätzlich zum Ort der eröffnenden Bank. Vorbehaltlich der Bestimmung von Artikel 29 (a) muss eine Dokumentenvorlage durch oder für den Begünstigten am oder vor dem Verfalldatum erfolgen. Artikel 7 Verpflichtung der eröffnenden Bank

a)

die vorgeschriebenen Dokumente der benannten Bank oder der eröffnenden Bank vorgelegt und stellen sie eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die eröffnende Bank honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch: i. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der eröffnenden Bank; ii. Sichtzahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt; iii. hinausgeschobene Zahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt;

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1274 V. Bar ZHR 152 (1988) 38 (50); Schütze Kollisionsrechtliche Probleme der Forfaitierung von Exportforderungen, WM 1979, 962 (964). 1275 Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn K/25; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 606; ausf. Ellinger/Neo Letters of credit, S. 60–80. 1276 Borggrefe Akkreditiv, S. 16; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1058; De Rooy Documentary Credits p. 69, 70 f. (auch zur Ausnahme bei Insolvenz der Bank); Liesecke WM 1976, 258 (259) (auch zur Ausnahme bei Insolvenz oder Weigerung der Bank); Peters WM 1978, 1030 (1033); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 247; Zahn/ Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/17. 1277 Borggrefe Akkreditiv, S.16 („erfüllungshalber“); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1057; Peters WM 1978, 1030 (1033); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/17.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

iv.

b) c)

Akzeptleistung bei der benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; v. Negoziierung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert. Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs unwiderruflich zur Honorierung verpflichtet. Eine eröffnende Bank verpflichtet sich, die benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die eröffnende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung der eröffnenden Bank, die benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten. Artikel 8 Verpflichtung der bestätigenden Bank

a)

b) c)

d)

Werden die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank oder einer anderen benannten Bank vorgelegt und stellen eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die bestätigende Bank: i. honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch a. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der bestätigenden Bank; b. Sichtzahlung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt; c. hinausgeschobene Zahlung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; d. Akzeptleistung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt; e. Negoziierung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert. ii. ohne Regress negoziieren, wenn das Akkreditiv durch Negoziierung bei der bestätigenden Bank benutzbar ist. Eine bestätigende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Hinzufügung ihrer Bestätigung zu dem Akkreditiv unwiderruflich zur Honorierung oder Negoziierung verpflichtet. Eine bestätigende Bank verpflichtet sich, eine andere benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die bestätigende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank diesen Betrag vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung einer bestätigenden Bank, eine andere benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der bestätigenden Bank gegenüber dem Begünstigten. Wenn eine Bank von der eröffnenden Bank ermächtigt oder beauftragt ist, ein Akkreditiv zu bestätigen, hierzu aber nicht bereit ist, muss sie die eröffnende Bank unverzüglich davon unterrichten und kann das Akkreditiv ohne Bestätigung avisieren. Artikel 9 Avisierung von Akkreditiven und Änderungen

a)

b)

c)

d)

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Ein Akkreditiv und jegliche Änderung kann dem Begünstigten durch eine avisierende Bank avisiert werden. Eine avisierende Bank, die nicht bestätigende Bank ist, avisiert das Akkreditiv und jegliche Änderungen, ohne irgendeine Verpflichtung zu honorieren oder zu negoziieren. Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung vergewissert hat und dass das Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderung genau wiedergibt. Eine avisierende Bank kann sich einer anderen Bank („zweite avisierende Bank“) zur Avisierung des Akkreditivs und jeglicher Änderung an den Begünstigten bedienen. Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die zweite avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des bei ihr eingegangenen Avises vergewissert hat und dass ihr Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderungen genau wiedergibt. Eine Bank, die sich der Dienste einer avisierenden oder zweiten avisierenden Bank zur Avisierung eines Akkreditivs bedient, muss dieselbe Bank zur Avisierung von jeder Änderung dazu benutzen.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

e)

f)

Wenn sich eine Bank, die mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, entschließt, dies nicht zu tun, muss sie darüber unverzüglich die Bank unterrichten, von der sie das Akkreditiv, die Änderung oder das Avis erhalten hat. Wenn eine Bank mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, sich jedoch nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs, der Änderung oder des Avises vergewissern kann, muss sie unverzüglich die Bank, von der sie den Auftrag erhalten zu haben scheint, davon unterrichten. Wenn die avisierende oder zweite avisierende Bank sich dennoch zur Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung entschließt, muss sie den Begünstigten oder die zweite avisierende Bank davon unterrichten, dass sie sich nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung oder des Avises vergewissern konnte. Artikel 10 Änderungen

a)

b)

c)

d) e) f)

Soweit Artikel 38 nichts anderes vorsieht, kann ein Akkreditiv ohne die Zustimmung der eröffnenden Bank, der möglicherweise vorhandenen bestätigenden Bank und des Begünstigten weder geändert noch annulliert werden. Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Erstellung einer Änderung unwiderruflich an die Änderung gebunden. Eine bestätigende Bank kann ihre Bestätigung auf eine Änderung erstrecken und ist ab dem Zeitpunkt ihrer Avisierung der Änderung unwiderruflich verpflichtet. Eine bestätigende Bank kann jedoch dem Begünstigten eine Änderung auch avisieren, ohne ihre Bestätigung darauf zu erstrecken, und muss dann die eröffnende Bank unverzüglich und den Begünstigten in ihrer Avisierung unterrichten. Die Bedingungen des ursprünglichen Akkreditivs (oder eines Akkreditivs mit zuvor angenommenen Änderungen) bleiben für den Begünstigten in Kraft, bis der Begünstigte seine Annahme der Änderung der Bank mitteilt, die ihm die Änderung avisiert hat. Der Begünstigte sollte mitteilen, ob er eine Änderung annimmt oder ablehnt. Wenn der Begünstigte diese Mitteilung unterlässt, gilt die Dokumentenvorlage, die dem Akkreditiv und jeglicher noch nicht angenommener Änderung entspricht, als Mitteilung der Annahme der Änderung durch den Begünstigten. Ab diesem Zeitpunkt ist das Akkreditiv geändert. Eine Bank, die eine Änderung avisiert, sollte die Bank, von der sie die Änderung erhalten hat, von jeglicher Mitteilung über die Annahme oder Ablehnung informieren. Eine teilweise Annahme einer Änderung ist nicht erlaubt und gilt als Mitteilung über die Ablehnung der Änderung. Eine Bestimmung in einer Änderung des Inhalts, dass die Änderung wirksam werden soll, sofern der Begünstigte sie nicht binnen einer bestimmten Frist ablehnt, wird nicht beachtet. Artikel 11 Akkreditive und Änderungen per Telekommunikation und Voravis

a)

Eine authentisierte Telekommunikation eines Akkreditivs oder einer Änderung gilt als das operative Akkreditiv oder als die operative Änderungsmitteilung; eine darauf folgende briefliche Bestätigung wird nicht beachtet. Wenn eine Telekommunikation den Hinweis „vollständige Einzelheiten folgen“ (oder Worte ähnlicher Bedeutung) enthält oder angibt, dass die briefliche Bestätigung das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung sein soll, dann wird die Telekommunikation nicht als das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung angesehen. Die eröffnende Bank muss dann unverzüglich das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung erstellen mit Bedingungen, die der Telekommunikation nicht widersprechen. b) Eine Voranzeige („Voravis“) über die Eröffnung oder Änderung eines Akkreditivs soll nur versendet werden, wenn die eröffnende Bank bereit ist, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung zu erstellen. Die eröffnende Bank, die ein Voravis versendet, ist unwiderruflich verpflichtet, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung unverzüglich, mit Bedingungen, die dem Voravis nicht widersprechen, zu erstellen. Artikel 12 Nominierung a)

Sofern die benannte Bank nicht die bestätigende Bank ist, begründet die Ermächtigung zu honorieren oder zu negoziieren, keine Verpflichtung der benannten Bank zur Honorierung oder Negoziierung, es sei denn, die benannte Bank hat diese ausdrücklich übernommen und dies dem Begünstigten mitgeteilt.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

b)

c)

Durch die Benennung einer Bank zur Akzeptierung einer Tratte oder zur Übernahme einer Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung ermächtigt die eröffnende Bank diese benannte Bank, ihr Akzept oder ihre eingegangene Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung im Voraus zu zahlen oder anzukaufen. Erhalt oder Prüfung und Weiterleitung von Dokumenten durch eine benannte Bank, die keine bestätigende Bank ist, verpflichtet die benannte Bank nicht zur Honorierung oder Negoziierung, stellt aber auch keine Honorierung oder Negoziierung dar.

1. Akkreditiveröffnung – Verhältnis Auftraggeber zur eröffnenden Bank (Deckungs- 578 verhältnis) (Art. 6, 7 ERA). Die Grundmaxime der Regelung in den ERA geht dahin, die für das Dokumentenakkreditiv charakteristischen Hauptpflichten umfassend und detailliert zu klären, Fragen des international zwingenden Rechts („Eingriffsnormen“) hingegen ebenso auszusparen wie die für das Akkreditv-Geschäft weniger spezifischen Fragen. Zu diesen letztgenannten Fragen zählen die Rechtsgeschäftslehre für den Vertragsschluss, die Nebenpflichten, Leistungsstörungen und die Rückabwicklung bei Fehlen oder Entfallen (des oder) der Vertragsverhältnisse(s). Diese Abgrenzung gilt schon für das Auftragsverhältnis. a) Form und zwingender Inhalt (Art. 6 ERA). Art. 6 ERA regelt teils die nötige Form des 579 Akkreditivs, aber nicht vollständig, teils gibt die Klausel hingegen auch nur Auslegungshilfen. Hinzuzudenken sind der Kreis der essentialia negotii und die Regel zu den Legalisierungsformen (Art. 3 Abs. 3 und 4 ERA). Von der Letztgenannten ist auszugehen: Art. 3 Abs. 3 und 4 ERA sehen Auslegungsregeln für (Legalisierungs-)Formen vor: na- 580 mentlich, dass die Parteien festlegen können, ob Handschriftlichkeit, Faksimileunterschrift etc. notwendig ist und dass der Kreis der möglichen Abreden insoweit unbegrenzt ist („irgendeine andere Authentisierungsmethode“; Abs. 3), außerdem, dass, soweit die Einhaltung dieser Formen durch Legalisierungsvermerk von dritter Seite bestätigt sein muss, schon der Anschein der Echtheit dieses Legalisierungsvermerks genügt (Abs. 4). Andernfalls würde diese Vorsichtsmaßnahme häufig das Akkreditiv de facto wertlos machen. All dies beantwortet nicht die – nach nationalem Recht, etwa § 127 BGB, zu beantwortende – Frage, ob die verabredete Form oder Bedingung (etwa Legalisierung) Wirksamkeitsvoraussetzung ist und ihre Nichterfüllung zur Nichtigkeit des Akkreditivs führt.1278 Unwirksam ist das Akkreditiv – unabhängig von dieser Formfrage ieS – jedenfalls, wenn es 581 nicht die essentialia negotii aufweist und auch keine Auslegungsregel die Lücke füllt. Art. 6 ERA zählt diese freilich nur unvollständig auf: Essentialia negotii für die Entstehung des Zahlungsanspruchs aus Eröffnung bzw. Bestätigung (unten Dritter Teil Rn 588, 589 bzw. 594, 595) sind: (i) die Benennung des Begünstigten;1279 (ii) die Angabe der Art der Verpflichtung (Art. 6 lit. b ERA), insbesondere der Höhe des Akkreditivbetrages,1280 der jedoch im Rahmen von Art. 30 lit. a ERA auch in „ca.“-Beträgen ausgedrückt werden, andernfalls hingegen nur wechseln darf aufgrund einer – bis zu 5% iZw zulässigen – Abweichung in der gelieferten Warenmenge (Art. 30 lit. b ERA); als Teil hiervon die Spezifizierung der Art der Pflicht (Zahlung, Nachsichtzahlung, Akzeptleistung und/oder Negoziierung, Art. 6 lit. b ERA); (iii) die Spezifizierung der einzureichenden Dokumente (Art. 14 ff. ERA);1281 sowie (iv) eine Festlegung des Verfalldatums (Art. 6

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1278 Implizit für Maßgeblichkeit nationalen Rechts in dieser Frage auch (gewillkürte Schriftform nach deutschem Recht): Canaris Bankvertragsrecht Rn 936; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 16; auch Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 603. 1279 In Art. 6 ERA nicht erwähnt, vgl. jedoch Canaris Bankvertragsrecht, Rn 953; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 127. 1280 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 953; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S.126 f. Nicht jedoch die Angabe der Warenmenge, wenn diese nicht für die Errechnung des Akkreditivbetrages nötig ist, weil jene dann für die Ansprüche aus Akkreditiv irrelevant ist. 1281 I.E. ebenso: Canaris Bankvertragsrecht, Rn 953 (über § 139 BGB); Nielsen BuB Rn 5/511.

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lit. d (i) ERA).1282 Unschädlich ist demgegenüber, wenn – entgegen der scheinbar zwingenden Regel in Art. 6 lit. c ERA – die Akkreditivverpflichtung doch mit einer auf den Auftraggeber gezogenen Tratte erfüllt werden kann.1283 Nicht notwendig ist zudem die Festlegung der Bank(en), bei der oder bei denen das Akkreditiv benutzbar sein soll, also einzulösen ist, weil Art. 6 lit. a ERA insoweit zwei hilfsweise eingreifende Auslegungsregeln bereithält: Danach zählt die eröffnende Bank in jedem Fall dazu: bei Bestimmung einer (anderen) Bank neben dieser und ansonsten, insbesondere wenn gar keine Bank angegeben wird, als eine von „allen“ Banken. Nicht notwendig ist außerdem die Festlegung des Vorlageortes, weil zumindest ein Vorlageort stets gewährleistet ist (bei der eröffnenden Bank), es sich also bei Art. 6 lit. d (ii) ERA ansonsten um bloße Auslegungsregeln handelt, die den Kreis der Banken, bei denen das Akkreditiv benutzbar ist, nur erweitern. Nicht notwendig ist schließlich auch die Festlegung der Fälligkeit,1284 was sich heute bereits aus der Formulierung von Art. 6 ERA ergibt. Insbesondere ist die entstehende Lücke unschwer durch übereinstimmendes dispositives Recht der beteiligten nationalen Rechtsordnungen zu schließen: Das Fehlen einer Fälligkeitsregelung führt zur sofortigen Fälligkeit.1285 Schließlich regelt auch Art. 6 lit. e ERA keine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern nur die Wirkung einer Nichteinhaltung der Verfallsfrist (Anspruchsentfall, weil Ausschlussfrist). 582

b) Verpflichtungsinhalt – Ansprüche (Art. 7 ERA). Der Auftrag verpflichtet die AkkreditivBank (eröffnende Bank) – iZw „unwiderruflich“ – zur Ausführung der im Auftrag vorgesehenen Handlungen (Art. 7 lit. b ERA). Dabei sind als die vier möglichen Pflichteninhalte (Art. 7 lit. a ERA) zu unterscheiden die Pflicht zu sofortiger Zahlung (Sichtzahlung), zur Zahlung zu einem späteren Termin (Nachsichtzahlung),1286 zur Eingehung eines Akzepts zugunsten des Begünstigten und zur Negoziierung, d.h. zum Ankauf eines Wechsels (einer Tratte) zugunsten des Begünstigten. In allen vier Fällen erhält der Begünstigte damit Valuta. Alle vier Inhalte sind dann in (je) zwei Spielarten möglich (vgl. Art. 7 lit. a unter (i) ERA einerseits und unter (ii) bis (v) andererseits). Entweder schuldet die beauftragte Bank (Akkreditiv-Bank, eröffnende Bank) selbst dem Auftraggeber die Eröffnung des Akkreditivs gegenüber dem Begünstigten sowie die Entgegennahme der Dokumente und die Honorierung des durch die Eröffnung entstandenen Zahlungsanspruchs des Begünstigten in einer oder mehreren der genannten vier Pflichtenformen (vgl. Art. 7 lit. a unter (i) ERA und unten Punkt 2.). Dafür können die zur Eröffnung notwendigen Erklärungen durch eine Avisbank überbracht werden.1287 Daneben tritt eine zweite Alternative: Hier nun hat die Akkreditiv-Bank (eröffnende Bank) im Verhältnis zum Auftraggeber („nur“) die Pflicht, eine Korrespondenzbank einzuschalten, die das Akkreditiv gegenüber dem Begünstigten bestätigt, die Dokumente entgegennimmt und den durch Bestätigung entstandenen Zahlungsanspruch des Begünstigten honoriert, dies wiederum mit einer oder mehreren der vier oben genannten Pflichteninhalte (vgl. Art. 7 lit. a unter (ii) bis (v) ERA und unten Punkt 3.). In diesem zweiten Fall hat die Akkreditiv-Bank die Stellung eines Auftraggebers, die bestätigen-

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1282 Baumbach/Hopt (11) Art. 6 ERA Rn 4; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 954; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 82 f.; Liesecke WM 1976, 258 (262) (auch zur insoweit bestehenden Hinweispflicht); Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 128; De Rooy Documentary Credits, S. 35; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/62. 1283 Zwar soll der Auftraggeber aus der Erfüllung der Akkreditivverpflichtung herausgehalten werden, diese Abrede wird jedoch dahin umgedeutet, dass es sich um ein weiteres vorzulegendes Dokument handeln soll: Baumbach/Hopt (11) Art. 6 ERA Rn 3. 1284 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 955. 1285 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 955. 1286 Dazu näher BGH Urt. v. 16.3.1987 – II ZR 127/86, BGHZ 101, 87 = WM 1987, 977. 1287 Zu dieser Konstellation (Art. 9 ERA): Canaris Bankvertragsrecht, Rn 940, 971; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 143–151; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 173–176; Schütze DB 1987, 2189; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 263 f.; und unten Dritter Teil Rn 598–602.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

de Bank als Ausführungspflicht die der Bestätigung und der Entgegennahme und Honorierung der Dokumente.1288 Die eröffnende Bank ist dann freilich bei Ausfall der (zunächst verpflichteten) bestätigenden Bank hilfsweise, d.h. nachrangig verpflichtet (vgl. Formulierung von lit. (ii) bis (v)). Aus dem Auftrag bzw. der Auftragskette allein ergibt sich noch kein Anspruch des Begünstigten gegen die Bank(en) (vgl. Art. 6 und 9 ERA),1289 selbst nicht, wenn der Auftraggeber der Bank bereits Deckung hat zukommen lassen.1290 c) Insbes. Dokumentenstrenge (Art. 4, 6, 7 ERA). Schon für den Auftrag und seine Aus- 583 führung gilt der Grundsatz der Dokumentenstrenge.1291 Danach hat sich die Akkreditiv-Bank streng im Rahmen des formalen Auftrags zu halten.1292 Positivrechtlich ergibt sich dies aus Art. 3, 4 ERA; der tiefere Grund hierfür liegt in der mangelnden Branchenkenntnis des Kreditinstituts, die ausländische Literatur betont insoweit zu Recht auch die Bedürfnisse des internationalen Verkehrs, für den das Instrument geschaffen wurde.1293 Ein einseitiges Abweichen ist der Bank auch dann nicht gestattet, wenn sich der Auftrag aus ihrer Sicht als zweckwidrig darstellt.1294 Der Grundsatz der Dokumentenstrenge zwingt die Parteien des Auftragsverhältnisses auch, die essentialia negotii für die Akkreditiveröffnung bzw. -bestätigung hinreichend exakt zu regeln. Vorher besteht kein wirksamer Akkreditivauftrag (oben Dritter Teil Rn 581), worauf die Bank aufgrund insoweit überlegener Expertise hinzuweisen hat, auch deswegen, weil die möglichen Fehler unabhängig von der jeweils einschlägigen Branche im Wesentlichen die gleichen bleiben (näher unten Dritter Teil Rn 585 f.). d) Lücken und nationales Recht (insbes. Geschäftsbesorgungsrecht). Das Dokumenten- 584 akkreditv ist ein Instrument des internationalen Rechtsverkehrs, entsprechend wichtig ist die Vorfrage nach dem anwendbaren Recht für alle Fragen, die die ERA nicht regeln: Dieses differiert nach den Rechtsverhältnissen: Im Verhältnis zwischen Akkreditiv-Bank und Auftraggeber ist das Sitzrecht der Bank anwendbar, häufig schon kraft Rechtswahl, etwa bei deutschen Banken nach Nr. 6 Abs. 1 AGB-Banken (auch für das Akkreditivgeschäft), andernfalls jedenfalls aufgrund objektiver Anknüpfung.1295 Im Verhältnis zwischen Akkreditiv-Bank einerseits und Korrespondenzbank andererseits, d.h. Zahlstelle, avisierender Bank oder bestätigender Bank, erbrin-

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1288 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 971 f.; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 152 f.; Nielsen BuB Rn 5/486, 5/487 ff.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 192; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 249 f.; Zahn/ Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/150. 1289 I.E. unbestritten RG Urt. v. 1912, Bank-Archiv 1912/13, 193 (194); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 981; Nielsen BuB Rn 5/476; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 197; Ulmer AcP 126 (1926) 257 (274); Ulrich Rechtsprobleme, S. 150; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 262. 1290 Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn K/10; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 981; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 197. 1291 Zu diesem Grundsatz bei Einreichung der Dokumente und Honorierung unten Dritter Teil Rn 612. 1292 Ständige Rspr. seit RG Urt. v. 14.11.1919 – III 235/19, RGZ 97, 144 (148); BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (39); Urt. v. 9.2.1970 – VIII ZR 97/68, WM 1970, 552 (554 f.); Urt. v. 2.7.1984 – II ZR 160/83, WM 1984, 1214 (1215); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 942; Nielsen BuB Rn 5/532, 5/534, eingehend 5/598 ff.; De Rooy Documentary Credits, S. 76; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 162; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/36, dort auch ausf. zu den im Auftrag regelmäßig festgelegten Bestimmungen, aaO Rn 2/35–2/111. 1293 BGH (Fn 1245), WM 1960, 38; BGH. Urt. v. 10.12.1970 – II ZR 132/68, LM § 665 BGB, Nr. 7 (für das Dokumenteninkasso); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 942; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 185; bzw. De Rooy Documentary Credits, S. 115 f.; Stoufflet Crédit documentaire, S. 91. 1294 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 943 (allerdings mit Einschränkung bei nachträglicher Weisung durch den Auftraggeber). Ggf. besteht freilich eine Warnpflicht. 1295 Speziell für das Dokumentenakkreditiv: v. Bar ZHR 152 (1988) 38 (53); Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 266 f.; Kegel GS Schmidt 1966, S. 215 (240); Reithmann/Martiny/Martiny Rn 6.618; De Rooy Documentary Credits, S. 18; Schütze WM 1982, 226 (227); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 300; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/40.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

gen die charakteristische Leitung die Letztgenannten. Deshalb ist nach h.M. auf die Rechtswahlklausel in den AGB der Korrespondenzbank abzustellen;1296 jedenfalls findet ihr Sitzrecht kraft objektiver Anknüpfung Anwendung.1297 Hinsichtlich Sicherungsrechten gilt: Das Recht der Bank, Sicherung zu fordern, das sich die Banken etwa in Nr. 13 Abs. 1 AGB-Banken ausbedingen, beurteilt sich nach dem benannten Auftragsstatut. Dieses gilt auch für die wirksame Entstehung einer Sicherheit, die, wie etwa im Fall des § 273 BGB, keine Wirkung gegen Dritte entfaltet.1298 Andernfalls gilt nach h.M. ein dingliches Statut:1299 bei Orderpapieren, insbesondere den Konnossementen und sonstigen Traditionspapieren als den wichtigsten Dokumenten im Dokumentenakkreditiv-Geschäft, die lex cartae sitae;1300 bei Rektapapieren, da bei diesen keine Drittinteressen ein zwingendes Statut gebieten, wohl eher das Recht des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses, etwa mit dem Versicherer. Für das deutsche (Sach-)Recht geht man meist davon aus, die beauftragte Bank träfe keine 585 Beratungspflicht bei der Gestaltung des Auftrags1301 – auch nicht aus den Grundsätzen des Auftragsrechts, wie sie zwischen einem professionellen Geschäftsbesorger und seinem im relevanten Bereich weniger kundigen Kunden gelten. Dies überzeugt nicht, soweit die Bank solche Aufklärung routinemäßig und ohne spezifische Kenntnis vom Valutaverhältnis leisten kann und zugleich ihr Wissen dem des Kunden überlegen ist und eine Gestaltungsmöglichkeit besteht, die zum Zeitpunkt der Einschaltung der Bank noch zugunsten des Kunden ausgenutzt werden könnte.1302 Im Akkreditivgeschäft muss daher die Bank Fragen, die im Warengeschäft schon entschieden oder mit diesem untrennbar verknüpft sind, nicht überprüfen, wohl aber über Risiken aufklären, die typischerweise dem Dokumentenakkreditivgeschäft innewohnen. Auswirkungen hat die Beratungspflicht besonders hinsichtlich der Spannungen, die sich aus der Anwendbarkeit unterschiedlichen Rechts in den verschiedenen Rechtsbeziehungen ergeben können. Die

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1296 BGH Urt. v. 9.3.1987 – II ZR 238/86, NJW 1987, 1825 (1826); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 2521; Nielsen BuB, Rn 5/506; Otto Allgemeine Geschäftsbedingungen und internationales Privatrecht, 1984, S. 190 f., 193; Reithmann/ Martiny/Martiny Rn 6.610 ff.; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 1/32, 1/33. 1297 OLG Frankfurt (Fn 1237), WM 1988, 254; (256); Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 272 f.; Lücke Das Dokumentenakkreditiv, S. 270; Schütze WM 1982, 226 (228); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 298–300; Kegel GS Schmidt 1966, S. 215 (240) (Aufgliederung der gegenseitigen Leistungen). 1298 Rechtsvergleichende Übersichten bei: Heinrich Rechtsvergleichende Aspekte der Verrechnung als Kreditsicherheit, SchwZW 1990, 266 (267 f.); Magnus Zurückbehaltungsrechte und internationales Privatrecht, RabelsZ 38 (1974) 440 (441–443); Sailer Gefahrübergang, Eigentumsübertragung, Verfolgungs- und Zurückbehaltungsrecht beim Kauf beweglicher Sachen im internationalen Privatrecht, 1966, S. 149. 1299 Drobnig/Kronke Die Anerkennung ausländischer Mobiliarsicherungsrechte nach deutschem internationalen Privatrecht, in: Deutsche zivil-, kollisions- und wirtschaftrechtliche Beiträge zum X. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung, 1978, 91 (95); MünchKommBGB/Wendehorst Art. 43 EGBGB, Rn 84 f.; Sailer (vorige Fn) S. 140 f., 150 f. 1300 RG 28.10.1932 – VII 141/32, IPRspr. 1933 Nr. 20; MünchKommBGB/Wendehorst Art. 43 EGBGB, Rn 198 f.; v. Nayhauss Cormons Die Warenwertpapiere im internationalen Privatrecht der Schweiz, insbesondere beim Lagervertrag, unter Berücksichtigung der Regelung in den Nachbarländern und internationalen Abkommen, 1977, S. 81 f. 1301 Canaris Bankvertragsrecht, Rn 966; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 595; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 68 f.; Nielsen Grundlagen, S. 57; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/112. 1302 In solchen Fällen darf die Bank zwar von Weisungen des Kunden nicht abweichen, hat aber eine Benachrichtigungspflicht. Vgl. nur im Rahmen von § 665 BGB: BGH Urt. v. 4.2.1960 – VII ZR 8/59, VersR 1960, 491 (492); OLG Düsseldorf Urt. v. 23.1.1975 – 12 U 75/74, WM 1975, 435; MünchKommBGB/Schäfer § 665 Rn 1 ff.; Hopt Nichtvertragliche Haftung außerhalb von Schadens- und Bereicherungsausgleich, AcP 183 (1983) 608 (705–708); Kohls Die vorvertragliche Informationshaftung nach dem Recht der B.R. Deutschland, der U.S.A. und Englands – am Beispiel der Lead Bank eines Kreditkonsortiums, 1990, S. 24 („Garantenstellung qua fachlicher/sachlicher Mehrkompetenz“); und speziell für die Beratungspflicht hinsichtlich der günstigsten Gestaltungsform bei abstrakten Zahlungsverpflichtungen im Außenhandel-Zahlungsverkehr: v. Mettenheim Die mißbräuchliche Inanspruchnahme bedingungsloser Bankgarantien, RIW 1981, 581 (585); auch Langenbucher/Bliesener/Spindler/ Segna 10. Kapitel Rn 17 (immerhin „Schlüssigkeitsprüfung“); tendenziell wie hier (auf der Grundlage des eigentlich restriktiveren englischen Rechts): aus britischer und vergleichender Sicht etwa Ellinger/Neo Letters of credit, S. 90 f.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Anwendbarkeit verschiedener Rechte beeinträchtigt die Interessen der Banken wenig, da sie Kosten aufgrund der Aufwendungsersatzansprüche jeweils auf den Kunden verlagern können und ihr Provisionsanspruch sich jeweils nach ihrem eigenen Recht beurteilt.1303 Letztbetroffen ist der Akkreditiv-Auftraggeber. Mit dem Begünstigten ist dieser durch ein Rechtsverhältnis verbunden, in dem die Frage, ob er die Herauslegung eines unabhängigen Zahlungsversprechens schuldet, nach seinem Recht zu beurteilen wäre.1304 Dies gilt insbesondere für die Frage, unter welchen Voraussetzungen er gegen den Begünstigten und dessen abstrakten Zahlungsanspruch den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben kann – praktisch wohl die wichtigste, jedenfalls die am intensivsten diskutierte Frage, die jedoch in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich beantwortet wird.1305 Würde die eröffnende Bank jeweils allein tätig, so wäre ebenfalls ausschließlich das (gemeinsame) Recht des Auftraggebers (und der eröffnenden Bank) anzuwenden.1306 Dieses Recht wird dem Auftraggeber aber durch Einschaltung weiterer Kreditinstitute im Ausland, die unzweifelhaft nach ihrem Recht agieren, genommen. Diese Gefahr hat die Akkreditiv-Bank dem Kunden darzulegen und, auf entsprechenden Auftrag hin, durch Aufnahme einer Rechtswahlklausel auch im Verhältnis zum Begünstigten auszuräumen. Neben die Beratungspflicht tritt die Pflicht, den übernommenen Auftrag im Interesse 586 des Auftraggebers auszuführen, wobei dieses Interesse einseitig vom Auftraggeber umrissen wird.1307 Daher hat die Bank, stets wenn sie dem Begünstigten gegenüber den Einwand des Rechtsmissbrauchs hat, dem Auftraggeber gegenüber die Pflicht, diesen Einwand auch zu erheben1308 – falls der Auftraggeber dies (ggf. auch stillschweigend) wünscht. Selbst die Gefahr, den Prozess zu verlieren, würde hieran grundsätzlich nichts ändern, denn der Beauftragte kann Vorschuss bzw. Aufwendungsersatz verlangen und muss deshalb dem Interesse des Auftraggebers den Vorrang einräumen. Dies gilt freilich nicht bei schützenswertem Interesse der Bank, namentlich im Hinblick auf ihr Standing. Jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt hat man die Pflicht der Bank dem Auftraggeber gegenüber, sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs zu berufen, auf die Fälle zu beschränken, in denen der Bank hierfür liquide Beweismittel zur Verfügung stehen.1309 Umgekehrt bleibt ihr Aufwendungsersatzanspruch bestehen, wenn sie im Ausland nach dort geltendem Recht solch eine Einwendung gegen den Zahlungsanspruch nicht geltend machen kann. 2. Akkreditiveröffnung – Verhältnis eröffnende Bank zum Begünstigten (Zuwendungs- 587 verhältnis) (Art. 6, 7 ERA). Wie schon im Verhältnis der Akkreditiv-Bank zum Auftraggeber, regeln die ERA auch für Fragen der Eröffnung und Bestätigung des Akkreditivs dem Begünstigten gegenüber die charakteristische Hauptpflicht, in diesem Fall auch wichtige Entstehungsvor-

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1303 In den Auftragsverhältnissen gilt jeweils das Recht des Beauftragten: vgl. oben Dritter Teil Rn 575. 1304 Vgl. oben Dritter Teil Rn 575. 1305 Dazu rechtsvergleichend: Angersbach Beiträge, S. 142 f.; Lücke Das Dokumentenakkreditv, S. 201–218 (auch zur prozessualen Durchsetzung); De Rooy Documentary Credits, S.116–119; vgl. auch Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 231 ff. (zur Gesamtproblematik), S. 327 (China), S. 231, 330 ff. (USA). 1306 Vgl. oben Dritter Teil Rn 575. 1307 So speziell für das Dokumentenakkreditiv: Ulmer AcP 126 (1926) 257 (304). 1308 LG Frankfurt Urt. v. 11.12.1979 – 10 O 123/79, WM 1981, 284 (286); LG Aachen Urt. v. 10.2.1987 – 41 O 251/86, WM 1987, 499 (501); Borggrefe Akkreditiv, S. 67; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1024; Lücke Dokumentenakkreditiv, S. 201 f.; Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S. 131 f.; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 159; nur eingeschränkt: Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/340; zweifelnd: Ulmer AcP 126 (1926) 257 (304 f.); Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 235 f. erlaubt Banken „z.B. zur Pflege ihrer internationalen Reputation“ auf rechtsmissbräuchliche Anforderungen zu leisten (aber ohne Erstattungsanspruch). Zur entsprechenden, dort stark umstrittenen Frage bei Bankgarantien: Horn Die neuere Rechtsprechung zum Mißbrauch von Bankgarantien im Außenhandel, IPRax 1981, 149 (150, 153). 1309 Im Verhältnis zum Auftraggeber praktisch unbestritten. Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1024; Lücke Dokumentenakkreditiv, S. 201 f. („einhellige Ansicht“); Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S.131 f.; Schlegelberger/ Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 227; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 159; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 235 f.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

aussetzungen. Ausgenommen ist wiederum die Rechtsgeschäftslehre, für die auch hier das anwendbare nationale Recht heranzuziehen ist. a) Abstraktes Zahlungsversprechen. Die Eröffnung des unwiderruflichen Akkreditivs gegenüber dem Begünstigten, möglicherweise übermittelt durch eine Avis-Bank, begründet für diesen einen Zahlungsanspruch gegen die eröffnende Bank (Art. 7 lit. a ERA). Die Eröffnung enthält also ein – abstraktes – Zahlungsversprechen: Der Anspruch ist vom Deckungs- oder Valutaverhältnis unabhängig (abstrakt)1310 und durch die Einreichung der in der Eröffnung genannten Dokumente aufschiebend bedingt.1311 Die Unwiderruflichkeit muss heute (nicht mehr) vereinbart werden, sie stellt ausdrücklich den Regelfall dar – wie auch in der Praxis.1312 Die allgemeinen Fragen der Rechtsgeschäftslehre bei Vertragsschluss regelt das nach dem Kollisionsrecht des Forums berufene Sachrecht.1313 Deutsches Sachrecht qualifiziert insoweit das Geschäft als Vertrag (§ 780 BGB), der durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt.1314 Entsprechendes gilt für die Bestätigung des Akkreditivs durch eine Korrespondenzbank der Akkreditiv-Bank (Art. 8 ERA, vgl. unten Punkt 3.).1315 Für die Formvoraussetzungen, insbesondere die Essentialia negotii, gilt das zu Art. 6 ERA Gesagte (Dritter Teil Rn 579–581). Auch für die Eröffnung bzw. die Bestätigung gilt der Grundsatz der Dokumentenstrenge 589 (Art. 4, 6, 7, 14 ff. ERA).1316 Doch lassen sich alle Probleme insoweit entweder der im Verhältnis zum Auftraggeber geschuldeten Ausführungspflicht zuordnen (oben Punkt 1.) oder der Frage, welche Dokumente die Bank bei Honorierung entgegennehmen darf bzw. muss (Art. 14 ff. ERA, vgl. dort).

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b) Rechtshindernde Einreden (Einwendungen) – Verweis. Zu den Hauptcharakteristika der Anwendung der ERA in Deutschland zählt die ausdifferenzierte und – im Rechtsvergleich – (ungewöhnlich) weitreichende Einwendungslehre. Diese freilich hängt so eng mit den Prüfpflichten bei Dokumentenvorlage zusammen, dass sie – obwohl sie den hier erörterten Zah-

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1310 Zur Abstraktheit von Valuta- und Deckungsverhältnis (Nichtakzessorietät) bereits oben Dritter Teil Rn 572– 575. Durch die ERA (Art. 3, 4, 7 lit. a ERA) ausgeschlossen ist insbesondere eine Berufung auf ein fehlendes Grundverhältnis (i.E. unbestritten, meist unter Herleitung aus § 780 BGB): ständige Rechtsprechung seit RG Urt. v. 16.2.1923 – II 24/22 RGZ 106, 304 (307); BGH Urt. v. 1.4.1955 – I ZR 123/53, WM 1955, 765 (767); BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (41); BGH Urt. v. 21.3.1973 – VIII ZR 228/71, BGHZ 60, 262 (264); v Bar ZHR 152 (1988) 38 (42); Canaris Bankvertragsrecht Rn 984; Nielsen BuB Rn 5/492 (mwN); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 198; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 256–260; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/132; rechtsvergleichend zur Abstraktheit des Anspruchs: De Rooy Documentary Credits, S. 87–107; ausführlich vergleichend zum Rechtsmissbrauchseinwand: Ellinger/Neo Letters of credit, S. 139–174. Ausgeschlossen ist auch etwa im angloamerikanischen Rechtsraum die Berufung auf fehlende „consideration“: v. Caemmerer JZ 1959, 362 (364) (Urteilsanmerkung); de Rooy Documentary Credits, S. 106 („beyond any doubt“); Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 69–91 (unter Hinweis auf Sec. 5–114, 105 U.C.C.). 1311 BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (41) (implizit: durch Dokumenteneinreichung „wird die Leistungspflicht … begründet“); Canaris Bankvertragsrecht, Rn 990; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 213. 1312 Vgl. dazu Baumbach/Hopt (11) Art. 3 ERA Rn 3; und zur früheren Ausgestaltung der ERA: Canaris Bankvertragsrecht Rn 988; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 129 f. 1313 Oben Dritter Teil Rn 575. 1314 BGH (Fn 1310), WM 1955, 765 (767); BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (41); BGH (Fn 1310), BGHZ 60, 262 (264); Borggrefe Akkreditiv, S. 24; Canaris Bankvertragsrecht Rn 982 f.; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 41 f.; Nielsen BuB Rn 5/492; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 198 f.; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 262 f.; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/132, 2/133; aA (einseitiges Rechtsgeschäft) etwa Rückert Verpflichtungen, S. 39 f.; Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S. 80. 1315 Canaris Bankvertragsrecht Rn 987 (Abstraktheit; Charakterisierung als Vertrag), 990 (aufschiebende Bedingtheit); einschränkend demgegenüber: Nielsen Grundlagen, S. 24. Zur Abgrenzung von der bloßen Avisierung einer Eröffnung durch die Akkreditiv-Bank: Canaris Bankvertragsrecht Rn 986; Liesecke WM 1966, 458 (462); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 200. 1316 BGH Urt. v. 9.1.1958 – II ZR 146/56, WM 1958, 291 (292); BGH (Fn 1292), WM 1970, 552 (554 f.); Urt. v. 4.10.1984 – III ZR 102/83WM 1984, 1443 (1443 f.); Canaris Bankvertragsrecht Rn 962; Nielsen BuB Rn 5/532; Schlegelberger/ Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 181; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/215 bis 2/218.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

lungseinspruch entfallen lässt – besser im Kontext der Dokumentenvorlage behandelt wird (vgl. unten Dritter Teil Rn 621–630). c) Hemmung durch Zahlstellenabrede. Während grundsätzlich Zahlungsansprüche aus 591 dem Akkreditiv unabhängig voneinander sind und in Anspruchskonkurrenz zueinander stehen (vgl. etwa Art. 10 lit. b ERA),1317 ist die Zahlstellenabrede iZw dahingehend zu verstehen, dass andere Zahlungsansprüche aus dem Akkreditiv gehemmt sein sollen (so auch das Modell der Art. 7 lit. a unter (ii) bis (v) ERA). Der Begünstigte hat primär gegen die Zahlstelle vorzugehen, gleichgültig ob er gegen diese einen selbständigen Zahlungsanspruch hat,1318 d.h. diese auch bestätigende Bank ist, oder nicht.1319 d) Pflichteninhalt und Pflicht zur Remboursierung eingeschalteter Banken – Verwei- 592 se. Der Pflichteninhalt wurde bereits für das Verhältnis zum Auftraggeber beschrieben, in dem festgelegt wird, welches Akkreditiv mit welchem Pflichteninhalt die eröffnende Bank herauslegen soll (vgl. oben Dritter Teil Rn 582). Außerdem regelt Art. 7 die Pflicht zur Remboursierung von Banken, die die eröffnende Bank einschaltet und die das Akkreditiv honorieren (lit. c). Die ausführlichere Regelung findet sich freilich in Art. 13 ERA, dort wird der Fragenkreis im Verbund erörtert (vgl. unten Dritter Teil Rn 610. 611). e) Lücken und nationales Recht. Im Verhältnis der Bank(en) zum Begünstigten sind na- 593 tionale Regeln für die Rechtsgeschäftslehre heranzuziehen (dazu schon Dritter Teil Rn 588), desgleichen für die sehr wichtige Einwendungslehre (dazu unten Dritter Teil Rn 621–630), nicht zuletzt jedoch auch für Leistungsstörungen bei den Nebenpflichten: Zwar kann der Begünstigte aus dem Auftragsverhältnis (noch) keine vertraglichen Ansprüche auf die Hauptleistung ableiten (Art. 6 ERA). Dies schließt jedoch nicht die Haftung für die Verletzung einer Nebenpflicht, insbesondere für Fehler bei der Avisierung, aus.1320 3. Verpflichtung der bestätigenden Bank (Zuwendungsverhältnis) (Art. 8 ERA) a) Abstraktes Zahlungsversprechen (lit. b) und Ablehnung der Bestätigung (lit. d). 594 Art. 8 ERA regelt die Verpflichtung einer bestätigenden Bank, strukturell in erheblicher Parallelität zu Art. 7 ERA und der dort beschriebenen Verpflichtung der eröffnenden Bank. Es handelt sich wiederum um eine „unwiderrufliche“ Verpflichtung, namentlich ein abstraktes Zahlungsversprechen – wie der Anspruch gegen die eröffnende Bank. Das dort Gesagte gilt entsprechend (oben Dritter Teil Rn 588–590), nur liegt bei der Bestätigung die Willenserklärung der verpflichteten Bank nicht schon in der Herauslegung des Akkreditivs, sondern in einem gesondert erklärten Schuldbeitritt.1321 Insgesamt hat die benannte Bank drei Handlungsoptionen, zunächst diejenige, den Schuldbeitritt zu erklären.

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1317 Gesamtschuld i.S.v. § 421 ff. BGB: Canaris Bankvertragsrecht Rn 987; Liesecke WM 1976, 258 (260); Nielsen BuB Rn 5/578; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 211; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 249 f.; aA Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S. 117 f. (Vorrang der Zahlungspflicht der bestätigenden Bank). 1318 Baumbach/Hopt (11) Art. 7 ERA Rn 1 (allgemein); v. Bar, ZHR 152 (1988) 38 (42); Canaris Bankvertragsrecht Rn 987; Nielsen BuB Rn 5/564, 5/581; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/93 Fn 95; sowie – ohne Differenzierung – Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 163. 1319 Baumbach/Hopt (11) Art. 7 ERA Rn 1 (allgemein); Nielsen BuB Rn 5/564, 5/581; sowie – ohne Differenzierung – Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 163; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/93. 1320 Dazu näher Ellinger/Neo Letters of credit, S. 180 f. Vgl. auch einen Spezialfall solch einer Haftung in Art. 11 lit. b ERA. 1321 Zu diesem näher etwa Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 613; Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 27.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

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Diesen kann die benannte Bank jedoch auch ablehnen – wenn sie sich vorher nicht zur Annahme verpflichtet haben sollte, etwa in einer laufenden Geschäftsbeziehung der eröffnenden Bank gegenüber. Bei Ablehnung hat sie freilich die eröffnende Bank unverzüglich hiervon zu benachrichtigen (lit. d), um dieser zu ermöglichen, ggf. eine andere Zahlstelle am Standort des Begünstigten zu finden. Schließlich kann sich die benannte Bank auch dazu entscheiden, das Akkreditiv „nur“ zu avisieren – muss auch dies freilich nicht – und hat dann die Pflichten einer avisierenden Bank (Art. 9 ERA, unten Dritter Teil Rn 598 f).

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b) Paralleler Pflichteninhalt wie bei Akkreditiveröffnung (lit. a). Auch der Pflichteninhalt ist für die bestätigende Bank – wenn sie bestätigt hat – parallel zu dem der eröffnenden Bank geregelt: Wieder sind vier Pflichteninhalte möglich (Art. 9 lit. a ERA) und dies wieder in (je) zwei Spielarten: als eigene primäre Verpflichtung zur sofortigen Zahlung (Sichtzahlung), zur Zahlung zu einem späteren Termin (Nachsichtzahlung),1322 zur Eingehung eines Akzepts zugunsten des Begünstigten (alles unter lit. (i) a)) und zur Negoziierung (lit. ii), oder aber als nachrangige Verpflichtung unter Einschaltung eines anderen Instituts, das vorrangig eine dieser vier Verpflichtungsinhalte übernimmt (alles unter lit. (i) b) bis e)).1323

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c) Pflicht zur Remboursierung eingeschalteter Banken (lit. c). Die bestätigende Bank hat, wenn sie die zweite Variante wählt und vorrangig ein weiteres Institut einschaltet, vergleichbare Remboursierungspflichten gegenüber dem eingeschalteten Institut wie die eröffnende Bank ihr gegenüber von ihr eingeschalteten Instituten (lit. c; vgl. Art. 7 lit. c i.V.m. Art. 13 ERA; zum Rembours näher unten Dritter Teil Rn 610, 611). 4. Avisierung („Zugang“) und (Inhalts-)Änderungen (Art. 9–11 ERA)

a) Avisierung – Gesamtgefüge der Pflichten (Art. 9 ERA). Eine avisierende Bank kann – wie eine bestätigende Bank – von der eröffnenden Bank eingeschaltet werden, ohne dass sie zuvor konsultiert wurde und zugestimmt hat. Nimmt die avisierende Bank an, so hat sie zwei Hauptpflichten: Sie hat das Akkreditiv zu avisieren (lit. a) und sie hat dabei eine Echtheitsprüfung vorzunehmen (lit. b), bei Zweifeln hat sie Nachfragepflichten (lit. f). Dieser Pflichtenzuschnitt ist dem Umstand geschuldet, dass das Akkreditiv gerade Sicherheit bei Distanzgeschäften im internationalen Rechtsverkehr herstellen soll. Schweigen ist grds. nicht als Annahme zu verstehen,1324 macht jedoch i.d.R. schadensersatzpflichtig: 599 Denn übernimmt die angegebene Bank die Avisierungsverpflichtung nicht, hat sie – wie die bestätigende Bank bei Nichtannahme – eine Pflicht, dies unverzüglich anzuzeigen (lit. e), widrigenfalls sie den Vertrauensschaden zu tragen hat.1325 Ergänzt werden diese Regeln durch zwei zur Frage, wie mit einer Mehrheit von avisieren600 den Banken umzugehen ist: Einerseits darf die avisierende Bank delegieren, also eine zweite (und weitere) avisierende Bank(en) einschalten und haftet daher auch für diese (lit. c). Andererseits hat jede Bank, die eine andere zur Avisierung bzw. zu einer zweiten oder weiteren Avisierung einschaltet, immer dieselbe einzuschalten (lit. d). Dies soll widersprüchliche Weitergaben an den Begünstigten verhindern (Kette erlaubt, nicht verschiedene Arme).1326 598

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1322 Dazu näher BGH (Fn 1286) BGHZ 101, 52. 1323 Näher dazu oben Dritter Teil Rn 582. 1324 Baumbach/Hopt (11) Art. 9 ERA Rn 5; Ellinger/Neo Letters of credit, S. 178 f.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 26; aA Canaris Bankvertragsrecht Rn 972 (§ 362 HGB); tendenziell evtl. auch BankR-HdB/Jäger/Haas § 120 Rn 141. 1325 Baumbach/Hopt (11) Art. 9 ERA Rn 5. 1326 Baumbach/Hopt (11) Art. 9 ERA Rn 4.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

b) Avisierung – Hauptpflichten (Art. 9 lit. a, b, f ERA). Die erste Hauptpflicht der avisie- 601 renden Bank – im Falle einer Verpflichtung gegenüber der eröffnenden Bank, etwa durch Annahme – ist die Pflicht, das Akkreditiv dem Begünstigten zu avisieren (lit. a). Dabei handelt es sich zwar rechtstechnisch um eine reine Botenschaft, damit wird dem Begünstigten jedoch zugleich eine professionelle Unterstützung zur Seite gestellt (nächste Rn). Mit der Avisierung übernimmt die avisierende Bank dem Begünstigten gegenüber jedoch nicht zugleich eine Zahlungsverpflichtung, falls sich nicht aus den Umständen ein anderer Erklärungsinhalt ergibt.1327 Grundsätzlich ist also die avisierende Bank nicht auch bestätigende Bank. Zentral für die avisierende Bank ist eine zweite (Haupt-)Pflicht, die Prüfungspflicht (lit. b). 602 Erst sie verschafft dem Begünstigten mehr Sicherheit als die bloße Übermittlung, die auf Grund heutiger Kommunikationsmittel anders leichter möglich wäre. Mit dem Avis schildert die Avisbank zum einen die Bedingungen im Dokumentenakkreditiv, die für den Begünstigten, insbesondere für die Dokumentenvorlage, maßgeblich sind,1328 ggf. erklärt sie diese auch. Zum anderen erklärt die avisierende Bank auch, dass sie die Echtheit des Akkreditivs mit der gebotenen Sorgfalt geprüft hat und für gegeben hält.1329 Diese Form einer Authentifizierung des (abstrakten) Zahlungsanspruches gegen die (eröffnende) Bank – wie sie jeder Kartenzahlung heute inhärent ist – war zu dem Zeitpunkt, als das Dokumentenakkreditiv entwickelt wurde, bei keinem anderen Zahlungsinstrument vergleichbar zu finden. Hat die avisierende Bank die Echtheit nicht prüfen können oder verbleiben Echtheitszweifel, hat sie dies der eröffnenden Bank (oder der vorangegangenen Avisbank) mitzuteilen (lit. f 1. Alt.), desgleichen jedoch dem Begünstigten (lit. f 2. Alt.), wenn die Zweifel nicht durch die Rückfrage ausgeräumt wurden. c) Änderungen im Verpflichtungsumfang des Akkreditivs (Art. 10 ERA). Art. 10 ERA 603 regelt die Voraussetzungen, unter denen von einem Beteiligten vorgeschlagene Änderungen den anderen Beteiligten gegenüber wirksam werden, aber auch Benachrichtigungspflichten hinsichtlich der jeweiligen Entscheidung (Zustimmung oder Ablehnung). Grundsätzlich ist nach Art. 10 ERA für das Wirksamwerden einer Änderung im jeweiligen Verhältnis die Zustimmung des jeweils Betroffenen nötig, und wird durch die Unterbreitung eines Änderungsvorschlags, solange er nicht angenommen wurde, die Wirksamkeit der ursprünglichen Fassung nicht berührt (lit. a). Die Änderung, die in der Übertragung des Akkreditivverhältnisses als Ganzem liegt, ist gesondert geregelt (Art. 38 ERA, dazu unten Dritter Teil Rn 640). Für die Frage nach der Zustimmungserklärung unterscheidet die Klausel nach verschiedenen Betroffenen: Verpflichtete Banken (die eröffnende oder die bestätigende Bank) nehmen den Ände- 604 rungsvorschlag jede für sich durch Avisierung der Zustimmung an (lit. b), wobei Schweigen Zustimmung nicht gleichkommt (lit. f). Nach Personen kann eine Änderung also durchaus getrennt sein, wenn ein Änderungsvorschlag von einem Beteiligten angenommen wird, von einem anderen hingegen nicht. Umgekehrt kann die Änderung in ihrer sächlichen Regelung jedoch nicht aufgespalten werden: Ein Änderungsvorschlag kann nur gänzlich angenommen oder aber abgelehnt werden (lit. e). Jede Bank „soll“ der oder den anderen – genauer derjenigen Bank, die ihr den Änderungsvorschlag übermittelte – Nachricht von ihrer Entscheidung geben, sobald sie sie einem anderen Betroffenen, namentlich dem Begünstigten, mitteilt, d.h. sobald die Entscheidung auch wirksam wird. Denn dann müssen sich die anderen Banken auch darauf

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1327 Baumbach/Hopt (11) Art. 9 ERA Rn 1; BankR-HdB/Jäger/Haas § 120 Rn 141; Ellinger/Neo Letters of credit, S. 178 f. Zur sog. „stillen Bestätigung“ OLG Frankfurt/M. Urt. v. 5.5.2010 – 17 U 261/09, WM 2010, 1405; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 613. 1328 Hierzu Ellinger/Neo Letters of credit, S. 180 f. Im englischen Sprachgebrauch wird die vor allem den Begünstigten beratende Funktion schon insoweit deutlicher als die Avisbank als „advising bank“ benannt wird, ausf. zur Rechtsstellung Schütze DB 1987, 2189. 1329 Hierzu Ellinger/Neo Letters of credit, S. 178 f.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 25.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

einstellen, wie etwa der Begünstigte jetzt seine Ansprüche in den verschiedenen Verhältnissen geltend machen wird, etwa Dokumente vorlegt. Der Begünstigte unterliegt diesem Benachrichtigungs-„gebot“ (lit. d) nicht, dem Grund605 satz, dass ein Änderungsvorschlag nur als Ganzer angenommen werden kann (lit. e), hingegen durchaus. Eigen ist auch die Regelung für seine Zustimmung (lit. c): Auch für den Begünstigten gilt, dass Schweigen keine Zustimmungswirkung entfaltet (lit. f). Freilich wird der (ändernde) Vertragsschluss in drei Punkten besonders gestaltet: Grundsätzlich unterliegt der Begünstigte keiner Annahmefrist, sondern bleibt das Änderungsangebot solange eröffnet, als er nicht abgelehnt hat (S. 1) – obwohl er angehalten wird, seine Entscheidung mitzuteilen (S. 2, „sollte“). Auch eine Zustimmung entfaltet Änderungswirkung erst mit Avisierung auch derjenigen Bank, die ihm den Änderungsvorschlag avisiert hat (S. 1). Schließlich wird von (konkludenter) Zustimmung ausgegangen, wenn der Begünstigte der Änderung zwar nicht zustimmt, jedoch die Dokumente vorlegt, die gemäß dem geänderten Akkreditiv notwendig wären (S. 3, 4). 606

d) Eilformen: Telekommunikation und Voravis (Art. 11 ERA). Art. 11 ERA regelt Eilformen: in lit. a das Verhältnis zwischen einer Übermittlung von Akkreditiv oder Änderung durch authentizierte Telekommunikation mit nachfolgender Übermittlung des Originals, wobei erstere als die verbindliche Fassung gesehen wird, wenn nicht ausdrücklich auf das erst noch eintreffende Original verwiesen wird; und in lit. b ein Voravis, das nicht übereilt, sondern erst dann erteilt werden soll, wenn die Entscheidung bei der eröffnenden Bank über das Akkreditiv oder die Änderung auch bereits endgültig ist. Denn letztere haben sich, wenn ein Voravis versandt wird, mit diesem zu decken.

5. Einschaltung weiterer Banken – Nominierung und (bloße) Ermächtigungswirkung (Art. 12 ERA). Neben die Rollen als bestätigende oder als avisierende Bank tritt eine dritte Rolle, die Art. 12 ERA regelt, der sich freilich mit Art. 8 ERA (zur bestätigenden Bank) überschneidet: Wird eine Bank „benannt“, kann auch sie wählen, ob sie bestätigt, d.h. selbst ein (Zahlungs-)Versprechen dem Begünstigen gegenüber abgibt (Art. 12 lit. a ERA – was freilich auch die „bestätigende“ Bank i.d.R. noch muss, vgl. oben Dritter Teil Rn 594 f.). Solchermaßen gilt für beide gleichermaßen, dass die Benennung im Akkreditiv (als benannte oder als bestätigende Bank) noch keine Verpflichtungswirkung begründet. Der Unterschied in der Ausgestaltung der Verpflichtungserklärung liegt primär darin, dass die „nur benannte“ Bank auch der eröffnenden Bank diese mitteilen muss,1330 während die Verpflichtungserklärung einer „bestätigenden“ Bank von der eröffnenden Bank gleichsam bereits „vorausgeplant“ war und daher auch nicht nochmals mitgeteilt werden muss. Dem Begünstigten gegenüber wird die Verpflichtung jedoch gleichermaßen durch abstraktes Zahlungsversprechen begründet (vgl. daher oben Dritter Teil Rn 594 f.). Die Hauptwirkung der „Benennung“ einer Bank im Akkreditiv (durch die eröffnende Bank) 608 liegt denn auch in der Legitimationswirkung (lit. b). Die benannte Bank ist ermächtigt, alle Pflichten aus dem Akkreditiv zu erfüllen und hierfür – wie eine bestätigende Bank – Remboursierung zu verlangen.1331 Sie kann die Pflichten sogar vor Fälligkeit erfüllen (2. Halbsatz).1332 607

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1330 Freilich ist wohl auch die Erklärung allein dem Begünstigenden gegenüber wirksam und entfaltet Bindungswirkung. 1331 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 598. Zum Inhalt des Remboursierungsanspruchs vgl. unten Dritter Teil Rn 610, 611. 1332 AGB-rechtliche Bedenken („überraschend“, wohl für den Auftraggeber) bei BankRHdB/Jäger/Haas § 120 Rn 177; Nielsen WM 2009, 479; Blesch/Lange/Keßler Bankgeschäfte mit Auslandsbezug, 2007, Rn 661. Auf der Grundlage der hier vertretenen Meinung zur AGB-Kontrolle greifen diese Bedenken offensichtlich nicht durch, sie werden freilich auch von Vertretern der herkömmlichen Lehre nicht geteilt: vgl. Ellinger/Neo Letters of credit, S. 186 f.; wohl auch Baumbach/Hopt (11) Art. 12 ERA Rn 2.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Solch eine Legitimationswirkung wird man freilich auch für die „bestätigende“ Bank anzunehmen haben, wenn sie nicht bestätigt. Sie ist dann zumindest „benannte“ Bank.1333 Das Verhältnis zwischen beiden Situationen (Verpflichtungsübernahme und bloße Legiti- 609 mationswirkung) klärt lit. c, indem er der bloßen Entgegennahme, Prüfung und Weiterleitung nicht die Wirkung einer Verpflichtungserklärung beilegt. Die benannte Bank ist primär legitimiert, stimmt sie auch ihrer eigenen Verpflichtung zu, so muss dies deutlich zum Ausdruck kommen und nicht (konkludent) durch eine Handlung, die sie auch allein auf der Grundlage der Ermächtigung vornehmen kann.

V. Rembours im Interbankenverhältnis (Art. 13 ERA) Artikel 13 Bank-zu-Bank Remboursvereinbarungen a)

b)

c)

Wenn ein Akkreditiv bestimmt, dass Rembours seitens der nominierten Bank („Rembours beanspruchende Bank“) durch Anforderung bei einer anderen Partei („Remboursbank“) erlangt werden soll, muss das Akkreditiv angeben, ob der Rembours den ICC-Regeln für Bank-zu-Bank Rembourse unterliegen soll, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs in Kraft sind. Wenn ein Akkreditiv nicht angibt, dass der Rembours den ICC-Regeln für Bank-zu-Bank Rembourse unterliegt, gilt Folgendes: i. Eine eröffnende Bank muss der Remboursbank eine Remboursermächtigung erteilen, die mit der Benutzbarkeit des Akkreditivs in Einklang steht. Die Remboursermächtigung sollte kein Verfalldatum tragen. ii. Von einer Rembours beanspruchenden Bank soll nicht verlangt werden, der Remboursbank eine Bestätigung über die Erfüllung der Akkreditiv-Bedingungen zu übermitteln. iii. Eine eröffnende Bank haftet für jeglichen Zinsverlust sowie jegliche Auslagen, wenn der Rembours von der Remboursbank nicht auf erstes Anfordern gemäß den Akkreditiv-Bedingungen geleistet wird. iv. Die Spesen der Remboursbank gehen zu Lasten der eröffnenden Bank. Wenn jedoch die Spesen zu Lasten des Begünstigten gehen, liegt es in der Verantwortung der eröffnenden Bank, einen entsprechenden Hinweis in das Akkreditiv und die Remboursermächtigung aufzunehmen. Wenn die Spesen der Remboursbank zu Lasten des Begünstigten gehen, müssen sie bei Leistung des Rembourses von dem an die Rembours beanspruchende Bank zu zahlenden Betrag abgezogen werden. Wenn kein Rembours geleistet wird, bleibt die eröffnende Bank für die Spesen der Remboursbank haftbar. Eine eröffnende Bank wird von ihren Verpflichtungen zur Remboursleistung nicht befreit, wenn die Remboursbank nicht auf erstes Anfordern Rembours leistet.

Die eröffnende Bank und die bestätigende Bank haben eine – parallel gestaltete – Pflicht, 610 nachgeschaltete Banken zu remboursieren: Die eröffnende Bank hat die benannte Bank, die erfüllt, zu remboursieren – unabhängig davon, ob die benannte Bank sich durch eigenes Zahlungsversprechen dem Begünstigten gegenüber verpflichtet hat oder nur von der Legitimationswirkung nach Art. 12 lit. b ERA Gebrauch gemacht hat (Art. 7 lit. c ERA). Gleiches gilt selbstverständlich gegenüber der bestätigenden Bank. Freilich ist der Rembours erst fällig zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch aus dem Akkreditiv zu erfüllen war – auch wenn er vorher erfüllt wurde (S. 2). Rechtskonstruktiv handelt es sich um einen Aufwendungsersatzanspruch, der allein schon auf Grund der Beauftragung im Innenverhältnis und (tatsächlich getätigten) Aufwendung im Außenverhältnis entsteht (wie § 670 BGB).1334 Gleiches wie im Verhältnis zwischen eröffnender Bank und benannter bzw. bestätigender Bank gilt im Verhältnis zwischen bestätigender Bank und weiteren von dieser eingeschalteten Banken, wenn diese wiederum erfüllt haben (vgl. – wortgleich – Art. 8 lit. c ERA).

_____ 1333 1334

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Ebenso Ellinger/Neo Letters of credit, S. 182 f.; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 598. Ebenso BankRHdB/Jäger/Haas § 120 Rn 399; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 30.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

611

Für die Erfüllung des Remboursanspruches kann – vor allem bei Währungsakkreditiven – eine weitere Bank, die sog. Remboursbank eingeschaltet werden. Dies kann auch eine Nichtbank sein („Partei“ i.S.v. Art. 13 lit. a ERA). Diese Einschaltung erfolgt nur erfüllungshalber, die erstverpflichtete Bank schuldet weiter den Rembours ((Art. 13 lit. c ERA). Für die Durchführung stehen zwei Verfahren zur Verfügung, zwischen denen im Akkreditiv eine Wahl zu treffen ist. Ist keine Wahl getroffen, gilt das Verfahren nach lit b,1335 andernfalls das Verfahren nach den ungleich ausgefeilteren ICC-Regeln für den Bank-zu-Bank-Rembours.1336

VI. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Grundlagen (Art. 14–17 ERA) Artikel 14 Grundsatz der Dokumentenprüfung a)

b)

c)

d)

e)

f)

g) h) i) j)

Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank müssen die Dokumentenvorlage prüfen, um allein aufgrund der Dokumente zu entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank haben jeweils maximal fünf Bankarbeitstage nach dem Tag der Dokumentenvorlage um zu entscheiden, ob eine Dokumentenvorlage konform ist. Dieser Zeitraum wird nicht verkürzt oder anderweitig beeinflusst von einem Verfalldatum oder letzten Tag für die Dokumentenvorlage an oder nach dem Tag der tatsächlichen Dokumentenvorlage. Eine Dokumentenvorlage, die ein oder mehrere Original-Transportdokumente gemäß Artikeln 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 mit einschließt, muss von dem oder für den Begünstigten nicht später als 21 Kalendertage nach dem gemäß diesen Regeln bestimmten Verladedatum, aber in jedem Fall nicht später als an dem Verfalldatum des Akkreditivs vorgelegt werden. Angaben in einem Dokument, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankpraxis gelesen, müssen nicht identisch sein mit Angaben in diesem Dokument, irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument oder dem Akkreditiv, dürfen damit aber auch nicht im Widerspruch stehen. In anderen Dokumenten als der Handelsrechnung kann die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, soweit angegeben, in allgemeinen Begriffen gehalten sein, die nicht im Widerspruch zu ihrer Beschreibung im Akkreditiv stehen. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage eines anderen Dokuments als ein Transportdokument, Versicherungsdokument oder eine Handelsrechnung verlangt, ohne den Aussteller des Dokuments oder dessen Inhaltsmerkmale zu bestimmen, nehmen Banken das Dokument so an, wie es vorgelegt wird, wenn sein Inhalt die Funktion des verlangten Dokuments zu erfüllen scheint und im übrigen Artikel 14 (d) entspricht. Ein vorgelegtes Dokument, das in dem Akkreditiv nicht verlangt ist, wird nicht beachtet und kann dem Einreicher zurückgegeben werden. Wenn ein Akkreditiv eine Bedingung enthält, ohne das zum Erfüllungsnachweis vorzulegende Dokument anzugeben, betrachten die Banken eine solche Bedingung als nicht angegeben und werden sie nicht beachten. Ein Dokument kann vor dem Ausstellungsdatum des Akkreditivs datiert sein, darf aber nicht später datiert sein als das Datum der Dokumentenvorlage. Wenn die Adressen des Begünstigten und des Auftraggebers in einem vorgeschriebenen Dokument enthalten sind, müssen sie nicht den Adressen entsprechen, die im Akkreditiv und in einem anderen vorgeschriebenen Dokument angegeben sind, müssen aber in demselben Land angesiedelt sein wie die entsprechenden im Akk-

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1335 Hierzu MünchKommHGB/Nielsen, Rn H82a; ausf. zum Rembours BankR-HdB/Jäger/Haas § 120 Rn 398–418; Ellinger/Neo Letters of credit, S. 198–209. 1336 ICC Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven (IntHK Publikation Nr. 52 und 725 [englisch/deutsch]); vgl. Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditv Anhang III; dazu Kurzkommentar Nr. 551 und Guide Nr. 575.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

k) l)

reditiv erwähnten Adressen. Kontaktdaten (Telefax, Telefon, E-Mail und Ähnliches), die als Teil der Adresse des Begünstigten und Auftraggebers genannt sind, werden nicht beachtet. Ist jedoch die Adresse bzw. Kontaktdaten des Auftraggebers in einem Transportdokument gemäß Artikel 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 als Teil der Empfänger- oder „Notify-Address“-Angaben anzugeben, müssen sie den Akkreditiv-Bedingungen entsprechen. Der Ablader oder Absender der Waren in einem Dokument muss nicht der Akkreditiv-Begünstigte sein. Ein Transportdokument kann von jeder anderen Person als dem Frachtführer, Eigentümer, Master oder Charterer ausgestellt sein, vorausgesetzt, das Transportdokument erfüllt die Anforderungen der Artikel 19, 20, 21, 22, 23 oder 24 dieser Regeln. Artikel 15 Konforme Dokumentenvorlage

a) b) c)

Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren. Wenn eine bestätigende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren oder negoziieren und die Dokumente an die eröffnende Bank senden. Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, und honoriert oder negoziiert, muss sie die Dokumente an die bestätigende Bank oder die eröffnende Bank senden. Artikel 16 Unstimmige Dokumente, Verzicht auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten und Benachrichtigung

a)

b)

c)

d)

e)

f) g)

Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie ablehnen zu honorieren oder zu negoziieren. Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie sich in eigenem Ermessen zwecks Verzichts auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten („Verzicht“) an den Auftraggeber wenden. Dadurch verlängert sich jedoch nicht der in Artikel 14 (b) erwähnte Zeitraum. Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank sich entscheidet, abzulehnen, zu honorieren oder zu negoziieren, muss sie dem Einreicher eine einzige dementsprechende Mitteilung senden. Diese Mitteilung muss angeben, i. dass die Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und ii. jede Unstimmigkeit, wegen der sich die Bank weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und a. dass die Bank die Dokumente bis zum Erhalt weiterer Anweisungen vom Einreicher bei sich hält; oder b. dass die eröffnende Bank die Dokumente hält, bis sie einen Verzicht von dem Auftraggeber erhält und diesen annimmt oder vor ihrer Verzichtsannahme weitere Instruktionen von dem Einreicher erhält; oder c. dass die Bank die Dokumente zurücksendet; oder d. dass die Bank in Übereinstimmung mit vorher von dem Einreicher erhaltenen Weisungen handelt. Die in Artikel 16 (c) verlangte Mitteilung muss durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg nicht später als am Ende des fünften Bankarbeitstags nach dem Tag der Dokumentenvorlage erfolgen. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann, nachdem sie die Mitteilung gemäß Artikel 16 (c) (iii) a) oder b) gemacht hat, die Dokumente jederzeit dem Einreicher zurücksenden. Wenn eine eröffnende Bank oder eine bestätigende Bank nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels handelt, kann sie nicht geltend machen, dass die Dokumente nicht konform vorliegen. Wenn eine eröffnende Bank sich weigert zu honorieren oder eine bestätigende Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren und eine dementsprechende Mitteilung gemäß diesem Artikel gemacht hat, dann ist sie berechtigt, Rückzahlung jedes geleisteten Rembourses zuzüglich Zinsen zu verlangen. Artikel 17 Originale und Kopien von Dokumenten

a)

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Es ist mindestens ein Original von jedem im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokument vorzulegen.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

b)

c)

d) e)

Eine Bank behandelt jedes Dokument als Original, das Originalunterschriften, Zeichen, Stempel oder Aufkleber des Ausstellers des Dokuments zu tragen scheint, es sei denn, das Dokument weist aus, kein Original zu sein. Soweit sich aus einem Dokument nichts anderes ergibt, akzeptiert eine Bank auch ein Dokument als Original, wenn es i. vom Aussteller handschriftlich oder eigenhändig mit der Maschine geschrieben, perforiert oder gestempelt zu sein scheint; oder ii. auf dem Originalbriefpapier des Ausstellers erstellt zu sein scheint; oder iii. angibt, dass es ein Original ist, es sei denn, diese Angabe scheint sich nicht auf das vorgelegte Dokument zu beziehen. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von Kopien von Dokumenten verlangt, ist die Vorlage entweder von Originalen oder von Kopien zulässig. Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von mehrfachen Exemplaren von Dokumenten durch Begriffe wie „doppelt“, „zweifach“ oder „zwei Exemplare“ verlangt, gilt dies als erfüllt, wenn mindestens ein Original und in verbleibender Anzahl Kopien vorgelegt werden, es sei denn, das Dokument gibt selbst etwas anderes an.

1. Dokumentenvorlage, -konformität und -prüfung (Art. 14–17 ERA) 612

a) Hauptpflicht: Dokumentenprüfung (Art. 14 lit. a–c ERA). Die zentrale Pflicht der Bank, die die Dokumente aufnimmt – der eröffnenden, der bestätigenden oder einer nur ermächtigten („benannten“) Bank –, geht dahin, diese Dokumente hinreichend hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den Akkreditivbedingungen zu überprüfen (Art. 14 lit. a ERA). Entscheidend ist allein, ob die eingereichten Dokumente mit den Akkreditivbedingungen übereinstimmen; die Übereinstimmung mit den Bedingungen im Grundgeschäft ist irrelevant (Art. 3, 4 ERA).1337 Während die fragliche Bank nach den alten ERA „angemessene Sorgfalt“ schuldete (Art. 15 ERA a.F.), ist heute der Standard einerseits stärker auf die Möglichkeiten der Banken zugeschnitten, insbesondere darauf, dass sie die jeweilige Branche nicht kennen, andererseits jedoch auch konkreter fokussiert: Zum einen ist zwar eine exakte Übereinstimmung der Dokumente mit den Akkreditivbedingungen, jedoch nur ihrer „äußeren Aufmachung“ nach notwendig („on their face“), aber auch hinreichend (Grundsatz der Dokumentenstrenge).1338 Und die Dokumente müssen auch nur konform „erscheinen“.1339 Damit ist die Prüfung eine formelle, keine materielle.1340 Umgekehrt jedoch präzisieren die neuen ERA in Art. 14 lit. d, der Ausgangsregel für die Konformitätsstandards (Art. 14 lit. d bis lit. l ERA), die drei Maßstäbe einer Konformität: Das sind die Festlegungen des Akkreditivs, die Regeln der ERA zu den Dokumenten selbst (Art. 18 ff. ERA) und die Standards internationaler Bankpraxis. In der Regelung kann demnach

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1337 RG (Fn 1292), RGZ 97, 144 (148); Canaris Bankvertragsrecht Rn 957; Nielsen BuB Rn 5/532; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 181, 183; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/215; United City Merchants (Investments) Ltd. v. Royal Bank of Canada, 2 [1980] W.L.R. 1039. Soll die Übereinstimmung mit den Bedingungen des Grundgeschäfts (durch eine dritte Stelle) geprüft werden, so hat der Auftraggeber in den Akkreditivbedingungen auf einem Qualitätszeugnis zu bestehen. Selbst vollständige Erfüllung des Grundgeschäfts behebt im Verhältnis zur Bank Dokumentenmängel nicht: Canaris Bankvertragsrecht Rn 957; Nielsen BuB Rn 5/532; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/215. 1338 Ständige Rechtsprechung seit RG (Fn 1292), RGZ 97, 144 (148); BGH Urt. v. 24.3.1958 – II ZR 51/57, LM § 780 BGB, Nr. 2; BGH (Fn 1316), WM 1958, 291; BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (39); BGH (Fn 1292), WM 1970, 552 (554 f.); BGH (Fn 1316), WM 1984, 1443 (1443 f.); Canaris Bankvertragsrecht Rn 962; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 594, 605; Liesecke WM 1976, 258 (263); Nielsen BuB Rn 5/532; De Rooy Documentary Credits, S. 115 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 181, 214; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 239 f.; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/215 bis 2/218; Arora The Dilemma of an Issuing Bank: to Accept or Reject Documents Tendered under a Letter of Credit, L.M.C.L.Q. 3 (1984) 81. 1339 Hierzu, wieder im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Dokumentenstrenge, OLG Düsseldorf Urt. v. 11.7.2003 – 16 U 129/02, I-16 U 129/02, ZIP 2003, 1785 (1786); OLG Frankfurt (Fn 1327), WM 2010, 1405 (1407). 1340 Neben den Nachw. vorige Fn etwa Baumbach/Hopt (11) Art. 14 ERA Rn 1; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Hakenberg BankR Rn II 607.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

auch nicht etwa eine Freizeichnung vom Maßstab der gebotenen Sorgfalt gesehen werden.1341 Schon der „äußeren Aufmachung“ nach mangelhaft sind Dokumente, aus denen selbst sich Mängel der Lieferung ergeben (sog. „unclean documents“).1342 Weitere Überprüfung schuldet die Bank nicht; sie darf sich aber – mangels Branchenkenntnis – auch nicht auf eine Prüfung materieller Gleichwertigkeit bei fehlender Übereinstimmung in der äußeren Aufmachung einlassen.1343 Ansonsten handelt sie auf eigene Gefahr.1344 Nur Prüfungsschritte, für welche die Bank nicht durch mangelnde Branchenkenntnis disqualifiziert ist, hat sie zu unternehmen; insbesondere hat sie auch den Sinn des konkret gewählten Wortlauts zu ermitteln.1345 Die Fälle, in denen die Bank Ermessen ausüben kann, wurden bewusst und sukzessive in den vielen Revisionen der ERA reduziert.1346 Nicht zu tragen hat die Bank etwa das Fälschungsrisiko (Art. 17 ERA). Dies gilt jedoch nicht 613 für sorgfaltswidriges Übersehen von Fälschungen;1347 denn nach dem Gesagten sollen die ERA die Banken nicht von der Anwendung der Sorgfaltsstandards der internationalen Bankpraxis freizeichnen. Dass die Haftung für das verbleibende Risiko wirksam ausgeschlossen sei, wird auch auf dem Boden der traditionellen Lehre, welche die ERA als AGB oder Handelsbräuche qualifiziert, praktisch einhellig angenommen.1348 Die weiteren Regeln zur Dokumentenprüfpflicht betreffen den Prüfungszeitraum (lit. b 614 und c). Wichtig ist, dass die Frist von 5 Bankarbeitstagen (Definition in Art. 2 ERA) eine Höchstfrist ist, im konkreten Fall (angesichts des nötigen Prüfungsumfangs) jedoch auch kürzer sein kann.1349 b) Wirkung konformer und nichtkonformer Dokumentenvorlage (Art. 15, 16 ERA). 615 Sind die Dokumente vollständig und konform – im Vergleich mit den Akkreditivbedingungen –, so hat die eröffnende und die bestätigende Bank das Akkreditiv zu honorieren. Art. 15 ERA ist insoweit missverständlich formuliert, als sie dies noch von einer „Entscheidung“ dieser

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1341 BGH Urt. v. 26.9.1989 – XI ZR 159/88, BGHZ 108, 348 (348); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 596. 1342 Canaris Bankvertragsrecht Rn 960; De Rooy Documentary Credits, S. 137–141; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Hakenberg BankR Rn II 606; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/267–269 (jeweils mit Beispielen). 1343 Berühmt geworden ist das Zitat von Lord Sumner: „There is no room for documents which are almost the same or which will do just as well“, Equitable Trust Co. of New York v. Dawson Partners, 27 [1927] Ll.L.Rep. 49; BGH (Fn 1316), WM 1958, 291 (292); Canaris Bankvertragsrecht Rn 963; Nielsen BuB Rn 5/601 ff.; De Rooy Documentary Credits, S. 121; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 186; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/217 f.; zweifelhaft insoweit: BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (39) („Geringfügige Abweichungen müssen dem Begünstigten (und ebenso der Bank gegenüber ihrem Auftraggeber) gestattet sein, wenn eine vernünftige Beurteilung der vorgelegten Papiere zu dem sicheren Ergebnis führt, daß der Zweck der Akkreditivbedingungen erreicht ist“); ablehnend dazu etwa Canaris Bankvertragsrecht Rn 945 sowie Nielsen und Zahn/Eberding/Ehrlich aaO. 1344 Zum Bereicherungsausgleich im Verhältnis zum Begünstigten: Canaris Bankvertragsrecht Rn 996; Nielsen BuB Rn 5/534; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 214; Ulmer AcP 126 (1926) 257 (290). 1345 BGH (Fn 1245), WM 1960, 38 (39); OLG Frankfurt (Fn 1237), WM 1988, 254 (256); Canaris Bankvertragsrecht Rn 962 f.; Nielsen BuB Rn 5/605, 5/606 (jeweils mit Beispielen); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 182; Beispiel besonders in BGH Urt. v. 9.2.1987 – II ZR 249/86, WM 1987, 612 (613). 1346 Angersbach Beiträge, S. 88, 90 f.; Eberth WM-Sonderbeil. 4/1984, 3; Liesecke WM 1976, 258 (259); Nielsen BuB Rn 5/607; Schinnerer ÖBA 1984, 231 (253); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/223 bis 2/225. 1347 Ebenso (freilich überwiegend unter Berufung auf § 307 BGB) Canaris Bankvertragsrecht Rn 964 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 184; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/220. AA, aus den ERA als Differenzierung aber nicht ableitbar: Liesecke WM 1976, 258 (262); Schlick Echtheit der Dokumente, 1968, S.156 ff. (keine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit). 1348 RG Urt. v. 12.12.1922 – III 126/22, RGZ 106, 26 (31) (die Regelung entspricht dispositivem deutschen Recht); Canaris Bankvertragsrecht Rn 964; Nielsen ZIP 1984, 230 (239) (implizit); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 184; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/220. 1349 OLG Düsseldorf (Fn 1239) ZIP 2003, 1785 (1786) (damals Höchstfrist freilich noch 7 Tage).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Banken abhängig zu machen scheint: Diese Banken können sich jedoch von dieser Pflicht, die nach Art. 7 und 8 ERA „unwiderruflich“ ist (vgl. oben Dritter Teil Rn 588, 589 und 594, 595),keineswegs dadurch lösen, dass sie schlicht nicht „entscheiden“, dass die Dokumente konform sind (kein Ermessensspielraum). Umgekehrt hat eine nur benannte Bank nach dem Gesagten Entscheidungsfreiheit darin, ob sie honorieren will oder nicht (deutlich auch im Wortlaut von Art. 15 lit. c ERA). Neben diese Pflicht(en) dem Begünstigten gegenüber tritt eine zweite Pflicht jeder nachgeschalteten Bank – sei es nun eine bestätigende oder eine nur benannte Bank: Sobald sie das Akkreditiv honorieren, haben sie die Dokumente unverzüglich der eröffnenden Bank zu übermitteln, da diese ihnen Rembours schuldet, jedoch nur, wenn die Dokumente wirklich konform waren.1350 Mit Einreichung aller1351 Dokumente1352 in Übereinstimmung mit den Akkreditivbedingungen tritt demnach die aufschiebende Bedingung ein, unter der bis dahin der Zahlungsanspruch gegen die eröffnende und/oder bestätigende Bank stand. Mit Zahlung entsteht ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den jeweiligen Auftraggeber. Sind die Dokumente hingegen nicht konform – Art. 16 ERA spricht euphemistisch von 616 „Unstimmigkeiten“ –, so kann die jeweilige Bank nur entweder ablehnen oder beim Auftraggeber rückfragen – was freilich die Bearbeitungszeit von 5 Bankarbeitstagen nicht verlängert (vgl. Art. 16 lit. a, b ERA). Nach dem Wortlaut der Regel – aber auch aufgrund der Verpflichtung allein zu formeller Prüfung – muss diese Entscheidung als eine gesehen werden, über die die agierende Bank im freien Ermessen entscheidet. Lehnt sie ab, hat sie darüber dem Einreicher – zügig (lit. d) – Nachricht zu geben und zwar unter Hinweis auf den/die Fehler, Möglichkeiten diese(n) zu kurieren, und Nachfrage dazu, wie mit den Dokumenten jetzt verfahren werden soll (lit. c). Der Einreicher kann Rücksendung jederzeit verlangen (lit. e). Diese Rückmeldungspflicht ist so wichtig, dass ein Verstoß gegen sie die agierende Bank präkludiert, die fehlende Konformität geltend zu machen (lit. f). Mit anderen Worten: Bei Verstoß gegen die genannte Benachrichtigungspflicht gelten die Dokumente als konform und sind folglich zu honorieren. Die Bank, bei der nichtkonforme Dokumente vorgelegt werden, kann das Akkreditiv auch 617 nicht aus Kulanz honorieren: Jede, auch eine geringfügige Abweichung von den Akkreditivbedingungen lässt den Anspruch auf Aufwendungsersatz entfallen,1353 soweit die Abweichung nicht durch Genehmigung1354 geheilt wird (nicht jedoch bei Präklusion nach Art. 16 lit. f ERA). Die einzige Ausnahme hierzu leitet sich aus dem Einwand des Rechtsmissbrauchs i.S.v. § 242 BGB her, der sich als Teil des ordre public gegen die ERA auch dann durchsetzen würde, wenn er nicht bereits eine immanente Schranke auch im Rahmen der ERA darstellte. Rechtsmissbräuchlich handelt der Auftraggeber, der sich auf eine Abweichung beruft, die gänzlich ohne Folgen geblieben

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1350 Dazu dass diese Übermittlung innerhalb kurzer Zeit, typischer Weise innerhalb eines Tages, teils auch innerhalb von Stunden zu erfolgen hat: ICC Drafting Group, Commentary (Fn 1235) zu Nr. 15 ERA. 1351 Zumindest bei Traditionspapieren reicht wegen der sonst bestehenden Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs durch Dritte die Übergabe einer Ausfertigung von mehreren nicht: Canaris Bankvertragsrecht Rn 961; Liesecke, WM 1964, 1282 (1282); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 169; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/257 bis 2/259. 1352 Zu den Dokumenten (Art. 18 ff. ERA) im einzelnen: Canaris Bankvertragsrecht Rn 997–1003; Eberth WMSonderbeil. 4/1984, 13–15, 17–20; Liesecke WM 1976, 258 (264–267); Nielsen BuB Rn 5/612 bis 5/661; ders. ZIP 1984, 230 (240–249); De Rooy Documentary Credits, S. 131–149; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 166–180; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/230 bis 2/309. 1353 RG 17.6.1922 – I 358/21, RGZ 105, 48 (52); RG (Fn 1348) RGZ 106, 26 (31 f.); RG Urt. v. 29.6.1926 – III 397/25, RGZ 114, 268 (271); BGH Urt. v. 24.11.1958 – II ZR 248/56, WM 1958, 1542 (1543) (implizit); BGH (Fn 1292), WM 1984, 1214 (1215); Canaris Bankvertragsrecht Rn 968; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Hakenberg BankR Rn II 598, 605; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 70 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 190; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung Rn 2/406. 1354 Das Verhältnis zwischen Auftraggeber und zahlender Bank ist vertraglicher Art, so dass auch vertragliche Abänderung, etwa durch Genehmigung, möglich ist: RG (Fn 1292) RGZ 97, 144 (147); RG (Fn 1353) RGZ 114, 268 (271 f.); OLG Frankfurt (Fn 1237) WM 1988, 254 (256); Canaris Bankvertragsrecht Rn 947.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

ist,1355 sowie derjenige, der noch nach vollständiger Abwicklung des Kaufvertrages die Erstattung verweigert, wenn und soweit er dadurch die Kaufsache ohne Zahlung des Kaufpreises erhält.1356 c) Anforderungen an eine konforme Dokumentenvorlage (Art. 14 lit. d–l, 17 ERA). Ob 618 die Dokumente konform sind oder nicht, entscheidet sich nach den Kriterien, die Art. 14 lit. d–l und Art. 17 ERA aufstellen: Grundtendenz ist, zwar eine exakte Prüfung zu fordern, jedoch (i) den äußeren Anschein genügen zu lassen, (ii) die Bedingungen des Akkreditivs „verstehend“ anzuwenden und (iii) irrelevante Angaben für unerheblich zu erklären. Art. 14 lit. d ERA enthält nicht nur den Hinweis auf die grundlegenden Maßstäbe – Akkreditiv, ERA und internationale Bankpraxis, vgl. oben –, sondern auch den Grundsatz, dass die vorgelegten Dokumente „verstehend“ auf ihre Übereinstimmung mit den geforderten Bedingungen zu überprüfen sind. Sie müssen nicht identisch mit den Bedingungen sein (lit. d), sondern diese nur erfüllen. So dürfen Waren- und Dienstleistungsbeschreibungen nur nicht dem im Akkreditiv Gesagten widersprechen (lit. e), außer bei Handelsrechnungen, vgl. Art. 18 lit. c ERA). Denn die Banken sollen nicht Waren und Dienstleistungen prüfen, sondern Dokumente (Art. 5 ERA). Andere Dokumente als diejenigen, die in Art. 18 ff. ERA näher hinsichtlich der Anforderungen spezifiziert werden, sind bereits anzunehmen, wenn sie nur die gewünschte „Funktion“ zu erfüllen „scheinen“ (lit. f). Unerhebliches ist ganz auszusondern, namentlich jedes Dokument, das von den Akkreditivbedingungen nicht verlangt wird (lit. g), jedoch auch jede Bedingung im Akkreditiv, für deren Überprüfung kein Dokument als Mittel angegeben wird (lit. h, auch Art. 5 ERA). Daten sind nur relevant, wenn sie belegen, dass das Dokument eine Falschaussage macht (Datierung nach der Vorlage, lit. i), Adressen nur, wenn sie in einem anderen Land liegen und damit das rechtliche Risiko ein anderes ist (lit. j), und auch Personenidentität zwischen Begünstigtem und dokumentarisch Ausgewiesenem ist nicht nötig (vgl. lit. k und auch l). Mit der Frage, in welcher Form Dokumente einzureichen sind, beschäftigt sich Art. 17 619 ERA: Verlangt das Akkreditiv Originale der Dokumente – und das ist im Zweifel der Fall (lit. a und d) –, muss nur ein Dokument vorgelegt werden, das als ein Original „erscheint“, wobei sich das Original dadurch auszeichnet, dass es die Herkunft vom Aussteller (nach seinem äußeren Anschein) belegt (lit. b). Nach Art. 17 ERA genügen hierfür, wenn nicht anders bestimmt, auch Faksimile oder Stempel (diese als Original, nicht Kopie!) (lit. c). Originale müssen, auch wenn mehrfache Ausfertigung gefordert ist, nur einfach eingereicht werden, darüber hinaus genügen, weil die Authenzität dann ja bereits belegt ist, Kopien (lit. e). d) Anhang: Elektronische ERA (Anhang el.ERA). In Ergänzung zu den ERA – nicht unter 620 Verdrängung derselben (Art. 2 el.ERA lit. a) – kommen, soweit dies im Akkreditiv vorgesehen wird, die Bestimmungen dieses Anhangs zur Anwendung, der es ermöglicht, Dokumente auch in elektronischer Form vorzulegen, wenn die Bestimmungen des Anhangs befolgt werden. 2. Insbesondere Einwendungslehre a) Grundansatz. Weitgehend wird die Einwendungslehre aus deutschen Sachnormen her- 621 geleitet. Insbesondere wird mit § 780 BGB begründet, dass kein wirksames Kausalgeschäft vorliegen muss,1357 und mit § 784 Abs. 1 2. Halbsatz BGB analog, dass die Zahlungsverpflichtung

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1355 BGH (Fn 1316) WM 1958, 291 (292); BGH (Fn 1245) WM 1960, 38 (39); BGH Urt. v. 4.2.1980 – II ZR 119/79, WM 1980, 587 (588); BGH (Fn 1292) WM 1984, 1214 (1215); Canaris Bankvertragsrecht Rn 945; Liesecke WM 1976, 258 (263 f.) (mit rvgl. Nachw.); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 185. 1356 Vgl. im einzelnen, auch zur Behandlung von gewissen beim Käufer eingetretenen Schäden: Canaris Bankvertragsrecht Rn 946; Liesecke WM 1976, 258 (263 f.). 1357 Vgl. näher unten Dritter Teil Rn 625–629.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

abstrakt vom Valuta- und Deckungsverhältnis ist.1358 Die Herleitung aus den ERA, aus Handelsbrauch oder -gewohnheitsrecht, wird i.d.R. als zu unsicher verworfen.1359 Angesichts der Unterschiede zwischen den nationalen Rechten würde ein unbeschränkter Verweis auf diese jedoch die einheitsfördernde Wirkung der ERA beliebig konterkarieren können. Im Folgenden wird daher – einheitsfördernd und entsprechend dem oben begründeten Ansatz – die Einwendungslehre auch innerhalb des Systems der ERA gerechtfertigt1360 und auf das nationale Recht nur bei Lücken rekurriert, die sich auf diese Weise nicht schließen lassen. 622

b) Wirksamkeitseinwendungen und Einwendungen aus dem Zuwendungsverhältnis. Eine beachtliche rechtshindernde Einwendung gegen den Zahlungsanspruch ist darin zu sehen, dass kein wirksamer Vertrag zwischen Begünstigtem und Bank zustande kam.1361 Denn Art. 7 und 8 ERA gründen die Zahlungspflicht auf einem Rechtsgeschäft („Eröffnung“ oder „Bestätigung“). Eine Rechtsgeschäftslehre fehlt den ERA, so dass insoweit auf die nationalen Rechtsordnungen zu rekurrieren ist, freilich mit dem Vorbehalt, dass die ERA abweichende Wertungen vorgeben können. So hat man für den eher theoretischen Fall einer Anfechtung der Bank nach § 119 BGB, etwa unter Berufung auf einen Inhaltsirrtum, aus Art. 7, 8 ERA die Unzulässigkeit der Anfechtung abzuleiten; denn diese Norm statuiert eine „unwiderrufliche“ Verpflichtung. Bei der Auslegung dieses Begriffs ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass die deutsche Regelung die Anfechtung erheblich weitergehend zulässt als ausländische Rechtsordnungen und insbesondere mit der Beachtlichkeit selbst des verschuldeten Irrtums die Ausnahme bildet. Wirksamkeitsgrenzen aus § 123 BGB und etwa aus Devisen- und Währungsvorschriften oder aufgrund der Sittengesetze ergeben sich demgegenüber auch für den hier vertretenen Ansatz, der nicht schlicht von der nationalen Rechtsgeschäftslehre ausgeht, sondern diese auch an den Leitideen der ERA misst. Denn diese zuletzt genannten Wirksamkeitsgrenzen gehören dem Bereich der sog. zwingenden Normen (etwa währungs- und devisenrechtlicher Normen) bzw. des ordre public1362 an – und diese setzen sich nach dem Gesagten gegen die ERA wie gegen staatliches Recht durch. Wirksame Einwendungen begründen in demselben Verhältnis auch die Bedingungen, die

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1358 BGH (Fn 1310), WM 1955, 765 (767); BGH Urt. v. 18.9.1958 – VII ZR 170/57, BGHZ 28, 129; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1005 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 215; Ulmer AcP 126 (1926) 257 (300); § 784 BGB schon aus der Funktion des Dokumentenakkreditivs heraus überformend: Witte-Wegmann JuS 1975, 137 (140); ausdrücklich gegen die Analogie: Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/14. Aus rechtsvergleichender Sicht, ohne § 784 BGB, zu praktisch identischen Ergebnissen kommend: De Rooy Documentary Credits, S. 121–127. 1359 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1005. 1360 Herleitung aus den ERA selbst, d.h. aus dem diesen zugrundeliegenden „Handelsbrauch“ etc., auch etwa bei: Borggrefe Akkreditiv, S. 35 f.; v. Caemmerer JZ 1959, 362 (364) (Urteilsanmerkung); Lieseke WM 1966, 458 (467); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 215; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 107 ff., 136; ähnlich Kübler Feststellung und Garantie, 1967, S. 190. 1361 Zu den Einwendungen aus diesem Verhältnis ausführlich (unter Herleitung aus der deutschen Einwendungslehre): Canaris Bankvertragsrecht Rn 1007–1009; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 50 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 220, 222–224; Ulrich Rechtsprobleme, S. 150–160; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 138–147; aus britischer und vergleichender Sicht etwa Ellinger/Neo Letters of credit, S. 139– 174. 1362 Für den Arglisteinwand, etwa § 123 BGB: RG Urt. v. 28.4.1900 – I 21/00, RGZ 46, 193 (196); MünchKommBGB/Martiny Art. 21 Rom-I-VO Rn 4; Aubin Die rechtsvergleichende Konkretisierung von Kontrollmaßstäben des Verfassungsrechts und des Kollisionsrechts in der deutschen Rechtsprechung, in: Deutsche Landesreferate zum VII. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung, 1966/67, 99 (109 ff.); Dölle Der ordre public im internationalen Privatrecht, in: Deutsche Landesreferate zum III. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung, 1950, 397 (404); Wolff Das internationale Privatrecht Deutschlands, 1954, S. 65 f. Für den Sittenwidrigkeitseinwand, etwa § 138 BGB: BGH Urt. v. 30.6.1961 – I ZR 39/60, BGHZ 35, 329 (337); BT-Drucks. X/504, S.43; MünchKommBGB/Sonnenberger (5. Aufl.) Einl. IPR Rn 614–616, 599; Aubin aaO 109 ff.; Dölle aaO 404; Spickhoff Der ordre public im internationalen Privatrecht: Entwicklung – Struktur – Konkretisierung, 1989, S.170, 172–174; Stoll Rechtliche Inhaltskontrolle bei internationalen Handelsgeschäften, FS Kegel, 1987 S. 623 (634); Wolff aaO S. 66 (a maiore).

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

bei Akkreditiveröffnung festgesetzt werden und deren Erfüllung oder Nichterfüllung die Zentralfrage bei Dokumenteneinreichung und -honorierung bildet (dazu oben Punkt 1.). Beachtlich sind zuletzt in diesem Verhältnis die rechtshemmenden und rechtsvernichtenden (sog. unmittelbaren) Einwendungen, etwa die Stundungsabrede, ein Pfandrecht, etwa nach Nr. 14 AGB Banken, ein Zurückbehaltungsrecht oder die Aufrechnung. Auch insoweit lässt sich aus den ERA bzw. der Schutzfunktion des Instituts des Dokumentenakkreditivs zumindest nicht global die Unbeachtlichkeit der Einwendungen ableiten.1363 Bei einigen dieser Einwendungen stellt sich jedoch die Frage, ob nicht eine abweichende Wertung aus den ERA Vorrang genießt, insbesondere soweit dem Begünstigten ohne spezielle Abrede effektive Zahlung vorenthalten wird, also etwa hinsichtlich der Aufrechenbarkeit. Das Dokumentenakkreditiv soll den Begünstigten vor den spezifischen Ausfallrisiken im internationalen Distanzgeschäft schützen, ihm also möglichst die Sicherheit gewährleisten, die ein Platzgeschäft Zug um Zug für ihn brächte. Im Platzgeschäft Zug um Zug hat der Verkäufer jedoch ebenfalls eine Aufrechnung mit Ansprüchen des Käufers zu gewärtigen; entsprechend kann die Bank im Akkreditiv-Geschäft mit Forderungen aufrechnen, die ihr der Auftraggeber abgetreten hat.1364 Außerdem lässt sich der Verkäufer auch beim Platzgeschäft i.d.R. den Kaufpreis auf einem Konto gutschreiben. In diesem Fall kann die Bank ebenfalls mit eigenen Ansprüchen aufrechnen.1365 Einwendungen können insoweit also auch auf Aufrechnung durch die Bank gestützt werden1366 oder auf andere Institute, welche, wie das Zurückbehaltungsrecht oder das Pfandrecht, die freie Verfügbarkeit der Akkreditivsumme beschränken.1367 c) Keine Einwendungen aus Deckungs- und Valutaverhältnis. Keine Einwendungen ge- 623 gen ihre Zahlungspflicht kann die Bank hingegen aus dem Verhältnis mit ihrem Auftraggeber, dem Deckungsverhältnis, herleiten.1368 Dies ergibt sich aus Art.7 lit. b ERA und aus der Funktion des Dokumentenakkreditivs, wie sie dieser Norm zugrunde gelegt wurde. Dies ist unbestritten hinsichtlich der Einwendung fehlender Deckung,1369 insbesondere auch bei Vermögensver-

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1363 I.E. (etwa unter Herleitung aus § 784 I 2. Hs BGB) ebenso: Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1009; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh., Rn 223 f. 1364 AA Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1009; und die Stimmen, welche die Aufrechenbarkeit gänzlich verneinen, vgl. unten. 1365 Ebenfalls gegen ein Aufrechnungsverbot im Akkreditivgeschäft Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1009. 1366 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1009 (mit Einschränkungen); Liesecke WM 1966, 457 (469); Nielsen Aktuelle Rechtsfragen, S. 21; offen: BGH (Fn 1310), BGHZ 60, 262 (264); v. Caemmerer JZ 1959, 362 (362) (Urteilsanmerkung); aA die h.M. in Deutschland, etwa Angersbach Beiträge, S. 150 f.; Horn in: Horn/Marschall v. Bieberstein/Rosenberg/ Pavicevic Dokumentenakkreditive, 9 (16); Liesecke WM 1976, 258 (259 f., 267) (auch zur Erstreckung auf die zugrunde liegende Kaufpreisforderung); Peters WM 1978, 1030 (1033); Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 223; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 172–177; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/333. Mit dem genannten Schutzzweck (risikomäßige Gleichstellung mit Platzgeschäft Zug um Zug) ebenfalls nicht zu begründen ist die Beschränkung auf liquide Gegenforderungen, die BGH Urt. v. 22.4.1985 – II ZR 180/84, BGHZ 94, 167 (173) in einem obiter dictum einführte, und die überwiegend Zustimmung fand: Assmann Aufrechnung der Garantiebank mit Gegenforderungen bei Inanspruchnahme einer Zahlungsgarantie auf erstes Anfordern, IPRax 1986, 142 (144); Pleyer JZ 1985, 1000 (Urteilsanmerkung); Rümker Garantie „auf erstes Anfordern“ und Aufrechnungsbefugnis der Garantiebank, ZGR 1986, 332 (339–342); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 262; ablehnend jedoch Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1009. 1367 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1009; dass die Frage parallel zur Aufrechnungsfrage zu behandeln ist, betont auch Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 224. 1368 Zu den Einwendungen aus diesem Verhältnis ausführlich (unter Herleitung aus der deutschen Einwendungslehre): Borggrefe Akkreditiv, S. 43–46; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1010 f., 1027 f.; Langenbucher/ Bliesener/Spindler/Segna 10. Kapitel Rn 46–49, 52 f. (einstweiliger Rechtsschutz); Nielsen Grundlagen, S. 39 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; Ulmer AcP 126 (1926), 257 (287–289); Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 54–64; aus britischer und vergleichender Sicht etwa Ellinger/Neo Letters of credit, S. 139–174. 1369 BGH (Fn 1316) WM 1958, 291 (292); Borggrefe Akkreditiv, S.44; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1010; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; Ulmer AcP 126 (1926), 257 (287 f.).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

fall des Auftragsgebers nach Akkreditiveröffnung,1370 und hinsichtlich der Einwendung von Devisensperren, die das Auftragsverhältnis für nichtig erklären.1371 Im ersten Fall ist dies damit zu erklären, dass das Instrument des Dokumentenakkreditivs den Zahlungsanspruch des Verkäufers in entsprechender Weise sichern soll, als würde ein Platzgeschäft Zug um Zug vorgenommen; er versendet die Ware im Vertrauen auf einen Zahlungsanspruch, gegen den Einwendungen nur aus dem ihm zugrunde liegenden Vertragsverhältnis geltend gemacht werden können. Im zweiten Fall wird dies zusätzlich erklärt mit der größeren Nähe der Bank zum Risiko und ihrer größeren Kenntnis davon.1372 Bestritten ist hingegen der Einwendungsausschluss aus dem Deckungsverhältnis bei gänzlichem Fehlen eines wirksamen Auftrags, also bei Fälschung bzw. bei Erteilung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht bzw. Geschäftsunfähigen.1373 Die Beachtlichkeit dieser Einwendung wird aus den Rechtsgrundsätzen der Giroüberweisung als einem Sonderfall der (analogen) Anwendbarkeit von § 784 I 2. Hs BGB hergeleitet.1374 Dies ist zu national gedacht, die Funktion des Akkreditivgeschäfts und der ERA gebieten eine andere Lösung, denn die Interessenlage weicht von der bei der Giroüberweisung erheblich ab: Setzt man den Überweisungsempfänger bei gänzlichem Fehlen des Überweisungsauftrags einem bereicherungsrechtlichen Anspruch aus,1375 so kann dieser Leistungen, die er selbst im Vertrauen auf die Gutschrift gemacht hat, nach § 818 Abs. 3 BGB einwenden.1376 Der Begünstigte beim Dokumentenakkreditiv leistet hingegen im Vertrauen auf die Wirksamkeit (und Einredefreiheit) der Zahlungspflicht der eröffnenden Bank. Die Beachtlichkeit der Einwendung fehlender Anweisung würde dem Begünstigten schutzlos stellen. § 818 Abs. 3 BGB, eine Einwendung, gibt ihm kein aktives Recht, auf Zahlung zu bestehen, soweit er selbst geleistet hat. Richtiger ist es daher, auf Art. 7 lit. b ERA abzustellen, der insoweit keine Einschränkung von der „Unwiderruflichkeit“ der Verpflichtung macht. Vor allem die Sicherungsfunktion des Dokumentenakkreditivs gebietet es, den Einwand fehlender Anweisung für unbeachtlich zu erklären. Grenze ist insoweit allein § 242 BGB (Rechtsmissbrauch), der sich als ordre public Tatbestand1377 gegen Art. 7 lit. b ERA durchsetzt. Die Anwendung dieser Grenze im deutschen Sachrecht (unten Dritter Teil Rn 625 ff) stellte die Rechtsprechung beim Deckungsverhältnis bisher kaum vor Probleme. Anders ist dies beim Valutaverhältnis.

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1370 BGH (Fn 1316) WM 1958, 291 (292); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1010; Nielsen Grundlagen, S. 40; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 258. 1371 Borggrefe Akkreditiv, S. 44; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1010; Kübler (Fn 1360) S. 191 f.; Liesecke WM 1966, 458 (467); Nielsen Grundlagen, S. 39 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 140; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 259; Wiele Dokumenten-Akkreditv, S. 59; C. Cass., J.C.P. 1955 II, 8838; aA RG Urt. v. 12.3.1934 – VI 477/33, RGZ 144, 133 (137). 1372 Borggrefe Akkreditiv, S. 44; Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1010; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; C. Cass., J.C.P. 1955 II, 8838 (Anm. Cabrillac). 1373 Für die Beachtlichkeit dieser Einwendungen: Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1027. Gegen ihre Beachtlichkeit: Borggrefe Akkreditiv, S. 45 f. (nur Arglist oder Kenntnis davon seitens des Begünstigten); Nielsen BuB Rn 5/494; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 156; und wohl auch Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 216; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 259. 1374 So Canaris Bankvertragsrecht Rn 1027; Ulmer AcP 126 (1926), 257 (299 f.). 1375 Im einzelnen (selbst bei fehlender Kenntnis des Überweisungsempfängers): BGH Urt. v. 16.6.2015 – XI ZR 243/13, NJW 2015, 3093 (Überweisungsverkehr); OLG Hamburg Urt. v. 9.11.1981 – 11 U 77/81, WM 1982, 249; Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn C/97; Canaris Bankvertragsrecht Rn 432–434; offen noch BGH Urt. v. 19.1.1984 – VII ZR 110/83 BGHZ 89, 376 (379); und auch BGH Urt. v. 25.9.1986– VII ZR 349/85, NJW 1987, 185 (bei 10fach zu hoher Überweisung allerdings auch bei Unkenntnis über § 242 BGB zum direkten Bereicherungsausgleich kommend). 1376 BGH Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 166/77, BGHZ 72, 9 (12 f.); Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn C/101, C/102; Canaris Bankvertragsrecht Rn 439 (über § 818 Abs. 3 BGB hinaus noch §§ 172 f. BGB analog); und im Grundsatz auch: KG Urt. v. 14.5.1979 – 15 U 603/79, WM 1980, 254 (allerdings im konkreten Fall pVV seitens des Empfängers annehmend). 1377 LG Frankfurt/M Urt. v. 11.12.1979 – 3/10 O 123/79, NJW 1981, 56 (58); Palandt/Thorn Art. 21 Rom I-VO Rn 5; BeckOK/Spickhoff Art. 21 Rom I-VO Rn 5; Spickhoff (Fn 1362) S. 170; Stoll (Fn 1362) S. 634.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Auch aus dem Valutaverhältnis kann die Bank grds. keine Einwendungen gegen ihre Zah- 624 lungspflicht herleiten.1378 Dies ergibt sich aus Art. 4, 5 und 7 lit. b ERA. Für das Valutaverhältnis ist, anders als für das Deckungsverhältnis, weitgehend unbestritten, dass auch das gänzliche Fehlen keine starre Einwendung gegen den Zahlungsanspruch begründet. Vielmehr ist dieses allenfalls relevant für die Beurteilung der Frage, ob die Geltendmachung dieses Anspruchs evtl. als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist (§ 242 BGB). Die Frage nach den Umständen, welche im Sachrecht den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen, und die Frage nach dem auf diese Frage anzuwendenden Recht (vgl. oben Dritter Teil Rn 575, 585 f.) stellen die in Deutschland in Praxis und Lehre am intensivsten diskutierten Fragen zum Akkreditivgeschäft dar. d) Ausnahme: Rechtsmissbrauchseinwand. Auch die Einwendungslehre gegen den Zah- 625 lungsanspruch, der einheitlich in den ERA geregelt ist, muss sich in den Hauptprinzipien aus den ERA ableiten lassen. Dies gilt auch für den grundsätzlichen Ausschluss der Einwendungen aus anderen Rechtsverhältnissen als dem Zuwendungsverhältnis. Aus diesen anderen Rechtsverhältnissen ist nur eine Einwendung aus nationalem Recht herzuleiten, im Falle des deutschen Rechts aus § 242 BGB: der Einwand des Rechtsmissbrauchs. Diese Einwendung kann sich als Teil des ordre public, d.h. als international zwingendes Recht, bei nötigem Inlandsbezug1379 gegen den genannten, aus den ERA abgeleiteten Grundsatz durchsetzen. Ob ein Einwand des Rechtsmissbrauchs besteht, beurteilt sich nach dem Recht der Bank (vgl. oben Dritter Teil Rn 575, 584–586). Sind zwei Banken, d.h. die eröffnende und die bestätigende Bank, dem Begünstigten zur Zahlung verpflichtet, so geht die h.M. von einer einheitlichen Anknüpfung an das Recht der bestätigenden Bank aus;1380 denn diese ist in praxi vorrangig betroffen, und so erhält der Begünstigte ein nach einheitlichem Recht zu beurteilendes Anspruchspaar. Demgegenüber ändert sich an dieser Anknüpfung durch Einschaltung einer Zahlstelle nichts,1381 denn die Zahlstelle schuldet nicht, folglich auch keine charakteristische Leistung (vgl. Art. 4 Rom-I-VO). Der Einwand des Rechtsmissbrauchs richtet sich demnach für den Zahlungsanspruch aus Eröffnung des Akkreditivs nach dem Recht der Akkreditiv-Bank, für den Zahlungsanspruch aus Bestätigung (und dann auch aus Eröffnung) nach dem Recht der bestätigenden Bank. Dieses ist regelmäßig ein anderes Recht als das am Sitz von Auftraggeber und Akkreditiv-Bank geltende. Um die Folgen aus dieser Abweichung für den Auftraggeber zu entschärfen, hat die Akkreditiv-Bank Beratungs- und Einwirkungspflichten (oben Dritter Teil Rn 585). Die Grenzen eines Einwands des Rechtsmissbrauchs nach deutschem Sachrecht sind unter 626 Zugrundelegung der beiden Schutzfunktionen des Dokumentenakkreditivs zu bestimmen:1382 Zum einen soll der Begünstigte die Kaufpreissumme problemlos erhalten können; zum anderen – und noch wichtiger – soll der Begünstige von Risiken freigestellt werden, die er beim Platzge-

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1378 Zu den Einwendungen aus diesem Verhältnis ausführlich (überwiegend unter Herleitung aus der deutschen Einwendungslehre): Borggrefe Akkreditiv, S. 33–43; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1012–1025a; Schlegelberger/ Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 225–229; Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 148–171. 1379 Zum für eine Anwendung des ordre-public-Vorbehalts wichtigen Inlandsbezug vgl. MünchKommBGB/ Martiny Art. 21 Rom-I-VO Rn 5; zudem auch: MünchKommBGB/v. Hein Art. 6 EGBGB Rn 139–141. 1380 v. Caemmerer JZ 1959, 362 (363) (Urteilsanmerkung); Steindorff FS v. Caemmerer 1978, S. 761 (771–780); und implizit: Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 1/40; OLG Karlsruhe Urt. v. 3.7.1981 – 15 U 181/80 IPRax 1982, 102; LG Frankfurt Urt. v. 2.12.1975 – 3/8 O 186/75, NJW 1976, 1044 (1046). Für Trennung hingegen: Kegel GS Schmidt 1966, S. 215 (240); Schütze WM 1982, 226 (228); Nielsen Grundlagen, S. 37; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 301. 1381 Nielsen Grundlagen, S. 37 f.; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 151; Schütze WM 1982, 226 (227 f.); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 298–301; aA OLG Frankfurt (Fn 1237) WM 1988, 254 (noch nicht zu Art. 4 Rom-I-VO); v. Caemmerer JZ 1959, 362 (363) (Urteilsanmerkung); Liesecke WM 1966, 458 (458); Steindorff FS v. Caemmerer 1978, S. 761 (766–771, 771–780); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 1/40; und eingeschränkt auch Nielsen IPRax 1982, 91 (93) (zumindest für Abwicklungsfragen). 1382 Im Grundsatz unstr., vgl. statt aller: Canaris Bankvertragsrecht, Rn 1016; Nielsen Grundlagen, S. 38–40; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 215; und schon Ulmer AcP 126 (1926), 257 (287, 289).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

schäft Zug um Zug nicht zu gewärtigen hätte. Drei Konstellationen sind nach diesen Schutzzwecken zu unterscheiden: das (offensichtliche) Fehlen eines wirksamen Valutaverhältnisses; als Spezialfall dazu die Sitten- oder Gesetzeswidrigkeit dieses Valutaverhältnisses; und die (offensichtliche) Schlechterfüllung. Die Funktion des Dokumentenakkreditivs, sein Sicherungszweck, ist nach dem Gesagten in Art. 5 und 7 lit. b ERA umrissen. In diesen Vorschriften ist festgelegt, dass der Zahlungsanspruch vom Valutaverhältnis unabhängig (abstrakt) ist; zudem ist die Verbindlichkeit aus dem Akkreditiv als „unwiderruflich“ qualifiziert, dies unabhängig von den anderen Rechtsverhältnissen im Akkreditivgeschäft. Weitgehend geklärt ist die Behandlung der zweiten Fallgruppe. Sie umfasst Valutaverhält627 nisse in Form von Rauschgiftgeschäften, Schmuggel u.ä. (§ 138 Abs. 1, 134 BGB), letztlich aber auch die Fälle, in denen sich das strafbare oder sittenwidrige Verhalten im Valutaverhältnis, wie beim Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB) oder Betrug (§ 123 BGB), aus einem einseitigen Fehlverhalten ergibt. In diesen Fällen hat auch die Bank gegen den Begünstigten den Einwand des Rechtsmissbrauchs. Umstritten ist nur, ob der Einwand dann nur bei liquider Beweisbarkeit im Rechtlichen wie im Tatsächlichen erhoben werden kann. Zunehmend, besonders auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird dies bejaht,1383 teils aber auch noch strikt verneint.1384 Canaris differenzierte und verzichtete auf liquide Beweisbarkeit in den Fällen des § 138 Abs. 2 BGB, da die Norm auch das Ausführungsgeschäft erfasse, und in denen des § 123 BGB, da die Anfechtung nach dieser Vorschrift Doppelwirkung entfalte.1385 In diesen Fällen sei der Einwand daher einer, der die Gültigkeit auch des Ausführungsgeschäfts beträfe. Dies wird allerdings der Schutzfunktion des Dokumentenakkreditivs nicht gerecht und stellt allein auf die Konstruktion im nationalen Recht ab. Legt man demgegenüber Wertungen der ERA zugrunde, welche den Zahlungsanspruch grds. von Einwendungen aus dem Valutaverhältnis freistellen wollen, ist eine Grenze erst dort zu ziehen, wo international zwingendes deutsches Recht entgegensteht. Solches stellt für die vorliegende Frage besonders der ordre-public-Vorbehalt dar sowie Strafrecht, das nach den Grundsätzen des internationalen Strafrechts Anwendung findet. Der ordre-public-Vorbehalt gebietet insoweit zwar die Beachtlichkeit der Sittenwidrigkeit als Nichtigkeitsgrund, nicht aber seine Durchgriffswirkung auf ein anderes Rechtsverhältnis auch in den Fällen, in denen es an liquider Beweisbarkeit fehlt. Die eben beschriebene h.M. belegt, dass nicht alle billig und gerecht Denkenden in diesem Fall von sittenwidrigem bzw. rechtsmissbräuchlichem Verhalten seitens des Begünstigten ausgehen. Mit der h.M. ist daher davon auszugehen, dass die Sitten- oder Gesetzeswidrigkeit des Valutaverhältnisses nur bei liquider Beweisbarkeit (im Rechtlichen und Tatsächlichen) auf den Zahlungsanspruch durchschlägt. 628 Bei Schlechterfüllung führt Art. 5 ERA ebenfalls dazu, dass die Bank Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch erst bei Strafbarkeit, etwa Betrug, herleiten kann. Erst dann nämlich stoßen die ERA insoweit an die Grenze international zwingenden Rechts. Liquide Beweisbarkeit der Schlechterfüllung reicht insoweit nicht.1386 Die Bank soll sich schon nicht mit dem Valuta-

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1383 BGH Urt. v. 12.3.1984 – II ZR 198/82 BGHZ 90, 287 (293 f.); BGH (Fn 1366) BGHZ 94, 167 (173) (für die Aufrechenbarkeit); BGH (Fn 1286), BGHZ 101, 87 = WM 1987, 977 (978 f.) (allerdings Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes); OLG Köln Urt. v. 20.6.2018 – I-13 U 291/15, 13 U 291/15, WM 2018, 1742; Baumbach/Hopt (7) Bankgeschäfte Rn K/20, K/21, K/28; Borggrefe Akkreditiv, S. 40 f.; Liesecke WM 1966, 458 (468); Nielsen BuB Rn 5/701; Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 281 (allerdings Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes); Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/361; und im Grundsatz: Canaris Bankvertragsrecht Rn 1017. 1384 Koziol Der Garantievertrag, 1981, S. 61 ff.; Mülbert Mißbrauch von Bankgarantien und einstweiliger Rechtsschutz 1985, S. 76; Pilger RIW 1979, 588 (589). 1385 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1019 f. 1386 AA die h.M.: RG (Fn 1310) RGZ 106, 304 (308); BGH (Fn 1310) WM 1955, 765 (768); BGH Urt. v. 20.1.1961 – II ZR 150/62, WM 1964, 223; Erman FS Rittershausen 1968, S. 261 (262 f.); Mahler Rechtsmißbrauch, S. 79; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 227; Ulmer AcP 126 (1926), 257 (304); Wessely Die Unabhängigkeit, Rn 165–168; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/358. Wie hier: Canaris Bankvertragsrecht Rn 1021 f.; Nielsen BuB

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

verhältnis als Rechtsverhältnis beschäftigen; noch weniger angemessen ist dies hinsichtlich der gelieferten Waren. Praktisch bedeutet dies, dass Einwendungen aus der Schlechterfüllung, sofern der Begünstigte eine solche nicht bereits bei Vertragsschluss plante (§ 263 StGB), erst mit rechtskräftiger Abweisung des Zahlungsanspruches im Valutaverhältnis hergeleitet werden können. Die dritte Konstellation betrifft das unwirksame, jedoch nicht strafgesetz- oder sitten- 629 widrige Valutaverhältnis. Einhellig wurde bisher in diesem Fall bei liquider Beweislage davon ausgegangen, die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs durch den Begünstigten sei rechtsmissbräuchlich.1387 Stellt man freilich auch in dieser Konstellation auf liquide Beweisbarkeit ab, so berücksichtigt man nur eine der beiden oben genannten Schutzfunktionen des Dokumentakkreditivs. Nicht genügend gewürdigt wird dann, dass der Begünstigte vor den Risiken geschützt werden soll, die er bei einem Platzgeschäft Zug um Zug nicht zu gewärtigen hätte. Aus dieser zweiten Schutzfunktion ergibt sich, dass dem Verkäufer der Zahlungsanspruch nicht mehr genommen werden darf, sobald er die Ware aus der Hand gegeben hat, d.h. ab Erhalt der Dokumente. Ab diesem Zeitpunkt muss er den Zahlungsanspruch weiterbetreiben können, um die Kaufpreissumme mit der aus ihr fließenden Sicherheit zu erhalten. Dies gilt auch in dem Fall, dass nunmehr das Fehlen eines wirksamen Grundverhältnisses liquide beweisbar ist und dies möglicherweise auch dem Begünstigten bewusst wird. Gerade im internationalen Rechtsverkehr ist der Verkäufer selbst bei liquider Beweisbarkeit und auch solange er die Dokumente noch in Händen hält, nicht sicher, dass er die versandte Kaufsache zurückerhält.1388 Dieses Risiko aber soll er nicht mehr tragen müssen. Der Auftraggeber mag auf Rückzahlung der Akkreditivsumme klagen, gegen die dann – wie beim Platzgeschäft Zug um Zug – der Begünstigte (nicht nur) nach deutschem Sachrecht Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) einwenden kann. Wiederum setzt sich die Wertung des Art. 7 lit. b ERA durch. Einzige Schranke für den Schutz des Begünstigten ist international zwingendes Recht, in diesem Fall der ordre-public-Vorbehalt. Dieser greift jedoch erst ein, wenn der Begünstigte seinen Vertragspartner vorsätzlich sittenwidrig schädigen will, d.h. wenn er trotz Kenntnis der Unwirksamkeit des Valutaverhältnisses die Ware absendet. Nicht schädlich hingegen ist es, wenn der Begünstigte erst nach Absendung vom Fehlen eines wirksamen Valutaverhältnisses erfährt. Dies begründet sich aus dem wohlverstandenen Schutzzweck des Dokumentenakkreditivs. e) Prozessuale Geltendmachung der Einwendung (Einstweilige Verfügungen). Prozes- 630 sual hat der Auftraggeber die Einwendung regelmäßig im einstweiligen Rechtsschutz geltend zu machen, einerseits gegen die Bank(en), die ihm Durchsetzung des Rechtsmissbrauchseinwands gegen den Begünstigen bei liquider Beweisbarkeit schulden, andererseits gegen seinen Vertragspartner im Valutaverhältnis, den Begünstigten, selbst.1389

_____ Rn 5/702a; und auch Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S.284; einschränkend aber: BGH (Fn 1286), BGHZ 101, 87 („Selbst schwere Mängel reichen … nicht ohne weiteres aus“). 1387 Ulmer AcP 126 (1926), 257 (304); so auch der britische High Court,vgl. Vorpeil RIW 2017, 169 (178): vgl. ansonsten die Nachweise in den vorigen Fn. 1388 Der Rücktransportpreis mit neuerlicher Versicherung ist nicht bezahlt; Ausfuhrsperren mögen eingreifen; bei Nichtabnahme am Bestimmungsort kann das Beförderungsunternehmen Hinterlegungsrechte haben. All diese Risiken würden dem Begünstigten auferlegt, wenn er nach Absendung seinen Zahlungsanspruch nicht weiterverfolgen dürfte. Er würde insoweit de facto so gestellt, als hätte er einem Geschäft nach ERI zugestimmt, obwohl er ERA zugrunde gelegt hat. 1389 Siehe hierzu und zur besonderen Beweisführung: LG Köln, Urt. v. 26.11.2015 – 30 O 298/14, RdTW 2016, 28.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

VII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Einzelne Dokumente (Art. 18–28 ERA) Artikel 18 Handelsrechnung a)

b)

c)

Eine Handelsrechnung: i. muss dem Anschein nach vom Begünstigten ausgestellt sein (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38); ii. muss auf den Namen des Auftraggebers lauten (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38 (g)); iii. muss in der Währung des Akkreditivs aufgemacht sein; und iv. braucht nicht unterzeichnet zu sein. Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann eine Handelsrechnung akzeptieren, die auf einen die Akkreditivsumme übersteigenden Betrag lautet, und ihre Entscheidung bindet alle Beteiligten, vorausgesetzt, die in Frage stehende Bank hat nicht für einen höheren Betrag honoriert oder negoziiert, als im Akkreditiv erlaubt ist. Die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen in der Handelsrechnung muss mit der Beschreibung im Akkreditiv übereinstimmen. Artikel 19 Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten

a)

b)

Ein wie auch immer benanntes Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten (Dokument für multimodalen oder kombinierten Transport) muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom – Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder – Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master. Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist, und zwar durch: – vorgedruckten Wortlaut, oder – Stempel oder Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Transportdokuments gilt als das Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord und als das Verladedatum. Wenn jedoch das Transportdokument durch Stempel oder Vermerk ein Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord angibt, gilt dieses Datum als das Verladedatum. iii. den Versand-, Übernahme- oder Verladeort und einen endgültigen Bestimmungsort gemäß dem Akkreditiv ausweisen, unabhängig davon, ob: a. das Transportdokument zusätzlich einen anderen Versand-, Übernahme- oder Verladeort oder endgültigen Bestimmungsort ausweist oder b. das Transportdokument den Hinweis „intended“ oder einen ähnlichen Vorbehalt in Bezug auf das Schiff, den Verlade- oder Löschungshafen enthält. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel (derselben Beförderungsart oder einer anderen Beförderungsart) während des Transports vom Versand-, Übernahme- oder Verladeort zum endgültigen Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

c)

i. ii.

Ein Transportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist. Ein Transportdokument, das vorsieht, dass Umladung stattfinden wird oder kann, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

Artikel 20 Konnossement a)

b)

c)

d)

Ein wie auch immer benanntes Konnossement muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom – Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder – Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master. Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch: – vorgedruckten Wortlaut, oder – einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Konnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. Weist das Konnossement den Hinweis „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. Wenn das Konnossement nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist oder wenn es den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein An-Bord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. i. Ein Konnossement darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Konnossement gedeckt ist. ii. Wenn gemäß Angabe im Konnossement die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“-Leichter verladen ist, ist ein Konnossement, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Klauseln in einem Konnossement, mit denen sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet.

Artikel 21 Nichtbegebbarer Seefrachtbrief a)

753

Ein wie auch immer benannter Nichtbegebbarer Seefrachtbrief muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom – Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

b)

c)

d)

– Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master. Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch – vorgedruckten Wortlaut, oder – einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Nichtbegebbaren Seefrachtbriefs gilt als das Verladedatum, es sei denn, der Nichtbegebbare Seefrachtbrief enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. Weist der Nichtbegebbare Seefrachtbrief den Vermerk „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. Wenn der Nichtbegebbare Seefrachtbrief nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist, oder wenn er den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein An-Bord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. v. die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument). Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. i. Ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und denselben Nichtbegebbaren Seefrachtbrief gedeckt ist. ii. Wenn gemäß Angabe im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“Leichter verladen ist, ist ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief, der ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Klauseln im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief, mit der sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet. Artikel 22 Charterpartie-Konnossement

a)

Ein wie auch immer benanntes Konnossement, das einen Hinweis enthält, dass es einer Charterpartie unterliegt (Charterpartie-Konnossement), muss dem Anschein nach: i. unterzeichnet sein vom: – Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master, oder – Schiffseigner oder einem namentlich genannten Agenten für den Schiffseigner, oder – Charterer oder einem namentlich genannten Agenten für den Charterer. Jede Unterschrift des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten muss als diejenige des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift des Agenten muss angeben, ob der Agent für den Master, Eigentümer oder Charterer gezeichnet hat. Ein Agent, der für einen Eigentümer oder Charterer zeichnet, muss den Namen des Eigentümers oder Charterer angeben. ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch:

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754

5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

b)

– vorgedruckten Wortlaut, oder – einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist. Das Ausstellungsdatum des Charterpartie-Konnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Charterpartie-Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt. iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen; der Löschungshafen kann auch in der Form mehrerer Häfen oder einer geografischen Region ausgewiesen sein, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein. Banken prüfen Charterpartie-Verträge nicht, selbst wenn sie nach den Akkreditiv-Bedingungen vorzulegen sind.

