Autorschaft als Kondeszendenz: Johann Georg Hamanns erlesene Dialogizität [Reprint 2012 ed.] 3110183803, 9783110183801, 9783110914962

Hamanns Autorschaft ist stark auf die Rezipienten ausgerichtet. Seine ausgeprägte Dialogizität wird in Untersuchungen zu

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Autorschaft als Kondeszendenz: Johann Georg Hamanns erlesene Dialogizität [Reprint 2012 ed.]
 3110183803, 9783110183801, 9783110914962

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Christina Reuter Autorschaft als Kondeszendenz

Theologische Bibliothek Töpelmann Herausgegeben von O. Bayer und W. Härle

Band 132

W G DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Christina Reuter

Autorschaft als Kondeszendenz Johann Georg Hamanns erlesene Dialogizität

W G DE

Walter de Gruyter · Berlin · New York

Die vorliegende Arbeit wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich im Sommersemester 2004 auf Antrag von Prof. Dr. Alois M. Haas und Prof. Dr. Pierre Bühler als Dissertation angenommen.

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 3-11-018380-3 Bibliografische Information Der Deutschen

Bibliothek

Die Dcutschc Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2005 by Walter de Gruvter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Alikroverfilmungen und die Kinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin Satz: swissedit, Zürich

»Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.« O f f b . 21,3

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Mai 2004 von der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich als Dissertation angenommen. Dass sie nun in der Reihe »Theologische Bibliothek Töpelmann« erscheinen kann, freut mich ausserordentlich. In der Zeit, in der ich an der Dissertation arbeitete, sind mir mehrere Menschen aus dem privaten und universitären Umfeld zur Seite gestanden. Ermutigt wurde ich durch Freundinnen und Bekannte, die bereit waren, mir bezüglich der schwierigen Lage bei der Beschaffung finanzieller Mittel zuzuhören, oder mir bei der Einreichung von Gesuchen halfen. Namentlich erwähnen möchte ich Flurina Hefti, Sasha Staiger, Jacqueline Amstutz, Rebekka Wyler, Anne-Lise Diserens und Dagmar Rohrbach. Bei der Sicherung der stilistischen Verständlichkeit und der Korrektur des Manuskriptes half mir auf sehr förderliche Weise Dr. phil. Verena Profos. Die Satzlegung und das Korrekturlesen der Druckvorlage übernahm Dr. phil. Wolfram Schneider-Lastin, dem ich entscheidende Anregungen für die Gestaltung der Register verdanke. Teile der Arbeit habe ich im Sommer 2003 im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar geschrieben. Die gute Arbeitsatmosphäre bleibt mir unvergessen. Eine finanzielle Unterstützung einer anonymen Spenderin im Juli 2003 sowie ein Beitrag der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich haben mich stark ermutigt. Der grössere Teil der Druckkostenzuschüsse wurde von der Emil Brunner-Stiftung Zürich in Verbindung mit der evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich übernommen, wofür ich sehr dankbar bin. Das Einreichen von Gesuchen für Forschungsgelder ermöglichten mir Prof. Dr. theol. Oswald Bayer (Tübingen), Prof. Dr. phil. Hans Graubner (Göttingen), Prof. Dr. phil. Roger Sablonier (Zürich), indem sie entsprechende Empfehlungsschreiben verfassten. Der Austausch mit ihnen hat mir wertvolle Anregungen gegeben und den Blick auf mein eigenes Schaffen geschärft. Weitere fachliche Unterstützung fand ich bei Prof. Dr. theol. Ingolf U. Dalferth, der mit mir die Unterkapitel zur Geschichte der Begriffe Kondeszendenz und communicatio idiomatum besprach.

VI

Vorwort

Grosser Dank gilt Prof. Dr. theol. Pierre Bühler, der als Zweitreferent meine Arbeit beurteilt hat und mir später in Verlags- und Druckkostenfragen viel geholfen hat. Ganz besonderen Dank möchte ich meinem Doktorvater, Prof. Dr. phil. Alois M. Haas, aussprechen. Seine thematischen Schwerpunkte trafen meine Interessengebiete. Er hat über alle Jahre seit meinem Studienbeginn an mich geglaubt und mir bei meinem Arbeiten stets zuversichtlich Raum gelassen. Besonders geschätzt habe ich, dass er mich immer auch als Menschen wahrgenommen hat. Die vorliegende Arbeit weist relativ umfangreiche Anmerkungen auf. Dies liegt darin begründet, dass ich mit Lesern und Leserinnen aus mindestens zwei Disziplinen rechne, nämlich aus der Literaturwissenschaft und der Theologie. Durch die Platzierung fachspezifischer Informationen in den Fussnoten können diese je nach Vorwissen selektiv gelesen werden. Zürich, am Ostersamstag 2005

Christina Reuter

Inhalt Ι

EINFÜHRUNG

Ι

2

BETEILIGTE AM SPRACHGESCHEHEN

9

2 . 1 E i n f ü h r u n g in die T h e m a t i k der Kondeszendenz

9

2.1.1 Begriffsgeschichtliche Annäherung an den Begriff Kondeszendenz

9

2.1.2 Der Kondeszendenzgedanke in der Geschichte der Hamann-Forschung

21

2.2 G o t t als A u t o r der N a t u r , der G e s c h i c h t e u n d der S c h r i f t 2.2.1 Einführung in die trinitarische Kondeszendenz Gottes

.

.

. . .

26 26

2.2.2 Kondeszendenz Gottes in die Natur

29

2.2.3 Kondeszendenz Gottes in die Geschichte

34

2.2.4 Kondeszendenz Gottes in die Schrift

38

2.2.5 Beeinflussung Hamanns durch den Kondeszendenzgedanken

.

2.3 H a m a n n als A u t o r : I m i t a t o r , M e t a k r i t i k e r , P r o p h e t

47

2.3.1 Einführung in die Thematik von Hamanns Autorschaft 2.3.2 Begriffsgeschichtlicher Exkurs zum Begriff

45

. . .

47

communicatio

idiomatum

53

2.3.3 Autorschaft durch Imitatio Dei

62

2.3.4 Autorschaft durch das Gespräch mit Zeitgenossen

67

2.3.5 Autorschaft durch Rettung der Poesie

75

2.4 R e z i p i e n t e n im S p a n n u n g s f e l d v o n R e z e p t i o n u n d Interpretation 2.4.1 Einführung in die Thematik des Rezeptionsprozesses

81 . . . .

81

2.4.2 Rezipierende lassen sich in mutiger Demut vom Text beeinflussen 2.4.3 Rezipierende im Blick dreier wissenschaftlicher Positionen

83 .

.

2.4.4 Rezipierende lassen sich existentiell herausfordern 3

EXEMPLARISCHES AUFZEIGEN HAMANNSCHER DIALOGIZITÄT

89 96

.

104

Inhalt

VIII

3 . 1 Intertextualität i m B e r e i c h der Titelblätter 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5

Einführung in die Thematik der Intertextualität Das Titelblatt bei: Versuch einer Sibylle über die Ehe Das Titelblatt bei: Konxompax Das Titelblatt bei: Schürze von Feigenblättern Auswertung der Untersuchungen zur Intertextualität

111 . . . .

. . . .

3.2 B r i e f g e s p r ä c h e ü b e r P u b l i k a t i o n e n 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.2.5

130

Einführung in die Thematik der Briefgespräche Briefgespräche über den Versuch einer Sibylle über die Ehe . Briefgespräche über Konxompax Briefgespräche über die Schürze von Feigenblättern . . . . Auswertung der Untersuchungen zu den Briefgesprächen . .

3.3 M e t a p h o r i z i t ä t h a m a n n s c h e r A u t o r s c h a f t 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5

Einführung in die Thematik der Metaphorizität Metaphorizität im Versuch einer Sibylle über die Ehe Metaphorizität in Konxompax Metaphorizität in der Schürze von Feigenblättern Auswertung der Untersuchungen zur Metaphorizität

3.4 R h e t o r i z i t ä t h a m a n n s c h e r A u t o r s c h a f t 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.4.5 4

Einführung in die Thematik der Rhetorizität Rhetorizität im Versuch einer Sibylle über die Ehe Rhetorizität in Konxompax Rhetorizität in der Schürze von Feigenblättern Auswertung der Untersuchungen zur Rhetorizität

SCHLUSSWORT

in 115 119 124 127

130 132 137 147 154 156

. . . .

. . . .

156 160 176 185 194 197 197 204 215 232 252 257

4.1 Z u s a m m e n f a s s u n g der wichtigsten R e s u l t a t e

257

5

261

BIBLIOGRAPHIE

5.1 Primärliteratur

261

5.2 Sekundärliteratur

263

5.3 W ö r t e r b ü c h e r u n d N a c h s c h l a g e w e r k e

285

6

REGISTER

287

6.1

Bibelstellen

287

6.2 N a m e n

291

6.3 B e g r i f f e

297

ι Einführung D e r ungebrochene Glaube an die Vernunft gehört heute der Vergangenheit an. Immer deutlicher zeigt sich, dass naturwissenschaftliche Methoden nicht alles entdecken, erkennen und erklären können. Einer, der dies bereits vor mehr als 200 Jahren wahrgenommen und sich gegen das ausschliessliche Vertrauen auf die durch den damaligen französischen Rationalismus hochgelobte Vernunft gewehrt hat, ist Johann G e o r g Hamann (1730-1788). Von ihm und seiner Autorschaft, welche ganz v o m Gedanken an Gottes Kondeszendenz, Gottes Herunterlassung z u den Menschen, bestimmt ist, handelt die vorliegende Arbeit. Im einführenden Teil sollen - bevor die Thematik, die Fragestellungen, der A u f b a u und die Methoden der Arbeit ausgeführt werden - Hamanns Lebenslauf und die jüngere Forschungsgeschichte kurz skizziert werden. Johann G e o r g Hamann, 1 der Sohn des Wundarztes und Baders Johann Christoph Hamann (1697-1766), wird am 27. August 1730 im preussischen Königsberg geboren. Mit 16 Jahren beginnt er an der Universität Königsberg Theologie zu studieren. Später wechselt er zur Rechtswissenschaft. Vor allem beschäftigt er sich jedoch mit Sprachen, Literatur, Philosophie und den Naturwissenschaften. N a c h zwölf Semestern, im Jahre 1752, verlässt er die Universität ohne Abschluss. Zunächst arbeitet er als Hofmeister in Livland. 1757 reist er im Auftrag des Rigaer Handelshauses Berens, vermutlich mit einem handelspolitischen Auftrag, nach London, doch die Mission scheitert. Hamann bleibt in London und gerät in eine tiefe Krise. Diese Krise und das intensive Studium der Bibel führen im Jahre 1758 zu einer Lebenswende, zu einer Zäsur, welche mit einem Be-

i

D i e A u s f ü h r u n g e n zur Biographie Hamanns beruhen vor allem auf dem v o n Reiner W i l d verfassten Artikel im v o n Walther K i l l y herausgegebenen Literatur Lexikon: Literatur Lexikon. Bd. 4. Gütersloh u. M ü n c h e n 1989. S. 490-493. Siehe auch: Jargensen, SvenAage. Johann G e o r g Hamann. Stuttgart 1976. S. 7 u. 15-97; K o e p p , Wilhelm. D e r Magier unter Masken. Göttingen 1965; O ' F l a h e r t y , James C . Johann G e o r g Hamann. Frankfurt a. M. 1989. A u s s e r d e m der v o n Karlfried G r ü n d e r verfasste Artikel in: N e u e Deutsche Biographie. Bd. 7. Berlin 1966. S. 573-577.

2

ι Einführung

kehrungserlebnis vergleichbar ist.2 Die Londoner Erfahrung verändert Hamanns früher positive Einstellung zur Aufklärung, besonders diejenige zum Rationalismus und zum damit verbundenen Geltungsanspruch der Vernunft. Sein Engagement als Metakritiker und die gewonnene Glaubensgewissheit bestimmen hinfort sein Schreiben. Anfangs 1759 kehrt Hamann nach Königsberg zurück. Durch Vermittlung Immanuel Kants erhält Hamann 1767 eine Stelle als Übersetzer bei der preussischen Zollverwaltung. Zehn Jahre später wird er zum Packhofverwalter ernannt. Während dieser Zeit der bürgerlichen Berufsausübung gründet Hamann in einer nicht legalisierten Ehegemeinschaft mit Anna Regina Schumacher eine Familie mit vier Kindern. Die leichte, wenn auch schlecht bezahlte Arbeit für die Regierung Friedrichs des Grossen, besonders die Stelle als Packhofverwalter, erlaubt ihm, sich neben seinem Brotberuf intensiv der Lektüre zahlreicher Bücher und dem eigenen Schreiben zu widmen. So ist er zwischen 1764 und 1779 Mitarbeiter der Königsbergschen gelehrten und politischen Zeitungen, für welche er zahlreiche Rezensionen schreibt. Seine eigenständigen, überwiegend kleinen Schriften, welche sich metakritisch und prophetisch, entgegnend und verkündigend, mit den Zeitthemen auseinander setzen, erscheinen zumeist anonym. Ein durchgängiges Thema ist die Sprache und die Sprachlichkeit. 1787 erhält Hamann seinen Abschied als Packhofverwalter. Er reist nach Düsseldorf zu seinem Freund Jacobi und nach Münster in Westfalen, wo er Kontakt zum Kreis um die Fürstin Amalie Gallitzin aufgenommen hat. Hamann stirbt am 21. Juni 1788 kurz vor der Rückreise nach Königsberg.

2

Auch wenn die verschiedenen Forschenden die Wende in London unterschiedlich benennen und interpretieren, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen werden, so sind sie sich doch über deren anhaltende Auswirkung auf Hamanns Leben einig: Gemäss Hempelmann erlebt Hamann seine »Bekehrungsgeschichte« vom 3 1 . März 1758 durch Gottes selig machendes Wort (Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 144-145). Koepp hingegen sieht hier gerade keine eigentliche Bekehrung im pietistischen Sinne, sondern explizit eine »Erleuchtung«, welche einer radikalen Demaskierung und Selbstdesillusionierung gleichkomme (Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 48, 50, 246, 250, 255). Auch Metzke ist der Meinung, dass Hamanns Erleben in London über die pietistische Bekehrungsmethode hinausgehe (Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 278). Groppe beurteilt »die religiöse Erleuchtung als fundamentale Selbsteinsicht und biographischen Wendepunkt« und sieht darin die »Geschichte einer inneren Befreiung« (Groppe, Sabine. Das Ich am Ende des Schreibens. Würzburg 1990. S. 83, 86-87,

I02

) · Siehe auch: Schreiner, Helmuth.

Die Menschwerdung Gottes in der Theologie Johann Georg Hamanns. Tübingen 1950. S. 1 5 - 2 3 ; Lindner, Helgo. J. G. Hamann. Glessen u. Basel 1988. S. 9 - 2 1 ; Salmony, Η . A. Johann Georg Hamanns metakritische Philosophie. Zollikon 1958. S. 70-74.

ι Einführung

3

Im 20. Jahrhundert wurde die Hamannforschung wieder erneut belebt.3 Zwei grosse Richtungen lassen sich in der jüngeren Forschungsgeschichte unterscheiden: 4 Einerseits gibt es die Sichtweise der Forschenden, welche in Hamann vor allem den dunklen, unlogischen Autor sehen. Dazu gehören beispielsweise Isaiah Berlin, Larry Vaughan und Richard Herzinger. 5 So hält Berlin Hamann wegen dessen Wirkung auf den deutschen Idealismus Fichtes, Schellings und Hegels und auf die romantische Schule des Denkens für einen - wenn auch nicht »himmelstürmende[n]«6 - Irrationalisten, für einen »Pionier des Antirationalismus«, 7 für einen der ersten »Kritiker der Neuzeit«, 8 für den Vater der Gegenauf-

3

Zur älteren Hamannforschung: Gründer umschreibt drei der älteren Hamann-Forscher - Unger, K o r f f und Nadler - folgendermassen: Während Rudolf Unger Hamanns Weltanschauung »als Verschmelzung eines spiritualistischen Supranaturalismus mit einem sensualistischen Naturalismus« verstehe, bereite nach Hermann August Korff Hamanns »mystische Religiosität und sein ästhetischer Symbolismus entwicklungsgeschichtlich den Pantheismus« vor. Und Josef Nadler, der Herausgeber der historisch-kritischen Gesamtausgabe, stelle Hamann »als letzten Synkretisten frühkirchlichen Stils in die weite Bewegung einer >hellenischen Renaissance««. Allen drei Hamann-Forschern, so fährt Gründer fort, sei gemein, dass Hamann ein Janusgesicht habe, Vergangenem und K o m mendem gleichermassen zugewandt (Neue Deutsche Biographie. Bd. 7. Berlin 1966. S. 576. Alle Zitate befinden sich auf dieser Seite). Bezüglich der älteren Forschungsgeschichte siehe auch: Unger, Rudolf. Hamanns Sprachtheorie im Zusammenhange seines Denkens. München 1905. S. 1 - 2 3 .

4

Allgemein zur Hamannforschung: Einen kurzen, sehr informativen Überblick über ein gutes Dutzend Hamann-Forscher und -Forscherinnen bietet: Fischer, Rainer. Von Gott reden im Zusammenhang von Glaube und Sprachdenken. Gütersloh 1994. S. 44-60. Ausführliche Berichte über die geleisteten Forschungsarbeiten bietet: Büchsei, Elfriede. Geschärfte Aufmerksamkeit - Hamannliteratur seit 1972. Stuttgart 1986. S. 375-425; Büchsei, Elfriede. »Weitgefächertes Interesse«. Stuttgart 1997. S. 288-356. Ausserdem: Blanke, Fritz u. Gründer, Karlfried u. Schreiner, Lothar. Die Hamann-Forschung. Gütersloh 1956. S. 1 8 - 1 4 0 v. a. 62-140; Jorgensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 8-9 u. 98-103; Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 2 7 1 293; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 13-26; Lumpp, Hans-Martin. Philologia crucis. Tübingen 1970. S. 1 - 1 7 ; Vaughan, Larry. The Organizing Principle of J. G. Hamann's Thinking. Frankfurt a. M. 1999. S. 93-104.

5

Einige Titel dieser Forschenden: Berlin, Isaiah. Der Magus in Norden. Berlin 1995; Berlin, Isaiah. Der Magus in Norden. Berlin 1993. S. 79-85; Vaughan, Larry. Johann Georg Hamann. N e w York 1989; Vaughan, Larry. The Organizing Principle of J. G. Hamann's Thinking. Frankfurt a. M. 1999. S. 93-104; Vaughan, Larry. Johann Georg Hamann und die Kabbala. Bern 1996. S. 1 5 5 - 1 6 2 ; Herzinger, Richard. Deus absconditus im Feuerschein der Explosion. Opladen 1997. S. 67-81.

6

Berlin, Isaiah. Der Magus in Norden. Berlin 1995. S. 1 2 9 - 1 3 0 .

7

Ebd. S. 26.

8

Ebd. S. 25.

4

ι Einführung

klärung, welcher gegen kategorisierende, sich objektiv gebende Systematisierungen, Theorien und intellektuelle Konstruktionen rebelliert. Andererseits gibt es die Sichtweise der Forschenden, welche Hamann vor allem als Aufklärer verstehen, so wie Oswald Bayer, James C. O'Flaherty und Gwen Griffith-Dickson. 9 Bayer, der in Hamanns Metakritik eine radikale Position der Aufklärung sieht, unterscheidet zwischen der aufklärerischen, erkenntnistheoretisch aber problematischen Scheidekunst, welche Sinnlichkeit und Vernunft trennt, und der von Hamann vertretenen Ehekunst, mit welcher dieser der wesentlichen Einheit von Sinnlichkeit und Verstand gerecht wird. O'Flaherty beurteilt Hamann nicht aufgrund von dessen Wirkung, sondern aufgrund von dessen Vorgehensweise und verbindet die Bildhaftigkeit des Stils mit dem Gebrauch einer so genannt intuitiven Vernunft, welche Hamann bewusst der von logischen Konzepten und vom Anspruch auf Allgemeingültigkeit geprägten diskursiven Vernunft gegenüberstellt. Infolge dieses - intuitiven - Vernunftgebrauchs schätzt auch O'Flaherty Hamann als radikalen Aufklärer ein. GriffithDickson schliesst, ähnlich wie O'Flaherty, von Hamanns durchdachtem Schreibstil, welcher einem methodologischen Manifest gleichkommt, auf die Intentionen und das Wesen Hamanns. Zudem betont sie den relationalen Charakter hamannschen Sprachdenkens und streicht - in Ubereinstimmung mit Berlin - den Aspekt heraus, dass Sprache immer Kommunikation und damit Gemeinschaft bedeutet. Meines Erachtens gelingt es jedoch weder den Forschenden, welche in Hamann den Irrationalisten sehen, noch den Forschenden, welche Hamann als radikalen Aufklärer wahrnehmen, die grundlegende Bedeutung, die Gott für Hamann hat, in die jeweilige Position zu integrieren. Hamanns Sprachverhalten kann nur aus seinem Verhältnis zu Gott verstanden werden und nicht allein aus seiner Stellungnahme zur damaligen Zeitströmung oder aus seiner Wirkung auf spätere Kunst- und Literaturrichtungen. Die Ablehnung einer universellen Anerkennung etablierter Systeme und die Weigerung, insti-

9

Einige Titel dieser Forschenden: Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988; Bayer, Oswald. Hamann als radikaler Aufklärer. Tübingen 1998. S. 1 1 - 2 7 ; Bayer, Oswald. Metakritik in nuce. Berlin 1988. S. 3 0 5 - 3 1 4 ; Bayer, Oswald. Schöpfung als »Rede an die Kreatur durch die Kreatur«. Marburg 1983. S. 57-75; Bayer, Oswald. Gegen System und Struktur. Frankfurt a. M. 1979. S. 40-52; O'Flaherty, James C. The Quarrel of Reason with Itself. Berlin 1988. S. 285-304; O'Flaherty, James C. »Petitio principii minimi« as a Leitmotif of the Enlightenment according to Hamann. Berlin 1997. S. 233-247; O'Flaherty, James C. Johann Georg Hamann. Frankfurt a. Μ. 1989; GriffithDickson, Gwen. Hamanns relationale Metakritik. Tübingen 1998. S. 242-262; Griffith Dickson, Gwen. Johann Georg Hamann's Relational Metacriticism. Berlin 1995.

ι Einführung

s

nationalisierte Autoritäten dem individuellen Gewissen überzuordnen, sind für Berlin Gründe genug, in Hamann einen Antirationalisten, ja sogar einen Irrationalisten zu sehen. Dabei berücksichtigt Berlin nicht hinreichend, dass Hamann kein grundsätzlicher Feind von Systemen ist. Hamann anerkennt sehr wohl ein System Gottes und vertritt dieses mit aller Kraft - unter anderem, indem er die Inkonsequenzen rationalistischer Systeme, die letztlich auf einem Aberglauben an die Vernunft basieren, aufdeckt. Demgegenüber drohen die Forschenden, welche Hamann als radikalen Aufklärer sehen, zu ignorieren, dass sich Hamann aus der Akzeptanz seiner Geschöpflichkeit und seiner Abhängigkeit von Gott heraus mit der Autonomie anstrebenden Aufklärungsbewegung auseinander setzt, dass also sein aufklärerisches, metakritisches Engagement den Zielen der Aufklärung letztlich zuwiderläuft. Der sich offenbarende Gott, welcher in der Sprache eine Begegnung und letztlich eine Beziehung mit dem Menschen sucht, bleibt ihm stets Zentrum. Das muss - weiterhin - von den Forschenden bei der Interpretation von Hamann berücksichtigt werden. Bezüglich der Quellenlage des hamannschen Schrifttums gelten bei den publizierten Schriften - trotz gewisser Kritikpunkte - die historischkritische Werkausgabe von Josef Nadler10 und bei den Briefen diejenige von Walther Ziesemer und Arthur Henkel11 als allgemein anerkannt.12 In der vorliegenden Untersuchung wird mit der Nadler-Edition gearbeitet mit Ausnahme der Schrift Schürze von Feigenblättern, bei welcher die Edition von Martin Seils13 unter jeweiligem Hinweis auf die entsprechenden Nadler-Stellen verwendet wird. Um ein Ubermass an Fussnoten zu 10

Hamann, Johann Georg. Sämtliche Werke (in 6 Bänden). Historisch-kritische Ausgabe von Josef Nadler. Wien ι949-1957.

11

Hamann, Johann Georg. Briefwechsel (in 7 Bänden). Hrsg. von Walther Ziesemer u. Arthur Henkel. Wiesbaden u. Frankfurt a. M. 1955-1979.

12

Uber die Editionen: Blanke, Fritz u. Gründer, Karlfried u. Schreiner, Lothar. Die Hamann-Forschung. Gütersloh 1956. S. 1 4 - 1 7 ; Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 538-539; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 279-508 v. a. 353-455; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 23-58; Jergensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 6-8; Salmony, Η. A. Johann Georg Hamanns metakritische Philosophie. Zollikon 1958. S. 24-39; Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 167-168. Andere wichtige Hamann-Editionen sind: Hamann, Johann Georg. Johann Georg Hamann's, des Magus in Norden, Leben und Schriften (in 6 Bänden). Hrsg. von C. H. Gildemeister. Gotha 1 8 5 7 - 1 8 7 3 ; Hamann, Johann Georg. Hamann's Schriften (in 7 Bänden). Hrsg. von Friedrich von Roth. Berlin 1 8 2 1 - 1 8 2 5 .

13

Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 274-284.

6

ι Einführung

vermeiden, werden die Verweise auf Textstellen dieser Editionen - Nadler, Seils und Ziesemer-Henkel - direkt im Fliesstext in Klammern erwähnt, wobei jeweils die römische Ziffer die Bandnummer, die erste arabische Zahl die Seitennummer und die durch ein Komma getrennte zweite arabische Zahl die Zeilennummer indizieren. Die vorliegende Arbeit kreist um die Thematik der Funktion der Sprache bei Hamann sowohl in ihrer Dialogizität als auch in ihrem beziehungsbildenden Charakter. Aspekte der Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Theologie und Philosophie zusammenführend wird versucht, Hamanns Autorschaft ganz aus der Sicht der Kondeszendenz zu lesen, denn Hamanns Begegnung mit Gott, seine in der Londoner Lebenswende gegebene Erkenntnis der Kondeszendenz Gottes, beeinflusste - neben seinem Leben und seiner Weitsicht - sein ganzes Sprachverständnis, sein Sprachverhalten und seinen Sprachgebrauch. Die Autorschaft Hamanns muss daher aus den Implikationen der Kondeszendenz verstanden werden.14 Sprache ist Gott und dem Menschen wesentlich, und Sprache ist wesentlich Gespräch. Sie untersteht also dem sich wiederholenden Wechsel von Rede und Antwort, einem Gesprächsparadigma. Die Beeinflussung Hamanns durch die Kondeszendenz betrifft einerseits Gottes Kondeszendenz zu ihm - in Gottes Sprache begegnet Hamann Gott und sich selbst - , andererseits die als Folge seiner imitatio dei zu verstehende Kondeszendenz Hamanns zu seinen Zeitgenossen - in Hamanns Sprache begegnen die Zeitgenossen Hamann und sich selbst. So wie die Kondeszendenz auf die Ermöglichung einer Beziehung zielt, so ist auch die Sprache im Sinne von Hamann die Bedingung einer sich entwickelnden Beziehung. Wenn Hamann also immer wieder das Gespräch mit seinen Zeitgenossen sucht, so versucht er damit, die Bedingungen für eine relatio zu schaffen. Sprache kann der Ort der Vereinigung der Gesprächsteilnehmenden werden. In Bezug auf den Aufbau teilt sich die vorliegende Arbeit in zwei grosse Teile. Im ersten Teil wird - nach einer Bestimmung des Begriffes Kondeszendenz - systematisch-theoretisch untersucht, wie die Gesprächsteilnehmenden im Werk Hamanns dargestellt werden und zur Geltung kommen. Dabei wird Gott als erster Gesprächsteilnehmender betrachtet, denn sein Reden geht Hamanns Autorschaft vor. Gottes offenbarende Ansprache erweist sich als trinitarische Kondeszendenz in die Natur, die Geschichte und die Schrift. Anschliessend werden nacheinan14

Eine Bestimmung des Begriffes Kondeszendenz und 2.2.

folgt unter Punkt 2, besonders unter 2.1

ι Einführung

7

der der A u t o r und der Leser beziehungsweise der Produktionsprozess und der Rezeptionsprozess möglichst aus der Sicht Hamanns untersucht. Diese beiden Formen der Sprachbeteiligung - wie übrigens auch Gottes Form des kondeszendenten Sprechens - zeichnen sich bei Hamann aus durch einen vorgängig passiven, sich den Eindrücken aussetzenden Rezeptionsvorgang, dem ein sehr aktiver, freier Produktionsvorgang folgt. Die innere Haltung der Sprachbenutzenden spielt dabei eine wichtige Rolle. Entgegen dem Modell mit der klassischen Trias Sender - Botschaft - Empfänger beginnt Hamanns Produktionsprozess also mit einem Rezeptionsvorgang, welchem sich ein Schreibprozess und später wiederum ganz der Dialogizität des hamannschen Sprachverständnisses entsprechend - ein Rezeptionsprozess seitens des oder der Angesprochenen anschliesst. A u t o r und Leser begegnen sich so in einer gleichwertigen und immerzu wechselnden Handlungsweise. Diese sich fort und fort entwickelnde A b f o l g e von Rede und A n t w o r t lässt die Sprache wesentlich zum Gespräch werden, zu einem Weltgespräch. Gleichzeitig verliert Sprache jeden Anstrich von Statik und zeigt sich in ihrer ganzen D y n a m i k und Lebendigkeit. Im zweiten Teil, in welchem methodologisch gesehen mehr historisch-phänomenologisch und textnah gearbeitet wird, werden exemplarisch vier Aspekte der Dialogizität hamannschen Sprachgebrauchs und Autorschaft an einer Textbasis von drei Texten - dem Versuch einer Sibylle über die Ehe (1775), Konxompax (1779) und der Schurze von Feigenblättern (1777-1779) - untersucht, wobei versucht wird, kontinuierlich tiefer in die Texte zu führen. D e r erste Aspekt der Dialogizität fokussiert vor allem die intertextuellen Elemente im Titelbereich der jeweiligen Schriften an, womit gezeigt werden kann, dass dem Schreiben Hamanns immer ein sehr intensives Lesen vorausgeht und dass seine Schriften direkt adressierten Gesprächsbeiträgen an bestimmte Zeitgenossen gleichkommen. D e r zweite Aspekt befasst sich mit den Briefgesprächen, womit verdeutlicht werden kann, dass parallel zum Prozess des Schreibens ein brieflicher Dialog über die im Entstehen begriffenen Schriften mit Zeitgenossen stattfindet. Beim dritten Aspekt wird die Metaphorizität hamannscher Autorschaft untersucht. Die Sinnlichkeit, Polysemantik und Rezipientenorientiertheit von Hamanns Sprache kommt dort deutlich zum Ausdruck. Der vierte und letzte Aspekt richtet sich auf die Rhetorizität, auf die rhetorische Gestaltung, von Hamanns Schriften. A u c h hier wird die starke Ausrichtung auf einen Dialog klar sichtbar. Die vier Untersuchungen des zweiten Teils verdeutlichen ausserdem, wie intensiv Hamanns Schriften von seiner inneren Haltung bestimmt sind. Seine Autorschaft erweist sich als in einem gegenseitigen Verweisungszusam-

8

ι Einführung

menhang von Haltung und Sprachhandlung stehend, so dass, wenn es einen materiellen Text zu untersuchen gilt, immer auch die Einstellung zum Gespräch und zum Gesprächsgegenüber mitberücksichtigt werden muss. Dieser Umstand erfordert eine neue Beurteilung von Hamanns Stil."

15

Ganz allgemein ist zur vorliegenden Arbeit zu bemerken, dass - hoffentlich im Sinne Hamanns - versucht wurde, Mehrdeutigkeiten und Unbestimmtheiten bewusst zuzulassen und auszuhalten.

2 Beteiligte am Sprachgeschehen 2.1 Einführung in die Thematik der

Kondeszendenz

2.1.1 Begriffsgeschichtliche Annäherung an den Begriff

Kondeszendenz

In diesem Unterkapitel soll der Begriff Kondeszendenz1 anhand seiner Begriffsgeschichte genauer bestimmt werden. Hamanns Kondeszendenzbegriff wird in den weiteren Ausführungen in diesem Kapitel über die Beteiligten am Sprachgeschehen unter Punkt 2 noch ausführlicher behandelt. Eine vollständige Darstellung der historischen Entwicklung des Kondeszendenzgedankens ist im Rahmen dieser Arbeit nicht beabsichtigt - es sei aber ausdrücklich auf die begriffsgeschichtliche Forschung von Johannes Rupprecht, Manfred Seitz und Karlfried Gründer hingewiesen.2 Zumindest soll hier jedoch die Geschichte des Kondeszendenzgedankens nachgezeichnet werden. Der Gedanke der Kondeszendenz — Hamann benutzt meist die deutsche Ubersetzung Η erUnterlassung'' - erscheint in der

ι

Begriffe als Begriffe sind in der Regel mit kursiver Schrift ausgezeichnet. Bei einer Betonung der inhaltlichen Seite wird jedoch auf eine Kursivsetzung verzichtet.

2

Rupprecht, Johannes. Hermann Bezzel als Theologe. München 1925. S. 345-348; Seitz, Manfred. Hermann Bezzel. München i960. S. 1 8 1 - 1 9 1 ; Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg 1. Br. u. München 1958. S. 28-74; Blanke, Fritz u. Gründer, Karlfried u. Schreiner, Lothar. Die Hamann-Forschung. Gütersloh 1956. S. 1 2 0 - 1 2 1 (Anmerkung 2). Siehe auch: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 942-946.

3

Die deutschen Ubersetzungen von Kondeszendenz als Η er Unterlassung, oder Herabsteigen

Herablassung

Gottes sind sehr ambig, werden doch Herunterlassung und Herab-

lassung nur allzu schnell mit Überheblichkeit oder mit einer gönnerisch sublimen Geste konnotiert. Andere, allerdings wesentlich unbekanntere Übersetzungsvarianten sind Mitherabkunft

und Nachgiebigkeit.

Die meisten Textstellen, in denen Hamann explizit von

»Herunterlassung« spricht, befinden sich übrigens in den 1758 verfassten Biblischen trachtungen

(Nadler I 7-249). Dazu auch: Nadler V I 175: Der Schlüssel.

Be-

Ausserdem:

Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 2 1 - 2 7 ; Strässle, Urs. Geschichte, geschichtliches Verstehen und Geschichtsschreibung im Verständnis Johann Georg Hamanns. Bern 1970. S. 29-70.

10

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

Geschichte der christlichen Theologie immer wieder.4 Häufige Parallelbegriffe sind beispielsweise συγκατάβασις, Akkommodation, Kenosis, status exinanitionis, Demütigung, Erniedrigung und Knechtsgestalt.5 Doch diese Bezeichnungen sind nicht als exakte Synonyme zu lesen, denn sie beziehen sich je auf unterschiedliche Aspekte und Zusammenhänge theologischer Lehrstücke und Leitworte. Neben dieser theologischen Bedeutung, die sogleich noch näher ausgeführt wird, erlangte der Begriff Kondeszendenz auch philosophische Bedeutung, weil er - im Sinne neuplatonischer Emanation und Remanation - »einen kontingenten Akt bezeichnet, den die Abstraktion der Entgegensetzung von >Immanenz< und >Transzendenz< verfehlt«.6 Es gelingt dem Kondeszendenzbegriff, das Schema einer Diesseitigkeit und Jenseitigkeit sinnlicher Wahrnehmbarkeit zu überwinden.7 Eine dritte Bedeutung erlangte der Begriff Kondeszendenz im Zusammenhang mit der Rhetorik. Diese drei Bedeutungslinien die theologische, die philosophische und die rhetorische - werden im Folgenden nicht je separat systematisch dargestellt. Vielmehr soll, einer Chronologie mehr oder weniger verpflichtet, die Bedeutungsentwicklung von Kondeszendenz anhand ihrer jeweiligen griechischen, lateinischen und deutschen Parallelbegriffe aufgezeigt werden. Zunächst wurde der Begriff in seiner ursprünglich griechischen Form als Synkatabasis - σνγκατάβασις von συγκαταβαίνειν, mitherabsteigen, sich einlassen auf - von der griechischen Patristik der christlichen Kirche aus der griechischen Profanliteratur übernommen, »die schon vom Herabsteigen der Götter reden konnte, und aus der antiken Rhetorik, wo er die Anpassung des Redners an die Zuhörerschaft meinte«.8 Insbesondere 4

Es erstaunt daher, dass nur in relativ wenigen fachspezifischen Wörterbüchern und Lexika unter Kondeszendenz

oder Herunterlassung

ein Eintrag zu finden ist, wird damit

doch ein zentrales Geschehen des Christentums beschrieben. In Begriffsdefinitionen von Akkommodation

und Kenosis finden sich zudem meist Verweise auf den Zusammenhang

mit der Kondeszendenz, ohne jedoch genau zu erläutern, was darunter zu verstehen ist (Vgl. dazu auch: Seitz, Manfred. Hermann Bezzel. München i960. S. 184). 5

Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 28; Strässle, Urs. Geschichte, geschichtliches Verstehen und Geschichtsschreibung im Verständnis Johann Georg Hamanns. Bern 1970. S. 35.

6 7

Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 943. Im beginnenden 19. Jahrhundert erachteten sowohl Friedrich Wilhelm Joseph Schelling ( 1 7 7 5 - 1 8 5 4 ) als auch Georg Wilhelm Friedrich Hegel ( 1 7 7 0 - 1 8 3 1 ) die Lehre von der Kondeszendenz als einen der bedeutendsten Beiträge der christlichen Doktrin an die Philosophie (Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976.

S-945)· 8

Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 943. Der Begriff Synkatabasis

bedeutete in der griechischen Rhetorik »die Anpassung des Redners

2.1 Einführung in die Thematik der Kondeszendenz

Johannes Chrysostomus (um 344/3 5 4-407), 9 Athanasius von Alexandria (um 295-373), Gregor von Nyssa (um 335-394) wie auch etwas später Johannes Damascenus (um 675-750) verwendeten den Begriff nun in einem neuen, theologischen Sinne für die Inkarnation, die Schöpfung und die Lehre Christi, »also für jene Momente der christlichen Lehre, denen zufolge Gott nicht so wie er ist, sondern in uneigentlicher, dem Aufnahmevermögen des Menschen angepaßter Gestalt erschien«. 10 Schon in dieser Zeit der griechischen Väter umfasste Synkatabasis Handlungen aller Personen des dreieinigen Gottes - das trinitarische Dogma formte sich damals gerade erst aus." Chrysostomus' Definition von Synkatabasis, welche bis in die Lexika des Humanismus Eingang fand, lautet in der deutschen Übersetzung von Gründer folgendermassen: »Was aber ist Herunterlassung? Wenn Gott nicht erscheint, wie er ist, sondern sich so zeigt, wie der, der ihn sehen kann, dazu imstande ist, indem er seine Erscheinung der Blickschwäche der Sehenden (derer, die ihn sehen sollen, denen er sich zeigen will) anmißt.« 12 Chrysostomus' Synkatabasis-Begriff ging dabei sowohl auf die Menschwerdung Gottes aus Liebe zu den Menschen als auch auf Gott beziehungsweise Christus als Lehrer der begrenzt erkenntnisfähigen Menschen ein und veranschaulichte damit die Spannung zwischen der Unsichtbarkeit beziehungsweise Unerkennbarkeit Gottes 13 nahe dem griechisch-metaphysischen Denken' 4 - und seiner leibhaftigen Präsenz auf Erden - nahe dem »personhaft-konkreten israelitisch-christlichen Denken«. 1 ' Demgegenüber gebrauchte der griechische Theologe und Philosoph Origenes (185-254) den Begriff vornehmlich, um die le-

an das geringere Fassungsvermögen, die mangelhafte Denkkraft und die grobe Vorstellungswelt einer breiten Zuhörerschaft« (Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 28). 9

Dazu auch: Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 28-32; Brändle, Rudolf. Σ Υ Γ Κ Α Τ Α Β Α Σ Ι Σ als hermeneutisches und ethisches Prinzip in der Paulusauslegung des Johannes Chrysostomus. Münster 1996. S. 297-307.

10

Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 943. Siehe auch: Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 3 0 3 1 . Die Rede von einer »uneigentlichen« Erscheinung Gottes ist insofern problematisch, als angenommen werden kann, dass es Gott wesentlich ist, sich anzupassen.

11

Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 28.

12

Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 29. Griechischer Originaltext in: Chrysostomus, Johannes. De incomprehensibili dei natura. Paris 1862. S. 722.

13

Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 943.

14

Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 29.

15

Ebd.

12

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

diglich pädagogische Veranstaltung Gottes zu betonen. 16 Gemäss Origenes stieg bei der Menschwerdung Gottes der unveränderliche Logos herab, »um die wegen ihres vorzeitlichen Falls in die Körperlichkeit gebannten Menschenseelen wieder hinaufzubringen in die lichte Höhe des Ursprungs«.' 7 Damit schwächte er die Dynamik der Inkarnation ab und führte mit der Vorstellung der Inkarnation als assumptio in die Nähe eines Doketismus.' 8 Sein Verständnis der Synkatabasis erlangte in der Kirchengeschichte grossen Einfluss. Vermutlich hat bereits der griechische Kirchenlehrer Irenäus von Lyon (um 140/150-200) den Begriff Synkatabasis als condescensio - Herabsteigen, Herablassung, Herunterlassung - ins Lateinische übersetzt. Der Begriff Kondeszendenz wurde dann von der lateinischen Patristik aufgenommen und unter anderem von Quintus Septimius Tertullian (um 160-220), 19 Novatian (3. Jahrhundert), Hilarius von Poitiers (um 315— 367), Ambrosius (um 339-397) und Aurelius Augustinus (354-430) verwendet. 20 Ausserdem fand sich der Gedanke der Kondeszendenz beim christlichen Platoniker, Rhetoriker, Grammatiker, Philosophen und Theologen Marius Victorinus (um 280-365) und - wenn auch in begrenzterem Masse - bei zwei Vertretern der mittelalterlichen Scholastik, beim neuplatonischen Mystiker und Kirchenlehrer Bonaventura (um 1 2 1 7 / 1221—1274) 21 wie auch beim Philosophen und Theologen Alexander von Haies (um 1 1 7 0 / 1 1 8 5 - 1 2 4 5 ) . 2 2 In der Geschichte des Begriffes Kondeszendenz bildeten sich zwei Bedeutungsaspekte heraus: derjenige der Akkommodation und derjenige der Kenosis. Wo Kondeszendenz in Verbindung mit Akkommodation von lateinisch accommodatio, Anpassung - gesehen wurde, erachtete man 16

17 18 19

20 21 12

Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 943. Sein von der stoisch-platonischen Philosophie beeinflusster Lehrer Clemens von Alexandrien (140/150-215/216), welcher eine Synthese zwischen der griechischen Philosophie und dem christlichen Offenbarungsglauben anstrebte, gebrauchte den Begriff Synkatabasis hingegen ähnlich wie die griechische Patristik. Seitz, Manfred. Hermann Bezzel. München i960. S. 182. Ebd. S. 184. Gemäss Gründer besteht zwischen Tertullian und Hamann eine Gemeinsamkeit, nämlich »die Paradoxie der christlichen Botschaft und die Geschichtlichkeit, >TatsachenDies ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe und Schehlimini! Von einem Prediger in der Wüsten (Nadler III 291-320). 106 Nach Wilhelm Koepp muss diese Schrift als Hamanns theologisches Testament angesehen werden.107 Das Zusammentreffen von Golgatha, dem Ort der äussersten Erniedrigung Gottes, mit dem Rätselwort Scheblimini, dem Ort der äussersten Erhöhung Gottes,108 kommt sowohl einem Maximum an Kondeszendenz als auch einem Konzentrat einer coincidentia oppositorum gleich. Das Zusammentreffen vom »letze[n] Triumph der außerordentlichen Gesetzgebung über den Gesetzgeber selbst« (Nadler III 403,26-27: Ein fliegender Brief: Zweite Fassung) - Gott, der Heilige, verlässt sich selbst in Christus, weil dieser seinem Auftrag gemäss die Sünde der Welt trägt109 - mit der Inthronisation des erhöhten Christus zum Weltenherrscher und Weltenrichter entspricht gemäss Koepp einer radikalen Antithetik äusserster Erniedrigung und äusserster Erhöhung. Anlass für das Verfassen der Schrift Golgatha und Scheblimini gab Hamann das Erscheinen des von Moses Mendelssohn (1729-1786) verfassten Traktats Jerusalem oder Über religiöse Macht und Judentum. Mendelssohns auf Toleranz und Humanität basierende Interpretation der jüdischen Religion und vor allem seine Uberzeugung, dass die religiöse 105 In Abweichung von der Nadlerschen Edition wird in dieser Arbeit jeweils nicht Golgotha zitiert, sondern - wie auch im Erstdruck von 1784 - Golgatha (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Golgatha und Scheblimini. Gütersloh 1956. S. 46-47). 106 Der folgende Absatz basiert weit gehend auf dem Kapitel Die Christusmaske Scheblimini in: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 195-207. Ein weiterer Kommentar zur Schrift Golgatha und Scheblimini findet sich in: Hamann, Johann Georg. Golgatha und Scheblimini. Gütersloh 1956. Eigenkommentare von Hamann zu Golgatha und Scheblimini finden sich in: Ein fliegender Brief: Zweite Fassung (konkret: Nadler III 371,36-37; Nadler III 403,26-407,23) und in einem 1780 verfassten Brief an Herder (Ziesemer-Henkel IV 184,20-22; Ziesemer-Henkel IV 185,34). 107 Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 202. 108 Scheblimini ist eine Wortbildung zu der im messianischen Psalm 110 in hebräischer Sprache niedergeschriebenen Aufforderung »schew-limini«, übersetzt »Setze-Dich-zu-meiner-Rechten«. (Ps 110,1: »Der Herr sprach zu meinem Herrn: >Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.«für Niemand oder Zweenacutum dicendi genussich intellektuell verfremdender, also paradoxer Mittel in Gedanken und Sprache bedientGedanken-Komplizen< des Autors zu machen.« 1 ' 8 »Abgesehen von den spezielleren Kunstfiguren des dunkeln Stils übernimmt Hamann dessen schon längst feststehende Grundelemente: den pathetischenthusiastischen Habitus, der im Extremfall zum Orakel gehört, und den manieristisch-artistischen Habitus, der im andern Extremfall das Rätsel charakterisiert. D e r Mischung dieser Typen - des prophetischen Orakelstils und der alexandrinisch-artistischen Gelehrsamkeit - entspricht die Verbindung der beiden Dichtertypen Poeta vates und Poeta doctus. D i e Dunkelheit des einen ist emotional, weil aus der Inspiration, die des andern rational, weil aus der verwirrenden - Fülle angesammelten Spezialwissens definiert. D a ß es Hamann ganz bewußt auf die Mischung der beiden dunklen Dichtungstypen absah, geht aus dem schon zitierten Brief hervor, in dem er sagt, er habe in den >Wolken< >Eingebung und Gelehrsamkeit ... zum Gespann gemacht. D i e Kunst kann nicht mehr übertrieben werden, als ich es hier gethan ... Das Genie kann nicht unbändiger seyn, als ich es mir hier erlaubt. Zwey so entgegengesetzte Gesichtspuncte zu vereinigen, ist nicht jedermanns Ding 2 5-

Siehe auch: M a -

jetschak, Stefan. Uber den »Geschmack an Zeichen«. Tübingen 1987. S. 136-137, 140 u. 145· 186 Vgl. dazu: Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 512-519. 187 Eckhart, Meister. Die deutschen und lateinischen Werke (Reihe 2: Deutsche Werke. Bd. 3). Stuttgart 1976. S. 275. Dazu auch: Haas, Alois M. Mystik als Aussage. Frankfurt a. M. 1996. S. 310-335. Ausserdem: Herzinger, Richard. Deus absconditus im Feuerschein der Explosion. Opladen 1997. S. 69. 188 Vgl. dazu: »Der Franckforter«. Theologia Deutsch. Einsiedeln 1980. S. 55-58. Überhaupt lassen sich sehr viele Gedanken Hamanns dem Ansatz nach in der Theologia Deutsch finden.

64

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

und geplagt von Depressionen 18 ' die Erfahrung gemacht hatte, in der Bibel einen Tröster und einen Freund zu finden. 1 ' 0 Gemäss Sabine Groppe, welche sich in ihrer Dissertation allgemein mit dem autobiographischen Erzählen im 18. und frühen 19. Jahrhundert auseinander gesetzt hat, 19 ' steht Hamanns autobiographischer Entwurf, welcher »die Religion als subjektive Resurrektion feiert«,' 92 jedoch dem autobiographisch-therapeutischen Selbstversuch eines annähernd zeitgleichen Adam Bernds (1676-1748) oder den literarischen Selbstvergewisserungen der eigenen Freigeistigkeit eines Johann Christian Edelmann (1698-1767) entgegen. In den Werken dieser dokumentiert sich »das Bewußtsein um das verlorene oder gefährdete Ich«,' 93 das zu sich selbst kommen und sich emanzipieren muss, indem es sich von der Religion loslöst; in den Werken jenes aber erfolgt die »Eroberung des Ich durch die religiöse Erlösungserfahrung«. 194 »Selbsterkenntnis vollzieht sich [bei Hamann] nicht in bemühter Innenschau, sondern durch den Hereinbruch Gottes.«' 95 Während also bei Bernd und Edelmann am Ende des Schreibens - am Ende des Sich-Zurückbeugens auf die eigene Lebensgeschichte angesichts existentieller Irritation - das nun von Gott unabhängige Ich, Selbstgewissheit und Identität stehen, geht bei Hamanns »Geschichte einer inneren Befreiung« 196 dem eigenen Schreiben und der eigenen Autorschaft ein Ich-Verlust voraus, bei welchem die individuelle Verlorenheit aufgehoben wird in Gott. Gottes Sprechen hat dabei konstitutiven Charakter für die Selbsterkenntnis.' 97 Hamanns Gotteserkenntnis, seine neue Beziehung zu Gott, ist mit einer fundamentalen Selbsterkenntnis - Hamann erkennt sich als Bruder189 Einer der wenigen Forschenden, welche Hamanns Depressionen thematisieren, ist Wilhelm Koepp: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. u. a. S. 9-12, 208-215, 228-229. Vgl. dazu beispielsweise: Nadler II 23,28-33; 3 1 , 1 2 - 1 5 ; 31,37-32,1: Gedanken über meinen Lebenslauf. Dazu auch: Ziesemer-Henkel I 372,36-373,10: Brief an Johann Gottbelf Lindner vom 16. 7. 1759. 190 Dazu beispielsweise: Nadler II 39,40-40,2; 41,24-27: Gedanken über meinen Lebenslauf. 191 Groppe, Sabine. Das Ich am Ende des Schreibens. Würzburg 1990. 192 Ebd. S. 46. 193 Ebd. 194 Ebd. 195 Aus dem Nachwort von Karlfried Gründer zu: Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 360. 196 Groppe, Sabine. Das Ich am Ende des Schreibens. Würzburg 1990. S. 87. 197 Dazu auch: Nadler II 74,25-27: Sokratische Denkwürdigkeiten. Vergleiche dazu auch die Stelle über die Abhängigkeit der Selbstliebe von der Selbsterkenntnis, welche ihrerseits von der Gotteserkenntnis abhängig ist: Nadler I 300,17-24; 301,18-23: Brocken. Bezüglich der wichtigen Rolle des Nächsten im Prozess der Selbsterkenntnis siehe auch: Nadler I 302,16-31: Brocken.

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

65

mörder Christi (Nadler II 41,7-15: Gedanken über meinen Lebenslauf)'9* - und mit der Entdeckung der Unsinnigkeit und Vermessenheit von Autonomisierungsbemühungen seitens der Menschen gegenüber Gott verbunden. 1 " Mit anderen Worten: Hamann fühlt sich als Geschöpf Gottes und als Bruder Christi ganz dem sichtbaren und unsichtbaren Reich Gottes zugehörig.200 Hauptsumme dieser neuen Einstellung ist ihm die Ehrfurcht vor diesem Gott.201 Der Autorschaft Hamanns ist also die Höllenfahrt der Selbsterkenntnis vorausgegangen. Als einer auf dem Weg zur Vergötterung, einer, der durch seine Nachfolge dabei ist, Gott ähnlich, christusförmig zu werden wieder ein Bezug zur Mystik - , muss Hamann und seine Autorschaft als Mimesis der göttlichen, trinitarischen Kondeszendenz verstanden werden.202 So wie Christus Vermittler zwischen Gott und Menschen ist und das Gespräch durch sein Sprechen sucht, so will auch Hamann als philologus crucis10} diese kommunikative Haltung einnehmen.204 Hamanns imitierende Wiederholung des »Poet[en] am Anfange der Tage« (Nadler II 198 Die Textstelle steht mit dem Brudermord Kains an Abel in Verbindung (Gen 4). Vergleiche dazu auch die Bibelstelle über Jesus als Mittler des neuen Bundes und über das »Blut der Besprengung, das besser redet als Abels Blut« (Hebr 12,22-24). Siehe auch: 1 Petr 1 , 1 - 2 . 199 Dazu auch Henri Veldhuis: »Selbsterkenntnis spielt eine wichtige Rolle in Hamanns Anthropologie. Sie ist Korrelat der Gotteserkenntnis und betrifft nicht nur die eigene Sünde, sondern auch die eigene Emotionalität und Leiblichkeit« (Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 366). 200 Dazu auch: Nadler II 198,1-9: Aesthetica in nuce. 201 Dazu: Nadler II 2 1 7 , 1 5 - 1 9 : Aesthetica. in nuce; Ziesemer-Henkel IV 295,27-29: Brief an Johann Gottfried Herder vom 10. y ιγ8ι. 202 Vgl. dazu: »Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz« (Phil 2,5-8). Siehe u. a. auch: Ringleben, Joachim. »Rede, daß ich dich sehe.«. Berlin 1988. S. 220-224; Mainberger, Sabine. Schriftskepsis von Philosophen, Mönchen, Buchhaltern, Kalligraphen. München 1995. S. 87-94 v · a · 92~94203 »Philologia crucis ist nicht Philosophie des Kreuzes, sondern eine Lebens- und Erkenntnisakt verbindende Nachfolge des Gekreuzigten« (Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 89. Siehe auch S. 87-89). Ausserdem: Hempelmann, Heinzpeter. »... keine ewigen Wahrheiten, als unaufhörlich Zeitliche ...«. Wuppertal u. Solingen 1987. S. 30-33. 204 Vergleiche dazu die Textstelle über Nachfolgende Jesu, die ein Brief Christi sind (2 Kor 3,2-3). Ausserdem: Bayer, Oswald. Einführung. In: Hamann. Frankfurt a. M. 1987. S. 11—15 v. a. 15.

66

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

206,20: Aesthetica in nuce) bestimmt dabei seinen als Haltung verstandenen Stil (das Wie) komplett, während sein als Eigenart einer literarischen Produktion verstandener Stil (das Was) auch von anderen, traditionellen und zeitgenössischen Einflüssen durchdrungen ist - was in enger Verbindung mit dem auf Verständigung zielenden Eingehen auf den Rezipierenden, also wiederum in Verbindung mit dem als Haltung verstandenen Stil (1das Wie) zu sehen ist.205 Die konkreten Auswirkungen dieser komplexen Zusammenhänge auf den Text als Text werden bei den Untersuchungen von drei exemplarischen Texten Hamanns in den Punkten 3.1. bis 3.4 noch ausführlicher dargestellt. Nur so viel sei hier schon erwähnt: nämlich dass selbst so unterschiedliche Schreibstile wie das im Neuen Testament oft verwendete genus humile und das auf die antike Rhetorik zurückgehende genus sublime in ein und derselben inneren Haltung eines Autors oder einer Autorin vereint sein können. Diese vom Vorbild der göttlichen Kondeszendenz geprägte Gesinnung, diese innere Haltung, wird auch in Hamanns Unterscheidung einer buhlerischen gegenüber einer liebenden Schreibart ausgedrückt.206 Das liebende, demütige, göttliche - und töricht wirkende - Schreiben ist geprägt von der Hinwendung zum Rezipierenden und zeichnet sich aus durch eine freiwillige Entäusserung aller Überlegenheit und durch eine Verleugnung aller Eitelkeit.207 Es zielt auf eine Begegnung im Gespräch. Demgegenüber gleicht das buhlerische Schreiben in seinem dem Rezipierenden Liebe und Hinwendung vortäuschenden, aber in Wahrheit egoistischen Gestus eher einer solipsistischen Selbstbegegnung und ist mehr ausgerichtet auf die Sicherung der eigenen Eitelkeit und des Stolzes als auf eine Begegnung mit dem Rezipierenden. Das Gesprächsgegenüber wird hier nicht eigentlich wahrgenommen, sondern ist nur Mittel zur Selbstbefriedigung. Die hamannsche Unterscheidung einer buhlerischen und einer liebenden Schreibart wird aus dem Blickwinkel der imitatio dei verständlich. Ahnlich verhält es sich auch beim folgenden, im Ansatz wiederholt auftretenden Gedanken Hamanns über das Genie: »Genie ist eine Dornenkrone und der Geschmack ein Purpurmantel, der einen zerfleischten Rücken deckt« (Ziesemer-Henkel II 168,23-24: Brief an Friedrich Nicolai vom 3. 8. 1762). In dieser Aussage, in der sich eine 205 Vgl. dazu beispielsweise: Nadler II 150,1-4: Klaggedicht.

Dazu auch: Schmitz-Emans,

Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 100. 206 Siehe beispielsweise: Ziesemer-Henkel I 445,22-37: Brief an Immanuel ler III 287,26-40: Metakritik.

Kant,

Nad-

Dazu auch die Ausführungen von: Hempelmann, Heinz-

peter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 1 7 - 2 1 u. 45. 207 Dazu: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 19. Vgl. auch: Nadler II 348,4-9: Leser und

Kunstrichter.

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

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coincidentia oppositorum nach dem Typus Golgatha und Scheblimini findet, wird deutlich, dass H a m a n n den Begriff des Genies stark mit Christus - und damit mit Hingabe- und Leidensbereitschaft - in Verbindung bringt. 2 " 8 Das wahre Genie schreibt in einer kondeszendenten, Gott nachahmenden Haltung eben gerade nicht, um seine Überlegenheit zu betonen, sondern um die Distanz zum Rezipierenden zu überwinden, selbst wenn dies mit Schmerzerfahrungen verbunden 1st.209

2.3.4 Autorschaft durch das Gespräch mit Zeitgenossen So wie Gott sich in der Kondeszendenz dem Menschen zuwendet, so wie er sich in eine bestimmte Zeit und an einem bestimmten O r t offenbart, so wendet sich H a m a n n seiner Zeitepoche und seinen Zeitgenossen zu, denn in ihnen findet er seine möglichen Gesprächspartner. Die Motivation zu dieser inneren Haltung, zu diesem Wie, findet er einerseits in seinem tiefen Verlangen einer imitatio dei, andererseits wird auch sein eigenes Grundgefühl der Einsamkeit und Isolation dazu beigetragen haben, dass er sich sehr intensiv um eine Mitbeteiligung an den Zeitgesprächen bemühte. 210 Wie schon unter anderem in den Punkten 2.2.2, 2.2.5 u n < ^ 2 ·3·3 208 Vergleiche dazu Hamanns Ausführungen über das »Genie Createur«, das »Genie Mediateur« und das »Genie Auteur«: Nadler II 294,20-295,3: Close Philippique. Siehe auch: Nadler II 104,8-14: Wolken-, Nadler II 140,28-32: Die Magi aus Morgenlande; Nadler II 260,22-24: Beurtheilung der Kreuzzüge des Philologen. Dazu auch: Lumpp, Hans-Martin. Philologia crucis. Tübingen 1970. S. 141-143. 209 Zu Hamanns Wirkung auf die Sturm-und-Drang-Genies siehe jedoch: Schmidt, Jochen. Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750-1945. Bd. 1. Darmstadt 1985. S. 96-98. Allgemein zur Thematik Genie bei Hamann siehe: Schmidt, Jochen. Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750-1945. Bd. 1. Darmstadt 1985. S. 96-119; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 59-69; Jorgensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 45-46 u. 49; Lumpp, Hans-Martin. Philologia crucis. Tübingen 1970. S. 107-143; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 170-174. 210 Anzeichen einer Not in Einsamkeit lassen sich unter anderem in dem Bild des Predigers in der Wüste finden (beispielsweise Nadler II 108,13-15: Wolken; Nadler III 291,1-3: Golgatha und Scheblimini). Diese Metapher ist bei Hamann - atypisch im Vergleich zur Bibel - nicht einfach mit Busse und voller Gottesgegenwart zu interpretieren, denn Hamann sieht die Wüste als Ort der Einsamkeit. Andere Bilder, die auf Hamanns Einsamkeit weisen, sind beispielsweise das eines verlorenen Schafes (Ziesemer-Henkel II 80,4-6: Brief an Johann Gotthelf Lindner vom 11. 4. 1/61) oder das eines Hiobs, der sich mit der Scherbe kratzt (Nadler II 354,10—14: Fünf Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend. Siehe auch: Nadler III 404,1-6: Ein fliegender Brief: Erste Fassung), oder dasjenige eines Pro-

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

ausgeführt, ist - da der Mensch nur über Nachahmung lernen kann - die Imitation der vorhergegangenen Rede eines Gesprächsgegenübers von grosser Bedeutung. Obgleich nun die imitatio dei Hamanns Leben und Werk auf existentielle und kontinuierliche Weise bestimmte, beschränkt sich Hamanns kondeszendente, zuwendende Nachahmung nicht nur auf Gottes Offenbarung in der Natur, der Geschichte und der Schrift, sondern erstreckt sich auch auf die Imitation vorhergegangener Redner und Traditionen von der Antike bis ins 18. Jahrhundert. Deshalb kommt eine puristische Glorifizierung von Hamanns imitatio dei nicht mehr in Betracht. Hamann, der Philologe und Vielleser, lässt sich unter anderem von Sokrates, Horaz, der antiken klassischen Rhetorik, dem genus sublime, der obscuritas und den Bildern der griechischen Mythologie beeinflussen. Neben diesen antiken Einflüssen nimmt er teil am Manierismus, an der Anakreontik, an den Spielereien mit Ziermasken und an den Maskeraden des Rokoko, um nur einiges zu nennen.211 Ein zusätzlicher, deutlicher Hinweis auf eine Beeinflussung Hamanns durch Gesprächsgegenüber ist in seiner intensiven Auseinandersetzung mit den Thematiken, Postulaten, Argumentationen, Erkenntnissen, Systemen, Logiken und Prämissen der geistesgeschichtlichen Epoche der Aufklärung zu sehen. Diese Kultur- und Geistesbewegung soll im Folgenden wo nicht umfassend ausgeführt - das würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen - , so doch wenigstens in den Grundzügen skizziert werden. Die Aufklärung, 212 dieser vom 16. bis zum 18. Jahrhundert und darüber hinaus dauernde Gesamtumschichtungsprozess Europas, in welchem Anschauungen, die auf einer religiösen oder einer politischen Autorität beruhten, durch Anschauungen ersetzt wurden, welche sich aus der Bepheten, wobei allerdings auch bedacht werden muss, dass gemäss Hamann potentiell alle Menschen die Stellung eines Propheten einnehmen können (Nadler I 268,40: Betrachtungen zu Kirchenliedern; Nadler I 308,31-32: Brocken) (Diese Ausführungen basieren auf: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 59-60, 84-88 u. 195; Jcrgensen, Sven-Aage. Zu Hamanns Stil. Heidelberg 1966. S. 384. Vgl. auch: Irmscher, Hans Dietrich. Prophet und Dichter. Weimar 1998. S. 13-28; Kleffmann, Tom. Die Erbsündenlehre in sprachtheologischem Horizont. Tübingen 1994. S. 256-259). 2 1 1 Die verbergenden, täuschenden Masken eines Rokoko müssen dabei von den enthüllenden, offenbarenden Masken Gottes unterschieden werden. Dazu: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965; Gasser, Johannes. The Mask as the Throughway to the Beyond. Downsview, Ontario 1985. S. 24-39. 212 Die folgenden Ausführungen über die Aufklärung in England, Frankreich und Preussen basieren vor allem auf: Philosophisches Wörterbuch. Stuttgart 1991. S. 50-51, 58, 63, 128-129, 141, 174, 300, 3 1 2 - 3 1 3 , 368-370, 423-425, 429, 436-437, 490-491, 598-599, 627-628, 661, 685-686, 724, 749, 762-763, 792.

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

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tätigung der menschlichen Vernunft ergaben und welche der vernunftgemässen Kritik standhielten, manifestierte sich in den einzelnen Ländern Europas sehr unterschiedlich. Einerseits trat die Aufklärung in England seit dem 16. Jahrhundert vorwiegend religiös und politisch auf. Einige der wichtigsten Vertreter dieser auf die Empirie und den Sensualismus ausgerichteten Aufklärung waren: a) Francis Bacon (1561-1626), der mit seiner Postulierung von rational und naturwissenschaftlich geplanten, empirischen Untersuchungen zum Begründer des modernen englischen Empirismus wurde, b) Thomas Hobbes (1588-1679), der neben seiner nominalistisch-empiristischen Philosophie vor allem durch seine auf dem Naturrecht beruhende Staats- und Gesellschaftstheorie (Bellum omnium contra, omnes) Bedeutung erlangte. c)John Locke (1632-1704), der als Vertreter des Empirismus und Sensualismus - bei welchem, entsprechend dem Tabula-rasa-Modell, angenommen wird, dass sich nichts im Bewusstsein befinde, was nicht zuvor erfahren worden sei (Nihil est in intellectu, quod non prius fuerit in sensu) - mit seiner Lehre von den primären und sekundären Qualitäten unter anderem Immanuel Kant beeinflusste, d) David Hume (1711-1776), der wichtigste Vertreter des englischen Empirismus, welcher als Metaphysikkritiker und Wegbereiter des Utilitarismus auftrat. Andererseits zeigte sich die Aufklärung in Frankreich seit dem 17. Jahrhundert eher gesellschaftlich und moralkritisch und im 18. Jahrhundert gar siegreich, bis sie 1789 in die Revolution mündete. Während in England die Empirie grossen Einfluss ausübte, wurde in Frankreich die zentrale Stelle von der ratio, dem Verstand, der Vernunft eingenommen. Der Rationalismus, der an eine unbegrenzte menschliche Erkenntniskraft glaubte, welche sich ihrerseits alles Seienden geistig bemächtigen wollte, entsprach in der französischen Aufklärung der dominierenden Denkweise. Eine Systematisierung erfuhr der Rationalismus durch Rene Descartes (1596-1650), Benedictus de Spinoza (1632-1677), Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) und Christian Wolff (1679-1754). Als Hauptvertreter der französischen Aufklärung gelten: a) Pierre Bayle (1647-1706), der jeden Dogmatismus in der Philosophie bekämpfte und Glauben und Wissen für unvereinbar hielt, b) Franfois Marie Voltaire (1694-1778), der berühmteste der französischen Aufklärungsschriftsteller, c) Jean-Jacques Rousseau (1712-1778), der im Gegensatz zu Voltaire am Fortschritt der Menschheit durch Kultur und Zivilisation zweifelte und der, obwohl er noch in hohem Masse zur Aufklärung gehörte, den romantischen Protest gegen die Aufklärung vorbereitete, d) Charles de Secondat Montesquieu (1689-1755), der als Rechts- und Geschichtsphilosoph - und beeinflusst von Locke - die Teilung der Staatsgewalt in

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

Legislative, Exekutive und Jurisdiktion entwickelte, e) Denis Diderot (1713-1784), der die Encyclopedic ou dictionnaire raisonne des sciences, des arts et des metiers, an welcher auch Rousseau und Voltaire mitarbeiteten, begründete und mitherausgab. Nach England und Frankreich nun ein Blick auf Preussen: In Preussen, das im Begriff war, zu einer europäischen Grossmacht aufzusteigen, konnte sich seit dem 18. Jahrhundert der Einfluss des französischen Rationalismus stärker durchsetzen als derjenige der englischen Empirie. Entscheidende äussere Erfolge der deutschen Aufklärung blieben allerdings aus. Das Gedankengut führte mehr zu einer innerlichen, formenden Besinnung auf sich selbst und auf die anzustrebende Mündigkeit. Massgebend beteiligt an der deutschen Aufklärung waren: a) Christian Wolff (1679-1754), der in seinem reinen, ungebrochenen Vertrauen in die Macht der Vernunft - unter Verwendung aristotelischer, stoischer und scholastischer Gedanken - das System des deutschen Rationalismus beziehungsweise einen rationalistischen Dogmatismus schuf. Seine Werke verfasste er nicht im damals obligaten Latein, sondern in deutscher Sprache, b) Gotthold Ephraim Lessing (17291781), der als Literatur- und Kulturkritiker wirkte und den kirchlichen Dogmatismus bekämpfte, c) Immanuel Kant (1724-1804), der Begründer des Kritizismus beziehungsweise der Transzendentalphilosophie, veränderte durch seine Kritik der reinen Vernunft (1781) den Begriff der Metaphysik und schuf eine neue Erkenntnistheorie, welche zwischen aposteriorischen und apriorischen Erkenntnissen unterschied, d) Friedrich II. beziehungsweise Friedrich der Grosse (1712-1786), König von Preussen von 1740 bis 1786, der, bestimmt von der Staatsauffassung des aufgeklärten Absolutismus, unter anderem die Verwirklichung eines merkantilistischen Wirtschafts- und Finanzsystems anstrebte und ein bedeutender Förderer von Wissenschaft und Kunst war. e) Christian Thomasius (16551728), der 1688 als erster Philosoph Vorlesungen in deutscher Sprache hielt. Dies war also das geistige Umfeld Hamanns. Er, der Vielleser,213 hat sich fast mit allen diesen Denkenden und ihren Denkansätzen auseinander 213 Eine Zusammenstellung von Hamanns Bücherbestand - das Verzeichnis wurde 1776 erstellt, als der von finanziellen Nöten geplagte Hamann glaubte, seine Bibliothek verkaufen zu müssen - zeigt die immense Belesenheit des Königsbergers: Die Biga Bibliothecarum (Nadler V 1 3 - 1 2 1 ) umfasst mit ihren gesamthaft mehr als 3000 Titeln die Büchergruppen: Autores antiqui & graeci & latini (268 Titel), Libri theologici (631 Titel), Libri philologici (247 Titel), Libri historici (325 Titel), Libri philosophici & politici (459 Titel), Libri poetici & ad literaturam elegantiorem spectantes (793 Titel), Libri miscellanei, Libri incompacti, Manuscripti und Appendix (346 Titel). Man beachte dazu auch das von Nadler erstellte Sach- und Autorenregister (Nadler V 393-449). Siehe auch: Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 280—291 v. a. 280-285.

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

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gesetzt.214 Oft rezensiert er neu herausgekommene Schriften oder trägt mit sonstigen Zeitungsbeiträgen - als anakreontischer Jüngling unter weiblichem Pseudonym in der Damenwochenschrift Daphne, später in den Königsbergschen gelehrten und politischen Zeitungen - zum Zeitgespräch bei (Nadler IV 13-34: Beiträge zur Wochenschrift Daphne; Nadler IV 265-435: Beiträge zur Zeitung 1764 bis ιγγβ).2I> Ausserdem übersetzt er fremdsprachige Werke, beispielsweise von Rene de Rapin, Anthony Graf Shaftesbury und Albert Radicati Graf Passeran (Nadler IV 43-207), und hilft damit - einem Vermittler nicht unähnlich - , Gedanken aus anderen Sprachkreisen deutschsprachigen Gesprächsteilnehmenden zugänglich zu machen.2'6 Noch ein Weiteres verweist auf Hamanns Verständnis von Sprache als Gesprächsgeschehen und auf seine kondeszendente Haltung, durch welche er sich beeinflussen lässt und seinerseits beeinflussen möchte: Die folgende - selektive - Durchsicht von Hamanns Schriften, welche sich im zweiten und dritten Band der Nadler-Ausgabe befinden,217 zeigt, dass sich seine Schriften zumeist auf vorhergegangene Aussagen von Zeitgenossen beziehen und dass er sich - manchmal zwar nur durch Anspielungen - in erster Linie direkt an eine einzelne Person und nicht an ein allgemeines, anonymes Publikum wendet: a) Mit der Schrift Sokratische Denkwürdigkeiten (Nadler II 57-82) wendet sich Hamann an Berens und Kant und wehrt sich unter anderem gegen deren Versuche, ihn (wieder) zu einem Mitstreiter der vernünftigen Aufklärung zu machen, b) In den Wolken (Nadler II 83-109) nimmt Hamann Bezug auf die Rezensionen von Mendelssohn, Bode und Ziegra zu den Sokratischen Denkwürdigkeiten, c) In den Kreuzzügen des Philologen (Nadler II 113-246) richtet sich Hamann in den Vermischten Anmerkungen (Nadler II 127-136) gegen das von Friedrich Carl von Moser verfasste Buch Der Herr und der Diener, d) Die

214 Obige Aufzählung von Männern, welche die Aufklärung entscheidend mitprägten, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Liste der Männer und Frauen, welche an der Zeitepoche der Aufklärung beteiligt waren, um ein Vielfaches umfassender ist. 215 Zu Hamann als Publizist siehe: Baur, Wolfgang-Dieter. Die falschen Götzen macht zu Spott. Tübingen 1998. S. 80-105; Baur, Wolfgang-Dieter. Johann Georg Hamann als Publizist. Berlin 1991; Baur, Wolfgang-Dieter. Johann Georg Hamann als Publizist. Frankfurt a. M. 1990. S. 255-274; Baur, Wolfgang-Dieter. Johann Georg Hamann als Religionspublizist. Berlin 1989. S. 1 4 1 - 1 6 4 ; Baur, Wolfgang-Dieter. A n das Publikum. Frankfurt a. M. 1987. S. 19-29. 216 Das Ubersetzen wird damit zum kondeszendenten Handeln. 2 1 7 Die folgenden Angaben basieren vor allem auf dem Textapparat der Nadler-Ausgabe (Nadler II 380-432; Nadler III 415-493).

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

Schrift Chimärische Einfälle (Nadler II 157-165) setzt sich mit Mendelssohns Kritik an Rousseaus Die neue Heloise, oder Briefe zweier Liebenden (1761) auseinander, e) In der Schrift Hamburgische Nachricht (Nadler II 241-274) befasst sich Hamann mit den Besprechungen der Kreuzzüge des Philologen durch Ziegra, Michaelis und Mendelssohn, f) Mit Fünf Hirtenbriefe das Schuldrama betreffend (Nadler II 351-374) leistet Hamann Lindner Beistand, als dessen Beytrag zu Schulhandlungen (1762) schlecht aufgenommen wird, g) In Zwo Recensionen (Nadler III 13-24) tritt Hamann auf die aktuelle Sprachursprungsthematik ein; konkret auf die Schriften von Tiedemann und Herder, h) In Des Ritters von Rosencreuz letzten Willensmeynung (Nadler III 25-33) schreibt Hamann erneut über die Sprachursprungsthematik. i) Mit dem Selbstgespräch eines Autors (Nadler III 67-79) versucht Hamann den Buchhändler Nicolai zum Verlegen seiner Philologischen Einfälle und Zweifel (Nadler III 35-53) zu bewegen. Dieser lehnt jedoch die Anfrage in einem publizierten Brief ab. j) Hamann antwortet Nicolai seinerseits wiederum mit der Schrift An die Hexe zu Kadmonbor (Nadler III 81-87). k) Mit der Schrift Neue Apologie des Buchstaben Η (Nadler III 89-108) wendet sich Hamann gegen Damms Versuch, die Schreibregeln den Regeln der Mündlichkeit zu unterwerfen. 1) Die Schrift Prolegomena über die neueste Auslegung der ältesten Urkunde (Nadler III 123-133) entsteht aus dem Briefwechsel, welchen Hamann mit Kant über Herders Älteste Urkunde führt, m) In den Hierophantischen Briefen (Nadler III 135-167) setzt sich Hamann mit zwei Schriften von Starck auseinander; konkret mit Tralatitia ex gentilismo in religionem christianam (1774) und Hephästion (1775)· n) Der Versuch einer Sibylle über die Ehe (Nadler III 197-203) ist seinem Verleger Hartknoch und dessen Frau als - verspätete - Hochzeitsgabe zugedacht, o) In der Schrift Konxompax (Nadler III 215-228) setzt sich Hamann mit der Freimaurerei auseinander. Dazu sieht er sich durch Starcks Apologie des Ordens der Frey-Mäurer (1778) und durch Meiners Uber die Mysterien der Alten (1776) veranlasst, p) In der Metakritik über den Purismum der Vernunft (Nadler III 281-289) tritt Hamann Kants in der Kritik der reinen Vernunft (1781) postulierten Idee einer apriorischen Erkenntnis entgegen und hält dawider, dass auch die durch Denken gewonnene Erkenntnis sprachgebunden und damit aposteriorisch bestimmt sei. q) In der Schrift Golgatha und Scheblimini (Nadler III 291-320) setzt sich Hamann mit Mendelssohns Jerusalem oder Über religiöse Macht und Judenthum (1783) und mit der vernünftigen Religion auseinander. Es wird deutlich: Die »theologischen oder philosophischen, literaturkritischen, philologischen oder ästhetischen, kulturhistorischen oder kul-

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

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Unpolitischen«2'8 Schriften Hamanns sind kurze, aktuelle und direkt adressierte Gesprächsbeiträge zu den Themen seiner Zeitgenossen. Hamann selbst bekennt, er schreibe »Brocken, Fragmente, Grillen, Einfälle« (Ziesemer-Henkel I 431,30: Brief an Johann Gotthelf Lindner vom 12. 10. 1759), und er bezeichnet seine Texte als Entwürfe, Versuche, Scherflein, Beiträge, Sendschreiben, fliegende Briefe, Anmerkungen, Glossen. Seine Art von Schrifttum ist zudem durchtränkt von einer Intertextualität, von einer Anspielungs-, Verweis- und Zitierpraxis, welche ihrerseits vorhergegangene Reden nachahmt und gleichzeitig antwortend auf sie eingeht. 21 ' Hamanns konkrete Äusserungen (das Was) helfen auf diese Weise, Monologe zu verhindern und engagierte Dialoge zu fördern. Inhaltlich gesehen sind die Gesprächsbeiträge Hamanns meist aus einer metakritischen Sicht formuliert - Metakritik als Kondeszendenz in eine vernünftige Zeit! - und thematisieren die Bedingtheit und Begrenztheit der menschlichen Erkenntnis, ihre in der Aufklärung so stark geleugnete und gemiedene Sinnlichkeit und Sprachlichkeit.220 Gerade diese Sprachlichkeit ist bei Hamann mit einer communicatio idiomatum verbunden, welche ihrerseits ein Gemeinsames zwischen Gott und Mensch ermöglicht.221 Immer wieder geht Hamann - entgegen den Ansichten der weit verbreiteten Anhänger des Deismus - davon aus, dass Gott nach wie vor in der Welt ist, sich offenbart und Einfluss auf die Geschehnisse nimmt. Aber obgleich sich Gott den Erkenntnismöglichkeiten der Menschen entsprechend offenbart, so richtet sich Gottes Offenbarung doch nicht nach den rationalistischen Erwartungen oder nach den systematischen Erkenntnissen der vernünftigen Menschen.222 Uber seine Metakritik hinaus will Hamann vermitteln, dass es etwas jenseits der rationalen Erkenntnisse, jenseits der Vernunft gibt, das zwar erfahrbar und wahrnehm-

218 Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 279. 219 Dazu auch: Bayer, Oswald. Einführung. In: Hamann. Frankfurt a. M. 1987. S. 7-18 v. a. 7-9· 220 Dazu beispielsweise: Nadler III 234,7-20: Zwey Scherflein·, Nadler III 284,23-26: Metakritik; Nadler III 286,1-13: Metakritik. Vgl. dazu auch: Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 313; Herde, Heinz. Johann Georg Hamann. Bonn 1971. S. 5-53 v. a. 34-42; Griffith-Dickson, Gwen. Hamanns relationale Metakritik. Tübingen 1998. S. 242-262; Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 167-218. 221 Dazu beispielsweise: Nadler III 300,31-301,2: Golgatha und Schehlimini. Vgl. dazu auch: Lüpke, Johannes von. Anthropologische Einfälle. Berlin 1988. S. 225-268; Fritsch, Friedemann. Die Wirklichkeit als göttlich und menschlich zugleich. Tübingen 1998. S. 52-79. 222 Dazu beispielsweise: Nadler III 240,1-5: Zwey Scherflein.

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bar ist, sich aber dem vernünftigen Begreifen und klaren Aneignen entzieht. Diese Thematik steht mit den verhüllend-enthüllenden Masken der Offenbarung Gottes in Verbindung." 3 Doch die Menschen der Aufklärung, welche in ihrem ungebrochenen Vertrauen in die Vernunft klar und distinkt zu unterscheiden suchen, trennen Dinge, die zusammengehören.224 Sie trennen Sinnlichkeit und Verstand wie auch Sprache und Vernunft. Dieser so genannten Scheidekunst setzt Hamann seine Ehekunst entgegen.225 Des Weiteren weist Hamann darauf hin, dass die auf der hybriden Selbstverherrlichung der menschlichen Vernunft basierenden Autonomisierungsversuche der Aufklärungsbewegung gegenüber Gott die Autonomisierungsversuche gegenüber Staat, Kirche und Scholastik werden hier nicht in den Gedankengang eingeschlossen - voller Selbstwidersprüche sind.226 Hamann will den illusionären Glauben an universale, unveränderliche, allgemein gültige Systeme, an ewige Wahrheiten, an feste Begriffe 227 erschüttern und aufzeigen, dass die Selbstvergötterung der 223 Siehe dazu auch: Gasser, Johannes. The Mask as the Throughway to the Beyond. Downsview, Ontario 1985. S. 24-39; Löffler, Heinrich. Verdeckte Themen. Würzburg 1995. S. 31-39; Haug, Walter. Geheimnis und dunkler Stil. München 1998. S. 203-217; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. Zudem: Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 247256. 224 Dazu beispielsweise: Nadler III 40,3-25: Philologische Einfalle und Zweifel. Dazu auch: Nadler I 264,19-22: Betrachtungen zu Kirchenliedern. 225 Den aus dem Bereich der Chemie stammenden Begriff Scheidekunst verwendet Hamann selbst. Der Begriff Ehekunst wurde von Bayer entwickelt. Dazu u. a.: Bayer, Oswald. Metakritik in nuce. Berlin 1988. S. 305-314 v. a. 312-314; Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988. S. 1 1 - 1 3 . Vgl. auch: Griffith-Dickson, Gwen. Hamanns relationale Metakritik. Tübingen 1998. S. 260; Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 200-204. 226 Dazu beispielsweise: Nadler I 103,15-18: Biblische Betrachtungen. Vgl. dazu auch: Kleffmann, Tom. Die Erbsündenlehre in sprachtheologischem Horizont. Tübingen 1994. S. 299-305; Herde, Heinz. Johann Georg Hamann. Bonn 1971. S. 5 - 1 1 . 227 Zwischen Hamanns Sprachauffassung und derjenigen des etwas später lebenden deutschen Philosophen und Sprachforschers Wilhelm Humboldt (1767-1835) gibt es - neben durchaus vorhandenen Unterschieden - einige wichtige Parallelen: Sowohl Hamann als auch Humboldt lehnen die Idee eines stabilen oder gar statischen Zuordnungssystems sprachlicher Bedeutungen - Saussures signifie - zu sprachlichen Ausdrücken - Saussures signifiant - im Sinne einer Fixierung der aristotelischen Gleichung aliquid stat pro aliquo ab. Vielmehr vertreten sie eine dynamische Bedeutungskonstitution von Zeichen, bei welcher die jeweiligen Verbindungen von Form und Inhalt, von Materie und Bedeutung, von signifiant und signifie stark kontextabhängig sind. Gemäss dieser Sprachauffassung entstehen die sprachlichen Bedeutungen innerhalb eines sich wiederholenden Wechsels von Rede und Antwort, also in einer dialogischen Verbindung mit einem Du und damit in Verbindung mit einem Wir. Wegen dieser Parallele wird Hamann manchmal Vorgän-

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Vernunft durch die Vernunft einem Aberglauben gleichkommt, 228 bei welchem die vernünftige Vernunft ein unvernünftiger Götze ist.

2.3.5 Autorschaft durch Rettung der Poesie Hamanns Autorschaft ist bestimmt von seinem Bestreben, die Poesie zu retten. Dies ist im Zusammenhang mit Gottes Kondeszendenz in Form eines Poeten, eines Schriftstellers, zu sehen. 22 ' Als »Muttersprache des menschlichen Geschlechts« (Nadler II 197,15: Aesthetica in nuce), welches seinerseits von göttlicher Herkunft ist, ist die Poesie Ort der möglichen Begegnung zwischen Gott und Mensch, zwischen Mensch und Mensch. 230 Sie ist Ort der communicatio idiomatum und Ort einer unio mystica, oder

ger von Humboldts dialogischer Sprache (Ich - Du - Welt) genannt. Unter anderem vertritt Hamann das Prinzip der sprachlichen Relativität in den Sokratischen Denkwürdigkeiten (1759) (beispielsweise in: Nadler II 72,6-73,9) und in der Metakritik über den Purismum der Vernunft (1784) (beispielsweise in: Nadler III 284,23-286,13). Bei Humboldt spiegelt sich diese Position unter anderem in der Unterscheidung von ergon griechisch für Werk für Sprache als statisches Produkt einer abgeschlossenen Tätigkeit (mit Ähnlichkeit zu Saussures langue) - und Welt hervorbringender energeia - griechisch für Tätigkeit für Sprache beziehungsweise Sprechen als dynamische, wirkende Kraft (mit Ähnlichkeit zu Saussures parole). Sowohl Hamann als auch Humboldt vertreten klar die bereits von Giambattista Vico (1668-1744) hervorgehobene Abhängigkeit des Denkens von der Sprache. Ausserdem betonen beide das Prozesshafte und Kontextabhängige bei der Bedeutungskonstitution von Zeichen, was unter anderem in der Ordinary Language Philosophy und in der Pragmatik seine Fortsetzung findet (Zu Humboldt in Verbindung mit Hamann: Bondzio, Wilhelm. Johann Georg Hamann und Wilhelm von Humboldt Parallelen und Kontraste. Leipzig 1985. S. 155-164; Werlen, Iwar. Sprache, Mensch und Welt. Darmstadt 1989. S. 9-124 v. a. 22-30 u. 49-54; Wohlfart, Günter. Denken der Sprache. Freiburg u. München 1984. S. 119-207; Ward, Graham. Barth, Derrida and the language of theology. Cambridge 1995. S. 36-41 u. 46-50. Vgl. aber auch: Unger, Rudolf. Hamanns Sprachtheorie im Zusammenhange seines Denkens. München 1905. S. 136-155 v. a. 147-155. Zu Humboldt im Speziellen: Di Cesare, Donatella. Wilhelm von Humboldt (1767-1835). München 1996. S. 275-289. Ausserdem: Gardt, Andreas. Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland. Berlin 1999. S. 230-245 v. a. 234-241; 291; 3 1 9 332 v. a. 324-325; 339-355). 228 Dazu beispielsweise: Nadler I 8,37-9,7: Biblische Betrachtungen-, Nadler III 189,18-22: Zweifel und Einfalle über eine vermischte Nachricht, Nadler III 223,7-8: Konxompax; Nadler III 225,3-23: Konxompax·, Nadler III 240,12-24: Zwey Scherflein. 229 Nadler II 206,19-21: Aesthetica in nuce-, Nadler I 5,1: Uber die Auslegung der Heiligen Schrift. 230 Vgl. dazu: Ziesemer-Henkel I 393,28-394,3: Brief an Gottlob Immanuel Lindner vom 9. 8. IJS9.

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

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anders gesagt: Poesie ist Ort des Gesprächs und Ort der Beziehung. Poesie und Sprache sind für Hamann gleichbedeutend, daher manifestieren sich Funktion und inneres Gesetz aller Rede auch in der poetischen Rede. Zudem besitzt alles Sprechen latent eine poetische Dimension und ist Artikulation eines poetischen Vermögens. 231 Ganz der Vorstellung von Hamanns Ehekunst entsprechend, kann Sprache die Sinnlichkeit - unter anderem Konkretheit, Historizität, Örtlichkeit - und den Geist - unter anderem Wesenhaftigkeit, Ewigkeit, Allgegenwärtigkeit - vereinigen. 232 Bei dieser mittels Sprache möglichen Verbindung der sichtbaren Welt des sprachlichen Zeichens mit der unsichtbaren Welt der Bedeutung verweist der sinnlich wahrnehmbare, sprachliche Ausdruck auf das Eigentliche, das Gemeinte, welches der Sinnlichkeit entzogen ist.233 So offenbart und enthüllt die sprachliche Einkleidung, diese materielle, gegenwärtige, konkrete Verhüllung, sowohl die Absichten und Gesinnungen eines Autors als auch die sinnlich nicht wahrnehmbare Bedeutung seiner Autorhandlung, welche wegen der epistemologischen Beschränktheit der menschlichen Erkenntnisfähigkeit nicht auf abstraktem, unsinnlichem Wege vermittelt werden kann - wie es das »philosophische Genie« versucht, indem es »vermittelst der Abstraction, das Gegenwärtige abwesend zu machen sich bemüht« (Nadler III 382,33-384,1: Ein fliegender Brief: Erste Fassung). Vielmehr muss die Weissagung des Autors den Weg der Kondeszendenz in das Konkrete gehen - wie es das »poetische Genie« unternimmt, das »vermittelst der Fiction, die Visionen abwesender Vergangenheit und Zukunft zu gegenwärtigen Darstellungen verklärt« (Nadler III 384,3-5: Ein fliegender Brief: Erste Fassung).1™ An zwei anderen Stellen formuliert Hamann dies folgendermassen:

231 Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 99-100. 232 Diese Vereinigung im Raum der Poesie und ihre Auswirkungen auf die Gesprächsteilnehmenden weisen starke Parallelen zur geschlechtlichen Vereinigung und zur Fruchtbarkeit auf (Dazu beispielsweise: Nadler III 3 7 5 , 2 - 1 1 : Ein fliegender

Brief:

Zweite

Fassung). A n dieser Stelle sei - ohne das Thema auch nur annähernd abschliessend behandeln zu können - daran erinnert, dass Hamann die Sinnlichkeit der Frau, des Dichters, des Lesers ... sehr positiv bewertete, weil die sinnliche Konkretheit und die Bereitschaft zur Hingabe Bedingungen der Fruchtbarkeit sind. Aus Abstraktionen und reiner Vernunft kann keine Frucht entstehen, weil sie sich nicht zu vereinigen wissen. Man bedenke hierbei: In Analogie zu Christus und seiner hingebenden Kondeszendenz (Eph 5 , 2 1 - 3 3 ) ist die übergeordnete Position des Mannes in dessen Hingabe an die Frau begründet. 233 Dazu auch: Fritsch, Friedemann. Die Wirklichkeit als göttlich und menschlich zugleich. Tübingen 1998. S. 72. 234 Vgl. dazu: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 218.

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

77

»Jede Handlung ist ausser ihrer ursprünglichen, natürlichen, materiellen und mechanischen Bezeichnung noch mancherley figürlicher, förmlicher, tropischer und typischer Bedeutungen fähig, welche zwar eben so wenig, als die Absichten und Gesinnungen des Handelnden, begucket und betastet werden können, aber, wie alle intellectuelle und moralische Eindrücke, ohne sinnlichen Ausdruck, keiner Mittheilung noch Fortpflanzung empfänglich sind: folglich müssen auch die Absichten und Gesinnungen eines Schriftstellers die typische Bedeutung seiner Autorhandlungen seyn, sich durch die Einkleidung und den Ausdruck seiner Gedanken offenbaren, oder wenigstens verrathen« (Nadler I I I 366,5-14: Ein fliegender Brief: Erste

Fassung).235

»Reden ist übersetzen - aus einer Engelsprache in eine Menschensprache, das heist, Gedanken in Worte, - Sachen in Namen, - Bilder in Zeichen; die poetisch oder kyriologisch, historisch, oder symbolisch oder hieroglyphisch und philosophisch oder charakteristisch seyn können. Diese Art der Ubersetzung (verstehe Reden) kommt mehr, als irgend eine andere, mit der verkehrten Seite von Tapeten überein« (Nadler II 199,4-9: Aesthetica in nuce).l>6

Durch die lang gepflegte und in der Aufklärung besonders vervollkommnete Scheidekunst, durch die Trennung von Sinnlichkeit und Verstand, von Sprache und Vernunft,237 ist die Sprache der Natur jedoch abgestorben. Hamanns unter Punkt 2.3.4 vorgestelltes, kondeszendentes Engagement als Metakritiker seiner Zeit ist als Teil des Planes zur Rettung der Poesie zu verstehen, insofern er auf die Problematiken der Scheidekunst weist und so das weitere Absterben der Sprache verhindern will. Der andere Teil des Planes zur Rettung der Poesie zielt auf die Auferweckung der ausgestorbenen Sprache der Natur von den Toten. Dies soll geschehen durch »Wallfahrten nach dem glücklichen Arabien, durch Kreuzzüge nach den Morgenländern, und durch die Wiederherstellung ihrer Magie« (Nad235 Vgl. dazu: Nadler III 367,5-14: Ein fliegender Brief: Zweite Fassung. 236 Zur Thematik des Ubersetzens siehe u. a. auch: Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 80-81, 98-108 u. 527; Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 283; Majetschak, Stefan. Uber den »Geschmack an Zeichen«. Tübingen 1987. S. 135-151; Schiewe, Jürgen. Die Macht der Sprache. München 1998. S. 117; Simon, Josef. Hamann und die gegenwärtige Sprachphilosophie. Marburg 1983. S. 9-20 v. a. 15-18; Weiss, Helmut. Johann Georg Hamanns Ansichten zur Sprache. Münster 1990. S. 174-175; Graubner, Hans. Erkenntnisbilder oder Bildersprache. Tübingen 1998. S. 140 u. 149-151; Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988. S. 9 u. 185-190; Achermann, Eric. Worte und Werte. Tübingen 1997. S. 249-251; Moustakas, Ulrich. Urkunde und Experiment. Berlin 2003. S. 121-125. Dazu auch: Nadler II 183,5-14: Kleeblatt Hellenistischer Briefe. 237 Dazu beispielsweise: Nadler III 286,29-287,3: Metakritik·, Nadler III 300,14-301,2: Golgatha und Scheblimini. Siehe auch: Nadler II 16,30-33: Gedanken über meinen Lebenslauf; Nadler III 285,25-36: Metakritik.

78

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

ler II 211,6-8: Aesthetica in nuce). Damit spricht Hamann die bei den semitischen Sprachen nicht unterdrückte Sinnlichkeit und Bildhaftigkeit unter anderem die sinnliche Konkretheit von Metaphern und Gleichnissen - an, welcher die Poesie zur Nachahmung der schönen Natur bedarf, 2 ' 8 die ihrerseits durch »Sinne und Leidenschaften« (Nadler II 206,1: Aesthetica in nuce)119 wirkt. Poesie kann nicht entstehen, wenn Sinne, Leidenschaften, Affekte, Gefühle - und damit die Ganzheit einer individuellen Person - unterdrückt werden. 240 Dieser Einbezug der ganzen Person führt zum wesentlichen Teil von Hamanns vorhin erwähntem Plan der Auferweckung der ausgestorbenen Sprache der Natur (Nadler II 211,6-8: Aesthetica in nuce)·. Der zentrale Punkt findet sich verhüllt im Verweis auf die Geschichte der Magier aus dem Morgenlande, die sich auf den Weg machten, nicht um die sinnfälligen Geschenke zu überreichen, sondern um den unbekannten, neugeborenen König anzubeten. 241 Aus einer solchen Haltung, wie sie die Magier einnahmen, welche aufgrund der vernommenen Prophezeiung die lange, ungewisse Reise nicht scheuten, um dem neuen, unbekannten Herrscher zu huldigen - sie haben keine Autonomieforderung verlesen - , aus einem solchen Geist der Prophezeiung ist Hamanns Dichtertum zu verstehen. 242 Hamann formuliert das wie folgt: »Die wahre Poesie ist eine natürliche Art der Prophezeyung; der Grund ist oder sollte zum Gebiethe der Vernunft gehören und die Füllung desselben ist ein Werk der Einbildungskraft. Mythologie, sagen die Kenner, ist die Seele und die Begeisterung des Dichters« (Nadler I 241,30-33: Biblische Betrachtungen).243 Wird die Parallele zwischen den Weisen aus dem Morgenlande und Hamann als Autor noch ein wenig weiter verfolgt, so nimmt Hamann, der Magus in Norden, 244 dieselbe Vermittler-Position gegenüber seinen sich von Gott autonomisierenden und abwendenden Zeitgenossen ein wie die Magier aus dem Morgenlande gegenüber Hero238 Siehe: Nadler II 205,20-21: Aesthetica in nuce. 239 Siehe auch: Nadler II 197,22: Aesthetica in nuce. 240 Dazu: Ziesemer-Henkel I 428,21-23: Brief an Johann

Gotthelf Lindner vom 12. 10.

Nadler II 206,32-209,11: Aesthetica in nuce; Nadler II 1 5 0 , 1 1 - 1 5 : Klaggedicht.

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Man den-

ke hier auch an den zuweilen mit Gefühlen, Emotionen, Leidenschaften, mit Zorn, Liebe, Eifer, Sehnsucht, Verachtung, Hohn und Spott schwangeren Stil Gottes in seiner Offenbarung im Alten und Neuen Testament. 241 Vgl. dazu: Mt 2 , 1 - 1 3 . Dazu auch: Nadler II 1 3 7 - 1 4 1 : Die Magi aus

Morgenlande.

242 Siehe dazu auch: Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. S. 173; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 1 5 4 - 1 5 8 ; Herde, Heinz. Johann Georg Hamann. Bonn 1971. S. 86-106. 243 Dazu auch: Jergensen, Sven-Aage. Arbeit am Mythos? Frankfurt a. M. 1987. S. 83-90. 244 Siehe dazu: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 8 4 - 1 1 4 .

2.3 Hamann als Autor: Imitator, Metakritiker, Prophet

79

des! Solche sazerdotalen Propheten, die den Zeitgenossen das Heilige vermitteln, legen als von Gott inspirierte Hermeneuten245 die Rede des Orakels aus, wirken als Seher und Wahrsager, können also über das direkt Sichtbare, über das buchstäblich Verständliche hinaussehen.246 Durch ihren »magische[n] Styl« (Nadler III 350,27: Ein fliegender Brief: Erste Fassung)**7 der eine plötzliche Veränderung der Weltsicht bewirken kann, verursachen diese Vermittler oft panische Schrecken bei ihren Rezipienten. Hamanns Schreibart kann daher zu Recht als »panische Schreibart« (Nadler III 350,27: Ein fliegender Brief: Erste Fassung) bezeichnet werden. Dieser Ausdruck, welcher auf Samuel Johnsons (1709-1784) Wochenschrift Idler zurückgeht, beschreibt - gemäss Josef Nadler - treffend Hamanns überraschenden, verblüffenden, verwirrenden Stil.248 Wie ja schon mehrfach ausgeführt, ist der Autor oder die Autorin im Sinne Hamanns nebst diesem prophetischen Impetus aber auch von einer kondeszendenten Haltung bestimmt. So kommt es, dass sich das natürliche Beieinander von Kondeszendenz und Prophetie249 einem Gesprächsteilnehmenden, welchem diese Zusammenhänge unvertraut sind, als ungeheurer, verabscheuungswürdiger, impertinenter Widerspruch manifestieren kann, während es sich einem Gesprächsteilnehmenden, welcher sich auf die neue Sichtweise eingelassen hat, als herrliche Einheit zeigt. Obwohl in Hamanns Poesie die Exordialtopik, die Rede von etwas noch nie Dagewesenem, einen zentralen Stellenwert erhält - es sollen ja neue Betrachtungsweisen eröffnet werden -, 2 5 ° ist die poetische Schrift nicht eigentlich original, sondern wird als Fortsetzung des Weltgesprächs begriffen. Sie kann mit einem komplexen Palimpsest verglichen werden,

245 Dazu u. a.: Antonsen, Jan Erik. Das Motto als Anzeiger von Intertextualität. Bern 1999. S. 26-27. 246 Vgl. dazu: Nadler I 1 1 9 , 2 5 - 3 5 : Biblische Betrachtungen·, sche Denkwürdigkeiten-, mischte Nachricht.

Nadler II 68,25-69,20:

Nadler III 1 9 1 , 2 1 - 1 9 2 , 2 8 : Zweifel

und Einfalle

Somati-

über eine

ver-

Zudem: Gasser, Johannes. The Mask as the Throughway to the Bey-

ond. Downsview, Ontario 1985. S. 24-39. 247 Siehe auch: Herde, Heinz. Johann Georg Hamann. Bonn 1 9 7 1 . S. 1 0 6 - 1 1 2 . 248 Gemäss Nadler V I 283: Der Schlüssel. Dazu auch die Ausführungen von Koepp über die Schreckmaske des Pan: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 70-83. 249 Kondeszendenz und Prophetie können auch in Analogie zu genus humile und genus sublime gesehen werden. Vgl. dazu auch: Lüpke, Johannes von. Anthropologische Einfalle. Berlin 1988. S. 379. 250 Dazu: Antonsen, Jan Erik. Das Motto als Anzeiger von Intertextualität. Bern 1999. S. 2 6 27; Jorgensen, Sven-Aage. Zu Hamanns Stil. Heidelberg 1966. S. 378-379.

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

8o

das frühere Werke repräsentiert und gleichzeitig aktualisiert.2'1 So kommt im Rahmen des Schreibverfahrens der Typologie - und damit der Intertextualität, den Anspielungen und den Zitierungen - eine enorm grosse Bedeutung zu.2'2 Die Poesie stellt sich in die Tradition der bisherigen Reden der Weltgesprächsteilnehmenden, bildet Gleichnisse und Analogien und vermittelt prophetisch das hinter dem Sichtbaren Liegende durch Bilder und Metaphern, durch Nachahmung und In-Geschick-Bringen der Turbatverse und disiecti membra poetae der Natur.2" Auf diese Weise führt die Poesie das längst begonnene, oft aber unterbrochene Gespräch zwischen Mensch und Gott beziehungsweise zwischen Mensch und Mensch fort, schafft Raum für neue Begegnungen und baut Brücken über den Abgrund der Sprach-, Kommunikations- und Beziehungslosigkeit. Der Poet, wie ihn Hamann versteht, ist sowohl ein Mensch, welcher aufgrund seiner Beziehung zum Schöpfer seine eigene Geschöpflichkeit akzeptiert und als göttliches Ebenbild Gottes dessen demütige, dienende, umwerbende Kondeszendenz bezeugt und imitiert,254 als auch ein Prophet, ein Priester, ein Vermittler, welcher Anteil an der jenseits der menschlichen Logik stehenden Herrschaft und Macht Gottes hat und durch die Poesie seine Mitmenschen an dieser unsichtbaren Welt teilhaben lassen will. Mit anderen Worten: Der Poet ist in seiner Ganzheit eine Postfiguration von Jesus Christus. Zusammenfassend kann gesagt werden: Die Auferweckung der ausgestorbenen Sprache der Natur mit ihrem sowohl ästhetischen, sinnlich251 Siehe: Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 84. Siehe auch: Majetschak, Stefan. Uber den »Geschmack an Zeichen«. Tübingen 1987. S. 1 4 1 142. 252 A ) Zur Typologie im Allgemeinen: Ohly, Friedrich. Halbbiblische und ausserbiblische Typologie. Darmstadt 1977. S. 361-400; Auerbach, Erich. Figura. Istanbul 1944. S. 11—71; Ohly, Friedrich. Typologie als Denkform der Geschichtsbetrachtung. Frankfurt a. M. 1988. S. 22-63. B) Zur Typologie bei Hamann: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 100-103

u

- 162-164; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttin-

gen 1965. S. 4 9 - 5 1 , 6 1 - 6 2 , 90, 203, 217; Jorgensen, Sven-Aage. Zu Hamanns Stil. Heidelberg 1966. S. 382-384; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 9 - 1 0 5 v. a. 3 1 - 3 4 u. 59-61; Fischer, Rainer. Von Gott reden im Zusammenhang von Glaube und Sprachdenken. Gütersloh 1994. S. 47-49; Antonsen, Jan Erik. Das Motto als Anzeiger von Intertextualität. Bern 1999. S. 28-29. Bestimmend ist der Gedanke der Typologie auch bei: Büchsei, Elfriede. Biblisches Zeugnis und Sprachgestalt bei J. G. Hamann. Glessen u. Basel 1988; Gründer, Karlfried. Figur und Geschichte. Freiburg i. Br. u. München 1958. 253 Gemäss: Nadler II 198,32-199,3: Aesthetica in nuce. 254 Vgl. auch: Blanke, Fritz. Gottessprache und Menschensprache bei J. G. Hamann. Leipzig 1930. S. 206-207 u. 209.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

81

intuitiven, empirischen als auch ihrem logischen, vernünftig-diskursiven, rationalen Vermögen 2 " kann, das folgt aus dem eben Ausgeführten, trotz einer ganz neuen Wertschätzung der sinnlichen Aspekte der Sprache nicht allein durch eine Erhöhung des Grades der Bildhaftigkeit und Sinnlichkeit bewerkstelligt werden - das entspräche derselben Instrumentalisierung der Sprache, wie sie von vielen Aufklärern, welche Wörter in feste Begriffe pressen wollten, geübt wurde - ; die Auf erweckung der ausgestorbenen Sprache der Natur muss gleichzeitig mit einem Wandel der inneren Haltung und mit einer suchenden Ausrichtung auf Gott verbunden sein, denn weder »die dogmatische Gründlichkeit pharisäischer Orthodoxen, noch die dichterische Üppigkeit sadducäischer Freygeister wird die Sendung des Geistes erneuren, der die heiligen Menschen Gottes trieb (εύκ α ι ρ ο ς ακαιρως) zu reden und zu schreiben« (Nadler II 2 1 1 , 2 9 - 3 2 : Aestbetica in nuce).1$6 Diese für die Poesie und die Auferweckung der ausgestorbenen Sprache der Natur notwendige Koinzidenz der sinnlichvernünftigen beziehungsweise vernünftig-sinnlichen Sprache (das Was) mit einer prophetischen Haltung der Magier aus dem Morgenlande (das Wie) führt zu einem neuen Verständnis von Ästhetik. 257 Die Hauptsumme dieser neuesten und zugleich ältesten Ästhetik lautet Gottesfurcht. 2 ' 8 Sie ist die Reaktion des Menschen auf das plötzliche Innewerden, im gekreuzigten Christus - Golgatha - den Weltenrichter - Scheblimini - vor sich zu haben.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation 2.4.1 Einführung in die Thematik des Rezeptionsprozesses Nachdem in den beiden vorherigen Kapiteln Gott und der Autor als Sprachbeteiligte dargestellt wurden und dabei schon einiges über Hamann als Leser wie auch über Rezipierende im Allgemeinen ausgesagt werden konnte, 2 ' 9 werden in den folgenden Unterkapiteln weitere Aspekte der 255 Vgl. dazu: Nadler III 288,1-5:

Metakritik.

256 Siehe auch: Nadler III 283,18-284,6:

Metakritik.