Artikel 23 Lufttransportdokument a)

b)

c)

Ein wie auch immer benanntes Lufttransportdokument muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom: – Frachtführer, oder – einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer. Jede Unterschrift des Frachtführers oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet hat. ii. ausweisen, dass die Ware zur Beförderung angenommen worden ist. iii. das Ausstellungsdatum ausweisen. Dieses Datum gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Lufttransportdokument enthält einen speziellen, das tatsächliche Verladedatum ausweisenden Vermerk, wodurch das in diesem Vermerk ausgewiesene Datum als das Verladedatum gilt. Sonstige Angaben, die auf dem Lufttransportdokument zu Flugnummer und Flugdatum erscheinen, werden für die Bestimmung des Verladedatums nicht beachtet. iv. den im Akkreditiv vorgeschriebenen Abflughafen und Bestimmungsflughafen ausweisen; v. das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein, selbst wenn das Akkreditiv einen vollen Satz Originale vorschreibt. vi. Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält. Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Flugzeug und Wiederverladen auf ein anderes Flugzeug während des Transports vom Abflughafen zum Bestimmungsflughafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. i. Ein Lufttransportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Lufttransportdokument gedeckt ist. ii. Ein Lufttransportdokument, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

Artikel 24 Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports a)

755

Ein wie auch immer benanntes Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument muss dem Anschein nach: i. den Namen des Frachtführers ausweisen und: – vom Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer unterzeichnet sein, oder – den Empfang der Ware durch Unterschrift, Stempel oder Vermerk des Frachtführers oder eines namentlich genannten Agenten für den Frachtführer ausweisen. Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Frachtführer oder Agenten muss als die-/derjenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein. Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet oder gehandelt hat.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

b)

c) d)

e)

Wenn ein Eisenbahn-Transportdokument den Frachtführer nicht identifiziert, ist jede(r) Unterschrift oder Stempel der Eisenbahngesellschaft als Nachweis dafür, dass das Dokument vom Frachtführer gezeichnet ist, akzeptabel. ii. das Verladedatum oder das Datum ausweisen, an dem die Ware zur Verladung, Versendung oder Beförderung an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort in Empfang genommen worden ist. Sofern das Transportdokument nicht einen datierten Empfangsstempel oder eine Angabe des Empfangsdatums oder des Verladedatums enthält, gilt das Ausstellungsdatum des Transportdokuments als Verladedatum. iii. den Verladeort und den Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen. i. Ein Straßen-Transportdokument muss dem Anschein nach das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein oder darf keinen Hinweis darauf enthalten, für wen das Dokument erstellt wurde. ii. Ein Eisenbahn-Transportdokument, das als „Duplikat“ gekennzeichnet ist, ist als Original aufnahmefähig. iii. Ein Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument wird als ein Original akzeptiert, unabhängig davon, ob es als Original gekennzeichnet ist. Mangels Angabe der Zahl der ausgestellten Originale in dem Transportdokument gilt die Zahl der vorgelegten Dokumente als voller Satz. Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel innerhalb derselben Transportart im Verlauf des Transports vom Ort der Verladung, Versendung oder Beförderung zum Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind. i. Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports darf ausweisen, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist. ii. Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports, das ausweist, dass Umladung stattfindet, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet. Artikel 25 Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis

a)

b)

c)

Eine wie auch immer benannte Kurierempfangsbestätigung, die den Empfang der Ware zum Transport ausweist, muss dem Anschein nach: i. den Namen des Kurierdienstes ausweisen und durch einen namentlich genannten Kurierdienst an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet sein; und ii. ein Abhol- oder Empfangsdatum oder einen entsprechenden Wortlaut ausweisen. Dieses Datum gilt als Verladedatum. Eine Bedingung, wonach die Spesen des Kuriers bezahlt oder vorausbezahlt sein müssen, kann durch ein von einem Kurierdienst ausgestelltes Transportdokument erfüllt werden, das ausweist, dass Kurierspesen zu Lasten eines anderen Beteiligten als des Empfängers gehen. Ein Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis, der, wie auch immer benannt, den Empfang der Ware für den Transport ausweist, muss dem Anschein nach an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet und datiert sein. Dieses Datum gilt als Verladedatum. Artikel 26 „An Deck“, „Shipper’s Load and Count“, „Said by Shipper to Contain“ und zusätzliche Kosten zur Fracht

a) b) c)

Ein Transportdokument darf nicht ausweisen, dass die Ware an Deck verladen ist oder wird. Eine Klausel in einem Transportdokument, wonach die Ware an Deck verladen werden kann, ist annehmbar. Ein Transportdokument mit einer Klausel wie „Shipper’s Load and Count“ bzw. „Said by Shipper to Contain“ ist annehmbar. Ein Transportdokument darf durch Stempel oder auf andere Weise auf zusätzlich zur Fracht anfallende Kosten hinweisen.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Artikel 27 Reine Transportdokumente Banken nehmen nur reine Transportdokumente an. Ein reines Transportdokument enthält keine Klauseln oder Vermerke, die ausdrücklich auf einen mangelhaften Zustand der Ware oder deren Verpackung hinweisen. Das Wort „clean“ muss nicht auf dem Transportdokument erscheinen, selbst wenn das Akkreditiv eine Bedingung enthält, nach der ein Transportdokument „clean on board“ sein soll Artikel 28 Versicherungsdokument und -deckung a)

b) c) d) e)

f)

g)

h)

i) j)

Ein Versicherungsdokument wie eine Versicherungspolice, ein Versicherungszertifikat oder eine „declaration“ unter einem Open Cover („laufende Police“) muss dem Anschein nach von einer Versicherungsgesellschaft, einem Versicherer („underwriter“) oder deren Agenten oder deren Bevollmächtigten ausgestellt sein. Jede Unterschrift eines Agenten oder Bevollmächtigten muss ausweisen, ob der Agent oder Bevollmächtigte für eine Versicherungsgesellschaft oder einen Versicherer gezeichnet hat. Wenn das Versicherungsdokument ausweist, dass es in mehr als einem Original ausgestellt ist, müssen alle Originale vorgelegt werden. Deckungsbestätigungen („cover notes“) werden nicht angenommen. Eine Versicherungspolice ist anstelle eines Versicherungszertifikats oder einer „declaration“ unter einer laufenden Police annehmbar. Das Versicherungsdokument darf nicht nach dem Verladedatum datiert sein, es sei denn, aus dem Versicherungsdokument geht hervor, dass die Deckung ab einem Datum, das nicht nach dem Verladedatum liegt, wirksam wird. i. Das Versicherungsdokument muss den Betrag der Versicherungsdeckung ausweisen und in derselben Währung wie das Akkreditiv ausgestellt sein. ii. Verlangt ein Akkreditiv, dass die Versicherungsdeckung auf einen Prozentsatz des Werts der Waren, des Rechnungswerts oder eines ähnlichen Werts lauten muss, gilt dies als Anforderung eines Mindestbetrags der erforderlichen Versicherungsdeckung. Wenn im Akkreditiv keine Angabe zur Höhe der erforderlichen Versicherungsdeckung enthalten ist, muss der Betrag der Versicherungsdeckung mindestens 110% des CIF- oder CIP-Werts der Ware sein. Wenn der CIF- oder CIP-Wert aufgrund der Dokumente nicht bestimmt werden kann, muss der Betrag der Versicherungsdeckung auf der Basis des Betrags berechnet werden, für den Honorierung oder Negoziierung verlangt wird, oder des Bruttowerts der Ware gemäß Handelsrechnung, je nachdem, welcher Betrag höher ist. iii. Das Versicherungsdokument muss ausweisen, dass die Risiken mindestens zwischen dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Übernahme- oder Verladeort und dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Auslieferungsoder endgültigen Bestimmungsort gedeckt sind. Das Akkreditiv sollte vorschreiben, welche Art von Versicherung verlangt wird und, gegebenenfalls, welche zusätzlichen Risiken zu decken sind. Ein Versicherungsdokument wird ungeachtet der Risiken, die nicht gedeckt sind, angenommen, wenn im Akkreditiv ungenaue Begriffe wie „übliche Risiken“ oder „handelsübliche Risiken“ verwendet werden. Wenn ein Akkreditiv „Versicherung gegen alle Risiken“ vorschreibt und ein Versicherungsdokument mit einem Vermerk oder einer Klausel über „alle Risiken“ vorgelegt wird, wird das Versicherungsdokument unabhängig davon, ob es mit der Überschrift „alle Risiken“ versehen ist oder nicht, ohne Rücksicht darauf angenommen, ob irgendwelche Risiken ausdrücklich ausgeschlossen sind. Ein Versicherungsdokument darf einen Hinweis auf jegliche Ausschlussklauseln enthalten. Ein Versicherungsdokument darf ausweisen, dass die Deckung einer Franchise oder einer Abzugsfranchise unterworfen ist.

Art. 18–28 ERA enthalten umfangreiche – sehr technische – Regeln zu vier Typen von 631 Dokumenten: Handelsrechnungen, Transportdokumenten, Einlieferungs- und Empfangsbetätigungen und Versicherungspolicen. Die ersten drei Dokumententypen regeln zunächst Art. 18–25 ERA mit Angaben, die – aufgeschlüsselt nach Dokumententypen – jeweils den Mindestinhalt spezifizieren (jeweils lit. a), woran sich einige ergänzende Auslegungsregeln anschließen. Der Mindestinhalt muss jeweils nur „dem Anschein nach“ enthalten sein, weil den Banken die Prüfung der vorgelegten Dokumente auch ohne nähere Kenntnisse der jeweili757

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

gen Branche möglich sein soll.1390 Solche Regeln werden getroffen für (i) Handelsrechnungen (Art. 18 ERA), (ii) verschiedene Transportdokumente, namentlich: Transportdokumente über mindestens zwei Beförderungsarten (Art. 19 ERA), Konnossemente (Art. 20 ERA), nichtbegebbare Seefrachtbriefe (Art. 21 ERA), Charterpartie-Konnossemente (Art. 22 ERA), Lufttransportdokumente (Art. 23 ERA) und Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschifftransports (Art. 24 ERA, sowie (iii) verschiedene Formen von Einlieferungs- bzw. Empfangsbestätigungen (Art. 25 ERA). Nach einem Einschub (nächste Rn) folgt (iv) eine vergleichbare Regel für Versicherungspolicen (Art. 28 ERA). Zusätzlich werden Klauseln (allein) für die Transportdokumente spezifiziert, die ein Do632 kument unannehmbar machen – weil damit auf eine besondere Gefahr für die Ware oder gar auf ihre Qualität hingewiesen würde bzw. werden soll und ebendies dem Abstraktionsprinzip (Art. 4, 5 ERA) und dem Grundsatz der Dokumentenstrenge zuwider liefe –,1391 zugleich jedoch werden Grenzfälle geklärt, in denen dieses Verdikt nicht eingreift (vgl. im einzelnen Art. 26, 27 ERA).

VIII. Dokumentenvorlage und Akkreditivabwicklung – Modalitäten, Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 29–37 ERA) Artikel 29 Verlängerung des Verfalldatums oder des letzten Tags der Dokumentenvorlage a)

b)

c)

Wenn das Verfalldatum des Akkreditivs oder der letzteTag der Dokumentenvorlagefrist auf einen Tag fällt, an dem die Bank, der die Dokumente vorzulegen sind, aus anderen als den unter Artikel 36 genannten Gründen geschlossen ist, wird das vorgeschriebene Verfalldatum oder der letzte Tag der Dokumentenvorlage auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag hinausgeschoben. Wenn eine Dokumentenvorlage an dem nächstfolgenden Bankarbeitstag erfolgt, muss die benannte Bank der eröffnenden oder bestätigenden Bank eine Erklärung in ihrem Dokumentenversandschreiben abgeben, dass die Dokumentenvorlage innerhalb der gemäß Artikel 29 (a) hinausgeschobenen Fristen erfolgt ist. Das letzte Verladedatum wird durch Artikel 29 (a) nicht hinausgeschoben. Artikel 30 Toleranz bzgl. Akkreditivbetrag, Menge und Preis pro Einheit

a)

b)

c)

Die Worte „etwa“ oder „ungefähr“ im Zusammenhang mit dem Akkreditivbetrag oder der im Akkreditiv angegebenen Menge oder dem im Akkreditiv angegebenen Preis pro Einheit sind dahingehend auszulegen, dass eine Toleranz von bis zu 10% nach oben oder bis zu 10% nach unten von dem Betrag, der Menge oder dem Preis pro Einheit, auf die sie sich beziehen, statthaft ist. Eine Toleranz in der Warenmenge von bis zu 5% nach oben oder bis zu 5% nach unten ist statthaft, vorausgesetzt, dass das Akkreditiv die Menge nicht in einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken vorschreibt und dass der Gesamtbetrag der Inanspruchnahme den Akkreditivbetrag nicht überschreitet. Selbst wenn Teilverladungen nicht erlaubt sind, ist eine Toleranz um bis zu 5% weniger als der Akkreditivbetrag zulässig, vorausgesetzt, dass bei einer im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Warenmenge diese in vollem Umfang geliefert und bei einem im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Preis pro Einheit dieser Preis nicht unterschritten wird oder dass Artikel 30 (b) nicht anwendbar ist. Diese Toleranz ist nicht anwendbar, wenn im Akkreditiv eine besondere Toleranz ausgewiesen ist oder die Begriffe gemäß Artikel 30 (a) verwendet werden. Artikel 31 Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen

a) b)

Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen sind zulässig. Eine Dokumentenvorlage, die aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten besteht, die Verladungsbeginn auf demselben Beförderungsmittel und für dieselbe Reise ausweisen, vorausgesetzt sie geben dasselbe

_____

1390 Ausf. zu den einzelnen Dokumenten BankR-HdB/Jäger/Haas § 120 Rn 247–371; Nielsen WM-Sonderbeil. 1993/3. 1391 Vgl. neben Nachw. vorige Fn Baumbach/Hopt (11) Nr. 26, 27 ERA Rn 1.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

c)

Ziel an, wird nicht als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die Transportdokumente unterschiedliche Verladedaten oder unterschiedliche Verladehäfen, Übernahme- oder Versandorte ausweisen. Besteht die Dokumentenvorlage aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten, gilt das letzte Verladedatum, wie es sich aus einem der Sätze von Transportdokumenten ergibt, als das Verladedatum. Eine Dokumentenvorlage, die aus einem oder mehreren Sätzen von Transportdokumenten besteht und Verladung auf mehr als einem Beförderungsmittel innerhalb derselben Beförderungsart ausweist, wird als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die Beförderungsmittel an demselben Tag zu demselben Ziel abgehen. Eine Dokumentenvorlage bestehend aus mehr als einer Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis wird nicht als eine Teilverladung angesehen, wenn die Kurierempfangsbestätigungen, Posteinlieferungs-, Postempfangsscheine oder Postversandnachweise dem Anschein nach von demselben Kurier oder Postdienst an demselben Ort und Datum für dasselbe Ziel abgestempelt oder unterzeichnet sind.

Artikel 32 Inanspruchnahme oder Verladung in Raten Ist im Akkreditiv Inanspruchnahme oder Verladung in Raten innerhalb bestimmter Zeiträume vorgeschrieben und ist irgendeine Rate nicht innerhalb des für sie vorgeschriebenen Zeitraums in Anspruch genommen oder verladen worden, kann das Akkreditiv für diese betreffende und jede weitere Rate nicht mehr benutzt werden.

Artikel 33 Vorlegungszeiten Banken sind nicht verpflichtet, Dokumente außerhalb ihrer Öffnungszeiten entgegenzunehmen. Artikel 34 Haftungsausschluss für Wirksamkeit von Dokumenten Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit irgendeines Dokuments oder für die allgemeinen oder besonderen Bedingungen, die in irgendeinem Dokument angegeben oder demselben hinzugefügt sind; Banken übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch irgendein Dokument repräsentierten Waren, Dienstleistungen oder anderen Leistungen oder für Treu und Glauben oder Handlungen oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf von Absender, Frachtführer, Spediteur, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendeiner anderen Person.

Artikel 35 Haftungsausschluss für Nachrichtenübermittlung und Übersetzung Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen, Verlusten, Verstümmelungen oder sonstigen Irrtümern bei der Übermittlung von Nachrichten oder Versand von Briefen oder Dokumenten, wenn diese Nachrichten, Briefe oder Dokumente gemäß den im Akkreditiv gestellten Anforderungen übermittelt oder abgesandt werden oder wenn die Bank, mangels entsprechender Weisungen im Akkreditiv, selbst die Initiative bei der Auswahl des Beförderungsdienstes ergriffen hat. Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist und die Dokumente an die eröffnende oder bestätigende Bank versendet, unabhängig davon, ob die benannte Bank honoriert oder negoziiert hat, muss die eröffnende oder bestätigende Bank honorieren oder negoziieren oder diese benannte Bank remboursieren, selbst dann, wenn die Dokumente auf dem Weg von der benannten Bank zur eröffnenden Bank oder bestätigenden Bank oder zwischen der bestätigenden und der eröffnenden Bank verloren gegangen sind. Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Irrtümer bei der Übersetzung oder Auslegung von technischen Begriffen und können Akkreditiv-Bedingungen unübersetzt weiterleiten.

Artikel 36 Höhere Gewalt Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstände, Kriege, Terrorakte oder durch irgendwelche Streiks oder Aussperrungen oder irgendwelche anderen Ursachen außerhalb ihrer Kontrolle.

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Banken werden nach Wiederaufnahme ihrer Geschäftstätigkeit unter einem Akkreditiv, das während einer solchen Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit verfallen ist, nicht honorieren oder negoziieren. Artikel 37 Haftungsausschluss für Handlungen einer beauftragten Partei a) b)

c)

d)

Bedient sich eine Bank einer anderen Bank, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tut sie dies für Rechnung und Gefahr des Auftraggebers. Eine eröffnende oder avisierende Bank übernimmt keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihr einer anderen Bank übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden, selbst wenn sie die Initiative bei der Auswahl dieser Bank ergriffen hat. Eine Bank, die eine andere Bank beauftragt, Leistungen zu erbringen, haftet für alle Provisionen/Kommisionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen („Spesen“), die dieser Bank im Zusammenhang mit ihren Weisungen entstanden sind. Wenn ein Akkreditiv vorschreibt, dass die Spesen für Rechnung des Begünstigten gehen und die Spesen nicht eingezogen oder von Erlösen abgezogen werden können, bleibt die eröffnende Bank für die Zahlung der Spesen haftbar. Ein Akkreditiv oder dessen Änderung sollte nicht vorschreiben, dass die Avisierung an den Begünstigten davon abhängig ist, dass die avisierende Bank oder zweite avisierende Bank ihre Spesen erhält. Der Auftraggeber muss alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und muss die Banken für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten.

1. Vorlegungs- und Abwicklungsmodalitäten (Art. 29–33 ERA) 633

a) Vorlegungszeitpunkt (Art. 29, 33 ERA). Der Zahlungsanspruch aus der Eröffnung bzw. Bestätigung erlischt außer durch Zahlung (oder Erfüllungssubstitute) durch Verfristung. Fristüberschreitung ist möglich vor allem hinsichtlich des Verfallsdatums (Art. 29 ERA). Nach Art. 6 lit. d ERA ist die Festlegung eines Verfallsdatums Wirksamkeitsvoraussetzung für alle Ansprüche aus Akkreditiv (oben Dritter Teil Rn 581). Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist (vgl. Art. 6 lit. e ERA): Auch sehr geringfügige1392 und unverschuldete1393 Fristüberschreitung führt zum Erlöschen des Anspruchs und dies auch, wenn die Fristüberschreitung auf Umständen höherer Gewalt beruht (Art. 36 ERA). Die Wirksamkeit dieser Freizeichnung der Bank(en) von der Zahlungspflicht wird auch von der h.M. – d.h. auf der Grundlage von § 307 BGB – kaum angezweifelt.1394 Werden die Dokumente auch nur bei einer der hierzu bestimmten Banken eingereicht, so wird damit freilich die jeweilige Frist auch den anderen verpflichteten Banken gegenüber gewahrt.1395 Zu jenen Banken zählt auch die Zahlstelle,1396 die avisierende Bank hingegen nur als Durchlaufstelle, weshalb der Begünstigte insoweit eine Weiterleitungszeitmarge einzurechnen hat.1397 Art. 29 ERA regelt den einzigen Umstand, durch den der Ablauf des Ver-

_____

1392 RG (Fn 1353), RGZ 105, 48 (52); Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn K/13; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/209. 1393 Nielsen BuB Rn 5/589; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/209; wohl auch Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 269; für Einräumung einer Nachfrist unter „strengen Anforderungen“ Canaris Bankvertragsrecht Rn 990. 1394 Nielsen BuB Rn 5/589; Schlegelberger/Hefermehl § 365 HGB Anh. Rn 208; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/209. 1395 Ebenso (implizit): Nielsen BuB Rn 5/590; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/204. Nicht beantwortet im Verhältnis zu den anderen Banken ist hingegen die Frage nach der Ordnungsmäßigkeit der Dokumente: v. Bar ZHR 152 (1988), 38 (44). 1396 Canaris Bankvertragsrecht Rn 992; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 163; Liesecke WM 1966, 458 (462); Nielsen BuB Rn 5/588, 5/590; Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S. 116; Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/89. 1397 Canaris Bankvertragsrecht Rn 992; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 189; Nielsen BuB Rn 5/588 f.; Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 175; Schärrer Dokumenten-Akkreditiv, S. 115; entsprechendes gilt bei Einreichung bei irgendeiner Filiale der zur Zahlung verpflichteten Banken: Zahn/Eberding/Ehrlich Zahlung, Rn 2/211.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

fallsdatums aufgehalten wird: wenn der Verfallstag auf ein Datum fällt, zu dem das Institut, bei dem die Dokumente vorzulegen sind, geschlossen ist. Letzteres gilt freilich wiederum nicht, wenn die Schließung auf höherer Gewalt beruht, weil dann eine allgemeine Störung des Rechtsverkehrs befürchtet wird, die nicht danach soll aufgearbeitet werden müssen. Am Verfallsdatum hat der Begünstigte zudem die allgemeinen Öffnungszeiten zu achten, 634 außerhalb derer kein Anspruch besteht, die Dokumente vorlegen zu können (Art. 33 ERA).1398 b) Abwicklungsmodalitäten (Art. 30–32 ERA). Art. 30 ERA enthält eine Auslegungsregel 635 für Begriffe wie „ungefähr“ (Abweichung bis zu 10% gestattet, lit. a) und ordnet – auch wenn die Zahlen genau festgelegt wurden – kraft Gesetzes Toleranzen von bis zu 5% an: bei pauschalen (jedoch genauen) Mengenangaben, nicht jedoch bei genauen Stückzahlen (lit. b) und unter bestimmten Umständen bei Minderinanspruchnahmen (lit. c). Teilinanspruchnahme oder Teilverladung sind im Zweifel zulässig (Art. 31 lit. a ERA), doch selbst wenn dies abweichend vereinbart ist, gelten mehrere Verladungen bei demselben Beförderer auf derselben Reise nicht als Teilverladungen (lit. b), desgleichen nicht ein Transport, bei dem – bei mehreren Beförderern – derselbe Post- und Kurierdienst die Ladung für denselben Ort und dieselbe Zeit abgestempelt hat (lit. c). Schließlich legt Art. 32 ERA fest, dass, wenn Leistung in Raten vereinbart ist, der Verzug schon mit nur einer Annahme einer Rate dazu führt, dass die Leistungen aus dem Akkreditiv nicht mehr gefordert werden können. Denn weitere (unsichere!) Lieferversuche können der anderen Seite – im internationalen Rechtsverkehr – nicht zugemutet werden. 2. Haftung und Haftungsausschlüsse (Art. 34–37 ERA). Relativ weit zu gehen scheinen 636 die Vorschriften zur Begrenzung der Leistungspflicht bzw. zum Haftungsausschluss in Art. 34– 37 ERA, auch noch nach manch einer Abschwächung anlässlich der verschiedenen Revisionen. Die Inhaltskontrolle des § 307 Abs. 2 BGB wird auch gerade auf diese Vorschriften vorrangig bezogen.1399 Richtig eingeordnet werden können sie nur bei systematischer Betrachtung der Gesamtheit der ERA und im Kontext eines weltweiten Rechtsverkehrs und Einsatzes. Die eigentliche Expertise der Bank wird von den ERA in der Organisation des Akkreditiv-Geschäfts und der Entgegennahme und Honorierung der Dokumente gesehen. Entsprechend sehen die ERA insoweit eine unbedingte Ausführungspflicht (oben Dritter Teil Rn 568, 588, 589) bzw. eine Pflicht zur Prüfung nach Anforderungen des Akkreditivs selbst, der ERA und der internationalen Bankpraxis vor (Art. 14 ERA). Im Lichte dieser Verpflichtungen sind Art. 34–37 ERA auszulegen, mit denen versucht wird, die Verantwortungsbereiche zwischen Banken und dem Auftraggeber noch genauer abzugrenzen. Art. 34 ERA sieht – solchermaßen ausgelegt – nur vor, dass Banken nicht verbürgen (kön- 637 nen), dass das, was die Dokumente aussagen, auch der Wirklichkeit entspricht. Noch weniger können sie für die Ware oder Dienstleistung selbst Verantwortung übernehmen. Sie sagen allein Prüfung dahingehend zu, ob die Dokumente mit den Anforderungen im Akkreditiv übereinstimmen. Freilich sagen sie dies teils in anderen Regeln auch nur unter Einschränkungen zu, etwa wenn nach Art. 17 lit. c ERA den Prüfungspflichten schon genüge geleistet sein soll, wenn die Authenzität einer Urkunde gegeben „zu sein scheint“. Doch auch diese Einschränkung der Leistungspflicht und den darin potentiell liegenden Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit sieht die höchstrichterliche Rechtsprechung als wirksam an 1400 – angesichts der Fälschungsgefahren im internationalen Rechtsverkehr m.E. zu Recht. Denn die Internationalität der

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1398 Eigentlich selbstverständlich und auch unter § 307 Abs. 2 BGB in seiner Wirksamkeit nicht anzuzweifeln: anders Nielsen Dokumentenakkreditive, S. 385. 1399 Canaris Bankvertragsrecht Rn 929; sowie Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, (10. Aufl.) Anhang Dokumentenakkreditive Rn 310; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Schmidt Akkreditivbedingungen Rn A127 bis A130. 1400 BGH (Fn 1341), BGHZ 108, 348 (348).

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

Sachverhaltsgestaltung hat der Auftraggeber gewollt; die auch für die Bank unvermeidlichen Risiken gehen also zu seinen Lasten. Weitgehend unvermeidbar für die eingeschalteten Banken sind auch gewisse Versendun638 gen, die Gegenstand von Art. 35 ERA sind: Die Klausel regelt, dass deren Verzögerungen (bei Nachrichten, lit. a) bzw. deren Verlust (bei Dokumenten, die nach der Honorierung zu Rembourszwecken versandt werden) nicht zu Lasten des Versenders gehen sollen. Gleiches gilt bei Übersetzung technischer Begriffe (S. 3). Wenig problematisch ist schließlich der Haftungsausschluss in Fällen höherer Gewalt (Art. 36 ERA; meist schon ohnehin niedergelegt im dispositivem Recht). Problematisch ist erst die Klausel, dass Akkreditive, deren Dokumente aufgrund höherer Gewalt nicht vor Eintritt des Verfallsdatums vorgelegt werden konnten, endgültig verfallen sein sollen.1401 Am problematischsten wird wohl der Haftungsausschluss für eingeschaltete Banken ge639 sehen (Art. 37 lit. a ERA). Im SEPA-Raum wird die Haftung der erstbeauftragten Bank für die Zahlungskette bekanntlich angeordnet, freilich erst seit 2002 (seit der EG-ÜberweisungsRichtlinie). Angesichts der ungleich größeren Unsicherheit im weltweiten Korrespondenzbankensystem erscheint es jedoch nicht missbräuchlich, dass die Rechtslage, die auch innerdeutsch immerhin bis 2002 galt, in den ERA vorgesehen wird. Die Regel ist dahingehend auszulegen, dass die beauftragte Bank (allein) für ihr eigenes Auswahlverschulden haftet,1402 nicht hingegen für Verschulden der ausländischen Korrespondenzbank.1403 Soweit das Geschäftsgebaren ausländischer Banken nicht übersehbar ist, also kein Auswahlverschulden vorliegt, hat vorrangig der Auftragsgeber das Risiko eines Fehlverhaltens dadurch hervorgerufen, dass er ein internationales Geschäft initiierte und diesen Zahlungsweg wählte. Die Bank haftet hierfür nicht. Dies entspricht sogar dem gesetzlichen Leitbild im SEPA-Raum, wenn der Auftraggeber die Einschaltung einer bestimmten ausländischen Bank schon im Akkreditivauftrag vorsieht.1404 Grundsätzlich kann jedoch auch ohne solche Abrede von der Akkreditiv-Bank nur bei Unterhaltung eines entsprechenden Filialnetzes erwartet werden, dass sie den Auftrag durch Einschaltung des eigenen Hauses abwickelt. Bei Fehlen eines solchen Filialnetzes bleibt es bei der genannten Risikoverteilung. Insbesondere ist auch nicht danach zu differenzieren, ob die von der Korrespondenzbank wahrgenommene Pflicht „eigentlich“ der Akkreditiv-Bank obliegt – so angeblich hinsichtlich Avisierung und Zahlung durch die Zahlstelle – oder nicht – so angeblich bei einer Bestätigung.1405 Soweit die Akkreditiv-Bank für den Auftraggeber ersichtlich auf ausländische Korrespondenzbanken zurückgreifen wird, setzt sie diese nach Art. 37 lit. a ERA als Substitut ein. Vergleichbar ist der Ausschluss der Haftung für Fälle zu sehen, in denen andere Banken gegebene Weisungen nicht befolgen (lit. b). Und auftragsrechtlich zwingend ist es ganz besonders, dass ein Auftraggeber für Kosten und Spesen, die sich aus der Auftragsausführung ergeben, haftet (lit. c und d).

_____

1401 Unwirksam jedenfalls in Fällen von Streiks nach Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Schmidt Akkreditivbedingungen Rn A127–129; vor Verfalldatum vorgelegte Dokumente, müssen nach Wegfall der höheren Gewalt ohnehin noch unverzüglich bearbeitet werden: BGH (Fn 1245) WM 1960, 38. 1402 Haftung für Auswahlverschulden bejaht von: Canaris Bankvertragsrecht Rn 975; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 152 f.; Frh. v. Gablenz Die Haftung der Banken bei der Einschaltung Dritter – eine rechtsvergleichende, rechtsdogmatische und rechtstatsächliche Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Fragen der Substitution bei Besorgung fremder Geschäfte, 1983, S. 276; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Schmidt Akkreditivbedingungen Rn A130; einschränkend (grobe Fahrlässigkeit): Graf v.Westphalen WM 1980, 178 (186); und evtl. auch Nielsen ZIP 1984, 230 (239); Nielsen BuB Rn 5/547. 1403 Ausf. BankR-HdB/Jäger/Haas § 120 Rn 419–431; sowie Canaris Bankvertragsrecht Rn 974 (nur hinsichtlich Einschaltung von bestätigender Zweitbank); Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 152 (nur hinsichtlich Einschaltung von bestätigender Zweitbank); v. Gablenz (Fn 1402) S. 276–281; Nielsen ZIP 1984, 230 (239). 1404 Nielsen ZIP 1984, 230 (239). 1405 So besonders: Canaris Bankvertragsrecht Rn 974; Schütze/Vorpeil Dokumentenakkreditiv, S. 143 f., 152 f.; ohne/gegen eine Differenzierung demgegenüber: v. Gablenz (Fn 1402) S. 276–281; Nielsen Grundlagen, S. 74; ders. ZIP 1984, 230 (239); Graf v. Westphalen Exportfinanzierung, S. 254 f.

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762

5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

IX. Übertragung und Beendigung (Art. 38, 39 ERA) Artikel 38 Übertragbare Akkreditive a) b)

c)

d)

e) f)

g)

h)

i)

j)

763

Keine Bank ist verpflichtet, ein Akkreditiv zu übertragen außer in dem Umfang und in der Art, wie ausdrücklich von der Bank zugestimmt. Im Sinne dieses Artikels bedeutet: übertragbares Akkreditiv ein Akkreditiv, das ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet ist. Ein übertragbares Akkreditiv kann im Auftrag des Begünstigten („Erstbegünstigter“) ganz oder teilweise für einen anderen Begünstigten („Zweitbegünstigter“) benutzbar gestellt werden; übertragende Bank eine benannte Bank, die das Akkreditiv überträgt, oder, bei einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv, eine Bank, die von der eröffnenden Bank ausdrücklich zur Übertragung ermächtigt ist und das Akkreditiv überträgt. Eine eröffnende Bank kann eine übertragende Bank sein; übertragenes Akkreditiv ein Akkreditiv, das durch die übertragende Bank für einen Zweitbegünstigten benutzbar gemacht worden ist. Soweit zum Zeitpunkt der Übertragung nichts anderes vereinbart ist, gehen alle Spesen (wie Provisionen/Kommissionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen), die durch die Übertragung anfallen, zu Lasten des Erstbegünstigten. Ein Akkreditiv kann in Teilen an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen werden, vorausgesetzt, dass Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen zulässig sind. Ein übertragenes Akkreditiv kann im Auftrag des Zweitbegünstigten nicht an einen nachfolgenden Begünstigten übertragen werden. Der Erstbegünstigte gilt nicht als nachfolgender Begünstigter. Jeder Übertragungsauftrag muss angeben, ob und unter welchen Bedingungen Änderungen dem Zweitbegünstigten avisiert werden können. Das übertragene Akkreditiv muss diese Bedingungen klar ausweisen. Wird ein Akkreditiv an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen, macht die Ablehnung einer Änderung durch einen oder mehrere Zweitbegünstigte die Annahme durch andere Zweitbegünstigte nicht unwirksam, denen gegenüber das übertragene Akkreditiv entsprechend geändert ist. Für jeden Zweitbegünstigten, der die Änderung abgelehnt hat, bleibt das übertragene Akkreditiv unverändert. Das übertragene Akkreditiv muss die Bedingungen des Akkreditivs, einschließlich einer möglicherweise vorhandenen Bestätigung, genau widerspiegeln. Davon ausgenommen sind: – Akkreditivbetrag, – jeder im Akkreditiv angegebene Preis pro Einheit, – Verfalldatum, – Dokumentenvorlagefrist, oder – letztes Verladedatum oder angegebene Verladefrist, die einzeln oder insgesamt ermäßigt oder verkürzt werden können. Der Prozentsatz, auf den die Versicherungsdeckung lauten muss, kann erhöht werden, um den im Akkreditiv oder in diesen Artikeln vorgeschriebenen Deckungsbetrag zu erreichen. Der Name des Erstbegünstigten kann an die Stelle des Namens des Auftraggebers des Akkreditivs gesetzt werden. Wenn im Akkreditiv ausdrücklich verlangt wird, dass der Name des Auftraggebers in irgendeinem anderen Dokument als der Rechnung erscheint, muss sich diese Bedingung im übertragenen Akkreditiv widerspiegeln. Der Erstbegünstigte hat das Recht, seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte an die Stelle derjenigen des Zweitbegünstigten zu setzen und zwar in einem Betrag, der den im Akkreditiv angegebenen Betrag nicht übersteigt; und aufgrund eines solchen Austauschs kann der Erstbegünstigte unter dem Akkreditiv den Differenzbetrag in Anspruch nehmen, der gegebenenfalls zwischen seiner Rechnung und der des Zweitbegünstigten besteht. Wenn der Erstbegünstigte seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte vorzulegen hat, aber der ersten Aufforderung hierzu nicht nachkommt oder wenn die vom Erstbegünstigten vorgelegte Rechnung Unstimmigkeiten herbeiführt, welche die Dokumentenvorlage des Zweitbegünstigten nicht aufwies und die der Erstbegünstigte nicht auf erste Aufforderung korrigiert, dann hat die übertragende Bank das Recht, der eröffnenden Bank die Dokumente, die sie vom Zweitbegünstigten erhalten hat, zu präsentieren, ohne weitere Verantwortlichkeit gegenüber dem Erstbegünstigten. Der Erstbegünstigte kann in seinem Übertragungsauftrag verlangen, dass die Honorierung oder Negoziierung gegenüber dem Zweitbegünstigten an dem Ort, an den das Akkreditiv übertragen worden ist, vorgenommen

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

k)

wird, und zwar bis zum Verfalldatum des Akkreditivs einschließlich. Dies gilt unbeschadet des Rechts des Erstbegünstigten gemäß Artikel 38 (h). Die Dokumentenvorlage durch oder für den Zweitbegünstigten muss an die übertragende Bank erfolgen. Artikel 39 Abtretung von Akkreditiverlösen

Die Tatsache, dass ein Akkreditiv nicht als übertragbar bezeichnet ist, berührt nicht die Rechte des Begünstigten, seinen unter einem solchen Akkreditiv bestehenden oder künftig entstehenden Anspruch auf den Erlös gemäß den Bestimmungen des anzuwendenden Rechts abzutreten. Dieser Artikel bezieht sich nur auf die Abtretung des Akkreditiverlöses und nicht auf die Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme des Akkreditivs.

640

Art. 38 und 39 ERA regeln die Übertragung von Rechtsverhältnissen und Ansprüchen, Art. 38 ERA diejenige des gesamten Akkreditivverhältnisses, Art. 39 ERA diejenige des einzelnen Zahlungsanspruches. Entsprechend setzt Art. 38 ERA entweder eine ausdrückliche Ausgestaltung des Akkreditivs als übertragbar (lit. b, vorherige Zustimmung) oder eine nachherige Zustimmung (lit. a) voraus. Dass es sich um das gesamte Akkreditivverhältnis handeln soll, wird aus lit. c klar. Die Übertragung kann zwar durch Aufteilung des Rechtsverhältnisses an verschiedene Personen erfolgen, nicht jedoch sächliche Teilung, indem nur ein Teil des Akkreditivs übertragen wird (beides lit. d). Der Rest der Regelung betrifft einzelne Abwicklungsfragen. Umgekehrt kann der einzelne Zahlungsanspruch nach Art. 39 ERA durch einseitige Erklärung abgetreten werden, auch wenn das Akkreditiv Gegenteiliges festlegt. Für die Voraussetzungen und Wirkungen wird auf nationales Recht verwiesen. Anhang zu den ERA 600 für die Vorlage elektronischer Dokumente (el.ERA) – Version 1.1. (anwendbar ab 1. Juli 2007) (Original englisch)*

641

Anwendungsbereich der el.ERA el.ERA 1 a)

b) c)

Der Anhang zu den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive für die Vorlage elektronischer Dokumente (el.ERA) ergänzt die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für DokumentenAkkreditive (Revision 2007, ICC Publikation Nr. 600, ERA), um die Vorlage elektronischer Dokumente allein oder zusammen mit Papierdokumenten zu ermöglichen. Die el.ERA gelten als Ergänzung zu den ERA, wenn das Akkreditiv ausweist, dass es den el.ERA unterliegt. Die vorliegende Version ist die Version 1.1. Ein Akkreditiv muss die anzuwendende Version der el.ERA ausweisen. Andernfalls unterliegt es der Version, die zum Datum der Akkreditiveröffnung, oder, wenn das Akkreditiv durch eine vom Begünstigten angenommene Änderung den el.ERA unterworfen wurde, der Version, die zum Datum dieser Änderung in Kraft ist. Verhältnis der el.ERA zu den ERA el.ERA 2

a) b)

Ein Akkreditiv, das den el.ERA unterworfen ist (el.ERA-Akkreditiv), unterliegt auch den ERA, ohne dass diese ausdrücklich einbezogen wurden. Wenn die el.ERA Anwendung finden, gehen deren Bestimmungen den ERA insoweit vor, als sie zu einem von der Anwendung der ERA abweichenden Ergebnis führen würden.

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* Neufassung anwendbar ab 1.7.2019 – auf Englisch, bisher keine offizielle Übersetzung – erhältlich unter https://cdn.iccwbo.org/content/uploads/sites/3/2019/07/icc-commentary-on-eucp-2-0-and-eurc-1-0-article-byarticle-analysis.pdf. Dazu etwa Saive/Stabe RIW 2019, 642. „Minor structural changes“ (ggf. mit Klarstellungen und kleinen Zufügungen) im Falle v. e1–e3, e5, e7–e13, unter etwas umfangreicheren Änderungen in e6, und unter Einfügung zwei neuer Nummern e4 (electronic records and paper documents) und e14 (force majeure).

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764

5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

c)

Wenn ein el.ERA-Akkreditiv dem Begünstigten die Wahl zwischen der Vorlage von Papierdokumenten und elektronischen Dokumenten lässt und dieser sich entscheidet, nur Papierdokumente vorzulegen, gelten für diese Vorlage ausschließlich die ERA. Wenn ein el.ERA-Akkreditiv nur Papierdokumente erlaubt, gelten ausschließlich die ERA.

Definitionen el.ERA 3 a)

b)

Die nachstehenden Begriffe der ERA bedeuten für die Anwendung der ERA auf ein unter einem el.ERA-Akkreitiv vorgelegtes elektronisches Dokument Folgendes: i. „seiner äußeren Aufmachung nach“ und ähnliche Begriffe: gelten für die Prüfung des Dateninhaltes eines elektronischen Dokuments. ii. „Dokument“ schließt ein elektronisches Dokument ein. iii. „Ort der Vorlage“ von elektronischen Dokumenten bedeutet eine elektronische Adresse. iv. „unterzeichnen“ und ähnliche Begriffe umfassen eine elektronische Signatur. v. „angebracht“, „Vermerk“ oder „gestempelt“: bedeuten Dateninhalte, deren ergänzender Charakter in einem elektronischen Dokument augenscheinlich ist. Die nachstehenden in den el.ERA verwendeten Begriffe haben die folgende Bedeutung: i. „elektronisches Dokument“ bedeutet Daten – die elektronisch geschaffen, generiert, versandt, kommuniziert, empfangen oder gespeichert werden. – die hinsichtlich der augenscheinlichen Identität eines Versenders und der augenscheinlichen Quelle der enthaltenen Daten und hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Freiheit von nachträglichen Veränderungen authentisiert werden können, und – die auf Übereinstimmung mit den Bedingungen eines el.ERA-Akkreditivs überprüft werden können. ii. „elektronische Signatur“ bedeutet einen Datenverarbeitungsvorgang, der mit einem elektronischen Dokument verbunden oder logisch verknüpft ist und der von einer Person ausgeführt oder verwandt wurde, um diese Person zu identifizieren und die Authentisierung des elektronischen Dokuments durch diese Person anzuzeigen. iii. „Format“ bedeutet die Datenorganisation, in der das elektronische Dokument aufbereitet ist oder auf die es sich bezieht. iv. „Papierdokument“ bedeutet ein Dokument in der traditionellen Papierform. v. „empfangen“ bedeutet den Zeitpunkt, zu dem ein elektronisches Dokument in das Informationssystem des jeweiligen Empfängers in einer Form Einlass findet, die von diesem System angenommen werden kann. Eine Empfangsbestätigung bedeutet nicht die Annahme oder Ablehnung des elektronischen Dokuments unter einem el.ERA-Akkreditiv.

Format el.ERA 4 Ein el.ERA-Akkreditiv muss die Formate bezeichnen, in denen elektronische Dokumente vorzulegen sind. Wenn das Format eines elektronischen Dokuments nicht bezeichnet ist, kann das Dokument in jedem Format vorgelegt werden.

Vorlage el.ERA 5 a)

b) c)

765

Ein el.ERA-Akkreditiv, das die Vorlage i. von elektronischen Dokumenten zulässt, muss einen Ort für die Vorlage der elektronischen Dokumente angeben; ii. sowohl von elektronischen Dokumenten als auch von Papierdokumenten zulässt, muss auch einen Ort für die Vorlage der Papierdokumente angeben. Elektronische Dokumente können getrennt und müssen nicht zum gleichen Zeitpunkt vorgelegt werden. Erlaubt ein e.ERA-Akkreditiv die Vorlage eines oder mehrerer elektronischer Dokumente, muss der Begünstigte die Bank, der die Dokumente eingereicht werden, benachrichtigen, wenn die Vorlage vollständig ist. Die

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

d)

e)

f)

Benachrichtigung über die Vollständigkeit kann in der Form eines elektronischen Dokuments oder eines Papierdokuments erfolgen und muss das el.ERA-Akkreditiv benennen, auf das sie sich bezieht. Die Vorlage gilt als nicht erfolgt, wenn die vom Begünstigten vorgenommene Benachrichtigung nicht empfangen wird. i. Jede Vorlage eines elektronischen Dokuments und die Vorlage der Papierdokumente unter einem el.ERAAkkreditiv muss das el.ERA-Akkreditiv benennen, unter dem es vorgelegt wird. ii. Eine nicht so identifizierte Vorlage kann als nicht empfangen angesehen werden. Falls die Bank, bei der die Vorlage zu erfolgen hat, geöffnet ist, aber ihre Systeme am festgelegten Verfalldatum bzw. dem letzten Tag der Vorlagefrist nach dem Verladedatum nicht in der Lage sind, ein zwecks Vorlage übermitteltes elektronisches Dokument zu empfangen, gilt die Bank als geschlossen, und das letzte Datum für die Vorlage bzw. das Verfalldatum wird auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag verschoben, an dem die Bank in der Lage ist, ein elektronisches Dokument zu empfangen. Falls das einzige noch vorzulegende elektronische Dokument die Benachrichtigung über die Vollständigkeit ist, kann diese via Telekommunikation oder als Papierdokument vorgelegt werden und gilt als rechtzeitig vorgelegt, sofern sie geschickt wird, bevor die Bank in der Lage ist, ein elektronisches Dokument zu empfangen. Ein elektronisches Dokument, das nicht authentisiert werden kann, gilt als nicht vorgelegt.

Prüfung el.ERA 6 a)

b) c)

Fall ein elektronisches Dokument einen Hyperlink zu einem externen System enthält, oder eine Vorlage ausweist, dass das elektronische Dokument unter Bezug auf ein externes System geprüft werden kann, gilt das elektronische Dokument unter dem Hyperlink oder dem Referenz-System als das zu prüfende elektronische Dokument. Wenn das benannte System zum Zeitpunkt der Prüfung keinen Zugang zum erforderlichen elektronischen Dokument ermöglicht, gilt dies als Unstimmigkeit. Die Weiterleitung elektronischer Dokumente durch eine benannte Bank gemäß ihrer Ermächtigung bedeutet, dass sie die augenscheinliche Echtheit der elektronischen Dokumente festgestellt hat. Das Unvermögen der eröffnenden Bank oder der etwaigen bestätigenden Bank, ein elektronisches Dokument in einem im el.ERA-Akkreditiv geforderten Format zu prüfen oder, wenn kein Format vorgeschrieben ist, es im vorgelegten Format zu prüfen, ist keine Grundlage für eine Ablehnung.

Benachrichtigung über Zurückweisung el.ERA 7 a)

b)

i.

Die Frist für die Prüfung der Dokumente beginnt an dem Bankarbeitstag, der dem Bankarbeitstag folgt, an dem die Benachrichtigung seitens des Begünstigten über die Vollständigkeit empfangen wird. ii. Wenn die Frist für die Dokumentenvorlage oder für die Benachrichtigung der Vollständigkeit verlängert ist, beginnt die Frist für die Prüfung der Dokumente am nächstfolgenden Bankarbeitstag, an dem die Bank, bei der die Vorlage zu erfolgen hat, in der Lage ist, die Benachrichtigung hinsichtlich der Vollständigkeit zu empfangen. Wenn eine eröffnende Bank, eine etwaige bestätigende Bank oder eine in deren Auftrag handelnde benannte Bank, eine Benachrichtigung über die Zurückweisung einer Vorlage, die elektronische Dokumente einschließt, vornimmt und sie von der Partei, an welche die Benachrichtigung über die Zurückweisung gerichtet ist, innerhalb von 30 Kalendertagen vom Datum der Benachrichtigung über die Zurückweisung keine Weisungen über die Weiterbehandlung der elektronischen Dokumente empfängt, muss die Bank alle nicht bereits vorher an den Einreicher zurückgegebenen Papierdokumente zurückgeben, kann aber über die elektronischen Dokumente ohne jede Haftung über eine für angemessen erachtete Weise verfügen.

Originale und Kopien el.ERA 8 Jede Anforderung der ERA oder eines el.ERA-Akkreditivs über die Vorlage eines Originals oder mehrerer Originale oder Kopien eines elektronischen Dokuments wird durch Vorlage eines elektronischen Dokuments erfüllt.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Ausstellungsdatum el.ERA 9 Sofern ein elektronisches Dokument kein bestimmtes Ausstellungsdatum enthält, gilt das Datum, an dem es vom Aussteller gesendet zu sein scheint, als das Ausstellungsdatum. Das Empfangsdatum wird als Sendedatum betrachtet, falls kein anderes Datum erkennbar ist. Transport el.ERA 10 Fall ein den Transport nachweisendes elektronisches Dokument kein Verlade- oder Versendungsdatum ausweist, gilt das Ausstellungsdatum des elektronischen Dokuments als Verlade- bzw. Versendedatum. Fall jedoch das elektronische Dokument einen Vermerk trägt, der das Verlade- oder Versendedatum ausweist, gilt das Datum des Vermerks als das Verlade- bzw. Versendedatum. Ein Vermerk, der zusätzliche Dateninhalte zeigt, braucht nicht geondert unterschrieben oder anderweitig authentisiert zu sein. Beschädigung eines elektronischen Dokuments nach der Vorlage el.ERA 11 a)

b)

Wenn ein elektronisches Dokument, welches von der eröffnenden, bestätigenden oder einer anderen benannten Bank empfangen wurde, beschädigt zu sein scheint, kann die Bank den Einreicher informieren und ihn zu einer erneuten Vorlage des elektronischen Dokuments auffordern. Verlangt die Bank, dass ein elektronisches Dokument erneut vorgelegt wird: i. wird die Prüfungsfrist ausgesetzt und beginnt von neuem, wenn der Einreicher das elektronische Dokument erneut vorlegt; und, ii. falls die benannte Bank nicht die bestätigende Bank ist, muss sie der eröffnenden Bank und jeder bestätigenden Bank eine Benachrichtigung über die Aufforderung zur erneuten Vorlage zukommen lassen, und sie über die Aussetzung informieren; jedoch, iii. wenn das gleiche elektronische Dokument nicht innerhalb von dreißig (30) Kalendertagen erneut vorgelegt wird, kann die Bank das elektronische Dokument als nicht vorgelegt betrachten, und iv. irgendwelche Fristen werden nicht verlängert. Zusätzlicher Haftungsausschluss für die Vorlage elektronischer Dokumente unter el.ERA el.ERA 12

Bei der Prüfung der augenscheinlichen Echtheit eines elektronischen Dokuments übernehmen die Banken keine Haftung für die Identität von Absender, Datenquelle oder die Vollständigkeit und Unverändertheit des Dokumentes, soweit sich nichts offensichtlich anderes aus dem elektronischen Dokument ergibt und es mit einem kommerziell akzeptablen Datenverfahren für den Empfang, die Authentisierung und Identifikation elektronischer Dokumente empfangen wurde.

M. Dokumenteninkasso, Scheck, Wechsel (Überblick) Übersicht Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Überblick zum Inhalt | 642–645 1. Regelwerk und Hilfsmittel | 642 2. Beziehungssystem und Abwicklungsformen | 643 3. Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche | 644 Anhang: Text | 645 II. Scheckgesetz (SchG) Überblick zum Inhalt | 646–650 1. Regelwerk und Hilfsmittel | 646 I.

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2.

Beziehungssystem und Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche | 647 3. Scheckbezogene Bankgeschäfte | 648, 6 49 Anhang: Textverweis | 650 III. Wechselgesetz (WG) – Überblick zum Inhalt | 651–654 1. Regelwerk und Hilfsmittel | 651 2. Beziehungssystem und Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche | 652 3. Wechselbezogene Bankgeschäfte | 653 Anhang: Textverweis | 654 Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

I. Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) (Revision 1995, ICC-Publikation Nr. 522)1406 Überblick zum Inhalt 642

1. Regelwerk und Hilfsmittel. Die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi – ERI (Uniform Rules for Collection, URC) bilden ein paralleles Regelwerk zu den ERA, ebenfalls von der Internationalen Handelskammer (IntHK, ICC) redigiert und (über mehrere Dekaden) im Abstand von 10–20 Jahren revidiert, heute in der Fassung von 1995, zur Anwendung empfohlen ab dem 1.1.1996.1407 Mit den ERA teilen die ERI auch die Frage nach ihrem Rechtsquellencharakter – also wiederum, ob sie umfassend wie (inländische) AGB oder Handelsbräuche zu behandeln sind oder ob ihre internationale Herkunft und die Neutralitätskautelen, die den Rechtsetzungsprozess prägen, stärker transnationale Auslegungs- und Anwendungsleitlinien nahelegen (vgl. näher dazu oben Dritter Teil Rn 561–566). Art. 1–3 ERI gleichen denn auch Art. 1–3 ERA sehr (Anwendungsbereich, Definitionen, Auslegungsregeln).

643

2. Beziehungswerk und Abwicklungsformen. Wiederum umreißen Art. 2 und 3 ERI (zu den Definitionen und Auslegungsregeln) denn auch die Struktur des Zahlungsvorgangs im Kern (zum Dokumentenakkreditiv parallel oben Dritter Teil Rn 567–569): Der Auftraggeber initiiert den Vorgang auf der Grundlage einer Kassa-Klausel „Dokumente gegen Kasse“ (im Valutaverhältnis, als Ermächtigung an den Auftraggeber). Dazu gibt er über seine Bank, die „Einreicherbank“, das Inkasso in Auftrag, im Gegensatz zu einem einfachen Lastschriftinkasso freilich, indem er dem Einzugsauftrag die vereinbarten Dokumente beifügt. Die Inkassobank (des Schuldners), der die Einreicherbank Auftrag und Dokumente übermittelt, hat die Dokumente dem Schuldner vorzulegen, so dass diese geprüft werden können (nicht die Ware/Leistung selbst), bevor der Inkassoauftrag eingelöst wird. Die Dokumentenprüfung weist große Parallelität zu derjenigen beim Dokumentenakkreditiv und den dort geltenden Grundsätzen auf, obwohl sie nunmehr i.d.R. vom Schuldner, also einem Beteiligten des Valutaverhältnisses – mit entsprechender Kenntnis von diesem – vorgenommen wird (vgl. oben Dritter Teil Rn 612–620). Nach dem Gesagten ist die Absicherung, die angestrebt wird, eine etwas andere, freilich ebenfalls zentral (vgl. bereits Dritter Teil Rn 558–560): Anders als beim Dokumentenakkreditiv hat der Anbieter (Gläubiger/Auftraggeber des Inkassos) insofern vorzuleisten, als er die Leistung/Ware bereits zu übermitteln hat und dies durch die Dokumente zu belegen hat. Allein die Aushändigung an den Zahlungsschuldner erfolgt noch nicht, dieser erhält vielmehr (über die Inkassobank) erst gegen Zahlung (Inkasso) Zug um Zug die Leistung. Demnach ist der Gläubiger dahingehend abgesichert, dass er nicht ohne Zahlung leistet, nicht hingegen dagegen, dass er ungesichert Transport-, ggf. auch spezifische Entwicklungs- und Produktionskosten aufbringen muss. Will er Letzteres verhindern, muss das Dokumentenakkreditiv (oder die Bankgarantie) als Instrument gewählt werden. Umgekehrt ist der Empfänger dahingehend abgesichert, dass er nicht zu zahlen hat, ohne sicher zu sein, die Leistung zu erhalten, allerdings erfolgt noch keine Prüfung der Leistung.

644

3. Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche. Grundlage der Inkassokette ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag sowohl der Einreicherbank zum Gläubiger als auch der Inkassobank zum Schuldner. Die Bank des Schuldners gibt – anders als beim Dokumentenakkreditiv – nicht

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1406 Lizenzausgabe mit freundlicher Genehmigung Copyright © 2014, International Chamber of Commerce/ICC Germany e.V. 1407 IntHK Publikation Nr. 522, ICC Publication 522 (deutsch-englisch); mit Kommentar IntHK Publikation Nr. 550; ursprünglich in der Fassung 1956, 1967 und 1976.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

ein abstraktes Zahlungsversprechen zur Absicherung des Gläubigers ab. Die Abwicklung ist nach Vorlage und Aufnahme der Dokumente durch den Schuldner vielmehr derjenigen beim einfachen (Lastschrift-)Inkasso vergleichbar, erfolgt also durch (eine Kette von) Gutschriftbuchungen bis hin zum Gläubiger (Inkasso-Auftraggeber) – als „rückläufige Überweisung“. Dementsprechend schließen sich an die Abschnitte C und D. zur Dokumentenvorlegung (Art. 5– 8 ERI) und zur Haftungsbegrenzung (Art. 9–15 ERI), die parallel zu den entsprechenden „Abschnitten“ in den ERA gestaltet sind, noch Abschnitte zur zurücklaufenden Gutschriften- oder Einzugskette an (Art. 16 ff. ERI). Und die Regeln zur „unwiderruflichen“ Verpflichtung, die das Herzstück der ERA bilden, fehlen.

Anhang: Text

645

A. Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen Anwendbarkeit der ERI 522 Art. 1 a.

b. c.

Die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi, Revision 1995, ICC-Publikation 522, gelten für alle Inkassi wie in Artikel 2 definiert, soweit sie in den Text eines „Inkassoauftrags“ gemäß Artikel 4 einbezogen sind und sind für alle Beteiligten bindend, sofern nicht ausdrücklich anderweitige Vereinbarungen getroffen worden sind oder nicht nationale, staatliche oder örtliche Gesetze und/oder Verordnungen entgegenstehen, von denen nicht abgewichen werden darf. Banken sind nicht verpflichtet, ein Inkasso oder irgendeine Inkassoweisung oder spätere sich darauf beziehende Weisungen zu bearbeiten. Wenn eine Bank sich aus irgendeinem Grund entschließt, ein erhaltenes Inkasso oder sich darauf beziehende Weisungen nicht zu bearbeiten, muss sie unverzüglich denjenigen Beteiligten, von dem sie das Inkasso oder die Weisungen erhalten hat, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege davon unterrichten Definition des Inkassos Art. 2

a.

b.

c. d.

Im Sinne dieser Richtlinien bedeuten: „Inkasso“ die Bearbeitung von nachstehend unter Artikel 2 (b) definierten Dokumenten durch Banken in Übereinstimmung mit erhaltenen Weisungen, um: i. Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten oder ii. Dokumente gegen Zahlung und/oder Akzeptierung auszuhändigen oder iii. Dokumente unter anderen Bedingungen auszuhändigen. „Dokumente“ Zahlungspapiere und/oder Handelspapiere: i. „Zahlungspapiere“ Wechsel, Solawechsel, Schecks oder andere ähnliche zum Erlangen von Zahlungen dienende Dokumente. ii. „Handelspapiere“ Rechnungen, Transportdokumente, Dispositions- oder andere ähnliche Dokumente sowie irgendwelche andere Dokumente, die keine Zahlungspapiere darstellen. „Einfaches Inkasso“ das Inkasso von Zahlungspapieren, die nicht von Handelspapieren begleitet sind. „Dokumentäres Inkasso“ das Inkasso von i. Zahlungspapieren, die von Handelspapieren begleitet sind; ii. Handelspapieren, die nicht von Zahlungspapieren begleitet sind. Beteiligte an einem Inkasso Art. 3

a.

769

Im Sinne dieser Richtlinien sind die „Beteiligten“: i. der „Auftraggeber“, das ist derjenige, der eine Bank mit der Bearbeitung eines Inkassos betraut;

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3. Teil – Zahlungsgeschäft

ii. iii.

b.

die „Einreicherbank“, das ist die vom Auftraggeber mit der Bearbeitung des Inkassos betraute Bank; die „Inkassobank“, das ist jede mit der Durchführung des Inkassos befasste Bank mit Ausnahme der Einreicherbank; iv. die „vorlegende“ Bank, das ist diejenige Inkassobank, die gegenüber dem Bezogenen die Vorlegung vornimmt. Der „Bezogene“ ist derjenige, demgegenüber in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag die Vorlegung zu erfolgen hat.

B. Form und Gliederung von Inkassi Inkassoauftrag Art. 4 a.

b.

c.

i. Alle zum Inkasso übersandten Dokumente müssen von einem Inkassoauftrag begleitet sein, der angibt, dass das Inkasso den ERI 522 unterliegt und in dem vollständige und genaue Weisungen erteilt werden. Banken sind nur berechtigt, gemäß den in einem solchen Inkassoauftrag erteilten Weisungen sowie in Übereinstimmung mit diesen Richtlinien zu verfahren. ii. Banken werden Dokumente nicht auf darin enthaltene Weisungen prüfen. iii. Sofern im Inkassoauftrag nicht anderweitig ermächtigt, werden Banken Weisungen von einem anderen Beteiligten/einer anderen Bank als dem Beteiligten/der Bank, von welchem/welcher sie das Inkasso erhalten haben, keine Beachtung schenken. Ein Inkassoauftrag sollte die folgenden Informationen, soweit anwendbar, enthalten: i. Einzelheiten über die Bank, von der das Inkasso zuging einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift, SWIFT-Adresse, Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern und Referenz. ii. Einzelheiten über den Auftraggeber einschließlich des vollständigen Namens, Postaschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. iii. Einzelheiten über den Bezogenen einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift oder der Domizilstelle, bei der die Vorlegung zu erfolgen hat und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefaxnummern. iv. Einzelheiten über die etwaige vorlegende Bank einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. v. Einzuziehende(r) Beträge (Betrag) und Währung(en). vi. Auflistung der beigefügten Dokumente und Angabe der Anzahl jedes einzelnen Dokumentes. vii. a. Bedingungen, unter denen Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten ist. b. Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten gegen: 1. Zahlung und/oder Akzeptierung 2. andere Bedingungen Der Beteiligte, der den Inkassoauftrag erstellt, ist verantwortlich dafür, dass die Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten klar und eindeutig angegeben sind, andernfalls übernehmen Banken für daraus resultierende Folgen keine Verantwortung. viii. Einzuziehende Gebühren mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann. ix. Falls zutreffend, einzuziehende Zinsen mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann, einschließlich a. Zinssatz b. Berechnungszeitraum c. Art der anzuwendenden Zinsberechnung (zB das Jahr zu 360 oder 365 Tagen). x. Art der Zahlung und Form des Zahlungsavises. xi. Weisungen für den Fall von Nichtzahlung, Nichtakzeptierung und/oder Nichterfüllung anderer Weisungen. i. Inkassoweisungen sollen die vollständige Anschrift des Bezogenen enthalten oder die Domizilstelle, bei der die Vorlage zu erfolgen hat. Wenn die Anschrift unvollständig oder unrichtig ist, kann die Inkassobank ohne eigene Haftung und Verantwortlichkeit versuchen, die richtige Anschrift festzustellen. ii. Die Inkassobank ist nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen aufgrund unvollständiger/unrichtiger Adresse.

Grundmann

770

5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

C. Form der Vorlegung Vorlegung Art. 5 a. b.

c.

d.

e. f.

Im Sinne dieser Richtlinien bedeutet Vorlegung das Verfahren, mit dem die vorlegende Bank die Dokumente dem Bezogenen weisungsgemäß verfügbar macht. Der Inkassoauftrag sollte die genaue Frist angeben, innerhalb derer der Bezogene Maßnahmen zu ergreifen hat. Ausdrücke wie „erster“, „promt“, „unverzüglich“ und ähnliche sollten nicht im Zusammenhang mit der Vorlegung oder in bezug auf eine Frist verwendet werden, innerhalb der die Dokumente aufzunehmen sind oder der Bezogene anderweitige Maßnahmen zu ergreifen hat. Wenn solche Ausdrücke verwendet werden, werden die Banken sie nicht beachten. Dokumente müssen dem Bezogenen in der Form vorgelegt werden, in der sie empfangen worden sind. Banken sind jedoch berechtigt, etwa notwendige Stempelmarken anzubringen, und zwar, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, auf Kosten des Beteiligten, von dem ihnen das Inkasso zugegangen ist, und etwa erforderliche Indossamente vorzunehmen oder irgendwelche Stempel oder andere Erkennungszeichen oder symbole anzubringen, die für den Inkassovorgang üblich oder erforderlich sind. Um die Weisung des Auftraggebers auszuführen, betraut die Einreicherbank als Inkassobank die vom Auftraggeber benannte Bank. Mangels einer solchen Benennung wird die Einreicherbank eine Bank nach eigener Wahl oder Wahl einer anderen Bank im Lande der Zahlung oder Akzeptierung oder in dem Land, in dem andere Bedingungen zu erfüllen sind, betrauen. Dokumente und Inkassoauftrag können von der Einreicherbank direkt oder über eine zwischengeschaltete andere Bank der Inkassobank übersandt werden. Falls die Einreicherbank keine spezielle vorlegende Bank benennt, kann sich die Inkassobank einer vorlegenden Bank nach eigener Wahl bedienen. Sicht/Akzeptierung Art. 6

Bei Sicht zahlbare Dokumente muss die vorlegende Bank unverzüglich zur Zahlung vorlegen. Nicht bei Sicht zahlbare Dokumente muss die vorlegende Bank im Falle verlangter Akzeptierung unverzüglich zur Akzeptierung und im Falle verlangter Zahlung nicht später als am betreffenden Fälligkeitsdatum zur Zahlung vorlegen. Freigabe von Handelspapieren/Dokumente gegen Akzept (D/A) und Dokumente gegen Zahlung (D/P) Art. 7 a. b.

c.

Inkassi sollten keine erst später fälligen Wechsel mit Weisungen enthalten, dass die Handelspapiere gegen Zahlung auszuhändigen sind. Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält, sollte im Inkassoauftrag bestimmt werden, ob die Handelspapiere dem Bezogenen gegen Akzeptierung (D/A) oder gegen Zahlung (D/P) freizugeben sind. Fehlt eine solche Bestimmung, werden Handelspapiere nur gegen Zahlung freigegeben, und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente. Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält und der Inkassoauftrag angibt, dass Handelspapiere gegen Zahlung freizugeben sind, werden die Dokumente nur gegen entsprechende Zahlung freigegeben, und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente. Erstellung von Dokumenten Art. 8

Hat die Inkassobank oder der Bezogene gemäß Weisung der Einreicherbank Dokumente zu erstellen (Wechsel, Solawechsel, Trust Receipts, Verpflichtungsschreiben oder andere Dokumente), die nicht dem Inkasso beigefügt

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Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

waren, müssen Form und Wortlaut derartiger Dokumente von der Einreicherbank vorgeschrieben werden; andernfalls ist die Inkassobank für Form und Wortlaut solcher von ihr und/oder dem Bezogenen gelieferten Dokumente nicht haftbar oder verantwortlich.

D. Haftung und Verantwortlichkeit Treu und Glauben und angemessene Sorgfalt Art. 9 Banken handeln nach Treu und Glauben und mit angemessener Sorgfalt.

Dokumente und Waren/Dienstleistungen/Leistungen Art. 10 a.

b.

c.

d. e.

Waren sollten nicht direkt an die Adresse einer Bank oder zur Verfügung oder an die Order einer Bank versandt werden, ohne daß diese Bank zuvor zugestimmt hat. Wenn der Bank dennoch ohne ihre vorherige Zustimmung Waren direkt an ihre Adresse oder zu ihrer Verfügung oder an ihre Order zwecks Freigabe an einen Bezogenen gegen Zahlung, Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen zugesandt werden, ist diese Bank nicht zur Entgegennahme der Waren verpflichtet, für welche Gefahr und Verantwortlichkeit beim Absender verbleiben. Banken sind nicht verpflichtet, irgendwelche Maßnahmen hinsichtlich der Waren zu ergreifen, auf die sich das dokumentäre Inkasso bezieht, einschließlich ihrer Einlagerung und Versicherung, selbst wenn spezielle Weisungen, dies zu tun, erteilt wurden. Banken werden derartige Maßnahmen nur ergreifen, wenn und in dem Ausmaß, in dem sie dazu im Einzelfall bereit sind. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1 (c) findet diese Regelung auch bei Fehlen einer diesbezüglichen Benachrichtigung durch die Inkassobank Anwendung. Falls Banken dennoch, ob beauftragt oder nicht, Maßnahmen zum Schutze der Waren ergreifen, übernehmen sie keine Haftung oder Verantwortlichkeit für Schicksal und/oder Zustand der Waren und/oder irgendwelche Handlungen und/oder Unterlassungen Dritter, die mit der Verwahrung und/oder dem Schutz der Waren betraut wurden. Die Inkassobank muß jedoch diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich über alle ergriffenen Maßnahmen benachrichtigen. Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit irgendeiner Maßnahme zum Schutze der Waren entstanden sind, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem sie das Inkasso erhalten haben. i. Wenn die Waren, ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 10 (a), zur Verfügung der Inkassobank oder an deren Order gesandt werden, und der Bezogene das Inkasso durch Zahlung, Akzeptierung oder andere Bedingungen honoriert hat und die Inkassobank die Freigabe der Ware veranlaßt, gilt die Inkassobank als von der Einreicherbank hierzu ermächtigt. ii. Wenn eine Inkassobank auf Weisungen der Einreicherbank oder nach den vorstehenden Bedingungen von Artikel 10 (e) i die Freigabe der Waren veranlasst, muss die Einreicherbank diese Inkassobank für alle entstandenen Schäden und Auslagen entschädigen.

Haftungsausschluss für Handlungen einer beauftragten Partei Art. 11 a. b. c.

Bedienen sich Banken einer oder mehrerer anderer Banken, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tun sie dies für Rechnung und Gefahr dieses Auftraggebers. Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihnen übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden sollten, auch wenn sie selbst die Auswahl dieser anderen Bank(en) getroffen haben. Ein Beteiligter, der einen anderen Beteiligten beauftragt, Leistungen zu erbringen, muss alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und er muss den beauftragten Beteiligten für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten.

Grundmann

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

Haftungsausschluss für erhaltene Dokumente Art. 12 a.

b. c.

Die Banken müssen prüfen, ob die erhaltenen Dokumente den im Inkassoauftrag aufgelisteten Dokumenten zu entsprechen scheinen und vom Fehlen irgendwelcher Dokumente, oder, wenn andere als die aufgelisteten festgestellt wurden, denjenigen Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege benachrichtigen. Banken haben in dieser Hinsicht keine weitere Verpflichtung. Wenn die Dokumente nicht aufgelistet zu sein scheinen, kann die Einreicherbank nicht Art und Anzahl der von der Inkassobank erhaltenen Dokumente bestreiten. Unter Berücksichtigung der Artikel 5 (c) und 12 (a) und 12 (b) werden Banken Dokumente wie erhalten, ohne weitere Prüfung, vorlegen. Haftungsausschluss für Wirksamkeit von Dokumenten Art. 13

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit von Dokumenten oder für die allgemeinen und/oder besonderen Bedingungen, die in den Dokumenten angegeben oder denselben hinzugefügt sind. Sie übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch Dokumente ausgewiesenen Waren, oder für Treu und Glauben oder Handlungen und/oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf der Absender, Frachtführer, Spediteure, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendwelcher anderer Personen. Haftungsausschluss für Verzögerungen, Verlust bei Übermittlung und Übersetzung Art. 14 a.

b.

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen und/oder Verlusten bei Übermittlung von Nachrichten, Briefen oder Dokumenten sowie für Verzögerung, Verstümmelung oder sonstige Irrtümer, die aus der Übermittlung einer Telekommunikation resultieren oder für Irrtümer bei der Übersetzung und/oder Auslegung von technischen Ausdrücken. Banken sind nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen, die aus der Notwendigkeit der Klärung erhaltener Weisungen resultieren. Höhere Gewalt Art. 15

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstand, Kriege oder irgendwelche anderen Ursachen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, sowie durch Streiks oder Aussperrungen.

E. Zahlung Unverzügliche Zahlung Art. 16 a.

b.

773

Eingezogene Beträge (gegebenenfalls abzüglich Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen) müssen in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag unverzüglich dem Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, von dem der Inkassoauftrag zuging. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1 (c) wird die Inkassobank, sofern sie keiner anderweitigen Vereinbarung zugestimmt hat, Zahlung des eingezogenen Betrages nur zugunsten der Einreicherbank vornehmen.

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

Zahlung in inländischer Währung Art. 17 Dokumente, die in der Währung des Zahlungslandes (inländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in inländischer Währung freigeben, wenn diese Währung gemäß der im Inkassoauftrag vorgeschriebenen Art sofort verfügbar ist. Zahlung in ausländischer Währung Art. 18 Dokumente, die in einer anderen Währung als der des Zahlungslandes (ausländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in der betreffenden ausländischen Wahrung freigeben, wenn diese ausländische Währung gemäß der im Inkassoauftrag erteilten Weisungen sofort verfügbar ist. Teilzahlungen Art. 19 a.

b.

c.

Bei einfachen Inkassi können Teilzahlungen angenommen werden, wenn und soweit Teilzahlungen nach dem am Zahlungsort geltenden Recht gestattet sind. Die Zahlungspapiere werden dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigegeben. Bei dokumentären Inkassi werden Teilzahlungen nur angenommen, wenn der Inkassoauftrag eine ausdrückliche Ermächtigung hierzu enthält. Jedoch wird die vorlegende Bank, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, die Dokumente dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigeben, und die vorlegende Bank ist nicht verantwortlich für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung von Dokumenten. In allen Fällen werden Teilzahlungen nur entsprechend den jeweils anwendbaren Bestimmungen der Artikel 17 oder 18 angenommen. Angenommene Teilzahlungen werden gemäß den Bestimmungen des Artikels 16 behandelt.

F. Zinsen, Gebühren und Auslagen Zinsen Art. 20 a.

b. c.

Wenn der Inkassoauftrag angibt, dass Zinsen einzuziehen sind und der Bezogene deren Bezahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug solcher Zinsen aushändigen, sofern nicht Artikel 20 (c) Anwendung findet. In Fällen, in denen solche Zinsen eingezogen werden sollen, muss der Inkassoauftrag den Zinssatz, den Berechnungszeitraum und die Art der Zinsberechnung angeben. In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, dass auf die Zinsen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Zinsen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Zinsen verweigert wurde, muss die vorlegende Bank unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten. Gebühren und Auslagen Art. 21

a.

Wenn der Inkassoauftrag angibt, dass Inkassogebühren und/oder Auslagen zu Lasten des Bezogenen gehen und der Bezogene deren Zahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug der Inkassogebühren und/oder Auslagen aushändigen, sofern nicht Artikel 21 (b) Anwendung findet.

Grundmann

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

b.

c.

d.

Wird so auf Inkassogebühren und/oder Auslagen verzichtet, gehen dies zu Lasten des Beteiligten, von dem das Inkasso zuging und dürfen vom Erlös abgezogen werden. In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, dass auf die Gebühren und/oder Auslagen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Gebühren und/oder Auslagen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen verweigert worden ist, muss die vorlegende Bank unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten. Sind gemäß den ausdrücklichen Bedingungen des Inkassoauftrags oder nach diesen Richtlinien Aufwendungen und/oder Auslagen und/oder Inkassogebühren vom Auftraggeber zu tragen, ist (sind) die Inkassobank(en) berechtigt, sich für ihre Aufwendungen, Auslagen und Gebühren sofort bei der Bank zu erholen, von der ihr (ihnen) der Inkassoauftrag zuging; die Einreicherbank ist berechtigt, sich für solche von ihr geleisteten Zahlungen sowie für eigene Aufwendungen, Auslagen und Gebühren unabhängig vom Ergebnis des Inkassos sofort beim Auftraggeber zu erholen. Banken behalten sich das Recht vor, von dem Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen im voraus zu verlangen, um Kosten abzudecken, die im Zusammenhang mit der Ausführung von Weisungen entstehen; sie behalten sich das Recht vor, solche Weisungen bis zum Erhalt dieser Zahlung nicht auszuführen.

G. Andere Regeln Akzeptierung Art. 22 Die vorlegende Bank ist dafür verantwortlich, darauf zu achten, daß die Form der Akzeptierung eines Wechsels vollständig und richtig erscheint, jedoch ist sie für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners des Akzeptes nicht verantwortlich. Solawechsel und andere Dokumente Art. 23 Die vorlegende Bank ist für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners eines Solawechsels, einer Quittung oder anderer Dokumente nicht verantwortlich.

Protest Art. 24 Der Inkassoauftrag sollte spezielle Weisungen hinsichtlich des Protestes (oder eines entsprechenden rechtlichen Verfahrens) im Falle der Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung enthalten. Bei Fehlen solcher speziellen Weisungen sind die mit dem Inkasso befaßten Banken nicht verpflichtet, die Dokumente wegen Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung protestieren (oder einem entsprechenden rechtlichen Verfahren unterwerfen) zu lassen. Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit einem solchen Protest oder entsprechenden rechtlichen Verfahren entstehen, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging.

Notadresse Art. 25 Wenn der Auftraggeber einen Vertreter bestellt der als Notadresse bei Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung tätig werden soll, dann sollte der Inkassoauftrag die Befugnisse einer solchen Notadresse klar und vollständig angeben. Bei Fehlen einer solchen Angabe nehmen die Banken keinerlei Weisungen der Notadresse entgegen.

775

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

Benachrichtigungen Art. 26

a.

b.

c.

Inkassobanken sind gehalten, Benachrichtigungen nach folgenden Regeln vorzunehmen: Form der Benachrichtigung Sämtliche Meldungen oder Nachrichten seitens der Inkassobank an diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, müssen geeignete Einzelheiten enthalten, und zwar in jedem Fall auch die Referenznummer des Inkassoauftrags der letzteren Bank. Art der Benachrichtigung Die Einreicherbank ist verantwortlich dafür, dass der Inkassobank Weisungen über die Art der Übermittlung der in den Absätzen (c) i, (c) ii und (c) iii dieses Artikels beschriebenen Benachrichtigungen erteilt werden. Bei Fehlen solcher Weisungen wird die Inkassobank die Benachrichtigung nach eigener Wahl auf Kosten der Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, vornehmen. i. Bezahltmeldung Die Inkassobank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Bezahltmeldung zusenden mit detaillierter Angabe des eingezogenen Betrags oder der eingezogenen Beträge, der gegebenenfalls abgezogenen Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen sowie der Art der Verfügbarstellung des Erlöses. ii. Akzeptmeldung Die Inkassobank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Akzeptmeldung zusenden. iii. Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung Die vorlegende Bank sollte versuchen, die Gründe einer solchen Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung festzustellen, und diejenige Bank unverzüglich entsprechend benachrichtigen, von der ihr der Inkassoauftrag zuging. Die vorlegende Bank muss derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung zusenden. Bei Erhalt einer solchen Benachrichtigung muss die Einreicherbank geeignete Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Dokumente erteilen. Falls die vorlegende Bank solche Weisungen nicht innerhalb von 60 Tagen nach ihrer Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung erhält, können die Dokumente ohne eine weitere Verantwortlichkeit seitens der vorlegenden Bank derjenigen Bank zurückgesandt werden, von der ihr der Inkassoauftrag zuging.

II. Scheckgesetz (SchG)1408 Überblick zum Inhalt 646

1. Regelwerk und Hilfsmittel. Der Scheck beruht auf internationalem Einheitsrecht, namentlich dem Genfer Übereinkommen über das einheitliche Scheckrecht vom 19.3.1931, das auf der Genfer Scheckrechtskonferenz 1930 ausgearbeitet und in Deutschland mit dem Scheckgesetz vom 14.8.1933 ratifiziert und ins deutsche Recht integriert wurde (mit Wirkung ab dem 1.4.1934).1409 Basierend auf Internationalem Einheitsrecht ist das Scheckrecht einheitsfördernd auszulegen,1410 die Praxis richtet sich jedoch vorrangig nach der nationalen höchstrichterlichen Rechtsprechung.1411

_____

1408 Ausfertigungsdatum: 14.8.1933, in Durchführung der Abkommen zur Vereinheitlichung des Scheckrechts, Reichsgesetzblatt 1933 II, S. 537; Scheckgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4132-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 200 der Verordnung vom 15. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 1409 Nachw. vorige Fn. Abgedruckt in Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG Anh. WG Nr. II. 4–6. 1410 Vgl. nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann Vor § 343 HGB Rn 61 f., 72 (2. Aufl. 2011 ebenso wie 3. Aufl. 2014/15). 1411 Sehr hilfreich insoweit: Liste der wechsel- und scheck- sowie sonstigen wertpapierrechtlichen Entscheidungen des BGH (mit Parallelzitaten) bei Baumbach/Hefermehl/Casper S. 849 ff.; Bülow Anh. S. 751 ff.

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

2. Beziehungssystem und Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche. Mit dem – 647 streng förmlich zu gestaltenden (Art. 1 SchG) – Scheck gibt der Aussteller ein wertpapiermäßig verbrieftes Zahlungsversprechen ab (Art. 12, 40 ff. SchG), in dem er dem Schecknehmer (oder späteren Inhaber) Zahlung unabhängig von einem Zahlungsanspruch aus dem Grundgeschäft verspricht. Dieses Zahlungsversprechen ist freilich subsidiär ausgestaltet, als bloße Rückgriffshaftung. Denn mit dem Scheck beauftragt und ermächtigt der Aussteller zugleich den Bezogenen – zwingend eine Bank (Art. 3 S. 1, Art. 54 SchG) –, den Scheck einzulösen und auf ihn zu zahlen. Freilich gilt für den Bezogenen ein Akzeptverbot (Art. 4 SchG, anders nur bei der Bundesbank nach § 23 BBankG). Er darf also selbst kein abstraktes Zahlungsversprechen abgeben, sondern nur (tatsächlich) einlösen. Damit soll verhindert werden, dass der Scheck Kreditfunktionen erfüllt.1412 Die zusätzliche Sicherheit des Zahlungsinstruments Scheck liegt zum einen in der genannten Ermächtigungsfunktion, die es dem Gläubiger erlaubt den Zahlungsvorgang selbst anzustoßen – der Scheck hat insoweit ähnliche Wirkung wie die Schuldnergenehmigung im Lastschriftverfahren (vgl. Dritter Teil Rn 18–21) –, zum anderen in der Stärkung der prozessualen Durchsetzungsrechte im Scheckprozess (§ 605a ZPO).1413 Zudem können weitere Schuldner hinzutreten, die sich entsprechend der Zahlungsverpflichtung binden (Indossanten u.a., Art. 12, 18, 20, 27 SchG) und damit weitere Kreditsicherheiten begründen. 3. Scheckbezogene Bankgeschäfte. Ausgestellt wird der Scheck zwar auf einem von einer 648 Bank zur Verfügung gestellten Vordruck, sonst jedoch ohne deren Mitwirkung – anders als Dokumentenakkreditiv und -inkasso, bei denen Banken über den ganzen Prozess hin Herr des Verfahrens sind. Das erste scheckbezogene Bankgeschäft liegt darin, dass die Bank den Scheck zwar nicht akzeptiert – das verbietet Art. 4 SchG – wohl aber bestätigt oder garantiert.1414 Der Hauptfall freilich ist mit Einstellung der Abgabe einer Euroscheckgarantie entfallen, weil mit der Girocard-Zahlung eine in der Abwicklung günstigere Lösung zur Vergütung steht. Das zweite zentrale scheckbezogene Bankgeschäft bildet die Scheckausstellung (ohne 649 Einlösungsgarantie) und spiegelbildlich das Scheckinkasso, sobald der Scheck – außerhalb des Einflussbereiches der Banken – ausgestellt wurde.1415 In der Abwicklung handelt es sich um ein Lastschriftverfahren, dem freilich ein Scheck – statt der Genehmigung einer Abbuchung – zugrunde liegt. Insbesondere entfällt damit ein Widerspruch nach Einlösung. Wie im Lastschriftverfahren freilich erhält der Einreicher zunächst Gutschrift nur unter Vorbehalt. Umgekehrt hat das Inkassoinstitut – insbesondere auch angesichts des Fehlens des Widerspruchsrechts – eine besondere Prüfungspflicht bei der Hereinnahme des Schecks. Anhang: Textverweis: (erhältlich unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/scheckg/gesamt.pdf)

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1412 Zum Akzeptverbot und seiner Funktion etwa Baumbach/Hefermehl/Casper Art. 4 SchG Rn 1. 1413 Dazu Kurzübersicht bei Baumbach/Hefermehl/Casper Einl. SchG Rn 51 ff. 1414 Übersichten zu diesem Geschäft bei BankR-Hdb/Nobbe § 63 (Eurocheque und Reisescheck); Baumbach/ Hefermehl/Casper WG/SchG Art. 4 SchG Rn 2–7; Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn E/9 bis E/18 (Reisescheck als wohl wichtigste verbliebene Form mit regelmäßiger Einlösungsgarantie). 1415 Übersicht BankR-Hdb/Nobbe § 61 (Scheckinkasso); Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn E/1 bis E/7 (Scheckbereitstellung und Scheckinkasso).

777

Grundmann

650

3. Teil – Zahlungsgeschäft

III. Wechselgesetz (WG)1416 Überblick zum Inhalt 651

1. Regelwerk und Hilfsmittel. Der Wechsel beruht – ebenso wie der Scheck – auf internationalem Einheitsrecht, namentlich den drei Abkommen, die auf der Genfer Wechselrechtskonferenz 1930 ausgearbeitet und in Deutschland mit dem Wechselgesetz vom 21.6.1933 ratifiziert und ins deutsche Recht integriert wurden (mit Wirkung ab dem 1.4.1934).1417 Wie auch das Scheckrecht ist also das Wechselrecht einheitsfördernd auszulegen,1418 richtet sich die Praxis jedoch vorrangig nach der nationalen höchstrichterlichen Rechtsprechung.1419

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2. Beziehungssystem und Kurzcharakterisierung der Hauptansprüche. Mit dem – ebenfalls streng förmlich zu gestaltenden (Art. 1, 2 WG) – (gezogenen) Wechsel 1420 gibt der Akzeptant ebenfalls ein wertpapiermäßig verbrieftes Zahlungsversprechen ab (Art. 28 WG), wiederum unabhängig von einem Zahlungsanspruch aus dem Grundgeschäft, wobei hier nun die Fälligkeit regelmäßig hinausgeschoben ist und hier i.d.R. der Gläubiger der Aussteller ist, der jedenfalls bei Übertragung des Wechsels dann selbst wiederum (subsidiär) neben dem Akzeptanten haftet (Art. 9, 47, 49 WG). Der gezogene Wechsel ist in der Tat auf Übertragung ausgelegt (geborenes Orderpapier): Übertragen wird er (vor allem) durch Indossament, der Zessionar erhält einen Zahlungsanspruch gegen den Akzeptanten sowie (subsidiär) den Aussteller nach den genannten Vorschriften – dies gegen Zahlung des Betrages, über den der Wechsel ausgestellt ist, an den Zedenten (Aussteller), freilich abzgl. eines Disagios, das für die Zeit bis zur Fälligkeit berechnet wird. Der Wechsel hat also Kreditierungsfunktion. Die zusätzliche Sicherheit des Zahlungsinstruments Wechsel liegt vor allem in der Vervielfältigung der Schuldner – wenn der Indossant selbst weiterüberträgt, übernimmt er i.d.R. eine weitere subsidiäre Haftung (Art. 11 Abs. 1 WG) –, zumal wenn dem Wechselanspruch ein Austauschgeschäft zugrunde liegt und der Schuldner mit der erworbenen Ware/Dienstleistung selbst wiederum Einnahmen erzielen kann, aus denen er den Wechselanspruch, den er primär schuldet, begleichen kann. Hinzu tritt auch hier eine Stärkung der prozessualen Durchsetzungsrechte im Wechselprozess (§ 602 ZPO).1421

653

3. Wechselbezogene Bankgeschäfte. Das wechselbezogene Bankgeschäft konzentriert sich ganz auf das Diskontgeschäft, den Ankauf von Wechseln – abzüglich Zwischenzinsen (Diskont).1422 Angekauft wurden herkömmlich nur Handelswechsel, denen eine handelsrechtliche Transaktion zugrunde lag und für den mindestens drei Schuldner hafteten (Akzeptant, Aussteller, erster Indossant), i.d.R. Dreimonatswechsel. Dies war die Voraussetzung dafür, dass der Wechsel wiederum an die Bundesbank im Rahmen des sog. Dreimonatstenders als der zentralen längerfristigen Refinanzierungspolitik weiterveräußert werden konnte (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 BBankG a.F.). Mit Entfallen dieser Möglichkeit, weil die EZB andere Refinanzierungsmöglichkeiten anbie-

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1416 Ausfertigungsdatum: 21.6.1933, in Durchführung der Abkommen zur Vereinheitlichung des Wechselrechts, Reichsgesetzblatt 1933 II, S. 377 sowie RGBl 1933, S. 399; Wechselgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4133-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 201 Verordnung vom 31.8.2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist. 1417 Nachw. vorige Fn. Abgedruckt in Baumbach/Hefermehl/Casper WG/SchG Anh. WG Nr. II. 4–6. 1418 Vgl. nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann Vor § 343 HGB Rn 61 f., 72 (2. Aufl. 2011 ebenso wie 3. Aufl. 2014/15). 1419 Sehr hilfreich insoweit: Liste der wechsel- und scheck- sowie sonstigen wertpapierrechtlichen Entscheidungen des BGH (mit Parallelzitaten) bei Baumbach/Hefermehl/Casper S. 849 ff.; Bülow Anh. S. 751 ff. 1420 Der gezogene Wechsel ist die Hauptform (Art. 1–74 WG) und wird hier alleine in den Blick genommen, zur sog. Tratte oder Sola-Wechsel (Art. 75 ff. WG), in der der Aussteller selbst zusätzlich die Rolle des Akzeptanten übernimmt, und zu seinen Funktionen vgl. Kurzübersicht bei Baumbach/Hefermehl/Casper Art. 75 ff. WG. 1421 Dazu Kurzübersicht bei Baumbach/Hefermehl/Casper Einl. WG Rn 95 ff. 1422 Übersicht zu diesem Geschäft bei Baumbach/Hopt (7) Bankgesch Rn J1 bis J4a sowie J5 (Pensionsgeschäft).

Grundmann

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5. Abschnitt – Sonstige Zahlungsinstrumente

tet,1423 verbleiben zwar noch Verpfändung im Rahmen der Offenmarktkredite oder auch Privatdiskont (gegenüber anderen Banken). Das Diskontgeschäft hat jedoch – parallel zum Wechsel als Zahlungsinstrument – seine Bedeutung weitestgehend verloren. Anhang: Textverweis:

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(erhältlich unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/wg/gesamt.pdf)

_____ 1423

779

Dazu etwa Kurzübersicht MünchKommBGB/Grundmann §§ 244/245 Rn 64–67.

Grundmann

3. Teil – Zahlungsgeschäft

Grundmann

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

VIERTER TEIL Das Kreditgeschäft 4. Teil – Das Kreditgeschäft 1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente Renner https://doi.org/10.1515/9783110498585-004

Übersicht hängenden Wert auf 0,75 geändert 1. Abschnitt: System, Rechtsrahmen und Instrumente I. System des Kreditgeschäfts | 1–14 II. Rechts- und Organisationsrahmen | 15–16 III. Instrumente | 17–20 2. Abschnitt: Das Passivgeschäft I. Das Einlagengeschäft | 21–73 II. Das Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte | 74–91 III. Andere Passivgeschäfte | 92 IV. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 93–97 3. Abschnitt: Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts I. Das Kreditgeschäft | 98–104 II. Der Krediteröffnungsvertrag | 105–151 III. Das Gelddarlehen | 152–292 IV. Die Kreditleihe | 293–298 V. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 299–305 4. Abschnitt: Der Unternehmenskredit I. Grundlagen | 306–313 II. Allgemeine Strukturen | 314–394 III. Besondere Finanzierungsformen | 395–495 IV. Der Kredithandel | 496–522 V. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 523–541 5. Abschnitt: Der Verbraucherkredit I. Grundlagen | 542–555 II. Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) | 556–599 III. Werbung für Kreditverträge (§§ 6, 6a, 6b, 6c PAngV) | 600–621 IV. Vorvertragliche Informationspflichten (§ 491a BGB, Art. 247 §§ 2–5, 8–13b EGBGB) | 622–669 V. Form und Inhalt (§ 492 BGB, Art. 247 §§ 6, 7 und 14 EGBGB) | 670–701 VI. Kopplungsgeschäfte bei ImmobiliarVerbraucherdarlehensverträgen (§§ 492a, 492b BGB) | 702–704 VII. Informationen während des Vertragsverhältnisses (§ 493 BGB, Art. 247 §§ 15–18 EGBGB) | 705–714 VIII. Rechtsfolgen von Formmängeln (§ 494 BGB) | 715–743

781 https://doi.org/10.1515/9783110498585-004

IX.

Widerrufsrecht und verbundene Geschäfte (§§ 495, 356b, 356d, 357a, 358–359 BGB) | 744–793 X. Einwendungsverzicht (§ 496 BGB) | 794–806 XI. Verzug des Darlehensnehmers (§ 497 BGB) | 807–818 XII. Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen (§ 498 BGB) | 819–829 XIII. Kündigungsrecht des Darlehensgebers (§ 499 BGB) | 830–836 XIV. Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (§ 500 BGB) | 837–843 XV. Kostenermäßigung (§ 501 BGB) | 844–848 XVI. Vorfälligkeitsentschädigung (§ 502 BGB) | 849–854 XVII. Immobiliendarlehensverträge (§ 503 BGB) | 855–857 XVIII. Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit (§§ 504, 504a BGB, Art. 247 § 16 EGBGB) | 858–869 XIX. Geduldete Überziehung (§ 505 BGB, Art. 247 § 17 EGBGB) | 870–876 XX. Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen (§§ 505a–505e BGB, § 18a KWG) | 877–889 XXI. Finanzierungshilfen (§§ 506–509 BGB) | 890–900 XXII. Beratungsleistungen bei ImmobiliarVerbraucherdarlehensverträgen (§ 511 BGB, Art. 247 § 18 EGBGB) | 901–905 XXIII. Abweichende Vereinbarungen (§ 512 BGB) | 906–912 XXIV. Anwendung auf Existenzgründer (§ 513 BGB) | 913–917 XXV. Unentgeltliche Darlehensverträge und Finanzierungshilfen (§§ 514, 515 BGB) | 918–922 6. Abschnitt: Vertragliche Kreditsicherung I. Grundlagen | 923–926 II. Covenants | 927–961 III. Haftungskredite auf schuldrechtlicher Grundlage | 962–1006 IV. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 1007–1016

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

ERSTER ABSCHNITT System, Rechtsrahmen und Instrumente Schrifttum Admati/Hellwig The Bankers’ New Clothes (2014); Allen/Gale A Welfare Comparison of Intermediaries and Financial Markets in Germany and the US, European Economic Review 39 (1995), 179; Arrow/Debreu Existence of an Equilibrium for a Competitive Economy, Econometrica 22 (1954), 265; Ballo Die AGB-Kontrolle von Kreditverträgen in der Akquisitionsfinanzierung (2010); Bar-Gill/Warren Making Credit Safer, University of Pennsylvania Law Review 157 (2008), 1; Berger Finanzkrise und Kreditklemme: Kann das Kreditvertragsrecht helfen? BKR 2009, 45; Berman Recht und Revolution. Die Bildung der westlichen Rechtstradition (1995); Bester The Role of Collateral in Credit Markets with Imperfect Information, European Economic Review 31 (1987), 887; Bredow/Vogel Kreditverkäufe in der Praxis. Missbrauchsfälle und aktuelle Reformansätze, BKR 2008, 271; Brunnermeier/Pedersen Market Liquidity and Funding Liquidity, Review of Financial Studies 22 (2009), 2201; Bryant A Model of Reserves, Bank Runs, and Deposit Insurance, Journal of Banking and Finance 4 (1980), 335; Copeland Concerning the Origins of a Money Economy, American Journal of Economics and Sociology 33 (1974), 1; Cressy Is there Adverse Selection in the Credit Market, Venture Capital 2010, 215; Diamond Financial Intermediation and Delegated Monitoring, Review of Economic Studies 51 (1984), 393; Diamond/Dybvig Bank Runs, Deposit Insurance, and Liquidity, Journal of Political Economy 91 (1983), 401; Dothan/ Williams Banks, Bankruptcy, and Public Regulation, Journal of Banking and Finance 4 (1980), 65; Ebenroth Das Vertragsrecht der internationalen Konsortialkredite und Projektfinanzierungen, JZ 1986, 731; Eidenmüller/Kieniger (Hrsg.), The Future of Secured Credit in Europe (2008); Fisher 100% Money (1935); Foucault Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften (1971); Gorton/Metrick Regulating the Shadow Banking System, Brookings Papers on Economic Activity 2010, 261; Graeber Debt – The First 5000 Years (2011); Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – Zwischen Privatrecht und Regulierung, JZ 2013, 379; Gurley/Shaw Money in a Theory of Finance (1960); Hall/Jörgensen Legal Rights Matter: Evidence from Panel Data on Creditor Protection and Debt, in: Choi/Dow (Hrsg.), Institutional Approach to Global Corporate Governance: Business Systems and Beyond (2008), S. 303; Hall/Soskice An Introduction to Varieties of Capitalism, in: Hall/Soskice (Hrsg.), Varieties of Capitalism. The Institutional Foundations of Comparative Advantage (2001), S. 1; Hanten Der europäische Paß für Zweigniederlassungen von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten aus deutscher Sicht, ZBB 2000, 245; Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre7 (2019); Hayek Entnationalisierung des Geldes (1977); Hellwig Banks, Markets and the Allocation of Risks in an Economy, Journal of Institutional and Theoretical Economics 154 (1998), 328; Hertzberg/Liberti/Paravisini Public Information and Coordination: Evidence from a Credit Registry Expansion, The Journal of Finance 66 (2011), 379; Hopt Rechtspflichten der Kreditinstitute zur Kreditversorgung, Kreditbelassung und Sanierung von Unternehmen. Wirtschafts- und bankrechtliche Überlegungen zum deutschen und französischen Recht, ZHR 143 (1979), 139; Huber Monetäre Modernisierung. Zur Zukunft der Geldordnung (2018); Jacklin/Bhattacharya Distinguishing Panics and Information-Based Bank Runs, Journal of Political Economy 96 (1988), 568; Jacobson/Lindé/Roszbach Internal Ratings Systems, Implied Credit Risk and the Consistency of Banks’ Risk Classification Policies, Journal of Banking & Finance 30 (2006), 1899; Jaffee/Russell Imperfect Information, Uncertainty, and Credit Rationing, Quarterly Journal of Economics 90 (1976), 651; Kareken/Wallace Deposit Insurance and Bank Regulation, Journal of Business 51 (1978), 413; Keynes Vom Gelde (A Treatise on Money) (1932); Kieninger/Sigman (Hrsg.), Cross-Border Security over Receivables (2009); Klumb Teilrechtswahl in standardisierten Kreditverträgen, ZBB 2012, 449; Knops Kreditnehmerschutz bei der Verbriefung von Forderungen, WM 2008, 2185; Köndgen Financial Covenants. „Symbiotische“ Finanzierungsverträge im Spannungsfeld von Vertrags-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, in: Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, S. 127; Köndgen Policy Responses to Credit Crises: Does the Law of Contract Provide an Answer? in: Grundmann/Atamer (Hrsg.), Financial Services, Financial Crisis and General European Contract Law: Failure and Challenges of Contracting (2011), S. 35; Langenbucher Kredithandel nach dem Risikobegrenzungsgesetz, NJW 2008, 3169; Leyens Informationsintermediäre des Kapitalmarkts (2017); Meincke/Hingst Der Kreditbegriff im deutschen Recht. De lege lata und de lege ferenda, WM 2011, 633; Merton An Analytic Derivation of the Cost of Deposit Insurance and Loan Guarantees, Journal of Banking and Finance 1 (1977), 512; Merton On the Cost of Deposit Insurance When There Are Surveillance Costs, Journal of Business 51 (1978), 439; Mestmäcker Wirtschaftsrecht, RabelsZ 54 (1990), 409; Mitchell-Innes The Credit Theory of Money, Banking Law Journal 31 (1914), 151; Möslein Grundsatz- und Anwendungsfragen zur Spartentrennung nach dem sog. Trennnbankengesetz, BKR 2013, 397; North Institutions, Journal of Economic Perspectives 5 (1991), 97; Pistor A Legal Theory of Finance, Journal of Comparative Economics 41 (2013), 315; Platz Fachwissen zum Passivgeschäft Teil 110 (2016); Polanyi The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen[Nachdr] (2007); Redenius Strukturwandel und Konzentrationsprozesse im deutschen Hypotheken-

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

bankwesen (2009); Renner „Banking Without Banks“? Rechtliche Rahmenbedingungen des Peer-to-Peer Lending, ZBB 2014, 261; Renner/Leidinger Zur AGB-Kontrolle standardisierter Unternehmenskreditverträge, BKR 2015, 499; Rudolph Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt (2006); Santos Bank Capital Regulation in Contemporary Banking Theory: A Review of the Literature, Financial Markets, Institutions & Instruments 10 (2001), 41; Schedensack Crowdinvesting (2018); Schluep Was ist Wirtschaftsrecht? FS Hug (1968), S. 25; Schücking Das Internationale Privatrecht der BankenKonsortien, WM 1996, 281; Schularick/Taylor Credit Booms Gone Bust: Monetary Policy, Leverage Cycles, and Financial Crises, American Economic Review 102 (2012), 1029; Stiglitz/Weiss Credit Rationing in Markets with Imperfect Information, American Economic Review 71 (1981), 393; Thaler/Sunstein Nudge. Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness (2009); Thießen Covenants in Kreditverträgen: Alternative oder Ergänzung zum Insolvenzrecht? ZBB 1996, 19; von Caemmerer Fragen des Akzeptkredits, NJW 1955, 41; von Mises Geldwertstabilisierung und Konjunkturpolitik (1928); Wenzel Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge. Deutsches und englisches Recht (2006); Wielsch Global Law’s Toolbox: Private Regulation by Standards, American Journal of Comparative Law 60 (2012), 1075; Wittig Financial Covenants im inländischen Kreditgeschäft, WM 1996, 1381; Wittig Bankaufsichtsrechtliche Grundlagen des (internen) Ratings und seine Transformation in das Darlehensverhältnis mit Unternehmen, ZHR 169 (2005), 212.

I.

Übersicht System des Kreditgeschäfts | 1–14 1. Grundlagen | 1–4 2. Kreditgeschäft und Bankensystem | 5–10 3. Kreditgeschäft und Bankvertragsrecht | 11–14

II. III.

Rechts- und Organisationsrahmen | 15, 16 Instrumente | 17–20 1. Aktivgeschäft | 17, 18 2. Passivgeschäft | 19 3. Kreditsicherung | 20

I. System des Kreditgeschäfts 1. Grundlagen. Seiner wirtschaftlichen Funktion nach ist ein Kredit die „zeitweilige Über- 1 lassung von Kaufkraft“.1 Die geschichtlichen Wurzeln des Kredits lassen sich bis ins Reich der Sumerer zurückverfolgen.2 Mit der Einführung der Geldwirtschaft wurde es erstmals möglich, gegenseitige Verpflichtungen durch die Bezugnahme auf ein einheitliches System von Zahlungsmitteln zu quantifizieren. Damit entstand zugleich die Möglichkeit, auch jenseits unmittelbarer Austauschbeziehungen Zahlungsfähigkeit in abstrakten Werteinheiten weiterzugeben.3 Die lateinische Etymologie des Kreditbegriffs (credere) legt nahe, dass die Überlassung von 2 Kaufkraft Vertrauen voraussetzt.4 Das gilt in zweierlei Hinsicht. Erstens muss der Kreditgeber auf die Durchsetzbarkeit und Werthaltigkeit seines Rückzahlungsanspruchs vertrauen können. Im Laufe der Geschichte wurde das durch unterschiedliche gesellschaftliche Mechanismen5 sichergestellt, etwa durch die enge Verknüpfung von wirtschaftlicher und politischer Macht oder durch den Goldstandard in der frühen Neuzeit.6 In der Moderne ist an die Stelle dieser Mechanismen das generalisierte Vertrauen in staatliche Institutionen getreten:7 Das staatliche Rechtssystem gewährleistet die Durchsetzung vertraglicher Verpflichtungen,8 zugleich wacht

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1 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1195; Meincke/Hingst WM 2011, 633. 2 Copeland American Journal of Economics and Sociology 33 (1974), 1, 7; Graeber Debt, S. 39 ff. 3 Grundlegend Mitchell-Innes Banking Law Journal 31 (1914), 151. 4 Vgl. nur Knops WM 2008, 2185 (2186): Kredit als „auf persönliches und institutionelles Vertrauen gegründete schuldrechtliche Sonderverbindung“. 5 Im Sinne des institutionenökonomischen Institutionenbegriffs, vgl. North Journal of Economic Perspectives 1991, 97. 6 Zur Geschichte Foucault Ordnung der Dinge, S. 214 ff. 7 Mit kritischer Perspektive Polanyi The Great Transformation S. 87 ff.; allgemein zur Verstaatlichung des Handelsrechts in der frühen Neuzeit Berman Recht und Revolution, S. 527 ff. 8 Empirische Belege für die Wirksamkeit rechtlicher Durchsetzungsmechanismen auf Kreditmärkten bei Hall/ Jörgensen, Legal Rights Matter: Evidence from Panel Data on Creditor Protection and Debt, in Choi/Dow (Hrsg.), Institutional Approach to Global Corporate Governance: Business Systems and Beyond, S. 303. Die staatliche Garantie der Rechtsdurchsetzung nimmt freilich auf den heutigen Finanzmärkten die Form eines Paradoxes an („law-finance paradox“): Recht schafft das notwendige Vertrauen, aber die Durchsetzung aller rechtlich verbürgten Ansprüche würde zum Zusammenbruch des Systems führen, vgl. Pistor Journal of Comparative Economics 41 (2013), 315 (323).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

die Zentralbank über die Geldwertstabilität. Zweitens muss der Kreditgeber aber auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers vertrauen können. Hier stellt sich ein Informations- und Überwachungsproblem, das durch Rechtsregeln alleine nicht zu lösen ist. Für das Funktionieren der Kreditbeziehung sind deshalb private Intermediäre von zentraler Bedeutung (oben Erster Teil Rn 12): Banken und Finanzdienstleister bewerten und überwachen Kreditrisiken, um eine Kreditvergabe auch jenseits unmittelbarer persönlicher Nähebeziehungen zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer zu erlauben.9 Besonders wichtig sind Intermediäre für das grenzüberschreitende Kreditgeschäft, das sich dem Zugriff der nationalen Gesetzgeber weitgehend entzieht. 3 Die Volkswirtschaftslehre erklärt die Notwendigkeit von Finanzintermediären mit der Unvollkommenheit von Kapitalmärkten.10 In einer idealen Marktsituation ohne Transaktionskosten und mit vollständiger Information aller Marktteilnehmer (Arrow-Debreu-Markt11) wären Finanzintermediäre überflüssig (oben Erster Teil Rn 8–12). Kapitalgeber und Kapitalnehmer würden hier unmittelbar miteinander kontrahieren, weil die Vertragsgestaltung kostenfrei wäre und alle Marktteilnehmer ihre Risiken optimal diversifizieren könnten.12 In der Realität sind Kapitalmärkte jedoch in zweierlei Hinsicht unvollständig. Einerseits verursacht jeder Vertragsschluss Transaktionskosten, so dass die Bündelung von Verträgen bei Finanzintermediären schon aufgrund von Skaleneffekten Transaktionskosten spart.13 Andererseits können die Marktteilnehmer aufgrund von unvollständiger Information weder ihre eigenen zukünftigen Konsumbedürfnisse vorhersehen noch die Risiken einer Kreditvergabe zuverlässig einschätzen.14 Finanzintermediäre begegnen diesen Problemen, indem sie den Marktteilnehmern auch kurzfristig Liquidität zur Verfügung stellen und zugleich die Überwachung von Kreditrisiken in einer Hand bündeln.15 Die genannten Unvollkommenheiten von Kapitalmärkten schließen freilich nicht aus, dass sich Marktteilnehmer dort unmittelbar über den Kapitalmarkt finanzieren, wo Transaktionskosten und Informationsasymmetrien durch eine geeignete Vertragsgestaltung gering gehalten werden können, insbesondere im Bereich der Unternehmensfinanzierung (vgl. unten Vierter Teil Rn 352).16 Zudem versprechen neue Technologien, die unmittelbare Zusammenführung von Kapitalgebern und Kapitalnehmern deutlich zu vereinfachen, insbesondere im Rahmen des so genannten Peerto-Peer Lending oder Crowdlending (vgl. oben Erster Teil Rn 10 und unten Vierter Teil Rn 100).17 Probleme der Informationsintermediation stellen sich hier aber in vergleichbarer Weise.18

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9 Zum Begriff der Finanzintermediäre Rudolph Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, S. 560 ff. 10 So mit unterschiedlicher Akzentsetzung Gurley/Shaw Money in a Theory of Finance; Bryant Journal of Banking and Finance 4 (1980), 335; Diamond/Dybvig Journal of Political Economy 91 (1983), 401; Diamond Review of Economic Studies 51 (1984), 393; Hellwig Journal of Institutional and Theoretical Economics 1998, 328 (334 ff.); knapper Überblick über die maßgeblichen Positionen bei Santos Financial Markets, Institutions & Instruments 10 (2001), 41 (44 ff.). 11 Das Modell geht zurück auf Arrow/Debreu Econometrica 22 (1954), 265. 12 Hellwig Journal of Institutional and Theoretical Economics 1998, 328 (330). 13 Gurley/Shaw S. 124 ff. 14 Folge ist eine Rationierung des verfügbaren Kapitals am Kreditmarkt: Jaffee/Russell Quarterly Journal of Economics 90 (1976), 651; Stiglitz/Weiss American Economic Review 71 (1981), 393. Empirische Daten zur Informationsasymmetrie auf Kreditmärkten bei Cressy Venture Capital 2010, 215. 15 Zu ersterem Bryant Journal of Banking and Finance 4 (1980), 335; Diamond/Dybvig Journal of Political Economy 91 (1983), 401; zu letzterem Diamond Review of Economic Studies 51 (1984), 393. 16 Auch eine Koordinierung von Kreditgebern kann die Informations- und Überwachungskosten der einzelnen Marktteilnehmer reduzieren: Hertzberg/Liberti/Paravisini The Journal of Finance 66 (2011), 379. Zum Vergleich bankgestützter und marktgestützter Finanzierungsmechanismen aus volkswirtschaftlicher Sicht Allen/Gale European Economic Review 39 (1995), 179; aus Sicht der politischen Ökonomie Hall/Soskice An Introduction to Varieties of Capitalism, in Hall/Soskice (Hrsg.), Varieties of Capitalism. The Institutional Foundations of Comparative Advantage, S. 1. 17 Renner ZBB 2014, 261. 18 Zur Funktionsweise der Informationsintermediation grundlegend Leyens Informationsintermediäre des Kapitalmarkts, S. 147 ff.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

Hergebrachte Finanzintermediäre erfüllen wie auf Finanzmärkten im Allgemeinen (oben 4 Erster Teil Rn 9) auch für das Kreditgeschäft im Besonderen eine dreifache Transformationsfunktion.19 Erstens sorgen sie für die Kongruenz der Kapitalbeträge, welche Kapitalgeber auf der einen Seite und Kapitalnehmer auf der anderen Seite handeln wollen (Losgrößentransformation). Zweitens vermitteln sie zwischen den unterschiedlichen Zeithorizonten von Kapitalnehmern und Kapitalgebern (Fristentransformation). Und drittens stellen sie einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Risikopräferenzen der Marktteilnehmer her (Risikotransformation). Die Transformationsfunktion der Finanzintermediäre ist allerdings ihrerseits mit Risiken verbunden. Diese folgen insbesondere aus dem Zusammenspiel von Fristentransformation und Risikotransformation auf einem Markt mit unvollständiger Information. Die Fristentransformation hat zur Folge, dass Kapitalgeber ihr Kapital kurzfristig zurückziehen können, obwohl dieses langfristig bei den Kapitalnehmern gebunden ist. Zugleich können die Kapitalgeber nicht einschätzen, inwieweit der Intermediär die von ihm eingegangenen Risiken der Kapitalvergabe tragen kann. Damit besteht insbesondere die Gefahr, dass die Kapitalgeber einen „Panic Run“ auslösen und durch Abzug ihrer Gelder eine Zahlungsunfähigkeit des Intermediärs verursachen.20 Diese Gefahr ist wesentlicher Auslöser für die Regulierung von Finanzintermediären, sei es durch Einlagensicherungssysteme oder durch Aufsichtsrecht (oben Erster Teil Rn 11 und unten Vierter Teil Rn 8 und 9).21 2. Kreditgeschäft und Bankensystem. Unter den Finanzintermediären nehmen die Kredit- 5 institute eine herausgehobene Stellung ein (oben Erster Teil Rn 12). Nach § 1 S. 1 KWG handelt es sich dabei um Unternehmen, die Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 KWG gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert. Regelmäßig und idealtypisch sind dies Finanzintermediäre, welche die genannten Transformationsfunktionen (oben Vierter Teil Rn 4) erfüllen, indem sie „unbedingt rückzahlbare Gelder des Publikums“ annehmen (Einlagengeschäft, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG; unten Vierter Teil Rn 21–73) und diese auf Grundlage einer rating-gestützten Risikobewertung22 zur „Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten“ (Kreditgeschäft, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG; unten Vierter Teil Rn 98–104) nutzen. Erst das Zusammenspiel von Einlagengeschäft und Kreditgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 KWG macht das Kreditgeschäft im bankwirtschaftlichen Sinne – im Unterschied zum Kreditgeschäft im rechtlichen Sinne (dazu unten Vierter Teil Rn 99–101) aus.23 Diese funktionale Begriffsbestimmung orientiert sich am traditionellen Geschäftsmodell der Kreditinstitute. Das Geschäftsmodell der Kreditinstitute hat sich allerdings durch neuere Entwicklungen deutlich verändert, sowohl durch die zunehmende Handelbarkeit von Kreditrisiken (unten Vierter Teil Rn 496–522) als auch durch veränderte Refinanzierungsstrategien (unten Vierter Teil Rn 19). Noch deutlicher wird es im Bereich des Peer-to-Peer Lending (unten Vierter Teil Rn 100) in Frage gestellt, wo digitale Plattformen an die Stelle der hergebrachten Finanzintermediäre treten. Der funktionale Begriff des Kreditgeschäfts als einer durch Einlagen finanzierten Kreditgewährung hat dadurch seine Orientierungsfunktion aber nicht verloren. Insbesondere liegt er den heutigen Regeln wie auch Reformansätzen im Bankaufsichtsrecht noch deutlich sichtbar zugrunde.