257 Vgl. dazu auch: Metzke, Erwin. Coincidentia oppositorum. Witten 1961. S. 268; Schiewe, Jürgen. Die Macht der Sprache. München 1998. S. 1 1 5 - 1 1 9 . 258 Siehe: Nadler II 2 1 7 , 1 5 - 1 9 : Aesthetica in nuce. 259 Beispielsweise wurde bereits unter Punkt 2.3.4 auf Hamanns exzessives, leidenschaftliches Lesen - womit er sich als Teilnehmender des Weltgesprächs ausweist - wie auch auf

82

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

Lesenden als Sprachbeteiligten untersucht, wobei - o b w o h l das Quellenmaterial zu Hamanns Ansichten über das Lesen im Vergleich zu demjenigen die Theologie und die Autorschaft betreffend weniger ergiebig ist versucht wird, den Leseprozess ebenfalls unter Hamanns Blickwinkel zu betrachten. Drei Themenkreise werden behandelt: a) die möglichen Grundhaltungen beim Rezipieren, b) der Rezeptionsvorgang bei drei wichtigen wissenschaftlichen, hermeneutischen Methoden des 20. Jahrhunderts im Vergleich zu Hamanns Idee des Rezeptionsprozesses und c) konkrete Abläufe und Erfahrungen beim hamannschen Leseakt. Die Untersuchungen werden deutlich machen, dass - analog zum Produktionsprozess - der kondeszendente, Gottes A r t zu lesen imitierende Rezeptionsprozess sehr stark den Charakter eines dialogischen Sprachgeschehens, einer communicatio idiomatum, hat, denn der Lesende als Kommunikationsteilnehmender lässt seiner Rezeption eine A n t w o r t folgen. D a sich zudem die innere Haltung eines Rezipierenden in seiner ihm eigentümlichen Lesart und in seiner antwortenden Reaktion manifestiert, da die innere Haltung seine Teilnahme am Gespräch - am Weltgespräch oder am Gespräch mit dem A u t o r - konstituiert, kann beim Lesenden, analog zum Autor, gesagt werden, dass die sprachlichen Prozesse sehr stark mit dem Sprachteilnehmenden selbst verbunden sind. Sein Lesestil ist sein Menschsein, und seine Lesart ist sein Lebensstil. In den Ausführungen zu den sich einem Lesenden bietenden Grundhaltungen der Rezeption werden zwei Erkenntnismodelle - unter anderem veranschaulicht am metaphorischen Bild eines Kranes - einander gegenübergestellt. Es sind dies einerseits die ratio incurvata in se, welche, ohne sich selbst in Frage zu stellen, nach cartesianisch gesicherten Erkenntnissen sucht, indem die rezipierende Person nacheinander wahrnimmt, abstrahiert und appliziert, und andererseits die ratio relativa, welche in einer Grundhaltung der Liebe, Demut, Offenheit und Empfänglichkeit geschieht, wobei die Kondeszendenz, die sich dem zu rezipierenden Gesprächsbeitrag vorbehaltlos anvertraut, bis z u m Selbstverlust beziehungsweise zur Selbstfindung im Text führen und auf diese Weise die Subjekt-Objekt-Position aufsprengen kann. Dabei werden sich - analog zur Autorschaft, bei welcher die geschichtliche Gebundenheit der Texte und die Verbalinspiration einander nicht ausschliessen (siehe Punkt 2.2.4) ~~ die historische Arbeit beim Rezeptionsprozess und die Inspiration als einander bedingende Konsequenzen der Wahrnehmung des konkret

seinen umfangreichen Bestand antiker, theologischer, philologischer, historischer, philosophischer und poetischer Schriften hingewiesen.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

entstandenen Textes herausstellen. Bei den Ausführungen die wissenschaftlichen Positionen betreffend werden - unter Bezugnahme auf Heinzpeter Hempelmann - drei hermeneutische Methoden des 20. Jahrhunderts mit Hamanns Gedanken über den Rezeptionsprozess verglichen und diskutiert: a) das Programm der Entmythologisierung und die existentiale Interpretation von Rudolf Bultmann, b) der Neuprotestantismus und der kritische Historismus von Ernst Troeltsch, dem der Durchbruch zum Historismus gelang, und c) die philosophische Hermeneutik von Hans-Georg Gadamer. Allen drei Positionen ist gemein, dass die Hermeneutik auf die Historizität der Texte eingeht. Besondere Fokusse liegen bei diesen vergleichenden Untersuchungen daher einerseits auf der Bedeutung der Geschichte für die jeweilige Methode und andererseits sowohl auf der Bereitschaft, neue, unerwartete Erkenntnisse zu ermöglichen beziehungsweise zuzulassen, als auch auf der Bereitschaft, die hermeneutische Ohnmacht auszuhalten. Bei den Ausführungen zu konkreten A b läufen und Erfahrungen innerhalb des Rezeptionsprozesses - es lassen sich einzelne Parallelen zu Isers Lesemodell und zu seiner Wirkungs- und Rezeptionsästhetik herstellen - wird das Gewicht stärker auf die Beschreibung sichtbarer Tätigkeiten eines Rezipierenden gelegt. Es geht hier also im Unterschied zu den beiden vorherigen Unterkapiteln weniger um das Wie als vielmehr um das Was - obwohl ja auch dieses sehr stark vom Wie abhängig ist. Dabei wird sich das Lesen als stets konjekturales Lesen herausstellen, das den Text und den Lesenden gleichermassen bewegt. Sowohl die Aktivität und die Selbständigkeit des Lesenden, welcher den Text komplettiert und einen aktualisierten Textsinn konstituiert, als auch sein mutiger Einsatz der ganzen Person - der Sinne, des Verstandes, der Leidenschaften und Affekte - auf der Suche nach einer immer unplanbar und unbeweisbar bleibenden, polyvalenten Lesart werden aufgezeigt. Zuletzt wird dargestellt, dass die gemäss Hamann mit zum Leseakt gehörende zustimmende oder ablehnende Reaktion auf das im Lesevorgang Erfahrene den Rezipierenden selbst zum Autor werden lässt - womit er das Gespräch fortführt und damit den Aufbau oder die Weiterführung einer Beziehung ermöglicht so wie ja umgekehrt der Autor schon immer Rezipierender gewesen ist.

2.4.2 Rezipierende lassen sich in mutiger Demut vom Text beeinflussen Die Kondeszendenz des Rezipierenden berührt unter anderem die schwierige Thematik der christlichen Demut, geht ein Empfänger doch

84

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

ganz auf die Mitteilung eines Senders ein, neigt er sich ihm doch in Offenheit zu und lässt sich von dessen Botschaft ganz bestimmen. - Um ein weiteres Aufkommen unangenehmer Empfindungen bei den Rezipierenden dieser Arbeit zu vermeiden, sei schon im Voraus erwähnt: Es gibt noch andere Aspekte der kondeszendenten Rezeption, und diese werden in Kürze behandelt werden. Vorläufig aber soll eben diese - naive - Offenheit und Rezeptivität untersucht werden. Unter anderen setzten sich Heinzpeter Hempelmann und Thomas Nisslmüller mit dem Postulat der Offenheit im Rezeptions- und Erkenntnisakt auseinander.260 Dabei allerdings gingen ihre jeweiligen Gesamtprojekte stark auseinander, denn ersterer, ein Hamann-Forscher, welcher in diesem Unterkapitel ausführlich behandelt werden soll, wollte aus der theologischen Hermeneutik die Leitlinien für eine Erkenntnistheorie ableiten, wollte also, dass die »biblische Hermeneutik, die sich der Orientierung an der Kondeszendenz Gottes verdankt«26' »zum Wegweiser und zur Norm für eine allgemeine Hermeneutik«262 werde, zweiter jedoch, welcher in diesem Unterkapitel nur marginal, dafür aber im übernächsten Unterkapitel unter Punkt 2.4.4 behandelt wird, beabsichtigte, die Erkenntnisse der rezeptionsästhetischen Hermeneutik Wolfgang Isers (^1926) in die Theologie einfliessen zu lassen.263 Hempelmann stellt in seinem Buch Wie wir denken können zwei Erkenntnismodelle einander gegenüber, bei welchen je der Grad an Offenheit eine charakteristische Rolle spielt.264 Aus den jeweiligen Modellen resultieren die Erkenntnis aus Selbstliebe und die Erkenntnis aus Liebe. Gemäss Hempelmann entscheidet die anthropologische Verfasstheit des Menschen - und letztlich seine geistliche Haltung gegenüber Gott 26 ' - , 260 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000; Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. 261 Hempelmann, Heinzpeter. »Gott ein Schriftsteller!«. Wuppertal 1988. S. 63. 262 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 130. 263 Allgemein zur Hermeneutik bei Hamann: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. v. a. S. 90—150; Hempelmann, Heinzpeter. »Gott ein Schriftsteller!«. Wuppertal 1988. v. a. S. 18-55; Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. v. a. S. 143-156 u. 240-244; Hoffmann, Volker. Johann Georg Hamanns Philologie. Stuttgart 1972. S. 146-227; Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 140-141; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 88-100 u. 337-339 u. 410-412. 264 Der folgende Absatz basiert vor allem auf: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 45-48. 265 Vgl. dazu: Nadler III 190,16-18: Zweifel und Einfalle über eine vermischte Nachricht; Nadler III 312,4-17: Golgatha und. Scheblimini.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

85

welche Alternative zum Zug kommt: die ratio incurvata in se beziehungsweise Erkenntnis als Selbstbezug, bei welcher der Rezipierende auf den eigenen Propositionen beharrt und es daher bei einer intellektuellen Befriedigung des Selbst bleibt,266 oder die ratio relativa beziehungsweise Erkenntnis als Beziehung zu einem Anderen, bei welcher sich der Rezipierende von der Kondeszendenz geleitet neuen Sichtweisen öffnet. Analog die Positionen des Sprachproduzierenden und des Sprachrezipierenden vermischen sich hier - gestaltet sich, wie schon in Punkt 2.3.3 ausgeführt, der Sprachgebrauch des Kommunizierenden als buhlerisch oder als göttlich. Der Sprachteilnehmende göttlicher Diktion schreibt und liest die Welt, indem er die Welt kennen lernt und sich sogar - was mit Schmerzerfahrungen verbunden sein kann - von ihr beschreiben, beeindrucken, berühren lässt.267 »Intensiver kann man nicht erkennen als so, dass man sich bis zum Verlust der eigenen Existenz aussetzt.«268 In einem Brief an Kant thematisiert Hamann genau diese Notwendigkeit, sich dem Gegenüber und dessen Betrachtungsweisen, Ansichten und Gedanken auszusetzen: »Wenn Sie n u r m e i n e E i n f a l l e erklären k ö n n e n ; so a r g w o h n e n Sie nicht einmal, daß I h r e E r k l ä r u n g e n n ä r r i s c h e r u n d w u n d e r l i c h e r als m e i n e E i n f ä l l e sind. I c h w i l l gern G e d u l t mit I h n e n h a b e n , so lange ich H o f n u n g h a b e n k a n n Sie z u g e w i n n e n , u n d s c h w a c h s e y n , w e i l Sie s c h w a c h sind. Sie m ü ß e n m i c h f r a g e n u n d nicht Sich, w e n n Sie m i c h v e r s t e h e n w o l l e n « ( Z i e s e m e r - H e n k e l I 4 5 3 , 1 1 15: Brief

an Immanuel

Kant

vom

9).269

Dezember

Da gemäss Hempelmann allein die Liebe ermöglicht, dass der Rezipierende sich der Gefahr der offenen Rezeption preisgibt, und da allein die Liebe bereitmacht, die eigenen Begriffe in Frage zu stellen, obwohl dabei womöglich die eigene, ursprüngliche Orientierung verloren geht,270 ver266 Vgl. dazu: Nadler I 1 1 , 3 1 - 3 9 : Biblische

Betrachtungen.

267 Auch Bayer macht im Vorwort zu den Londoner

Schriften auf den Zusammenhang von

hamannscher Erkenntnis- und Existenzkritik beziehungsweise Texttheorie und Selbstbewusstsein aufmerksam. Eine hermeneutische Inversion vollziehend frage sich Hamann zuerst, wie er im Text stehe - er lässt sich also vom Text auslegen - , und erst dann, wie er ihn verstehen könne (Hamann, Johann Georg. Londoner Schriften. München 1993. S. 8-9; Fischer, Rainer. Von Gott reden im Zusammenhang von Glaube und Sprachdenken. Gütersloh 1994. S. 50-51). 268 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 46. Vgl. dazu beispielsweise: Joh 3,16 u. Joh 15,13. 269 Vgl. dazu: Nadler I 8,29-35: Biblische Betrachtungen-, Nadler II 203,18-204,1:

Aesthetica

in nuce. 270 Hempelmann bringt diese Erkenntnisart mit dem kritischen Rationalismus des Wissenschaftslogikers Karl Raimund Popper (1902-1994) in Verbindung, der eine Methodik der

86

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

tritt Hempelmann dezidiert die Meinung, dass Erkenntnis nur aus Liebe gelingen könne, nämlich aus dem Wunsch und der damit verbundenen Bewegungswilligkeit, durch das Andere - sei es nun ein Mensch oder eine Sache - ergänzt zu werden. 271 Durch die Liebe, diese innere Haltung des Zugewandtseins, verändert sich aber nicht nur der Sprachbenutzende; die Liebe verändert rezeptionsästhetisch gesehen auch die Wertschätzung des Rezipierten, denn der zu analysierende Erkenntnisgegenstand wird auf dem Grund der Liebe plötzlich zum Gegenüber. Im Zusammenhang mit diesen den Rezipierenden und das Rezipierte betreffenden Veränderungen berichtet Hempelmann vom französischen Philosophen Paul Ricoeur ( : : 'I9I3), welcher - allerdings ohne auf die Bedingung der Liebe hinzuweisen - ausdrücklich eine Umkehrung traditioneller, hermeneutischer Rezeptionsweisen postuliert und für welchen das Verstehen eines Textes erfüllt wird, indem der Rezipierende sich vor dem Text verstehen lernt, sich dem Text aussetzt und durch den Text ein erweitertes Selbst erlangt. 272 Gemäss Ricoeur kann durch eine solche die übliche Subjekt-ObjektPosition auf den Kopf stellende Lektüre ein neuer Existenzentwurf als wirklich angeeignete Entsprechung des Weltentwurfs gewonnen werden, so dass das Selbst durch die Sache des Textes konstituiert wird. 275 Dahingegen spricht die Bibel ausdrücklich von der Liebe als Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis. Das Erkenntnis-Haben verwandelt sich hier - ähnlich wie bei Ricoeur - in dieses merkwürdige, befremdliche, tröstende, verbindliche, Leben verheissende Erkannt-Worden-Sein, denn die »Erkenntnis bläht auf; aber die Liebe baut auf. Wenn jemand meint, er habe etwas erkannt, der hat noch nicht erkannt, wie man erkennen soll.

Nachprüfung gesetzesförmiger Aussagen durch Falsifizieren der eigenen Thesen postulierte (Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 38-39, 44> 4·8_49 u - 86. Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Londoner Schriften. München 1993. S. 8). 271 An dieser Stelle - bei der Bedeutung der Liebe - treffen sich die ansonsten weit auseinander gehenden Verläufe der Arbeitsprojekte von Hempelmann und Metzke: Während Hempelmann, der die Beschreibung einer Noetik auf der Basis von Hamanns Aussagen vor Augen hat, sich diesem Ziel nähert, indem er die Liebe als Bedingung der Offenheit und damit als Bedingung der Erkenntnis entdeckt, wird die Liebe für Metzke und dessen Eruierung der Bedeutsamkeit der coincidentia

oppositorum

in Hamanns Gedanken si-

gnifikant, weil sie die Motivation zur Kondeszendenz und damit zur Konvergenz von Dienst und Herrschaft erklärt. 272 Vgl. dazu: Ringleben, Joachim. »Rede, daß ich dich sehe.«. Berlin 1988. S. 2 1 3 - 2 1 4 . 273 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 107. Hempelmann referiert dabei: Ricoeur, Paul. Philosophische und theologische Hermeneutik. München 1974. S. 33. Vgl. dazu auch: Mk 8,35.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

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Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von ihm erkannt«.274 Damit klingt auch wieder die Thematik von Selbstverlust und Selbstfindung in Gott an, welche bereits unter Punkt 2.3.3 im Zusammenhang mit der Nachfolge Jesu Christi ausgeführt wurde. Diese Umwandlung der Subjekt-Objekt-Position ist nun charakteristisch für die gemäss Hempelmann anzustrebende Erkenntnis art, welche dieser in Hamann vertreten sieht.275 Hempelmann setzt nämlich dem cartesianischen Umsetzungsmodell, welches durch die von einem Ausleger durchlaufenen Prozessstufen a) Wahrnehmung, b) Abstraktion und c) Applikation bestimmt ist und rationalistisch, begriffs- und theorienverhaftet Form und Inhalt, zeitbedingte Schale und überzeitliche Kernaussage, trennt, die so genannt historische Arbeit entgegen, welche auf einem von Ehrfurcht vor den Texten geprägten, hermeneutischen Axiom basiert.276 Beim ersten Modell, dem cartesianischen Umsetzungsmodell, versetzt der Rezipierende, metaphorisch gesprochen einem Kran vergleichbar, die Inhalte eines Werkes in sein gegenwärtiges Leben, beim zweiten Modell, demjenigen von Hempelmann, lässt sich der Rezipierende von einem Kran - die Beziehung des Rezipierenden zum Autor, zur Autorin beziehungsweise zum Text spielt hier eine grosse Rolle - in die Zeit des Werkes versetzen und kann auf diese Weise mittels typologischem Verfahren, mittels Auffinden von Parallelen und Analogien, die Bedeutung der Textwirklichkeit erfahren.277 Die beiden Kranmodelle unterscheiden sich also unter anderem einerseits durch ihre jeweilige Bewegung in der Zeit, denn beim einen wird Vergangenes - selektiv - in die Gegenwart übernommen, während sich beim anderen ein gegenwärtiger Ausleger in die historische Zeit versetzen lässt, um die damaligen geschichtlichen Rahmenbedingun-

274 ι Kor 8,1b—3. Dazu auch: Joh 14,21-23 (Jesus offenbart sich beziehungsweise nimmt Wohnung bei denjenigen, die ihn lieben). Vgl. dazu: Nadler II 74,25-27: Sokratische Denkwürdigkeiten. 275 Dieser Abschnitt basiert vor allem auf: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 43, 55-67, 141-150; Hempelmann, Heinzpeter. »Gott ein Schriftsteller!«. Wuppertal 1988; Fischer, Rainer. Von Gott reden im Zusammenhang von Glaube und Sprachdenken. Gütersloh 1994. S. 50-53. 276 Vgl. dazu: »Da er [der verworfene Eckstein] den Ursprung aller Dinge in sich hält; so ist ein historischer Plan einer Wissenschaft immer besser als ein logischer, er mag so künstlich seyn als er wolle« (Ziesemer-Henkel I 446,32-34: Brief an Immanuel Kant, 1759)· 277 Vergleiche dazu die Stelle, bei welcher sich Hamann in der Geschichte des jüdischen Volkes wiedererkennt: Nadler II 40,25-41,22: Gedanken über meinen Lebenslauf. Siehe auch: Nadler I 303,13-18: Brocken-, Nadler II 175,3-40: Kleeblatt Hellenistischer Briefe. Zudem: Jorgensen, Sven-Aage. Zu Hamanns Stil. Heidelberg 1966. S. 384.

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

gen zu eruieren,278 und andererseits durch die Verteilung der jeweiligen Subjekt-Objekt-Position, denn beim einen wird das Vergangene durch den Rezipierenden, welcher an einem archimedischen Punkt steht, in die Gegenwart versetzt, während sich beim anderen der Rezipierende durch eine weitere Instanz - eine Art von Beziehungsinstanz - in das historische Umfeld versetzen lässt, wodurch eine echte Horizontüberschreitung gelingen kann. Konkret ausgedrückt: Beim ersten Modell ist der Rezipierende der fest verankerte Kran, beim zweiten ist er die Fracht, welche durch die Luft gehievt wird - man beachte die Verteilung der Wehrlosigkeit beziehungsweise Verletzlichkeit auf den Rezipierenden und den Text und den damit verbundenen Einfluss auf die Bereitschaft zu einer offenen Wahrnehmung von Texten.279 Das Modell des agierenden Krans als Sinnbild des Rezeptionsprozesses Hesse sich noch weiter ausdeuten, aber dies soll wegen der hohen Gebundenheit an die Mechanik, welche ihrerseits Kohärenz und Regularität voraussetzt, unterbleiben. Beim hamannschen Modell der ratio relativa, bei welchem sich der Rezipierende - demütig und waghalsig - einem Ortswechsel aussetzt, treffen historische Arbeit und Inspiration nicht als Gegensätze aufeinander, vielmehr sind sie einander bedingende Konsequenzen der Wahrnehmung des historisch entstandenen Textes,280 was auch schon unter Punkt 2.2.4 ausgeführt worden ist. Dieses Modell der gleichzeitigen Inspiration und historischen Arbeit steht gemäss Hempelmann unter der Verheissung noetischer Fruchtbarkeit.28'

278 In diesem Zusammenhang kann auch Hamanns Interesse an alten Sprachen gesehen werden. 279 Vgl. dazu: Nadler I 5,1-10: Über die Auslegung der Heiligen Schrift; Nadler I 9,22-28: Biblische Betrachtungen. 280 Vgl. dazu: Nadler III 303,36-37: Golgatha und Scheblimini. Vergleiche dazu auch Actons Ausführungen über fünf Arten von Trugschlüssen: Acton betont, dass die historischen, konkreten Spuren der Überlieferungssituation der Offenbarung zu Trugschlüssen führen können, sofern diese als genuine Wahrheit interpretiert werden. Anders gesagt: Die genuine Wahrheit liegt jenseits der historischen Ubermittlungsspuren. Solche historischen Spuren sind: a) Im Verlauf der Geschichte der Offenbarung zeigt sich Gott mit unterschiedlichen Charakteren, b) Die Kultur der Primärrezipienten beziehungsweise deren wissenschaftliche, philosophische und historische Paradigmen bestimmen die Art der Offenbarung, c) Das Wesen dessen, durch den die Offenbarung offenbar wird, bestimmt die Offenbarung, d) Die Sprache, in welcher offenbart wird, wirkt bestimmend auf die Offenbarung, e) Die Mechanismen, mittels welcher die Offenbarung aufgezeichnet und übermittelt wird, bestimmen die Offenbarung (Acton, Alfred. Paradigms of revelation. Bryn Athyn 1991. S. 500-503). 281 Vgl. auch: Nadler I 8,27-35: Biblische Betrachtungen-, Nadler II 203,18-204,1: Aestbetica in nuce. Siehe auch: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 225.

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2.4.3 Rezipierende im Blick dreier wissenschaftlicher Positionen Da die Art der Erkenntnisgewinnung beziehungsweise -bildung sehr wichtig für die Qualität und Gültigkeit der erzielten Resultate ist, seien hier die kritischen Gedanken des Hamann-Forschers Hempelmann bezüglich dreier konkreter hermeneutischer Theorien nachvollzogen:282 Hempelmann, der die von ihm vertretene kondeszendente ratio relativa in Hamanns Denken vertreten sieht, verglich diese anzustrebende Rezeptionshaltung mit wissenschaftlichen, hermeneutischen Methoden des 20. Jahrhunderts, welche auf den ersten Blick eine grosse Ähnlichkeit mit Hamanns Art der Erkenntnisbildung aufweisen. Die ersten beiden Positionen betreffen die Theologie, konkreter die Exegese der Offenbarung Gottes: Einerseits den Ansatz des vom frühen Martin Heidegger (18891976) beeinflussten, durch den viel diskutierten Aufsatz Neues Testament und. Mythologie283 berühmt gewordenen evangelischen Theologen Rudolf Bultmann (1884-1976) und dessen dialektische Theologie beziehungsweise dessen Programm der Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung, welches nicht die Eliminierung des mythischen Erzählstoffs, sondern eine Destruktion der neutestamentlichen Mythologie zum Ziel hat.284 Andererseits die Position des liberalen Theologen, Philosophen, Kulturpolitikers und Publizisten Ernst Troeltsch (1865-1923), welcher dem Max-Weber-Kreis angehörte und wegen seiner analytischen Prägnanz einer der wirkungsmächtigen Interpreten der kulturellen Lage Deutschlands zur Zeit der frühen Weimarer Republik wurde. Hempelmann, der bezüglich seiner Einschätzung von Bultmann nicht unumstritten ist, kritisiert Bultmann, weil dieser, obwohl er extensive historische und philosophische Detailforschung betreibt - und somit die Bedeutung 282 Dieser Absatz, das eingerückte Zitat und der darauf folgende Absatz basieren vor allem auf: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 1 0 4 - 1 0 5 , 1 1 7 - 1 2 2 , 1 3 1 - 1 3 4 u. 147-148; Literatur Lexikon. Bd. 2. Gütersloh u. München 1989. S. 3 1 6 - 3 1 7 ; Literatur Lexikon. Bd. 1 1 . Gütersloh u. München 1991. S. 4 2 2 423; Literatur Lexikon. Bd. 10. Gütersloh u. München 1991. S. 270-272; Philosophisches Wörterbuch. Stuttgart 1991. S. 98, 642-643 u. 735; Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Bd. 1. Tübingen 1957. S. 1 5 1 1 - 1 5 1 2 ; Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Bd. 6. Tübingen 1962. S. 1044-1047. 283 Bultmann, Rudolf. Offenbarung und Heilsgeschehen: Neues Testament und Mythologie. München 1941. S. 27-69. 284 Bultmann intendierte, der in der Tradition in mythologischen Erzählungen zum Ausdruck gebrachten Lehre mittels eines entmythologisierten Zuganges bei den - in Bultmanns Blick - eher wissenschaftlich denkenden Menschen seiner Zeit neues Gehör und Verständnis zu verschaffen.

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

der Geschichte für die Theologie ein bisher unbekanntes Reflexionsniveau erreicht kategorisch jede Bedeutung historischen Wissens für den Glauben verneint und die Verabschiedung der Theologie von der Universalgeschichte fordert. Zudem steht - so Hempelmann - Bultmanns Einsicht, dass die Interpretation der Rede Gottes, das Kerygma, unverfügbar ist, und seine Postulierung eines Verzichts auf objektivierende Rede über Gott in einem seltsamen Kontrast zu seinem gleichzeitigen Angebot eines hermeneutischen Verfahrens, welches scheinbar einen sicheren Schlüssel zur Interpretation und zur Erschliessung des theologischen Sinns der uneigentlichen Rede liefert, nämlich die Entmythologisierung und die existentielle Interpretation.2S* Die Unverfügbarkeit Gottes286 führt, so findet Hempelmann, bei Bultmann zur Ungegenständlichkeit Gottes. Für die Kerygmatheologie Bultmanns werde die Hermeneutik eine Schlüsseldisziplin, wobei nicht die Hermeneutik der Theologie diene, sondern die Theologie zur Hermeneutik werde. Die hermeneutischen Verfahren der Entmythologisierung und der existentialen Interpretation, bei welchen die als mythologisch erachteten Rede- und Denkweisen der Bibel in moderne Rede- und Denkweisen übersetzt werden - man denke hier an die beiden Kranmodelle - , Hessen dabei das Wirken des Heiligen Geistes bei der Interpretation überflüssig scheinen. So werde beispielsweise selbst das Auferstehungsgeschehen bei Bultmann in erster Linie rationalistisch bewältigt. Gemäss Hempelmann bildet ein cartesianisches Sicherungsbedürfnis den Hintergrund zur existentialen Hermeneutik Bultmanns: Auf der Suche nach sicheren Erkenntnissen werde die Methode der historischen Arbeit und Inspiration, welche lediglich zu Wahrscheinlichkeitsurteilen führen könne, ausgeschlossen. Auf diese Weise verkenne Bultmann die kontingent gegebene, konkrete Gestalt der in der Herunterlassung Gottes entstandenen biblischen Schriften und damit auch die Historizität der - inspirierten - Autorschaft Gottes. Im Rahmen seiner Reflexionen über die Methoden der Hermeneutik im 20. Jahrhundert nennt Hempelmann als weiteren Problempunkt die metabasis eis alio genos,28/ also die Transzendierung und Überhöhung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Beschreibungsstatus zu weltanschaulichen Aussagen über die Wirklichkeit: 285 Vgl. dazu: Nadler II 183,5-14: Kleeblatt Hellenistischer Briefe. 286 Die Unverfügbarkeit Gottes äussert sich gemäss Hempelmann darin, dass sich Gott durch seine kondeszendente Autorschaft - durch seine den Erkenntnismöglichkeiten des Menschen angepasste Entäusserung in konkrete Situationen und an konkrete historische Rezipierende - einem rationalistischen Erkenntniszugriff und den Allgemeinbegriffen, welche ein Wissen über Gott jenseits geschichtlicher Begegnung suggerieren, entzieht. 287 Vgl. dazu jedoch: Nadler III 289,25-29: Metakritik.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

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» D i e u m den Preis des Verzichts auf die Frage nach der Wahrheit des G a n z e n gewonnene, präzise, aber eingeengte Ausgangsfragestellung wird dann vergessen und das sich aus dieser Fragestellung ergebende M o d e l l z u m A b b i l d der W i r k l i c h k e i t überhaupt. Eine unerlaubte Verwechslung der A r g u m e n t a t i o n s ebenen geschieht auch schon dort, w o aus wissenschaftlichen Kategorien unter der H a n d eine O n t o l o g i e wird, w o M e t h o d e n nicht m e h r b l o ß Mittel zur Darstellung von Wirklichkeit bedeuten, sondern selbst zur inhaltlichen N o r m dessen werden, was W i r k l i c h k e i t ist (sein kann) und was nicht.« 2 8 8

Gemäss Hempelmann liegt genau solch eine metabasis eis alio genos bei Troeltsch vor, einem der führenden Repräsentanten des Kulturprotestantismus, der die kulturelle Mitteilbarkeit religiöser und theologischer Gehalte in der Situation des Fin de Siecle zu sichern versuchte.289 Zwar ist Troeltschs historische Methode - Hamanns Ansichten nicht unfern »gekennzeichnet durch eine nur Wahrscheinlichkeitsurteile zulassende Kritik und [durch] die Anwendung der Prinzipien von Analogie und Korrelation auf alle geschichtlichen Erscheinungen«.290 Doch die Resultate der heuristisch fruchtbaren Methode der historischen Kritik beziehungsweise des Historismus werden gemäss Hempelmann bei Troeltsch ontologisiert zu Strukturen der Wirklichkeit an sich. Aus der religionssoziologischen Einsicht, dass es zwischen Religion und Kultur wichtige Zusammenhänge gibt, entsteht eine vernünftige, aber auch reduzierende Einschätzung des christlichen Glaubens als Bestandteil der allgemeinen Kultur. Die Religion ist damit ein objektiv betrachtetes, geschichtliches Wertgebiet geworden, denn das Christentum bildet gemäss Troeltsch zusammen mit dem Individualismus, dem Liberalismus und dem Rationalismus eine Kultursynthese. Troeltsch verlässt damit den als supranaturalistisch verfemten Altprotestantismus und begründet den Neuprotestantismus, welcher die protestantische Theologie, die nun mit den Geistes- und Sozialwissenschaften eng zusammenarbeitet, als Kulturwissenschaft des Christentums 288 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 1 3 1 - 1 3 2 . Vgl. dazu: Nadler II 183,20-184,1: Kleeblatt Hellenistischer Briefe. 289 Eine parallele metabasis eis alio genos sieht Hempelmann beim Theologen, Philosophen und Pädagogen Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768-1834). Dieser bestimmte in seiner Schrift Uber die Religion (1799) die Religion unter anderem als »Sinn und Geschmack fürs Unendliche« und als »Anschauung des Universums« (Schleiermacher, Friedrich. Über die Religion. Stuttgart 1977. Das erste Zitat befindet sich auf Seite 36. Die Erstnennung des zweiten Zitats befindet sich auf Seite 56). Zudem trat er für eine Ethik der individuellen Selbstverwirklichung ein und initiierte durch die Entwicklung eines methodischen Kunstverfahrens zur Konstruktion von gesichertem Wissen die Wende zu einer universalen Hermeneutik. 290 Die Religion in Geschichte und Gegenwart. Bd. 6. Tübingen 1962. S. 1044.

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

versteht. Im Unterschied zu diesem doch eher rationalistischen, kontrollierenden Umgang Bultmanns und Troeltschs mit Gott, dem Glauben und der Religion macht sich Hempelmann unter Berufung auf Hamann für eine demütige, kondeszendente Haltung »größtmögliche[r] Offenheit« 2 ' 1 gegenüber Gottes Offenbarung stark.292 Eine solche Offenheit ist gemäss Hempelmann notwendig, denn so »sinnvoll und unumgänglich es ist, vergangene Wirklichkeit in Analogie zu gegenwärtiger Erfahrung zu erschließen, so wenig darf jedoch der gegenwärtige Erfahrungshorizont zum normativen Maßstab dessen werden, was überhaupt in der Vergangenheit geschehen sein kann«.293 Da zudem im Offenbarungsgeschehen nicht von einem immanenten, determinierten, kontinuierlichen UrsacheWirkungszusammenhang ausgegangen werden könne, sei, meint Hempelmann Hamann zitierend, »ein historischer Plan einer Wissenschaft immer besser als ein logischer, er [letzterer] mag so künstlich seyn als er wolle« (Ziesemer-Henkel I 446,33-34: Brief an Immanuel Kant, 17s 9)·194 Eine konkrete Offenbarungssituation in historischer Arbeit - wie sie im letzten Unterkapitel unter Punkt 2.4.2 im Zusammenhang mit dem Wirken des Heiligen Geistes vorgestellt wurde - zu untersuchen, nachzuzeichnen und nachzuvollziehen, führt also gemäss Hempelmann zu den qualitativ besseren, wenn auch erkenntnisanthropologisch unbefriedigenderen Resultaten der Exegese als dies bei einer Wissenschaft der Fall ist, welche die Wirklichkeit nach einem vor der Wahrnehmung gegebenen Modell und System und unter der Prämisse einer - menschlich erfassbaren - Kohärenz mehr konstruiert als rekonstruiert.295 Dem an der Wahrheit interessierten Rezipierenden bleibt daher nichts anderes übrig, als auf die Gewinnung einer sicheren, weltanschaulichen Orientierung zu verzichten, auch wenn die damit verbundene Ungewissheit provoziert und das Aushalten der hermeneutischen Ohnmacht zuweilen einer Zumutung gleichkommt.296 Ein weiterer Gedanke bezüglich der erzielbaren Resultate 291 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 122. 292 Vgl. dazu: Nadler I 5,1-10: Uber die Auslegung der Heiligen Schrift; Nadler I 12,37-40: Biblische Betrachtungen. 293 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 132. Siehe auch: Nadler I 1 2 , 1 0 - 1 1 : Biblische Betrachtungen. 294 Vgl. auch: Nadler III 303,36-37: Golgatha und Scheblimini. Siehe auch: Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 187— 189. 295 Dazu auch: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 85. 296 Vgl. dazu auch: Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 190.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

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sei hier angefügt: Gemäss Hempelmann legen die Offenbarungen Gottes lediglich Zeugnisse ab, welche - analog der gewählten Wehrlosigkeit und kondeszendenten Konkretheit der Rede Gottes - mehrdeutig und angreifbar sind. Entgegen der Erkenntnis gewinnung, die auf ein sicheres, umfassendes Wissen abzielt, ist bei der Zeugenschaft - welche ja in der Bibel eine sehr zentrale Stellung einnimmt297 - immer klar, dass das Zeugnis beziehungsweise der Zeuge auf etwas Weiteres verweist. ErkenntnisHaben versus Zeuge-Sein 2 ' 8 beziehungsweise Erkenntnisse gewinnen aufgrund logischer Stringenz versus Zeugnissen vertrauen aufgrund glaubwürdiger Zeugen stehen sich so als unterschiedliche Ausrichtungsmöglichkeiten gegenüber: Es wird deutlich, dass der Rezeptionsprozess je nach Vision von Tätigkeit und eigenem Selbstverständnis komplett verschiedenen Systemen unterliegt. 2 " 297 Die Konstellation der Zeugenschaft findet sich übrigens ausgesprochen häufig im Zusammenhang mit den Rezeptionsumständen von Hamanns Schriften, richtet er seine Schriften doch meist - wie schon unter Punkt 2.3.4 ausgeführt - an eine konkrete Person und wird als Folge davon das breite, anonyme Publikum, welches das publizierte Schriftstück als Zeitungs- oder Buchleserschaft mitrezipiert, eher Zeuge eines Gesprächsbeitrages als direkt angesprochener Adressat. Aus der Zeugenschaft eines Gesprächs zwischen Zeitgenossen, aus dem bezeugbaren Tatbestand einer Kommunikation, kann sich für den Zeugen eine Mitbeteiligung am Gespräch entwickeln, indem er vom Vernommenen zeugt und seine eigenen Ansichten zu der Thematik des begonnenen Gesprächs einbringt. 298 Wer das Zeugnis ganz in sich aufgenommen hat beziehungsweise im Zeugnis aufgenommen worden ist, wird selbst zum Zeugen, wird selbst des göttlichen Geschehens teilhaftig, wird selbst Teil des Göttlichen. 299 In Bezug auf den Zusammenhang von sicherem Wissen - Erkenntnis-Haben - und der Bildung von esoterischen Gruppen sei kurz der Aufsatz Redt et revelation von Werner Kelber referiert: Es geht dabei um die Interpretation der folgenden, komplexen Bibelstelle: »Und er [Jesus] sprach zu ihnen [zu den Jüngern]: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen widerfährt es alles in Gleichnissen, damit sie es mit sehenden Augen sehen und doch nicht erkennen, und mit hörenden Ohren hören und doch nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde« (Mk 4,11-12). Kelber, der sich insbesondere für die Textdynamik des Evangelisten Markus interessiert, führt dazu aus, dass die Rede Jesu, welche scheinbar die Bildung einer esoterischen, das Geheimnis der Gottessohnschaft verhüllenden Jüngerschaftsgruppe unterstützt, sogleich dekonstruiert wird, weil auch die vermeintlich eingeweihten Jünger das erwähnte Gleichnis vom Sämann nicht verstehen. Durch diese Dekonstruktion entstehe jedoch eine neue, enthüllende Sicht der Zugehörigkeit zu Christus, bei welcher die Nachfolge Jesu Christi - die Zeugenschaft - zum neuen Kriterium werde. Dieses zweite Drinnen-Sein über die in die Tat umgesetzte Nachfolge ist demütiger, unsicherer, dynamischer und lebendiger als das erste Drinnen-Sein aufgrund eines sicheren, exklusiven Wissens (Kelber, Werner H. Recit et revelation. Strassburg 1989. S. 389-410). Siehe auch: 2 Kön 6,17; Mt 1 3 , 1 3 - 1 7 ; Lk 8,10; Lk 10,23; J ° h 9,39; Joh 12,40; Apg 28,27; Röm 15,21;

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2 Beteiligte am Sprachgeschehen

Die dritte in diesem Unterkapitel zu diskutierende hermeneutische Wissenschaftsposition betrifft den aussertheologischen Bereich,300 nämlich die in der Tradition von Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (17681834), Wilhelm Dilthey ( 1 8 3 3 - 1 9 1 1 ) und Martin Heidegger (1889-1976) stehende philosophische Hermeneutik von Hans-Georg Gadamer (19002002), welcher mit seinem i960 erschienenen Hauptwerk Wahrheit und Methode: Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik grossen Einfluss auf die theoretische Selbstbesinnung der Geisteswissenschaften, insbesondere auf die Literaturwissenschaft, ausübte. Gadamer stellte die These auf, dass alles Verstehen eine - als automatische Folge unserer geschichtlich bedingten Vorurteile konstituierte - Anwendung beziehungsweise Applikation des Verstandenen auf uns selbst sei. Mit dieser an sich relationalen Qualität von Verstehen und Erkennen überholte er die cartesianische, den Forschenden als blossen Beobachter behauptende Subjekt-Objekt-Spaltung. Mit Hamann verbindet ihn unter anderem das Bewusstsein der Sprache als Medium der hermeneutischen Erfahrung. Hempelmann schliesst sich mit seinen Erörterungen teilweise Jacques Derridas (19302004) Dekonstruktion von Gadamers hermeneutischer Horizontverschmelzung an.301 Derrida vertritt dabei, ohne allerdings eine Alternative vorzuschlagen, die Meinung, dass Gadamers Proklamation des guten Willens zum Verstehen - als Voraussetzung von Verständigung - letztlich auf den Willen zur Macht hinauslaufe.302 Gemäss Derrida ist eine hybride Verkrümmung, bei welcher der Mensch sich selbst und seine Begriffe, Vorstellungen und Einteilungen von Wirklichkeit verabsolutiert - man denke hier an die beiden Kranmodelle - , die Konsequenz der gadamerschen Hermeneutik. Die Verschmelzung des eigenen historischen Bedeutungshorizontes mit dem Horizont des zu rezipierenden Werkes, bei welcher das Fremde zum Vertrauten wird, führt also gemäss Derrida letztlich doch nur zur Stärkung der eigenen Position. Hempelmann stellt nun diei Kor 13,12; 2 Kor 4,18; 1 Tim 6,16. Vgl. auch: Nadler I 19,15-24: Biblische Betrachtungen; Nadler II 59,11-16: Sokratische Denkwürdigkeiten. 300 Der folgende Absatz basiert vor allem auf: Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. 33-34, 43, 49-50, 107, 109-112, 123 u. 147; Literatur Lexikon. Bd. 4. Gütersloh u. München 1989. S. 70-71; Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 31, 36-40. Siehe auch: Bleich, Susanne. Der hermeneutische Prozess. Bonn 1992. S. 4-41. 301 Dazu: Derrida, Jacques. Guter Wille zur Macht (I). München 1984. S. 56-58; Derrida, Jacques. Guter Wille zur Macht (II). München 1984. S. 62-77. Siehe auch: Forget, Philippe. Leitfäden einer unwahrscheinlichen Debatte. München 1984. S. 7-23 v. a. 8-10. 302 Dazu auch: Schumacher, Eckhard. Die Ironie der Unverständlichkeit. Frankfurt a. M. 2000. S. 43-57 v. a. 53-56.

2·4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

ser sich selbst und die Tradition bestätigenden philosophischen Hermeneutik wiederum eine Hermeneutik der Kondeszendenz entgegen, welche von einer demütigen Grundhaltung und von tiefer Ehrfurcht geprägt ist. Anders gesagt: Das Vorhaben, ein Werk in Offenheit zu rezipieren, muss nicht nur mit der Bereitschaft, sich selbst in Frage zu stellen, sondern auch mit der Bereitschaft, sich selbst durch den Text in Frage stellen zu lassen, verbunden sein.303 Es geht nicht nur darum, die auf Vorurteilen basierenden, selbstverständlich scheinenden eigenen Meinungen aufs Spiel zu setzen, sondern auch darum, sich selbst aufs Spiel zu setzen. Dies erfordert sowohl ein »Vermögen, sich im Prozess des Verstehens >enteignen< zu lassen«,304 als auch die Willigkeit, sich mit dem zu Rezipierenden, dem Text beziehungsweise dem Autor oder der Autorin, zu verbinden - womit wiederum die Parallele des Rezeptionsvorgangs zur Geschlechtlichkeit und Fruchtbarkeit beziehungsweise zur Schwangerschaft deutlich wird.305

303 Die Vorstellung einer lesenden Person, welche ihre eigene Weltsicht im Prozess des Lesens in Frage stellen lässt, findet sich auch bei Nisslmüller beziehungsweise bei dessen Referat der von der Hermeneutik beeinflussten Rezeptionsästhetik Isers: »[Er, der Leser,] ist jemand, der sich der andauernden Interaktion, d. h. dem steten Wechsel von Perspektiven, ausgeliefert sieht - oder besser: bewußt anheim gibt. Durch diesen Wechsel konstituiert sich die Welt des Lesers, indem er sie (d. h.: seine Welt) verändert - durch Transformation [von Lebensperspektiven sowie Denk- und Handlungsstrategien] oder Konkretion von Positionen« (Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 243). 304 Hempelmann, Heinzpeter. Wie wir denken können. Wuppertal u. Darmstadt 2000. S. i n . Vergleiche dazu auch die Ausführungen im letzten Unterkapitel unter Punkt 2.4.2 zu Paul Ricoeur und 1 K o r 8,ib-3 und M k 8,35. 305 Vgl. dazu: Ziesemer-Henkel I 444,17-18: Brief an Immanuel

Kant, 1759. Nebenbei be-

merkt: Es ist erstaunlich, dass Hamann nicht ausführlicher auf die Empfängnis Marias einging und lediglich vermerkte, dass die Verehrung ihrer Person auf einem Aberglauben und einem Missverständnis basiere (Nadler III 148,1-8: Hierophantische

Briefe).

Ihre

Bereitschaft, sich auf einen bisher unbegangenen Weg - den Weg der Unsicherheit

- zu

begeben, ihre Bereitschaft, sich dem Heiligen Geist hinzugeben, Gottes Sohn als Leibesfrucht zu empfangen und unter dem Herzen zu tragen und in sich als noch nie Dagewesenes wachsen zu spüren, weist auf eine Haltung hin, welche sehr stark mit der hamannschen Haltung kondeszendenter Rezeption korrespondiert. Im Blick auf die Schwangerschaft von Maria Hesse sich auch die von Hempelmann postulierte Kombination von Inspiration und historischer Arbeit nachvollziehen, denn Maria empfängt durch den Heiligen Geist, aber in ihrem Leib entsteht der konkrete Körper von Jesus Christus. Bei Maria werden ausserdem sowohl der Gestaltzusammenhang, in dem Dienst und Herrschaft konvergieren, als auch die Wertung desselben durch die Umwelt - Ä r gernis und Torheit - deutlich erkennbar, was wiederum an Metzkes Ausführungen zur coincidentia oppositorum

erinnert.

96

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

2.4.4 Rezipierende lassen sich existentiell herausfordern Werden die praktischen Prozesse der Lesehandlungen und die konkret zu durchlaufenden Erfahrungen der Lesenden betrachtet, wird deutlich, dass der kondeszendente Rezeptionsvorgang im Sinne Hamanns den Rezipierenden einiges an gedanklicher Flexibilität und innerer Beweglichkeit abfordert. Schmitz-Emans beschreibt Hamanns Konzept von Rezeption folgendermassen:' 06 »Zur besonderen Akzentuierung des produktiv-synthetisierenden

Moments

von Erfahrung wählt Hamann eine bedeutsame Variante der Lektüremetapher, nämlich das zwangsläufig konjekturale Lesen hebräischer Schrift. Deren Lektüre demonstriert ja besonders anschaulich, daß ein Leser stets ZusammenLeser ist; sind diese Texte, in deren Schriftbild die zur Artikulation notwendigen Vokale fehlen, doch von Leerstellen durchzogen, die überbrückt und ausgefüllt werden müssen.« 307 »Denn f ü r Hamann ist ja Lektüre grundsätzlich ein aktives Hinübersetzen über Abgründe des Unverständlichen, eine Herstellung von Verbindung zwischen Partikulärem, bei dem den Leerstellen im Gelesenen (den Unlesbarkeitsintervallen) Eigenes substituiert wird. E r beschreibt das Lesen unter Berufung auf Sokrates als ein Schwimmen zwischen Inseln des Verständlichen, als eine produktive und synthetisierende Arbeit über freie Räume hinweg.« 308

Die beiden Zitate mit ihrer körperbetonten Metaphorik - die Rezipierenden lesen zusammen, überbrücken, füllen aus, setzen hinüber, stellen her, schwimmen - verdeutlichen, dass Lesende mit ihrer ganzen Person gefordert sind. Da der Autor oder die Autorin eines Textes im Gesagten das Gemeinte nicht unmittelbar ausdrücken kann und deswegen auf Gleichnisse und Parabeln zurückgreifen muss,309 nimmt der Gebrauch der Sinne - und damit der Einsatz des Körpers - im Rezeptionsvorgang eine bedeutende Position neben der Verstandesarbeit ein. 310 Die Metaphorik der beiden Zitate veranschaulicht ausserdem, dass im Akt der Rezeption sowohl Wagemut als auch die Bereitschaft, einen unsicheren, unbekannten 306 Die Ausführungen zu Schmitz-Emans betreffs des Lesevorgangs basieren vor allem auf: Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 75-108 v. a. 75-85. 307 Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 78. 308 Ebd. S. 103. Vgl. dazu auch: Nadler II 61,27-31: Sokratische Denkwürdigkeiten. Ausserdem: Schumacher, Eckhard. Die Ironie der Unverständlichkeit. Frankfurt a. M. 2000. S. 102-108. 309 Vgl. dazu auch: Gasser, Johannes. The Mask as the Throughway to the Beyond. Downsview, Ontario 1985. S. 24-39; Nadler I 157,39-158,3: Biblische Betrachtungen. 310 Vgl. dazu beispielsweise: Nadler III 191,27-30: Zweifel und Einfalle über eine vermischte Nachricht.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

97

Weg zu gehen, gefragt sind. 3 " Indem eine weit gehend systemfreie Vernunft zusammen mit den Sinnen agiert, werden Verstehenssprünge möglich - man denke hier beispielsweise an Vexierbilder. Text und lesende Person werden dadurch gleichermassen bewegt. Wegen dieser individuellen Aneignung des Textes durch den Rezipierenden - beziehungsweise des Rezipierenden durch den Text - wird eine einheitliche Auslegung eines Werkes weder planbar noch je beweisbar, denn jeder Lesende greift im Prozess der Rezeption unweigerlich auf sein je spezifisches Vermögen - unter anderem seine Lese- und Sprachkompetenz, sein intellektuelles Wissen, seine Weltsichten und Lebenseinstellungen wie auch seine prägenden Erfahrungen - zurück. Ob eine rezipierende Person, beispielsweise über typologische Verfahren der Analogiebildung, neue Sehweisen entwickeln und im Text Neues entdecken kann, ob also eine rezipierende Person sich vom Text anrühren lässt, so wie sie selbst den Text beim Rezipieren anrührt, hängt, wie schon an anderer Stelle ausgeführt, von ihrer Offenheit gegenüber dem zu Rezipierenden und vor allem von ihrer inneren Haltung ab. In jedem Fall aber komplettiert der individuelle Leser im Leseakt den Text und konstituiert einen aktualisierten Textsinn.312 Ebenso wenig wie ein Erkenntnisprozess je auf eine definitive Struktur der Welt führt, kann auch der Leser je mit seinem Text fertig werden, denn ein »Erkenntnisgegenstand, der durch Konjektur und Interpretation erst konstituiert wird, ist kein Relat in einer endgültigen Ordnung der Dinge«. 3 ' 3 In diesem Zusammenhang machte Schmitz-Emans ebenfalls darauf aufmerksam, dass »Hamanns Aversion gegen als ahistorisch sich behauptende Ordnungssysteme und seine Gleichsetzung der Erfahrung mit konjekturaler Lektüre« einander direkt korrespondieren. 3 ' 4 Auch Nisslmüller, 3 ' 5 der allerdings in seinen Untersuchungen Hamann nur am Rande berücksichtigte, aber immerhin die Meinung vertrat, Iser habe die von Hamann entworfenen »Ansätze zu einer lese-theoreti3 1 1 Vgl. dazu: Nadler II 180,4-9: Kleeblatt

Hellenistischer

Briefe.

3 1 2 Dazu auch Isers Modell des Leseaktes, des künstlerischen Performanzaktes, der von der Ästhetik bestimmt ist: Der Leser als produktive Instanz erstellt dabei im Leseakt, unter Anwendung der Teilgebiete der Semiotik (Syntaktik, Semantik, Pragmatik) das Kunstwerk, nämlich die Konkretion des Textes (Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 128). 3 1 3 Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 88. Vgl. auch: Nadler III 303,36-37: Golgatha

und

Schehlimini.

3 1 4 Schmitz-Emans, Monika. Schrift und Abwesenheit. München 1995. S. 88. 3 1 5 Die Ausführungen zu Nisslmüller basieren vor allem auf: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 74-76, 89-90, 128, 1 4 8 - 1 5 0 , 187, 229255 (Nisslmüllers Überlegungen zu Hamann befinden sich auf Seite 148 bis 150).