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19 Zu den unterschiedlichen Transformationsfunktionen im Einzelnen Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber Bankbetriebslehre, S. 5 ff. 20 Zu den unterschiedlichen Typen von „bank runs“ Jacklin/Bhattacharya Journal of Political Economy 96 (1988), 568. 21 Überblick über denkbare Regulierungsmodelle aus ökonomischer Sicht bei Santos Financial Markets, Institutions & Instruments 10 (2001), 41 (47 ff.). 22 Zu den internen Ratingsystemen der Kreditinstitute Jacobson/Lindé/Roszbach Journal of Banking & Finance 30 (2006), 1899; Wittig ZHR 169 (2005), 212. 23 Der bankwirtschaftliche Begriff des Kreditgeschäfts entspricht dem Begriff des Kreditwesens bei Canaris Bankvertragsrecht3, Drittes Kapitel.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

6

Von der typischen Bilanzierung von Bankgeschäften ausgehend ist im Rahmen des Kreditgeschäfts im bankwirtschaftlichen Sinne zwischen Aktiv- und Passivgeschäft zu unterscheiden. Die Kreditvergabe selbst ist Teil des Aktivgeschäfts der Kreditinstitute, denn die sich hieraus ergebenden Forderungen sind von den Kreditinstituten als Aktiva zu bilanzieren. Auf der Seite der Passiva stehen diesen Forderungen insbesondere Kundeneinlagen, aber auch eigene Schuldverschreibungen, etwa im Rahmen des Pfandbriefgeschäfts (Vierter Teil Rn 74–91), gegenüber.24 Über die Bilanz der Kreditinstitute sind Aktiv- und Passivgeschäft demnach unmittelbar miteinander verknüpft.25 Kreditinstitute, die sowohl Einlagen entgegennehmen wie auch Kredite für eigene Rech7 nung gewähren, werden in § 1 Abs. 3d KWG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/ 2013 als CRR-Kreditinstitute definiert. CRR-Kreditinstitute unterliegen besonderen aufsichtsrechtlichen Regeln und werden zugleich durch das KWG und die europäischen Vorgaben bei ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeit gegenüber Kreditinstituten bevorzugt, die sich nicht über das Einlagengeschäft refinanzieren: Nach § 53b KWG können CRR-Kreditinstitute aus dem Ausland des Europäischen Wirtschaftsraums in Deutschland erlaubnisfrei Bankgeschäfte betreiben, deutsche CRR-Kreditinstitute können nach § 24a KWG durch den „Europäischen Pass“26 im Europäischen Wirtschaftsraum grenzüberschreitend tätig werden.27 Weil die Kreditinstitute im Kreditgeschäft die Risiken der Fristentransformation (oben Vier8 ter Teil Rn 4) tragen, unterliegen sie stärker als andere Wirtschaftsakteure der staatlichen Regulierung. Den Gefahren eines „Run“ begegnen Einlagensicherungssysteme, durch welche Einleger bei Zahlungsausfall des Kreditinstituts entschädigt werden.28 Hierzu dient das auf europäische Vorgaben zurückgehende Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz.29 In Deutschland tritt das gesetzliche Einlagensicherungssystem neben die gewachsenen Sicherungssysteme von Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken einerseits und der privaten Banken andererseits.30 Im Rahmen der Europäischen Bankenunion sind Ansätze zur Schaffung eines einheitlichen Einlagensicherungssystems bislang unvollendet geblieben (oben Erster Teil Rn 106). Mögen Einlagensicherungssysteme auf privater Grundlage oder durch staatliche Regelung geschaffen werden – gerade ihr Vorhandensein schafft für das Kreditgeschäft neue Risiken, denen oft nur durch (weitere) staatliche Regulierung begegnet werden kann. Insbesondere droht die Bildung von Fehlanreizen („moral hazard“), wenn Kreditinstitute sich im Verhältnis zu ihren Einlegern gegen einen Zahlungsausfall versichern können: Sie werden zu einem riskanten Ein-

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24 Platz Fachwissen zum Passivgeschäft Teil 1, S. 22 f. 25 Zu den Einzelheiten der Bilanzierung insoweit Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber S. 747 ff. 26 Zum „Europäischen Pass“ Hanten ZBB 2000, 245. 27 Zu möglichen Konsequenzen des Brexit auf den Europäischen Pass für CRR-Kreditinstitute Nemeczek/Pitz WM 2017, 120; Hanten/Sacarcelik WM 2018, 1872. 28 Zu diesem Zusammenhang vgl. nur Möslein BKR 2013, 397 (398); zur volkswirtschaftlichen Funktion der Einlagensicherung grundlegend Diamond/Dybvig Journal of Political Economy 91 (1983), 401; zur Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen im internationalen Vergleich Barth/Nolle/Rice Commercial Banking Structure, Regulation, and Performance: An International Comparison, Office of the Comptroller of the Currency, Working Paper No. 97–6 (1997); Garcia Deposit Insurance: A Survey of Actual and Best Practices, IMF Working paper No. 99/54 (1999). 29 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1900); zurückgehend auf die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl. EG Nr. L 135 vom 31.5.1994, S. 5, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 zur Änderung der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme im Hinblick auf die Deckungssumme und die Auszahlungsfrist, ABl. EG Nr. L 68 vom 13.3.2009, S. 3. 30 Überblicke bei Kümpel/Wittig/Schelm4 Rn 2.259 ff.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 349 ff.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

satz des eingelegten Fremdkapitals veranlasst, dessen negative Folgen weder die Einleger noch die Kreditinstitute selbst tragen müssen.31 Diesem Problem wird aufsichtsrechtlich insbesondere durch Mindestanforderungen an das 9 Eigenkapital der Kreditinstitute begegnet (oben Erster Teil Rn 95–98). Durch risikogewichtete Vorgaben über die Kapitalstruktur soll die Hebelwirkung begrenzt werden, welche die Kreditinstitute durch den Einsatz von Fremdkapital für riskante Aktivgeschäfte erzielen können. Die weltweite Finanzkrise ab 2007, welche wesentlich vom Kreditgeschäft der Kreditinstitute ausging, hat vielfach zu Forderungen nach einer strengeren Eigenkapitalregulierung geführt.32 Den maßgeblichen Rechtsrahmen bilden heute vor allem die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht erarbeiteten und zuletzt 2010 novellierten Eigenkapitalvorschriften (Basel III). Die Eigenkapitalvorschriften von Basel III wurden in der EU durch die Richtlinie über Eigenkapitalanforderungen (Capital Requirements Directive – CRD IV) und die begleitende Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation – CRR) übernommen,33 die im Jahr 2019 novelliert wurden (oben Erster Teil Rn 36). Die deutsche Umsetzung von CRD IV und CRR hat insbesondere zu Anpassungen im KWG, aber auch in zahlreichen weiteren Gesetzen sowie der SolvV und der MARisk geführt.34 Kern der gegenüber den Vorgängerregeln in Basel II deutlich verschärften Vorgaben von Basel III sind eine engere Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals, eine Anpassung der Risikogewichtung an neue Finanzinstrumente, die Einführung eines antizyklischen Liquiditätspuffers und die neu geschaffene Verschuldungsgrenze (Leverage Ratio), die in Abhängigkeit von der Bilanzsumme zu bestimmen ist.35 Die Verschärfung von Eigenkapitalanforderungen führt freilich im Bereich des Kreditgeschäfts zu sichtbaren Ausweichbewegungen der Marktteilnehmer. International war in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum des so genannten Schattenbanksektors zu beobachten, das sich insbesondere daraus speiste, dass traditionelle Funktionen der Kreditinstitute immer stärker auf nicht regulierte Finanzintermediäre wie Geldmarktfonds verlagert wurden.36 In Deutschland ist diese Entwicklung deutlich weniger stark, weil der weite Anwendungsbereich des KWG insbesondere im Einlagen- und Kreditgeschäft derartige Ausweichbewegungen kaum zulässt.37 Auch in Deutschland bereits seit längerem zu beobachten ist allerdings, dass Kreditinstitute im Rahmen von Verbriefungen ihre Kreditforderungen auf eigens geschaffene Zweckgesellschaften übertragen (unten Vierter Teil Rn 513–522) – gerade um diese nicht mit Eigenkapital unterlegen zu müssen. Unter den Finanzintermediären nehmen die Kreditinstitute auch deshalb eine Sonderstel- 10 lung ein, weil sie durch ihre Kreditvergabe an der gesamtwirtschaftlichen Geldschöpfung betei-

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31 Kareken/Wallace Journal of Business 51 (1978), 413; Dothan/Williams Journal of Banking and Finance 4 (1980), 65; Merton Journal of Banking and Finance 1 (1977), 512; Merton Journal of Business 51 (1978), 439. 32 Sehr eindringlich etwa bei Admati/Hellwig The Bankers’ New Clothes. 33 Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. EU Nr. L 176 vom 27.6.2013, S. 338, Berichtigung ABl. EU Nr. L 208 vom 2.8.2013, S. 73; ergänzt durch die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU Nr. L 176 vom 27.6.2013, S. 1, Berichtigung ABl. EU Nr. L 208 vom 2.8.2013, S. 68. 34 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28.8.2013, BGBl. I S. 3395. 35 Bank for International Settlements, Basel III: A Global Regulatory Framework for More Resilient Banks and Banking Systems, verfügbar unter http://www.bis.org/publ/bcbs189.pdf (zuletzt abgerufen am 7.5.2019). 36 Zu dieser Entwicklung und Reformansätzen Gorton/Metrick Brookings Papers on Economic Activity 2010, 261. 37 Aktuelles Zahlenmaterial zur Größe des Schattenbanksektors in unterschiedlichen Staaten findet sich in den jährlichen Berichten des Financial Stability Board (Global Shadow Banking Monitoring Report), zuletzt derjenige von 2017 verfügbar unter: http://www.fsb.org/2018/03/global-shadow-banking-monitoring-report-2017 (zuletzt abgerufen am 7.5.2019).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

ligt sind. Die Zentralbank hat – außerhalb des Bereichs der Barzahlungsmittel – kein Geldschöpfungsmonopol. Im Bereich des Buchgelds erfolgt die Geldschöpfung vielmehr dezentral durch die Kreditvergabe der Kreditinstitute selbst.38 Die geldpolitische Praxis nähert sich insoweit der in der ökonomischen Diskussion so genannten Banking-Theorie an. Nach dieser Theorie, die in pointierter Form etwa von Hayek verfochten hat,39 sollen Geldschöpfung und Begrenzung der Geldmenge so weit wie möglich staatlicher Kontrolle entzogen und den Marktkräften überlassen werden. Die neuerlich wieder verstärkt vertretenen Currency-Theorien40 wollen demgegenüber die Geldschöpfung und Kontrolle der Geldmenge bei den staatlichen Zentralbanken monopolisieren, insbesondere um extreme Konjunkturausschläge und Spekulationsblasen zu verhindern.41 Tatsächlich ist die Giralgeldschöpfung durch Kreditinstitute bei der Kreditvergabe heute aber kaum durch regulatorische Vorgaben beschränkt. Zumindest mittelbar sind den Kreditinstituten allerdings durch die Geldpolitik der Zentralbank sowie durch das Aufsichtsrecht Grenzen gesetzt. Eine erste Grenze folgt aus der Mindestreservepflicht. Nach der EG-Verordnung über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht42 sind Kreditinstitute im Rahmen des EZB-Systems verpflichtet, für ihre Verbindlichkeiten bei den nationalen Zentralbanken eine Mindestreserve zu hinterlegen. Seit dem 18.1.2012 beträgt dieser Mindestreservesatz 1% der von den Geldinstituten eingegangenen Verbindlichkeiten.43 Eine zweite Grenze folgt aus den Zinskonditionen der Zentralbank. Soweit die Kreditinstitute ihr Aktivgeschäft nicht aus Einlagen, eigenen Schuldverschreibungen oder am Interbankenmarkt refinanzieren, müssen sie hierfür Geld bei der Zentralbank aufnehmen. Die dritte und wohl entscheidende Grenze für die Geldschöpfung der Kreditinstitute schließlich folgt aus den Vorgaben der Eigenkapitalregulierung (oben Vierter Teil Rn 9). Diese soll zwar in erster Linie einer Begrenzung von Kreditrisiken dienen, zumindest faktisch führt sie aber auch zu einer Beschränkung der Kreditvergabe insgesamt.44 11

3. Kreditgeschäft und Bankvertragsrecht. Für das Kreditgeschäft werden rechtliche Vorgaben aus zwei Richtungen relevant: einerseits aus dem Bankaufsichtsrecht und andererseits aus dem Bankvertragsrecht. Aus der „wirtschaftsrechtlichen Sonderstellung“45 der Banken und den daraus erwachsenden Risiken folgt seit jeher eine enge Verzahnung von öffentlichem Recht und Privatrecht, wie sie für das Wirtschaftsrecht im Allgemeinen und das Bankrecht im Besonderen (oben Erster Teil Rn 80–83) typisch ist.46 12 Oftmals dienen hier Aufsichtsrecht und Vertragsrecht demselben Regelungsanliegen – und oft können sie es nur gemeinsam erreichen.47 So mag eine gesamtwirtschaftliche „Kreditklemme“

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38 Überblick zur ökonomischen Diskussion dieser Tatsache und ihren empirischen Auswirkungen bei Schularick/Taylor American Economic Review 102 (2012), 1029 (1030 f.). 39 Hayek Entnationalisierung des Geldes. 40 von Mises Geldwertstabilisierung und Konjunkturpolitik; Keynes Vom Gelde (A Treatise on Money); aus neuerer Zeit etwa Huber Monetäre Modernisierung. 41 Grundlegend Fisher 100% Money; in diesem Sinne nun auch Benes/Kumhof IMF Working Paper 12/202, verfügbar unter: http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2012/wp12202.pdf (zuletzt abgerufen am 7.5.2019). 42 Verordnung (EG) Nr. 1745/2003 der Europäischen Zentralbank vom 12.9.2003 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht, ABl. 2003 L 250/10. 43 Aktuelle Sätze unter https://www.bundesbank.de/de/aufgaben/geldpolitik/mindestreserven (zuletzt abgerufen am 7.5.2019). 44 Einen Zusammenhang zwischen beiden Regelungszielen legen im Übrigen neuere ökonomische Untersuchungen über die Korrelation von Kreditmengenwachstum und Finanzkrisen nahe, vgl. insbesondere Schularick/Taylor American Economic Review 102 (2012), 1029. 45 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (147 f.), der insoweit auf die öffentliche Funktion der Kreditinstitute hinweist. 46 Zu diesem Merkmal des Wirtschaftsrechts Schluep FS Hug 1968, S. 25 (72 ff.); Mestmäcker RabelsZ 54 (1990), 409, 415 ff. 47 Mit Blick auf Verbraucherkreditmärkte Bar-Gill/Warren University of Pennsylvania Law Review 157 (2008), 1 (98 ff.); Köndgen, Policy Responses to Credit Crises: Does the Law of Contract Provide an Answer? in Grundmann/

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

durch konsequente Auslegung vertraglicher Treuepflichten der Kreditinstitute auf zivilrechtlicher Ebene (unten Vierter Teil Rn 113–116) eher zu vermeiden sein als durch aufsichtsrechtliche Vorgaben.48 Umgekehrt können aufsichtsrechtliche Vorgaben zur Vermeidung systemischer Risiken unmittelbar auf das Zivil- und Handelsrecht durchschlagen. Das zeigt etwa das Beispiel des § 354a Abs. 2 HGB, welcher durch das Risikobegrenzungsgesetz49 eingeführt wurde und eine Überwindung von Abtretungshindernissen für Darlehensforderungen von Kreditinstituten entgegen der allgemeinen handelsrechtlichen Regel ausschließt (unten Vierter Teil Rn 189).50 Deutlich wird dieses Phänomen auch sichtbar, wenn der BGH aus kapitalmarktrechtlichen Verhaltens-, Organisations- und Transparenzpflichten ein allgemeines Rechtsprinzip entwickelt, das auch bei der Auslegung von Bankberatungsverträgen zu berücksichtigen ist (unten Vierter Teil Rn 168).51 Schließlich sind einzelne Regelungskomplexe wie die Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit im Verbraucherkreditrecht nach § 18a KWG und § 505 ff. BGB sowohl dem Aufsichtsrecht wie auch dem Vertragsrecht zugeordnet – woraus sich noch ungeklärte Rechtsanwendungsfragen ergeben (unten Vierter Teil Rn 876–889). Die Entwicklungslinien von Bankaufsichtsrecht und Bankvertragsrecht verlaufen aber nicht 13 immer parallel. Während sich das für das Kreditgeschäft relevante Aufsichtsrecht in den letzten Jahren mit großer Dynamik fortentwickelt hat, trifft dies für das Bankvertragsrecht nur teilweise zu. Einerseits haben die – vielfach vollharmonisierenden52 – Vorgaben des europäischen Gesetzgebers zu einer grundlegenden Umgestaltung des Verbraucherkreditrechts geführt, die sich schon an der Inflation der einschlägigen Normen im BGB zeigt. Diese Normen reagieren auf die Spezifika des Verbraucherkreditmarktes als eines Marktes, der von Informationsasymmetrien und Rationalitätsdefiziten der Marktteilnehmer geprägt ist (unten Vierter Teil Rn 542–551). Andererseits sind die gesetzlichen Vorgaben für den Unternehmenskredit trotz der rasanten Entwicklung dieses Marktsegments in den letzten Jahrzehnten nahezu unverändert geblieben. Das heißt aber nicht, dass insoweit das Darlehensrecht des BGB uneingeschränkt Anwendung fände. Im Gegenteil: Rechtliche Innovationen haben sich hier weitgehend außerhalb des geschriebenen Gesetzesrechts entwickelt. Das gilt schon für die mittlerweile kanonischen Finanzierungsformen des Leasings (unten Vierter Teil Rn 396–441) und des Factorings (unten Vierter Teil Rn 442–485), erst recht gilt es aber für komplexere Gestaltungen wie den Konsortialkredit (unten Vierter Teil Rn 337–351). Damit ist in zweifacher Hinsicht ein Bedeutungsverlust der §§ 488–490 BGB festzustel- 14 len.53 Im Bereich des Verbraucherkredits werden die allgemeinen Regeln des Darlehensrechts durch Spezialregelungen europäischer Provenienz überlagert, im Bereich des Unternehmens-

_____ Atamer (Hrsg.), Financial Services, Financial Crisis and General European Contract Law: Failure and Challenges of Contracting, S. 35 (39 ff.); verallgemeinernd Grundmann/Renner JZ 2013, 379. 48 Berger BKR 2009, 45. 49 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken vom 12.8.2008, BGBl. I S. 1666. 50 Ursprünglich sollte hiermit eine Pflicht der Kreditinstitute zum Angebot von Darlehensverträgen mit Abtretungsausschluss in einem neu zu schaffenden § 16 KWG flankiert werden, zur Diskussion Bredow/Vogel BKR 2008, 271 (277 f.); zu den Folgen des § 354a Abs. 2 HGB auf das Angebot der Kreditinstitute Langenbucher NJW 2008, 3169 (3173). 51 BGHZ 201, 310 (321). 52 Einen vollharmonisierenden Ansatz verfolgen sowohl die novellierte Verbraucherkredit-Richtlinie (Richtlinie 2008/48/EG des Euro-päischen Parlaments und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. EG Nr. L 133, S. 66) als auch die für das Verbraucherkreditrecht ebenfalls relevante Verbraucherrechte-Richtlinie (vgl. unten Vierter Teil Rn 592 und 726). Dagegen liegt der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie (Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010) nach ihrem Art. 2 ein mindestharmonisierender Ansatz zugrunde. 53 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 20.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

kredits werden sie durch spezialisierte Standardverträge marginalisiert. Beide Tendenzen werden durch die Zunahme grenzüberschreitender Kreditbeziehungen noch verstärkt. Im Bereich des Verbraucherkredits trägt die Schaffung europäischer Vorgaben zur Entstehung eines supranationalen Marktes bei. Der Markt für Unternehmenskredite hingegen ist – auch über die Außengrenzen der EU hinweg – schon seit langem transnational strukturiert. Vorreiter für diese Entwicklung waren große Projektfinanzierungen durch internationale Bankenkonsortien. 54 Mangels supra- oder internationaler Rechtsvereinheitlichung erfolgt eine Standardisierung der rechtlichen Vorgaben für Unternehmenskredite etwa durch die Vertragsmuster der Loan Market Association (LMA) in London, die sich mittlerweile weitgehend als Marktstandard etabliert haben (unten Vierter Teil Rn 352).55 Die Zunahme grenzüberschreitender Kreditgeschäfte wirkt aber auch in den innerstaatlichen Bereich zurück. So wurden etwa die Musterverträge der LMA teilweise dem deutschen Recht angepasst, so dass sie vielfach auch zwischen deutschen Vertragspartnern Verwendung finden.56 Auch die vertragliche Kreditsicherung durch Covenants, deren Urspung im angloamerikanischen Rechtsraum liegt, ist im Rahmen der üblichen Musterverträge mittlerweile bei deutschrechtlichen Kreditverträgen üblich (unten Vierter Teil Rn 922, 923).57 Bei derartigen Musterverträgen handelt es sich nach deutschem Recht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, in der Sache dienen sie allerdings – insbesondere in Kombination mit Rechtswahlund Gerichtsstandsklauseln – der Schaffung privat gesetzter transnationaler Normen für das Unternehmenskreditgeschäft.58 II. Rechts- und Organisationsrahmen 15

Der äußere organisatorische Rahmen des Kreditgeschäfts ergibt sich zunächst aus dem feinmaschigen Netz des Aufsichtsrechts im KWG, das vielfach auf europäische Vorgaben zurückgeht und durch die Verwaltungspraxis der BaFin weiter konkretisiert wird. Hinsichtlich der Einzelheiten kann insoweit auf die Kommentierung zur Organisation des Kreditwesens im Ersten Teil verwiesen werden. Von größter Relevanz für das Kreditgeschäft insgesamt sind die Vorgaben zu den Eigenkapitalanforderungen für Kreditinstitute (oben Vierter Teil Rn 9). Für die Wirksamkeit einzelner Verträge werden die Vorgaben des Aufsichtsrechts etwa dort relevant, wo das KWG bestimmte Geschäfte explizit verbietet (§ 3 KWG, unten Vierter Teil Rn 60 und 268) oder ihr Betreiben von einer Erlaubnispflicht abhängig macht (§ 32 KWG, unten Vierter Teil Rn 57–59 und 267). Gerade bei innovativen Finanzierungsformen wie dem Peer-to-Peer Lending wirken sich aufsichtsrechtliche Vorgaben ganz unmittelbar auf die Vertragsgestaltung aus, wenn die Beteiligten versuchen, Erlaubnispflichten nach dem KWG zu vermeiden (unten Vierter Teil Rn 101). Die Vorschriften der §§ 13–20 KWG, die ausdrücklich auf besondere Risiken des Kreditgeschäfts abzielen, lösen allerdings in erster Linie aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen aus, wobei § 18a KWG aufgrund seines engen Bezugs zum Verbraucherdarlehensrecht eine Sonderstellung einnimmt (unten Vierter Teil Rn 876, 877). So führt der Verstoß gegen die Anzeigepflicht für Großkredite nach § 13 KWG nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts (unten Vierter Teil Rn 269). Glei-

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54 Ebenroth JZ 1986, 731; Schücking WM 1996, 281; Wenzel Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge, S. 31 ff. 55 Klumb ZBB 2012, 449; Ballo Die AGB-Kontrolle von Kreditverträgen in der Akquisitionsfinanzierung, S. 49; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 17; eingehend Wenzel S. 41 ff. 56 Ballo S. 52. 57 Diese Entwicklung beobachtend schon Wittig WM 1996, 1381; Köndgen Financial Covenants. „Symbiotische“ Finanzierungsverträge im Spannungsfeld von Vertrags-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, in Prütting (Hrsg.), Insolvenzrecht 1996, S. 127; Thießen ZBB 1996, 19. 58 Zu dieser Wirkung von Standardverträgen im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr Wielsch American Journal of Comparative Law 60 (2012), 1075; zur Behandlung transnationaler Kreditvertragsmuster im deutschen AGB-Recht Renner/Leidinger BKR 2015, 499.

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1. Abschnitt – System, Rechtsrahmen und Instrumente

ches gilt für Verstöße gegen das Verbot von Organkrediten nach § 15 KWG, der allerdings in § 15 Abs. 5 KWG eine eigenständige Rechtsfolge mit Blick auf die Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs vorsieht (unten Vierter Teil Rn 269). Das Schuldvertragsrecht setzt dem Kreditgeschäft einen Rahmen, der in unterschiedlichen 16 Geschäftsbereichen sehr unterschiedliche Grade von Flexibilität erlaubt. So sind die Regeln des Verbraucherkreditrechts in weiten Teilen als halbzwingendes Recht ausgestaltet (vgl. § 511 BGB, unten Vierter Teil Rn 906–912). In grenzüberschreitenden Sachverhalten ist hier die Möglichkeit einer Rechtswahl weitestgehend ausgeschlossen (unten Vierter Teil Rn 598, 599). Dagegen ist im Bereich der Unternehmenskredite die Kautelarpraxis kaum durch zwingende Vorgaben in der Vertragsgestaltung eingeschränkt. Soweit doch einmal zwingende Regeln bestehen, etwa in Gestalt des Zinseszinsverbots nach § 248 Abs. 1 BGB, können diese jedenfalls in Sachverhalten mit Auslandsberührung durch eine Rechtswahl vermieden werden (unten Vierter Teil Rn 523–529).59 Aber auch die Regeln des dispositiven Rechts begrenzen wirksam die Reichweite der Privatautonomie im Kreditgeschäft – und dies nicht nur durch ihre faktische Standardisierungswirkung.60 Die gesetzliche Typisierung der für das Kreditgeschäft maßgeblichen Vertragsarten im BGB, insbesondere des Darlehensvertrags in den §§ 488 ff. BGB, hat nämlich zur Folge, dass die einschlägigen dispositiven Regeln als gesetzliches Leitbild i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB den Maßstab für die AGB-Inhaltskontrolle bestimmen. Folgenreich ist dies etwa für die Diskussion über die Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten beim Darlehensvertrag (unten Vierter Teil Rn 209–211). Vielfach hat die kreditgeschäftliche Praxis, insbesondere im Bereich der Unternehmenskredite, allerdings neue Vertragsgestaltungen wie das Finanzierungsleasing geschaffen. Hier stellt sich die Frage, inwieweit die gesetzlichen Typisierungen etwa des Darlehensoder des Mietvertrags sinnvollerweise noch als Leitbild wirken können (unten Vierter Teil Rn 331, 407 und 955). III. Instrumente des Kreditgeschäfts 1. Aktivgeschäft. Wichtigster Vertragstyp im Aktivgeschäft der Kreditinstitute ist nach wie 17 vor das Gelddarlehen i.S.v. § 488 BGB (Vierter Teil Rn 152–292). Durch den Darlehensvertrag wird, ebenso wie durch den Zahlungsaufschub und sonstige Finanzierungshilfen i.S.d. § 506 Abs. 1 BGB (unten Vierter Teil Rn 890–900), die Gewährung eines Zahlungskredits versprochen, d.h. eine „effektive Kreditgewährung“ zwischen den Vertragsparteien.61 Der Diskontkredit, bei dem das Kreditinstitut Wechsel des Kreditnehmers bis zu einer bestimmten Betragsgrenze anzukaufen verspricht, hat demgegenüber an praktischer Bedeutung verloren.62 Die Gestaltungsformen des Zahlungskredits sind freilich vielfältig. Sie reichen vom Verbraucherdarlehen bis hin zur Projektfinanzierung im internationalen Konsortialgeschäft. Zugleich sind neben der darlehensvertraglichen auch alternative Gestaltungen des Zahlungskredits denkbar und verbreitet. Zur Gewährung eines Zahlungskredits dienen etwa auch das Finanzierungsleasing als Vertrag sui generis (unten Vierter Teil Rn 396–441) und das Factoring, das als echtes Factoring kaufvertraglich ausgestaltet sein kann (unten Vierter Teil Rn 486–492).

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59 Am Beispiel des Zinseszinsverbots Klumb ZBB 2012, 449. 60 Zur faktischen Standardisierungswirkung von „default options“ aus Sicht der Verhaltensökonomie plastisch Thaler/Sunstein Nudge, S. 93 ff. 61 Kümpel/Wittig/Löber4 Rn 5.71. 62 Seit 2006 können Wechsel nicht mehr bei der Deutschen Bundesbank rediskontiert werden und haben damit erheblich an Attraktivität verloren, vgl. BankR-HdB-Peters5 § 65 Rn 15; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 640 f. Im Rahmen von Verbriefungsgeschäften konnte der Kapitalmarkt den Wegfall der Rediskontierung durch die Bundesbank zwar ausgleichen; auch die Verbriefung von Wechseln ist mittlerweile aber stark zurückgegangen: Langenbucher/Bliesener/Spindler/Geiger2 Kap. 20 Rn 51.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

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Wirtschaftlicher Gegenbegriff zum Zahlungskredit ist der Haftungskredit,63 durch den der Kreditgeber verspricht, für eine Verbindlichkeit des Kreditnehmers gegenüber einem Dritten einzustehen.64 Der Haftungskredit hat in erster Linie eine Sicherungsfunktion und ist daher im Zusammenhang mit der vertraglichen Kreditsicherung zu behandeln (Vierter Teil Rn 962–1006). Wenn er durch ein Kreditinstitut begeben wird, nimmt der Haftungskredit zumeist die Form einer Bürgschaft nach §§ 765 ff. BGB oder einer Garantie an. Insoweit ist auch die Bezeichnung als Avalkredit gängig (unten Vierter Teil Rn 966–970).65

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2. Passivgeschäft. Das Passivgeschäft der Banken beruht herkömmlich auf dem Einlagengeschäft, wobei der Begriff der Einlage im KWG auf Grundlage europarechtlicher Vorgaben sehr weit gefasst ist (dazu unten Vierter Teil Rn 22–32). Rechtstechnisch kann eine Einlage, je nach Ausgestaltung, als Darlehen oder als unregelmäßige Verwahrung einzuordnen sein (unten Vierter Teil Rn 33–38). Daneben spielen für die Refinanzierung des Kreditgeschäfts auf Passivseite bei den europäischen Kreditinstituten traditionell Pfandbriefe und gedeckte Schuldverschreibungen („covered bonds“) eine herausgehobene Rolle (Vierter Teil Rn 74–91). Bei Realkreditinstituten (Hypothekenbanken) machen sie sogar den Hauptteil des Passivgeschäfts aus.66 In den letzten Jahrzehnten lässt sich freilich beobachten, dass die Kreditinstitute ihr Passivgeschäft deutlich diversifiziert haben. Neben dem Einlagen- und Pfandbriefgeschäft spielt die Refinanzierung durch kurzfristige Kredite am Interbankenmarkt sowie durch das so genannten RepoGeschäft (unten Vierter Teil Rn 493–495) eine wachsende Rolle.67 Das Passivgeschäft der Kreditinstitute bedient sich damit zunehmend derselben Instrumente wie das Aktivgeschäft.

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3. Kreditsicherung. Die Kreditsicherung durch unterschiedliche rechtliche Instrumente ist eine Antwort auf das Problem der Informationsasymmetrie auf Kreditmärkten.68 Der Kreditgeber sichert sich hiermit gegen einen Zahlungsausfall ab, der für ihn ex ante nur schwer vorhersehbar ist. Klassischerweise erfolgt die Kreditsicherung mit den Mitteln des Sachenrechts. Dingliche Kreditsicherheiten sind nicht Gegenstand dieser Kommentierung zum Bankvertragsrecht. Für das Bankvertragsrecht relevant sind allerdings Kreditsicherungsmechanismen auf schuldvertraglicher Grundlage (unten Vierter Teil Rn 923–1016). Diese sind gerade im grenzüberschreitenden Kreditgeschäft von größter Bedeutung, weil sie die kollisionsrechtlichen Schwierigkeiten vermeiden, die mit einer Anknüpfung an den Belegenheitsort dinglicher Sicherheiten nach Art. 43 EGBGB verbunden sind.69 Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Verwendung international einheitlicher Standardverträge wird die Kreditsicherung durch vertragliche Mechanismen aber auch im innerstaatlichen Kreditgeschäft immer wichtiger. Instrumente sind neben kreditvertraglichen Nebenabreden (Covenants) vor allem die gesetzlich typisierte Bürgschaft nach §§ 765 ff. BGB sowie Schuldbeitritt, Garantie und Patronatserklärung.

anhängen!

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63 von Caemmerer NJW 1955, 41 (42); Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/5a. 64 Meincke/Hingst WM 2011, 633. 65 Zum Begriff Kümpel/Wittig/Bauer4 Rn 13.2 ff. 66 Redenius Hypothekenbankwesen, S. 31. 67 Zur Kreditaufnahme am Interbankenmarkt Brunnermeier/Pedersen Review of Financial Studies 22 (2009), 2201; zum Repo-Geschäft Gorton/Metrick Brookings Papers on Economic Activity 2010, 261. 68 Aus ökonomischer Perspektive Bester European Economic Review 31 (1987), 887. 69 Zu Vereinheitlichungsbestrebungen im Recht der Kreditsicherheiten vgl. aber die Beiträge in Eidenmüller/Kieniger (Hrsg.), The Future of Secured Credit in Europe und Kieninger/Sigman (Hrsg.), Cross-Border Security over Receivables.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

ZWEITER ABSCHNITT Das Passivgeschäft 2. Abschnitt – Das Passivgeschäft Renner Schrifttum Bornemann Publikumsgesellschaften im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Böttcher Depotgesetz (2012); Brocker Nutzen des Refinanzierungsregisters für ausländische Kreditinstitute in ABS-Transaktionen, BKR 2007, 60; Buchmann Die Insolvenz der Pfandbriefbank, WM 2009, 442; Burkiczak Zur Frage der Zulässigkeit uneingeschränkter Zinsänderungsklauseln in AGB bei kurzfristigen Sparprodukten, BKR 2007, 190; Canaris Die Ausgabe von Namensgewinnschuldverschreibungen an Arbeitnehmer in bankaufsichtsrechtlicher Sicht, BB 1978, 227; Demgensky/Erm Der Begriff der Einlagen nach der 6. KWG-Novelle, WM 2001, 1445; Einsele Auswirkungen der Rom I-Verordnung auf Finanzdienstleistungen, WM 2009, 289; Fabricius Einschränkung der Anwendung des § 817 S. 2 BGB durch den Zweck des Verbotsgesetzes? JZ 1963, 85; Fleckner Das Refinanzierungsregister – Tatbestandliche Grenzen und Vorschläge zur Verbesserung, WM 2006, 697; Förster Die Vereinbarung variabler Zinssätze in AGB (2010); Frhr. von Falkenhausen Die Führung von Gesellschafterkonten – ein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft? in Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2013 (2014), S. 105; Freitag Negativzinsen im Einlagengeschäft, ZBB 2018, 269; Glatzl Das Pfandbriefgesetz. Die Vereinheitlichung und Neuordnung des Pfandbriefrechts, WM 2005, 1681; Habersack Zinsänderungsklauseln im Lichte des AGBG und des VerbrKrG, WM 2001, 753; Henke Zum einlagenlosen Einlagengeschäft im Kreditwesengesetz, WM 2010, 2157; Hoffmann Kollisionsrechtliche Aspekte des Überweisungsgesetzes, ZBB 2000, 391; Horn Werksparkassenverbot und Vermögensbildung durch Belegschaftsdarlehen und -obligationen, ZGR 1976, 435; Knetzler/ Schücking Sind Gesellschafterkosten aufsichtspflichtig? NJW 2014, 1265; Kegel Die Bankgeschäfte im deutschen internationalen Privatrecht, GS R. Schmidt (1966), S. 215; Klöhn Die Kondiktionssperre gem. § 817 S. 2 BGB beim beidseitigen Gesetzes- und Sittenverstoß, AcP 210 (2010), 804; Koppmann Gedeckte Schuldverschreibungen in Deutschland und Großbritannien (2009); Körner Schutz des Publikums bei Verstößen gegen die Verbots- und Genehmigungsvorschriften des Kreditwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes, ZHR 131 (1968), 127; Krepold/Herrle Negative Zinsen – rechtliches Neuland, BKR 2018, 89; Kümpel Zur Problematik des Vorlegungserfordernisses bei Namens-Papieren am Beispiel der Namens-Schuldverschreibung und des Sparbuches. Versuch einer Neudefinition des Wertpapierbegriffes, WM Sonderbeilage 1981, 1; Lange Neue Bedingungen für den Sparverkehr. Sparbuch – quo vadis? BB 1993, 1677; Langenbucher Vereinbarungen über den Zinssatz. Zugleich eine Anmerkung zu Nr. 5 und Nr. 6 der neuen Bedingungen für den gewerblichen Musterdarlehensvertrag, BKR 2005, 134; Langner/ Brocker Negativzinsen als kontrollfreie Preishauptabrede im Passivgeschäft, WM 2017, 1917; Lehnhoff KWG-Novelle verabschiedet – Grundgesetz der Banken weitgehend neugefasst, WM 1993, 277; Loritz Stille Beteiligungen und Einlagenbegriff des Kreditwesengesetzes, ZIP 2001, 309; Lünterbusch Die privatrechtlichen Auswirkungen des Gesetzes über das Kreditwesen auf Einlagen- und Kreditgeschäfte (1968); Mülbert Bonitätsgestufte Zinsabreden in Festzinskrediten als eine Antwort auf Basel II, WM 2004, 1205; Nobbe Das Günstigkeitsprinzip im Verbrauchervertragsrecht (2007); Obermüller Das Refinanzierungsregister, ZInsO 2005, 1079; Omlor Negativzinsen im Einlagengeschäft, BKR 2018, 109; Pannen/Wolff ABS-Transaktionen in der Insolvenz des Originators. Das Doppeltreuhandmodell und die neuen Refinanzierungsregister, ZIP 2006, 52; Pflug Zur Legitimationswirkung von Sparbüchern, ZHR 140 (1976), 175; Platz Fachwissen zum Passivgeschäft Teil 110 (2016); Rösler/Lang Zinsklauseln im Kredit- und Spargeschäft der Kreditinstitute. Probleme mit Tranzsparenz, billigem Ermessen und Basel II, ZIP 2006, 214; Rösler/ Wimmer Angemessenheit der Höhe von Vorschusszinsen. Eine kombiniert rechtlich-finanzmathematische Analyse als Diskussionsbeitrag zu Servatius, BKR 2005, 295, BKR 2007, 8; Ruhl Das Einlagengeschäft nach dem Kreditwesengesetz. Eine Untersuchung der gesellschaftsrechtlichen Aspekte des bankaufsichtsrechtlichen Einlagenbegriffs (2005); Salje Zur Rückforderung von verdeckten privaten Parteispenden, NJW 1985, 998; Schebesta Zinsklauseln im Spiegel der aktuellen Rechtsprechung, BKR 2005, 217; Schimansky Zinsanpassungsklauseln in AGB, WM 2001, 1169; Schraepler Bankrisiko bei Auszahlung ohne Sparbuch, NJW 1973, 1864; Schröder Das Günstigkeitsprinzip im internationalen Privatrecht (1996); Schütz Die Rechtsnatur von Bank- und Sparkassenguthaben, JZ 1964, 91; Servatius Die AGB-rechtliche Behandlung von Vorschusszinsregelungen im Sparverkehr, BKR 2005, 295; Söbbing/von Bodungen Negative Zinsen bei Darlehensverträgen?, ZBB 2016, 39; Tollmann Die Bedeutung des neuen Refinanzierungsregisters für Asset Backed Securities, ZHR 169 (2005), 594; Tröger Vertragsrechtliche Fragen negativer Zinsen auf Einlagen, NJW 2015, 657; Vogel Negativzinsen im Einlagengeschäft der Kreditinstitute, BKR 2018, 45; Weyer Leistungskondiktion und Normzweck des Verbotsgesetzes, WM 2002, 627; Wiesner Privat- und Darlehenskonten bei Personengesellschaften und Bankaufsichtsrecht, FS Hoffmann-Becking (2013), S. 1397; Zerey Finanzderivate Rechtshandbuch, 4. Auflage (2016).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

I.

Übersicht Das Einlagengeschäft | 21–73 1. Funktion | 21 2. Aufsichtsrechtlicher Rahmen | 22–32 a) Einlage | 22, 23 b) Einlagengeschäft | 24–30 c) Abgrenzungen | 31 d) Erlaubnispflicht | 32 3. Zivilrechtliche Einordnung | 33–38 a) Grundsätze | 33 b) Sichteinlagen | 34 c) Termineinlagen | 35 d) Spareinlagen | 36–38 4. Rechtspflichten | 39–55 a) Zur-Verfügung-Stellen der Gelder | 39 b) Rückzahlung der Einlage | 40–45 c) Verzinsung | 46–55 5. Beendigung | 56 6. Unwirksamkeit | 57–64 a) Einlagengeschäft ohne Erlaubnis | 57–59 b) Verbotene Einlagengeschäfte | 60–62 c) Rückabwicklung nichtiger Einlagegeschäfte | 63, 64

7.

II.

III. IV.

Besonderheiten bei Spareinlagen | 65–73 a) Gläubigerstellung | 65–69 b) Liberationswirkung des Sparbuchs | 70–73 Das Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte | 74–91 1. Funktion | 74, 75 2. Begriff | 76 3. Rechtsnatur | 77 4. Deckung und Pfandbriefarten | 78–87 a) Deckungsprinzip | 78–83 b) Deckung und Überdeckung | 84–86 c) Treuhänder | 87 5. Insolvenz der Pfandbriefbank | 88–91 a) Rechtsnatur und Verwertung der Deckungsmassen | 88, 89 b) Sachwalterverfahren | 90, 91 Andere Passivgeschäfte | 92 Besonderheiten im grenzüberschreiten den Verkehr | 93–97 1. Einlagengeschäft | 93–95 2. Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte | 96, 97

I. Das Einlagengeschäft 21

1. Funktion. Gegenstand des Einlagengeschäfts ist die Verwahrung fremder Gelder. Das Einlagengeschäft unterliegt den aufsichtsrechtlichen Vorgaben des KWG und bedarf nach § 32 KWG einer Erlaubnis durch die BaFin, sofern es gewerbsmäßig oder in einem Umfang betrieben wird, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 1 S. 1 KWG). Welche Zwecke von den Beteiligten mit dem Einlagengeschäft verfolgt werden, ist dafür grundsätzlich ohne Belang (unten Vierter Teil Rn 23). Regelmäßig geht es aus Sicht der Kreditinstitute um die Refinanzierung ihres Aktivgeschäfts; aus Sicht der Kunden kann die Bereithaltung von Liquidität oder aber die Erwirtschaftung einer Rendite im Vordergrund stehen.70 Daraus erwachsen in der Praxis des Bankgeschäfts unterschiedliche Einlagenarten (unten Vierter Teil Rn 33–49). 2. Aufsichtsrechtlicher Rahmen

22

a) Einlage. Der Begriff der Einlage ist zunächst aufsichtsrechtlicher Natur. Im KWG ist der Begriff der Einlage aber, obwohl in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 KWG verwendet und erlaubnisbedürftig nach § 32 Abs. 1 KWG, nicht definiert. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der Auslegung bedarf.71 Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darüber, dass der Begriff nur unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung bestimmt

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70 Ruhl Das Einlagengeschäft nach dem Kreditwesengesetz, S. 127; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.2 f.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 1; MünchKommBGB/Henssler7 § 700 Rn 15. 71 Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1450); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 2; Langenbucher/Bliesener/ Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 7; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 2.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

werden kann.72 Auf dieser Grundlage ist eine Einzelfallbetrachtung notwendig,73 bei der insbesondere der Zweck des § 1 Abs. 1 KWG Berücksichtigung finden muss, welcher das Publikum vor Verlusten bei Einlagegeschäften schützen will und daher Einlagengeschäfte von Nichtbanken verbietet.74 Das VG Berlin75 stellt – insoweit konsequent – auf die Perspektive des Anlegers ab; danach handelt es sich um eine Einlage, wenn der Anleger durch „dem Einlagengeschäft der Banken adäquate Anlagekonditionen“ zur Hingabe seiner Gelder veranlasst wird. In der Praxis der Aufsichtsbehörden und Gerichte wird der Begriff der Einlage hiervon ausge- 23 hend anhand einer Reihe von Indizien bestimmt.76 Eine Einlage wird im Allgemeinen angenommen, wenn Kreditinstitute laufend77 und ohne bankübliche Besicherung78 von mehreren Geldgebern, die keine Kreditinstitute sind,79 aufgrund typisierter Verträge mit Rückzahlungsverpflichtung80 Gelder entgegennehmen. Darüber hinausgehend haben BVerwG und BGH in der Vergangenheit entscheidend auf die Zwecke abgestellt, die der Empfänger der Gelder mit deren Annahme verfolgt: Dieser müsse die Gelder entgegengenommen haben, um sie für seine eigenen Zwecke zu nutzen,81 insbesondere für das eigene Aktivgeschäft.82 Keine Einlage liege dagegen vor, wenn die Gelder ohne eigene Gewinnabsicht lediglich im Interesse des Einlegers bewirtschaftet werden.83 Nach der zum 1.1.1998 in Kraft getretenen 6. KWG-Novelle spielt dieses Zweckerfordernis aber keine entscheidende Rolle mehr.84 Mit § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 KWG wurde ein Auffangtatbestand geschaffen, für den jede Form von subjektiver Zwecksetzung irrelevant ist.85 b) Einlagengeschäft. Maßgeblich ist im Rahmen des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG nunmehr der 24 dort legaldefinierte Begriff des Einlagengeschäfts, der über den klassischen Einlagenbegriff hinaus auch die Annahme „anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder“ (nicht: Wertpapiere)86 „des Publikums“ erfasst, „sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden“. Der Begriff der Einlage nach Alt. 1 ist vor diesem Hintergrund nur ein Unterfall des in Alt. 2 definierten allgemeineren Begriffs,87 so dass die Merkmale des letzteren für beide Tatbestandsalternativen maßgeblich sind.

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72 Grundlegend Canaris BB 1978, 227; in diesem Sinne auch BGHZ 129, 90 (92 f.); BVerwGE 69, 120 (124); BGH WM 2010, 928 (929); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 40. 73 BGHZ 129, 90 (94); BVerwGE 69, 120 (124); Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1450). 74 BGHZ 129, 90 (96 f.); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 5. 75 VG Berlin DB 1999, 1377 (1380). 76 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 40; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 18; vgl. auch BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014 zum Tatbestand des Einlagengeschäfts, abrufbar unter http://www.bafin.de/Shared Docs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_140311_tatbestand_einlagengeschaeft.html (zuletzt abgerufen am 7.5.2019). 77 Horn ZGR 1976, 435 (437); Canaris BB 1978, 227 („Faustregel“). 78 BGHZ 129, 90 (93 f.); OVG Berlin OVGE 12, 217 (219); vgl. auch Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 8; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 19. 79 So die Praxis des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen auf Grundlage des inzwischen aufgehobenen § 11 ZinsVO, vgl. Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1450); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 41; Schwennicke/ Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 17. 80 VG Frankfurt a.M. BKR 2011, 427 (für „Kaufvertrag“). 81 BGHZ 129, 90 (95 f.). 82 BVerwGE 69, 120 (126); BGH WM 1995, 874 (875); BGH WM 2011, 20 (21). 83 BVerwGE 69, 120 (126 f.); BGHZ 129, 90 (95 f.). 84 So ausdrücklich die Regierungsbegründung zur 6. KWG-Novelle, BT-Drucks. 13/7142, S. 62; Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1451 ff.); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 42; aA Loritz ZIP 2001, 309 (313); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 9. 85 Vgl. BT-Drucks. 13/7142, S. 62; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 10; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 8; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 24. 86 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6a. 87 BT-Drucks. 13/7142, S. 62.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

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aa) Rückzahlbar sind Gelder, wenn ein zivilrechtlicher Anspruch auf ihre Rückzahlung besteht.88 Dieser kann etwa bei einem Darlehen aus § 488 Abs. 1 BGB folgen; auf die Benennung oder rechtsdogmatische Einordnung des Vertrags kommt es aber nicht an.89 Der Rückzahlungsanspruch muss allerdings bereits bei Annahme der Gelder vereinbart werden; eine spätere Entstehung, etwa im Rahmen der Rückabwicklung eines Vertrages, genügt nicht.90 An der Rückzahlbarkeit fehlt es, wenn Gelder als Entgelt oder Vorauszahlung für eine Gegenleistung gezahlt werden.91 Unter den Begriff der Gelder fallen grundsätzlich auch E-Geld-Guthaben etwa beim Zahlungsdienstleister PayPal, die aber aufgrund der Fiktion des § 3 Abs. 2 S. 2 ZAG regelmäßig nicht als Einlagen anzusehen sind.92 Der Rückzahlungsanspruch ist unbedingt, wenn die Rückzahlung nicht vom Eintritt eines 26 zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig gemacht wird.93 Dabei kommt es auf die tatsächlichen Bedingungen der Geldüberlassung, aber auch auf das werbende Auftreten des Annehmenden und die hierdurch beim Geldgeber bezweckten Vorstellungen über die Bedingungen der Geldüberlassung an.94 Einlagen stiller Gesellschafter sind unbedingt rückzahlbar, wenn eine Verlustbeteiligung des Anlegers vertraglich ausgeschlossen wurde;95 die Vereinbarung eines vom Unternehmenserfolg abhängigen Zinssatzes ist unschädlich.96 Entsprechendes gilt für partiarische Darlehen, Genussrechte und unterschiedliche Formen der so genannten MezzanineFinanzierung (unten Vierter Teil Rn 327–335).97 An der unbedingten Rückzahlbarkeit fehlt es allerdings, wenn ein so genannter qualifizierter Rangrücktritt der Forderung für den Insolvenzfall vereinbart wird.98 Dazu ist erforderlich, aber nicht ausreichend,99 dass die angenommenen Gelder vereinbarungsgemäß hinter allen Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO zurücktreten.100 Darüber hinaus muss die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs auch solange und soweit ausgeschlossen werden, als sie einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführen würde.101 Derartige Rangrücktrittsklauseln sind etwa im Crowdlending (unten Vierter Teil Rn 100) üblich, um eine aufsichtsrechtliche Erlaubnispflicht zu vermeiden.102 Aufgrund

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88 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014 zum Tatbestand des Einlagengeschäfts, I.4; Bornemann ZHR 166 (2002), 211 (225); Kümpel/Wittig/Schelm4 Rn 2.27; zur Abgrenzung vom zivilrechtlichen Bedingungsbegriff Henke WM 2010, 2157 (2159 ff.). 89 VG Frankfurt a.M. BKR 2011, 427 (für „Kaufvertrag“). 90 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 4; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6b. 91 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6b. 92 Harman BKR 2018, 457 (462); Casper/Terlau/Terlau § 2 Rn 33 ff. 93 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6b; Kümpel/Wittig/Schelm4 Rn 2.28; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke3 § 1 Rn 13; kritisch Henke WM 2010, 2157 (2159 ff.). 94 Vgl. Regierungsbegründung zum Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/3641, S. 36. 95 VG Berlin NJW-RR 2000, 642; vgl. Bornemann ZHR 166 (2002), 211 (227); Langenbucher/Bliesener/ Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 13; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 46; aA Loritz ZIP 2001, 309 (313 f.). 96 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6b; für Vereinbarung einer Mindestgewinnbeteiligung VG Berlin NJW-RR 2000, 642. 97 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 5; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6b. 98 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 5; vgl. auch Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 12; kritisch Henke WM 2010, 2157 (2162 f.). 99 Vor Inkrafttreten des Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetzes war ein solcher so genannter einfacher Rangrücktritt noch ausreichend, vgl. die Regierungsbegründung zur 6. KWG-Novelle, BT-Drucks. 13/7142, S. 63; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 46. 100 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 5. 101 BT-Drucks. 15/3641, S. 36; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 46. Die Bedingtheit des Rückzahlungsanspruchs kann insoweit, insbesondere bei Gesellschafterkonten, auch durch den Grundsatz der gesellschafterlichen Treuepflicht begründet werden: BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 5. b); Kaetzler/Schücking NJW 2014, 1265 (1266). 102 Schedensack, Crowdinvesting, S. 81.

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des insolvenzrechtlichen Nachrangs fehlt es auch bei Gesellschafterdarlehen (unten Vierter Teil Rn 314–326) an der unbedingten Rückzahlbarkeit.103 bb) Der Begriff des „Publikums“ in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 2 KWG wird überwiegend negativ 27 definiert. Nach der Regierungsbegründung soll er insbesondere der Abgrenzung zu Geldern dienen, die von verbundenen Unternehmen stammen.104 Insoweit greift regelmäßig schon das Konzernprivileg des § 2 Abs. 1 Nr. 7 KWG, wonach Unternehmen, die Bankgeschäfte ausschließlich mit verbundenen Unternehmen betreiben, keine Kreditinstitute im Sinne des KWG darstellen.105 Die ständige Verwaltungspraxis nimmt außerdem institutionelle Anleger wie lizenzierte Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, Unternehmensbeteiligungsgesellschaften und Kapitalanlagegesellschaften vom Begriff des Publikums aus.106 Dagegen fallen Mitglieder eingetragener Vereine oder Gesellschafter von Kapital- und 28 Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich unter den Begriff des Publikums, so dass deren Überlassung von unbedingt rückzahlbaren Geldern an den Verein oder die Gesellschaft ein Einlagengeschäft darstellen kann; ausgenommen sind lediglich persönlich haftende Gesellschafter, die tatsächlich in die Führung des Unternehmens eingebunden sind.107 Mit Blick auf den Schutzzweck des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG wird darüber hinaus eine teleologische Reduktion des Publikums-Begriffs erwogen:108 Gesellschafter seien nicht Teil der allgemeinen Öffentlichkeit, wenn sie über hinreichende Informationen verfügen, um sich ein genaues Bild vom wirtschaftlichen Zustand des Unternehmens zu machen. Denn dann bedürften sie auch nicht des gleichen Schutzes durch Anwendung der KWG-Vorschriften wie die allgemeine Öffentlichkeit.109 Allerdings hätte eine solche teleologische Reduktion kaum zu bewältigende Abgrenzungsprobleme zur Folge, insbesondere bei Gesellschaften mit breit gestreuten Anteilsbesitz (Wann ist ein Gesellschafter „hinreichend“ informiert?). Überdies ist auch keineswegs klar, dass eine solche Reduktion tatsächlich dem Telos des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG entspräche, der ja in Alt. 2 bewusst einen weit gefassten Auffangtatbestand enthält.110 Von einer teleologischen Reduktion des PublikumsBegriffs in diesem Sinne ist daher abzusehen. Insbesondere auf Gesellschafterkonten „stehen gelassene“ Gewinne von Personengesellschaftern unterfallen dennoch regelmäßig nicht dem Einlagenbegriff. Soweit gesellschafterliche Treupflichten einer insolvenzverursachenden Auszahlung entgegenstehen, fehlt es an einer unbedingten Rückzahlbarkeit der Gelder.111 Im Übrigen kommt es in dieser Konstellation zumeist schon nicht zu einer tatbestandsmäßigen „Annahme“ von Geldern.112

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103 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 5.b). 104 BT-Drucks. 13/7142, S. 63. 105 Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1452); Das Konzernprivileg ist allerdings insoweit enger, als es nur auf solche Unternehmen Anwendung findet, die Bankgeschäfte „ausschließlich“ mit verbundenen Unternehmen betreiben; vgl. BaFin-Merkblatt vom 4.8.2011, 1 b) cc); Bornemann ZHR 166 (2002), 211, 236. 106 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 3; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6c; Langenbucher/Bliesener/ Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 14; zur Konkretisierung des Publikumsbegriffs Bornemann ZHR 166 (2002), 211 (237 ff.). 107 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I. 3; BankR-HdB/Fischer/Boegl5 § 127 Rn 14; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Schäfer5 § 1 Rn 46; zur Problematik der Anwendung auf Gesellschafterkonten BGHZ 157, 1; Wiesner FS HoffmannBecking 2013, S. 1397; Frhr. von Falkenhausen Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2013, S. 105; Kaetzler/Schücking NJW 2014, 1265. 108 Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1454); Bornemann ZHR 166 (2002), 211 (241 ff.). 109 Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1453). 110 Vgl. Regierungsbegründung zur 6. KWG-Novelle, BT-Drucks. 13/7142, S. 62 f. 111 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, I.5.b); Nodoushani BB 2014, 2051 (2054 f). 112 Kaetzler/Schücking NJW 2014, 1265 (1267); Wenzel NZG 2013, 161 (166); Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn. 22.

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cc) Ein Einlagengeschäft liegt nicht vor, wenn der Rückzahlungsanspruch durch Inhaberoder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird.113 Mit dieser Bereichsausnahme soll, so der Wille des Gesetzgebers, Unternehmen eine direkte Finanzierung über den Kapitalmarkt ermöglicht werden, ohne dass sie dadurch zu Kreditinstituten i.S.d. KWG werden.114 Dem Anlegerschutz werde insoweit schon durch das Wertpapierprospektrecht Rechnung getragen.115 Namensschuldverschreibungen fallen allerdings nicht unter die Bereichsausnahme.116 Von der Bereichsausnahme sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nämlich nur solche Schuldverschreibungen erfasst sein, die durch Emission am Kapitalmarkt platziert werden und dort ohne weiteres verkehrsfähig sind, d.h. nach sachenrechtlichen Grundsätzen oder durch Indossament übertragen werden.117 Namensschuldpapieren fehlt es aber an dieser Verkehrsfähigkeit auf den Kapitalmärkten, so dass auch die kapitalmarktrechtlichen Schutzvorschriften des WpPG und des WpHG keine Anwendung finden können. Mit Blick auf die gesetzgeberische Begründung der Bereichsausnahme, die von einer Kompensationsfunktion kapitalmarktrechtlicher Schutzvorschriften ausgeht, muss es für Namensschuldpapiere daher bei der Anwendbarkeit des KWG bleiben.118 Das gilt auch dann, wenn die Papiere an Betriebsangehörige ausgegeben werden, um diese am Unternehmenserfolg zu beteiligen.119 Zwar fehlt es insoweit an einer bankwirtschaftlichen Zielsetzung des Emittenten der Papiere,120 aber auf subjektive Zwecksetzungen der Beteiligten kommt es für den Einlagenbegriff seit der 6. KWG-Novelle nicht mehr an (oben Vierter Teil Rn 23).

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dd) Über die geschriebene Bereichsausnahme für Inhaber- und Orderschuldverschreibungen hinaus wird im Sinne einer ungeschriebenen Bereichsausnahme aus dem Begriff des Einlagengeschäfts die Annahme von Geldern ausgeklammert, deren Rückzahlung durch „bankübliche Sicherheiten“ besichert wird.121 Dahinter steht die Erwägung, dass es des bankrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach dem KWG dann nicht bedarf, wenn der Anleger im Einzelfall so gestellt ist, dass er sich im Sicherungsfall aus den Sicherheiten unmittelbar, d.h. ohne die rechtsgeschäftliche Mitwirkung Dritter, befriedigen kann.122 Bankübliche Garantien sind etwa Schuldbeitritt, Bürgschaft oder Garantieversprechen, auch wenn die Besicherung erst nachträglich vereinbart wird.123

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c) Abgrenzungen. Kein Einlagengeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG ist die Annahme von Raten vor Lieferung der Ware, da hier zur Erfüllung einer bereits bestehenden Kaufpreisschuld gezahlt wird.124 Auch Darlehen unter Kreditinstituten (so genannte Nostro-Verpflichtungen oder

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113 Vor Inkrafttreten der 6. KWG-Novelle war hier noch vieles strittig, vgl. Canaris BB 1978, 227 (229 f.) mwN; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 22, 29. 114 Demgensky/Erm WM 2001, 1445 (1454); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6e; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke3 § 1 Rn 29. 115 Vgl. Regierungsbegründung zur 6. KWG-Novelle, BT-Drucks. 13/7142, S. 63; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke3 § 1 Rn 29. 116 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, II; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6e; Boos/Fischer/SchulteMattler/Schäfer5 § 1 Rn 47; kritisch Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 29. 117 Vgl. BaFin-Merkblatt vom 4.8.2011, 1 d). 118 So im Ergebnis auch BGH WM 2001, 1204 (1206). 119 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, II; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6e; aA Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 14; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 4, 6. 120 Deshalb ablehnend BVerwGE 69, 120 (123); Canaris BB 1978, 227 (229 f.); jeweils zum alten Recht. 121 Regierungsbegründung zum Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 15/3641, S. 36; BaFin-Merkblatt vom 4.8.2011, 1 e); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6d; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke3 § 1 Rn 27. 122 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014, III; vgl. Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 19. 123 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 6d und 8; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 8; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 1 Rn 19. 124 BGH NJW 1953, 180; Szagunn/Haug/Ergenzinger6 § 1 Rn 21.

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aufgenommene Gelder) sind keine Einlagengeschäfte,125 da hier keine Gelder des Publikums angenommen werden. Gelder, die ein Zahlungsinstitut für die Durchführung von Zahlungsvorgängen entgegennimmt, gelten schon aufgrund der ausdrücklichen Vorgabe des § 2 Abs. 2 S. 3 ZAG nicht als Einlagengeschäfte i.S.d. KWG. Ebenfalls kein Einlagengeschäft ist die treuhänderische Verwaltung fremder Vermögenswerte, weil aufgrund der Bindungen des Treuhandverhältnisses nicht frei über das Vermögen verfügt werden kann.126 Gesellschaftereinlagen sind regelmäßig keine Einlagen i.S.d. KWG, weil sie nicht unbedingt rückzahlbar sind; anders kann sich das jedoch bei Sichteinlagen auf von der Gesellschaft geführten „Privatkonten“ darstellen, sofern hier nicht lediglich Gewinne „stehen gelassen“ werden (oben Vierter Teil Rn. 24).127 d) Erlaubnispflicht. Wenn Einlagengeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der 32 einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, betrieben werden, begründet das eine Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG. Da die Erlangung einer Erlaubnispflicht mit hohen Anforderungen an Kapitalausstattung und Organisation des Betreibers verbunden ist, werden viele Finanzierungsmodelle schon in der Vertragsgestaltung so angelegt, dass eine Hereinnahme von Einlagen im Sinne der §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 32 Abs. 1 KWG vermieden wird.128 Das gilt vor allem aus zwei Gründen. Erstens sieht die BaFin bereits dann die Schwelle zu einem kaufmännisch zu organisierenden Geschäftsumfang nach § 32 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 KWG als überschritten an, wenn sechs oder mehr Einzeleinlagen die Gesamtsumme von 12.500 Euro überschreiten oder unabhängig von der Summe des Einlagenbestands mehr als 25 Einzeleinlagen bestehen.129 Zweitens kann die Aufsicht Verstöße gegen die Erlaubnispflicht nach § 37 KWG scharf sanktionieren, nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG wird auch ein Straftatbestand verwirklich. Zivilrechtlich können Verstöße gegen die Erlaubnispflicht zu einer teilweisen Nichtigkeit der entsprechenden Geschäfte nach § 134 BGB führen (unten Vierter Teil Rn 57–59). 3. Zivilrechtliche Einordnung a) Grundsätze. Die bürgerlich-rechtliche Einordnung des Einlagengeschäfts ist im Einzel- 33 nen umstritten. Einigkeit besteht aber darüber, dass der Einleger bei der Bareinlage sein Eigentum an den eingelegten Wertzeichen verliert. Daher handelt es sich aus schuldvertragsrechtlicher Sicht entweder um eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 BGB oder um ein Darlehen nach § 488 BGB. Grundsätzlicher Streit besteht allein über das maßgebliche Kriterium zur Abgrenzung zwischen beiden Vertragstypen.130 Überwiegend wird auf die Fälligkeit der eingelegten Gelder abgestellt: Bei jederzeit abrufbaren Einlagen handle es sich um eine unregelmäßige Verwahrung, bei befristeten oder kündbaren Einlagen um Darlehen.131 Nach der heute kaum mehr vertretenen Gegenansicht kommt es entscheidend darauf an, ob die Initiative zur Geldeinlage vom Kreditinstitut (dann Darlehen) oder vom Kunden (dann Verwahrung) ausgeht.132 Diese so genannte Initiativtheorie kann nicht überzeugen. Wie auch sonst bei der Abgrenzung von Ver-

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125 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 8; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 44; Szagunn/Haug/ Ergenzinger6 § 1 Rn 19; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 5. 126 OVG Berlin OVGE 1984, 45; VG Berlin WM 1986, 879. 127 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 44. 128 Am Beispiel des Peer-to-Peer Lendings FinTechHdB/Renner § 11 Rn. 30 ff. 129 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014 zum Tatbestand des Einlagengeschäfts, V. 130 AA Freitag ZBB 2018, 269 (274 f.), der davon ausgeht, dass sämtliche Verträge über Einlagen als unregelmäßige Verwahrung einzuordnen seien. 131 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 1a; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 133; MünchKommBGB/Henssler7 § 700 Rn 16 f. 132 So insbesondere Schütz JZ 1964, 91 (91); zum Zusammenhang dieser Ansicht mit dem mittlerweile überholten Einlagenbegriff vgl. BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 3 f.

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tragstypen müssen diejenigen gesetzlichen Regeln Anwendung finden, die dem von den Parteien verfolgten Vertragszweck am besten entsprechen.133 Der wesentliche Unterschied zwischen unregelmäßiger Verwahrung und Darlehen besteht aber in den gesetzlichen Regeln über die Fälligkeit in § 695 BGB einerseits und § 488 Abs. 3 BGB andererseits.134 In den meisten Fällen werden die Vertragsparteien insoweit eine ausdrückliche Regelung treffen, so dass die praktische Bedeutung des Meinungsstreits gering ist.135 Im Übrigen ist in erster Linie auf die Art der vereinbarten Einlage abzustellen.136 Hier ist zu unterscheiden zwischen Sichteinlagen (Vierter Teil Rn 34), Termineinlagen (Vierter Teil Rn 35) und Spareinlagen (Vierter Teil Rn 36–38). 34

b) Sichteinlagen. Der Begriff der Sichteinlage stammt aus dem Wechsel- und Scheckrecht (vgl. Art. 34 WG, Art. 28 ScheckG). So wie der Sichtwechsel bei Vorlegung fällig wird, können auch Sichteinlagen vom Einleger jederzeit fällig gestellt werden. Es handelt sich damit um täglich fällige Gelder.137 Wichtigster Anwendungsfall sind Gelder auf Giro- oder Tagesgeldkonten.138 Für derartige Sichteinlagen wird eine unregelmäßige Verwahrung nach § 700 Abs. 1 BGB vereinbart.139 Denn als Vertragszweck steht das Hinterlegungsinteresse des Kunden im Vordergrund. Dem entspricht die Regelung des § 695 S. 1 BGB, wonach der Rückzahlungsanspruch dadurch fällig gestellt werden kann, dass der Kunde die eingelegten Gelder zurückfordert. Das gilt auch dann, wenn das Konto im Kontokorrent geführt wird.140 Demgegenüber kann das Kreditinstitut entgegen § 696 S. 1 BGB regelmäßig nicht die jederzeitige Rücknahme der eingelegten Gelder verlangen, weil dieser Anspruch durch die Mindestkündigungsfrist in Ziff. 19 Abs. 1 S. 3 AGB-Banken abbedungen wird.141

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c) Termineinlagen. Im Unterschied zu den Sichteinlagen haben Termineinlagen entweder eine vorab vereinbarte Laufzeit (Festgelder), oder sie sind innerhalb einer vereinbarten Frist kündbar (Kündigungsgelder). Vertragszweck ist hier vor allem die Geldanlage.142 Daher ist von einem Darlehen auszugehen, das gemäß § 488 Abs. 3 S. 1 BGB durch Ablauf der vereinbarten Zeit oder durch Kündigung fällig wird.143 Bei Festgeldern wird regelmäßig vereinbart, dass sich die Laufzeit nach Ablauf selbsttätig verlängert, wenn der Kunde nicht zuvor Auszahlung verlangt (so genannte Prolongationsabrede). 144 Diese Vertragsverlängerung durch vereinbartes Schweigen ist AGBrechtlich unbedenklich, weil der Verbotstatbestand des § 308 Nr. 5 BGB nur Fiktionen im Rahmen der Vertragsabwicklung, nicht aber im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, erfasst.145

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133 BGH Urt. v. 14.5.2019 – XI ZR 345/18, juris Rn 26. 134 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1164; MünchKommBGB/Henssler7 § 700 Rn 17. 135 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1167; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 51; MünchKommBGB/Henssler7 § 700 Rn 17; aA Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 132. 136 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 1a; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.11; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 9. 137 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 2; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 130; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 10; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 67. 138 Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 33; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 2. 139 BGHZ 84, 371 (373); OLG Celle WM 1981, 780 (781); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1165; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 7; Staudinger/Reuter2015 § 700 Rn 3. 140 BGHZ 84, 371 (373); BGHZ 124, 254 (257 f.); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 34; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 14; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 67. 141 Vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 15. 142 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 7; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 209. 143 BGH WM 1975, 735; OLG Hamm WM 1979, 1223; OLG Dresden WM 2001, 804; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1165; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 7; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 212; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 68. 144 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.41 f.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 215. 145 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 8; Schmidt/Ulmer/Brandner/Hensen12 § 308 Nr. 5 Rn 6b; aA Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 215.

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d) Spareinlagen. Der Begriff der Spareinlage ist in § 21 Abs. 4 S. 1 RechKredV spezialgesetz- 36 lich bestimmt, weitergehende gesetzliche Regelungen im KWG wurden 1993 mit der 4. KWGNovelle im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung der Kreditwirtschaft aufgehoben.146 Die RechKredV definiert Spareinlagen als unbefristete Gelder, über die eine Sparurkunde, insbesondere ein Sparbuch, ausgestellt wird (Nr. 1), die nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind (Nr. 2), die auf einen spezifischen Einlegerkreis beschränkt sind147 (Nr. 3) und die eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen (Nr. 4). Durch die Annahme von Spareinlagen wird zwischen Kreditinstitut und Kunde ein Darlehensvertrag nach § 488 BGB geschlossen.148 Auch Bausparverträge unterliegen danach dem Darlehensrecht, wobei der Bausparer in der Ansparphase Darlehensgeber und die Bausparkasse Darlehensnehmerin ist.149 Die Rechtsnatur des Sparbuchs bestimmt sich nach den Vereinbarungen zwischen Kredit- 37 institut und Kunde.150 In aller Regel ist das Sparbuch jedenfalls ein Legitimationspapier, weil das Kreditinstitut nach Nr. 1 Abs. 4 der Bedingungen über den Sparverkehr bzw. Nr. 2.5 Sparbedingungen Sparkassen befugt ist, an den Vorleger mit befreiender Wirkung zu leisten (Liberationswirkung, zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 70–73).151 Ebenso regelmäßig handelt es sich darüber hinaus auch um ein qualifiziertes Legitimationspapier i.S.v. § 808 BGB („hinkendes Inhaberpapier“) und damit um ein Wertpapier.152 Nach Ziff. 1 Abs. 3 der Bedingungen für den Sparverkehr bzw. Ziff. 2 Abs. 2 Sparbedingungen Sparkassen ist das Sparbuch bei Auszahlungen vorzulegen. Das entspricht der gesetzlichen Regelung für das qualifizierte Legitimationspapier in § 808 Abs. 2 BGB. Das Sparbuch wird also durch das Klausel- und Satzungsrecht der Kreditinstitute zum qualifizierten Legitimationspapier, weil und soweit das Kreditinstitut nach den jeweiligen Sparbedingungen die Vorlegung der Urkunde verlangen kann.153 Die mittlerweile überholte Gegenmeinung154 sah in den entsprechenden Klausel- und Satzungsbedingungen einen bloßen Hinweis auf die aufsichtsrechtliche Regelung des § 21 Abs. 4 S. 3 KWG a.F., die für die zivilrechtliche Bewertung nicht maßgeblich sei. Dieses Argument verfängt heute nicht mehr, weil das Klausel- und Satzungsrecht insoweit nach Wegfall des § 21 Abs. 4 S. 3 KWG a.F. unverändert geblieben ist. Vom Sparbuch hinsichtlich seiner Rechtsnatur zu unterscheiden ist der Sparbrief. Hier soll 38 das Kreditinstitut mit befreiender Wirkung nur an den wahren Berechtigten leisten dürfen. Es handelt sich damit um ein reines Namenspapier, ihm fehlt die Liberationswirkung nach § 808 Abs. 1 BGB.155

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146 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.47; zur 4. KWG-Novelle Lehnhoff WM 1993, 277; Lange BB 1993, 1677. 147 Ausgeschlossen sind Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftliche Vereine, Personenhandelsgesellschaften sowie Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer Rechtsform. 148 RGZ 73, 220 (221); BGHZ 42, 302 (305); BGHZ 64, 278 (284); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1165; Kümpel/ Wittig/Peterek4 Rn 8.48; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 229; aA Schütz JZ 1964, 91 (92 f.). Um eine unregelmäßige Verwahrung handelt es sich aber bei einem Prämien-Sparvertrag, bei dem keine Pflicht zur Zahlung von Spareinlagen vereinbart wird: BGH Urt. v. 14.5.2019 – XI ZR 345/18, juris Rn 27. 149 BGHZ 214, 94 (99 ff.); Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 539. 150 Derleder/Knops/Bamberger/Harbeke2 § 39 Rn 8; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 259. 151 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 263; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 22. 152 BGHZ 28, 368 (370); BGHZ 46, 198 (202); BGH NJW-RR 1998, 1661 (1662); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1181; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 262; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 49; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 23. 153 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 261; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 24. 154 LG Augsburg WM 1983, 717; Schraepler NJW 1973, 1864 (1865); Kümpel WM Sonderbeilage 1981, 1 (14). 155 BGH WM 1987, 1038; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1188; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.132; Derleder/Knops/ Bamberger/Meschkat3 § 40 Rn 16, 25; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 326.

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4. Rechtspflichten 39

a) Zur-Verfügung-Stellen der Gelder. Im Falle von Termin- und Spareinlagen verpflichtet sich der Einleger regelmäßig nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB, dem Kreditinstitut die eingelegten Gelder zur Verfügung zu stellen.156 Die Pflicht bezieht sich auf die wertmäßige Verschaffung eines Geldbetrags, so dass neben der physischen Übergabe von Bargeld auch unterschiedliche Formen des Buchgeldes erfasst sind.157 Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB tritt bei Buchgeld dann ein, wenn das Kreditinstitut hierüber frei verfügen kann (vgl. unten Vierter Teil Rn 180, 181). Bei Sichteinlagen besteht dagegen im Ausgangspunkt keine schuldrechtliche Pflicht zur Überlassung von Geldern. Die unregelmäßige Verwahrung ist vielmehr in § 700 Abs. 1 S. 1 BGB so ausgestaltet, dass die Übereignung des Verwahrungsgegenstands gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung der Darlehensvorschriften ist.158

b) Rückzahlung der Einlage. Der Pflicht zur Verschaffung der Gelder durch den Einleger korrespondiert die Pflicht zu ihrer Rückzahlung durch das Kreditinstitut. Hinsichtlich der Anspruchsgrundlage und der Rückzahlungsmodalitäten ist wiederum zwischen den unterschiedlichen Einlagenarten und ihrer Rechtsnatur (oben Vierter Teil Rn 33–38) zu unterscheiden. 41 Für Sichteinlagen folgt die Rückzahlungspflicht aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 700 Abs. 1 S. 1 BGB, unabhängig davon, ob das Konto als Kontokorrent geführt wird oder nicht.159 Zurück zu gewähren ist danach die Verfügungsbefugnis über die eingelegte Summe als wirtschaftlichen Wert.160 Die Fälligkeit der Rückzahlungspflicht bestimmt sich nach § 695 BGB i.V.m. § 700 Abs. 1 S. 3 BGB. Die unregelmäßige Verwahrung begründet die Rückzahlungspflicht als eine Holschuld des Kunden; Leistungsort ist mangels abweichender Abreden die Geschäftsstelle der kontoführenden Bank.161 Das folgt aus § 697 i.V.m. § 700 Abs. 1 S. 3 BGB; § 270 Abs. 1 BGB ist auf bankmäßige Sichteinlagen nicht anwendbar.162 Die Rückzahlungspflicht wird grundsätzlich durch Barauszahlung am Schalter der kontoführenden Stelle erfüllt.163 Eine formularmäßige Erhebung von Gebühren für die Barauszahlung von Kontoguthaben durch das Kreditinstitut hält einer AGB-Kontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, weil sie von den wesentlichen Grundgedanken der §§ 270 Abs. 1, 369 Abs. 1 BGB abweicht und den Einleger unangemessen benachteiligt.164 Anderes gilt für die Bepreisung von Barverfügungen am Automaten.165 Überdies verbietet § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG als Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB Klauseln, die Barabhebungen ausschließen oder erheblich erschweren (unten Vierter Teil Rn 57). Zulässig

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156 Für den Bausparvertrag zutreffend, im Übrigen zu pauschal OLG Stuttgart WM 2016, 1440 (1446), das übersieht, dass Zeitpunkt sowie Art und Weise der Leistungserbringung von den Parteien frei vereinbart werden können. Zur Einlagepflicht bei Sparverträgen allgemein BGH Urt. v. 14.5.2019 – XI ZR 345/18, juris Rn 26. 157 Vgl. Entwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040, S. 253; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 26. 158 Staudinger/Reuter2015 § 700 Rn 7; MünchKommBGB/Henssler7 § 700 Rn 8; Erman/Zetzsche15 § 700 Rn 3 f. 159 BGHZ 84, 371 (375); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 26 f.; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.25; Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 14; Baumbach/Hopt/Hopt38 Bankgeschäfte Rn B/3. 160 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.25; Soergel/Schur13 § 700 Rn 14. 161 Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 34; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.24; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Thessinga3 BankR III Rn 12. 162 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.24. 163 BGH WM 1993, 2237 (2238); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 34; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.27; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 12. 164 BGH WM 1993, 2237 (2239); LG Frankfurt, EWiR 2004, 585; BeckOK BGB-Schmidt49 § 307 Rn 108; siehe aber auch LG Hannover EWiR 2005, 293. 165 BGH WM 1996, 1080; BeckOK BGB-Schmidt49 § 307 Rn 90.

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ist jedoch die Beschränkung von Auszahlungen auf ein vereinbartes Referenzkonto, da jedenfalls von letzterem Barauszahlungen möglich sind.166 Bei Termin- und Spareinlagen ergibt sich die Rückzahlungspflicht unmittelbar aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Sie ist Hauptpflicht des Darlehensvertrags, auch wenn sie mit der Pflicht zur Überlassung des Darlehens nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis steht (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 187, 188). Der Anspruch entsteht bereits mit Einzahlung der Einlage, wird aber erst mit Zeitablauf oder Kündigung fällig (oben Vierter Teil Rn 35, 36). Der Leistungsort bestimmt sich hier bei Fehlen einer vertraglichen Abrede nach § 270 Abs. 1 BGB; die Risikoverteilung entspricht derjenigen bei der Geldschuld im Allgemeinen (vgl. oben Dritter Teil Rn 101– 105). Besonderheiten hinsichtlich der Gläubigerstellung ergeben sich bei der Spareinlage aufgrund der Liberationswirkung des Sparbuchs (unten Vierter Teil Rn 70–73). Die Verjährung der Rückzahlungsansprüche richtet sich nach der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB und beträgt drei Jahre.167 Sie beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Ende des Jahres der Anspruchsentstehung und Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Gläubigers. Eine Verjährungserschwerung durch Individualvereinbarung, die nicht über eine dreißigjährige Verjährungsfrist hinausgeht, ist nach § 202 Abs. 2 BGB zulässig. Ebenso ist eine Verjährungserleichterung gemäß § 202 Abs. 1 BGB grundsätzlich möglich (ausgenommen Haftung wegen Vorsatz). Derartige Vereinbarungen werden sich auch in AGB finden. Bei einer Verjährungserleichterung handelt es sich regelmäßig nicht um eine überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB.168 Hinsichtlich der Inhaltskontrolle169 ist bei einer Termingeldeinlage davon auszugehen, dass die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr wirksam ist, weil der Kunde seine Ansprüche zeitnah feststellen kann.170 Eine Verpfändung des Rückzahlungsanspruchs171 kann gemäß §§ 1273 ff. BGB erfolgen. Hierbei muss jedoch das Publizitätserfordernis durch eine Pfandanzeige an die Bank gewahrt werden (§ 1280 BGB). Dies ist auch dann erforderlich, wenn das Sparbuch dem Pfandgläubiger übergeben wurde, weil der Verbleib des Sparbuchs nicht die Wirksamkeit der Verpfändung beeinflusst.172 Das Sparbuch selbst ist nicht Gegenstand der Verpfändung, sondern vielmehr die Einlageforderung (§ 1274 BGB). Der Pfandgläubiger erlangt aber nach § 952 Abs. 1 S. 2 BGB zugleich ein Pfandrecht am Sparbuch und kann dies nach § 1227 BGB i.V.m. § 985 BGB herausverlangen.173 Ein Pfandrecht besteht regelmäßig auch auf Grund von Nr. 14 AGB-Banken bzw. Nr. 21 AGB-Sparkassen.174 Die Zwangsvollstreckung in Termin- und Spareinlagen erfolgt, wie bei anderen Konten, nach §§ 829, 835 ZPO. Aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss müssen nach ständiger Rechtsprechung des BGH unzweifelhaft die gepfändete Forderung sowie der Rechtsgrund hervorgehen.175 Zugleich geht die höchstrichterliche Rechtsprechung richtigerweise davon aus, dass an die Bezeichung der gepfändeten Forderung keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden dürfen, weil der Gläubiger regelmäßig die Verhältnisse seines Schuldners nur oberflächlich

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166 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.31. 167 Zur Thematik der Altsparbücher: Schwintowski Bankrecht5, Kap. 6 Rn 42; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 30; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 251. 168 Zur Verjährung einer Spareinlage OLG Hamm WM 1999, 2021. 169 Ausführlich Derleder/Knops/Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 53. 170 Derleder/Knops/Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 53; vgl. auch OLG Hamm WM 1999, 2021. 171 Das Pfandrecht entsteht nicht an einem Anwartschaftsrecht, sondern am Rückzahlungsanspruch; vgl. OLG Dresden WM 2001, 803 (804); Derleder/Knops/Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 56; Langenbucher/Bliesener/ Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 207. 172 Gößmann BuB, Rn 2/184; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 19; Derleder/Knops/Bamberger/MatuscheBeckmann3 § 29 Rn 18. 173 MünchKommBGB/Füller7 § 952 Rn 19. 174 Vertiefend Gößmann BuB, Rn 2/184; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 19 f.; Derleder/Knops/ Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 59 ff. 175 BGHZ 13, 42; BGH WM 1988, 950 (951); BGH WM 1991, 779 (781).

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kennt; Zweifel sind grundsätzlich durch Auslegung auszuräumen.176 So kann die Verwendung eines Begriffs wie „Geschäftsbeziehung“ darauf hindeuten, dass über ein konkret bezeichnetes Konto hinaus auch weitere Konten Gegenstand der Pfändung sind.177 c) Verzinsung. Das Bestehen eines Zinsanspruchs ist weder für die Einlage im Allgemeinen noch für das Darlehen (unten Vierter Teil Rn 191) oder die unregelmäßige Verwahrung im Besonderen begriffsnotwendig. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, auf den für die unregelmäßige Verwahrung § 700 Abs. 1 S. 1 BGB verweist, ist unstreitig dispositiv.178 Entscheidend für jede Verzinsung von Einlagen ist damit in erster Linie die Parteivereinbarung.179 Dabei gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit, auch mit Blick auf die Höhe des Zinssatzes. Auch negative Zinsen können grundsätzlich von den Parteien vereinbart werden. Das ist im Ergebnis unstreitig, auch wenn die rechtliche Einordnung von Einlagengeschäften als Darlehen oder unregelmäßige Verwahrung umstritten ist (oben Vierter Teil Rn 33–36). Angesichts des Primats der Parteiabrede kommt es letztlich nicht darauf an, ob man dem Einlagengeschäft ein grundsätzlich anderes Zinsverständnis unterstellt als dem Darlehensrecht.180 Zweifelsfragen können sich allerdings bei variablen Zinssätzen (unten Vierter Teil Rn 199–204) ergeben. Im Ergebnis ist hier – wie im Darlehensrecht allgemein (unten Vierter Teil Rn 193) – durch Auslegung zu ermitteln, ob die Parteien sich über die Möglichkeit einer negativen Verzinsung einig waren. Auch mit Blick auf die Typisierung der Parteipflichten in § 488 BGB ist das bei Einlagengeschäften im Bestand der Kreditinstitute, die von den Parteien nicht schon mit Blick auf ein Negativzinsumfeld abgeschlossen wurden, regelmäßig nicht der Fall:181 Im Zweifel wollten die Parteien, die eine verzinsliche Einlage vereinbart haben, keine Zahlungspflicht des Einlegers begründen. Dem entspricht die dispositive Regel des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Im Einzelfall, etwa bei kurzfristigen Einlagen im Interbankengeschäft, kann dies aber anders zu beurteilen sein. Für den Fall, dass es an einer produktspezifischen Abrede fehlt und der vereinbarte Zinssatz auch nicht durch Auslegung ermittelbar ist, verweisen Nr. 12 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 16, 17 Abs. 1 AGB-Sparkassen auf die Preisaushänge sowie Preis- und Leistungsverzeichnisse der Kreditinstitute.182 47 Die Vertragsfreiheit bei Zinsvereinbarungen findet ihre Grenzen allerdings im AGB-Recht. Relevant wird das vor allem bei variablen Zinssätzen. Im Einzelnen ist – wie auch im Aktivgeschäft (unten Vierter Teil Rn 199–203) – zwischen Zinsgleitklauseln und Zinsanpassungsklauseln zu unterscheiden.

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aa) Weniger problematisch sind Zinsgleitklauseln, durch die der Vertragszinssatz automatisch an einen bestimmten Referenzwert angepasst wird. Solche Klauseln dienen insbesondere der Einstellung auf veränderte Marktverhältnisse. Üblicherweise wird vereinbart, dass sich der Zinssatz parallel zu einem bestimmten Index entwickelt, etwa dem Basiszinssatz der EZB; in Betracht kommen aber auch kapitalmarktbezogene Indizes.183 Es handelt sich insoweit um reine Leistungsbeschreibungen in Gestalt von Preisabreden, die als solche nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle unterliegen.184 Eine AGB-Inhaltskontrolle würde hier nur dann grei-

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176 BGH WM 2001, 1223 (1224). 177 BGH WM 2001, 1223 (1224); weitere Auslegungsvorgaben bei BankR-HdB/Bitter5 § 33 Rn 16 ff. 178 Tröger NJW 2015, 657 (658); MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 57; Erman/Saenger15 § 488 Rn 48. 179 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 20. 180 Für eine solche Differenzierung Langner/Brocker WM 2017, 1917 (1919 ff.); Kropff WM 2017, 1185, (1188 ff.); Vogel BKR 2018, 45 (49 ff.); dagegen Freitag ZBB 2018, 269 (276). 181 So auch, mit zutreffendem Verweis auf den typischen Parteiwillen, Freitag ZBB 2018, 269 (276). 182 Für Spareinlagen Ziff. 3 Abs. 1 Sparbedingungen-Banken und Ziff. 3 Abs. 1 Sparbedingungen-Sparkassen. 183 Habersack WM 2001, 753 (758); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215 f.). 184 BGHZ 185, 166 (171); Binder/Ettensberger WM 2015, 2069 (2070); Habersack WM 2001, 753 (754); Schebesta BKR 2005, 217 (225); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (216).

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fen, wenn das Gesetz ausnahmsweise selbst ein Leitbild für die Preisgestaltung enthielte.185 Ein solches Leitbild für die Preisgestaltung, etwa im Sinne eines notwendigerweise positiven Zinssatzes, lässt sich den §§ 488 ff. BGB aber nicht entnehmen (unten Vierter Teil Rn 202). Der Inhaltskontrolle unterfallen Zinsgleitklauseln allenfalls dann, wenn sie mit einem einseitigen Preisanpassungsmechanismus (unten Vierter Teil Rn 50–54) kombiniert werden.186 Eine Unwirksamkeit von Zinsgleitklauseln kann aber daraus folgen, dass diese gegen das 49 Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstoßen, welches über § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch auf Leistungsbeschreibungen anwendbar ist. Dem Transparenzgebot ist jedenfalls Genüge getan, wenn der Zinssatz, in Anlehnung an § 675g Abs. 3 S. 2 BGB, aus einer öffentlich zugänglichen und für beide Parteien überprüfbaren Quelle stammt187 und von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren bestimmt wird.188 Einen Verstoß gegen das Transparenzgebot stellt der Verweis auf rein bankinterne Referenzzinssätze dar.189 Zulässig ist dagegen die Orientierung etwa am Leitzinssatz der EZB oder an einem gängigen Kapitalmarktzinssatz wie etwa dem EURIBOR.190 Wenn die Verweisung auf einen Referenzzinssatz im Einzelfall zu negativen Zinsen führt, ist das Transparenzgebot nicht verletzt.191 bb) Von jeher problematisch ist die Zulässigkeit der für Sicht- und Spareinlagen typischen192 50 Zinsanpassungsklauseln. Dabei unterliegt die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes als solche nicht der AGB-Inhaltskontrolle.193 Insoweit handelt es sich um eine frei vereinbarte Leistungsbeschreibung in Gestalt einer Preisregelung, die keine Änderung oder Ergänzung gesetzlicher Regeln nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB darstellt.194 Diese Preisregelung unterliegt freilich ohne Weiteres dem Transparenzgebot.195 Zusätzlich unterliegen Zinsanpassungsklauseln aber auch der AGB-Inhaltskontrolle, weil und soweit mit ihnen in Bezug auf die Zinshöhe ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts nach § 315 BGB vereinbart wird. Ein solches Leistungsbestimmungsrecht ist eine Ergänzung gesetzlicher Rechtsvorschriften i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 BGB.196 Außerdem ist die Vereinbarung einer Zinsanpassung durch das Kreditinstitut eine Abweichung i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BGB von der gesetzlichen Vorgabe des § 316 BGB, wonach die Bestimmung einer unbestimmten Gegenleistung deren Gläubiger zusteht.197 Maßstab für die Kontrolle von Zinsanpassungsklauseln ist § 308 Nr. 4 BGB, soweit es sich um Einlagen von Verbrauchern handelt. Im unternehmerischen Verkehr sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 310 Abs. 1 S. 2 BGB unter Berücksichtigung der Gewohnheiten und Ge-

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185 So für § 675d Abs. 4 S. 2 BGB: BGHZ 199, 281 (284 f.). 186 So für den Preisanpassungsmechanismus in einem Gaslieferungsvertrag BGHZ 201, 230 (236 ff.); hieran anschließend Söbbing/v. Bodungen ZBB 2016, 39. 187 Insoweit zutreffend BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24g. 188 Ähnlich Mülbert WM 2004, 1205 (1208 f.); Langenbucher BKR 2005, 134 (137 f.); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215). 189 Langenbucher BKR 2005, 134 (139); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215). 190 Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215); Förster Die Vereinbarung variabler Zinssätze in AGB, S. 110 ff.; ähnlich Langenbucher BKR 2005, 134 (135); aus darlehensrechtlicher Perspektive (dazu auch unten Vierter Teil Rn 197–198): MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 171, 178; zu den Problemen bei Wegfall des Referenzzinssatzes am Beispiel des LIBOR Frischemeier WM 2018, 1441 (1444). 191 Söbbing/von Bodungen ZBB 2016, 39 (45); Vogel BKR 2018, 45 (51). 192 Tröger NJW 2015, 657 (658). 193 BGHZ 158, 149 (152); Schimansky WM 2001, 1169 (1169). 194 BGHZ 185, 166; BGH NJW 2012, 2337 (2340). 195 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 177; zur Anwendung vgl. etwa LG Tübingen WM 2018, 2368 (2369) mit Blick auf die gewichtete Kombination mehrerer Referenzzinssätze. 196 Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 118; MünchKommBGB/Wurmnest8 § 307 Rn 10; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 173. 197 BGHZ 158, 149 (153); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24b.

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bräuche des Handelsverkehrs die Wertungen des § 308 Nr. 4 BGB bei der Anwendung von § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zur Geltung zu bringen.198 Leitlinien für die Inhaltskontrolle von Zinsanpassungsklauseln hat der BGH seit 2004 in 51 einer Reihe von Entscheidungen entwickelt. Ausgangspunkt ist dabei der Wortlaut des § 308 Nr. 4 BGB, wonach die Leistungsänderungsklausel unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Teil zumutbar sein muss.199 Der BGH geht entsprechend der gesetzlichen Formulierung von einer Vermutung für die Unwirksamkeit der Klausel aus, die vom Verwender zu widerlegen ist.200 Dieser muss beweisen, dass sein Leistungsanpassungsinteresse das Interesse des anderen Vertragsteils an der Unveränderlichkeit der Leistung überwiegt oder ihm zumindest gleichwertig ist.201 Unklarheiten gehen dabei nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Das gilt auch hinsichtlich der Frage, ob die Parteien eine Zahlung von Negativzinsen vereinbart haben.202 Im Übrigen ist das Interesse eines Kreditinstituts, seine Zinssätze an wechselnde Gegebenheiten des Kapitalmarkts anzupassen, grundsätzlich schutzwürdig.203 Dem steht allerdings das Interesse des Einlegers an einer langfristigen verzinslichen Geldanlage entgegen.204 Im Kern geht es hier also um die Frage, inwieweit das Kreditinstitut das Risiko der Fristentransformation (oben Vierter Teil Rn 4) auf den Einleger abwälzen kann. Bei dieser Äquivalenzkontrolle hängt vieles von den Umständen des Einzelfalls ab. Maß52 gebliche Faktoren sind insbesondere die Frage, ob das Risiko vollständig oder nur teilweise auf den Einleger abgewälzt wird,205 die Vertragsdauer206, der Ermessensspielraum des Kreditinstituts bei der Zinsänderung207 und damit zusammenhängend die Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen208. Im Rahmen der Äquivalenzkontrolle ist einer Anpassungsklausel, welche die Berechnung von Negativzinsen erlaubt, nicht schlechthin die Wirksamkeit zu versagen.209 Begründen ließe sich eine grundsätzliche Unwirksamkeit derartiger Klauseln nur mit der Erwägung, dass sich bei der Anpassung des Zinssatzes in den negativen Bereich das Äquivalenzverhältnis der Vertragspflichten notwendig und grundlegend verschöbe. Abstrakte Verweise auf ein angebliches „Wesen“ des Zinses können dabei nicht den Ausschlag geben,210 vielmehr kommt es auf eine Bewertung der konkreten Interessenlage an. Die Interessenlage der Parteien ist aber etwa bei einer Anpassung des Zinssatzes auf einen niedrigen negativen Satz nicht grundsätzlich anders als bei einer Anpassung auf einen niedrigen positiven Satz. Abhängig vom Zinsumfeld kann der Einleger durchaus ein Interesse haben, dem Kreditinstitut die Valuta zu negativen Zinsen zu überlassen; auch die Einlagensicherung kann dabei eine Rolle spielen.211 Hinzu kommt, dass auch das Interesse des Kreditinstituts an der Hereinnahme von Einlagen im Niedrigzinsumfeld nicht grundsätzlich entfällt,212 vielmehr hat dieses regelmäßig aufgrund aufsichtsrechtlicher

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198 BGHZ 90, 273 (278); BGHZ 174, 1; BGHZ 103, 316 (328); BGH BB 2007, 2649 (2650). 199 BGHZ 158, 149 (153); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24c; zur Anwendung auf Tagesgeldkonten Burkiczak BKR 2007, 190. 200 BGHZ 158, 149 (154); Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 121. 201 BGHZ 158, 149 (154 f.); Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 121. 202 Insoweit zutreffend Omlor BKR 2018, 109 (111). 203 BGHZ 158, 149 (158); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 174. 204 BGHZ 158, 149 (157); Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs2 Besondere Klauseln Rn 41. 205 BGHZ 158, 149 (157 f.). 206 BGHZ 158, 149 (157 f.); BGH WM 2008, 1493 (1493); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24d. 207 BGHZ 158, 149 (158); BGH WM 2008, 1493 (1493). 208 BGHZ 158, 149 (157 f.); BGH WM 2008, 1493 (1493); BGH WM 2011, 306 (307). 209 In diesem Sinne aber LG Tübingen WM 2018, 226 (228); Krepold/Herrle BKR 2018, 89 (96); Omlor BKR 2018, 109 (110); Tröger NJW 2015, 657 (659); dagegen zu Recht Langner/Brocker WM 2017, 1917 (1922); Vogel BKR 2018, 45 (54). 210 Zu Recht kritisch gegenüber dieser Argumentationsfigur MünchKommBGB/Grundmann8 § 246 Rn. 9. 211 Langner/Brocker WM 2017, 1917 (1922); zur Einlagensicherung auch Tröger NJW 2015, 657 (658). 212 In diese Richtung aber Tröger NJW 2015, 657 (658).

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Vorgaben ein starkes Interesse an der Erhaltung und Stärkung seiner regulatorischen Eigenkapitalquote – die freilich zu wirtschaftlichen Bedingungen möglich sein muss. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Anpassung des Zinssatzes in den Negativbereich unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenzkontrolle für den Einleger zumutbar und angesichts des Anpassungsinteresses des Kreditinstituts als Verwender geboten sein kann. Wenn sich eine Zinsanpassungsklausel nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB als unwirksam 53 erweist, ist die so entstandene Lücke mangels eindeutiger Vorgaben des dispositiven Rechts im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen.213 In aller Regel ist die inkriminierte Zinsänderungsklausel teilbar in die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes als solche, die als Leistungsbeschreibung keiner AGB-Kontrolle unterliegt (oben Vierter Teil Rn 48), einerseits und die konkreten Änderungsmodalitäten andererseits.214 Sind letztere als unwirksam anzusehen, dann ist der Vertrag insoweit um Regelungen zu ergänzen, welche „von den Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der vereinbarten Zinsänderungsklausel nach dem Vertragszweck und angemessener Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner gewählt worden wäre[n]“.215 Dabei würde weder ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Einlegers noch ein Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts den Interessen der Parteien entsprechen; die §§ 315, 316 BGB werden insoweit durch eine interessengemäße Vertragsauslegung verdrängt.216 Ein geeigneter Referenzzinssatz ist auf dieser Grundlage vom Gericht selbst zu bestim- 54 men.217 Der Referenzzinssatz muss zunächst dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (oben Vierter Teil Rn 49) entsprechen.218 Unter den möglichen Bezugsgrößen des Kapitalmarkts ist diejenige oder eine Kombination derjenigen zu wählen, welche dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommen.219 So hat der BGH insbesondere die in den Monatsberichten der deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinssätze für vergleichbare Produkte als geeignete Referenz angesehen.220 Abgestellt wird damit nicht auf die Zinssätze, welche die Bank selbst im Aktivgeschäft auf den Kapitalmärkten mit den eingelegten Geldern erzielen kann, sondern vor allem auf die berechtigte Renditeerwartung des Einlegers. Das erscheint mit Blick auf die objektive Interessenlage der Parteien zunächst inkonsequent.221 Im Ergebnis ist der Ansatz des BGH aber nicht nur praktikabel, sondern auch interessengerecht. Denn es ist davon auszugehen, dass die im Passivgeschäft marktüblichen Zinssätze die Wiederanlagemöglichkeiten der Kreditinstitute bereits angemessen reflektieren. cc) Für den Fall der vorzeitigen Abhebung von einem Termingeldkonto werden regelmäßig 55 Vorfälligkeitszinsen (oder auch Vorschusszinsen) vereinbart. Monatliche Verfügungen über Spargeldeinlagen, die 2000 € nicht übersteigen, sind auch ohne Berücksichtigung der dreimonatigen Kündigungsfrist bei Privatpersonen üblicherweise davon ausgenommen.222 Seit der 4. KWG-Novelle unterliegen Regelungen zu Vorfälligkeitszinsen grundsätzlich der AGB-Kontrol-

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213 BGHZ 185, 166; BGH WM 2008, 1493; BGH WM 2011, 306; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24k; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 182. 214 BGH WM 2008, 1493 (1494); Habersack WM 2001, 753 (760 f.); Schimansky WM 2001, 1169 (1175); BankR-HdB/ Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24b; anders bei der Tagespreisklausel, bei der nicht von einer Teilbarkeit ausgegangen wird: BGHZ 90, 69 (72 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 182. 215 BGHZ 143, 104 (121); BGHZ 164, 286 (292); BGH WM 2008, 1493 (1494). 216 BGHZ 185, 166 (172 f.); BGH WM 2011, 306 (307 f.). 217 BGHZ 185, 166 (173 f.); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24k; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 182. 218 BGHZ 185, 166 (174); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 182. 219 BGHZ 185, 166 (174); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 182. 220 BGHZ 185, 166 (174); entsprechend für das Aktivgeschäft BGHZ 97, 212 (223). 221 Insoweit kritisch BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24h. 222 Servatius BKR 2005, 295 (295); Rösler/Wimmer BKR 2007, 8 (11); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 297.

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le.223 Hierbei ist davon auszugehen, dass eine Vereinbarung über Vorfälligkeitszinsen keine überraschende Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB darstellt, weil jeder Einleger damit rechnet, dass eine vorzeitige Abhebung des Geldes zu finanziellen Einbußen führt.224 Für die Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB ergeben sich je nach rechtlicher Einordnung der Klausel über Vorfälligkeitszinsen unterschiedliche Konsequenzen. So wäre die Klausel, wenn sie den Leistungsinhalt oder das zu zahlende Entgelt regelt, von der richterlichen Inhaltskontrolle ausgenommen; als Vertragsstrafe i.S.d. § 309 Nr. 6 BGB wäre sie dagegen unwirksam. Richtigerweise ist der Anspruch in Parallele zur Vorfälligkeitsentschädigung beim Darlehensvertrag (unten Vierter Teil Rn 254) als pauschalierter Schadensersatzanspruch einzuordnen.225 Es ist zwar zutreffend, dass eine vorzeitige Abhebung der Einlage und damit eine Vertragsverletzung durch den Einleger technisch nur unter Mitwirkung des Kreditinstituts möglich sind.226 Zugleich sind sich die Parteien aber darüber einig, dass die vorzeitige Abhebung eine Pflichtverletzung darstellt und Schadensersatzansprüche des Kreditinstituts begründet, welches die vorzeitige Abhebung gerade unter dieser Voraussetzung ermöglicht.227 Die formularmäßige Vereinbarung von Vorfälligkeitszinsen muss daher den Anforderungen des § 309 Nr. 5 BGB genügen. Im Übrigen hält die Vereinbarung von Vorfälligkeitszinsen jedenfalls insoweit der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB am gesetzlichen Leitbild des Darlehensrechts stand, wie die Pflicht zur Zahlung von Vorfälligkeitszinsen lediglich den Zinsanspruch des Einlegers schmälert oder entfallen lässt, seinen Anspruch auf Rückzahlung des eingelegten Kapitals aber in der Höhe unberührt lässt.228 56

5. Beendigung. Die Beendigung von Einlagengeschäften bestimmt sich nach den – je nach Einordnung (oben Vierter Teil Rn 33–36) – unmittelbar oder über die Verweisung des § 700 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbaren Vorschriften des Darlehensrechts. Formularvertraglich vereinbarte Kündigungsrechte sind im Rahmen der AGB-Inhaltskontrolle am Maßstab der darlehensrechtlichen Kündigungsregeln zu messen.229 Die darlehensrechtlichen Kündigungsregeln gelten auch für Bausparverträge.230 Dabei wird allerdings die Möglichkeit einer Kündigung durch das Kreditinstitut nach § 488 Abs. 3 BGB von den Parteien vielfach ausgeschlossen werden; bei Bausparverträgen ist von einer stillschweigenden Abbedingung für die Ansparphase auszugehen.231 Für das Kreditinstitut als Darlehensnehmer bleibt aber eine ordentliche Kündigung nach § 489 BGB möglich. Wiederum gilt dies auch für Bausparverträge. Hier kommt insbesondere eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB in Betracht, wobei als Zeitpunkt der vollständigen Auszahlung des Darlehens der Zeitpunkt der Zuteilungsreife des Bausparvertrags anzusetzen ist.232 Dagegen bedarf es insbesondere keiner teleologischen Reduktion des § 489 Abs. 1 Nr. 2

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223 Zur alten Rechtslage Servatius BKR 2005, 295 (298 f.). 224 Rösler/Wimmer BKR 2007, 8 (16); enger Servatius BKR 2005, 295 (299 f.), der dies als Frage der Inhaltskontrolle behandelt. 225 Ebenso Derleder/Knops/Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 46; Bunte, AGB-Banken und SB, SB Sparkonten, § 2 Rn 33; aA Lange BB 1993, 1677 (1680) (Vertragsstrafe); Servatius BKR 2005, 295 (301); Rösler/Wimmer BKR 2007, 8 (17) (individuell vereinbarte Hauptleistung eines Aufhebungsvertrages); Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 133 (Entgelt). 226 Darauf verweisen zu Recht Rösler/Wimmer BKR 2007, 8 (17). 227 Zutreffend Derleder/Knops/Bamberger/Batereau/Bertram3 § 41 Rn 46: Klausel über Vorfälligkeitszinsen zielt auf vereinfachte Durchsetzung eines als bestehend vorausgesetzten Schadensersatzanspruchs. 228 So im Ergebnis – wenngleich systematisch unzutreffend bei § 305c BGB ansetzend – auch Servatius BKR 2005, 295 (299 f.); auf die relative Abweichung von einer korrekten Berechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode (unten Vierter Teil Rn 212) abstellend dagegen Rösler/Wimmer BKR 2007, 8 (17). 229 OLG Karlsruhe WM 2018, 1834 (1836). 230 BGHZ 214, 94, 105 ff.; Bergmann WM 2016, 2153 (2156); Edelmann/Suchowerskyj BB 2015, 1800 (1801 ff.); Herresthal ZIP 2016, 1257 (1259 f.); Freise/Bonke ZBB 2016, 196 (200 f.); dagegen OLG Stuttgart WM 2016, 1440 (1442); Klinger/Tiffe BKR 2017, 99 (103); Tröger/Kelm NJW 2016, 2839 (2841 ff.); Weber BB 2015, 2185 (2187 f.). 231 BGHZ 214, 94, 101 ff.; Herresthal ZIP 2016, 1257 (1264). 232 BGHZ 214, 94, 118 ff.; Edelmann/Suchowerskyj BB 2015, 1800 (1803); Herresthal ZIP 2016, 1257 (1262 f.).

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BGB dahingehend, dass Kreditinstitute vom Tatbestand der Norm ausgenommen wären.233 Der Gesetzgeber hat es insoweit nicht planwidrig unterlassen, eine tatbestandliche Ausnahme für Kreditinstitute zu schaffen, sondern er wollte vielmehr dem Darlehensnehmer schlechthin die Möglichkeit geben, sich nach spätestens zehn Jahren von einer langfristigen Bindung an nicht marktgerechte Zinskonditionen zu lösen.234 Die Vereinbarung einer rückwirkend zu zahlenden Sparprämie ändert an dieser Lösungsmöglichkeit des Kreditinstituts nichts, weil die Ansparleistungen des Einlegers sich dennoch als Auszahlung eines Darlehens mit gebundenem Sollzinssatz darstellen.235 6. Unwirksamkeit a) Einlagengeschäft ohne Erlaubnis. Neben den allgemeinen Anfechtungs- und Nichtig- 57 keitsgründen sind für das Einlagengeschäft besondere gesetzliche Verbote von Belang, die vor allem aus den aufsichtsrechtlichen Vorgaben des KWG folgen. Nicht immer ist allerdings klar, welche Rechtsfolgen aus diesen Verboten erwachsen. Das gilt zunächst für § 32 KWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG, wonach der gewerbliche Betrieb des Einlagengeschäfts einer Erlaubnis der BaFin bedarf. Hierzu werden im Wesentlichen zwei unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach der wohl überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur richtet sich die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG nicht gegen das ohne Erlaubnis abgeschlossene Rechtsgeschäft als solches, sondern nur gegen das ohne Erlaubnis handelnde Kreditinstitut; § 134 BGB ist danach nicht anwendbar.236 Der Einleger soll sich aber mit einem auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruch vom Einlagengeschäft lösen können, denn bei § 32 KWG handle es sich um ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Einlegers.237 Das Kreditinstitut hingegen soll sich über ein Sonderkündigungsrecht nach § 314 Abs. 1 BGB vom Vertrag lösen können, weil ihm eine jederzeitige Einstellung seiner nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbaren Tätigkeit möglich sein müsse.238 Nach der Gegenauffassung239 unterfallen Einlagengeschäfte ohne Erlaubnis grundsätzlich 58 § 134 BGB. Vom Schutzzweck des § 134 BGB ausgehend wird dann teilweise weiter differenziert: Nichtig sei entsprechend dem Interesse des Einlegers nicht das gesamte Rechtsgeschäft, sondern nach § 139 BGB regelmäßig nur die Fälligkeitsabrede.240 Bei Sichteinlagen habe der Einleger ohnehin kein Interesse an der Nichtigkeit des Vertrags, da er seinen Rückzahlungsanspruch jederzeit fällig stellen könne; im Übrigen sei die Fälligkeitsabrede nach § 134 BGB zu invalidieren und (entgegen dem für Termin- und Spareinlagen an sich anwendbaren § 488 Abs. 3 S. 1 BGB) in Analogie zu § 15 Abs. 5 KWG von einer sofortigen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs auszugehen.241

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233 So aber Weber BB 2015, 2185 (2187 f.); Tröger/Kelm NJW 2016, 2839 (2842 f.). 234 Eingehend BGHZ 214, 94, 115 ff.; Herresthal ZIP 2016, 1257 (1261). 235 BGH BeckRS 2018, 18311 Rn 17; differenzierend Vels WM 2018, 551 (554). 236 BGHZ 76, 119 (126) mit nicht nachvollziehbarem Verweis auf frühere Rspr.; wohl auch BGHZ 187, 156 (167 f.); HessVGH WM 2009, 1889 (1893); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 9; Langenbucher/Bliesener/Spindler/ Servatius2 Kap. 35 Rn 19; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer/Müller5 § 32 Rn 30. 237 BGHZ 166, 29 (37); BGH WM 2005, 1217; BGH WM 2006, 1896 (1897); BGH WM 2010, 262 (263); BGH WM 2011, 20 (21); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 9. 238 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 9. 239 OLG Kiel VuR 2002, 445; LG Köln NJW 1964, 252 (hilfsweise auf § 138 BGB abstellend); VG Frankfurt WM 2009, 1324; Voß BB 2010, 1372 (1372); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1174; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 7. 240 VG Frankfurt WM 2009, 1324 (1326); Mai ZBB 2010, 222; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1174; Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 7. 241 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1174; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 19.

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Beschränkt man die Nichtigkeitssanktion des § 134 BGB in dieser Weise, dann unterscheiden sich beide Auffassungen in ihren praktischen Auswirkungen kaum. Dogmatisch überzeugender ist freilich die letztgenannte Ansicht, weil sie der doppelten Schutzrichtung des § 32 KWG besser entspricht.242 Die Erlaubnispflicht nach § 32 KWG dient einerseits dem öffentlichen Interesse, indem ein Vertrauensverlust des Kreditsektors insgesamt verhindert werden soll.243 Einlagengeschäfte ohne Erlaubnis sind vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks als solche zu unterbinden, was eine grundsätzliche Anwendbarkeit des § 134 BGB rechtfertigt. Andererseits hat § 32 KWG aber auch eine individualschützende Funktion, indem er den einzelnen Einleger vor Verlusten durch Geschäfte mit unzuverlässigen Unternehmen bewahren will.244 Dem Interesse des Einlegers entspricht die Begrenzung der Nichtigkeitsfolge auf die Fälligkeitsabrede. Etwas gezwungen wirkt es freilich, wenn die so entstandene Lücke durch eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 5 KWG gefüllt wird. Näher liegt hier ein anderer Lösungsweg: Wenn sich die Fälligkeitsabrede nach § 134 BGB i.V.m. § 32 KWG als unwirksam erweist, dann entspricht die verbleibende Vertragsabrede einer unregelmäßigen Verwahrung. Der Einleger kann dementsprechend seinen Rückzahlungsanspruch nach § 695 BGB jederzeit fällig stellen.

b) Verbotene Einlagengeschäfte. Das Bankaufsichtsrecht verbietet, vor allem aufgrund der historischen Erfahrung der Wirtschaftskrise in den 1920er Jahren, durch § 3 Abs. 1 KWG bestimmte Formen des Einlagengeschäfts, von denen Gefahren für die Kreditwirtschaft als ganze ausgehen können.245 Das betrifft, in Nr. 1, die so genannten Werksparkassen, in denen die Löhne der Betriebsangehörigen eingelegt werden und so die Auszahlung der eingelegten Löhne faktisch mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens verknüpft wird. Nr. 2 verbietet, mit Ausnahme von Bausparkassen, so genannte Zwecksparunternehmen, bei denen der Mehrheit der Einleger ein Rechtsanspruch auf Kreditgewährung eingeräumt wird. Denn derartige Geschäftsmodelle beruhen regelmäßig auf einem Schneeballsystem, wenn die ausgereichten Kredite höher sind als die Einlagen.246 Nach Nr. 3 sind schließlich Einlagengeschäfte verboten, bei denen die Möglichkeit von Barabhebungen ausgeschlossen oder erheblich eingeschränkt wird. Dieses heute geradezu anachronistisch wirkende Verbot richtet sich gegen so genannte Tauschringe, in denen ohne Verfügbarkeit liquider Mittel das Kreditvolumen unkontrolliert gesteigert werden kann.247 Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 3 KWG ist zwischen den einzelnen Verbotstatbeständen nach deren Schutzzwecken zu differenzieren. In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Einlagengeschäfte, die gegen § 3 61 Abs. 1 Nr. 3 KWG verstoßen, nach § 134 BGB insgesamt nichtig sind.248 Denn hier steht nach dem Willen des Gesetzgebers der Schutzzweck im Vordergrund, eine unkontrollierte Ausdehnung der Geldmenge durch die Kreditwirtschaft zu verhindern.249 Angesichts des heute bestehenden aufsichtsrechtlichen Rahmens für die Giralgeldschöpfung durch die Kreditwirtschaft (oben Vierter Teil Rn 10) hat dieser Schutzzweck an Bedeutung verloren.250 Mindestens ebenso bedeutsam ist

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242 Dazu eingehend Ruhl S. 77 ff. 243 Lünterbusch Die privatrechtlichen Auswirkungen des KWG, S. 40; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer/ Müller5 § 32 Rn 5. 244 Lünterbusch S. 36, 39; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 9. 245 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 1; Luz/Neus/Schaber/Schneider/Wagner/Weber/Heemann3 § 3 Rn 4. 246 Lünterbusch S. 28; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 10. 247 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 69 Rn 11; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 19 f. 248 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1176; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 12; Bähre/Schneider3 § 3 Rn 7; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 30; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 3 Rn 20. Die Rechtsprechung hat die Frage bisher offen gelassen, so BGHZ 129, 90 (92); BGH WM 2005, 833 (835). 249 Regierungsbegründung zum Entwurf des KWG 1961, BT-Drucks. 3/1114, S. 29. 250 Vgl. Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 122: Die Vorschrift sei „praktisch bedeutungslos“.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

heute, dass § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG auch dem Schutz der Einleger dient, die durch den „Tauschring“ in der Verfügung über ihre Einlagen beeinträchtigt sind.251 Diesem doppelten Schutzzweck trägt eine Nichtigkeit des verbotenen Geschäfts am besten Rechnung. Mit Blick auf die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 KWG ent- 62 spricht der Meinungsstand im Wesentlichen der Diskussion zu § 32 KWG (oben Vierter Teil Rn 57–59). Entgegen der wohl überwiegenden Ansicht im Schrifttum252 gilt auch hier, dass § 134 BGB grundsätzlich anwendbar ist, aber im Interesse des Einlegers nur zu einer Unwirksamkeit der Fälligkeitsabrede führt (oben Vierter Teil Rn 59).253 Denn auch hier ist von einer Doppelfunktion der betreffenden Regeln des KWG auszugehen. Diese dienen einerseits wirtschaftspolitischen Zielen und verbieten damit die genannten Rechtsgeschäfte als solche, andererseits schützen sie aber zumindest mittelbar auch den Einleger vor einem Verlust seiner Gelder. Dem wird die Teilnichtigkeit des verbotenen Einlagengeschäfts nach §§ 134, 139 BGB am besten gerecht. c) Rückabwicklung nichtiger Einlagegeschäfte. Verstöße gegen die aufsichtsrechtlichen 63 Vorgaben des KWG führen damit in der Regel nicht zu einer Gesamtnichtigkeit des Einlagengeschäfts nach § 134 BGB (oben Vierter Teil Rn 59 und 62). Eine Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht wird allerdings bei Verstößen gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG sowie bei Vorliegen der allgemeinen zivilrechtlichen Unwirksamkeitsgründe erforderlich. Grundsätzlich gelten hierfür die allgemeinen Regeln der §§ 812 ff. BGB, so dass sich das Kreditinstitut unter Umständen auch auf einen Wegfall der Bereicherung berufen kann.254 Bei Kenntnis von der Unwirksamkeit des Einlagengeschäfts haftet das Kreditinstitut aber nach § 819 Abs. 1 BGB verschärft. Analog § 819 Abs. 1 BGB tritt die verschärfte Haftung auch dann ein, wenn das Kreditinstitut zwar in Unkenntnis der Unwirksamkeit des Einlagengeschäfts, aber bewusst weisungswidrig oder ohne Weisung über die Einlagen verfügt.255 Die Interessenlage der Parteien entspricht insoweit derjenigen beim Fremdbesitzerexzess: Das Kreditinstitut soll durch die Unwirksamkeit des Einlagengeschäfts nicht besser gestellt werden, als es bei Überschreitung seiner Befugnisse auf Grundlage eines wirksamen Geschäfts stünde.256 Als problematisch bei der Rückabwicklung unwirksamer Einlagengeschäfte erweist sich die 64 Anwendbarkeit von § 817 S. 2 BGB, wonach der Rückforderungsanspruch des Einlegers ausgeschlossen sein kann, wenn (auch) diesem selbst ein Gesetzes- oder Sittenverstoß anzulasten ist.257 Wie in anderen Anwendungsfällen des § 817 S. 2 BGB ist allerdings auch hier die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion der Norm zu erwägen.258 Diese geht – in Parallele zum Fall des wucherischen Darlehens (unten Vierter Teil Rn 291)259 – dahin, dass dem Empfänger die zinslose Nutzung der Summe für die vereinbarte Zeit belassen wird, aber die Einlage selbst zurückgefordert werden kann.260 Der Schutzzweck der verletzten Norm wird nämlich unter Um-

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251 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 21. 252 Körner ZHR 131 (1968), 127, 135 ff.; Lünterbusch S. 82 f.; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 12; Boos/ Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 29; Baumbach/Hopt/Hopt38 Bankgeschäfte Rn A/5. 253 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1175; Bähre/Schneider3 § 3 Rn 7; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 3 Rn 19; für die vollständige Nichtigkeit nach § 134 BGB Lünterbusch S. 99, 130. 254 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1178. 255 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1178. 256 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1178. 257 So RG JW 1935, 420 (421); BGH WM 1957, 1574 (1575); BGH WM 1960, 767 (769); BGH WM 1966, 1246 (1247). 258 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1180; dazu allgemein BGH NJW 2006, 45, 46; BGH NJW 2008, 1942 (jeweils bejahend für einen sittenwidrigen „Schenkkreis“); BGH NJW 2014, 1805 (1806) (im Ergebnis ablehnend für Verstöße gegen das SchwarzArbG); kritisch zu diesem Ansatz mit Überblick zur Diskussion im Schrifttum Klöhn AcP 210 (2010), 804 (811 ff.). 259 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1180; MünchKommBGB/Schwab7 § 817 Rn 48 . 260 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1180.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

ständen nur und gerade dann erreicht, wenn der Empfänger das Erlangte herausgeben muss.261 Wann das der Fall ist, lässt sich allerdings nicht pauschal beurteilen. Bei Normen, welche die Vermögensverschiebung als solche oder zumindest ihre Perpetuierung verhindern wollen, kann die Anwendung des § 817 S. 2 BGB ganz ausgeschlossen sein.262 In anderen Fällen muss gefragt werden, ob der Empfänger die Einlagen nach dem Schutzzweck der Norm endgültig behalten und somit § 817 S. 2 BGB für ihn zur „Einnahmequelle“ werden soll.263 Gerade bei Verstößen gegen § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG ist diese Frage zu verneinen und § 817 S. 2 BGB im oben genannten Sinne einzuschränken.264 Sowohl der gesetzgeberische Schutzzweck einer Einschränkung der Kreditschöpfung als auch der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG bezweckte Einlegerschutz (zur doppelten Schutzrichtung oben Vierter Teil Rn 61) gebieten eine Rückgewähr der geleisteten Einlage. 7. Besonderheiten bei Spareinlagen a) Gläubigerstellung. Vertragsrechtliche Besonderheiten ergeben sich für die Spareinlage daraus, dass hier Rückzahlungs- und Zinsanspruch des Einlegers regelmäßig im Sparbuch als einem qualifizierten Legitimationspapier (oben Vierter Teil Rn 37) verbrieft werden. Grundsätzlich ist die Frage, wer Gläubiger der Spareinlage ist, vom Besitz des Sparbuchs unabhängig. Gläubiger der Spareinlage ist, wer nach dem erkennbaren Willen des die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden sollte.265 Im Regelfall ist dies der Einzahlende als Darlehensgläubiger und nicht derjenige, auf dessen Namen das Sparbuch ausgestellt wird.266 Wird das Sparbuch auf den Namen eines Dritten angelegt, dann ist das lediglich ein Indiz dafür, dass die eingelegten Gelder dem Dritten nach § 328 BGB zugewendet werden sollen.267 Dass der Dritte anstelle des Einzahlenden Gläubiger der Spareinlage werden soll, kann aber nur bei Vorliegen weiterer Indizien angenommen werden. Hierbei wird nun der Besitz am Sparbuch bedeutsam.268 Behält der Einzahlende das Sparbuch in seinem Besitz, so will er sich in aller Regel die Verfügungsmöglichkeit über das Sparguthaben erhalten und seine Gläubigerstellung nicht aufgeben; oftmals ist eine Zuwendung auf den Todesfall nach §§ 328, 331 BGB gewollt.269 Wenn allerdings die einzahlenden Eltern das auf den Namen eines minderjährigen Kindes angelegte Sparbuch verwahren, handeln sie im Zweifel als gesetzliche Vertreter des Kindes im Rahmen der Vermögenssorge, so dass dem Besitz am Sparbuch keine Indizwirkung für eine etwaige Gläubigerstellung der Eltern zukommt.270 Ein Wechsel der Gläubigerstellung erfolgt durch Abtretung der Forderungen aus dem Dar66 lehensvertrag nach § 398 BGB; das Eigentum am Sparbuch geht nach § 952 BGB kraft Gesetzes mit auf den neuen Forderungsinhaber über. Die nach § 398 BGB erforderliche Einigung kann 65

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261 BGHZ 111, 308 (312); BGH NJW 2014, 1805 (1806); Fabricius JZ 1963, 85; Salje NJW 1985, 998 (1003); Weyer WM 2002, 627 (630); MünchKommBGB/Schwab7 § 817 Rn 22; ähnlich Flume Rechtsgeschäft, § 18, 10 h (S. 396). 262 Vgl. OLG Karlsruhe NJW 1957, 1157 (zu einem Verstoß gegen Devisenkontrollvorschriften der alliierten Militärregierung). 263 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1180; MünchKommBGB/Schwab7 § 817 Rn 48. 264 Zur Parallelkonstellation eines sittenwidrigen „Schenkkreises“ BGH NJW 2006, 45 (46). 265 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 28. 266 RGZ 73, 220 (221); BGH WM 1965, 897 (900); Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 67. 267 BGHZ 21, 148 (150); BGHZ 46, 198 (199); Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vor §§ 607 ff. Rn 44; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 28. 268 BGH WM 1965, 897 (900); BGH WM 1972, 383 (384); BGH NJW 2005, 980; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 67; Soergel/Welter13 § 808 Rn 9. 269 So in BGHZ 46, 198 und BGH NJW 2005, 980; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 68; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 46. 270 OLG Bamberg WM 2006, 423 (426); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 8; kritisch Gehrlein WuB (2005), I C 2. Sparkonto 2.05.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

auch konkludent durch Übergabe des Sparbuchs erfolgen.271 Dem Sparbuch kommt aber mit Blick auf die Inhaberschaft der Forderung keine Vermutungswirkung nach § 1006 BGB zu.272 Da die Übertragung der Forderung durch Abtretung erfolgt und eine Übergabe des Sparbuchs nicht erfordert, fehlt der für die Vermutungswirkung des § 1006 BGB erforderliche Zusammenhang von Rechtsübertragung und Besitzverschaffung.273 Streitig ist, ob im Zusammenhang mit der Abtretung von Guthabenforderungen aus der 67 Spareinlage § 407 BGB Anwendung finden soll. Die wohl überwiegende Meinung lehnt dies ab und meint, das Kreditinstitut solle von seiner Leistungspflicht nicht befreit werden, wenn es nach der Abtretung an den ursprünglichen Einlagengläubiger leistet, ohne sich das Sparbuch vorlegen zu lassen.274 Begründet wird dies mit dem Wertpapiercharakter des Sparbuchs275 und damit, dass das Kreditinstitut seine Leistung von der Vorlage des Sparbuchs abhängig machen könne (oben Vierter Teil Rn 37) und so gegen eine doppelte Inanspruchnahme ausreichend geschützt sei.276 Die Gegenmeinung277 hält § 407 BGB schon deshalb für anwendbar, weil die Abtretung 68 von Guthabenforderungen nach den allgemeinen Abtretungsregeln der § 398 ff. BGB erfolge, deren Anwendbarkeit von § 808 BGB nicht ausgeschlossen werde.278 Der Ausschluss des § 407 BGB würde, so die Gegenmeinung, außerdem zu einem Wertungswiderspruch mit Blick auf die gesetzlichen Regeln über das Pfandrecht führen: Da eine Verpfändung von Sparguthaben nach § 1280 BGB erst durch Anzeige gegenüber dem Kreditinstitut wirksam wird, hätte ein Ausschluss des § 407 BGB für die Abtretung der Guthabenforderung zur Folge, dass der Schuldnerschutz bei der Vollrechtsübertragung schwächer wäre als bei der Verpfändung.279 Im Übrigen diene der Ausschluss des § 407 BGB bei Wertpapieren in erster Linie deren Verkehrsfähigkeit; eine solche Steigerung der Verkehrsfähigkeit sei aber bei Sparurkunden gerade nicht bezweckt, weil der Zweck der Spareinlage in erster Linie in der Vermögensansammlung liege und eine Abtretung allenfalls sicherungshalber erfolge.280 Der letztgenannten Auffassung ist zuzugeben, dass der Gesetzgeber mit dem Erfordernis der 69 Ausstellung einer Sparurkunde nach § 21 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 RechKredV nicht in erster Linie auf eine Erhöhung der Umlauffähigkeit von Guthabenforderungen abzielte.281 Es besteht allerdings, gerade im Bereich der Kreditsicherung, durchaus ein Interesse an der Übertragbarkeit dieser Forderungen. Im Übertragungsfall ist aber nicht das Kreditinstitut als Schuldner schutzwürdig, das nach dem Klausel- und Satzungsrecht in Übereinstimmung mit § 808 Abs. 2 BGB ohnehin nur gegen Vorlage der Urkunde leisten muss. Einer Anzeige gegenüber dem Kreditinstitut, wie sie § 1280 BGB für die Verpfändung verlangt, bedarf es daher nicht. Schutzbedürftig ist hier vielmehr der Zessionar, der bei Anwendbarkeit des § 407 BGB immer damit rechnen müsste, dass

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271 BGH WM 1962, 487; BGH WM 1965, 897 (900); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1882; Gößmann BuB, Rn 2/183; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 17; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 83; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 27. 272 BGH WM 1972, 701; Gößmann BuB, Rn 2/183; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vor §§ 607 ff. Rn 54; Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 31; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 47. 273 Canaris Bankvertragsrecht Rn 158; Gößmann BuB, Rn 2/183; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 83. 274 OLG Hamm WM 1984, 801 (802); vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 1337; Canaris Bankvertragsrecht Rn 1183; Gößmann BuB, Rn 2/204. 275 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1183; Soergel/Welter13 § 808 Rn 41 f. 276 OLG Hamm WM 1984, 801 (802); vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 1337. 277 LG Krefeld WM 1980, 351; LG Augsburg WM 1983, 717 (718 f.); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 44; Derleder/Knops/Bamberger/Harbeke2 § 39 Rn 19 ff. 278 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 44. 279 Derleder/Knops/Bamberger/Harbeke2 § 39 Rn 20. 280 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 45. 281 Regierungsbegründung zur ÄnderungsVO zur RechKredVO, BT-Drucks. 12/4876, S. 7; Kümpel WM 1984, 802; Gößmann BuB, Rn 2/204.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

seine Forderung durch Leistung an den Zedenten erlischt. Die Abtretung von Forderungen aus Sparguthaben wäre damit für Sicherungszwecke letztlich ungeeignet. Daher ist mit der erstgenannten Ansicht eine Anwendung des § 407 BGB abzulehnen. b) Liberationswirkung des Sparbuchs. Nach § 808 Abs. 1 BGB kann das Kreditinstitut mit befreiender Wirkung an den Vorleger des Sparbuchs leisten (oben Vierter Teil Rn 37).282 In der Sache wird damit der gute Glaube des leistenden Kreditinstituts geschützt.283 Gegenstand und Reichweite des Gutglaubensschutzes sind aber im Einzelnen umstritten. Anerkannt ist, dass mit § 808 Abs. 1 BGB auch der gute Glaube an die Verfügungs- und Vertretungsmacht geschützt wird.284 Streitig ist, ob dies auch für die Leistung an Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige gilt. Entgegen der herrschenden Lehre285 lehnt Canaris dies mit dem Argument ab, die Sparurkunde erzeuge schon keinen Rechtsschein hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit des Vorlegenden.286 Dem ist grundsätzlich beizupflichten. Jedenfalls der Erst-recht-Schluss der herrschenden Lehre vom nicht verfügungsberechtigten Vorleger auf den geschäftsunfähigen Kontoinhaber287 verfängt nicht, weil Geschäftsfähigkeit und Verfügungsbefugnis auf gänzlich unterschiedlichen tatsächlichen wie rechtlichen Grundlagen beruhen. Richtig ist allerdings, dass die Vorlage des Sparbuchs durch einen beschränkt Geschäftsfähigen im Einzelfall den Rechtsschein einer Zustimmung der gesetzlichen Vertreter nach § 183 BGB erzeugen kann.288 71 Die Liberationswirkung des § 808 Abs. 1 BGB ist ausgeschlossen, wenn das Kreditinstitut die fehlende Berechtigung des Vorlegenden kannte oder kennen musste.289 Die grobe Fahrlässigkeit ist der Kenntnis in Analogie zu § 40 Abs. 3 WG gleichzustellen, weil der Schuldner eines qualifizierten Legitimationspapiers nicht stärker geschützt werden soll als der Schuldner eines Wechsels.290 Bösgläubigkeit eines Angestellten ist dem Kreditinstitut nach § 166 BGB zuzurechnen.291 72 Der Gutglaubensschutz des § 808 Abs. 1 BGB umfasst neben der Leistung an den Vorlegenden selbst Willenserklärungen des Vorlegenden nur insoweit, wie sie zur Geltendmachung des verbrieften Rechts oder zur Entgegennahme der versprochenen Leistung erforderlich sind.292 Denn nach dem Wortlaut des § 808 Abs. 1 BGB tritt befreiende Wirkung lediglich hinsichtlich der „versprochenen Leistung“ ein; maßgeblich sind also die ursprünglich vereinbarten vertraglichen Pflichten.293 Zum Teil wird insoweit allerdings eine Gesamtanalogie zu den §§ 407 Abs. 1, 408 Abs. 1, 574, 893, 1141 Abs. 1 S. 2, 2367 BGB vorgeschlagen, was zur Folge hätte, dass der Vorleger mit dem Kreditinstitut (konkludent) vom ursprünglichen Vertragsinhalt abweichende Aus-

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282 Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.88; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 49. 283 Für alle Canaris Bankvertragsrecht Rn 118. 284 BGHZ 28, 368 (370); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1186; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 13; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 25; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 16. 285 OLG Düsseldorf WM 1971, 231; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 50; Derleder/Knops/Bamberger/ Meschkat3 § 40 Rn 29; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 16. 286 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1186; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 26. 287 So besonders Gößmann BuB, Rn 2/203; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 50; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 8.91; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Servatius2 Kap. 35 Rn 267; Barleon5 FA-BKR, Kap. 6 Rn 64. 288 Insoweit zutreffend BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 13. 289 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1185; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 47; Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 24; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 28 f. 290 OLG Düsseldorf, NJW 1987, 654 (655); Canaris Bankvertragsrecht Rn 1185; Langenbucher/Bliesener/Spindler/ Servatius2 Kap. 35 Rn 264; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 24. 291 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1185; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 47; MünchKommBGB/ Habersack7 § 808 Rn 28. 292 BGHZ 64, 278 (287 f.); BGH NJW 2000, 2103; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 51; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 16. 293 BGH NJW 1986, 2104 (2105 f.); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

zahlungsmodalitäten vereinbaren könnte.294 Begründet wird die Analogie mit dem Zweck des § 808 Abs. 1 BGB: Dieser diene dem Schutz des Leistenden und könne daher nicht zweckwidrig zu dessen Lasten ausgelegt werden.295 Dieses teleologische Argument ist allerdings wenig überzeugend, weil es hier nicht um die Begründung, sondern gerade um die Grenzen des Gutglaubensschutzes nach § 808 Abs. 1 BGB geht; diese aber ergeben sich schon aus dem Wortlaut der Norm.296 Zudem ist das qualifizierte Legitimationspapier nach § 808 BGB seinem Zweck nach gerade kein reines Inhaberpapier, das den Vorlegenden uneingeschränkt zu Einwirkungen auf die Forderung ermächtigen würde, sondern es wird letzterem nur insoweit gleichgestellt, wie es der Schutz des Schuldners mit Blick auf die „versprochene Leistung“ erfordert.297 Aus der Beschränkung des § 808 Abs. 1 BGB auf die „versprochene Leistung“ folgt, dass das 73 Kreditinstitut bei Auszahlung an den Vorleger des Sparbuchs von besonderen Sicherheitsmaßnahmen, die mit dem Einleger vereinbart wurden, wie etwa einen Sperrvermerk298, nicht abweichen darf.299 Aus der Beschränkung folgt außerdem, dass sich das Kreditinstitut bei der Leistung an den Vorleger nicht über betragsmäßige Abhebungsbegrenzungen hinwegsetzen kann.300 Eine solche ergab sich früher aus § 22 KWG a.F., dessen wesentlicher Gehalt heute über Nr. 2 Abs. 2, 3 Bedingungen für den Sparverkehr, Nr. 4 Sparbedingungen Sparkassen formularmäßig vereinbart wird. Danach können Sparguthaben nur innerhalb einer Frist von drei Monaten gekündigt werden; ohne Kündigung aber können nicht mehr als 2000 € innerhalb eines Kalendermonats abgehoben werden. Offen ist danach nur, ob bei einer höheren Auszahlung zumindest für einen Sockelbetrag von 2000 € die Liberationswirkung des § 808 Abs. 1 BGB eintritt. Zum Teil wird das mit Verweis auf die Unteilbarkeit der verlangten Leistung und den Rechtsgedanken der §§ 139, 266 BGB verneint; das mit dem Auszahlungsverlangen verbundene konkludente Angebot auf Vertragsänderung sei insgesamt unwirksam.301 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass für die Auszahlung des Sockelbetrags eine Vertragsänderung gerade nicht erforderlich und auch nicht gewollt ist, so dass insoweit von einer befreienden Leistung des Kreditinstituts auszugehen ist.302 Der Einleger als Forderungsinhaber ist hinsichtlich dieses Betrags auch nicht schutzbedürftig, weil er um die Möglichkeit einer Abhebung von bis zu 2000 € weiß und bei Verlust des Sparbuchs auch mit einer Fremdabhebung in dieser Höhe rechnen muss.303 Allerdings kann ein ungewöhnliches Auszahlungsverlangen im Einzelfall eine grobe Fahrlässigkeit des Kreditinstituts begründen und somit die Wirkung des § 808 Abs. 1 BGB ausschließen (oben Vierter Teil Rn 71) sowie Schadensersatzansprüche des Einlegers aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB auf Wiedergutschrift des geleisteten Betrags begründen.304