9

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

8

sehen Fundierung der Bibellese« 316 fortentwickelt, beschrieb unter Referenz auf das Lesemodell Isers und die Konstanzer Schule 3 ' 7 das Lesen als konjekturalen Vorgang. Da gemäss Iser der »Konstitutionsgrund jeglicher Kommunikation, auch jeder literarischen, [...] die Unbestimmtheit« ist, avancieren die unbesetzten und offenen Stellen eines Textes zu einer wesentlichen Kategorie rezeptionsästhetischer Reflexion. 3 ' 8 Gemäss Nisslmüller sind sich Iser und Hamann »in ihrer Forderung nach Texten als Wirkungspotentialen« 319 verbunden, denn sowohl Iser wie auch Hamann 3 1 6 Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 150. 3 1 7 Zum Lesemodell Isers: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995· S. 70-104. Zur rezeptionstheoretisch orientierten Konstanzer Schule mit der von Gadamer beeinflussten historisch-hermeneutischen Rezeptionstheorie von Hans R o bert Jauss ( 1 9 2 1 - 1 9 9 7 ) , welche die konkrete historische Rezeption zum Gegenstand hat, wie auch mit der von Wolfgang Iser ('''1926) konzipierten wirkungsästhetisch-phänomenologischen Rezeptionstheorie, welche - Elemente der Systemtheorie, der husserlschen Phänomenologie und des russischen Formalismus verbindend - das Wirkungspotential der Texte anvisiert: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 74-75. Dazu beispielsweise auch: Jauss, Hans Robert. Literaturgeschichte als Provokation der Literaturwissenschaft. Konstanz 1969; Jauss, Hans Robert. Die Theorie der Rezeption - Rückschau auf ihre unerkannte Vorgeschichte. Konstanz 1987; Jauss, Hans Robert. Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik. Bd. 1. München 1977; Iser, Wolfgang. Der Akt des Lesens. München 1994; Iser, Wolfgang. Fingieren als anthropologische Dimension der Literatur. Konstanz 1990; Iser, Wolfgang. Die Appellstruktur der Texte. Konstanz 1971. Ausserdem: Bleich, Susanne. Der hermeneutische Prozess. Bonn 1992. S. 72-99; Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 43-52. 318 Die Ausführungen und das Zitat beziehen sich auf: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 76. Das Konzept literarischer Unbestimmtheit wurde von Iser unter anderem in der Schrift Der Akt des Lesens (1976) beschrieben. Der Begriff Unbestimmtheitsstellen

geht auf den polnischen Philosophen Roman Ingarden

(1893-1970) zurück, während Iser häufig auch von Leerstellen

spricht. Die Leerstellen

eines Textes bewirken, dass Rezipierende im A k t des Lesens (im Sinne einer heuristischen Hermeneutik) ein Werk nicht in einem einzigen Moment erfassen können. Vielmehr bilden sie durch ständiges Modifizieren der das Werk konkretisierenden Hypothesen allmählich konsistente und kohärente Synthesen, indem sie die Leerstellen überbrücken und das polysemantische Potential beseitigen. Das während der Lektüre Erfahrene und nun Erinnerte wird auf diese Weise mit rückwirkender Kraft kontinuierlich verwandelt, so dass - in einer hermeneutischen Zirkelbewegung vom Teil zum Ganzen und wieder zurück - gleichzeitig vorwärts und rückwärts gelesen wird (Iser, Wolfgang. Der A k t des Lesens. München 1994. Siehe auch: Lexikon literaturtheoretischer Werke. Stuttgart 1995. S. 19-20; Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 42-49; Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 7 0 - 1 4 2 u. 240-244). 319 Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 150. Gemäss Iser ist dasjenige literarische Werk am wirksamsten, welches »den Leser/die Leserin

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

betonten die Wirkkraft der Texte, welche Wirklichkeit generieren und konstruieren, im Rezipierenden Reaktionen auslösen und eine eigene Welt im Verarbeitungsprozess des Lesens schaffen. Auf diese Weise findet eine Form des Doppelsinns statt als Offenbaren durch Verhüllen, als »verhüllendes Entschleiern«. 320 Dieser Doppelsinn sagt »ständig etwas anderes [...], als er meint, um dadurch etwas zu figurieren, das das überschießt, was ist«.' 21 So besteht beim Rezeptionsprozess eine Dialektik von Zeigen und Verschweigen - die Synthese von visuellem und akustischem Vermögen wird hier wiederum deutlich - und eine Differenz zwischen Gesagtem und Gemeintem. Und da literarische Kommunikationsprozesse als »dialektische Bewegung zwischen Maskierung und Entschlüsselung, Verdichtung und Komplexitätsreduktion, Verbergen und Offenlegen« aufzufassen sind, macht das »bipolare Ineinander von Wahrnehmen und Vor-

zu einer neuen kritischen Wachsamkeit gegenüber seinen oder ihren gewohnheitsmäßigen Codes und Erwartungen zwingt« (Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 45). So können beispielsweise mittels Textstrategien der Verfremdung des Codes - sei dieser nun referentiell, fiktional, sozial oder literarisch - oder der Entpragmatisierung von Normen den Rezipierenden Wahrnehmungsgewohnheiten und Denksysteme bewusst und damit der Veränderung zugänglich gemacht werden. Indem Rezipienten im Akt des Lesens die im Text angelegten, Wirkung steuernden Signale aktualisieren, gelangen sie durch diese Begegnung mit dem Unvertrauten zu einem tieferen Selbstverständnis. Dazu u. a.: Iser, Wolfgang. Die Appellstruktur der Texte. Konstanz 1971. Siehe auch: Lexikon literaturtheoretischer Werke. Stuttgart 1995. S. 36-37. Zur Kritik an Isers Anspruch eines tieferen Selbstverständnisses: Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 45-47. 320 Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 187. Zur Thematik der Verhüllung und Offenbarung siehe auch: Gasser, Johannes. The Mask as the Throughway to the Beyond. Downsview, Ontario 1985. S. 24-39; Haug, Walter. Geheimnis und dunkler Stil. München 1998. S. 203-217. 321 Iser, Wolfgang. Fingieren als anthropologische Dimension der Literatur. Konstanz 1990. S. 16. Iser bezeichnet diesen Doppelsinn aus der Sicht der Autorschaft als Fingieren, als oszillierende Doppeldeutigkeit des Er-Dichtens zwischen Lüge und Herstellung eines literarischen Kunstwerkes, wobei die Deutungen in der Ambivalenz einer dualen Einheit von Verbergen und Enthüllen eine identifizierbare Realität in ihrer Existenz zugleich bestätigen als auch deren Grenzen überschreiten und dadurch neuen Sinn ermöglichen und Spielräume mit der Absicht eröffnen, den Leser zu aktivieren. Die Gleichzeitigkeit dessen zu bewirken, was sich wechselseitig ausschliesst, ist somit die Strukturformel des Fingierens - wie es auch diejenige der coincidentia oppositorum ist. Verdecktes kann auf diese Weise durch Täuschung offenbar gemacht werden. Das Fingieren setzt dort ein, wo die Wissbarkeit an ihre Grenzen stösst. Dazu v. a.: Iser, Wolfgang. Fingieren als anthropologische Dimension der Literatur. Konstanz 1990. Siehe auch: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 186-194; Baur, WolfgangDieter. Johann Georg Hamann als Publizist. Berlin 1991. S. 329-343 v. a. 335-338.

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

100

stellen [...] das Wesen des Rezeptionsprozesses aus«.322 Auf diese Weise stellt Isers Wirkungs- und Rezeptionsästhetik das Lesen als offenes, kreatives, produktives, anspruchsvolles, aktives Spiel beziehungsweise als »Akt ästhetischer Aisthesis« 323 dar, bei welchem interaktiv zwischen Text und rezipierender Person eine Neuvertextung, eine in der gegenwärtigen Erfahrung aktualisierte Lesart, entsteht. Der Lesende ist also - ohne dass dies einer hinneigenden Haltung und einer demütigen Offenheit widersprechen würde - beim Rezeptionsprozess aktiv an der gegenwärtigen Bedeutungskonstitution beteiligt und wird dadurch zum Mitautor, zum Mitpräger des Faktischen der Fiktivität, zum Sprachhandelnden, wobei bei der oszillierenden Polyvalenz der möglichen Bedeutungen 324 immer offen bleibt, ob es weitere, genauso richtige interpretative Konkretisierungen desselben Textes gibt.325 Jedenfalls nimmt die Freiheit des Lesen322 Die beiden Zitate finden sich in: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 89-90. 323 Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 150. Mit dem Begriff Aisthesis bezeichnet Isers Forschungspartner Jauss in seiner Untersuchung über Ästhetische Erfahrung

und literarische Hermeneutik

{19J7)

- worin er sich gegen

Adornos »Ästhetik der Negativität« und für die Rehabilitierung geniessenden Aufnehmens von Kunstobjekten positioniert - den Genuss des erkennenden Sehens und sehenden Wiedererkennens beim Rezeptionsprozess. Andere Kategorien des Genusses sind einerseits die Poiesis, der Genuss am eigenen Schaffensprozess, und andererseits die Katharsis, der Genuss der eigenen Affekte (Jauss, Hans Robert. Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik. Bd. 1. München 1977. v. a. S. 2 4 - 2 1 1 ) . Dazu auch: Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 5 1 - 5 2 ; Lexikon literaturtheoretischer Werke. Stuttgart 1995. S. 1 2 - 1 4 ; Ästhetik und Kunstphilosophie. Stuttgart 1998. S. 435-438· 324 Majetschak über die in Hamanns Autorschaft bewusst evozierte Polyvalenz: »Die interpretative Offenheit des hamannschen Stils, die beabsichtigte Polyvalenz seiner Metaphorik verweist an ihr selbst als bewußt eingesetzte Rhetorik auf die apriori nicht gesicherte Beziehung zum Leser. Er wird in dieser Beziehung damit zugleich als frei gedacht, in individueller Aneignung von Bedeutung, d. h. seiner Interpretation dessen, was ein Text bedeute, sich in eine scheinbar symmetrische Relation zum anderen hineinzubegeben oder sich ihr zu entziehen« (Majetschak, Stefan. Über den »Geschmack an Zeichen«. Tübingen 1987. S. 149). 325 Dieser Gedanke findet sich ebenfalls bei Jauss, der - beeinflusst von der Hermeneutik und Phänomenologie Gadamers und dem russischen Formalismus - ästhetische und historische Interessen miteinander verbindet und wie folgt auf die Unausweichlichkeit unterschiedlicher Interpretationen eingeht: Gemäss Jauss entfaltet sich nämlich das Sinnpotential eines Textes stets zwischen dem jeweiligen im Werk objektivierten Entstehungshorizont als Rezeptionsvorgabe und dem sich verändernden historischen Horizont der Rezipierenden. Auf diese Weise werden literarische Werke im Wandel der Zeit in unterschiedlichen Konkretisationen gelesen und interpretiert als Ergebnis des performativen Leseaktes historisch konkreter Rezipienten und deren individuellen Erwar-

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

101

den bei der Interpretation von Texten (dem Was) ganz neue Ausmasse an weshalb eine Reflexion auf die eigene innere Haltung gegenüber dem Text und dem Autor oder der Autorin (das Wie) besonders wichtig wird. Die von Hamann auch für den Rezipierenden erstrebte, herausgeforderte und erhoffte Haltung der Demut 326 ist schwierig und gefährlich umzusetzen, denn sie ist mit einem gewissen Grad an Selbstaufgabe und mit nicht kalkulierbaren Veränderungen des Selbst- und Fremdbildes, der Lebens· und Weltsicht - kurz gesagt mit Kondeszendenz - verbunden.' 27 Doch indem sich die rezipierende Person freiwillig wehrlos macht so wie ja gemäss Hamann auch der Text und der Schriftsteller wehrlos sind328 - und sich dem Text und der Welt des Textes anheim gibt,329 indem sie sich unter Verzicht auf eigenmächtige, systemsichernde Lesarten der Welt in eine Position der gewählten Schwäche begibt, 330 macht sie sich Gott ähnlich; einem leidenschaftlichen Gott, der nichts mit gleichgültiger Toleranz beziehungsweise toleranter Gleichgültigkeit zu schaffen hat. Selbst um Göttliches zu erkennen, sind gemäss Hamann Leidenschaften und Affekte nötig, denn es »gehören freylich erleuchtete, begeisterte, mit Eyfersucht gewaffnete Augen eines Freundes, eines Vertrauten, eines Liebhabers dazu, in solcher Verkleidung [gemeint ist Gottes Kondeszendenz in die Schrift] die Strahlen himmlischer Herrlichkeit zu erkennen« (Nadler II 1 7 1 , 1 4 - 1 7 : Kleeblatt hellenistischer Briefe). Emotionalität und Affektivität - wie überhaupt der Mensch als Ganzes - haben also ebenso teil am Rezeptionsprozess wie Verstand und Sinne und wirken zugunsten gedanklicher Flexibilität und innerer Beweglichkeit. Dieser emotionale Aspekt des Beteiligtseins kann sich in der anerkennenden Übernahme der Aussagen des Gesprächsgegenübers äussern, ebenso gut kann er sich aber

tungshorizonte, welche sich aus dem Vorverständnis von Form, Thematik und Gattungsmerkmalen zuvor bekannter Werke ergeben. Dazu auch: Eagleton, Terry. Einführung in die Literaturtheorie. Stuttgart 1994. S. 51-52; Baur, Wolfgang-Dieter. Johann Georg Hamann als Publizist. Berlin 1991. S. 336-338; Lexikon literaturtheoretischer Werke. Stuttgart 1995. S. 1 2 - 1 4 u - 220-221; Ästhetik und Kunstphilosophie. Stuttgart 1998. S. 4 3 5 438. 326 Vgl. dazu: Nadler I 5 , 1 - 1 0 : Über die Auslegung Biblische

der Heiligen

Schrift; Nadler I 5 3 , 1 2 - 1 5 :

Betrachtungen.

327 Vgl. dazu auch: Nadler II 42,22-24: Gedanken

über meinen

Lebenslauf.

328 Vgl. dazu beispielsweise: Nadler I 9,23-27: Biblische Betrachtungen;

Nadler II 2 0 3 , 1 8 -

204,1: Aesthetica in nuce. Ausserdem: Wetzel, Michael. »Geschmack an Zeichen«. Frankfurt a. M. u. Bern 1996. S. 13-24. 329 Vgl. dazu: Nisslmüller, Thomas. Rezeptionsästhetik und Bibellese. Regensburg 1995. S. 243. 330 Vgl. dazu: Nadler II 207,21-23: Aesthetica in nuce.

I02

2 Beteiligte am Sprachgeschehen

auch in harscher Ablehnung und Kritik der Aussagen manifestieren. In seiner ihm eigenen, Nähe zulassenden, leidenschaftlichen Engagiertheit, welche dazu beitrug, dass ihm grosse Freundeskraft zugesprochen wurde,33' kannte Hamann beide dieser Möglichkeiten. Und von seinen beiden Freunden, Kant und Berens, beispielsweise, denen er schrieb: »Ihr partheyisch Lob und Ihr partheyischer Tadel [wird mir] gleich angenehm sein« (Nadler II 61,32-33: Sokratiscbe Denkwürdigkeiten), erhoffte er sich ein gleiches Verhalten. Gemäss Hamann misslingt der Akt der Rezeption, wenn ihm nicht eine antwortende Sprechhandlung des Rezipienten folgt, denn aus »Kindern werden Leute, aus Jungfern werden Bräute, und aus Lesern entstehen Schriftsteller. Die meisten Bücher sind daher ein treuer Abdruck der Fähigkeiten und Neigungen, mit denen man gelesen hat und lesen kann« (Nadler II 341,15-18: Leser und Kunstrichter). An anderer Stelle beklagt sich Hamann bei Kant darüber, dass dessen Antwort betreffs der Durchführung des Projektes für eine Kinderphysik ausblieb: »Ihr Stillschweigen über gewiße Dinge, wo die Redlichkeit einem Stummen die Zunge lösen würde, ist eine Beleidigung für mich, die ich eben so wenig erklären kann, oder so schlecht erklären muß, als Sie meine auffahrende Hitze« (Ziesemer-Henkel I 448,9-11: Brief an Immanuel Kant von Ende Dezember 1759).332 An diesen beiden Beispielen - einer sich natürlich aus dem Lesen entwickelnden Autorschaft und einer indignierten Empörung über das distanzierte Schweigen eines Rezipienten - wird deutlich: Es ist Hamann sehr wichtig, dass die Kommunikation fortgeführt wird, 333 sei es nun in Form einer Antwort an den Verfasser des rezipierten Werkes selbst oder in Form einer Teilnahme am Weltgespräch. Wie es dem Schreibenden wesentlich ist zu hören, ist es dem Lesenden wesentlich zu sprechen, womit sich der Kreis von Produktion und Rezeption schliesst. Wiederum bestätigt sich auch, dass es beim Rezeptionsvorgang im Sinne Hamanns letztlich nicht um das Gewinnen von Erkenntnissen geht, sondern um die communicatio idiomatum, um die Entstehung und Aufrechterhaltung von Beziehungen, welche ihren Raum in der Sprache, im Gespräch haben. 331 Vgl. dazu: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 160. Allgemein zu Hamanns Freundschaften siehe: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 1 1 5 - 1 7 9 . 332 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel V I 151,29: Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 28. 11. 1/8;. Dazu auch: Lindner, Helgo. J. G. Hamann. Glessen u. Basel 1988. S. 37-44. 333 Dazu auch: Griffith-Dickson, Gwen. Hamanns relationale Metakritik. Tübingen 1998. S. 253. Vergleiche dazu auch die Ausführungen zu Hamanns starker Ausrichtung seiner Schriften auf einzelne Rezipienten unter Punkt 2.3.4.

2.4 Rezipienten im Spannungsfeld von Rezeption und Interpretation

103

H a m a n n selbst d r ü c k t dies f o l g e n d e r m a s s e n aus, w o b e i u n t e r a n d e r e m w i e s c h o n bei d e n A u s f ü h r u n g e n z u r A u t o r s c h a f t - d e u t l i c h w i r d , dass d i e B e n u t z u n g der G o t t u n d Menschen gemeinsamen Sprache bei H a m a n n stets m i t C h r i s t u s u n d d e m K r e u z g e s c h e h e n v e r b u n d e n ist: »Schriftsteller und Leser sind z w o Hälften, deren Bedürfnisse sich aufeinander beziehen, und ein gemeinschaftliches Ziel ihrer Vereinigung haben, w o Fülle und Hülle, Blöße und Hunger vier Räder, und Rad im Rade ein einziges Rad sind, anzusehen wie der Augapfel eines Zeisignestes; denn das ästhetische G e heimniß der schönen Natur heist in Schäfererzählungen ein Stein der Weisen, in Zergliederungen Schaam, in der Erfahrung aber das liebe Kreuz;

ein

N o l i me tangere für Kämmerlinge, und für Algebraisten« (Nadler II 347,22348,1: Leser und

Kunstrichter).334

334 Vgl. dazu auch: Ziesemer-Henkel I 448,15-18: Brief an Immanuel Kant von Ende Dezember I/S9-

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität Dass Hamanns Schriften in den meisten Fällen an bestimmte Personen direkt adressierte Reden sind, darauf wurde schon unter Punkt 2.3.4 hingewiesen. Weil die Adressiertheit sehr viel stärker zu einer Antwort herausfordert als eine unadressierte Schrift, kann darin - wie auch in der Kürze der Texte selbst - wiederum der Dialogcharakter hamannscher Autorschaft gesehen werden. Übrigens gilt es zu bedenken, dass das Ziel eines Autors nicht unbedingt eine möglichst grosse Leserschaft gewesen ist. Die Schriften scheinen sich vielmehr auf ein bestimmtes, nur bedingt wechselndes Publikum zu konzentrieren. Unter Adressiertheit einer Schrift ist allerdings nicht ausschliesslich die explizite Nennung eines Personennamens zu verstehen. Viele der Schriften Hamanns sind an einen mehr oder minder maskierten Empfänger unter Verwendung einer eigenen Maske geschrieben.' So wurden auch von den drei kleinen, in diesem zweiten, mehr historisch-phänomenologischen Teil der Arbeit untersuchten Schriften - Versuch einer Sibylle über die Ehe (177s), 2 Konxompax ι

Dazu ausführlich: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965.

2

Forschungsliteratur zum Versuch einer Sibylle

über die Ehe (chronologisch geordnet):

Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. u. a. S. 328; Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 235-239; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 2 5 - 1 6 3 ; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 141—145; Jergensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 82-83; Alexander, W. M. Gnosticism and Hamann's Interpretations of Human Sexuality. Frankfurt a. Μ. 1979- S. 85-92; Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 1 6 2 - 1 7 1 ; Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988. S. 2 0 5 - 2 1 3 ; Kohnen, Joseph. Ehe-Streit unter Freunden. Strassburg 1988. S. 47-65; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 359-369; Griffith Dickson, Gwen. Johann Georg Hamann's Relational Metacriticism. Berlin 1995. S. 246-270 v. a. 263-265 u. 269; Rochelt, Hans. Die zerrissene Schürze. Axams 1996. S. 100-129; Altenhöner, Ingrid. Die Sibylle als literarische Chiffre bei Johann Georg Hamann - Friedrich Schlegel - Johann Wolfgang Goethe. Frankfurt a. M. 1997. v. a. S. 19-186; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 275-294. Neuere, zum Teil kommentierte Editionen beziehungsweise Ubersetzungen des Primärtextes neben Nadler III 197-203: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 2 5 - 1 6 3 v. a. 1 3 7 - 1 6 3 ; Hamann, Johann

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

(1779) 3 und Schürze von Feigenblättern

105

( i 7 7 7 - 1 779)* ~ die ersten beiden

Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 419-429; Griffith Dickson, Gwen. Johann Georg Hamann's Relational Metacriticism. Berlin 1995. S. 505-515. 3

Forschungsliteratur zu Konxompax

(chronologisch geordnet): Nadler, Josef. Die Ha-

mannausgabe. Halle 1930. S. 3 2 9 - 3 3 1 ; Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 322-332; Koepp, Wilhelm. »Schürze von Feigenblättern« und »Stellenloses Blatt« bei Johann Georg Hamann. 1955. S. 3 0 7 - 3 1 2 v. a. 309-310; Blanke, Fritz u. Gründer, Karlfried u. Schreiner, Lothar. Die Hamann-Forschung. Gütersloh 1956. S. 1 3 4 - 1 3 5 ; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 165-262; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 1 4 3 - 1 4 4 u. 1 8 0 - 1 9 5 ; Jargensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 80—82; Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988. S. 164-166; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 241-264; Kohnen, Joseph. Konxompax und die Kreuz- und Querzüge des Ritters Α bis Z. Frankfurt a. M. 1994. S. 309-320; Rochelt, Hans. Die zerrissene Schürze. Axams 1996. S. 100-129; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 1 7 4 - 2 1 9 . Neuere, zum Teil kommentierte Editionen des Primärtextes neben Nadler III 215-228: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 165-262 v. a. 187-259; Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 2 0 7 - 2 3 1 ; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. I - L I X v. a. I - X X X I I . 4

Forschungsliteratur zur Schürze von Feigenblättern

(chronologisch geordnet): Klyber,

Karlwerner. Ein neuentdecktes Manuskript Hamanns. Weimar 1929. S. 89-99; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 3 4 1 - 3 4 2 ; Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 239-245; Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 9-47; Koepp, Wilhelm. »Schürze von Feigenblättern« und »Stellenloses Blatt« bei Johann Georg Hamann. 1955. S. 3 0 7 - 3 1 2 ; Seils, Martin. N o c h einmal: Die »Schürze von Feigenblättern« J. G . Hamanns. 1955. S. 499502; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 263-372; Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. S. 1 1 5 - 1 6 0 v. a. 1 5 2 - 1 5 9 ; Jergensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 83-85; Alexander, W. M. Gnosticism and Hamann's Interpretations of Human Sexuality. Frankfurt a. Μ. 1979. S. 85-92; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 369-379; Rochelt, Hans. Die zerrissene Schürze. Axams 1996. S. 100-129; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 86-88. Bezüglich des Primärtextes: Die drei unterschiedlichen Fassungen blieben lange Zeit für die Forschung verschlossen. Erst 1929 wurde eines der Manuskripte - die heute zur Bodmeriana in Genf gehörende Fassung Β - im Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft abgedruckt (Klyber, Karlwerner. Ein neuentdecktes Manuskript Hamanns. Weimar 1929. S. 89-99).

I

9 5 1 folgte eine Edition in der Nadler-Ausgabe.

Doch gemäss Veldhuis legte erst Seils - in: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 274-284. - eine erste, zuverlässige Textrekonstruktion vor. Dazu: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 369. Ausserdem: Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 9; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 341-342; Nadler III 451: Apparat Schürze von Feigenblättern.

zur

Neben Seils 274-284 und Nadler III 2 0 5 - 2 1 2 ist der Pri-

märtext noch in der folgenden Ausgabe zu finden: Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 431-448.

106

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Texte anonym beziehungsweise unter der Maske der Schreiberin Sibylle veröffentlicht.5 Die Textauswahl der in diesem Teil der Arbeit zu untersuchenden Schriften ist nicht beliebig, aber auch nicht zwingend. Alle drei Schriften wurden in den späten 70er Jahren des 18. Jahrhunderts verfasst. Sie sind also von der Chronologie her gesehen recht nahe beieinander und befassen sich je auf unterschiedliche Weise mit einem Themenkomplex, welcher unter anderem um mögliche Wege des Menschen, sich mit Mensch und Gott zu vereinigen, kreist.6 Im Rahmen dieser Arbeit ist es dabei weder möglich noch sinnvoll, eine Interpretation der drei Schriften zu versuchen. Vielmehr soll an den drei Schriften anhand von vier Aspekten exemplarisch - und kontinuierlich in die Tiefe der Texte hineinführend - die Dialogizität hamannscher Sprachteilnahme und Autorschaft verdeutlicht werden. Der erste Aspekt fokussiert vor allem die intertextuellen Elemente im Titelbereich der jeweiligen Schriften an, womit gezeigt werden kann, dass dem Schreiben Hamanns immer ein sehr intensives Lesen vorausgeht und dass seine Schriften direkt adressierten Gesprächsbeiträgen an bestimmte Zeitgenossen gleichkommen. Der zweite Aspekt befasst sich mit den Briefgesprächen, womit verdeutlicht werden kann, dass parallel zum Prozess des Schreibens ein brieflicher Dialog über die im Entstehen begriffenen Schriften mit Zeitgenossen stattfindet. Beim dritten Aspekt findet sich im Nachweis der spezifischen Metaphorizität die Sinnlichkeit, Polysemantik und Rezipientenorientiertheit von Hamanns Sprache bestätigt. Auch beim vierten Aspekt, welcher auf die Rhetorizität ausgerichtet ist, erweist sich die starke Orientierung am Dialog durch unterschiedliche Leseransprachen als zentrales Moment von Hamanns Sprachgestaltung. Zunächst aber soll der hier verwendete Begriff der Dialogizität genauer definiert werden: Er geht auf den russischen Semiologen, Literaturund Kulturtheoretiker Michail M. Bachtin (1895-1975) zurück,7 der den 5

Dazu auch: Altenhöner, Ingrid. Die Sibylle als literarische Chiffre bei Johann Georg Hamann - Friedrich Schlegel - Johann Wolfgang Goethe. Frankfurt a. M. 1997. S. 1 9 - 1 8 6 u. 200-213.

6

Die drei Werke werden in der von Nadler besorgten Hamannausgabe gemeinsam mit den Schriften Zweifel Zwey

Scherflein

und Einfalle

über eine vermischte Nachricht (Nadler III 1 7 1 - 1 9 6 ) und

zur neusten Deutschen

Literatur

(Nadler III 229-242) zu einer Text-

gruppe mit dem Titel »Mysterien« (Nadler III 7) zusammengestellt. In der von Blanke herausgegebenen Reihe Hauptschriften Hierophantische

erklärt figurieren die drei Werke zusammen mit

Briefe (Nadler III 1 3 5 - 1 6 7 ) im dritten Band. Dieser wurde mit »Mys-

terienschriften« betitelt. 7

Die Ausführungen zu Bachtin basieren vor allem auf: Bachtin, Michail M. Die Ästhetik

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

107

für seine Sprach- und Literaturtheorie zentralen Begriff erstmals im Rahmen seiner Romantheorie in der Schrift Probleme der Poetik Dostoevskijs (1929) formulierte.8 »B. [Bachtin] spricht von >DialogizitätZweistimmigkeit< und >Polyphonie< in bezug auf die Wort- und Außerungsebene, von >Redevielfalt< auf der Ebene der Soziolekte und Dialekte, von >SprachvielfaltInselhaftigkeit< [...] ein ideales Terrain für das Zitat« und »auf exemplarische Weise einen Schauplatz für die Beziehung der Intertextualität dar[stellt], die auf der Kopräsenz zweier (oder mehrerer) Texte basiert«. Dabei besteht bei Hamann eine enge Verflechtung von Zitaten im Motto und dem von Hamann verfassten Text, so dass die vorangestellten Zitate - in Analogie zur geschichtlichen Entstehungsart neuer Diskurse die Spuren des nachfolgenden Textes vorzeichnen und das Programm formulieren.34 »[D]as Verhältnis des Mottos zum nachfolgenden Text erweist sich letztlich als ein typologisches, als das von Verheissung und Erfüllung. Was die Schrift argumentativ entfaltet, ist im Motto bereits im Kern vorgegeben.«35 Das soll nun - nicht in Absicht einer versuchten statistisch-klassifikatorischen Erfassung, sondern vielmehr im Hinblick auf die 31

Genette, Gerard. Paratexte. Frankfurt a. M. 1989.

32

Beachte dazu auch die Ausführungen in der Fussnote zum Titel des Unterkapitels Einführung

33

in die Thematik

der Intertextualität

unter Punkt 3.1.1.

Die folgenden, restlichen Ausführungen dieses Absatzes und die entsprechenden Zitate beziehen sich vor allem auf: Antonsen, Jan Erik. Das Motto als Anzeiger von Intertextualität. Bern 1999. S. 19-20.

34

Noch ein Nebengedanke (unabhängig von Antonsen): So wie das Motto zwischen Vergangenem und Neuem vermittelt, so will auch Hamann Vermittler sein, Vermittler des Heiligen, aber auch Vermittler der konkreten geschichtlichen Entwicklung seiner Zeit, die sich mit so viel Kraft von ihrer Vergangenheit abzusondern versucht. Auf diese Weise kann Hamann gewissermassen als Motto gesehen werden.

35

Antonsen, Jan Erik. Das Motto als Anzeiger von Intertextualität. Bern 1999. S. 29.

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter

Dialogizität hamannscher Autorschaft - an den drei Titelblättern der für diesen zweiten Teil der Arbeit exemplarisch ausgewählten Schriften nachvollzogen werden.

3.1.2 Das Titelblatt bei: Versuch einer Sibylle über die Ehe Der erste zu untersuchende Titel, Versuch einer Sibylle über die Ehe, enthält in sich den kompletten Titel eines anderen Werkes, nämlich denjenigen der anonym erschienenen, zugleich sozialkritischen, humoristischen und lasziven Abhandlung Über die Ehe (1774).36 Theodor Gottlieb von Hippel (1741-1796), 37 zur Zeit der Veröffentlichung der Abhandlung Kriminalrat zu Königsberg - später Bürgermeister - , hatte die Schrift verfasst, in welcher er seine negativen Erfahrungen mit Frauen bezeugte, dennoch aber vermeinte, der Emanzipation der allgemein schlecht gestellten Frauen dienlich zu sein. Das Buch Uber die Ehe hatte - trotz (!) Hippels Bejahung der Sexualität - grossen Erfolg, denn es thematisierte das aktuelle gesellschaftliche Problem der Ehe38 in einer Gesellschaft, welche ihrerseits die Geschlechtlichkeit »mit einem falschen Mantel der Scham bedeckt«39 hielt, in ihrer aufklärerischen Ausrichtung jedoch die Ehe auf den rein vernunftmässigen Zweck der Geschlechtergemeinschaft zurückzuführen suchte und in der Familie die Keimzelle des Sozialwesens zu entdecken glaubte.40 Da Hippel auf der Verflechtung der Gesellschaft 36

Noch in den Jahren 1778 und 1779 mutmasst Hamann über den Verfasser der anonymen Schrift und hat auch richtig Hippel im Verdacht: Ziesemer-Henkel IV 33,32-34,13: Brief an Johann Gottfried Herder vom 25. 11. 1778; Ziesemer-Henkel IV 54,37-55,15: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779· Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 127-128.

37

Zu Hamanns Freundschaft mit Hippel siehe auch: Kohnen, Joseph. Hippel und Hamann. Frankfurt a. M. 1979. S. 22-38; Kohnen, Joseph. Ehe-Streit unter Freunden. Strassburg 1988. S. 47-65; Kohnen, Joseph. Konxompax und die Kreuz- und Querzüge des Ritters Α bis Z. Frankfurt a. M. 1994. S. 309-320.

38

Das von Friedrich II. revidierte Eherecht des Corpus Juris Fridericiani tritt am 30. Juli 1774 in Kraft, also etwa zur selben Zeit, wie Hippels Uber die Ehe erscheint. Dazu auch: Bloch, Andreas. Sophie von La Roches »Geschichte des Fräuleins von Sternheim« (von 1771) - Ehe und Eherecht im Werk und in der Wirklichkeit des 18. Jahrhunderts. Frankfurt a. M. 1995. S. 835-841; Blasius, Dirk. Ehescheidung in Deutschland 1794-1945. Göttingen 1987. S. 22-38 v. a. 22-27; Lesemann, Silke. Liebe und Strategie. Köln 2000. S. 189-207; Lexikon der Aufklärung. München 1995. S. 87-88; Panorama der Fridericianischen Zeit. Bremen 1985. S. 580-587.

39 40

Kohnen, Joseph. Ehe-Streit unter Freunden. Strassburg 1988. S. 51. Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 162.

II6

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

und Politik mit der Religion und Sexualität - auch Hamann verband den Glauben mit der Geschlechtlichkeit - beharrte und die Ehe zum »heiligste[n] Körper des Staats«41 und zum »kleinen Staat im großen Staat«42 deklarierte, verlieh er der Frau im Staate eine theologische Funktion beziehungsweise der religiösen Frau eine Staatsaufgabe.43 Ein anderes Werk, auf welches Hamann bereits im Titel - in übersetzter Form - explizit Bezug nimmt, ist das dem namhaften englischen Parlamentarier und Publizisten John Wilkes (ι727-1797) zugeschriebene obszöne Gedicht An Essay on woman (1763),44 »das den Erklärungen der Drucker zufolge auf Wilkes Veranlassung in nur 12 Exemplaren auf seiner privaten Presse gedruckt worden sein sollte«,45 und effektiv aus der Feder seines Freundes Thomas Potter stammte. Kurze Zeit vor dem Druck dieses Gedichtes hatte Wilkes am 24. April 1763 in der 45. Ausgabe seiner Zeitschrift North-Briton die Thronrede von Georg III. kritisiert, welcher unter anderem den fürstlichen Absolutismus wieder einführen wollte. Die zeitliche Nähe genügte: »Das Unterhaus verurteilte dieses Gedicht als >an obscene and seditious libel< und verordnete am selben Tage, daß >the North-Briton No. 45< verbrannt werden müsse. Wilkes gab eine neue Auflage der >No. 4j< heraus und entwich nach Frankreich«.46 Hamann nimmt an Wilkes' Leben und Engagement insofern Anteil, als er dessen Kritik an der Thronrede, die Nummer 45 des North-Briton, in den Ausgaben der Königsbergschen Zeitungen vom 29. März 1765, 1. April 1765 und 5. April 1765 übersetzt veröffentlichte (Nadler IV 298-304: Königsbergsche Zeitungen).So tauchen, kombiniert in dem einen Titel Versuch einer Sibylle über die Ehe, bereits zwei Schriften engagierter Zeitgenossen auf. Als drittes, intertextuell weniger distinkt bestimmbares Element des Titels kann die Sprecherin, die Autorin, genannt werden: Im Unterschied zu Hippel, welcher über Frauen schreibt und dabei glaubt, sich für die Stellung der Frauen einzusetzen, schreibt Hamann als Frau, als Sibylle. Er thematisiert damit 41 42 43 44

45 46 47

Kohnen, Joseph. Ehe-Streit unter Freunden. Strassburg 1988. S. 53. Ebd. S. 57. Dazu: Ebd. S. 53 u. 57. Hamann zu diesem Gedicht: Ziesemer-Henkel III 108,18-21: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 23.9.7/74; Ziesemer-Henkel III 113,5-8: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 10. 1774', Ziesemer-Henkel III 126,16-19: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 30. 11. 1774. Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 128. Ebd. Ebd. S. 128-130. Vergleiche auch seine Anspielungen auf die Nummer 45 in seinen Briefen: Ziesemer-Henkel III 101,30-31: Brief an Jacob Friedrich Hinz vom 21. 8. 1774; Ziesemer-Henkel III 128,9-10: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 4. 12. 1774.

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter

117

die Frau, welche sich Gehör zu schaffen versucht und erhebt gleichzeitig den Anspruch, selbst weise und - mit dem Orakel verbunden - prophetisch zu sprechen. Michael Wetzel sieht in Hamanns Sibylle, bei welcher von Hamann pagane und alttestamentliche Prophetie - einer kirchenväterlichen Tradition folgend - gleichgesetzt werden, ausserdem »eine Schwester von Piatons Diotima, [...] [die] ihre Aufgabe als Mystagogin im Reich der Sinne« wahrnimmt.48 Das erste Motto zum Versuch einer Sibylle über die Ehe lautet: »Komm ich als ein Geist zu dir, So erschrick nur nicht vor mir« (Nadler III 197: Versuch einer Sibylle über die Ehe). Uber dieses Motto wurde schon viel gemutmasst.49 Hamann könnte sich gemäss Evert Jansen Schoonhoven mit dem Vers an Katharina Berens gewandt haben, mit welcher sich Hamann immer noch - neben seinem inoffiziellen ehelichen Verhältnis mit Anna Regina Schumacher50 - als in einem komplizierten Verlobungsverhältnis stehend empfand. Diese Meinung werde dadurch begünstigt, dass die Sibylle am Ende der Schrift »ihr Medusenbild dem Busen einer Minerve weyht!« (Nadler III 203,12: Versuch einer Sibylle über die Ehe), wobei mit Minerva Aspasia und mit Aspasia Katharina Berens gemeint ist.'1 Eine weitere Interpretationsmöglichkeit der Verse im Motto besteht gemäss Schoonhoven, der von Max Lüthi darauf aufmerksam gemacht worden ist, in einer intertextuellen Referenz auf das Märchen »Brüderchen und Schwesterchen«, in welchem eine von einer Hexe getötete Königin allnächtlich in die Schlafstube des Königs zurückkommt, um für ihr Kind zu sorgen.'2 In Wahrheit ist das Motto jedoch eine intertextuelle Übernahme aus dem von Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) verfassten Gedicht An Doris (1745), in welchem sich ein Verliebter vorstellt, wie er sich aus unerwiderter Liebe zu Tode grämt und der Geliebten künftig als nächtlicher Geist erscheint.'3 Das zweite Motto ist 48 49 50

Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 165. Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 139-140. Dazu u.a.: Ziesemer-Henkel II 186,4-11: Brief an Johann Gotthelf Lindner vom 1. 1763; Ziesemer-Henkel II 461-463: Briefentwurf an einen Unbekannten vom 3. 4. 176% Ziesemer-Henkel III 263,1-28: Brief an Johann Gottfried Herder vom 14. 10. 1776. 51 Dazu Hamanns Erklärungen: Ziesemer-Henkel III 152,31-36: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 31. 1. 1775; Ziesemer-Henkel III 157,33-36: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 13. 2. 1775· 52 Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 140. 53 Die entsprechende Strophe lautet: »Werd ich Dir mit dürren Beinen, künftig in der Nacht erscheinen, komm ich als ein Geist zu Dir, so erschrikk nur nicht vor mir. Nein, mein Geist soll dich nicht quälen, wenn er Dich gleich quälen kan! Wird ihm Ruh im Grabe

118

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

ein Zitat aus dem sechsten Buch der Aeneis von Vergil (70-19 ν. Chr.), welcher in der lateinischen Dichtung als Vorbild galt und unter anderem im Spätmittelalter intensiv von Dante (1265-1321) - man denke an die Divina Commedia - rezipiert wurde. Die von Hamann im Motto bezeichnete Textstelle aus der Aeneis bezieht sich auf die Antwort der Sibylle von Cumae auf Aeneas' Frage, wie er seinen Vater in der Unterwelt besuchen könne. Die Sibylle sagt Aeneas, er solle im Wald einen Zweig brechen und den nachwachsenden goldenen Zweig der Hadeskönigin Proserpina als Geschenk anbieten.54 Schoonhoven sieht in diesem intertextuellen Element des hamannschen Sibyllenwortes zwei Bezüge: Einerseits erfasst Hamann »die tiefsinnige Weisheit der mythischen Welt- und Lebensansicht, die seit der Aufklärung immer mehr aus der europäischen Kultur verdrängt wird, und fügt sie in seine christliche Welt- und Lebensansicht ein«.5' Andererseits spielt Hamann mit der Thematik des gebrochenen Zweiges auf seine eigene Lebensgeschichte an, denn auf die erste, aber gebrochene Liebe zu Katharina Berens spross eine zweite zu Anna Regina Schumacher. Gemäss Wetzel weist Hamann mit der Zweigsymbolik auf »die Mehrdeutigkeit der Rede über die Ehe«.' 6 Der goldene Zweig besitzt dabei eine phallische Qualität und »steht allegorisch für den Familienstamm bzw. -zweig und in moralischer Hinsicht für das Werden und Vergehen der Generationen, dem eschatologisch das ewige Leben entspricht«.57 Übrigens lässt Hamann sein Ehebüchlein mit einem weiteren Zitat aus dem sechsten Buch der Aeneis enden, so dass der Text über die Ehe ganz von der Thematik der Hadesfahrt umrahmt wird.' 8

fehlen, ο so bist Du Schuld daran« (Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Versuch in Scherzhaften Liedern und Lieder. Tübingen 1964. S. 64-69. Zitat auf Seite 67-68). 54

Siehe u. a.: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 4 1 ; Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 1 6 5 - 1 6 6 ; Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 426.

55

Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 4 1 . Ausserdem: Jorgen-

56

Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 165.

sen, Sven-Aage. Arbeit am Mythos? Frankfurt a. M. 1987. S. 83-90. 57

Ebd.

58

Vgl. dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 4 1 ; Wetzel, Michael. Mysterien des Hymens. Frankfurt a. M. 1987. S. 165.

II 9

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter

3.1.3 Das Titelblatt bei: Konxompax Der zweite zu untersuchende Titel, Konxompax: Fragmente einer apokryphischen Sibylle über apokalyptische Mysterien, weist als Sprecherin beziehungsweise als Autorin und Poetin - wiederum eine Sibylle aus. Hamann bezeichnet sie hier zudem als apokryphisch. Im Oszillierenden sowohl der umstrittenen Zugehörigkeit zum Kanon der Bibel - während Hamanns Zeitgenossen als Kunstrichter die Bildung eines Kanons förderten - als auch der griechischen Bedeutungen verborgen beziehungsweise unecht - die weit entfernt von Descartes' Klarheit und Deutlichkeit sind - spiegelt sich Hamanns schwierige, ungesicherte Randstellung hinsichtlich des Gesprächs der Zeitgenossen. Während die Sibylle vom Ehebüchlein über die Mysterien des Hymens weissagt, spricht die apokryphische Sibylle von Konxompax in ihrer zugleich enthüllenden und verhüllenden, ihrer offenbarenden und verbergenden Art über ein verwandtes Thema," nämlich über die Mysterien der Alten,60 konkret über die Mysterienkulte, für welche sich seine Zeitgenossen sehr interessierten6' und an denen sie selbst als Sibylle gewissermassen teilhat. Nochmals an die Ausführungen unter Punkt 2.3.5 erinnernd, ist es ihr, die Prophetin im hamannschen, kondeszendenten Sinne ist, ein Anliegen, unter wiederholten Hinweisen auf das Sichtbare - beispielsweise durch intertextuelle Bezüge auf konkret existierende Schriften - das Unsagbare sprachlich zu veranschaulichen und so die sichtbare Welt des sprachlichen Zeichens mit der unsichtbaren Welt der Bedeutung zu verbinden, wobei das eigentlich 59

Schoonhoven über die Verwandtschaft der Themen: »Der schlimmste Vorwurf gegen sein Ehebüchlein ist H. der des Profanen; er hatte von den >Mysterien des Hymens< ja im Hinblick auf das >Geheimnis des Himmelreichs< geschrieben. Jetzt hat er vor, sein Senkblei in andere Tiefen auszuwerfen, die der Mysterienreligionen, um auch dort in gleicher Weise dem Geheimnis des Himmelreichs nachzuspüren« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 168).

60

Siehe auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 252; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 167 u. 168; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 329-330; Nadler III 453: Apparat

zu Konxompax.

Ziesemer-Henkel III 184,28-37: Brief an Matthias Claudius vom 21. Henkel III 188,9-13: Brief an Johann 61

Gottfried

Herder

vom 8. 6.

iJ7y,

Vgl. dazu: Ziesemer-

ijyy

Christoph Meiners beispielsweise schrieb 1776 eine Abhandlung Uber die Mysterien

der

Alten, besonders über die eleusinischen Mysterien (Dazu: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 7 1 u. 180-182; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 242, 245-246, 2 5 1 - 2 5 2 , 257-258 u. 375; Manegold, Ingemarie. J o hann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 1 2 0 - 1 2 1 ; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 329-330; Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 327).

120

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Gemeinte der Sinnlichkeit entzogen bleibt und doch vermittelt wird.62 Im Unterschied zu Christoph Meiners (1747-1810) und vor allem zu Johann August Starck (1741-1816), welcher in den beiden Schriften Hephästion (1775) und Apologie des Ordens der Frey-Mäurer (1778) die Alten Mysterien - interpretierend - darstellte, um das Ansehen der Freimaurer und der natürlichen, vernünftigen Religion zu stärken, geht es Hamann in Konxompax um apokalyptische Mysterien,6i um Mysterien, bei welchen sich eine unsichtbare Welt - eine mit der Vernunft nicht greifbare Transzendenz - der sichtbaren Welt ultimativ offenbart. Mit der Bezugnahme auf die Apokalypse verbindet sich Hamann ausserdem der Offenbarung des Johannes, deren Intention sich weniger auf die Verbreitung von Furcht und Schrecken vor den Ereignissen des kommenden Weltendes richtet als vielmehr auf die Tröstung und Stärkung der Christen wie auch auf die freudige Erwartung der Wiederkehr Jesu Christi. Als letzten intertextuellen Verweis im Untertitel zu Konxompax sei noch derjenige auf Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) beziehungsweise auf Hermann Samuel Reimarus (1694-1768), einen Vorläufer der Bibelkritik und der historisch-kritischen Leben-Jesu-Forschung, erwähnt: » L e s s i n g hatte als B i b l i o t h e k a r d e r H e r z o g l i c h e n B i b l i o t h e k z u W o l f e n b ü t t e l in seinen >Beiträgen z u r G e s c h i c h t e u n d LitteraturSchutzschrift f ü r die v e r n ü n f 62

Die unterschiedlichen Sichtweisen werden - von Hamann ironisch dargestellt in der Beurteilung der rationalistischen Zeitgenossen, welchen in ihrer Forderung nach Klarheit und Deutlichkeit das Nicht-Evidente eine Narrheit und das Fehlen von Logik eine Torheit ist - in der Schrift Konxompax

selbst thematisiert: »Sehen, was nicht da ist, noch

seyn kann, ist ein Schalksaug; und nicht sehen, was sich mit Händen greifen läßt, macht das ganze System zur Nacht« (Nadler III 222,1-3: Konxompax). 226.20-227,10: 63

Vgl. auch: Nadler III

Konxompax.

Gemäss Seils (Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 2 2 2 223) bezieht sich Hamann mit der Nennung apokalyptischer

Mysterien auf Rom 16,25-26:

»Dem aber, der euch stärken kann gemäß meinem Evangelium und der Predigt von Jesus Christus, durch die das Geheimnis offenbart ist, das seit ewigen Zeiten verschwiegen war, nun aber offenbart und kundgemacht ist durch die Schriften der Propheten nach dem Befehl des ewigen Gottes, den Gehorsam des Glaubens aufzurichten unter allen Heiden: dem Gott, der allein weise ist, sei Ehre durch Jesus Christus in Ewigkeit! Amen.« Die Stelle aus dem Römerbrief wird später in Konxompax 223.21-22: Konxompax. S. 252.

zitiert: Nadler III

Dazu auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994.

121

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter tigen V e r e h r e r Gottes< des v e r s t o r b e n e n H e r m a n n S a m u e l R e i m a r u s ,

1694-

1 7 6 8 , P r o f e s s o r d e r orientalischen S p r a c h e n a m H a m b u r g e r J o h a n n e u m , in d e n e n d e r O f f e n b a r u n g s g l a u b e scharf a n g e g r i f f e n u n d als w i s s e n s c h a f t l i c h v ö l lig u n h a l t b a r dargestellt w u r d e . « 6 4

Hamann, welcher in der Natur, der Geschichte und der Bibel deutlich Gottes offenbarende Kondeszendenz und die damit verbundene coincidentia oppositorum eines Golgatha-Scheblimini erkannte und daher die Kontingenz ganz bejahte, konnte unmöglich Reimarus' Evangelienkritik oder Lessings in der Schrift Über den Beweis des Geistes und der Kraft (1777) formulierter These, dass »zufällige Geschichtswahrheiten [...] der Beweis von notwendigen Vernunftswahrheiten nie werden«6' können, zustimmen.66 So bezieht sich Hamann mit seinem sibyllinischen Fragment auf das von Lessing herausgegebene anonyme Fragment und bringt sich damit in der Maske der Sibylle als apokrypher und metakritischer Teilnehmer in das Zeitgespräch ein. Zugleich aber kommt die Bezeichnung Fragmente seinen eigenen Gedanken sehr entgegen, drückt sie doch etwas davon aus, dass es für Hamann »keine[...] ewigen Wahrheiten, als unaufhörlich Zeitliche [...]« (Nadler III 303,36-37: Golgatha und Scheblimini) gibt. Zusammenfassend kann gesagt werden: Hinsichtlich der intertextuellen Elemente beziehen sich die einzelnen Teile des Untertitels Fragmente einer apokryphischen Sibylle über apokalyptische Mysterien a) auf die von Lessing herausgegebene Schrift Fragmente eines Ungenannten des Deisten und Vertreters einer auf Vernunft gegründeten natürlichen Religion Reimarus, b) auf die ebenfalls von einer hamannschen Sibylle geschriebene Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe, c) auf die biblische Offenbarung und d) auf die zeitgenössisch aktuelle Thematik der Mysterien.

64

Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 172. Vgl. auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 7 1 - 1 7 4 ; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 241, 24S-250 u. 256-257; Lüpke, Johannes von. Hamann und die Krise der Theologie im Fragmentstreit. Frankfurt a. M. 1990. S. 345-383; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 1 7 - 2 1 u. 87-91; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 2 1 8 219; Bayer, Oswald. Zeitgenosse im Widerspruch. München 1988. S. 1 5 6 - 1 5 7 .

65

Lessing, Gotthold Ephraim. Werke 1 7 7 4 - 1 7 7 8 . Frankfurt a. M. 1989. S. 441. Hamann

66

Vgl. dazu: Nadler III 2 1 8 , 2 0 - 2 1 9 , 1 7 v. a. 218,26-29;

zitiert die Stelle in Konxompax·. Nadler III 218,26-29. auch: Nadler III 2 2 7 , 1 1 - 1 4 : Konxompax.

2I

9 > I I - I 7 : Konxompax.

Siehe u. a.

Ausserdem: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes

Buch. Berlin 1994. S. 248-250; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 1 7 3 - 1 7 4 .

122

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Der Haupttitel Konxompax wurde von Hamann aus zwei einzelnen Wörtern - Kongx und Ompax - gebildet, welche er sowohl bei Meiners' als auch bei Starcks Schriften gefunden hatte. Schoonhoven und Nadler kommentieren die sprachliche Neubildung folgendermassen: »Ein unverständliches Wort ist absichtlich zum Titel gewählt. H . [Hamann] fand es in der Schrift, die ihn zu einer Gegenschrift veranlaßte: in J . A . Starcks >Apologie des Ordens der Frey-MäurerUber die Mysterien der Alten< (von H . vor der Abfassung dieser Schrift studiert), fand er die Mitteilung: >Wenn nun die Eingeweihten alles gesehen, und gehört hatten, und durch die letzten Auftritte besonders mit frohen H o f f n u n g e n erfüllt worden waren, dann wurden sie mit den Wörtern κογξ, ο μ π α ξ entlassen: und nach dieser Entlassung wurden sie f ü r vollendet und geweiht, f ü r frey, und von aller Schuld entbunden gehaltene Die Quelle f ü r diese Mitteilungen ist das Lexikon des Hesychius.« 6 8 »Wunderlich ging es mit dem Titel. Hamann war wieder einmal einem Wortfetisch ins N e t z gegangen. Als die Schrift heraus war, lenkte Herder das G e spräch auf das dunkle Wort Konxompax. U n d erst jetzt begab sich Hamann auf die Jagd nach dem Sinn des Wortes. Herder und Kraus wurden monatelang um Lexikonliteratur geplagt, bis Hamann endlich mit leerer Jagdtasche heimziehen mußte. Ein Brief Kants an Hamann, worüber Hamann an Herder den 18. April 1783 berichtet, bildet den Epilog der wunderlichen Geschichte.« 6 '

67 68 69

Hesychius war im 3. Jahrhundert ein Lexikograph zu Alexandrien. Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 189. Siehe auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 251-252. Nadler III 453: Apparat zu Konxompax. Siehe auch: Ziesemer-Henkel IV 83,10-15: Brief von Johann Gottfried Herder vom 17. j. 17/9; Ziesemer-Henkel IV 93,10—19: Brief an Christian Jacob Kraus vom 7. 8. 177% Ziesemer-Henkel IV 96,4-97,6: Brief an Johann Gottfried Herder vom 8. 8. 1779; Ziesemer-Henkel IV 232,29-34: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 2. 11. 1780·, Ziesemer-Henkel V 36,1-12: Brief an Johann Gottfried Herder vom 18.4. 1783. Ausserdem: Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 324; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 330; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 184 u. 189. Bezüglich der nicht gefundenen Bedeutung von Kongx und Ompax: »[S]eit 1829 besteht die Vermutung Chr. Aug. Lobecks, daß die Wörter nichts mit den Mysterien zu tun hatten, doch daß Hesychius meinte: Κόγξ όμ[οίως], πάξ , i. e. >Ebenso Κόγξ = bastaDie gestohlenen Wasser sind süßer und das verborgene Brot schmeckt besser.< E r weiß aber nicht, daß dort die Giganten sind und ihre Tischgenossen in den Tiefen der Hölle« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 191).

72

Vergleiche dazu auch die Textstelle, in welcher Hamann aus 1 K o r 10,21 zitiert: Nadler III 2 2 7 , 1 1 - 2 2 v. a. 1 6 - 1 7 : Konxompax

(1 K o r 10,21: »Ihr könnt nicht zugleich den Kelch

des Herrn trinken und den Kelch der bösen Geister; ihr könnt nicht zugleich am Tisch des Herrn teilhaben und am Tisch der bösen Geister«), 73

Die Kurzzitate stammen aus der von Ingemarie Manegold angefügten Ubersetzung der von Hamann im Motto zitierten Textstelle aus dem 1 1 . Buch, Vers 1 0 - 1 1 der

Metamor-

phosen: Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. LVIII. 74

Es bleibt vorerst offen, ob das dritte und vierte Motto von Konxompax

von Hamann je

bewusst gesetzt worden sind oder ob er sich lediglich verschrieben hat und die beiden Stellen als identisch zu betrachten sind.

124

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

aus dem vierten Buch der Fabeln verrät, wer dieser Freund Hamanns ist. Gemäss Schoonhoven deutet der hier genannte »Vir Sanctissime« (Nadler III 216,2: Konxompax) auf Johann August Starck, zu welchem Hamann in einem kontroversen Verhältnis stand75 - was sich unter anderem auch im vierten und letzten Motto ausdrückt. In Analogie zu der im fünften Buch der Fabeln geschilderten Geschichte eines bejubelten Possenreissers und eines verhöhnten Bauern stehen sich dort der mit dem Beifall der Zeitgenossen überschüttete, letztlich aber nur eingebildete Mysterien kennende Starck und der kaum verstandene, nicht beachtete, aber um die wahren Mysterien wissende Hamann gegenüber.76 Das dritte und das vierte Motto spiegeln in ihrer Kombination etwas davon, was unter Punkt 2.3.5 über das natürliche Beieinander von Kondeszendenz und Prophetie ausgeführt wurde.