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294 Dafür Canaris Bankvertragsrecht Rn 1187; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 27; dagegen ausdrücklich Pflug ZHR 140 (1976), 175 (188 f.). 295 Canaris Bankvertragsrecht Rn 1187. 296 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26. 297 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 51. 298 BGH NJW 1965, 247; Staudinger/Marburger2015 § 808 Rn 28; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 30. 299 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 51; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26; i.E. auch Canaris Bankvertragsrecht Rn 1188. 300 BGHZ 28, 368 (371 ff.); BGH NJW 1965, 247; BGH NJW 1975, 1507; BGH NJW 1991, 420 (421); BayObLG WM 1968, 259 (261 f.); BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 52; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 32. 301 OLG Hamm NJW 1961, 1311; LG Hamburg WM 1983, 577; LG Essen WM 1987, 1452 (1453). 302 BayObLG NJW 1968, 1312; OLG Hamm WM 1989, 565; LG Hildesheim WM 1967, 431; LG München I WM 1985, 599; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 54; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vor §§ 607 ff. Rn 98; Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR III Rn 26; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 33. 303 In diese Richtung auch BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 54. 304 BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 71 Rn 55; Derleder/Knops/Bamberger/Meschkat3 § 40 Rn 28; MünchKommBGB/Habersack7 § 808 Rn 29.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

II. Das Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte 1. Funktion. Ebenso wie das Einlagengeschäft dient das Pfandbriefgeschäft den Kreditinstituten in erster Linie zur Refinanzierung ihres Aktivgeschäfts und bedarf nach § 2 Abs. 1 PfandBG, § 32 KWG einer Erlaubnis der BaFin. Dem Pfandbriefgeschäft liegt der Gedanke der Kongruenz von Aktiv- und Passivgeschäft (vgl. oben Vierter Teil Rn 5–7) zugrunde.305 Sein Zweck liegt insbesondere in der Beschaffung langfristigen Kapitals für Immobilienkredite mit langer Laufzeit.306 Pfandbriefe sind hierzu in besonderem Maße geeignet, weil sie Anleger wirksam gegen eine Insolvenz des emittierenden Kreditinstituts (Pfandbriefbank) absichern. Dies geschieht einerseits durch das Erfordernis einer Deckung der begebenen Pfandbriefe mit Kreditforderungen, die eine besondere Sicherheit gegen Zahlungsausfall bieten (unten Vierter Teil Rn 78–87), und andererseits durch eine gesetzliche Bevorzugung der Pfandbriefgläubiger in der Insolvenz der Pfandbriefbank (unten Vierter Teil Rn 88–91). Anders als andere Formen der Kreditverbriefung, die unter bestimmten Voraussetzungen eigenkapitalentlastend wirken (unten Vierter Teil Rn 496), verbleiben Verbindlichkeiten aus dem Pfandbriefgeschäft in der Bilanz der Pfandbriefbank.307 Seit der Begebung der ersten Jumbo-Pfandbriefe (Emissionen mit einem Mindestvolumen 75 von einer Milliarde Euro, für die von mindestens fünf Kreditinstituten Preise gestellt werden) in den 1990er Jahren, hat sich ein weltweiter Markt für Pfandbriefe und vergleichbare Schuldverschreibungen entwickelt.308 Obwohl in der 240jährigen Geschichte des Pfandbriefgeschäfts309 noch kein Pfandbrief ausgefallen ist, ist im Verlauf der Finanzkrise 2008 die Sicherheit des Pfandbriefhandels in die Diskussion und der Handel mit Pfandbriefen zeitweilig zum Erliegen gekommen,310 bevor er sich ab 2011 wieder wachsender Beliebheit erfreute.311

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2. Begriff. Das Pfandbriefgeschäft besteht in der Beschaffung von Kapital für Darlehen, die grundpfandrechtlich besichert sind oder als Forderungen gegen staatliche Stellen als besonders sicher gelten.312 Es umfasst nach § 1 Abs. 1 S. 2 PfandBG, auf den § 1 Abs. 1 S. Nr. 1a KWG verweist, die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen auf Grund von erworbenen Hypotheken (Nr. 1), von Forderungen gegen staatliche Stellen (Nr. 2), von Schiffshypotheken (Nr. 3) und von Flugzeughypotheken (Nr. 4). Diese vier Typen von Schuldverschreibungen (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 78–81) werden als Pfandbriefe definiert (Abs. 3). Im europäischen Kontext hat sich demgegenüber der weitere Begriff der gedeckten Schuldverschreibungen („covered bonds“) durchgesetzt. § 23a Abs. 1 KWG greift diesen Begriff auf, indem er neben Pfandbriefen i.S.d. § 1 Abs. 3 PfandBG auch bestimmte Schuldverschreibungen nach Art. 52 Abs. 4 der Richtlinie 2009/65/EG313 erfasst. Nach dem Wortlaut der Richtlinie handelt es sich dabei um Schuldverschreibungen, die von einem unter besonderer öffentlicher Aufsicht stehenden Kreditinstitut emittiert werden (S. 1), sofern die Erlöse aus der Emission in Vermögenswerten angelegt werden,

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305 AK-BGB/Winter Vor §§ 1113 ff. Rn 62. 306 BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 54. 307 BankR-HdB/Sethe5 § 114a Rn 30. 308 Zu den Einzelheiten Boos/Fischer/Schulte/Hagen4 § 20a Rn 5. 309 Dazu vgl. Habersack/Mülbert/Schlitt/Hagen4 § 22 Rn 22.4 ff.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Hagen2 Kap. 21 Rn 1 ff. 310 Buchmann WM 2009, 442 (442 f.). 311 Vgl. http://www.nzz.ch/finanzen/uebersicht/boersen_und_maerkte/grosses-interesse-an-pfandbriefen-1. 17562644 (zuletzt abgerufen am 19.5.2019). 312 Buchmann WM 2009, 442. 313 Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. EG 2009 L 302/32.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

„die während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibungen die sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten ausreichend decken und vorrangig für die beim Ausfall des Emittenten fällig werdende Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen bestimmt sind“ (S. 2). Pfandbriefe wie auch andere gedeckte Schuldverschreibungen werden aufgrund ihrer besonderen Sicherheit aufsichtsrechtlich privilegiert, indem sie etwa im Bereich der Eigenkapitalregulierung eine niedrigere Risikogewichtung erhalten als die Pfandbriefbank selbst (vgl. Art. 129 Verordnung (EU) Nr. 575/2013).314 3. Rechtsnatur. Pfandbriefe sind Inhaberschuldverschreibungen i.S.d. §§ 793 ff. BGB. 77 Als solche sind sie in hohem Maße verkehrsfähig und an den Kapitalmärkten handelbar. Besonderheiten ergeben sich aus dem Erfordernis der Deckung mit besonders besicherten Forderungen oder Kreditforderungen gegen die öffentliche Hand (unten Vierter Teil Rn 78–87) und in der Insolvenz der Pfandbriefbank (unten Vierter Teil Rn 88–91). 4. Deckung und Pfandbriefarten a) Deckungsprinzip. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 PfandBG muss sichergestellt werden, dass 78 umlaufende Pfandbriefe nach ihrem Barwert jederzeit durch die in § 1 Abs. 1 S. 2 PfandBG genannten besonders besicherten Forderungen oder Kreditforderungen gegen die öffentliche Hand gedeckt sind. Insoweit ist zwischen den unterschiedlichen Pfandbrieftypen zu unterscheiden. Bei Hypothekenpfandbriefen ist eine Deckung der Pfandbriefe mit Hypotheken (§ 1 Abs. 1 79 S. 2 Nr. 1, § 12 Abs. 1 PfandBG) auf Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten (§ 13 Abs. 1 S. 1 PfandBG) erforderlich. Angesichts der Akzessorietät der Hypothek geht es hier entgegen dem etwas irreführenden Gesetzeswortlaut um Darlehensforderungen, die mit Hypotheken besichert sind. Für die Deckung der Pfandbriefe kommt es freilich nicht auf den Wert der Forderung, sondern allein auf den Wert der Hypothek an. Dieser wiederum darf nur in Höhe des Beleihungswerts, d.h. maximal in Höhe von 60% des Wertes des verpfändeten Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts zur Deckung verwendet werden (§§ 14, 16 PfandBG). Grundschulden und vergleichbare ausländische Sicherungsrechte stehen der Hypothek gleich (§ 18 PfandBG). Der Deckung dienen neben dem Grundpfandrecht selbst auch alle anderen Forderungen, die auf die wirtschaftliche Substanz des Grundstücks gerichtet sind (§ 12 Abs. 3 PfandBG). Praktisch relevant ist dabei vor allem die Erstreckung auf Miet- und Pachtforderungen, die für die deutsche Hypothek schon aus § 1123 BGB folgt.315 Der Kreis der möglichen Deckungswerte wird im Übrigen durch § 19 Abs. 1 PfandBG wesentlich erweitert und umfasst seit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz316 von 2002 unter anderem auch bestimmte Derivategeschäfte.317 Bei öffentlichen Pfandbriefen bedarf es einer Deckung mit Darlehensforderungen oder 80 Schuldverschreibungen und ähnlichen Forderungen, die sich unter anderem gegen inländische Gebietskörperschaften, bestimmte Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, Mitgliedstaaten der Europäischen Union, deren Zentralbanken und Gebietskörperschaften, die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan, die Schweiz und Kanada sowie deren Zentralbanken und Gebietskörperschaften richten können (§ 20 PfandBG). Anders als Hypothekenpfandrechte bedürfen diese Forderungen keiner weiteren Besicherung, weil der Gesetzgeber offenbar von einer

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314 Zu den Einzelheiten (vor Inkrafttreten der VO 575/2013) Boos/Fischer/Schulte/Hagen4 § 20a Rn 4. 315 BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 37; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Hagen2 Kap. 21 Rn 33. 316 Gesetz zur weiteren Förderung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) v. 21.6.2002, BGBl. I S. 2010. 317 Zu den Einzelheiten Langenbucher/Bliesener/Spindler/Hagen2 Kap. 21 Rn 44 ff.; Zerey/Schuster § 27 Rn 10 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

besonderen Bonität der genannten öffentlichen Schuldner ausging oder jedenfalls die Refinanzierung des Geschäfts mit Staatsanleihen und -krediten erleichtern wollte. Bei Schiffs- und Flugzeugpfandrechten werden die Pfandbriefe durch Schiffhypotheken 81 (§§ 21–26 PfandBG) beziehungsweise durch Registerpfandrechte an Flugzeugen (§§ 26a–26f PfandBG) gedeckt. Ähnlich wie beim Hypothekenpfandrecht (oben Vierter Teil Rn 79) soll auch hier durch eine vorsichtige Bewertung der Sicherungsmittel (vgl. §§ 24 und 26d PfandBG) ein hohes Maß an Verwertungssicherheit gewährleistet werden. Die unterschiedlichen Deckungswerte sind nach § 5 PfandBG von der Pfandbriefbank nach 82 Pfandbriefgattungen getrennt in ein Deckungsregister einzutragen. Aus dem Deckungsregister ergibt sich, welche Forderungen des Kreditinstituts im Insolvenzfall Teil der insolvenzfreien Deckungsmassen werden (unten Vierter Teil Rn 88). Den in § 1 Abs. 1 S. 2 PfandBG genannten besicherten Forderungen wird nach § 1 Abs. 2 83 PfandBG die Abtretung entsprechender Ansprüche gegen geeignete Kreditinstitute gleichgestellt, wenn die entsprechenden Sicherungsrechte treuhänderisch zugunsten der Pfandbriefbank gehalten werden und dieser für den Fall der Insolvenz des Treuhänders ein Aussonderungsrecht zusteht. Praktisch bedeutsam wird dies bei Konsortialkrediten, wenn etwa der Konsortialführer die Sicherungsrechte für die übrigen Konsorten hält, sowie für im Ausland bestellte Grundpfandrechte, deren Übertragung regelmäßig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist.318 Die Aussonderungsfähigkeit treuhänderisch gehaltener Sicherungsrechte ergibt sich im Einzelnen aus den gesetzlichen Vorschriften über das Refinanzierungsregister in §§ 22a–22o KWG.319 Für den Fall, dass ein Kreditinstitut ein Refinanzierungsregister führt (§ 22a KWG), räumt § 22j Abs. 1 S. 1 KWG i.V.m. § 47 InsO dem Treugeber ausdrücklich ein Aussonderungsrecht an ordnungsgemäß in das Refinanzierungsregister eingetragenen Gegenständen ein. 84

b) Deckung und Überdeckung. Die Einzelheiten der Deckung werden in der PfandbriefBarwertverordnung (PfandBarwertV)320 geregelt. Dort sind unter anderem die Modalitäten eines mindestens wöchentlichen Stresstests (§§ 4–6 PfandBarwertV) geregelt, dem die bankarbeitstäglich ermittelten Barwerte von Pfandbriefen und Deckungswerten (§ 2 PfandBarwertV) zu unterziehen sind. Bezweckt ist eine Absicherung etwa gegen plötzliche Schwankungen des Zinsniveaus. Hierbei können auch von der BaFin nach § 44 Abs. 1 S. 2 KWG anerkannte bankeigene Risikomodelle verwendet werden (§ 5 Abs. 2 PfandBarwertV). § 4 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, S. 2 PfandBG sieht über die Deckung der Pfandbriefe mit den in § 1 Abs. 1 85 S. 2 PfandBG genannten Werten hinaus vor, dass der Barwert der eingetragenen Deckungswerte den Barwert der Verbindlichkeiten aus Pfandbriefen um mindestens zwei Prozent übersteigen muss (sichernde Überdeckung). Für diese Überdeckung dürfen nur die in § 4 Abs. 1 S. 2 PfandBG genannten Vermögenswerte, insbesondere Staatsanleihen und Guthaben bei der EZB, verwendet werden. Verstöße gegen die Deckungs- und Bewertungsvorschriften des PfandBG führen nicht zu 86 einer Nichtigkeit der zur Deckung verwendeten Darlehensverträge, weil die genannten Vorschriften allein das Vertrauen der Pfandbriefgläubiger in die Werthaltigkeit der Deckungsmassen schützen.321

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318 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Hagen2 Kap. 21 Rn 7. 319 Zum Refinanzierungsregister und seinen Wirkungen Tollmann ZHR 169 (2005), 594; Obermüller ZInsO 2005, 1079; Pannen/Wolff ZIP 2006, 52; Fleckner WM 2006, 697; Brocker BKR 2007, 60. 320 Verordnung über die Sicherstellung der jederzeitigen Deckung von Hypothekenpfandbriefen, Öffentlichen Pfandbriefen, Schiffspfandbriefen und Flugzeugpfandbriefen nach dem Barwert und dessen Berechnung bei Pfandbriefbanken (PfandbriefBarwertverordnung – PfandBarwertV) v. 14.7.2005, BGBl. I S. 2165, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes v. 19.11.2010, BGBl. I S. 1592; dazu Glatzl WM 2005, 1681, 1687 ff. 321 BGH WM 1980, 862 (863); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 123; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 92.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

c) Treuhänder. Die Einhaltung der Deckungsvorschriften wird nach §§ 7, 8, 10 PfandBG 87 durch einen von der BaFin bestellten Treuhänder überwacht, der allerdings – was unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Unabhängigkeit der Prüfung nicht unproblematisch scheint – nach § 11 PfandBG von der Pfandbriefbank vergütet wird. Durch § 7 Abs. 5 PfandBG wird klargestellt, dass der Treuhänder für die Erfüllung seiner Aufgaben der Pfandbriefbank, den Pfandbriefgläubigern und den Gläubigern von Ansprüchen aus Derivategeschäften haftet. Die Haftung ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit sowie für grob fahrlässiges Handeln auf einen Höchstbetrag von einer Million Euro beschränkt (S. 1, 2); im Übrigen ist eine vertragliche Haftungsbeschränkung ausgeschlossen (S. 3). Das Haftungsrisiko ist bis auf einen Selbstbehalt versicherbar, wobei die Versicherung – wiederum nicht unproblematisch – durch die Pfandbriefbank abgeschlossen und gezahlt werden kann (S. 4, 5). Die Haftung des Treuhänders ist damit ersichtlich der Abschlussprüferhaftung nach § 323 HGB nachgebildet. Anders als diese begründet sie aber nicht nur Ansprüche des geprüften Unternehmens, hier der Pfandbriefbank, sondern auch solche der Anleger am Kapitalmarkt. Ebenso wie bei § 323 HGB wird man freilich davon auszugehen haben, dass § 7 Abs. 5 PfandBG keine Sperrwirkung gegenüber anderen und weitergehenden Ersatzansprüchen, seien sie deliktischer oder (quasi-)vertraglicher Natur, entfaltet.322 5. Insolvenz der Pfandbriefbank a) Rechtsnatur und Verwertung der Deckungsmassen. Fällt die Pfandbriefbank in die 88 Insolvenz, so gilt im Interesse der Pfandbriefgläubiger das Trennungsprinzip des § 30 Abs. 1 S. 1 PfandBG. Dieses Trennungsprinzip impliziert zweierlei. Einerseits werden im Deckungsregister eingetragene Vermögenswerte nicht Teil der Insolvenzmasse, sondern bilden von dieser getrennte und nach Pfandbriefgattungen gegliederte Vermögensmassen. Andererseits werden Forderungen der Pfandbriefgläubiger nach § 30 Abs. 1 S. 2 PfandBG entgegen der allgemeinen Regel des § 41 Abs. 1 InsO nicht mit dem Insolvenzfall sofort fällig. Das stellt sicher, dass die Pfandbriefgläubiger ihre Kapital- und Zinszahlungen zu dem in den Emissionsbedingungen bestimmten Zeitpunkt erhalten („timely payment“).323 Aus den beiden Aspekten des Trennungsprinzips folgt gem. § 30 Abs. 1 S. 3 PfandBG, dass für jede Pfandbriefgattung in der Insolvenz der Pfandbriefbank gesonderte Pfandbriefbanken mit beschränkter Geschäftstätigkeit entstehen, die jeweils aus der Deckungsmasse und den dazugehörigen Verbindlichkeiten bestehen.324 Beschränkt ist die Geschäftstätigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 4 PfandBG auf die vollständige und 89 fristgerechte Erfüllung der Pfandbriefverbindlichkeiten. Dazu sind nach § 30 Abs. 3 S. 2 PfandBG fällige Forderungen einzuziehen und Sicherungsrechte bei Verwertungsreife zu verwerten. Als alternative Verwertungsmöglichkeiten der Deckungsmassen sehen §§ 32–36 PfandBG eine Übertragung der Deckungsmassen an ein anderes Kreditinstitut, die der Teilvermögensübertragung nach dem UmwG nachgebildet ist,325 sowie die treuhänderische Verwaltung der Deckungsmassen durch ein anderes Kreditinstitut vor. Daneben ist stets eine Einzelübertragung von Vermögenswerten nach sachenrechtlichen Grundsätzen möglich, insbesondere zur kurzfristigen Beschaffung von Liquidität.326

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322 Dazu vgl. eingehend Großkomm/Habersack/Schürnbrand5 § 323 Rn 51 (für Haftung gegenüber der Gesellschaft, dort freilich auch berufsrechtlich beschränkt) und 52 ff. (für Haftung gegenüber Dritten) mwN. 323 Buchmann WM 2009, 442 (445); BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 104. 324 BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 112 ff.; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Hagen2 Kap. 21 Rn 61. 325 BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 128. 326 Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze, BT-Drucks. 15/ 1853, S. 21; BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 127.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

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b) Sachwalterverfahren. Die Verwaltung und Verwertung der Deckungsmassen obliegt einem Sachwalter, der auf Antrag der BaFin vom Gericht des Sitzes der Pfandbriefbank zu ernennen ist (§ 30 Abs. 2 S. 1 PfandBG). Dazu räumt § 30 Abs. 1 S. 4 PfandBG dem Sachwalter die Befugnis zur Geschäftsführung der Pfandbriefbank mit beschränkter Geschäftstätigkeit (oben Vierter Teil Rn 88) ein. Der Sachwalter vertritt dabei die Pfandbriefbank mit Wirkung für die Deckungsmassen, denen es selbst an Rechtsfähigkeit fehlt.327 Nach § 30 Abs. 3 S. 2 PfandBG ist der Sachwalter zur Einziehung aller auf die Deckungsmassen bezogenen Forderungen befugt. Nach § 31 Abs. 8 PfandBG kann er zur Erfüllung seiner Aufgaben gegen Kostenerstattung auf die personellen und sachlichen Mittel der Pfandbriefbank zurückgreifen. Der generalklauselartigen Geschäftsführungsbefugnis des Sachwalters aus § 30 Abs. 1 S. 4 PfandBG unterfallen auch Refinanzierungsgeschäfte, etwa mit der Deutschen Bundesbank, durch die Aufnahme von Darlehen oder auch durch die Emission neuer Schuldverschreibungen einschließlich Pfandbriefen.328 Für Pflichtverletzungen im Rahmen der Geschäftsführung haftet der Sachwalter nach § 31 91 Abs. 6 S. 2 PfandBG der Pfandbriefbank. Der Schadensersatzanspruch kann je nach Auswirkung des Sachwalterhandelns entweder der Insolvenzmasse oder einer der Deckungsmassen zu Gute kommen.329 Nach § 31 Abs. 6 S. 3 PfandBG ist der Sachwalter im Rahmen einer § 93 Abs. 1 S. 2 AktG nachgebildeten Business Judgement Rule von der Haftung freigestellt. Andere und weitergehende Ersatzansprüche, insbesondere von Dritten, sind damit nicht ausgeschlossen. III. Andere Passivgeschäfte

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Das Einlagen- und das Pfandbriefgeschäft sind für Kreditinstitute traditionell die wichtigsten Formen der Fremdkapitalfinanzierung.330 Hinzu treten neben weiteren Typen eigener Schuldverschreibungen insbesondere aufgenommene Gelder und Darlehen bei anderen Banken, einschließlich Refinanzierungsdarlehen bei der Zentralbank, sowie die Finanzierung über das so genannte Repo-Geschäft. Insoweit ist auf die Kommentierung zum Aktivgeschäft und zum Unternehmenskredit zu verweisen (unten Vierter Teil Rn 152–291 und Vierter Teil Rn 493–495). Daneben kann das Aktivgeschäft der Kreditinstitute aber auch im Wege der Eigenkapitalfinanzierung refinanziert werden. Maßgeblich sind insoweit die allgemeinen gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Vorschriften. Eine Sonderstellung in der Refinanzierung der Kreditinstitute nehmen bestimmte Formen des Kredithandels ein, die aufgrund der Einschaltung von Zweckgesellschaften und der damit einhergehenden Enthaftung des Kreditinstituts nicht auf der Passivseite der Bilanz aufgeführt werden müssen (dazu eingehend unten Vierter Teil Rn 496–522). IV. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr

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1. Einlagengeschäft. Im grenzüberschreitenden Verkehr bestimmt sich das anwendbare Recht für Einlagengeschäfte nach den Art. 3 ff. Rom I-VO331. In erster Linie ist das von den Parteien gewählte Recht maßgeblich, wobei die Rechtswahl sich auch aus Inhalt und Umständen des Vertrags ergeben kann, Art. 3 Abs. 1 S. 1 und 2 Rom I-VO. Eine ausdrückliche Rechtswahlklausel

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327 Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, BT-Drucks. 17/1720, S. 48. 328 Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, BT-Drucks. 17/1720, S. 48; dazu BankR-HdB/Stöcker5 § 87 Rn 112 ff. und 120. 329 Buchmann WM 2009, 442 (445 f.); Koppmann Gedeckte Schuldverschreibungen in Deutschland und Großbritannien, S. 338. 330 Platz Fachwissen zum Passivgeschäft Teil 1, S. 26, 30. 331 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. EG Nr. L 177/6.

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2. Abschnitt – Das Passivgeschäft

für das deutsche Recht enthalten Nr. 6 Abs. 1 AGB-Banken und Nr. 6 Abs. 1 AGB-Sparkassen. Danach soll die Geschäftsbeziehung zwischen Kunden und inländischen Geschäftsstellen der Kreditinstitute insgesamt dem deutschen Recht unterstehen. Fehlt es an einer Rechtswahl der Parteien, dann ist das anwendbare Recht gem. Art. 4 Rom 94 I-VO objektiv zu bestimmen. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob das Einlagengeschäft einem der in Art. 4 Abs. 1 Rom I-VO ausdrücklich genannten Vertragstypen unterfällt. Im Übrigen richtet sich das anwendbare Recht gem. Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO nach der vertragscharakteristischen Leistung. Für die Anwendung von Art. 4 Rom I-VO bedarf es daher zunächst einer Qualifikation des Einlagengeschäfts. Dabei sind nicht die Regelungen des deutschen Sachrechts als lex fori maßgeblich, sondern die Qualifikation hat autonom auf Grundlage der Rom I-VO zu erfolgen.332 Deshalb kommt es nicht darauf an, dass das deutsche Sachrecht für Sichteinlagen einerseits sowie Termin- und Spareinlagen andererseits je unterschiedliche Leistungsorte begründet (oben Vierter Teil Rn 41 und 42). Vielmehr sind Einlagegeschäfte einheitlich als Dienstleistungen i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO zu qualifizieren.333 Anzuwenden ist das Recht desjenigen Staates, in dem das Kreditinstitut seine Hauptverwaltung hat (Art. 19 Abs. 1 Rom I-VO), weil das Kreditinstitut – auch im Einlagengeschäft – die vertragscharakteristische Dienstleistung erbringt.334 Nach Erwägungsgrund 17 der Rom I-VO ist insoweit der weite Dienstleistungsbegriff des Art. 5 EuGVVO zugrunde zu legen,335 der auch Finanzdienstleistungen erfasst.336 Finanzdienstleistung wiederum ist jede Bankdienstleistung sowie jede Dienstleistung, die im Zusammenhang mit Kreditgewährung, Zahlungsdiensten und Geldanlage erbracht wird.337 Dieses umfassende Verständnis entspricht auch der Terminologie der Finanzdienstleistungsrichtlinie.338 Auch im Bereich des Verbrauchergeschäfts gilt der Grundsatz der Rechtswahlfreiheit, hier 95 allerdings modifiziert durch Art. 6 Rom I-VO. Fehlt es an einer Rechtswahl, so ist die objektive Vertragsanknüpfung anhand des gewöhnlichen Aufenthaltsstaats des Verbrauchers vorzunehmen, sofern das Kreditinstitut dort gewerblich tätig wird oder seine Tätigkeit zumindest auch auf diesen Staat ausrichtet, Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO. Ausgehend von Erwägungsgrund 24 der Rom I-VO ist es dafür ausreichend, dass das Kreditinstitut ein Internet-Angebot unterhält, das einen Vertragsschluss im Fernabsatz ermöglicht und nicht ersichtlich auf bestimmte Staaten beschränkt ist.339 Wird hingegen eine Rechtswahl getroffen, so ist diese zwar grundsätzlich wirksam. Nach Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO finden dann aber diejenigen verbraucherschützenden Vorschriften Anwendung, die ohne Rechtswahl anwendbar wären und dem Verbraucher ein höheres Schutzniveau gewährleisten als das gewählte Recht (Günstigkeitsvergleich340). Schließlich können nach Art. 46b EGBGB trotz Rechtswahl zugunsten eines Drittstaats zwingende Normen aus dem Recht eines EU-Mitgliedstaats Anwendung finden, wenn diese der Umsetzung verbraucherschützenden Richtlinienrechts dienen und der Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet dieses Mitgliedstaats aufweist. Für das Einlagengeschäft ist dabei insbesondere die

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332 Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 54. 333 Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 55 ff.; zurückhaltender BankR-HdB/Welter5 § 26 Rn 201; ebenso aber schon zum alten Recht Kegel GS R. Schmidt 1966, S. 215 (236 ff.). 334 Einsele WM 2009, 289 (291); MünchKommBGB/Martiny7 Art. 4 Rom I-VO Rn 88; im Ergebnis ebenso schon vor Inkrafttreten der Rom I-VO BGH WM 1957, 1574; BGH WM 1968, 1170 (1172); BGH WM 1983, 411; Kegel GS R. Schmidt 1966, S. 215 (236); Hoffmann ZBB 2000, 391 (396). 335 Einsele WM 2009, 289 (291); Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 55; BankR-HdB/Welter5 § 26 Rn 200. 336 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); MünchKommZPO/Gottwald3 Art. 5 EuGVVO Rn 24. 337 Einsele WM 2009, 289 (291). 338 Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.9.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG Nr. L 271 vom 9.10.2002, S. 16; vgl. Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 55. 339 Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 3 Rn 59. 340 Dazu allgemein Schröder Das Günstigkeitsprinzip im internationalen Privatrecht; Nobbe Das Günstigkeitsprinzip im Verbrauchervertragsrecht; Int.VertragsR-Staudinger3 Art. 6 Rom I-VO Rn 1 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen341 (Art. 46b Abs. 3 Nr. 3 EGBGB) relevant. 96

2. Pfandbriefgeschäft und andere Passivgeschäfte. Bei Pfandbriefen ist hinsichtlich des anwendbaren Rechts zwischen dem Wertpapierrechtsstatut und dem Wertpapiersachstatut zu unterscheiden.342 Das Wertpapierrechtsstatut betrifft das auf den verbrieften Anspruch anwendbare Recht. Insoweit sind die Regeln des Internationalen Schuldvertragsrechts, insbesondere die Art. 3 ff. Rom I-VO maßgeblich.343 Möglich ist also eine Rechtswahl der Parteien, hilfsweise findet nach Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO das Recht der vertragscharakteristischen Leistung Anwendung. Zu dessen Feststellung sind alle Umstände, insbesondere auch der Emissionsprospekt, zu berücksichtigen.344 In der Regel wird auf dieser Grundlage das Recht der Hauptniederlassung der Pfandbriefbank Anwendung finden.345 Das Wertpapiersachstatut betrifft dagegen das auf die Übertragung des Wertpapiers anwendbare Recht. Da sich die Übertragung von Pfandbriefen als Inhaberschuldverschreibungen nach sachenrechtlichen Grundsätzen bestimmt, ist insoweit – jedenfalls bei deutschem Wertpapierrechtsstatut346 – Art. 43 EGBGB maßgeblich. Anzuwenden ist danach das Recht desjenigen Staates, in dem sich die Sache befindet. Allerdings dürften Pfandbriefe wie andere Wertpapiere heute nur noch selten als einzelne sonderrechtsfähige Sachen gehalten und gehandelt werden.347 In aller Regel werden Wertpapiere von Kreditinstituten im Rahmen ihres Depotgeschäfts gesammelt verwahrt, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 KWG, § 5 DepotG. Nach § 17a DepotG findet auf derart verwahrte Papiere das Recht desjenigen Staates Anwendung, unter dessen Aufsicht das Register der Sammelverwahrung geführt wird.348 Bei anderen Passivgeschäften ist nach Vertragstypen zu unterscheiden. Bei der Fremd97 kapitalfinanzierung durch Darlehen finden die Art. 3 ff. Rom I-VO Anwendung (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 300–304). Für Schuldverschreibungen gelten dieselben Grundsätze wie im Pfandbriefgeschäft (oben Vierter Teil Rn 96). Bei der Eigenkapitalfinanzierung sind im Wesentlichen die Regelungen des Internationalen Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts maßgeblich.

DRITTER ABSCHNITT Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts 3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts Renner Schrifttum Adolff Abtretungsverbot und Bankgeheimnis, FS Heldrich (2007), S. 3; Adomeit/Mohr (Hrsg.) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG, 2. Auflage (2011); Affentranger-Brunner Verarrestierbarkeit der Rechte des Kreditnehmers aus einem Krediteröffnungsvertrag bei einer Bank (1989); Alberts Der Einfluß der Konkurseröffnung auf

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341 Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG Nr. L 271 vom 9.10.2002, S. 16. 342 MünchKommBGB/Wendehorst7 Art. 43 EGBGB Rn 194 f. 343 Der Ausschluss von Verpflichtungen aus handelbaren Wertpapieren in Art. 1 Abs. 2 Buchst. d. Rom I-VO betrifft nur Verpflichtungen, die „aus deren Handelbarkeit“ als solcher entstehen, mithin das Wertpapiersachstatut, vgl. MünchKommBGB/Martiny7 Art. 1 Rom I-VO Rn 63; zum alten Recht Kegel GS R. Schmidt 1966, S. 215 (224 f.); gegen eine solche Statutenspaltung Reithmann/Martiny/Freitag8 Rn 6.632 ff. 344 MünchKommBGB/Martiny7 Art. 4 Rom I-VO Rn 221. 345 RGZ 118, 370; BGHZ 164, 361 (jeweils zur Rechtslage noch vor Inkrafttreten des EGBGB); Staudinger/Magnus Art. 28 EGBGB Rn 241; MünchKommBGB/Martiny7 Art. 4 Rom I-VO Rn 221. 346 Das Wertpapierrechtsstatut entscheidet auch über die Frage der Rechtsqualität des Wertpapiers: MünchKommBGB/Wendehorst7 Art. 43 EGBGB Rn 195. 347 Vgl. MünchKommBGB/Wendehorst7 Art. 43 EGBGB Rn 201. 348 Böttcher DepotG, § 17a Rn 1.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

den Krediteröffnungsvertrag (1937); Bachmann Kontrahierungspflichten im privaten Bankrecht, ZBB 2006, 257; Baele/Ferrando/u.a. Measuring European Financial Integration, Oxford Review of Economic Policy 20 (2004), 509; Bälz Zinsverbote und Zinsbeschränkungen im internationalen Privatrecht, IPrax 2012, 306; Bauer/Krieger Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG, 4. Auflage (2015); Batereau Die Haftung der Bank bei fehlgeschlagener Sanierung, WM 1992, 1517; Baums Zinsberechnungsklauseln in Darlehensverträgen, WM 1987, Sonderbeilage Nr. 2; Becher/Gößmann Die Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der privaten Banken, Sparkassen und Landesbanken, BKR 2002, 519; Becher/Krepold Das Bearbeitungsentgelt im Spannungsfeld von Privatautonomie und AGB-Recht, BKR 2014, 45; Becher/Lauterbach Darlehenskündigung nach § 490 Abs. 2 BGB wegen günstigerer Zinskonditionen? WM 2004, 1163; Becker/Brackschulze/Müller Basel II und Kreditkonditionen für den Mittelstand. Die kritische Hürde „BB“, DStR 2004, 740; Becker/Follner Beratungspflichten der Bank bei der Empfehlung von Swap-Geschäften, ZIP 2016, 2400; Beckers Die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung. Zugleich eine Anmerkung zu BGH WM 1991, 760, WM 1991, 2049; Berger Finanzkrise und Kreditklemme: Kann das Kreditvertragsrecht helfen? BKR 2009, 45; ders. Besteht eine Kreditversorgungspflicht der Banken? FS H. P. Westermann (2008), S. 109; Bergmann Die reziproke Anwendung des künftigen § 359a Abs. 1 BGB und der finanzierte Immobilienkauf, BKR 2010, 189; Beucher/Räther/Stock Non-Performing Loans. Datenschutzrechtliche Aspekte der Veräußerung von risikobehafteten Krediten, AG 2006, 277; Binder/Ettensberger „Automatischer“ Negativzins bei darlehensvertraglichen Zinsänderungsklauseln im Niedrigzinsenfeld, WM 2015, 2069; Bitter Neues zur Pfändbarkeit des Dispositionskredits – Kritische Anmerkungen zum Stand der Rechtsprechung nach den BGH-Urteilen vom 22.1.2004 = WM 2004, 517 und vom 17.2.2004 = WM 2004, 669 –, WM 2004, 1109; ders. Bankpraxis zwischen Recht und Wirtschaft. Bankentgelte, Kreditkartenverfahren und weitergeleiteter Auftrag in juristisch-ökonomischer Betrachtung, ZBB 2007, 237; ders. Echter und scheinbarer Verbraucherschutz in der Bankpraxis, ZIP 2008, 2155; ders. Kreditverträge in Umwandlung und Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 379; Böhm Asset Backed Securities und die Wahrung des Bankgeheimnisses, BB 2004, 1641; ders. Kein Verstoß gegen das Bankgeheimnis bei Forderungsabtretung, BKR 2005, 108; Böving Der Akzeptkredit der Banken, BB 1954, 790; Bosch Vertragliche Regelungen in internationalen Kreditverträgen als risikopolitisches Instrument, in: Krümmel (Hrsg.), Internationales Bankgeschäft. Beiheft zu Kredit und Kapital (1985), S. 43; Bredow/Vogel Kreditverkäufe in der Praxis. Missbrauchsfälle und aktuelle Reformansätze, BKR 2008, 271; Buck-Heeb Aufklärung über Rückvergütungen. Die Haftung von Banken und freien Anlageberatern, BKR 2010, 309; dies. Kreditberatung, Finanzierungsberatung, BKR 2014, 221; dies. Aufklärungs- und Beratungspflichten bei Kreditverträgen – Verschärfungen durch die EuGH-Rechtsprechung und die Wohnimmobilienkredit-Richtlinie, BKR 2015, 177; Bühler/Köndgen/Schmidt Schutz und Diskriminierung durch § 609a BGB, ZBB 1990, 49; Bülow Sittenwidriger Konsumentenkredit im Verzug, NJW 1992, 2049; Bütter/Tonner Bankgeheimnis und Schadensersatzhaftung der Bank. Der Fall Kirch gegen Deutsche Bank und Breuer, BKR 2005, 344; dies. Übertragung von Darlehensforderungen und Bankgeheimnis, ZBB 2005, 165; Bunte Keine Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung wegen Verzugs, NJW 2016, 1626; Bydlinski Zu den dogmatischen Grundfragen des Kontrahierungszwangs, AcP 180 (1980), 1; v. Caemmerer Fragen des Akzeptkredits, NJW 1955, 41; Cahn Bankgeheimnis und Forderungsverwertung, WM 2004, 2041; Canaris Der Zinsbegriff und seine rechtliche Bedeutung, NJW 1978, 1891; ders. Kreditkündigung und Kreditverweigerung, ZHR 143 (1979), 113; ders. Schranken der Privatautonomie zum Schutze des Kreditnehmers, ZIP 1980, 709; ders. Nichtabnahmeentschädigung und Vorfälligkeitsvergütung bei Darlehen mit fester Laufzeit, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Bankrechtstag 1996 (1997), S. 3; ders. Wandlungen des Schuldvertragsrechts – Tendenzen zu seiner „Materialisierung“, AcP 200 (2000), 273; ders. Bankgeheimnis und Schutzwirkungen für Dritte im Konzern. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Urteil des OLG München vom 10.12.2003, ZIP 2004, 19, ZIP 2004, 1781; Casper/Möllers Kennt der Darlehensvertrag nur Zinsen? – Überlegungen anlässlich der aktuellen Debatte um die AGB-rechtliche Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten, BKR 2014, 59; dies. Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten bei gewerblichen Darlehensverträgen, WM 2015, 1689; Claussen Kapitalersetzende Darlehen und Sanierungen durch Kreditinstitute, ZHR 147 (1983), 195; Coester-Waltjen Der Darlehensvertrag, Jura 2002, 675; Contreal Das Bankgeheimnis bei der Abwicklung notleidender Kreditverhältnisse (2008); Cramer Change of ControlKlauseln im deutschen Unternehmensrecht (2009); ders. Die Auswirkung des Kontrollwechsels auf den Darlehensvertrag – Lösungsrechte des Vertragspartners ohne vertragliche Grundlage, WM 2011, 825; Cremer/Wagner Zur Angemessenheit und Unangemessenheit von Bindungsfristen in notariellen Urkunden. Zugleich Anmerkung zu OLG Dresden – 19 U 512/03, NotBZ 2004, 331; Däubler/Bertzbach (Hrsg.) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG, 4. Auflage (2018); Doehner/Hoffmann Kreditfinanzierter Fondsbeitritt und Anlegerschutz, ZIP 2004, 1884; Döll Kündigungsrecht bei Darlehen geändert, Die Bank 1987, 39; Dörr Die vertragliche Haftung der kreditgewährenden Bank für ein Aufklärungsverschulden, MDR 2014, 571; Dörrie Immobilienfinanzierungen und Verkauf von Kreditforderungen nach Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes, ZBB 2008, 292; Ebenroth/Grashoff Die Bindung des Akkordstörers an den außergerichtlichen Sanierungsvergleich, BB 1992, 865; Edelmann Einführung von Negativzinsen im 823

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Aktiv- und Passivgeschäft, BB 2018, 394; Edelmann/Hölldampf Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobiliardarlehensverträgen im Falle der bankseitigen Kündigung wegen Schuldnerverzugs, BB 2014, 202; Edenfeld Offene Fragen des Beitritts zur Dauerschuld, JZ 1997, 1034; Ehricke Der Drittschutz beim Bankgeheimnis im Konzern, FS Derleder (2005), S. 341; Eichner Vorzeitige Beendigung von Darlehensverträgen. Voraussetzungen und Methoden der Berechnung von Vorfälligkeits- und Nichtabnahmeentschädigung, MDR 2001, 1338; Eidenmüller Die Banken im Gefangenendilemma: Kooperationspflichten und Akkordstörungsverbot im Sanierungsrecht, ZHR 160 (1996), 343; ders. Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz: Mechanismen der Unternehmensreorganisation und Kooperationspflichten im Reorganisationsrecht (1999); Einsele Auswirkungen der Rom I-Verordnung auf Finanzdienstleistungen, WM 2009, 289; Engert/Schmidl Verkaufte Darlehen in der Insolvenz des Darlehensgebers, WM 2005, 60; Erman Zur Pfändbarkeit der Ansprüche eines Kontokorrentkunden gegen seine Bank aus deren Kreditzusage, GS R. Schmidt (1966), S. 261; Etzbach/Janning Darlehensverträge mit Unternehmern: Unwirksame Bearbeitungsentgelte in AGB, Zugleich Besprechung der BGH-Urteile vom 4.7.2017 – XI ZR 562/15, DB 2017 S. 2016 und XI ZR 233/16, RS1247602; Felke Die Pfändung der „offenen Kreditlinie“ im System der Zwangsvollstreckung. Unter Berücksichtigung der Schuldrechtsreform, WM 2002, 1632; Ferschen Prüfungspflicht der Bank in der Krise des Unternehmens (2008); Fleischer Konkurrenzprobleme um die culpa in contrahendo. Fahrlässige Irreführung versus arglistige Täuschung, AcP 200 (2000), 91; ders. Informationsasymmetrie im Vertragsrecht (2001); Förster Die Vereinbarung variabler Zinssätze in AGB (2010); Freitag Die Beendigung des Darlehensvertrages nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, WM 2001, 2370; ders. Der Darlehensvertrag in der Insolvenz, ZIP 2004, 2368; ders. Kündigungsverursachungshaftung beim Unternehmensdarlehen, WM 2018, 2261; Frischemeier LIBOR – Eine Benchmark auf dem Prüfstand und kautelarjuristische Konsequenzen, WM 2018, 1441; Früh Die Aufklärungspflichten von Kreditinstituten bei der Kreditvergabe, WM 1998, 2176; ders. Abtretungen, Verpfändungen, Unterbeteiligungen, Verbriefungen und Derivate bei Kreditforderungen vor dem Hintergrund von Bankgeheimnis und Datenschutz, WM 2000, 497; Fuhrmann Das Bankgeheimnis als Abtretungsverbot (2009); Fullenkamp Kick-Back. Haftung ohne Ende? NJW 2011, 421; Gawaz Bankenhaftung für Sanierungskredite (1997); Gehrlein Die Veräußerung und Übertragung eines Kreditportfolios unter Berücksichtigung der Übertragungsstrukturen, des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes (2006); Göhrmann Zur Verjährung des Anspruchs auf Rückerstattung von Bearbeitungsentgelten bei Darlehensverträgen, BKR 2013, 275; Grigoleit Vorvertragliche Informationshaftung (1997); Grönwoldt/Bleuel Die vorfristige Kreditabwicklung gegen Vorfälligkeitsentschädigung, DB 1997, 2062; Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten (1999); Gruber Der Zinsanspruch beim gekündigten Geschäftsdarlehen, NJW 1992, 2274; Grundmann Darlehens- und Kreditrecht nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BKR 2001, 66; Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – Zwischen Privatrecht und Regulierung, JZ 2013, 379; Grunewald Die Loslösung vom nicht erwartungsgerechten Vertrag, FS Wiedemann (2002), S. 75; Grunewald/Römermann Rechtsdienstleistungsgesetz (2008); Grützbach Disagio in wirtschaftlicher und rechtlicher Sicht, BB 1964, 1367; Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen (1992); ders. Zinsänderungsklauseln im Lichte des AGBG und des VerbrKrG, WM 2001, 753; ders. Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf das Recht der Bankgeschäfte, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Neues Schuldrecht und Bankgeschäfte. Wissenszurechnung bei Kreditinstituten. Bankrechtstag 2002 (2003), S. 3; ders. Finanzierter Grundstücks- und Anteilserwerb im Wandel, BKR 2006, 305; ders. Das Abschlussentgelt bei Bausparverträgen. Ein Fall für das AGB-Recht? WM 2008, 1857; Hadding Einseitige Aufhebung der Geschäftsverbindung aus wichtigem Grund gemäß Nr. 17 Satz 2 AGB der Banken/Nr. 13 Abs. 2 AGB der Sparkassen, FS Heinsius (1991), S. 183; ders. Ordentliche Kündigung der Geschäftsbeziehung durch die Sparkasse, FS Hopt (2010), S. 1893; Haertlein Die AGB-rechtliche Bewertung von Darlehensentgelten in Bausparverträgen, WM 2014, 189; Häuser Rechte und Pflichten der Kreditinstitute bei der Sanierung von Unternehmen, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Sicherheitenfreigabe und Unternehmenssanierung – Aktuelle Rechtsfragen. Bankrechtstag 1994 (1995), S. 75; Hammen Vorzeitige Darlehenstilgung und Zinspflicht, DB 1991, 953; Hartmann-Wendels/Spörk Die Beurteilung der Marktüblichkeit von Konsumentenkreditkonditionen anhand der EWU-Zinsstatistik, ZBB 2008, 106; Heinrich Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz. Eine rechtsvergleichende und ökonomische Analyse (2009); Hellgardt/Majer Die Auswirkungen nichtiger Grundverhältnisse auf die Vollmacht, WM 2004, 2380; Helm Die Rechtsnatur des Wechseldiskontgeschäfts. Eine Entgegnung auf Stauder in WM 1968, 562, WM 1968, 930; Hennrichs Informationspflichten bei Darlehensgeschäften. Insbesondere bei Festdarlehen mit alternativen Tilgungsinstrumenten, FS Kümpel (2003), S. 241; Hentschel Der außergerichtliche Sanierungskonsortialkredit (2008); Hess Insolvenzrecht, 2. Auflage (2013); v. Heymann Neuregelung des gesetzlichen Kündigungsrechts nach § 247 BGB, BB 1987, 415; v. Heymann/Rösler Berechnung von Vorfälligkeits- und Nichtabnahmeentschädigung, ZIP 2001, 441; Hinsch/Horn Das Vertragsrecht der internationalen Konsortialkredite und Projektfinanzierungen (1985); Hoffmann Verhaltenspflichten der Banken und Kreditversicherungsunternehmen: zur Situation des Kaufpreisschuldners beim Lieferantenkredit (1991); Hofmann/Walter Die Veräußerung Not leidender Kredite – aktives Risikomanagement der Bank im Renner

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Spannungsverhältnis zwischen Bankgeheimnis und Datenschutz, WM 2004, 1566; Hopt Rechtspflichten der Kreditinstitute zur Kreditversorgung, Kreditbelassung und Sanierung von Unternehmen. Wirtschafts- und bankrechtliche Überlegungen zum deutschen und französischen Recht, ZHR 143 (1979), 139; ders. Haftung der Banken bei der Finanzierung von Publikumsgesellschaften und Bauherrenmodellen. Zur Grenzziehung bei § 123 Abs. 2 BGB, Einwendungsdurchgriff, culpa in contrahendo und Prospekthaftung, FS Stimpel (1985), S. 265; Hopt/Mülbert Die Darlehenskündigung nach § 609a BGB. Eine Bilanz der ersten drei Jahre, WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990; Horn Die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, ZBB 1997, 139; Jaeger/Heinz Risikobegrenzungsgesetz untermauert Abtretbarkeit von Sparkassendarlehensforderungen, BKR 2009, 273; Janda Störung der Geschäftsgrundlage und Anpassung des Vertrages, NJ 2013, 1; Jobe Verkauf und Abtretung von Kreditforderungen und das Bankgeheimnis, ZIP 2004, 2415; Jooß Rückvergütung vs. Innenprovisionen, WM 2011, 1260; Jost Vertragslose Auskunfts- und Beratungshaftung (1991); Junglas Bankenhaftung bei der Finanzierung von Schrottimmobilien, NJOZ 2013, 49; Jungmann Auswirkungen der neuen Basler Eigenkapitalvereinbarung („Basel 2“) auf die Vertragsgestaltung festverzinslicher Kredite, WM 2001, 1401; Kästle Rechtsfragen der Verwendung von Covenants in Kreditverträgen (2003); Keding Anmerkung zu BGH XI ZR 103/15, BKR 2016, 244; Kegel Die Bankgeschäfte im deutschen internationalen Privatrecht, GS R. Schmidt (1966), S. 215; Kersting Zinsanpassung nach Basel II, ZIP 2007, 56; Kessel/Schwedler Preisanpassungsklauseln in AGB und ihre Bewertung durch die Rechtsprechung, BB 2010, 585; Keßler/Herzberg Vertragliche Neben- und Schutzpflichten im Rahmen eines Darlehensvertrages, BB 2009, 1145; Kindhäuser Zur Struktur des Wuchertatbestands, NStZ 1994, 105; Klausing Der Krediteröffnungsvertrag, Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Sonderheft 6 (1932), 77; Klöhn Die Kondiktionssperre gem. § 817 S. 2 BGB beim beidseitigen Gesetzes- und Sittenverstoß, AcP 210 (2010), 804; Klumb Teilrechtswahl in standardisierten Kreditverträgen, ZBB 2012, 449; Klumpp Die einseitige Vertragsbeendigung bankgeschäftlicher Kreditverhältnisse durch die Bank (1997); Knops Verbraucherschutz bei der Begründung, Beendigung und Übernahme von Immobiliarkreditverhältnissen (1999); ders. Kreditnehmerschutz bei der Verbriefung von Forderungen, WM 2008, 2185; ders. Bankentgelte in der AGB-Kontrolle, ZBB 2010, 479; Knops Die Kündigung des vertragsgemäß bedienten Kredits wegen Vermögensverschlechterung, WM 2012, 1649; Knops/Bamberger/Maier-Reimer (Hrsg.) Recht der Sanierungsfinanzierung (2005); Knott RWS-Forum Bankrecht 2002, ZBB 2002, 129; A. Koch Kredit im Recht. Eine systematische Darstellung unter besonderer Berücksichtigung der Bankpraxis (1925); J. Koch Innenprovisionen und Rückvergütungen nach der Entscheidung des BGH vom 27.10.2009, BKR 2010, 177; Köchling Die Neuregelungen zu Kreditverkäufen im Risikobegrenzungsgesetz, ZInsO 2008, 848; Kohte Rechtsschutz gegen die Vollstreckung des wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nach § 826 BGB – Ein Beitrag zur Normzwecklehre bei sittenwidriger Schädigung, NJW 1985, 2217; Kollhosser Zur Tilgungsverrechnung bei Amortisationsdarlehen, ZIP 1986, 1429; Kollhosser/Schweitzer Das neue gesetzliche Kündigungsrecht bei Darlehen, JA 1987, 345; Köndgen Zur Praxis der sog. nachträglichen Tilgungsverrechnung beim Hypothekenkredit, NJW 1987, 160; ders. Die Entwicklung des Bankkreditrechts in den Jahren 1995–1999, NJW 2000, 468; ders. Darlehen, Kredit und finanzierte Geschäfte nach neuem Schuldrecht. Fortschritt oder Rückschritt? WM 2001, 1637; Köndgen/Busse Rechtsprechungsänderung zum Disagio. Zivil- und steuerrechtliche Fragen zur Entgeltgestaltung beim Darlehen, ZBB 1990, 214; König Rechtsverhältnisse und Rechtsprobleme bei der Darlehnsvalutierung über Notaranderkonto (1988); Krepold/Kropf Vorfälligkeitsentschädigung als Grundlage des deutschen Pfandbriefsystems, WM 2015, 1; Kropf/Habl Aktuelle Entwicklungen zur Zulässigkeit von Bankentgelten, BKR 2014, 145; Krüger Richterliche Überprüfbarkeit von Preisklauseln in der Kreditwirtschaft, WM 1999, 1402; ders. Kreditzusage ohne Kreditgewährung. Ein Problem der Kreditfinanzierung von klein- und mittelständischen Unternehmen im Rechtsprechungsüberblick, WM 2002, 156; ders. Vertragsrückabwicklung im Wege des Schadensersatzes, FS Kollhosser (2002), S. 329; Lang/Beyer Vorzeitige Ablösung von Festzinsdarlehen und Vorfälligkeitsentschädigung, WM 1998, 897; Langenbucher Die Lösung vom Darlehensvertrag, in: Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform in der juristischen Praxis (2002), S. 569; dies. Umsetzung von Basel II gegenüber dem Kunden, insbesondere beim internen Rating, in Hadding/Hopt/Schmiansky (Hrsg.), Internes und externes Rating. Aktuelle Entwicklungen im Recht der Kreditsicherheiten – national und international. Bankrechtstag 2004 (2005), S. 63; dies. Vereinbarungen über den Zinssatz. Zugleich eine Anmerkung zu Nr. 5 und Nr. 6 der neuen Bedingungen für den gewerblichen Musterdarlehensvertrag, BKR 2005, 134; Lehmann Zur Rechtsnatur des Akzeptkredites der Banken, BB 1955, 937; Lettl Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz insbesondere aus bankrechtlicher Sicht, WM 2008, 2233; Lischek Risikoadjustierte Zinsänderungsklauseln in AGB (2004); Lochner Darlehen und Anleihe im internationalen Privatrecht, 1954; Lorenz Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag (1997); Lünterbusch Die privatrechtlichen Auswirkungen des Gesetzes über das Kreditwesen auf Einlagen- und Kreditgeschäfte, 1968; Lwowski/Bitter Grenzen der Pfändbarkeit von Girokonten, WM-Festgabe für Thorwald Hellner (1994), S. 57; Lwowski/Tetzlaff Verjährung der Aufwendungsersatzansprüche einer Bank aus einem „Avalkredit“, WM 2000, 761; Lwowski/Weber Pfändung von Ansprüchen auf Kreditgewährung, ZIP 1980, 609; Mack Der Zinsanspruch der Bank im Zahlungsverzug des Darle825

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

hensnehmers. Zugleich Stellungnahme zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7.11.1985, WM 1986, 1337; Mai Die Teilnichtigkeit unerlaubt betriebener Einlagengeschäfte, ZBB 2010, 222; ders. Die Abwicklung unerlaubt betriebener Einlagengeschäfte – zugleich Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 15.12.2010 – BVerwG 15.12.2010 Az. 8 C 37.09 –, BKR 2011, 199; Maier Immobilienfinanzierung, Aufklärungspflicht der Bank, institutionalisiertes Zusammenwirken, sittenwidrige Überteuerung, EWiR 2008, 129; ders. „Kick-Backs“: Was sind Rückvergütungen? VuR 2011, 297; Mankowski Beseitigungsrechte (2003); Mankowski/Knöfel Das außerordentliche Kündigungsrecht in § 490 Abs. 2 BGB des Regierungsentwurfs zur Schuldrechtsreform – eine gelungene Konstruktion? ZBB 2001, 335; Mann/ Leyendecker Kreditvergabepflicht durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz in Bezug auf KMU, BB 2009, 226; Marburger Vorzeitige Darlehensablösung gegen Vorfälligkeitsentschädigung, ZBB 1998, 30; Masch Die Dritthaftung von Banken bei fehlerhaften Eigenauskünften (2005); Medicus Vergütungspflichten des Bewucherten, GS Dietz (1973), S. 61; ders. Informationspflichten der finanzierenden Bank über Risiken aus dem finanzierten Geschäft, FS H. P. Westermann (2008), S. 447; Meincke/Hingst Der Kreditbegriff im deutschen Recht. De lege lata und de lege ferenda., WM 2011, 633; Mertens Zur Bankenhaftung wegen Gläubigerbenachteiligung, ZHR 143 (1979), 174; Mertens Culpa in contrahendo beim zustande gekommenen Kaufvertrag nach der Schuldrechtsreform, AcP 203 (2003), 818; Metz Variable Zinsvereinbarungen bei Krediten und Geldanlagen, BKR 2001, 21; ders. Variable Zinsen: Präzisierung bei § 315 BGB erforderlich? BKR 2010, 265; Möhlenkamp Besteht ein ersatzfähiger Schaden durch Verletzung des Bankgeheimnisses? BB 2007, 1126; Mühl Der außergerichtliche Liquidationsvergleich, NJW 1956, 401; Mülbert Das Darlehen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung 1988–1991, JZ 1992, 289; ders. Das verzinsliche Darlehen. Konsensualvertrag statt Realkontrakt – oder: synallagmatisches Entgelt statt akzessorischer Zinsen, AcP 192 (1992), 447; ders. Die Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung im Recht des „bürgerlichen“ Darlehensvertrags, WM 2002, 465; ders. Bonitätsgestufte Zinsabreden in Festzinskrediten als eine Antwort auf Basel II, WM 2004, 1205; ders. Anlegerschutz bei Zertifikaten, WM 2007, 1149; Mülbert/Hoger Schrottimmobilien als fortfressender Mangel, WM 2004, 2281; Mülbert/Schmitz Neue Problemfelder des § 489 BGB, FS Horn (2006), S. 777; Müller Zur Versagung der „Vorfälligkeitsentschädigung“ bei fristloser Kündigung des Kreditvertrages wegen Zahlungsverzuges – Eine kritische Anmerkung zur Entscheidung des XI. Zivilsenates vom 19.1.2016 = WM 2016, 687; WM 2016, 2201; Müller/ Marchant/Eilers Gestaltungsmöglichkeiten bei der Vereinbarung von laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelten bei Unternehmerdarlehen, BB 2017, 2243; Nittel Am Anfang war das verbundene Geschäft – Der 11. Zivilsenat des BGH zur Abwicklung von Immobilienfondsfinanzierungen –, NJW 2004, 2712; Nobbe Bankgeheimnis, Datenschutz und Abtretung von Darlehensforderungen, WM 2005, 1537; ders. Überprüfung von Banken-AGB zu Entgeltklauseln: Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts in einem formularmäßigen Verbraucherkreditvertrag, Anmerkung zu BGH v. 4.7.2017 XI ZR 562/15, WuB 2018, 72; ders. Verantwortlichkeit der Bank bei der Vergabe von Krediten und der Hereinnahme von Sicherheiten, ZBB 2008, 78; ders. Zulässigkeit von Bankentgelten, WM 2008, 185; ders. Zur „KickBack“-Rechtsprechung und insbesondere zur Ausweisung von Rückvergütungen im Prospekt, BKR 2011, 302; Obermüller Die Gewährung neuer Kredite in der Krise, ZIP 1980, 1059; ders. Kredite vor Konkurseröffnung, ZIP 1980, 334; ders. Kreditkündigung durch Banken angesichts einer Insolvenz, ZInsO 2002, 97; ders. Das Refinanzierungsregister, ZInsO 2005, 1079; Oechsler Die Entwicklung des privaten Bankrechts im Jahre 2004, NJW 2005, 1406; Oetker Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung (1994); Pannen Darlehensverträge in der Insolvenz des Kreditinstituts, ZInsO 2009, 596; ders. Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten3 (2010); v. Olshausen Die Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit bei vermittelten Ratenkrediten mit Restschuldversicherung, NJW 1982, 909; Peters Das Forward-Darlehen, FS Ott (2002), S. 99; Peters/Wehrt Der Forward-Darlehensvertrag. Rechtliche und finanzmathematische Fragestellungen, insbesondere bei vorzeitiger Beendigung, WM 2003, 1509; Piekenbrock/Ludwig Laufzeitabhängige Bearbeitungsentgelte bei Verbraucherdarlehensverträgen aus deutscher und europäischer Sicht, WM 2012, 2349; Placzek Neues zur Zulässigkeit eines Bearbeitungsentgelts in Verbraucherkreditverträgen? WM 2011, 1066; Pleyer Zur Frage der Kündigungsschranken und der Kreditgewährungspflicht für eine Bank in der Krise des Kunden. Eine Bestandsaufnahme, GS Schulz (1978), S. 271; Polke Die darlehensvertragliche Umsetzung der Eigenkapitalgrundsätze nach Basel II, 2005; Prass Zeitanteilige Rückzahlung des Disagios (Agios) bei vorzeitiger Kündigung eines langfristigen Darlehens, BB 1981, 1058; Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.) BGB, 13. Auflage (2018); Reifner Die Rückabwicklung sittenwidriger Ratenkreditverträge, JZ 1984, 637; ders. Rechtliche Grundlagen der Vorfälligkeitsentschädigung beim Hypothekenkredit, NJW 1995, 86; ders. Schadensbegriff und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung beim Hypothekenkredit, NJW 1995, 2945; ders. Schuldrechtsmodernisierungsgesetz und Verbraucherschutz bei Finanzdienstleistungen, ZBB 2001, 193; ders. Die Restschuldversicherung im Ratenkredit, WM 2008, 2329; ders. Neue Sittenwidrigkeit von Ratenkrediten? BKR 2009, 51; Renner „Banking Without Banks?“ Rechtliche Rahmenbedingungen des Peer-to-Peer Lending, ZBB 2014, 261; ders. Die „Natur des Vertrags“ nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, AcP 213 (2013), 677; ders. Paradigmen des Antidiskriminierungsrechts, KritV 2010, 53; Reuter Anleger- und Kreditgeberrisiko beim finanzierten Erwerb von Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds, FS

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826

3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Konzen (2006), S. 775; Richrath Aufklärungs- und Beratungspflichten. Grundlagen und Grenzen, WM 2004, 653; Rinze/Heda Non-Performing-Loan und Verbriefungs-Transaktionen: Bankgeheimnis, Datenschutz, § 203 StGB und Abtretung, WM 2004, 1557; Rong Die Entwicklung der Aufklärungspflichten – insbesondere im Kreditrecht (2009); Rösler Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei Festzinskrediten, DStR 1998, 1193; Rösler ForwardDarlehen und Darlehen mit Zins-Cap, WM 2000, 1930; Rösler/Lang Zinsklauseln im Kredit- und Spargeschäft der Kreditinstitute. Probleme mit Tranzsparenz, billigem Ermessen und Basel II, ZIP 2006, 214; Rösler/Sauer Zinsänderungsklauseln im Kreditgeschäft, FS Nobbe (2009), S. 437; Rösler/Wimmer Zahlungsverpflichtungen und Zahlungsströme bei vorzeitiger Beendigung von Darlehensverträgen, WM 2000, 164; Roth Geltungserhaltende Reduktion im Privatrecht, JZ 1989, 411; v. Rottenburg Die Reform des gesetzlichen Kündigungsrechts für Darlehen – statt ZinssatzFristregelung, WM 1987, 1; Rümker Gläubigerbenachteiligung durch Gewährung und Belassung von Krediten, ZHR 143 (1979), 195; Sandkühler Konsumentenkredite in der gerichtlichen Praxis, DRiZ 1989, 121; Sauer Die Gestaltung des Innenverhältnisses von General- und Vorsorgevollmachten, RNotZ 2009, 79; Schäfer Revolutionäres aus Karlsruhe zum finanzierten Fondsbeitritt. Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriff des Immobilienfonds-Anlegers, DStR 2004, 1611; ders. Kompromisslösung in Sachen „Schrottimmobilien“ – das neue Konzept des Bankrechtssenats zum finanzierten Immobilien- und Anteilserwerb, DStR 2006, 1753; Schäffler Bankenhaftung wegen Insolvenzverschleppung bei Auskehrung von Krediten in der Unternehmenskrise, BB 2006, 56; Schebesta Zinsklauseln im Spiegel der aktuellen Rechtsprechung, BKR 2005, 217; Schiek (Hrsg.) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, AGG (2007); Schimansky Zinsanpassungsklauseln in AGB, WM 2001, 1169; Schmelz/Klute Zum Gesetzentwurf für ein Verbraucherkreditgesetz, ZIP 1989, 1509; Schmid-Burgk Das Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen im Lichte der Rechtsprechung zum AGB-Recht, Zugleich eine Besprechung des Urteils des BGH vom 13.3.2018 – XI ZR 291/16, BB 2018, 1799; Schmidt Darlehen, Darlehnsversprechen und Darlehnskrediteröffnung im Konkurs, JZ 1976, 756; K. Schmidt Das Insolvenzrisiko der Banken zwischen ökonomischer Vernunft und Rechtssicherheit, WM 1983, 490; Schmidtchen Territorialität des Rechts, Internationales Privatrecht und die privatautonome Regelung internationaler Sachverhalte. Grundlagen eines interdisziplinären Forschungsprogramms, RabelsZ 59 (1995), 56; Schmidt-Futterer (Hrsg.) Mietrecht, 13. Auflage (2017); Formularmäßig erhobene Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehen, WM 2012, 2358; Schmucker Das verbundene Geschäft und seine Auswirkungen auf den Umfang der Beurkundungspflicht, DNotZ 2002, 900; U. H. Schneider Die Anpassung von langfristigen Verträgen bei Gesellschafterwechsel oder bei Änderung der Konzernlage, FS Zöllner (1998), S. 539; Schoen Der Krediteröffnungsvertrag als schuldrechtliche Rahmenverpflichtung (1965); Schönke Die Einwirkung der Konkurseröffnung auf Krediteröffnungs- und Kontokorrentverträge, JW 1934, 2745; Schoppmeyer Ausgewählte Probleme der Schrottimmobilien in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung, WM 2009, 10; Schulte-Mattler Wucherzins bei Ratenkrediten und die Solvabilitätsverordnung, WM 2007, 1865; Schürnbrand Auswirkungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auf das Recht der Bankgeschäfte, BKR 2007, 305; Schwintowski/Schantz Grenzen der Abtretbarkeit grundpfandrechtlich gesicherter Darlehensforderungen, NJW 2008, 472; Seckelmann ,Zins‘ und ,Zinssatz‘ im Sinne der Sache, BB 1998, 57; Servatius Gläubigereinfluss durch Covenants (2008); Simon Die Kreditumschuldung (1990); Siol Das neue Recht der außerordentlichen Darlehenskündigung (§ 490 BGB), FS Hadding (2004), S. 1157; Söbbing/von Bodungen Negative Zinsen bei Darlehensverträgen? ZBB 2016, 39; Sonnenhol Änderungen der AGB-Banken zum 1. April 2002. Auch im Hinblick auf das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, WM 2002, 1259; Stauder Der bankgeschäftliche Krediteröffnungsvertrag (1968); Steinmetz Sittenwidrige Ratenkreditverträge in der Rechtspraxis auf der Grundlage der BGHRechtsprechung, NJW 1991, 881; Stelling Die vorzeitige Ablösung festverzinslicher Realkredite (2000); Steppeler Bankentgelte, Zulässige Entgelte für kreditwirtschaftliche Leistungen (2003); Steppeler/Künzle Kommentar zu den Sparkassen-AGB (2001); Stiller Asset-Backed-Securities und das Bankgeheimnis, ZIP 2004, 2027; Stoffels Gerichtliche Überprüfbarkeit von kreditwirtschaftlichen Entgeltregelungen. Dargestellt am Beispiel der Abschlussentgelte bei Bausparverträgen, BKR 2010, 359; Stöhr Haftung der Banken wegen fehlgeschlagener Immobilienfinanzierung (2009); Stöhr Zeitpunkt des Darlehensvertragsschlusses vor dem Hintergrund des § 172 Abs. 1 BGB, WM 2009, 928; Stötter Anfechtung eines Darlehensvertrages bei Täuschung durch Repräsentanten der Bank, NJW 2003, 1302; Strube/Fandel Unzulässige Bearbeitungsentgelte – Streitfragen und Praxishinweise, BKR 2014, 133; Stupp/Mucke Die Auswirkungen kreativer „Zins“-Vereinbarungen auf die ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers, BKR 2005, 20; Sturm Die Neufassung des Wuchertatbestandes und die Grenzen des Strafrechts, JZ 1977, 84; Stürner Verkauf und Abtretung von Darlehensforderungen, ZHR 173 (2009), 363; T. Möllers Die Haftung der Bank bei der Kreditkündigung. Ein Beitrag zu den Verhaltenspflichten der Banken bei der Kündigung von Krediten im deutschen und amerikanischen Recht (1991); Theewen (Hrsg.) Bank- und Kapitalmarktrecht, Handbuch für Fachanwaltschaft und Bankpraxis (2012); ders. Haftungsrisiken der Kreditinstitute in der Krise ihrer Schuldner, BKR 2003, 141; Theisen Rechtsfolgen eines Schadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo, NJW 2006, 3102; Thelen Die Erstattung des Disagios bei vorzeitiger Beendigung des Kreditvertrages, DB 1990, 1805; Thießen Covenants in 827

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Kreditverträgen: Alternative oder Ergänzung zum Insolvenzrecht? ZBB 1996, 19; Thole Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerbegünstigung unter § 826 BGB. Zur Dritthaftung von Kreditgebern wegen sittenwidrigen Verhaltens, WM 2010, 685; Thomas Preisfreiheit im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, AcP 209 (2009), 84; Tiedtke Die Haftung der Banken für unberechtigte Zusagen ihrer Sachbearbeiter, WM 1993, 1228; Tiffe Die Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehen, VuR 2012, 127; Trinkner/Wolfer Nachträgliche Tilgungsverrechnung bei Annuitäten-Darlehen, BB 1987, 425; Ulmer Kündigungsschranken im Handels- und Gesellschaftsrecht, FS Möhring (1975), S. 295; van Bevern/Schmitt Bearbeitungsentgelte bei gewerblichen Darlehensverträgen – ist die BGH-Rechtsprechung zu Verbraucherdarlehen übertragbar?, BKR 2015, 323; van Venrooy Unwirksamkeit der unzeitigen Kündigung in den gesetzlich geregelten Fällen, JZ 1981, 53; Voglis Kreditkündigung und Kreditverweigerung der Banken im Lichte von Treu und Glauben (2001); vom Stein Der neue Begriff der Rechtsdienstleistung, AnwBl 2008, 285; von der Linden AGB-rechtliches Transparenzgebot bei Zinsanpassungsklauseln. Probleme der Bankvertragsgestaltung nach Basel II, WM 2008, 195; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken, 11. Auflage (2016); Vuia Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen (2007); E. Wagner Zur Pfändbarkeit nicht zweckgebundener Kontokorrentkreditforderungen, JZ 1985, 718; ders. Neue Argumente zur Pfändbarkeit des Kontokorrentkredits, WM 1998, 1657; G. Wagner Prävention und Verhaltenssteuerung durch Privatrecht. Anmaßung oder legitime Aufgabe? AcP 206 (2006), 352; Wand Musterdarlehensvertrag für gewerbliche Kreditvergaben, WM 2005, 1932; Weber Das Vorfälligkeitsentgelt bei vorzeitiger Rückzahlung eines Hypothekendarlehens, NJW 1995, 2951; ders. Inhaltskontrolle von Bearbeitungsentgelten im Kreditgeschäft – von der Dogmatik zur Interessenlage und zurück, BKR 2013, 450; Wech Das Bankgeheimnis (2008); Wehrt Zweifelsfragen der Vorfälligkeitsentschädigungsberechnung, WM 2004, 401; Wenzel Rechtliche Grundlagen der Vereinbarung eines Vorfälligkeitsentgelts mit Verbrauchern, WM 1995, 1433; ders. Vorzeitige Beendigung langfristiger Hypothekendarlehen, WM 1997, 2340; Werner Ein neues Kompendium des Kreditrechts, ZBB 1990, 236; H. P. Westermann Banken als Kreditgeber und Gesellschafter, ZIP 1982, 379; ders. Fortschritte durch die neuen AGB der Banken und Sparkassen? WM 1993, 1865; ders. Gläubiger und Schuldner der Nebenflichten aus dem bankgeschäftlichen Darlehensvertrag, FS Raiser (2005) S. 787; v. Westphalen AGB-Recht im Jahr 2010, NJW 2010, 2098; v. Westphalen/Thüsing (Hrsg.) Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 40. Ergänzung (Oktober 2017); Wiegelmann Verhaltenspflichten der Kreditinstitute im Kreditgeschäft mit Kunden in der Krise (1993); Wilmowsky Darlehensnehmer in Insolvenz, WM 2008, 1237; Wimmer Zinsanpassung bei variablen Darlehen: Eignung alternativer Referenzzinssätze, WM 2008, 2237; ders. Bearbeitungsentgelt bei Verbraucherdarlehen – eine betriebswirtschaftliche Analyse, WM 2012, 1841; ders. (Hrsg.), FK-InsO, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 9. Auflage (2018); Wittig Financial Covenants im inländischen Kreditgeschäft, WM 1996, 1381; ders. Representations and Warranties – Vertragliche Tatsachenbehauptungen in der anglo-amerikanischen Kreditdokumentation –, WM 1999, 985; Wittig/Wittig Das neue Darlehensrecht im Überblick, WM 2002, 145; Wolf/Großerichter Ergebnis als Methode in der Bankenhaftung? – Zur Entscheidungsserie des II. Zivilsenats des BHG vom 14.6.2004 und ihren Folgen für das finanzierte Anlagegeschäft –, WM 2004, 1993; dies. Zu rückwirkenden Umgestaltungen des Verbraucherkreditgesetzes und neuen Ungereimtheiten in der jüngsten Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH, ZIP 2005, 2091; Würdinger Theorie der schlichten Interessengemeinschaft (1934); ders. Acceptkredit und Gefälligkeitsaccept, FS Müller-Erzbach (1954), S. 117; ders. Akzeptkredit und Gefälligkeitsakzept, BB 1954, 325; Zoller Das Ende des Kick-Back-Jockers im Kapitalanlagerecht, BB 2013, 520.

I.

II.

Übersicht Das Kreditgeschäft | 98–104 1. Funktion | 98 2. Aufsichtsrechtlicher Rahmen | 99, 100 3. Zivilrechtliche Einordnung | 101–104 Der Krediteröffnungsvertrag | 105–151 1. Funktion, Begriff und Rechtsnatur | 105–108 2. Zustandekommen | 109–117 a) Vertragsschluss | 109–111 b) Kein Vertragsschluss | 112–117 3. Rechtspflichten | 118–127 a) Pflicht des Kreditinstituts zur Kreditgewährung | 118–122

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b)

4. 5.

Pflicht des Kreditnehmers zur Provisions- und Zinszahlung | 123, 124 c) Keine Pflicht des Kreditnehmers zum Abruf | 125 d) Pflicht des Kreditnehmers zur Stellung von Sicherheiten | 126 e) Pflicht des Kreditnehmers zur Rückzahlung | 127 Leistungsstörung | 128 Beendigung | 129–150 a) Zeitablauf | 129 b) Rücktritt | 130, 131

828

3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Ordentliche Kündigung | 132, 133 Außerordentliche Kündigung | 134–139 e) Schranken der Kündigungsrechte | 140–142 f) Insolvenz | 143, 144 g) Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung | 145–150 6. Unwirksamkeit | 151 Das Gelddarlehen | 152–292 1. Gegenstand und Rechtsnatur | 152, 153 2. Zustandekommen | 154–164 a) Vertragsschluss | 154–158 b) Form | 159, 160 c) Parteien | 161, 162 d) Stellvertretung | 163 e) Verpflichtung zum Vertragsschluss | 164 3. Rechtspflichten | 165–211 a) Vorvertragliche Pflichten des Kreditinstituts | 165–176 b) Vorvertragliche Pflichten des Darlehensnehmers | 177, 178 c) Pflicht des Kreditinstituts zur Überlassung der Darlehensvaluta | 179–182 d) Pflicht des Kreditinstituts zur Belassung der Darlehensvaluta | 183 e) Nebenpflichten des Kreditinstituts | 184 f) Pflicht des Darlehensnehmers zur Abnahme der Darlehensvaluta | 185, 186 g) Pflicht des Darlehensnehmers zur Rückzahlung der Darlehensvaluta | 187–190 h) Pflicht des Darlehensnehmers zur vereinbarten Zinszahlung | 191–204 i) Pflicht des Darlehensnehmers zur Zahlung weiterer Vergütungen | 205–211 c) d)

III.

Leistungsstörungen | 212–222 a) Allgemeines | 212 b) Pflichtverletzungen des Kreditinstituts | 213 c) Pflichtverletzungen des Darlehensnehmers | 214–222 5. Beendigung | 223–266 a) Grundsätzliches | 223 b) Zeitablauf | 224 c) Rücktritt | 225 d) Ordentliche Kündigung | 226–237 e) Außerordentliche Kündigung | 238–259 f) Schranken der Kündigungsrechte | 260, 261 g) Insolvenz des Darlehensnehmers | 262 h) Insolvenz des Kreditinituts | 263 i) Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung | 264–266 6. Unwirksamkeit | 267–292 a) Darlehensverträge ohne Erlaubnis | 267 b) Verbotene Darlehensverträge | 268–270 c) Sittenwidrige Darlehensverträge | 271–285 d) Anfechtbare Darlehensverträge | 286–289 e) Rückabwicklung unwirksamer Darlehensverträge | 290–292 Die Kreditleihe | 293–298 1. Gegenstand | 293 2. Avalkredit | 294 3. Akzeptkredit | 295–298 Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 299–305 1. Grundlagen | 299 2. Internationales Privatrecht | 300–304 3. Private Rechtsvereinheitlichung | 305 4.

IV.

V.

I. Das Kreditgeschäft 1. Funktion. Vom Kreditgeschäft im bankwirtschaftlichen Sinn, welches das Aktiv- wie das 98 Passivgeschäft der Kreditinstitute umfasst, ist das Kreditgeschäft im rechtlichen Sinn abzugrenzen. Hierbei handelt es sich um ein konkretes Rechtsgeschäft, welches der zeitweiligen Überlassung von Kaufkraft dient. Der Abschluss von Kreditgeschäften ist auch für Kreditinstitute als Finanzintermediäre mit erheblichen Risiken verbunden (oben Vierter Teil Rn 4). Insbesondere das Darlehensrecht trägt dem Rechnung, indem es eine grundsätzliche Abgrenzung von 829

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Risikosphären vornimmt: Das Ausfallrisiko des Kredits übernimmt der Kreditgeber; der Kreditnehmer trägt das Verwendungsrisiko für die überlassenen Werte.349 2. Aufsichtsrechtlicher Rahmen. Während die wirtschaftliche Funktion des Kreditgeschäfts sich ohne weiteres bestimmen lässt (oben Vierter Teil Rn 1), ist es erheblich schwieriger, das Kreditgeschäft auch rechtsbegrifflich zu erfassen.350 Das Recht verwendet unterschiedliche, je normspezifische Begriffe des Kreditgeschäfts. Der aufsichtsrechtliche Begriff des Kreditgeschäfts im KWG ist – der wirtschaftlichen Funktion des Kredits entsprechend – weit gefasst. Allerdings ist das KWG in seiner Begriffsbildung nicht einheitlich. In § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG wird der Begriff des Kreditgeschäfts legaldefiniert als Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten. Erfasst sind damit die beiden Grundformen des Zahlungskredits einerseits und des Haftungskredits andererseits (oben Vierter Teil Rn 17–18). Durch die Beschränkung auf diese Grundformen werden aber hier nicht alle Gestaltungen erfasst, die wirtschaftlich eine Kreditfunktion erfüllen. Das entspricht dem Zweck der Vorschrift, nur diejenigen Geschäfte zu erfassen, die als solche aufsichtsrechtlich „beobachtungsbedürftig“ erscheinen.351 Demgegenüber gehen die §§ 13 ff. KWG von einem weiteren Begriffsverständnis aus, das sich deutlich stärker an der wirtschaftlichen Funktionsbestimmung des Kredits orientiert. Dazu erstreckt die Definition des § 19 Abs. 1 KWG den Kreditbegriff auf nahezu alle Aktivpositionen der Bilanz (S. 2) wie auch den größten Teil des außerbilanziellen Geschäfts (S. 3) der Kreditinstitute.352 Auch diese weite Begriffsbestimmung erklärt sich aus dem Normzweck: Zweck der §§ 13 ff. KWG ist die Erfassung und Behandlung geschäftlicher Risiken der Kreditinstitute; dafür ist aber die rechtliche Ausgestaltung der Geschäfte im Einzelnen weitgehend ohne Belang. Für das Bankvertragsrecht bedeutsam ist vor allem die aus § 32 Abs. 1 S. 1 KWG folgende Er100 laubnispflicht für Kreditgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG. Wie im Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 26) bestimmt auch im Aktivgeschäft vielfach das Bestreben, die einschneidenden Rechtsfolgen einer Erlaubnispflicht zu vermeiden, die Gestaltung neuartiger Finanzierungsformen insbesondere im Bereich der Finanztechnologie.353 Grundsätzlich kann jede erstmalige Hingabe rückzahlbarer Gelder als Gewährung eines Kredits i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 KWG eingeordnet werden.354 Spiegelbildlich zum Begriff des Einlagengeschäfts scheidet ein Kreditgeschäft nach Ansicht der BaFin aber dann aus, wenn es „wegen der Vereinbarung einer Verlustteilnahme oder qualifizierten Nachrangklausel“ an der unbedingten Rückzahlbarkeit der Darlehenssumme fehlt.355 Für eine qualifizierte Nachrangklausel ist erforderlich, aber nicht ausreichend,356 dass die angenommenen Gelder vereinbarungsgemäß hinter allen Forderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO zurücktreten.357 Darüber hinaus wird verlangt, dass die Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs auch solange und soweit ausgeschlossen ist, als sie einen Grund für die 99

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349 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 33 f.; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 8. 350 Versuche einer einheitlichen Begriffsbildung bei Koch Kredit im Recht, S. 2 ff.; Klausing Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Sonderheft 6 (1932), 77 (78 ff.); von Caemmerer NJW 1955, 41 (42); Würdinger FS Müller-Erzbach (1954), S. 117 (119 ff.); kritisch hierzu Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 2; BuB/ Früh134, Rn 3/3; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 391. 351 BGH NJW 2006, 1739 (1740); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 56. 352 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bock5 § 19 Rn 11 ff. 353 Am Beispiel des Peer-to-Peer Lending Renner ZBB 2014, 261. 354 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 55 ff. 355 BaFin Merkblatt vom 8.1.2009 zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand Mai 2016), unter 1a)cc)(4); Veith BKR 2016, 184, 187. 356 Vor Inkrafttreten des Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetzes war ein solcher so genannter einfacher Rangrücktritt noch ausreichend, vgl. die Regierungsbegründung zur 6. KWG-Novelle, BT-Drs. 13/7142, S. 63; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer § 1 Rn 44. 357 BaFin-Merkblatt vom 11.3.2014 zum Tatbestand des Einlagengeschäfts, I.5. Zur Wirksamkeit von Nachrangklauseln in AGB zuletzt BGHZ 218, 183; BGH WM 2018, 787.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Eröffnung des Insolvenzverfahrens herbeiführen würde.358 Diese Einschränkung des Darlehensbegriffs im Rahmen des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG soll aber nur für Unternehmenskredite, nicht für Verbraucherkredite gelten. 359 Die tatbestandliche Einschränkung ist aus Schutzerwägungen ebenso wie aus systematischen Gründen nachvollziehbar: Bei nachrangigen Unternehmenskrediten ist in erster Linie der Anleger schutzbedürftig, sein Schutz aber wird durch Informationsund Prospektpflichten gewährleistet, nicht durch Erlaubnispflichten nach KWG. Das für eine Erlaubnispflicht von § 32 Abs. 1 S. 1 KWG außerdem aufgestellte Erfordernis, dass der Kreditgeber in einem Umfang handelt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert,360 wird in der Verwaltungspraxis der BaFin sehr weit ausgelegt. Ein Gesamtkreditvolumen von 500.000 Euro bei mehr als 20 Einzeldarlehen oder 100 Einzeldarlehen unabhängig vom Kreditvolumen sollen hierfür ausreichen.361 Die extensive Auslegung der Erlaubnispflicht betrifft insbesondere das Geschäftsmodell von internetbasierten Kreditvermittlungsplattformen (Crowdlending oder Peer-to-Peer Lending), das in Deutschland faktisch nur unter Einschaltung eines Kreditinstituts mit KWG-Erlaubnis umzusetzen ist.362 3. Zivilrechtliche Einordnung Es gibt keinen bürgerlich-rechtlichen Begriff des Kredit- 101 geschäfts.363 Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsreform die Begriffe des Kredits und des Kreditvertrags weitgehend aus dem BGB verbannt.364 Das ist auch konsequent. Denn dem wirtschaftlich orientierten Begriff des Kreditgeschäfts im KWG können – ähnlich wie dem aufsichtsrechtlichen Begriff des Einlagengeschäfts (oben Vierter Teil Rn 22–32) – sehr unterschiedliche vertragsrechtliche Konstruktionen entsprechen.365 Für die bürgerlich-rechtliche Einordnung sind aber gerade die Unterschiede dieser Ausgestaltungen maßgeblich. Hiervon ausgehend sind in der Literatur verschiedene Einteilungen des Kreditgeschäfts 102 nach Kreditarten geläufig. Diese orientieren sich mal am Verwendungszweck (Verbraucherkredit und Unternehmenskredit), mal an der gewährten Sicherheit (Personal- und Realkredit), mal an der Höhe des Kredits (Großkredit nach § 13 KWG) und mal an der zeitlichen Dauer der Geldüberlassung (kurzfristiger, mittelfristiger und langfristiger Kredit).366 Als sinnvolle übergreifende Gliederung erweist sich vor allem die Unterscheidung von Zahlungs- und Haftungskredit (oben Vierter Teil Rn 17–18), die nicht nur betriebswirtschaftlich geläufig ist, sondern sich auch unmittelbar in der rechtlichen Ausgestaltung der unterschiedlichen Kreditarten widerspiegelt. Der Zahlungskredit ist bürgerlich-rechtlich zumeist als Gelddarlehen nach §§ 488 ff. BGB 103 einzuordnen (unten Vierter Teil Rn 152–292). Dieses wiederum kann unterschiedliche Formen annehmen. Im gesetzlichen Regelfall wird das Darlehen durch Rückzahlung bei Kündigung

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358 Regierungsbegründung zum Finanzkonglomeraterichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drs. 15/3641, S. 36; Boos/ Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer § 1 Rn 46. 359 BaFin Merkblatt vom 8.1.2009 zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand Mai 2016), unter 1a)cc)(4). 360 Der Tatbestandsalternative des gewerblichen Handelns kommt daneben kaum praktische Bedeutung zu: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 24. 361 BaFin Merkblatt vom 14.5.2007 zur Erlaubnispflicht der Betreiber und Nutzer einer internetbasierten Kreditvermittlungsplattform nach dem KWG, unter 1; ebenso OLG Frankfurt, NJW 1965, 264; VG Berlin, WM 1994, 2238; VG Berlin WM 1997, 218; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 1 Rn 25. 362 Eingehend auch zur Kritik an der Auslegungspraxis der BaFin Renner ZBB 2014, 261, 269 ff.; FintechHdb/ Renner § 11 Rn 20 ff. 363 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1196; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorb. zu §§ 607 ff. Rn 16; Staudinger/ Mülbert2015 § 488 Rn 390; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 40. 364 Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 252; anders noch der Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 4.4.2000, S. 544; kritisch zu dieser Entwicklung Köndgen WM 2001, 1637, 1641; Meincke/Hingst WM 2011, 633. 365 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 391; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 40; kritisch Köndgen WM 2001, 1637 (1641); Meincke/Hingst WM 2011, 633; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 16 Rn 6 f. 366 Vgl. BankR-HdB/Wunderlich5 § 75 Rn 5 f.; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 388; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 47 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

nach § 488 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 BGB zurückgeführt, während Zinsen nach § 488 Abs. 2 BGB fortlaufend fällig werden. In der Kreditpraxis sind abweichende Gestaltungen allerdings weit verbreitet. Beim Kontokorrentdarlehen (unten Vierter Teil Rn 377) wird das Darlehen durch Verrechnung gegenseitiger Ansprüche entsprechend § 355 HGB auf Grundlage eines Habenkontos mit mehr oder weniger regelmäßigen Zahlungseingängen gewährt.367 Die Parteien schließen hierzu einen Krediteröffnungsvertrag (unten Vierter Teil Rn 105–151), der mit einem Girovertrag nach §§ 675, 611 BGB verbunden und auf dessen Grundlage ein Gelddarlehen nach § 488 ff. BGB gewährt wird. Eine Sonderform des Kontokorrentkredits stellt der durch Verpfändung von Wertpapieren gesicherte Lombardkredit dar. Diese Kreditform war früher für die Refinanzierung der Kreditinstitute bei der Bundesbank relevant, ist aber mit Einführung des Euro weitgehend durch andere Finanzierungsinstrumente ersetzt worden.368 Anders als bei den unterschiedlichen Formen des Kontokorrentkredits wird beim Ratenkredit die Darlehenssumme in der Regel durch einmalige Zahlung zur Verfügung gestellt und dann durch fortlaufende Kapital- und Zinstilgungen zurückgeführt. Daneben sind aber auch unterschiedliche Zwischenformen geläufig, die sich weder dem Kontokorrent- noch dem Ratenkredit eindeutig zuordnen lassen, etwa der Überziehungskredit (unten Vierter Teil Rn 858). Die Gewährung eines Haftungskredits durch ein Kreditinstitut erfolgt in aller Regel auf der 104 Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags nach § 675 BGB; um einen Darlehensvertrag nach §§ 488 ff. BGB handelt es sich nur, wenn über die Haftungsübernahme hinaus dem Kunden auch effektiv ein Geldbetrag aus eigenen Mitteln des Kreditinstituts zur Verfügung gestellt wird.369 Daran fehlt es beim Avalkredit, der sich in einer Haftungsübernahme des Kreditinstituts, etwa in Form einer Bürgschaft nach § 765 BGB, einer Garantie oder einer Patronatserklärung, erschöpft (unten Vierter Teil Rn 966–970). Es handelt sich hier um eine reine Geschäftsbesorgung in Gestalt einer so genannten Kreditleihe; die §§ 488 ff. BGB bleiben mangels effektiver Gewährung eines Gelddarlehens unanwendbar.370 Auch beim Akzeptkredit handelt es sich regelmäßig um eine Geschäftsbesorgung; hier ist aber nach der Ausgestaltung im Einzelnen zu differenzieren (unten Vierter Teil Rn 295–298). Eine besondere Form des Akzeptkredits stellt der Rembourskredit dar, bei dem ein Warenkäufer einen Wechsel auf das Kreditinstitut zieht und dieses sich – regelmäßig im Rahmen eines Akkreditivs – verpflichtet, den Wechsel gegenüber dem Verkäufer zu diskontieren. Hier handelt es sich im Verhältnis des Warenkäufers zu seinem Kreditinstitut ebenfalls um eine bloße Geschäftsbesorgung.371 II. Der Krediteröffnungsvertrag 105

1. Funktion, Begriff und Rechtsnatur. Gegenstand des Krediteröffnungsvertrags ist die Vereinbarung, dass ein Kreditinstitut einem Kreditnehmer zu bestimmten Bedingungen und entweder in der vereinbarten Höhe oder auf Abruf innerhalb eines vereinbarten Kreditrahmens Kredit gewährt.372 Vereinbart werden kann die Gewährung aller banküblichen Kreditarten, ei-

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367 Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze, BT-Drucks. 11/5462, S. 20; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Grundmann3 § 355 Rn 2. 368 BankR-HdB/Pamp5 § 75 Rn 32; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 275. 369 Grundlegend BGHZ 19, 282 (288 ff.); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Steffek2 Kap. 12 Rn 47 f.; Baumbach/ Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 581; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 43. 370 BGH WM 2000, 1797; Lwowski/Tetzlaff WM 2000, 761 (762). 371 BankR-HdB/Pamp5 § 75 Rn 48; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 45. 372 Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 2; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 408; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 57.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

nes Zahlungskredits ebenso wie eines Haftungskredits.373 Häufig wird dem Kreditnehmer freigestellt, welche Kreditart er in Anspruch nimmt.374 Der Krediteröffnungsvertrag ist damit ein Grund- und Rahmenvertrag, in dem wesentliche 106 Aspekte sukzessive durchzuführender Kreditgeschäfte geregelt werden.375 Da über diese Aspekte bereits verbindliche Vereinbarungen getroffen werden, welche unmittelbar Rechte und Pflichten der Vertragsparteien begründen (unten Vierter Teil Rn 118–127), handelt es sich beim Krediteröffnungsvertrag nicht um einen bloßen Vorvertrag,376 sondern um ein eigenständiges Dauerschuldverhältnis.377 Allerdings besteht keine Einigkeit darüber, wie sich der Krediteröffnungsvertrag und die ein- 107 zelnen Kreditgewährungen im Übrigen zueinander verhalten. Im Wesentlichen werden hierzu zwei unterschiedliche Positionen vertreten. Eine Ansicht sieht im Abruf der Einzelkredite durch den Kreditnehmer die bloße Ausübung eines Gestaltungsrechts im Rahmen des zunächst ausfüllungsbedürftigen Krediteröffnungsvertrags (Einheitstheorie).378 Der Abruf einzelner Kreditbeträge dient danach allein der Durchführung des Krediteröffnungsvertrags.379 Die Gegenauffassung geht davon aus, dass der Krediteröffnungsvertrag und die einzelnen Kreditgeschäfte dogmatisch voneinander zu unterscheiden sind (Trennungstheorie).380 Danach hat der Kreditabruf eine doppelte Funktion: Einerseits dient er als Gestaltungsrecht der Ausfüllung des Krediteröffnungsvertrags als Rahmenvertrag, andererseits führt er auch zum Abschluss eines rechtlich eigenständigen Kreditgeschäfts, etwa in Gestalt eines Darlehensvertrags.381 Dieses Kreditgeschäft kommt auf Grundlage des Krediteröffnungsvertrags als einseitiges Rechtsgeschäft zustande, weil das Kreditinstitut der Kreditgewährung und ihren Konditionen bereits durch Abschluss des Krediteröffnungsvertrags zugestimmt hat.382 Im Ergebnis verdient diese letztgenannte Meinung den Vorzug. Der Einheitstheorie ist zwar zuzugeben, dass der Krediteröffnungsvertrag und einzelne Kreditgeschäfte in der Praxis eng miteinander verbunden werden, etwa durch die Möglichkeit einer einheitlichen Kündigung auf Grundlage von Nr. 18, 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 AGBSparkassen (dazu unten Vierter Teil Rn 132). Aber gerade die Möglichkeit wie auch die Notwendigkeit einer solchen klauselmäßigen Verknüpfung zeigen, dass der Krediteröffnungsvertrag und die einzelnen Kreditgeschäfte ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können. Fehlt es an einer entsprechenden Vereinbarung, so hat die Kündigung des Krediteröffnungsver-

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373 von Caemmerer NJW 1955, 41 (44); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1200; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Thessinga3 BankR IV Rn 11; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 58. 374 BuB/Früh134, Rn 3/10a; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 2. 375 Stauder S. 76 f.; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 1, 12; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/2; Staudinger/ Mülbert2015 § 488 Rn 411 f.; zurückhaltend Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1202. 376 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1203; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 10; Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 115; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 410 ff.; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 59; deutlicher in diese Richtung BGHZ 83, 76 (81); anders aber RGZ 66, 359 (361); wohl auch BGH NJW 1978, 947. 377 BGH WM 1955 (1017); BGH NJW 1978, 947 (948); BGH NJW 1982, 1810 (1811); Klausing Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Sonderheft 6 (1932), 77, 84 ff.; BuB/Früh134, Rn 3/10a; BankR-HdB/ Pamp5 § 77 Rn 14; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 11; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 417; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 59. 378 Schönke JW 1934, 2745; Alberts S. 11 ff., 21 f.; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht3, § 4 Rn 7; MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber8 § 491 Rn 41; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 61; für das schweizerische Recht Affentranger-Brunner S. 44 ff. 379 In diese Richtung BGHZ 83, 76 (80 f.) unter zweifelhafter Berufung auf Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1203 ff. 380 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (160); Schoen S. 94; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1201 f. und 1204 f. (einschränkend aber Rn 1207); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 8; BuB/Früh134, Rn 3/9; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 15; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.10; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 15; Baumbach/ Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/2; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 43. 381 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 15; vgl. MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 60; so wohl auch BGHZ 157, 350 (355 f.). 382 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1204; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 413.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

trags grundsätzlich keinen Einfluss auf den Bestand bereits durchgeführter Einzelgeschäfte.383 Umgekehrt kann ein einzelnes Kreditgeschäft rückabgewickelt werden, ohne dass davon der Krediteröffnungsvertrag als Rahmenvertrag in seiner Wirksamkeit berührt würde.384 Welchen Regeln ein Kredit unterfällt, der auf Grundlage eines Krediteröffnungsvertrags ge108 währt wurde, bestimmt sich damit in erster Linie nach der Rechtsnatur des einzelnen Kreditgeschäfts.385 Beim Zahlungskredit ist in der Regel das Darlehensrecht maßgeblich, beim Haftungskredit das Recht der Geschäftsbesorgung (unten Vierter Teil Rn 294 und 966–970). Der Krediteröffnungsvertrag als Rahmenvertrag ist dagegen keinem der Vertragstypen des BGB eindeutig zuzuordnen.386 Da es sich jedenfalls um ein Dauerschuldverhältnis handelt,387 dessen Gegenstand die Gewährung eines Kredits ist, entspricht der Krediteröffnungsvertrag am ehesten dem Gelddarlehen.388 Allgemeine Regeln für Inhalt, Bestand und Wirksamkeit des Krediteröffnungsvertrags lassen sich daher den §§ 488 ff. BGB entnehmen.389 Insoweit kann dahinstehen, ob der Krediteröffnungsvertrag schlicht als Vertrag sui generis390 oder aber als Rahmendarlehensvertrag391 zu qualifizieren ist. 2. Zustandekommen 109

a) Vertragsschluss. Der Krediteröffnungsvertrag wird in aller Regel durch ausdrückliche Vereinbarung geschlossen. Die Schriftform ist üblich; für Krediteröffnungsverträge, die auf die Gewährung eines Verbraucherdarlehens gerichtet sind, ist sie nach § 492 BGB zwingend.392 Haben sich die Parteien nicht über alle vertragswesentlichen Punkte geeinigt, fehlt es an einem wirksamen Vertragsschluss; die Parteien befinden sich dann im Stadium bloßer Verhandlungen.393 Vertragswesentlich sind für den Krediteröffnungsvertrag jedenfalls die Art des Kredits und die Kreditlinie.394 Denn die Rechtspflicht des Kreditinstituts zur Kreditgewährung (unten Vierter Teil Rn 110–119), die durch den Krediteröffnungsvertrag begründet wird, wäre sonst nicht hinreichend bestimmbar. Ebenso vertragswesentlich ist dementsprechend die Laufzeit des Kredits, wobei sich diese oftmals aus den Umständen des Vertrags und dem Vertragszweck ergibt. Gleiches gilt für die Frage, ob es sich um einen revolvierenden Kredit handelt, der Kredit also auch mehrfach im Rahmen der Kreditlinie in Anspruch genommen werden kann.395 Darüber hinaus sind für die Risikoeinschätzung des Kreditinstituts die Person des Kreditnehmers396 und die

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383 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 15; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 8, 32; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.27. 384 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (160 f.); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1201; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.25. 385 Stauder S. 84 f.; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1206; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 14; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.10; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 59. 386 Stauder S. 84. 387 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 14; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 11; MünchKommBGB/ Berger8 Vor § 488 Rn 59. 388 Alberts S. 21 f.; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 2. 389 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1207; BuB/Früh134, Rn 3/10a; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 14; Baumbach/Hopt/ Hopt38 BankGesch. Rn G/2; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 415; für das schweizerische Recht i.E. auch AffentrangerBrunner S. 47 f.; aA (Qualifizierung je nach versprochener Kreditart) Schoen S. 91 ff.; Stauder S. 84. 390 Klausing Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, Sonderheft 6 (1932), 77, 83; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1207; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorb. zu §§ 607 ff. Rn 245. 391 Schoen S. 92; Stauder S. 84; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 61. 392 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 12; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 58. 393 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1208; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 22; zu den potentiellen vorvertraglichen Aufklärungs- und Warnpflichten siehe MünchKommBGB/Emmerich8 § 311 Rn 117 ff. 394 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1209; so auch BuB/Früh134, Rn 3/16; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 22. 395 Hoffmann S. 48; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1218; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 62; BuB/Früh134, Rn 3/78. 396 BGH WM 1978, 1003 (1004 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Besicherung397 regelmäßig von derart großer Bedeutung, dass bei Fehlen einer entsprechenden Abrede von einem Dissens nach §§ 154, 155 BGB auszugehen wäre. Zumeist stellt im Übrigen das Kreditinstitut das Zustandekommen des Vertrags explizit unter die Bedingung, dass die Bonitätsprüfung des Kreditnehmers (vgl. § 18 KWG) positiv ausfällt.398 Ob ein Krediteröffnungsvertrag auch durch konkludentes Verhalten zustande kommen 110 kann, ist streitig.399 Zum Teil wird dies grundsätzlich mit dem Argument abgelehnt, dass hinsichtlich so weitgehender Verpflichtungen, wie sie sich aus der Kreditgewährung ergeben, ein entsprechender Verpflichtungswille des Kreditinstituts in keinem Fall vermutet werden könne.400 Richtigerweise ist hier allerdings von den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre auszugehen.401 Danach ist es nicht pauschal auszuschließen, dass ein Krediteröffnungsvertrag stillschweigend abgeschlossen wird. Denn jenseits des § 492 BGB sieht das insoweit zu Grunde zu legende Darlehensrecht gerade kein Schriftformerfordernis vor – anders als etwa § 766 BGB. Allerdings wird nur in seltenen Fällen eine bestimmte Praxis der Kreditgewährung in der Vergangenheit auch den Schluss auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen des Kreditinstituts zulassen.402 Allein der tatsächlichen Handhabung früherer Kreditgeschäfte lässt sich keine Festlegung für die zukünftige Kreditgewährung entnehmen.403 Im Einzelfall kann es schwerfallen festzustellen, ob die Parteien sich über den Abschluss ei- 111 nes Krediteröffnungsvertrags oder bereits über die eigentliche Kreditgewährung geeinigt haben. Oft lässt sich dies jedoch durch Auslegung der Vereinbarung selbst klären: Für den Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags spricht insbesondere die Abrechnung einer Bereitstellungsprovision bezogen auf die gesamte Vertragslaufzeit, während eine pauschalierte Nichtabnahmeentschädigung nur für den Fall des Nichtabrufs auf den Abschluss eines konkreten Kreditgeschäfts hinweist.404 Diese Grundsätze gelten auch für die Einordnung des so genannten Forward-Darlehens, bei dem die zur Zeit des Vertragsschlusses geltenden Zinskonditionen für eine zukünftige Valutierung des Darlehens bereits festgeschrieben werden (vgl. unten Vierter Teil Rn 233).405 b) Kein Vertragsschluss. Aus der wirtschaftsrechtlichen Sonderstellung der Kreditinstitute 112 (oben Vierter Teil Rn 11) folgt kein allgemeiner Kontrahierungszwang zur Krediteröffnung.406 Vielmehr hat der Gesetzgeber mit den Regeln des KWG eine Grundentscheidung für den freien Wettbewerb auf den Kreditmärkten getroffen.407 Ein Kontrahierungszwang kommt danach allenfalls in Fällen des Marktversagens in Betracht. Er kann sich jedenfalls aus den allgemeinen Wettbewerbsregeln wie dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot nach § 20 GWB und dem

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397 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 18; siehe auch BuB/Früh134, Rn 3/83a. 398 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bock5 § 18 Rn 18; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 57. 399 Offen gelassen in BGH WM 1984, 1181. 400 Stauder S. 91; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 57; so auch OLG Nürnberg WM 1984, 1179 (1181). 401 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1208; BuB/Früh134, Rn 3/17a; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/2; i.E. BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 18. 402 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1208; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorb. zu §§ 607 ff. Rn 249, 256. 403 BGH WM 1984, 1181; hierzu auch BuB/Früh134, Rn 3/17a. 404 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 3; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 3; kritisch hinsichtlich der Aussagekraft einer Bereitstellungsprovision Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 419; zur Nichtabnahmeentschädigung: BGHZ 146, 5; Peters/Wehrt WM 2003, 1509 (1513). 405 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 4; zum Begriff des Forward-Darlehens Rösler WM 2000, 1930; Peters/Wehrt WM 2003, 1509. 406 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (148 ff.); Berger FS H. P. Westermann 2008, S. 109 (113 f.); Berger BKR 2009, 45 (47); BuB/Früh134, Rn 3/44; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 23; allgemein zum Kontrahierungszwang siehe Bydlinski AcP 180 (1980), 1. 407 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer5 Einführung Rn 14 f.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Verbot des Monopolmissbrauchs nach § 826 BGB ergeben.408 Dagegen hat die Befürchtung einer Kreditklemme nach der jüngsten Finanzkrise den Gesetzgeber nicht zur Annahme eines Marktversagens veranlasst: Aus § 5 Abs. 2 Nr. 2 FMStFV i.V.m. § 7 FMStFG folgen für Kreditinstitute, die unter Beteiligung des Finanzmarktstabilisierungsfonds rekapitalisiert werden, zwar bestimmte Vorgaben hinsichtlich der Konditionen einer Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen; eine Pflicht zur Kreditgewährung wird dort aber gerade nicht aufgestellt.409 113 Mit dem Gedanken des Marktversagens lässt sich erklären, dass mit Blick auf die Sanierung des Unternehmens eine Pflicht der Kreditinstitute zur (weiteren) Krediteröffnung diskutiert wird. Denn oftmals ist dem kreditnehmenden Unternehmen gerade aufgrund seiner engen Bindung an ein bestimmtes Kreditinstitut in der Krise ein Ausweichen auf alternative Kreditgeber nicht mehr möglich.410 Dass es in dieser Situation zu einem Marktversagen kommen kann, ist aber keine hinreichende Begründung für die Annahme eines Kontrahierungszwangs.411 Da es insoweit an einer gesetzlichen Vorgabe fehlt, kann sich eine Verpflichtung zur Krediteröffnung auch im Sanierungsfall nur aus privatautonomer Selbstbindung ergeben.412 Grundsätzlich bleibt es daher dem Kreditinstitut überlassen, ob es einen notleidenden Kreditnehmer fallen lassen will.413 Es ist allerdings denkbar, dass das Kreditinstitut in einer Sanierungssituation bewusst neben dem Ausfall- auch das Verwendungsrisiko des Kredits übernimmt mit der Folge, dass sich die kredittypische Risikoverteilung (oben Vierter Teil Rn 98) wesentlich verschiebt.414 Privatautonome Grundlage einer solchen Risikoübernahme kann insbesondere die Beteili114 gung des Kreditinstituts an einer Sanierungsgemeinschaft in Gestalt einer Innen-GbR oder zumindest einer „Gemeinschaft mit gesellschaftsähnlichen Zügen“ sein, deren Zweck die Sanierung des kreditnehmenden Unternehmens ist.415 Die Begründung einer solchen Sanierungsgemeinschaft ist nicht leichtfertig anzunehmen, denn vielfach werden unterschiedliche Kreditgeber in der Krise des Kreditnehmers in erster Linie an der Begrenzung eigener Verluste interessiert sein und keinen weitergehenden gemeinsamen Zweck verfolgen. Im Rahmen einer Sanierungsgemeinschaft ist es allerdings denkbar, dass für das Kreditinstitut eine Treuepflicht besteht, bei der Rettung des Unternehmens im Rahmen des Zumutbaren mitzuwirken.416 Nicht in jedem Fall folgt hieraus eine Pflicht zur (weiteren) Kreditgewährung, der Gehalt der Treuepflicht bestimmt sich vielmehr nach der konkreten Zwecksetzung der Sanierungsvereinbarung und der zwischen den Parteien vereinbarten Risikoverteilung. Zumindest aber ist das Kreditinstitut unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchsverbots verpflichtet, Sanierungsbemühungen anderer Beteiligter nicht ohne hinreichenden Grund zunichte zu machen.417

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408 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (150); BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 23; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 27. 409 Berger BKR 2009, 45 (46); für die Einführung eines solchen Kontrahierungszwanges sprechen sich jedoch vorsichtig Mann/Leyendecker BB 2009, 226 (229) aus. 410 Canaris ZHR 143 (1979), 113 (125); Wiegelmann S. 191 f.; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1272. 411 In diese Richtung aber Vuia S. 338. 412 I.E. ebenso BuB/Früh134, Rn 3/45a f; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 115 f. 413 BGHZ 90, 381 (399); BGH NJW 2001, 2632 (2633); OLG Zweibrücken WM 1984, 1635; OLG Frankfurt MDR 1986, 849; OLG Düsseldorf WM 1989, 1838; Hopt ZHR 143 (1979), 139 (148 f.); Batereau WM 1992, 1517 (1517 ff.); Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 114; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 93 f.; Überblick zur Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bei BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 30 ff. 414 Berger FS H. P. Westermann (2008), S. 109 (115); MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 95. 415 OLG Celle NJW 1965, 399; KG ZIP 1980, 963 (964); Mühl NJW 1956, 401 (403) („Rechtsgemeinschaft …, die zumindest gesellschaftsähnlichen Charakter hat, wenn sie nicht sogar als Gesellschaft aufzufassen ist“); Eidenmüller ZHR 160 (1996), 343 (369) („schlichte Interessengemeinschaft“); Würdinger Theorie der schlichten Interessengemeinschaft S. 66; Eidenmüller Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 551 ff., 583 ff. („gesellschaftsähnliche Verbindung“); kritisch Voglis S. 145 ff.; offen gelassen in BGHZ 116, 327 (328). 416 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (160); zur Verallgemeinerung dieses Gedankens Canaris ZHR 143 (1979), 113 (116 f.); differenzierend Ebenroth/Grashoff BB 1992, 865 (869); Eidenmüller ZHR 160 (1996), 343 (368); Vuia S. 387 f. 417 Vuia S. 388.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

In allen anderen Fällen muss gefragt werden, ob sich das Kreditinstitut unmittelbar gegen- 115 über dem Kreditnehmer vertraglich zu einer Beteiligung an der Sanierung verpflichtet hat. Das ist dann der Fall, wenn das Kreditinstitut durch eindeutiges Verhalten, etwa durch bestimmte Erklärungen mit Blick auf seine Absicht zur Fortsetzung der Sanierung, die tatsächliche Grundlage für ein berechtigtes Vertrauen des Kreditnehmers geschaffen hat.418 Im Grunde geht es dabei allein um die Feststellung und Auslegung eines nach außen erkennbar gewordenen Rechtsbindungswillens nach §§ 133, 157 BGB. Die Frage ist hier also weniger, ob das Kreditinstitut zum Vertragsschluss verpflichtet ist, als vielmehr, ob es bereits einen Vertrag geschlossen hat. Fehlt es an einer entsprechenden gesellschaftsrechtlichen oder schuldvertraglichen Abrede, 116 so ist das Kreditinstitut nicht zur (weiteren) Krediteröffnung verpflichtet. Ein weitergehender Kontrahierungszwang aufgrund des Verbots widersprüchlichen Verhaltens oder des Verbots übermäßiger Schädigung aus § 242 BGB ist abzulehnen.419 Ein solcher Kontrahierungszwang ist nicht nur dogmatisch schwer zu konstruieren, weil es jenseits der genannten Fälle (gesellschafts)vertraglicher Selbstbindung an einem haftungsbegründenden Vertrauensschuldverhältnis fehlt.420 Er würde auch dem Dilemma nicht gerecht, in dem sich das Kreditinstitut in der Sanierungssituation befindet: Einerseits wird von dem Kreditinstitut eine Beteiligung an der Sanierung des Unternehmens erwartet, andererseits kann es bei Fehlschlagen der Sanierung wegen Gläubigergefährdung und Insolvenzverschleppung haften.421 Zudem zwingt auch das Aufsichtsrecht die Kreditinstitute zur Vermeidung übermäßiger Kreditrisiken (oben Vierter Teil Rn 15).422 All das schließt jedoch nicht aus, dass in der Sanierungssituation die Kündigungsrechte des Kreditinstituts für bereits laufende Kredite beschränkt sein können (unten Vierter Teil Rn 140–142 und unten Vierter Teil Rn 394). Einen gänzlich anders gelagerten Fall des Marktversagens sucht der Gesetzgeber mit den 117 §§ 19, 21 AGG zu bekämpfen, die grundsätzlich auch auf Krediteröffnungsverträge Anwendung finden können. Verhindert würde damit, dass bestimmte Personengruppen in irrationaler Weise diskriminiert werden und damit von vornherein keinen Zugang zum Kreditmarkt erhalten.423 Streitig ist allerdings, inwieweit es sich bei Krediteröffnungs- und Darlehensverträgen um Massengeschäfte handelt, für die der Anwendungsbereich des AGG nach § 19 Abs. 1 AGG eröffnet ist. Um Massengeschäfte im engeren Sinne nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 AGG handelt es sich nach einhelliger Meinung nur dann, wenn die Krediteröffnung und -vergabe von keinerlei Bonitätsprüfung abhängig gemacht wird.424 Allerdings wird es sich bei der standardisierten Krediteröffnung und -vergabe durch die Kreditinstitute oftmals um Massengeschäfte im weiteren Sinne nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AGG handeln, da es hier auf die Person des Kreditnehmers jenseits abstrakter Risikomerkmale regelmäßig nicht ankommt.425 Kommt es im Anwendungsbereich des AGG zu einer verbotenen Diskriminierung, so kann der Betroffene Beseitigung der Beeinträchti-

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418 Berger BKR 2009, 45 (49 f.); MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 94. 419 BGHZ 90, 381 (399); OLG München WM 1994, 1028; Pleyer GS Schulz (1978), S. 271 (278); Hopt ZHR 143 (1979), 139 (159 f.); Obermüller ZIP 1980, 1059 (1061 f.); Westermann ZIP 1982, 379 (380); Claussen ZHR 147 (1983), 195 (200); Batereau WM 1992, 1517 (1519); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 116; aA Canaris ZHR 143 (1979), 113 (25 ff.); Mertens ZHR 143 (1979), 174 (175); Eidenmüller ZHR 160 (1996), 343 (373); BuB/Früh134, Rn 3/45a; Knops/Bamberger/MaierReimer/Bamberger § 16 Rn 72 ff.; Derleder/Knops/Bamberger/Knops3 § 21 Rn 26 f. 420 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (158); aA Canaris ZHR 143 (1979), 113 (124); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1211. 421 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (164 f.); MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 94. 422 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 116; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 94. 423 Zu Antidiskriminierungsrechten als Rationalisierungsgeboten Renner KritV 2010, 53. 424 Thüsing ZGS 2005, 49 (50); Schürnbrand BKR 2007, 305 (306); Adomeit/Mohr2 § 2 AGG Rn 170; Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 116a. 425 Bachmann ZBB 2006, 257 (266 f.); Schiek/Kocher § 19 AGG Rn 14; Däubler/Bertzbach/Franke/Schlichtmann4 § 19 AGG Rn 36; Palandt/Grüneberg77 § 19 AGG Rn 3; aA Schürnbrand BKR 2007, 305 (306 ff.); vgl. auch Adomeit/ Mohr2 § 2 AGG Rn 170; Bauer/Krieger4 § 19 AGG Rn 9; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 116a.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

gung oder Schadensersatz verlangen; aus dem gesetzlichen Beseitigungsanspruch des Betroffenen kann auch ein Kontrahierungszwang des Kreditinstituts erwachsen.426 3. Rechtspflichten a) Pflicht des Kreditinstituts zur Kreditgewährung. Die Hauptpflicht des Kreditinstituts aus dem Krediteröffnungsvertrag besteht darin, die versprochene Darlehensvaluta bereitzuhalten, um sie auf Abruf zur Verfügung stellen zu können.427 Dem Kreditnehmer steht somit ein verhaltener Anspruch auf Kreditgewährung zu, der mit Vertragsschluss fällig, jedoch erst mit Abruf des Kredits erfüllbar wird. Dementsprechend muss das Kreditinstitut für den Fall des Abrufs stets leistungsbereit sein.428 Mit Ausübung des rechtsgestaltenden Abrufrechts (oben Vierter Teil Rn 107) wandelt sich die allgemeine Bereitstellungspflicht des Kreditinstituts in einen konkreten Erfüllungsanspruch auf Auszahlung des Kredits.429 Art des Kredits, Kreditlinie sowie üblicherweise die Laufzeit und der revolvierende Charakter der Kreditbeziehung sind bereits durch den Krediteröffnungsvertrag festgelegt (oben Vierter Teil Rn 106). 119 Da der Zweck des Kreditgeschäfts die Überlassung von Kaufkraft ist (oben Vierter Teil Rn 1 und oben Vierter Teil Rn 98), kann das Kreditinstitut seine Pflicht zur Kreditgewährung auf Abruf nur erfüllen, indem es nach Zustandekommen des jeweiligen Einzelkreditvertrags die versprochene Kaufkraft auch tatsächlich zur Verfügung stellt.430 Der Kreditbetrag muss beim Zahlungskredit effektiv, wenngleich nicht zwingend in Barmitteln (unten Vierter Teil Rn 180), ausgezahlt, beim Haftungskredit muss wirksam eine Haftung übernommen werden. Das Kreditinstitut kann daher grundsätzlich gegen die Forderung des Kreditnehmers auf Kreditgewährung nicht mit eigenen Ansprüchen, etwa im Rahmen eines Kontokorrents, aufrechnen, kann an der Forderung des Kreditnehmers kein Pfandrecht und auch kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Soweit die AGB-Banken und die AGB-Sparkassen Derartiges dennoch vorsehen (etwa in Nr. 14 AGB-Banken und Nr. 21 AGB-Sparkassen), sind diese Möglichkeiten beim Abschluss des Krediteröffnungsvertrags regelmäßig durch eine konkludente Individualabrede i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB abbedungen worden.431 Freilich kann etwa eine Aufrechnungsmöglichkeit jederzeit individualvertraglich eingeräumt werden; dies bedarf aber einer hinreichend eindeutigen Vereinbarung.432 120 Ob der Anspruch auf Kreditgewährung aus dem Krediteröffnungsvertrag abtretbar ist, ist eine Einzelfallfrage. Teilweise wird allerdings die Abtretbarkeit des Anspruchs mit Blick auf § 399 Alt. 1 BGB schlechthin bestritten, weil es sich bei den Ansprüchen des Kreditnehmers aus dem Krediteröffnungsvertrag um unselbständige und höchstpersönliche Rechte handle.433 Richtigerweise ist hier zu differenzieren: Mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags entsteht einerseits das Abrufrecht des Kreditnehmers, andererseits aber auch ein verhaltener Anspruch auf Kreditgewährung (oben Vierter Teil Rn 118). Ersteres ist als Gestaltungsrecht bezüglich der ursprünglichen Kreditbeziehung (oben Vierter Teil Rn 107) tatsächlich höchstpersönlicher Natur 118

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426 Insoweit zutreffend Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 116a mit Nachweisen aus der allgemeinen AGG-Literatur; aA Bachmann ZBB 2006, 257 (265 f.); Schürnbrand BKR 2007, 305 (310 f.). 427 BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/87; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 26; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 425. 428 Schoen S. 105; Stauder S. 97; aA insoweit Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1216. 429 BGHZ 157, 350 (355 f.). 430 BGHZ 71, 19 (21); Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/3. 431 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1220; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 72; wohl auch BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 24; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 37; kritisch BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/88b. 432 BGHZ 71, 19 (21); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 159; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 37; Erman/Saenger15 Vor § 488 Rn 7; Palandt/Weidenkaff 77 § 488 Rn 5. 433 So MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 65; in diese Richtung wohl auch RGZ 66, 359 (361) und Stauder S. 130.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

und nach § 399 Alt. 1 BGB nicht übertragbar.434 Letzterer aber ist als solcher nicht höchstpersönlicher Natur. Es ist zwar zutreffend, dass der Kreditgeber den Krediteröffnungsvertrag nur mit einer bestimmten Person und mit Rücksicht auf deren Kreditwürdigkeit abschließt.435 Allerdings wird durch die Abtretung des Anspruchs auf Kreditgewährung die Pflicht des Kreditnehmers zur Zahlung von Zinsen und Provisionen sowie zur Rückzahlung des Kredits regelmäßig nicht berührt, und damit auch das Kreditinstitut nicht in seinen Interessen beeinträchtigt.436 An der ursprünglichen Risikoverteilung des Kreditvertrags (oben Vierter Teil Rn 98) ändert sich durch die Abtretung des Anspruchs auf Kreditgewährung nichts. Allerdings ist es denkbar, dass diese Risikoverteilung im Einzelfall schon von vornherein dadurch verschoben war, dass die Kreditgewährung mit einer bestimmten Zweckbindung versehen wurde und das Kreditinstitut damit auch das Verwendungsrisiko des Kredits mit übernommen hat. In einem solchen Fall würde die Abtretung zu einer Inhaltsänderung des Anspruchs führen, sie ist damit – vorbehaltlich einer Zustimmung des Kreditinstituts analog § 185 BGB – nach § 399 Alt. 1 BGB ausgeschlossen.437 Im Übrigen ist es ohne weiteres möglich, dass die Parteien sich rechtsgeschäftlich auf einen Abtretungsausschluss einigen, § 399 Alt. 2 BGB. Ebenso wie die Abtretung des Anspruchs auf Kreditgewährung ist auch seine Verpfändung 121 möglich, § 1274 BGB.438 Allerdings ist die Verpfändung gegenüber der einfacheren Sicherungszession praktisch bedeutungslos, weil die erforderliche Verpfändungsanzeige beim Kreditgeber Zweifel an der Kreditfähigkeit des Kreditnehmers hervorrufen kann.439 Da es sich bei dem Anspruch auf Kreditgewährung um einen übertragbaren Anspruch han- 122 delt, ist auch die Pfändung des Anspruchs nicht nach § 851 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen.440 Nach dem Wortlaut des § 851 Abs. 2 ZPO ist eine Pfändung grundsätzlich auch dann möglich, wenn eine Abtretung nach § 399 BGB – durch Zweckbindung des Kredits oder rechtsgeschäftliche Abrede – ausgeschlossen ist. § 851 Abs. 2 ZPO ist hinsichtlich des zweckgebundenen Kredits auch nicht teleologisch dahin zu reduzieren, dass eine Pfändung des Anspruchs auf Kreditgewährung nicht zulässig wäre, wenn seine Abtretung nach § 399 Alt. 1 BGB ausgeschlossen wurde.441 Insoweit ist vielmehr zu differenzieren. Vor Abruf des Kredits besteht noch kein Zahlungsanspruch (oben Vierter Teil Rn 118); das Abrufrecht als persönliches Gestaltungsrecht des Kreditnehmers ist nicht pfändbar.442 In dieser Konstellation überwiegt zudem das Interesse des Kreditgebers an der zweckgemäßen Verwendung des Kredits das Sicherungsinteresse des pfändenden Gläubigers, weil aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Kredit überhaupt nicht mehr zweckgerichtet verwendet werden könnte.443 Anders liegt der Fall aber, wenn der Kredit

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434 BGHZ 157, 350 (356). Auch ein Übergang nach § 401 BGB scheidet aus, weil es sich nicht nur um ein Nebenrecht des Anspruchs auf Kreditgewährung handelt, vgl. BuB/Früh134, Rdn 3/92; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 16; aA insoweit Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1224. 435 MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 64 f. 436 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1224; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 16; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 451. 437 Lwowski/Weber ZIP 1980, 609, 610; Stauder S. 131 f. und 133 f.; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1223; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 77; BuB/Früh134, Rn 3/92. 438 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 17; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 454. 439 Stauder S. 137. 440 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1225; aA Stauder S. 137; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 65. 441 So aber Erman GS R. Schmidt (1966), S. 261, 269 f.; Stauder S. 137 f.; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1225; BuB/Früh134, Rn 3/93. 442 BGHZ 157, 350 (356 f.); Lwowski/Bitter WM-Festgabe für Thorwald Hellner (1994), S. 57, 67; Wagner WM 1998, 1657 (1659 f.) (allerdings unter Verweis auf die Pfändbarkeit des künftigen Auszahlungsanspruchs schon vor Abruf); Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht3, § 4 Rn 8; BankR-HdB/Bitter5 § 33 Rn 78; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 189; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 147; kritisch Bitter WM 2004, 1109; aA Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorb. zu §§ 607 ff. Rn 281; nur in der Begründung abweichend Wagner JZ 1985, 718 (720 f.): Abrufrecht als unselbstständiges Gestaltungsrecht grundsätzlich pfändbar, jedoch nach § 835 I ZPO von einer Überweisung ausgenommen. 443 Insoweit zutreffend Stauder S. 138; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1225.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

bereits abgerufen wurde: Hier hat der Vollstreckungsschuldner die Valuta bereits seinem Vermögen einverleibt und soll sie nun nach den vorrangigen Wertungen des Zwangsvollstreckungsrechts (vgl. §§ 135, 136 BGB) nicht mehr dem Vollstreckungsgläubiger entziehen können.444 b) Pflicht des Kreditnehmers zur Provisions- und Zinszahlung. Mit Abschluss des Krediteröffnungsvertrags verpflichtet sich der Kreditnehmer regelmäßig zur Zahlung einer Bereitstellungsprovision. In der Sache handelt es sich, auch wenn die Provision in Form von „Bereitstellungszinsen“ gezahlt wird, nicht um Zinsen im Rechtssinne, sondern um ein vertragliches Leistungsentgelt für die Bereithaltung der Darlehensvaluta.445 Die Pflicht zur Provisionszahlung ist dem Krediteröffnungsvertrag allerdings nicht wesentlich; das Kreditinstitut kann sich grundsätzlich auch unentgeltlich zur Krediteröffnung verpflichten.446 Die Pflicht zur Provisionszahlung muss daher von den Parteien vereinbart werden.447 Üblicherweise ist eine entsprechende Klausel in den AGB der Kreditinstitute enthalten. Ihre Rechtfertigung finden solche AGBKlauseln darin, dass sich die Kreditinstitute, insbesondere wenn es sich um Pfandbriefbanken handelt (vgl. oben Vierter Teil Rn 74), regelmäßig bereits im Zeitpunkt der Kreditzusage endgültig refinanzieren müssen.448 Formularmäßig vereinbarte Bereitstellungsprovisionen sind Leistungsbeschreibungen in Gestalt von Preisregelungen, weil sie die Hauptleistungspflicht des Kreditnehmers aus dem Krediteröffnungsvertrag bestimmen. Anders als Bearbeitungsgebühren im Rahmen eines Darlehensvertrags (unten Vierter Teil Rn 209–211) unterliegen sie daher nicht der Klauselkontrolle, weil sie nicht zu einer Änderung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB führen.449 Es handelt sich auch nicht um überraschende Klauseln nach § 305c Abs. 1 BGB, weil eine Vergütung des Kreditinstituts für die Bereitstellung des Kredits erwartbar ist.450 Als üblich gelten dabei Bereitstellungszinsen von etwa 3% p.a.451 Hiervon ausgehend ist es aber auch möglich, wenngleich kaum praxisrelevant, dass eine Pflicht zur Provisionszahlung konkludent vereinbart wird. Allein der Rechtsgedanke des § 354 HGB, wonach eine Leistung in Ausübung eines Handelsgewerbes im Zweifel nicht unentgeltlich erbracht wird, trägt dieses Ergebnis allerdings nicht,452 zumal er jedenfalls nur für Handelsgeschäfte Geltung beanspruchen kann. Dem Kreditnehmer muss vielmehr aus den konkreten Umständen des Vertragsschlusses oder aus seiner bisherigen Geschäftsbeziehung ersichtlich sein, dass das Kreditinstitut den vereinbarten Kredit nur gegen Zahlung einer Provision bereitstellt. Gibt es dann für die Höhe der vereinbarten Provision keine Anhaltspunkte, so ist davon auszugehen, dass dem Kreditinstitut die Bemessung der Provision im Rahmen des § 315 BGB überlassen wurde.453 Die Pflicht des Kreditnehmers zur Vergütung für die Kreditgewährung folgt im Übrigen 124 aus den Kreditgeschäften, die im Einzelnen auf Grundlage des Krediteröffnungsvertrags abgeschlossen wurden.454 Beim Gelddarlehen wird die Vergütung regelmäßig in Gestalt von Zinsen 123

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444 BGHZ 147, 193 (198); BankR-HdB/Bitter5 § 33 Rn 77. 445 BGH BB 1978, 833; BGH NJW-RR 1986, 467; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1226; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/103a; BankR-HdB/Krepold5 § 78 Rn 125; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 17; Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 204; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 195. 446 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1200 und 1226; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht3 § 4 Rn 6. 447 AA insoweit Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1226; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 6. 448 BGH NJW 1986, 1807 (1809); BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/103a f. 449 OLG Koblenz WM 1983, 802 (803); BankR-HdB/Krepold 5 § 78 Rn 127. 450 BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/103a f; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 6. 451 Vgl. BGH WM 1985, 156; BGH NJW 1986, 1807; BGH NJW 1994, 1275; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/104; BankR-HdB/Krepold5 § 78 Rn 125. 452 So aber Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1226; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/103b; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 6. 453 Insoweit zutreffend BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 6. 454 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1227.

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gezahlt (unten Vierter Teil Rn 191–194), bei der Kreditleihe üblicherweise in Form einer Provision (unten Vierter Teil Rn 294 und unten Rn 968). c) Keine Pflicht des Kreditnehmers zum Abruf. Der Kreditnehmer ist grundsätzlich nicht 125 verpflichtet, den Kredit abzurufen. Vielmehr entspricht es der Rechtsnatur des Krediteröffnungsvertrags als eines Grund- und Rahmenvertrags (oben Vierter Teil Rn 106), dass der Abruf des Kredits zur Disposition des Kreditnehmers gestellt wird.455 Allerdings steht es den Parteien frei, abweichend von diesem Grundsatz eine Abrufpflicht des Kreditnehmers zu vereinbaren. In der Praxis wird eine solche Pflicht regelmäßig mit der Vereinbarung über eine Nichtabnahmeentschädigung verbunden.456 Dann stellt sich allerdings regelmäßig die Frage, ob tatsächlich ein Krediteröffnungsvertrag und nicht bereits eine konkrete Kreditgewährung vereinbart wurde (oben Vierter Teil Rn 111).457 Die Nichtabnahmeentschädigung ist ein Schadensersatzanspruch für den Fall eines Verstoßes gegen die vereinbarte Abrufpflicht; sie kann auch formularmäßig vereinbart und pauschaliert werden (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 215–219). d) Pflicht des Kreditnehmers zur Stellung von Sicherheiten. Unmittelbar aus dem Kre- 126 diteröffnungsvertrag folgt regelmäßig eine Pflicht des Kreditnehmers zur Stellung banküblicher und für das Kreditinstitut geeigneter Sicherheiten, also vornehmlich solcher mit leichter und rascher Verwertbarkeit.458 Formularmäßig wird dies in Nr. 13 AGB-Banken vereinbart. Angesichts des schutzwürdigen Sicherungsinteresses des Kreditinstituts bestehen gegen die Wirksamkeit einer solchen Klausel keine Bedenken.459 Allerdings hat das Kreditinstitut keinen Anspruch auf die Stellung einer bestimmten Art der Sicherheit, sondern nur auf die Bestellung einer geeigneten Sicherheit schlechthin, deren Wahl nach § 232 BGB dem Kreditnehmer überlassen bleibt.460 e) Pflicht des Kreditnehmers zur Rückzahlung. Die Pflicht des Kreditnehmers zur Rück- 127 zahlung des valutierten Kredits folgt aus dem jeweiligen konkreten Kreditgeschäft, beim Gelddarlehen etwa aus der Rückzahlungspflicht gem. § 488 Abs. 1 S. 2 BGB (unten Vierter Teil Rn 187, 188).461 Gegen den Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts kann der Kreditnehmer grundsätzlich mit eigenen Forderungen aufrechnen; weder ist dem Krediteröffnungsvertrag ohne Weiteres ein konkludenter Aufrechnungsausschluss zu entnehmen, noch bedeutet der Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags mit der Absicht, bestrittene Forderungen durch Aufrechnung durchzusetzen, eine arglistige Täuschung.462 Anders kann sich dies aber für einen Kredit mit einer bestimmten Zweckbindung darstellen.463 4. Leistungsstörungen. Leistungsstörungen im Zusammenhang mit dem Krediteröffnungs- 128 vertrag treten in erster Linie bei der Durchführung einzelner Kreditgeschäfte auf. Soweit die Leistungsstörungen den Krediteröffnungsvertrag als solchen betreffen, ist von einer Anwend-

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455 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1230; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 6 f.; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 217; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 430. 456 Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 67; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 7; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 18 ff. 457 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1231; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 3. 458 BGH NJW 1990, 1356 (1358); Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 267; Baumbach/Hopt/Hopt38 AGB-Banken Rn 13/3. 459 BGH WM 1979, 1176 (1179); BGH WM 1981, 150 (151); Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 265. 460 BGHZ 33, 389 (393 ff.); BGH WM 1984, 1178 (1179); Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 273. 461 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1228; für das Gelddarlehen MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 42. 462 RG JW 1929, 2705. 463 BGHZ 25, 211.

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barkeit der Regeln über das Gelddarlehen auszugehen (oben Vierter Teil Rn 108), so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (unten Vierter Teil Rn 212–222). Die größte Relevanz dürften dabei einerseits Pflichtverletzungen des Kreditinstituts bei der Bereithaltung des Kredits, andererseits Verletzungen einer vertraglich vereinbarten Abrufpflicht des Kreditnehmers (oben Vierter Teil Rn 125) haben. 5. Beendigung 129

a) Zeitablauf. Wenn für den Krediteröffnungsvertrag eine bestimmte Laufzeit vereinbart wurde, so endet er mit deren Ablauf. Aufgrund der rechtlichen Trennung zwischen dem Krediteröffnungsvertrag und den darauf basierenden konkreten Kreditgewährungen (oben Vierter Teil Rn 107) wirkt sich dies aber nicht auf bereits gewährte Zahlungs- oder Haftungskredite aus.464 Für letztere gelten vielmehr eigene Laufzeiten, die sich unabhängig vom rechtlichen Schicksal des Krediteröffnungsvertrags aus den jeweils anwendbaren vertraglichen und vertragsrechtlichen Regeln ergeben.465 So ist ein Gelddarlehen mangels anderweitiger Abrede gem. § 488 Abs. 3 BGB nach separater Kündigung mit dreimonatiger Kündigungsfrist zurückzuzahlen. Dies kann bereits vor Ablauf des Krediteröffnungsvertrags der Fall sein, so dass der Kreditnehmer unter Umständen zur erneuten Inanspruchnahme eines Kredits gezwungen ist; das einzelne Gelddarlehen kann aber in seiner eigenen Laufzeit auch über die Laufzeit des Krediteröffnungsvertrags hinaus reichen.

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b) Rücktritt. Wegen Leistungsstörungen (oben Vierter Teil Rn 128) kann der Krediteröffnungsvertrag grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der §§ 323 ff. BGB durch Rücktritt beendet werden. Da es sich beim Krediteröffnungsvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt (oben Vierter Teil Rn 108), führt der Rücktritt allerdings nur dann zur Rückabwicklung des Krediteröffnungsvertrags, wenn letzterer noch nicht durch die Gewährung konkreter Kredite ins Erfüllungsstadium eingetreten ist.466 Ab diesem Zeitpunkt tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts die Möglichkeit zur fristlosen Kündigung des Krediteröffnungsvertrags.467 Ein Rücktrittsrecht nach §§ 323 ff. BGB besteht nur für die Verletzung von Pflichten, die in 131 einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen.468 Dies betrifft in erster Linie die Bereitstellungspflicht des Kreditinstituts (oben Vierter Teil Rn 118) auf der einen und die Pflicht des Kreditnehmers zur Zahlung der Bereitstellungsprovision (oben Vierter Teil Rn 123) auf der anderen Seite. Im Übrigen ist hier wiederum die rechtliche Trennung von Krediteröffnungsvertrag und Kreditgewährungen (oben Vierter Teil Rn 107) zu beachten. Eine Leistungsstörung im konkreten Kreditverhältnis berechtigt nur dann zum Rücktritt vom Krediteröffnungsvertrag, wenn durch die Pflichtverletzung der Zweck des Krediteröffnungsvertrags insgesamt derart gefährdet wird, dass eine Fortsetzung dieses Vertrags nicht mehr zumutbar ist.469 Ein bloßer Verzug des Kreditnehmers bei der Zinszahlung wird für sich allein im Regelfall nicht ausreichen.470 Vielmehr ist ein-

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464 Vgl. für die Kündigung Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/15. 465 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1233; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 448. 466 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1234; Staudinger/Schwarze2015 § 323 Rn A 32 f.; differenzierend MünchKommBGB/Gaier8 § 314 Rn 3; aA Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 432. 467 Schoen S. 159 ff.; Stauder S. 123; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/164; Staudinger/Schwarze2015 § 323 Rn A 33; Palandt/Grüneberg77 § 323 Rn 4; aA Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 432. 468 Vgl. Staudinger/Schwarze2015 § 323 Rn B 2 ff.; MünchKommBGB/Ernst8 § 323 Rn 13; Soergel/Gsell13 § 323 Rn 7; aA Palandt/Grüneberg77 § 323 Rn 10; Jauernig/Stadler17 § 323 Rn 5a. 469 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1236; so auch Voglis S. 126; zum Sukzessivlieferungsvertrag allgemein MünchKommBGB/Emmerich8 § 320 Rn 6; MünchKommBGB/Westermann8 Vor § 433 Rn 32 ff. 470 Stauder S. 159; aA wohl Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1235.

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zelfallbezogen zu prüfen, ob dem Kreditinstitut eine Fortführung des Krediteröffnungsvertrags unter den gegebenen Umständen noch zumutbar ist.471 c) Ordentliche Kündigung. Eine ordentliche Kündigung des Krediteröffnungsvertrags ist 132 unproblematisch möglich, wenn dies vertraglich vereinbart wurde.472 Dementsprechend sehen Nr. 18 Abs. 1, Nr. 19 Abs. 1 und 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Krediteröffnungsvertrags sowohl für das Kreditinstitut als auch für den Kreditnehmer vor. Danach kann der Kreditnehmer „die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen“ mit dem Kreditinstitut jederzeit und ohne Kündigungsfrist beenden (Nr. 18 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen). Umgekehrt kann das Kreditinstitut „die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Geschäftsbeziehungen“ jederzeit, aber nur unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist beenden, Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen. Unbefristete Kreditlinien kann das Kreditinstitut jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 228). Jenseits formularmäßiger oder individualvertraglicher Abreden bestimmt sich die ordentli- 133 che Kündbarkeit des Vertrags für den Kreditnehmer nach §§ 488 Abs. 3, 489 Abs. 1, 2 BGB (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 229–237),473 da auf den Krediteröffnungsvertrag im Wesentlichen die Regeln über das Gelddarlehen Anwendung finden (oben Vierter Teil Rn 108). Dementsprechend kann etwa ein Krediteröffnungsvertrag mit festem Zinssatz vom Kreditnehmer gekündigt werden, wenn die Zinsbindung vor Vertragsablauf (§ 489 Abs. 1 Nr. 1) oder aber zehn Jahre nach Gewährung des Kredits (§ 489 Abs. 1 Nr. 2) endet,474 wobei „vollständiger Empfang“ des Kredits sich mangels Abrufpflicht des Kreditnehmers auf die jeweils letzte Kreditgewährung bezieht.475 Die Möglichkeit einer Kündigung nach § 489 Abs. 1 BGB wird man allerdings entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 542 Abs. 1, 2, 620 Abs. 1, 2 BGB auf Verträge ohne bestimmte Laufzeit beschränken müssen.476 Nach § 489 Abs. 2 BGB ist eine ordentliche Kündigung für den Kreditnehmer, unabhängig vom Bestehen einer Laufzeitbegrenzung, außerdem dann möglich, wenn ein variabler Zinssatz vereinbart wurde. Die Kündigungsmöglichkeiten nach § 489 Abs. 1 und 2 BGB können gem. § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht zu Lasten des Kreditnehmers abbedungen werden, es sei denn bei dem Kreditnehmer handelt es sich um eine der in S. 2 genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts.477 Auch Erschwerungen in Gestalt einer Vertragsstrafe oder einer Vorfälligkeitsentschädigung sind unzulässig.478 d) Außerordentliche Kündigung. Ein außerordentliches Kündigungsrecht für die gesamte 134 Geschäftsbeziehung zum Kunden, und damit auch für den Krediteröffnungsvertrag, bedingen sich die Kreditinstitute formularmäßig in Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGBSparkassen aus (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 239–245). Ein gesetzliches Recht zur außerordentlichen Kündigung für beide Parteien gewährt darüber hinaus § 490 BGB (im Einzelnen

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471 So zutreffend Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1235. 472 Stauder S. 152 f.; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/140a; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 437. 473 Sonnenhol WM 2002, 125; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 28; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 435; für § 609 BGB a.F. Stauder S. 153; aA für § 609 BGB a.F. Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1243. 474 Zur „Doppelsicherung“ des deutschen Pfandbriefsystems durch den Ausschluss eines Kündigungsrechtes des Darlehensnehmers während der Laufzeit der Festzinsvereinbarung und die Verpflichtung zur Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung vgl. Krepold/Kropf WM 2015, 1 (8 ff.). 475 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 28 und 38. 476 Insoweit zutreffend Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1242; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/140a. 477 Köndgen WM 2001, 1637 (1642). 478 Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 71.

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unten Vierter Teil Rn 247–253). Erfasst sind damit sowohl die Krediteröffnung für einen Zahlungskredit als auch die Krediteröffnung für einen Haftungskredit.479 Für das Kreditinstitut ist eine außerordentliche Kündigung des Krediteröffnungsvertrags nach § 490 Abs. 1 BGB dann möglich, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers oder die Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten wesentlich verschlechtern oder wenn eine solche Verschlechterung droht. Anhand einer Gesamtbetrachtung ist hier zu ermitteln, ob der Kreditnehmer wirtschaftlich noch in der Lage ist, gewährte Kredite zurückzuführen; nur kurzfristige Verzögerungen der Rückzahlung sind nicht wesentlich i.S.d. § 490 Abs. 1 BGB.480 Das Kündigungsinteresse des Kreditgebers muss im Übrigen mit den berechtigten Interessen des Kreditnehmers abgewogen werden (unten Vierter Teil Rn 251). Daher ist die Kündigung nach § 490 Abs. 1 BGB vor Kreditgewährung „im Zweifel stets“ (Alt. 1), nach Kreditgewährung aber nur „in der Regel“ (Alt. 2) möglich. Für den letzten Fall weist die Formulierung „in der Regel“ allerdings darauf hin, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 490 Abs. 1 BGB dem Kündigungsrecht des Kreditgebers gegenüber den Interessen des Kreditnehmers grundsätzlich Vorrang einzuräumen ist.481 Eine außerordentliche Kündigung des Krediteröffnungsvertrags nach Alt. 2 ist immer dann möglich, wenn durch eine Fortführung des Vertrags und die Gewährung weiterer Kredite die Interessen des Kreditgebers so sehr gefährdet wären, dass unter Preisgabe des Kreditnehmerinteresses am Fortbestand des Vertrags „so schnell wie möglich gerettet werden muss, was zu retten ist“.482 Dagegen scheidet eine Kündigung nach erfolgter Kreditgewährung aus, wenn etwa die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers gerade auf die verspätete Auszahlung483 oder die Kündigung484 von Krediten durch das Kreditinstitut zurückzuführen ist, die Kündigung rein willkürlich wäre oder das Kündigungsrecht verwirkt ist (unten Vierter Teil Rn 251).485 Für den Kreditnehmer folgt aus § 490 Abs. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht, wenn er sich im Krediteröffnungsvertrag zur Stellung von Grundpfandrechten verpflichtet hat (vgl. oben Vierter Teil Rn 126) und nun ein Interesse an einer anderweitigen Verwertung der Sicherungsgegenstände hat. § 490 Abs. 2 S. 3 BGB kodifiziert insoweit die gefestigte Rechtsprechung des BGH486 zur Vorfälligkeitsentschädigung des Kreditnehmers bei vorzeitiger Kündigung (unten Vierter Teil Rn 254).487 Über die ausdrückliche Regelung des § 490 BGB hinaus ist eine Kündigung des Krediteröffnungsvertrags aus wichtigem Grund nach § 314 Abs. 1 BGB immer dann möglich, wenn einer der Parteien unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertrags nicht zumutbar ist.488 Beispiele eines wichtigen Grundes für das Kreditinstitut gibt Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen (unten Vierter Teil Rn 258). Danach liegt ein wichtiger Grund, neben der von § 490 BGB erfassten Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers, insbesondere bei Falschangaben des Kreditnehmers über seine Vermögensverhältnis-

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479 Für § 610 BGB a.F. Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1253. 480 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 32; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 27; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 17. 481 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 34. 482 Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 254. 483 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1254. 484 Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 254. 485 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 34 und 36. 486 BGHZ 136, 171; BGH NJW 1997, 2875; BGH NJW 1997, 2978. 487 BT-Drucks. 14/6040, S. 254. Zur Frage der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Kündigung eines Verbraucherdarlehensvertrages infolge Zahlungsverzuges vgl. BGH NJW 2016, 1379; hierzu auch Bunte NJW 2016, 1626; Keding BKR 2016, 244 und Müller WM 2016, 2201. 488 Vgl. entsprechend für § 626 Abs. 1 BGB Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1246; MünchKommBGB/Gaier8 § 314 Rn 6 ff., 16; Jauernig/Berger17 § 490 Rn 13 f.

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se sowie bei einer vertragswidrigen Verweigerung der Stellung von Sicherheiten durch den Kreditnehmer vor. Darüber hinaus kommen hier als Kündigungsgrund alle schwerwiegenden Verstöße gegen vertragliche Haupt- und Nebenpflichten in Betracht.489 An einem wichtigen Grund fehlt es aber, wenn das Kreditinstitut eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung ausspricht, ohne den Kreditnehmer zuvor gewarnt oder abgemahnt zu haben.490 Denn tut es dies nicht, so kann der Kreditnehmer davon ausgehen, das Kreditinstitut habe sein bisheriges Verhalten geduldet und sehe es nicht als vertragswidrig an.491 Aus dem Grundsatz der rechtlichen Trennung von Krediteröffnungsvertrag und Kreditgewährung (oben Vierter Teil Rn 107) folgt im Übrigen, dass die Verletzung von Vertragspflichten, etwa aus einem konkreten Darlehensvertrag, für sich genommen nicht zur Kündigung auch des Krediteröffnungsvertrags berechtigt.492 Für die außerordentliche Kündigung des Kreditnehmers aus wichtigem Grund wiederholt 139 Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen im Wesentlichen den Wortlaut des § 314 BGB, ohne ihn durch die Nennung von Beispielen weiter zu konkretisieren. Spiegelbildlich zum Kündigungsrecht des Kreditgebers (oben Vierter Teil Rn 135) ist als Kündigungsgrund auch hier ein schwerwiegender Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten zu fordern, etwa eine fortgesetzte Verweigerung der vertraglich zugesagten Kreditgewährung. e) Schranken der Kündigungsrechte. Aus denselben Erwägungen, die im Einzelfall eine 140 Pflicht des Kreditinstituts zum Vertragsschluss begründen (oben Vierter Teil Rn 113–116), können sich auch Grenzen für die Möglichkeit einer Kündigung des Krediteröffnungsvertrags ergeben. So kann die Beteiligung an einer Sanierungsgemeinschaft eine konkludente Abbedingung ordentlicher Kündigungsrechte implizieren (unten Vierter Teil Rn 344). Ebenso kann sich ein konkludenter Ausschluss des Kündigungsrechts aus Erklärungen des Kreditinstituts bezüglich einer Verlängerung des Kredits ergeben. Darüber hinaus kann eine Einschränkung der Vertragsfreiheit, die immer auch die Freiheit zur Vertragskündigung umfasst,493 aber nur dann gerechtfertigt sein, wenn angesichts einer Verschiebung der kredittypischen Risikoverteilung für den Kreditnehmer keine sinnvollen Ausweichmöglichkeiten am Kreditmarkt bestehen und eine besondere Treuepflicht des Kreditinstituts eingreift. Anders als im vorvertraglichen Bereich (oben Vierter Teil Rn 114, 115) bedarf die Treuepflicht hier keiner gesellschaftsrechtlichen Grundlage oder gesonderten vertraglichen Abrede. Sie folgt aus dem Krediteröffnungsvertrag selbst in Verbindung mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nach § 242 BGB, soweit die Parteien des Vertrags in einem besonderen Vertrauensverhältnis zueinander stehen.494 Im Kreditgeschäft ist das oftmals der Fall, weil hier nicht nur der Kreditgeber auf die Rückzahlungsfähigkeit und bereitschaft des Kreditnehmers vertrauen muss (oben Vierter Teil Rn 2), sondern umgekehrt auch der Kreditnehmer regelmäßig darauf vertraut, dass ihm seine „Hausbank“ nicht plötzlich „den Kredithahn zudreht“.495 Allerdings ist die vertraglich begründete Treuepflicht des Kreditinstituts grundsätzlich auch vertraglich abdingbar. Auch bei Bestehen von Treuepflichten beschränkt das Hausbankverhältnis als solches das 141 Kündigungsrecht des Kreditinstituts zwar grundsätzlich nicht.496 Nicht jedes Vertrauen des Kre-

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489 MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 49. 490 BGH NJW 1978, 947; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1269; Baumbach/Hopt/Hopt38 AGB-Banken 19 Rn 6. 491 BGH NJW 1978, 947 (948); vgl. Hopt ZHR 143 (1979), 139 (161 f.). 492 Zum umgekehrten Fall Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1250. 493 Zur Herleitung des Kündigungsrechts aus dem Gedanken der Privatautonomie vgl. Ulmer FS Möhring 1975, S. 295. 494 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1265; Berger FS Westermann 2008, S. 109 (118 f.). 495 Canaris ZHR 143 (1979), 113 (117). 496 Insoweit zutreffend MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 237; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 369.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

ditnehmers ist schutzwürdig. Aus der Treuepflicht des Kreditinstituts sowie aus § 242 BGB lassen sich aber zumindest das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und das Verbot einer übermäßigen Schädigung des Kreditnehmers herleiten. Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens steht einer Kündigung des Krediteröffnungsvertrags jedenfalls dann entgegen, wenn dieses durch sein eigenes Vorverhalten in zurechenbarer Weise zu einer besonderen Abhängigkeit des Kreditnehmers beigetragen und damit dessen Umschuldung wesentlich erschwert hat.497 So kann die „Hausbank“, die einem Unternehmen in der Vergangenheit stets Kredit gewährt hat, gehindert sein, dieses in „bösen Zeiten“ grundlos fallen zu lassen.498 Daraus folgt keine allgemeine Pflicht des Kreditinstituts, „dem guten Geld schlechtes ‚hinterherzuwerfen‘“.499 Die ordentliche Kündigung des Krediteröffnungsvertrags ist in dieser Konstellation aber nur noch mit ernstlichem Grund möglich, etwa bei Fehlen ausreichender Sicherheiten.500 Das Verbot übermäßiger Schädigung schließt darüber hinaus eine Kündigung aus, wenn die für den Kreditgeber von der Kündigung zu erwartenden Vorteile in einem groben Missverhältnis zu den hieraus für den Kreditnehmer erwachsenden Nachteilen stehen.501 Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Kreditnehmer sanierungsbedürftig, aber auch -fähig ist, während sich die Zugriffsmöglichkeit des Kreditinstituts auf sein Vermögen durch die Kündigung nicht wesentlich verbessert.502 Verstöße gegen die Treuepflicht führen unmittelbar zur Unbeachtlichkeit der treue142 pflichtwidrigen Rechtsausübung.503 Verstöße gegen § 242 BGB können der Kündigung einredeweise entgegengehalten werden. Von Belang ist dies vor allem für die ordentliche Kündigung, deren gesetzliche oder vertragliche Voraussetzungen trotz pflichtwidriger Rechtsausübung dem Grunde nach gegeben sind. Bei der außerordentlichen Kündigung bedarf es des Rückgriffs auf Treupflichten oder § 242 BGB dagegen regelmäßig nicht. Dort sind die maßgeblichen Gesichtspunkte bereits bei der ohnehin durchzuführenden Interessenabwägung (oben Vierter Teil Rn 135 und unten 251) zu berücksichtigen.504 143

f) Insolvenz. Die Insolvenz des Kreditnehmers führt zur Beendigung des Krediteröffnungsvertrags. Für Haftungskredite folgt das unmittelbar aus §§ 115 Abs. 1, 116 InsO, wonach Geschäftsbesorgungsverträge – und um solche handelt es sich bei der Eröffnung von Haftungskrediten (oben Vierter Teil Rn 294 und unten Vierter Teil Rn 969) – mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlöschen.505 Für den Zahlungskredit wird teilweise eine analoge Anwendung dieser Regeln vorgeschlagen.506 Im Ergebnis ist das überzeugend: Mangels gesetzlicher Regelung des Krediteröffnungsvertrags besteht hier eine Regelungslücke, und die Interessenlage bei der Eröffnung eines Zahlungskredits ist mit derjenigen bei Eröffnung eines Haftungskredits im Wesentlichen identisch. Lehnte man dennoch die Analogie zu den §§ 115 Abs. 1, 116 InsO ab und nähme nach § 103 Abs. 1 InsO ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters bezüglich der Vertragsfort-

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497 Canaris ZHR 143 (1979), 113 (125). 498 Canaris ZHR 143 (1979), 113 (125 f.); Obermüller ZIP 1980, 334 (342 f.). 499 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 116. 500 BGH WM 1977, 834 (835); BGH NJW 1986, 1928; BGH WM 1987, 921; zustimmend Schneider JR 1978, 416 (417); ähnlich Canaris ZHR 143 (1979), 113 (125 f.) („wichtiger Grund“); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1329; für den Sanierungskredit i.E. auch Hentschel, S. 188; kritisch Schmidt WM 1983, 490; Häuser Bankrechtstag 1994 (1995), S. 75, 93 f.; BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/163; BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 58. 501 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1266. 502 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (162 f.); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1266. 503 Vgl. für das Gesellschaftsrecht RGZ 158, 302 (310); MünchKommBGB/Schäfer7 § 705 Rn 239; zurückhaltender Canaris ZHR 143 (1979), 113 (118). 504 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1269. 505 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1258; Nerlich/Römermann/Balthasar 35 § 103 Rn 24; Hess, Insolvenzrecht2 § 103 Rn 110. 506 So Schönke JW 1934, 2745 (2745 ff.); Schmidt JZ 1976, 756 (762); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1258; für eine generelle Anwendbarkeit des § 115 InsO auf Krediteröffnungsverträge auch FK-InsO/Wegener9 § 103 Rn 62.

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führung an, so stünde dem Kreditgeber jedenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 BGB zu.507 Fällt das Kreditinstitut in die Insolvenz, so kann der Insolvenzverwalter hinsichtlich der 144 Fortführung bestehender Krediteröffnungsverträge sein Wahlrecht nach § 103 InsO ausüben. Dies gilt nach dem Wortlaut der Norm allerdings nur dann, wenn der Vertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht oder zumindest nicht vollständig erfüllt ist. Maßgeblich ist danach, ob auf Grundlage des Krediteröffnungsvertrags bereits konkrete Kredite gewährt und vergütet wurden.508 Denn erst ab diesem Zeitpunkt, nicht schon mit Bereitstellung des Kredits und Zahlung der Bereitstellungsprovision, ist der Erfüllungszweck des Krediteröffnungsvertrags erreicht. Und bis zu diesem Zeitpunkt ist das Erfüllungsinteresse des Kreditnehmers zu schützen und insolvenzbeständig zu erhalten.509 g) Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung. Mit Vertragsbeendigung erlöschen die Rechte 145 und Pflichten der Parteien aus dem Krediteröffnungsvertrag. Das rechtliche Schicksal von Krediten, die in Erfüllung des Krediteröffnungsvertrags gewährt wurden, bleibt davon grundsätzlich unberührt (Trennungstheorie, oben Vierter Teil Rn 107). Das gilt auch dann, wenn die versprochenen Kredite bereits abgerufen oder gar gewährt wurden, sei es durch Auszahlung (beim Zahlungskredit) oder durch Haftungsübernahme (beim Haftungskredit).510 Anderes gilt freilich, wenn die einzelnen Kredite vereinbarungsgemäß nicht über die Lauf- 146 zeit des Krediteröffnungsvertrags hinausreichen sollen.511 Nach Nr. 18, 19 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen wird den Parteien zudem formularvertraglich die Möglichkeit eingeräumt, ihre „gesamte Geschäftsverbindung“ durch ordentliche Kündigung zu beenden (oben Vierter Teil Rn 132). Macht eine der Parteien von diesem Kündigungsrecht Gebrauch und bezieht ihre Kündigung ausdrücklich auf die „gesamte Geschäftsverbindung“, so werden mit dem Krediteröffnungsvertrag auch alle darauf beruhenden Kreditverbindungen beendet. Bereits gewährte Gelddarlehen werden dann zur Rückzahlung fällig, von bereits gewährten Haftungskrediten muss das Kreditinstitut freigestellt werden.512 Eine unberechtigte Kündigung des Krediteröffnungsvertrags durch das Kreditinstitut ist 147 nicht nur unwirksam, sie kann auch Schadensersatzansprüche des Kreditnehmers aus §§ 280 ff. BGB begründen (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 265).513 Die Pflichtverletzung besteht insoweit in der unberechtigten Kündigung selbst, etwa wenn der Krediteröffnungsvertrag nach § 490 Abs. 1 BGB wegen fehlender Sicherheiten gekündigt wurde und sich die gestellten Sicherheiten im Nachhinein als ausreichend erweisen.514 Schuldhaft ist diese Pflichtverletzung dann, wenn das Kreditinstitut das Fehlen des Kündigungsgrundes kannte oder kennen musste. Zu ersetzen sind alle kausalen Schäden einschließlich jener, die aus einer zurechenbar verursachten Insolvenz des Kreditnehmers erwachsen.515 Dabei genügt es, dass die unberechtigte Kündigung des Krediteröffnungsvertrags den entscheidenden Anstoß zum wirtschaftlichen Zusammenbruch

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507 So Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1258 für § 17 KO a.F.; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 462 f., letzterer geht jedoch von einem Verweigerungsrecht des Insolvenzverwalters aus, so dass er im Ergebnis mit der hM übereinstimmt. 508 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1260; so auch Pannen3 Kap. 5 Rn 44. 509 So wohl auch Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1260. 510 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1273 f.; BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 37. 511 BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 63. 512 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1240; BuB/Früh134, Rn 3/175. 513 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 239 f., 241; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 63; zum alten Recht: BGH WM 1960, 576; BGH WM 1968, 1214; BGH NJW 1978, 947 (948); BGH WM 1984, 1178; BGH WM 1988, 195; BGH NJW 1986, 1928; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1276. 514 Vgl. Becher/Gößmann BKR 2002, 519 (524); Sonnenhol WM 2002, 1259 (1265); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 63. 515 BGH WM 1957, 949 (952); OLG Düsseldorf WM 1978, 1300; OLG Hamm WM 1985, 1411.

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des Kreditnehmers gegeben hat.516 Das Kreditinstitut kann sich von seiner Haftung nur durch den Nachweis befreien, dass die Insolvenz ohne die unwirksame Kündigung ebenso eingetreten wäre.517 Ein Anspruch auf Schadensersatz entsteht auch, wenn das Kreditinstitut den Krediteröff148 nungsvertrag zur Unzeit ordentlich kündigt.518 Dieser Schadensersatzanspruch ergibt sich aus einer Analogie zu den §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 675 Abs. 1 Hs. 2, 723 Abs. 2 BGB.519 Aus der Analogie folgt, dass die Kündigung zur Unzeit grundsätzlich wirksam und der entstandene Schaden verschuldensunabhängig zu ersetzen ist (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 266). Eine Pflichtverletzung kann auch durch weitere Umstände und Handlungen im Zusam149 menhang mit einer Kündigung begründet werden. Das gilt etwa für eine Kreditsperre oder die Mitteilung der Kündigung an andere Banken und Gläubiger, sei es im Rahmen einer Kreditauskunft oder eines Pressegesprächs.520 Denn durch derartige Handlungen verletzt das Kreditinstitut die aus dem Krediteröffnungsvertrag i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB erwachsende Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflicht gegenüber dem Kreditnehmer (dazu im Einzelnen die Kommentierung im Zweiten Teil).521 Schadensersatzansprüche aus den benannten Gründen bestehen grundsätzlich nur für den 150 Kreditnehmer;522 eigene Schadensersatzansprüche Dritter werden hierdurch regelmäßig nicht begründet.523 Denn im Regelfall entfaltet der Krediteröffnungsvertrag keine Schutzwirkung zugunsten Dritter, auch nicht zugunsten der Gesellschafter des Kreditnehmers.524 Anderes gilt freilich dann, wenn sich das Kreditinstitut, etwa in einer Sanierungsvereinbarung, unmittelbar gegenüber weiteren Gläubigern zur Krediteröffnung verpflichtet.525 In Ausnahmefällen, wenn die Kündigung offensichtlich auf sachfremden Erwägungen beruhte, kommt unabhängig von bestehenden Vertragsbeziehungen auch ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB in Betracht.526 151

6. Unwirksamkeit. Die Unwirksamkeit des Krediteröffnungsvertrags kann sich aus den allgemeinen Nichtigkeitsgründen ergeben. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Möglichkeit einer Anfechtung nach §§ 119, 123 BGB. Wegen arglistiger Täuschung kann das Kreditinstitut den Vertrag nach § 123 BGB anfechten, wenn es vom Kreditnehmer über dessen Kreditwürdigkeit oder die Werthaltigkeit einer zu stellenden Sicherheit getäuscht wurde.527 Eine Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB kommt in Betracht, wenn das Kreditinstitut über die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers oder einen hierfür wesentlichen Umstand irrte, ohne vom Kreditnehmer getäuscht worden zu sein.528 Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf

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516 RG HRR 1937 Nr. 997; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 63. 517 BGH WM 1957, 949 (952); BGH WM 1968, 1214; OLG Düsseldorf WM 1978, 1300; OLG Hamm WM 1985, 1411; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1279. 518 Zur Beschränkung der Grundsätze über die Kündigung zur Unzeit auf die ordentliche Kündigung BankRHdB/Häuser5 § 85 Rn 79. 519 BGH WM 2003, 1416 (1418); OLG Düsseldorf WM 1983, 874; OLG Hamm NJW-RR 1992, 686; OLG Köln WM 1999, 1004 (1006); Hopt ZHR 143 (1979), 139 (163); Häuser Bankrechtstag 1994 (1995), S. 75 (91 f.); Hentschel S. 192 f.; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1263; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 318. 520 BGH NJW 1981, 1363; BGHZ 166, 84; OLG Düsseldorf WM 1978, 1300; OLG Hamm WM 1985, 1411; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 64. 521 BGHZ 166, 84 (92 f.). 522 BGH WM 1956, 597; OLG Köln WM 1985, 1128; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 332; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 232 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 64. 523 OLG Hamm MDR 1999, 556; OLG Celle WM 2007, 740. 524 BGHZ 166, 84 (97); Canaris ZIP 2004, 1781 (1787 f.); Bütter/Tonner BKR 2005, 344 (346); Ehricke FS Derleder (2005), S. 341 (353). 525 MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 64. 526 MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 64. 527 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1213; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90. 528 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1213; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90.

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an, ob der Irrtum des Kreditinstituts unverschuldet war.529 Maßgeblich ist vielmehr, ob der Irrtum i.S.d. § 119 Abs. 1 Hs. 2 BGB erheblich war, ob also das Kreditinstitut seine Willenserklärung „bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde“ (zur Rolle der Kreditwürdigkeitsprüfung unten Vierter Teil Rn 286). Ausgeschlossen sind nach diesem Maßstab aber nur die „subjektiven Launen des Irrenden, deren Geltendmachung zum Schaden des anderen Teiles nicht selten geradezu unsittlich“ wäre.530 III. Das Gelddarlehen (§§ 488–490 BGB) § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag (1) 1 Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. 2 Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen. (2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten. (3) 1 Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. 2 Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. 3 Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt. § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen, 1. wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; 2. in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs. (2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen. (3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt. (4) 1 Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. 2 Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften. (5) 1 Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. 2 Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. 3 Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.

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Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1213 gegen Stauder S. 94; allgemein zu § 199 BGB RGZ 62, 201 (205). Prot. I S. 110; vgl. MünchKommBGB/Armbrüster8 § 119 Rn 147.

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§ 490 Außerordentliches Kündigungsrecht (1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen. (2) 1 Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. 2 Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. 3 Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung). (3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

1. Gegenstand und Rechtsnatur. Gegenstand des Gelddarlehens ist nach § 488 Abs. 1 BGB die regelmäßig entgeltliche Verschaffung und Belassung eines Geldbetrags. Der Wortlaut macht deutlich, dass es um die Verschaffung eines Werts („Geldbetrag“), nicht um die Verschaffung verkörperter Zahlungsmittel geht.531 Anders als bei der Kreditleihe wird dabei unmittelbar Zahlungsfähigkeit übertragen, nicht lediglich die Haftungsgrundlage des Kreditnehmers erweitert (oben Vierter Teil Rn 17). Der Darlehensvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag; die Pflicht des Kreditgebers zur Gewäh153 rung des Darlehens und die Pflicht des Kreditnehmers zur Zahlung der geschuldeten Zinsen stehen im Synallagma (unten Vierter Teil Rn 191).532 Daraus folgt die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB. Zugleich ist der Darlehensvertrag ein Dauerschuldverhältnis in Gestalt einer Gebrauchsüberlassung.533 Daraus folgt seine grundsätzliche Kündbarkeit (unten Vierter Teil Rn 226–263). Oftmals, aber nicht notwendigerweise ist der Darlehensvertrag eingebettet in einen Krediteröffnungsvertrag (oben Vierter Teil Rn 105–151). Für die rechtliche Behandlung des Gelddarlehens in der bankrechtlichen Vertragspraxis geben die §§ 488 ff. BGB im Übrigen nur einen ersten Anhaltspunkt; wesentlich bedeutsamer sind vielfach die Regeln, welche die Praxis des Bankverkehrs im Bereich des Unternehmenskredits einerseits (unten Vierter Teil Rn 306– 541) und im Bereich des Verbraucherkredits andererseits (Vierter Teil Rn 544–922) entwickelt hat.534

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2. Zustandekommen 154

a) Vertragsschluss. Früher geführte Streitigkeiten über Rechtsnatur und Zustandekommen des Darlehensvertrags sind heute weitgehend ohne Bedeutung.535 Anders als früher vielfach vertreten handelt es sich beim Darlehensvertrag nicht um einen Realvertrag, der – nach vorausgehendem Abschluss eines Vorvertrags – erst mit Hingabe der Darlehensvaluta zustande käme (Realvertragstheorie).536 Vielmehr ist der Darlehensvertrag nach dem nunmehr eindeutigen

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531 BT-Drucks. 14/6040 S. 253; vgl. Mülbert WM 2002, 465 (468). 532 Mülbert WM 2002, 465 (470); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1282; BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 1. 533 BGH NJW 1978, 947 (948); NJW 1981, 1666 (1667); NJW 1986, 46 (48); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 24; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 6, 12. 534 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1280. 535 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 5; ebenso bereits K. Schmidt, JZ 1976, 756 ff. 536 So noch RGZ 86, 323 (324); RGZ 108, 146 (150); in diese Richtung tendierend auch noch BGH WM 1975, 160 (161) („Annahme des Angebots [auf Abschluss eines Darlehenshauptvertrags] durch Auszahlung der Darlehensvaluta“); offen gelassen in BGH NJW 1982, 275 (276); BGH WM 1985, 344.

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Wortlaut des § 488 Abs. 1 S. 1 BGB („verpflichtet“) ein gewöhnlicher schuldrechtlicher Vertrag, der durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt (Konsensualvertragstheorie).537 Die Auszahlung des Darlehens ist vor diesem Hintergrund bloßer Erfüllungsakt; sie ist bereits mit Vertragsschluss einklagbar.538 Das Zustandekommen eines Vertrags ist dementsprechend nach den allgemeinen Regeln der §§ 133 ff., 145 ff. BGB zu beurteilen. Danach handelt es sich um eine bloße invitatio ad offerendum, wenn das Kreditinstitut dem 155 Kreditnehmer einen noch nicht unterzeichneten Kreditantrag überreicht, selbst wenn dieser mit einer Kreditzusage verbunden wird.539 Erst die Rückgabe des unterzeichneten Antrags stellt ein Angebot des Kreditnehmers zum Abschluss des Darlehensvertrags dar.540 Dieses Angebot kann durch das Kreditinstitut ausdrücklich oder stillschweigend angenommen werden. Von einer stillschweigenden Annahme ist auszugehen, wenn das Kreditinstitut nach Eingang des Kreditantrags die Darlehensvaluta auszahlt.541 Regelmäßig ist das Zustandekommen des Darlehensvertrags durch Auszahlung der Valuta auch in den Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute geregelt.542 Auf dieser Grundlage ist von einer Verkehrssitte nach § 151 S. 1 BGB auszugehen, welche den Zugang einer Annahmeerklärung seitens des Kreditinstituts entbehrlich macht.543 Das gilt auch dann, wenn schon das Angebot des Kreditnehmers konkludent erfolgte. Von einem konkludenten Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrags ist etwa auszugehen, wenn der Kunde eines Kreditinstituts über ein nach Scheckeinreichung nur vorläufig gutgeschriebenes Kontoguthaben verfügt.544 Auf den inneren Willen der Vertragsparteien kommt es dabei nicht entscheidend an;545 nach den allgemeinen Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre ist das Verhalten der Parteien vielmehr anhand des objektiven Empfängerhorizonts auszulegen.546 Von einem Angebot des Kreditinstituts zum Abschluss eines Darlehensvertrags ist an- 156 gesichts der kredittypischen Risikoverteilung (oben Vierter Teil Rn 98) nur dann auszugehen, wenn ein entsprechender Rechtsbindungswille eindeutig erkennbar ist.547 Eine Kreditzusage seitens des Kreditinstituts ist als rechtlich bindendes Angebot anzusehen, wenn das Zustandekommen des Darlehensvertrags nur noch von der Zustimmung des Kreditnehmers abhängt. Das gilt auch dann, wenn das Zustandekommen des Darlehensvertrags von einer Bedingung i.S.v. § 158 BGB abhängig gemacht wird, etwa vom Nachweis von Eigenkapital oder einer Baugenehmigung.548 Macht das Kreditinstitut die Gewährung des Darlehens dagegen von einer positiven Bonitätsprüfung, von einer Gremien- oder Konsortialzustimmung abhängig, dann liegt keine Bedingung i.S.v. § 158 BGB vor. Vielmehr hält sich hier das Kreditinstitut in der Sache seine Entscheidung über die Darlehensgewährung offen, so dass kein verbindliches Angebot vorliegt.549 Das Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrags kann nach § 147 Abs. 2 BGB nur inner- 157 halb derjenigen Frist angenommen werden, in welcher ein Zugang der Annahme unter regelmäßigen Umständen zu erwarten ist. Die Annahmefrist setzt sich dementsprechend aus der Zeit für die

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537 Felke WM 2002, 1632 (1633); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 12; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 9; ebenso bereits Mülbert AcP 192 (1992), 447 (484 ff.); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1284; Prütting/Wegen/ Weinreich/Nobbe13 § 488 Rn 3. 538 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1284. 539 Stöhr WM 2009, 928 (929 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 4. 540 Krüger WM 2002, 156 (157); Langenbucher/Bliesener/Spindler/Steffek2 Kap. 13 Rn 14. 541 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 15. 542 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 15; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 4. 543 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 15; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 4. 544 OLG Hamm NJW-RR 1995, 1451. 545 OLG Hamm NJW-RR 1995, 1451; aA OLG Bremen NJW-RR 1991, 365 („bedingter Vorsatz“ erforderlich). 546 Grundsätzlich RGZ 169, 122 (124 f.); BGHZ 47, 74 (78). 547 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 4. 548 Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bock5 § 18 Rn 18. 549 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 4, vgl. zum Aufsichtsrecht BaFin Rundschreibenentwurf vom 16.2.2005, Rn 4 sowie Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bock5 § 18 Rn 18.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Übermittlung des Angebots, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie der Zeit für die Übermittlung der Annahme zusammen.550 Unter regelmäßigen Umständen ist bei einem Angebot des Kreditnehmers mit einer Annahme des Kreditinstituts binnen vier Wochen zu rechnen. Jedenfalls hat die höchstrichterliche Rechtsprechung formularmäßig vereinbarte Bindungsfristen von bis zu einem Monat für wirksam,551 darüber hinausgehende Bindungsfristen in AGB dagegen nach § 308 Nr. 1 BGB für unwirksam erachtet.552 Ist die Annahme verspätet, so gilt sie nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot. Allerdings liegt es regelmäßig nahe, ein darauffolgendes Schweigen der anderen Partei als konkludente Annahme dieses Angebots zu werten.553 Ein Darlehensvertrag kommt nur zustande, wenn sich die Parteien über alle vertragswe158 sentlichen Punkte geeinigt haben, §§ 154, 155 BGB. Das betrifft insbesondere die Pflicht zur zeitweiligen Überlassung eines Geldbetrags, wobei sich Dauer der Überlassung und Höhe des Geldbetrags auch aus den Vertragsumständen ergeben können.554 Gleiches gilt für die Höhe der Darlehenszinsen, sofern es sich nicht um ein zinsloses Darlehen handelt (unten Vierter Teil Rn 191). Die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers als solche bedarf keiner gesonderten Vereinbarung. Sie ergibt sich aus dem Wesen der zeitweiligen Überlassung und ist im Übrigen als gesetzliche Pflicht ausgestaltet.555 Fehlt es an einer Einigung über alle vertragswesentlichen Punkte, dann ist es denkbar, dass sich die Parteien zumindest über den Abschluss eines Darlehensvorvertrags einig waren.556 Das gilt freilich nur, wenn beiderseits ein entsprechender Rechtsbindungswille bestand. Hieran fehlt es aber bei bloßen Absichtserklärungen des Kreditinstituts, etwa in Gestalt eines so genannten „Letter of Intent“.557 Haben sich die Parteien über die vertragswesentlichen Punkte verständigt, soll aber die Auszahlung der Darlehensvaluta von einem Abruf durch den Kreditnehmer abhängig gemacht werden, so ist an den Abschluss eines Krediteröffnungsvertrags zu denken. Als Indiz zur Abgrenzung zwischen Krediteröffnungs- und Darlehensvertrag kann die Vereinbarung einer Bereitstellungsprovision bzw. einer Nichtabnahmeentschädigung herangezogen werden (oben Vierter Teil Rn 111). 159

b) Form. Soweit es sich nicht um ein Verbraucherdarlehen handelt, für das nach § 492 BGB die Schriftform zwingend ist, kann der Darlehensvertrag grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Allerdings können sich die Parteien auf ein Beurkundungserfordernis nach § 154 Abs. 2 BGB einigen. Beurkundung i.S.v. § 154 Abs. 2 BGB ist auch die Errichtung einer privatschriftlichen Urkunde.558 Eine solche Schriftformvereinbarung kann konkludent geschlossen werden. Wird etwa ein Vertragsentwurf überreicht, so ist davon auszugehen, dass stillschweigend ein Vertragsschluss in schriftlicher Form vereinbart wurde.559 Bei wirtschaftlich bedeutsamen Geschäften ist regelmäßig anzunehmen, dass die Parteien von einem Schriftformerfordernis ausgingen,560 so auch bei einem langfristigen Bankdarlehen.561

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550 BGH NJW 1996, 919. 551 BGH NJW 1988, 2106 (2108); Sonnenhol WuB 1988, I E 4. Hypothekarkredit 3.88-3.88, 794; BuB/Eckstein/ Wilhelm 134, Rn 3/918. 552 BGH NJW 1986, 1807; BGH NJW 2010, 2873; kritisch Cremer/Wagner NotBZ 2004, 331 (333). 553 BGH NJW 1951, 313; BGH NJW 1986, 1807 (09); Schmuck WuB 1986, I E 4. Hypothekarkredit 1.86-1.86, 1057. 554 Zur Dauer Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 346 ff.; Palandt/Weidenkaff 77 § 488 Rn 10; zur Höhe BankR-HdB/ Pamp5 § 76 Rn 13; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 32. 555 Mülbert AcP 192 (1992), 447 (463) („gesetzlich geregelter Abwicklungsanspruch“); aA MünchKommBGB/ Berger8 § 488 Rn 8 („typusbildende Vertragspflicht“). 556 So wohl BGH WM 1975, 160 (162); vgl. BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 7. 557 BuB/Früh 134, Rn 3/13a; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 16. 558 OLG Köln NJW-RR 1997, 405; OLG Celle NJW-RR 2000, 485; Palandt/Ellenberger77 § 154 Rn 4. 559 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 45. 560 Für Gesellschaftsvertrag RGZ 103, 73 (75); für Sicherungsabreden BGH WM 1982, 443 (444); BGHZ 109, 197 (200). 561 OLG Koblenz WM 1994, 1797 (1798); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 6.

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Ein Formzwang kann sich mittelbar auch daraus ergeben, dass der Darlehensvertrag mit ei- 160 nem formbedürftigen Geschäft dergestalt verbunden ist, dass nach §§ 139, 125 BGB die Formnichtigkeit des verbundenen Geschäfts auch die Nichtigkeit des Darlehensvertrags zur Folge hat.562 Das ist aber nicht schon dann der Fall, wenn das Darlehen nur der Finanzierung eines formbedürftigen Geschäfts dient.563 Erforderlich ist vielmehr, dass das formbedürftige Geschäft und der Darlehensvertrag eine wirtschaftlich-rechtliche Einheit bilden.564 Davon ist auszugehen, wenn das formbedürftige Geschäft die vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Gewährung des Gelddarlehens darstellt.565 Nach allgemeinen Grundsätzen bilden Darlehensvertrag und formbedürftiges Rechtsgeschäft auch dann eine wirtschaftlich-rechtliche Einheit, wenn bereits der Abschluss des Darlehensvertrags eine endgültige Bindung zum Abschluss des formbedürftigen Geschäfts zur Folge hat.566 c) Parteien. Darlehensnehmer ist, wer vereinbarungsgemäß zur Rückzahlung des Darle- 161 hens verpflichtet ist.567 Wem die Darlehensvaluta aus wirtschaftlicher Sicht zufließt, ist nicht entscheidend und begründet insoweit auch keine Vermutung.568 Im Einzelfall ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu bestimmen, wer als Darlehensnehmer Partei des Darlehensvertrags wird. Der Darlehensvertrag kann auch mit einer Mehrheit von Darlehensnehmern geschlossen werden. Sind mehrere Personen Darlehensnehmer, so haften sie nach §§ 421, 427 BGB gesamtschuldnerisch auf Rückzahlung des Darlehens und auf Zinszahlung. Zugleich werden die Mitdarlehensnehmer Parteien des Darlehensvertrags mit allen daraus erwachsenden Rechten und Pflichten. Eine Mehrheit von Darlehensnehmern ist aber allenfalls indiziert, wenn etwa zwei oder mehr Personen als „Gesamtschuldner“569 oder „Mitantragsteller“570 einen Kreditantrag unterzeichnen. Mitdarlehensnehmer ist nur, wer darüber hinaus für den Darlehensgeber erkennbar ein eigenes Interesse an der Kreditaufnahme hat und als im Wesentlichen gleichberechtigter Partner über Auszahlung und Verwendung des Darlehens mitentscheiden darf.571 Das Kreditinstitut als Darlehensgeber hat es damit nicht in der Hand, allein durch die Formulierung des Darlehensvertrags die Darlehensnehmereigenschaft eines Vertragsbeteiligten zu begründen.572 Regelmäßig soll durch eine solche Formulierung lediglich eine einseitige Mithaftung für offene Darlehensbeträge im Wege eines Schuldbeitritts begründet werden, nicht aber die vollwertige Position eines Mitdarlehensnehmers einschließlich aller daraus erwachsenden Rechten und Pflichten.573 Wenn eine solche Mithaftung eine krasse finanzielle Überforderung des Mithaftenden zur Folge hat, kann dies zu einer Nichtigkeit der Haftungsübernahme nach § 138 BGB führen (unten Vierter Teil Rn 974–978). Auch auf Seiten des Darlehensgebers sind nicht selten Personenmehrheiten beteiligt, ins- 162 besondere im Fall von Konsortialkrediten mehrerer Kreditinstitute (unten Vierter Teil Rn 337–

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562 BGH NJW 1985, 1020 (1021); BGH WM 1986, 995 (996); BGH WM 1986, 1561 (1563). 563 BGH WM 1986, 1561 (1563); BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 24; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 103; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 6. 564 BuB/Früh/Müller-Arends134, Rn 3/52a; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 6; zurückhaltend Schmucker DNotZ 2002, 900 (904 ff.); zum Erfordernis des rechtlichen Zusammenhangs bei einer Verbindung von Grundstückskaufvertrag und Bauvertrag BGH NJW 2002, 2559 (2560). 565 BGH WM 1961, 353 (354); BGH WM 1984, 837 (838). 566 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 6. 567 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Steffek2 Kap. 13 Rn 8; RGRK/Ballhaus12 § 607 Rn 15. 568 OLG Köln WM 2003, 1714 (1715); BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 12; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 12. 569 BGH MDR 1972, 138. 570 OLG Frankfurt WM 1984, 962. 571 BGHZ 146, 37; BGH NJW 2002, 2705 f.; BGH WM 2004, 1083 (1084); BGH WM 2005, 418 (419); BGH NJW 2009, 2671 (2672). 572 BGH NJW 2002, 744. 573 BGHZ 146, 37 (41 f.); BGH NJW 2002, 744; BGH NJW 2002, 2705 (2706).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

351). Mehrere Darlehensgeber sind regelmäßig hinsichtlich des Rückzahlungsanspruchs nicht Gesamtgläubiger nach § 428 BGB, sondern Mitgläubiger nach § 432 BGB, so dass Rückzahlung und Zinszahlungen nur an die Darlehensgeber gemeinschaftlich geleistet werden können.574 163

d) Stellvertretung. Jenseits der besonderen Formvorschriften für Vollmachten zum Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen nach § 492 Abs. 4 S. 1 BGB ist eine Stellvertretung beim Vertragsschluss nach den allgemeinen Regeln möglich. Praktische Probleme ergeben sich im Fall der Nichtigkeit der Vollmacht. So hat der BGH wiederholt entschieden, dass Vollmachten, die von Anlegern für den Erwerb und die Finanzierung von Immobilien an einen nichtanwaltlichen Treuhänder erteilt werden, wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 RBerG nichtig sein können.575 Inwieweit diese Rechtsprechung nach Ersetzung des RBerG durch das RDG aufrechtzuerhalten ist, ist unklar. Vieles spricht dafür, dass die treuhänderische Vermittlung von Beteiligungs- und Anlagemodellen auf Grundlage vorgegebener Musterverträge als „bloß schematische Anwendung des Rechts“ nicht vom Anwendungsbereich des § 2 RDG erfasst wird.576 Jedenfalls führen aber Verstöße des Treuhänders gegen das RBerG bzw. das RDG nicht zur Nichtigkeit des Darlehensvertrags nach § 134 BGB (vgl. unten Vierter Teil Rn 270), weil der Abschluss des Darlehensvertrags durch das Kreditinstitut die verbotene Tätigkeit des Treuhänders nicht fördert.577 Vielmehr kann die Nichtigkeit der Vollmacht beim Abschluss des Darlehensvertrags nach den Rechtsscheinsregeln der §§ 171, 172 BGB überwunden werden.578

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e) Verpflichtung zum Vertragsschluss. Wie auch im Bereich der Krediteröffnung (oben Vierter Teil Rn 112–117) besteht für Kreditinstitute grundsätzlich keine Pflicht zum Abschluss eines Darlehensvertrags. Ein Kontrahierungszwang besteht nur ausnahmsweise in Konstellationen nachweisbaren Marktversagens. Er kann aus den allgemeinen Wettbewerbsregeln folgen (oben Vierter Teil Rn 112), kann sich aber im Einzelfall auch aus einer Treuepflicht des Kreditinstituts gegenüber dem Darlehensnehmer ergeben (oben Vierter Teil Rn 113). Von einer solchen Treuepflicht ist ausnahmsweise dann auszugehen, wenn das Kreditinstitut sich aus eigenem Entschluss an einer Sanierungsgemeinschaft beteiligt (oben Vierter Teil Rn 114, 115 und unten Vierter Teil Rn 391). 3. Rechtspflichten

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a) Vorvertragliche Pflichten des Kreditinstituts. Unabhängig davon, ob es zum Abschluss eines Darlehensvertrags kommt, können Aufklärungs- und Beratungspflichten des Kreditinstituts gegenüber dem Darlehensnehmer bestehen. Dabei versteht es sich von selbst, dass das Kreditinstitut nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, keine unzutreffenden Angaben über die vereinbarte Finanzierung zu machen. Falschangaben berechtigen den Darlehensneh-

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574 KG MDR 2006, 560. 575 BGHZ 153, 214; BGH WM 2004, 1127; BGH WM 2004, 1221 (1223); BGH WM 2004, 1227 (1228); BGH NJW 2005, 664 (665 f.); BGH NJW 2005, 1190; BGHZ 167, 223 (227); BGHZ 174, 334 (338); BGHZ 178, 271 (281). 576 Vgl. Regierungsbegründung zum Entwurf des RDG, BT-Drucks. 16/3655, S. 46 ff.; für eine enge Auslegung des § 2 RDG Lettl WM 2008, 2233; vom Stein AnwBl 2008, 285; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 108; für Fortgeltung der Grundsätze zur Auslegung des RBerG Grunewald/Römermann § 2 RDG Rn 48 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 95. 577 BGH NJW 2003, 1203 (1205). 578 BGH WM 2004, 1221 (1223); BGH WM 2004, 1227 (1228); BGHZ 167, 223 (228 ff.); Hellgardt/Majer WM 2004, 2380; Mülbert/Hoger WM 2004, 2281; Wolf/Großerichter WM 2004, 1993; Oechsler NJW 2005, 1406 (1407); Paal JZ 2006, 802; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 107; aA die frühere Rspr. des II. Zivilsenats in BGHZ 159, 294, 299; Doehner/Hoffmann ZIP 2004, 1884 (1886 ff.); Nittel NJW 2004, 2712 (2713 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

mer regelmäßig auch zur Anfechtung nach § 123 BGB (unten Vierter Teil Rn 288, 289). Im Übrigen ist nach den unterschiedlichen vertraglichen Risiken zu differenzieren. aa) Die Einschätzung der Risiken, die aus einem Vertragsabschluss zu ungünstigen Kondi- 166 tionen folgen, obliegt grundsätzlich den privatautonom handelnden Parteien selbst.579 Bei funktionierendem Konditionenwettbewerb unter den Kreditinstituten kann der Darlehensnehmer die Informationen selbst beschaffen, die er für eine fundierte Vergleichsentscheidung benötigt. Nur dort, wo es aufgrund struktureller Informationsasymmetrien an einem funktionierenden Konditionenwettbewerb fehlt, bedarf es – wie im Verbraucherkreditrecht (unten Vierter Teil Rn 542 und 547) – zwingender Informationsregeln. Im allgemeinen Darlehensrecht besteht aber keine Pflicht des Kreditinstituts, den Darlehensnehmer über die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Vertragsschlusses aufzuklären und zu beraten.580 Das schließt nicht aus, dass sich die Parteien privatautonom auf den Abschluss eines Auskunfts- oder Beratungsvertrags einigen. Ein entsprechender Auskunfts- oder Beratungsvertrag kann auch konkludent zustande kommen. bb) Regelmäßig einigen sich Kreditinstitut und Darlehensnehmer stillschweigend auf den 167 Abschluss eines Auskunftsvertrags, wenn das Kreditinstitut eine produktbezogene, also auf die Konditionen des Darlehensvertrags bezogene, Auskunft erteilt, die für den Anfragenden erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und die Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen bilden soll.581 Insoweit muss das Kreditinstitut den Anfragenden von sich aus über die für ihn bedeutsamen Umstände informieren.582 Ein Auskunftsvertrag kommt auch dann zustande, wenn dem geschäftsunerfahrenen Darlehensnehmer aufgrund seiner Kreditanfrage ein bestimmtes Produkt wie ein mit einer Kapitallebensversicherung verbundener Festkredit empfohlen wird; das Kreditinstitut ist hier zur Aufklärung über die wirtschaftlichen Vor- und Nachteile dieser Anlageform gegenüber einem marktüblichen Ratenkredit verpflichtet.583 cc) Ein Beratungsvertrag kommt ohne weiteres zustande, wenn der Darlehensnehmer aus- 168 drücklich eine Beratung durch das Kreditinstitut wünscht und dieses sich zur Beratung bereit erklärt.584 Bei der Anlageberatung ist darüber hinaus anerkannt, dass ein Beratungsvertrag stillschweigend geschlossen wird, wenn tatsächlich eine Beratung im Zusammenhang mit der Geldanlage stattfindet.585 Davon ist auch im Zusammenhang mit einem Darlehensvertrag auszugehen, wenn im Rahmen von Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Kunden ein ausdrücklicher

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579 Sehr deutlich BGH BKR 2013, 280 (281 f.): keine eigene Aufklärungspflicht über „versteckte Innenprovision“, außer bei aufklärungspflichtigem Wissensvorsprung wegen Kenntnis von einer arglistigen Täuschung des Darlehensnehmers (unten Vierter Teil Rn 171). 580 Früh WM 1998, 2176 (2178 f.), auch mit Blick auf die Unterschiede zum Anlagegeschäft; Buck-Heeb BKR 2014, 221 (226); dies. BKR 2015, 177, dort auch zu Informationspflichten nach § 491a BGB, der neuen EuGH-Rechtsprechung sowie der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie; BankR-HdB/Siol5 § 44 Rn 9; zu den Beratungspflichten im Swap-Geschäft Becker/Follner ZIP 2016, 2400. 581 BGHZ 7, 371 (374 ff.); BGHZ 74, 193 (106 ff.); BGHZ 100, 117 (118 f.); BGHZ 133, 36 (42); K. P. Berger ZBB 2001, 238 (241); Hennrichs FS Kümpel 2003, S. 241 (246); mit abweichender Begründung Jost S. 85 f., 95 f., 105 f., der für eine Vertrauenshaftung eintritt; ausführlich Masch S. 41 ff. 582 Hennrichs FS Kümpel 2003, S. 241 (247 f.); Heermann Geld- und Geldgeschäfte, § 20 Rn 3. 583 So auch Schimansky RWS-Forum Bankrecht 2002, zitiert nach Knott ZBB 2002, 129 (130); Hennrichs FS Kümpel 2003, S. 241 (243 und 248). Für eine Herleitung der Aufklärungspflicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (nun wohl § 241 Abs. 2 BGB) dagegen BGH NJW 1989, 1667 (1668); BGHZ 111, 117 (119 f.). 584 Buck-Heeb BKR 2014, 221 (228 f.). 585 BGHZ 74, 103 (106); BGHZ 100, 117 (118); BGHZ 123, 126 (138); BGH WM 1997, 662 (663); BGH NJW 2002, 3695 (3697).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Rat in Gestalt einer fachmännischen Bewertung und Empfehlung erteilt wurde.586 Für das Kreditinstitut folgt aus dem Beratungsvertrag jedenfalls eine Pflicht zur vollständigen und richtigen Beratung des Darlehensnehmers.587 Dabei haftet das Kreditinstitut grundsätzlich nur seinem unmittelbaren Vertragspartner. Eine Drittschadensliquidation scheidet angesichts der dann drohenden Haftungskumulation aus.588 Denkbar ist allerdings bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte oder eine Dritthaftung nach § 311 Abs. 3 BGB.589 Die Risiken, die nicht aus den Darlehenskonditionen, sondern aus dem darlehensfinan169 zierten Geschäft folgen, trägt nach der kredittypischen Risikoverteilung allein der Darlehensnehmer (oben Vierter Teil Rn 98). Das Kreditinstitut ist daher nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Risiken der von ihm beabsichtigten Verwendung des Darlehens aufzuklären.590 Eine Pflicht zu Aufklärung und Beratung besteht grundsätzlich nur, wenn eine solche vertraglich gesondert vereinbart wurde.591 Sofern ein Beratungsvertrag mit Blick auf die finanzierte Geldanlage geschlossen wurde, ist das Kreditinstitut auch zur Aufklärung über Rückvergütungen verpflichtet, welche das Kreditinstitut aus offen ausgewiesenen Provisionen erhält, die an Dritte gezahlt werden.592 Für Verträge, die nach dem 1. August 2014 geschlossen wurden, nimmt der BGH darüber hinaus eine Aufklärungspflicht auch für „versteckte Innenprovisionen“ an, die dem Kreditinstitut aus dem finanzierten Anlagebetrag zufließen.593 Zu Recht wird dies aus einem deutlich veränderten regulatorischen Umfeld hergeleitet: Die stark verschärften aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Anlageberatung, die sich insbesondere in der Ausweitung von Anwendungsbereich und Tatbeständen der §§ 31 ff. WpHG äußern, begründen ein umfassendes Transparenzgebot als allgemeines Rechtsprinzip, das auch bei der Auslegung des Beratungsvertrags anhand der wechselseitigen Erwartungen der Parteien maßgeblich zu berücksichtigen ist.594 170

dd) Auch ohne gesonderten Auskunfts- oder Beratungsvertrag kann eine Aufklärungspflicht des Kreditinstituts nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB dann bestehen, wenn das Kreditinstitut ausnahmsweise aufgrund besonderer eigener Kenntnisse oder Mitwirkung bei einem finanzierten Geschäft dem Verwendungsrisiko des Kredits näher steht als der Darlehensnehmer. Das Kreditinstitut muss in diesem Falle entsprechendes Sonderwissen oder eigene Interessen gegenüber dem Darlehensnehmer offenlegen.

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586 KG Urt. v. 16.5.2012 – Az. 24 U 103/10, juris Rn 40 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Anlageberatung. 587 Buck-Heeb BKR 2014, 221 (231); Hennrichs FS Kümpel 2003, S. 241 (246 f.); Heermann Geld- und Geldgeschäfte, § 20 Rn 3. 588 So im Ergebnis auch BGHZ 133, 36 (42). 589 Zu Voraussetzungen und Verhältnis der Institute Grundmann/Renner JZ 2013, 379 (382 und 383); am Beispiel des Kirch-Breuer-Falls insbesondere zu Konzernkonstellationen Westermann FS T. Raiser 2005, S. 787 (805). 590 BGH NJW-RR 1990, 876; BGH NJW 1991, 693; BGH NJW-RR 1992, 373; BGH NJW-RR 1992, 879; Richrath WM 2004, 653 (657 f.); Nobbe ZBB 2008, 78 (829). 591 BGH NJW 2002, 3695 (3697); Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 250 ff. mit graphischer Übersicht, Rn 270 f., 279, überdies Rn 35 ff.; Buck-Heeb BKR 2014, 221 (223 ff.) zu möglichen Rechtsgrundlagen. 592 BGH WM 2011, 925; BGHZ 193, 159. 593 BGHZ 201, 310 (319 ff.); ebenso Buck-Heeb BKR 2010, 309 (311 f.); Koch BKR 2010, 177 (180 f.); Jooß WM 2011, 1260 (1262 ff.); Maier VuR 2011, 297 f.; Tilp/Wegner BKR 2014, 27; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Spindler Kap. 33 Rn 175 ff.; kritisch Mülbert WM 2007, 1149 (1160); aA Fullenkamp NJW 2011, 421 f.; Nobbe BKR 2011, 302 ff.; Zoller BB 2013, 520 (524). 594 BGHZ 201, 310 (319 ff.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

(1) Das ist zunächst dann anzunehmen, wenn das Kreditinstitut gegenüber dem Darlehens- 171 nehmer einen Wissensvorsprung hinsichtlich des Verwendungsrisikos hat und dies auch erkennen kann.595 Nicht ausreichend ist insoweit die Kenntnis allgemeiner wirtschaftlicher Risiken des zu finanzierenden Projekts, die auch für den Darlehensnehmer erkennbar sind, etwa mit Blick auf die Werthaltigkeit eines zu erwerbenden Grundstücks.596 Das Kreditinstitut kann, sofern ihm keine gegenteiligen Anhaltspunkte ersichtlich sind, davon ausgehen, dass sich der Darlehensnehmer über die allgemeinen Risiken seiner Anlage selbst informiert hat.597 Es darf auch annehmen, dass der Darlehensnehmer erforderlichenfalls Fachleute zu Rate gezogen hat.598 Zur Aufklärung seines Wissensvorsprungs ist das Kreditinstitut aber dann verpflichtet, wenn es über Insiderwissen verfügt, zu dem der Darlehensnehmer keinen Zugang hat.599 Gleiches gilt, wenn der Darlehensnehmer mit Kenntnis des Kreditinstituts über bedeutsame Umstände des zu finanzierenden Geschäfts arglistig getäuscht oder bei diesem Geschäft sittenwidrig übervorteilt wurde.600 Relevant wird dies etwa, wenn ein Kreditvermittler den Darlehensnehmer über „versteckte Innenprovisionen“ täuscht, die in den Kaufpreis des zu finanzierenden Objekts eingerechnet wurden.601 Der Kenntnis des Kreditinstituts steht die Erkennbarkeit der maßgeblichen Umstände nur dann gleich, wenn diese sich nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen mussten.602 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seiner Mitarbeiter sind dem Kreditinstitut dabei analog § 166 BGB zuzurechnen: Wer es mit einer Organisation wie einem Kreditinstitut zu tun hat, soll weder besser noch schlechter gestellt sein als derjenige, der einer natürlichen Person gegenübersteht.603 (2) Darüber hinaus wird – in Anlehnung an die Rechtsprechung zu verbundenen Verträgen 172 (unten Vierter Teil Rn 770) – bei einer arglistigen Täuschung im Zusammenhang mit dem finanzierten Geschäft die Kenntnis des Kreditinstituts widerleglich vermutet, wenn dieses mit dem Geschäftspartner des Darlehensnehmers in institutionalisierter Art und Weise zusammengewirkt hat und die Unrichtigkeit der Angaben des Geschäftspartners nach den Umständen des Falles objektiv evident ist.604 Für das institutionalisierte Zusammenwirken ist erforderlich, dass zwischen dem Kreditinstitut und dem Geschäftspartner des Darlehensnehmers ständige Geschäftsbeziehungen bestanden, etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrags, konkreter Vertriebsabsprachen oder auch durch die Überlassung von Geschäftsräumen

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595 BGH WM 1986, 700; BGH NJW 1988, 1583 (1584); BGH NJW–RR 1992, 879 (881); BGH NJW 1999, 2032 (2033); BGH NJW 2000, 2352 (2353); Dörr MDR 2014, 571; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 227 ff.; Nobbe Bankrecht2, Rn 465. 596 BGH NJW 2000, 2352 (2353); Rong S. 150; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 75. 597 BGH NJW 1988, 697 (699); BGH NJW 1988, 1583 (1584); OLG Hamm BeckRS 2013, 3405; Nobbe Bankrecht2, Rn 461; Buck-Heeb BKR 2014, 221 (227). 598 BGH NJW 1981, 389 (391); BGH NJW 1985, 1020 (1023); BGH NJW 1988, 697 (699); BGH NJW-RR 1990, 876 (877); BGH NJW 2000, 2352 (2353). 599 Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 281, 284; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Thessinga3 BankR IV Rn 37. 600 BGH NJW-RR 1992, 373 (375); BGH NJW-RR 2007, 257; BGH BKR 2013, 280, (282 Rn 21); Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 38. 601 BGHZ 168, 1 (22 ff.); BGH BKR 2013, 280 (281 f.); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 150. 602 BGH WM 1992, 602 (603); BGH NJW-RR 2008, 1226 (1228); OLG Frankfurt BeckRS 2014, 04639; Dörr MDR 2014, 571; keine Pflicht, sich einen Wissensvorsprung zu verschaffen: BGH NJW 1992, 2560 (2562); BGH WM 1992, 602 (603); BGH NJW-RR 1992, 879 (880). 603 BGHZ 135, 202 (205); Dörr MDR 2014, 571; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 138 ff. 604 BGHZ 168, 1 (23); BGH NJW-RR 2007, 257 (258); BGH NJW-RR 2011, 124 (125); Oechsler NJW 2006, 2451 (2453); insbesondere zum Haustürgeschäft: Habersack BKR 2006, 305 (311); Medicus FS H. P. Westermann 2008, S. 447 (452 f.); Junglas NJOZ 2013, 49 (50 ff.); MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 75.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

oder Formularen des Kreditinstituts.605 Ein institutionalisiertes Zusammenwirken kann sich ferner daraus ergeben, dass der Geschäftspartner des Darlehensnehmers wiederholt Finanzierungen des betreffenden Kreditinstituts vermittelt hat.606 Auf den Fall der Sittenwidrigkeit des finanzierten Geschäfts sollen diese für die arglistige Täuschung entwickelten Grundsätze nach der Rechtsprechung des BGH nicht übertragbar sein.607 Für die Unterscheidung zwischen arglistiger Täuschung und sittenwidriger Überteuerung gibt es insoweit aber keinen sachlichen Grund.608 Wenn die sittenwidrige Überteuerung offensichtlich war, ist auf Grundlage des institutionalisierten Zusammenwirkens mit dem Geschäftspartner des Darlehensnehmers auch hier die Kenntnis des Kreditinstituts widerleglich zu vermuten. 173

(3) Vorvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten des Kreditinstituts entstehen auch dann, wenn das Kreditinstitut selbst bei der Risikoschaffung mitwirkt, indem es „einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des [zu finanzierenden] Projekts hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand“ für den Darlehensnehmer schafft.609 Das ist der Fall, wenn sich etwa das Kreditinstitut die Kaufpreisansprüche des vermögenslosen Geschäftspartners des Darlehensnehmers aus dem finanzierten Geschäft im Voraus abtreten lässt und dann die wirtschaftliche Rückabwicklung des finanzierten Geschäfts verhindert.610 Gleiches gilt, wenn das Kreditinstitut den Beitritt des Darlehensnehmers zu einem für das finanzierte Erwerbsobjekt bestehenden Mietpool verlangt und dieser Mietpool mit Kenntnis des Kreditinstituts trotz Überschuldung konstant überhöhte Ausschüttungen an die anderen Poolmitglieder ausbezahlt.611

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(4) Ferner können vorvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten des Kreditinstituts aus einer schwerwiegenden Interessenkollision erwachsen. Für eine solche Interessenkollision ist die bloße Tatsache einer Doppelfinanzierung, bei der das Kreditinstitut den Initiator des darlehensfinanzierten Projekts auch unmittelbar finanziert, nicht ausreichend.612 Anders liegt der Fall aber, wenn das Kreditinstitut darüber hinaus weiß, dass der Projektinitiator weder über eigene Mittel zur Finanzierung des Projekts verfügt noch ausreichende Sicherheiten stellen kann, um seine eigene Kreditaufnahme zu besichern.613 Denn in einer derartigen Konstellation liegt es nahe, dass das Kreditinstitut die Investitionen weiterer Darlehensnehmer nur deshalb finanziert, weil es sich hiervon den Ausgleich eigener Forderungen gegen den Projektinitiator erhofft. Entsprechendes gilt etwa dann, wenn das Kreditinstitut als Hauptgläubigerin einer Massenkommanditgesellschaft deren Kommanditisten auffordert, die Liquidität der KG durch vom Kreditinstitut ausgereichte Darlehen zu erhöhen.614

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(5) Eine weitere Fallgruppe, in der die Rechtsprechung vorvertragliche Aufklärungs- und Beratungspflichten des Kreditinstituts annimmt,615 zeichnet sich dadurch aus, dass das Kreditinstitut seine Kreditgeberrolle überschreitet. Dogmatisch ist diese Fallgruppe allerdings streng

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605 BGHZ 168, 1 (23 f.); BGH NJW 2007, 161 (162); Stöhr S. 215 f. 606 BGHZ 168, 1 (23 f.); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 258; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 232: „sonstige enge Kooperation“. 607 BGH NJW 2008, 640 (642); OLG Frankfurt BeckRS 2014, 4639. 608 Ebenso Maier EWiR 2008, 129; Junglas NJOZ 2013, 49 (61 ff.); Stöhr S. 221; kritisch zur Unterscheidung auch Arnold WuB (2007) I G 5. – 6.08. 609 BGH NJW-RR 1990, 876; BGH NJW 1992, 2146 (2147); BGH WM 2007, 876 (878 f.); Nobbe Bankrecht2, Rn 471 ff. 610 BGH NJW 1992, 2146 (2147); Rong S. 159; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 246. 611 BGH WM 2007, 876 (879); Stöhr S. 191; Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 282. 612 BGH NJW 1988, 1583 (1584); BGH NJW 2003, 2088 (2090); BGH ZIP 2004, 209 (211); Rong S. 161. 613 BGH NJW-RR 1990, 876 (877); BGH NJW-RR 1992, 373 (374); Rong S. 161; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 251. 614 BGH NJW 1978, 2547 (2547 f.); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 252. 615 BGHZ 72, 92 (101); BGH NJW 1988, 1583 (1584); BGH NJW 1992, 2148 (2149).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

von den vorgenannten zu unterscheiden.616 Anders als dort folgen Aufklärungs- und Beratungspflichten hier nicht als vorvertragliche Pflichten nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB aus der Anbahnung des Darlehensvertrags selbst. Besondere Pflichten des Kreditinstituts erwachsen in dieser Konstellation vielmehr aus dem darlehensfinanzierten Geschäft beziehungsweise dessen Anbahnung; das Kreditinstitut haftet insoweit unter den Voraussetzungen des § 311 Abs. 3 BGB als vertragsfremder Dritter. Denn der Haftungsgrund liegt hier darin, dass das Kreditinstitut erkennbar Funktionen übernimmt, die typischerweise dem Geschäftspartner des Darlehensnehmers im Rahmen des darlehensfinanzierten Geschäfts obliegen. Das führt dazu, dass das Kreditinstitut gleichsam als Partei des finanzierten Geschäfts erscheint und der Darlehensnehmer ihm deshalb besonderes Vertrauen entgegenbringt.617 Insbesondere kann der Darlehensnehmer aufgrund des besonderen Engagements des Kreditinstituts beim finanzierten Geschäft berechtigterweise darauf vertrauen, dass das Kreditinstitut ausnahmsweise für das Verwendungsrisiko des Darlehens mit einstehen will. So liegt der Fall etwa, wenn das Kreditinstitut im Prospekt für eine zu finanzierende Geldanlage nicht nur als Kreditgeber firmiert, sondern sich darüber hinaus auch als Referenz nennen lässt oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, es habe das Anlageprodukt geprüft und für gut befunden.618 ee) Hinsichtlich der Rechtsfolgen einer Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflich- 176 ten durch das Kreditinstitut ist wiederum zu differenzieren. Verletzt das Kreditinstitut Pflichten aus einem Aufklärungs- oder Beratungsvertrag (oben Vierter Teil Rn 166–168), so kann der Darlehensnehmer Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB verlangen oder nach § 323 BGB vom Vertrag zurücktreten. In den Fällen einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten nach §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB und drittbezogener Pflichten nach §§ 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB ist der Darlehensnehmer dagegen auf Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB verwiesen. Der Anspruch ist hier regelmäßig auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet. Der Darlehensnehmer ist so zu stellen, wie er bei Offenbarung der für seinen Vertragsschluss maßgeblichen Umstände stünde.619 Bei der Schadensfeststellung kommt dem Darlehensnehmer die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zugute; es wird vermutet, dass der Darlehensnehmer bei pflichtgemäßer Aufklärung den Darlehensvertrag so nicht geschlossen hätte.620 Es fehlt allerdings an der haftungsausfüllenden Kausalität, sofern der eingetretene Schaden außerhalb des Schutzzwecks der konkreten Aufklärungspflicht liegt: Wenn Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten, für das finanzierte Vorhaben bedeutsamen Einzelpunktes geschuldet wird, dann braucht der Aufklärungspflichtige grundsätzlich nur für diejenigen Risiken einzustehen, für deren Einschätzung die geschuldete Auskunft maßgeblich war.621 Ersatz des Erfüllungsinteresses kann der Darlehensnehmer wegen Verletzung vorvertraglicher Pflichten grundsätzlich nicht verlangen.622 In aller Regel wird er seinen Schadensersatzanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB auf Vertragsaufhebung richten. Wenn der Darlehensnehmer jedoch am Vertrag festhalten will und nachweisen kann, dass er ohne die Pflichtverletzung des Kreditinstituts einen Vertrag zu günstigeren Bedingungen abgeschlossen hätte, dann kann er die Mehraufwen-

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616 Kritisch zur Wahl der jeweiligen Haftungsgrundlagen durch die Rspr. Horn ZBB 1997, 139 (142); Hennrichs FS Kümpel 2003, S. 241 (243 f.). 617 BankR-HdB/Siol 5 § 44 Rn 32; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 76. 618 BGH NJW 1992, 2148 (2149); BGH NJW 1992, 2560 (2562); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 264. 619 BGH NJW 2006, 3139 (3141); Junglas NJOZ 2013, 49 (68); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 233; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 132. 620 BGH NJW 2004, 1868 (1869); Junglas NJOZ 2013, 49 (67 f.); Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 75, 120 ff., 150 ff.; für die Immobilienfinanzierung auch Stöhr S. 225. 621 BGHZ 116, 209 (213 f.); Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 81; Heermann Geld- und Geldgeschäfte, § 20 Rn 10; MünchKommBGB/Berger8 Vor § 488 Rn 80. 622 BGH NJW 2001, 2875 (2877); Vortmann Aufklärungs- und Beratungspflichten der Banken11, Rn 74 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

dungen, die ihm durch den ungünstigen Abschluss entstanden sind, als Vertrauensschaden geltend machen.623 b) Vorvertragliche Pflichten des Darlehensnehmers. Vorvertragliche Aufklärungspflichten können auch den Darlehensnehmer treffen. Bedeutsam ist hier insbesondere die Pflicht des Darlehensnehmers zur Aufklärung über kreditrelevante Tatsachen. Diese Pflicht wird überwiegend im Rahmen einer möglichen Anfechtung des Darlehensvertrags durch das Kreditinstitut nach § 123 BGB (unten Vierter Teil Rn 287) diskutiert.624 Der Kreis der Aufklärungspflichten, welche die Möglichkeit einer Täuschungsanfechtung einerseits und eine Haftung aus culpa in contrahendo andererseits begründen, ist weitgehend identisch. Die Tatbestände unterscheiden sich aber in ihren subjektiven Anforderungen.625 Dementsprechend kann bereits die fahrlässige Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten eine Vertragsaufhebung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen ermöglichen. Der BGH verlangt dafür zwar einen konkreten Vermögensschaden, der über die vertragliche Bindung des Anspruchstellers hinausreicht.626 Bei einem Vertragsschluss aufgrund fehlerhafter Aufklärung liegt der Schaden aber richtigerweise in der vertraglichen Bindung selbst, weil vorvertragliche Aufklärungspflichten auch die Willensfreiheit des Anspruchstellers schützen.627 Die Reichweite der Aufklärungspflichten des Darlehensnehmers ergibt sich aus dem genera178 lisierten Zweck des Darlehensvertrags.628 Denn eine Pflicht einer Vertragspartei, ihre eigene wirtschaftliche Lage zu offenbaren, besteht nur soweit, wie diese wirtschaftliche Lage zur Vereitelung des Vertragszwecks geeignet ist und daher für die Entschließung des Vertragspartners von wesentlicher Bedeutung sein kann.629 Beim Darlehensvertrag ist das typischerweise der Fall, weil hier der Darlehensgeber aufgrund der Vorleistung der Darlehensvaluta das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers zu tragen hat.630 Dementsprechend ist der Darlehensnehmer jedenfalls verpflichtet, auch ungefragt über gegen ihn betriebene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Auskunft zu geben.631 Im Rahmen einer geplanten vollständigen Umschuldung muss der Darlehensnehmer das Kreditinstitut auch über weitere offenstehende Kredite informieren.632 Seine Aufklärungspflicht kann der Darlehensnehmer grundsätzlich durch Annahme einer Schufa-Klausel erfüllen; wenn er um die Unvollständigkeit seiner Schufa-Daten weiß, kann ihn aber eine Pflicht zur ergänzenden Aufklärung treffen.633 177

179

c) Pflicht des Kreditinstituts zur Überlassung der Darlehensvaluta. Nach dem Wortlaut des § 488 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Die Pflicht des Kreditinstituts ist

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623 BGH NJW 2001, 2875 (2877); BGH NJW 2006, 3139 (3141); Heermann Geld- und Geldgeschäfte, § 20 Rn 12. 624 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 146; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90; zum Verhältnis von arglistiger Täuschung und culpa in contrahendo auch Krüger FS Kollhosser 2002, S. 329. 625 Grigoleit S. 137; Fleischer AcP 200 (2000), 91 (111 ff.); so auch nach der Schuldrechtsreform Mertens AcP 203 (2003), 818 (846); Mertens AcP 203 (2003), 818, 68; Theisen NJW 2006, 3102 (3104); mit Hinweis auf das parallel ausgestaltete Rücktrittsrecht Grunewald FS Wiedemann 2002, S. 75 (81). 626 BGH NJW 1998, 302 (303 f.). 627 Fleischer AcP 200 (2000), 91 (111 ff.); Mertens AcP 203 (2003), 818 (846 ff.); Lorenz S. 72 ff.; aA Krüger FS Kollhosser 2002, S. 329 (335). 628 Fleischer S. 238 f.; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90. 629 BGH NJW 1974, 1505 (1506). 630 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90; zurückhaltender BGH NJW 1974, 1505 (1506) („nicht nur ein Kreditgeschäft im üblichen Sinn“). 631 OLG Saarbrücken WM 2006, 2251. 632 BGH WM 1985, 1437. 633 BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 31; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 190.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

insoweit auf die „wertmäßige Verschaffung“634 des Geldbetrags gerichtet. Dementsprechend ist die physische Übergabe von Bargeld nur eine mögliche und überdies wenig gebräuchliche Art der Verschaffung von Geld.635 Die Verschaffung von Buchgeld ist ebenso möglich und der Bargeldverschaffung gleichgestellt.636 Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB tritt in beiden Fällen ein, sobald das Kreditinstitut die Dar- 180 lehensvaluta endgültig aus ihrem Vermögen ausgeschieden und dem Vermögen des Darlehensnehmers zugeführt hat.637 Bei der Verschaffung von Buchgeld muss diese den Darlehensnehmer in die Lage versetzen, über die Valuta wie über bares Geld zu verfügen.638 Wenn das Darlehen durch Überweisung ausgezahlt wird, tritt Erfüllung daher erst mit Gutschrift des Darlehensbetrags auf dem Konto des Darlehensnehmers ein, da dieser erst dann eine entsprechende Forderung gegen das kontoführende Kreditinstitut erlangt.639 Nicht ausreichend ist die Gutschrift auf einem Konto „pro Diverse“, weil dem Darlehensnehmer insoweit ohne weitere Vereinbarung gerade keine individualisierbare Forderung zusteht.640 Wird das Darlehen mehreren Darlehensnehmern gewährt, so tritt Erfüllung nur ein, wenn die Valuta auf ein Konto überwiesen wird, über das alle Darlehensnehmer verfügen können.641 Bei einem Dispositionskredit erfüllt das Kreditinstitut seine Auszahlungspflicht in dem Zeitpunkt, in dem der Darlehensnehmer über seine Kreditlinie tatsächlich verfügt.642 Erfüllung kann auch durch Auszahlung der Darlehensvaluta an einen Dritten eintreten, 181 ohne dass es hierzu eines Durchgangserwerbs des Darlehensnehmers bedürfte.643 Notwendig ist allerdings eine entsprechende Einigung der Vertragsparteien, eine Bevollmächtigung des Dritten durch den Darlehensnehmer nach § 164 BGB oder eine Zustimmung des Darlehensnehmers zur Auszahlung an den Dritten nach §§ 362 Abs. 2, 185 BGB.644 An einer solchen Zustimmung fehlt es regelmäßig, wenn das Kreditinstitut zu Sicherungszwecken etwa einen Notar als Treuhänder einschaltet und eine Verfügung über die Darlehensvaluta vom Eintritt weiterer Bedingungen abhängig macht.645 Eine anderslautende Regelung in AGB ist als unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers i.S.d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.646 Entsprechendes gilt, wenn das Kreditinstitut die Valuta an einen Kreditvermittler mit der Maßgabe auszahlt, dass dieser zunächst die Bestellung ausreichender Sicherheiten gewährleistet.647 Maßgeblich für die Erfüllungswirkung bei der Auszahlung an einen Dritten ist die Frage, ob der Dritte lediglich als „verlängerter Arm“ des Kreditinstituts fungieren oder aber die Darlehensvaluta überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers entgegennehmen sollte.648 Für letzteres ist es ausreichend, dass

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634 Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040 S. 253. 635 Mülbert WM 2002, 465 (468/469) („Entmaterialisierung des Gelddarlehensvertrags“ und „wertorientierte Vergeistigung“); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 19; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 28. 636 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 113; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 15; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 29. 637 BGH WM 1965, 496 (496); BGH WM 1978, 878 (878); BGH WM 1985, 653 (653); BGH ZIP 2006, 846 (847); Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 22. 638 BGHZ 6, 121 (122 ff.); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 7; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 29. 639 BGHZ 6, 121 (122 ff.); BGH WM 1956, 217 (218); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1319. 640 BGH NJW 1987, 55; BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 142; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.23. 641 RGZ 113, 177; BGH NJW 1982, 2433 (2436); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 30. 642 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 29. 643 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1320. 644 BGHZ 50, 227 (231); BGH NJW 1977, 38 (39); BGH NJW 1996, 3414 (3415); BGH NJW-RR 1997, 1460 (1460/1461); Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.21; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 33. 645 BGH NJW 1986, 2947 (2947); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 34 f.; ausführlich hierzu König S. 164 ff. 646 BGH NJW 1998, 3200; Köndgen NJW 2000, 468 (474); Nobbe Bankrecht, Rn 490; Derleder/Knops/Bamberger/ Derleder3 § 12 Rn 41. 647 BGH NJW-RR 1986, 140 (141); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 34. 648 BGH WM 1965, 496 (497 f.); BGH WM 1978, 878 (878); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1320; BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 145; Derleder/Knops/Bamberger/Derleder3 § 12 Rn 41.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

der Darlehensnehmer durch die Überlassung der Valuta an den Dritten eine eigene Schuld bei diesem tilgen will.649 So empfängt der Darlehensnehmer bei einem verbundenen Geschäft die Valuta, wenn sie an den Geschäftspartner des finanzierten Geschäfts ausgezahlt wird.650 Nach den gleichen Grundsätzen tritt Erfüllung auch dann ein, wenn der Darlehensnehmer das Konto, dem die Valuta gutgeschrieben wird, zugunsten eines Dritten verpfändet hat.651 Da das Darlehen dem Darlehensnehmer nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB „zur Verfügung zu stel182 len“, ihm also effektiv auszuzahlen ist (oben Vierter Teil Rn 180), ist die Möglichkeit einer Valutierung durch Aufrechnung angesichts der typischen Interessenlage der Parteien im Zweifel nicht gewollt.652 Eine Aufrechnungsvalutierung kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Parteien dies eindeutig vereinbart haben.653 Gleiches gilt für die Verrechnung der Darlehensvaluta im Rahmen eines Kontokorrents.654 Anderslautende Abreden in AGB sind regelmäßig als unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers i.S.v. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.655 183

d) Pflicht des Kreditinstituts zur Belassung der Darlehensvaluta. Aus der Natur des Gelddarlehens als eines Gebrauchsüberlassungsvertrags folgt, dass das Kreditinstitut dem Darlehensnehmer die Valuta nicht nur zu verschaffen, sondern sie ihm auch für die vereinbarte Dauer zu überlassen hat.656 Die Belassungspflicht ist allerdings von nur geringer praktischer Relevanz. Mit Auszahlung der Darlehensvaluta erlangt der Darlehensnehmer ohnehin die volle sachenrechtliche Verfügungsbefugnis über die Valuta, seine Rückzahlungspflicht ist dagegen nur obligatorischer Natur.657 Bedeutung erlangt die Belassungspflicht allenfalls in der Insolvenz des Darlehensnehmers (unten Vierter Teil Rn 271).

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e) Nebenpflichten des Kreditinstituts. Im Rahmen des Darlehensvertrags ist das Kreditinstitut entsprechend der darlehensvertraglichen Risikoverteilung (oben Vierter Teil Rn 98) nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksicht auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Darlehensnehmers verpflichtet. Diese Interessenwahrungspflicht erschöpft sich regelmäßig in den vorvertraglichen Aufklärungspflichten nach § 311 Abs. 2 und 3, § 241 Abs. 2 BGB (Vierter Teil Rn 170–176).658 Während der Vertragsdurchführung bleibt das Kreditinstitut freilich an seine allgemeinen Verhaltenspflichten gebunden, insbesondere an Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten.659

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649 BGH NJW 1985, 1020 (1022); BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 145. 650 So die st. Rspr. des XI. Zivilsenats des BGH: BGHZ 167, 223 (235 f.); BGHZ 167, 239 (244 f.); BGHZ 167, 252 (263 ff.); BGHZ 168, 1 (14); BGH WM 2006, 1060 (1064 f.); BGH WM 2006, 1243 (1245); ebenso OLG Dresden WM 2005, 1792 (1794 f.); KG WM 2005, 2218 (2222 f.); Reuter FS Konzen 2006, S. 775 (783); Schäfer DStr 2004, 1611 (1618); Wolf/Großerichter ZIP 2005, 2091 (2096 f.); Staudinger/Kessal-Wulf 2012 § 494 Rn 20; MünchKommBGB/Schürnbrand/ Weber8 § 494 Rn 21; aA die frühere Rspr. des II. Zivilsenats (keine Heilung bei einem verbundenen Geschäft, wenn die Valuta eines Immobilienfonds auf Anweisung des Darlehensnehmers an den Treuhänder zur Tilgung der Beitragsschuld gezahlt wird): BGHZ 152, 331 (336 f.); BGH WM 2005, 843 (844 f.); BGHZ 159, 294 (306 ff.). Durch die geänderte Zuständigkeitsverteilung zugunsten des XI. Zivilsenat wird der letztgenannten Ansicht nicht mehr gefolgt (vgl. Pressemitteilung des BGH Nr. 62/2006). 651 BGH NJW 1987, 3123. 652 RGZ 56, 235 (236); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 159; Erman/Saenger15 Vor § 488 Rn 7. 653 BGHZ 71, 19 (20 f.). 654 BGH WM 1974, 406 (407). 655 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 37; offen gelassen in BGHZ 71, 19 (20 f.). 656 So nunmehr eindeutig die Begründung zum Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 253; dazu Coester-Waltjen Jura 2002, 675 (676); Mülbert WM 2002, 465 (467); Freitag ZIP 2004, 2368 (2370); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 163; in der Sache ebenso bereits Schmidt JZ 1976, 756 (757); Mülbert AcP 192 (1992), 447 (457). 657 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1322. 658 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 118. 659 Keßler/Herzberg BB 2009, 1145 (1146).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Darüber hinaus können Überprüfungs- und Informationspflichten des Kreditinstituts dann entstehen, wenn eine weitere unveränderte Vertragsdurchführung zu einer erheblichen Schädigung des Darlehensnehmers führen würde.660 Das Kreditinstitut haftet insoweit aber nur, wenn es dem Darlehensnehmer im Einzelfall nicht möglich ist, das Verwendungsrisiko des Darlehens selbst zu kontrollieren. Das ist etwa dann der Fall, wenn das Kreditinstitut eine Vertragsänderung dahingehend veranlasst, dass die Valuta ohne vorherige Überweisung auf ein Notaranderkonto unmittelbar an einen Dritten ausgezahlt wird, dessen Ansprüche gegen den Darlehensnehmer zuvor dem Kreditinstitut abgetreten wurden.661 f) Pflicht des Darlehensnehmers zur Abnahme der Darlehensvaluta. Ob der Darlehens- 185 nehmer verpflichtet ist, die Darlehensvaluta abzunehmen, bestimmt sich nach der Parteivereinbarung.662 Wird keine ausdrückliche Vereinbarung über die Abnahme der Valuta getroffen, so bestimmt sich das Bestehen einer Abnahmepflicht nach dem Vertragszweck. Während beim Krediteröffnungsvertrag im Zweifel keine Pflicht zum Kreditabruf besteht (oben Vierter Teil Rn 125), ist etwa bei einer Grundstücksbeleihung durch eine Pfandbriefbank der Darlehensnehmer regelmäßig zur Abnahme der Valuta verpflichtet.663 Denn das Kreditinstitut kann erst dann die für Pfandbriefbanken geltenden Refinanzierungsbedingungen in Anspruch nehmen, wenn es vom Darlehensnehmer gestellte Sicherheiten in die Deckungsmasse aufnimmt (vgl. oben Vierter Teil Rn 70–82). Im Übrigen ist bei der Annahme einer vereinbarten Abnahmepflicht jedoch Zurückhaltung geboten, da der Verbleib der Valuta beim Kreditinstitut für dieses nicht per se nachteilig ist.664 Es steht dem Kreditinstitut nämlich frei, mit dem Darlehensnehmer eine Pflicht zur Zinszahlung auch schon vor Abnahme der Valuta zu vereinbaren (unten Vierter Teil Rn 196). Nach überwiegender Auffassung handelt es sich bei einer vereinbarten Pflicht zur Abnahme 186 der Darlehensvaluta um eine Hauptpflicht des Darlehensnehmers, die zu den Hauptpflichten des Kreditinstituts im Gegenseitigkeitsverhältnis steht.665 Bedeutsam war dies vor der Schuldrechtsreform vor allem, um dem Kreditinstitut für den Fall der Nichtabnahme einen Schadensersatzanspruch nach § 326 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. zu eröffnen; im neuen Schuldrecht hat diese Erwägung an Relevanz verloren.666 Tatsächlich ist ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis nur schwer zu konstruieren667 und aus Sicht des Kreditinstituts heute auch nicht mehr notwendig: Im Falle der Nichtabnahme der Valuta durch den Darlehensnehmer bestehen Schadensersatzansprüche nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB, die in Gestalt einer Nichtabnahmeentschädigung pauschaliert werden können (unten Vierter Teil Rn 215–219). g) Pflicht des Darlehensnehmers zur Rückzahlung der Darlehensvaluta. Nach § 488 187 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Darlehensnehmer verpflichtet, das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Rechtsnatur und Entstehungszeitpunkt dieser Pflicht sind umstritten. Hinsichtlich der Rechtsnatur der Rückzahlungspflicht wird einerseits vertreten, es handle sich hierbei um eine kraft Gesetzes eintretende Rechtspflicht,668 andererseits wird die Pflicht auf die privatautonome

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660 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 118. 661 BGH NJW 1995, 2218. 662 BGH WM 1962, 114 (116); Wand WM 2005, 1932 (1936); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 122; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 217. 663 BGH NJW 1991, 1817 (1818); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 122. 664 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 218. 665 BGH NJW-RR 1990, 432 (433); BGH NJW 1991, 1817 (1818); Köndgen NJW 2000, 468 (474); Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 122; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 68; Erman/Saenger15 Vor § 488 Rn 3. 666 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 219. 667 Zutreffend Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 219 unter Verweis auf § 320 BGB. 668 Mülbert AcP 192 (1992), 447 (463); Mülbert WM 2002, 465 (469); so auch noch MünchKommBGB/Berger7 § 488 Rn 43.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Vereinbarung der Vertragsparteien zurückgeführt.669 Richtigerweise beruht die Rückzahlungspflicht, wie jede vertragliche Leistungspflicht, auf Parteivereinbarung. Sie ist aber für den Darlehensvertrag als Gebrauchsüberlassungsvertrag (oben Vierter Teil Rn 153) typenprägend: Fehlt es an der Vereinbarung einer Rückzahlungspflicht, so liegt kein Darlehensvertrag vor. Hinsichtlich der Entstehung der Rückzahlungspflicht wird teilweise angenommen, diese 188 entstehe bereits mit Vertragsschluss, der entsprechende Anspruch des Darlehensgebers werde aber erst mit Kündigung des Darlehens oder Zeitablauf (unten Vierter Teil Rn 223) fällig, sei also betagt.670 Von anderer Seite wird dagegen argumentiert, der Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers entstehe erst mit Kündigung oder Zeitablauf und werde mit Entstehung zugleich fällig, es handle sich also nicht um einen betagten, sondern um einen künftigen Anspruch.671 Die beiden Konstruktionen führen weitgehend zu denselben Ergebnissen. So besteht Einigkeit darüber, dass die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers gerade nicht synallagmatisch zu den Hautpflichten des Darlehensgebers bei der Vertragsdurchführung ist.672 Sie wird jedenfalls, wie auch die Rückgabepflicht im Rahmen anderer Gebrauchsüberlassungsverträge (vgl. § 546 BGB), erst bei der Abwicklung des Darlehensvertrags (unten Vierter Teil Rn 264) relevant. Auch wenn man von einer Entstehung des Rückzahlungsanspruchs erst mit Vertragsbeendigung ausgeht, ist der Anspruch im Wege der Vorausabtretung bereits zuvor abtretbar (unten Rn 189). Ein wesentlicher Unterschied kann sich aber für die insolvenzrechtliche Behandlung des Rückzahlungsanspruchs (unten Vierter Teil Rn 262) ergeben:673 Während betagte Ansprüche im Insolvenzfall als fällig behandelt werden (§ 41 Abs. 1 InsO), hindert § 91 InsO die Übertragung künftiger Forderungen.674 Anders als bei § 546 BGB dem Vermieter675 stünde dem Darlehensgeber für einen künftigen Rückzahlungsanspruch auch kein Aussonderungsrecht zu. Dieses insolvenzrechtliche Folgenargument spricht im Rahmen einer normzweckorientierten Auslegung entscheidend dafür, dass der Rückzahlungsanspruch als betagter Anspruch bereits mit Vertragsschluss entsteht. Eine Abtretung des Rückzahlungsanspruchs und der Zinszahlungsansprüche (unten Vier189 ter Teil Rn 191) mitsamt akzessorischer Sicherheiten ist nach §§ 398, 401 BGB grundsätzlich möglich. Die Abtretbarkeit der Ansprüche kann allerdings nach § 399 Alt. 1 BGB wegen einer besonderen Zweck- oder Personengebundenheit des Darlehens ausgeschlossen sein. So ist etwa der Rückzahlungsanspruch personengebunden und damit nicht abtretbar, wenn bei einem zinslosen Darlehen eine Rückzahlung für den Fall vereinbart wurde, dass der Darlehensgeber das Geld „benötigt“.676 Nach § 399 Alt. 2 BGB können die Parteien eine Abtretung des Anspruchs außerdem rechtsgeschäftlich ausschließen; wegen § 354a Abs. 2 BGB gilt dies auch für Darlehensforderungen der Kreditinstitute gegenüber Kaufleuten.677 Verstöße gegen das Bankgeheimnis führen dagegen grundsätzlich nicht zur Unwirksam190 keit der Abtretung von Darlehensforderungen.678 Die Verschwiegenheitspflicht als allgemeine

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669 Hammen DB 1991, 953 (954); Habersack Bankrechtstag (2002), S. 3 (7); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 165; so nun auch MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 43. 670 Hammen DB 1991, 953 (954); Engert/Schmidl WM 2005, 60 (65); Habersack S. 7; Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1330; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 166; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 43. 671 Mülbert AcP 192 (1992), 447 (465); Mülbert WM 2002, 465 (469); Staudinger/Mülbert2011 § 488 Rn 291. 672 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 43. 673 AA Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 291. Die dort zitierte Rechtsprechung trägt die These einer Insolvenzfestigkeit des Rückzahlungsanspruchs als eines künftigen Anspruchs jedoch nicht. 674 MünchKommInsO-Breuer3 § 91 Rn 43 ff. 675 Vgl. insoweit Schmidt-Futterer/Streyl 13 § 546 Rn 69. 676 OLG Köln NJW 2000, 295; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 146. 677 Kritisch zu dieser Ausweitung durch das Risikobegrenzungsgesetz Köchling ZInsO 2008, 848 (852). 678 BGHZ 171, 180 (184 ff.); BGHZ 183, 60 (62 ff.); Früh WM 2000, 497 (501); Böhm BB 2004, 1641 (1643); Cahn WM 2004, 2041 (2049); Rinze/Heda WM 2004, 1557 (1560); kritisch Knops WM 2008, 2185 (2188); Schwintowski/Schantz NJW 2008, 472 (474 f.); vgl. im Übrigen die Nachweise in den folgenden Fn.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Verhaltenspflicht des Kreditinstituts kann zwar bei einer Abtretung mit der Auskunftspflicht gegenüber dem Zessionar aus § 402 BGB in Konflikt geraten.679 Daraus folgt aber jedenfalls kein dinglich wirkendes Abtretungsverbot, weil ein solches ja nach § 399 Alt. 2 BGB der vertraglichen Vereinbarung bedürfte.680 Allenfalls kann der Darlehensnehmer bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gegen das Kreditinstitut Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen.681 Das gilt aber jedenfalls dann nicht, wenn die Abtretung aus einem notleidenden Kreditverhältnis erfolgt; eine Berufung des Darlehensnehmers auf das Bankgeheimnis wäre dann rechtsmissbräuchlich.682 Im Übrigen dürfte es zumeist an einem ersatzfähigen Schaden fehlen.683 Verstöße gegen das Bankgeheimnis im Rahmen einer Forderungsabtretung führen auch dann nicht zu einer Nichtigkeit der Abtretung nach § 134 BGB i.V.m. § 203 StGB, wenn die Abtretung durch öffentlich-rechtlich organisierte Sparkassen oder Landesbanken erfolgt, weil bei der Abtretung von Darlehensforderungen kein fremdes Geheimnis im Sinne des § 203 StGB berührt wird.684 Vorstandsmitglieder und Angestellte von Kreditinstituten sind nämlich nicht unter den in § 203 Abs. 1 StGB genannten Berufsgruppen aufgeführt, sodass jedenfalls die Verschwiegenheitspflicht privater Kreditinstitute nicht zu einer Strafbarkeit ihrer Organe nach § 203 StGB führt.685 Zugleich kann aber die öffentlich-rechtliche Organisation eines Kreditinstituts als solche nicht zu einer weitergehenden Haftung von dessen Vorstandsmitgliedern und Angestellten nach § 203 Abs. 2 StGB und damit zu einer Ungleichbehandlung von im Übrigen gleich gelagerten Sachverhalten führen.686 Schließlich ist nach der Rechtsprechung des BGH die Abtretung von Forderungen aus dem Darlehensvertrag auch nicht nach § 134 BGB i.V.m. den Bestimmungen der DSGVO und des BDSG nichtig, weil dies zu Wertungswidersprüchen hinsichtlich der Behandlung von natürlichen und juristischen Personen als Darlehensnehmer führen würde und zudem der gesetzgeberischen Grundentscheidung für eine Abtretbarkeit von Geldforderungen zuwiderliefe, die sich etwa in § 354a HGB äußert.687 Dieses Argument hat auch nach der Einfügung des § 354a Abs. 2 HGB durch das Risikobegrenzungsgesetz688 Gültig-

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679 Hofmann/Walter WM 2004, 1566 (1570); Wech S. 324 ff. (auch zu Möglichkeiten einer Verschlüsselung, die sowohl § 402 BGB als auch der Verschwiegenheitspflicht sowie dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot Rechnung tragen). 680 BGHZ 171, 180 (185); Cahn WM 2004, 2041 (2049); Jobe ZIP 2004, 2415 (2416 f.); Rinze/Heda WM 2004, 1557 (1560); Stiller ZIP 2004, 2027 (2031); Böhm BKR 2005, 108 (112); Büttner/Tonner ZBB 2005, 165 (169); Nobbe WM 2005, 1537 (1541 f.); Adolff FS Heldrich 2007, S. 3 (5 ff.); Gehrlein S. 135; Wech S. 522 ff. 681 BGHZ 171, 180 (185); Böhm BB 2004, 1641 (1643); Freitag EWiR 2004, 741 (742); Gehrlein S. 152; hierzu auch Contreal S. 112 ff. 682 OLG Celle WM 2004, 1384 (1385); Nobbe WM 2005, 1537 (1547); Bredow/Vogel BKR 2008, 271 (276); Dörrie ZBB 2008, 292 (294); in der Begründung abweichend („immanente Grenze des Bankgeheimnisses“) Bitter ZHR 173 (2009), 379 (409). 683 Hofmann/Walter WM 2004, 1566 (1572); Nobbe WM 2005, 1537 (1545); Stürner ZHR 173 (2009), 363 (370); Gehrlein S. 152; Wech S. 529; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 146; aA wohl Möhlenkamp BB 2007, 1126 (1127) („Vermögensvernichtung durch den neuen Gläubiger“). Auf die Möglichkeit eines auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruchs bei Eintritt eines Nichtvermögensschadens verweist dem Grunde nach zu Recht Bitter ZHR 173 (2009), 379 (418); ähnlich Knops WM 2008, 2185 (2188). Es ist allerdings fraglich, inwieweit dieser Anspruch – durch Löschung der übertragenen Daten beim Zessionar – durch das zedierende Kreditinstitut, das nach wie vor Vertragspartner des Darlehensnehmers ist, erfüllt werden kann. 684 BGHZ 183, 60 (64 ff.); Gehrlein S. 128; aA Contreal S. 96; Fuhrmann S. 29 ff. 685 BGHZ 171, 180 (186); Freitag EWiR 2004, 741 (742); Hofmann/Walter WM 2004, 1566 (1571); Jobe ZIP 2004, 2415 (2417); Rinze/Heda WM 2004, 1557 (1560); Nobbe WM 2005, 1537 (1542); Wech S. 526. 686 BGHZ 183, 60 (64 f.); Nobbe WM 2005, 1537 (1543); Dörrie ZBB 2008, 292 (294); Gehrlein S. 142; Wech S. 257/527; aA Fuhrmann S. 27; Contreal S. 100 f. 687 BGHZ 171, 180 (189 f.); Cahn WM 2004, 2041 (2049); Nobbe WM 2005, 1537 (1544); vgl. auch Gehrlein S. 188 ff.; zum Verhältnis von Bankgeheimnis und BDSG eingehend Bitter ZHR 173 (2009), 379 (387 ff.); für die Neufassung des BDSG und die DSGVO Lehmann/Wancke WM 2019, 613 (615 f.). 688 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) vom 12.8.2008, BGBl. I S. 1666.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

keit.689 Auch wenn dort die Verkehrsfähigkeit von Darlehensforderungen der Kreditinstitute bewusst eingeschränkt wird, wollte der Gesetzgeber damit nur die Möglichkeit der Vereinbarung eines Abtretungsverbots eröffnen, nicht aber die Abtretbarkeit derartiger Forderungen gänzlich ausschließen.690 191

h) Pflicht des Darlehensnehmers zur vereinbarten Zinszahlung. Der Wortlaut des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB, der den Darlehensnehmer zur Zahlung eines geschuldeten Zinses verpflichtet, geht davon aus, dass ein Gelddarlehen im Regelfall entgeltlich gewährt wird.691 Die Möglichkeit eines unentgeltlichen Gefälligkeitsdarlehens wird damit nicht ausgeschlossen.692 Wird aber eine Pflicht zur Zinszahlung vereinbart,693 so steht sie als vertragliche Hauptpflicht mit der Pflicht zur Überlassung und Belassung der Darlehensvaluta im Gegenseitigkeitsverhältnis nach §§ 320 ff. BGB.694

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aa) Im Unterschied zu anderen möglichen Formen der Vergütung (unten Vierter Teil Rn 205–210) ist der Zins eine gewinn- und umsatzunabhängige, aber von der Laufzeit bestimmte Vergütung für die Möglichkeit des Gebrauchs der Darlehensvaluta.695 Für die Einordnung als Zins, die sich in erster Linie auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrags (unten Vierter Teil Rn 223) auswirkt,696 ist nicht die von den Parteien verwendete Bezeichnung, sondern allein die wirtschaftliche Funktion maßgeblich.697 Dementsprechend können auch als „Kreditgebühren“698 oder „Teilzahlungsgebühren“699, als „Teilzahlungszuschlag“700 oder „Bankbearbeitungsgebühren“701 bezeichnete Vergütungen Zinsen im Rechtssinne darstellen. Um Zinsen handelt es sich immer dann, wenn die Höhe der Vergütung tatsächlich von der Dauer der Gebrauchsüberlassung abhängig, von deren wirtschaftlichem Ergebnis aber unabhängig ist. Danach handelt es sich auch bei einem vereinbarten Disagio regelmäßig um einen Zins, weil jenes aus wirtschaftlicher Sicht einen integralen Bestandteil der laufzeitabhängigen Zinskalkulation darstellt.702

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689 Jaeger/Heinz BKR 2009, 273 (276); kritisch Stürner ZHR 173 (2009), 363 (371). 690 Vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 16/9821, S. 19; dazu auch Dörrie ZBB 2008, 292 (294). 691 Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 253. 692 BT-Drucks. 14/6040, S. 253. 693 Die Beweislast für die Vereinbarung trägt das Kreditinstitut, wenn auch an eine konkludente Entgeltlichkeitsvereinbarung keine hohen Anforderungen zu stellen sind: OLG Oldenburg ZIP 2013, 1760. 694 BGH WM 1962, 114 (115); BGH WM 1962, 1264 (1265); BGH WM 1967, 321 (323); BGH NJW 2011, 2640 (2641); Mülbert WM 2002, 465 (467); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 180a. 695 BGH NJW 1979, 540 (541); BGHZ 80, 153 (166); Canaris NJW 1978, 1891 (1891 f.); Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1323; in diesem Sinne auch schon RGZ 168, 284 (285): „vom Schuldner fortlaufend zu entrichtende Vergütung für den Gebrauch eines in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehenden Kapitals, ausgedrückt in einem im voraus bestimmten Bruchteile der geschuldeten Menge. […] Die Zinsen bilden danach eine Vergütung für den Gebrauch […] des Kapitals schlechthin, unabhängig von seinem wirtschaftlichen Ergebnis.“; zur Kritik Canaris NJW 1978, 1891; zu Ideengeschichte und Begriff auch Seckelmann BB 1998, 57; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 4 Rn 14 ff. 696 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (22); MünchKommBGB/Grundmann8 § 246 Rn 8. 697 BankR-HdB/Krepold 5 § 78 Rn 1; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 190; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 154: funktionaler Charakter des Zinsbegriffs; Palandt/Grüneberg77 § 246 Rn 3. 698 BGH WM 1975, 889 (890); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 190. Zu Bausparverträgen im Besonderen Haertlein WM 2014, 189 (192 ff.); zur Unwirksamkeit eines vereinbarten Darlehensentgeltes in Bausparverträgen BGH BKR 2017, 69. 699 BGH NJW 1979, 540 (541); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 19 Rn 6. 700 BGH NJW 1979, 805 (806); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 19 Rn 6. 701 BGH NJW 1979, 2089 (2090). 702 Grundlegend BGHZ 111, 287 (289); dazu Thelen DB 1990, 1805; Casper/Möllers BKR 2014, 59 (61); zu den Folgen kritisch Köndgen/Busse ZBB 1990, 214; ebenso schon Prass BB 1981, 1058 (1059 ff.); im Ergebnis anders aber noch BGHZ 81, 124 (128 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Spiegelbildlich zur Diskussion im Passivgeschäft (oben Vierter Teil Rn 46, 47) ist auch für 193 das Aktivgeschäft der Kreditinstitute die Vereinbarung von Negativzinsen mit Streitfragen verbunden. Wie dort ist auch im Aktivgeschäft davon auszugehen, dass § 488 Abs. 1 S. 2 BGB dispositiv ist und damit auch Negativzinsen grundsätzlich von den Parteien vereinbart werden können. Es geht hier also in erster Linie um eine Frage der Vertragsauslegung. In vielen Fällen sind negative Zinsen von den Parteien nicht gewollt. Die marktüblichen Musterverträge der Loan Market Association für Unternehmenskredite (unten Vierter Teil Rn 352) sehen bereits seit 2012 einen so genannten „zero floor“ vor, der auch bei variablen Zinssätzen ein Umschlagen in den negativen Bereich verhindert. Fehlt es – bei Vereinbarung eines variablen Zinssatzes – an einem ausdrücklichen Ausschluss negativer Zinsen, so ist der Parteiwille nach den Grundregeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. In aller Regel zeigen schon Vertragsinhalt und –systematik, dass die Parteien jedenfalls keine Zahlungspflicht des Kreditinstituts für die Überlassung der Valuta vereinbaren wollten.703 Führt dagegen ein negativer Referenzzinssatz lediglich zum Abschmelzen der – im Unternehmenskredit üblicherweise zum Referenzzins zu addierenden (unten Vierter Teil Rn 361, 362) – Marge, so ist die Auslegungsfrage weniger eindeutig zu beantworten. Oft ist von den Parteien, auch mit Blick auf die Refinanzierung bei Dritten,704 eine möglichst getreue Abbildung von Marktzinsen einschließlich negativer Referenzsätze gewollt, so dass hier das laufzeitabhängige Gesamtentgelt aufgrund des negativen Zinses jedenfalls bis auf Null zu reduzieren sein kann. Sollten die Parteien – was nur selten der Fall sein wird – tatsächlich einen negativen Zinssatz vereinbaren, der zu einer Zahlungspflicht des Kreditinstituts führt, so steht ihnen das im Rahmen ihrer Privatautonomie frei. Die Entstehung einer Zahlungspflicht des Kreditinstituts führt auch nicht dazu, dass der Vertrag aufgrunddessen in einen Verwahrungsvertrag umzuqualifizieren wäre, da die Interessenlage der Parteien – relativ zum Marktumfeld – darlehenstypisch bleibt: Für das Kreditinstitut ist die Valutaüberlassung wirtschaftlich sinnvoll, solange der Zinssatz über den Refinanzierungskosten liegt, der Kreditnehmer zahlt ein Entgelt, soweit er für eine (hypothetische) Einlage geringere Kosten hätte.705 In jedem Fall zu beachten sind allerdings die allgemeinen AGB-rechtlichen Grenzen für die Vereinbarung variabler Zinsen (unten Vierter Teil Rn 200–203). Keine Zinsen sind dagegen Entgelte, die nur einmalig und unabhängig von der Laufzeit des 194 Darlehens anfallen.706 Insoweit kann es zu Abgrenzungsproblemen kommen, da eine Gebühr zwar als einmalige Pauschale zahlbar, in ihrer Höhe aber von der Laufzeit des Kredits abhängig sein kann.707 Ist letzteres der Fall, so handelt es sich bei der Pauschalgebühr um eine verschleierte Zinsabrede.708 Keine Zinsen, weil nicht an die Gebrauchsüberlassung selbst, sondern an deren wirtschaftlichen Erfolg anknüpfend, sind Gewinn- und Umsatzbeteiligungen sowie Dividenden.709 Auf die Bezeichnung durch die Parteien kommt es wiederum nicht an.710 Bei Verlängerungs- und Überziehungszinsen ist nach den genannten Kriterien zu differenzieren: Soweit jene der Höhe nach laufzeitabhängig sind, handelt es sich um Zinsen, während eine Vergütung

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703 Für die Auslegung eines ISDA-Standardvertrags nach englischem Recht methodisch vorbildlich High Court [2018] EWHC 1935 (Comm.). 704 Hierauf verweisend auch Söbbing/von Bodungen ZBB 2016, 39, 41; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 51b. 705 Zutreffend Söbbing/von Bodungen ZBB 2016, 39, 41 f.; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 51a; aA Becker WM 2013, 1736, 1739; Tröger NJW 2015, 657, 658; BankR-HdB/Krepold4 § 78 Rn 2. 706 BGH NJW 1979, 805 (807); Mülbert AcP 192 (1992), 447 (498); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (61); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 4 Rn 22; BankR-HdB/Bruchner/Krepold 4 § 78 Rn 3.; Staudinger/Freitag2011 § 488 Rn 210. 707 Weitergehend Canaris Bankvertragsrecht Rn 1324: „zwangsläufig“ laufzeitabhängig. So auch Köndgen/Busse ZBB 1990, 214 (217). 708 OLG Nürnberg WM 1981, 1399 (1400); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 19 Rn 8. 709 RGZ 86, 399 (401 f.); RGZ 168, 284 (285 f.); BGHZ 85, 61 (63); Palandt/Grüneberg77 § 246 Rn 2. 710 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1326; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 4 Rn 26.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

allein für den mit der Überziehung verbundenen einmaligen Arbeitsaufwand keinen Zins darstellt.711 195

bb) Streitig ist außerdem, ob der Anspruch des Kreditinstituts auf Zahlung des vereinbarten Zinses in Entstehung und Bestand vom Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta abhängig ist, ob es sich bei ersterem also aufgrund Gesetzes um einen akzessorischen Anspruch handelt. Hiervon gehen die Rechtsprechung712 und die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum713 aus. Dieser Ansatz entspricht auch dem Willen des historischen Gesetzgebers, dem zufolge die allgemeinen Zinsvorschriften des BGB einschließlich des ungeschriebenen zinsrechtlichen Akzessorietätsprinzips auch für den Darlehenszins gelten sollten.714 Nach der von Mülbert begründeten Gegenauffassung ist der Ansatz allerdings mit Durchsetzung der Konsensualvertragstheorie (oben Vierter Teil Rn 154), spätestens aber seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform, überholt.715 Diese Gegenauffassung hat die besseren Argumente auf ihrer Seite. Geht man nämlich davon aus, dass es sich beim Gelddarlehen um einen gegenseitigen Vertrag handelt, bei dem sich die Pflichten des Darlehensgebers zur Überlassung und Belassung der Darlehensvaluta mit der Pflicht des Darlehensgebers zur Zinszahlung als synallagmatische Hauptpflichten gegenüber stehen (oben Vierter Teil Rn 191), dann hätte eine gleichzeitige Abhängigkeit der Zinszahlungs- von der Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers zwangsläufig Wertungswidersprüche zur Folge.716 Das gilt insbesondere für die Festlegung von Beginn und Ende der Zinszahlungspflicht: Bei Annahme des Akzessorietätsgrundsatzes ist nur schwer zu begründen, warum etwa eine Zinszahlungspflicht auch schon vor Auszahlung der Darlehensvaluta bestehen kann (unten Vierter Teil Rn 196).717 Für eine Akzessorietät der Zinszahlungspflicht zur Rückzahlungspflicht besteht aber auch kein sachliches Bedürfnis, weil Entstehung, Fortbestand und Untergang der Zinszahlungspflicht von den Vertragsparteien autonom geregelt werden können und sich im Übrigen nach den gesetzlichen Regeln der §§ 320 ff. BGB bestimmen.718

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cc) Dementsprechend richtet sich der Beginn der Zinszahlungspflicht i.S.v. § 187 BGB nach der Abrede der Parteien. So können die Parteien etwa vereinbaren, dass bereits die Überweisung des Darlehens auf ein Notaranderkonto eine Zinszahlungspflicht begründet, obwohl die Valuta damit noch nicht dem Darlehensnehmer zur Verfügung steht (oben Vierter Teil Rn 181).719 Eine entsprechende Parteivereinbarung ist auch stillschweigend möglich.720 Regelmäßig werden die Parteien aber davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer erst ab dem Zeitpunkt zur Zinszahlung verpflichtet ist, zu dem das Kreditinstitut seine Pflicht zur Überlassung des Darlehens