3.1.4 Das Titelblatt bei: Schürze von Feigenblättern Im dritten zu untersuchenden Titel, Schürze von Feigenblättern, nimmt Hamann intertextuell Bezug auf die Geschichte des Sündenfalls, wie sie im ersten Buch Mose geschildert ist.77 Damit ist bereits eine der zentralen Thematiken der unvollendet gebliebenen Schrift angedeutet, nämlich die sich unmittelbar einstellende Scham aufgrund der eigenen Geschlechtlichkeit, sobald Gut und Böse erkennbar sind. Die aus Feigenblättern hergestellten Schürzen sind gemäss Seils ein »menschliche[r] Lösungsversuch

75

Zum Verhältnis zwischen Hamann und Starck: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 24-28, 167-168 u. 1 7 1 - 1 8 0 ; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 242-245 u. 257-258; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 1 8 3 - 1 8 7 ; j0rgensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 81-82; Kohnen, Joseph. Konxompax und die Kreuz- und Querzüge des Ritters Α bis Z. Frankfurt a. M. 1994. S. 3 0 9 - 3 1 1 . Und die sehr interessanten Ausführungen zu Starck als Freimaurer: Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 7 8 - 1 1 2 u. 1 1 7 . Ausserdem: Kreutz, Wilhelm. »L'inscription qu'on pourra mettre sur les ruines des trönes, [...] peut etre confue dans ces deux mots: >L'ouvrage de Pllluminatisme!Erkenntnis des Guten und Bösen< plötzlich >auf die Pudenda bezogen< sahen«/ 8 und als menschlichen Lösungsversuch erachtete Hamann »den ganzen rationalistischen Betrieb seiner Zeit«. 79 Uber das Ansprechen des Sündenfalls und die damit verbundene Erkenntnis des Guten und des Bösen wird ausserdem auf eine damals gerade aktuelle Auseinandersetzung verwiesen, welche von Christoph Martin Wieland ( 1 7 3 3 - 1 8 1 3 ) im Januar 1776 mit der im Teutschen Merkur öffentlich gestellten Frage »Wird durch die Bemühungen kaltblütiger Philosophen und Lucianischer Geister gegen das was sie Enthusiasmus und Schwärmerey nennen, mehr Böses oder Gutes gestiftet? Und, in welchen Schranken müßten sich die Anti-Platoniker und Luciane halten, um nützlich zu seyn?« So initiiert worden war. Oberhalb des Titels platzierte Hamann zwei hebräische Wörter - Πΐΰΐ - aus dem Buch Maleachi. 8 ' Was diese Wörter ursprünglich bedeuteten, ist bis heute nicht bekannt. Luther übersetzte sie mit »Meister und Schüler«. 82 Gemäss Seils hat sich Hamann vor allem auf diese Ubersetzung bezogen, um mit den beiden Wörtern einen zeitgenössisch neologischen Meister, den Berliner Konsistorialrat Anton Friedrich Büsching (1724-1793), wie auch sei-

78

Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 45.

79

Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 310. Vgl. dazu: Nadler II 97,7-12: Wolken\ Nadler II 362,21-24: Fünf Hirtenbriefe

80

das Schuldrama

betreffend.

Zitiert nach: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 369. Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 285-289; Hamann, J o hann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 441-442; Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 46; Engel, Manfred. Die Rehabilitation des Schwärmers. Stuttgart 1994. S. 469-498.

81

Die Wörter stammen aus folgendem Vers: »Juda ist treulos geworden, und in Israel und in Jerusalem geschehen Greuel. Denn Juda entheiligt, was dem Herrn heilig ist und was er lieb hat, und freit eines fremden Gottes Tochter. Aber der Herr wird den, der solches tut, ausrotten aus den Zelten Jakobs mit seinem ganzen Geschlecht, auch wenn er noch dem Herrn Zebaoth Opfer bringt« (Mal 2 , 1 1 - 1 2 ) . In der Lutherübersetzung von 1741 Hamann besass diese Ausgabe - lautet der zweite Vers folgendermassen: »Aber der Herr wird den, so solches thut, ausrotten aus der hütten Jacob: beyde meister und schüler samt dem, der dem Herrn Zebaoth speisopfer bringet« (Zitat gemäss: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 309).

82

Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 441. Seils schreibt über diese Wörter: »Die beiden hebräischen Worte, die hier mit >meister und schüler< wiedergegeben werden, sind kaum übersetzbar. Man hat ζ. B. versucht, die zugrunde liegenden Vokabeln mit >Wachender und Antwortender^ Wurzel und Zweig< oder >mit Stumpf und Stiel< zu interpretieren« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 309).

126

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

nen ebenso neologischen Schüler, den schon zuvor erwähnten Johann August Starck (1741-1816), anzusprechen.8' Das erste Motto legt Hamann dem Priester Johann in den Mund, dem »[s]agenhafte[n] christliche[n] Priesterkönig, wahrscheinlich in Indien, von dessen Existenz man im Europa des 12. Jahrhunderts überzeugt war«.84 Der eigentliche Text des Mottos - »Da stund der Wisant Lewe und Panthier« (Seils 274,5-6/Nadler III 205,5-6: Schürze von Feigenblättern) - stammt aus »einem mitteldeutschen Gedicht über die Pilgerfahrten des Heiligen Brandan aus dem irischen Kloster Clonfert«. 8 ' In dem Gedicht beschreibt der im Jahre 576 oder 577 gestorbene und in Deutschland als Schutzheiliger der Schiffer bekannte Brandan »Tierbilder an der Mauer der Zionsburg in einem paradiesähnlichen Land«.86 Gemäss Seils »wird man sagen dürfen, daß das Motto im ganzen auf die Sphäre des Tremendum hinweist, die zwischen den Äonen liegt und vor dem Eintritt in das paradiesisch-eschatologische Reich zu durchschreiten 1st«.87 Zwar sei, wie Seils ausführte, noch unbekannt, ob Hamann den Zusammenhang des ganzen mitteldeutschen Textes kannte, doch die im Gedicht erwähnten Tiere - welche sowohl an die den Weg zur Hölle und zum Paradies bewachenden Panther, Löwe und Wolf Dantes als auch an das apokalyptische Tier mit den zehn Hörnern und den sieben Köpfen88 erinnern »sollen doch wohl Unwürdigen den Zugang verwehren«.89 Das zweite Motto lautet: » mit goldener Rute hegst du leichte Schatten, beides, den obern Göttern Freund und den untern«,90 und es stammt ursprünglich aus dem zehnten Lied des ersten Buches der horazschen Carmina. Hamann übernahm indes die Textstelle aus dem Motto der im Jahre 1773 erschienenen ersten Nummer des Teutschen Merkurs, eben der Zeitschrift, 83

Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 309; Seils, Martin. J o hann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 40 u. 43. Weitere Ausführungen zur Neologie finden sich unter Punkt 2.3.2.

84

Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 442.

85

Ebd. Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 311— 312; Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 43.

86 87

Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 442. Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 3 1 2 . Siehe auch: Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 44.

88 89

Vgl.: O f f b 1 3 , 1 - 1 0 . Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 44.

90

Gemäss der Ubersetzung in: Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 442.

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter

127

in welcher Wieland im Januar 1776 die öffentliche Auseinandersetzung zwischen den Lucianischen und den Enthusiastischen ausgelöst hatte und in welcher derselbe im August beziehungsweise September 1776 eine der eingesandten Antworten aus der Gruppe der Enthusiasten - »Eines Ungenannten Antwort« - kommentiert mit einer kritischen Nachricht herausgegeben hatte.91 Gemäss Seils wollte Hamann mit dieser Wiederaufnahme des bereits verwendeten Mottos den Teutschen Merkur - also Wieland - daran erinnern, dass auch die literarische Kritik in Verantwortung vor Gott geschehen solle.'2 Gleichzeitig verweist Hamann mit diesem Motto - über die Thematik des goldenen Zweiges - in ganz anderer Weise auf seine eigene, frühere Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe, wodurch abermals die enge Beziehung von Geschlechtlichem und Göttlichem betont wird.

3.1.5 Auswertung der Untersuchungen zur Intertextualität Mit den Ausführungen zur Intertextualität im Bereich der Titelblätter der drei für diesen zweiten Teil der Arbeit ausgewählten Schriften konnte exemplarisch aufgezeigt werden, wie weit vernetzt und vom Weltgespräch durchdrungen Hamanns Werke sind. Doch was will Hamann mit diesen überdurchschnittlich vielen intertextuellen Bezügen erreichen?93 Und vor allem: Was entnimmt der Leser oder die Leserin einer solchen Diktion? Das soll im Folgenden angesprochen werden:94 a) Die intertextuellen Elemente zeigen der rezipierenden Person, dass Hamann das, worauf er Bezug nimmt, gelesen hat, intensiv gelesen hat, so intensiv, dass er die Ge91

Vgl. dazu: Hamann, Johann Georg. Entkleidung und Verklärung. Berlin 1963. S. 442; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 3 1 2 , 314; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 369.

92

Vgl. dazu: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 3 1 3 ; Seils, Martin. Johann Georg Hamanns Schrift »Schürze von Feigenblättern«. Halle (Saale) 1954. S. 44.

93

Natürlich liesse sich hier auch die Frage stellen, ob Hamann durch die intertextuellen Bezüge sein enormes Wissen demonstrieren oder sein Genie beweisen wollte. Doch andererseits - das wurde beispielsweise in den Ausführungen unter Punkt 2.3.3 deutlich kann als gesichert gelten, dass es Hamann mit der Kondeszendenz und mit der Koinzidenz von Dienst und Herrschaft ernst war. Die Frage nach einer - selbstversichernden Profilierung Hamanns in seinem gelehrten Umfeld müsste allerdings unter Umständen an anderer Stelle genauer untersucht werden.

94

Viele der hier angesprochenen Punkte wurden bereits in den Ausführungen im ersten Teil dieser Arbeit thematisiert.

128

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

danken des von ihm rezipierten, interpretierten und reflektierten Textes kritisch weiterführen und mit anderen analogen Texten vernetzen kann. So erweist sich Hamann als Schriftsteller, dessen Autorschaft immer eine von Rezeptivität geprägte Hingabe an andere Gedanken beziehungsweise Sprachbenutzende vorausgegangen ist. b) Hamanns Schriften sind weit gehend als antwortende Gesprächsbeiträge auf vorangegangene Reden zu verstehen. Das macht Hamann unter anderem deutlich, indem er das zuvor von anderen Gesagte als intertextuellen Bezug in seine Texte einbaut. Seine Schriften erheben dabei aber nicht den Anspruch, ultimatives Schlusswort zu sein - schon die Gattungsbezeichnungen Versuch, Fragmente verunmöglichen einen solchen Gedanken - , sondern sie wollen ihrerseits die Zeitgenossen zu einer widersprechenden oder zustimmenden dialogischen Anteilnahme herausfordern, c) Indem Hamann auf Formulierungen aus anderen Werken - häufig zitiert er aus den Werken seiner Gegner - anspielt, sie aber in seiner Schrift zu neuen Arrangements verarbeitet, weist er den zitierten Textstellen einen neuen Ort mit neuen, analogischen Bezügen zu, welche das ursprüngliche Gedankenumfeld unter Umständen gehörig durcheinander bringen und bisherige, unhinterfragte Kohärenzen stören können. Hamanns - metakritische - Provokation erweist sich hier als konsequente Weiterführung der Gedanken seiner Gegner, d) Ein weiterer Grund für den intensiven Gebrauch intertextueller Elemente kann in Hamanns imitatio dei gesehen werden, in der Nachahmung Gottes, der sich in seiner kondeszendenten Haltung in die Natur, die Geschichte und die Schrift entäussert, damit die Menschen ihn, den hinter dem Sichtbaren Seienden, in Bildern und Gleichnissen wahrnehmen und erkennen können. In Analogie zur Kondeszendenz Gottes wird deutlich, wen Hamann als Adressaten seiner Schriften vor Augen hat, nämlich die von ihm zitierten Zeitgenossen. Sie sollen sich in seinen Schriften - welche ihre eigenen, in Geschick gebrachten Verse sind - wiederfinden und dabei Neues entdecken, e) Ähnlich wie sich Gott in seiner Kondeszendenz bis zur - angeprangerten - Unkenntlichkeit den Erkenntnisfähigkeiten der Menschen anpasst, lässt auch Hamann seine Adressaten auf so extensive Art in Centos und anderen intertextuellen Elementen seiner Schriften zu Wort kommen, dass seine eigene - innerlich äusserst engagierte und leidenschaftlich werbende - kerygmatische Mitteilung zu einem unverständlichen Stottern verformt zu werden droht, f) Die Intertextualität der Schriften Hamanns zeigt ausserdem, dass er von seiner Leserschaft umfangreiche Kenntnisse des antiken und zeitgenössischen Schrifttums erwartet beziehungsweise die Bereitschaft zu deren nachträglicher Aneignung. In diesem Sinne spricht er weniger Gelegenheitsleser an

3·ΐ Intertextualität im Bereich der Titelblätter

129

als vielmehr die Männer - und womöglich Frauen welche am Zeitgespräch intensiv teilnehmen, daher versierte Kenner des aktuellen Buchmarktes sind und zudem über eine fundierte Allgemeinbildung verfügen. Metakritik ist erst dort möglich, wo zuvor schon Kritik geübt wurde, g) In Anbetracht der Häufigkeit der intertextuellen Bezüge könnte man statt auf hamannsche metaphorisch-metonymische Poesie - auch auf das Vorliegen einer wissenschaftlichen Arbeit schliessen. Beiden Textsorten ist die Vernetzung verschiedener Meinungen und Aussagen, die Diskussion unterschiedlicher Standpunkte auf engem Raum und eine hohe Anforderung an das mitgebrachte Grundwissen der Leserschaft gemein. Und trotzdem unterscheiden sich die beiden Textsorten in ihren Möglichkeiten fundamental voneinander. Während nämlich Hamanns assoziative und doppelsinnige Bildlichkeit und Gleichnishaftigkeit kaum den rationalistischen, objektivistischen - und kanonisierten - Anforderungen einer wissenschaftlichen Arbeit genügen können, gelingt es einer wissenschaftlichen Arbeit kaum, die Gesinnung und die innere Haltung der Rezipierenden, ihr subjektives Erleben nachhaltig - und vielleicht sogar durch plötzliche Einsicht - zu beeinflussen und Herz und Leidenschaften zu berühren, h) Die intertextuellen Elemente weisen Hamann als typologisch und damit analogisch denkenden, lesenden und schreibenden Menschen aus. Einerseits stellt er sich damit demütig in die Tradition der bisherigen Reden der Weltgesprächsteilnehmenden, unterwirft sich der Geschichtlichkeit, dem Prinzip der Wiederholung, der Verheissung und Erfüllung, und greift als Poet auf die bereits existierenden, konkreten Bilder zurück. Andererseits gelingt es ihm - einem Propheten gleich - , neue Perspektiven aufzuzeigen und bei den Rezipierenden Verstehenssprünge auszulösen, indem er Analogien zwischen den zitierten und den indizierten Verhältnissen provoziert. Intertextuelle Elemente können gleichnishaften Charakter bekommen und zu Metaphern werden, i) Die intertextuellen Bezüge verdeutlichen und veranschaulichen die Vernetzung der einzelnen Aussagen der Weltgesprächsteilnehmenden wie auch die unaufhörliche zuweilen aber nicht eingestandene - Abfolge von Rede und Antwort im Raum der Sprache. Gerade durch die Intertextualität wird die hamannsche Rede Teil der grossen Weltrede, welche ihrerseits in Hamanns Gesprächsbeiträgen Raum und Aktualität erfährt. Die Sprache erweist sich so als Ort der Begegnung, der kaum mehr entflechtbaren Vereinigung neuer Gesprächsbeiträge mit bisherigen Gesprächsbeiträgen wie auch aktueller Redner mit früheren Rednern - welche alle zusammen auch immer schon Hörende gewesen sind.

130

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

3.2 Briefgespräche über Publikationen 3.2.1 Einführung in die Thematik der Briefgespräche »Der Briefschreiber Hamann ist eine ganz andere Erscheinung als der Schriftsteller. Sein Briefstil ist sein organisch weiterentwickelter Jugendstil und läuft vom Stil seiner Schriften in einem rechten Winkel ab. Dieselben Gedankengänge, die er in den Schriften absichtsvoll verdunkelte und hinter der Spur seines Fußes verschloß, erhellt und öffnet er in den Briefen mit arglosem Vertrauen. Er besitzt die Meisterschaft des Briefdialogs, der unterscheidenden Menschenbehandlung und einer Wahrhaftigkeit, die nicht verletzt.«" »Hamanns Briefwechsel also verknüpft Ostpreußen und das Reich in den wichtigsten Gesprächen, die damals geführt wurden, er verknüpft zwar nicht zu einer Einheit, aber zu einem Ganzen jene geistigen Gruppen der 60er bis 80er Jahre, die dem Geistesleben der Deutschen damals das Gesicht machten.«' 6

Aus den beiden obigen, von Nadler stammenden Zitaten kann grosse Achtung vor dem Briefschreiber Hamann gelesen werden. Die Anerkennung bezieht sich sowohl auf die Art, wie sich Hamann in den Briefen als Mensch, Freund, Autor gibt, als auch auf die geistesgeschichtliche Bedeutung seiner Briefkontakte mit vielen der wirkungsmächtigen Zeitgenossen. Nadler geht dabei so weit, dass er postuliert, Hamanns Briefwechsel »nach Umfang, geistigem Wert und literarischer Vielseitigkeit« sei das eigentliche Hauptwerk. 97 Damit hat er nicht Unrecht. Hamann war ein fleissiger Briefschreiber. Die von Walther Ziesemer und Arthur Henkel besorgte Edition seiner Briefe aus den Jahren 1751 bis 1788 - welche allerdings auch einige an ihn gerichtete Briefe enthält - umfasst in sieben Bänden auf etwa 3300 Druckseiten mehr als 1 1 0 0 Briefe.' 8 Es gibt vier Personen, mit welchen Hamann je in einer seiner Lebensphasen im intensiveren Briefverkehr stand." Zuerst sind es die Eltern und der Bruder, dann sein Jugendfreund Johann Gotthelf Lindner. Später - als Lindner 1765 in Königsberg eine Professur erhält und dort zudem Hofprediger, 95

Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 309.

96

Ebd. S. 309.

97

Ebd. S. 307.

9S

Hamann, Johann Georg. Briefwechsel (in 7 Bänden). Hrsg. von Walther Ziesemer u. Arthur Henkel. Wiesbaden u. Frankfurt a. M. 1955-1979. Zur Briefedition: Jargensen, Sven-Aage. Johann Georg Hamann. Stuttgart 1976. S. 6; Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 307-310; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 23-28.

99

Vgl. dazu: Nadler, Josef. Die Hamannausgabe. Halle 1930. S. 307-308.

3-2 Briefgespräche über Publikationen

Kirchen- und Schulrat wird, einem direkten, persönlichen Kontakt also nichts im Wege steht - setzt der Briefwechsel mit Johann Gottfried Herder ein. In der letzten Lebensphase Hamanns, etwa ab 1782, kommt noch der rege Briefwechsel mit Friedrich Heinrich Jacobi hinzu. Daneben gibt es einige kleinere Briefverbindungen, beispielsweise mit: Johann Christoph Berens, Franz Kaspar Bucholtz, Matthias Claudius, Johann Friedrich Hartknoch, Immanuel Kant, Johann Jakob Kanter, Friedrich Gottlieb Klopstock, Christian Jacob Kraus, Johann Kaspar Lavater, Moses Mendelssohn, Friedrich Carl von Moser, Christoph Friedrich Nicolai und J o hann August Starck. Auch mit einigen Frauen korrespondiert Hamann, beispielsweise mit: Anna Rebecca Claudius, Sophie Marianne Courtan, Fürstin Adelheid Amalie von Gallitzin, Albertine Hartknoch und Caroline Herder. 100 Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, der ganzen Bandbreite der von Hamann in seinen Briefen berührten Themen gerecht zu werden. Sie erstreckt sich vom häuslichen Leben, der körperlichen, seelischen und geistigen Befindlichkeit Hamanns, Anna Reginas und der Kinder bis zu hoch reflektierten Notizen über das Zeitgeschehen in und um Deutschland, von Berichten über das Wohlergehen und die Entwicklung gemeinsamer Freunde oder Bekannter bis zu rezensionsartigen Kommentaren zu Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt, von seiner beruflichen Arbeit im Dienste Friedrichs des Grossen - oft begleitet von bitteren Verweisen auf die karge Entlohnung - bis zu Berichten über den Fortgang seiner eigenen Autorschaft. Von der Diktion her gesehen, sind Hamanns Briefe häufig in einem warmen, intimen, Anteil nehmenden oder gar umwerbenden Ton verfasst, welcher aber auch ins Leidenschaftliche, Verteidigende, Höhnende, Verletzende und Verwerfende schwenken kann. Demut und Stolz, Empathie und Indignation kolorieren die verschiedenen Briefe ebenso wie Scharfsinnigkeit und Metaphorik, Logik und Ästhetik, Verstand und Sinnlichkeit. Anhand von drei Untersuchungen chronologischer Abfolgen von Briefen Hamanns soll im Folgenden gezeigt werden, wie die Briefwechsel 100 Zum Teil nimmt Hamann auch bei den zur Veröffentlichung bestimmten Werken Bezug auf die Briefform. Einige Beispiele dazu: Kleeblatt Hellenistischer 184), Lettre neologique

et provinciale

Briefe (Nadler II 1 6 7 -

(Nadler II 279-285), Lettre perdue d'un sauvage du

nord (Nadler II 299-316), Fünf Hirtenbriefe

das Schuldrama

betreffend

374), Au Salomon de Prusse (Nadler III 55-60), An den geheimen (Nadler III 61-65), An die Hexe zu Kadmonbor Briefe (Nadler III 1 3 5 - 1 6 7 ) , Ein Fliegender III 347-407).

(Nadler III 81-87),

Brief an Niemand,

(Nadler II 3 5 1 -

Ausschuss der

Loge

Hierophantische

den Kundbaren

(Nadler

132

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

sein literarisches Arbeiten begleiten und - parallel zu den publizierten Gesprächsbeiträgen - Raum für zusätzliche, mehr intime Gespräche bilden.101 Dabei soll die erste Untersuchung bezüglich des Versuchs einer Sibylle über die Ehe verdeutlichen, wie intensiv Hamann mit seinem Freund und Verleger Johann Friedrich Hartknoch sowohl über seinen eigenen Schreibprozess als auch über die Gestaltung der zur Veröffentlichung bestimmten Schrift diskutiert. In der zweiten, Konxompax betreffenden Untersuchung wird exemplarisch gezeigt, wie Hamanns konzeptionelle Arbeit an seinen Schriften von Briefgesprächen begleitet ist. Über den Kontakt und die Beziehung mit seinen Briefpartnern und Freunden findet er ein geistiges Forum für die Reflexion der Zeitgeschehnisse und Zeitströmungen. Die dritte Untersuchung bezüglich der Schürze von Feigenblättern soll darlegen, wie Hamann in diversen Briefen einem Phantom, konkret dem Zitat »Brücke ohne Lehnen« nachjagt, dessen Schöpfer sich erst nach Jahren zu erkennen gibt.

3.2.2 Briefgespräche über den Versuch einer Sibylle über die Ehe Der Beginn der Produktionsgeschichte vom Versuch einer Sibylle über die Ehe kann mit dem 26. August 1774 datiert werden. An diesem Freitag, so schildert es Hamann Herder noch am selben Tage in einem Brief, 102 wird er frühmorgens von ihrem gemeinsamen Freund und Verleger, Johann Friedrich Hartknoch, geweckt und erfährt von dessen bevorstehender Hochzeit mit Albertine Toussaint, der Tochter des Kommerzienrates Toussaint zu Königsberg. Hamann lernt während der folgenden Tage die Braut Hartknochs kennen und beschliesst, dem jungen Brautpaar ein Ehebüchlein - den Versuch einer Sibylle über die Ehe - als Hochzeitsgabe zu schreiben.103 Aber am 23. September 1774, als die Hochzeit schon längst gefeiert war, notiert er in einem Brief an Hartknoch in Riga,104 er habe an dem Text noch nicht weiterschreiben können. Im selben Brief nennt 101 Dazu auch: Hoffmann, Volker. Johann Georg Hamanns Philologie. Stuttgart 1972. S. 5560. 102 Vgl. dazu: Ziesemer-Henkel III 102,3-5; 1 3 - 1 5 ; 30-35; 103,28-32: Brief an Johann Gottfried Herder vom 26. 8. 17/4· Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 127; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 359. 103 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 126,17-19: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom jo. 11. 1774. 104 Dazu: Ziesemer-Henkel III 108,18-24: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 2}. 9. 1774· Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 110,9-13: Brief an Johann Gottfried Herder vom 4. 70. 1774.

3-2 Briefgespräche über Publikationen

133

Hamann explizit den Zusammenhang des Versuchs einer Sibylle über die Ehe mit dem unter Punkt 3.1.2 bereits erwähnten Gedicht Wilkes' An Essay on woman. Kaum einen Monat später beklagt er sich in einem Brief an Hartknoch, dass seine Sibylle mit »ihrem kleinen Versuche über die Ehe ä la Wilkes« (Ziesemer-Henkel III 113,6: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 5. 10. 1/74) immer noch nicht fertig sei,105 äussert sich aber andererseits schon sehr konkret über die Ausstattung des Büchleins welche er mit der Kinderkleider-Ausstattung für das zu erwartende Kind der Hartknochs vergleicht. Das Format, die Lettern und die Einfassung wünscht er sich für sein Ehebüchlein genau gleich »wie das kleine naseweise witzige Ding: Uber die Ehe« (Ziesemer-Henkel III 1 1 3 , 1 6 - 1 7 : Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom y 10. 1774), also wie die anonym bei Christian Friedrich Voss (1722-1795) in Berlin erschienene Schrift Hippels Über die Ehe. Damit lässt Hamann seine Schrift gewissermassen in Schwesternschaft zu Hippels Schrift treten.106 Die Analogie von Buch und Kind wie auch von Autorschaft und Geburt beschäftigt Hamann noch im November desselben Jahres.107 Aus nahe liegenden Gründen: Er berichtet Hartknoch brieflich, dass er »halb krank von Flüßen, halb krank von Ungedult« (Ziesemer-Henkel III 125,6: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 30. Ii. 1774) sei, weil die Geburt seines dritten Kindes mit Anna Regina Schumacher jeden Augenblick zu erwarten sei. Überdies weiss er sich selbst kurz vor der Geburt des »kleinen Embryon« Versuch einer Sibylle über die Ehe stehend - das Buch als Körper! - und präzisiert die konkreten Vorstellungen, welche er sich vom Druckablauf und vom Druck gemacht hat.108 Dann, im selben Brief, in welchem Hamann seinen Freund Hartknoch die Geburt seiner Tochter, Magdalena Katharina Hamann, wissen lässt, teilt er mit, das Ehebüchlein sei nun gleichsam fertig, aber kürzer geraten als geplant.109 Der folgende Ausschnitt aus diesem 105 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 114,29-115,2: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom I0 !

- 774-

106 Dazu: Ziesemer-Henkel III 113,5-19: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 70. 1774. 107 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 129,9-12: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Dezember 1~/J4\ Ziesemer-Henkel III 131,1-8: Brief an Johann Gottfried Herder vom 20. 12. 1774· 108 Dazu: Ziesemer-Henkel III 125,26-126,19: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 30. II. 1774· Bezüglich des Vergleichs eines werdenden Textes mit einem Embryo siehe auch: Ziesemer-Henkel III 305,29-30: Brief an Johann Gottfried Herder vom 10. 3. IJJJ\ Ziesemer-Henkel IV 69,29-30: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779· 109 Dazu: Ziesemer-Henkel III 127,28-128,8: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 4. 12. i774.

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Brief zeigt ausserdem, dass Hamann mit dem Versuch einer Sibylle über die Ehe eine skandalöse Wirkung bei den moralisch scheinenden Aufklärern - das Thema wurde bereits unter Punkt 3.1.2 gestreift - zu erzielen hofft: »Auf die Ostermeße muß er [der Versuch] in die Welt als ein kleines (kritisches) climacterisches Monument meines 45 Jahrs. Unterdeßen erwarte doch eine Erklärung auf meine Ihnen mitgetheilte Grillen in Ansehung des Drucks. Vielleicht finden Sich neue Aussichten ihn um ein Latus zu verlängern. Gegenwärtig würde er kaum einen Bogen betragen. Der Leisten oder das Format vom Vossischen Versuch [Hippels Uber die Ehe] bleibt aber zum Muster. Ob Sie ihn ohne Anstoß des Gewißens werden drucken können, hierüber erwarte Ihr treuherziges Bekenntnis; melde aber zum voraus, daß der gantze Knoten eben darinn liegt, daß er Scandal unserm moralischen Jahrhundert geben soll; und wenn er die Wirkung zu thun im Stande ist: so hab ich meinen Endzweck erreicht« (Ziesemer-Henkel III 128,9-18: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 4. 12. 1774).110

Am 25. Dezember 1774 beendet Hamann die Arbeit am Versuch einer Sibylle Uber die Ehe und sendet Hartknoch sogleich eine Abschrift zu. 111 Im angefügten Brief geht Hamann nochmals auf die Druckausstattung ein. Immer noch muss das Format »schlechterdings nach dem Voßischen Opusculo homonymo seyn« (Ziesemer-Henkel III 140,4-5: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 25. 12. 1774), doch von den ursprünglich für das Titelblatt geplanten Druckerfarben - golden und blau - sieht er nun ab und ist mit rot und schwarz zufrieden. 112 Als Anteil an dem durch den Verlag der Schrift erwirtschafteten Gewinn erbittet er sich von Hartknoch die gelegentliche Sendung eines Fässchens Kaviar, welches prompt Ende Januar 1775 mit den ersten gedruckten Exemplaren des Ehebüchleins bei Hamann eintrifft. 113 Genüsslich erzählend schildert Hamann Hartknoch in seinem Dankesbrief vom 31. Januar 1775 das Eintreffen des Kaviars am Vortag und die grosse Freude von ihm und seinen Kindern 110 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 263,1-24: Brief an Johann Gottfried Herder 14. /ο. 1776. 111 Dazu: Ziesemer-Henkel III 136-139: Brief an Johann Friedrich Hartknoch 25. 12. i774. 112 Vgl. dazu: Ziesemer-Henkel III 113,17-19: Brief an Johann Friedrich Hartknoch f . 10. 1774; Ziesemer-Henkel III 140,1-12: Brief an Johann Friedrich Hartknoch 25. 12. 1774.

vom vom vom vom

113 Vgl. auch: Ziesemer-Henkel III 155,25-30: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom i}. 2. 177;. Ende Februar desselben Jahres erhält Hamann nochmals ein Fässchen Kaviar von Hartknoch zugesandt (Ziesemer-Henkel III 162,1-6: Brief an Johann Friedrich Hartknoch und Albertine Hartknoch geb. Toussaint vom 27. 2. 177

3.2 Briefgespräche über Publikationen

135

über den Leckerbissen.114 Während dieses Schmauses erhält die Sibylle, welcher das Ganze zu verdanken ist, den im Kalender unter diesem Datum vermerkten Vornamen, nämlich Adelgunde. 11 ' Hamann ist mit dem Druck des Versuchs einer Sibylle über die Ehe sehr zufrieden, denn er schreibt Hartknoch: »Meine kleine Adelgunde ist so rund und gut im Druck gerathen, daß ich meine Freude an ihren rothen Wangen und pechschwarzen Augen und Haaren gehabt habe« (Ziesemer-Henkel III 1 5 2 , 1 1 - 1 3 : Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom JI. 1. 1775). Allerdings, so fährt Hamann fort, habe die Neugeborene noch einige »Muttermähler«, worauf er eine Liste der Druckfehler folgen lässt.116 Schon wenige Tage danach beginnt die Rezeptionsgeschichte des kleinen Werkes, denn Hartknoch bekennt in einem nicht erhaltenen Brief an Hamann, er habe das Ehebüchlein - Hamanns Hochzeitsgabe an ihn und seine Frau - nicht verstanden. Hamann antwortet ihm: »Daß Sie die kleine Adelgunde, Ihr eigen Verlagsbuch nicht verstehen, das ist Waßer auf meine Mühle mit unserm alten Freunde, dem Papiermacher in und von Trutenau [gemeint ist Johann Jakob Kanter] zu reden. Sie sind Gott Lob! mein 6 t e r Amanuensis [Gehilfe, Schreiber, Sekretär], der mir die Ehre anthut mich für einen Autor zu erkennen, der eben dadurch daß er kein Schriftsteller seyn will, verdient einer geworden zu seyn. Ihre eigene Schuld ist, daß Sie nicht auf unsere Gespräche über die Erscheinung der Irrlichter im alten Graben, über Galimafristen Nasonis Icon, der freylich - aber nicht dem Hausherrn zum Verdrus auf den Busen - gehangen zu werden verdient noch auf meine Gesichter die ich schnitte, Achtung gaben, weil Sie dort am Fensterkopf beym Porcellan-Schaffchen den ehrbaren, schmachtenden, entzückten Liebhaber spielten. Nunmehr hoffe ich, daß Ihnen die posteriora Ihres verlegten sibyllinischen Versuchs über die E. so sonnenklar seyn werden, als der heutige Mond, der morgen eine eclipsin erleben soll, ohne es selbst zu wißen, weil er nichts als ein Amanuensis, aber kein Autor seines Glantzes ist, wie Ihr ergebener Diener Johann Georg - mit dem Lindwurm« (Ziesemer-Henkel III 157,9-24: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 13. 2. 1773)·"7 114 Dazu: Ziesemer-Henkel III 150,20-152,6: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 31. 1. 177 115 Später unterzeichnet Hamann einige Briefe mit dem Namen »Sibylla Adelgunda« (Ziesemer-Henkel III 157,37: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 13. 2. 177y, Ziesemer-Henkel III 163,31: Brief an Johann Friedrich Hartknoch und Albertine Hartknoch geb. Toussaint vom 27. 2. 1775). 116 Dazu: Ziesemer-Henkel III 152,13-36: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 31. 1. 177f. 1 1 7 Im selben Brief übrigens kommt Hamann auf die Thematik der Schürze von Feigenblättern zu sprechen, indem er schreibt, er habe eine »Schürze von Feigen(flechten)blättern [...] nolens volens flechten müßen um die pudenda meiner [Hamanns] Autorschaft

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Hamann freut sich also darüber, dass seine Schrift - in einer Klarheit und Deutlichkeit fordernden Zeit - verlegt wurde, obwohl selbst sein Verleger Hartknoch sie nicht versteht. Dass Hartknoch die Anspielungen im Ehebüchlein - welche gemäss Hamann aufgrund des Gesprächs anlässlich des Besuches vom damaligen Brautpaar Hartknoch-Toussaint bei Hamann am alten Graben118 in Königsberg hätten deutlich werden müssen - nicht erkennt, führt Hamann, Hartknoch deswegen neckend, darauf zurück, dass dieser damals ganz von der Rolle des Liebhabers beansprucht gewesen sei. Gleichzeitig spielt Hamann Hartknoch nochmals die nötigen verlegten - Informationen zu, die diesem helfen sollen, den Versuch einer Sibylle über die Ehe besser zu verstehen. Aus der oben zitierten Briefpassage wird ersichtlich, in welch ausgeprägtem Masse Hamann beim Verfassen seiner Schriften konkrete Adressaten vor Augen hat und auf gemeinsam Erlebtes und Gesprochenes in Anspielungen zurückgreift. Mithilfe solcher Verweise auf die posteriora eines Textes kann Hamann selbst in einer publizierten Schrift im vertrauten Tone mit seinen primären Adressaten sprechen. Die darauf geäusserte Hoffnung Hamanns, dass nun seinem Freunde die posteriora des Ehebüchleins so sonnenklar sein würden wie der sichtbare Mond, beinhaltet mit dem Zusammentreffen von Sonne und Mond wie auch von Tag und Nacht Elemente einer coincidentia oppositorum. Eine mögliche Interpretation dieser komplizierten Briefstelle (Ziesemer-Henkel III 157,20-24: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 13. 2. 1775) sei hier versucht: Im Unterschied zur Situation bei einer Mondfinsternis, wo sich die Erde zwischen Sonne und Mond stellt, im übertragenen Sinne also die Menschheit die zentrale Stelle einzunehmen versucht, erweisen sich die auf derselben Seite wie der Mond stehenden, prophetischen Sprachbenutzenden als lediglich ausführende Amanuenses beziehungsweise Sekretariatsgehilfen, welche den Glanz der Sonne reflektieren. Das bedingt eine zunächst passive Rezeption grosser Kräfte, bevor die aktive Distribution des Empfangenen unter Einsatz des eigenen Selbst stattfinden kann. Im Sinne Hamanns ist also die Aufgabe eines Schriftstellers - wie auch eines Propheten - ein rezipierendes Reflektieren und Bezeugen des Sonnenlichts beziehungsweise Gottes während dessen vermeintlicher Abwesenheit in der Nacht. Das bedeutet aber auch, dass dem Sonnenlicht sprachliche Qualitäten eigen sind - eine Implikation, welche wiederum an Hamanns Bitte »Rede, daß ich Dich sehe!« (Nadler II 198,28: Aesthetica in nuce) erinnert. und Ihrer [Hartknochs] Äußerung zu bedecken« (Ziesemer-Henkel III 156,33-35: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 13. 2. i j j f ) . 118 Am alten Graben war Hamanns Wohnadresse. Vgl. dazu beispielsweise: Ziesemer-Henkel III 87,9: Brief von Immanuel Kant vom 8. 4. 17/4·

3-2 Briefgespräche über Publikationen

T

37

3.2.3 Briefgespräche über Konxompax Der Zeitpunkt des Produktionsbeginns an der Schrift Konxompax lässt sich nicht exakt bestimmen. Die Idee, mit einer weiteren Schrift - diesmal über die Mysterien der Alten - eine Fortsetzung und damit ein klärendes Gegengewicht zum oft falsch beurteilten Versuch einer Sibylle über die Ehe zu setzen, geht jedenfalls noch auf das Jahr 1775 zurück." 9 Bereits 1775, vier Jahre vor der eigentlichen Niederschrift von Konxompax, ist sich Hamann also gewiss, dass die Sibylle ein weiteres Mal Rednerin sein soll. Dies, obwohl - oder gerade weil - sich Hamann im Klaren darüber ist, dass die weissagende Frau vom Versuch einer Sibylle über die Ehe selbst von Hamanns Freunden als schmutzig - im Sinne von anstössig, unzüchtig, schlüpfrig - oder dann als profan - im Sinne von unheilig beziehungsweise ausserhalb des geweihten, heiligen Bereiches liegend beurteilt wurde.120 Im Folgenden wird anhand der Briefe, welche Hamann in der relativ kurzen Zeit vom November 1778 bis Mai 1779 geschrieben beziehungsweise erhalten hat, der Produktionsprozess von Konxompax bis zu den ersten gedruckten Exemplaren nachvollzogen.121 Gleichzeitig soll hier exemplarisch verdeutlicht werden, dass Hamann über den Kontakt und die Beziehung mit seinen Briefpartnern und Freunden stets auch ein geistiges Forum für die Reflexion der Zeitgeschehnisse und Zeitströmungen sucht. Die Möglichkeiten geistigen Austausches in persönlichen Begegnungen sind bei Hamann, der wegen seiner Arbeit als Packhofverwalter und wegen der pekuniären Zwangslage 122 stark ortsgebunden ist, beschränkt auf 119 Dazu beispielsweise: Ziesemer-Henkel III 188,9-12: Brief an Johann Gottfried Herder vom 8. 6. 177 J. 120 Ziesemer-Henkel III 184,28-32: Brief an Matthias Claudius vom 22. 5. I77y, ZiesemerHenkel III 188,9-10: Brief an Johann Gottfried Herder vom 8. 6. 177}· 121 Rein quantitativ hat Hamann während der Entstehungszeit von Konxompax - für seine Verhältnisse - recht häufig Briefe an Frauen verfasst. Inhaltlich stehen diese Briefe jedoch nicht im Zusammenhang mit Konxompax, sondern betreffen zumeist die Geburt von Marianne Sophie. 122 Immer wieder finden sich auch Briefstellen, in welchen Hamann beteuert, die von seinen Freunden erbrachten Dienste nicht zurückzahlen zu können (beispielsweise: ZiesemerHenkel IV 51,4-8: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779; Ziesemer-Henkel IV 48,23-30: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Mitte Februar 177$; Ziesemer-Henkel IV 80,12-17: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 5. 1779)· Allgemein zu Hamanns finanzieller Situation: Ziesemer-Henkel IV 25,37-26,3: Brief an Johann Gottfried Herder vom 13, 7. 1778·, Ziesemer-Henkel IV 51,34-54,8: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779. Zur Thematik des Packhofverwalters siehe auch: Henkel, Arthur. In telonio sedens. Darmstadt 1978. S. 299-313.

138

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

den Bekannten- und Freundeskreis in Königsberg selbst. 123 Will er den Horizont seiner im Blick auf Europa marginal gelegenen Heimatstadt überschreiten, ist er in starkem Masse auf das Medium des Briefes angewiesen. Briefgespräche zwischen Zeitgenossen, welche als Gelehrte, Dichter und Denker der führenden Bildungsschicht angehören, dienen somit neben der Pflege persönlicher Beziehungen - auch einem unverzichtbaren Informationsaustausch, welcher die Mitwirkung an der geistigen Entwicklung des deutschen Reiches und Europas erst ermöglicht. 124 Auf diese Weise bilden die zwischen verschiedenen Zeitgenossen hin- und herlaufenden Briefverbindungen eine Plattform öffentlicher Diskussion, durch welche auch Hamann angesprochen, stimuliert und inspiriert wird. 125 Erst gegen Ende des Jahres 1778 erhält Hamanns Absicht, die Mysterien der Alten - die »Geheimniße des Heidentums« (Ziesemer-Henkel 123 Zu Beginn des Jahres 1779, während der Entstehungszeit von Konxompax,

sind dies vor

allem Kreutzfeld, Kraus, Brahl und in begrenzterem Umfange Kant (Dazu u. a.: Ziesemer-Henkel IV 72,33-34; 74,29-30: Brief an Christian Jacob Kraus vom 17. 4. semer-Henkel IV 81,28-34: Brief an Johann

Gottfried

Zie-

Herder vom 77. y 177% Ziesemer-

Henkel IV 93,22-26: Brief an Christian Jacob Kraus vom 7. 8. 1779)· 124 Als Beispiel für einen solchen Bericht, wer was w o macht, mag eine Textstelle aus einem Brief von Herder an Hamann dienen: Ziesemer-Henkel IV 3 9 , 3 7 - 4 1 , 1 2 : Brief von Gottfried

Herder

Johann

vom 29. 12. 1778.

125 Dass das Buch- und Verlagswesen im 18. Jahrhundert noch wenig organisiert und professionalisiert ist, zeigt sich unter anderem daran, dass bei der Besorgung und Vermittlung von Büchern Bekannte und Freunde wichtige Ansprechpartner sind. In den Briefen erscheinen unter anderem folgende Bestandteile mit grosser Regelmässigkeit: a) Informationen über Neuerscheinungen von Büchern (beispielsweise: Ziesemer-Henkel IV 35,2-8: Brief an Johann 29: Brief von Johann

Gottfried Gottfried

Herder Herder

vom 26. 11. 1778; Ziesemer-Henkel IV 65,26vom

9. 4. 1779), b) Briefstellen bezüglich der

Besorgung beziehungsweise Schenkung beziehungsweise Vermittlung von Büchern (beispielsweise: Ziesemer-Henkel IV 35,22-24: Brief

an Johann

Gottfried

Herder

vom

26. Ii. 1778; Ziesemer-Henkel IV 42,7-13: Brief

von Johann

Gottfried

Herder

vom

29. 12. 1778·, Ziesemer-Henkel IV 4 2 , 1 7 - 2 1 ; 43,28-29: Brief an Johann vom 6. 1. 1779; Ziesemer-Henkel IV 50,4-14: Brief an Gottlob

Caspar

Immanuel

19. 2. 1779; Ziesemer-Henkel IV 55,33-56,1; 56,15-22: Brief an Johann vom 21. 2. I779\ Ziesemer-Henkel IV 63,4-28: Brief von Johann

Lindner

Gottfried

Gottfried

Herder

Lavater vom Herder vom

9.4.1779·,

Ziesemer-Henkel IV 7 6 , 1 3 - 1 5 : Brief

von Johann

Gottfried

Herder

vom

6.

Ziesemer-Henkel IV 78,30-37: Brief

an Johann

Gottfried

Herder

vom

Hartknoch

vom

I779\ 5- J77%

Ziesemer-Henkel IV 85,16-24: Brief an Johann

Friedrich

18. f . 1779), c) Mutmassungen über die Urheber anonym erschienener Schriften (beispielsweise: Ziesemer-Henkel IV 33,32-34,13: Brief an Johann

Gottfried

Herder

2Ernst und Falk9 wie auch der negativen Stellungnahme zu den Systemen und Hypothesen der Philosophie, verweist Hamann einmal mehr auf die Grenzen der Vernunfterkenntnis und trifft zugleich einen Hauptgedanken der noch ungeschriebenen Schrift Konxompax. Bezüglich seiner eigenen Autorschaft äussert Hamann gegenüber Lavater: »Ich bin eine so feige träge Memme, daß ich wie der Teich zu Bethesda dann und wann der Erschütterung eines Engels nöthig habe [und ich bin] ein leidiger Arzt der weder sich selbst noch andern helfen kann« (Ziesemer-Henkel IV 42,33-43,2: Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. 1. 1779). Selbst Mitte Februar 1779 hat Hamann anscheinend noch nichts von Konxompax geschrieben. Vielmehr beklagt er sich brieflich bei Hartknoch: »Doch über die Mysterien zu arbeiten ist noch immer mein Vorsatz, zu dem ich nicht kommen kann.« (Ziesemer-Henkel IV 48,9-10: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Mitte Februar /779). 140 Aus einem Brief an Herder vom 21. Februar 1779 wird 137 Ziesemer-Henkel IV 43,22-35: Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. 1. 1779. Auch in anderen Briefen finden sich solche gegenseitigen Ermutigungen zum Schreiben - wie auch lobende oder kritisierende Gedanken zum bereits Publizierten. Auf diese Weise verwirklicht sich in den Briefgesprächen als Ausfluss geistigen Austausche sowohl Förderung als auch Gefördert-Werden (beispielsweise in: Ziesemer-Henkel IV 35,2-8: Brief an Johann Gottfried Herder vom 26. 11. 1778; Ziesemer-Henkel IV 38,30-33; 40,13-17: Brief von Johann Gottfried Herder vom 29. 12. 1778; Ziesemer-Henkel IV 42,17-21: Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. 1. 1779; Ziesemer-Henkel IV 5 1 , 1 5 - 2 1 ; 54,7-8; 56,15-22; 56,32-33; 57,8-14: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779; Ziesemer-Henkel IV 66,15-18: Brief von Johann Gottfried Herder vom 9. 4. 1779; ZiesemerHenkel IV 69,22-26: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779· Siehe auch: Ziesemer-Henkel IV 49,9-10: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Mitte Februar 1779)· 138 Mit dieser vierbändigen Schrift, welche vom Leben der Menschen nach dem Tode handelt, gelingt Lavater der schriftstellerische Durchbruch. Dazu u. a.: Literatur Lexikon. Bd. 7. Gütersloh u. München 1990. S. 181. 139 Mit dem supra nos bezieht sich Hamann auf ein bis auf Sokrates (im Zusammenhang mit dem Verhalten gegenüber unzugänglichen Dingen) zurückgehendes, aber auch von Luther (im Zusammenhang mit der Lehre vom verborgenen Gott, dem deus absconditus) benutztes Diktum: Quae supra nos, nihil ad nos (Was über uns ist, geht uns nichts an). 140 Dazu auch: Ziesemer-Henkel IV 48,28-30: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Mitte Februar 1779. In einem Brief an Lindner vom 19. Februar 1779 ist zudem die Information enthalten, dass Hamann bettlägerig gewesen ist und sich ganz der Hypochondrie

3-2 Briefgespräche über Publikationen

:

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ebenfalls ersichtlich, dass Hamann immer noch an der Thematik von Konxompax arbeitet, zunächst allerdings weiterhin lediglich als Leser 141 - für Hamann ist ja jedes Reden ein Antworten auf das zuvor Vernommene.142 Dabei beschreibt Hamann Herder unter anderem seinen Leseeindruck von Gotthelf Samuel Steinbarts (1738-1809) eben erschienenem System der reinen Philosophie oder Glückseligkeitslehre des Christenthums, für die Bedürfnisse seiner aufgeklärten Landesleute und andrer die nach Weisheit fragen eingerichtet (177s). 14 ' Zunächst habe er die Lektüre Steinbarts mit der Dedikation und der Vorrede begonnen, danach jedoch vorerst nicht weitergelesen, sondern einen Brief an Lavater beendet und darin auch Steinbarts Buch erwähnt. Das Herz habe ihm höher geschlagen, als er bemerkt habe, dass Steinbarts Werk für ihn nach der knappen Vorlektüre bereits zum »neue[n] Monstrum aus Africa« (Ziesemer-Henkel IV ergeben hat (Ziesemer-Henkel IV 49,30-50,2: Brief an Gottlob Immanuel Lindner vom 19. 2. 1779· Dazu auch: Ziesemer-Henkel IV 51,26-33: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779)· 141 Zu Hamanns Lektüreauswahl während der Entstehungszeit von Konxompax: u. a. Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 321-322. Allgemein finden sich in den Briefen sehr häufig Leseberichte, in welchen die Briefschreibenden einander anzeigen, welche Bücher sie gekauft oder ausgeliehen haben und welcher Eindruck sich bei der Lektüre ergeben hat. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen: Sehr ausführlich: Ziesemer-Henkel IV 54,24-56,31; 58,3-15; 59,14-18: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779; Ziesemer-Henkel IV 65,7-21; 66,19-67,4; 67,26-34: Brief von Johann Gottfried Herder vom 9. 4. 1779· Dann auch: Ziesemer-Henkel IV 41,23-28: Brief von Johann Gottfried Herder vom 2. 1. 1779; Ziesemer-Henkel IV 43,20-23; 44,29-32: Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. 1. 1779; Ziesemer-Henkel IV 49,4-16: Brief an Johann Friedrich Hartknoch, Mitte Februar 7779; Ziesemer-Henkel IV 60,31-34; 6 1 , 1 1 - 1 4 : Brief an Johann Gottfried Herder vom 24. 3. 1779; Ziesemer-Henkel IV 74,15-18; 24-27: Brief an Christian Jacob Kraus vom 17. 4. 1779; Ziesemer-Henkel IV 77,3-78,5; 78,30-37; 79,15-16: Brief an Johann Gottfried Herder vom 6. }. 1779· 142 Vergleiche dazu die Briefstelle, in welcher Hamann schreibt, er wolle den Gesprächspartnern, welche sich zur Krise in der Theologie äusserten, nicht ins Wort fallen: Ziesemer-Henkel IV 34,31-33: Brief an Johann Gottfried Herder vom 26. 11. 1778. 143 Ziesemer-Henkel IV 54,25-33: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779. Siehe auch: Ziesemer-Henkel IV 44,29-30: Brief an Johann Caspar Lavater vom 21. 1. 1779; Ziesemer-Henkel IV 330,14-17: Brief an Johann Friedrich Reichardt vom 25. 8. 1781. Der rationalistische evangelisch-lutherische Theologe Steinbart, der stark der Neologie verbunden ist, gilt neben Starck, Meiners und Lessing als einer der Hauptgegner Hamanns in Konxompax (Dazu auch: Ziesemer-Henkel IV 122,24-25: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 19. 10. 1779s)· Zu Steinbart siehe auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 242-251 v. a. 246-247; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 174-175; Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 115; Nadler, Josef. Johann Georg Hamann. Salzburg 1949. S. 325-326.

144

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

54,28: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779) geworden sei.'44 Mit Vergnügen - wohl auch mit Triumph und Erleichterung - stellt Hamann bei der Wiederaufnahme der Lektüre aber fest, dass sein Vorurteil berechtigt gewesen ist. Noch ist Hamann also nicht am Schreiben, und eifrig ermahnt er sich selbst zur Geduld. Es scheint ihm »von außen noch alles so unreif zu seyn als in [sjeinem Innern« (Ziesemer-Henkel IV 57,3-4: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779). Und er fragt sich: »Was geht mich das Publicum an, wenn ich mein eigen Haus [...] oder meine Cameram obscuram, nach der ich das Uniuersum auffangen muß, nicht ins Geschick und zur Festigkeit bringen kann« (Ziesemer-Henkel IV 57,4-7: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779).'4' Er will zuerst innere Klarheit über das zu Sagende gewinnen, bevor er mit seinen Gedanken und mit seiner Sicht der Dinge an das Publikum gelangt, und beschwört deshalb die Töchter Jerusalems, sie - nach dem Hohelied Salomonis ist damit die Liebe gemeint, doch Hamann spricht hier vermutlich auch von der Sibylle als Rednerin, womit erneut eine Verbindung von (Liebes-)Beziehung und Sprache, von relatio und communicatio geschaffen ist - noch nicht zu wecken.146 Gegen Ende desselben Briefes bekundet er dann aber: »Werde in Mitfasten den letzten Versuch [machen], ob ich im stände seyn werde meine Gedanken drüber [über die Geheimnisse des Heidentums] auszudrücken« (Ziesemer-Henkel IV 59,18-20: Brief an Johann Gottfried Herder vom 1. j. 1779). In den folgenden Tagen muss Hamann dann mit dem Schreiben begonnen haben. Jedenfalls ist aus der Zeit von Mitte oder Ende März 1779 in Form eines Briefes - vermutlich an Herder - ein Entwurf zu Konxompax mit dem Untertitel Fragmente einer apokryphischen Sibylle über apo-

144 Monstrum geht etymologisch gesehen auf das lateinische monere - mahnen oder warnen zurück. Mit Afrika und dem afrikanischen System bezieht sich H a m a n n vermutlich auf den in Afrika geborenen Augustinus (354-430), der tatsächlich - neben Anselmus ( 1 0 3 3 1109) und Luther (1483-1546) - von Steinbart angegriffen wird. Monstrum aus Africa kann wohl etwa mit ungeheuerliches Mahnmal aufklärerischer Theologie übersetzt werden (bezüglich Afrika: Nadler VI 9: Der Schlüssel. Zu Steinbarts Kontrahenten siehe auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 247; H a m a n n , Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 175). 145 Z u r camera obscura: Im Jahre 1779 bedeutet camera obscura noch nicht Fotografie. Diese wird erst 1824 von Niepce beziehungsweise 1839 von Daguerre und Talbot entwickelt. H a m a n n vermisst somit eigentlich die Möglichkeit, im übertragenen Sinne das Universum zu fotografieren. 146 Ziesemer-Henkel IV 57,7-8: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21. 2. 1779.