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711 Canaris Bankvertragsrecht3 Rn 1325; Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 19 Rn 15. Zur Unwirksamkeit einer Klausel, die ein laufzeitunabhängiges Entgelt für eine geduldete Kontoüberziehung vorsieht vgl. BGH WM 2017, 80. 712 RGZ 53, 294 (297); BGH NJW 1979, 540 (541); BGHZ 106, 42 (45); ebenso wohl BGH NJW 2012, 445 (446). 713 Köndgen NJW 1987, 160 (163); Trinkner/Wolfer BB 1987, 425 (427); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 4 Rn 40; BankR-HdB/Bruchner/Krepold 5 § 78 Rn 5; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 191. 714 Mugdan II, S. 9, 173; vgl. Mülbert WM 2002, 465 (470). 715 Grundlegend Mülbert AcP 192 (1992), 447 (499 ff.); hieran anknüpfend Mülbert WM 2002, 465 (470 ff.); ebenso Baums WM 1987, Sonderbeilage Nr. 2, 9; Hammen DB 1991, 953 (954); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 165; Palandt/Grüneberg77 § 246 Rn 8. 716 Mülbert AcP 192 (1992), 447 (503 f.); Mülbert WM 2002, 465 (470). 717 Mülbert AcP 192 (1992), 447 (503 f.). 718 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 184. Auf Parteiabreden abstellend Mülbert AcP 192 (1992), 447 (499 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 165; auf die synallagmatische Verknüpfung verweisend Mülbert WM 2002, 465 (470); Palandt/Grüneberg77 § 246 Rn 8. 719 BGH NJW 1985, 730 (731); BGH NJW 1986, 2947 (2948); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 191; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 185a. 720 BGH NJW 1986, 2947 (2948).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

erfüllt hat.721 Eine AGB-Klausel, durch die ein früherer Beginn der Zinszahlungspflicht festgelegt wird, ist daher überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB; bei Auslegungszweifeln gilt § 305c Abs. 2 BGB.722 Auch das Ende der Zinszahlungspflicht ist nach der Parteivereinbarung zu bestimmen. 197 Auf die Rückzahlung der Valuta durch den Darlehensnehmer kommt es grundsätzlich nicht an.723 Die Zinszahlungspflicht endet daher regelmäßig bereits mit der wirksamen Kündigung des Darlehensvertrags, weil in diesem Zeitpunkt die vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien erlöschen.724 Gleiches gilt, wenn der Vertrag aus anderen Gründen, etwa mit Ablauf der Vertragsdauer oder durch eine vereinbarte Sondertilgung, beendet wird.725 Zahlt der Darlehensnehmer nach Vertragsbeendigung die Darlehensvaluta nicht zurück, kann er allerdings zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet sein (unten Vierter Teil Rn 220–222). dd) Nach § 488 Abs. 2 BGB wird der Anspruch des Kreditinstituts auf Zinszahlung, sofern die 198 Parteien nicht anderes vereinbaren, jeweils mit Ablauf eines Jahres nachschüssig fällig. In der Praxis wird auf diese Auslegungsregel nur selten zurückzugreifen sein, weil regelmäßig eine unterjährige, meist quartalsweise oder monatliche Zinszahlung vereinbart wird.726 Angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 488 Abs. 2 BGB bestehen gegen eine solche Vereinbarung in AGB mit Blick auf § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB grundsätzlich keine Bedenken.727 Zulässig kann darüber hinaus auch die Vereinbarung einer vorschüssigen Zinszahlung in Gestalt so genannter Vorfälligkeitstage sein, nach der etwa die Zinsen für den laufenden Monat schon zu Monatsbeginn oder zur Monatsmitte fällig werden.728 Für den Darlehensnehmer wirkt sich eine solche Pflicht zur vorschüssigen Zinszahlung zwar nachteilig aus, da er den entsprechenden Geldbetrag nicht anderweitig nutzen kann.729 Der durchschnittliche Darlehensnehmer erwartet jedoch nicht, dass er Zinsen erst am Jahresende zahlen muss; und das Kreditinstitut kann regelmäßig davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer die Nachteiligkeit einer vorschüssigen Zahlweise von sich aus erkennt.730 Sofern die Fälligkeitstermine aus dem Darlehensvertrag ohne weiteres ersichtlich sind, verstößt eine entsprechende Regelung in AGB daher nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.731 ee) Die Zinshöhe kann grundsätzlich von den Parteien frei vereinbart werden; das gilt auch 199 für einen negativen Zinssatz (oben Vierter Teil Rn 193). Der Privatautonomie sind aber gewisse Grenzen gesetzt, wobei zwischen individuell und formularmäßig vereinbarten Zinssätzen zu unterscheiden ist. Individualvertragliche Vereinbarungen zur Zinshöhe finden ihre Grenze allein im Zinseszinsverbot des § 248 BGB, das durch § 355 Abs. 1 S. 1 HGB beschränkt wird, sowie in § 138 BGB (unten Vierter Teil Rn 271–280). Formularmäßige Zinsabreden können darüber hinaus der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegen (unten Vierter Teil Rn 201–204). Dies gilt

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721 BGH NJW 1986, 2947 (2948). 722 BankR-HdB/Bruchner/Krepold 5 § 78 Rn 8; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 194; zur Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB: BGH WM 1978, 422. 723 Hammen DB 1991, 953 (954); Mülbert WM 2002, 465 (472); Erman/Saenger15 § 488 Rn 54; aA Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 4 Rn 56. 724 BGH NJW-RR 1986, 205 (207); BGH NJW 2000, 1408 (1409); Gruber NJW 1992, 2274 f. mit Überblick zur früheren Diskussion. 725 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 185a. 726 Kollhosser ZIP 1986, 1429; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 197. 727 BGH NJW 1991, 2559 (2560). 728 BGH WM 1993, 2001 (2002); BankR-HdB/Krepold 5 § 78 Rn 14. 729 Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1436); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 197. 730 BGH WM 1993, 2001 (2002); Kollhosser ZIP 1986, 1429 (1434). 731 BGH WM 1993, 2001 (2002); Staudinger/Coester2013 § 307 Rn 184.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

nicht für die vereinbarte Zinshöhe selbst, bei der es sich um eine reine Preisregelung handelt, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliegt.732 Als Preisnebenabreden kontrollfähig sind allerdings Abreden, die eine Veränderung des Äquivalenzverhältnisses erlauben, auf das sich die Parteien vertraglich geeinigt hatten.733 200

(1) Wie auch bei der Verzinsung von Einlagen (oben Vierter Teil Rn 46–54) können insbesondere Vereinbarungen über variable Zinssätze der AGB-Kontrolle unterliegen.734 Ohnehin unterliegen Zinsanpassungs- wie Zinsgleitklauseln gleichermaßen dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Das „Ob“ und das „Wie“ künftiger Zinsanpassungen müssen für den Darlehensnehmer bereits bei Vertragsschluss hinreichend klar erkennbar sein.735 Zinsgleitklauseln sind – wie auch im Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 49) – dann transparent, wenn sie sich auf einen Referenzzinssatz beziehen, der aus einer öffentlich zugänglichen und für beide Parteien überprüfbaren Quelle stammt736 und von unabhängigen Stellen nach einem genau festgelegten Verfahren bestimmt wird.737 Zulässig ist hier jedenfalls die Orientierung etwa am Leitzinssatz der EZB oder an einem gängigen Kapitalmarktzinssatz wie LIBOR, EURIBOR oder EONIA.738 Allerdings werden die letztgenannten nunmehr schrittweise durch weniger manipulationsanfällige Referenzzinssätze wie SONIA und ESTER ersetzt.739 Diese werden jeweils aufgrund vergangener Transaktionen ermittelt („backward-looking overnight rates“ im Unterschied zu den früheren „forward-looking rates“). Dennoch genügen sie angesichts des vorab festgelegten, von einer unabhängigen Stelle (der Bank of England bei SONIA, der EZB bei ESTER) durchgeführten Ermittlungsverfahrens den Anforderungen des Transparenzgebots. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Bestimmung des Zinssatzes nach einem mit dem Zinseszinsverbot des § 248 BGB vereinbaren „Compound“-Verfahren erst am Ende der Laufzeit erfolgt. Für Zinsanpassungsklauseln folgt aus dem Transparenzgebot, dass der Anlass, aus dem sich ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts ergibt, sowie Richtlinien und Grenzen der Ausübung dieses Bestimmungsrechts möglichst konkret angegeben werden müssen.740 Beruht der Modus der Zinsanpassung auf einem internen Ratingverfahren des Kreditinstituts, so muss dieses Verfahren mit seinen maßgeblichen Parametern für den Darlehensnehmer nachvollziehbar und verständlich dargestellt werden.741

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732 BGH NJW 1991, 832 (833); Krüger WM 1999, 1402 (1408 f.). 733 Langenbucher BKR 2005, 134 (136); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 191; eingehend Thomas AcP 209 (2009), 84 (94 ff.). 734 Zur Spiegelbildlichkeit der beiden Konstellationen Metz BKR 2001, 21; Schimansky WM 2001, 1169 (1175); Rösler/Lang ZIP 2006, 214. 735 BGH NJW 2000, 651 (652); Metz BKR 2001, 21 (22); Langenbucher BKR 2005, 134 (138); Förster S. 106; Bruchner/Metz/Bruchner Rn 48; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 204. 736 Insoweit zutreffend Förster S. 62; BankR-HdB/Schürmann/Langner5 § 70 Rn 24g. 737 Ähnlich Mülbert WM 2004, 1205 (1208 f.); Langenbucher BKR 2005, 134 (137 f.); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215). 738 Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (215); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 198 f.; zu den gängigen Indizes auch Schimansky WM 2001, 1169 (1174); Bruchner/Metz/Bruchner Rn 59 ff.; BankR-HdB/Krepold5 § 78 Rn 77 ff. Zu alternativen Referenzzinssätzen Frischemeier WM 2018, 1441 (1443); Wimmer WM 2008, 2237. Zu den Auswirkungen des Brexit auf die Verwendung von Referenzsätzen aus dem Vereinigten Königreich Sajnovits WM 2018,1247. 739 Frischemeier WM 2018, 1441 (1442 f.); zur Einführung von ESTER vgl. https://www.ecb.europa.eu/paym/ initiatives/interest_rate_benchmarks/euro_short-term_rate/html/ester_qa.en.html (zuletzt abgerufen am 15.4.2019). 740 BGH NJW 2000, 651 (652); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 204. 741 Mülbert WM 2004, 1205 (1210); Rösler/Sauer FS Nobbe 2009, S. 437 (444 f.); einschränkend Langenbucher Bankrechtstag 2004, S. 63, 71 ff. sowie Langenbucher BKR 2005, 134, 139 f. (Ergebnistransparenz genügt); Kersting ZIP 2007, 56 (59 f.) (Anlass, Ausmaß und Richtlinien der Ausübung des Zinsanpassungsrechts genügen); weitergehend (zusätzlicher ex post-Informationsanspruch des Darlehensnehmers) von der Linden WM 2008, 195 (200 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Mit Blick auf die AGB-Inhaltskontrolle wird im Vergleich zum Einlagengeschäft zum Teil 201 von einer erhöhten Schutzbedürftigkeit des Darlehensnehmers ausgegangen, die eine strengere Inhaltskontrolle gebiete.742 Diese Differenzierung ist insoweit sachgerecht, als dem Darlehensnehmer trotz des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 2 BGB regelmäßig ein Ausweichen auf einen anderen Darlehensgeber kaum möglich ist, während der Einleger sehr viel leichter zu einem Kreditinstitut mit günstigeren Konditionen wechseln kann.743 Auch im Darlehensrecht ist insoweit allerdings zwischen Zinsgleitklauseln und Zinsanpassungsklauseln zu unterscheiden. Zinsgleitklauseln, durch welche die Zinshöhe automatisch einem vorab vereinbarten Refe- 202 renzzinssatz angepasst wird, unterliegen als Preisabreden grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle. Anders ist dies – wie im Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 48) – nur insoweit zu beurteilen, als ausnahmsweise ein gesetzliches Leitbild die Preisgestaltung vorgibt.744 § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist aber – über den Grundsatz der Laufzeitabhängigkeit der Vergütung (unten Vierter Teil Rn 209) hinaus – kein gesetzliches Leitbild für eine bestimmte Preisgestaltung, etwa im Sinne eines notwendigerweise positiven Zinssatzes, zu entnehmen.745 Vielmehr macht schon der Wortlaut der Norm deutlich, dass der „geschuldete“ Zins zu zahlen ist, es mithin einer vertraglichen Regelung der konkreten Zinszahlungspflicht bedarf. Dementsprechend wurde die Zinszahlungspflicht zwar wegen ihrer großen praktischen Bedeutung mit der Schuldrechtsreform in den Normwortlaut aufgenommen, während der BGB-Gesetzgeber die Vergütungsfrage bewusst ungeregelt gelassen hatte;746 schon eine gesetzliche Vermutung zugunsten der Entgeltlichkeit wird damit aber nicht begründet.747 Erst recht muss dies für die konkrete Höhe der Zinszahlungspflicht gelten. Der Inhaltskontrolle unterfallen Zinsgleitklauseln allenfalls dann, wenn sie mit einem einseitigen Preisanpassungsmechanismus kombiniert werden.748 Allerdings führt die Vereinbarung einer Zinsgleitklausel in jedem Fall zur Kündbarkeit des Darlehens nach § 489 Abs. 2 BGB (unten Vierter Teil Rn 236). Anderes gilt für Zinsanpassungsklauseln. Wie im Einlagengeschäft (oben Vierter Teil 203 Rn 50–54), unterliegen diese der AGB-Inhaltskontrolle, weil und soweit sie ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Kreditinstituts begründen und damit als Ergänzung gesetzlicher Rechtsvorschriften i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 BGB anzusehen sind.749 Zudem weichen sie i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BGB von der gesetzlichen Vorgabe des § 316 BGB ab, wonach die Bestimmung einer unbestimmten Gegenleistung deren Gläubiger zusteht.750 Nach § 308 Nr. 4 BGB, dessen Wertung auch für den unternehmerischen Verkehr bei der Anwendung von § 307 Abs. 1 und 2 BGB maßgeblich sein kann,751 muss die Zinsanpassungsklausel unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Teil zumutbar sein. Wie bei Zinsanpassungs-

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742 OLG Hamm NJW-RR 2003, 630 (631); Metz BKR 2001, 21; Schebesta BKR 2005, 217; aA Rösler/Lang ZIP 2006, 214. 743 OLG Hamm NJW-RR 2003, 630 (631). 744 So für § 675d Abs. 4 S. 2 BGB: BGHZ 199, 281, 284 ff. 745 Zum allgemeinen zivilrechtlichen Zinsbegriff MünchKommBGB/Grundmann8 § 246 Rn 9; speziell für das Aktivgeschäft Söbbing/von Bodungen ZBB 2016, 39, 45 f.; Langner/Brocker WM 2017, 1917 (1919 ff.); aA OLG Stuttgart WM 2019, 1110, 116; LG Tübingen ZBB 2018, 334; LG Tübingen ZBB 2018, 332; Krepold/Herrle BKR 2018, 89 (92); Omlor BKR 2018, 109 (110). 746 HKK-BGB/Lammel §§ 488-512 Rn 16 ff. 747 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 180; zur Normtextgenese Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 14/6040, S. 253. 748 So für den Preisanpassungsmechanismus in einem Gaslieferungsvertrag BGHZ 201, 230, 236 ff.; hieran anschließend Söbbing/v. Bodungen ZBB 2016, 39. 749 Schimansky WM 2001, 1169 (1171); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 191; MünchKommBGB/Wurmnest8 § 307 Rn 10; Habersack WM 2001, 753, 754 (760): nicht jedoch die Vereinbarung eines variablen Zinssatzes an sich; so auch BGHZ 185, 166 (171 f.); Metz BKR 2001, 21 (23). 750 BGHZ 158, 149(153). 751 Zu den Grenzen einer Anwendung der §§ 308, 309 BGB im unternehmerischen Verkehr Renner AcP 213 (2013), 677 (710 f.).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

klauseln im Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 50–54), sind auch hier die gegenläufigen Interessen abzuwägen. Einerseits hat das Kreditinstitut ein berechtigtes Interesse daran, bestehende Kreditverträge seinen Refinanzierungsbedingungen anzupassen.752 Insbesondere die risikogewichteten Eigenkapitalanforderungen nach Basel II und III legen die Notwendigkeit einer nachträglichen Anpassung von Kreditzinsen nahe.753 Auf der anderen Seite soll das Kreditinstitut das Risiko der Fristentransformation (oben Vierter Teil Rn 4) auch nicht vollständig auf den Darlehensnehmer abwälzen können. Nach der Rechtsprechung des BGH ist daher eine Zinsanpassungsklausel im Rahmen eines Darlehensvertrags nur dann nicht unangemessen, wenn sie das vertraglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung wahrt.754 Das Kreditinstitut kann also die vereinbarten Zinsen nur soweit nach oben anpassen, wie ihm tatsächlich erhöhte Refinanzierungskosten entstehen, während es zugleich verpflichtet ist, auch entsprechende Kostenminderungen an den Darlehensnehmer weiterzugeben.755 Konsequenterweise muss dies auch für negative Zinssätze gelten.756 Eine Zinsanpassungsklausel, die sich nach diesen Grundsätzen als unangemessen erweist, ist unwirksam; eine einschränkende Auslegung ist nicht möglich.757 Auslegungszweifel gehen vielmehr zu Lasten des Verwenders.758 Im Falle der Unwirksamkeit einer Klausel ist es Aufgabe des Richters, durch ergänzende Vertragsauslegung hinsichtlich der konkreten Modalitäten der Zinsanpassung einen „angemessenen Interessenausgleich“ beider Parteien zu bestimmen (ebenso zum Einlagengeschäft oben Vierter Teil Rn 53, 54).759 Die Modalitäten der Zinsänderung müssen zum einen den „Gegenstand der Leistung und die das Verhältnis der Parteien prägenden Umstände“760 abbilden. Zum anderen müssen die sachlichen und zeitlichen Parameter so präzise sein, dass sie für beide Parteien vorhersehbar und kontrollierbar sind.761 Demnach ist ein öffentlich zugänglicher, dem konkreten Geschäft möglichst nahe kommender objektiver Referenzzinssatz oder eine Kombination mehrerer Sätze zu Grunde zu legen. Im Ergebnis nähert sich die korrigierte Zinsanpassungsklausel damit einer Zinsgleitklausel an.762 Der konkrete Refinanzierungsbedarf bildet hier den Rahmen.763 Des Weiteren müssen die Anpassungsschwelle und der Anpassungszeitraum vom Gericht festgelegt werden.764 Es ist dabei weder ein Rückgriff auf § 315 BGB765 noch auf § 316 BGB766

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752 BGHZ 180, 257 (269); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 197; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 174. 753 Langenbucher BKR 2005, 134 (135); Rösler/Lang ZIP 2006, 214 (219 f.); Förster S. 129 ff.; Polke S. 129 ff.; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 202; in diese Richtung schon Habersack WM 2001, 753 (755); Jungmann WM 2001, 1401 (1402); zu den Auswirkungen von Basel II im Einzelnen Becker/Brackschulze/Müller DStR 2004, 740 (742 ff.). 754 BGHZ 180, 257 (269); BGHZ 185, 166 (176); Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 6.371; zu Preisanpassungsklauseln allgemein Kessel/Schwedler BB 2010, 585 (590). 755 BGHZ 180, 257 (269); Grundmann BKR 2001, 66 (71); Schimansky WM 2001, 1169 (1173); BankR-HdB/Krepold 5 § 78 Rn 70. 756 Söbbing/v. Bodungen ZBB 2016, 39, 46. 757 BGHZ 180, 257 (269) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung; in diese Richtung schon Habersack WM 2001, 753 (756); Schimansky WM 2001, 1169 (1171). 758 BGHZ 180, 257 (269); Förster S. 54. 759 Vgl. hierzu schon die BGH Rechtsprechung zu Tagespreisklauseln insb. BGHZ 90, 69 sowie Metz BKR 2001, 21 (29); zur Übertragbarkeit der Grundsätze zum Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 48–52) auf Darlehenszinsen Habersack WM 2001, 753 (760); BankR-HdB/Krepold 5 § 78 Rn 89; ebenso wohl Staudinger/Schlosser2013 § 306 Rn 14/27. 760 BGHZ 185, 166 (172); dazu v. Westphalen NJW 2010, 2098. 761 BGHZ 185, 166 (175); Formulierungsvorschlag bei Lischek S. 328 ff. 762 So ausdrücklich Metz BKR 2001, 21 (24); Bruchner/Metz/Bruchner Rn 118. 763 Metz BKR 2001, 21 (23). 764 BGHZ 185, 166 (173); BankR-HdB/Bruchner/Krepold5 § 78 Rn 83 f. 765 BGHZ 185, 166 (173); so jedoch noch Bruchner/Metz/Bruchner Rn 248. Für eine Änderung des § 315 BGB im Sinne der BGH-Rechtsprechung Metz BKR 2010, 265 (270). Zur Problematik eines entstehenden Negativzinses durch Zinsgleit- und –anpassungsklauseln vgl. Binder/Ettensberger WM 2015, 2069 m.w.N., welche den vertraglichen Gesamtzins auf mindestens 0 Prozent begleichen wollen. 766 So jedoch Habersack WM 2001, 753 (760).

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angebracht,767 da ein solcher das Äquivalenzprinzip nicht wahren würde. Denn der Darlehensnehmer hat regelmäßig nur in der Hoffnung auf mögliche Zinssenkungen das Risiko etwaiger Zinserhöhungen in Kauf genommen.768 (2) Jenseits des AGB-Rechts wird die äußerste Grenze zulässiger Zinsvereinbarungen durch 204 die Tatbestände der Sittenwidrigkeit und des Wuchers nach § 138 Abs. 1 und 2 BGB vorgegeben. Sittenwidrige und wucherische Darlehensverträge sind insgesamt nichtig und daher im Zusammenhang mit den allgemeinen Unwirksamkeitsgründen beim Gelddarlehen (unten Vierter Teil Rn 267–292) zu behandeln. i) Pflicht des Darlehensnehmers zur Zahlung weiterer Vergütungen. Regelmäßig werden 205 zwischen Kreditinstitut und Darlehensnehmer über den Darlehenszins hinaus weitere Vergütungen verabredet. Diese fallen zumeist unabhängig von der Laufzeit des Darlehens an und sollen die Kosten ausgleichen, die dem Kreditinstitut zu Vertragsbeginn für seinen Arbeitsaufwand anfallen.769 Wie die Zinshöhe (oben Vierter Teil Rn 199) können derartige Entgelte grundsätzlich von den Parteien frei vereinbart werden; auch hier sind der Privatautonomie aber Grenzen gesetzt. Das gilt insbesondere dann, wenn Entgeltvereinbarungen in AGB getroffen werden. Um 206 AGB handelt es sich auch dann, wenn das Entgelt als solches formularmäßig, seine konkrete Höhe jedoch individualvertraglich vereinbart wird.770 Ob das Entgelt sich aus dem Vertrag oder aus einer Preisliste ergibt, ist ohne Belang.771 Formularmäßige Entgeltvereinbarungen unterliegen jedenfalls dem Transparenzgebot des 207 § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und müssen daher die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den Darlehensnehmer eindeutig erkennen lassen.772 Dabei ist der Informationsstand des jeweiligen Darlehensnehmers zu berücksichtigen.773 Wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist etwa eine Klausel, die den Darlehensnehmer darüber im Unklaren lässt, zu welchem konkreten Zeitpunkt eine Bearbeitungsgebühr entsteht und ob diese bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zurückerstattet werden kann.774 Streng von der Frage der Einhaltung des Transparenzgebots zu trennen ist die Frage, ob formularmäßige Entgeltvereinbarungen einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB standhalten. Die Kontrollfähigkeit einer formularmäßigen Entgeltabrede entfällt nach zutreffender Ansicht des BGH775 und entgegen einer verbreiteten Literaturmeinung776 auch nicht dadurch, dass die Abrede für den Kunden erkennbar und transparent war, so dass er sie bereits bei seiner Entscheidung zum Vertragsschluss berücksichtigen konnte. Dem BGH ist hier schon aus gesetzessystematischen Gründen zu folgen: Die Einhaltung des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB schließt nicht aus, dass eine Klausel aus anderen Gründen den AGB-Gegner nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligt.

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767 Metz BKR 2001, 21 (23); BankR-HdB/Krepold5 § 78 Rn 89. 768 Habersack WM 2001, 753 (760). 769 Placzek WM 2011, 1066; Strube/Fandel BKR 2014, 133 (137); BankR-HdB/Bruchner/Krepold5 § 78 Rn 108; regelmäßig erfasst das Bearbeitungsentgelt sogar einen Großteil der Kosten, die dem Kreditinstitut für die Darlehensgewährung insgesamt entstehen: Wimmer WM 2012, 1841 ff. (eingehend auch zur Zusammensetzung im Einzelnen); Becher/Krepold BKR 2014, 45. 770 Strube/Fandel BKR 2014, 133 (135). 771 Casper/Möllers BKR 2014, 59 (59 f.); differenzierend Haertlein WM 2014, 189 (197 f.); zu den unterschiedlichen Ausgestaltungen auch Becher/Krepold BKR 2014, 45 (48). 772 BGHZ 187, 360 (365 f.); Nobbe WM 2008, 185 (187); Haertlein WM 2014, 189 (191). 773 EuGH Urt. v. 30.4.2014, Rs. C-26/13 Kásler, Káslerné Rábai ./. OTP Jelzálogbank Zrt. 774 OLG Karlsruhe WM 2011, 1366 (1368). 775 BGHZ 187, 360 (368 f.); BGHZ 201, 168, 191 f. 776 Bitter ZIP 2008, 2155 (2158); Habersack WM 2008, 1857 (1860); Stoffels BKR 2010, 359 (365); Placzek WM 2011, 1066 (1068) sieht dies darüber hinaus als Zeichen für das Vorliegen einer kontrollfreien Preisabrede; so anscheinend auch Becher/Krepold BKR 2014, 45 (51 f.).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

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Die formularmäßige Vereinbarung weiterer Vergütungen unterliegt aber nur dann der AGBInhaltskontrolle, wenn es sich nicht um bloße Preisabreden handelt, die keine Abweichung oder Ergänzung von Rechtsvorschriften i.S.v. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB zur Folge haben.777 Entscheidend für diese Feststellung sind nach Maßgabe der EU-Klauselrichtlinie778 Natur, Systematik und die konkreten Bestimmungen des Darlehensvertrags ebenso wie sein rechtlicher und tatsächlicher Kontext.779 Der Inhaltskontrolle zugänglich sind nur solche Abreden, die als Preisnebenabreden kein Entgelt für eine Leistung auf rechtsgeschäftlicher Grundlage darstellen, sondern den Aufwand des Kreditinstituts zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten im eigenen Interesse des Kreditinstituts auf den Darlehensnehmer abwälzen.780 Denn derartige Abreden stellen eine Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht dar, indem sie dem Darlehensnehmer eine Pflicht auferlegen, die bei Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung das Kreditinstitut träfe.781 Unstreitig eine Preisabrede ist danach etwa die Vereinbarung eines Bereitstellungsentgelts für den Zeitraum zwischen Darlehenszusage und Abruf der Darlehensvaluta.782 Bei Bearbeitungsentgelten, welche die Kreditinstitute formularmäßig für die Gewährung 209 des Darlehens vereinbaren, war lange streitig, ob es sich um kontrollfähige Preisnebenabreden handelt.783 In der früheren Vertragspraxis wurde der Begriff des Bearbeitungsentgelts meist ohne weitere Qualifizierung verwendet. Er erfasst dann die laufzeitunabhängige Vergütung für „sämtliche mit der mit der Darlehensbearbeitung verbundenen Verwaltungstätigkeiten“.784 Der EuGH hat mittlerweile für die EU-Klauselrichtlinie klargestellt, dass eine Vertragsklausel nur dann als Preisabrede der AGB-Inhaltskontrolle entzogen ist, wenn die Klausel „eine Hauptleistung des Vertrags festlegt, die ihn als solche charakterisiert“.785 Hiervon ausgehend ist es konsequent und richtig, wenn der BGH formularmäßige Vereinbarungen über Bearbeitungsentgelte als Preisnebenabreden und damit als kontrollfähig ansieht.786 Denn soweit der Darlehensnehmer zur Zahlung eines laufzeitabhängigen Entgelts für die Kapitalüberlassung in Gestalt des Zinses verpflichtet ist, handelt es sich um eine Hauptleistungspflicht. Daraus lässt sich zwar kein umfassendes Leitbild hinsichtlich einer bestimmten Vergütungsstruktur ableiten (oben Vierter Teil Rn 202). Die Laufzeitabhängigkeit der gezahlten Vergütung ist aber für den Darlehensvertrag typenprägend,787 womit der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform in erster Linie eine

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777 BGHZ 137, 27 (30); BGHZ 180, 257 (264); Placzek WM 2011, 1066 (1067). 778 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 vom 21.4.1993, S. 29. 779 EuGH Urt. v. 30.4.2014, Rs. C-26/13 Kásler, Káslerné Rábai ./. OTP Jelzálogbank Zrt, Rn 59. 780 BGHZ 187, 360 (367 f.); BGHZ 201, 168, 176; Nobbe WM 2008, 185; Strube/Fandel BKR 2014, 133 (137); Theewen Bank- und Kapitalmarktrecht, Bankentgelte Rn 7; Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 6.354; v. Westphalen/Fandrich40 Banken- und Sparkassen-AGB Rn 54 ff. 781 Vgl. BGHZ 124, 254 (256). 782 Nobbe WM 2008, 185 (191); Piekenbrock/Ludwig WM 2012, 2349 (2351); BankR-HdB/Krepold5 § 78 Rn 125 ff. 783 Überblick zum Meinungsstand in der instanzgerichtlichen Rspr. bei BVerfG WM 2014, 251 (252) sowie bei BGHZ 201, 168 (173 ff.) unter Verweis auf die nahezu einhellige Rspr. der Oberlandesgerichte, die von einer Kontrollfähigkeit ausgeht; ebenso Schlichtungsstelle der Deutschen Bundesbank BKR 2013, 425 (426); in der Literatur für Kontrollfähigkeit Nobbe WM 2008, 185 (193); Knops ZBB 2010, 479 (481 f.); Schmieder WM 2012, 2358 (2359 f.); Strube/Fandel BKR 2014, 133 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 159; aA in der Literatur Canaris AcP 200 (2000), 273 (334); Placzek WM 2011, 1066 (1067 ff.); Piekenbrock/Ludwig WM 2012, 2349 (2350 ff.); Becher/Krepold BKR 2014, 45 (48 ff.); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (60 ff.); Kropf/Habl BKR 2014, 145 (146 f.); Kümpel/Wittig/Peterek4 Rn 6.368. 784 Vgl. BGHZ 201, 168, 178 f.; Strube/Fandel BKR 2014, 133. 785 EuGH Urt. v. 30.4.2014, Rs. C-26/13 Kásler, Káslerné Rábai ./. OTP Jelzálogbank Zrt, Rn 59. 786 BGHZ 201, 168, 177 ff. 787 Deshalb verfängt auch der Verweis der Gegenmeinung auf übliche Vergütungsstrukturen bei anderen Vertragstypen, etwa beim Werkvertrag, nicht: BGHZ 201, 168, 185; aA Piekenbrock/Ludwig WM 2012, 2349 (2351); Becher/Krepold BKR 2014, 45 (55); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (65).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

verbreitete wirtschaftliche Praxis kodifiziert hat.788 Das Gesetz nimmt zwar an verschiedener Stelle auf weitere Vergütungen des Darlehens Bezug, so auf den Begriff der „Kosten“ in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 3 EGBGB i.V.m. § 6 PAngV, §§ 491, 491a Abs. 1, § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB, § 494 Abs. 4 Satz 1, § 501 BGB sowie § 505 BGB i.V.m. Art. 247 § 17 EGBGB. Daraus folgt aber nicht, dass der Gesetzgeber diese Vergütungen in Abweichung vom Pflichtenprogramm des § 488 BGB als typische Hauptleistungspflichten des Darlehensvertrags bestimmen würde.789 Eine Klausel über Bearbeitungsentgelte kann dementsprechend allenfalls dann als Preisabrede der Inhaltskontrolle entzogen sein, wenn es sich um ein Entgelt für eine nicht auf den Darlehensvertrag bezogene, rechtlich selbständige und gesondert vergütungsfähige Leistung des Kreditinstituts handelt.790 Für diejenigen Leistungen des Kreditinstituts, für die üblicherweise ein Bearbeitungsentgelt vereinbart wird, ist dies aber nicht der Fall. Das gilt insbesondere für die Prüfung von Bonität und Sicherheiten des Darlehensgebers, die mit Blick auf eine Darlehensgewährung im Eigeninteresse des Kreditinstituts liegt.791 Die drittschützende Wirkung von § 18a KWG (unten Vierter Teil Rn 877) ändert hieran nichts, weil eine gesetzliche Verpflichtung zum Drittschutz keine vergütungsfähige Vertragspflicht begründen kann.792 Ebenfalls keine gesondert vergütungsfähigen Leistungen sind die Erfassung von Wünschen des Darlehensnehmers, die Abgabe eines Darlehensangebots und eine Beratung, die nicht über die bloße Kundenbetreuung hinausgeht.793 Gleiches gilt für die „Kontoführung“ durch das Kreditinstitut in der Darlehensphase eines Bausparvertrags.794 Anders liegt der Fall aber für Beratungsleistungen, hinsichtlich derer sich die Parteien auf den Abschluss eines gesonderten Beratungsvertrags (oben Vierter Teil Rn 168) geeinigt haben.795 Dass Klauseln über Bearbeitungsentgelte als Preisnebenabreden nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB 210 kontrollfähig sind, bedeutet nicht ohne weiteres, dass jene als Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des Darlehensvertrags nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers darstellen und damit unwirksam sind. Formularmäßig vereinbarte Bearbeitungsentgelte in banküblicher Höhe von etwa 2% sind in der Rechtsprechung des BGH lange unbeanstandet geblieben.796 Der nunmehr allein zuständige XI. Senat hat diese Rechtsprechung aufgegeben.797 Die Laufzeitabhängigkeit der Vergütung sei für den Darlehensvertrag nicht nur typenprägend, sondern bestimme auch den Gerechtigkeitsgehalt des Darlehensvertrags.798 Das ist jedenfalls insoweit zutreffend, als der Darlehensnehmer bei einer laufzeitabhängigen Vergütung in Gestalt eines Zinses im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung deutlich besser steht als bei einer laufzeitunabhängigen Vergütung in Gestalt eines Bearbeitungsentgelts.799 Die formularmäßige Vereinbarung eines Bearbei-

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788 Zur historischen Entwicklung des entgeltlichen Gelddarlehens in Gesetzgebung und Praxis eingehend HKK-BGB/Lammel §§ 488–512 Rn 17–20. 789 So zu Recht BGHZ 201, 168, 180; auf die genannten Normen abstellend aber Wimmer WM 2012, 1841 (1851); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (63); Kropf/Habl BKR 2014, 145 (147). 790 Konsequent in der Prüfung BGHZ 201, 168 (186 ff.). 791 BGHZ 201, 168 (186 f.); Schmieder WM 2012, 2358 (2361 f.); Tiffe VuR 2012, 127 (129); Weber BKR 2013, 450 (453); aA OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 19416; Becher/Krepold BKR 2014, 45 (54); Casper/Möllers BKR 2014, 59 (64). 792 Zu § 18 Abs. 2 KWG a.F.: BGHZ 201, 168 (188). 793 BGHZ 201, 168 (188 f.). 794 BGHZ 215, 23 (35 f.). 795 Haertlein WM 2014, 189 (201). 796 BGH NJW 1979, 2089 (2090); BGH WM 1981, 838 (839); BGH WM 1989, 1011 (1014); BGHZ 111, 287 (293); zustimmend v. Westphalen/Fandrich40 Darlehensvertrag Rn 48; Casper/Möllers BKR 2014, 59 (68); kritisch zur prozentualen Berechnung Steppeler Bankentgelte, Rn 427 ff. 797 BGHZ 201, 168 (175 f.). 798 BGHZ 201, 168 (195): „im Interesse eines ausgewogenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung“; zum „Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung“ als Leitbild der AGB-Inhaltskontrolle vgl. den Bericht des Rechtsausschusses zum Entwurf des AGB-Gesetzes, BT-Drucks. 7/5422, S. 6. 799 BGHZ 201, 168 (198 f.).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

tungsentgelts weicht insoweit zum Nachteil des Darlehensnehmers vom gesetzlichen Regelfall der Vergütung durch Zinsen ab. Ob diese Benachteiligung unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB ist, ist eine Einzelfallfrage.800 Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Unangemessenheit einer Klausel allerdings durch die Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung indiziert.801 Das Kreditinstitut muss also Gründe vortragen, welche die Klausel im Einzelfall angemessen erscheinen lassen. Bankbetriebswirtschaftliche Erwägungen können die Erhebung eines laufzeitunabhängigen Bearbeitungsentgelts nach Ansicht des BGH grundsätzlich nicht rechtfertigen.802 Richtigerweise ist an dieser Stelle aber zu fragen, ob und inwieweit der Darlehensnehmer 211 tatsächlich des Schutzes durch die Unwirksamkeit der Entgeltklausel bedarf. Hiervon ausgehend wird man zwischen Verbraucherdarlehen und Unternehmenskrediten differenzieren müssen. Schon der Verbraucher ist durch die Angabe des effektiven Jahreszinses (§ 6 PAngV, Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB) über laufzeitabhängige wie laufzeitunabhängige Kosten des Darlehens informiert. Aufgrund der typischerweise auftretenden Rationalitätsdefizite bei Verbraucherentscheidungen (unten Vierter Teil Rn 542) kann man hier allerdings in der formularmäßigen Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts mit dem BGH eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers erblicken.803 Der BGH hat jedoch seine Rechtsprechung zur Unwirksamkeit formularmäßig vereinbarter laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte im Verbraucherkreditgeschäft ohne wesentliche Anpassungen auf Unternehmenskredite übertragen.804 Begründet wird dies im Ausgangspunkt damit, dass das gesetzliche Leitbild der laufzeitabhängigen Vergütung in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB für das Unternehmerdarlehen in gleicher Weise gelte wie für das Verbraucherdarlehen.805 Auch die nach § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB gebotene Rücksichtnahme auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs führe in casu zu keinem anderen Ergebnis, weil die Berechnung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte nicht auf einem Handelsbrauch beruhe und insoweit Unternehmer nicht weniger schutzwürdig seien als Verbraucher.806 Dem BGH ist hier insoweit zu folgen, als die formularmäßige Vereinbarung laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte auch beim Unternehmerdarlehen der Inhaltskontrolle unterliegt: Von der typisierenden Regel des § 488 Abs. 1 S. 2 BGB weichen derartige Klauseln unzweifelhaft ab. Für die Wirksamkeit von Entgeltklauseln ist aber die Frage nach dem „Gerechtigkeitsgehalt der gesetzlichen Regelung“ (oben Vierter Teil Rn 210) entscheidend. Nur wenn dieser berührt ist, benachteiligt eine abweichende Klausel den Klauselgegner unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB. Es kann bei der AGB-Inhaltskontrolle aber nicht um die Ausrichtung an einem absoluten Gerechtigkeitsmaßstab gehen, der dem deutschen Privatrecht fremd und im Übrigen kaum zu ermitteln wäre, sondern nur um die notwendigerweise kontextbezogenen Gerechtigkeitserwartungen der Parteien. 807 Bei den international marktüblichen Standardverträgen für Unternehmenskredite (unten Vierter Teil Rn 352) ist die Vereinbarung laufzeitunabhängiger Vergütungen (Fees) allgemein verbreitet, so dass die Annahme eines Handelsbrauchs durchaus nahe liegt. Zumindest aber verschiebt sich hier der Maßstab für die Inhaltskontrolle entscheidend: Wenn sich aufgrund allgemeiner Branchenübung ein tatsächli-

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800 BGHZ 199, 355 (374): „umfassende Interessenabwägung“. 801 BGHZ 141, 380 (390); BGHZ 180, 257; BGHZ 201, 168 (195 f.). 802 BGHZ 201, 168 (195, 197 ff.). 803 Zuletzt etwa für einen Verbraucherkreditvertrag mit Wahlrecht für eine Darlehensvariante mit oder ohne „Bearbeitungsprovision“ BGH WM 2018, 1046; zur Übertragung der Grundsätze dieser Entscheidung auf Unternehmensdarlehensverträge vgl. Schmid-Burgk BB 2018, 1799 ff. 804 BGHZ 215, 172 (178). 805 BGHZ 215, 172 (183). 806 BGHZ 215, 172 (187). 807 Oechsler (1997) Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, S. 296 ff.; Renner AcP 213, 677 (715 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

ches Vertragsleitbild entwickelt, das von den Vorgaben des dispositiven Rechts divergiert, so ist dies bei der Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB maßgebend zu berücksichtigen.808 Dagegen kommt es auf die Schutzwürdigkeit des individuellen Klauselgegners nicht an.809 Die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit formularmäßig vereinbarter laufzeitunabhängiger Bearbeitungsentgelte kann mithin nur teilweise über den entschiedenen Einzelfall, in dem ein Kreditinstitut schlicht dieselbe Entgeltklausel für Verbraucher- und Unternehmerdarlehen verwendet hatte, hinaus verallgemeinert werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass marktübliche Entgeltklauseln in weiten Teilen des unternehmerischen Geschäftsverkehrs einer AGB-Inhaltskontrolle standhalten. Daneben besteht in der Praxis für das Neuvertragsgeschäft die Möglichkeit, die Entgeltvereinbarungen ausdrücklich auf Sonderleistungen des Kreditinstituts zu beziehen (vgl. oben Vierter Teil Rn 209).810 4. Leistungsstörungen a) Allgemeines. Die Behandlung von Leistungsstörungen beim Gelddarlehen richtet sich 212 grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der §§ 280 ff, 323 ff. BGB. Diese sind lediglich punktuell anzupassen: Auf in Geld zu erfüllende Ansprüche finden die Unmöglichkeitsvorschriften keine Anwendung; und an die Stelle des Rücktritts nach §§ 323 ff. BGB tritt für das Gelddarlehen als Dauerschuldverhältnis die Kündigung nach § 314 BGB, sofern die Vertragsausführung bereits begonnen hat (vgl. oben Vierter Teil Rn 137).811 b) Pflichtverletzungen des Kreditinstituts. Verletzt das Kreditinstitut seine Pflichten aus 213 dem Darlehensvertrag, so kann dies den Darlehensnehmer zur außerordentlichen Kündigung berechtigen (unten Vierter Teil Rn 252, 253). Außerdem, und nach § 314 Abs. 4 BGB auch kumulativ, kann der Darlehensnehmer vom Kreditinstitut Schadensersatz verlangen. Verletzt das Kreditinstitut eine Leistungspflicht, insbesondere die Pflicht zur Überlassung der Darlehensvaluta, begründet das einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB.812 Der Ersatzanspruch umfasst alle Verluste, die dem Darlehensnehmer durch die Pflichtverletzung entstanden sind, einschließlich der entgangenen Gewinne aus dem zu finanzierenden Geschäft und der Mehrkosten für eine anderweitige Finanzierung. Leistet das Kreditinstitut zu spät, so kann der Darlehensnehmer Verzugszinsen nach § 288 BGB als zu ersetzenden Mindestschaden sowie Ersatz seines weiteren Verzugsschadens nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB verlangen. Die Verletzung von Nebenpflichten sowie die Verletzung vorvertraglicher Pflichten (oben Vierter Teil Rn 165–176) begründen insbesondere einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB. Dies gilt auch für den Fall einer unberechtigten Kündigung des Darlehensvertrags durch das Kreditinstitut (unten Vierter Teil Rn 265). Der Anspruch nach § 280 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich auf das negative Interesse gerichtet. Er umfasst etwa die Mehrkosten einer anderweitigen Finanzierung bei unberechtigter Kündigung. Im Fall einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs- und Beratungspflichten kann der

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808 Zum Verhältnis von § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB in diesem Zusammenhang Renner AcP 213, 677, 705 f.; zu den negativen Folgen einer Orientierung an „veralteten Leitbildern“ im Darlehensrecht Müller/Marchant/Eilers BB 2017, 2243, 2244 f. 809 Zutreffend BGHZ 215, 172 (191 ff.). 810 Dazu und zu weiteren Gestaltungsoptionen, auch mit Verweis auf die Möglichkeiten von Rechtswahl- und Schiedsklausel Josenhans/Danzmann/Lübbehüsen BKR 2018, 142, 145 ff.; Müller/Marchant/Eilers BB 2017, 2243, 2245 ff.; zur gezielten Rechtswahl in diesem Zusammenhang auch Kysel WM 2018, 2266; zur Rechtswahl im Darlehensrecht allgemein unten Vierter Teil Rn 300–303. 811 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 234 f.; für Dauerschuldverhältnisse allgemein Oetker S. 349 ff. 812 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 239.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Darlehensnehmer auch eine Aufhebung des Vertrags nach § 249 Abs. 1 BGB verlangen.813 Dazu muss er nachweisen, dass er den Darlehensvertrag bei pflichtgemäßem Verhalten des Kreditinstituts nicht abgeschlossen hätte. Hierbei kommt ihm allerdings die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zugute.814 c) Pflichtverletzungen des Darlehensnehmers 214

aa) Pflichtverletzungen des Darlehensnehmers können das Kreditinstitut zur außerordentlichen Kündigung berechtigen (unten Vierter Teil Rn 239, 240 und unten Vierter Teil Rn 257–259). Kommt es zu einer vom Darlehensnehmer verschuldeten Kündigung des Darlehensvertrags, so kann das Kreditinstitut Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der durch die vorzeitige Vertragsbeendigung entstanden ist. Dieser Schadensersatzanspruch wurde vielfach aus dem Rechtsgedanken des § 628 Abs. 2 BGB hergeleitet,815 wird nunmehr in der höchstrichterlichen Rechtsprechung – ohne Unterschied im Ergebnis – aber auf die allgemeinen Regeln der §§ 280 ff. BGB gestützt.816 Auf dieser Grundlage kann das Kreditinstitut als Schadensersatz statt der Leistung insbesondere eine Fortzahlung des vertraglich vereinbarten Zinses bis zu dem Zeitpunkt verlangen, in dem der Vertrag erstmals ordentlich kündbar wäre, um so gestellt zu werden, wie es bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung gestanden hätte (rechtlich gesicherte Zinserwartung).817 Es muss sich allerdings im Rahmen der Vorteilsausgleichung diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die es durch eine vorzeitige Rückzahlung der Darlehensvaluta erlangt.818 Für die Schadensberechnung gelten dieselben Regeln wie für die Berechnung einer Nichtabnahme- oder Vorfälligkeitsentschädigung (sogleich unten Vierter Teil Rn 215–219 sowie unten Vierter Teil Rn 254, 255). Wahlweise kann das Kreditinstitut neben der Leistung Ersatz des Verzögerungsschadens oder die Zahlung von Verzugszinsen (unten Vierter Teil Rn 220–222) verlangen, wenn es das Darlehen fällig stellt und sofortige Rückzahlung verlangt.819 Durch das Wahlrecht des Kreditinstituts wird im Ergebnis eine doppelte Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs vermieden.820

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bb) Das gilt auch dann, wenn der Darlehensnehmer eine vertraglich vereinbarte Pflicht zur Abnahme der Darlehensvaluta (oben Vierter Teil Rn 185) nicht erfüllt. In diesem Fall hat er Schadensersatz statt der Leistung in Gestalt einer Nichtabnahmeentschädigung zu leisten.821 Das Kreditinstitut ist hierdurch so zu stellen, wie es bei vereinbarungsgemäßer Abnahme des Darlehens stünde.822 Ersatzfähig ist damit jedenfalls der Verwaltungsaufwand, der mit der

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813 BGH WM 1987, 1546 (1548); BGH NJW 1994, 663 Leitsatz 3; BGHZ 168, 1 (26); BGHZ 186, 96 (113 f.); Vortmann11 Rn 70. 814 BGHZ 79, 337 (346); BGHZ 168, 1 (26); BGH WM 2007, 873 (874); BGH WM 2010, 34 (37); Tiedtke WM 1993, 1228 (1231); Nobbe/Ellenberger3 Vor §§ 488 ff. BGB Rn 92. 815 BGHZ 104, 337 (342 f.); BGH NJW 2000, 1408 (1409); Edelmann/Hölldampf BB 2014, 202; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 299. 816 BGH WM 2018, 782 (784). 817 BGHZ 104, 337 (342 f.); BGH NJW 2000, 1408 (1409); BGH WM 2018, 782 (786); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (165); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 13; Nobbe/Lange3 § 488 Rn 30. 818 Zutreffend Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 243. 819 BGH WM 2018, 782 (786); aA Freitag WM 2018, 2261 (2264): kein Wahlrecht, sondern Schadensersatz statt der Leistung lediglich für den infolge der Kündigung entfallenen Zinsanspruch bei Fortbestand des primären Erfüllungsanspruchs hinsichtlich der Darlehensrückzahlung. 820 Vgl. Freitag WM 2018, 2261 (2262). 821 Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 18 Rn 22; BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 2 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 69; aA („modifizierter Vertragszinsenanspruch“) Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 246. 822 BGH NJW 1991, 1817 (1818); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 74 iVm § 18 Rn 24; Rösler/Wimmer/ Lang Rn D 12.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

Nichtabnahme des Darlehens verbunden ist.823 Darüber hinaus kann der dem Kreditinstitut entstandene Schaden konkret oder abstrakt bestimmt werden. Bei der konkreten Berechnung muss der tatsächlich entstandene Schaden vom Kreditinstitut im Einzelnen dargelegt und bewiesen werden. Bei der häufigeren abstrakten Berechnung kann der Schaden nach §§ 252 BGB, 287 ZPO anhand banktypischer Durchschnittsgewinne bestimmt werden.824 Die Höhe der Nichtabnahmeentschädigung ist dann entweder aufgrund einer hypothetischen Darlehensneuausreichung (Aktiv-Aktiv-Berechnungsmethode) oder aufgrund einer hypothetischen Wiederanlage in sicheren Kapitalmarkttiteln (Aktiv-Passiv-Vergleichsmethode) zu ermitteln.825 Bei der Aktiv-Aktiv-Berechnungsmethode wird vorausgesetzt, dass das Kreditinstitut sich 216 für die Gewährung des Darlehens refinanziert; die Refinanzierung muss aber nicht tatsächlich erfolgt sein.826 Auf dieser Grundlage kann das Kreditinstitut nach der Rechtsprechung des BGH zunächst einen Anspruch auf Ersatz des Zinsmargenschadens haben, der sich aus der Differenz zwischen dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens und dem Refinanzierungszins des Kreditinstituts ergibt, wobei von dieser Differenz wiederum Risikoprämie und laufende Verwaltungskosten in Abzug zu bringen sind.827 „Darüber hinaus“ kann das Kreditinstitut als Zinsverschlechterungsschaden denjenigen Schaden ersetzt verlangen, der sich aus der Differenz zwischen dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens und dem erzielbaren Zins bei einer Neuausreichung des Darlehens zu gegenwärtigen Marktbedingungen ergibt.828 Das Verhältnis der beiden Schadensarten zueinander bleibt in den einschlägigen Leitentscheidungen des BGH unklar. In der Literatur wird zum Teil angenommen, beide Schadensposten könnten „kumulativ“ ersetzt werden.829 Sinnvollerweise können sie aber nicht schlichtweg addiert werden.830 Auszugehen ist vielmehr vom Anspruchsziel der §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB, das positive Interesse des Gläubigers zu ersetzen und ihn so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte.831 Dabei sind im Wesentlichen zwei Konstellationen zu unterscheiden, in denen dem Kreditinstitut ein Schaden entstehen kann. In der ersten Konstellation liegt der durch Neuausreichung von Darlehen erzielbare Zins unter dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens, aber – abzüglich Risikoprämie und Verwaltungskosten – immer noch über dem Zinssatz, zu dem sich das Kreditinstitut refinanziert hat. Dann wird der Schaden des Kreditinstituts durch den Ersatz des Zinsmargenschadens vollständig kompensiert. „Darüber hinaus“ hat das Kreditinstitut durch die Nichtabnahme des Darlehens nur einen Vorteil erlangt, weil es die Valuta nun anderweitig mit Gewinn investieren kann. Dieser Vorteil ist in Gestalt der anderweitig erlangten Margengewinne auf den Margenschaden anzurech-

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823 BGHZ 136, 161 (171) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (166). 824 BGHZ 136, 161 (169) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (172); Rösler/ Wimmer/Lang Rn D 35. 825 BGHZ 146, 5 (10 f.); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (166); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (445); Wehrt WM 2004, 401 (406 ff.); Nobbe/Lange3 § 488 Rn 31 ff.; BankR-HdB/Krepold 5 § 80 Rn 8 ff. 826 BGH NJW 1991, 1817 (1818); Grönwoldt/Bleuel DB 1997, 2062 (2062); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (166); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (446). 827 BGHZ 136, 161 (168 f.) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); Eichner MDR 2001, 1338 (1339 f.); für eine Ersatzfähigkeit (und somit gegen eine Anrechnung) der Risikoprämie und des Bearbeitungsaufwands Beckers WM 1991, 2049 (2050); zu den Rechnungsposten im Einzelnen Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (170). 828 BGH NJW 1991, 1817 (1818); BGHZ 133, 355 (361); etwas missverständlich („wieder ausreichen“) BGHZ 136, 161 (169 f.) für die Vorfälligkeitsentschädigung. 829 Beckers WM 1991, 2049 (2051); Weber NJW 1995, 2951 (2955); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (169 f.); Eichner MDR 2001, 1338 (1340); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (447); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 41; Wenzel WuB 1997, I E 3. Hypothekarkredit 1.9733; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 97; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 71. 830 Reifner NJW 1995, 2945 (2947); Grönwoldt/Bleuel DB 1997, 2062 (2066); Köndgen NJW 2000, 468 (481); i.E. auch Canaris Bankrechtstag 1996, S. 3 (14 f.). 831 In diese Richtung auch Canaris Bankrechtstag 1996, S. 3 (15) („sonst im praktischen Ergebnis doppelt“); Grönwoldt/Bleuel DB 1997, 2062 (2066 ff.); Köndgen WM 2001, 1637 (1640) („tendenziell überkompensiert“).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

nen.832 In der zweiten Konstellation liegt der durch Neuausreichung von Darlehen erzielbare Zins nicht nur unter dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens, sondern – abzüglich Risikoprämie und Verwaltungskosten – auch unter dem Zinssatz, zu dem sich das Kreditinstitut refinanziert hat. So entsteht für das Kreditinstitut durch die Wiederanlage tatsächlich ein Verlust, der über die verlorene Marge hinausgeht. Deshalb ist es hier für das Kreditinstitut günstig, seinen Schaden als Zinsverschlechterungsschaden zu berechnen. Der Zinsverschlechterungsschaden ist dann aber notwendigerweise größer als der Zinsmargenschaden und schließt diesen mit ein. Der Zinsverschlechterungsschaden kann hier also sinnvoller Weise nur alternativ zum Zinsmargenschaden geltend gemacht werden.833 Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sich die Refinanzierungskonditionen des Kreditinstituts zwischen Vertragsschluss und Nichtabnahme verbessern.834 Dass das Kreditinstitut sich im Zeitpunkt der Nichtabnahme des Darlehens günstiger refinanzieren könnte, stellt keinen durch die Nichtabnahme verursachten Schaden dar, den der Darlehensnehmer kompensieren müsste.835 Die relevanten Grundkonstellationen illustriert das folgende stark vereinfachte Beispiel.836 217 In der ersten Konstellation mag das Kreditinstitut sich zu einem Zinssatz von 7% refinanziert und für das nicht abgenommene Darlehen einen Zinssatz von 9% vereinbart haben. Der Zinsmargenschaden liegt dann ungeachtet ersparter Risikoprämien und Aufwendungen bei 2%. Wird nun die Darlehensvaluta anderweitig zu einem Zinssatz von 8%, das heißt mit einer Idealmarge von 1%, ausgereicht, dann muss sich das Kreditinstitut diesen Vorteil anrechnen lassen. Wenn der nicht abnehmende Darlehensnehmer einen Schadensersatz von 1% der Darlehensvaluta leistet, steht das Kreditinstitut so, wie es bei Durchführung des Vertrags gestanden hätte. In der zweiten Konstellation kann das Kreditinstitut die nicht abgenommene Valuta nur zu einem Zinssatz von 6% anderweitig ausreichen. Damit entsteht ihm ein Zinsverschlechterungsschaden von 3%. Dieser umfasst als Differenz zwischen Vertragszins (9%) und anderweitig erzielten Zins (6%) aber auch die Differenz zwischen Vertragszins (9%) und Refinanzierungszins (7%). Würden beide Positionen addiert, stünde das Kreditinstitut deutlich besser als bei erfolgreicher Durchführung des Darlehensvertrags. 218 Bei der Aktiv-Passiv-Vergleichsmethode ist nach der Rechtsprechung des BGH der Zinsverschlechterungsschaden die allein maßgebliche Berechnungsgröße.837 Der Zinsverschlechterungsschaden wird hier als Differenz zwischen dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens und dem erzielbaren Zins bei einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der Valuta in sichere Kapitalmarkttitel bestimmt. 838 Als Anlagetitel kommen dabei Anleihen öffentlicher Schuldner und Hypothekenpfandbriefe in Betracht.839 Entfallene Verwaltungskosten und Risikoprämien sind vom erzielbaren Zins abzuziehen.840 Ob sich das Kreditinstitut bereits tatsäch-

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832 Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (170). Einschränkend auf den Fall gestiegener Zinssätze (wohl gegenüber dem Vertragszins des nicht abgenommenen Darlehens) Nobbe/Lange3 § 488 Rn 32; BankR-HdB/Krepold 5 § 79 Rn 97; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 97; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 71. 833 Für ein Wahlrecht des Kreditinstituts Grönwoldt/Bleuel DB 1997, 2062 (2066 f.); Köndgen WM 2001, 1637 (1640). 834 AA Beckers WM 1991, 2049 (2050); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (170). 835 Insoweit korrekt Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (174). 836 Nach Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (170). 837 BGHZ 136, 161 (171) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); Grönwoldt/Bleuel DB 1997, 2062 (2064); Rösler/ Wimmer WM 2000, 164 (173); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 19. 838 BGHZ 136, 161 (171) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); BGHZ 146, 5 (10 f.); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (173); Nobbe/Lange3 § 488 Rn 34. 839 BGHZ 136, 161 (170) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); BGHZ 146, 5 (12 f.); Weber NJW 1995, 2951 (2955); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (446); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 21 f. 840 BGHZ 136, 161 (171) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); BGH NJW 2001, 509 (511); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (173); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (446); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 26 und Rdn D 44.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

lich refinanziert hat, ist wiederum (oben Vierter Teil Rn 216) unerheblich.841 Die „gesonderte Zubilligung eines Zinsmargenschadens“ hält der BGH bei der Aktiv-Passiv-Vergleichsmethode für „unangemessen“, weil das Kreditinstitut seinen entgangenen Gewinn bereits über den Zinsverschlechterungsschaden ersetzt erhalte.842 Das ist zutreffend, gilt aber ebenso für die Aktiv-AktivBerechnungsmethode (oben Vierter Teil Rn 216). Richtigerweise ist deshalb auch für die AktivPassiv-Vergleichsmethode von einem Wahlrecht auszugehen. Mit Blick auf seine bestehenden Refinanzierungskosten kann das Kreditinstitut seinen Zinsmargenschaden geltend machen, muss sich dann aber die Margengewinne aus einer Wiederanlage (hier: in sichere Kapitalmarktpapiere mit entsprechender Laufzeit) anrechnen lassen. Unabhängig von seinen Refinanzierungskosten kann das Kreditinstitut alternativ seinen Zinsverschlechterungsschaden geltend machen; dieser deckt dann aber den Zinsmargenschaden mit ab. Letzterer Weg ist für das Kreditinstitut nur sinnvoll, wenn der Zinsverschlechterungsschaden über dem Zinsmargenschaden liegt, wenn also die Refinanzierungskosten höher sind als die mit Kapitalmarkttiteln erzielbaren Zinsgewinne. Diese können auch aufgrund der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank abstrakt berechnet werden.843 Grundsätzlich kann die Höhe der Nichtabnahmeentschädigung auch formularmäßig pau- 219 schaliert werden. Allerdings darf nach § 309 Nr. 5a BGB die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigen. Nach § 309 Nr. 5b BGB muss die Pauschalierung dem Darlehensnehmer ausdrücklich den Nachweis gestatten, dass ein Schaden überhaupt nicht oder nicht in Höhe der Pauschale entstanden ist.844 Wird die Schadenshöhe dagegen konkret berechnet, so muss das Kreditinstitut sich ein etwaiges Mitverschulden nach § 254 BGB anrechnen lassen, etwa wenn ein Austausch des Darlehensnehmers möglich und „nach vernünftigen wirtschaftlichen Maßstäben unter der Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben“ geeignet und zumutbar gewesen wäre, um einen drohenden Zinsverlust zu verhindern.845 cc) Kommt der Darlehensnehmer bei der Erfüllung seiner Zahlungspflichten in Verzug, so 220 kann das Kreditinstitut den hieraus erwachsenden Verzugsschaden ersetzt verlangen. Der Eintritt des Verzugs bestimmt sich nach § 286 BGB. Nach Abs. 1 tritt er grundsätzlich durch Mahnung ein, also durch eine eindeutige und bestimmte Leistungsaufforderung.846 Die Mahnung kann jedoch nach Abs. 2 entbehrlich sein, insbesondere wenn nach Nr. 1 eine Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist. Letzteres ist beim Gelddarlehen typischerweise der Fall, sowohl hinsichtlich der Valuta als auch hinsichtlich geschuldeter Zinsen und weiterer Vergütungen. Der gem. Abs. 3 nach Ablauf von 30 Tagen ausgelöste automatische Verzugseintritt spielt in der Kreditpraxis dagegen keine Rolle.847 Nach § 288 BGB, der insoweit eine eigenständige Anspruchsgrundlage bildet, sind jedenfalls 221 die gesetzlich festgelegten (Abs. 1 und 2) oder vertraglich vereinbarten (Abs. 3) Verzugszinsen als Mindestschaden des Kreditinstituts ersatzfähig.848 Diese gesetzlichen Verzugszinsen werden insbesondere im Falle einer Vertragsbeendigung relevant, weil der Anspruch auf Zahlung weiterer Vertragszinsen mit Beendigung des Darlehensvertrags erlischt (oben Vierter Teil Rn 197). Sie entstehen aber nur hinsichtlich der verspäteten Rückzahlung der Darlehensvaluta: Wegen des

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841 BGHZ 146, 5 (11); Rösler/Wimmer/Lang Rn D 3; anders noch BGH NJW 1991, 1817 (1818). 842 BGHZ 136, 161 (171) (für die Vorfälligkeitsentschädigung); ebenso Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 99a. 843 BGHZ 146, 5 (13); Rösler/Wimmer WM 2000, 164 (173); von Heymann/Rösler ZIP 2001, 441 (446). 844 Reifner NJW 1995, 86 (90); BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 13; vgl. auch BGH NJW 2006, 1056 (1059). 845 Reifner NJW 1995, 2945 (2946); BGH NJW-RR 1990, 432 (433 f.). 846 BGHZ 174, 77 (81); BankR-HdB/Krepold 5 § 80 Rn 17; MünchKommBGB/Ernst8 § 286 Rn 49. 847 BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 25. 848 Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 48; BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 30; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 248.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Zinseszinsverbots nach § 289 S. 1 BGB fallen auf rückständige Zinszahlungen keine Verzugszinsen nach § 288 BGB an. Der gesetzlich vorgesehene Verzugszins liegt für den Geschäftsverkehr 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (Abs. 2), für Verbraucher 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (Abs. 1 S. 2). Die Vereinbarung eines höheren Verzugszinses nach Abs. 3 ist nur durch Individualvereinbarung zulässig, da eine entsprechende Abrede in AGB gegen § 309 Nr. 5a BGB verstieße.849 222 Durch die gesetzliche Regelung des Verzugszinses in § 288 Abs. 1 bis 3 BGB ist – neben der Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB im unternehmerischen Verkehr – die Geltendmachung eines weitergehenden Verzugsschadens nach § 288 Abs. 4 BGB ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich eines weitergehenden Verzugsschadens findet das Zinseszinsverbot des § 289 S. 1 BGB keine Anwendung (S. 2), so dass ein solcher Schaden nicht nur für die verspätete Rückzahlung der Valuta, sondern auch hinsichtlich rückständiger Zinszahlungen geltend gemacht werden kann.850 Selbst hinsichtlich rückständiger Verzugszinsen kann Ersatz des Verzugsschadens verlangt werden.851 Das gilt aber jeweils nur für den Zeitraum, bis dem Darlehensnehmer erstmals eine ordentliche Kündigung des Vertrags möglich gewesen wäre (rechtlich gesicherte Zinserwartung).852 Die Berechnung des Verzugsschadens kann konkret oder abstrakt erfolgen. Bei der konkreten Schadensberechnung muss das Kreditinstitut allerdings die Kausalität einer verspäteten Zahlung für eine bestimmte Vermögenseinbuße nachweisen. Angesichts der komplexen Mischfinanzierung der Kreditinstitute im Passiv- wie im Aktivgeschäft ist ein solcher Nachweis aber regelmäßig kaum zu führen.853 Ähnlich wie bei der Nichtabnahmeentschädigung (oben Vierter Teil Rn 215) ist daher auch hier eine abstrakte Schadensberechnung nach § 252 S. 2 BGB i.V.m. § 287 ZPO anerkannt und üblich.854 Der ersatzfähige Schaden ist insoweit anhand eines Durchschnittssatzes zu berechnen, der sich nach der Geschäftsstruktur des jeweiligen Kreditinstituts und dem Anteil verschiedener Kreditarten an dessen gesamtem Aktivgeschäftsvolumen richtet.855 5. Beendigung 223

a) Grundsätzliches. Nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB endet der Darlehensvertrag grundsätzlich durch Zeitablauf (unten Vierter Teil Rn 224) oder durch Kündigung (unten Vierter Teil Rn 226– 261). Dies entspricht der Rechtsnatur des Darlehensvertrags als eines Gebrauchsüberlassungsvertrags (oben Vierter Teil Rn 153).856 Neben die in § 488 Abs. 3 S. 1 BGB genannten Möglichkeiten der Vertragsbeendigung treten die Beendigungstatbestände der §§ 489, 490 BGB und des allgemeinen Leistungsstörungsrechts. Mit Beendigung des Darlehensvertrags wird zugleich der zunächst betagte (oben Vierter Teil Rn 188) Rückzahlungsanspruch fällig, der Vertrag tritt in sein Abwicklungsstadium ein.857 Der Darlehensnehmer ist nun nicht mehr zur Nutzung der Valuta befugt, zugleich aber auch nicht mehr zur Zahlung des Vertragszinses verpflichtet.858 Wechselseitige Ansprüche der Vertragsparteien werden im Rahmen der Abwicklung saldiert.859

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849 BGH NJW 1988, 1971; BankR-HdB/Krepold 5 § 80 Rn 35. 850 BGH WM 1986, 8 (10); BankR-HdB/Krepold 5 § 80 Rn 59. 851 BGH NJW 1993, 1260; BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 61. 852 BGH WM 2018, 782 (786); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 243. 853 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 245; vgl. BGHZ 62, 103 (106 ff.). 854 Grundlegend BGHZ 104, 337; dazu BankR-HdB/Krepold5 § 80 Rn 38. 855 BGHZ 104, 337 (344 f.). 856 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 288. 857 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 221. 858 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 293. 859 BGHZ 87, 156 (159); BGH NJW 1994, 1790; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 301; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 242.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

b) Zeitablauf. Beim sogenannten Festdarlehen wird die Laufzeit des Darlehensvertrags 224 von den Parteien vertraglich begrenzt. Der Vertrag endet dann mit Ablauf der vereinbarten Laufzeit ohne weitere Erklärung der Parteien, die Darlehensvaluta wird automatisch zur Rückzahlung fällig.860 Regelmäßig wird durch die entsprechende Vereinbarung der Vertrag auflösend befristet nach §§ 163, 158 Abs. 2 BGB. Wird die Vertragsbeendigung von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht, kann es sich bei der Vereinbarung aber auch um eine auflösende Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB handeln. Die Laufzeitvereinbarung kann ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden. Bei der Annahme einer stillschweigenden Laufzeitvereinbarung, die sich insbesondere aus einer bestimmten Tilgungsabrede ergeben kann, ist aber Zurückhaltung geboten.861 Denn bei Darlehensverträgen mit vertraglich begrenzter Laufzeit ist nach § 488 Abs. 3 S. 1 BGB keine ordentliche Kündigung möglich. c) Rücktritt. Wie der Krediteröffnungsvertrag (oben Vierter Teil Rn 130, 131) kann auch ein 225 Darlehensvertrag grundsätzlich wegen Leistungsstörungen (oben Vierter Teil Rn 212–222) nach §§ 323 ff. BGB durch Rücktritt beendet werden. Nach Valutierung des Darlehens wirkt der Rücktritt allerdings als fristlose Kündigung des Darlehensvertrags (oben Vierter Teil Rn 212).862 Voraussetzung des Rücktritts ist die Verletzung einer im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Vertragspflicht durch eine der Parteien. Praktisch bedeutsam dürfte die Rücktrittsmöglichkeit vor allem bei ausbleibender Valutierung des Darlehens durch das Kreditinstitut sein. d) Ordentliche Kündigung. Die Kündbarkeit eines Darlehensvertrags mit unbestimmter 226 Laufzeit ergibt sich in erster Linie aus vertraglichen Regelungen, sei es aus Individualvereinbarung oder aus AGB. aa) Zunächst sind für die ordentliche Kündbarkeit des Darlehens die Individualabreden 227 der Parteien maßgeblich. Abweichende formularvertragliche Regelungen, etwa in den AGBBanken oder den AGB-Sparkassen, werden hierdurch verdrängt.863 Individualabreden können auch konkludent getroffen werden, wobei der Vertragszweck eine maßgebliche Rolle spielt.864 Der Kündbarkeit eines Darlehensvertrags steht nicht entgegen, dass bei Abschluss des Vertrags noch keine konkreten Vereinbarungen über den Zeitpunkt der Rückzahlung getroffen wurden.865 Das ordentliche Kündigungsrecht wird aber vereinbarungsgemäß jedenfalls dann zeitlich begrenzt ausgeschlossen, wenn die Parteien ausdrücklich oder schlüssig einen festen Rückzahlungstermin vereinbaren (oben Vierter Teil Rn 223). Von einem Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist regelmäßig auch beim Abschluss einer Sanierungsvereinbarung auszugehen (oben Vierter Teil Rn 140 und unten Rn 394). Gleiches gilt, wenn die Finanzierung einem bestimmten, vom Kreditinstitut mit initiierten Projekt dienen soll oder die Grundlage für die Gewährung öffentlicher Mittel bildet.866 Auslegungsprobleme stellen sich insbesondere bei der Vereinbarung eines Tilgungsplans. Hier ist im Einzelfall zu ermitteln, ob die Parteien lediglich die Mindesttilgung durch den Darlehensnehmer festlegen oder aber Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung abschließend regeln wollten.867 Eine sogenannte Besserungsklausel, durch welche

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860 Erman/Saenger15 Vor § 488 Rn 11. 861 Vgl. BGH NJW 1970, 603; BGH WM 1977, 834. 862 Palandt/Weidenkaff 78 § 488 Rn 21. 863 Auslegungsschwierigkeiten ergeben sich im Verhältnis von konkludenten Individualabreden und AGB: BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 13. 864 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1238; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 360. 865 OLG Brandenburg Urt. v. 13.6.2012 – Az. 4 U 155/11, Rn 32 (zitiert nach juris). 866 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 362; zu letzterer Konstellation OLG Hamm NJW-RR 1986, 208. 867 BGH NJW 1970, 603; zum Umkehrschluss (bloße Abrede über Mindesttilgung bei ausdrücklicher Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts) BGH WM 1977, 834 (835).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

die Rückzahlung des Darlehens von einer Verbesserung der finanziellen Verhältnisse des Darlehensnehmers abhängig gemacht wird, ist als konkludenter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bis zum Bedingungseintritt zu werten.868 Der Darlehensvertrag wird nicht zu einer Schenkung, wenn hierdurch die Rückzahlung von einem künftigen ungewissen Ereignis abhängig gemacht – und damit potentiell vollständig ausgeschlossen – wird.869 228

bb) Von größter praktischer Relevanz sind die Regeln zur ordentlichen Darlehenskündigung in AGB, im Inlandskreditgeschäft insbesondere nach Nr. 18 Abs. 1 und Nr. 19 Abs. 1 AGBBanken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen. Danach ist die ordentliche Kündigung für den Darlehensnehmer (Nr. 18 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen) als auch für das Kreditinstitut (Nr. 19 Abs. 1, 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen) jederzeit und für den Darlehensnehmer, in Abweichung von § 488 Abs. 3 S. 2 BGB, auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist möglich. Die Kündigungsklausel zugunsten der Kreditinstitute verstößt nicht gegen das Transparenzgebot.870 Sie hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unter der Maßgabe stand, dass sich aus ihrem Wortlaut ein Vorrang anderweitiger Vereinbarungen, aus § 242 BGB ein Verbot des Rechtsmissbrauchs (unten Vierter Teil Rn 261) sowie aus einer Analogie zu den §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 675 Abs. 1 Hs. 2, 723 Abs. 2 BGB ein Schadensersatzanspruch für die Kündigung zur Unzeit (unten Vierter Teil Rn 266) ergeben (vgl. Nr. 19 Abs. 2 AGBBanken und Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen: „abweichende Kündigungsregelung“, „berechtigte Belange des Kunden“).871 Als anderweitige Vereinbarung im Sinne der Kündigungsklausel ist auch die Vereinbarung einer bestimmten Laufzeit anzusehen, so dass für Darlehensverträge mit fester Laufzeit eine Aufhebung nicht in Betracht kommt.872 Gleiches gilt für Darlehensverträge, die mit einer bestimmten Zweckbindung oder einer eigenen vertraglichen Kündigungsmöglichkeit versehen wurden.873 Die Beweislast für das Vorliegen einer derartigen Vereinbarung trägt diejenige Partei, die sich darauf beruft.874

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cc) Haben die Parteien weder individualvertraglich noch durch AGB Abreden über die ordentliche Kündbarkeit des Darlehensvertrags getroffen, so folgt die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung von Darlehensverträgen mit unbegrenzter Laufzeit aus § 488 Abs. 3 BGB, wobei die Kündigungsfrist nach § 488 Abs. 3 S. 2 BGB drei Monate beträgt. Das Kündigungsrecht ist an keine Voraussetzungen geknüpft, kann jedoch gewissen Schranken unterliegen (unten Vierter Teil Rn 260, 261). Als Gestaltungsrecht wird die Kündigung durch formlose einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Sie ist bedingungsfeindlich.875 Die Kündigung kann auch konkludent erklärt werden.876 So liegt in einer Klage auf Rückzahlung der Darlehensvaluta regelmäßig eine Kündigungserklärung.877 Gegenüber mehreren Darlehensnehmern als Gesamt-

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868 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 349. 869 BGH WM 1995, 743 (744); Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 341. 870 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 358. 871 BGH WM 1986, 1135; Westermann ZfgG 29 (1979), 64 (70); Freitag WM 2001, 2370 (2375 f.); BankR-HdB/Pamp5 § 77 Rn 38; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 167; v. Westphalen/Fandrich41 Banken- und Sparkassen-AGB Rn 94; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 357 f.; aA Stauder S. 151. 872 BGH WM 1981, 150 (151); in Hinblick auf die Geschäftsbeziehungen allgemein Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 427; zum Vorrang kreditvertraglich vereinbarter Kündigungsrechte gegenüber Nr. 26 Abs. 1 S. 1 AGB-Sparkassen Hadding FS Hopt 2010, S. 1893 (1906). 873 Stauder S. 152; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1238; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 360. 874 BankR-HdB/Bunte5 § 23 Rn 9. 875 BGH WM 1977, 834 (835); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 50; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 326. 876 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 148; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 323; Erman/ Saenger15 § 488 Rn 66. 877 RGZ 53, 212 (213 f.); RG JW 1908, 270; Erman/Saenger15 § 488 Rn 65.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

schuldnern kann der Darlehensvertrag nur einheitlich gekündigt werden.878 Denn die Kündigung eines Darlehensvertrags ist keine bloße Fälligkeitskündigung, die nach §§ 425 Abs. 1, 2 BGB nur gegenüber einem einzelnen Gesamtschuldner Wirkung entfalten könnte. Vielmehr handelt es sich, wie vergleichbar bei den Dauerschuldverhältnissen Miete und Pacht, um eine Beendigungskündigung, welche das gesamte Schuldverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet.879 Weil das Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB auf den Gesamtvertrag bezogen ist, geht es bei Abtretung der Primäransprüche des Kreditinstituts nicht nach § 401 Abs. 1 BGB auf den Zessionar über; möglich ist aber wie bei anderen vertragsbezogenen Gestaltungsrechten eine selbstständige Abtretung oder eine Ausübungsermächtigung durch den Zedenten nach § 185 Abs. 1 BGB.880 dd) Für den Darlehensnehmer folgt ein ordentliches Kündigungsrecht weiterhin aus 230 § 489 Abs. 1, 2 BGB. Zweck der Norm, die das Kündigungsrecht von den Zinskonditionen (zum Zinsbegriff oben Vierter Teil Rn 192) des Darlehensvertrags abhängig macht, ist es, den Darlehensgeber zur Vereinbarung marktgerechter Zinssätze zu veranlassen.881 Die Regelung des § 489 BGB ist nach Abs. 4, außer für Darlehen an öffentliche Körperschaften (S. 2), zwingend. Sie unterscheidet zwischen Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz (Abs. 1) und Darlehen mit veränderlichem Zinssatz (Abs. 2). Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz können nach Abs. 1 in zwei Konstellationen vom Darlehensnehmer gekündigt werden: nach Wegfall der Sollzinsbindung (Nr. 1) oder nach Ablauf von zehn Jahren nach vollständiger Valutierung des Darlehens (Nr. 2). Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB soll den Darlehensnehmer davor schüt- 231 zen, dass ihm nach Ablauf einer vertraglich vereinbarten Zinsbindungsfrist durch den Darlehensgeber nicht marktübliche Zinsen oktroyiert werden.882 Von einer Zinsbindung im Sinne eines gebundenen Sollzinssatzes (Abs. 5) ist sowohl bei Vereinbarung eines festen Prozentsatzes als auch bei Vereinbarung eines Staffelzinses auszugehen.883 Aus dem Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB folgt, dass ein Kündigungsrecht nur dann besteht, wenn keine neue Vereinbarung über eine Zinsbindung getroffen wird (Hs. 1). Eine Vereinbarung kann individualvertraglich oder formularmäßig getroffen werden. Keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz stellt aber die Leistungsbestimmung im Rahmen der individualvertraglichen oder formularmäßigen Vereinbarung einer Zinsanpassungsklausel dar, welche die Festlegung des neuen Zinssatzes nach § 315 BGB ins billige Ermessen des Darlehensgebers stellt.884 Die gegenteilige Auffassung885 stützt sich in erster Linie auf eine missverständliche Formulierung in der Gesetzesbegrün-

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878 BGH NJW 2002, 2866; OLG München WM 2008, 1151 (1154); Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 50; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 322; MünchKommBGB/Heinemeyer8 § 425 Rn 6. 879 OLG München NJW-RR 1996, 370; Mülbert AcP 192 (1992), 447, 488; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 322; MünchKommBGB/Heinemeyer8 § 425 Rn 4. 880 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 306 f.; zur unterschiedlichen Behandlung forderungs- und vertragsbezogener Gestaltungsrechte bei der Abtretung allgemein MünchKommBGB/Roth/Kieninger8 § 413 Rn 12. 881 Hopt/Mülbert WM Sonderbeilage Nr. 3 1990, 4; BankR-HdB/Krepold 5 § 79 Rn 15; Langenbucher/Bliesener/ Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 20; BeckOK BGB/Rohe50 § 489 Rn 1; Palandt/Weidenkaff 78 § 489 Rn 1. 882 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (21); Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 32. 883 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (21); Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 24; Palandt/Weidenkaff 78 § 489 Rn 2. 884 Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 6; Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (22); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 165; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 33; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 8. 885 Döll Die Bank 1987, 39 (42); Kollhosser/Schweitzer JA 1987, 345 (347); von Heymann BB 1987, 415 (418); von Rottenburg WM 1987, 1 (3); Bühler/Köndgen/Schmidt ZBB 1990, 49 (52); Werner ZBB 1990, 236 (242); BankR-HdB/ Krepold5 § 79 Rn 22; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 27, die überwiegend darauf verweisen, dass dem Darlehensnehmer in dieser Konstellation zumeist ein Widerspruchsrecht zusteht, oder eine Vereinbarung nur in solch einem Fall zulassen.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

dung.886 Sie ist aber mit dem Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht zu vereinbaren, welcher den Darlehensnehmer gerade vor einer einseitigen Anpassung des Zinssatzes bewahren will.887 Die Gesetzesbegründung verweist im Übrigen nur auf die Möglichkeit solcher Anpassungsklauseln, ohne hieraus einen Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB abzuleiten.888 Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB erlaubt es dem Darlehensnehmer, sich 232 bei einem Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach vollständiger Valutierung des Darlehens ohne weitere Voraussetzungen vom Vertrag zu lösen. Die Vorschrift beruht auf einem Ausgleich gegenläufiger Interessen: Einerseits soll verhindert werden, dass der Darlehensnehmer übermäßig lange an einen Zinssatz gebunden bleibt, der sich infolge Zeitablaufs als nicht mehr marktkonform erweist;889 andererseits soll aber dem Kreditinstitut als Darlehensgeber die erforderliche Planungssicherheit für eine laufzeitkongruente Refinanzierung gegeben werden.890 Auslegungsschwierigkeiten bereitet im Rahmen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 BGB der Begriff des „vollständigen Erhalts des Darlehens“. Vollständig empfangen ist das Darlehen dann, wenn der Anspruch auf Auszahlung der gesamten Valuta erfüllt wurde (oben Vierter Teil Rn 180–182).891 Das gilt auch, wenn die Valutierung, wie bei einer Baufinanzierung nach Baufortschritt,892 in Tranchen erfolgen soll.893 Bei Bausparverträgen ist als Zeitpunkt der vollständigen Auszahlung die Zuteilungsreife des Bausparvertrags anzusetzen (oben Vierter Teil Rn 56). Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 BGB beginnt die Zehnjahresfrist erneut zu laufen, wenn die Parteien hinsichtlich des Zinssatzes eine Prolongationsvereinbarung treffen, eine Zinsbindung also für einen Zeitraum nach Ablauf der ursprünglichen Zinsbindungsfrist fortschreiben. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Darlehensnehmer im Rahmen des Abschlusses einer solchen Vereinbarung ausreichend Gelegenheit hat, eine marktkonforme Anpassung des Zinssatzes durchzusetzen.894 233 Problematisch ist im Rahmen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Beurteilung von ForwardKonstruktionen. Bei diesen vereinbaren die Parteien entweder, dass ein neu auszureichendes Darlehen erst deutlich nach Vertragsschluss valutiert wird, oder sie vereinbaren deutlich vor Ablauf der Zinsbindungsfrist eines laufenden Darlehens bereits ein Anschlussdarlehen mit vorab festgelegten Konditionen. Beide Varianten dienen dazu, ein günstiges aktuelles Zinsniveau für die Zukunft festzuschreiben. Für den Darlehensnehmer können sie freilich dazu führen, dass er über mehr als zehn Jahre an eine Zinsvereinbarung gebunden bleibt.895 Vereinbaren die Parteien schon bei Vertragsschluss, dass das Darlehen erst mit zeitlicher 234 Verzögerung valutiert werden soll, so beginnt nach dem Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 BGB die zehnjährige Bindungsfrist erst mit der vollständigen Valutierung zu laufen. Nach einer starken Literaturmeinung soll es dabei sein Bewenden haben.896 Richtigerweise ist § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 BGB in dieser Konstellation aber – auch mit Blick auf die Wertung des Hs. 2 – teleolo-

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886 Vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22. 887 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 165. 888 Zutreffend Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 6; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 34. 889 Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften, BT-Drucks. 10/4741, S. 23; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 24. 890 Heermann Geld und Geldgeschäfte, § 21 Rn 64; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 29. 891 BT-Drucks. 10/4741, S. 23; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 25. 892 von Heymann BB 1987, 415 (420); BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 25; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 30; ausführlich zum Bausparvertrag Mülbert/Schmitz FS Horn 2006, S. 777 (778 ff.). 893 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 30 f.; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 47. 894 BT-Drucks. 10/4741, S. 23. 895 Peters/Wehrt WM 2003, 1509 (1512); Peters FS Ott 2002, S. 99 (104). 896 Peters/Wehrt WM 2003, 1509 (1511); Peters FS Ott 2002, S. 99 (104); BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 27; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 47.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

gisch zu reduzieren, weil ansonsten die zehnjährige Bindungsfrist beliebig verlängert werden könnte.897 Jedenfalls dann, wenn der Abstand zwischen Vertragsschluss und Valutierung mehr als fünf Jahre beträgt, tritt daher an die Stelle der Valutierung der Vertragsschluss.898 Schwieriger zu beurteilen sind Forward-Abreden bei der Prolongation eines laufenden 235 Vertrags. § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 BGB erlaubt eine Prolongation bestehender Zinskonditionen deshalb, weil der Darlehensnehmer bei der Aushandlung der Prolongation seine Interessen ausreichend zur Geltung bringen kann und somit der Beginn einer neuen Bindungsfrist gerechtfertigt ist (oben Vierter Teil Rn 232). Der wirtschaftliche Zweck einer prolongierenden ForwardAbrede, der gerade in der Festschreibung günstiger Zinskonditionen für die Zukunft besteht, ließe sich aber nicht erreichen, wenn die zehnjährige Bindungsfrist immer schon mit der Prolongationsabrede zu laufen begänne. Sachgerecht lösen lässt sich dieses Problem durch eine teleologische Reduktion des § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 BGB.899 Dabei ist einzelfallbezogen zwischen einer Prolongationsvereinbarung einerseits und dem – stets möglichen – Abschluss eines neuen Darlehensvertrags andererseits abzugrenzen. Entscheidend ist der Inhalt der Vereinbarung. Nur wenn es den Parteien tatsächlich um eine Fortschreibung der ursprünglichen Darlehenskonditionen geht, handelt es sich um eine Prolongationsvereinbarung, mit deren Abschluss nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 BGB bereits eine neue Zehnjahresfrist zu laufen beginnt. Geht es den Parteien dagegen um eine Anpassung ihrer Vertragsbedingungen an ein verändertes Marktumfeld, so schließen sie in der Sache einen neuen Darlehensvertrag, für den die Bindungsfrist nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 BGB erst mit Überlassung der Valuta zu den neuen Konditionen zu laufen beginnt. Bei der Abgrenzung kann wiederum (oben Vierter Teil Rn 234) die Marke von fünf Jahren als Orientierung dienen:900 Ein Forward-Anschlussdarlehen, das mehr als fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindungsfrist vereinbart wird, ist regelmäßig eine vorweggenommene Prolongationsabrede; ein Forward-Anschlussdarlehen, das weniger als fünf Jahre vor Ablauf der Zinsbindungsfrist vereinbart wird, ist regelmäßig als neuer Darlehensvertrag anzusehen. Nach § 489 Abs. 2 BGB kann der Darlehensnehmer Darlehen mit veränderlichem Zinssatz 236 jederzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen. Dem Darlehensnehmer soll durch dieses ordentliche Kündigungsrecht ein Druckmittel an die Hand gegeben werden, um bei variablen Sollzinssätzen marktübliche Konditionen durchsetzen zu können.901 Nach der Gesetzesbegründung sind Darlehen mit veränderlichem Zinssatz nur solche, „bei denen jederzeit eine Änderung des Zinssatzes eintreten kann“.902 Nicht erfasst sind also Darlehensverträge, bei denen ein fester Zinssatz zumindest für einen Teil der Laufzeit vereinbart wurde.903 Eindeutig erfasst sind dagegen Darlehensverträge, die eine Zinsanpassungsklausel (oben Vierter Teil Rn 203) enthalten und damit dem Darlehensgeber hinsichtlich der Zinskonditionen ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. § 315 BGB einräumen.904 Dies gilt auch für sogenannte

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897 Rösler WM 2000, 1930 (1930); Rösler/Wimmer/Lang Rn B 70 f. Jedenfalls für die Koppelung eines sofort auszahlbaren Darlehens mit zehnjähriger Laufzeit mit einem Forward-Darlehen, welches in 10 Jahren ausgezahlt werden soll, durch denselben Darlehensgeber auch Peters FS Ott 2002, S. 99 (104 f.); Staudinger/Mülbert 2015 § 489 Rn 48. 898 Rösler WM 2000, 1930 (1931); Rösler/Wimmer/Lang Rn B 71; für die in der vorigen Fn genannte Konstellation auch Peters FS Ott 2002, S. 99 (106). 899 Im Ergebnis ähnlich Rösler WM 2000, 1930; Peters/Wehrt WM 2003, 1509 (1512); Rösler/Wimmer/Lang Rn B III. 73; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 34 f.; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 50. 900 Rösler WM 2000, 1930; Peters FS Ott 2002, S. 99 (106); Peters/Wehrt WM 2003, 1509 (1512); BankR-HdB/ Krepold5 § 79 Rn 30; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 36. 901 Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 4; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15. 902 BT-Drucks. 10/4741, S. 23. 903 BT-Drucks. 10/4741, S. 23; von Heymann BB 1987, 415 (420). 904 Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 17; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 23; Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 54; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Margengittervereinbarungen, bei denen die Parteien im Voraus unterschiedliche Zinssätze in Abhängigkeit von der zukünftigen Bonitätsstufe festlegen.905 Denn es ist hier nicht sicher, ob und zu welchem Zeitpunkt eine Bonitätsveränderung tatsächlich eintritt.906 Erfasst sind grundsätzlich auch Darlehensverträge mit einer Zinsgleitklausel (oben Vierter Teil Rn 202), soweit sich auch hier die Zinskonditionen in Abhängigkeit vom Referenzzinssatz ständig ändern können.907 Dies ist jedenfalls bei Bezugnahme auf Marktzinssätze wie EURIBOR, EONIA und ESTER der Fall, nicht aber bei einem Verweis auf den „Basiszinssatz“, da dieser nach § 247 Abs. 1 S. 2 BGB für mindestens sechs Monate fixiert ist.908 Mit Blick auf Zinsgleitklauseln wird allerdings teilweise eine teleologische Reduktion des § 489 Abs. 2 BGB vorgeschlagen, da hier anders als bei einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Darlehensgebers kein gesteigertes Schutzbedürfnis des Darlehensnehmers anzunehmen sei.909 Eine solche teleologische Reduktion ist angesichts der Interessenlage der Parteien abzulehnen. Auch beim Darlehen mit Zinsgleitklausel muss der Darlehensnehmer auf unerwartete Änderungen des Vertragszinssatzes durch Kündigung binnen angemessener Frist reagieren können. Ob die Zinsänderung durch Leistungsbestimmung des Darlehensgebers oder durch Anpassung an einen variablen Referenzzinssatz veranlasst wurde, spielt für ihn wirtschaftlich keine Rolle.910 Zugleich hat das Kreditinstitut bei einem Darlehen mit Zinsgleitklausel ein deutlich reduziertes Refinanzierungsrisiko, so dass ihm die Kündbarkeit des Darlehens ohne weiteres zuzumuten ist. Der Anwendungsbereich des § 489 Abs. 2 BGB erfasst grundsätzlich auch Darlehensverträge, in denen ein Zins-Cap vereinbart wurde, deren Zinsen also nur bis zu einer vorab festgelegten Höhe variabel sind.911 Problematisch ist mit Blick auf § 489 Abs. 2 BGB die Einordnung von Zinsswaps, bei denen 237 parallel zum Darlehensvertrag ein Swapgeschäft abgeschlossen wird. Durch diese synthetische Konstruktion kann ein fester Zinssatz gegen einen variablen „eingetauscht“ werden – und umgekehrt.912 Für die Anwendung von § 489 Abs. 2 BGB ist grundsätzlich von der rechtlichen und wirtschaftlichen Eigenständigkeit von Darlehensvertrag und Swapgeschäft auszugehen und allein auf die Zinsregelung des Darlehensvertrags abzustellen; eine Kündigung des Zinsswaps scheidet in diesem Fall grundsätzlich aus.913 In Ausnahmefällen können allerdings Darlehensvertrag und Zinsswap derart eng miteinander verknüpft sein (Parteiidentität, gleicher Nominalbetrag, gleiche Laufzeit, enger zeitlicher Zusammenhang beider Verträge), dass sie sich als einheitliche Vereinbarung darstellen.914 Dann ist diese Vereinbarung, sofern sich aus ihr ein variabler Zinssatz ergibt, auch einheitlich nach § 489 Abs. 2 BGB kündbar.915

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905 MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15; BeckOK BGB/Rohe50 § 489 Rn 16; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Thessinga3 BankR IV Rn 164; aA Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 26, 55. 906 MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15; BeckOK BGB/Rohe50 § 489 Rn 16; Wiehe/Kleißendorf BKR 2016, 234 (238 f.). 907 von Rottenburg WM 1987, 1 (5); Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 17; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 54; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15. 908 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (22); Rösler/Wimmer/Lang Rn B 51; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15; zu ersterem Hopt/Mülbert WM, Sonderbeilage Nr. 3 1990, 17; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 54; aA BeckOK BGB/Rohe50 § 489 Rn 16. 909 Mülbert/Schmitz FS Horn 2006, S. 777 (797); Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 10, 54. 910 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (22). 911 Rösler/Wimmer/Lang Rn B 51; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15. 912 Zu den verschiedenen Formen auch BankR-HdB/Jahn/Reiner5 § 114 Rn 3. 913 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (25 f.); Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 56; MünchKommBGB/Berger8 § 489 Rn 15. 914 Stupp/Mucke BKR 2005, 20 (26); Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 57. 915 Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 57 aA Hanke, BKR 2017, 358 (362 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

e) Außerordentliche Kündigung aa) Außerordentliche Kündigungsrechte des Kreditinstituts beruhen im Kreditgeschäft 238 meist auf vertraglicher Vereinbarung. Insbesondere werden die gesetzlichen Kündigungsrechte nach §§ 490 Abs. 1 und 314 BGB durch die Klauselwerke der Kreditinstitute weitgehend überlagert. Denn § 490 BGB ist gänzlich dispositiv, während der weit gefasste Tatbestand des § 314 Abs. 1 BGB zwar dem Grunde nach zwingend ist, aber durch Parteiabreden über die vertragliche Risikoverteilung konkretisiert werden kann.916 Von höchster Relevanz beim Unternehmenskredit sind Abreden in Gestalt so genannter Covenants (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 927–961), welche dem Darlehensnehmer etwa die Einhaltung bestimmter finanzieller Rahmenbedingungen vorschreiben.917 Wesentliche Funktion von Covenants ist die Objektivierung und Präzisierung wichtiger Kündigungsgründe i.S.v. §§ 490 Abs. 1 und 314 BGB.918 Dazu werden Covenants mit der Definition sogenannter Events of Default verbunden, die detailliert regeln, welche Verstöße gegen einen Covenant den Darlehensgeber zur Kündigung berechtigen.919 Oftmals werden sie darüber hinaus mit so genannten Cross Default-Klauseln verbunden, nach denen auch Kreditereignisse in anderen Darlehensverträgen desselben Darlehensnehmers einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen.920 Üblich ist auch die Vereinbarung so genannter Change of Control-Klauseln, die eine außerordentliche Kündigung des Darlehensvertrags bei wesentlichen Änderungen im Gesellschafterbestand, bei Konzernierung oder sonstigen wesentlichen Strukturmaßnahmen auf Seiten des Darlehensnehmers vorsehen.921 bb) Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Kreditinstituts folgt weiterhin aus Nr. 19 239 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen. Danach kann das Kreditinstitut die gesamte Geschäftsbeziehung zum Darlehensnehmer aus wichtigem Grund kündigen, wenn ein Festhalten an der Geschäftsbeziehung für das Kreditinstitut auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Darlehensnehmers unzumutbar ist.922 Dies ist beispielsweise der Fall bei schwerwiegenden Verletzungen von vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten oder unberechtigten Vorwürfen und Beleidigungen.923 Soweit hierdurch von den gesetzlichen Vorgaben des § 490 BGB (unten Vierter Teil Rn 247–255) abgewichen wird, unterliegen entsprechende AGB-Klauseln nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Inhaltskontrolle, weil es sich bei § 490 BGB um eine Norm mit gesetzlicher Leitbildfunktion handelt.924 Im Ergebnis halten sie aber der Inhaltskontrolle stand, weil sie auch den im Rahmen der notwendigen Interessenabwägung (unten Vierter Teil Rn 251) zu berücksichtigenden Interessen des Darlehensnehmers hinreichend Rechnung tragen.925 Das Kündigungsrecht besteht bereits vor Valutierung.926 Bei mehreren Darle-

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916 Zu § 490 BGB Langenbucher Die Lösung vom Darlehensvertrag, in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform in der juristischen Praxis, S. 569 (572); Heinrich S. 363; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 53; zu § 314 BGB MünchKommBGB/Gaier8 § 314 Rn 5. 917 Zu Begriff und Inhalt von Covenants allgemein Cramer S. 158 ff.; Thießen ZBB 1996, 19 ff.; Wittig WM 1996, 1381; Kästle S. 27 ff., 62 f. 918 Wittig WM 1996, 1381 (1387); Kästle S. 93 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 57. 919 Servatius S. 37 f., 43 ff.; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 169; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 58; eingehend unten Vierter Teil Rn 944–946. 920 Kästle S. 78 ff.; Staudinger/Mülbert 2015 § 490 Rn 169; vgl. unten Vierter Teil Rn 938. 921 Schneider FS Zöllner 1998, S. 539 (544 f.); Cramer WM 2011, 825 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 57. 922 Vgl. BGH NJW 1978, 947 (948); BGH NJW 1991, 2559 (2562); Kümpel/Wittig/Merz 4 Rn 6.519. 923 OLG Köln WM 1993, 325 (327 f.); OLG Dresden WM 2002, 486 (492); BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 42. 924 Becher/Gößmann BKR 2002, 519 (523); Freitag WM 2001, 2370 (2374); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1247; v. Westphalen/Fandrich41 Darlehensvertrag Rn 126; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 22. 925 BGH WM 1985, 1437 (zu Nr. 17 S. 2 AGB-Banken a.F.); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 188; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 61 f. 926 Gößmann BuB, Rn 1/582; BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 27.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

hensnehmern als Gesamtschuldnern (oben Vierter Teil Rn 161) muss grundsätzlich der Kündigungsgrund nur bei einem der Darlehensnehmer vorliegen, damit das Darlehen gegenüber allen Darlehensnehmern einheitlich927 gekündigt werden kann (oben Vierter Teil Rn 229).928 Nr. 19 Abs. 3 S. 2 Spiegelstrich 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. c AGB-Sparkassen 240 räumt dem Kreditinstitut ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall ein, dass der Darlehensnehmer unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse gemacht hat, die für die Entscheidung über die Kreditgewährung oder ein anderes für das Kreditinstitut mit Risiken verbundenes Geschäft von erheblicher Bedeutung waren.929 Ein Kündigungsrecht besteht danach nur, wenn die Falschangaben für den Abschluss des konkreten Darlehensvertrags erheblich waren; sie müssen sich also auf die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers tatsächlich ausgewirkt haben.930 Unrichtige Angaben über seine Vermögensverhältnisse hat der Darlehensnehmer jedenfalls dann gemacht, wenn er seine Pflicht zur Aufklärung über kreditrelevante Tatsachen (oben Vierter Teil Rn 177) verletzt.931 Dementsprechend steht das Unterlassen vollständiger Auskunft der Angabe falscher Tatsachen gleich.932 Nach Nr. 19 Abs. 3 S. 2 Spiegelstrich 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. a AGB241 Sparkassen kann das Kreditinstitut den Darlehensvertrag außerordentlich kündigen, wenn eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers oder der Werthaltigkeit einer Sicherheit eintritt oder einzutreten droht und dadurch die Rückzahlung des Darlehens oder die Erfüllung einer sonstigen Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut gefährdet ist, auch wenn eine dafür bestehende Sicherheit verwertet wird. Hierdurch wird das gesetzliche außerordentliche Kündigungsrecht des Kreditinstituts aus § 490 Abs. 1 BGB (unten Vierter Teil Rn 248–251) erweitert: Nicht nur eine Gefährdung der Rückzahlung des Darlehens, sondern auch die Gefährdung der Erfüllung einer sonstigen Verbindlichkeit gegenüber dem Kreditinstitut gibt diesem einen Kündigungsgrund.933 Das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers wird damit auf die gesamte Geschäftsbeziehung zum Kreditinstitut bezogen. Ob eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers eintritt oder einzutreten droht, ist, wie bei § 490 Abs. 1 BGB (unten Vierter Teil Rn 249), anhand einer Gesamtschau der wirtschaftlichen Verhältnisse des Darlehensnehmers zu beurteilen. Maßgeblich ist ein Vergleich zweier Vermögenslagen: Die Vermögensverhältnisse des 242 Darlehensnehmers müssen sich gegenüber der Situation bei Vertragsschluss nachträglich verschlechtert haben; auf die Valutierung des Darlehens kommt es nicht an.934 Auszugehen ist dabei nicht vom Fortführungswert, sondern vom Zerschlagungswert des Unternehmens und der Vermögensgegenstände des Darlehensnehmers (vgl. unten Vierter Teil Rn 248).935 Denn müsste

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927 BGH NJW 2002, 2866 (2867); Edenfeld JZ 1997, 1034 (1039 f.); v. Westphalen/Fandrich41 Banken- und Sparkassen-AGB Rn 94; MünchKommBGB/Heinemeyer8 § 425 Rn 6. 928 OLG München NJW-RR 1996, 370; Staudinger/Looschelders2017 § 425 Rn 12; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 17; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 3. 929 Die Regelung hält in ihrer heutigen Form der Inhaltskontrolle stand: BGH WM 1985, 999 (1000). Mit Blick auf die abweichende Formulierung in den AGB-Sparkassen ist strittig, ob hier die Angaben für die Vermögensdisposition der Sparkasse kausal gewesen sein müssen, vgl. Westermann WM 1993, 1865; Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 408; Krebs AGB-Sparkassen, Kommentar zu den AGB der Sparkassen und privaten Banken Rn 13.22; Steppeler/Künzle4 Kommentar zu den Sparkassen-AGB S. 334. 930 BGH NJW 1985, 2271. 931 BGH WM 1985, 1437; Gößmann, BuB, Rn 1/583, 585; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 190. 932 BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 31; Kümpel/Wittig/Merz4 Rn 6.521; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 190. 933 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 191. 934 Siol FS Hadding 2004, S. 1157 (1159); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 189, 191; Regenfus, ZBB 2015, 383 (386); i.E. ebenso, wenngleich ohne Begründung BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 27; einschränkend MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 15. 935 BGH WM 2003, 1416 (1417); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 9; BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 6; Palandt/ Weidenkaff78 § 490 Rn 3; zur Bewertung der gestellten Sicherheiten: Obermüller ZInsO 2002, 97 (100); Siol FS Hadding 2004, S. 1157, 1161 ff.; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 201 ff.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

der Darlehensgeber eine wesentliche Verschlechterung in der Vermögenssubstanz des Darlehensnehmers nach ihrem Fortführungswert abwarten, wäre dieser im Zeitpunkt der Kündigung womöglich schon gar nicht mehr realisierbar. Ob eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers 243 i.S.v. Nr. 19 Abs. 3 S. 2 Spiegelstrich 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 Satz 3 lit. a AGBSparkassen vorliegt, ist allerdings nicht allein rechnerisch zu ermitteln.936 Die Wesentlichkeit ist nach der Rechtsprechung des BGH vielmehr erst anzunehmen, wenn dem Kreditinstitut eine Fortführung der Geschäftsbeziehung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und nach einer Abwägung der Interessen der Vertragsparteien nicht zugemutet werden kann (unten Vierter Teil Rn 251).937 Angesichts der ohnehin im Rahmen der Nr. 19 Abs. 3 S. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 2 AGB-Sparkassen erforderlichen Einzelfallabwägung ist diese Begriffsbestimmung durch den BGH freilich tautologisch. Zur Konkretisierung tragen jedoch die in der Rechtsprechung herausgebildeten Fallgruppen bei.938 Eine wesentliche Verschlechterung ist etwa dann anzunehmen, wenn sich das Grundkapital des Darlehensnehmers um die Hälfte verringert hat.939 Da es ausreicht, wenn eine Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers droht, genügen objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte für die Gefahr einer eintretenden Zahlungsunfähigkeit.940 Ausreichend ist die Drohung des Darlehensnehmers, seine Zahlungsunfähigkeit zu erklären und weitere Zahlungen einzustellen.941 Beachtliche Anhaltspunkte sind unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung darüber hinaus die Realisierbarkeit von Aktiva des Darlehensnehmers, die Flüssigkeit seiner finanziellen Mittel, die Fälligkeit seiner anderweitigen Schulden oder etwaige Zahlungsstockungen und Krediterschütterungen.942 Auch der Wegfall einer begründeten Aussicht auf eine Kreditgewährung durch Dritte oder der Beginn von Vollstreckungshandlungen gegen den Darlehensnehmer können hinreichend sein, selbst wenn hierdurch bereits bei Vertragsschluss bestehende Schulden vollstreckt werden.943 Allgemeine wirtschaftliche und konjunkturelle Entwicklungen bleiben dagegen außer Betracht, solange sie sich nicht konkret auf die Vermögenslage des Darlehensnehmers auswirken.944 In die Abwägung einzubeziehen sind nach Nr. 19 Abs. 3 S. 2 Spiegelstrich 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. a AGB-Sparkassen die Werthaltigkeit und Verwertbarkeit der Sicherheiten, die der Darlehensnehmer gestellt hat. Ein Kündigungsrecht besteht nur dann, wenn das Kreditinstitut im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu dem Ergebnis kommt, dass die Verbindlichkeiten des Darlehensnehmers durch eine Verwertung der Sicherheiten im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht auszugleichen wären (unten Vierter Teil Rn 250).945 Nr. 19 Abs. 3 S. 2 Spiegelstrich 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. b AGB-Sparkassen gibt 244 dem Kreditinstitut ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall, dass der Darlehensnehmer eine Verpflichtung zur Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten nicht erfüllt. Dies gilt auch für den Fall einer unwirksam bestellten Sicherheit, sofern eine Heilung nicht möglich ist.946 Vorausgesetzt wird in jedem Fall, dass eine Verpflichtung des Darlehensnehmers zur Stel-

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936 OLG Frankfurt a.M. BKR 2003, 870 (871); vgl. in Bezug auf § 321 BGB: BGH NJW 1964, 99 (100). 937 BGH WM 1985, 1493; BGH NJW 1986, 1928 (1929); BGHZ 154, 146 (150 f.); BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 28, 33; einschränkend Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 191. 938 Anders Knops WM 2012, 1649 (1652), der auf die Definition in § 6 Abs. 2 Satz 1 VermG zurückgreift. 939 BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 36; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 192; teilweise wird schon ein Liquiditätsverlust um ein Viertel für ausreichend gehalten, vgl. Palandt/Weidenkaff78 § 490 Rn 3; weitere Bespiele bei Knops WM 2012, 1649 (1651). 940 BGH WM 1985, 1493; BGH WM 1986, 605 (606); BGH NJW-RR 1990, 110 (111); BGH WM 2003, 1416 (1417). 941 OLG Hamm WM 1991, 402. 942 OLG Frankfurt a.M. BKR 2003, 870 (871); Regenfus, ZBB 2015, 383 (386 f.). 943 BGH NJW 1964, 99 (100); OLG Frankfurt a.M. BKR 2003, 870 (871). 944 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1248, 1254; Gößmann, BuB, Rn 1/587. 945 BGH WM 1978, 234 (237); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 194. 946 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1212.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

lung von Sicherheiten tatsächlich besteht, dass also das Kreditinstitut einen begründeten Anspruch auf die geforderte Sicherheit hat.947 Das Kreditinstitut soll es nicht in der Hand haben, durch das willkürliche Verlangen weiterer Sicherheiten einen Grund zur Auflösung eines auf feste Zeit abgeschlossenen Vertrags herbeizuführen.948 Die Parteien müssen sich also grundsätzlich über die Pflicht zur Stellung oder Verstärkung von Sicherheiten geeinigt haben. Formularmäßig geschieht dies insbesondere bei einer nachträglich erhöhten Risikobewertung durch Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 22 Abs. 1 AGB-Sparkassen, auf die in Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. b AGB-Sparkassen ausdrücklich verwiesen wird. Ist das Verlangen des Kreditinstituts nach Sicherheiten auf dieser Grundlage berechtigt, so muss der Darlehensnehmer dem Verlangen innerhalb der Frist nachkommen, die ihm hierzu durch das Kreditinstitut gesetzt wird;949 der Darlehensvertrag kann dann ohne weitere Schonfrist fristlos gekündigt werden.950 Der Anspruch des Kreditinstituts auf Stellung oder Verstärkung von Sicherheiten – und damit das außerordentliche Kündigungsrecht – ist aber nach § 242 BGB ausgeschlossen, wenn seine Geltendmachung zu einer Übersicherung des Kreditinstituts führen würde.951 In Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. d und e AGB-Sparkassen sind zwei weitere Regelbeispiele normiert, 245 die keine Entsprechung in den AGB-Banken finden. Nach lit. d ist die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Darlehensnehmer Kündigungsgrund; lit. e lässt ausreichen, dass sich die Vermögensverhältnisse eines Mitverpflichteten oder des persönlich haftenden Gesellschafters wesentlich verschlechtert haben oder erheblich gefährdet sind, oder dass letzterer wechselt bzw. verstirbt.952 Auch für den Darlehensnehmer kann sich ein außerordentliches Kündigungsrecht aus ver246 traglicher Vereinbarung ergeben, so aus Nr. 18 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGBSparkassen. Diese Klauseln sind jedoch eine nahezu wortlautgetreue Wiedergabe des zwingenden gesetzlichen Rechts zur außerordentlichen Kündigung in § 314 Abs. 1 BGB (unten Vierter Teil Rn 257–259). Sie haben damit – insbesondere angesichts von Nr. 18 Abs. 3 AGB-Banken – allenfalls deklaratorische Bedeutung.953 Überdies hat der Darlehensnehmer nur selten ein Interesse an einer sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses, so dass die Klauseln kaum praktisch relevant werden dürften.954 247

cc) Gesetzliche Rechte zur außerordentlichen Kündigung des Darlehensvertrags ergeben sich für beide Parteien aus § 490 BGB. Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 490 BGB ist eine spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 314 BGB (unten Vierter Teil Rn 257–259).955 Eine Kündigung nach § 314 BGB wird ebenso wie § 313 Abs. 3 BGB durch § 490 BGB nach dessen Abs. 3 nicht ausgeschlossen; § 490 BGB ist insoweit aber lex specialis.956 Die Regelung des § 490 Abs. 2 BGB ist – jedenfalls in ihren Sät-

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947 BGH NJW 1981, 1363; OLG Celle WM 1984, 1175 (1177). 948 BGH NJW 1981, 1363; BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 41. 949 OLG Koblenz 1981, 61 (61); ausdrücklich geregelt in Nr. 13 Abs. 3 AGB-Banken. 950 BGH NJW 1980, 399. 951 BGH NJW 1981, 1363 (1364); BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 41 sowie § 21 Rn 10 ff.; zudem besteht eine ausdrückliche Freigabe-Verpflichtung nach Nr. 16 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 22 Abs. 2 AGB-Sparkassen. 952 Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Sparkassen Rn 86; v. Westphalen/Fandrich410 Banken- und Sparkassen-AGB Rn 99. 953 BankR-HdB/Bunte5 § 23 Rn 11. 954 BankR-HdB/Bunte5 § 23 Rn 13; außerordentliche Kündigungen seitens des Darlehensnehmers bezwecken ganz überwiegend die Vermeidung einer Vorfälligkeitsentschädigung, vgl. Westphalen/Fandrich410 Banken- und Sparkassen-AGB Rn 91. 955 Zum Wegfall der Geschäftsgrundlage nach altem Darlehensrecht BGH WM 1980, 380 (381). 956 BT-Drucks 14/6040, S. 177; Freitag WM 2001, 2370 (2377); Wittig/Wittig WM 2002, 145 (149); Siol FS Hadding 2004, S. 1157, 1164; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 221; für ein uneingeschränktes Nebeneinander der Kündigungsrechte dagegen Mülbert WM 2002, 465 (473) (wohl aufgegeben in Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 122).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

zen 1 und 2 – dispositiv957 und wird insoweit durch Nr. 18 Abs. 2, 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen konkretisiert (oben Vierter Teil Rn 239–246). (1) Für das Kreditinstitut folgt ein außerordentliches Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 1 248 BGB. Geregelt ist hier wie in Nr. 19 Abs. 3 Spiegelstrich 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. a AGB-Sparkassen der Fall, dass sich das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers gegenüber der Situation bei Vertragsschluss deutlich erhöht und die Insolvenz des Darlehensnehmers zu befürchten ist.958 Maßgeblich ist auch hier ein Vergleich zweier Vermögenslagen (oben Vierter Teil Rn 242), derjenigen bei Vertragsschluss und derjenigen bei Kündigung.959 Zugrunde zu legen ist wiederum nicht der Fortführungswert, sondern der Zerschlagungswert des Unternehmens und der Vermögensgegenstände des Darlehensnehmers.960 Ob eine relevante Risikoveränderung eingetreten ist, muss wie bei Nr. 19 Abs. 3 Spiegel- 249 strich 2 AGB-Banken bzw. Nr. 26 Abs. 2 S. 3 lit. a AGB-Sparkassen (oben Vierter Teil Rn 243) anhand einer Gesamtschau aller wirtschaftlichen Umstände ermittelt werden, die den Rückzahlungsanspruch gefährden.961 Stets geht es dabei um die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Darlehensnehmers; allgemeine konjunkturelle oder politische Entwicklungen bleiben außer Betracht.962 Eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse kann danach entweder in einer Minderung des Vermögens selbst liegen oder aber in einer Änderung von Umständen, welche unmittelbaren Einfluss auf das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers haben.963 Eine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers ist nach dem Wil- 250 len des Gesetzgebers nur dann kündigungserheblich, wenn das erhöhte Ausfallrisiko nicht durch die Verwertung von Sicherheiten kompensiert werden kann.964 In Rechtsprechung und Literatur besteht über diese Einschränkung aber keine Einigkeit.965 Denn der Wortlaut des § 490 Abs. 1 S. 1 BGB stellt auf die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers „oder“ die Werthaltigkeit einer gestellten Sicherheit ab. Über diesen eindeutigen Wortlaut kann die Auslegung der Norm nicht hinweggehen. Dazu besteht aber auch keine Notwendigkeit. Bei der Anwendung des § 490 Abs. 1 BGB sind in jedem Falle die Interessen der Vertragsparteien gegeneinander abzuwägen (unten Vierter Teil Rn 251). Stehen dem Kreditinstitut ausreichende Sicherheiten zur Verfügung, so fehlt es schon an einer Interessenbeeinträchtigung, die das Kreditinstitut erst zur Kündigung berechtigen würde.966 Allerdings ist bei der Interessenabwägung auch das Prognoserisiko des Kreditinstituts hinsichtlich der Verwertbarkeit der Sicherheiten angemessen zu be-

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957 Mülbert WM 2002, 465 (475); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 103 ff.; nur eingeschränkt zustimmend: MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 38; aA im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen: Mankowski/Knöfel ZBB 2001, 335. 958 Vgl. BT-Drucks 14/6040, S. 254; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 209; Staudinger/ Mülbert2015 § 490 Rn 3, 9, 191; Palandt/Weidenkaff 78 § 490 Rn 1. 959 Palandt/Weidenkaff 78 § 490 Rn 3. 960 BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 6; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 15; Palandt/Weidenkaff78 § 490 Rn 3; Regenfus ZBB 2015, 383 (385). 961 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold 2 Kap. 14 Rn 210; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 14. 962 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1248, 1254; Gößmann, BuB, Rn 1/587; BankR-HdB/Bunte5 § 24 Rn 40; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 14. 963 Langenbucher/Bliesener/Spindler/Krepold2 Kap. 14 Rn 209 f.; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 14; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 5. 964 Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 14/6857, S. 64. 965 Für eine Einschränkung OLG München NJW-RR 1996, 370; OLG Brandenburg WM 2010, 605 (607); Regenfus ZBB 2015, 383 (386); Mülbert WM 2002, 465 (474); Wittig/Wittig WM 2002, 145 (148); BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 8; kritisch Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 29, 32; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 9; aA Freitag WM 2001, 2370 (2374); Gößmann BuB, Rn 1/592; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 186. 966 Canaris ZHR 143 (1979), 113 (120); Knops WM 2012, 1649 (1654); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1247.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

rücksichtigen.967 Die gestellten Sicherheiten müssen deshalb mit ihrem Zerschlagungswert bewertet werden (vgl. oben Vierter Teil Rn 242). Die Interessen des Kreditinstituts sind schon dann hinreichend beeinträchtigt, wenn es damit rechnen muss, im Falle einer Insolvenz des Darlehensgebers, welche durch die wesentliche (oben Vierter Teil Rn 243) Verschlechterung von dessen Vermögensverhältnissen wahrscheinlicher geworden ist, schlechter zu stehen als im Falle der Beibringbarkeit der Forderung. 251 Nach dem Wortlaut des § 490 Abs. 1 BGB ist die außerordentliche Kündigung vor Kreditgewährung „im Zweifel stets“ (Alt. 1), nach Kreditgewährung aber nur „in der Regel“ (Alt. 2) möglich. Damit wird den unterschiedlichen Interessen der Vertragsparteien Rechnung getragen, die bei der Kündigung aus wichtigem Grund im Rahmen der gesetzgeberisch gelenkten Gesamtabwägung zu berücksichtigen sind.968 Vor Valutierung des Darlehens fällt die Interessenabwägung eindeutig zugunsten des kündigungswilligen Kreditinstituts aus. Ist nämlich schon zu diesem Zeitpunkt eine Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers eingetreten oder droht sie einzutreten, dann kann es dem Kreditinstitut nicht zugemutet werden, die Valuta in dem Wissen auszuzahlen, dass sie unwiederbringlich sein wird.969 Die Kündigung ist hier „stets“ möglich, wenn nicht („im Zweifel“) eine anderweitige Abrede der Parteien getroffen wurde; eine solche Abrede kann allerdings auch im Wege ergänzender Vertragsauslegung festgestellt werden.970 Nach Valutierung sind die Interessen des Darlehensnehmers angesichts seines schutzwürdigen Vertrauens auf die Belassung der Valuta höher zu gewichten.971 Die außerordentliche Kündigung soll für den Darlehensgeber aber immer noch „in der Regel“ möglich und somit nur in Ausnahmefällen ausgeschlossen sein.972 Dem Kreditinstitut ist nämlich gerade bei hohen Darlehensbeträgen ein Festhalten am Vertrag bei deutlicher Erhöhung des Ausfallrisikos schon wegen der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalvorgaben (oben Vierter Teil Rn 9) nicht zumutbar.973 Denkbar sind allerdings Fallkonstellationen, in denen das Kündigungsrecht des Kreditinstituts beschränkt ist (unten Vierter Teil Rn 260, 261). Bei der außerordentlichen Kündigung nach § 490 BGB sind derartige Schranken bereits tatbestandlich zu berücksichtigen.974 So fehlt es bereits an einem Kündigungsgrund i.S.v. § 490 Abs. 1 BGB, wenn sich etwa die Vermögenssituation des Darlehensnehmers nur vorübergehend verschlechtert und ihn gerade die Rückforderung des Darlehens in die Insolvenz fallen ließe.975 Denn bei einer lediglich vorübergehenden Verschlechterung der Vermögenssituation wird regelmäßig schon keine erhebliche Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank anzunehmen sein.976

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967 Sonnenhol WM 2002, 1259 (1265); zum Prognoserisiko bei der Verwertung von Kreditsicherheiten Becher/Gößmann BKR 2002, 519 (524); BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 186; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 32; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 10. 968 BGH NJW 1978, 947 (948); BGH NJW 1981, 1666 (1667); BGH NJW 1986, 1928; Mülbert WM 2002, 465 (474); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 18; aA, wenngleich im Ergebnis ähnlich Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 35 (Berücksichtigung über § 242 BGB). 969 BT-Drucks. 14/6040, S. 254; Freitag WM 2001, 2370 (2375); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 34; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 15; BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 13; Erman/Saenger15 § 490 Rn 4; Palandt/Weidenkaff78 § 490 Rn 4. 970 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 34; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 15. 971 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 35. 972 Mülbert WM 2002, 465 (474); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 35; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 18. 973 Knops WM 2012, 1649; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 19; BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 14. 974 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1269; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 18; aA Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 35. 975 So ausdrücklich BT-Drucks. 14/6040, S. 254; Freitag WM 2001, 2370 (2375); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 17; Palandt/Weidenkaff 78 § 490 Rn 4; kritisch Mülbert WM 2002, 465 (474); Siol FS Hadding 2004, S. 1157 (1159); ablehnend Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 35; weitere Beispiele bei BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 11. 976 Mülbert WM 2002, 465 (474); Siol FS Hadding 2004, S. 1157 (1159); Knops WM 2012, 1649 (1651 ff.).

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(2) Dem Darlehensnehmer gibt § 490 Abs. 2 BGB die Möglichkeit zur vorzeitigen Beendi- 252 gung eines Darlehens mit gebundenem Sollzinssatz. Die Vorschrift soll die frühere Rechtsprechung des BGH977 kodifizieren, der zufolge dem Darlehensnehmer ein Anspruch auf vorzeitige Auflösung grund- oder schiffspfandrechtlich besicherter Festzinsdarlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zuzubilligen ist. 978 Die dogmatische Einordnung dieser Auflösungsmöglichkeit ist nach der Kodifizierung aber unklar. Zum Teil geht die Literatur in enger Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur alten Rechtslage von einem Anspruch auf Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus.979 Zum Teil wird § 490 Abs. 2 BGB hingegen als besonders geregeltes außerordentliches Kündigungsrecht angesehen.980 Angesichts der eindeutigen Gesetzessystematik, die außerordentliche Kündigungsrechte von Darlehensgeber und Darlehensnehmer in § 490 BGB nebeneinanderstellt, und des ausdrücklichen Willens des Gesetzgebers, die von der Rechtsprechung entwickelte Möglichkeit zur Vertragsaufhebung als Kündigungsrecht festzuschreiben,981 ist der letztgenannten Ansicht zu folgen. Das Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass bei einem grund- oder 253 schiffspfandrechtlich besicherten Festzinsdarlehen die „berechtigten Interessen“ des Darlehensnehmers eine Kündigungsmöglichkeit „gebieten“. Der Rechtsprechung des BGH folgend wird das berechtigte Interesse des Darlehensnehmers damit nicht auf das Bedürfnis einer anderweitigen Verwertung der Sicherheit begrenzt.982 Letztere Konstellation, von der auch die Rechtsprechung des BGH ausging, wird aber in S. 2 als Regelbeispiel für das Bestehen eines besonderen Interesses an der außerordentlichen Kündigung genannt. Danach ist ein besonderes Interesse des Darlehensnehmers an der Kündigung dann anzunehmen, wenn die Unmöglichkeit einer anderweitigen Verwertung der gestellten Sicherheit die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers mit Blick auf sein Eigentum (vgl. § 1136 BGB) erheblich beschränkt.983 Dafür ist etwa ausreichend, dass der Darlehensnehmer ein besichertes Grundstück weiterveräußern will; ob dies aus persönlichen Gründen oder in Wahrnehmung einer günstigen Verkaufsgelegenheit geschieht, ist ohne Belang.984 Ausreichend ist auch, dass der Darlehensnehmer das beliehene Objekt zur Absicherung eines beim Darlehensgeber nicht erhältlichen umfangreicheren Kredits benötigt.985 Dagegen ist die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers nicht berührt, wenn er das beliehene Objekt lediglich zur Besicherung einer günstigeren Refinanzierung verwenden will.986 Wann über das Regelbeispiel der anderweitigen Verwertung in S. 2 hinaus ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers die Annahme eines außerordentlichen Kündigungsrechts gebietet, ist ungeklärt. Angesichts des Beispielcharakters von S. 2 ist aber davon auszugehen, dass ein sonstiges berechtigtes Interesse die wirtschaftli-

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977 BGHZ 136, 161; BGH NJW 1997, 2878. 978 BT-Drucks. 14/6040, S. 255; grundlegend für die frühere Rspr. BGHZ 136, 161 (insb. 165 ff.); fortgeführt in BGH WM 1991, 760; BGHZ 133, 355 (359); BGHZ 136, 161; BGH NJW 1998, 592 (593); dazu Köndgen ZIP 1997, 1641 (1645 f.); Lang/Beyer WM 1998, 897 ff.; Marburger ZBB 1998, 30 ff.; Früh NJW 1999, 2623; ausführlich zur Entstehungsgeschichte der Norm Becher/Lauterbach WM 2004, 1163 (1164 f.). 979 Mülbert WM 2002, 465 (475); Rösler/Wimmer/Lang Rn B 98 ff.; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/19a; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 58. 980 Wittig/Wittig WM 2002, 145 (149); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 28. 981 BT-Drucks. 14/6040, S. 255; vgl. Freitag WM 2001, 2370 (2376); Wittig/Wittig WM 2002, 145 (149). 982 Vgl. Freitag WM 2001, 2370 (2376); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 63; enger noch der Fraktionsentwurf BT-Drucks 14/6040, 26, 254 f. 983 BGHZ 136, 161 (166 f.); OLG Köln WM 1999, 1167 (1168); BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 65; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 64; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 26; BeckOK BGB/Rohe50 § 490 Rn 21. 984 BGHZ 136, 161 (167); Rösler/Wimmer/Lang Rn B 80 mwN; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 26; zum umgekehrten Fall (Halten der Immobilie nur bei Umschuldung möglich): OLG Naumburg NJW-RR 2007, 1278. 985 BGH NJW 1997, 2878; Knops S. 134. 986 BGH NJW 2003, 2230 (2231); LG München, WM 2004, 626; Lang/Beyer WM 1998, 897 (902); Knops S. 135 f.; Rösler/Wimmer/Lang Rn B83; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 26.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

che Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers in vergleichbarer Weise berühren muss wie eine geplante Verwertung des beliehenen Objekts.987 Denkbar ist hier etwa, dass der Darlehensnehmer das beliehene Objekt nicht in der gewünschten Weise nutzen kann, weil ihm das Kreditinstitut eine notwendige Zustimmung verweigert.988 In jedem Fall müssen nach § 490 Abs. 2 S. 2 BGB seit der vollständigen Auszahlung der Valuta mindestens sechs Monate abgelaufen sein, damit der Darlehensnehmer von seinem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen kann. Nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB muss der Darlehensnehmer dem Kreditinstitut den Schaden er254 setzen, der durch die vorzeitige Kündigung entsteht. Dieser Ersatzanspruch ist als Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung legaldefiniert. Hierdurch wird wiederum die frühere Rechtsprechung des BGH kodifiziert (oben Vierter Teil Rn 252). Nach der Rechtsprechung des BGH war der Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung als modifizierter vertraglicher Erfüllungsanspruch anzusehen; er war die notwendige Folge aus einem Anspruch des Darlehensnehmers auf Vertragsanpassung. Auch der nunmehr kodifizierte Anspruch nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB wird zum Teil entsprechend eingeordnet.989 Nach der Kodifizierung des Anspruchs kann diese Einordnung aber nicht mehr überzeugen. Der Wortlaut der Norm bezeichnet den Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausdrücklich als Ersatzanspruch für den „Schaden“, der dem Darlehensgeber infolge der vorzeitigen Kündigung entsteht. Aus demselben Grunde ist auch eine Einordnung des Anspruchs als Aufopferungsentschädigung nicht sachgerecht.990 Es bleibt damit freilich das Problem, dass der Gesetzgeber scheinbar systemwidrig in § 490 Abs. 2 S. 3 BGB die Ausübung eines gesetzlichen Rechts, nämlich des in § 490 Abs. 2 S. 1 BGB gewährten Kündigungsrechts, an eine Schadensersatzpflicht koppelt.991 Allerdings ist diese Regelung kein Einzelfall:992 Auch § 122 BGB verknüpft die Ausübung eines gesetzlichen Gestaltungsrechts mit einer Schadensersatzpflicht.993 Dass § 122 BGB nur zum Ersatz des negativen Interesses verpflichtet, während der Anspruch nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist, steht der Einordnung der letzteren Norm als Schadensersatzanspruch nicht entgegen.994 Die unterschiedliche Rechtsfolge ist nicht Ausdruck einer bestimmten dogmatischen Einordnung, sondern sie ist allein der unterschiedlichen Interessenlage bei der Anfechtung einerseits und der außerordentlichen Kündigung andererseits geschuldet. Erstere ist nur innerhalb einer engen Frist möglich (§ 121 BGB) und wirkt ex tunc (§ 142 BGB), letztere ist jederzeit möglich und führt zu einer Vertragsbeendigung ex nunc. Im zweiten Fall ist daher das Interesse des Darlehensgebers an der Vertragsdurchführung und nicht nur sein negatives Interesse zu schützen. 255 Hinsichtlich der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung hat der Gesetzgeber lediglich vorgegeben, dass mit der Vorfälligkeitsentschädigung der Schaden des Kreditinstituts ersetzt werden soll, der diesem durch die vorzeitige Kündigung entsteht. Eine konkrete Berechnungsmethode wurde bewusst nicht vorgegeben.995 Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darüber, dass die Berechnung denselben Grundsätzen folgt wie die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung bei Verletzung der Pflicht zur Abnahme der Darlehensvaluta

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987 Ähnlich Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 72 f. 988 BGHZ 136, 161 (167); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 26; aA Wenzel WM 1997, 2340; Siol FS Hadding 2004, S. 1157 (1165). 989 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 86; Jauernig/Berger17 § 490 Rn 12; kritisch Reifner ZBB 2001, 193 (199 f.). 990 So aber Stelling S. 172 f.; zustimmend Kendzia ZBB 2001, 313 (315 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 34. 991 Köndgen WM 2001, 1637 (1644); Reifner ZBB 2001, 193 (200); Stelling S. 171; aus diesem Grund lediglich von einem „schadensersatzähnlichen Anspruch“ ausgehend Rösler/Wimmer/Lang Rn C 14, 16. 992 Ebenso Derleder/Knops/Bamberger/Knops2 § 16 Rn 17. 993 Habersack, Bankrechtstag 2002, S. 3, 16 f.; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 84. 994 AA Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 84. 995 BT-Drucks. 14/6040, S. 255; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 89.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

durch den Darlehensnehmer (oben Vierter Teil Rn 215–219). Neben einem möglichen Schaden durch erhöhten Verwaltungsaufwand996 ergibt sich der Schaden des Kreditinstituts als Zinsschaden daraus, dass das Kreditinstitut den für die Darlehensgewährung refinanzierten Betrag nunmehr zu ungünstigeren Konditionen anlegen muss als mit der Darlehensgewährung angestrebt. Wie bei der Nichtabnahmeentschädigung ist auch hier eine abstrakte Schadensberechnung möglich,997 die sowohl anhand der Aktiv-Aktiv-Berechnungsmethode mit Blick auf ein hypothetisch neu ausgereichtes Darlehen oder nach der Aktiv-Passiv-Vergleichsmethode anhand eines Vergleichs mit einer fiktiven laufzeitkongruenten Wiederanlage in sicheren Kapitalmarktpapieren erfolgen kann. (3) § 490 Abs. 3 BGB hält den Parteien die Möglichkeit einer Kündigung nach § 313 Abs. 3 256 BGB offen. Dieses Kündigungsrecht greift dann ein, wenn der kündigenden Partei ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB zusteht, die Durchführung der Vertragsanpassung aber von der Rechtsordnung verboten, für wenigstens einen der Vertragspartner undurchführbar oder sinnlos ist.998 Wichtiger Anwendungsfall für das Kündigungsrecht aus § 313 Abs. 3 BGB ist der Fall einer unterbliebenen Nachbesicherung bei veränderter Risikobewertung des Darlehensnehmers.999 Insoweit konkretisiert Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken bzw. Nr. 21 Abs. 1 AGBSparkassen (oben Vierter Teil Rn 244) das Recht des Kreditinstituts auf Vertragsanpassung durch nachträgliche Bestellung oder Verstärkung von Sicherheiten.1000 Da § 313 Abs. 1 BGB eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage voraussetzt, greift der Anpassungsanspruch erst dann, wenn sich bei der Verwertung der Sicherheiten auf Grundlage ihres Zerschlagungswerts für das Kreditinstitut eine nicht nur marginale Deckungslücke ergibt. Ausreichend, aber auch erforderlich, ist eine Deckungslücke von mehr als 15%, weil in dieser Größenordnung nicht mehr von nur kurzfristigen Wertschwankungen auszugehen ist.1001 (4) Nach § 490 Abs. 3 BGB ist der Darlehensvertrag für beide Parteien auch aufgrund des 257 allgemeinen Rechts zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen nach § 314 Abs. 1 BGB kündbar. Dieses Kündigungsrecht besteht verschuldensunabhängig; es soll der besonderen Interessenlage bei Dauerschuldverhältnissen gerecht werden, bei denen die Parteien nicht jede mögliche Veränderung der Vertragsumstände über die gesamte Vertragsdauer vorhersehen können.1002 Ein wichtiger Grund zur Kündigung besteht nach S. 2 dann, wenn dem kündigenden Vertragsteil unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Fortsetzung des Vertrags bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit oder bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.1003 Vorliegen und Schwere des Verschuldens der anderen Vertragspartei sind bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.1004 Für das Kreditinstitut sind die praktisch bedeutsamsten Gründe bereits in Covenants (oben 258 Vierter Teil Rn 238 und unten Vierter Teil Rn 927–961) und in Nr. 19 Abs. 3 AGB-Banken bzw.

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996 BGHZ 136, 161 (171); BGHZ 146, 5, 15 (17); OLG Schleswig WM 1998, 861 (865); OLG Hamm WM 1998, 1811 (1812). 997 BGH NJW 1991, 1817 (1818); BGHZ 136, 161 (169). 998 MünchKommBGB/Finkenauer8 § 313 Rn 115; Palandt/Grüneberg78 § 313 Rn 42; Überblick zu den Tatbestandsvoraussetzungen bei Janda NJ 2013, 1 ff. 999 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 141. 1000 BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 203. 1001 So im Ergebnis BankR-HdB/Krepold 5 § 79 Rn 207. 1002 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 132. 1003 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 178; zum alten Recht BGH NJW 1981, 1666 (1667); BGH NJW 2002, 2866 (2867); Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/18; MünchKommBGB/Gaier8 § 314 Rn 16. 1004 BGHZ 44, 271 (275); BGH NJW 1981, 1264 (1265); MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 48.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Nr. 26 Abs. 2 AGB-Sparkassen (oben Vierter Teil Rn 239–246) sowie in § 490 Abs. 1 BGB (oben Vierter Teil Rn 247–251) genannt: unrichtige Angaben des Darlehensnehmers über seine Vermögensverhältnisse, eine wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Darlehensnehmers oder Mängel bei der Bestellung von Sicherheiten durch den Darlehensnehmer.1005 Der Anwendungsbereich des § 314 BGB ist insoweit aber weiter. Er erfasst etwa auch solche Verschlechterungen der wirtschaftlichen Situation des Darlehensnehmers, die nicht die Rückzahlung des Darlehens selbst, aber die regelmäßige Leistung der vereinbarten Zinszahlungen betreffen.1006 Darüber hinaus ist ein wichtiger Kündigungsgrund nach § 314 Abs. 1 BGB für beide Partei259 en dann gegeben, wenn die jeweils andere Partei in schwerwiegender Weise gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten verstößt.1007 So kann das Kreditinstitut aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Darlehensnehmer mit der Zahlung von Zinsen oder Tilgungsraten in Verzug kommt. In Anlehnung an §§ 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a, 498 S. 1 Nr. 1 BGB ist insoweit aber regelmäßig zu verlangen, dass der Darlehensnehmer mit mindestens zwei vollen, aufeinander folgenden Zins- oder Tilgungsratenzahlungen in Verzug gerät.1008 Die Nichtzahlung zweier aufeinander folgender Raten ist nämlich in der Regel ein ausreichendes Indiz für die fehlende Zahlungsfähigkeit oder -bereitschaft des Darlehensnehmers. Nur ausnahmsweise kann schon die einmalige Nichtzahlung einer Rate für das Kreditinstitut ein Festhalten am Vertrag unzumutbar erscheinen lassen, etwa bei einem gewerblichen Millionenkredit, für den ein vierteljährlicher Schuldendienst vereinbart war.1009 Da § 314 Abs. 1 S. 2 BGB eine Abwägung der beiderseitigen Interessen verlangt, kann aber auch umgekehrt in Bagatellfällen das Festhalten am Vertrag für den Darlehensgeber zumutbar sein, selbst wenn der Darlehensnehmer mit zwei oder mehr Zins- oder Tilgungsraten im Verzug ist. Ein solcher Bagatellfall kann nicht abstrakt anhand des prozentualen Anteils der rückständigen Raten am Nennbetrag des Darlehens bestimmt werden.1010 Ein Festhalten am Vertrag ist für das Kreditinstitut nur in absoluten Ausnahmefällen zumutbar, wenn etwa zwei in kurzen Abständen fällige geringfügige Raten eines langfristigen Darlehens aufgrund eines ersichtlich vorübergehenden Liquiditätsengpasses nicht beglichen werden und der Rückstand kurzfristig ausgeglichen wird. Ein Kündigungsgrund für das Kreditinstitut nach § 314 Abs. 1 BGB besteht auch dann, wenn der Darlehensnehmer seine Pflicht zur Rückzahlung des Darlehens oder zur Zahlung von Zinsen bestreitet.1011 Dies gilt aber nicht, soweit sich das Bestreiten auf erwägenswerte Überlegungen stützt und sich aus dem Vorbringen des Darlehensnehmers ergibt, dass er nach einer ihm ungünstigen Klärung der zweifelhaften Rechtsfragen zu den übernommenen Verpflichtungen stehen wird.1012 Dem Darlehensnehmer wiederum steht ein wichtiger Grund zur Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB zu, wenn etwa das Kreditinstitut die geschuldete Valutierung des Darlehens verweigert oder durch schuldhafte Verletzung des Bankgeheimnisses einen schwerwiegenden Vertrauensbruch begeht.1013

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1005 BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 218 ff.; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 136, 141. 1006 MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 49; ausführlich Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 136. In der Praxis dürfte es hierbei vor allem um endfällige Darlehen gehen. 1007 MünchKommBGB/Gaier8 § 314 Rn 18; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 137. 1008 BGHZ 95, 362 (373 f.); BGH NJW-RR 1988, 763 (765); OLG München ZIP 1990, 1552 (1556); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1337; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 137 f.; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 49. 1009 BGH NJW-RR 1999, 842; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 49. 1010 Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 138; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 49; aA BGH NJW-RR 1988, 763 (765) im Anschluss an Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1337: Unzumutbarkeit erst bei Rückstand von mindestens 10% der Darlehenssumme. 1011 BGH NJW 1981, 1666 (1667); Palandt/Weidenkaff 78 § 490 Rn 11. 1012 BGH NJW 1981, 1666 (1667). 1013 Weitere Beispiele in Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 139 f.; zum Kündigungsrecht wegen Verletzung des Bankgeheimnisses Beucher/Räther/Stock AG 2006, 277 (282); Bredow/Vogel BKR 2008, 271 (275); Bitter ZHR 173 (2009), 379 (415 f.).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

f) Schranken der Kündigungsrechte. Entsprechend der Situation beim Krediteröffnungs- 260 vertrag (oben Vierter Teil Rn 140–142) können die Kündigungsrechte des Kreditinstituts im Einzelfall eingeschränkt sein. Bei einem Darlehen, das von den Parteien bewusst mit dem Zweck der Unternehmenssanierung gewährt wurde, sind das ordentliche wie das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers wegen Verschlechterung der Vermögenssituation des Darlehensnehmers regelmäßig schon konkludent ausgeschlossen worden.1014 Das gilt jedenfalls so lange, wie die Sanierung des Unternehmens plangemäß verläuft.1015 Eine Kündigung ist aber möglich, wenn die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers sich derart verschlechtern, dass eine Sanierung nicht mehr aussichtsreich erscheint.1016 Ein Sanierungsdarlehen liegt bereits dann vor, wenn die Bank trotz Kenntnis einer Krise des Darlehensnehmers und dessen Sanierungsbedarf ein Darlehen an ihn ausreicht.1017 Eine ausdrückliche Bezeichnung als Sanierungsdarlehen ist dagegen nicht erforderlich. Ein Sanierungsdarlehen kann auch bei der Prolongation eines zunächst nicht sanierungsbezogenen Darlehens vorliegen.1018 Ebenso liegt es, wenn das Kreditinstitut schon gewährte Kredite mit Rücksicht auf den vereinbarten Sanierungszweck nicht kündigt, sondern stillhält, also den fälligen Rückerstattungsanspruch nicht geltend macht.1019 Im Übrigen folgen Einschränkungen des ordentlichen Kündigungsrechts für das Kredi- 261 tinstiut aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB, während im Rahmen der außerordentlichen Kündigungsrechte ohnehin eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen ist (oben Vierter Teil Rn 251). Danach kann sich eine Kündigung des Darlehensvertrags durch den Darlehensgeber als rechtsmissbräuchlich darstellen, wenn der Darlehensgeber durch sein eigenes Verhalten wesentlich zur Entstehung einer kündigungsbegründenden Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers beigetragen hat, etwa durch verspätete Valutierung des Darlehens oder durch schuldhafte verlustbringende Eingriffe in die Geschäftspolitik des Darlehensnehmers.1020 Ähnliches kann gelten, wenn die kündigende Bank zuvor veranlasst hatte, dass der Darlehensnehmer das Darlehen nur bei ihr aufnimmt.1021 Eine Berufung auf das außerordentliche Kündigungsrecht wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers ist dem Kreditinstitut als Darlehensgeber auch dann verwehrt, wenn es entgegen den Vorgaben des § 18 KWG und den kaufmännischen Grundsätzen ordnungsgemäßer Geschäftsführung unterlassen hat, die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers ausreichend zu prüfen.1022 Werden die genannten Schranken der Kündigungsrechte überschritten, so kann der Darlehensnehmer einredeweise die Unbeachtlichkeit der Kündigung geltend machen (oben Vierter Teil Rn 142). Demgegenüber ist die Kündigung zur Unzeit grundsätzlich wirksam, kann aber Schadensersatzansprüche des Darlehensnehmers begründen (oben Vierter Teil Rn 148 und unten Rn 266).

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1014 RG BankArchiv 1937/38, 311 (312); BGH NJW 2004, 3779 (3780); Hopt ZHR 143 (1979), 139 (169); Theewen BKR 2003, 141 (147); BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 62; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 39. 1015 BGH WM 1956, 217 (220); BGH NJW 2004, 3782 (3783); OLG Frankfurt Urt. v. 13.9.2007 – Az. 15 U 19/07, Rn 45 (zitiert nach juris); Theewen BKR 2003, 141 (147); Knops/Bamberger/Maier-Reimer/Knops § 7 A Rn 25; Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 39. 1016 RG BankArchiv 1937/38, 311 (312); BGH WM 1956, 217 (220); BGH NJW 2004, 3782 (3783); Obermüller ZIP 1980, 334 (1062); BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 73; Hopt/Mülbert Kreditrecht, § 607 Rn 210. 1017 Vgl. BGH WM 1997, 576; Bitter/Alles, WM 2013, 537, 540; Regenfus, ZBB 2015, 383 (389). 1018 Bitter/Alles, WM 2013, 537, 540; BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 9. 1019 Urlaub/Kamps ZIP 2014, 1465 (1467); BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 9. 1020 BGH WM 1985, 1493; eingehend Voglis, S. 82 ff., 95. 1021 Regenfus, ZBB 2015, 383 (388) mwN. 1022 Regenfus, ZBB 2015, 383 (388); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 43.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

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g) Insolvenz des Darlehensnehmers. Fällt der Darlehensnehmer eines entgeltlichen Darlehens in die Insolvenz, so hat der Insolvenzverwalter jedenfalls vor Valutierung des Darlehens hinsichtlich der weiteren Vertragsdurchführung grundsätzlich ein Wahlrecht nach § 103 Abs. 1 InsO.1023 Angesichts der Pflicht des Kreditinstituts zur Belassung der Valuta (oben Vierter Teil Rn 183) ist der Darlehensvertrag auch nach Valutierung durch das Kreditinstitut noch nicht vollständig erfüllt, so dass es auch weiterhin bei der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 103 InsO bleibt.1024 Allerdings ist es für den Insolvenzverwalter vor wie nach der Valutierung regelmäßig ausgeschlossen, die Erfüllung des Vertrags zu wählen, weil er insoweit keine sinnvolle Verwertungsentscheidung träfe.1025 Eine Erfüllungswahl hätte nämlich zur Folge, dass der Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts aus der Masse erfüllt werden müsste, während dem Kreditinstitut keine gleichwertige Gegenleistung zuflösse.1026 Selbst wenn der Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 1 InsO Erfüllung wählte, bliebe aber dem Kreditinstitut die Möglichkeit, den Darlehensvertrag wegen Vermögensverschlechterung nach Nr. 19 Abs. 3 Spiegelstrich 2 AGBBanken bzw. Nr. 26 Abs. 2 Satz 3 lit. a AGB-Sparkassen oder § 490 Abs. 1 BGB außerordentlich zu kündigen.1027 Wählt der Insolvenzverwalter dagegen nicht die weitere Erfüllung des Darlehensvertrags, so wird der Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts nach § 41 InsO sofort fällig.1028 Zu beachten ist dabei die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Darlehen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO1029, die auch für die insolvenzrechtliche Behandlung von Covenants bedeutsam sein kann (unten Vierter Teil Rn 314–326 und Rn 961).

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h) Insolvenz des Kreditinstituts. Nach der Sonderregel des § 108 Abs. 2 InsO bestehen Darlehensverträge in der Insolvenz des Kreditinstituts mit Wirkung für die Masse fort, soweit das Darlehen bereits valutiert worden ist. Dementsprechend ist die Darlehensvaluta dem Darlehensnehmer bei Fortbestehen des Zinsanspruchs des Kreditinstituts zu belassen. Zweck der 2007 in der Finanzkrise eingeführten Regelung ist der Schutz kleiner und mittelständischer Darlehensnehmer vor den Risiken einer kurzfristig erforderlichen Umschuldung beim Ausfall ihrer Kreditinstitute.1030 Zudem soll die Regelung sicherstellen, dass bereits begonnene Transaktionen im Kredithandel (unten Vierter Teil Rn 496–522) auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum Abschluss gebracht werden können.1031 Vor Valutierung des Darlehens hat der Insolvenzverwalter nach § 103 Abs. 1 InsO grundsätzlich ein Wahlrecht, ob die Valuta vereinbarungsgemäß an den Darlehensnehmer ausgezahlt werden soll.

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i) Rechtsfolgen der Vertragsbeendigung. Durch eine wirksame Kündigung des Darlehensvertrags wird dieser in ein Abwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. Die Pflicht des Kreditinstituts zur Belassung der Valuta erlischt ebenso wie die Pflicht des Darlehensnehmers zur Zahlung des Vertragszinses.1032 Der Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts wird nach

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1023 Obermüller ZInsO 2005, 1079 (1083); MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 105; MünchKommInsO/ Huber3 § 103 Rn 69; zur alten Rechtslage K. Schmidt JZ 1976, 756 (761 ff.). 1024 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 163, 278. 1025 Insoweit treffend Wilmowsky WM 2008, 1237 (1239). 1026 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 281; MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 105; vgl. auch Wilmowsky WM 2008, 1237 (1239). 1027 Wilmowsky WM 2008, 1237 (1191). 1028 Obermüller ZInsO 2002, 97 (102); Wilmowsky WM 2008, 1237 (1242); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 280; MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 105. 1029 MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 101 f. 1030 Entwurf zum Insolvenzrechtsvereinfachungsgesetz, BT-Drucks. 16/3227, S. 19; Braun/Kroth7 § 103 Rn 8; MünchKommInsO/Huber3 § 103 Rn 69; zum Regierungsentwurf kritisch mit Blick auf die hierdurch eintretende Belastung von Einlagegläubigern Freitag ZIP 2004, 2368 (2369 ff.). 1031 Pannen ZInsO 2009, 596 (598). 1032 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 293; kritisch Mack WM 1986, 1337 (1341).

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB fällig. Hinzukommen können Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen (oben Vierter Teil Rn 220–222), wahlweise kann eine Vorfälligkeitsentschädigung gefordert werden (oben Vierter Teil Rn 254, 255), während im Gegenzug der Darlehensnehmer Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Zinsen und Gebühren geltend machen kann. In der Abwicklung des Darlehensverhältnisses werden die wechselseitigen Ansprüche der Parteien als unselbständige Rechnungsposten saldiert.1033 Im Falle einer unberechtigten Kündigung, regelmäßig durch das Kreditinstitut, kann der 265 andere Vertragsteil, regelmäßig der Darlehensnehmer, Schadensersatzansprüche geltend machen.1034 Anspruchsbegründende Pflichtverletzung ist die unberechtigte Kündigung selbst, wenn sie etwa als ordentliche Kündigung treuwidrig und damit unbeachtlich ist (oben Vierter Teil Rn 142 und 262) oder ihr als außerordentlicher Kündigung der Kündigungsgrund fehlte und sie damit unwirksam ist. Verletzt wird hierdurch die Pflicht des Kreditinstituts zur Rücksichtnahme auf Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils, so dass der Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB folgt: Das Kreditinstitut wäre verpflichtet gewesen, bei der ordentlichen Kündigung widersprüchliches und übermäßig schädigendes Verhalten zu unterlassen bzw. bei der außerordentlichen Kündigung die Interessen des Darlehensnehmers angemessen zu berücksichtigen.1035 Es handelt sich hier schon deshalb um einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung und nicht statt der Leistung, weil der Schaden, der dem Darlehensnehmer infolge der Kündigung entstanden ist, durch eine Wiederbelassung der Darlehensvaluta regelmäßig nicht mehr zu vermeiden ist. Eine erneute Leistungsaufforderung wäre für den Darlehensnehmer also sinnlos. Für das Vertretenmüssen nach §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 BGB gelten die allgemeinen Regeln. Ersatzfähig sind für den Darlehensnehmer alle Schäden, die ihm durch die unberechtigte Kündigung des Darlehensvertrags entstehen. Dazu zählen auch entgangene Gewinne sowie Substanzverluste, die der Darlehensnehmer dadurch erleidet, dass er aufgrund der unberechtigten Kündigung in die Insolvenz fällt.1036 Ebenfalls ersatzfähig sind zusätzliche Aufwendungen, die dem Darlehensnehmer durch die vorzeitige Rückzahlung der Valuta entstehen.1037 Eine ordentliche Kündigung zur Unzeit begründet einen verschuldensunabhängigen 266 Schadensersatzanspruch, der sich aus einer analogen Anwendung der §§ 627 Abs. 2 S. 2, 671 Abs. 2, 675 Abs. 1 Hs. 2, 723 Abs. 2 S. 2 BGB ergibt.1038 Aus dieser Analogie folgt, dass die Kündigung zur Unzeit grundsätzlich wirksam ist. Denn nach dem Wortlaut der genannten Vorschriften ist der aus der Kündigung selbst entstandene Schaden zu ersetzen; die Wirksamkeit der Kündigung wird dort also vorausgesetzt. 1039 Da der Schadensersatzanspruch analog §§ 627

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1033 BGHZ 87, 156 (159); BGH NJW 1994, 1790; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 249; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 242. 1034 Grundsätzlich (zum alten Schuldrecht): BGH WM 1960, 576; BGH WM 1968, 1214; BGH NJW 1980, 399; BGH WM 1981, 1363; BGH WM 1984, 1178; BGH NJW 1986, 1928; BGH WM 1988, 195; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1276. 1035 Im Ergebnis ebenso MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 63; aA (Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB): Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 228. 1036 BGH WM 1957, 949 (952); OLG Düsseldorf WM 1978, 1300 (1304); Staudinger/Mülbert2015 § 490 Rn 231; MünchKommBGB/Berger8 § 490 Rn 63. 1037 OLG Düsseldorf WM 1978, 1300 (1304 f.). 1038 BGH NJW 1978, 947 (948); Hopt ZHR 143 (1979), 139 (163); Voglis S. 84 f.; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1263; Schwintowski Bankrecht5, Kap. 14 Rn 325; BankR-HdB/Krepold5 § 79 Rn 174; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 333. Der gleichlautende Nr. 26 Abs. 1 S. 2 AGB-Sparkassen hat folglich nur deklaratorische Bedeutung: MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 238. Zur Beschränkung der Grundsätze über die Kündigung zur Unzeit auf die ordentliche Kündigung BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 79. 1039 BGH WM 2003, 1416 (1418); OLG Köln WM 1999, 1004 (1006); eingehend zum Streitstand Klumpp Einseitige Vertragsbeendigung, S. 100 ff.; T. Möllers Haftung der Bank bei Kreditkündigung, S. 19; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 318; aA van Venrooy JZ 1981, 53 (57); Klumpp S. 106 f.; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 238 aE.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

Abs. 2, 671 Abs. 2, 675 Abs. 1 Hs. 2, 723 Abs. 2 BGB verschuldensunabhängig ist, sind seine Voraussetzungen restriktiv zu handhaben. So ist davon auszugehen, dass eine Kündigung zur Unzeit nicht vorliegt, wenn das Kreditinstitut die gesetzliche Kündigungsfrist des § 488 Abs. 3 S. 2 BGB einhält.1040 Da diese Frist aber regelmäßig abbedungen ist, bedarf es einer Einzelfallbetrachtung, die sich am Leitbildcharakter der Dreimonatsfrist1041 orientieren muss. Entscheidend ist, dass dem Darlehensnehmer ermöglicht wird, sich die Darlehensvaluta rechtzeitig anderweit zu beschaffen.1042 Bei einer individualvertraglichen Abbedingung oder Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist hat sich der Darlehensnehmer von vornherein darauf einzustellen, dass er gegebenenfalls kurzfristig alternative Kreditgeber finden muss.1043 Eine entsprechende formularmäßige Klausel muss aber auch dem Transparenzgebot genügen, indem der Kreditnehmer hierauf in besonders hervorgehobener Weise aufmerksam gemacht wird.1044 Fehlt es an einem Hinweis und muss der Kreditnehmer auch sonst (etwa wegen einer erheblichen Kontoüberziehung1045) nicht mit einer Kündigung rechnen, so bedarf die Kündigung einer Ankündigung durch das Kreditinstitut, sodass dem Kreditnehmer eine angemessene Frist zur Umstellung seiner Finanzierung gewährt wird.1046 6. Unwirksamkeit 267

a) Darlehensverträge ohne Erlaubnis. Wie beim Einlagengeschäft (oben Vierter Teil Rn 57–59) ist auch beim Darlehensvertrag fraglich, welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen die Erlaubnispflicht des § 32 KWG zeitigt. Die Erlaubnispflicht für gewerbliche Darlehensgeschäfte richtet sich nur gegen das Kreditinstitut, nicht aber gegen den Darlehensnehmer. Dementsprechend führen Verstöße gegen § 32 KWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG auf Seiten des Kreditinstituts nicht nach § 134 BGB zur Nichtigkeit der von diesem ausgereichten Darlehensverträge; der Darlehensnehmer kann trotz des Verstoßes Überlassung und Belassung der Valuta verlangen.1047 Eine Nichtigkeit des Darlehensvertrags wäre dem Schutz des Darlehensnehmers nicht dienlich, da dieser jedenfalls nach Valutierung von einer möglicherweise riskanten Geschäftsführung des Kreditinstituts nicht berührt wird. Da § 32 KWG nach zutreffender und heute herrschender Ansicht nicht nur für den Einleger (oben Vierter Teil Rn 59), sondern auch für den Darlehensnehmer individualschützende Wirkung entfaltet, handelt es sich um ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB.1048

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1040 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 334. 1041 Zur Leitbildfunktion der 3-Monats-Frist BGHZ 125, 343 (349); vgl. insoweit Köndgen NJW 2000, 468 (475); Obermüller ZInsO 2002, 97 (98); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 240. 1042 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (163); T. Möllers S. 19. 1043 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 335. 1044 Staudinger/Mülbert 2015 § 488 Rn 335. 1045 OLG Schleswig WM 2011, 460 (461). 1046 Hopt ZHR 143 (1979), 139 (163); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 238; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Thessinga3 BankR IV Rn 156. 1047 Die vielfach zitierte Entscheidung BGHZ 59, 1 trifft hierzu keine Aussage; ausdrücklich zur Nichtigkeitsfolge aber BGHZ 76, 119 (126); BGHZ 152, 307 (315); BGH WM 2011, 1168 (1170); vgl. auch BVerwG BKR 2011, 208 (211); Hess VGH WM 2009, 1889 (1893); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1174, 1286; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 121; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96; mit Verweis auf den abschließenden Charakter des § 3 KWG Simon S. 79; aA OLG Stuttgart NJW 1980, 1798 (1800); VG Frankfurt/M. ZIP 2010, 1337; Mai ZBB 2010, 222 (224, 231); Mai BKR 2011, 199 (204 ff.). 1048 BGH ZIP 2006, 1761 (1764); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer/Müller5 § 32 Rn 31; Schwennicke/ Auerbach/Schwennicke3 § 32 Rn 93 mwN; aA Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1174; wohl auch Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 121.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

b) Verbotene Darlehensverträge. Einige wirtschafts- und aufsichtsrechtliche Regeln be- 268 zwecken gerade die Nichtigkeit verbotswidriger Darlehensverträge nach § 134 BGB. Das gilt etwa für bestimmte Vorschriften in Verordnungen der EU über Finanzsanktionen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus.1049 Weiter besteht in der Literatur Einigkeit darüber, dass das – praktisch bedeutungslose – Verbot von Einlagen- und Kreditgeschäften in „Tauschringen“ nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG (oben Vierter Teil Rn 61) ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB darstellt.1050 Das Verbot des § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG richtet sich an alle Teilnehmer des „Tauschrings“ gleichermaßen, so dass der verbotswidrige Vertrag insgesamt nichtig ist.1051 Dagegen führen Verstöße gegen bestimmte inländische Devisenvorschriften und die Regeln des AWG zur schwebenden Unwirksamkeit des Geschäfts, das durch eine Genehmigung der Bundesbank wirksam werden kann.1052 Nicht zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führen Verstöße gegen die Anzeigepflicht für Groß- 269 kredite in § 13 KWG. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 2 S. 1 KWG („unbeschadet der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts“).1053 Ebenfalls kein Verbotsgesetz beinhaltet die Anzeigepflicht für Millionenkredite in § 14 KWG.1054 Denn § 14 KWG zielt darauf ab, der Aufsicht einen Einblick in die Risikostruktur der Kreditinstitute zu ermöglichen, um diese auf etwaige Risikohäufungen aufmerksam machen zu können (§ 14 Abs. 2 KWG), nicht aber darauf, Millionenkredite gänzlich zu verhindern.1055 Auch Verstöße gegen das Verbot von Organkrediten in § 15 KWG führen nicht zur Nichtigkeit entsprechender Darlehensverträge.1056 Die Regelung des § 15 Abs. 5 KWG, wonach entsprechende Darlehen bei fehlender Zustimmung der zuständigen Organe sofort zurückzuzahlen sind, geht vielmehr davon aus, dass der Darlehensvertrag grundsätzlich wirksam ist, der Rückzahlungsanspruch aber sofort fällig gestellt werden kann.1057 Das Gesetz will dem Kreditinstitut – wie der Genehmigungsvorbehalt zeigt – die Vorteile aus dem abgeschlossenen Darlehensvertrag grundsätzlich erhalten, es zugleich aber durch die vorzeitige Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs vor den Risiken des Geschäfts bewahren.1058 Auch ein Darlehensvertrag, der entgegen einem Verbot der Aufsichtsbehörde nach § 46 KWG geschlossen wurde, ist nicht nach § 134 BGB nichtig.1059 § 46 KWG enthält nämlich selbst kein Verbot bestimmter Geschäfte, sondern nur eine Ermächtigung der Aufsichtsbehörde, entsprechende Ver-

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1049 Z.B. Art. 2 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, ABl. EG Nr. L 344 vom 28.12.2011, S. 70; Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001, ABl. EG Nr. L 139 vom 29.5.2002, S. 9; vgl. Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 126. 1050 OLG Stuttgart NJW 1980, 1798 (1800); Lünterbusch S. 98 ff., 130; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1287; Boos/ Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 30; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke3 § 3 Rn 20; MünchKommBGB/ Berger8 § 488 Rn 96; Palandt/Ellenberger78 § 134 Rn 20. 1051 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer5 § 3 Rn 30; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96. 1052 BGH NJW 1977, 2030 (2031 f.); BGH NJW 1995, 318 (320); aA (Nichtigkeit nach § 134 BGB) MünchKommBGB/ Berger8 § 488 Rn 92. 1053 WM 1978, 785 (786 f.); Lünterbusch S. 229 ff.; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1288. 1054 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96. 1055 BT-Drucks. 10/1440 S. 42; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Groß5 § 14 Rn 1; Schwennicke/Auerbach/Auerbach/ Adelt3 § 14 Rn 2. 1056 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1289; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 122; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96; Schwennicke/Auerbach/Auerbach/Adelt3 § 15 Rn 82. 1057 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1289; Schwennicke/Auerbach/Auerbach/Adelt3 § 15 Rn 82; Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 122; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96; aA Lünterbusch S. 296 ff. 1058 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1289. 1059 BGH NJW 1990, 1356; Lünterbusch S. 177; Boos/Fischer/Schulte/Lindemann5 § 46 Rn 74; Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 122; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 96.

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waltungsakte zu erlassen.1060 Diese aber richten sich, unter der Sanktionsdrohung des § 56 Abs. 2 Nr. 3 lit. n KWG, nur an das Kreditinstitut, nicht gegen die Vornahme des Darlehensgeschäfts als solche.1061 Wie beim unerlaubten Darlehensgeschäft entgegen § 32 KWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KWG (oben Vierter Teil Rn 267) gebietet auch hier der Schutz des Darlehensnehmers keine Nichtigkeit des Vertrags. Wenn allerdings auch der Darlehensnehmer von dem Verstoß gegen § 46 KWG weiß, kann der Darlehensvertrag nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein.1062 Keine gesetzlichen Verbote i.S.v. § 134 BGB sind schließlich auch die §§ 4, 6 BSpkG über zulässige Geschäfte der Bausparkassen und Zweckbindung der Bausparmittel.1063 Auch diese Vorschriften wenden sich allein an das Kreditinstitut und werden mit aufsichtsrechtlichen Mitteln durchgesetzt. Der Schutz des Darlehensnehmers verlangt folglich keine Nichtigkeit des Darlehensvertrags.1064 Schließt eine Kommune einen Vertrag über ein strukturiertes Darlehen ab (etwa mit Bindung des Zinssatzes an einen Wechselkurs), ist hierin grundsätzlich keine Überschreitung ihres durch Art. 28 Abs. 2 GG gesetzlich zugewiesenen Wirkungskreises zu sehen, weshalb der Darlehensvertrag wirksam ist.1065 Ob ein solches Darlehensgeschäft gegen ein kommunalrechtliches Spekulationsverbot verstößt, ist im Einzelfall durch Auslegung des anwendbaren Gemeinderechts zu ermitteln.1066 Verstöße gegen kommunalrechtliche Spekulationsverbote führen aber grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des Geschäfts nach § 134 BGB, weil sie sich nur an die Gemeinde als Darlehensnehmer richten.1067 In der rechtlichen Beratung eines Kunden durch das Kreditinstitut kann im Einzelfall ein 270 Verstoß gegen § 3 RDG liegen. Da es sich um ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB handelt, hat ein solcher Verstoß grundsätzlich die Nichtigkeit des Darlehensvertrags zur Folge.1068 Insoweit sind allerdings die Tatbestandsvoraussetzungen und Ausnahmetatbestände des RDG umfassend zu prüfen. Denn nach § 5 Abs. 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zu Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören, etwa als Beratung zu möglichen Kreditsicherungsmitteln oder zur wirksamen Bestellung von Grundpfandrechten.1069 Im Übrigen setzt ein Verstoß gegen § 3 RDG voraus, dass der Darlehensvertrag in einem derart engen Zusammenhang mit einer gegen das RDG verstoßenden Tätigkeit steht, dass das Verbot dieser Tätigkeit auch den Darlehensvertrag erfasst. Dafür ist erforderlich, dass eine der Parteien des Darlehensvertrags in einer Weise mit dem Rechtsbesorger zusammenarbeitet, dass ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung angesehen werden muss.1070 Dass ein Darlehensvertrag unter Vermittlung eines gegen das RDG verstoßenden Rechtsbesorgers zustande kommt (vgl. oben Vierter Teil Rn 163), genügt nicht, um einen Verstoß gegen das RDG auch durch das Kreditinstitut anzunehmen.1071 Eine Besonderheit stellen die Fälle der sogenannten „Unfallhilfedarlehen“ dar. Hier wirkt das Kreditinstitut dergestalt mit anderen Beteiligten bei der Unfallabwicklung (Rechtsanwälte, Mietwagen- oder Reparaturunternehmen) zusammen, dass die Gewährung eines Darlehens an das Unfallopfer zur Vorfi-

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1060 BGH NJW 1990, 1356 f. 1061 BGH NJW 1990, 1356 (1357); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 122. 1062 BGH NJW 1990, 1356 (1357); Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Herweg3 § 46 Rn 72. 1063 BGH WM 1989, 706; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 123; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 92. 1064 BGH WM 1989, 706 (707). 1065 BGH WM 2015, 1273 (1280); BGH WM 2018, 268 (271). 1066 BGH WM 2015, 1273 (1280); BGH WM 2018, 268 (271), ablehnend für das nordrhein-westfäische Gemeinderecht; ausdrückliche Spekulationsverbote enthalten bspw. § 53 Abs. 2 S. 2 ThürKO und § 72 Abs. 2 S. 2 SächsGemO. 1067 So ausdrücklich LG Düsseldorf 2013, 166 (171); aA MünchKommBGB/Armbrüster8 § 134 Rn 117. 1068 Zum Verbotsgesetzcharakter des § 3 RDG Sauer RNotZ 2009, 79 (95); Grunewald/Römermann/Grunewald § 3 RDG Rn 5; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 93. 1069 Kleine-Cosack RDG3, § 5 Rn 171 f.; Krenzler/Krenzler2 § 5 Rn 52; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 93. 1070 Zum RBerG a.F. BGH NJW-RR 2003, 1203 (1205); BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 67. 1071 Zum RBerG a.F. BGH NJW-RR 2003, 1203 (1205).

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nanzierung von Schadensersatzansprüchen wirtschaftliches Teilstück eines Verfahrens zur Entlastung von der Schadensabwicklung einschließlich der Besorgung damit verbundener Rechtsdienstleitungen ist.1072 Die Bewertung derartiger Konstellationen ist letztlich eine Einzelfallfrage. So ist ein Verstoß auch des Kreditinstituts und damit eine Nichtigkeit des Darlehensvertrags jedenfalls dann anzunehmen, wenn bereits im „Kreditantrag“ die Regulierung sämtlicher Schadensersatzansprüche durch das Kreditinstitut übernommen und ein Rechtsanwalt bestellt wird, der in der Folge nur noch mit dem Kreditinstitut korrespondiert.1073 Dagegen begründet die bloße Vorfinanzierung erwarteter Entschädigungsleistungen durch das Kreditinstitut noch keinen Verstoß gegen das RDG.1074 c) Sittenwidrige Darlehensverträge. Von großer praktischer Bedeutung für den Darle- 271 hensvertrag ist das Verbot sittenwidriger und wucherischer Geschäfte nach § 138 BGB. Dabei stellt der Wuchertatbestand nach Abs. 2 einen Sonderfall des Tatbestands der Sittenwidrigkeit nach Abs. 1 dar.1075 Zugleich entfaltet Abs. 2 aber keine Sperrwirkung zulasten der Generalklausel in Abs. 1, so dass letztere auch dann angewandt werden kann, wenn zwar die Tatbestandsmerkmale des Wuchers nicht erfüllt sind, aber ein wucherähnliches Geschäft vorliegt.1076 Da die Rechtsprechung des BGH an den subjektiven Tatbestand des Wuchers sehr strenge Anforderungen – auch im Rahmen der Beweislast – stellt, hat das wucherähnliche Geschäft den engeren Wuchertatbestand in der Praxis weitgehend verdrängt.1077 Allerdings gibt der Wuchertatbestand als Konkretisierung der Generalklausel in Abs. 1 auf objektiver wie auf subjektiver Seite die Leitlinien für die Feststellung eines wucherähnlichen Geschäfts vor (unten Vierter Teil Rn 272– 280).1078 Über den Tatbestand des wucherähnlichen Geschäfts hinaus kann § 138 Abs. 1 BGB die Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags auch dann begründen, wenn dieser mithaftende Personen finanziell krass überfordert (unten Vierter Teil Rn 280 und Vierter Teil Rn 975–978), Dritte schädigt (unten Vierter Teil Rn 282–284) oder verbotenen Zwecken dient (unten Vierter Teil Rn 285). Zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind die konkreten Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts maßgeblich.1079 aa) Die objektiven Voraussetzungen von wucherischem und wucherähnlichem Ge- 272 schäft sind für das Darlehensgeschäft weitgehend einheitlich zu beurteilen.1080 Vorausgesetzt wird in beiden Tatbeständen ein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung des Kreditinstituts und der Gegenleistung des Darlehensnehmers. Allerdings wäre die gesetzgeberische Festlegung eines bestimmten Äquivalenzverhältnisses einer marktwirtschaftlichen Ordnung

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1072 Vgl. BGHZ 47, 364 (366 ff.); BGHZ 61, 317 (319 ff.); BGH WM 1974, 190 (191); BGH NJW 1977, 38 (39 f.); BGH NJW 2003, 1938; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 128; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 93. 1073 Zum RBerG a.F. BGH NJW 1974, 50 (52) (insoweit nicht in BGHZ 61, 317 abgedruckt); BGH NJW 1977, 38 (39); BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 67; Deckenbrock/Henssler4, RDG, § 5 Rn 55. 1074 Zum RBerG a.F. BGHZ 61, 317 (325); OLG München VersR 1977, 234; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 128; differenzierend BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 67. 1075 BGH NJW 2003, 1860 (1861); MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 140; Palandt/Ellenberger78 § 138 Rn 65. 1076 Ähnlich bereits BGH NJW 1951, 397; grundlegend dann BGH NJW 1979, 805 und seitdem st. Rspr., vgl. nur BGH NJW 1987, 183; BGHZ 146, 298 (301); BGH NJW 2003, 1860 (1862); BGHZ 160, 8 (14); BGH NJW 2010, 363; Kohte NJW 1985, 2217 (2220); Mülbert JZ 1992, 289 (291 ff.); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 11; MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 118 ff.; kritisch Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1303. 1077 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 11; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 306 ff.; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 133; MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 142. 1078 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 11; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 306 ff.; zum Verhältnis von § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB vgl. auch BGH WM 1981, 404 f. 1079 St. Rspr., BGHZ 146, 298; BGH WM 2018, 268 (270); BGH ZIP 2001, 747. 1080 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 133; MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 113; vgl. zudem für die Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses BGH NJW-RR 2000, 1431 (1432).

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fremd; Maßstab für die Bewertung eines rechtsgeschäftlichen Äquivalenzverhältnisses kann nur die Verkehrsüblichkeit sein.1081 Dementsprechend ist das auffällige Missverhältnis im Rahmen des § 138 BGB durch einen Vergleich mit marktüblichen Konditionen festzustellen.1082 In diesem Vergleich ist zunächst der effektive Vertragszins dem effektiven Marktzins gegenüberzustellen.1083 (1) Der effektive Vertragszins umfasst, auf ein Jahr bezogen, sämtliche Kosten, die dem Darlehensnehmer für die Beschaffung und Überlassung der Valuta auferlegt werden.1084 Ob es sich dabei um Zinsen im Rechtssinne handelt, ist unerheblich.1085 Einzubeziehen sind neben den nominellen Zinsen1086 auch Antrags- und Bearbeitungsgebühren und andere laufzeitunabhängige Kosten1087 sowie, unabhängig von dessen Zinscharakter (oben Vierter Teil Rn 192), ein vereinbartes Disagio1088. Parallel hierzu ist der effektive Marktzins als auf dem Kreditmarkt zu zahlender Durchschnittszins (unten Vierter Teil Rn 276) zu berechnen. Jedenfalls beim Verbraucherkredit sind in die Berechnung des effektiven Vertragszinses, 274 anders als bei der Berechnung des marktüblichen Effektivzinses, regelmäßig auch alle Kosten für die Kreditvermittlung einzubeziehen.1089 Denn die Einschaltung eines Kreditvermittlers liegt hier im Allgemeinen im weitaus überwiegenden Interesse des Kreditinstituts, das sich organisatorischen und finanziellen Aufwand erspart, während für den Darlehensnehmer die Dienste des Vermittlers vielfach nicht als eine gesonderte Leistung in Erscheinung treten.1090 Das gilt unabhängig davon, ob die Vermittlungskosten gesondert ausgewiesen oder als Teil der eigenen Gebühren des Kreditinstituts gefordert werden (so genanntes „packing“).1091 Anders ist dies aber zu beurteilen, wenn die Vermittlung des Darlehens ausnahmsweise weniger im Interesse des Kreditinstituts als vielmehr im Interesse des Darlehensnehmers lag.1092 In diesen Fällen greift die Wertung der §§ 653 BGB, 354 HGB, und es ist davon auszugehen, dass der Darlehensnehmer mit den Vermittlungskosten eine in seinem Interesse erbrachte Leistung entgolten hat.1093 Das dürfte bei einem Unternehmenskredit oftmals der Fall sein.1094 Insoweit ist es grundsätzlich denkbar, die Vermittlungskosten schlicht nicht auf den effektiven Vertragszins anzurechnen.1095 Sinnvoller scheint es aber, die Vermittlungskosten hier zwar in den effektiven Vertragszins mit einzubeziehen, zugleich aber übliche Vermittlungskosten auch bei der Berech273

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1081 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1295. 1082 BGH WM 1975, 889 (890); BGH NJW 1979, 2089 (2090 f.); BGH NJW 1980, 2076 (2077); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1295; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 136; zum diesbezüglichen Gleichlauf mit dem strafrechtlichen Wuchertatbestand des § 302a StGB Kindhäuser NStZ 1994, 105 (107 f.). 1083 BGHZ 104, 102 (104); BGH NJW 1990, 1599 (1600); BGH NJW-RR 1991, 501 (502); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 13; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 216. 1084 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 14. 1085 BGH NJW 1979, 2089 (2090); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1299; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 107. 1086 BGH NJW 1980, 445 (446); BGHZ 80, 153 (166); BGHZ 98, 174 (176); BGH NJW 1990, 1169. 1087 BGH NJW 1979, 805; BGH NJW 1979, 2089 (2090); BGHZ 80, 153 (165 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 107. 1088 BGH WM 1956, 459 (460); Grützbach BB 1964, 1367 (1368); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 17; MünchKommBGB/ Berger8 § 488 Rn 107. 1089 BGHZ 80, 153 (167); BGH NJW 1987, 181 f.; BGHZ 104, 102 (104); BGH NJW 1991, 1810 (1811); BankR-HdB/ Pamp5 § 82 Rn 18; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 107. 1090 BGHZ 80, 153 (167); BGH NJW 1987, 181 f.; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 255. 1091 BGH NJW 1983, 2692; BGH NJW 1986, 376; BGH NJW 1987, 181; Löwe NJW 1980, 2078 (2079); v. Olshausen NJW 1982, 909 (912); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1300a; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 18. 1092 BGH NJW 1987, 181 f.; BGH NJW-RR 1989, 303; OLG Köln WM 2003, 1119; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 255 mwN. 1093 Vgl. Canaris ZIP 1980, 709 (714); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1300. 1094 BGH NJW 1981, 1810 (1811): nur ausnahmsweise Anrechnung auf den effektiven Vertragszins. 1095 So OLG Köln WM 2003, 1119.

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nung des effektiven Marktzinses zu berücksichtigen.1096 Denn die Vermittlung liegt jedenfalls nur insoweit im Interesse des Darlehensnehmers, wie sie für einen marktüblichen Lohn (vgl. §§ 653 Abs. 2, 354 Abs. 1 a.E. HGB) erbracht wird. Die Kosten einer Restschuldversicherung sind regelmäßig nicht für die Begründung eines 275 auffälligen Missverhältnisses maßgeblich, weil die Vorteile einer solchen Versicherung beiden Vertragsparteien gleichermaßen zugutekommen.1097 Daher bringt der BGH die Versicherungskosten weder bei der Berechnung des effektiven Vertragszinses noch bei der Berechnung des marktüblichen Vergleichszinses in Ansatz.1098 Wenn allerdings das Kreditinstitut die Versicherungsprämie für den Darlehensnehmer verauslagt und ihm dafür höhere Kredit- und Bearbeitungsgebühren berechnet als für das Hauptdarlehen, dann soll nach der Rechtsprechung des BGH der überschießende Teil dieser Gebühren im Äquivalenzvergleich zu Lasten der Bank berücksichtigt werden.1099 Das ist im Ansatz richtig, in der Durchführung jedoch wenig konsistent. Überzeugender ist es, entsprechend den Kosten der Kreditvermittlung (oben Vierter Teil Rn 274), die tatsächlichen Kosten der Restschuldversicherung als Teil des effektiven Vertragszinses und die marktüblichen Kosten einer vergleichbaren Versicherung als Teil des marktüblichen Vergleichszinses in Ansatz zu bringen.1100 So kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in der Praxis des Kreditgeschäfts Kreditinstitute oftmals eng mit Restschuldversicherern zusammenarbeiten und damit einen Konditionenwettbewerb unter den Versicherungsanbietern weitgehend ausschalten.1101 Für dieses Vorgehen spricht aber auch eine weitere systematische Erwägung: Jedenfalls dann, wenn der Abschluss einer Restschuldversicherung durch das Kreditinstitut zur Bedingung der Darlehensgewährung an einen Verbraucher gemacht wird, sind die Versicherungskosten, wie sich im Wege des Umkehrschlusses aus § 6 Abs. 3 Nr. 4 PAngV ergibt, ohnehin in die Berechnung des anzugebenden Effektivzinses einzubeziehen (unten Vierter Teil Rn 612).1102 Berücksichtigt man die Kosten der Restschuldversicherung auf beiden Seiten des Äquivalenzvergleichs, so müssen die zwingenden Versicherungskosten beim Verbraucherdarlehen nicht entgegen dieser Vorgabe aus dem effektiven Vertragszins wieder herausgerechnet werden.1103 (2) Als Vergleichsmaßstab für den Äquivalenzvergleich im Rahmen des § 138 Abs. 1, Abs. 2 276 BGB ist der effektive Marktzins anzusetzen. Maßgeblich ist dabei der Markt für Darlehen mit vergleichbarer Höhe, Laufzeit und Besicherung.1104 Ebenso ist die Art der Rückzahlung (z.B. Kontokorrent- oder Ratenkredit) zu berücksichtigen.1105 Zur Feststellung des relevanten Marktzinses hat sich die Rechtsprechung früher auf die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Durchschnittszinssätze (Schwerpunktzinsen) gestützt.1106 Diese können heute aber nicht mehr herangezogen werden, weil sie nach Einführung des Euro 2003 durch die EWU-

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1096 BGH NJW-RR 1989, 303. 1097 BGHZ 80, 153 (168); BGHZ 99, 333 (336); BGH NJW 1989, 584; BGH NJW 1990, 2807; BGH NJW-RR 2012, 416; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 20; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 107; kritisch Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 134. 1098 BGHZ 99, 333 (336); BGH NJW 1988, 1661 (1662); BGH NJW 1990, 1597 (1599); BGH WM 2012, 30 (31 f.). 1099 BGH NJW-RR 1988, 363 (365); zur Berücksichtigung bei verbundenen Verträgen BGH NJW 2010, 531 (532); BGH WM 2012, 30 (33). 1100 Diese Möglichkeit offen lassend BGHZ 80, 153 (169 f.); ausdrücklich dagegen aber BGHZ 99, 333 (336); BGH WM 2012, 30 (32). 1101 Reifner WM 2008, 2329 (2339); Reifner BKR 2009, 51 (56 ff.); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 134. 1102 Zu den Voraussetzungen vgl. BGHZ 184, 1 (7); Reifner BKR 2009, 51 (55 f.). 1103 So aber BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 20. 1104 BGH WM 1975, 889 (890); BGH NJW 1979, 2089 f.; BGH NJW 1980, 2076 (2077); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 136. 1105 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1297; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 258 ff. 1106 BGH NJW 1983, 1420 (1421); BGHZ 98, 174 (176); BGH NJW-RR 1990, 1199; BGHZ 128, 255 (256 f.); Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 252 mwN.

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Zinsstatistik ersetzt worden sind, zu der die Mitgliedstaaten aufgrund einer einheitlichen Methodik Beiträge liefern.1107 Die EWU-Zinsstatistik unterscheidet sich in Datengrundlage und Erhebungsverfahren erheblich von den vormals durch die Bundesbank festgestellten Schwerpunktzinsen, da sonstige Darlehenskosten wie Bearbeitungsgebühren nicht berücksichtigt und zugleich großvolumige und niedrig verzinste Darlehen stärker gewichtet werden.1108 Die Durchschnittszinssätze nach EWU-Statistik liegen daher im Mittel deutlich niedriger als die vormals von der Bundesbank erhobenen Schwerpunktzinsen. Auf dieser Grundlage wird vielfach vertreten, dass die Durchschnittszinssätze der EWU-Zinsstatistik nicht ohne Modifikationen zur Bestimmung des marktüblichen Effektivzinses herangezogen werden könnten.1109 So wird zumeist angenommen, dass dem Marktzins nach EWU-Zinsstatistik jedenfalls die marktüblichen Bearbeitungsgebühren hinzuzurechnen seien.1110 Teilweise wird darüber hinaus eine pauschalierende rechnerische Modifikation des aus der EWU-Statistik ermittelten Durchschnittszinssatzes oder aber die Ermittlung des Marktzinssatzes durch Sachverständigengutachten vorgeschlagen.1111 Die Praktikabilität eines solchen Vorgehens scheint aber sehr zweifelhaft, weil es hierfür an einer verlässlichen öffentlich zugänglichen Datengrundlage fehlt. Eine solche kann heute nur der deutsche Beitrag zur EWU-Zinsstatistik bieten, der im Übrigen gerade angesichts seiner breiten Erhebungsbasis ein realistisches Bild der wichtigsten Segmente des deutschen Kreditmarkts zeichnen dürfte.1112 Richtigerweise müssen in die nach der EWU-Statistik ermittelten Marktzinsen aber auch Bearbeitungsgebühren und sonstige Kosten des Darlehens einberechnet werden, da diese ja auch als Teil des effektiven Vertragszinses berücksichtigt werden. Diese Einberechnung kann auf Grundlage der nach § 6 PAngV zulässigen Berechnungsmethoden erfolgen.1113 277

(3) Wird der effektive Vertragszins dem effektivem Marktzins gegenübergestellt, so ist der objektive Tatbestand des Wuchers oder wucherähnlichen Geschäfts dann erfüllt, wenn beide Werte zueinander in einem auffälligen Missverhältnis stehen. Für die Gegenüberstellung sind die beiden Vergleichswerte nach einer Methode zu berechnen, die den Anforderungen des § 6 PAngV genügt.1114 Nach der Anlage zu § 6 PAngV ist dies nunmehr die so genannte AIBDMethode (nach der Association of International Bond Dealers), die eine taggenaue Zinsberechnung auf 365-Tage-Basis unter Berücksichtigung laufender Zinskapitalisierung erlaubt.1115 Auf dieser Grundlage kann zwischen effektivem Markt- und Vertragszins eine Differenz bestehen, die sich als relative und als absolute Zinsdifferenz beziffern lässt.1116 Ein auffälliges Missverhältnis zwischen effektivem Markt- und Vertragszins liegt nach der Rechtsprechung regelmäßig

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1107 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 24; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 108. 1108 Hartmann-Wendels/Spörk ZBB 2008, 106 (113 ff.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 108. 1109 OLG Zweibrücken Beschl. v. 10.5. 2010 – Az. 7 U 84/09, Rn 6 (zitiert nach juris); LG Bonn BKR 2008, 78 (81 f.); Schulte-Mattler WM 2007, 1865 f.; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 24; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 136; aA OLG Schleswig WM 2010, 1074 (1076); OLG Brandenburg Urt. v. 14.7.2010 – Az. 4 U 141/09, Rn 62 (zitiert nach juris). 1110 Dazu ausdrücklich OLG Zweibrücken Beschl. v. 10.5.2010 – Az. 7 U 84/09, Rn 6 (zitiert nach juris); LG Bonn BKR 2008, 78 (81 f.). 1111 Für pauschale Aufschläge auf den EWU-Zinssatz Hartmann-Wendels/Spörk ZBB 2008, 106 (117 f.); für Einholung eines Sachverständigengutachtens BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 24; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 136; für Einholung einer Auskunft der Bundesbank MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 108; offen gelassen in OLG Zweibrücken, Beschluss v. 10.5.2010, Az. 7 U 84/08, Rn 6 (zitiert nach juris). 1112 LG Bonn BKR 2008, 78 (81). 1113 LG Bonn BKR 2008, 78 (82); Schulte-Mattler WM 2007, 1865 (1869 f.); Hartmann-Wendels/Spörk ZBB 2008, 106 (116 f.). 1114 So bereits die Rspr. des BGH zu langfristigen Darlehen, vgl. BGH NJW 1987, 2220 (2221; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 27; eingehend zur Berechnung Hartmann-Wendels/Spörk ZBB 2008, 106 ff. 1115 Richtlinie 98/7/EG zur Änderung der RL 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 16.2.1998, ABl. EG Nr. L 101, S. 17; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 111; vgl. auch Völker Preisangabenrecht², § 6 PAngV Rn 45 sowie Anhang 3.1. 1116 Mit grundlegender Erläuterung Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 254.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

dann vor, wenn zwischen den beiden Werten eine relative Zinsdifferenz von etwa 100% besteht, der effektive Vertragszins also doppelt so hoch ist wie der effektive Marktzins.1117 Dieser Wert bildet jedoch keine starre und trennscharfe Grenze für die Bemessung eines noch zulässigen Zinssatzes. Der Gedanke einer objektiv feststellbaren laesio enormis ist dem BGB fremd; die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts kann immer nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festgestellt werden.1118 So kann eine relative Zinsdifferenz von bis zu 110% hinnehmbar sein, wenn etwa ein langfristiges Darlehen ohne Zinsanpassungsklausel während einer Niedrigzinsphase gewährt wird.1119 Umgekehrt kann bereits eine niedrigere Zinsdifferenz, etwa eine relative Differenz im Bereich zwischen 90 und 100%, das Verdikt der Sittenwidrigkeit begründen, wenn weitere belastende, von den marktüblichen Konditionen abweichende Kreditbedingungen vereinbart wurden (unten Vierter Teil Rn 278).1120 Bei einer relativen Zinsdifferenz von weniger als 90% ist ein auffälliges Missverhältnis regelmäßig zu verneinen,1121 aber auch insoweit lässt sich keine allgemeingültige Aussage treffen. Vergleichbare Grundsätze gelten für die Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen effektivem Vertrags- und Marktzins auf der Grundlage der absoluten Zinsdifferenz. Die Rechtsprechung nimmt ein auffälliges Missverhältnis regelmäßig auch dann an, wenn zwischen den beiden Werten eine absolute Zinsdifferenz von mehr als 12 Prozentpunkten besteht.1122 Auch bei dieser Grenze handelt es sich um einen Richtwert, der für die Feststellung der Sittenwidrigkeit der Zinskonditionen nur Indizwirkung haben kann.1123 Nach Gegenüberstellung von effektivem Vertrags- und Marktzins ist die Sittenwidrigkeit des 278 Darlehens durch eine umfassende Gesamtwürdigung festzustellen. Dabei kommt dem Zinsvergleich das größte Gewicht zu.1124 Hiervon ausgehend gilt: Je weiter die Richtwerte der relativen wie der absoluten Zinsdifferenz überschritten werden, desto weniger kommt es auf die sonstigen Umstände und Bedingungen des Darlehensgeschäfts an.1125 Werden umgekehrt die Richtwerte nur knapp über- oder gar unterschritten, dann kommt einer Belastung durch weitere Darlehensbedingungen größere Bedeutung zu.1126 Entscheidend ist die faktische Belastung des Darlehensnehmers durch die Gesamtwirkung der Vertragskonditionen; auf die AGBrechtliche Wirksamkeit einzelner Klauseln kommt es nicht an.1127 Dabei kann etwa die Höhe einer vertraglich vereinbarten Vorfälligkeitsgebühr zu berücksichtigen sein, weil diese die Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers faktisch einschränkt.1128 Gleiches gilt für pauschalierte Bearbeitungsgebühren, die im Fall einer Kündigung durch das Kreditinstitut geltend gemacht werden können.1129 Als belastende Klauseln im Rahmen der Gesamtwürdigung sind

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1117 BGHZ 104, 102 (105); BGH NJW 1988, 1661; BGH NJW 1990, 1295 (1296); BGHZ 110, 336 (338); OLG Brandenburg BB 1999, 655 f.; Fischer/Klanten/Kern4 Rn 9.248. 1118 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1298; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 114; vgl. auch BGH NJW-RR 2012, 416 (418). 1119 BGH NJW 1990, 1169 (1170); BGH NJW 1991, 834 (835). 1120 BGH NJW 1982, 2433 (2435); BGHZ 104, 102 (105); BGH NJW 1988, 696; BGHZ 110, 336 (338); Staudinger/ Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 254. 1121 BGH NJW 1987, 2220 (2221): 65,13%; BGHZ 99, 333 (334 f.): 80,5%; NJW 1988, 696 (697): 47%; BGHZ 104, 102 (105): 83,72%; NJW 1989, 829: 87,6%; NJW-RR 1989, 1320: 76,95%; BGHZ 110, 336 (338): 76,08%. 1122 BGHZ 104, 102 (105); BGHZ 110, 336 (340); BGH NJW-RR 1991, 501 (502); BGH NJW 1995, 1019 (1022); Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 254. 1123 BGHZ 110, 336 (340); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 29. 1124 BGHZ 104, 102 (104); BGH NJW-RR 1991, 501 (502); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 49. 1125 BGH NJW 1986, 2564 (2565); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 49. 1126 MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 114. 1127 BGH NJW 1979, 2092 (2093); BGHZ 80, 153 (172); BGHZ 136, 347 (354 f.); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 31; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 114 Fn 511; aA Löwe NJW 1980, 2078 (2079). 1128 BGH NJW 1986, 2568 (2569); BGH NJW 1988, 696 (697); Wenzel WM 1995, 1433 (1438); Rösler DStR 1998, 1193; Schmelz Verbraucherkredit Rn 296. 1129 BGH NJW 1980, 2076 (2077); BGH NJW 1987, 2220 (2222).

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auch für den Darlehensnehmer ungünstige Verzugsfolgenregelungen zu berücksichtigen, wie beispielsweise eine Vorfälligkeitsklausel, die zur sofortigen Fälligkeit der Restschuld im Verzugsfall führt, oder pauschalierende Schadensberechnungsklauseln für den Verzugsfall.1130 Derartigen Regelungen kann im Rahmen der Gesamtwürdigung erhöhtes Gewicht zukommen, wenn nach der bisherigen Kreditgeschichte des Darlehensnehmers der Eintritt des Verzugsfalls schon bei Vertragsschluss naheliegt.1131 Als belastend für den Darlehensnehmer können sich überdies auch Inkasso- und Rechtsverfolgungspauschalen für den Fall einer gerichtlichen Rechtsverfolgung durch das Kreditinstitut erweisen.1132 Schließlich kann eine Belastung des Darlehensnehmers sich auch aus der inhaltlichen oder äußerlichen Unübersichtlichkeit der Vertragsbedingungen ergeben.1133 Enthalten Darlehen spekulative Elemente, so ist Sittenwidrigkeit zu bejahen, wenn der Darlehensnehmer hinsichtlich des spekulativen Teils von Beginn an chancenlos gestellt ist.1134 bb) Das wucherische wie auch das wucherähnliche Darlehen setzen auf der Seite des Kreditinstituts ein subjektives Element voraus. Dabei sind die Anforderungen des wucherischen Darlehens nach § 138 Abs. 2 BGB deutlich strenger. Vorausgesetzt wird hier, dass das Kreditinstitut beim Vertragsschluss die Zwangslage, die Unerfahrenheit, den Mangel an Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche des Darlehensnehmers oder eines Dritten ausbeutet. Es geht damit um die Ausnutzung einer unterlegenen Verhandlungsposition des Darlehensnehmers, welche die Richtigkeitsgewähr des vertraglichen Aushandlungsmechanismus entfallen lässt. Praktisch am bedeutsamsten ist das Merkmal der Zwangslage, die dann anzunehmen ist, wenn sich der Darlehensnehmer in einer Geldnot befindet, die seine wirtschaftliche Existenz gefährdet, oder Umstände anderer Art vorliegen, durch die für den Betroffenen ein dringendes Bedürfnis nach einer Geld- oder Sachleistung besteht.1135 Das Kreditinstitut beutet die unterlegene Verhandlungsposition des Darlehensnehmers aus, wenn es sie sich in Kenntnis des auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung bewusst und in verwerflicher Weise zunutze macht.1136 Das dürfte aber nur selten beweisbar sein, weil der Darlehensnehmer insoweit die volle Beweislast trägt.1137 Das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB wird jedoch zugunsten des Darlehensnehmers widerlegbar vermutet, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zwischen Leistung und Gegenleistung nicht nur ein auffälliges, sondern ein besonders grobes Missverhältnis besteht.1138 Die subjektiven Voraussetzungen des wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB 280 sind gegeben, wenn das Kreditinstitut erkennt oder leichtfertig verkennt, dass sich der Darle279

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1130 BGHZ 110, 336 (341); BGH NJW 1982, 2436 (2437); Steinmetz NJW 1991, 881 (883); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 39; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 227; umfassend Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 254. 1131 BGH NJW 1986, 2436 (2437). 1132 BGH NJW 1979, 805 (806); BGH NJW 1979, 2092 (2093); BGH NJW 1981, 1206 (1209 f.); BGH NJW 1983, 1420 (1421); Schmelz Verbraucherkredit, Rn 311 ff. 1133 BGH NJW 1983, 2692; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 114. 1134 BGH ZIP WM 2018, 2648 (2671). 1135 BGH NJW 1957, 1274; BGH NJW 1982, 2767 (2768); Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 488 Rn 137; MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 149; zur äquivalenten Auslegung im Strafrecht Sturm JZ 1977, 84 (86). 1136 BGH NJW 1982, 2767 (2768); BGH NJW 1985, 3006 (3007); BGH NJW-RR 1990, 1199; BGH NJW 1994, 1275 (1276). 1137 BGH NJW-RR 1990, 1199; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 57; Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 232 f. 1138 BGH NJW 1979, 758: „nicht schematisch allein aus der ziffernmäßigen Höhe“; BGH NJW 1982, 2767 (2768): gegeben bei absoluter Zinsbelastung über 90%; BGH NJW-RR 1990, 1199: „auf keinen Fall“ gegeben bei absoluter Zinsbelastung von 24%; BGH NJW-RR 2011, 880 (881): „nicht allein aufgrund eines Äquivalenzmissverhältnisses“; ablehnend bei bloß „auffälligem“ Missverhältnis BGH WM 1990, 1322 (1323); BGH NJW 1994, 1275; BGH WuM 2011, 298.

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hensnehmer nur aufgrund seiner unterlegenen Verhandlungsposition auf einen übermäßig belastenden Vertrag einlässt.1139 Schließt das Kreditinstitut unter diesen Bedingungen einen Darlehensvertrag ab, so tritt darin eine verwerfliche Gesinnung hervor, die dem Tatbestand der Ausbeutung nach § 138 Abs. 2 BGB gleichkommt.1140 Für Verbraucherdarlehen wird widerlegbar vermutet, dass bei Vorliegen der objektiven Voraussetzungen eines wucherähnlichen Geschäfts auch das erforderliche subjektive Element gegeben ist.1141 Gerechtfertigt ist die Vermutung deshalb, weil sich nach der Lebenserfahrung bei einem objektiv interessewidrigen Vertragsschluss eines Verbrauchers aufdrängt, dass seine unterlegene Verhandlungssituation für den Vertragsschluss ausschlaggebend war.1142 Das Kreditinstitut kann diese Vermutung jedenfalls insoweit widerlegen, wie ihm die unterlegene Verhandlungsposition des Darlehensnehmers nachweislich nicht bekannt war.1143 Dagegen besteht bei Unternehmensdarlehen eine umgekehrte widerlegbare Vermutung, dass das Kreditinstitut nicht in verwerflicher Weise gehandelt hat.1144 cc) Die Wirksamkeit des Darlehensvertrags ist nicht berührt, wenn die Übernahme einer 281 Mithaft durch Dritte, die selbst nicht Darlehensnehmer sind, die Mithaftenden finanziell überfordert.1145 Jedoch kann sich die Übernahme der Mithaft nach § 138 Abs. 1 BGB selbst als sittenwidrig und damit als nichtig erweisen (eingehend unten Vierter Teil Rn 975–978). dd) Ein Rechtsgeschäft kann auch dann nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn es erwor- 282 bene Rechte Dritter gefährdet oder auf eine Beeinträchtigung künftiger Rechtspositionen Dritter abzielt.1146 Beim Darlehensvertrag wird eine Sittenwidrigkeit wegen Schädigung Dritter vor allem in Konstellationen der Gläubigergefährdung und der Insolvenzverschleppung diskutiert. Beides kann dann relevant werden, wenn das Kreditinstitut Darlehen an Unternehmen vergibt, die sich in der Krise befinden. Werden hierdurch Dritte als Gläubiger des Darlehensnehmers geschädigt, können sie das Kreditinstitut allerdings auch nach § 826 BGB in Anspruch nehmen, der insoweit im Wesentlichen die gleichen Voraussetzungen hat wie § 138 Abs. 1 BGB.1147 Demgegenüber ist die Nichtigkeitssanktion des § 138 Abs. 1 BGB von nur geringer praktischer Relevanz, weil die Drittgläubiger ihren Schaden eher beim Darlehensgeber liquidieren werden, als dass sie den zumeist insolventen Darlehensnehmer im Insolvenzverfahren auf einen quotierten Bereicherungsausgleich in Anspruch nehmen.1148 Eine Sittenwidrigkeit wegen Gläubigergefährdung wird vor allem im Zusammenhang mit 283 der Stellung von Kreditsicherheiten bedeutsam. Insbesondere kann eine Sicherungsübertragung von Vermögensgegenständen unwirksam sein, wenn sie Drittgläubiger über die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers in die Irre führt. So ist eine Sicherungsübertragung

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1139 BGHZ 80, 153 (160 f.); BGH NJW 1985, 3006 (3007); BGHZ 98, 174 (178); BGH NJW-RR 1989, 1068; Schmelz Verbraucherkredit, Rn 395; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 58. 1140 BGHZ 128, 255 (257 f.); BGHZ 146, 298 (301 f.); BGH NJW 2003, 2230 (2231). 1141 BGH NJW 1984, 2292 (2294); BGHZ 98, 174 (178 f.); BGH NJW 1987, 181 (182); BGHZ 104, 102 (107); BGH NJW-RR 1989, 1068; Schmelz Verbraucherkredit, Rn 398. 1142 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 59. 1143 BGHZ 104, 102 (108). 1144 BGH NJW 1983, 1420 (1422); BGH NJW 2003, 2230 (2231): Darlehen an Vollkaufmann; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 62; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 137; Palandt/Ellenberger78 § 138 Rn 30. 1145 Begrifflich nicht hinreichend deutlich: OLG Nürnberg NJW-RR 2011, 265 („Unwirksamkeit der Darlehensrückzahlungsverpflichtung“). 1146 MünchKommBGB/Armbrüster8 § 138 Rn 96; grundlegend Habersack Vertragsfreiheit und Drittinteressen, S. 139 ff. 1147 Grundmann/Renner JZ 2013, 379 (386 ff.); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 141; vgl. MünchKommBGB/Wagner7 § 826 Rn 158 ff. 1148 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 141.

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dann sittenwidrig, wenn der Darlehensnehmer sein letztes werthaltiges Vermögen dem Darlehensgeber zur Sicherheit überträgt und dadurch gegenwärtige oder künftige Gläubiger über die Kreditwürdigkeit des Schuldners getäuscht werden.1149 Subjektiv genügt es, dass beide Vertragsparteien mit der Möglichkeit der Gläubigertäuschung gerechnet haben.1150 Auf den Darlehensvertrag als solchen wirkt sich die Sittenwidrigkeit der dinglichen Sicherungsgeschäfte aber grundsätzlich nicht aus. 284 Die Darlehensgewährung kann in der Krise des Unternehmens jedoch als Insolvenzverschleppung sittenwidrig und damit nichtig sein, wenn das Kreditinstitut das Darlehen deshalb gewährt, weil es in rücksichtsloser und eigensüchtiger Weise seine Stellung bei dem in Kürze erwarteten Zusammenbruch des Darlehensnehmers auf Kosten dritter Gläubiger verbessern will.1151 Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Kreditinstitut ein Darlehen nicht mehr in der Höhe gewähren will, die zur Sanierung erforderlich wäre, sondern nur ein solches, das den wirtschaftlichen Todeskampf des Unternehmens verlängert, damit das Kreditinstitut sich in der gewonnenen Zeit zum Nachteil der anderen Gläubiger ungehindert und besser befriedigen kann.1152 Für den subjektiv erforderlichen Schädigungsvorsatz ist es ausreichend, dass sich dem Kreditinstitut die Insolvenzreife des Darlehensnehmers sowie das Fehlen einer positiven Fortführungsprognose hätte aufdrängen müssen.1153 Insoweit kann sich das Kreditinstitut allerdings durch Vorlage eines Sanierungsgutachtens durch einen sachverständigen Dritten entlasten, das dem Darlehensnehmer aus ex ante-Perspektive eine positive Sanierungsprognose stellt.1154 Mit Blick auf die typische Dringlichkeit von Sanierungsdarlehen und die Notwendigkeit einer eingehenden Prüfung der Sanierungsfähigkeit des Darlehensnehmers ist aber die Gewährung eines Überbrückungskredits nach nur kursorischer Prüfung der Sanierungsfähigkeit für einen Zeitraum von höchstens drei Wochen nicht als sittenwidrig anzusehen.1155 285

ee) Setzt der Darlehensnehmer die Valuta zu verbotenen Zwecken ein, so führt dies grundsätzlich nicht zur Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags nach § 138 Abs. 1 BGB: Darlehensvertrag und finanziertes Geschäft sind streng voneinander zu trennen, zumal der Darlehensnehmer grundsätzlich das Verwendungsrisiko für das Darlehen trägt (oben Vierter Teil Rn 98).1156 Allerdings erfasst die Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 1 BGB auch den Darlehensvertrag, wenn das Kreditinstitut die Umstände kennt, welche die Sittenwidrigkeit der Darlehensverwendung begründen, und damit selbst vom Vorwurf sittenwidrigen Handelns getroffen wird.1157 Das gilt etwa dann, wenn der Hauptzweck des Darlehens darin liegt, einer Steuerhinterziehung zu dienen.1158 Gleiches gilt, wenn das Darlehen mit Wissen des Kreditinstituts für einen nach § 180a StGB verbotenen Bordellbetrieb eingesetzt werden soll.1159 Umgekehrt kann eine Darlehensgewährung auch dann sittenwidrig sein, wenn sie mit Wissen des Darlehensneh-

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1149 RGZ 118, 361 (363); BGHZ 10, 228 (233); BGH NJW 1956, 417 (418); BGHZ 20, 43 (50 ff.); BGH NJW 1995, 1668. 1150 BGH NJW 1995, 1668. 1151 BGHZ 10, 228 (233); BGH NJW 1970, 657 (658); BGHZ 75, 96 (114 f.); BGH NJW 1995, 1668 (1669); Theewen BKR 2003, 141 (143 f.); Thole WM 2010, 685 (686). 1152 RGZ 136, 247 (253); BGH NJW 1970, 657 (658). 1153 RGZ 143, 48 (52); BGHZ 10, 228 (233); BGHZ 138, 291 (299 f.). 1154 BGHZ 10, 228 (234); BGH NJW 1998, 1561 (1563 f.); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 141a. 1155 Rümker ZHR 143 (1979), 195 (205 f.); Theewen BKR 2003, 141 (143 f.); Schäffler BB 2006, 56 (58); Gawaz Rn 370 ff.; Ferschen Rn 336 ff.; BankR-HdB/Häuser5 § 85 Rn 116; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 141a; vgl. BGH NJW 1998, 1561 (1564) (für § 31 Nr. 1 KO a.F.); BGH WM 2010, 1415 (1417) (zum Eigenkapitalersatzrecht). 1156 Allg. Meinung, vgl. Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 138. 1157 BGH NJW-RR 1990, 750 f.; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 131; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 138. 1158 BGHZ 14, 25 (29) (Veräußerung eines Geschäftsanteils); BGH WM 1978, 1122 (1123) (Zusatzvereinbarung zu einem Anstellungsvertrag); BGH WM 1979, 692 (693) (Gründung einer Gesellschaft und verallgemeinernd); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 133; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 103. 1159 BGH NJW-RR 1990, 750 f.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

mers ein gegen das Kreditinstitut gerichtetes Verbot umgeht, etwa eine aufsichtsbehördliche Anordnung nach §§ 45 ff. KWG.1160 d) Anfechtbare Darlehensverträge. Für die Anfechtung des Darlehensvertrags gelten 286 grundsätzlich die allgemeinen Regeln. Auf dieser Grundlage wird insbesondere angenommen, ein Irrtum des Kreditinstituts über die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers könne zu einer Anfechtung wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person nach § 119 Abs. 2 BGB berechtigen.1161 Demgegenüber wird von anderer Seite eingewandt, das Ausfallrisiko beim Darlehensvertrag sei grundsätzlich vom Darlehensgeber zu tragen und das Kreditinstitut nach §§ 18, 18a KWG zur Prüfung der Bonität des Darlehensnehmers verpflichtet.1162 Richtigerweise wird man dem Kreditinstitut eine Anfechtung des Darlehensvertrags nach § 119 Abs. 2 BGB nicht schlechthin versagen können. Es ist aber auf Grundlage einer wahrheitsgemäß erteilten Bonitätsauskunft regelmäßig auszuschließen, dass sich das Kreditinstitut über die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers im Irrtum befindet. Eine Anfechtung des Darlehensvertrags nach § 123 BGB ist für das Kreditinstitut dann 287 möglich, wenn der Darlehensnehmer über seine Kreditwürdigkeit oder zu stellende Sicherheiten täuscht.1163 Hierfür genügt es, dass der Darlehensnehmer entgegen seiner Pflicht zur Aufklärung kreditrelevanter Tatsachen (oben Vierter Teil Rn 177) unvollständige Angaben macht.1164 Das subjektive Erfordernis der Arglist ist erfüllt, wenn der Darlehensnehmer den offenbarungspflichtigen Umstand kennt und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass das Kreditinstitut bei dessen Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.1165 Für letzteres genügt es, wenn der Darlehensnehmer weiß, dass der verschwiegene Umstand für die Kreditentscheidung des Kreditinstituts wesentlich ist, weil er die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditsuchenden erhellt. 1166 Fehlt es an einem Täuschungsvorsatz des Darlehensnehmers, so ist eine Vertragsaufhebung wegen fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Pflichten denkbar (oben Vierter Teil Rn 177). Für den Darlehensnehmer kommt eine Anfechtung des Darlehensvertrags nach § 123 BGB 288 dann in Betracht, wenn er durch das Kreditinstitut oder eine diesem zuzurechnende Person arglistig getäuscht wird. Eine Täuschung über die Darlehensbedingungen liegt dann vor, wenn das Kreditinstitut dem Darlehensnehmer vertragsbezogene objektive Tatsachen falsch darstellt oder verschweigt und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt.1167 Dagegen stellen falsche, unvollständige oder fehlende Angaben des Kreditinstituts oder ihm zuzurechnender Personen über das finanzierte Geschäft grundsätzlich keine zur Anfechtung berechtigende Täuschung dar, weil der Darlehensnehmer das Verwendungsrisiko des Darlehens zu tragen hat (oben Vierter Teil Rn 98). Allerdings kann eine Täuschung im Zusammenhang mit dem finanzierten Geschäft auf den Darlehensvertrag durchschlagen, wenn diese Täuschung auch für den Abschluss des Darlehensvertrags kausal war.1168 Das ist re-

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1160 BGH NJW 1990, 1356 (1357). 1161 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 43; MünchKommBGB/Armbrüster8 § 119 Rn 134; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90; vgl. RGZ 66, 385 (387 ff.) (für den Kauf); einschränkend Fleischer S. 364 ff.; aA Mankowski Beseitigungsrechte, S. 497 ff. 1162 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 145. 1163 RGZ 66, 385 (389); BGH NJW 1965, 438; Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/65; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 146; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 90. 1164 BGH NJW 1974, 1505 (1506); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 66. 1165 BGH NJW 1995, 1549 (1550); BGH NJW 2001, 2326 (2327). 1166 OLG Saarbrücken WM 2006, 2251 (2252); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 66. 1167 BGHZ 169, 109 (115); Schoppmeyer WM 2009, 10 (14 f.); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 150 (jeweils mit Blick auf das finanzierte Geschäft); Stötter NJW 2003, 1302. 1168 BGH NJW 1979, 1593 (1595).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

gelmäßig dann anzunehmen, wenn Darlehensvertrag und finanziertes Geschäft verbundene Verträge nach § 358 Abs. 3 BGB darstellen.1169 Jedenfalls in letzterer Konstellation sind dem Kreditinstitut im Rahmen des § 123 Abs. 1 BGB 289 auch Täuschungen zuzurechnen, die durch den Vertragspartner des Darlehensnehmers beim finanzierten Geschäft verübt werden.1170 Insoweit genügt es schon, dass beim Darlehensnehmer der objektiv berechtigte Eindruck erweckt wird, das Kreditinstitut billige das durch einen gemeinsamen Verhandlungsvertreter vermittelte Zusammenwirken zwischen dem Kreditinstitut und dem Vertragspartner des Darlehensnehmers beim finanzierten Geschäft.1171 Darüber hinaus ist dem Kreditinstitut auch jenseits verbundener Verträge nach § 358 Abs. 3 BGB das Täuschungshandeln von Vermittlern oder Vertragspartnern des Darlehensnehmers zuzurechnen, wenn diese mit dem Kreditinstitut in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken (oben Vierter Teil Rn 172).1172 Der BGH geht hier – anders als beim verbundenen Vertrag – davon aus, dass Vermittler und Vertragspartner des Darlehensnehmers für das Kreditinstitut Dritte im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB sind; zugleich vermutet er aber die Kenntnis des Kreditinstituts vom Täuschungshandeln, wenn dieses nach den Umständen des Falles objektiv evident ist.1173 Konsequenter wäre es jedoch, auch in dieser Konstellation eine Täuschung durch Vermittler und Vertragspartner des Darlehensnehmers bereits nach § 123 Abs. 1 BGB als Täuschung durch das Kreditinstitut zu werten.1174 Maßgeblich ist nämlich auch hier, dass der Täuschende nach außen als im Lager des Kreditinstituts stehend erscheint und dies dem Kreditinstitut auch zuzurechnen ist.1175 Demgegenüber kann die rechtstechnische Einordnung als verbundener Vertrag im Sinne von § 358 Abs. 3 BGB nicht allein den Ausschlag geben.1176 290

e) Rückabwicklung unwirksamer Darlehensverträge. Die Rückabwicklung unwirksamer Darlehensverträge folgt dem Bereicherungsrecht. Das Kreditinstitut kann nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB die Darlehensvaluta zurückfordern, der Darlehensnehmer gezahlte Zinsen und Vergütungen.1177 Gezahlte Prämien für eine Restschuldversicherung kann der Darlehensnehmer aber nur insoweit zurückverlangen, wie sie die Hälfte des marktüblichen Preises übersteigen (vgl. oben Vierter Teil Rn 277).1178 Seinerseits kann sich der Darlehensnehmer gegenüber dem Rückforderungsbegehren des Kreditinstituts nicht auf Entreicherung nach 818 Abs. 3 BGB berufen. Denn auch wenn der Darlehensnehmer den Mangel des Rechtsgrunds beim Empfang des Darlehens nicht kennt, so weiß er doch, dass er die Darlehensvaluta auf Dauer nicht behalten darf, und ist daher einem bösgläubigen Leistungsempfänger im Sinne des § 819 Abs. 1 BGB gleichzustellen.1179 Soweit die gegenseitigen Bereicherungsansprüche von Kreditinstitut und Darlehens-

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1169 BGHZ 167, 239 (250 f.); BGH NJW 2008, 2912 (2913); vgl. auch Habersack BKR 2006, 305 (307 f.). 1170 BGHZ 167, 239 (250 f.); eingehend zur alten Rechtslage Hopt FS Stimpel 1985, S. 265 (269 ff.). 1171 BGH NJW 1978, 2144 (2145). 1172 Ausführlich Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 148a. 1173 BGHZ 168, 1 (23); BGHZ 169, 109 (115); ebenso Habersack BKR 2006, 305 (307 f.). 1174 So zu Recht Schäfer DStR 2006, 1753 (1757); Habersack BKR 2006, 305 (308); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 148. 1175 BankR-HdB/Pamp5 § 76 Rn 44; zum Begriff des Dritten im Rahmen des § 123 Abs. 2 BGB: BGH NJW-RR 1987, 59 (60); BGH NJW 1990, 1661 (1662); MünchKommBGB/Armbrüster8 § 123 Rn 63. 1176 Habersack BKR 2006, 305 (308); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 148. 1177 Zur Rückabwicklung bei unwirksamen Klauseln über Bearbeitungsentgelte mit Blick auf die Einrede der Verjährung Göhrmann BKR 2013, 275 (276 ff.). 1178 Ähnlich BGH NJW 1983, 1420 (1422); Reifner JZ 1984, 637 (641); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 270 (hälftige Prämie unabhängig vom Marktpreis); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 125. 1179 Allg. Meinung, BGH WM 1969, 857 (858); BGHZ 83, 293 (295); BGH WM 1985, 89 (90); BGH NJW 1989, 3217 (3218); BGH NJW 1999, 1636 (1637); Sandkühler DRiZ 1989, 121 (128); BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 147; Staudinger/ Freitag2015 § 488 Rn 270.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

nehmer bereits fällig sind, sind sie zu saldieren; bei späterer Fälligkeit ist eine Aufrechnung möglich.1180 Besonderheiten ergeben sich bei der Rückabwicklung sitten- und gesetzeswidriger Dar- 291 lehensverträge. Hier ist zunächst zu beachten, dass beim wucherischen Darlehen nach § 138 Abs. 2 BGB auch abstrakte Erfüllungsgeschäfte als nichtig anzusehen sind, während diese von einer Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nicht berührt werden.1181 Verstößt das Kreditinstitut bei der Gewährung des Darlehens gegen die guten Sitten nach § 138 BGB oder gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB, so gilt für die Rückzahlungsansprüche des Kreditinstituts grundsätzlich § 817 S. 2 BGB. Eine teleologische Reduktion der Norm oder eine Einschränkung nach § 242 BGB sind grundsätzlich nicht geboten. Eine Ausnahme gilt für Verstöße gegen bestimmte Finanzsanktionen (oben Vierter Teil Rn 268), bei denen die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustands mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist.1182 Mit Blick auf § 3 Abs. 1 Nr. 3 KWG ist angesichts des Schutzzwecks der Norm keine Einschränkung zugunsten des Kreditinstituts vorzunehmen – anders als für den Einleger (oben Vierter Teil Rn 64). Im Übrigen ist von einem teleologischen Gleichlauf der §§ 134, 138 BGB einerseits und des § 817 S. 2 BGB andererseits auszugehen, der eine einschränkende Auslegung der letztgenannten Norm grundsätzlich ausschließt.1183 Denn regelmäßig dient das gesetzliche Verbot nicht dem Schutz des leistenden Kreditinstituts, sondern öffentlichen Belangen oder aber umgekehrt dem Schutz des Darlehensnehmers als Leistungsempfänger, so insbesondere § 3 RDG (oben Vierter Teil Rn 270) und § 138 BGB (oben Vierter Teil Rn 271–280).1184 Allerdings schließt § 817 S. 2 BGB den Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta nicht endgültig aus. Das Kreditinstitut schuldet aus dem Darlehensvertrag nämlich von vornherein nur eine zeitlich beschränkte Überlassung der Valuta (oben Vierter Teil Rn 179–182), und nur eine solche hat es an den Darlehensnehmer geleistet.1185 Damit schließt § 817 S. 2 BGB lediglich die Rückforderung der Darlehensvaluta vor dem Fälligkeitstermin aus; im Ergebnis muss das Kreditinstitut dem Darlehensnehmer die Valuta also für die (rechtsunwirksam) vereinbarte Laufzeit zinsfrei belassen.1186 Ist das Darlehen vereinbarungsgemäß in Raten zurückzuzahlen, so gilt dies auch für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung.1187 Zinsen kann das Kreditinstitut nur verlangen, wenn und soweit die Darlehensvaluta zur Rückzahlung fällig ist (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB) oder der Darlehensnehmer mit der Rückzahlung in Verzug ist (§§ 286, 288 BGB).1188 Wenn die Darlehensvaluta auf Veranlassung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausge- 292 zahlt wird (oben Vierter Teil Rn 181), folgt die Rückabwicklung des Vertrags den allgemeinen Regeln für den Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis. Es handelt sich insoweit um eine klassische Anweisungslage, in der hinsichtlich der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung das Deckungsverhältnis zwischen Kreditinstitut und Darlehensnehmer vom Valuta-

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1180 BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 158; aA (nur Aufrechnung möglich) Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Thessinga3 BankR IV Rn 258; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 129. 1181 BGH NJW 1982, 2767 (2768); BGH NJW 1994, 1275; BankR-HdB/Pamp5 § 82 Rn 145. 1182 Zur einschränkenden Auslegung des § 817 S. 2 BGB in derartigen Fällen allgemein BGH NJW 2006, 45 (46); BGH NJW 2014, 1805 (1806); Staudinger/Lorenz2007 § 817 Rn 10. 1183 Klöhn AcP 210 (2010), 804 (846 ff.). 1184 So zur Rückabwicklung von Verträgen, die gegen das SchwarzArbG verstoßen BGH NJW 2014, 1805 (1806). 1185 Heute allg. Meinung, für alle Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 272; aA noch RGZ 151, 70 (73 f.) (Verfall der Darlehensvaluta zugunsten des Darlehensnehmers); Medicus GS Dietz 1973, S. 61, 70 f.; Reuter/Martinek Ungerechtfertigte Bereicherung, § 6 Rn V 2, S. 217 ff. (jeweils für Pflicht zur marktüblichen Verzinsung der Valuta). 1186 BGH NJW 1962, 1148; BGH NJW 1983, 1420 (1422 f.); BGH NJW 1989, 3217; BGH NJW 1993, 2108; Roth JZ 1989, 411 (413); Staudinger/Sack/Fischinger2017 § 138 Rn 300 mwN; zur teleologischen Fundierung dieses Ergebnisses Wagner AcP 206 (2006), 352 (367 ff.); zu den Auswirkungen auf einen Folgekreditvertrag BGHZ 99, 333. 1187 BGH WM 1982, 1021 (1022 f.); BGHZ 99, 333 (338 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 126. 1188 BGH NJW 1989, 3217 (3218); Bülow NJW 1992, 2049 ff.; MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 127.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

verhältnis zwischen Darlehensnehmer und Drittem streng zu unterscheiden ist.1189 Das Kreditinstitut kann bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrags grundsätzlich nur im Deckungsverhältnis kondizieren, also nur den Darlehensnehmer in Anspruch nehmen, weil dieser aufgrund des fehlerhaften Kausalverhältnisses als Leistungsempfänger anzusehen ist.1190 Erlangt hat der Darlehensnehmer hier nicht die Darlehensvaluta, sondern die Befreiung von einer Schuld gegenüber dem Dritten oder einen Anspruch gegen diesen.1191 Ist auch das Valutaverhältnis unwirksam (so genannter Doppelmangel), gilt im Grundsatz nichts anderes. Hier muss das Kreditinstitut den Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers gegen den Dritten kondizieren (Kondiktion der Kondiktion).1192 Das gilt auch dann, wenn die Zahlung an den Dritten im Rahmen eines verbundenen Geschäfts nach § 358 BGB erfolgt.1193 Eine Durchgriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB unmittelbar gegen den Dritten kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es an einer dem Darlehensempfänger zurechenbaren Anweisung zur Auszahlung der Valuta an den Dritten fehlt.1194 Auf die Kenntnis des Dritten kommt es nicht an, weil hier schon kein dem Darlehensnehmer zurechenbarer Rechtsschein gesetzt wurde und der Dritte daher nicht schutzwürdig ist.1195 IV. Die Kreditleihe 293

1. Gegenstand. Der Zweck eines Kreditgeschäfts, der in der zeitweiligen Überlassung von Kaufkraft besteht (oben Vierter Teil Rn 95), kann auch dadurch erreicht werden, dass das Kreditinstitut dem Kreditnehmer einen Haftungskredit gewährt und dadurch die Bonität des Kreditnehmers verbessert. Eine solche Kreditleihe, bei der das Kreditinstitut dem Kreditnehmer gleichsam seine Bonität „leiht“, ist kein Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 BGB, sondern in aller Regel eine Geschäftsbesorgung.1196 Grundlage der Kreditleihe ist regelmäßig ein Krediteröffnungsvertrag, dessen rechtliches Schicksal von dem des einzelnen Kreditgeschäfts zu trennen ist, auf den aber im Wesentlichen die Regeln des Gelddarlehens Anwendung finden (oben Vierter Teil Rn 108). Hinsichtlich der Einzelgeschäfte, die auf Grundlage des Rahmenvertrags abgeschlossen werden, ist zwischen dem Avalkredit und dem Akzeptkredit zu unterscheiden.

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2. Avalkredit. Kern des Avalgeschäfts der Kreditinstitute ist die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen zugunsten des Kreditnehmers. Insoweit unterliegt das Avalgeschäft nach § 32 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG der aufsichtsrechtlichen Erlaubnispflicht. In der Sache geht es hier um die Stellung von Personalsicherheiten für Forderungen Dritter gegen den Kreditnehmer, weshalb die einzelnen Instrumente im Zusammenhang mit den Kreditsicherheiten zu behandeln sind (im Einzelnen unten Vierter Teil Rn 971– 1006). Die Rechtsnatur des Avalgeschäfts bestimmt sich im Verhältnis zum Sicherungsnehmer nach den Regeln des jeweiligen Sicherungsmittels: etwa für die Bürgschaft nach den §§ 765 BGB, 349 f. HGB und für den Kreditauftrag nach § 778 BGB. Im Verhältnis zum Kredit-

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1189 BGHZ 152, 307 (311); Palandt/Sprau78 § 812 Rn 84. 1190 BGH NJW 2003, 422; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1308; Palandt/Sprau78 § 812 Rn 84. 1191 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1308; Palandt/Sprau78 § 812 Rn 84; aA (erlangt ist Darlehensvaluta) MünchKommBGB/Schwab7 § 812 Rn 165 mwN; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 270. 1192 BGH NJW 1989, 2879 (2881); BGH NJW-RR 1990, 750 (751); aA MünchKommBGB/Schwab7 § 812 Rn 111. 1193 Palandt/Grüneberg78 § 359 Rn 5a; insoweit auch Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 270; MünchKommBGB/ Habersack8 § 359 Rn 59. 1194 BGHZ 152, 307 (311 f.). 1195 BGHZ 152, 307 (311 f.); MünchKommBGB/Berger8 § 488 Rn 131. 1196 von Caemmerer NJW 1955, 41 (43); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 64; MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 43.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

nehmer ist der Avalkredit eine Geschäftsbesorgung nach § 675 Abs. 1 BGB.1197 Das Kreditinstitut verpflichtet sich gegen Zahlung einer Avalprovision, zugunsten des Kreditnehmers bei einem Dritten eine Sicherheit zu stellen. Wird das Kreditinstitut vom Dritten tatsächlich in Anspruch genommen, kann es somit nach § 670, 675 Abs. 1 BGB Ersatz vom Kreditnehmer verlangen.1198 Die Geschäftsbesorgung als solche begründet Pflichten allein im Verhältnis des Kreditinstituts zum Kreditnehmer; sie ist kein Vertrag zugunsten Dritter mit Wirkung für den Sicherungsnehmer.1199 3. Akzeptkredit. In seiner idealtypischen Form ist der Akzeptkredit ebenfalls ein Haftungskre- 295 dit, durch den die Bank ihre Bonität zur Verfügung stellt und der zumeist auf einem Krediteröffnungsvertrag beruht.1200 Das Kreditinstitut akzeptiert hier vom Kreditnehmer auf das Kreditinstitut gezogene Wechsel und verschafft dem Kreditnehmer damit eine breitere Haftungsgrundlage für Geschäfte mit Dritten.1201 Der Wechsel selbst ist als Wertpapier handelbar.1202 Allerdings haben sich in der Praxis auch andere Verwendungsformen des Akzeptkredits entwickelt, die nach ihrer Ausgestaltung dem Zahlungskredit näher stehen, insbesondere im Rahmen des Diskontgeschäfts.1203 So kann das Kreditinstitut selbst den Wechsel durch Rückkauf vom Kreditnehmer diskontieren (Eigendiskont) oder aber den Wechsel zur Diskontierung an einen Dritten weiterleiten (Fremddiskont).1204 Allerdings hat das Diskontgeschäft der Kreditinstitute angesichts des Wegfalls der Möglichkeit, Wechsel bei der Zentralbank zu rediskontieren, deutlich an Bedeutung verloren (oben Vierter Teil Rn 17). Die Rechtsnatur des Akzeptkredits ist je nach konkreter Ausgestaltung unterschiedlich zu 296 beurteilen.1205 Eine pauschale Einordnung als Geschäftsbesorgungs-1206 oder Darlehensvertrag1207 ist nicht möglich. Eine Geschäftsbesorgung nach § 675 Abs. 1 BGB liegt regelmäßig vor, wenn das Kreditinstitut sich darauf beschränkt, den Wechsel für Rechnung des Kreditnehmers zu akzeptieren und dieser den Kredit als Haftungsgrundlage gegenüber einem Dritten verwendet.1208 Beim Eigendiskont des Kreditinstituts ist die Einordnung streitig. Für die Einordnung als Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 BGB spricht die Kreditfunktion des Geschäfts.1209 Überzeugender ist aber die Einordnung als Kaufvertrag, weil das Kreditinstitut – ähnlich wie bei der Forfaitierung (unten Vierter Teil Rn 486–492) – den Wechsel endgültig erwirbt und das damit verbundene Ausfallrisiko übernimmt.1210 Beim Fremddiskont ist danach zu unterscheiden, ob das Kredit-

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1197 BGHZ 95, 375 (380 f.); BGH NJW-RR 2000, 1717; BGH WM 2010, 1397 (1398); MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 46. 1198 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 64. 1199 BGH NJW 1984, 2088 (2089); BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 29; Langenbucher/Bliesener/Spindler/Steffek2 Kap. 12 Rn 49. 1200 von Caemmerer NJW 1955, 41; Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1597; BankR-HdB/Pamp5 § 75 Rn 41; MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 44. 1201 Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 580. 1202 BankR-HdB/Pamp5 § 75 Rn 41. 1203 Vgl. BGHZ 19, 282 (292 f.); BGH WM 1966, 1221 (1222 f.); Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/328. 1204 Eingehend BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 2 ff. 1205 BGHZ 19, 282 (288 ff.); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1601; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 581; Palandt/Weidenkaff 78 Vorb v § 488 Rn 30; aA (Kreditgewährung eigener Art) Böving BB 1954, 790 (791); von Caemmerer NJW 1955, 41 (45 f.). 1206 So BGHZ 19, 282 (290 ff.); OLG Hamburg BB 1955, 334; OLG Hamburg WM 1959, 300 (301); KG WM 1956, 1553 (1554); von Caemmerer NJW 1955, 41 (43 f.); Stauder S. 42. 1207 So BGH WM 1966, 1221 (1222 f.); Lehmann BB 1955, 937 (938 f.). 1208 Würdinger BB 1954, 325 (1090); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1601; Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/328; BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 17; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 583. 1209 So Würdinger BB 1954, 325; Helm WM 1968, 930 (934); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1602; Früh/MüllerArends BuB, Rn 3/328; Derleder/Knops/Bamberger/Derleder3 § 12 Rn 23; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 585. 1210 RGZ 93, 23 (26); BGHZ 19, 282 (290); BGHZ 59, 197; BankR-HdB/Martinek/Omlor5 § 103 Rn 15 f.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

institut auf eigene Rechnung und Gefahr oder auf Rechnung und Gefahr des Kreditnehmers handelt.1211 Im ersteren Fall verpflichtet sich das Kreditinstitut gegenüber dem Kreditnehmer vorrangig zur Zahlung der diskontierten Wechselsumme, die Refinanzierung erfolgt als eigenes Geschäft des Kreditinstituts. Die Ausgestaltung entspricht hinsichtlich der wechselseitigen Rechte und Pflichten der Parteien dem Eigendiskont und ist daher ebenfalls als Kaufvertrag einzuordnen.1212 Im letzteren Fall dagegen handelt es sich um eine Geschäftsbesorgung: Das Kreditinstitut besorgt hier mit der Rediskontierung des Wechsels bei einem Dritten ein fremdes Geschäft – für den Kreditnehmer.1213 Beim Akzeptkredit ist das Kreditinstitut in erster Linie verpflichtet, dem Kreditnehmer das 297 Akzept zu erteilen und auszuhändigen.1214 Der Anspruch auf Begebung des Akzepts ist grundsätzlich abtretbar, außer in den Fällen des § 399 BGB.1215 Soll der Kreditnehmer selbst das Papier weiterbegeben, so ist das Kreditinstitut außerdem nach §§ 675, 631 BGB zur Aushändigung des Wechsels verpflichtet.1216 Diskontiert das Kreditinstitut den Wechsel selbst oder besorgt es auf eigene Rechnung und Gefahr den Fremddiskont, so ist es dem Kreditnehmer nach § 488 Abs. 1 S. 1 BGB zur Auszahlung der Valuta verpflichtet. 298 Der Kreditnehmer ist dem Kreditinstitut jedenfalls zur Zahlung einer Akzeptprovision verpflichtet.1217 Soweit der Akzeptkredit im Rahmen einer Geschäftsbesorgung gewährt wird (oben Vierter Teil Rn 296), folgt diese Pflicht aus §§ 675, 631 Abs. 1 BGB. Soweit der Akzeptkredit als Darlehensvertrag einzuordnen ist, folgt die Vergütungspflicht des Kreditnehmers aus §§ 157 BGB, 354 HGB, weil die Zahlung einer Akzeptprovision für alle Arten des Akzeptkredits in gleicher Weise verkehrs- und handelsüblich ist.1218 Soweit es sich um eine Geschäftsbesorgung handelt, ist der Kreditnehmer außerdem zur Revalierung verpflichtet, das heißt er ist gegenüber dem Kreditinstitut nach §§ 675 Abs. 1, 669, 670 BGB zur Freistellung und zum Aufwendungsersatz verpflichtet.1219 Das gilt aber nur, wenn das Kreditinstitut tatsächlich Aufwendungen hat, nicht wenn das Akzept nicht eingelöst wird.1220 Soweit der Akzeptkredit als Darlehen einzuordnen ist, ist der Kreditnehmer dagegen unabhängig von der Akzeptvorlegung aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB zur Rückzahlung der Valuta verpflichtet.1221 Diese Differenzierung ist dadurch gerechtfertigt, dass vom „Glücksfall“ der Nichtvalutierung jeweils derjenige profitieren soll, auf dessen Rechnung und Gefahr der Wechsel verwertet wird.1222

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1211 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 160; BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 18; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25. 1212 BankR-HdB/Martinek/Omlor5 § 103 Rn 16; aA (Darlehensvertrag) BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 19; Staudinger/ Mülbert2015 § 488 Rn 586. 1213 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1603. 1214 BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 20; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 592. 1215 BGH WM 1970, 1094 (1095); Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/329; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25. 1216 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1603; Früh/Müller-Arends BuB, Rn 3/329. 1217 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1610; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 593. 1218 BGHZ 19, 282 (292); OLG Hamburg WM 1959, 300 (301); Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1610; Staudinger/ Mülbert2015 § 488 Rn 593. 1219 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1613; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 593. 1220 BGHZ 19, 282 (292); KG WM 1956, 1553 (1554); Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25; Staudinger/ Mülbert2015 § 488 Rn 595. 1221 BankR-HdB/Peters5 § 65 Rn 19; Baumbach/Hopt/Hopt38 BankGesch. Rn G/25; Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 595. 1222 Canaris Bankvertragsrecht³ Rn 1613; ähnlich Staudinger/Mülbert2015 § 488 Rn 595.

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3. Abschnitt – Allgemeine Grundlagen des Aktivgeschäfts

V. Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr 1. Grundlagen. Die grenzüberschreitende Kreditvergabe ist sowohl beim Zahlungskredit als 299 auch beim Haftungskredit verbreitet. Ein grenzüberschreitendes Kreditgeschäft liegt immer dann vor, wenn das Geschäft Berührungspunkte mit unterschiedlichen Rechtsordnungen hat, und sei es nur durch eine Rechtswahl der Parteien (vgl. Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO).1223 Das grenzüberschreitende Kreditgeschäft ist mit besonderen Risiken verbunden. Zunächst kann das Ausfallrisiko des Kreditnehmers aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Situation in seinem Heimatstaat erhöht sein.1224 Hinzu tritt das Währungsrisiko für Kreditverbindlichkeiten in einer Fremdwährung.1225 Schließlich besteht im grenzüberschreitenden Verkehr auch ein besonderes Rechtsdurchsetzungsrisiko, das aus der Anwendbarkeit unterschiedlicher Rechtsordnungen und der Zuständigkeit von Gerichten unterschiedlicher Staaten erwächst.1226 Der Kreditvertrag kann hier seine vertrauensstabilisierende Funktion (oben Vierter Teil Rn 2) nur sehr begrenzt erfüllen. 2. Internationales Privatrecht. Für grenzüberschreitende Kreditverträge gelten die allge- 300 meinen Regeln des internationalen Vertragsrechts in der Rom I-VO.1227 Ausgangspunkt ist jeweils der Grundsatz der Rechtswahlfreiheit in Art. 3 Rom I-VO, ergänzt um die objektiven Anknüpfungsregeln des Art. 4 Rom I-VO. Insbesondere die Möglichkeit einer Rechtswahl, verbunden mit einer Gerichtsstandwahl oder Schiedsklausel, kann helfen, das Rechtsdurchsetzungsrisiko zu mindern. Die Rechtswahlfreiheit wird aber durch Sonderanknüpfungen eingeschränkt, die besonders im Bereich des Verbraucherrechts über Art. 6 Rom I-VO sowie im Anwendungsbereich von Eingriffsnormen nach Art. 9 Rom I-VO zu beachten sind.1228 Für Darlehensverträge sehen die AGB der deutschen Kreditinstitute in Nr. 6 AGB-Banken 301 bzw. Nr. 6 AGB-Sparkassen eine formularmäßige Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts als des Heimatrechts des Darlehensgebers vor. Diese Rechtswahl ist, nach Art. 10 Rom I-VO gemessen am deutschen Vertragsstatut, grundsätzlich wirksam.1229 Eine Rechtswahlklausel zugunsten des deutschen Rechts wird jedoch auch von deutschen Kreditinstituten nicht immer gewünscht und erst recht nicht immer durchzusetzen sein.1230 Gerade im Bereich der Finanzierung von Staaten und öffentlichen Unternehmen ist es daher üblich, das Heimatrecht des Darlehensnehmers als anwendbares Recht zu wählen; für den Darlehensgeber führt das freilich zu einem erhöhten Rechtsdurchsetzungsrisiko.1231 In vielen Fällen wird der Interessengegensatz zwischen den Darlehensgeber und Darlehensnehmer dazu führen, dass das Recht eines dritten Staates für anwendbar erklärt wird.1232 Die Wahl des englischen Rechts oder des Rechts des Bundesstaats New York gilt als häufig, es gibt hierzu jedoch bisher kaum empirische Daten. Eine solche Rechtswahl ist insbesondere im Zusammenhang mit der Verwendung von Standardverträgen (unten Vierter Teil Rn 352–373) attraktiv, die oftmals an den angelsächsischen Rechts-

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1223 In diesem Sinne auch MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 87; zum weiteren Begriff des Auslandskredits vgl. BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 1 ff. 1224 MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 88. 1225 Vgl. Grothe Fremdwährungsverbindlichkeiten, S. 89 ff.; zum Währungsrisiko im Euroraum Baele/Ferrando/ u.a. Oxford Review of Economic Policy 20 (2004), 509 (522 ff.). 1226 Vgl. für das internationale Vertragsrecht allgemein Schmidtchen RabelsZ 59 (1995), 56 ff. 1227 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 284. 1228 Reithmann/Martiny/Martiny8 Rn 6.441 ff.; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 286 f. 1229 Sonnenhol BuB, Rn 1/175; BankR-HdB/Welter5 § 28 Rn 52; Baumbach/Hopt/Hopt38 AGB-Banken (8) Nr. 6 Rn 1; Bunte AGB-Banken und SB4, AGB-Banken Rn 111. 1230 Letzteres angedeutet bei BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 11. 1231 Bosch Vertragliche Regelungen in internationalen Kreditverträgen als risikopolitisches Instrument, in Krümmel (Hrsg.), Internationales Bankgeschäft. Beiheft zu Kredit und Kapital, S. 43 (117 ff.). 1232 BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 14.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

ordnungen und deren Vertragspraxis ausgerichtet sind.1233 Das schließt eine Wahl des deutschen Rechts zwar nicht aus. Gerade die strenge AGB-Kontrolle des deutschen Rechts führt hier aber zu erheblicher Unsicherheit, so dass zur Vermeidung einer Unwirksamkeit einzelner Klauseln auch eine Teilrechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 Rom I-VO zugunsten etwa des englischen Rechts verbreitet ist.1234 Bei Fehlen einer Rechtswahl findet nach Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO das Recht des Sitzes 302 des Kreditinstituts Anwendung, weil es sich bei der Darlehensgewährung um eine Dienstleistung im Sinne der Norm handelt.1235 Hat das Kreditinstitut mehrere Niederlassungen, so ist diejenige Niederlassung maßgeblich, durch die das Darlehen bestimmungsgemäß ausgereicht wird.1236 Der Begriff der Dienstleistung i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO ist nämlich weit auszulegen und erfasst auch Finanzdienstleistungen (oben Vierter Teil Rn 94). Das Heimatrecht des Darlehensgebers ist nach Art. 19 Abs. 1 Rom I-VO dasjenige des Orts seiner Hauptverwaltung. Die zum Teil befürwortete Anwendung von Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO führt zu keinem anderen Ergebnis.1237 Die Grenzen der Rechtswahlfreiheit sind zunächst bei reinen Inlandssachverhalten er303 reicht: Hier gelten nach Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO die zwingenden Rechtsnormen des allein betroffenen Staates auch entgegen einer anderweitigen Rechtswahl.1238 Daher kann etwa § 489 BGB bei einem Sachverhalt ohne jeden Auslandsbezug nicht durch Teilrechtswahl ausländischen Rechts vermieden werden.1239 Der Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO ist allerdings eng gefasst, weil er voraussetzt, dass „alle anderen Elemente des Sachverhalts“ in einem anderen Staat belegen sind als demjenigen, auf den die Rechtswahl verweist. So können beim Unternehmerdarlehen bereits die Verwendung internationaler Standardverträge und die Einbindung des Geschäfts in einen grenzüberschreitenden Marktzusammenhang die für eine umfassende Rechtswahlfreiheit erforderliche Internationalität des Sachverhalts begründen.1240 Deutlich weitergehende Einschränkungen der Rechtswahlfreiheit ergeben sich beim Verbraucherdarlehen aus Art. 6 Rom I-VO und Art. 46b EGBGB (unten Vierter Teil Rn 598, 599). Ohne Rücksicht auf eine Rechtswahl der Parteien sind schließlich Eingriffsnormen nach Art. 9 Rom I-VO auf den Darlehensvertrag anzuwenden. Hierunter können verbraucherschützende Vorschriften fallen, die nicht schon von Art. 6 Rom I-VO erfasst sind, weil der Begriff der Eingriffsnorm nach Art. 9 Rom I-VO auf Grundlage der Rechtsprechung des EuGH Normen mit auch privatschützender Wirkung nicht von vornherein ausnimmt.1241 Jedenfalls als Eingriffsnormen zu qualifizieren sind Normen der Außenhandelsbeschränkungen sowie Normen des Währungs- und Devisenrechts.1242 Keine Eingriffsnorm i.S.v. Art. 9 Abs. 2 Rom I-VO ist § 489 BGB.1243 § 489 BGB ist zwar im deutschen Recht zwingend (oben Vierter Teil Rn 226), bezweckt aber nicht den Schutz eines öffentlichen Interesses und ist daher nicht international zwingend.

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1233 Wittig WM 1999, 985. 1234 Klumb ZBB 2012, 449; aA Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 284. 1235 Einsele WM 2009, 289 (291); Reithmann/Martiny/Martiny8 Rn 6.441; Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 285. Zur Maßgeblichkeit des Sitzes des Kreditinstituts im Rahmen von Art. 28 EGBGB a.F. OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 755; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1145; OLG München RIW 1996, 329; OLG Hamm RIW 1999, 540; Lochner Darlehen und Anleihe im internationalen Privatrecht, S. 70. 1236 Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 285; wohl auch MünchKommBGB/Martiny7 Art. 4 Rom I-VO Rn 69; aA („es kommt darauf an, mit wem der Dritte abgeschlossen hat“) Kegel GS R. Schmidt 1966, S. 215 (234). 1237 Dafür MünchKommBGB/Martiny7 Art. 4 Rom I-VO Rn 170. 1238 Einschränkend für die AGB-Inhaltskontrolle Klumb ZBB 2012, 449 (454). 1239 Wiehe/Kleißendorf BKR 2016, 234 (240). 1240 Dazu eingehend Böhle ZEuP 2019, 72 (80 ff.), auch unter Verweis auf die jüngere Rechtsprechung der englischen Gerichte. 1241 Grundlegend EuGH Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, Ingmar ./. Eaton Leonard Technologies Slg. 2000, I-9305, Rn 24–26; vgl. Calliess/Renner Art. 9 Rome I Rn 18 ff. 1242 Staudinger/Magnus2016 Art. 9 Rom I-VO Rn 183 ff. und Anh. 1243 Staudinger/Mülbert2015 § 489 Rn 76; MünchKommBGB/Berger8 Vorb. zu § 488 Rn 92.