3-2 Briefgespräche über Publikationen

145

kalyptiscbe Mysterien erhalten.147 Allerdings umfasst dieser Entwurf weniger als ein Zehntel seines späteren Textumfangs.148 Aber bereits am 17. April 1779 ist es so weit: Hamann sendet Herder den Text von Konxompax mit der - fast ein wenig unvermittelt geäusserten - Bitte, für den Druck besorgt zu sein.149 Dabei formuliert er zwar seine Vorstellungen und Wünsche, wie die Schrift zu drucken sei - »Am liebsten im Format der Sibylle über die Ehe, doch ohne die daselbst angebrachte Einfaßungen.« (Ziesemer-Henkel IV 68,32-33: Brief an Johann Gottfried Herder vom ιγ. 4. iyj9)'5° - und selbst eine Liste der Personen, welche Konxompax als Geschenk erhalten sollen, teilt er Herder mit, 1 ' 1 doch aus vielen Bemerkungen in diesem Brief wird klar, dass Hamann möglichst schnell einer weiteren Beschäftigung mit der eben entstandenen Schrift enthoben sein möchte.1'2 Daher gibt er Herder für alles Weitere vollkommen freie Hand. Ähnlich wie bereits unter Punkt 3.2.2 ausgeführt, 1 ' 3 wird auch in diesem Brief an Herder das literarische Druckerzeugnis einem neugeborenen Kind - und der Autor einer gebärenden Frau - gleichgesetzt.1'4 In 147 Ziesemer-Henkel IV 61,25-63,2: Entwurf zu »Konxompax. Fragmente einer apokryphischen Sibylle über apokalyptische Mysterien«, Mitte oder Ende März 1779. 148 Gemäss Manegold herrscht bei diesem Entwurf noch vermehrt »eine gedankliche Helle, die im endgültigen Text bewußt vermieden« werde. Der Entwurf sei ohne »die spätere sibyllinische Verkleidung« abgefasst - an anderer Stelle nennt Manegold Hamanns Schreibart einen »esoterische[n] Stil der Unzugänglichkeit« (Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 119 u. 20 u. allgemein

149 150 151 152 153

154

S. 1 1 8 - 1 2 2 . Siehe auch: Koepp, Wilhelm. Der Magier unter Masken. Göttingen 1965. 5. 191). Editionen der zwei Entwürfe: Manegold, Ingemarie. Johann Georg Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. X X X I I I - X L u. L V I I - L I X (im Anhang); Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 260-262. Ziesemer-Henkel IV 68,20-69,18: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779· Ziesemer-Henkel IV 68,32-69,5: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779. Ziesemer-Henkel IV 69,5-18: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779 . Ziesemer-Henkel IV 68,31-32; 70,33-71,3; 71,7-10; 71,27-28: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779 • Dazu auch die Ausführungen unter den Punkten 2.4.2 und 2.4.3, welchen unter anderem dargestellt wird, dass bei Hamann der Rezeptionsvorgang - der jedem Sprechen und Schreiben vorausgeht - der Empfängnis vergleichbar ist. Ziesemer-Henkel IV 68,26-32; 69,29-30: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779 • Einige andere Briefstellen aus dieser Zeit bezüglich des Topos vom Schreiben als Gebären: Ziesemer-Henkel IV 42,22-26: Brief an Johann Caspar Lavater vom 6. 1. 1779', Ziesemer-Henkel IV 54,7-8; 56,32-33: Brief an Johann Gottfried Herder vom 21.2.1779-, Ziesemer-Henkel IV 80,2-5: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 1779; Ziesemer-Henkel IV 85,35-86,1: Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 18. 5. 1779. Bezüglich der Datierung von Konxompax verweist Hamann auf den Tag, an welchem sein Bürokollege Selbstmord beging (Ziesemer-Henkel IV 68,15-19: Brief an Johann Gottfried Herder vom 17. 4. 1779', Ziesemer-Henkel IV 72,4-11: Brief an Chris-

3 Exemplarisches A u f z e i g e n hamannscher Dialogizität

einem am selben Tag an Kraus gerichteten Brief benutzt Hamann übrigens denselben Topos, wenn er schreibt: »[...] und ich arme Sibylle! lag im Wochenbette seit Grünendonnerstage, und wartete auf meine Entbindung von einem Knäblein, das dem Himmel sey Dank! glücklich zur Welt gekommen - nicht dicker und stärker als ein einziger Bogen« (ZiesemerHenkel IV 72,17-19: Brief an Christian Jacob Kraus vom ιγ. 4. iyj9).'5® Bereits knappe drei Wochen später, am 6. Mai 1779, sendet Herder ein erstes Exemplar der frisch gedruckten Schrift Konxompax an Hamann.1®6 Dabei übernimmt Herder in seinem Begleitbrief Hamanns Analogie v o m Schreiben eines Buches als Gebären eines Kindes, denn er hofft, Hamann möge »das Kindlein [...] in seinem neuen Kleide« (Ziesemer-Henkel IV 76,9: Brief von Johann Gottfried Herder vom 6. 5. 1779) gefallen. Im Ü b rigen ist Herder in diesem Brief eher kurz angebunden, denn er ist in Sorge um seinen kleinen Sohn Gottfried, der sich verletzt hat.1®7 Nichts ahnend, dass sich Konxompax als Druckerzeugnis bereits auf dem Weg nach Königsberg befindet, schreibt Hamann am selben 6. Mai 1779 einen Brief an seinen Freund Herder, in welchem er diesen fast nebenbei fragt, ob er das Manuskript von Konxompax schon habe »entziffern« können.' 58 U n d ähnlich, wie er es bereits bei Kraus gehalten hat, bittet Hamann auch Herder um einen Hinweis, wie er Konxompax beurteile.1®9 Darin zeigt sich erneut Hamanns Ausrichtung auf den Dialog mit Vertrauten, sein Wunsch, gehört und angesprochen zu werden, und seine Suche nach einem geistigen Forum. 160 Als Hamann indes am 16. Mai 1779 das erste tian Jacob Kraus vom Konxompax

17. 4. 17/9).

D e r Tod des Arbeitskollegen und die G e b u r t v o n

fallen also hier zusammen, wie der Tod v o n Hamanns Bruder und die G e -

burt seiner Tochter einige Monate z u v o r fast zeitgleich geschehen sind. 155 Bezüglich der Freundschaft zwischen Kraus und Hamann: Kaitz, Barbara. Christian Jacob Kraus (1753-1807) Revisited. Münster 1999. S. 297-315 v. a. 3 0 7 - 3 1 1 . 156 Ziesemer-Henkel I V 76,2-9; 31-32: Brief von Johann U b e r die erste A u f l a g e v o n Konxompax

Gottfried

Herder

vom 6. 5. 1779·

und den Plan einer zweiten A u f l a g e : Manegold,

Ingemarie. Johann G e o r g Hamanns Schrift »Konxompax«. Heidelberg 1963. S. 14; N a d ler, Josef. D i e Hamannausgabe. Halle 1930. S. 329-331. 157 Ziesemer-Henkel I V 76,10-12: Brief von Johann semer-Henkel I V 82,22-83,6: Brief von Johann 158 Ziesemer-Henkel IV 78,6-9: Brief an Johann

Gottfried Gottfried

Gottfried

159 Ziesemer-Henkel I V 78,6-9: Brief an Johann Gottfried

Herder Herder

Herder

vom 6. 5. 1779;

vom 17J19.

vom 6. y

Herder vom 6.

Zie-

1779·

1779. 1779· Bezüglich

Kraus: Ziesemer-Henkel IV 73,29-32: Brief an Christian Jacob Kraus vom 17. 4. 1779. 160 Dasselbe lässt sich auch dort beobachten, w o H a m a n n w e g e n unbeantworteter Briefe oder w e g e n des Stillschweigens eines Briefpartners extrem beunruhigt und verunsichert ist (beispielsweise: Ziesemer-Henkel III 184,32-37: Brief 22. 5. 177S', Ziesemer-Henkel III 188,16-21: Brief 8. 6. 1775;

Ziesemer-Henkel IV 49,32-33: Brief

an Matthias

an Johann

an Gottlob

Gottfried Immanuel

Claudius

vom

Herder

vom

Lindner

vom

Σ

3-2 Briefgespräche über Publikationen

47

Exemplar von Konxompax in Händen hält, ist es ihm »Freude, Exaudi und Himmelfahrt zusammengezogen« (Ziesemer-Henkel IV 80,2-3: Brief an Johann Gottfried Herder vom iy. j . 1779). Innig ist Hamanns Dank an Herder und an dessen Frau Caroline für die »Bey- und Nothhülfe an der armen Adelgunde« (Ziesemer-Henkel IV 80,2-3: Brief an Johann Gottfried Herder vom iy. ß. iyyFeuer, das in Teutschlands Jünglingen wüthetlangbeinigte, hundemagre Thier Deismus< keineswegs zu ersetzen. U n d nun den Bemühungen der >Lucianischen GeisterDoch, w a s w i r g e f a n g e n , h a b e n w i r w e g g e w o r f e n , u n d w a s w i r nicht g e f a n gen, n e h m e n w i r mit u n s heim< - z u e i n e m a n d e r n Z u g e b e y b e s s e r e r M u ß e . E s w a r e n w e d e r Schmetterlinge, noch Ameisen, noch Bienen - sondern Gottes Finger! (bey den C o p h t e n ) « (Nadler III 227,29-228,4:

Konxompax).263

Die hier bezüglich der kognitiven Funktion von Metaphern264 untersuchte und eben zitierte Textpassage bildet den Abschluss der Schrift Konxompax und führt zwei zuvor entwickelte Gedankengänge mit ihren entsprechenden Metaphern - dem Lausangelrätsel und Gottes Finget - zu einem neuen, verblüffenden Gedanken - zu einem Einfall - zusammen. Aus dem Kontext - und der Kontingenz - der ganzen Schrift Konxompax genommen, bleiben die Metaphern der zitierten Endpassage nichts sagend, undeutbar, dunkel-wirr; denn was haben Fische und Insekten schon mit Gottes Finger zu tun. Nur aus dem Kontext der im vorderen Teil der Schrift indizierten Bedeutungen gewisser Semantikbereiche können die am Ende von Konxompax allusiv wieder aufgenommenen Metaphern verstanden werden - ohne allerdings in ihrer Polysemantik je zu einem letzten Resultat führen zu können.266 Anders gesagt: Aufgrund der zuvor zwischen Autor und Rezipient aufgebauten Verständigung - der kondeszendenten Hinführung auf gemeinsam vereinbarte, relationale Bedeutun262 N o c h weitere Metaphernpaare sind beispielsweise: a) »Tand ihrer Verdienste« (Nadler III 202,20) vs. »Kleinod [...] der Keuschheit« (Nadler III 202,26-27). b) »der hoch in den Wellen des Luftkreises herrscht« (Nadler III 202,21-22) vs. »vom Himmel geschenkt[...]« (Nadler III 202,24-25). c) »Schaamröthe eurer Jungferschaft« (Nadler III 202,22) vs. »Heiligtum der Keuschheit« (Nadler III 202,27). 263 Im Folgenden wird der Einfachheit halber bei den Verweisen auf die Nadler-Stellen von Konxompax

(Nadler III 2 1 5 - 2 2 8 ) - in Abweichung von der in dieser Arbeit üblichen

Notierung von Textstellen - auf die Nennung des Schrifttitels als Informationszusatz verzichtet. 264 Dazu auch: Debatin, Bernhard. Die Rationalität der Metapher. Berlin 1995. S. 9 7 - 1 3 7 v. a. 1 0 6 - 1 1 1 u. 1 3 3 - 1 3 7 · 265 Diese Metaphern werden im Folgenden noch besprochen. 266 Dazu auch: Debatin, Bernhard. Die Rationalität der Metapher. Berlin 1995. S. 262-323; Weinrich, Harald. Semantik der kühnen Metapher. Darmstadt 1996. S. 333-336.

3-3 Metaphorizität hamannscher Autorschaft

x

77

gen sprachlicher Ausdrücke - kann Hamann in einen neuen, bisher nicht begangenen Gedankenprozess führen, nämlich die Zusammenfügung zweier, voneinander unabhängiger metaphorischer Gedanken zu einem einzigen Neuen, wobei der potentielle Erkenntnisgewinn eine schlichte Summierung der bisher gewonnenen Erkenntnisse markant überschreitet.267 Durch den Gebrauch von Metaphern vermittelt Hamann neue Sichtweisen und dynamisiert bisherige, festgefahrene Systeme. Die einzelnen Schritte einerseits der Verständigung zwischen Autor und Leser und andererseits der Zusammenfügung zweier Metaphern zu einer einzigen sollen im Folgenden nachvollzogen werden, indem zunächst der Gebrauch und die Funktion der Metaphern vom Lausangelrätsel und von Gottes Finger anhand der unterschiedlichen Verwendungssituationen innerhalb von Konxompax verfolgt werden268 und danach untersucht wird, was bei der Verbindung der beiden metaphorischen Ausdrücke - bei der Verbindung von Gottes Finger mit den Läusen - geschieht. Mit dem so genannten Lausangelrätsel und der Aussage »>Doch, was wir gefangen, haben wir weggeworfen, und was wir nicht gefangen, nehmen wir mit uns heim Hamann verweist hier einmal mehr - auf die Dynamik von sichtbarer und unsichtbarer Existenz, von vordergründiger und hintergründiger Bedeutung, von geoffenbarten und verborgenen Seinszuständen. In einer direkten Adressierung an die »geborene[n] und verdammte[n] Seelen« (Nadler III 201,14-1 j)354 be351 Die Textstelle mit dem Schöpfer

in Nadler III 199,25-27 kann meines Erachtens auf

mindestens zwei Arten gelesen werden: a) Gott selbst hat die Scham ja nicht geschaffen. Vielmehr ist sie eine Folge der menschlichen Übertretung seines Gebotes. Ihres in Nadler III 199,27 bezieht sich also auf die zuvor erwähnte Natur und nicht auf die Schaum. Aus dieser Lesart folgt, dass der Mensch, indem er sich schämt, Gott einen Vorwurf bezüglich der vermeintlich fälschlicherweise mit Geschlechtlichkeit behafteten Natur des Menschen macht (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 145). b) Wird ihres in Nadler III 199,27 jedoch auf die Schaam bezogen, kann in dem Schöpfer der Mensch als Verursacher, Evozierer und Bildner der Scham gesehen werden. Die Adjektive herrlich allein weise und hochgelobt

bekommen dann ironischen Charakter.

Bei dieser Lesart hält die Scham dem Menschen stets vor Augen, was er im Sündenfall verursacht hat. 352 Genau genommen ist die rhetorische Frage damit eine subiectio.

Dazu u. a.: Göttert,

Karl-Heinz. Einführung in die Rhetorik. München 1991. S. 60. 353 Unmittelbar nach der Textpassage mit den rhetorischen Fragen folgt das mythische Märchen, welches umfangmässig den ganzen zweiten Teil umfasst. 354 Der mit diesem Zitat in Verbindung stehende Fussnotenverweis Hamanns auf Horaz' Epistularum »Lib. I. Ep. 2« (Nadler III 201,39) enthält mit der im 27. Vers befindlichen Formulierung »fruges consumere nati« lediglich einen Bezug zur Geburt (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 155). Uber Horaz hinaus nennt Hamann aber auch die Vergänglichkeit und den Umstand, dass der Mensch biblisch gesprochen - vom Staub kommt und wieder zu Staub wird (Vgl. dazu u. a.: Gen 2,7; Gen 3,19; Pred 3,20).

20 8

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

hauptet Hamann in zwei rhetorischen Fragen und einer sich sogleich anschliessenden Antwort, dass sich bei den von ihm angesprochenen Menschen hinter der Freude des Geschmacks und dem Kützel des Witzes eine vermummte Traurigkeit und Verzweiflung der Seele verberge.3 5 5 Auch hinter der extravaganten zeitgenössischen Betonung von Geschmack und Witz verbirgt sich also gemäss Hamann die Not der vom Geborenwerden und Sterben, vom Werden und Vergehen bestimmten Menschen. Zusammenfassend kann gesagt werden: Die zwei untersuchten Textpassagen mit ihren vier rhetorischen Fragen thematisieren Bedingungen und Möglichkeiten des Menschseins,356 des Menschen in seiner Geschöpflichkeit wie auch in seiner Sterblichkeit. Das sind Themen, welche die Rezipierenden unmittelbar und wesentlich betreffen. Die rhetorischen Fragen mit den antizipierten Antworten zeigen Hamann als einen Schreibenden, der seine Rezipienten stets vor Augen hat - und der sich ihrer Anwesenheit vielleicht gerade durch die rhetorischen Fragen immer wieder versichern will. Indem die rhetorischen Fragen - wie ja Fragen im Allgemeinen - den Text strukturieren, erhöhen sie die Verständlichkeit und helfen den Rezipierenden, das Gemeinte zu erfassen. Trotz oder gerade wegen den scheinbar eindeutigen Reaktionsmöglichkeiten auf rhetorische Fragen gehören Handlungsvorgänge des denkenden und fühlenden Antwortens stets mit zu einer - kondeszendenten - Rezeption des Textes. Auf diese Weise ermöglichen rhetorische Fragen durch den fingierten Dialog den unmittelbaren sprachlichen - beziehungsstärkenden - Vollzug eines gemeinsamen Konsenses von Schreibendem und Lesendem wie auch die mittelbare rednerische, briefliche oder schriftstellerische - ebenso beziehungsbildende Einsprache des Lesenden, der Hamanns Sichtweisen nicht teilt.

355 Dabei bezieht sich die erste rhetorische - und abstraktere - Frage in Nadler III 2 0 1 , 1 3 - 1 5 auf den Menschen, der - als Folge des Sündenfalls - der Sterblichkeit ausgeliefert ist. Demgegenüber benutzt Hamann in der zweiten rhetorischen - und konkreteren - Frage in Nadler III 2 0 1 , 1 5 - 1 6 mit den Begriffen Geschmack

und Witz typische Modewörter

seiner Zeit. Da zwischen den beiden Fragen kein Ansatz zu einer Antwort - nicht einmal ein Gedankenstrich - geschrieben steht, verknüpfen sich die beiden Sätze dergestalt in einem Parallelismus, dass sich die N o t der Sterblichkeit mit dem Streben nach

Ge-

schmack und Witz verbindet. 356 Es könnte hier eingewendet werden, dass es sich bei den Argumentationen rund um Ceres nicht um Menschengestalten, sondern um Göttergestalten handle. Doch mit dem Gattungsbegriff in der Formulierung von der »klugefn] Fabel der Ceres und ihrer Tochter« (Nadler III 201,18) indiziert Hamann, dass es ihm nicht um die Geschichte dieser Götter geht, sondern dass vielmehr die Götter der Illustrierung menschlichen Strebens und Verhaltens dienen.

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

209

Auch auf andere Weise impliziert Hamann die Existenz eines Gegenübers im Text - und somit eine Dialogsituation; einerseits durch - feierliche - Anreden an bestimmte Rezipienten, wobei die Anreden im Versuch einer Sibylle über die Ehe stets die Form von Antonomasien, von verschlüsselten, umschreibenden Personenbezeichnungen, aufweisen, und andererseits durch bestimmte Aufforderungen an die Rezipierenden in direktiven Sprechakten.3'7 Insgesamt finden sich in der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe sechs Anreden. Alle sind auf der Interpunktionsebene zudem mit einem Ausrufezeichen versehen und dadurch besonders hervorgehoben. Drei davon beziehen sich auf das Brautpaar Johann Friedrich Hartknoch und Albertine Toussaint, also auf die Primärrezipienten der hier untersuchten Schrift über die Ehe.3'8 Die anderen drei Anreden finden sich im zweiten Teil der Schrift, wobei die letzten beiden sogar direkt zur prophetischen Rede der Sibylle (Nadler III 202,18-28) gehören. Diese drei Anreden richten sich aggressiv, ironisch und unbequem an die Zeitgenossen, welche aus der Sicht Hamanns bewusst oder unbewusst in einem disharmonischen Verhältnis 3 " zu Gott stehen. Bei Hamanns Anrede der »zum Genuß ihrer [ihrer bezieht sich auf die Allmutter] Früchte und ihres Staubes geborne[n] und verdammte[n] Seelen!« (Nadler III 201,14-15) können etwa die aus dem Fleisch - und in der Tradition von Adam und Eva und dem Sündenfall - geborenen Menschen verstanden werden.360 Stärker in einen Zeitbezug eingebunden, aber keineswegs minder provokant, sind die beiden Anreden in der prophetischen Rede der Sibylle: »scheinheiliger Pharisäer unsers Jahrhunderts!« (Nadler 357 Allgemein zur Anrede: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1. Darmstadt 1992. S. 637-650. Allgemein zur Antonomasie: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1. Darmstadt 1992. S. 753-754· Die Antonomasie ist eine der Periphrase verwandte Form umschreibender Rede, bei welcher anstelle des Eigennamens ein charakteristischer Appellativ beziehungsweise eine identifizierende Umschreibung verwendet wird. Antonomasien können unter anderem handlungsauffordernde, wertende, publikums-schonende, verfremdende, enigmatische und anspielenden Funktionen erfüllen (Siehe auch: Göttert, Karl-Heinz. Einführung in die Rhetorik. München 1991. S. 51-52; Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 93-95)· 358 Diese Anreden finden sich in: Nadler III 199,1; Nadler III 201,19; Nadler III 203,3-4. Bezüglich Hamanns Motivation, die Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe zu verfassen, siehe auch die Ausführungen unter Punkt 3.2.2. 359 Bezüglich der Disharmonie beziehungsweise Harmonie beachte auch: Nadler III 199,1-4. 360 Sie tragen die Folgen des Sündenfalls, und ihnen fehlt ein Leben aus dem Geist, ein (neuer) Bund mit Gott (Vergleiche dazu unter anderem die Geschichte von Nikodemus in Joh 3,1-21 wie auch Paulus' Ausführungen in Gal 4,15-31 zu den zwei Bündnissen, dem Bündnis mit Hagars Sohn Ismael und dem Bündnis mit Saras Sohn Isaak. Ausserdem: Nadler III 199,19-22).

210

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

III 202,18-19) und »ihr schönen Geister!« (Nadler III 202,22-23). 361 Neben den Anreden gibt es auch verschiedene befehlsartige Aufforderungen im Text. Es fällt dabei auf, dass es sich bei diesen direktiven Sprechakten durchaus im Sinne der Kondeszendenz und der Dialogizität - entweder um Selbstermahnungen beziehungsweise um an sich selbst gerichtete Wunschäusserungen 362 oder dann um an die Rezipienten gerichtete Unterlassungsbefehle 363 handelt. Hamann wendet sich so an seine Leserschaft; aber direkte Aufforderungen zur Ausführung - und nicht zur Unterlassung - von Taten enthält der Text dennoch keine, obwohl Hamann ja durchaus den Wunsch hat, bei den Rezipierenden etwas zu bewirken. Er bezieht - ähnlich wie es unter Punkt 3.3.5 schon angesprochen wurde eine Position der Ohnmacht bei potentieller Macht und respektiert damit, ohne auf Eindringlichkeit zu verzichten, den freien Willen seiner Leser und Leserinnen und deren kognitiv-emotiven Raum der - antwortenden Handlungsmöglichkeiten. 364 Auch darin zeigt sich meines Erachtens Hamanns innere Haltung der Kondeszendenz. Bei der rhetorischen Gestaltung der Texte indiziert Hamann noch mit einem weiteren Mittel die Gegenwart eines Zuhörers - und damit die Situation eines Dialogs. Es handelt sich dabei um den Gebrauch von Pronomen, insbesondere von Personal- und Possessivpronomen der ersten 361 Ausführungen zu diesen Textstellen finden sich bereits unter Punkt 3.3.2. 362 Die beiden Selbstaufforderungen lauten: »Wundervoll, wie die Liebe, und geheimnisreich, wie die Ehe, sey mein Unterricht!« (Nadler III 199,3-4) und »Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey - « (Nadler III 199,9-10). Diese zweite Selbstaufforderung entspricht - bezogen auf die rhetorische Form - einer Impersonation, einer fiktiven Rede, bei welcher der Sprechende Worte einer Drittperson imitierend vorträgt. Die Rede der Drittperson entspricht in Nadler III 199,9-10 einer göttlich-göttlichen beziehungsweise einer göttlich-menschlichen Selbstadressierung. Zur Impersonation siehe auch: Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 8687· 363 Eine erste Aufforderung, etwas zu unterlassen, ist Teil des Mottos und lautet: »So erschrick nur nicht vor mir« (Nadler III 197,7). Die Weisung, nicht zu erschrecken, findet sich verschiedentlich in der Bibel (beispielsweise in: Dtn 1 , 2 1 ; Jer 30,10; E z 2,6). Sie verweist zudem auf die in der Bibel immer wieder geäusserte Mahnung »Fürchte dich nicht« beziehungsweise »Fürchtet euch nicht« (beispielsweise in: Gen 26,24; E x 14,13; 2 C h r 20,17; J e s 41,10; Jes 43,1; Jes 44,8; Dan 10,12; Mt 10,28; M k 6,50; L k 1,30; L k 2,10; J o h 1 2 , 1 5 ; O f f b 1,17). Die zweite Aufforderung, etwas zu unterlassen, lautet: »Verstopfen Sie nicht [...] Ihr [...] Ohr« (Nadler III 199,1-2). Die verstopften beziehungsweise tauben Ohren sind ein häufiges Motiv in der Bibel (Beispielsweise in: Ps 58,5; Jes 6,10; Jes 33,15; Klgl 3,8; Sach 7,11). Das Verb verstopfen

weist ausserdem - im Unterschied zum

Adjektiv taub - auf einen prozesshaften, aktiven Charakter hin. 364 Dazu auch: Wetzel, Michael. »Geschmack an Zeichen«. Frankfurt a. M. u. Bern 1996. S. 13-24.

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

211

und zweiten Person. Besonders häufig sind diese einerseits zu Beginn und andererseits am Ende der Schrift zu finden. Am Anfang der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe wendet sich Hamann zunächst an seine Primärrezipienten, die Hartknochs, mit der schon erwähnten Aufforderung: »Verstopfen Sie nicht, empfindseliges Brautpaar! Ihr f ü r die Zauberkunst der Harmonie geöffnetes Ohr, die Stimme einer Sibylle zu hören, die trefflich wahrsagen kann. Wundervoll, wie die Liebe, und geheimnisreich, wie die Ehe, sey mein Unterricht!« (Nadler III 199,1-4).

Damit spricht Hamann seine Rezipienten an - nämlich einerseits direkt durch die in der Höflichkeitsform gehaltenen Personalpronomen Sie und Ihr und andererseits indirekt durch die Antonomasie empfindseliges Brautpaar - und führt sich selbst zugleich in der Rolle der oral sprechenden36' Sibylle ein. Ausserdem ermöglicht Hamann, indem er die Identität der in der Schrift Sprechenden benennt, die Rede von einem sibyllinischen Ich.166 Wo ein Ich und ein Du - beziehungsweise ein Ihr der Höflichkeitsform - sind,367 wird auch eine Gemeinschaft möglich. Mit der gleich dar365 Die Sibylle spricht, damit die Hartknochs sie hören. Die Mündlichkeit ist wiederum ein Indiz für die Dialoghaftigkeit der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe. 366 Eigentlich findet sich die Erstnennung der Sibylle als Sprecherin bereits im Titel der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe, und das sprechende Ich äussert sich bereits im Motto in Nadler III 197,6-7. Das Ich aus dem intertextuellen Bezug auf Gleims Gedicht An Doris vermischt sich so mit dem Ich der Sibylle - der Sibylle, welche als Prophetin wiederum vor allem Sprecherin Gottes ist - und ausserdem letztlich mit dem Ich des Autors und Menschen Johann Georg Hamann. Die Pronomen ich, mein, mir werden vor allem zu Beginn der Schrift und im mythischen Märchen ab Nadler III 201,7 verwendet. Übrigens findet sich eine vergleichbare Vermischung gemeinter Personen auch beim Gebrauch der Pronomen er, sein, ihm, wobei die Bedeutung beziehungsweise die pronominale Referenz polysemantisch oszilliert zwischen Gott und Mensch - zu Beginn der Schrift - und zwischen Gott und Mann - im mythischen Märchen - , was teilweise schon unter Punkt 3.3.2 ausgeführt wurde. 367 Was die Adressierung einer Zweitperson im Singular in den Formen Du, Dein, Dir betrifft, so enthält die ganze Schrift keine Nennung eines Du und nur eine einzige Nennung eines Dein, nämlich in der bereits unter Punkt 3.3.2 erläuterten, anklagenden Textstelle in Nadler III 202,18-22, in welcher der »scheinheilige[...] Pharisäer unsers Jahrhunderts!« (Nadler III 202,18-19) - gemeint ist unter anderem Friedrich der Grosse dreist geduzt wird. Die ebenfalls einzige Nennung eines Dir findet sich im Motto in Nadler III 197,6-7. Was die Adressierung mehrerer Personen im Plural beziehungsweise einer Zweitperson im Singular in den Höflichkeitsformen Sie, Ihr, Ihnen betrifft, so beziehen sich alle Nennungen von Pronomen in der zweiten Person im Nominativ der Höflichkeitsform - konkret die Form Sie - auf die Hartknochs. Die Nennungen von Ihr und Ihnen im Sinne der Adressierung mehrerer Personen oder einer Zweitperson in der Höflichkeitsform referieren einerseits wiederum auf die Hartknochs (in Nadler III 199,1;

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

auf folgenden Thematisierung des »kleinen tiefsinnigen Gott[es] der Liebe« (Nadler III 199,5-6), welchen das Ich in den Augen des Brautpaares sieht,368 verwendet Hamann denn auch alsbald die Pronomen eines Uns in der Absichtserklärung: »Laßt uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey - « (Nadler III i99,9-io). 369 Während also der Text mit einem Ich und einem Du beziehungsweise einem Ihr beginnt (Nadler III 199,1-5), werden über eine verhältnismässig lange Passage fast ausschliesslich Formen von Uns verwendet (Nadler III 199,9-200,25), mit welchen Hamann von der Thematik her gesehen das Element des den Menschen Gemeinsamen betont.370 In der zweiten Hälfte der Schrift verschwinden diese Wir-Formen jedoch vollständig.371 Nach einer zweifachen AbgrenNadler III 199,5; Nadler III 203,3) u n c l andererseits auf die Zeitgenossen, von denen sich Hamann klar distanziert (in Nadler III 202,22-23). Hamanns Verwendung der teilweise gleichlautenden Formen der Pronomen in der dritten Person Plural - konkret die Formen ihr, ihrer, ihres - zeichnet sich nicht besonders aus. 368 Hamann verweist damit zugleich auf Amor, den römischen Gott der Liebe, und auf den christlichen Gott. Ausserdem enthält die Textpassage das Motiv einer doppelten unio mystica, weil sich Gott und Mensch in den - vereinten - Blicken des Brautpaars vereinen. 369 Was die Verwendung der Formen wir, unser, uns betrifft: Das Uns des tiefsinnigen

Gottes

der Liehe bezieht sich einerseits auf die Gemeinschaft von Gott dem Vater und Gott dem Sohn, wie sie etwa in der Schöpfungsgeschichte in Gen 1,26-27 impliziert ist, andererseits aber auch auf das Brautpaar, welches auf die Geburt von Kindern hofft. Ausserdem enthält der Gedanke von Gottes Anwesenheit im Blick der Liebenden eventuell eine Antizipation einer möglichen, zukünftigen unio mystica von Mensch und Gott. Die A b sicht, Menschen zu schaffen, wird somit auf allen zeitlichen Ebenen ausgedrückt. Zugleich vermischen sich die Personen im Uns. Zwei Abschnitte weiter unten verwendet Hamann das Uns noch zusätzliche drei Male in einem ähnlichen Sinne (in Nadler III 199,20; Nadler III 199,24; 26). In Nadler III 199,24-25, in der bereits im Zusammenhang mit den rhetorischen Fragen untersuchten Textstelle, in welcher Hamann fragt: »Woher kommt es nun, daß wir uns jener Gleichheit mit G O T T als eines Diebstalls oder Raubes schämen?«, findet sich übrigens auch die einzige Nennung eines Wir im Nominativ. Zweimal verwendet Hamann das Possessivpronomen der ersten Person Plural im Genitiv in Verbindung mit einer Referenz auf das Jahrhundert - konkret in der Formulierung »unsers Jahrhunderts« (Nadler III 200,7-8; Nadler III 202,19) - und ein weiteres Mal in der Wendung »unserer zeitigen Moral« (Nadler III 200,23-24). Damit verbindet sich Hamann in speziellem Masse seiner Zeit und seinen Zeitgenossen. 370 Bezeichnend ist beispielsweise die folgende Formulierung: »Moses hatte nemlich g e b o ten solche zu steinigen« und sein Gesetz konnte nicht wie der Scheme unserer Moral und ihrer eiteln Prediger

zeitigen

aufgelöst, sondern muste erfüllt werden, als ein festes

prophetisches Wort« (Nadler III 200,22-25) (Hervorhebung durch die Verfasserin dieser Arbeit). Hamann zeigt sich hier als ein Zeitgenosse, der von einer - historisch und kulturell geprägten - Moral eines Uns ausgeht, distanziert sich aber zugleich klar und unmissverständlich von deren eitlen

Predigern.

371 Mit Ausnahme der schon erwähnten Nennung von »unsers Jahrhunderts« (Nadler III 202,19).

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

2I3

zung - Hamann grenzt sich gegenüber den Schriften Wilkes' und Hippels und deren Intentionen ab372 wie auch gegenüber den Zeitgenossen, deren vordergründige Freude sich als Traurigkeit entpuppt373 - beginnt Hamann die Erzählung des mythischen Märchens im Ich-Stil. Der Text setzt hier nochmals ganz neu ein, wie bereits unter Punkt 3.3.2 ausgeführt wurde. Dies wird auch deutlich indiziert durch eine erneute Anrede des Brautpaares und durch den Gebrauch des Personalpronomens in der zweiten Person der Höflichkeitsform: »Vielleicht hören Sie, empfindseliges Brautpaar! eben so gern ein kurzes m y thisches Mährchen meines eigenen Falls, und wie ich Einem unter Tausenden, von Taubeneinfalt und Schlangenlist, die geheime Weisheit einer Sibylle zu verdanken habe - Sein erster Kunstgriff war [...]« (Nadler I I I 2 0 1 , 1 9 - 2 3 ) .

In der darauf folgenden Narration des Märchens, in welchem die Sibylle ihre eigene Geschichte mit dem Einen erzählt, werden - mit Ausnahme der sich in der Diktion stark unterscheidenden, sibyllinisch-prophetischen Rede in Nadler III 202,18-28 - zum grössten Teil Formen von Pronomen in der ersten Person Singular verwendet, welche jeweils auf die Erzählerin referieren, und in etwas geringerem Masse Formen von Pronomen in der dritten Person Singular, welche jeweils auf den Einen referieren. Das Märchen erlangt dadurch Bekenntnis- und Zeugnischarakter und evoziert nur schon des delikaten Inhaltes wegen - eine erhöhte Aufmerksamkeit bei den Rezipierenden. Diese Vorgehensweise des Kommunizierens über Selbstaussagen lässt ausserdem den angesprochenen Sprachteilnehmenden - trotz durchaus vorhandenem kerygmatischem Anspruch seitens Hamanns - Freiraum, in welcher Art und Weise sie auf die an sie herangetretenen Gedanken reagieren wollen. Ganz zum Ende der Schrift wendet sich die Sibylle nochmals mit einer direkten Ansprache an ihre Primärrezipienten: »Ja, heute übers Jahr versprech ich Ihnen, gähnendträumendes Brautpaar! das Ende meines Mährchens [...]. Sie werden w o l ä priori errathen, daß mein ganzer Versuch nichts als ein Gericht Irrlichter ist, aus dem faulen Graben meiner benachbarten Wiesen gefischt« (Nadler III 203,3-8). 3 7 4 372 Nadler III 201,7-12. In diesem Abschnitt werden vor allem Pronomen der ersten und dritten Person Singular benutzt. Bezüglich der hier gemeinten Schriften Wilkes' und Hippels siehe auch die Ausführungen unter Punkt 3.1.2. 373 Nadler III 201,13-18. In diesem Abschnitt werden vor allem Pronomen der zweiten Person Plural - konkret Varianten der Form euer - benutzt. Dazu auch die Ausführungen zu den rhetorischen Fragen in diesem Unterkapitel. 374 Hamann bezieht sich mit den Irrlichtem und dem Graben unter anderem auf die topographische Lage seines Hauses. Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 161-162.

214

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Zusammenfassend lässt sich bezüglich des Gebrauchs der Pronomen sagen, dass sich Hamann zu Beginn, in der Mitte und am Ende der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe direkt an seine Primärrezipienten, das Brautpaar Hartknoch-Toussaint, wendet.37® In der ersten Hälfte des Textes findet sich eine längere Passage, in welcher der Gebrauch des Pronomens uns - im Sinne von Mitgeschöpfen Gottes - recht häufig vorkommt. Dem steht das in einer Ich-Erzählung gehaltene Märchen gegenüber, in dem der Gebrauch der Pronomen ich und er überwiegt. Hamann verlässt also die Diktion, in welcher er für eine ganze Gruppe spricht - die sich ja dadurch womöglich nicht adäquat beschrieben fühlt - , und wechselt über in die Diktion der Selbstaussage - einer fiktiven Sibylle - , welche den Zuhörenden, den Zeugen dieser Bekenntnisse grösseren Raum zu einer eigenständigen Reaktion lässt. Ausserdem bricht Hamann durch die Individualität seiner Aussagen mit der auf Objektivität beharrenden Diskursart seiner Zeit.376 Gesamthaft werden im Text - in Parallele zu dialogischen Gesprächen - intensiv Pronomen der ersten und zweiten Person verwendet. Der Text bekommt dadurch etwas Personales, Konkretes, Lebendiges, Menschliches, Ansprechendes. Zugleich verwischen sich ihm auch immer wieder die Personengrenzen.377 Dadurch wird das Geheimnis der Ehe,378 das Unfassbare der Einheit und Vielheit, der unio mystica von Gott und Mann und Frau - in impliziter Parallele zum Geheimnis der Dreifaltigkeit und zum Geheimnis des Reiches Gottes - im Text veranschaulicht. Der Text vollführt performativ, was er thematisiert. 375 Das Moment der Wiederholung wird ausserdem bei der antonomasischen Rezipientenansprache verstärkt durch die dreifach parallele Konstruktion mittels des Adjektivs empfindselig

beziehungsweise gähnendträumend und des Nomens Brautpaar.

Dazu auch die

folgenden Ausführungen von Heinrich F. Plett: »Allgemein lässt sich sagen: Im Hinblick auf die Textstruktur hat die Wiederholung eine integrative, eine intensivierende und eine erweiternde Funktion. Unter dem Wirkungsaspekt betrachtet, dient sie der emotionalen Affizierung, der ästhetischen Befriedigung - das Wiedererkennen von Gleichartigem bereitet Vergnügen - oder auch der planvollen Einschläferung des Rezipienten« (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 53). 376 Sich auf andere Weise klar distanzierende Äusserungen von Hamann gegenüber seinen Zeitgenossen finden sich an drei Stellen: Seine Abgrenzung gegenüber Wilkes und Hippel gemäss Nadler III 201,7-12, seine Entlarvung einer Diskrepanz zwischen geoffenbarten und verborgenen Seinszuständen gemäss Nadler III 2 0 1 , 1 3 - 1 8 und die im Märchen eingebettete prophetische Rede der Sibylle gemäss Nadler III 202,18-25. 377 Beispielsweise in Nadler III 199,9-10 - »Laßt uns Menschen machen [...]« - , wo die Schaffung von Menschen durch einen menschlichen, aber auch durch einen göttlichen Schöpfungsakt gemeint ist. Oder auch in Nadler III 201,20-21 - »Einem unter Tausenden, von Taubeneinfalt und Schlangenlist« - , wo der Eine stets oszilliert zwischen Mann und Gott. 378 Vgl. dazu: Nadler III 199,4; Nadler III 200,26-201,2.

215

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

3.4.3 Rhetorizität in Konxompax In diesem Unterkapitel soll die Rhetorizität von Konxompax bezüglich ihrer argumentativen Struktur untersucht werden und zwar an ihrer auf die ganze Schrift ausgerichteten Argumentationsstrategie.379 Es geht also um die Frage, was im Text geschieht und wie Hamann auf seine Rezipienten überzeugend einwirken will. Damit sollen die Bereiche aufgezeigt werden, in welchen die rhetorische Gestaltung der Schrift die Rezipierenden kognitiv anspricht und ihren Verstand und ihr Reflexionsvermögen herausfordert.' 80 Die klassische Rhetoriklehre unterscheidet drei Möglichkeiten des Uberzeugens: das informative, sachliche docere, das argumentative probare und das ethische, präskriptive monere.3Sl Für die Untersuchung der Argumentationsstruktur interessiert hier vor allem das 379 Das Ziel, einen Überblick über den ganzen Ablauf der argumentativen Struktur zu verschaffen, bedingt eine Beschränkung auf die grossen Linien. Eine detaillierte Analyse der argumentativen Vorgehensweise - geschweige denn eine umfassende Interpretation von Konxompax

- kann daher an dieser Stelle nicht geleistet werden.

380 Alternative Untersuchungsmöglichkeiten (gegenüber dem Nachvollzug der Argumentationsstrategie) mit ähnlicher Ausrichtung auf eine kognitive Leseransprache wären beispielsweise: a) Die Analyse der in Konxompax

vorhandenen Paradoxa beziehungsweise

Oxymora, also die Verbindungen zweier oder mehrerer Vorstellungen, die sich gegenseitig ausschliessen: Die damit angesprochenen Elemente einer contradictio beziehungsweise einer coincidentia

oppositorum

in adiectio

fordern von den Rezipierenden einen

gedanklichen Nachvollzug auf mindestens zwei Ebenen des Vergleichens, Unterscheidens und Verbindens, b) Das Hendiadyoin, also die Verknüpfung zweier sinnverwandter oder gar synonymer Wörter - meistens Substantive - mit einem und: Diese in

Konxom-

pax ausgesprochen häufig vorkommende, der Tautologie nahe stehende Und-Verbindung erhöht neben dem Pathos auch die Leseraufmerksamkeit und regt den Leser oder die Leserin dazu an, das kontextuell gemeinte tertium comparationis

zu suchen. Ähnliches

bewirken übrigens auch die Akkumulationen, die Reihungen von Begriffen zu genannten oder nicht genannten Oberbegriffen, c) Eine Detailanalyse der Argumentation innerhalb der einzelnen Teile von Konxompax·. Erst eine solche Untersuchung kann konkret aufzeigen, welche Einzelschritte und kognitiven Verbindungen die Rezipierenden vollziehen müssen. Eine Hilfe bei der Untersuchungsanordnung könnte dabei unter anderem sein, den argumentative Funktionen erfüllenden Konjunktionen - wie beispielsweise

aber,

sondern, und, sowie oder auch weil, da, seitdem - nachzugehen, d) Eine Untersuchung der in Konxompax

vorhandenen Neologismen, also eine Untersuchung von Hamanns

Wortneuschöpfungen: Treffen Rezipierende auf ein neues Wort im Text, ermitteln sie aus ihrem bisherigen kognitiven Welt- und Sprachwissen eine hypothetische Semantik für das neue Wort, für die neue Buchstabenkombination. 381 Selbstverständlich trägt jede Rede Anteile aller drei Möglichkeiten von docere,

probare

und monere in sich. »Gemeinsam ist ihnen das Insistieren auf dem common sense, der Sprecher und Hörer eint« (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 2).

216

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

argumentative probare. Es zielt auf das Glaubhaftmachen des Gegenstandes der Rede einerseits durch Mittel der Sachbeweise, welche sich empirisch auf vorhandene Realien oder auf allgemeine gesellschaftliche Anschauungen stützen, und andererseits durch - ebenso empirische - Mittel logischer oder pseudo-logischer Beweise, welche zumeist als Induktion vom Besonderen zum Allgemeinen und als Deduktion vom Allgemeinen zum Besonderen führen.382 Mit dem argumentativen Glaubhaftmachen soll das, was als unwahrscheinlich wahrgenommen wird, als das Wahrscheinliche, als das versimilis, erscheinen. Mittels Argumentationen können auf diese Weise Vermutungen gestützt und erhärtet werden, und dennoch können die Argumentationen keine Beweise erbringen, bei denen »die Wahrheit« festgestellt wird. 38 ' Zwei Varianten einer Definition des 382 Bezüglich der Geschichte des Beweises beziehungsweise der Beweismittel siehe: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1. Darmstadt 1992. S. 1528-1548. Bezüglich der Induktion und Deduktion siehe: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 3 5 1 - 3 7 3 ; Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 4. Darmstadt u. Basel 1976. S. 323-335; Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 2. Darmstadt u. Basel 1972. S. 27-28; Bayer, Klaus. Argument und Argumentation. Opladen 1999. S. 1 0 2 144. 383 »Die Frage nach absoluter Richtigkeit, nach der >WahrheitWahrheitnicht-beweisbarer< Thesen gegenüber einer Zuhörerschaft begründet werden soll. Wie der Begriff der Nichtbeweisbarkeit zum Ausdruck bringen soll, sind Argumentationen vornehmlich an einen Problembereich gebunden, auf den die Anwendung mathematischer oder naturwissenschaftlicher Beweisverfahren nicht ohne weiteres möglich ist. Ein herausragender Gegenstand von Argumentationen ist sicherlich die Deutung und Rechtfertigung von Handlungen.« 38 ' »Die Argumentation ist eine komplexe sprachliche Handlung, die durch begründende Rede überzeugen, d. h. beim Hörer und Publikum freiwillige Einstellungsveränderungen bewirken will. Sprecher und Hörer, Proponent und Opponent, Rhetor und Publikum sind immer schon Teil einer politischen Gemeinschaft, für deren Mitglieder eine bestimmte Menge von Vorstellungen, Annahmen und Meinungen gemeinsam ist. Jede Argumentation weist notwendig eine aporetische Grundstruktur auf, insofern sie einen Konsens intendiert, ihr aber ein momentaner Dissens (oder zumindest ein Sich-noch-nicht-Entschieden-Haben) vorausgeht. Argumentation setzt die >Möglichkeit des Andersseins< voraus und greift deshalb nur bei Gegenständen oder Handlungen, die auch anders sein oder interpretiert werden könn(t)en.« 386 Argumentationsstrategien werden durch die Wahl der Argumente bestimmt, denn die unterschiedlichen Typen von Argumenten bestimmen die unterschiedlichen Möglichkeiten für das weitere, defensive oder offensive Vorgehen der argumentierenden Person. 387 Die Wahl der Argumente erfüllt also auch gesprächssteuernde und taktische Funktionen, mit denen ein Sprechender einen bestimmten Argumentationsverlauf durchzusetzen versucht. Bezüglich der Struktur von Argumentationen beziehungsweise Typen von - durchaus dialogisch zu verstehenden - Angriffsstrategien unterscheidet Yvonne Petter einerseits zwischen internen und externen Angriffen auf die gegnerische Argumentation 388 und andererseits 384 Ausserdem: Ottmers, Clemens. Rhetorik. Stuttgart 1996. S. 57-59; Göttert, Karl-Heinz. Einführung in die Rhetorik. München 1991. S. 3 3 - 3 7 u. 87-91; Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1. Darmstadt 1992. S. 9 1 4 - 9 9 1 . 385 Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 103. 386 Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1. Darmstadt 1992. S. 914. 387 Allgemein bezüglich der Struktur von Argumentationen siehe: Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 104-108. 388 »Gerade weil das Anzweifeln von >Daten< und >Stützungen< von der ursprünglichen These wegführt und dies beim Anzweifeln der Schlußregel (oder der Frage nach möglichen Ausnahmebedingungen) nicht der Fall ist, verfügt der Opponent über zwei verschiedene Typen von Angriffsstrategien: interne und externe Angriffe auf die Argumen-

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

zwischen thesenabhängigen und thesenunabhängigen Erwiderungen auf die gegnerische Argumentation.38' Ob im Falle der thesenabhängigen Argumentation nach der wissenschaftlichen Methode der Induktion oder aber der Deduktion verfahren wird, prägt den Diskursstil zusätzlich.390 tation. Interne Angriffe richten sich auf die Schlüssigkeit der Argumentation und können mit Argumenten bis zur dritten Ordnung pariert werden. Externe Angriffe stellen, sofern sie argumentations- und nicht personenbezogen sind, die Geltung von Daten und Stützungen in Frage. Personenbezogene Angriffe zweifeln die Glaubwürdigkeit oder A u f richtigkeit des Proponenten an. Bei internen Angriffen läßt sich der Opponent auf die Argumentation des Proponenten ein und richtet seine Einwände auf die Beziehungen der einzelnen Argumente zueinander und zur These. Bei externen Angriffen läßt sich der Opponent hingegen nicht auf den vom Proponenten vorgeschlagenen Argumentationsgang ein« (Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 107). 389 A ) Beim Aufbau

einer eigenen Argumentation

gilt: Thesenunabhängige Argumente er-

lauben, problematische und nicht allgemein zustimmungsfähige Schlussregeln implizit einzuführen. Sie fordern den Rezipienten heraus, sich mit dem neuen Argument auseinander zu setzen, wodurch sich der thesenunabhängig Argumentierende einen Vorteil verschafft, weil er so das Thema der Diskussion bestimmt. Bei thesenabhängigen

Argu-

menten werden unter anderem die Verfahren der Induktion und der Deduktion angewandt. B) Bei einem Angriff auf eine gegnerische Argumentation

gilt: Die Argumente des

Gegners lassen sich auf zweifache Weise angreifen, denn ganz allgemein gilt, dass entweder die Geltung

oder dann die Stärke beziehungsweise Relevanz

eines Arguments

angezweifelt werden kann. Ein Angriff auf die Geltung eines thesenunabhängigen A r guments kann zwar unter Umständen von der ausgesprochenen oder unausgesprochenen These des Proponenten ablenken, lässt aber die Relevanz des thesenunabhängigen A r guments unberührt. Ein Angriff auf die Relevanz eines thesenunabhängigen Arguments hingegen unterstellt weiterhin dessen Geltung als Stütze für die gegnerische Argumentation. Wird die Relevanz eines thesenabhängigen

Arguments angezweifelt, werden die

Voraussetzungen für die Relevanz des thesenstützenden gegnerischen Arguments für die gegnerische These problematisiert - beispielsweise durch Aufdeckung der der These und dem Argument zugrunde liegenden Prämissen. Thesenabhängige Angriffe auf die Geltung eines gegnerischen Arguments problematisieren demgegenüber jedoch nicht die »implizite Wertbasis, sondern verlangen nach weiteren Stützungen für die Regel«. Ein Angriff auf die Geltung eines Arguments wirkt im Allgemeinen radikaler als ein Angriff auf die Relevanz eines Arguments, bei welchem ja lediglich der Grad von Gewissheit oder Verbindlichkeit relativiert wird (Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 1 0 7 - 1 1 4 . Zitat auf Seite 114). 390 Diese Fussnote basiert vor allem auf: Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 1 1 5 - 1 1 7 . Handelt es sich bei einer Argumentation um eine induktive

Vor-

gehensweise, bei welcher vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen wird, beruft sich der Sprechende beziehungsweise Schreibende bei der Formulierung seiner These auf Tatsachen oder anerkannte Werte, also auf die Struktur des Wirklichen oder eine intersubjektiv geteilte Welterfahrung. Dabei ist die Gefahr der Behauptung nicht wirklich erhärteter Thesen recht gross. Da hier von einem Argument auf die These hingeführt wird, muss sich der Zuhörer mit dem Argument auseinander setzen, um die These unterstützen oder ablehnen zu können. Der Rezipierende ist daher stark am Argumenta-

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

219

Im Folgenden wird versucht, den Argumentationsverlauf von Konxompax in seiner Gesamtkonzeption zu skizzieren. 391 Fragen dieser Untersuchung sind etwa: Was geschieht im Text? Wohin zielt er? Welchen Weg geht er? Der Komplexheit und der Verflochtenheit von Konxompax wegen kann dies jedoch nur im Wissen um die Unscharfe, Unabgeschlossenheit und Vorläufigkeit der Resultate geschehen. Grundlegend scheint mir, dass Hamann in Konxompax zwei Thesen zweier unterschiedlicher zeitgenössischer Diskurse zusammenführt und in einem neuen Sinnzusammenhang miteinander verbindet. Zum ersten Diskurs gehört die damals aktuelle These diverser, oft freimaurerischer Gelehrter - wie beispielsweise Starck oder Meiners - , dass das sich weder als traditionell christlich noch als heidnisch verstehende Freimaurertum seinen Ursprung in den antiken, heidnischen Mysterienreligionen habe und daher Erbe des »heilige[n] Feuer[s] einer natürlichen seeligmachenden Religion« (Nadler III 217,2-3) sei. Diese These, diese religionsgeschichtliche und theologische Auseinandersetzung der Zeit mit dem Ursprung und Wesen der natürlichen seeligmachenden Religion - die Auseinandersetzung muss im Zusammenhang mit der Frage um die Natur des Menschen gesehen wertionsprozess beteiligt. Ein Opponent kann dann beispielsweise an einem Gegenbeispiel aufzeigen, dass die behaupteten Ursache-Wirkungsbeziehungen nicht gelten. Bei einer deduktiven

Argumentation, bei welcher vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen

wird, geht der Redner zunächst von seiner These aus und leitet von ihr seine Begründungen ab. Dabei ist die Gefahr einer metabasis eis alio genos, also die Übertragung einer Gesetzmässigkeit - beispielsweise die Geltung logischer Axiome wie tertium non datur oder der Satz von der Identität - auf ein Gebiet, für welches nicht dieselben Prämissen gelten, recht gross. Bei der deduktiven Argumentation ist der Rezipierende weniger aktiv in den Gedankengang integriert. E r vollzieht vielmehr die vorgetragenen Gedanken nach. Diese Art der Argumentation wirkt daher häufig lehrhaft. Petter formuliert denn auch: »Die Plausibilität deduktionistischer Argumente beruht demnach auf zwei Unterstellungen des Proponenten, die durch Anlehnung an ein logisches Schlußmuster kaschiert werden: 1) auf einer semantischen Unterstellung, nämlich daß die in den Argumenten verwendeten Begriffe eindeutig und auch für Ο [für den Opponenten] verbindlich definiert sind, und 2) darauf, daß die ihnen zugrunde liegenden Annahmen und Bewertungen gelten und auch von Ο anerkannt werden« (Petter, Yvonne. Argumentationsstrategien. Tübingen 1988. S. 116). Weitere Kritik an einer deduktionistischen Argumentationsvorgehensweise beziehungsweise am Anspruch, einen analytischen, logischen naturwissenschaftlichen - Beweis erbracht zu haben, findet sich auch in: Slob, Wouter H. H o w to distinguish good and bad arguments. Dordrecht 2002. S. 179-196. 391 Im Folgenden empfiehlt es sich, den Text von Konxompax

der Nadler-Ausgabe neben

sich zu haben. Ausserdem wird der Einfachheit halber bei den Verweisen auf die NadlerStellen von Konxompax

(Nadler III 215-228) - in Abweichung von der in dieser Arbeit

üblichen Notierung von Textstellen - auf die Nennung des Schrifttitels als Informationszusatz verzichtet.