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

Für den Haftungskredit in Gestalt eines Geschäftsbesorgungsvertrags (oben Vierter Teil 304 Rn 294 und unten Rn 966–970) gelten die Ausführungen zum Darlehensvertrag entsprechend. Mit Blick auf die objektive Bestimmung des anwendbaren Rechts besteht insoweit kein Zweifel, dass es sich um eine Dienstleistung i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. b Rom I-VO handelt. Für Sicherheiten, die auf dieser Grundlage gestellt werden, gelten teilweise ebenfalls die Vorschriften des internationalen Vertragsrechts (so bei Bürgschaft und Garantie, unten Vierter Teil Rn 1013–1016), teilweise sind aber die Regeln des internationalen Sachenrechts maßgeblich (so bei den dinglichen Kreditsicherheiten). 3. Private Rechtsvereinheitlichung. Die Zunahme des grenzüberschreitenden Kreditver- 305 kehrs hat in der Kreditwirtschaft ein immer größeres Bedürfnis nach international einheitlichen Regeln entstehen lassen. Mangels völkerrechtlicher Rechtsvereinheitlichung in diesem Bereich wird das Bedürfnis in erster Linie durch privat geschaffene Standardverträge erfüllt, wobei die Standards der Loan Market Association (LMA) eine äußerst wichtige Rolle spielen (unten Vierter Teil Rn 352). Das gilt insbesondere für den Markt der so genannten Eurokredite (unten Vierter Teil Rn 313).1244 Im Rahmen einer materiell-rechtlichen Verweisung können derartige Standardverträge grundsätzlich unter jeder Rechtsordnung zur Anwendung kommen. Auch ans deutsche Recht angepasste Vertragsmuster sind verbreitet; die Anpassung an die unterschiedlichen Rechtsordnungen bereitet mit Blick auf die Wirksamkeit einzelner Klauseln aber oftmals Probleme. Das gilt etwa für das Zinseszinsverbot des § 248 Abs. 1 BGB1245 und die AGB-Inhaltskontrolle im deutschen Recht, aber auch für Zinsverbote im islamischen Recht1246. Diese Probleme lassen sich mit einer (Teil-) Rechtswahl vermeiden, soweit der Sachverhalt die erforderliche Internationalität aufweist und die betreffenden Normen nicht gesondert anzuknüpfen sind (oben Vierter Teil Rn 303). 4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit Renner

VIERTER ABSCHNITT Der Unternehmenskredit Schrifttum Aleth/Böhle Neue Transaktionsformen als Folge der Finanzmarkt-/Wirtschaftskrise. Handels-, gesellschafts- und insolvenzrechtliche Aspekte, DStR 2010, 1186; Allen/Gale A Welfare Comparison of Intermediaries and Financial Markets in Germany and the US, European Economic Review 39 (1995), 179; Altmeppen Der atypische Pfandgläubiger, ein neuer Fall des kapitalersetzenden Darlehens? ZIP 1993, 1677; ders. Die Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, ZIP 2006, 1025; ders. Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen in der Praxis, NJW 2008, 3601; ders. Überflüssigkeit der Anfechtung von Sicherheiten für Gesellschafterdarlehen, NZG 2013, 441; Ammann Rechtliche Grundlagen des Leasing und dessen Bilanzierung nach HGB, US-GAAP sowie IAS, IStR 2000, 87; Apfelbaum Die Verpfändung der Mitgliedschaft in der Aktiengeselllschaft (2005); Arlt True Sale Securitisation unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland und Italien (2009); Arnold Gewährleistung beim Finanzierungsleasing nach der Schuldrechtsreform, DStR 2002, 1049; ders. Miete und Leasing nach der Schuldrechtsreform, in: DaunerLieb/Konzen/Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis (2003), S. 589; Assmann Zur Haftung von Konsortien für das rechtsgeschäftliche Handeln ihrer Vertreter, ZHR 152 (1988), 371; Azara Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) (2010); Bachmann Rechtsfragen der Wertpapierleihe, ZHR 173 (2009), 596; Bähr Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Factoring-Globalzession, NJW 1979, 1281; ders. Factoring-Zession gefährdet verlängerten Eigentumsvorbehalt,

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Hinsch/Horn S. 5; zu den Einzelheiten BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 48 ff. Klumb ZBB 2012, 449. Bergmann BKR 2010, 189; vgl. auch Bälz IPrax 2012, 306 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

DB 1981, 1759; Ballo Die AGB-Kontrolle von Kreditverträgen in der Akquisitionsfinanzierung (2010); Bannier Die schuldrechtlichen und wechselrechtlichen Haftungsprobleme bei der Forfaitierung von Exportforderungen (2005); Bareiß Filmfinanzierung 2.0, ZUM 2012, 456; Basedow Internationales Factoring zwischen Kollisionsrecht und Unidroit-Konvention, ZEuP 1997, 615; Baums Recht der Unternehmensfinanzierung (2017); Bausch/Wittmann Schadensersatzklagen vor deutschen Gerichten im Zusammenhang mit der Manipulation von Libor und Euribor, WM 2014, 494; H. P. Becker Investition und Finanzierung4 (2010); H. Beckmann Haftungsbeschränkung des Leasinggebers im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion für sämtliche Leistungsstörungen aus dem Liefervertrag, DB 2006, 320; ders. Rechtswirkungen eines unberechtigten Rücktritts von einem Liefervertrag und Auswirkungen auf den Leasingvertrag, WM 2006, 952; ders. Aktuelle Rechtsfragen aus Finanzierungsleasingverträgen, DStR 2007, 157; Behr Ausländische Inhaberaktien und § 1006 BGB: Ein Beitrag zum Anwendungsbereich gesetzlicher Eigentumsvermutungen, FG Sandrock (1995), S. 159; Berger Fremdkapitalnahe Mezzanine-Finanzierungen, ZBB 2008, 92; Bergjan Zivilrechtliche Probleme bei der Übertragung von Kreditportfolien, ZIP 2012, 1997; Bernard Rechtsfragen des Forfaitierungsgeschäfts (1991); Bernstein Der Tatbestand des Mobilien-Finanzierungsleasingvertrages und seine rechtliche Einordnung als Vertrag „sui generis“ (1983); ders. Spezielle Rechtsfragen des Leasing, FLF 1997, 68; Bernstorff Entwicklungen der Außenhandelsfinanzierung, RIW 1987, 889; Bette Das Factoring-Geschäft. Praxis und Rechtsnatur in Deutschland im Vergleich zu anderen Formen der Forderungsfinanzierung (1973); ders. Die Ermächtigung zur deckungsgleichen Verfügung, Lösungsprinzip der Kollisionsproblematik bei Mehrfachabtretungen, BB 1979, 121; ders. Neuere Entwicklungen der Kollisionsproblematik bei Mehrfachabtretungen, BB 1980, 23; ders. Die Kollision der Factoringzession mit anderen Forderungsabtretungen, in: Hagenmüller/Sommer/Brink (Hrsg.), Handbuch des nationalen und internationalen Factoring (1997), S. 213; ders. Factoring und neues Insolvenzrecht, FLF 1997, 133; Beucher/Räther/Stock Non-Performing Loans. Datenschutzrechtliche Aspekte der Veräußerung von risikobehafteten Krediten, AG 2006, 277; Birkendahl Reform des GmbH-Rechts. Die Abschaffung der Rechtsprechungsregeln durch das MoMiG (2009); Bitter Neues zur Pfändbarkeit des Dispositionskredits – Kritische Anmerkungen zum Stand der Rechtsprechung nach den BGH-Urteilen vom 22.1.2004 = WM 2004, 517 und vom 17.2.2004 = WM 2004, 669 –, WM 2004, 1109; ders. Kreditverträge in Umwandlung und Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 379; Bitter/Alles Schadensersatzpflichten bei unberechtigter Kündigung von Sanierungskrediten, WM 2013, 537; Bitter/Laspeyres Kurzfristige Waren- und Geldkredite im Recht der Gesellschafterdarlehen, ZInsO 2013, 2289; Blaurock Die Factoring-Zession, ZHR 142 (1978), 325; ders. Die Factoring-Zession. Erwiderung, ZHR 143 (1979), 71; Bleifeld Akzessorische Kreditsicherheiten im Rahmen von syndizierten Krediten (2015); Blomeyer Das Finanzierungsleasing unter dem Blickwinkel der Sachmängelhaftung und des Abzahlungsgesetzes, NJW 1978, 973; Böhm Asset Backed Securities und die Wahrung des Bankgeheimnisses, BB 2004, 1641; Borchers Swapgeschäfte in Zivilund Steuerrecht (1993); Borgel Factoring in Buchführung, Bilanz und Steuerrecht, in: Hagenmüller/Sommer/Brink (Hrsg.), Handbuch des nationalen und internationalen Factoring (1997), S. 147; Bork Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zugunsten des Insolvenzrechts? ZGR 2007, 250; Bormann Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen in der Jahres- und Überschuldungsbilanz (2001); Böttcher Das abstrakte Schuldversprechen in der Kreditsicherung, 2007; Brandstätter Die Prüfung der Sanierungsfähigkeit notleidender Unternehmen (1993); Brandt/ Sonnenhol Verträge für Konsortilakredite, WM 2001, 2329; Braxmaier Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Miete und Pacht einschließlich Leasing, WM 1990, 573; Bredow/Vogel Kreditverkäufe in der Praxis. Missbrauchsfälle und aktuelle Reformansätze, BKR 2008, 271; Breidenstein Covenantgestützte Bankdarlehen in der Insolvenz, ZInsO 2010, 273; Brink Rechtsprobleme des Factors in der Insolvenz seines Kunden, ZIP 1987, 817; ders. Rechtsbeziehungen des Factors mit seinem Kunden – Der Factoringvertrag, in: Hagenmüller/Sommer/Brink (Hrsg.), Handbuch des nationalen und internationalen Factoring (1997), S. 175; ders. Forfaitierung und Factoring im Licht der Schuldrechtsreform, WM 2003, 1355; Bruchner Kein „stillschweigender“ Abtretungsausschluss bei Bankforderungen, BKR 2004, 394; Brunnermeier/Pedersen Market Liquidity and Funding Liquidity, Review of Financial Studies 22 (2009), 2201; Brunotte Der Finanzierungsleasingvertrag – ein Beispiel richterlicher Rechtsfortbildung im Schuldrecht, DRiZ 1990, 396; Bülow Verbraucherschutz mittels Vertragsübernahme? WM 1995, 2089; Bungert Der internationale Anwendungsbereich von § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG, DZWiR 1993, 494; Büscher Miete und Pacht nach MoMiG, FS Hüffer (2010) S. 81; Caliebe Asset-Backed-Securities-Transaktionen und ihre Vereinbarkeit mit dem Rechtsberatungsgesetz, BB 2000, 2369; Canaris Kreditkündigung und Kreditverweigerung, ZHR 143 (1979), 113; ders. Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Forderungseinzug durch Banken, NJW 1981, 249; ders. Finanzierungsleasing und Wandelung, NJW 1982, 305; ders. Interessenlage, Grundprinzipien und Rechtsnatur des Finanzierungsleasing, AcP 190 (1990), 410; ders. Grundprobleme des Finanzierungsleasing im Lichte des Verbraucherkreditgesetzes, ZIP 1993, 401; Claussen Kapitalersetzende Darlehen und Sanierungen durch Kreditinstitute, ZHR 147 (1983), 195; Commandeur/ Utsch Aktuelle Entwicklungen im Insolvenzrecht. Die Anfechtbarkeit der Rückführung eines gesellschafterbesicherten Darlehens gem. § 135 II InsO, NZG 2014, 570; Dageförde Internationales Finanzierungsleasing – deutsches KolRenner

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

lisionsrecht und Konvention von Ottawa (1988); mit dem Text des UNIDROIT-Übereinkommens vom 28. Mai 1988 (1992); Dahl/Schmitz Probleme von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nach FMStG und MoMiG, NZG 2009, 567; Danielewsky/Dettmar Instrumente der Vertragsgestaltung zur Übertragung akzessorischer Sicherheiten im Rahmen von Konsortialkreditverträgen, WM 2008, 713; Danielewsky/Lehmann Die UNCITRAL-Konvention über internationale Forderungsabtretungen und ihre Auswirkungen auf Asset-Backed-Securities-Transaktionen, WM 2003, 221; De Meo Bankenkonsortien (1994); Decker Zinssatz- und Währungsswaps unter rechtlichen Aspekten, dargestellt anhand des Muster-Rahmenvertrages für Swapgeschäfte, WM 1990, 1001; Demelius Vertragsübernahme, JheringJb 1922, 241; Desch Haftung des Geschäftsführers einer GmbH nach § 64 S. 3 GmbHG bei Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen BB 2010, 2586; Deuber Rechtliche Aspekte der Forfaitierung (1993); Diehl-Leistner Internationales Factoring, 1991; Diem Zur Vermeidung des Eigenkapitalersatzes von Bankkrediten, BKR 2002, 1034; Döllerer Leasing. Wirtschaftliches Eigentum oder Nutzungsrecht? BB 1971, 535; Dörge Rechtliche Aspekte der Wertpapierleihe (1992); Dörner Dynamische Relativität (1985); Dörrie Immobilienfinanzierungen und Verkauf von Kreditforderungen nach Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes, ZBB 2008, 292; Döser Einführung in die Gestaltung internationaler Wirtschaftsverträge, JuS 2000, 972; Ebenroth Der Finanzierungs-Leasing-Vertrag als Rechtsgeschäft zwischen Miete und Kauf, JuS 1978, 588; ders. Das Recht der Leistungsstörungen beim Leasing, JuS 1985, 425; ders. Die internationalprivatrechtliche Anknüpfung von Finanzinnovationen aus deutscher und schweizerischer Sicht, FS Kelle (1989), S. 391; Ebenroth/Bader Rechtliche Qualifikation und aufsichtsrechtliche Behandlung grenzüberschreitender Wertpapierpensionsgeschäfte, ZBB 1990, 75; Eckert Leasingraten. Masseschulden oder Konkursforderungen? ZIP 1997, 2077; Ehling Ausgewählte Rechtsprobleme des Factoring (1975); Eichele Die Reichweite des Kapitalerhaltungsgrundsatzes aus § 30 Abs. 1 GmbHG, die Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters und das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH (1999); Eidenmüller Die Banken im Gefangenendilemma: Kooperationspflichten und Akkordstörungsverbot im Sanierungsrecht, ZHR 160 (1996), 343; ders. Die Dogmatik der Zession vor dem Hintergrund der internationalen Entwicklung, AcP (2004), 457; ders. Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz, FS Canaris, 2007 S. 49; Eilers/Rödding/Schmalenbach Unternehmensfinanzierung2 (2014); Emer Regelung in § 21 Abs. 2 Nr. 5 InsO und das Factoring-Geschäft, FLF 2009, 119; Emmerich Grundprobleme des Leasings, JuS 1990, 1; J. P. Engert Eigenkapitalersatzrecht nach dem MoMiG, 2010; A. Engert Drohende Subordination als Schranke einer Unternehmenskontrolle durch Kreditgeber, ZGR 2012, 835; Eppler Das Quasi-Eigenkapital bei der GmbH als steuerrechtliches Problem, DB 1991, 195; Erne Die Swapgeschäfte der Banken. Eine rechtliche Betrachtung der Finanzswaps unter besonderer Berücksichtigung des deutschen Zivil-, Börsen-, Konkurs- und Aufsichtsrechts (1992); Ertl Finanzierung im mittelständischen Konzern, BC 2000, 33; Fahrholz Neue Formen der Unternehmensfinanzierung (1998); Faßbender Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern (2004); Feddersen Die Rolle der Banken bei der Unternehmenssanierung, FS Helmrich (1994), S. 597; Finger Die Forfaitierung, ihre Erscheinungsformen in der Praxis und ihre rechtliche Behandlung, BB 1969, 765; Fleck Die Bilanzierung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen in der GmbH, FS Döllerer (1988), S. 109; Fleckner Insolvenzrechtliche Risiken bei Asset Backed Securities, ZIP 2004, 585; Fleischer Covenants und Kapitalersatz, ZIP 1998, 313; ders. Zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern auf Druck Dritter, DStR 2006, 1507; Fleischer/Schmolke Faktische Geschäftsführung in der Sanierungssituation, WM 2011, 1009; Flessner Die Internationale Forderungsabtretung nach der Rom I-Verordnung, IPrax 2009, 35; Flume Das Rechtsverhältnis des Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht. Teil I, DB 1972, 1; ders. Das Rechtsverhältnis des Leasing in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht. Teil II, DB 1972, 53; ders. Die Rechtsfigur des Finanzierungsleasing, DB 1991, 265; Förl Die Absicherung von Neukonsorten in Share Pledge Agreements, RNotZ 2007, 433; Fox Spielfilmfinanzierung mit Mezzanine-Kapital, ZBB 2006, 484; Frank Splitting-Beteiligungen an Kommanditgesellschaften (1997); Fromm Banken als faktische Gesellschafter bei Turnaround-Finanzierungen, Gefahren für Unternehmen und Kreditinstitute, GmbHR 2003, 1114; Früh Eigenkapitalersetzende Gesellschafterkredite, Eine kurze Bestandsaufnahme nach Inkraftreten des KapAEG, des KonTraG und der InsO, GmbHR 1999, 842; Fülbier Zivilrechtliche Einordnung von Zins- und Währungsswaps, ZIP 1990, 544; Ganter Rechtliche Risiken der Mezzanine-Finanzierung, WM 2011, 1585; Gayle Acquisition Finance. Syndication Best Practice, ICCLR 13 (2002), 300; Gebler/Müller Finanzierungsleasing. Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform und neuere Entwicklungen in der Vertragspraxis, ZBB 2002, 107; Gehrlein Der Konsortialkredit als Modell einer Innengesellschaft, DStR 1994, 1314; ders. Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, BB 2008, 846; Geisler Die engste Verbindung im internationalen Privatrecht (2001); Gerdes Auswirkungen von Mezzanine-Kapital auf das Rating – Anforderungen und Kriterien zur Klassifizierung von Mezzanine-Kapital als wirtschaftliches Eigenkapital, BC 2006, 57; Gernhuber Synallagma und Zession, FS L. Raiser (1974) S. 57; ders. Die Erfüllung und ihre Surrogate. Handbuch des Schuldrechts, Band 32 (1994); Gerth Probleme der Wechselforfaitierung, ZKW 1979, 576; Gerz Praxishinweise zur Mittelstandsfinanzierung mit Förderkrediten und Bürgschaftsbanken, DStR 2011, 876; Geßler Die Umwandlung von Krediten in haftendes Kapital, FS Möhring (1975), S. 173; Gillor Der Rahmenvertrag für Finanzgeschäfte der Europäischen Bankenvereinigung (EMA) 923

Renner

4. Teil – Das Kreditgeschäft

(2006); Gitter Gebrauchsüberlassungsverträge (1988); Glomb Finanzierung durch Factoring. Rechtliche Analyse und Vergleich mit herkömmlichen Finanzierungs- und Sicherungsmethoden (1969); Goette GmbH: Eigenkapitalersatzhaftung des Pfandgläubigers, DStR 1992, 1480; ders. Einige Aspekte des Eigenkapitalersatzrechts aus richterlicher Sicht, ZHR 162 (1998), 223; Golland/Gehlhaar Mezzanine-Kapital als Finanzierungsbaustein mit Wettbewerbsvorteil im Auktionsprozess, M&A Review 6 (2005), 272; Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch Mezzanine Kapital, BB-Special Nr. 4 2005, 1; Gorton/Metrick Regulating the Shadow Banking System, Brookings Papers on Economic Activity 2010, 261; Graf Lambsdorff Wirksamkeit der Globalzession bei unechtem Factoring, ZIP 1980, 539; Greiner Das Finanzierungsleasing zwischen Vertrag und Gesetz, NJW 2012, 961; Großmann-Doerth Selbstgeschaffenes Recht der Wirtschaft und staatliches Recht, 1933; Grundmann Die Dogmatik der Vertragsnetze, AcP 207 (2007), 708; Grundmann/Renner Vertrag und Dritter – Zwischen Privatrecht und Regulierung, JZ 2013, 379; Gzuk Finanzierungsleasing als alternative Investitionsform, AcP 190 (1990), 208; Haas Adressatenkreis und Rechtsnachfolge bei subordinierten Gesellschafterdarlehen, NZG 2013, 1241; Habersack Grundfragen der freiwilligen oder erzwungenen Subordination von Gesellschafterkrediten, ZGR 2000, 384; ders. Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf das Recht der Bankgeschäfte, in: Hadding/Hopt/Schimansky (Hrsg.), Bankrechtstag 2002 (2003), S. 3; ders. Gesellschafterdarlehen nach MoMiG: Anwendungsbereich, Tatbestand und rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145; ders. Risikoverteilung beim Projektleasing – Kritische Bemerkungen zu OLG Hamm WM 2007, 2012, WM 2008, 809; Haeger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungsinstrumente2 (2007); Hager Rechtsfragen des Finanzierungsleasing von Hard- und Software, AcP 190 (1990), 324; Hakenberg Juristische Aspekte der Exportforfaitierung, RIW 1998, 906; Hangebrauck Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Existenzschutz bei konzernweiten Cash-PoolingSystemen (2008); Harriehausen Der Gewährleistungsausschluss im Finanzierungsleasingvertrag, NJW 2013, 3393; Hartmann-Wendels/Moseschus/Wessel Factoring-Handbuch (2014); Häuselmann Der Forderungsverkauf im Rahmen des Asset Backed – Financing in der Steuerbilanz, DStR 1998, 826; Häusler Das UNIDROIT Übereinkommen über internationales Factoring (Ottawa 1988) unter besonderer Berücksichtigung seiner Anwendbarkeit (1997); Heer Die Übertragung von Darlehensforderungen. Eine systematische Übersicht, BKR 2012, 45; Heermann Drittfinanzierte Erwerbsgeschäfte. Entwicklung der Rechtsfigur des trilateralen Synallagmas auf der Grundlage deutscher und U.S.amerikanischer Rechtsentwicklungen (1998); Heidland Insolvenzrechtliche Probleme beim Factoring, KTS 1970, 165; Helm Die Rechtsnatur des Wechseldiskontgeschäfts. Eine Entgegnung auf Stauder in WM 1968, 562, WM 1968, 930; Henckel Gegenseitige Verträge in Konkurs und Vergleich, ZZP 99 (1986), 419; Hentschel Der außergerichtliche Sanierungskonsortialkredit (2008); Hill Interessenkollisionen beim Vertrag über echtes und unechtes Factoring, 1994; ders. Buy-Out Finanzierungen, in: Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Sturkturierte Finanzierungen (2011), S. 157; Himmelsbach/ Achsnick Faktische Geschäftsführung durch Banken: Gefahr oder Scheinproblem? NZI 2003, 355; Hinsch/Horn Das Vertragsrecht der internationalen Konsortialkredite und Projektfinanzierungen (1985); Hirte Die Neuregelung des Rechts der (früher kapitalersetzenden) Gesellschafterdarlehen durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbHRechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), WM 2008, 1429; Hirte Das „neue“ Sanierungsprivileg nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO, WM 2009, 1961; Hofert/Arends Intelligente rechtliche Gestaltung von MezzanineFinanzierungen, ZIP 2005, 1297; Hoffmann Abtretung der Hauptforderung und Verzugsschaden, WM 1994, 1464; ders. Parallel Debt, WM 2009, 1452; ders. Grenzen der Einflussnahme auf Unternehmensleitungsentscheidungen durch Kreditgläubiger, WM 2012, 10; Hofmann/Walter Die Veräußerung Not leidender Kredite – aktives Risikomanagement der Bank im Spannungsverhältnis zwischen Bankgeheimnis und Datenschutz, WM 2004, 1566; Hölzle Gibt es noch eine Finanzierungsfolgenverantwortung im MoMiG? ZIP 2009, 1939; ders. Bindung von Gesellschafterhilfen in der Krise der GmbH durch Richterrecht? – Zur Vermeidung von Schutzlücken im MoMiG, ZIP 2011, 650; Hommelhoff Eigenkapital-Ersatz im Konzern und in den Beteiligungsgesellschaften, WM 1984, 1105; Hopt Rechtspflichten der Kreditinstitute zur Kreditversorgung, Kreditbelassung und Sanierung von Unternehmen. Wirtschaftsund bankrechtliche Überlegungen zum deutschen und französischen Recht, ZHR 143 (1979), 139; Huber Finanzierungsfolgenverantwortung de lege laga und de lege ferenda, FS Priester (2007), S. 259; Huber/Habersack Zur Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, in: Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa (2006), S. 370; Hueck Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft4 (1971); Jandt/Roßnagel Factoring von Forderungen aus Behandlungsverträgen der Krankenhäuser, MedR 2013, 17; Janka/Löwenstein Zur steuerlichen Behandlung des rechtsgeschäftlichen Rangrücktritts, DB 1992, 1648; Jansen/Pfeifle Rechtliche Probleme des Crowdfundings, ZIP 2012, 1842; Josenhans/Danzmann/Lübbehüsen BKR 2018, 142; Kalavros Der Factoringvertrag nach deutschem und nach griechischem Recht (2012); Kamm/Kropf Insolvenzanfechtung im Cash-Pool, ZInsO 2014, 689; Kamp/Solmecke Mezzanine-Kapital: Ein Eigenkapitalsubstitut für den Mittelstand? FB 2005, 618; Kampshoff Behandlung von Bankdarlehen in der Krise der GmbH, GmbHR 2010, 897; Kaufhold Der deutsche Factoringmarkt, in: Hagenmüller/Sommer/Brink (Hrsg.), Handbuch des nationalen und internationalen Factoring (1997), S. 55; Kegel/Schurig Internationales Privatrecht9 (2004); Kieninger Das Statut der Forderungsabtretung im Verhältnis zu Renner

924

4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

Dritten, RabelsZ 62 (1998), 678; dies. Neue Chancen für internationale Finanzierungsgeschäfte. Die UN-Abtretungskonvention, ZIP 2003, 2181; dies. Das auf die Forderungsabtretung anzuwendende Recht im Licht der BIICL-Studie, IPRax 2012, 289; Kieninger/Schütze Die Forderungsabtretung im Internationalen Privatrecht. Bringt die „Rom IVerordnung“ ein „Ende der Geschichte“? IPrax 2005, 200; Kiethe Mezzanine-Finanzierung und Insolvenzrisiko, DStR 2006, 1763; Kilgus Auswirkungen der Finanzkrise auf das Konsortialkreditgeschäft, BKR 2009, 181; Klaas Die Risikoverteilung bei neueren Finanzmethoden, NJW 1968, 1502; Klamroth Inhaltskontrolle von FinanzierungsLeasing-Verträgen über bewegliche Gegenstände nach dem „Leitbild des Leasing-Vertrages“, BB 1982, 1949; M. Klein Projektfinanzierung (2004); Klimke Die Vertragsübernahme (2010); Klöhn/Hornuf Crowdinvesting in Deutschland, ZBB 2012, 237; Klumb Teilrechtswahl in standardisierten Kreditverträgen, ZBB 2012, 449; Knebel Zur typologischen Einordnung des Leasingvertrags, WM 1993, 1026; Knops Die rechtliche Bindung des Leasinggebers an Zusagen des Lieferanten, BB 1994, 947; ders. Kreditnehmerschutz bei der Verbriefung von Forderungen, WM 2008, 2185; ders. Neuregelungen zum Kredithandel durch das Risikobegrenzungsgesetz. Kein großer Wurf, VuR 2009, 286; E.-G. Koch Störungen beim Finanzierungs-Leasing (1981); Kohl Auswirkungen der Schuldrechtsmodernisierung auf das Factoring-Geschäft in Deutschland, FLF 2003, 80; Krebs Sittenwidrigkeit beim Finanzierungsleasing von Mobilien wegen Wucherähnlichkeit, NJW 1996, 1177; Krolop Mit dem MoMiG vom Eigenkapitalersatz zu einem insolvenzrechtlichen Haftkapitalerhaltungsrecht? ZIP 2007, 1738; ders. Zur Anwendung der MoMiG-Regelungen zu Gesellschafterdarlehen auf gesellschaftsfremde Dritte, GmbHR 2009, 397; Kropff Zur Wirksamkeit bilanzpolitisch motivierter Rechtsgeschäfte, ZGR 1993, 41; Kübler Wirksamkeit der Globalzession bei unechtem Factoring, ZIP 1980, 546; Kümpel Investmentfonds als Wertpapierverleiher im Rahmen des geltenden Rechts, WM-FG Heinsius (1991), S. 31; Künkele BilMoG: Handelsrechtliche Reform mit steuerlichen Konsequenzen? Übersicht über die Änderungen durch das BilMoG und die steuerlichen Folgen, DStR 2009, 1277; Kunth Zur (echten) Globalzession im unechten Factoring, Überlegungen im Anschluß an das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen vom 24.4.1980, BB 1981, 334; Langenbucher Kredithandel nach dem Risikobegrenzungsgesetz, NJW 2008, 3169; Larenz Lehrbuch des Schuldrechts Band I Allgemeiner Teil14 (1987); Larenz/Canaris Lehrbuch des Schuldrechts Band II Besonderer Teil 213 (1994); Laspeyres Hybridkapital in Insolvenz und Liquidation der Kapitalgesellschaft (2013); Laudenklos/ Sester Mezzanine-Kapital als wirtschaftliches Eigenkapital im Ratingverfahren – Eine rechtliche Gestaltungsaufgabe, WM 2004, 2417; Leenen Die Pflichten des Leasing-Gebers, AcP 190 (1990), 260; Lehmann Die Änderungen im Darlehens- und Grundschuldrecht durch das Risikobegrenzungsgesetz, ZGS 2009, 214; ders. Finanzinstrumente. Vom Wertpapier- und Sachenrecht zum Recht der unkörperlichen Vermögensgegenstände (2009); ders./Wancke Abtretung von Darlehensforderungen und Datenschutz – Neues zu einer problematischen Beziehung, WM 2019, 613 (Teil I) und 665 (Teil II); Leidinger Finanzierungspraxis bei ÖPP (2010); Lettl Das neue Rechtsdienstleistungsgesetz insbesondere aus bankrechtlicher Sicht, WM 2008, 2233; Leyens Leasing. Grenzen der formularmäßigen Risikoabwälzung vom Leasinggeber auf den Hersteller/Lieferanten, MDR 2003, 312; Lieb Wandlung des Leasingvertrages und weitere Zahlung der Raten, JZ 1982, 561; ders. Das Leitbild des Finanzierungs-Leasing im Spannungsfeld von Vertragsfreiheit und Inhaltskontrolle, DB 1988, 946; ders. Gewährleistung beim reinen Finanzierungsleasing, DB 1988, 2495; Littmann Leasing in der Steuerbilanz, DStR 1970, 261; Löbbe Finanzierungsleasingvertrag nach der Schuldrechtsreform, BB Beilage 2003, 7; Lorenz Unterbeteiligungen an Krediten im Common Law und im Civil Law (1993); Loyal Vertragsaufhebung wegen Störung der Geschäftsgrundlage, NJW 2013, 417; Lüdicke/Kind Finanzierungsleasing als Finanzdienstleistung. Vorschlag einer Begriffsbestimmung, DStR 2009, 709; Lunckenbein Rechtsprobleme des Factoring-Vertrages, 1983; Lüneborg Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen (2010); Lüttge Unternehmensumwandlung und Datenschutz, NJW 2000, 2463; Lwowski/Weber Pfändung von Ansprüchen auf Kreditgewährung, ZIP 1980, 609; Magnus Die Rom I-Verordnung, IPRax 2010, 27; Magnus/Mankowski The Green Paper on a Future Rome I Regulation. On the Road to a Renewed European Private International Law of Contracts, ZVglRWiss 103 (2004), 131; Maier-Reimer Kreditsicherung und Kapitalersatz in der GmbH, FS Rowedder (1994), S. 245; Maier-Reimer Englische Vertragssprache bei Geltung deutschen Rechts, AnwBl 2010, 13; Mankowski Zessionsgrundstatut v. Recht des Zedentensitzes. Ergänzende Überlegungen zur Anknüpfung der Drittwirkung von Zessionen, IPRax 2012, 298; Marsch-Barner/Mackenthun Das Schicksal gespeicherter Daten bei Verschmelzung und Spaltung von Unternehmen, ZHR 165 (2001), 426 Martinek Moderne Vertragstypen I. Leasing und Factoring (1991); Mäsch Rechtswahlfreiheit und Verbraucherschutz eine Untersuchung zu den Art. 19 I, 27 III und 34 EGBGB (1993); Meincke Steuerbezogene Argumente in der Zivilrechtsprechung zum Finanzierungsleasing, AcP 190 (1990), 358; Merkt Vertragsform beim Kauf von Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft, ZIP 1994, 1417; Meschkowski/ Wilhelmi Investorenschutz im Crowdinvesting, BB 2013, 1411; Meyer-Hofmann Public Private Partnership. Gestaltung von Leistungsbeschreibung, Finanzierung, Ausschreibung und Verträgen in der Praxis (2008); Mittendorfer Praxishandbuch Akquisitionsfinanzierung (2007); Montenbruck Das Verhältnis des Factoringgeschäfts zum Kreditwesengesetz, zum Rechtsberatungsgesetz und zur Gewerbeordnung, MDR 1971, 541; Mühl Der außergerichtliche Liquidations925

Renner

4. Teil – Das Kreditgeschäft

vergleich, NJW 1956, 401; Müller-Känel Mezzanine Finance2 (2004); Mylich Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Nassall Unterliegen Dispositionskredite der Pfändung? NJW 1986, 168; Neske Grundformen von Kreditderivaten, in: Burghof/Henke/Rudolph/Schönbucher/Sommer (Hrsg.), Kreditderivate. Handbuch für die Bank- und Anlagepraxis (2005), S. 56; Neuhof Sanierungsrisiken der Banken: Die Sanierungsphase, NJW 1999, 20; Nicklisch Netzwerke komplexer Langzeitverträge verknüpfte Verträge und verknüpfte Streitbeilegung bei Großprojekten (2000); Noack Der Regierungsentwurf des MoMiG – Die Reform des GmbH-Rechts geht in die Endrunde, DB 2007, 1395; Nobbe Bankgeheimnis, Datenschutz und Abtretung von Darlehensforderungen, WM 2005, 1537; Nobbe Der Verkauf von Krediten, ZIP 2008, 97; Nordhues/Benzler Risikosteuerung durch Kreditderivate, WM 1999, 461; Nörr/Scheyhing/Pöggeler Sukzessionen2, Handbuch des Schuldrechts Band 2 (1999), S. 211; Oberfeuchtner Finanzierungsleasing und Verbraucherschutz. Fragen der Reichweite und Beschränkbarkeit (2010); Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis9 (2016); Oechsler Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag. Die theoretischen Grundlagen der Vertragsgerechtigkeit und ihr praktischer Einfluß auf Auslegung, Ergänzung und Inhaltskontrolle des Vertrags (1997); ders. Globalzession, Teilabtretung und Rangrücktritt beim gemischten Factoring, BKR 2019, 53; Omlor „Verbrauchsgüterleasing“ als neue Kategorie, ZGS 2008, 220; Pannen/Wolff ABS-Transaktionen in der Insolvenz des Originators. Das Doppeltreuhandmodell und die neuen Refinanzierungsregister, ZIP 2006, 52; Papapostolou Die Risikoverteilung beim Finanzierungsleasingvertrag über bewegliche Sachen (1987); Pechlaner/Bachinger/Holzschuher Unternehmertum und Public Private Partnership (2009); Pentz Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbH-Gesetz, GmbHR 1999, 437; Peters Die Schadensberechnung bei der Verletzung zedierter Forderungen, JZ 1977, 119; ders. Der vertragliche Rangrücktritt von Forderungen – Versuch einer Bestandsaufnahme – Teil II, WM 1988, 685; ders. Regreßloser Ankauf von Leasingforderungen. Teil I, WM 1993, 1661; Philipp Factoringvertrag (2006); Plathe Zur rechtlichen Beurteilung des LeasingGeschäfts, BB 1970, 601; Poelzig Nachrangdarlehen als Kapitalanlage, WM 2014, 917; Priester Gläubigerrücktritt zur Vermeidung der Überschuldung, DB 1977, 2429; ders. Eigenkapitalersetzende Finanzierung durch Quasigesellschafter, FS Helmrich (1994), S. 721; Rebmann Das UNIDROIT-Übereinkommen über das internationale Factoring (Ottawa 1988), RabelsZ 53 (1989), 599; Reifner Kleinunternehmen und Kreditwirtschaft – eine Forschungsagenda, ZBB 2003, 20; ders. Der Verkauf notleidender Verbraucherdarlehen, BKR 2008, 142; Reinicke/Tiedtke Finanzierungsleasing und Sachmängelhaftung, BB 1982, 1142; Reinking Auswirkungen der geänderten Sachmängelhaftung auf den Leasingvertrag, ZGS 2002, 229; Renner Die „Natur des Vertrags“ nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, AcP 213 (2013), 677; Renner Treupflichten beim grenzüberschreitenden Konsortialkredit, ZBB 2018, 278; Renner/Leidinger Zur AGB-Kontrolle standardisierter Unternehmenskreditverträge, BKR 2015, 499; Renner/Hesselbarth Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, JuS 2014, 7; Reuter Bilanzneutralität von Betreibermodellen, Projekt- und Leasing-Finanzierungen nach HGB, IFRS und US-GAAP: Voraussetzungen, Vertragsgestaltung und Rating-Folgen nach Basel II, WM 2004, 610; ders. Projektfinanzierung und Kapitalmarkt, WM 2009, 2057; ders. Die Anfechtbarkeit der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen im Cash-Pool: Explosive Massevermehrung nach § 135 InsO? FS Wellensiek (2011), S. 531; Rinze/Heda Non-Performing-Loan und Verbriefungs-Transaktionen: Bankgeheimnis, Datenschutz, § 203 StGB und Abtretung, WM 2004, 1557; Rödl Rechtsfragen des Factoring-Vertrags, BB 1967, 1301; Rohe Netzverträge. Rechtsprobleme komplexer Vertragsbindungen (1998); Rolland Betrachtungen zum Finanzierungsleasing, FS Medicus (2009), S. 353; Rösler/Mackenthun/Pohl Handbuch Kreditgeschäft6 (2002); Roth Das Factoring, Jura 1979, 297; Roth Zur gerichtlichen Inhaltskontrolle von Finanzierungs-Leasingverträgen, AcP 190 (1990), 292; Röthel/Heßeler Vertragsübernahme und Verbraucherschutz – Bewährungsprobe für ein junges Rechtsinstitut, WM 2008, 1001; Rudolf Einheitsrecht für internationale Forderungsabtretungen (2006); Rudolph Tranchierte Mezzanine-Fonds: Neues Marktsegment in der Mittelstandsfinanzierung? BB-Special Nr. 5 2005, 15; Rümker Verhaltenspflichten der Kreditinstitute in der Krise des Kreditnehmers, KTS 1981, 493; Rümker/Büchler Probleme der Verpfändung von Kommanditanteilen, Einflußmöglichkeiten des Pfandgläubigers, § 32a GmbHG, FS Claussen (1997), S. 337; Rümker/Denicke Offene Rechtsfragen des sogenannten Sanierungsprivilegs nach § 32a III S. 3 GmbHG, FS Lutter (2000), S. 665; Runge Leasing im Zivilrecht, DB Beilage 21 1978, 6; Sannwald Der Finanzierungsleasingvertrag über bewegliche Sachen mit Nichtkaufleuten (1982); Schäfer Eigenkapitalersatz nach „MoMiG“ – was bleibt von der Finanzierungsfolgenverantwortung? ZinsO 2010, 1311; Schalast Veräußerung von Einzelforderungen (Single Names) und Portfolios notleidender Kredite – Markttrends und Entwicklungen, BKR 2006, 193; Scharenberg Die Bilanzierung von wirtschaftlichem Eigentum in der IFRS-Rechnungslegung (2009); Scharpf Risiken des Handels mit notleidenden Krediten – Von non performing loans zu non existing loans, NJW 2009, 3476; Schmalenbach/Sester Fortschreibung der typischen Vertragsstruktur für Leasingtransaktionen nach der Schulddrechtsreform, WM 2002, 2184; Schmeisser Zur Problematik der Factoringfähigkeit und des Nutzens des Factoring von mittleren Unternehmen, DStR 2005, 1199; Schmeisser/Clausen Mezzanines Kapital für den Mittelstand zur Verbesserung des Ratings, DStR 2008, 688; Schmid-Burgk Leasingraten. Masseschulden oder Konkursforderungen? Eine Erwiderung auf H.-G. Eckert, ZIP 1997, 2077, ZIP

Renner

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

1998, 1022; Schmidt Das Insolvenzrisiko der Banken zwischen ökonomischer Vernunft und Rechtssicherheit, WM 1983, 490; Schmitt Der Factor-Kunde im Konkurs des Factors, ZKW 1974, 796; ders. FATCA und die Auswirkungen auf internationale Konsortialkreditverträge, WM 2013, 1931; Schmitt/Doetsch Crowdfunding. Neue Finanzierungsmöglichkeit für die Frühphase innovativer Geschäftsmodelle, BB 2013, 1451; Schmitz Globalabtretung an FactoringGesellschaft bei unechtem Factoring, NJW 1978, 201; Schmitz/Fuchs Unwirksamkeit der Vereinbarung eines Equity Kickers in Mezzanine-Darlehensverträgen wegen Sittenwidrigkeit? FB 2005, 13; Schneck Handbuch Alternative Finanzierungsformen, 2006; Schön Gibt es das partiarische Darlehen? ZGR 1993, 210; Schönfelder Sanierungskredite und Verschleppungshaftung. Sinn und Unsinn von Sanierungsgutachten, WM 2013, 112; Schrell/Kirchner Mezzanine Finanzierungsstrategien, BKR 2003, 13; Schröder Die Reform des Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG (2012); Schücking Das Internationale Privatrecht der Banken-Konsortien, WM 1996, 281; Schulte Mezzanine-Kapital als Finanzierungsalternative für Mittelständler? M&A Review 5 (2005), 182; Schütze Kollisionsrechtliche Probleme der Forfaitierung von Exportforderungen, WM 1979, 962; ders. Forfaitierungs-Vertrag, in: Schütze/Weipert (Hrsg.), Münchener Vertragshandbuch 2. Wirtschaftsrecht I (2009), S. 283; Schwenke Factoring im deutsch-französischen Rechtsverkehr, 2005; Schwenzer Zession und sekundäre Gläubigerrechte, AcP 182 (1982), 214; Schwerdtfeger Europäischer Pass für Leasing und Factoring, BKR 2010, 53; Schwintowski/Dannischewski Eigenkapitalersetzende Darlehen durch den Gesellschaftergleichen Dritten nach § 32a Abs. 3 GmbHG, ZIP 2005, 840; Seetzen Sekundäre Gläubigerrechte nach Abtretung des Hauptanspruchs aus einem gegenseitigen Vertrag. Zugleich ein Beitrag zum Schuldnerschutz, AcP 169 (1969), 352; Seifert Rechtsfragen beim Leasing-Vertrag, BB 1983, 5; Serick Rechtsprobleme des Factoring-Geschäftes, BB 1976, 425; ders. Die Factoring-Zession, ZHR 143 (1979), 68; ders. Überschuldete Gesellschaft und konkursabwendender Forderungsrücktritt eines Nichtgesellschafters, ZIP 1980, 9; ders. Befremdliches zur Behandlung der Barvorschußtheorie beim Factoring-Geschäft? NJW 1981, 794; ders. Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd IV, 1993; Servatius Gläubigereinfluss durch Covenants (2008); Sester Projektfinanzierungsvereinbarungen als Gestaltungs- und Regulierungsaufgabe (2004); Sokolowski Die Abtretbarkeit der Sicherungsgrundschuld nach der Neuregelung durch das Risikobegrenzungsgesetz, JR 2009, 309; Sonnenberger Rechtsfragen beim Leasing beweglicher Sachen, NJW 1983, 2217; Spliedt MoMiG in der Insolvenz – ein Sanierungsversuch, ZIP 2009, 149; Stadler Der Streit um das Zessionstatut – eine endlose Geschichte? IPrax 2000, 104; Sternberg Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH zum Finanzierungsleasing, BB 1987, 12; Stoffels Gesetzlich nicht geregelte Schuldverhältnisse (2001); ders. AGB-Recht2 (2009); Stolterfoht Vollamortisationsvertrag über Mobilien-Leasing, in: Schütze/Weipert (Hrsg.), Münchener Vertragshandbuch 2. Wirtschaftsrecht I (2009), S. 151; Stumpf/Schmitt Endlich mehr Rechtssicherheit beim Erwerb ausländischer Forderungen? FLF 2012, 276; Stupp/Mucke Die Auswirkungen kreativer „Zins“-Vereinbarungen auf die ordentlichen Kündigungsmöglichkeiten des Darlehensnehmers, BKR 2005, 20; Suchanek Die tatsächliche Durchführung von Gewinnabführungsverträgen im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG, Finanz Rundschau 2005, 665; Sutter/Fiedler Rechtliche Einordnung der Rangrücktrittsvereinbarung als Teil der Gläubigervereinbarung (Intercreditor Agreement), ZinsO 2011, 552; Tacke Bearbeitung und Abwicklung eines Leasingvertrages, DB 1988, 3; Teubner Netzwerk als Vertragsverbund. Virtuelle Unternehmen, Franchising, Just in Time in sozialwissenschaftlicher und juristischer Sicht (2004); Teufel Insolvenzsicherung durch Vertragsgestaltung, NJW 1981, 952; Theewen Haftungsrisiken der Kreditinstitute in der Krise ihrer Schuldner, BKR 2003, 141; ders. Problemkredite und die „Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft der Kreditinstitute“. Workout, Outsourcing oder Bad Bank? WM 2004, 105; Thole Vertragsgestaltung im Schatten des Insolvenzrechts – Prolegomena zu einer Systematik der insolvenzbezogenen Verträge, KTS 2010, 383; Tiedtke Schadensersatzansprüche des Leasinggebers wegen verspäteter Rückgabe der Leasingsache, ZIP 1989, 1437; ders. Zur Sachmängelhaftung des Leasinggebers, JZ 1991, 907; Tiedtke/Möllmann Auswirkungen der Schuldrechtsreform im Leasingrecht, DB 2004, 583; diess. Entwicklung der aktuellen Rechtsprechung des BGH zum Leasingrecht, DB 2004, 915; Tiedtke/Peterek Die Rechtsprechung des BGH zum Leasing seit 2004, DB 2008, 335; Tillmann Der Entwurf des MoMiG und die Auswirkungen auf die Gesellschafterfremdfinanzierung, Vertrickte und privilegierte Darlehen, GmbHR 2006, 1289; Tobin LMA Launches Revised Leveraged Loan Document, IFLR 25 (2006), 35; Tolkmitt Die Theorie der Novation im gemeinen Recht des 19. Jahrhunderts, 1968; Toth-Feher/Schick Distressed Opportunities – Rechtliche Probleme beim Erwerb notleidender Forderungen von Banken, ZIP 2004, 491; Ulbrich Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts der GmbH (2011); Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling (2003); Voglis Kreditkündigung und Kreditverweigerung der Banken im Lichte von Treu und Glauben (2001); Volk Mezzanine Capital: Neue Finanzierungsmöglichkeit für den Mittelstand? BB 2003, 1224; von Einem/Schmid/Pütz Mittelstandsfinanzierung mittels Private Debt: Welche Form ist die richtige aus rechtlicher, steuerlicher und bilanzrechtlicher Sicht? BB-Special Nr. 5 2005, 9; Vuia Die Verantwortlichkeit von Banken in der Krise von Unternehmen (2007); Wand Musterdarlehensvertrag für gewerbliche Kreditvergaben – Teil I –, WM 2005, 1932; ders. Musterdarlehensvertrag für gewerbliche Kreditvergaben – Teil II –, WM 2005, 1969; Waschbusch Die Rechnungslegung der Kreditinstitute bei Pensionsgeschäften. Zur Rechtslage 927

Renner

4. Teil – Das Kreditgeschäft

nach § 340b HGB, BB 1993, 172; H. Wassermann Factoring in Deutschland 2005 unverändert auf Wachstumskurs, FLF 2006, 153; Weber Swap-Geschäfte, FS Schluep (1988), S. 301; ders. Die Entwicklung des Leasingrechts in den Jahren 2001 bis Mitte 2003, NJW 2003, 2348; ders. Praxishandbuch Public Private Partnership (2007); ders. Die insolvenzfeste Refinanzierung von Forderungen durch Asset Backed Securities. Eine Untersuchung der Grundlagen der True-Sale-Verbriefung (2011); Weitnauer Der „GAU“ der Unternehmensfinanzierung durch Dritte: Die Umqualifizierung in Eigenkapital, BKR 2005, 43; Weitnauer/Parzinger Das Crowdinvesting als neue Form der Unternehmensfinanzierung, GWR 2013, 153; Weller Die Übertragung von GmbH-Geschätsanteilen im Ausland: Auswirkungen von MoMiG und Schweizer GmbH-Reform, Der Konzern 2008, 253; Wenzel Rechtsfragen internationaler Konsortialkreditverträge. Deutsches und englisches Recht (2006); Werner Mezzanine-Kapital2 (2007); Westermann Gesellschaftsrechtliche Risiken bei der bankmäßigen Projektfinanzierung, FS Odersky (1996) S. 897; v. Westphalen Rechtsprobleme des Factoring und des Forfait von Exportforderungen, RIW 1977, 80; ders. Die rechtliche Qualiflkation des Lieferanten des Leasingguts beim Finanzierungsleasirig, BB 1984, 2093; ders. Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Lieferanten. Ein Risiko des Leasinggebers, ZIP 1985, 1436; ders. Rechtsprobleme bei der Exportfinanzierung (1987); ders. Leasing und Konkurs, BB 1988, 218; ders. Rechtliche Qualifizierung des Leasing. Steuer- und kreditrechtliche Fußnoten, BB 1988, 1829; ders. Das Schuldrechtmodernisierungsgesetz und Leasing, DB 2001, 1291; ders. Die Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf die Abtretungskonstruktion beim Leasing, ZIP 2001, 2258; Wiedemann Gesellschaftsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung, ZIP 1986, 1293; ders. Gesellschaftsrecht II (2004); Wiehe Mezzanine Finance Structures under German Law, Journal of International Banking Law and Regulation 2007, 218; Wielsch Global Law’s Toolbox: Private Regulation by Standards, American Journal of Comparative Law 60 (2012), 1075; Wilhelmi Upstream-Darlehen nach dem MoMiG – zugleich Besprechung des Urteils des BGH vom 1.12.2008 = WM 2009, 78 – MPS, WM 2009, 1917; Willer Die parallel debt als Sicherheitenträger, AcP 209 (2009), 807; Willms Die Rolle der Euro-Kapitalmärkte bei der Projektfinanzierung, WM 2001, 1485; Windbichler Gesellschaftsrecht24 (2017); Winstel/Skauradszun Zahlungen an mehrere Gesellschafter in der Krise, GmbHR 2011, 185; Wittig Beseitigung der Insolvenzgründe mit Bankenbeiträgen als Voraussetzung der freien Unternehmenssanierung, NZI 1998, 49; ders. Rangrücktritt – Antworten und offene Fragen nach dem Urteil des BGH vom 8.1.2001, NZI 2001, 169; ders. Kritische und notleidende Kreditengagements. Änderungen auf Grund der Schuldrechtsreform, NZI 2002, 633; ders. Bankaufsichtsrechtliche Grundlagen des (internen) Ratings und seine Transformation in das Darlehensverhältnis mit Unternehmen, ZHR 169 (2005), 212; Wittinghofer Fachbegriffe aus M & A und Corporate Finance. Credit Default Swaps als Instrument zur Absicherung von Kreditrisiken, NJW 2010, 1125; Wittkämper Das private Wirtschaftsrecht der Pensionsgeschäfte von Kreditinstituten, DB 1966, 1957; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker Grundzüge der Unternehmensfinanzierung11 (2013); Wolf Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Factoring, WM 1979, 1374; ders. Auslegung und Inhaltskontrolle von AGB im internationalen kaufmännischen Verkehr, ZHR 153 (1989), 300; ders. Die Rechtsnatur des Finanzierungsleasings, JuS 2002, 335; ders. Charakteristika und praktische Relevanz, in: Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Strukturierte Finanzierungen (2011), S. 1; ders. Projektfinanzierung, in: Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Strukturierte Finanzierungen (2011), S. 77; Wolf/Haas Das Prioritätsprinzip im Konflikt zwischen Waren und Geldkreditgebern, ZHR 154 (1990), 64; Wolf/Kämmerling Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Risiko der Lieferanteninsolvenz beim Finanzierungsleasing, FS Merz (1992) S. 627; Wulfken Übertragungstechniken. Abtretung, Vertragsübernahme, Abspaltung, in: Köchling/Schalast (Hrsg.), Grundlagen des NPL-Geschäfts (2013), S. 113; Würdinger Theorie der schlichten Interessengemeinschaft (1934); Wuschek Massekredit als Sanierungsbeitrag? ZInsO 2014, 1294; Zaccaria Internationales Factoring nach Inkrafttreten der Konvention von Ottawa, IPrax 1995, 279; Zahn Die Leistung des Leasinggebers nach Übergabe. Wertlos? DB 1998, 1701; ders. Der kaufrechtliche Nacherfüllungsanspruch. Ein Trojanisches Pferd im Leasingvertrag? DB 2002, 985; M. Zimmermann Das Aktiendarlehen (2014).

4. Teil – Das Kreditgeschäft 4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit Renner I. II.

Übersicht Grundlagen | 306–313 Allgemeine Strukturen | 314–394 1. Eigenkapitalnahe Finanzierungen | 314–336 a) Gesellschafterdarlehen | 314–326 b) Mezzanine-Finanzierungen | 327–335 c) Konzernfinanzierung und Cash Pooling | 336

Renner

2.

3.

Konsortialkredite | 337–351 a) Funktion und Begriff | 337 b) Formen und Rechtsnatur | 338–342 c) Zahlung und Tilgung | 343, 344 d) Anteilsübertragung und Beitritt | 345–349 e) Beendigung | 350, 351 Standardverträge | 352–373 a) Formen und Rechtsnatur | 352–354 b) Typische Klauseln | 355–373

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

4.

III.

Typische Formen des Unternehmenskredits | 374–394 a) Betriebsmittelkredit | 375–379 b) Investitionskredit | 380, 381 c) Akquisitionskredit | 382–385 d) Projektfinanzierung | 386–388 e) Sanierungskredit | 389–394 Besondere Finanzierungsformen | 395–495 1. Gegenstand | 395 2. Finanzierungsleasing | 396–441 a) Funktion und Begriff | 396–401 b) Rechtsnatur | 402–407 c) Zustandekommen | 408–411 d) Rechtspflichten | 412–417 e) Leistungsstörungen | 418–429 f) Beendigung | 430–439 g) Unwirksamkeit | 440, 441 3. Factoring | 442–485 a) Funktion und Begriff | 442–444 b) Rechtsnatur | 445–454 c) Zustandekommen | 455 d) Rechtspflichten | 456–463 e) Leistungsstörungen | 464–466 f) Beendigung | 467–476 g) Unwirksamkeit | 477–485 4. Forfaitierung | 486–492 a) Funktion und Begriff | 486 b) Rechtsnatur | 487 c) Zustandekommen | 488 d) Rechtspflichten | 489, 490

IV.

V.

e) Leistungsstörungen | 491 f) Unwirksamkeit | 492 5. Repo-Geschäft | 493–495 a) Funktion und Begriff | 493 b) Rechtsnatur und Rechtspflichten | 494, 495 Der Kredithandel | 496–522 1. Gegenstand | 496 2. Portfolio-Transaktionen | 497–512 a) Funktion und Begriff | 497–499 b) Rechtsnatur | 500–504 c) Zustandekommen | 505 d) Rechtspflichten | 506–508 e) Leistungsstörungen | 509, 510 f) Unwirksamkeit | 511, 512 3. Verbriefung | 513–522 a) Funktion und Begriff | 513–515 b) Rechtsnatur | 516–518 c) Zustandekommen | 519 d) Rechtspflichten | 520 e) Leistungsstörungen | 521 f) Unwirksamkeit | 522 Besonderheiten im grenzüberschreitenden Verkehr | 523–541 1. Grundlagen | 523, 524 2. Darlehensrecht | 525–529 3. Besondere Finanzierungsformen | 530–533 4. Kredithandel | 534–541

I. Grundlagen Nach wie vor finanzieren sich Unternehmen in Deutschland und Europa vorwiegend mit 306 Fremdkapital.1247 Daher spielt das Geschäft mit Unternehmenskrediten für die hiesigen Kreditinstitute eine wichtige Rolle. Die rechtlichen Strukturen dieses Geschäfts haben sich allerdings von den dispositiven Vorgaben der §§ 488 ff. BGB weitgehend gelöst (oben Vierter Teil Rn 13–14). Ursächlich hierfür sind die Bedürfnisse der Unternehmen nach individuell angepassten Finanzierungsinstrumenten für unterschiedliche Verwendungszwecke, vom Betriebsmittelbis zum Akquisitionskredit (unten Vierter Teil Rn 374–394). Dabei ist aus unternehmerischer Sicht zunächst der enge Zusammenhang von Fremd- 307 und Eigenkapitalfinanzierung bedeutsam: Beide Finanzierungsformen stellen für das Unternehmen funktionale Äquivalente mit je spezifischen Vor- und Nachteilen dar.1248 Die Praxis der Unternehmensfinanzierung reagiert darauf einerseits mit dem Angebot einer Vielzahl von Misch- und Zwischenformen, so genannten Mezzanine-Finanzierungen, in denen sich Eigen-

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1247 Damit stehen Deutschland und die kontinentaleuropäischen Staaten im Gegensatz zu den stärker eigenkapitalorientierten Wirtschaftssystemen der angelsächsischen Staaten, vgl. aus ökonomischer Sicht eingehend Allen/Gale European Economic Review 39 (1995), 179; statistische Daten für deutsche Kleinunternehmen bei Reifner ZBB 2003, 20 (25 f.). 1248 Baums § 2 Rn 8–12. Zu den alternativen Finanzierungsformen aus unternehmerischer Sicht knapp Renner/Hesselbarth JuS 2014, 7; eingehend Wolf Projektfinanzierung, in Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Strukturierte Finanzierungen, S. 77 ff.; Schneck Handbuch Alternative Finanzierungsformen, S. 118 ff.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

308

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schaften der Fremd- und der Eigenkapitalfinanzierung miteinander verbinden.1249 Andererseits erfolgt die Unternehmensfinanzierung oftmals innerhalb einer Gesellschaft oder eines Konzerns, so dass gesellschafts- und insolvenzrechtliche Wertungen die Regeln des Darlehensrechts ergänzen und überlagern können (unten Vierter Teil Rn 314–336). Insbesondere kommt es bei eigenkapitalnahen Finanzierungen oftmals zu einem insolvenzrechtlichen Rangrücktritt, sei es aufgrund Gesetzes oder aufgrund Vereinbarung. Angesichts der oftmals großen Volumina von Unternehmensfinanzierungen ist gegenüber dem allgemeinen Kreditgeschäft der Kreditinstitute das Auftreten einer Mehrheit von Kreditgebern deutlich häufiger. Im Rahmen von Konsortialkrediten wird das Ausfallrisiko des Kredits auf mehrere Kreditinstitute verteilt. Die rechtliche Ausgestaltung eines solchen Konsortialkredits kann allerdings sehr unterschiedliche Formen annehmen (unten Vierter Teil Rn 337–351). Folgeprobleme treten insbesondere im Zusammenhang mit der einheitlichen Verwaltung von Kredit und Sicherheiten sowie bei der Weiterveräußerung von Konsortialanteilen auf. Große Kreditvolumina führen zudem, im Zusammenspiel mit den aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen,1250 zu einem erhöhten Bedarf für strukturierte Finanzierungen und Verbriefungen. Strukturierte Finanzierungen zeichnen sich dadurch aus, dass einerseits unterschiedliche Finanzierungsinstrumente bedarfsgerecht miteinander verbunden und durch eine Mehrheit von Kreditgebern bereitgestellt werden und andererseits der Finanzierungsrahmen möglichst nahtlos an die Finanzausstattung des Kreditnehmers angepasst werden kann.1251 Typischerweise wird eine strukturierte Finanzierung so konstruiert, dass sie die Bilanz der Kreditgeber nicht oder möglichst wenig belastet („off-balance“).1252 Der Bilanzentlastung des Kreditgebers dienen insbesondere unterschiedliche Formen des Kredithandels und der Verbriefung von Kreditforderungen (unten Vierter Teil Rn 496–522). Verbriefungstransaktionen sind zwar auch im Bereich des Verbraucherkredits möglich und durchaus verbreitet.1253 Im Bereich des Unternehmenskredits sind sie aber von deutlich größerer Bedeutung für die Entscheidung über das Ob und Wie der Kreditvergabe. Im Unterschied zum Verbraucherkreditgeschäft (unten Vierter Teil Rn 542–918) ist das Geschäft mit Unternehmenskrediten deutlich stärker von grenzüberschreitenden Transaktionen geprägt.1254 Das gilt etwa für großvolumige Akquisitionsfinanzierungen, an denen zumeist Kreditinstitute beteiligt sind, die ihren jeweiligen Sitz in unterschiedlichen Staaten haben. Hieraus ergeben sich besondere Probleme mit Blick auf die Frage des anwendbaren Rechts, sowohl für den Darlehensvertrag selbst als auch für die inneren Verhältnisse des Kreditgeberkonsortiums (unten Vierter Teil Rn 523–541). Schließlich ist auch die Stellung von Kreditsicherheiten beim Unternehmenskredit mit einer Reihe von Besonderheiten verbunden. Die Nähe zur Eigenkapitalfinanzierung, das Zusammenwirken einer Mehrzahl von Kreditgebern und nicht zuletzt die besonderen Schwierigkeiten des grenzüberschreitenden Kreditgeschäfts führen dazu, dass die gesetzlich typisierten Sicherungsmittel des deutschen Sachenrechts in Verbindung mit dem kollisionsrechtlichen Belegenheitsgrundsatz vielfach als zu unflexibel und ungeeignet wahrgenommen werden.1255

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1249 Überblick über unterschiedliche Formen der Mezzanine-Finanzierung bei Müller-Känel Mezzanine Finance, S. 123 ff.; Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 197 ff.; Eilers/Rödding/ Schmalenbach/Gleske/Laudenklos2 Unternehmensfinanzierung Rn D-1 ff. 1250 Zu diesem Zusammenhang etwa Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.3. 1251 Wolf Charakteristika und praktische Relevanz, in Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Strukturierte Finanzierungen, S. 1 (21 ff.); Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.5. 1252 Wolf Charakteristika, S. 25. 1253 Reifner BKR 2008, 142; BankR-HdB/Sethe5 § 114a Rn 17. 1254 Knapper Überblick über die gängigen Finanzierungsformen im Außenhandel Bernstorff RIW 1987, 889. 1255 Zu dieser Entwicklung bei Krediten auf dem Euromarkt (unten Vierter Teil Rn 313) BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 63.

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

Zunehmend werden sie daher durch vertragliche Instrumente in Gestalt von Covenants ergänzt oder ersetzt, welche den Kreditgebern weitreichende Informations-, Anpassungs- und Kündigungsrechte einräumen. Diese sind im Zusammenhang mit der vertraglichen Kreditsicherung (unten Vierter Teil Rn 927–961) zu behandeln. Die genannten Besonderheiten des Unternehmenskredits (oben Vierter Teil Rn 306–311) ha- 312 ben ferner zur Folge, dass der Kautelarpraxis hier eine besondere Rolle zukommt. Komplexe vertragliche Arrangements, oftmals auf Grundlage des englischen Rechts und der internationalen Vertragspraxis, verdrängen die dispositiven Regeln der §§ 488 ff. BGB. Meist orientiert sich diese Praxis an den Musterverträgen privater Standardsetzer wie der Loan Market Association (LMA, unten Vierter Teil Rn 352). Soweit sie deutschem Recht unterliegen, unterfallen derartige Standardverträge freilich der AGB-Kontrolle, was zu zahlreichen noch ungeklärten Problemen führt (unten Vierter Teil Rn 362–367). Entscheidend zur Entwicklung des Rechts der Unternehmenskredite hat der so genannte 313 Euromarkt beigetragen, auf dem die geschilderten Entwicklungen besonders deutlich sichtbar werden. Der Begriff des Euromarktes ist heute nur noch historisch zu erklären.1256 Ursprünglich bezeichnete er den Markt für US-Dollarguthaben, die seit den 1950er Jahren in Europa angelegt wurden, um der starken Reglementierung des US-amerikanischen Kreditmarkts zu entgehen.1257 Große Auslandsguthaben in US-Dollar waren entstanden, nachdem sich der US-Dollar als weltweite Leit- und Reservewährung durchgesetzt hatte.1258 Der wenig regulierte europäische Markt bot den Inhabern von Dollarguthaben als Kreditgebern eines so genannten Eurokredits günstige Konditionen und Unternehmen als Kreditnehmern leicht verfügbares Fremdkapital.1259 Auch wenn sich die Bezeichnung als Euromarkt gehalten hat, sind vergleichbare Märkte für Finanztransaktionen in Fremdwährungen heute weder auf Kredite in US-Dollar noch auf die europäischen Finanzplätze beschränkt. Der Euromarkt ist ein internationaler Finanzmarkt, der sich auf die großen Finanzplätze in Europa (z.B. London, Luxemburg, Paris), Nordamerika (die so genannten International Banking Facilities z.B. in New York), Asien (z.B. Hongkong, Singapur, Tokio), der arabischen Welt (z.B. Bahrein) und der Karibik (z.B. Nassau) erstreckt.1260 Typisch für Kredite am Euromarkt ist, dass sie oft mittel- und langfristig angelegt sind, aber kurzfristig refinanziert werden.1261 Dem wird durch Zinsgleitklauseln (oben Vierter Teil Rn 203 und unten Vierter Teil Rn 362) Rechnung getragen, die sich an internationalen Referenzzinssätzen wie EURIBOR und LIBOR, ESTER und SONIA orientieren.1262 Zudem enthalten Verträge für Kredite am Euromarkt meist so genannte Marktstörungsklauseln (Market Disruption Clauses, unten Vierter Teil Rn 363), die gezielt dem Risiko von Verwerfungen auf dem Euromarkt begegnen sollen.1263 Schließlich zeichnet typische Kredite am Euromarkt eine große Flexibilität bei der Wahl der Kreditwährung aus, weil sich die Kreditgeber in verschiedenen Währungen refinanzieren können.1264

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1256 BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 49. 1257 Rösler/Mackenthun/Pohl Handbuch Kreditgeschäft, S. 331 ff.; Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn 2; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.41. 1258 Rösler/Mackenthun/Pohl S. 331; BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 51. 1259 Hinsch/Horn Das Vertragsrecht der internationalen Konsortialkredite und Projektfinanzierungen, S. 6. 1260 Rösler/Mackenthun/Pohl S. 332; Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn 4; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.42. 1261 Hinsch/Horn S. 8; Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn 6; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.44. 1262 BankR-HdB/Welter5 § 118 Rn 60; Kümpel/Wittig/Rossbach4 Rn 11.44. Zu möglichen vertraglichen Schadensersatzansprüchen bei Beteiligung des Kreditgebers an einer Manipulation des Referenzzinssatzes Bausch/Wittmann WM 2014, 494 (496 ff.). 1263 Hinsch/Horn S. 9 („Euroklauseln“); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn 6 . 1264 Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn 6 .

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

II. Allgemeine Strukturen 1. Eigenkapitalnahe Finanzierungen a) Gesellschafterdarlehen 314

aa) Dass sich die Anteilseigner eines Unternehmens auch als Fremdkapitalgeber an der Finanzierung des Unternehmens beteiligen, ist ebenso üblich wie grundsätzlich unproblematisch.1265 Zu Schwierigkeiten kommt es aber dann, wenn sich die nicht persönlich haftenden Anteilseigner (vgl. § 39 Abs. 4 S. 1 InsO) hierdurch ihrer gesellschaftsrechtlichen Verantwortung für die ordnungsgemäße Kapitalausstattung des Unternehmens entziehen wollen.1266 Auch Kreditinstitute als Darlehensgeber können von den hieraus erwachsenden Rechtsfolgen betroffen sein, wenn sie bei der Kreditvergabe Gesellschaftsanteile des Darlehensnehmers halten oder eine gesellschaftergleiche Stellung innehaben. Zentral ist dabei, dass unter bestimmten Voraussetzungen im Insolvenzfall Darlehensgeber wie Eigenkapitalgeber zu behandeln sind. 315 Zur Problematik der eigenkapitalersetzenden Darlehen hatte der BGH zunächst eine ausdifferenzierte Kasuistik entwickelt, die dann in §§ 32a, 32b GmbHG a.F. kodifiziert worden war.1267 Durch das MoMiG1268 sind die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts ins Insolvenzrecht überführt worden. Die insoweit zentrale Norm des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sieht vor, dass Forderungen auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens und Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen, im Insolvenzfall als nachrangige Forderungen zu behandeln sind. Grundsätzlich ändert dies nichts an der Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der entsprechenden Rückzahlungsforderungen, so dass diese auch bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit nach § 64 S. 3 GmbHG zu berücksichtigen sind.1269 Nur wenn die Rückzahlung i.S.v. § 64 S. 3 GmbHG die Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers herbeiführt, steht diesem gegen die Rückzahlungsforderung ein Leistungsverweigerungsrecht zu.1270 In jedem Falle ist die zugrunde liegende Rechtshandlung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar, wenn eine nachrangige Darlehensforderung im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags befriedigt wird. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO entfaltet jedoch keine Sperrwirkung gegenüber § 135 Abs. 1

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1265 Motivation für schuldrechtliche Vertragsbeziehungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft sind oftmals steuerliche Gründe: Frank Splitting-Beteiligungen an Kommanditgesellschaften, S. 33 ff.; Servatius Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 435. 1266 Zur unternehmerischen Verantwortung des Gesellschafters als notwendigem Gegenstück zur gesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung Habersack ZIP 2007, 2145 (2147); Gehrlein BB 2008, 846 (849); Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 5. Auch nach Inkrafttreten des MoMiG gibt im Ergebnis nicht die formale Gesellschafterstellung, sondern die tatsächliche Einwirkung des Darlehensgebers den Ausschlag, dazu unten Vierter Teil Rn 320 sowie eingehend Servatius S. 481 ff. 1267 Überblicke zum alten Eigenkapitalersatzrecht bei Birkendahl Reform des GmbH-Rechts. Die Abschaffung der Rechtsprechungsregeln durch das MoMiG, S. 30 ff.; Engert Eigenkapitalersatzrecht nach dem MoMiG, S. 47 ff.; Ulbrich Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts der GmbH, S. 83 ff.; Schröder Rn 4 ff.; Bormann Eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistungen in der Jahres- und Überschuldungsbilanz, S. 28 ff.; v. Gerkan/ Hommelhoff/Hommelhoff 2 Handbuch des Kapitalersatzrechts Rn 1.1 ff.; Ulmer/Habersack/Winter/Habersack1 §§ 32 a/b Rn 1 ff. 1268 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008, BGBl. I S. 2026. 1269 BGHZ 195, 42 (44 ff.); OLG München, ZIP 2010, 1236 (1237); Desch BB 2010, 2586; Winstel/Skauradszun GmbHR 2011, 185 (186 f.); Roth/Altmeppen/Altmeppen8 § 64 Rn 76; Henssler/Strohn/Arnold3 § 64 GmbhG Rn 50; aA Spliedt ZIP 2009, 149 (159); Dahl/Schmitz NZG 2009, 567 (569); Scholz/Schmidt12 § 64 Rn 91; ebenfalls kritisch MünchKommGmbHG/Müller2 § 64 Rn 190. 1270 BGHZ 195, 42 (48 f.); Desch BB 2010, 2586 (2589); Winstel/Skauradszun GmbHR 2011, 185 (187); Henssler/ Strohn/Arnold3 § 64 GmbhG Rn 65; Scholz/Schmidt12 § 64 Rn 106; aA OLG München, ZIP 2010, 1236 (1237); OLG München, ZIP 2011, 225 (226).

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

Nr. 1 InsO, wonach die zugrunde liegende Rechtshandlung noch zehn Jahre lang anfechtbar ist, wenn der Darlehensnehmer für die Rückzahlungsforderung des Gesellschafters oder eine gleichgestellte Forderung eine Sicherheit gestellt hat.1271 bb) Darlehen eines Gesellschafters i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist jedes Geld- oder Sachdar- 316 lehen unabhängig vom Entstehungsgrund.1272 Als Gesellschafterdarlehen kann damit auch die Überlassung liquider Mittel im Rahmen eines konzernweiten Cash-Poolings anzusehen sein (unten Vierter Teil Rn 336). Auch kurzfristige Liquiditätshilfen wie „Überbrückungskredite“ fallen unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.1273 Eine der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung ist, ausge- 317 hend von der allgemeinen Zwecksetzung des Kreditgeschäfts (oben Vierter Teil Rn 98), jede Überlassung von Kapital zur zeitweisen Nutzung.1274 Nach dieser wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind auch Finanzierungsleasing1275 (unten Vierter Teil Rn 396–441) und unechtes Factoring 1276 (unten Vierter Teil Rn 450) sowie die stille Beteiligung 1277 der Darlehensgewährung gleichzustellen. Gleiches gilt für die Stundung einer Forderung.1278 Auch die Übernahme eines Haftungskredits durch Bestellung einer Sicherheit zugunsten der Gesellschaft entspricht wirtschaftlich einer Darlehensgewährung.1279 cc) Die Regeln über Gesellschafterdarlehen finden nach § 39 Abs. 4 S. 2 InsO keine Anwen- 318 dung, wenn ein Kreditgeber bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung Anteile an der Gesellschaft zum Zweck ihrer Sanierung erwirbt (Sanierungsprivileg). Zweck des Anteilserwerbs muss es sein, einen Beitrag zur Überwindung der Krise einer sanierungsfähigen und sanierungswilligen Gesellschaft zu leisten.1280 Das Sanierungsprivileg greift nur dann ein, wenn gerade der Anteilserwerb zum Zweck der Sanierung die Nachrangigkeit des gewährten Darlehens begründet.1281 Das Privileg gilt daher grundsätzlich nicht für Altge-

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1271 BGHZ 198, 64; zustimmend Commandeur/Utsch NZG 2014, 570; aA Reuter FS Wellensiek 2011 S. 531 (535 f.); Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 103; kritisch zur Systematik der Norm Altmeppen NZG 2013, 441. 1272 Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 13. 1273 BGHZ 198, 77 (87); Piekenbrock LMK 2013, 346571; Lüneborg Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen, S. 255, jeweils unter Verweis auf den Wegfall des Tatbestandsmerkmals „kapitalersetzend“ nach dem MoMiG; aA Bitter/Laspeyres ZInsO 2013, 2289 (2294); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 11a; zum alten Recht BGHZ 90, 381 (393 f.); BGHZ 75, 334 (337 f.); BGH ZIP 1997, 1648 (1650); BGH ZIP 1995, 23 (24); BGH ZIP 2006, 2130. 1274 Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 165 f.; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 14. 1275 Schröder Rn 413;; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 15; zurückhaltend Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 84; Ulmer/Habersack/Löbbe/Habersack2 Anh § 30 Rn. 60; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 174. 1276 Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 89; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 173; Henssler/Strohn/ Fleischer3 § 39 InsO Rn 15. 1277 BGHZ 193, 378 (384 f.) (für die atypische stille Beteiligung, ablehnend jedoch für die typische stille Beteiligung); Schröder Rn 418; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 87; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 176; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 15. 1278 BGHZ 76, 326 (328 f.); OLG Celle ZInsO 2013, 2557; OLG Koblenz NZI 2014, 27; OLG Schleswig NZI 2013, 936; Habersack ZIP 2007, 2145 (2150); Schröder Rn 377 („Grundfall der darlehensähnlichen Rechtshandlung“); Bauer Die GmbH in der Krise, Rn 1175; Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 12; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 38; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 84; Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 79. 1279 Lutter/Hommelhoff/Kleindiek19 Anh § 64 Rn 156; Henssler/Strohn/Fleischer 3 § 39 InsO Rn 19; für die Bürgschaft: BGHZ 105, 168 (185); BGHZ 81, 252 (255/259 f.); für die Grundschuld: BGH NJW 2014, 1737 (1739). 1280 Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 18; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 58; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 29; zur Sanierungsfähigkeit: BGHZ 165, 106 (112 f.); Hirte WM 2009, 1961 (1967); Azara Das Eigenkapitalersatzrecht der GmbH nach dem MoMiG, S. 784 ff.; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek19 Anh § 64 Rn 153; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 110; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 100 f.; aA Ulmer/Habersack/ Löbbe/Habersack2 Anh § 30 Rn 70; zur (bei Sanierungsfähigkeit vermuteten) Sanierungswilligkeit: BGHZ 165, 106 (112 f.); OLG Düsseldorf GmbHR 2004, 564 (566); Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 120. 1281 Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 22.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

sellschafter des Kreditnehmers, die im Zuge der Unternehmenssanierung neue Kredite ausreichen.1282 Auf Kreditgeber, die im Zuge der Sanierung nicht unmittelbar Gesellschaftsanteile erwerben, sondern eine vergleichbare Rechtsstellung (unten Vierter Teil Rn 322–326), findet das Sanierungsprivileg seinem Zweck entsprechend ebenfalls Anwendung.1283 Unangewendet bleiben die Regeln über Gesellschafterdarlehen nach § 39 Abs. 5 InsO auch 319 dann, wenn ein Kreditgeber mit weniger als 10% an der finanzierten Gesellschaft beteiligt und nicht deren Geschäftsführer ist (Kleinbeteiligungsprivileg). Maßgeblich ist nach dem Willen des MoMiG-Reformgesetzgebers allein die nominelle Quote der Beteiligung am Kapital; die tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten des Kreditgebers auf die gesellschaftliche Willensbildung sind für die Ausnahmeregelung nicht entscheidend.1284 dd) Die wesentliche Schwierigkeit in der Anwendung der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO besteht in der Beantwortung der Frage, wann ein Kreditgeber als Gesellschafter des Kreditnehmers anzusehen oder einem solchen gleichzustellen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt hierfür ist grundsätzlich die Insolvenzeröffnung.1285 Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, dessen Rechtsgedanke auch im Rahmen des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Geltung beansprucht, sind allerdings auch Kreditgeber, die weniger als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung aus ihrer Gesellschafterstellung ausscheiden, als Gesellschafter i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anzusehen.1286 Tritt der Kreditgeber seinen Gesellschaftsanteil innerhalb der Jahresfrist ab, so sind sowohl Zedent wie auch Zessionar als Gesellschafter anzusehen, weil der Gesellschafter sonst zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil eine Forderung verwerten könnte, die im Insolvenzverfahren zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft zugeordnet bleiben muss.1287 Die Anwendbarkeit der Regeln über Gesellschafterdarlehen ist weitgehend unproblema321 tisch, wenn der Kreditgeber selbst und unmittelbar Gesellschaftsanteile hält, die nicht dem Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO unterfallen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kreditgeber zuerst das Darlehen gegeben hat und dann Gesellschafter geworden ist oder umgekehrt.1288 Grundsätzlich besteht Einigkeit darüber, dass die Regeln über Gesellschafterdarlehen auf 322 gesellschaftsfremde Gläubiger Anwendung finden, deren Rechtshandlungen wirtschaftlich

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1282 Ulmer/Habersack/Löbbe/Habersack2 § 30 Anh 68; Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 22; Henssler/ Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 28; Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 118; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 106; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 60; aA Azara S. 749; Früh GmbHR 1999, 842 (845); Pentz GmbHR 1999, 437 (449); Rümker/Denicke FS Lutter 2000, S. 665 (675) (jeweils zum alten Recht); Roth/Altmeppen/Altmeppen8 Anh § 30 Rn 104 ff. Anderes gilt nur, wenn ein Altgesellschafter im Zuge der Sanierung seine Anteile am Unternehmen auf über 10% erhöht und damit über die Ausschaltung des Kleinbeteiligungsprivilegs erstmals der Anwendbarkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterfällt: Rowedder/Schmidt-Leithoff/Görner6 Anh § 30 Rn 106; Ulmer/Habersack/Löbbe/ Habersack2 Anh § 30 Rn 68; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 28. 1283 Diem BKR 2002, 1034 (1040) (zum alten Recht); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 23 ff.; differenzierend Rümker/Denicke FS Lutter, S. 665 (672 f.) (zum alten Recht). 1284 Habersack ZIP 2007, 2145 (2149); Gehrlein BB 2008, 846 (851); Hirte WM 2008, 1429 (1433); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 4; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 72; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 33. Für eine teleologische Extension bzw. Reduktion des § 32a GmbHG a.F. dagegen Hommelhoff WM 1984, 1105 (1115); Tillmann GmbHR 2006, 1289 (1291). Zu möglichen gesetzgeberischen Gründen für die pauschale Ausnahme Azara S. 800 ff. 1285 Schröder Rn 123. 1286 BGH NJW 2012, 682 (683); BGH NJW 2012, 2282 (2284); BGH NJW-RR 2015, 944 (945); Gehrlein BB 2008, 846 (850); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 2; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 42; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek19 Anh § 64 Rn 142; Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 57; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 23; Baumbach/Hueck/ Haas21 Anh § 64 Rn 43. 1287 BGHZ 196, 220 (231 f.); zur ungeklärten Bewertung des Szenarios, dass mit der Forderungsabtretung zugleich der Gesellschaftsanteil übertragen wird HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 44. 1288 BGH WM 2014, 329.

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der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens entsprechen.1289 Die insolvenzrechtliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen bedeutet freilich für ein gesellschaftsfremdes Kreditinstitut eine erhebliche Belastung.1290 Dementsprechend versucht die kreditvertragliche Praxis, Gestaltungen zu vermeiden, welche dem Kreditinstitut eine allzu weitreichende unmittelbare Einflussnahme auf die gesellschaftliche Willensbildung des Kreditnehmers erlauben.1291 Im Einzelfall können sich hier aber schwierige Abgrenzungsfragen stellen. (1) Gesellschaftern des Kreditnehmers gleichzustellen sind zunächst Kreditinstitute, die mit 323 einem Gesellschafter des Kreditnehmers eine wirtschaftliche Einheit bilden.1292 Eine solche ist regelmäßig bei einer konzernrechtlichen Verbindung nach den §§ 15 ff. AktG anzunehmen.1293 Entscheidend ist die Möglichkeit, auf das finanzierte Unternehmen bestimmenden Einfluss auszuüben, wozu eine Beteiligung von mehr als 50% ausreichen kann.1294 Schon eine Beteiligung von 50% genügt, wenn der Kreditgeber zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Gesellschaft ist.1295 Auch die Verbindung über einen gemeinsamen Gesellschafter im Falle eines in Besitz- und Betriebsgesellschaft aufgespaltenen Unternehmens kann ausreichen.1296 An diesen bereits zum alten Recht entwickelten Grundsätzen ist nach Inkrafttreten des MoMiG festzuhalten, weil entscheidend für die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Steuerbarkeit des Ausfallrisikos durch den Kreditgeber sowie dessen Teilhabe an Chancen und Risiken der Gesellschaft sind (unten Vierter Teil Rn 326).1297 (2) Ein gesellschaftsfremder Kreditgeber kann unter Umständen auch dann einem Gesell- 324 schafter gleichzustellen sein, wenn er Sicherungsnehmer des Gesellschafters ist. Die Einräumung eines Pfandrechts führt nach der Rechtsprechung des BGH zur Gleichstellung des besicherten Kreditgebers, wenn diesem als einem „atypischen Pfandgläubiger“ über das Pfandrecht an einem Gesellschaftsanteil hinaus zusätzliche Befugnisse eingeräumt werden, die es ihm ermöglichen, die Geschicke der Gesellschaft wie ein Gesellschafter zu bestimmen.1298 Davon ist im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung jedenfalls dann auszugehen, wenn – wie in der einschlägigen Leitentscheidung des BGH – ein Kreditinstitut wesentliche Gesellschaftsentscheidungen unter einen Zustimmungsvorbehalt stellt, sich Gewinn- und Abfindungsansprüche zur Sicherung abtreten lässt und den Kreditnehmer zur Übertragung der Geschäftsführung auf eine

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1289 Bork ZGR 2007, 250 (254); Habersack ZIP 2007, 2145 (2148); Gehrlein BB 2008, 846 (850); Hirte WM 2008, 1429 (1431); Haas NZG 2013, 1241 (1242 f.); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 8 ff.; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 45; MünchKommInsO/Ehricke3 § 39 Rn 57; Roth/Altmeppen/Altmeppen8 Anh § 30 Rn 41; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 24; Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 56. 1290 Diem BKR 2002, 1034: „größter anzunehmender Unfall“; ähnlich Weitnauer BKR 2005, 43 (44); zurückhaltender Servatius S. 426. 1291 Vgl. Engert ZGR 2012, 835 (836); Hoffmann WM 2012, 10 (12); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 32 . 1292 BGH ZIP 2013, 582 (584); BGH ZIP 2013, 1579 (1582); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 51 Rn 8b; Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 70; zum alten Recht: BGH WM 1988, 1525 (1528); BGH NJW 2001, 1490 (1491). 1293 Für den Beherrschungsvertrag: BGHZ 81, 311 (315 f.) (zum alten Recht); Lüneborg S. 261 ff.; Henssler/Strohn/ Fleischer3 § 39 InsO Rn 26; Baumbach/Hueck/Haas21Anh § 64 Rn 69; für die faktische Mehrheitsbeteiligung bei der GmbH: BGHZ 81, 311 (316 f.); BGHZ 81, 365 (368 f.) (jeweils zum alten Recht); Lüneborg S. 266 f.; Baumbach/Hueck/ Haas21Anh § 64 Rn 70; anders aber für die faktische Mehrheitsbeteiligung bei der AG mit Verweis auf § 76 Abs. 1 AktG: BGH NJW-RR 2008, 1134 (1135) (zum alten Recht); kritisch gegenüber letzterer Einschränkung richtigerweise Servatius WuB 2009, II C. § 32a GmbHG 1.09. 1294 Für die AG: BGH NJW-RR 2008, 1134 (1135); für die GmbH bei gleichzeitiger Alleingeschäftsführerstellung des finanzierenden Gesellschafters: BGH NJW-RR 2012, 815 (816) (jeweils zum alten Recht); Lutter/Hommelhoff/ Kleindiek19 Anh § 64 Rn 147 ff.; Henssler/Strohn/Fleischer3 § 39 InsO Rn 26. 1295 BGHZ 198, 64 (73 f.). 1296 Zum alten Recht: BGH NJW 1993, 392 (393); zum neuen Recht: Ulbrich S. 322 f. 1297 So im Ergebnis auch BGHZ 196, 220 (225); BGHZ 198, 64 (72 f.). 1298 Zum alten Recht: BGHZ 119, 191.

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

vom Kreditinstitut benannte Unternehmensberatung veranlasst.1299 Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum „atypischen Pfandgläubiger“ ist mit Blick auf dessen tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf den Kreditnehmer im Schrifttum überwiegend auf Zustimmung gestoßen.1300 Teilweise wird sie aber auch deutlich kritisiert, weil ein nur vertraglich zur Einflussnahme berechtigter Kreditgeber mit einem Gesellschafter weder rechtlich noch wirtschaftlich vergleichbar sei.1301 Richtigerweise ist hier auf Grundlage des Gesamtbetrachtungsansatzes des BGH und ausgehend von den konkreten Rechtspositionen des Kreditgebers zu differenzieren. Dem Kreditgeber muss es als Pfandgläubiger grundsätzlich möglich sein, vertragliche Vorkehrungen zu treffen, um Beeinträchtigungen seines Pfandrechts zu verhindern.1302 Das schließt die Verhinderung von Wertbeeinträchtigungen des Pfandobjekts ein.1303 Eine Gleichstellung des Kreditgebers mit einem Gesellschafter verbietet sich daher, wenn sich der Kreditgeber lediglich Einflussrechte einräumen lässt, die unmittelbar der Wertsicherung eines verpfändeten Gesellschaftsanteils dienen, etwa hinsichtlich der Ausübung des Stimmrechts über Gewinnverwendungs- und Abfindungsansprüche.1304 Dagegen kann der pfandbesicherte Kreditgeber als Gesellschafter zu behandeln sein, wenn er sich Einflussmöglichkeiten einräumen lässt, die allenfalls mittelbar der Wertsicherung des Pfandobjekts dienen.1305 Darunter fällt etwa ein allgemeines Zustimmungserfordernis für Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder des Unternehmensgegenstands.1306 325

(3) Parallel zur Konstellation des „atypischen Pfandgläubigers“ wird die Frage diskutiert, ob ein gesellschaftsfremder Kreditgeber schon dann wie ein Gesellschafter zu behandeln sein kann, wenn ihm nur besonders weitreichende schuldrechtliche Einwirkungsrechte gegenüber einer kreditnehmenden Gesellschaft und ihren Gesellschaftern eingeräumt werden. Ausgangspunkt dieser Diskussion ist ein Grundsatz, den der BGH für die Finanzierung durch einen stillen Gesellschafter aufgestellt hat:1307 Ein Kreditgeber ist dann nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO wie ein Gesellschafter zu behandeln, wenn er ähnlich wie dieser die Geschicke des Unternehmens bestimmt sowie an dessen Vermögen und Ertrag beteiligt ist. Begründung und Reichweite dieses Grundsatzes sind allerdings mit Inkrafttreten des MoMiG zweifelhaft geworden. Vor der Kodifizierung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F. hatte der BGH den Rangrücktritt von Gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich gleichstehenden Rechtshandlungen mit dem Gedanken der Finanzierungsfolgenverantwortung begründet.1308 Maßgeblich sollte danach vor allem der Einfluss des Kreditgebers auf die Geschäftsführung des Unternehmens sein, daneben aber auch die wirtschaftliche Teilhabe des Kreditgebers am Unternehmenserfolg.1309 Ein Rangrücktritt sei insbesondere dann gerechtfertigt, wenn der Darlehensgeber zuvor wie ein Gesellschafter das Insolvenzrisiko

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1299 Zum alten Recht: BGHZ 119, 191 (192 ff.). 1300 Goette DStR 1992, 1480 f.; Neuhof NJW 1999, 20 (21); Schwintowski/Dannischewski ZIP 2005, 840 (844 ff.); Fahrholz Neue Formen der Unternehmensfinanzierung, S. 74 f.; v. Gerkan/Hommelhoff/Johlke/Schröder2 Handbuch des Kapitalersatzrechts Rn 5.27 ff.; Baumbach/Hueck/Fastrich18 § 32 a Rn 21. 1301 Altmeppen ZIP 1993, 1677; Habersack ZGR 2000, 384 (399); Habersack ZIP 2007, 2145 (2148 f.); Maier-Reimer FS Rowedder 1994, S. 245 (259 ff.); Westermann FS Odersky 1996, S. 897 (918 ff.); Roth/Altmeppen/ Altmeppen8 Anh § 30 Rn 84; differenzierend Scholz/Bitter12 Anh § 64 Rn 235 ff. 1302 Zum alten Recht: BGHZ 119, 191 (195). 1303 Zutreffend Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 21 . 1304 Rümker/Büchler FS Claussen 1997, S. 337 (347 ff.); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 21 . 1305 Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 21 . 1306 Rümker/Büchler FS Claussen 1997, S. 337 (349); Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 52 Rn 21 . 1307 Zum alten Recht: BGHZ 83, 341; BGHZ 106, 7; BGH ZIP 1985, 347 (347 f.); BGH WM 1983, 594 f.; OLG Hamm, NJW-RR 2001, 247 (248); zum neuen Recht: BGHZ 193, 378 (385). 1308 Etwa BGHZ 127, 336 (344 f.); aus dem Schrifttum besonders Wiedemann ZIP 1986, 1293 (1297 ff.); Goette ZHR 162 (1998), 223 (224); eingehend und mwN Eichele Die Reichweite des Kapitalerhaltungsgrundsatzes aus § 30 Abs. 1 GmbHG, die Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters und das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 14 ff. 1309 Ulbrich S. 324 ff.; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 49; Baumbach/Hueck/Haas21 Anh § 64 Rn 63 f.

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

steuern konnte.1310 Durch die Kodifizierung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F. war der Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung zunächst nicht in Frage gestellt worden. Die Finanzierungsfolgenverantwortung war nun allerdings typisierend am krisenbezogenen Fehlverhalten des Kapitalgebers festgemacht worden („in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten“). Mit dem MoMiG und der Aufhebung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F. ist dieser Verhaltensbezug gänzlich aufgegeben worden. Es wird allein auf die formale Gesellschafterposition abgestellt. Hiervon ausgehend wird vertreten, auch der Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung als solcher sei aufgegeben worden; an seine Stelle seien das Verbot eines Missbrauchs der Haftungsbeschränkung1311 bzw. der Grundsatz der Risikoübernahmeverantwortung1312 getreten.1313 Teilweise wird daraus weiter gefolgert, dass weniger die Einflussnahme des Kreditgebers auf die Unternehmensführung als die Beteiligung des Kapitalgebers am Gewinn und Verlust der Gesellschaft entscheidend sein müsse; dementsprechend erfasse der Rangrücktritt nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auch eine Vielzahl von Mezzanine-Finanzierungen (vgl. unten Vierter Teil Rn 334, 335).1314 Richtigerweise ist allerdings auch nach Inkrafttreten des MoMiG die Gleichstellung gesell- 326 schaftsfremden Fremdkapitals mit einem Gesellschafterdarlehen nur aufgrund einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung zu rechtfertigen.1315 Maßgeblich muss dabei sein, ob sich die Interessenlage der Parteien mit derjenigen beim Gesellschafterdarlehen vergleichen lässt. Die Interessenlage beim Gesellschafterdarlehen zeichnet sich, wie insbesondere Engert gezeigt hat, durch einen „doppelten Fehlanreiz“ aus: Einerseits haben Kapitalgeber angesichts des drohenden Kontrollverlusts im Insolvenzverfahren einen starken Anreiz, die Gesellschaft mit besichertem Fremdkapital anstatt mit Eigenkapital auszustatten; andererseits verleitet sie die geringe Eigenkapitalbeteiligung dazu, größere Risiken – zu Lasten anderer Gläubiger und der Gesellschafter – einzugehen.1316 Diese Interessenlage ist bei einem Fremdkapitalgeber gerade dann gegeben, wenn kumulativ diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, die der BGH schon vor Inkrafttreten des MoMiG als maßgeblich erachtet hat: eine eigenkapitalähnliche Beteiligung am Unternehmenserfolg und die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsführung des Unternehmens. Ersteres setzt überhaupt erst den Anreiz für riskantes Verhalten, und letzteres lässt

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1310 Servatius S. 483 ff.; ähnlich Huber FS Priester 2007, S. 259 (277); Eidenmüller FS Canaris 2007, S. 49 (63 f.); Noack DB 2007, 1395 (1398) („typisierte Insiderstellung“, „näher dran“); Büscher FS Hüffer 2010, S. 81 (84); Breidenstein ZinsO 2010, 273 (275); Mylich ZGR 2009, 474 (488); Kampshoff GmbHR 2010, 897 (899). Eine vermögensmäßige Teilhabe des Kreditgebers am Unternehmenserfolg wurde in der Folge als Tatbestandsmerkmal vielfach für verzichtbar gehalten, so besonders Fleischer ZIP 1998, 313 (316); in diesem Sinne auch Schwintowski/Dannischewski ZIP 2005, 840 (842 ff.); Breidenstein ZinsO 2010, 273 (275 ff.); Kampshoff GmbHR 2010, 897 (901 ff.); Thole KTS 2010, 383 (390); Hoffmann WM 2012, 10 (11 Fn 10); Servatius S. 494 ff., 524 ff.; BankRHdB/Gehrlein5 § 84 Rn 49; Bork/Schäfer/Thiessen3 Anh § 30 Rn 37; wohl auch Fleischer/Schmolke WM 2011, 1009 (1015) (auf Außenwirkung der Maßnahme abstellend). 1311 Habersack ZIP 2007, 2145 (2147); ähnlich Huber FS Priester 2007, S. 259 (271 ff., 283); Gehrlein BB 2008, 846 (849); kritisch zu diesem Ansatz HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 25. 1312 So besonders Krolop GmbHR 2009, 397; Servatius S. 488 ff.; HK-InsO-Kleindiek9 § 39 Rn 27; ähnlich Ulbrich S. 169 ff. 1313 Bork ZGR 2007, 250 (257); Altmeppen NJW 2008, 3601 (3605); Hölzle ZIP 2009, 1939 (1943 f.); Schäfer ZinsO 2010, 1311 (1313 f.); Hölzle ZIP 2011, 650 (654); Lüneborg S. 57 f.; Bork/Schäfer/Thiessen2 Anh § 30 Rn 6; zum Meinungsstand ausführlich Laspeyres Hybridkapital in Insolvenz und Liquidation der Kapitalgesellschaft, S. 114 ff. 1314 Krolop GmbHR 2009, 397 (401 ff.). 1315 In diese Richtung auch BGHZ 196, 220 (226 [Übereinstimmung mit der Legitimationsgrundlage des früheren Rechts] und 227 [wirtschaftliche Betrachtung]). 1316 Engert ZGR 2012, 835 (851 f.) im Anschluss an die für die Gesetzesreform tragenden Erwägungen bei Huber/ Habersack Zur Reform des Rechts der kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen, in Lutter (Hrsg.), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 370 (395).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

das riskante Verhalten auf das Unternehmen durchschlagen.1317 Beide Voraussetzungen bedürfen freilich der Konkretisierung. Eine eigenkapitalähnliche Beteiligung am Unternehmenserfolg kann grundsätzlich bei jeder Form der unternehmensgewinnbezogenen Vergütung gegeben sein, sei es bei einem partiarischen Darlehen, einer stillen Gesellschaft oder bei Vereinbarung eines Equity Kicker (unten Vierter Teil Rn 330). In Anlehnung an das Kleinbeteiligungsprivileg muss der nominelle Wert der gewinnbezogenen Beteiligung einer Beteiligung von mehr als 10% am Stammkapital entsprechen.1318 Hinsichtlich der Einflussnahme auf die Geschäftsführung des Unternehmens ist die Schwelle für eine Rückstufung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO schwer zu bestimmen. Relevant ist dies vor allem für die Beurteilung von Covenants (unten Vierter Teil Rn 927–961). Schon zum alten Kapitalersatzrecht wurde vertreten, ein Rangrücktritt greife etwa für „die Hausbank, welche [die Schuldnergesellschaft] in der Krise über Covenants an eine extrem „kurze Leine genommen“ hat, „Berater ihres Vertrauens installiert und letztlich faktisch die Geschäfte führt“.1319 Im Grundsatz gilt das auch heute, im Einzelnen ist freilich zu differenzieren. So ist es unschädlich, wenn der Darlehensgeber dem finanzierten Unternehmen, insbesondere durch Information Covenants (unten Vierter Teil Rn 932 und 938), lediglich bestimmte Unterrichtungspflichten auferlegt.1320 Das gilt etwa für die Pflicht zu regelmäßigen Geschäftsund Finanzberichten, die Gestattung einer Sicherheitenprüfung und der Einsichtnahme in Kreditoren- und Debitorenlisten, aber auch für die Pflicht zur Information über bestimmte Ereignisse, welche die Vermögens- oder Ertragslage des Unternehmens verschlechtern (Material Adverse Change-Klauseln).1321 Eine gesellschaftergleiche Stellung des Kreditgebers kann nur durch eine darlehensvertragliche Gestaltung begründet werden, welche die tatsächliche Beeinflussung von unternehmerischen Entscheidungen durch den Kreditgeber erlaubt.1322 Ungeklärt ist allerdings, welche Intensität diese Beeinflussung erreichen muss. Im Schrifttum zum alten Recht wurde der notwendige Grad der Beeinflussung dahingehend bestimmt, dass der Darlehensgeber etwa auf „echte Führungsentscheidungen“ mit strategischer Bedeutung Einfluss nehmen,1323 dass der Einfluss auf die Geschäftsführung „deutlich“ sein1324 oder dass der Darlehensgeber „eine breitflächige und intensive Einflussnahme ausüben“1325 müsse. Jenseits dieser durchaus zutreffenden, aber eher formelhaften Abgrenzungen überzeugt auch unter dem neuen Recht der Ansatz von Servatius, der – ausgehend von der gesetzlichen Wertung des Kleinbeteiligungsprivilegs – auf die typisierte Rollenunterscheidung zwischen Fremd- und Eigenkapitalgebern abstellt.1326 Der gesellschaftsfremde Darlehensgeber ist danach immer dann mit den Gesellschaftern des finanzierten Unternehmens insolvenzrechtlich gleichzustellen, wenn er mit seiner Einflussnahme nicht bloß ein rein finanzielles Interesse verfolgt, sondern seine Herrschaftsmacht zur Verwirklichung unternehmerischer Ziele einsetzt.1327 Das ist jedenfalls dann indiziert, wenn der Darlehensgeber durch einen Stimmbindungsvertrag über die Wertsicherung von Kreditsicherheiten hinaus (oben Vierter Teil Rn 324) Einfluss auf die verbandsinterne Willensbildung nimmt oder wenn ihm neben der Mitgliedschaft in einem Gesellschaftsorgan auch Mehrheits-

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1317 Im Einzelnen Engert ZGR 2012, 835 (858 ff.). 1318 Für Anwendung dieser Schwelle auf die stille Gesellschaft Krolop GmbHR 2009, 397 (401 f.); weiter differenzierend Engert ZGR 2012, 835 (862 f. [Eigenkapitalanteil höher als Anteil am unbesicherten Fremdkapital, Anscheinsbeweis ab Eigenkapitalanteil von 20%], 869 [zur Berechnung]). 1319 Eidenmüller FS Canaris 2007, S. 49 (63 f.); zustimmend Servatius S. 484. 1320 Servatius S. 526; ebenso zum alten Recht: Fleischer ZIP 1998, 313 (319); zum neuen Recht: Ulbrich S. 401 f. 1321 Servatius S. 526 f. 1322 Servatius S. 527 ff.; Ulbrich S. 402. 1323 Fleischer ZIP 1998, 313 (321). 1324 Fromm GmbHR 2003, 1114 (1118). 1325 Schwintowski/Dannischewski ZIP 2005, 840 (843). 1326 Servatius S. 531 ff. 1327 Servatius S. 536.

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stimmrechte oder ein Vetostimmrecht eingeräumt werden.1328 Gleiches gilt dann, wenn sich der Kreditgeber die Kompetenz zur Bestellung der Geschäftsleitung einräumen lässt.1329 Beachtlich können aber auch Negative Covenants (unten Vierter Teil Rn 940, 941) sein, die dem Unternehmen einzelne Maßnahmen der Geschäftsführung wie größere Investitionen, weitere Kreditaufnahmen, Gesellschafterwechsel oder Unternehmensakquisitionen nur mit Zustimmung des Darlehensgebers erlauben.1330 Eine gesellschaftergleiche Stellung ist hier jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Zustimmungsvorbehalt nicht mit einer ermessensunabhängigen Dispensmöglichkeit verbunden ist (vgl. unten Vierter Teil Rn 956). b) Mezzanine-Finanzierungen aa) Besonders bedeutsam ist die Frage der gesellschaftergleichen Behandlung von Fremd- 327 kapitalgebern für Mezzanine-Finanzierungen. Diese verbinden die Eigenschaften von Eigenund Fremdkapitalfinanzierung und räumen dem Kreditgeber bewusst Rechtspositionen ein, die denjenigen eines Gesellschafters sehr nahe kommen. Für den Insolvenzfall wird dabei üblicherweise schon durch vertragliche Abreden eine eigenkapitalgleiche Behandlung erreicht (unten Vierter Teil Rn 335). Für die Verwendung von Mezzanine-Finanzierungen gibt es zwei miteinander verschränkte Gründe. Zum einen zielt die Mezzanine-Finanzierung auf eine Verbesserung des bankinternen Ratings für das finanzierte Unternehmen: Mezzanine-Kapital soll bei Finanzierungsentscheidungen durch (weitere) Kreditinstitute als Eigenkapital bewertet werden.1331 Das kann aber nur gelingen, wenn die Mezzanine-Finanzierung hinsichtlich Dauer, Kündbarkeit und insolvenzrechtlicher Behandlung mit einer Eigenkapitalfinanzierung vergleichbar ist.1332 Zum anderen führt gerade eine solche Gestaltung zu einem deutlich erhöhten Risiko für den Mezzanine-Kapitalgeber, das dieser durch Kontrollrechte mindern und durch eine besondere Vergütungsstruktur kompensieren will. Verbreitet sind Mezzanine-Finanzierungen sowohl in der Mittelstandsfinanzierung1333 als auch in Spezialbereichen wie der Spielfilmfinanzierung1334 sowie im wachsenden Bereich des Crowd Investing.1335 Zudem sind sie ein wichtiger Baustein fremdfinanzierter Unternehmenskäufe (Leveraged Buy-Outs, unten Vierter Teil Rn 382), indem sie Finanzierungslücken zwischen Eigen- und Fremdkapital schließen.1336 Die möglichen Formen einer Mezzanine-Finanzierung sind vielfältig. Grundsätzlich wird 328 danach unterschieden, ob die Finanzierung als Equity Mezzanine auf Grundlage einer Nachrangvereinbarung1337 eher dem Eigenkapital oder als Debt Mezzanine eher dem Fremdkapital

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1328 Servatius S. 540 ff.; für Stimmbindungsverträge ähnlich Fleischer ZIP 1998, 313 (320); Himmelsbach/Achsnick NZI 2003, 355 (360); insoweit einschränkend auf die Stimmbindung für die Fassung des Liquidationsbeschlusses Priester FS Helmrich 1994, S. 721 (733 f.). 1329 Fleischer ZIP 1998, 313 (321); Fleischer DStR 2006, 1507 (1514 f.); weitergehend Servatius S. 549: bereits das Erzwingen eines Wechsels in der Geschäftsleitung genügt, wenn dieser mit einem Wechsel der Unternehmensstrategie einhergeht. 1330 Schwintowski/Dannischewski ZIP 2005, 840 (843 f.); Servatius S. 547. 1331 Berger ZBB 2008, 92 (93 und 99); Schmeisser/Clausen DStR 2008, 688; Werner Mezzanine-Kapital S. 11; Schneck S. 23 f. 1332 Gerdes BC 2006, 57 (59); Berger ZBB 2008, 92 (100); Werner S. 31. 1333 Volk BB 2003, 1224 (1226); von Einem/Schmid/Pütz BB-Special Nr. 5 2005, 9; Kamp/Solmecke FB 2005, 618; Rudolph BB-Special Nr. 5 2005, 15; Werner S. 20. Zu den Vor- und Nachteilen Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker S. 212 ff. 1334 Fox ZBB 2006, 484; Bareiß ZUM 2012, 456. 1335 Jansen/Pfeifle ZIP 2012, 1842; Klöhn/Hornuf ZBB 2012, 237; Schmitt/Doetsch BB 2013, 1451; Weitnauer/ Parzinger GWR 2013, 153; zu den Risiken für Investoren Meschkowski/Wilhelmi BB 2013, 1411. 1336 Schneck S. 24; Werner S. 24; Schüppen/Schaub/Stamm2 § 21 Rn 121; beispielhafte Fallstudie bei Hill Buy-Out Finanzierungen, in Wolf/Hill/Pfaue (Hrsg.), Strukturierte Finanzierungen, S. 157 (197 ff.). 1337 Zur AGB-rechtlichen Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen Poelzig WM 2014, 917.

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zuzuordnen ist.1338 Nur letztere Gestaltung ist als Kreditgeschäft (oben Vierter Teil Rn 98) einzuordnen, und nur letztere Gestaltung ist hier zu behandeln. Die Debt Mezzanine-Finanzierung ist üblicherweise als partiarisches Darlehen nach § 488 BGB oder als stille Gesellschaft nach §§ 230 ff. HGB strukturiert, wobei sich vielfach Abgrenzungsprobleme ergeben.1339 Das allgemein zur Abgrenzung der beiden Rechtsinstitute herangezogene Kriterium der gemeinsamen Zweckverfolgung 1340 ist angesichts der eindeutigen Finanzierungsfunktion des MezzanineKapitals nur beschränkt tauglich. Weitergehend hat Schön in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob nicht jede Gewinnbeteiligung auf einem Gesellschaftsvertrag beruht.1341 Die Abgrenzung ist jedoch nicht entbehrlich, weil die unterschiedlichen Vertragstypen mit durchaus unterschiedlichen Rechtsfolgen verbunden sind, etwa mit Blick auf die jeweiligen gesetzlichen Kündigungsfristen (oben Vierter Teil Rn 229 und 236 für das Darlehen gegenüber § 234 HGB für die stille Gesellschaft) und die Einschränkung der AGB-Kontrolle im Gesellschaftsrecht nach § 310 Abs. 4 BGB.1342 Die Abgrenzung muss sich allerdings auf konkrete Indizien stützen, aus denen sich der Parteiwille zum Abschluss eines bestimmten Vertragstyps ergibt.1343 So liegt bei einer Verlustbeteiligung des Kapitalgebers sicher eine stille Gesellschaft vor, da eine solche nach der darlehenstypischen Risikoverteilung (oben Vierter Teil Rn 98) gerade nicht gewollt ist.1344 Umgekehrt spricht nach § 231 Abs. 2 HGB der Ausschluss der Gewinnbeteiligung, nicht aber der Ausschluss einer Verlustbeteiligung, gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft.1345 Gesellschaftstypische Förderpflichten gepaart mit Kontrollrechten1346 des Kapitalgebers (nach Maßgabe des § 233 HGB) sprechen für die Gründung einer Gesellschaft ebenso wie die Unübertragbarkeit der Beteiligung.1347 Das üblicherweise herangezogene Fehlen von Kreditsicherheiten1348 sowie eine lange feste Vertragsdauer1349 sind dagegen für alle Formen der MezzanineFinanzierung typisch. 329

bb) Die typischen Vertragsabreden bei der Debt Mezzanine-Finanzierung sind allerdings von der gewählten Rechtsform weitgehend unabhängig. Diese Abreden betreffen zunächst die Besicherung der Finanzierung und die Vergütung des Kreditgebers. Regelmäßig werden für eine Mezzanine-Finanzierung keine oder nur wenige dingliche Kreditsicherheiten gestellt, entweder weil solche dem finanzierten Unternehmen nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen oder weil das Unternehmen seine finanzielle Bewegungsfähigkeit möglichst wenig ein-

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1338 Kamp/Solmecke FB 2005, 618 (621); Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch BB-Special Nr. 4 2005, 1 (15); Berger ZBB 2008, 92 (95); Becker Investition und Finanzierung, S. 222; Werner S. 29; Wöhe/Bilstein/ Ernst/Häcker S. 204 ff. 1339 Zur Abgrenzung von partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft grundsätzlich RGZ 77, 223 (227); RGZ 141, 143 (145); BGH Urt. v. 11.7.1951 – II ZR 45/50, Rn 7 (insoweit nicht in BGHZ 3, 75 abgedruckt); BGHZ 127, 176 (177 f.); Blaurock Handbuch Stille Gesellschaft, Rn 5.20 ff.; Wiedemann Gesellschaftsrecht II, § 10 II 2; Baumbach/ Hopt/Roth38 § 230 Rn 4; kritisch zu diesen Abgrenzungsversuchen Schön ZGR 1993, 210; Krolop ZIP 2007, 1738 (1742). 1340 BGH Urt. v. 11.7.1951– II ZR 45/50, Rn 7 (insoweit nicht in BGHZ 3, 75 abgedruckt); BGHZ 90, 310 (313 f.); MünchKommHGB/Schmidt3 § 230 Rn 54 mwN; Wiedemann S. 595 f., 889 ff. (§ 7 1 1c, § 10 II 2); Saenger4 Gesellschaftsrecht, Rn 65. 1341 Schön ZGR 1993, 210 (214); ihm folgend Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 70. 1342 So im Ergebnis auch Berger ZBB 2008, 92 (96); Staudinger/Freitag2015 § 488 Rn 70. 1343 MünchKommHGB/Schmidt3 § 230 Rn 61 ff. 1344 RGZ 168, 284 (286); BGH FamRZ 1987, 676 (677); Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker S. 202 f.; MünchKommHGB/ Schmidt3 § 230 Rn 60; Windbichler Gesellschaftsrecht, § 18 Rn 8. 1345 RGZ 122, 387 (390); Berger ZBB 2008, 92 (96); MünchKommHGB/Schmidt3 § 230 Rn 63. 1346 BGHZ 127, 176 (177 f.); Staub/Harbarth5 § 230 Rn 46; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Gehrlein3 § 230 Rn 77. 1347 BGHZ 127, 176 (177 f.); Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Gehrlein3 § 230 Rn 77. 1348 BGHZ 127, 176 (177 f.). 1349 Oetker/Wedemann5 § 230 Rn 11; Saenger4 Gesellschaftsrecht, Rn 389.

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schränken möchte. Umso wichtiger ist für den Kreditgeber daher eine wirksame Begrenzung des Ausfallrisikos durch Covenants (unten Vierter Teil Rn 928–930). Auch bei günstiger Vertragsgestaltung bleibt die Mezzanine-Finanzierung für den Kreditge- 330 ber aber eine Risikoanlage (Venture Capital).1350 Dementsprechend lässt er sich sein – gegenüber dem typischen Darlehen – erhöhtes Risiko mit einer höheren Vergütung kompensieren. Mezzanine-Kreditgeber rechnen mit einer Rendite von 15–20%.1351 Üblicherweise wird diese Rendite nicht in erster Linie durch den laufenden Zins erzielt, sondern durch zusätzliche, vom Unternehmenserfolg abhängige variable Zinsen, die vielfach erst am Ende der Laufzeit fällig werden.1352 Als weiteres erfolgsabhängiges Vergütungselement wird beim partiarischen Darlehen zumeist die Zahlung eines so genannten Kicker vereinbart.1353 Beim („reellen“) Equity Kicker wird dem Kreditgeber ein in einer Anleihe verbrieftes (Warrant) oder rein schuldrechtlich ausgestaltetes (Naked Warrant) Optionsrecht eingeräumt, zu einem bestimmten Zeitpunkt Anteile am finanzierten Unternehmen zu erwerben.1354 Alternativ ist auch die Vereinbarung eines Wandlungsrechts möglich, das an die Stelle des Rückzahlungsanspruchs die Übertragung einer vorab festgelegten Anzahl von Gesellschaftsanteilen treten lässt.1355 Beim („virtuellen“) Non-Equity Kicker wird dagegen eine Beteiligung des Kreditgebers an der Wertsteigerung des Unternehmens schuldrechtlich konstruiert, üblicherweise in Gestalt einer Einmalzahlung am Ende der Laufzeit (Back-End Fee).1356 Die Wirksamkeit Mezzanine-typischer Covenants begegnet keinen grundsätzlichen Beden- 331 ken. Soweit es sich bei den Covenants nicht ohnehin um individuell ausgehandelte Vereinbarungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB handelt, ist in der Covenant-Absicherung des Kreditgebers durch besondere Kündigungsrechte regelmäßig weder eine unangemessene Benachteiligung des Kreditnehmers i.S.v. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB noch eine sittenwidrige Knebelung oder Gläubigertäuschung nach § 138 BGB zu erblicken (zu den Einzelheiten unten Vierter Teil Rn 959, 960). Die Kündigungsrechte sind marktüblich und tragen dem besonderen Risiko der Mezzanine-Finanzierung Rechnung; üblicherweise sind sie von deutlich strengeren Voraussetzungen abhängig als das – zulässige – Kündigungsrecht nach Nr. 19 AGB-Banken und zudem an eine Stillhaltefrist gebunden.1357 Vereinbarungen über die Vergütung fallen als Preisabreden von vornherein nicht unter die AGB-Inhaltskontrolle, soweit sie laufzeitabhängig ausgestaltet sind (oben Vierter Teil Rn 199). Sind formularmäßige Vergütungsabreden bei der MezzanineFinanzierung laufzeitunabhängig ausgelegt, so halten sie einer AGB-Inhaltskontrolle regelmäßig stand. Anders als bei einem Verbraucherkredit führt bei einem Unternehmenskredit nämlich nicht jede Abweichung von dem in § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gesetzlich typisierten laufzeitabhängigen Vergütungsmodus zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kreditnehmers (oben Vierter Teil Rn 210 und 211). Stattdessen muss der Maßstab für die AGB-Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB aus der Natur der Mezzanine-Finanzierung als einer kautelarisch geschaf-

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1350 Wiehe Journal of International Banking Law and Regulation 2007, 218; Berger ZBB 2008, 92 (94). 1351 Schüppen/Schaub/Stamm2 § 21 Rn 128; ähnlich Berger ZBB 2008, 92 (97): „effektiver Zins über die Laufzeit zwischen 10% und 20% p.a.“. 1352 Schrell/Kirchner BKR 2003, 13 (14); Golland/Gehlhaar M&A Review 6 (2005), 272 (273); Hofert/Arends ZIP 2005, 1297 (1298 f.); Schulte M&A Review 5 (2005), 182 (185); Berger ZBB 2008, 92 (97); Wöhe/Bilstein/Ernst/Häcker S. 209; Werner S. 40 f.; Becker S. 223. 1353 Überblick bei Häger/Elkemann-Reusch/Natusch Rn 64; Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch BB-Special Nr. 4 2005, 1 (21 ff.); Becker S. 223; Mittendorfer Praxishandbuch Akquisitionsfinanzierung S. 153 f. 1354 Mit leicht unterschiedlicher Terminologie Berger ZBB 2008, 92 (97); Becker S. 223. 1355 Ganter WM 2011, 1585 (1587). 1356 Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch BB-Special Nr. 4/2005, 1 (22); Hofert/Arends ZIP 2005, 1297 (1299); Berger ZBB 2008, 92 (97); Häger/Elkemann-Reusch/Hellich Rn 140 ff. 1357 Berger ZBB 2008, 92 (99).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

fenen Vertragsform, die den besonderen Erfordernissen der Risikofinanzierung angepasst ist, entwickelt werden.1358 Denkbar ist allerdings, dass die Vergütungsabrede sich als wucherisch oder wucherähn332 lich nach § 138 Abs. 2, Abs. 1 BGB darstellt und damit nichtig ist.1359 Voraussetzung dafür ist in jedem Fall die Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Ob ein solches besteht, ist durch einen Vergleich des effektiven Vertragszinses mit dem effektiven Marktzins für vergleichbare Finanzierungen zu ermitteln (oben Vierter Teil Rn 272– 278). Das bedeutet einerseits, dass der effektive Vertragszins aus sämtlichen Kostenelementen der Mezzanine-Finanzierung, einschließlich eines möglichen Kicker (oben Vierter Teil Rn 330) zu berechnen ist.1360 Andererseits muss ein effektiver Marktzins speziell für das Marktsegment der Mezzanine-Finanzierungen ermittelt werden. Die üblichen Zinsen für gewerbliche Kredite oder gar Verbraucherkredite können hierbei keine Orientierung bieten.1361 Vergleichsmaßstab muss vielmehr der Markt für hochverzinsliche Risikokapitalfinanzierungen (Venture Capital) sein.1362 Hiervon ausgehend wird man allerdings nur selten zur Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses gelangen, weil dafür eine relative Überschreitung des effektiven Marktzinses um mehr als 100% erforderlich ist (oben Vierter Teil Rn 277).1363 Auch die Ausgestaltung der Erfolgsbeteiligung als Equity Kicker begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken, sofern nicht etwa der Kreditgeber das Recht erhält, nach erfolgreicher Sanierung das gesamte Unternehmen zu übernehmen.1364 Im Übrigen ist die Angemessenheit eines Equity Kicker mit Blick auf das vom Kreditgeber übernommene Ausfallrisiko zu bewerten: Im Falle eines Sanierungskredits kann die „Erfolgsprämie“ umso höher ausfallen, je näher der gewährte Kredit an die Wertsteigerung heranreicht, die durch die Sanierung erzielt wurde.1365 Gegenüber einem typischen Darlehen zeichnet sich die Mezzanine-Finanzierung durch eine 333 längerfristige Kapitalüberlassung und die Einschränkung von Kündigungsrechten aus. Beides dient der wirtschaftlichen Annäherung von Mezzanine-Kapital an Eigenkapital, um ein günstigeres Rating bei weiteren Kreditgebern zu erreichen (oben Vierter Teil Rn 327). Die Praxis verlangt dafür zunächst eine Mindestlaufzeit der Finanzierung von fünf bis sieben Jahren.1366 Zusätzlich wird von den Kreditinstituten vielfach verlangt, dass die Restlaufzeit der MezzanineFinanzierung im Zeitpunkt des Ratings die angestrebte Laufzeit neuer Darlehen des Kreditgebers übersteigt.1367 Damit soll verhindert werden, dass die üblicherweise endfälligen Vergütungen der Mezzanine-Kreditgeber die Zins- und Rückzahlungsansprüche neuer Kreditgeber gefährden.1368 Langfristige Laufzeitvereinbarungen sichern freilich nur dann ein günstiges Kreditrating, wenn sie nicht durch Kündigungsrechte des Mezzanine-Kreditgebers konterkariert werden.1369 Sie se-

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1358 Zu parallelen Konstellationen beim Finanzierungsleasing und bei kreditvertraglichen Covenants unten Vierter Teil Rn 422 und 952; zur Verallgemeinerung des Arguments Renner AcP 213 (2013), 677 (690 ff.). 1359 Schmitz/Fuchs FB 2005, 13 (16); von Einem/Schmid/Pütz BB-Special Nr. 5/2005, 9 (15); Berger ZBB 2008, 92 (97 f.); Beispielsfälle bei Ganter WM 2011, 1585. 1360 Berger ZBB 2008, 92 (97). 1361 Ganter WM 2011, 1585 (1589). 1362 von Einem/Schmid/Pütz BB-Special Nr. 5/2005, 9 (15); Berger ZBB 2008, 92 (97). 1363 Berger ZBB 2008, 92 (98). 1364 Ganter WM 2011, 1585 (1590). 1365 Ganter WM 2011, 1585 (1590). 1366 So die Kriterien zur Qualifizierung von Mezzanine-Kapital, welche die mittlerweile aufgelöste „Initiative Finanzstandort Deutschland“ aufgestellt hatte. Diese Kriterien dürften weitgehend die Praxis der Kreditinstitute reflektieren, vgl. Gerdes BC 2006, 57 (58); Berger ZBB 2008, 92 (100); Gerz DStR 2011, 876 (879); mit Blick auf die Bilanzierung MünchKommBilanzR/Kropff HGB § 272 Rn 273, 280. 1367 Berger ZBB 2008, 92 (100). 1368 Schrell/Kirchner BKR 2003, 13 (16). 1369 Gerdes BC 2006, 57 (58); Berger ZBB 2008, 92 (100); Eilers/Rödding/Schmalenbach/Gleske/Laudenklos2 Unternehmensfinanzierung Rn D-25.

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

hen daher üblicherweise Kündigungsrechte vor, die deutlich hinter den Lösungsmöglichkeiten typischer Darlehensgeber (etwa in Nr. 19 AGB-Banken, Nr. 26 AGB-Sparkassen, oben Vierter Teil Rn 228 und 239–245) zurückbleiben. Regelmäßig besteht ein Kündigungsrecht nur bei Insolvenz oder schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Kreditnehmers.1370 Letztere können etwa darin bestehen, dass der Kreditnehmer nachhaltig gegen seine Unterrichtungspflichten aus einem Information Covenant verstößt.1371 Typischerweise wird in der Nachrangabrede (unten Vierter Teil Rn 335) vereinbart, dass der Mezzanine-Kapitalgeber weitere Kreditgeber über das Bestehen eines Kündigungsgrunds in Kenntnis setzen muss und erst nach einer Stillhaltefrist von 90 bis 180 Tagen von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen darf.1372 cc) Entscheidend für ein vorteilhaftes Rating der Mezzanine-Finanzierung (oben Vierter Teil 334 Rn 327) ist schließlich der insolvenzrechtliche Nachrang der Mezzanine-Forderungen.1373 Allerdings tritt dieser regelmäßig nicht schon nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO kraft Gesetzes ein. Der Mezzanine-Kreditgeber ist in aller Regel nicht Gesellschafter des Kreditnehmers. Wenn er infolge eines Equity Kicker am Ende der Finanzierungslaufzeit Gesellschaftsanteile erwirbt, tritt er damit erst dann in die Gesellschafterstellung ein, wenn er schon nicht mehr Darlehensgeber ist.1374 Um ein Gesellschafterdarlehen handelt es sich nur, wenn der Mezzanine-Kreditgeber sich bereits zu Beginn der Laufzeit der Finanzierung Anteile jenseits des Kleinbeteiligungsprivilegs (oben Vierter Teil Rn 319) übertragen lässt.1375 Informations- und Kontrollmöglichkeiten, die im Rahmen von Covenants eingeräumt werden, begründen in aller Regel keine gesellschaftergleiche Stellung des Mezzanine-Kreditgebers. Werden allerdings im Einzelfall Informations- und Kontrollrechte eingeräumt, die den Mezzanine-Kreditgeber faktisch einem Gesellschafter gleichstellen und liegt das Kreditvolumen bei mehr als 10% des Stammkapitals, so tritt das Mezzanine-Darlehen nach § 39 Abs. 1 S. 5 InsO im Rang zurück (zu den Kriterien oben Vierter Teil Rn 326).1376 Der Nachrang der Mezzanine-Forderungen kann aber auch durch Parteiabrede herbeige- 335 führt werden. Die Parteien schließen dazu eine Nachrang- oder Rangrücktrittsvereinbarung i.S.v. §§ 19 Abs. 2 S. 2, 39 Abs. 2 InsO. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen verfügenden Schuldänderungsvertrag sui generis nach § 311 Abs. 1 BGB, der den Bestand der Forderung unberührt lässt.1377 Nach § 39 Abs. 2 InsO ist eine solche Abrede im Zweifel dahin auszulegen, dass die Mezzanine-Forderung hinter die in § 39 Abs. 1 Nr. 1–5 InsO genannten Forderungen zurücktritt. Die Reichweite des Rangrücktritts wird aber zumeist ausdrücklich vereinbart. So

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1370 Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch BB-Special Nr. 4/2005, 1 (20); Berger ZBB 2008, 92 (100 f.). 1371 Berger ZBB 2008, 92 (101). 1372 Golland/Gehlhaar/Grossmann/Eickhoff-Kley/Jänisch BB-Special Nr. 4/2005, 1 (20); Berger ZBB 2008, 92 (99 und 101); Häger/Elkemann-Reusch/Steinhauer Rn 503. 1373 Schrell/Kirchner BKR 2003, 13 (16); Berger ZBB 2008, 92 (101): „Dreh- und Angelpunkt“; Poelzig WM 2014, 917; Hill S. 193; Eilers/Rödding/Schmalenbach/Gleske/Laudenklos2 Unternehmensfinanzierung Rn D-28. 1374 Ganter WM 2011, 1585 (1591). 1375 Ganter WM 2011, 1585 (1591). 1376 In diesem Sinne auch Krolop GmbHR 2009, 397 (402), der allerdings auf das Erfordernis der gesellschaftergleichen Kontrolle weitgehend verzichtet und insoweit „eine mit dem Kommanditisten vergleichbare Position hinsichtlich der Informations- und Einsichtsrechte“ für ausreichend hält. 1377 So nun auch BGHZ 204, 231 (244) mit Blick auf eine vorinsolvenzlich wirkende Rangrücktrittsvereinbarung; zuvor schon aus dem Schrifttum Peters WM 1988, 685 (689); Habersack ZGR 2000, 384 (403); Wittig NZI 2001, 169 (170); Obermüller Rn 1.1337; Martinek/Omlor WM 2008, 665 (667); aA Priester DB 1977, 2429 (2433); Serick ZIP 1980, 9 (15) (modifizierter Forderungserlass); Eppler DB 1991, 195 (Forderungsverzicht mit Besserungsklausel); Janka/ Löwenstein DB 1992, 1648 (1651) (aufschiebend bedingter Schulderlass); Schmidt/Herchen18 in: Schmidt, InsO, § 39 Rn 22; Fleck Die Bilanzierung kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen in der GmbH 1988, S. 109, 119 (pactum de non petendo).

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4. Teil – Das Kreditgeschäft

kann ein Rangrücktritt nur zugunsten bestimmter Gläubigergruppen ebenso vereinbart werden wie ein so genannter qualifizierter Rangrücktritt, welcher die Mezzanine-Forderungen effektiv mit dem Haftkapital der Gesellschaft gleichstellt.1378 § 39 Abs. 2 InsO setzt voraus, dass Nachrangvereinbarungen zwischen dem Mezzanine-Kreditgeber und dem Kreditnehmer abgeschlossen werden. Es ist üblich, dass auch die Gläubiger, zu deren Gunsten die Nachrangvereinbarung geschlossen wird, als Partei oder Begünstigte eines Vertrags zugunsten Dritter in die Vereinbarung einbezogen werden.1379 Abzugrenzen ist die Nachrangvereinbarung aber von einer reinen Gläubigervereinbarung, die nur zwischen dem Mezzanine-Kreditgeber und weiteren Gläubigern des Kreditnehmers besteht.1380 Eine solche Vereinbarung bewirkt lediglich, dass im Innenverhältnis der Quotenanspruch des Mezzanine-Kreditgebers an vorrangige Gläubiger abgetreten wird; sie führt im Außenverhältnis nicht zu einem insolvenzrechtlich wirksamen Rangrücktritt.1381 Deshalb werden in den praxisüblichen Intercreditor Agreements immer auch die Kreditnehmer Vertragspartei.1382 336

c) Konzernfinanzierung und Cash Pooling. Wirtschaftlich steht beim Unternehmenskredit auf Kreditnehmerseite oftmals nicht ein einzelnes Unternehmen, sondern eine Unternehmensgruppe in Gestalt eines Konzerns. Rechtlich führt dies, je nach Zentralisierungsgrad des Konzerns, zu unterschiedlichen Gestaltungen.1383 Einerseits ist denkbar, dass nur eine einzelne Konzerngesellschaft Vertragspartei des Kreditvertrags wird, jedoch eine weitere Konzerngesellschaft – meist die Konzernmutter – eine Patronatserklärung (unten Vierter Teil Rn 1002–1006) abgibt und sich damit zur ordnungsgemäßen Kapitalausstattung des Kreditnehmers verpflichtet. Andererseits ist es möglich und verbreitet, dass Konzerne ihr Finanzmanagement im Rahmen eines Cash Pooling-Systems zentralisieren. Mit der Durchführung eines solchen Systems im Innenverhältnis der Konzerngesellschaften verbinden sich zahlreiche gesellschafts- und konzernrechtliche Fragestellungen, die sich mit Inkrafttreten des MoMiG nur teilweise erledigt haben.1384 Insbesondere können Darlehen an beherrschende Unternehmen (Upstream-Darlehen) mit den gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften und den Schutzvorschriften des Konzernrechts in Konflikt treten, wenn der unbesicherten Darlehensgewährung kein vollwertiger Rückzahlungsanspruch entspricht.1385 Aus bankvertragsrechtlicher Sicht interessieren aber allein die Implikationen des Cash Poolings für das Außenverhältnis zum Kreditgeber, bei dem es sich regelmäßig um ein Kreditinstitut handelt.1386 Hier stellt sich das Cash Pooling zunächst als Darlehensvertrag mit einer Mehrheit von Darlehensnehmern, nämlich den beteiligten Konzerngesellschaften, dar, die für Forderungen aus dem Darlehensvertrag gesamtschuldnerisch haften (oben Vierter Teil Rn 161) und Sicherheiten stellen.1387 Die Abwicklung des Darlehens wird bei einer Konzerngesellschaft, der so genannten Betreibergesellschaft (auch Inhouse Bank oder

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1378 Zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer Nachrangvereinbarung Kiethe DStR 2006, 1763 (1765); zu ihren typischen Inhalten Berger ZBB 2008, 92 (102 f.). 1379 Laudenklos/Sester WM 2004, 2417 (2421); Berger ZBB 2008, 92 (102). 1380 Sutter/Fiedler ZinsO 2011, 552 (553); Braun/Bäuerle7 § 39 Rn 32. 1381 Sutter/Fiedler ZinsO 2011, 552 (556 f.); Braun/Bäuerle7 § 39 Rn 32. 1382 Zum Intercreditor Agreement for Leveraged Finance Transactions der LMA Diem Akquisitionsfinanzierungen, § 40 Rn 16 ff. . 1383 Überblick bei Ertl BC 2000, 33 ff. 1384 Überblick bei BeckHB GmbH-Vogt5 § 17 Rn 321 ff. 1385 Insoweit grundlegend, auch zur Verhältnis von Kapitalerhaltungsvorschriften und Konzernrecht BGHZ 179, 71; dazu Wilhelmi WM 2009, 1917. 1386 Zur Beteiligung von Kreditinstituten Altmeppen ZIP 2006, 1025 f. 1387 Maier-Reimer FS Rowedder 1994, S. 245 (247); Suchanek Finanz Rundschau 2005, 665 (669 f.); Altmeppen ZIP 2006, 1025 (1026); Faßbender Cash Pooling und Kapitalersatzrecht im Konzern, S. 40; Vetter/Stadler Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash Pooling, S. 80; Roth/Altmeppen/Altmeppen8 § 30 Rn 78, 167.

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4. Abschnitt – Der Unternehmenskredit

Treasury), zentralisiert.1388 Die Betreibergesellschaft weist üblicherweise auf einem „Zielkonto“ beim Kreditinstitut den täglichen Netto-Liquiditätssaldo aus, der sich aus der Verrechnung der gegenseitigen Forderungen aller am Cash Pooling teilnehmenden Konzerngesellschaften ergibt.1389 Soweit der Saldo negativ ist, nimmt die Betreibergesellschaft in Vertretung der teilnehmenden Konzerngesellschaft dann beim Kreditinstitut ein Kontokorrent-Darlehen (unten Vierter Teil Rn 377) in Anspruch. Der kreditnehmende Konzern kann damit einerseits günstigere Finanzierungskonditionen erlangen, als es die einzelnen Konzerngesellschaften könnten, und nimmt andererseits konzernexternes Fremdkapital immer nur soweit in Anspruch, wie es gerade erforderlich ist. Hinsichtlich des konzerninternen Zahlungsausgleichs, der über ein konzernweites Cash Pooling-Konto abgewickelt wird, fungiert das Kreditinstitut allein als Zahlstelle der Konzerngesellschaften, so dass gegen das Kreditinstitut selbst keine Ansprüche im Rahmen einer Insolvenzanfechtung geltend gemacht werden können.1390 2. Konsortialkredite a) Funktion und Begriff. Bei großen Kreditvolumina, wie sie beim Unternehmenskredit üb- 337 lich sind, haben die Kreditinstitute ein besonderes Interesse an einer breiten Risikostreuung. Zu einer solchen zwingt auch das Aufsichtsrecht, etwa durch Beschränkungen für Großkredite nach § 13 KWG. Deshalb sind Konsortialkredite hier häufig, insbesondere im Bereich der Akquisitionsfinanzierung.1391 Der Begriff des Konsortialkredits bezeichnet, unabhängig von der Kreditart, einen Kredit, bei dessen Gewährung mehrere Kreditinstitute zusammenwirken.1392 Dem Kreditnehmer bietet der Konsortialkredit eine breite Finanzierungsbasis, die Kreditgeber mit je unterschiedlichen Finanzierungskonditionen zusammenführt.1393 Üblicherweise wird der Konsortialkredit in mehrere Kredite mit unterschiedlichen Laufzeiten, Konditionen und Risikoprofilen aufgeteilt, so dass sich etwa Kreditinstitute an vorrangigen Krediten mit kurzer Laufzeit und institutionelle Investoren an Mezzanine-Krediten (oben Vierter Teil Rn 327–335) beteiligen können.1394 b) Formen und Rechtsnatur. Hinsichtlich des Zustandekommens ist zu unterscheiden: 338 Die Mitglieder des Konsortiums können schon bei Abschluss des Kreditvertrags zusammenwirken (Club Deal); der Kredit kann aber auch zunächst von nur einem Kreditinstitut (Underwriter) begeben werden, das dann eine Syndizierung des Kredits anstrebt. Letzteres bedeutet, dass der Underwriter nach Vertragsschluss seine Rechte und Pflichten aus dem Kreditvertrag teilweise auf einen oder mehrere beitretende Kreditgeber überträgt (unten Vierter Teil Rn 345). Hinsichtlich der Durchführung sind wiederum zwei Modelle möglich. Beim echten Kon- 339 sortialkredit wird die Durchführung rechtlich beim Konsortialführer oder in einer Außen-GbR verankert, während beim unechten Konsortialkredit jeder Konsorte in einer eigenständigen Rechtsbeziehung zum Kreditnehmer steht.1395 Beide Modelle bringen eine je unterschiedliche

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1388 Zur Begriffsbildung Altmeppen ZIP 2006, 1025; zu den konzerninternen Vertragsbeziehungen im Einzelnen Hange