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

den - , bildet den Ausgangspunkt von Konxompax in Nadler III 217,1-8: Hamann schildert, wie die Freimaurer den Anspruch erheben, die rechtmässigen Nachkommen der antiken Mysterienkulte zu sein und die Tradition dieser Geheimlehren fortzuführen. Es folgen in Nadler III 217,9-218,3 verschiedene zum Teil enigmatisch allusive, zum Teil ironisch sarkastische Kommentare zu Zeitgenossen wie William Warburton (16981779), John Gilbert Cooper (1723-1769) und Johann August Starck (1741-1816), welche diese These vertreten beziehungsweise an der entsprechenden Diskussion partizipieren. Ein weiterer Teilnehmer, Christoph Meiners (1747-1810), und dessen Schrift Uber die Mysterien der Alten (1776) wird in Nadler III 218,4-19 thematisiert: Aufgrund von Meiners Erwähnung des kynischen Philosophen Demonax (2. Jahrhundert), der, gefragt nach dem Grund seines Desinteresses an den eleusinischen Geheimnissen, darauf hingewiesen hat, dass sie weder nützlich noch schädlich seien,392 und aufgrund von Meiners Feststellung, dass »seit der Wiederherstellung der Wissenschaften viele denkende Philologen und gelehrte Weltweise [...] [bei der] Untersuchung der Geheimnisse [...] am Ende entweder gar nichts fanden, oder auch auf entgegengesetzte Systeme hingetrieben wurden«,393 postuliert Hamann, dass diese »höchsten allgemeinsten Gattungsideen (Nichts und Etwas, gut und böse) [...] bekanntermaaßen die ersten Gründe (Initia) und lezten Resultate (τελεται) aller theoretischen und practischen Erkenntnis« (Nadler III 218,9-12) seien. Implizit erachtet Hamann damit den Sündenfall und die damit verbundene Erkenntnis des Guten und Bösen als prototypisch für Meiners' Themenwahl. Er ist aber auch prototypisch für die Aufklärungszeit und das darin geforderte Ideal einer Wissenschaft, welche als »Fackelträgerin« (Nadler III 218,18) »alle Menschen erleuchte in diese und jene Welt hineinzukommen« (Nadler III 218,16-17). Mit dem Wissenschaftsideal ist zugleich die Thematik der Vernunft angesprochen. In Nadler III 218,20-31 wird sodann auch der zweite für Konxompax bestimmende Diskurs genannt, welcher mit Lessings Aussage, dass »zufällige Geschichtswahrheiten [...] der Beweis von notwendigen Vernunftswahrheiten nie werden«394 können, welcher also mit den von 392 Meiners, Christoph. Über die Mysterien der Alten, besonders über die Eleusinischen Geheimnisse. Leipzig 1776. S. 321; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 198-199. 393 Meiners, Christoph. Uber die Mysterien der Alten, besonders über die Eleusinischen Geheimnisse. Leipzig 1776. S. 164. Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 198. 394 Lessing, Gotthold Ephraim. Werke 1 7 7 4 - 1 7 7 8 . Frankfurt a. M. 1989. S. 441. Hamann

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Lessing formulierten, erkenntnistheoretischen Bedingungen des Beweises von »nothwendigen Vernunftwahrheiten« (Nadler III 218,28) zusammenhängt.395 Nun, da Hamann mit einer narratio beziehungsweise einer propositio in die Thematik eingeleitet3'6 und die Aufmerksamkeit auf die beiden Komplexe - einerseits auf den Komplex der »wahren« Religion und andererseits auf den Komplex der Möglichkeit von vernünftiger »Wahrheit« - gelenkt hat, zeigt er an zwei miteinander durch die Analogie der Unbeweisbarkeit397 verbundenen Bereichen beispielhaft - mit zwei exempla - auf, wohin dieser epistemologische Anspruch Lessings in letzter Konsequenz führt, nämlich zu einem »reine[n] Nichts oder ein[em] zweydeutige[n] Etwas« (Nadler III 218,7). Der eine Bereich, das Abendmahl, auf welches in Konxompax später noch einmal - in Nadler III 222,1-26 und Nadler III 22y,i4~iy ,9S - Bezug genommen wird, sei hier allerdings nur kurz erwähnt: Ohne einen notwendigen Beweis der Auferstehung Jesu Christi bleiben einem aufklärerisch vernünftigen Geist die Transsubstantiation beziehungsweise Konsubstantiation oder auch die »Geheimniße sub utraque specie« (Nadler III 218,31) unvertretbar beziehungsweise undenkbar. Dem Abendmahl fehlt auf diese Weise Gottes Gegenwart, und es wird zum Gedächtnismahl beziehungsweise zum Totenmahl. Der andere Bereich, die Ausführungen - die argumentatio - zu den antiken Mysterienreligionen, wird in Nadler III 218,32-224,12 auf mehr als zitiert die Stelle in Nadler III 218,26-29. Konsequenz dieses Diktums beziehungsweise dieser Forderung nach notwendigen Vernunftwahrheiten ist gemäss Hamann (Nadler III 2 1 8 , 2 0 - 3 1 v. a. 2 5 - 3 1 ) , dass sich das Verständnis des Abendmahls insofern ändert, als die - in Lessings Augen - unbeweisbare, zufällige, »bloss« empirische Geschichtswahrheit der Auferstehung Jesu Christi beim Versuch, den Gedanken einer Transsubstantiation beziehungsweise einer Konsubstantiation im Abendmahl mit einer Vernunftwahrheit zu begründen, keine Beweiskraft hat (Dazu auch: Nadler III 2 2 2 , 1 1 - 1 9 ) . Als weitere Konsequenz wird auch die Vorstellung von der fortdauernden Gegenwärtigkeit Jesu Christi in der Zeit verdächtig. Die Göttlichkeit des Menschensohns ist in Frage gestellt. Dies zeigt sich unter anderem in dem unter Punkt 3.1.3 schon erwähnten Fragment von Reimarus Von dem Zwecke Jesu und seiner Jünger (1778), in welchem die Auferstehung Jesu Christi als ein von den Jüngern erfundener Mythos dargestellt wird. 395 A n dieser Stelle in Nadler III 218,20-31 lässt es sich Hamann übrigens nicht nehmen, die Vernunft bereits hier als neuen, Ehrfurcht gebietenden, letztlich aber ins Verderben führenden Gott zu schildern. 396 Der Teil in Nadler III 2 1 7 , 9 - 2 1 8 , 1 9 , in welchem die Positionen Warburtons, Coopers, Starcks und Meiners' dargestellt werden, kann auch als Exkurs - als digressio - zu Nadler III 2 1 7 , 1 - 8 betrachtet werden. Dazu u. a. auch: Ueding, Gert u. Steinbrink, Bernd. Grundriss der Rhetorik. Stuttgart 1986. S. 242-245. 397 Beachte dazu u. a.: Nadler III 2 1 7 , 1 ; Nadler III 2 1 8 , 2 0 - 3 1 v. a. 26-29; Nadler III 226,9-15. 398 Dazu auch das erste Motto von Konxompax

aus Spr 9 , 1 6 - 1 8 .

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

fünf Seiten, also auf einem verhältnismässig umfangreichen Raum, zur Darstellung gebracht. Dieser Teil ist untergliedert a) in die Aufstellung einer Hauptthese, welche das Resultat von Hamanns Untersuchung bereits vorwegnimmt, und b) in drei - von Hamann mit einem implizit als induktiv charakterisierten Verfahren ermittelte399 - mögliche Betrachtungsweisen beziehungsweise Definitionen antiker Mysterien und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Das soll im Folgenden genauer ausgeführt werden: Im Abschnitt in Nadler III 2 1 8 , 3 2 - 2 1 9 , 1 7 , welcher die Hinführung zur Hauptthese und die Hauptthese selbst enthält, umschreibt Hamann zunächst seinen Plan, die »Heiden [...] [und] Geheimnisse[...]« (Nadler III 218,33) - gemeint sind die Mysterienreligionen - zum »Grundstoff [...] [der] Vergleichungs- und Abziehungsfähigkeit« (Nadler III 219,4-5) 4 °° z u machen, und führt dazu sogleich einige Methoden an aus dem Gebiet der beispielhaft aufklärerischen Wissenschaft der Chemie - und den dahinter liegenden Wünschen und Hoffnungen einer Alchemie; konkret will Hamann - vordergründig - unter anderem »das Beständige und Gemeinschaftliche von dem Zufälligen und Besondern« (Nadler III 219,5-6) trennen. Trotz oder gerade wegen aller vernünftigen Wissenschaftlichkeit, so postuliert Hamann in seiner unter Punkt 3.3.3 bereits zitierten Hauptthese in Nadler III 2 1 9 , 1 1 - 1 7 , wird er bei seiner Untersuchung des Wesens und der Geschichte der Mysterienreligionen aber keine andere Wahrheit finden, als dass alles der Kontingenz unterworfen ist und die wissenschaftliche Erkenntnis daher letztlich nur ein »blendendes Nichts, ein eitles Etwas« (Nadler III 2 1 9 , 1 3 - 1 4 ) ist. Nach der Hauptthese folgen, wie schon erwähnt, Reflexionen zu drei möglichen Betrachtungsweisen antiker Mysterienkulte (Nadler III 219,18-224,12). Dieser dreigliederige Teil dient der bestärkenden Exemplifikation der Hauptthese 401 und vor allem der Falsifikation - der refutatio - von Lessings Diktum. Damit lässt sich Hamann bei der weiteren Behandlung der Mysterienkulte methodologisch auf die von Lessing geforderte Logik und 399 Explizite

Erwähnungen der induktiven Methode finden sich unter: Nadler III 219,20;

Nadler III 223,23. Das induktive Element bei den drei Ausführungen in Nadler III 2 1 9 , 1 8 - 2 2 4 , 1 2 besteht darin, dass von Einzelfällen - konkret von einzelnen Ausführungen Meiners', Starcks und teilweise auch Steinbarts - auf das Wesen der Mysterienreligionen geschlossen wird. Allgemein fehlt der Induktion wesenhaft die bei der deduktiven Methode - vermeintlich - vorhandene logische Stringenz. 400 Schoonhoven sieht darin zu Recht »Komparation und Abstraktion, Grundbegriffe in der logischen Theorie der induktiven Methode« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 204) vertreten. 401 Hamann indiziert explizit den Beginn der Begründung - der ratio, assumptio - der Hauptthese durch die drei Reflexionen mit einem »denn« (Nadler III 219,18).

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

" 3

Vernünftigkeit ein. Exemplarisch und probabilistisch werden die aufklärerischen Forderungen wissenschaftlicher Methoden auf die Ausführungen von Meiners und Starck zu den Mysterienkulten angewendet - um auf diese Weise die Undurchführbarkeit eines solchen Beweisverfahrens zu veranschaulichen. Die erste Reflexion in Nadler III 219,18-35 fokussiert Meiners' Betrachtungsweise der Mysterienreligionen als Ritus, als »gottesdienstliche Gebräuche und Feierlichkeiten« (Nadler III 219,1 δ ι 9).402 Intertextuell auf Aussagen von Meiners zurückgreifend, in denen dieser davon spricht, dass die Mysterien der letzten Art »weder aus heiligen Gaukeleyen, und Possenspielen, noch aus theatralischen Vorstellungen von Göttergeschichten« 403 bestanden hätten, schliesst Hamann »der Induction und Analogie zu Folge« (Nadler III 219,20), dass die nicht zu den Mysterien der letzten Art zählenden Riten eben gerade in den Bereich des Theaters gehören und dort dem Publikum und den Schaustellern, den »abergläubische[n] Schwärmer[n] und verschmizte[n] kühne[n] Betrüger[n]« (Nadler III 219,22-23), zu gleichen Teilen Gewinn bringen.404 Bei der Reflexion dieser ersten Betrachtungsweise der Mysterien betont Hamann besonders den Aspekt des Trugbilds, der Mystifikation. Die zweite Reflexion in Nadler III 220,1-15 4 0 5 thematisiert Meiners' Betrachtungs402 Hamann zitiert hier Meiners, Christoph. Uber die Mysterien der Alten, besonders über die Eleusinischen Geheimnisse. Leipzig 1776. S. 168. Zur Einstufung als Ritus siehe: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 2 0 7 - 2 1 0 v. a. 207-208. 403 Meiners, Christoph. Über die Mysterien der Alten, besonders über die Eleusinischen Geheimnisse. Leipzig 1776. S. 205. Siehe auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 208. 404 Hamann schliesst damit - die Gesetze der Logik missachtend - von der Weder-NochAussage bezüglich der Mysterien der letzten Art auf eine Sowohl-Als-auch-Aussage bezüglich der anderen Mysterien. Man beachte ausserdem die von Hamann gewählte Wortsemantik aus dem Bereich des Theaters: »Gaukeleyen und Possenspiele« (Nadler III 219,21), »dramatische Vorstellungen von Götter- und Heldengeschichten« (Nadler III 219,23-24), »Rhapsodie seiner [Voltaires] allerchristlichsten Epopee« (Nadler III 219,26), »καθαρσιν für den mystischen Zweck des Trauerspiels« (Nadler III 219,28), »andächtigen Mummerey« (Nadler III 219,31). 405 Zu diesem Teil gehören fünf Exkurse, welche Schoonhoven betitelt hat mit: a) »Heilige Schriften« (betrifft: Nadler III 220,16-221,14), b) »Aberglauben« (betrifft: Nadler III 2 2 1 , 1 5 - 2 3 ) , c) »Der

Zweck

Jesu

und seiner Jünger«

(betrifft: Nadler III 222,1-26),

d) »Politische Mysterien« (betrifft: Nadler III 2 2 2 , 2 7 - 2 2 3 , 1 1 ) und e) »Entweder - Oder« (betrifft: Nadler III 2 2 3 , 1 2 - 2 2 ) (Alle fünf Titelüberschriften aus: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 2 1 1 - 2 2 9 ) . Diese werden hier aber nicht weiter ausgeführt. Eine andere Betitelung der einzelnen Exkurse könnte lauten: a) Wo blieben die schriftlichen Urkunden der Mysterienkulte?, b) Lenkung durch das Gesetz vs. Lenkung durch den Aberglauben oder durch die Intuition, c) Das tückische Auge und die Wirklichkeit, d) Selbstbetrug und andere Hintertüren und e) Christus mit Luzifer

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

weise der Mysterienreligionen als Mythos, als »gewisse auf die Religion eines Volks sich beziehende Lehren« (Nadler III 220,1-2). 406 Weil die Mysterien als den breiten Massen zugängliche Lehren beschrieben sind, kann dabei aber die Behauptung einer »Scheidewand des Ex- und Esoterismus« (Nadler III 220,3), a l s o die v o n Meiners und vor allem von Starck beschriebene Einteilung in das Sakrale und das Profane, nicht aufrecht erhalten bleiben. Bei den in diesen Mysterienreligionen verbreiteten Lehren wurde gemäss Hamann nicht ein »Gott, Schöpfer und Vater des Ganzen« (Nadler III 220,4) - m a n beachte die Relationalität dieser Gottesbegriffe - verkündet, sondern ein »JUPITER. OPTIMUS. MAXIMUS« (Nadler III 220,5) ~ m a n beachte die Absolutheit und Aseität dieser Gottesbegriffe. Neben dieser Reduktion der Gottesvorstellung auf abstrakte Kategorien der Qualität und Quantität führte gemäss Hamann die Vermittlung einer Dämonenlehre zu einem Polytheismus.407 Bei der Reflexion dieser zweiten Betrachtungsweise der Mysterien betont Hamann besonders den Aspekt der Lehre, des Dogmas. Bei der dritten Reflexion in Nadler III 223,23-224,12 spricht Hamann unter dem Vorwand einer Vorwegnahme - einer praeoccupatio, praeventio - das an, was er bei Meiners' und Starcks Ausführungen bezüglich der Mysterienreligionen vermisst hat, nämlich die Darstellung der Analogie der »heidnischen Telesiurgie« (Nadler III 223,24-25) zur »christliche[n] Mystik« (Nadler III 223,23). Dabei bestehe doch eine Ähnlichkeit der Verhältnisse darin, dass bei beiden Bewegungen entweder der entschiedene Verzicht oder dann die entschiedene Ausübung des geschlechtlichen Aktes als »Symbol der Vereinigung mit der Gottheit« (Nadler III 223,27) betrachtet werde.408 Eine weitere Ähnlichkeit ergibt sich gemäss Hamann ausserdem durch die

gleichstellen? Diese fünf Exkurse können durchaus als Figur einer nach dem Prinzip der Kumulation addierenden amplificatio betrachtet werden. 406 Hamann zitiert hier Meiners, Christoph. Uber die Mysterien der Alten, besonders über die Eleusinischen Geheimnisse. Leipzig 1776. S. 168-169. Zur Einstufung als Mythos siehe: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 207-208 u. 2 1 0 2 1 1 . Auch Starck betont in seiner Apologie des Ordens der Frey-Mäurer (1778) den Aspekt der Lehre. 407 Sowohl Meiners als auch Starck nahmen an, dass parallel zu den Mysterienreligionen eine Dämonenlehre vermittelt wurde. 408 Für die Darstellung dieser Aussagen verwendet Hamann die Semantik der Chemie, genauer gesagt die Semantik der Destillierkunst. Beispiele dafür sind etwa: »Absonderung« (Nadler III 223,27-28), »Leitzeuge und fliegenden Adler« (Nadler III 223,29). Ein Synonym zu Leitzeug ist der Begriff Menstruum. Menstruum ist im Bereich der Chemie ein Auflöse- oder Scheidemittel (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 230). Man beachte hier auch die Parallele zu Nadler III 219,3-7.

3.4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

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»gemeinschaftliche^..] Ader des Theismus« (Nadler III 224,4), durch den Glauben an das persönliche Wirken ausserweltlicher Götter - bei der heidnischen Mystik 409 - beziehungsweise eines ausserweltlichen Gottes bei der christlichen Mystik. Beiden von Hamann genannten Ähnlichkeiten zwischen den antiken Mysterien und der christlichen Mystik hinwiederum ist ein bestimmter Zugang zu Gott gemein. Dieser Zugang besteht gemäss Hamann bei - der von ihm angesprochenen Richtung 4 ' 0 - der Mystik wie auch bei der Magie der Mysterien und der Logik der Philosophie aus dem »Circul menschlicher Vergöttung und göttlicher Incarnation« (Nadler III 224,6-7). 411 Dieser an die kontrollierten Faktoren eines chemischen Experiments erinnernde Zugang zu Gott, bei welchem in Unabhängigkeit von Gott und seiner Gnade - Gott gesetzmässig erreicht werden will, steht im Kontrast zu Hamanns Behauptung der all-

409 Bezüglich des Ausdrucks heidnische Mystik siehe: Nadler III 224,5. 410 Dazu zählen vor allem die Mystik der Enthaltsamkeit und die Mystik Johann Georg Gichteis ( 1 6 3 8 - 1 7 1 0 ) . 4 1 1 Bezüglich dieser Textstelle siehe auch: Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 260; Fritsch, Friedemann. Communicatio idiomatum. Berlin 1999. S. 196-201 u. 2 1 5 - 2 1 9 . Elemente einer Inversion finden sich immer wieder in Hamanns Schriften, seien diese nun vertreten in der hamannschen Umkehrung der durch die Zeitgenossen angenommenen Reihenfolge von Apotheose und Anthropomorphose oder in seinen Darlegungen, dass nicht die Sprache von der Vernunft, sondern die Vernunft auch von der Sprache abhängig ist, oder in seinem antwortenden Schreibstil, bei welchem stets deutlich wird, dass seiner Rede ein Rezipieren vorausgegangen ist. Ahnlich wie es bei einer coincidentia oppositorum - und wie vielfach im Neuen Testament - zu sehen ist, kommt es bei Hamann zu einer Umwertung geltender Massstäbe. Häufig zeigt er auf, dass das, was von bestimmten Zeitgenossen negativ bewertet wird - beispielsweise die Geschichtlichkeit, Sinnlichkeit und Konkretheit - , für den Menschen unabdingbar und notwendig beziehungsweise N o t wendend - ist. Interessant ist, dass diese Inversionselemente oft im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verhältnis von Aktivität und Passivität wie auch mit einer Reflexion über das aufklärerische Streben nach Unabhängigkeit stehen. Das Element der Inversion findet sich verschiedentlich in den Ausführungen anderer Hamann-Forschenden. Schreiner beispielsweise schreibt: »Mythus ist also der immer neue Versuch des natürlichen Menschen, zu Gott vorzudringen durch Deutung von unten her, einerlei, welches στοιχεΐον τοϋ κόσμου er als Hinweissymbol wählt. Die Erkenntnis des Glaubens, das Dogma, lebt von dem umgekehrten Vorgang: der Herablassung Gottes von oben her. Aus der Wahrheit in die Wirklichkeit, aus dem Licht in die Finsternis der Welt, aus der Majestät des Unendlichen in die Niedrigkeit« (Schreiner, Helmuth. Die Menschwerdung Gottes in der Theologie Johann Georg Hamanns. Tübingen 1950. S. 3 5— 43 v. a. 4 1 - 4 2 . Zitat auf Seite 42). Ausserdem: Hamann, Johann Georg. Briefe. Frankfurt a. M. 1988. S. X X V I ; Bayer, Oswald. Wahrheit oder Methode? Frankfurt a. M. 1990. S. 162-164; Veldhuis, Henri. Ein versiegeltes Buch. Berlin 1994. S. 258-263; Kurz, Gerhard. Hysteron Proteron. Bern 2001. S. 67-76.

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3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

gegenwärtigen Kontingenz.4'2 So weit die Ausführungen zu den drei möglichen Betrachtungsweisen der antiken Mysterienreligionen. Es hat sich in allen drei Fällen gezeigt, dass die Lessings Forderungen entgegenkommenden Bemühungen, mittels Verstandesvorgängen - beispielsweise mittels Vergleichung, Unterscheidung oder Abstrahierung wie auch mittels induktiver Verfahren - zu allgemeinen Begriffen zu gelangen, insofern scheitern, als die Resultate einem »reine[n] Nichts oder ein[em] zweydeutige[n] Etwas« (Nadler III 218,7) entsprechen.4'3 Dieses unfassbare Schillern zwischen einem Nichts und einem Etwas findet sich in jeder der drei Sichtweisen der Mysterien: Dort, wo die Mysterien als heilige Riten betrachtet werden, wandelt sich das sakrale Heidentum durch die Nähe zur Scheinwelt des possenhaften Theaters, welches auf Unterhaltung und Verführung zielt, in ein profanes Heidentum des Ergötzens. Dort, wo die Mysterien als volksnahe Mythen betrachtet werden, wandelt sich das profane Heidentum durch die Nähe zur gesetzlichen Vernunft, durch die abstrahierende Unterscheidung der Gotteseigenschaften nach absoluten, impersonalen Qualitäten und Quantitäten wie auch durch die damit verbundene Lehre von den Dämonen, welche eine Viel- und Abgötterei stützt, in ein sakrales Heidentum der Doktrin. Und dort, wo die Mysterien mit gewissen Formen der christlichen Mystik verglichen werden, wandelt sich das ursprünglich sakrale Heiden- und Christentum durch die Erwartung eines naturwissenschaftlichen Gesetzmässigkeiten folgenden Gottes und durch den Wunsch nach einem agierenden, kontrollierten Zugang zu Gott ohne Angewiesenheit auf dessen Gnade in ein profanes, gesetzliches, sich aber sakral erachtendes, aufgeklärtes Heiden- und Christentum. Nach diesem recht umfangreichen Teil mit der Hauptthese und den drei Reflexionen über mögliche Betrachtungsweisen der Mysterienkulte hat Hamann den Weg bereitet, um seine eigenen Gedanken sowohl zum alten und neuen Heidentum wie auch zu den wahren Mysterien und zur zeitgenössischen Vernunftgläubigkeit in einer peroratio äussern zu können. In Nadler III 224,13-225,2 formuliert Hamann - mit einem »also« (Nadler III 224,13) eine complexio indizierend - , dass der Polytheismus, zu welchem er auch das Heidentum zählt,4'4 mit der »älteste[n] Schoos4 1 2 Vgl. dazu: Nadler III 226,28-227,10. Vergleiche dazu auch die Ausführungen zur Brücke ohne Lehnen unter Punkt 3.2.4 und die Ausführungen zum Weg der Unsicherheit

unter

Punkt 3.3.5. 413 Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 234-235. 414 »>Heidentum< hat bei Hamann nicht den landläufigen, abschätzigen Sinn, sondern meint die eine der drei großen religiösen Möglichkeiten des Menschen: Heidentum, Judentum, Christentum« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 235).

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

227

sünde der Selbstabgötterey« (Nadler III 224,19-20) übereinstimme; dass sich also im Polytheismus und im Heidentum die Geschehnisse vom Sündenfall wiederholten, nämlich im Wunsch des Menschen, selbst wie Gott zu sein. 41 ' Indem Hamann darauf hinweist, dass dieser prälapsarische Wunsch »aller philosophischen Erkenntniß und gesetzlichen Gerechtigkeit die Bahn gebrochen« (Nadler III 224,21-22) 4 1 6 habe, muss auch das zeitgenössische starre Beharren auf der Vernunft, die aufklärerische Vernunftgläubigkeit als Selbstabgötterei und als Folge des Sündenfalls aufgefasst werden. Diesen eher allgemein gehaltenen Gedanken über den Sündenfall, die Selbstabgötterei und die eschatologische Bestimmung des Menschen zum gottesebenbildlichen Mitherrscher folgen in Nadler III 225.3-226,8 spezifischere Erläuterungen zur Mitbeteiligung der Vernunft an der götzendienerischen Selbstabgötterei: Sich bei seinen Ausführungen in die Anklage hineinsteigernd, bezichtigt Hamann die »hochgelobte Vernunft mit ihrer Allgemeinheit, Unfehlbarkeit, Uberschwenglichkeit, Gewißheit und Evidenz« (Nadler III 225,3-4), ein vom Aberglauben und von der Unvernunft gehuldigtes »Ens rationis, ein Ölgötze« (Nadler III 225.4-5) zu sein, dessen »Usurpation« (Nadler III 225,10) des Thrones Gottes jedoch nie gelingen könne. Indem die Vernunft gegen ihre eigenen Überzeugungen und Ziele - beispielsweise die Befreiung der Menschen von ungerechtfertigten Bindungen - Verstösse, sei sie sich selbst eine Schande. Ausserdem missachte die Vernunft das »Blut der Besprengung« (Nadler III 225,18) - die Möglichkeit eines neuen Bundes mit Gott (Hebr 12,24) ~ w i e auch den »Geist der Gnade« (Nadler III 225,19). Diese an415 Dieser Wunsch wurde von dem »Lügenprediger Lucifer« (Nadler III 224,34) hervorgerufen, welchem jedoch Gott selbst die verführenden Worte »des evangelischen Geheimnisses von der Bestimmung des Menschen zum Συνθρονισμω [griechisch für Mitthronen, Mitherrschen] (einer nicht blos figürlichen, sondern leibhaften Theilnehmung der göttlichen Natur) [...] in den Mund« (Nadler III 224,31-34) legte. Es entbehrt nicht eines gewissen Witzes, dass Lucifer

trotz seiner Pläne gegen den »Zweck Jesu und Seiner

Jünger« (Nadler III 225,1) nicht anders kann, als Gottes Worte zu verkünden. Durch die Möglichkeit des Mitthronens (Vgl.: O f f b 3,21) steht der zweifachen Natur Jesu Christi die zweifache Natur des Menschen gegenüber! (Vgl.: 2 Petr 1,4) (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 238). Übrigens: Bei einem gleichbleibenden intentionalen Handeln (dem Was) - konkret das Streben nach Gottesebenbildlichkeit - zeigt sich auch an dieser Stelle wiederum die konstitutive Wirkung der inneren Haltung (des Wie) - konkret Selbstbestimmung (und Gottesferne) vs. empfangene - kondeszendente - Gnade (und Gottesnähe). Bezüglich der Thematik des Sündenfalls bei Hamann siehe auch: Kleffmann, Tom. Die Erbsündenlehre in sprachtheologischem Horizont. Tübingen 1994. S. 247-305. 416 Vergleiche die Begriffe philosophische

Erkenntniss

und gesetzliche

Begriffen Wahrheit und Freyheit in Nadler III 227,8.

Gerechtigkeit

mit den

228

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

griffig-kritische Charakterisierung der Vernunft wird nun in Nadler III 225,24-226,8 durch Personifikationen illustriert: Bestimmte Frauenfiguren repräsentieren je eine historische Ausformung vernünftiger Philosophie.4'7 Nun, wo der Diskurs der Vernunft - beim Aufzeigen des Zusammenhanges der Mysterienreligionen mit dem alten und neuen Heidentum und vor allem mit der zeitgenössischen Vernunftreligion - nochmals zur Sprache gekommen ist, wird auch der Diskurs der Mysterien in Nadler III 226,9-227,10 nochmals thematisiert. Hamann geht damit unter anderem auch auf die Sehnsucht seiner Zeit nach Mysterien, nach erneuerten Geheimkulten, nach der Zugehörigkeit zu einem Kreis von Eingeweihten ein. Gleichzeitig spricht er nochmals - Ernst und Falk zitierend - Lessings Forderung nach notwendigen Vernunftwahrheiten an (Nadler III 226,912) und beurteilt bezüglich der Mysterien die unter diesen Bedingungen ermittelbaren Resultate: Aus dem »Ens entium« (Nadler III 226,12) entstehe über den Weg der vernünftigen Methode ein »Ens rationis« (Nadler III 226,12-13), bei welchem der Name Gottes »das einzige Mysterium des Judentums und [...] das tausendzüngige Mysterium des Heidentums« (Nadler III 226,14-15) sei.418 Hamann ruft an dieser Stelle seinen Zeitgenossen zu, dass sie die Mysterien an einem anderen Ort vollendet sehen können: Denn das wahre Geheimnis besteht gemäss Hamann im Geheimnis des Himmelreichs,4'9 welches sich in der Mitte der Weltgeschichte - in der Kontingenz - offenbart und an welchem der »neue Mensch, nach dem 417 Schoonhoven schreibt darüber: »Es ist ein seltsamer Reigen: eine >Madonnaverschleierte Isisdie christlichen Wahrheiten« sowohl >erklären und retten« als zertreten lassen, wie Reimarus exemplarisch gezeigt hat; die Philosophie Voltaires, höhnisch als >eine Pucelle< dargestellt; eine zum Okkulten geneigte Philosophie wie die Starcks und schließlich die streng-erhabene Philosophie Lessings, der das Suchen der Wahrheit dem Besitz der Wahrheit vorzieht (>Eine Duplik 2 2 _ 2 4 · Ausserdem: 2 Kor 5,17. U n d : Gal 6,15. 421 R o m 12,4-5; 1 Kor 6,15; 1 Kor 12,12-27; Eph 5>30· Das Paradoxon dieses Bildes der Einheit und Vielheit findet sich ebenfalls in der Unbegreiflichkeit sowohl der Trinität Gottes als auch des Ehebundes vor Gott. 422 Vgl.: R o m 8,19-23. 423 Gemäss Schoonhoven ist hier mit der Philosophie Lessings Philosophie und mit der Philologie Reimarus' Philologie gemeint: »Des ersteren Philosophie wird >scheinheilig< genannt, wohl weil sie unter Versicherungen von H o c h a c h t u n g für die christliche Religion sich nur auf die Vernunft gründet; des letzteren Philologie >hypokritischetwas anderes* gemeint. D a b e i ist das w i r k l i c h G e m e i n t e i m m e r 444 Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 291. Seit dem Sündenfall ist der Menschen Beziehung zueinander und zu Gott mit Scham belastet. Damit verbunden ist eine innere Distanzierung von der Wirklichkeit der sprachlichen und körperlichen Geschlechtlichkeit. Seils schreibt darüber: »Also auch in Sachen des sprachlichen genus, das Hamann [...] in Einheit mit dem sexus der leibhaften Existenz wußte, bezeugen die Rationalisten ihre tiefe Differenz zur Wirklichkeit - mag es auch nur ein geringfügiges intellektuelles Versagen sein, an dem das deutlich wird« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 326). Vergleiche dazu auch die Stelle mit den feurigen Lenden in: Seils 275,6-12/Nadler III 207,6-12. 445 Mit ihrer sind diejenigen gemeint, »welche die Tiefen des Satans, wie sie sagen, im hellenistischen Redegebrauch bereits ergründet haben« (Seils 284,2-3/Nadler III 206,2-3). Die Stelle bezieht sich auf O f f b 2,24. Hamann spricht hier aber auch die Kaltblütigen und Lucianischen an (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 349-350). 446 Gemäss Gen 3,7. Vgl. dazu auch: Nadler II 362,21-24: Fünf Hirtenbriefe

das

Schuldrama

betreffend. 447 Nach Möglichkeit werden auch Bezüge innerhalb und ausserhalb des Textes aufgezeigt. Eine voll umfängliche Interpretation der Textpassage wird hier aber - falls sie wirklich möglich wäre - mit Rücksicht auf die Intention dieses Unterkapitels nicht beabsichtigt.

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

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mehr oder weniger mit negativen Bewertungen beladen. Diese negativ bewertende Natur der Ironie impliziert, daß in der Ironie immer ein Sachverhalt oder eine Person kritisiert wird.« 448

So und ähnlich lauten Definitionen des Begriffes Ironie.449 Dabei bleibt meines Erachtens häufig ein Aspekt - neben dem oft betonten kognitiven 448 Kohvakka, Hannele. Ironie und Text. Frankfurt a. M. 1997. S. 20 u. 22 (Im ersten Teil des Zitats mit Bezügen zu: Lausberg, Heinrich. Handbuch der literarischen Rhetorik. München i960. S. 446-447). Hannele Kohvakkas linguistisch-empirischer Untersuchung liegt die Hauptthese zugrunde, dass sich die Ironie auf der Wortebene festmachen lässt und zwar an nicht schlüssigen Konklusionen, an Scheinkonklusionen. Weiteres von Kohvakka zum Begriff der Ironie'. Kohvakka, Hannele. Ironie und Text. Frankfurt a. M. 1997. S. 19-30. Ausserdem: Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 116-123; Ottmers, Clemens. Rhetorik. Stuttgart 1996. S. 177-179; Japp, Uwe. Theorie der Ironie. Frankfurt a. M. 1983; Berg, Wolfgang. Uneigentliches Sprechen. Tübingen 1978. S. 82-93; Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 599-624 v. a. 599-600. Ironiesignale sind notwendig; sowohl bei der Ironie als dissimulatio, bei welcher der Sprechende zunächst seine eigene Position verbirgt, damit sich das Gegenüber in Selbstwidersprüchen verfängt, als auch bei der similitudo, bei welcher der Sprechende durch die Maske des Gegenübers die eigene Position darzustellen und zu stärken versucht, indem er vorgibt, die Ansichten des Gegners zu vertreten, während es jedoch den Zuhörenden - nicht aber unbedingt dem Gegner - klar ist, dass er dies nur zum Schein tut. Die verbale Ironie kennt zwei Strategien: Das Verbergen - so tun als ob nicht - und das Vortäuschen - so tun als ob (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 117). Plett beschreibt die dissimulierende Strategie - als eine Art von Heuchelei - folgendermassen: »Typische Ausformungen dissimulierender Strategie sind der Topos der Selbstverkleinerung (>meine Wenigkeit), der Euphemismus (= tabuisierende Ironie), die rhetorische Frage (Interrogatio), Litotes, Emphase, Concessio, Praeteritio, Aposiopese. Gemeinsam ist ihnen die Funktion des bagatellisierenden Verbergens von Faktoren, welche die eigentliche Wirkursache darstellen« (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 1 1 9 120). Demgegenüber beschreibt Plett die simulierende Strategie, die sich a) in der judizialen Gattung als Verteidigung durch Anklage oder als Anklage durch Verteidigung, b) in der deliberativen Gattung als Abraten durch Zuraten oder als Zuraten durch Abraten und c) in der epideiktischen Gattung als Lob durch Tadel oder als Tadel durch Lob äussern kann, folgendermassen: »Der Simulation eignet [...] der Charakter des Mimetisch-Schauspielerischen: Die Maske des Gegenübers dient dazu, die eigene Intention vorzutragen und durchzusetzen. [...] Jedesmal macht der Sprecher durch Adaption der Gegenspieler-Rolle die oppositionellen Argumente zunichte. Innerhalb der Rede gehört die Ironie daher in den Bereich der Widerlegung (refutatio)« (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 1 1 7 - 1 1 9 . Die Zitate befinden sich auf den Seiten 117 und 118). 449 Neben diesen deskriptiv-definitorischen Beschreibungen von Erscheinungsformen der Ironie muss jedoch auch beachtet werden, dass die Ironie selbst einem geschichtlichen Werdegang unterliegt: »Die Anwendungsgebiete der Ironie zeigen im Verlauf der Geschichte einen ungewöhnlich breiten Spielraum und erstrecken sich auf bestimmte philosophische Argumentationsweisen (Sokrates), Redefiguren der Rhetorik (Cicero, Quin-

238

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Anspruch - zu wenig beachtet, nämlich der Aspekt der Emotionen und Affekte. 4 ' 0 Es stimmt zwar, dass ironischer Sprachgebrauch nur von dem verstanden wird, der die kognitiv erforderlichen Schritte nachvollziehen kann, doch gerade mit der sich daraus ergebenden Nähe 451 kann die Ironie, die sich bei Hamann durch Zugabe von Hohn und Spott in Sarkasmus zu steigern vermag, auch umso stärker bewegen; beglücken wie auch empören, bestärken wie auch enervieren, schmeicheln wie auch beleiditilian), literarische Ausdrucksformen (Cervantes, Th. Mann), kritische Mitteilungsformen in Theorie und Philosophie (F. Schlegel, Kierkegaard), Strukturprinzipien der Dichtung (G. Lukacs, C. Brooks) und dekonstruktive Elemente der Sprache (J. Derrida, P. De Man)« (Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 599-600). Die »Vorherrschaft der rhetorischen Ironie« (Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 605) galt dabei bis über das Mittelalter hinaus. Beim Bedürfnis einer Abgrenzung der vertretbaren Ironie von der nicht vertretbaren Lüge bildete die Tatsache, dass Gott selbst ironisch reden kann, ein wichtiges Argument zur Rechtfertigung der Ironie. Erst mit Jonathan Swift (1667-1745) kam neben dem heiteren Element der Ironie auch das bittere hinein. Ausserdem vollzog sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein Wandel, insofern als die Ironie nun »aus der engen Sphäre der Rhetorik in den allgemeinen Bereich der Literatur, der literarischen Mitteilung und der Mitteilung überhaupt, überführt wurde« (Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 606). Als weiterer Schritt erfolgte die Umformung in die romantische Ironie Schlegels, bei welcher alles Scherz und alles Ernst, alles offen und alles verstellt sein soll und bei welcher im Widerstreit des Unbedingten mit dem Bedingten eine vollständige Mitteilung zugleich unmöglich und notwendig ist (Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 6 1 1 ) . Allgemein zur Geschichte der Ironie: Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 4. Darmstadt 1998. S. 599-624; Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 1 - 1 0 2 . 450 Forschungsliteratur zum Thema Ironie und Emotionen beziehungsweise Ironie und A f fekte lässt sich kaum finden, obwohl der Ironie ja häufig konflikthafte Kommunikationssituationen immanent sind. Ausnahmen bilden hier beispielsweise die von Norbert Groeben und Heinrich F. Plett aufgestellten Typologien der Ironie, welche die unterschiedlichen Gefühle und Affekte widerspiegeln. Groeben unterscheidet: a) die sich wehrende, schützende Ironie, b) die konstruktiv-kritische Ironie, c) die liebevolle Ironie und d) die arrogante, Überlegenheit manifestierende Ironie (Groeben, Norbert. Ironie als spielerischer Kommunikationstyp?. Düsseldorf 1986. S. 1 8 3 - 1 8 8 v. a. 183). Demgegenüber unterscheidet Plett: a) Aste'ismus, also witzig-urbane Ironie, die unterhalten will, b) Charientismus, also charmant-geheucheltes Wohlwollen als Kritik, c) Diasyrmus, also höhnische Ironie, die blossstellt und lächerlich macht, d) Mycterismus, also verächtliche Ironie mit kaum verhohlener Aggressivität und e) Sarcasmus, also bittere, beissende Ironie (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 1 1 δ ι 19). 451 Die Nähe entsteht aufgrund des dem Autor und dem Rezipienten gemeinen, Genuss, Bestätigung und Befriedigung verschaffenden Wissens um die Polyvalenz ironischer Aussagen. Die verstandene Ironie macht die Rezipierenden zu Eingeweihten, zu Mitwissern, selbst wenn sie mit der Aussage an sich nicht einverstanden sind.

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

gen. Schliesslich hat I r o n i e - t r o t z aller Indirektheit - h ä u f i g mit K r i t i k u n d d a h e r mit - m ö g l i c h e r w e i s e u n b e q u e m e n - B e w e r t u n g e n v o n Sachverhalten o d e r P e r s o n e n z u tun. D i e E m o t i o n a l i t ä t der I r o n i e ergibt sich aber auch aus d e m U m s t a n d , dass I r o n i e auf N o r m v e r l e t z u n g e n basiert. 4 ' 2 D i e s e w e r d e n d u r c h Mittel der R h e t o r i k b e w i r k t , w e l c h e nicht als sachlich gelten - w e l c h e also w i e d e r u m das Potential v o n E m o t i o n a l i t ä t u n d A f f e k t i v i t ä t in sich tragen - , nämlich unter a n d e r e m M i t t e l der U b e r t r e i b u n g , des H u m o r s o d e r des E u p h e m i s m u s . 4 " A u s diesen G r ü n d e n lässt sich sagen, dass die I r o n i e d e n R e z i p i e r e n d e n in seiner G a n z h e i t

an-

spricht - k o g n i t i v w i e auch emotional. I r o n i e k a n n unter a n d e r e m Z o r n , V e r a c h t u n g , Ä r g e r , A n g s t , A b s c h e u , S c h a d e n f r e u d e , Bitterkeit, S c h a m , "Wohlwollen, G u n s t , E i n v e r s t ä n d n i s , V e r b u n d e n h e i t b e i m L e s e r o d e r bei der L e s e r i n h e r v o r r u f e n . »Nachhelf eines Vocativs. Unter allen Watrachomyogigantologomachien und komischen Erzählungen ist keine so kurz und gut und züchtig gerathen als der poßierliche Wortkrieg des Nachtwächters und Bürgermeisters in dem Göttinger Musenallmanach für dieses Jahr S. 1 5 1 . Der Wächter hatte, wie ein kaltblütiger Philosoph, die Kraft seines neutralen Horns bis auf den zehntausendsten Theil eines Fliegenhauchs, und die harmoniam praestabilitam seines Methodus zum orificio bis auf die kleinste Fragmente aufgelöset, daß er sagen konnte: Der Glock reimt nicht zu meinem Horn Drum will ich das Glock halten. Des wortführenden Bürgermeisters reine, harmlose, unparteyische Absicht Wißenschaft und Kunst zu schützen, das Schwert kritischer Gerechtigkeit im Namen seiner guten Stadt und des hochweisen Raths für die Ehre des Gen'ris masculum in dem weiten Umfange der deutschen Sprache zu handhaben, giebt seiner Brunst über das verhunzte Genus eine so feyerliche Wichtigkeit, daß es kaum möglich ist das doppelte Misverständnis und öffentliche Aergernis über die etymologische Pudenda einer Glocke schaamhafter und lächerlicher zu besingen. Hätte der Heldendichter in nuce nur hinten seinen römischen Dactylum und in der Mitte (medio ne discrepet imum) Wipp's symbolischen N a men verschweigen können, wie er die Enthaltsamkeit gehabt die Namen des Orts und dasiger streitender Parteyen - kurz, wenn er alle Personalitäten oder 452 Ganz im Sinne einer rezipientenorientierten Kondeszendenz bedeutet dies auch, dass sich ein Redner zuvor intensiv mit seinem Gegenüber auseinander gesetzt haben muss, um dessen Normen überhaupt durchbrechen zu können. 453 Von einer weiteren Seite betrachtet, scheint mir die Emotionalität der Ironie zudem gegeben, insofern als ein Autor bei der Niederschrift ironischer Textstellen Emotionen und Affekte durchlebt, welche der - kondeszendente - Rezipient als Zeuge der sprachlichen Äusserung im A k t des Lesens möglicherweise intensiv nachempfindet.

24Ο

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

nomina propria als stumme Sünden unterdrückt hätte: so wäre sein Werk das vollkommenste Chef d'oeuvre d'un Inconnu für die außerordentliche Vorlesungen des jüngsten Meister Mathanasius und seine gelehrten Zeigefinger - « (Seils 279,1-280,9/Nadler III 209,8-37).

Bereits mit der Überschrift zum ersten Hauptstück der Schürze von Feigenblättern setzt Hamann erste - konkret paratextuelle - Ironiesignale,454 denn der Titel Nachhelf eines Vocativs enthält durch die versteckte intertextuelle Anspielung auf den damals gerade aktuellen Wortstreit zwischen Häfeli und Wieland einen Überraschungseffekt: Wielands eingleisigen Rückschluss von V — iv auf Vomitiv455 desavouierend und sich zugleich in diesen von Wieland initiierten Zeitdialog einbringend, demonstriert Hamann das von ihm hochgehaltene tertium datur durch eine weitere Auflösung von Häfelis Worträtsel; denn V — iv kann auch mit Vocativ aufgeschlüsselt werden.456 Auf diese Weise entsteht aus Wielands Vomitiv, aus dem in der Nachricht des Herausgebers Erbrochenen,457 ein Vocativ, der Kasus der Anrede, mit welchem man die dialogische Ansprache an ein Gegenüber eingeleitet. Der Titel wird daher gerade auch im Zusammenhang mit der später noch ausgeführten Thematik des abstrahierenden und fixierenden Bezeichnens zum Programm für das nachfolgende erste Hauptstück. Ausserdem indiziert Hamann auf diese Weise den Rezipierenden im Voraus, dass der Text ironisch gelesen werden kann beziehungsweise gelesen werden soll. 454 Marika Müller unterscheidet bei den paratextuellen

Ironiesignalen einerseits die feste

Platzierung - beispielsweise im Rahmen einer Zeitung auf der letzten Seite in einer festen Kolumne - und andererseits die Uberschrift - beispielsweise durch Kontrastpaarungen, Wortneubildungen, Anspielungen, Alliterationen, Wortspiele, Ubertreibungen, Archaismen (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 1 3 6 - 1 3 8 ) . Dabei hält Müller fest: »Der Aufmerksamkeitswert ironisch formulierter Uberschriften ist sehr hoch. In ihnen werden in der Regel überraschende Kontraste semantischer Art konstruiert, deren A u f lösung dem Leser nur durch das Lesen des Textes gelingen kann« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 136). 455 In der kritischen Nachricht des Herausgehers

erkundigte sich Wieland angriffig-suggestiv

beim Anonymus Häfeli, warum dieser in Eines Ungenannten

Antwort

bei der Beant-

wortung der 1776 im Teutschen Merkur gestellten Frage zu den kaltblütigen Philosophen und lucianischen Geistern nicht gleich von einem Nachhelf einem Nachhelf

eines V

eines Vomitivs statt bloss von

ivs gesprochen habe (Dazu auch die Ausführungen unter

Punkt 3.2.4; Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 328). 456 Vgl. aber auch: Seils 276,5/Nadler III 208,2. Ein weiteres tertium datur entsteht übrigens durch den Streit um das grammatische Geschlecht des Wortes Glock; schliesslich heisst es nicht, wie der Wächter behauptet, das Glock und auch nicht, wie der Bürgermeister behauptet, der Glock, sondern die Glock (Dazu: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 331)· 457 Vgl. auch: Nadler III 50,28-51,19 v. a. 51,4-7: Philologische

Einfalle

mann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 334.

und Zweifel·,

Ha-

3 4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

241

Für die Ermittlung vorhandener Ironiesignale in der zu untersuchenden Textpassage werden im Folgenden die von Marika Müller dargestellten Kategorien einer Stilistik der Ironie angewandt. 4 ' 8 Zunächst auf der Buchstaben- und Wortebene lassen sich folgende sprachlichen Erscheinungen der Ironie in der zu untersuchenden Textpassage feststellen:459 a) Adjektive und Adverbien: 460 Durch eine Sachverhalte bewertende Wortwahl setzt Hamann auf semantischer Ebene mit bestimmten Adjektiven und Adverbien wichtige und deutliche Ironiesignale. Aus der untersuchten Textpassage kann zu dieser Kategorie gezählt werden: »kurz und gut 458 Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 1 3 5 - 1 7 5 . Zum Vergleich seien hier zudem die von Plett aufgeführten Ironiesignale erwähnt: a) das Actio-Signal,

bei welchem sich

die Aussagen der Rede und die Gestaltung der Gestik, Mimik und Intonation widersprechen, b) das Ethos-Signal,

bei welchem der Redner durch zeitweilige Übernahme der

gegnerischen Rolle eine Position vertritt, von welcher die Zuhörer wissen, dass sie nicht der wahren Überzeugung des Redners entspricht, c) das Zitat-Signal·.

»Gemeint ist die

Einbettung von Texten oder Textstücken in einen neuen Kontext, der ihren ursprünglichen Sinngehalt ins Gegenteil verkehrt. Dem Publikum offenbart sich diese Ironie nur auf Grund der Vorkenntnis über den ursprünglichen Sinnzusammenhang des Zitats« (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 121), d) das Signal des textlichen Widerspruchs, wobei zwischen einem logischen (Litotes, E m phase, Hyperbel), einem inhaltlichen (gegensätzliche Situationsbeurteilungen durch den Sprecher) und einem stilistischen Widerspruch (Wechsel der Stilhöhe) unterschieden werden kann (Plett, Heinrich F. Einführung in die rhetorische Textanalyse. Hamburg 2001. S. 120—122). 459 Zu den sprachlichen Erscheinungsformen einer Stilistik der Ironie (im Sinne von Müller), welche jedoch in der hier untersuchten Textpassage nicht oder nicht deutlich vorhanden sind, gehören unter anderem: a) Interpunktionszeichen (Anführungszeichen, Ausrufezeichen, Bindestriche, Pünktchen), b) Veränderungen in der Orthographie. Ein Beispiel aus der Schürze

von

Feigenblättern

sei dennoch

erwähnt:

»W!

W!

W!«

(Seils

275,15/Nadler III 207,15); einerseits stehend für Wieland, andererseits für den Ausruf Wehe, c) rhetorische Fragen als Untergruppe konventionalisierter ironischer Ausdrucksformen, d) Untertreibungen, e) Litotes (die Bejahung durch doppelte Verneinung), f) affektierte Bescheidenheit, g) bewusst stilistisch eingesetzte Wiederholungen (in der Schürze von Feigenblättern

etwa die Nennungen der kaltblütigen und lucianischen Geis-

ter). Zu den sprachlichen Erscheinungsformen einer Stilistik der Ironie, welche zwar in der hier untersuchten Textpassage deutlich vorhanden sind, auf welche aber - wegen ihrer Kontextabhängigkeit - nicht weiter eingegangen werden kann, gehören die Metaphern. Allgemeine Ausführungen zu den Metaphern in der Schürze von

Feigenblättern

finden sich jedoch unter Punkt 3.3.4 (Diese Fussnote basiert unter anderem auf: Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 1 3 8 - 1 4 5 , 160-163

u

· 165-168).

460 Müller erachtet »insbesondere die faktiv-emotiven Prädikate (wie toll, großartig

oder

herrlich) und die (mit ziemlich) gradierbaren Prädikate (wie intelligent, schnell oder beeindruckend)

[als] ironiefähig. Ihre Gemeinsamkeit scheint einmal die Übertreibung,

zum anderen die Bewertung zu sein« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 148).

242

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

und züchtig« (Seils 279,5/Nadler III 209,12), 461 »reine, harmlose, unparteyische Absicht« (Seils 279,14-15/Nadler III 209,21-22), 462 »Schwert kritischer Gerechtigkeit« (Seils 279,15-16/Nadler III 209,22-23), »im Namen seiner guten Stadt und des hochweisen Raths« (Seils 279,16/Nadler III 209,23), »feyerliche Wichtigkeit« (Seils 279,19/Nadler III 209,26), »außerordentliche Vorlesungen« (Seils 280,8/Nadler III 209,35-36). b) Ubertreibungen und Untertreibungen: 46 ' In eine ganz ähnliche Kategorie gehören die Über- und Untertreibungen. In der untersuchten Textpassage finden sich folgende Beispiele: »Unter allen [...] ist keine [...] als« (Seils 279,4-5/Nadler III 2 0 9 , 1 1 - 1 2 ) , »Theil eines Fliegenhauchs [...] und [...] kleinste Fragmente« (Seils 279,9-1 i/Nadler III 209,16-18), »Brunst über das verhunzte Genus« (Seils 279,18-19/Nadler III 209,25-26), »kaum möglich ist [...]« (Seils 279,19-20/Nadler III 209,26-27). c) Superlative:4^4 Eine andere Form auf semantischer Ebene gesetzter Ironiesignale bilden die Superlative und bombastischen Ausdrücke. Zu dieser Kategorie Maximalausdrücke und Komparative werden hier mit dazugerechnet gehören die Ausdrücke: »Unter allen Watrachomyogigantologomachien« (Seils 279,4/Nadler III 209,11), 465 »zehntausendsten Theil eines Fliegen 461 Die Formulierung keine so kurz und gut und züchtig gerathen enthält zusätzlich Alliterationen durch die Ubereinstimmung der plosiven Velarlaute. 462 Diese beiden ersten Beispiele sind zudem als Klimax organisiert. Bezüglich der ironischen Verwendbarkeit der Stilfiguren der Klimax, der Antiklimax und der ungeordneten Aufzählung siehe auch: Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 169. 463 »Die Übertreibung ( H y p e r b e l ) wird rhetorisch als >affektische Vorstellungshilfe genutzt< (Lausberg § 5 79) und bedient sich häufig des Vergleichs. Ihr psychologisches Fundament liegt in der Prägnanz«

(Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 164. Müller ver-

weist hier auf: Lausberg, Heinrich. Handbuch der literarischen Rhetorik. München i960. S. 299). 464 »Superlative und bombastische Ausdrücke erweisen sich wesensmäßig als Ausdrucksmittel der übertreibenden Bewertung und gehören damit zum hyperbolischen Formenkreis [...]. Ihre ironische Funktion wird in der Forschung ausnahmslos angemerkt« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 151). 465 Dieser von Hamann gebildete Neologismus ist eine Wortverbindung zwischen χομυομαχία,

Βατρα-

also zwischen dem »Froschmäusekrieg, die dem Homer zugeschriebene,

aber wahrscheinlich aus späterer Zeit stammende Parodie auf die Ilias«, und einer Γιγαντομαχία,

also einer »Gigantenschlacht«. Gemäss Seils bedeutet diese Wortschöpfung:

»Viel Lärm um Nichts« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 329. Alle drei Zitate finden sich auf Seite 329). Übrigens besass Hamann gemäss der Biga Bihliothecarum

(Nadler V 90) eine Ausgabe von 1730 des ursprünglich 1595 er-

schienenen, sehr erfolgreichen, von der Handlung eher einfach angelegten, jedoch durch eine »Erzähltechnik der Rückgriffe und Einlagerungen« weit ausgedehnten, aber keineswegs langweiligen, sondern durchweg lehrreich-unterhaltsamen Tierepos mit dem Titel Froschmeuseler

von Georg Rollenhagen (1542-1609), eine in deutscher Sprache verfasste

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

243

hauchs« (Seils 279,9/Nadler III 209,16), »kleinste Fragmente« (Seils 279,1 i/Nadler III 209,18), »kaum möglich ist [...] schaamhafter und lächerlicher zu besingen« (Seils 279,19-22/Nadler III 209,26-29), »vollkommenste Chef d'oeuvre d'un Inconnu« (Seils 280,7/Nadler III 209,35), »jüngsten Meister Mathanasius« (Seils 280,8/Nadler III 209,36). d) Stilbrüche:466 Ein weiteres, wichtiges Mittel zur Indizierung ironischen Sprachgebrauchs besteht im ironischen Stilbruch. Durch die Verwendung von Fachsprachen evozierte Stilbrüche - häufig in Kombination mit dem Gebrauch des Lateinischen - finden sich konkret in der untersuchten Textstelle: »poßierliche Wortkrieg« (Seils 279,6/Nadler III 209,12-13), »neutralen Horns« (Seils 279,9/Nadler III 209,16), »harmoniam praestabilitam seines Methodus zum orificio« (Seils 279,10/Nadler III 209,17), »Ehre des Gen'ris masculum« (Seils 279,17/Nadler III 209,24), »Brunst über das [...] Genus« (Seils 279,18-19/Nadler III 209,25-26), »verhunzte Genus« (Seils 279,18-19/Nadler III 209,25-26), »etymologische Pudenda einer Glocke« (Seils 279,2i/Nadler III 209,28), »römischen Dactylum« (Seils 280,1-2/Nadler III 209,29-30), »Personalitäten oder nomina propria« (Seils 280,5/Nadler III 209,33), »Chef d'oeuvre d'un Inconnu« (Seils 280,7/Nadler III 209,35). e ) Konjunktivkonstruktionen: 467 Konjunktivformen gehören zu den Möglichkeiten konventionalisierter ironischer Ausdrucksformen. Diese sprachliche Erscheinung findet sich auch in der längeren Satzkonstruktion in Seils 280,1-9/Nadler III 209,29-37, in welcher Hamann in - scheinbarer - Ubereinstimmung mit Wielands Ideal der Namen- und Ortlosigkeit - diese Thematik wird gleich ausführlicher beNachdichtung - und Ausdehnung von ursprünglich lediglich 300 Hexametern auf 19000 Verse - des antiken Vorbildes der Batrachomyomachia.

»Das breite Spektrum der von

Rollenhagen genutzten Quellen und abgehandelten Themen macht aus dem parodistischen Tierepos der Vorlage eine Enzyklopädie, die einen Einblick gewährt in das Bildungsgut, das ein deutscher, vom Protestantismus geprägter Humanist am Ende des 16. Jahrhunderts als der literarischen Übermittlung wert angesehen hat« (Aus dem Kommentar von Dietmar Peil zu: Rollenhagen, Georg. Froschmeuseler. Frankfurt a. M. 1989. S. 721-748. Die Zitate befinden sich auf Seite 730 und 728). 466 Häufig wird solch ein Bruch durch Fachsprachengebrauch oder durch die Verwendung von Archaismen evoziert. Es sind vor allem die Stellen »eines plötzlichen Wechsels der Sprachform auf Wort- und Satzebene [...], welche einen vorgängig >neutral< dargestellten Sachverhalt unerwartet völlig neu - und oft widersprüchlich - in Szene setzen. Anstatt des Begriffs >Stilbruch< könnte man auch Begriffe wie >Varietätenwechsel< oder >CodeSwitching< einsetzen« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 154). 467 »Der konjunktivische Modus ist in besonderer Weise dazu geeignet, gleichzeitig Sachverhalte zu konstruieren

und zu dekonstruieren.

Der Konjunktiv verfügt über eine in-

härente Selbstnegation, welche von ironischen Literaten intensiv ausgenutzt wird« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 163).

244

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

s p r o c h e n - b e d a u e r t , dass M a t t h i a s C l a u d i u s n e b s t s e i n e m e i g e n e n , e i n e n E i g e n n a m e n , n ä m l i c h d e n N a m e n des R a t h a u s d i e n e r s W i p p , p r e i s g e g e b e n habe. 4 6 8 f ) N a m e n g e b u n g e n : 4 6 9 B e i d e n i r o n i s c h e n N a m e n g e b u n g e n lassen sich in d e r u n t e r s u c h t e n T e x t p a s s a g e l e d i g l i c h z w e i B e i s p i e l e f i n d e n , n ä m l i c h d e r » H e l d e n d i c h t e r in n u c e « (Seils 2 8 0 , 1 / N a d l e r I I I 2 0 9 , 2 9 ) u n d d e r »jüngste[...] M e i s t e r M a t h a n a s i u s « (Seils 2 8 0 , 8 / N a d l e r I I I 2 0 9 , 3 6 ) . W i r d j e d o c h die g e s a m t e S c h r i f t d a r a u f h i n u n t e r s u c h t , z e i g t s i c h eine w a h r e Fülle solcher umschreibender - u n d kontextabhängiger - Namen.470 Das 468 Dazu Seils: »In Claudius' Gedicht werden weder der Name des Ortes, in dem das Begebnis sich abspielt, noch die Namen des Wächters und des Bürgermeisters, also die Namen der streitenden ParteyenWipp< fällt [...]. Hamann bezieht sich bei seinen Bemerkungen zu diesem Sachverhalt auf Wielands Rüge an Häfeli [...]«, denn in der Nachricht des Herausgebers schreibt Wieland, dass ihm Häfelis Nennung von Namen angesehener Männer wie Semler und Töllner, aber auch die Nennung von konkreten Ortschaften wie Berlin, Zürich und Bremen missfallen habe (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 333. Das Zitat befindet sich auch auf Seite 333). Im Kontrast zur Situation zwischen Wieland und Häfeli lobt Hamann mit ironischem Tadel - Claudius für die Nennung des Eigennamens vom Rathausdiener Wipp - wenn auch sonst die streitenden Parteien unbenannt und damit abstrakt geblieben sind - wie auch für die Nennung seines eigenen Namens am Ende des Gedichtes. Der Gedanke des in der Mitte des Gedichtes Wächter und Burgermeister explizit ausgewiesenen Wipps und des nicht verschwiegenen Autors verbindet sich nun kontrastiv mit der Nennung des »Chef d'oeuvre d'un Inconnu« (Seils 280,7/Nadler III 209,35), bei welchem - im Unterschied zum genannten Wipp beziehungsweise zum genannten Claudius - der von vielen Anmerkungen, Kommentaren und Kritiken umgebene eigentliche Text von einem Unbekannten stammt, während die ausführliche Einbettung des Textes in Analogie zur Situation bei der Schrift Eines Ungenannten Antwort und der wielandschen Nachricht des Herausgebers - von einem explizit genannten Herausgeber, nämlich vom französischen Schriftsteller Hyacinthe Cordonnier (1684-1746) bewerkstelligt wurde (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 333-334. Siehe auch: Seils 281,3-14 v. a. 8-9/Nadler III 210,10-21 v. a. 15-16). Zudem verbindet sich der Umstand der Nennung von Wipp und Claudius auch noch mit dem ebenfalls in der Schürze von Feigenblättern erwähnten, von Johann Christoph Rost (1717-1765) verfassten pikanten Gedicht Das Zeisignest, in welchem unter anderem behauptet wird, dass die sinnlich berührten Orte beziehungsweise Körperstellen ihren Wert - und ihren Reiz durch eine explizite Benennung verlieren würden (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 335). 469 »Die ironisierende Wirkung von Spitz- und Beinamen ist seit der antiken Zeitsatire und Parodie bekannt [...]. >Sprechende< Beinamen und nahe liegende Verballhornungen sind überhaupt ein gängiges Mittel der ironischen Satire in Mittelalter und Neuzeit [...]« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 146). 470 Konkret unter anderem: a) der »Name des ägyptischen Ordens- und Glaubens Bruders« (Seils 275,24/Nadler III 207,24-25), eine Umschreibung des von Starck erwähnten, nicht aber durch Quellen bezeugten Hephästion, b) das »nomen proprium eines Psevdocophten und Zigeuners« (Seils 276,2-3/Nadler III 207,28-29), das heisst eines Priesters, der

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

245

ist insofern von Bedeutung, als die Thematik der Namengebung durch feste Eigennamen, also das fixierende Bezeichnen von Personen mittels nomina propria, wie auch die Thematik der dialogischen Zuwendung, also die - eine Beziehung suchende - Ansprache von Personen mittels Vokativ, in der Schürze von Feigenblättern sehr zentral sind. Auf die Thematik der Eigennamen, des Ansprechens, Benennens und Bezeichnens von Personen, soll, bezogen auf die Schürze von Feigenblättern, in einem kleinen Exkurs noch weiter eingegangen werden: Einerseits wird in der Schürze von Feigenblättern der Fall des Vokativs - der Fall einer das Gegenüber direkt adressierenden Sprechhandlung - im Titel des ersten Hauptstückes Nachhelf eines Vocativs angekündigt und in den Dedikationen an Wieland, Büsching und Voss antizipatorisch verwirklicht. Zudem wird von Hamann die - abstrakte Bezeichnungen favorisierende Unterdrückung aller »Personalitäten oder nomina propria als stumme »bei den Cophten in Ägypten die Mysterien« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 320) auslegte. Zudem enthält die Umschreibung möglicherweise eine Anspielung auf Starck, c) der »letzte[...] Prophet[...] minorum gentium« (Seils 276,3-4/Nadler III 207,29-208,1), eine Umschreibung vom Propheten Maleachi, d) »Reineke Schwarz« (Seils 278,21/Nadler III 209,6), ein offen deklariertes Pseudonym für Hamann, e) wie schon erwähnt, der »Heldendichter in nuce« (Seils 280,1/Nadler III 209,29), eine Umschreibung von Matthias Claudius, f) wie ebenfalls schon erwähnt, der »jüngste[...] Meister Mathanasius« (Seils 280,8/Nadler III 209,36), ein Pseudonym für Hyacinthe Cordonnier und hier zudem eine Anspielung auf Wieland (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 333-334), g) die bereits unter Punkt 3.3.4 erläuterten »kaltblütige[n] Philosophen und lucianische[n] Geister« (Seils 2 8 0 , 1 1 - 1 2 / N a d l e r III 210,2-3

- unc

l die weiteren Nennungen), h) ein »Ungenannte[r] aus

dem engen Thal seiner Pilgerschaft« (Seils 281,3-4/Nadler III 2 1 0 , 1 0 - 1 1 ) , eine U m schreibung von Häfeli, i) ein »Nepoti facundo Atlantis« (Seils 281,7/Nadler III 210,14), eine Bezeichnung für den eloquenten Merkur mit einer Anspielung auf Wieland (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 337), j) der »Urheber der Frage selbst und zugleich verdienterer Herausgeber und Nachrichter ihrer Beantwortung« (Seils 281,8-9/Nadler III 2 1 0 , 1 5 - 1 6 ) , eine Umschreibung Wielands, k) der »rasende[...] Sokrates« (Seils 282,1/Nadler III 210,32), eine Umschreibung von Diogenes (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 341), 1) der »weise Julian« (Seils 282,2/Nadler III 210,33),

e ne

'

Umschreibung von

Kaiser Julian, m) die »kalten Β - und warmen Β - im sokratischphilantropinischen Israel« (Seils 282,18-283,1/Nadler III 2 1 1 , 6 - 7 ) : Mit den kalten Β - Brüdern - spielt Hamann auf die kaltblütigen Philosophen, die logischen, rationalen, vernünftigen Aufklärer, an und mit den warmen

Β - Brüdern - einerseits auf die emotional-warmherzigen Brüder in

Zürich, aber auch auf die homosexuellen Neigungen gewisser Aufklärer - nicht zuletzt ist hier Friedrich der Grosse angesprochen - im aktuellen geistig-religiösen Zentrum Berlin (Dazu auch: Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 343— 344), n) ein »strenge[r] Großsultan[...]« (Seils 283,9-10/Nadler III 211,38), eine U m schreibung König Salomos und zugleich eine Anspielung auf Wieland.

246

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Sünden« (Seils 280,5-6/Nadler III 209,33-34) eingestuft, wobei der Ausdruck stumme Sünden471 auf die Verquickung der postlapsarischen beziehungsweise aufklärerischen Geschlechtlichkeit mit dem durch Scham und Erkenntnisstreben - beides Folgen des Sündenfalls - motivierten Wunsch nach abstrahierenden, von konkreten Beziehungen unabhängigen Bezeichnungen von Personen hinweist. 472 Auf diese Weise steht Hamann für 471 Die stummen Sünden verweisen einerseits auf Wielands Klage über Häfelis »Sünden«, weil dieser - entgegen Wielands vom Zeitgeist bestimmtem Ideal - in Eines

Ungenannten

Antwort konkrete Personen- und Ortsnamen explizit genannt - und nicht verschwiegen hat. Man beachte in diesem Zusammenhang auch Hamanns Abwandlung von Wielands Frage im Teutschen Merkur. Während Wieland, wie schon unter Punkt 3.3.4 ausgeführt, nach den Auswirkungen auf den Enthusiasmus

und Schwärmerey,

also nach den Aus-

wirkungen auf ideologische Grundeinstellungen fragt, geht es Hamann um die Auswirkungen auf »schöne Wörter und bekannte Oerter« (Seils 280,13/Nadler III 210,3-4), also um die Auswirkungen auf die Sprache und die Geschlechtlichkeit. Auf dem Hintergrund des intertextuellen Bezugs auf das pikante Gedicht von Johann Christoph Rost bewirkt das eine Verbindung zwischen der kaltblütigen und lucianischen Geisteshaltung Wielands und der schamhaft kokett-lasziven Geschlechtlichkeit Rosts, denn sowohl Wieland als auch Rost wollen die eigentliche Sache nicht benannt haben. Andererseits werden mit dem Ausdruck stumme Sünden auch von der damaligen N o r m als abweichend empfundene sexuelle Praktiken - unter anderem die Homosexualität - bezeichnet (Zedier, J o hann Heinrich. Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste. Bd. 38 vom Jahre 1743· Graz 1962. S. 328-335 v. a. 328. Ausserdem: Spreitzer, Brigitte. Die stumme Sünde. Göppingen 1988). Wird die Textpassage in Seils 2 7 9 , 1 280,9/Nadler III 209,8-37 unter dem Aspekt der Homosexualität gelesen, lassen sich viele semantische Hinweise auf diese Thematik finden, denn Wörter wie Horn, Dactylum

und Zeigefinger

Schwert,

können als Metaphern für den Phallus verstanden werden:

»Kraft seines neutralen Horns« (Seils 279,8-9/Nadler III 209,15-16), »Methodus zum orificio« (Seils 279,10/Nadler III 209,17), »Schwert kritischer Gerechtigkeit [...] für die Ehre des Gen'ris masculum [...] handhaben« (Seils 279,15-18/Nadler III 209,22-25), »Brunst über das verhunzte Genus« (Seils 279,18-19/Nadler III 209,25-26), »Pudenda einer Glocke« (Seils 279,21/Nadler III 209,28), »römischen Dactylum« (Seils 280,1-2/ Nadler III 209,29-30), »Enthaltsamkeit gehabt« (Seils 280,4/Nadler III 209,31-32), »stumme Sünden« (Seils 280,6/Nadler III 209,33-34), »gelehrten Zeigefinger« (Seils 280,9/Nadler III 209,37). 472 Vergleiche dazu unter anderem auch die folgenden Bibelstellen aus dem Kontext der Schöpfungsgeschichte und des Sündenfalls: »Dies ist das Buch von Adams Geschlecht. Als Gott den Menschen schuf, machte er ihn nach dem Bilde Gottes und schuf sie als Mann und Weib und segnete sie und gab ihnen den Namen >Mensch< [Mensch heißt auf Hebräisch Adam] zur Zeit, da sie geschaffen wurden« (Gen 5,1-2): Adam wird hier für Mann und Frau verwendet; »Und Gott der Herr machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, daß er sähe, wie er sie nennte; denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen« (Gen 2,19): So wie zuvor Gott seine Werke in einem Vocativ ansprechend benannte, lässt er den Menschen die Tiere benennen; »Und zum Manne sprach er: Weil du gehorcht hast der Stimme deines Weibes und gegessen von dem Baum, von dem ich dir

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

247

die vokative Ansprache von Personen in der Konkretheit und Singularität einer personhaften Beziehung ein.473 Andererseits ist nicht zu übersehen, dass Hamann seinerseits fast keine Eigennamen von Zeitgenossen verwendet, sondern vielmehr die von ihm adressierten Personen mittels durchaus klaren - Periphrasen anspricht. Insbesondere mit der Kontextabhängigkeit und Polyvalenz dieser Umschreibungen vermeidet er eine letzte Fixierung des Gegenübers. Er vermeidet die Verwendung eines Eigennamens als abstrakte Bezeichnung für eine Person. Ausserdem lehnt Hamann eine feste Systematik von Personengruppenbezeichnungen ab, welche eine unbefangene, vorurteilslose Begegnung zwischen Menschen verunmöglicht.474 Auf diese Weise schützt sich Hamann - bei aller Subjektivität - vor definitiven Vorurteilen - und selbstverständlich auch vor der Zensur.475 Bezüglich der Namensthematik in der Schrift Schürze von Feigenblättern kann gesagt werden: Auf der einen Seite verwendet Hamann Namen, die in ihrer Konkretheit einen Menschen als Gegenüber zu adressieren vermögen, und auf der anderen Seite gibt es die letztlich willkürlichen, beliebigen Namen der Kaltblütigen und Lucianischen, die sich gebot und sprach: D u sollst nicht davon essen

verflucht sei der Acker um deinetwillen!

Mit Mühsal sollst du dich von ihm nähren dein Leben lang. [...] U n d Adam nannte sein Weib Eva; denn sie wurde die Mutter aller, die da leben« (Gen 3,17; 20): Hier, direkt nach dem Sündenfall beziehungsweise direkt vor dem Ausschluss aus dem Paradies, findet sich die erste Verwendung von Adam und Eva als Eigennamen. Für den postlapsarischen Menschen erweisen sich Eigennamen als unvermeidlich. Sie tragen das negative Potential einer fixierenden Bezeichnung in sich, aber auch das positive Potential einer personhaften Gemeinschaft - etwa im Vocativ - in der beziehungsorientierten Ansprache von Personen. Werden dann aber die Eigennamen noch zusätzlich - wie es Wieland gewünscht hat - durch Abstraktionen ihrer konkreten Entität zu berauben versucht, lässt sich dieses Unterfangen mit dem Umbinden von Schürzen aus Feigenblättern vergleichen, weil auch hier - genauso selbstverräterisch wie bei den Schürzen - Wirklichkeit verborgen werden soll. 473 Dieser Wunsch Hamanns nach einer persönlichen Ansprache wird übrigens im Falle von Häfelis Eines Ungenannten

Antwort

gerade durch das Fehlen des Verfassernamens bei

der Veröffentlichung verunmöglicht (Dazu auch die Ausführungen unter Punkt 3.2.4). 474 Solche Systematiken entstehen beispielsweise durch die »Behauptung eines schon zum vorausgenommenen Namens« (Seils 282,8/Nadler III 2 1 1 , 1 0 - 1 1 ) oder durch eine sich letztlich

als

beliebig

herausstellende

»Claßification

der

Erdbewohner«

(Seils

282,14/Nadler III 2 1 1 , 2 ) in Kaltblütige, Lucianische, Enthusiastische und Schwärmerische. 475 Dazu auch die Ausführungen zur »Problematik politischer Willensbildung und -artikulation im Zeitalter des Absolutismus« in: Riedl, Peter Philipp. Öffentliche Rede in der Zeitenwende. Tübingen 1997. S. 17-30. Ausserdem: Lexikon der Aufklärung. München 1995. S. 448-449; Panorama der Fridericianischen Zeit. Bremen 1985. S. 200-203, 275-281 u. 424-436·

248

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

in ihrem Streben nach dauerhaft bezeichneter Abstraktheit nicht wirklich auf ein lebendiges, dynamisches Gegenüber ausrichten wollen. Meines Erachtens hängt gemäss Hamann diese je unterschiedliche Benutzung von Eigennamen zusammen mit der Erkenntnis des Guten und Bösen, mit dem Sündenfall und damit auch mit der wahrgenommenen Geschlechtlichkeit: Die Scham als Erkenntnis der eigenen Nacktheit - beziehungsweise das sich im Versuch, mit Schürzen die Nacktheit zu verbergen, ausgeprägt manifestierende Bewusstsein der eigenen Geschlechtlichkeit korrespondiert mit dem zeitgenössisch abstrahierend-rationalen Streben nach Unabhängigkeit von Ort und Zeit - und Wirklichkeit - wie auch mit dem aufgeklärt-usurpatorischen Wunsch, die eigene Geschöpflichkeit und Relationalität zum Schöpfer auszublenden und zu verleugnen.47"5 Dabei braucht sich gemäss Hamann der prälapsarische beziehungsweise der nicht mehr unter dem Sündenfall stehende Mensch weder für die schamlos gelebte, so oder so unhintergehbare Geschlechtlichkeit - die selbst in der Sprache offenbar ist477 - noch für die seit je begehrte Erkenntnis des Guten und Bösen von seiner Geschöpflichkeit und seinem Schöpfer zu distanzieren, weil beides ein »verum signaculum Creatoris« (Seils 283,17/Nadler III 212,6-7) ist·478 Nach den Ausführungen zur Stilistik hamannscher Ironie auf Wortebene und dem kleinen Exkurs zur Thematik des Eigennamens soll noch zusätzlich auf Satzebene - mit einer Reflexion über Lob und Tadel - auf die Verwendung ironischer Elemente in der untersuchten Textpassage eingegangen werden: 479 Es findet sich darin einerseits Tadel in Form von 476 Dazu auch: Schoberth, Wolfgang. Geschöpflichkeit in der Dialektik der Aufklärung. Neukirchen-Vluyn 1994. S. 1 9 5 - 2 1 8 v. a. 198-199. 477 Der Zusammenhang der Geschlechtlichkeit mit dem Denken zeigt sich beispielsweise in dem sich - trotz aller gegenläufiger Versuche, einer geschlechtlichen Geschöpflichkeit zu entfliehen - durchsetzenden Bedürfnis, selbst abstrakte Wörter mit einem Geschlecht zu versehen. Der Willkürlichkeit der Abstraktion entspricht denn auch die Willkürlichkeit der Geschlechtsbestimmung der Wörter als Ausgeburt des sich überhebenden menschlichen Geistes (Dazu auch: Seils 283,18-26 v. a. 22-26/Nadler III 2 1 2 , 7 - 1 5 v. a. 1 1 - 1 5 ) . 478 Dazu die Seils/Nadler-Stelle im Kontext: »Die Erkenntniß des Guten und Bösen und der zureichende Grund eines auf diesen Widerspruch beruhenden Systems ist das älteste und höchste Problem der Vernunft, der wir so viel Abstractiones ad placitum als Wörter auf der Welt zu verdanken haben; unterdeßen der Grundbegriff des Guten und Bösen so identisch und transcendent als der natürliche Unterscheid der Geschlechter ein verum signaculum Creatoris ist« (Seils 283,12-18/Nadler III 2 1 2 , 1 - 7 ) . Siehe auch: Alexander, W. M. Gnosticism and Hamann's Interpretations of Human Sexuality. Frankfurt a. Μ. 1979· S. 85-92 v. a. 86-87. 479 Gemäss Müller gehören Tadel im Lob und Lob im Tadel zu den Untergruppen konventionalisierter ironischer Ausdrucksformen. »Bereits die antike Rhetorik kennt das >spie-

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

249

Lob - beispielsweise dort, wo der Nachtwächter gelobt wird, dass er »die Kraft seines neutralen Horns bis auf den zehntausendsten Theil eines Fliegenhauchs [...] aufgelöset« (Seils 279,8-1 i/Nadler III 209,15-18) habe andererseits aber auch Lob in Form von Tadel - beispielsweise dort, wo Hamann in Seils 280,1-9/Nadler III 209,29-37 Claudius rügt, weil er den Namen des Rathausdieners Wipp entgegen dem wielandschen Ideal der Ort- und Namenlosigkeit preisgegeben habe. Beachtenswert ist aber vor allem die Textstelle in Seils 279,14-22/Nadler III 209,21-29, in welcher Hamann von der Strategie des im Lob versteckten Tadels - bezüglich des Bürgermeisters ehrenwerte Absicht, Wissenschaft und Kunst zu schützen480 und die Ehre des Gen'ris masculum zu verteidigen - , hinüberwechselt in die Strategie des im Tadel versteckten Lobs - bezüglich dessen schaamhafte und lächerliche Bemühungen, die Pudenda einer Glocke zu besingen. Als Wendepunkt fungiert hier der Ausdruck Brunst über das verhunzte Genus, welcher deutliche Ironiesignale auf phonologischer, stilistischer und inhaltlicher Ebene enthält.481 lerische Lob tadelnswerter Gegenstände< (Lausberg § 241) sowie - wenn auch seltener den Tadel des Lobenswerten. Die Rhetorik des Lobens gehört in den Zusammenhang der Festrede (genus demonstrativum

auch laudativum

genus), in deren Rahmen die Laudatio

auf eine bestimmte Person variationsreich zu leisten ist, etwa in der Form eines Tadels, der als Lob gemeint ist. Die Umkehrung Lob als Tadel liegt dann naturgemäß sehr nahe. Sie ist zu einem eigenen Topos geworden, der sich von Erasmus (Lob der Torheit) über Lessing und Lafargue (Lob der Faulheit)

bis zu Bertrand Russell {In praise of idleness)

nachweisen läßt. Die Ironie des Lobes, das einen Tadel mitteilt, ist von der Struktur des Euphemismus geprägt und teilt dessen Begleitumstände [...]. Indirektheit, Höflichkeit, Tabuisierung und Verschleierung sind euphemistische Funktionen [...]« (Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 159-160. Müller zitiert hier: Lausberg, Heinrich. Handbuch der literarischen Rhetorik. München i960. S. 1 3 1 ) . Dazu auch Kohvakka: »Sogar in dem L o b durch ironischen Tadel ist zusätzlich noch eine indirekte kritische Komponente enthalten: Mit der Ironie wird zwar durch Tadel gelobt, aber dieses Lob ist nicht frei von Vorbehalten. [...] Im gegenteiligen Fall, im Tadel durch ironisches Lob, schwächt das Lob die Kritik ab, durch ironisches Lob kann freundlich getadelt werden. Auf jeden Fall kann als eine wesentliche Eigenschaft der Ironie die Tatsache angesehen werden, daß sie immer auf die eine oder andere Weise mit Kritik verbunden ist« (Kohvakka, Hannele. Ironie und Text. Frankfurt a. M. 1997. S. 22). Ausserdem: Ueding, Gert u. Steinbrink, Bernd. Grundriss der Rhetorik. Stuttgart 1986. S. 275-276; Berg, Wolfgang. Uneigentliches Sprechen. Tübingen 1978. S. 84-87. 480 Damit spricht Hamann einerseits Wieland an, andererseits aber auch Friedrich den Grossen. Diesen beiden und dem Bürgermeister ist gemein, dass sie (in ihrer Brünstigkeit) ihre Ideale und Maximen letztlich apodiktisch und autoritativ durchzusetzen versuchen - mit einem kritischen Kommentar, mit einer absolutistischen Regierung, mit einer einschüchternden Zitation vor den Gemeindevorsteher. 481 Phonologische Ironiesignale entstehen durch den Endreim von Brunst und stilistische durch die Übertreibungen bei Brunst und verhunzt

verhunzt,

und inhaltliche durch den

2 JO

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

Die bezüglich der Affektivität des rhetorischen Mittels der Ironie exemplarisch durchgeführte Untersuchung der Textpassage in Seils 279,1280,9/Nadler III 209,8-37 hat gezeigt, dass Hamann in ausgesprochen hohem Masse ironisch kommuniziert, sei dies nun mit einer Ironie der unerwarteten Parallelen, einer Ironie der Polyvalenz, einer Ironie des tertium datur, einer Ironie der Divergenz von Absicht und Resultat oder einer Ironie verhüllender Offenbarung und offenbarender Verhüllung. Ziel des ironischen Sprachgebrauchs ist - neben aller kognitiven Ansprache - stets auch die Evozierung eines inneren, emotiven Engagements bei den Rezipierenden. Die direkt, teilweise sogar durch explizite Dedikationen angesprochenen Rezipienten - unter anderem Wieland, Friedrich der Grosse, Häfeli, Claudius, Büsching, Starck, Voss - sollen durch die Worte Hamanns der unschönen Divergenz gewahr werden zwischen dem scheinbar nicht kreatürlichen, geschlechtslosen, neutralen Anspruch einer sich objektiv, vorurteilslos und unparteiisch gebenden aufklärerischen Vernunft und den letztlich doch durch Leidenschaften und Affekte, durch Geschlechtlichkeit und Sinnlichkeit und persönliche Affinitäten gesteuerten Handlungen. Die Primärrezipienten werden also existentiell herausgefordert. Bei den übrigen Rezipienten, welche als Zeugen das zeitgenössische Textgespräch lesend verfolgen, will Hamann das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der kaltblütigen Vertreter einer Autoritätsansprüche erhebenden Vernünftigkeit erschüttern. Sie sollen Hamanns emotionale Ereiferung mitfühlen und ihm und seinem leidenschaftlichen Enthusiasmus als empathische Zeugen seiner inneren Aufgewühltheit und Aufgebrachtheit Glauben schenken. Mit dem rhetorischen Mittel der Ironie spricht Hamann seine Rezipienten daher nicht nur auf einer rationalen Diskursebene, sondern vielmehr auch klar auf einer emotiven Ebene an. Die Rezipierenden sollen durch die mit ironischem Sprachgebrauch hervorgerufene Steigerung von Emotionalität zu einer Antwort provoziert werden. Ausserdem zeigt sich auch hier, dass die Beteiligung der Lesenden an der Interpretation beträchtlich gross ist - wie auch ihre Freiheit, sich auf die unterschiedlichen Bedeutungsmöglichkeiten der kognitiven und emotiven Ansprachen einzulassen oder nicht. Bezeichnend für Hamanns ironische Sprachführung ist einmal mehr seine Polyvalenz.482 Stilbruch zwischen Brunst und verhunzt.

Die Heftigkeit der Brunst steht hier unter

anderem auch im Kontrast zur Kaltblütigkeit und zu den gepredigten »cynische[n] Gesinnungen« (Seils 281,15/Nadler III 210,22-23). Vgl. auch: Seils 283,3-1 i/Nadler III 211,32-40. 482 Angesichts seines Widerstandes gegen Fixierungen und Eindeutigkeiten, aber auch angesichts der Verwerfung eines statischen zugunsten eines dynamischen Prinzips lassen sich

251

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

Sie erstreckt sich dabei nicht nur auf das ironische Schillern zwischen zwei Lesevarianten, zwischen dem Gemeinten und seinem Gegenteil, sondern vervielfacht, potenziert sich in komplexer "Weise, etwa durch die mehrschichtige Lesbarkeit ganzer, zusammenhängender Texteinheiten aufgrund mehrschichtig interpretierbarer Analogieverweisungen oder desgleichen durch die bereits erwähnten, ironisch umschreibenden Personennamen, die Mehrfachinterpretationen zulassen.483 Da Ironie als rhetorische Gedankenfigur häufig erst aus dem aussersprachlichen Kontext verstanden werden kann, wird zudem nochmals deutlich, dass sich Hamann als Sprecher auf seine Rezipienten ausgerichtet haben und über gute Kenntnisse von deren Weltwissen und Wertmassstäben verfügen muss, um ihnen die Ironie als Ironie kenntlich machen zu können. Er muss gelesen, Parallelen von Hamanns Gebrauch ironischer Elemente zu Teilen von Friedrich Schlegels Ironiebegriff finden (Dazu auch: Oesterreich, Peter L. »Wenn die Ironie wild wird ...«. Tübingen 1993. S. 31-39). 483 Im Zusammenhang der umschreibenden Namen führt besonders die häufig vorkommende textuelle Verbindung zweier Personen oder Figuren - also die textuelle Erstellung der Konstellation eines möglichen Dialogs, einer im Vokativ verfahrenden Sprache - zu mehrfachen Interpretationsmöglichkeiten auf der Basis von Analogien der dichotomischen Paarkonstellationen. Diese Doppelstruktur von Personennennungen beginnt beim Motto »Π3ΰ1 I S « (Seils 274,1/Nadler III 205,1) und zieht sich teilweise ironisch und teilweise nicht ironisch durch die ganze Schürze

von Feigenblättern.

Ohne jeglichen

Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, lassen sich folgende Doppelstrukturen finden: a) Wieland als der im Teutschen Merkur explizit Genannte und Häfeli als der

Ungenann-

te: einerseits mit einer Parallele zu den Kaltblütigen und Enthusiastischen - mit einer Reminiszenz an die Watrachomyogigantologomachie,

an den so genannten »Froschmäu-

sekrieg« (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. Gütersloh 1962. S. 329) - und andererseits mit einer Parallele zu Hyacinthe Cordonnier und dem Inconnu und drittens mit einer zeitgeschichtlichen Parallele zum absolutistischen Regierungsstil Friedrichs des Grossen und der Bevölkerung seiner Herrschaftsgebiete, b) Starck und Semler, deren Gemeinsamkeit in der beharrlichen Verwendung einer falschen Deklination für ein bestimmtes griechisches Nomen liegt (Hamann, Johann Georg. Mysterienschriften. G ü tersloh 1962. S. 325-326): einerseits mit den im Motto angesprochenen Personen und andererseits mit einer Parallele zu des Nachtwächters

und Bürgermeisters

Versuchen, das grammatische Geschlecht von Glock

zu benennen, c) Die Kaltblütig-

missglückten

Lucianischen und die Enthusiastisch-Schwärmerischen beziehungsweise die Wörter und bekannten

schönen

Oerter: einerseits mit einer Parallele zu der Frau mit »cynischer

Seelenruhe« (Seils 283,10/Nadler III 2 1 1 , 3 9 )

der Frau mit dem »stärksten und

wärmsten Anschein von Leidenschaft« (Seils 283,6-7/Nadler III 2 1 1 , 3 5 - 3 6 ) und andererseits mit einer komplexen Parallele zu den »kalten Β - und warmen Β - « (Seils 282,18/Nadler III 211,6). d) Und zuletzt natürlich auch die Doppelstrukturen in den stark auf Dialogizität ausgerichteten Dedikationen: Hamann und Wieland - mit einer Parallele zum Gedanken des Vocativs und Vomitivs hungsweise Starck wie auch Hamann und Voss.

Hamann und Büsching bezie-

2J2

3 Exemplarisches Aufzeigen hamannscher Dialogizität

gehört haben, bevor er sprechen kann.484 Er muss ausserdem - mittels kondeszendenter Zuwendung - die emotionale und affektive Verfasstheit seiner Rezipienten kennen, um sie - antwortend - aufrütteln, bewegen zu können, um sie mit dem richtigen Vokativ ansprechen zu können. Hier zeigt sich also wiederum die kondeszendente Dialogizität hamannscher Autorschaft. Seine Rhetorik der Ironie geht von einem dialogischen Prinzip aus. Im Wechsel von Rede und Gegenrede wird - bei aller Heftigkeit ein engagierter, erregter Austausch intendiert. Auf diese Weise ringt Hamann inbrünstig, verzweifelt, hoffend, beharrlich, leidenschaftlich, enthusiastisch darum, von seinen Zeitgenossen gehört zu werden und am Zeitgespräch teilzuhaben.

3.4.5 Auswertung der Untersuchungen zur Rhetorizität Die Untersuchungen zur Rhetorizität der drei exemplarisch betrachteten Texte haben ergeben, dass sich Hamanns Schriften auch bezüglich ihrer rhetorischen Gestaltung durch eine kondeszendente Dialogizität auszeichnen. Genauer gesagt geben die mittels Rhetorizität hamannscher Art gestalteten Texte sowohl dem Produzierenden als auch dem Rezipierenden gewisse Rahmenbedingungen der Kommunikationsweise vor, welche stark mit denjenigen der Dialogizität und Kondeszendenz übereinstimmen. Die drei Schriften - nur schon die Titelzusätze Versuch beziehungsweise Fragmente weisen darauf hin - sind denn auch keine abgeschlossenen Abhandlungen, sondern fungieren als Gesprächsbeitrag im aktuellen Zeitgespräch. Dabei galt bei der Untersuchung der Schrift Versuch einer Sibylle über die Ehe unter Punkt 3.4.2 das Interesse vor allem den Appellfiguren, welche klar ein dialogisches Gegenüber, ein angesprochenes Du implizieren. Demgegenüber wurden mit der Analyse der Grundstruktur der Argumentation von Konxompax unter Punkt 3.4.3 das kognitive Wirkpotential und mit der Reflexion über die ironische Gestaltung einer Textpassage aus der Schürze von Feigenblättern unter Punkt 3.4.4 das emotionale und affektive Wirkpotential fokussiert. Es zeigte sich: Hamann verwendet die traditionell übermittelten Formen der Redekunst dergestalt, dass der Text ständig den Charakter der Dialogsituation, die Koexistenz eines Gegenübers, in Erinnerung ruft. Der in der strengen 484 Bezüglich der Notwendigkeit der Kenntnisse des aussersprachlichen Kontextes siehe u. a.: Kohvakka, Hannele. Ironie und Text. Frankfurt a. M. 1997. S. 20. Bezüglich des Verhältnisses von Autor und Leser beim ironischen Sprachgebrauch beachte ausserdem: Müller, Marika. Die Ironie. Würzburg 1995. S. 230-241.

3·4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

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Linearität von schriftlicher Sprache schwierig zu vermittelnde Charakter eines Kommunikationsbeitrages zu einem bestehenden Textgespräch wird dadurch intensiviert. Deutlich wurde ausserdem einmal mehr, dass sich Hamann in seinen Schriften nicht primär an ein grösseres Publikum wendet - die zusätzlichen Leser und Leserinnen haben in etwa den Status von Zuschauern oder Zeugen (welchen eine Beteiligung am Gespräch offen steht) - , sondern vielmehr an einige wenige, sich mit Fragen der Zeit auseinander setzende Zeitgenossen. Analog den Auswertungen in den vorhergehenden Kapiteln sollen hier die Funktionen hamannscher Rhetorizität nochmals in einzelnen Punkten erwähnt werden: 48 ' a) Hamann spricht in seinen Schriften sehr häufig seine Rezipienten direkt an, sei dies nun mit Personalpronomen oder umschreibenden Namen, mit Dedikationen oder rhetorischen Fragen. Diese auf einen Dialog ausgerichteten Elemente der Rhetorizität indizieren den Rezipierenden, dass sich Hamann ihrer ständig als eines Gegenübers bewusst ist. Sie sind gemeint. Diese - antwortende - Rezipientenorientiertheit der rhetorischen Gestaltung der Schriften macht sie dadurch grundlegend betroffen vom Gesagten - und ermöglicht ihnen eine ebenso persönliche Antwort, b) Weil zudem der Aufbau einer Argumentation und der Gebrauch von Ironie vom Sprechenden eine vorhergehende intensive Kenntnisnahme der Ansichten des Gegenübers bedingt, wissen die Rezipienten ausserdem, dass sie gehört worden sind, bevor man sie angesprochen hat. Es gibt kein Appellieren, kein Argumentieren und kein Ironisieren ohne vorheriges Anhören des anderen. Da sich die Rhetorizität bei Hamann aus den vorhergehenden Gesprächsbeiträgen konstituiert, gibt es also - auch hier - keine erste Rede und keinen Monolog. Auf diese Weise spricht Hamann nicht aus einer kontextlosen, personallosen - metaphysischen - Ferne zu seinen Rezipienten, sondern stets aus der Situation eines Zwiegesprächs, einer Zwischenmenschlichkeit, einer Beziehungsorientiertheit. c) Auffällig ist Hamanns intensives und extensives, inneres und äusseres, emotionales und kognitives Engagement. Dazu gehören - sofern beispielsweise die durch Ironie und Metaphern verdeckten Bedeutungen beachtet werden - sehr aggressive Angriffe auf bestimmte Zeitgenossen beziehungsweise Angriffe auf die Divergenz zwischen deren vernünftigen, aufklärerischen Ansprüchen und deren abergläubischen, eigennützigen Taten. Und dazu gehören auch sofern beispielsweise die zuweilen versteckt neckenden, zuweilen offen 485 Viele der hier angesprochenen Punkte wurden bereits in den Ausführungen im ersten Teil dieser Arbeit thematisiert.

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schmeichelnden Ansprachen an seine Rezipienten in ihrer Bedeutungshaftigkeit beachtet werden - ein intensives Werben um bestimmte Zeitgenossen, welches Hamanns Sehnen und Hoffen auf eine sich ihm zuneigende, antwortende Beziehung deutlich werden lässt. Sowohl seine erregte, entrüstete, anklagende Empörung - die an die Ereiferung Gottes erinnert - als auch seine aufrichtigen, leidenschaftlichen, authentischen Ausdrücke der Verbundenheit betreffen - weit weg von irgendeiner Kaltblütigkeit - seine ganze Existenz und erhöhen zugleich seine Glaubwürdigkeit, seine Wahrhaftigkeit und seine Präsenz im publizierten Gesprächsbeitrag. d) Gerade weil er - neben dieser eindringlichen Ansprache und dem emotionalen Engagement - seine Gedanken auch dergestalt formuliert, dass sie von seinen - gelehrten - Rezipienten kognitiv nachvollzogen werden können, gerade weil er metakritisch die vernünftigen Gedanken seiner Zeitgenossen aufgreift und scharfsinnig, argumentativ ihrer eigenen Blindheit überführt, gerade weil er seine eigene Sicht - unter anderem mit rhetorischen Mitteln, welche auf analogischer, exemplarischer, vergleichender Sinnlichkeit basieren - zur Anschauung bringt, geht Hamann ganz im Sinne der Kondeszendenz auf das menschliche Erkenntnisvermögen ein. Die sinnlichen Elemente der Rhetorik - beispielsweise Klimaxe, Ellipsen, Parallelismen - erlangen nur schon als Formen inhaltliche Aussagekraft und Bedeutungshaftigkeit. e) Uberhaupt zeigte die Untersuchung, dass Hamann die rhetorischen Stilideale und -usanzen sowohl der historisch übermittelten Tradition als auch des zeitgenössisch-aktuellen Geschmacks kennt. Hamann stellt sich damit in die Geschichtlichkeit des vergangenen Weltgesprächs und betont zugleich seine Teilhabe an dem ihm und seinen Zeitgenossen gemeinsamen, soziokulturellen Bildungswissen, ihre Gemeinsamkeit von Zeit und Ort im aktuellen Weltgespräch, f) Hamann nutzt die Mittel der Rhetorik aber auch, um zunächst kohärent erscheinende Lesarten kritisch und sinnträchtig zu stören und zu dynamisieren: Denn obschon die rhetorische Gestaltung der Schriften die Rezeptionsvorgänge vorstrukturiert, so können doch die rhetorischen Elemente rein durch ihre Formen verfestigte Erwartungshaltungen durchbrechen und eine Infragestellung vorgefasster Vorurteile bewirken - beispielsweise beim plötzlichen Erkennen ironischer Untertöne oder beim Nachdenken über Oxymora. Die rhetorische Linienführung kommt so einem Vexierbild gleich und ermöglicht Verstehenssprünge. g) Hamann nimmt mit der Rezipientenadressierung über Appellfiguren, mit der Argumentationsführung wie auch mit dem Einsatz ironischer Elemente das Gegenüber in seiner Gleichwertigkeit und vor allem in seiner Gesamtheit wahr. Mit seiner charakteristischen Verwendung von Rhetorizität schafft

3-4 Rhetorizität hamannscher Autorschaft

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Hamann darüber hinaus einen Raum, in welchem es dem Angesprochenen überlassen bleibt, wie er mit den je spezifischen Ansprachen umgehen will. Er schafft einen Raum, in welchem sich der andere mit seinem ganzen Menschsein - mit Verstand und Gefühlen, mit Logik und Ästhetik, mit Scharfsinn und Leidenschaft, mit Reflexion und Intuition, mit Abstraktheit und Konkretheit - je freiwillig einbringen kann. Das dialogische Gegenüber erhält damit die Möglichkeit, bei seiner Antwort auf Hamanns Ausführungen kognitive oder emotive Schwerpunkte zu setzen, seinen eigenen Gedanken der Zustimmung oder Ablehnung - unter anderem argumentativ oder affektiv Ausdruck zu verleihen, h) Die bewusste Mehrschichtigkeit und Mehrdeutigkeit der hamannschen Diktion - man denke etwa an den ironischen Sprachgebrauch oder an die Folgen polysemantischer Namenumschreibungen - bedeutet zugleich ein erhöhtes Risiko von Missverständnissen. Der Ermöglichung der Freiheit des anderen steht somit das Wagnis einer uneindeutigen Sprache gegenüber, i) Das bedeutet aber auch, dass sich der Leser oder die Leserin, wenn er oder sie Hamanns Aussagen verstehen möchte, in kondeszendenter Offenheit - bis zum möglichen Selbstverlust - auf das Gesagte einlassen muss. Die bewusst auch gerade mit rhetorischen Mitteln - vermiedene Präzision, Unmissverständlichkeit, Vollständigkeit und Eindeutigkeit von Hamanns Autorschaft fordert den Rezipienten existentiell heraus und führt ihn über die Brücke ohne Lehnen. Es ist nicht immer einfach, Hamanns Stil, seine Dichtheit, Vielschichtigkeit, Polyvalenz, Anspielungsvielfalt und Verweisungskraft, auszuhalten, j) Dabei fürchtet Hamann weniger die Opposition seiner Zeitgenossen als vielmehr deren Gleichgültigkeit und Kommunikationslosigkeit. Er hofft auf eine Bestätigung der Integration im Kreis der am Zeitgespräch Beteiligten, auf ihre dialogische, antwortende Anteilnahme an seinen Gedanken. Denn ihm ist Erkenntnis stets eine in Relationalität konstituierte Erkenntnis, und die Bedeutungshaftigkeit von Sprache ist abhängig vom Dialog, von der Begegnung zweier Sprechender. Das Rede, damit ich dich sehe spricht er nicht nur gegenüber Gott aus, sondern auch gegenüber seinen Lesern und Leserinnen in der Hoffnung, dass im Gespräch eine communicatio idiomatum geschehe, k) Obwohl Hamann durchaus auf die Zeitthemen eingeht, verweist er durch die spezifische Rhetorizität seiner Schriften unentwegt von einer Vordergründigkeit auf eine Hintergründigkeit, von der Ebene des Sichtbaren auf die Ebene des Unsichtbaren, von der offenbarenden Verhüllung auf die verhüllende Offenbarung, von der Weltlichkeit des Menschen auf die Gegenwärtigkeit Gottes, von der vermeintlichen Immanenz des Menschen auf die Grenzenlosigkeit der so genannten Transzendenz, von den Geheim-

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nissen des Menschenreichs auf die Geheimnisse des Himmelreichs. Daher erweist sich Hamann bezüglich der intendierten Wirkung seiner Texte überdies als Vermittler, als Prophet.48"5 Seine Texte zeugen von der Gegenwärtigkeit Gottes, von der Bestimmung des Menschen als Ebenbild Gottes, von der Möglichkeit eines Bundes mit Gott und der Mitherrschaft seines Reiches. 1) Hinsichtlich der rhetorischen Gestaltung seiner Schriften wählt Hamann bei der gewiss schwierigen Aufgabe, ein Gegenüber zum Überdenken von dessen Beziehung zu Gott zu bewegen - ein Ringen zwischen der engagierten Beeinflussung des anderen und der gewaltlosen Respektierung von dessen Freiheiten - , die rhetorischen Mittel, die zwar werben, aber nicht predigen, die zwar hoffen, aber nicht zwingen, die zwar mit der ganzen Kraft für etwas einstehen, aber nicht Anspruch auf Unfehlbarkeit erheben. Ihm geht es - im Angesicht der Sprache und in intersubjektiver Abhängigkeit von Gott und Mensch - nicht darum, Wahrheit zu besitzen oder Recht zu haben, Beweise zu liefern oder Begriffe festzusetzen, sondern um Wahrscheinlichkeit, um Werden, um Existenz, um Leben, m) Gleich wie in den vorherigen Kapiteln scheint es mir auch bezüglich der Rhetorizität hamannscher Sprache kennzeichnend zu sein, dass gerade die - die Fama der Dunkelheit stützende - Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit seiner Texte Gewaltlosigkeit in der sprachlichen Begegnung ermöglichen: Was auf der Rezipientenseite als Weg der Unsicherheit wahrgenommen wird, stellt sich auf der Produzentenseite als bewusster Verzicht auf potentielle Machtausübung, als bewusste Bereitschaft zur Ohnmacht zugunsten der Freiheit des Lesers und der Leserin heraus. Auch darin eifert Hamann als imitator dei der Art und Weise nach, wie sich Gott in der Natur, in der Geschichte und in der Schrift kondeszendent offenbart hat und offenbart. Damit die Begegnung, die relatio, die unio mystica im Raum der Sprache gelingen kann, braucht es eine - gewagte - gegenseitige Zuwendung, eine gegenseitige Haltung der Kondeszendenz, bei welcher sich jeder bis zum Selbstverlust im anderen findet.

486 Was die innere Haltung und das innere Engagement Hamanns als Vermittler angeht, Hesse sich in seinen prophetischen Gesprächshandlungen eine Grundhaltung Überlegenheit suggerierender Herablassung - Herablassung im alltäglichen Sinne von selbstgefälligem Hochmut - vermuten. Es ist aber aufgrund der hier erarbeiteten Untersuchungsergebnisse viel wahrscheinlicher, dass es sich bei den prophetischen Reden - im Sinne einer zuneigenden Kondeszendenz - um ein banges, existentielles Werben um seine Mitmenschen handelt. Es wurde bereits unter Punkt 2.3.5 angesprochen, dass eine prophetische Rede als impertinenter Uberlegenheitsgestus, aber auch als Zeugnis einer herrlichen Einheit gelesen werden kann.

4 Schlusswort In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, einen Mittelweg zu finden zwischen einer Stringenz und Kohärenz herstellenden Lesart, welche sich durch systematisches Fragen darauf richtet, das Werk Hamanns besser zu verstehen, und einem Belassen und Aushalten nicht eindeutig festgelegter Interpretationsmöglichkeiten, um Hamann, der sich gegen Systematisierungen sträubte, gerecht zu werden. Die Herausforderung bestand unter anderem darin zu ertasten, wie weit die Lektüre von Hamanns Schriften unter der Annahme der Beeinflussung seiner Autorschaft durch den K o n deszendenzgedanken gedeihen kann, ohne selbst unehrlich zu werden, aber auch im anhaltend kritischen Hinterfragen, wo sich Hamann selbst scheinbar oder tatsächlich - widerspricht. Im Folgenden wird versucht, die wichtigsten Resultate zusammenzutragen. Es kann dabei vermutet werden, dass die eigentlichen Ergebnisse erst im Gespräch mit den Rezipierenden dieser Arbeit zutage treten. Die Resultate sind übrigens nicht als Opposition zu den Sichtweisen anderer Forschenden zu sehen, sondern als Versuch, neue Perspektiven auf das Werk Hamanns zu entwickeln, indem zwei zentrale Aspekte der H a mannforschung - der theologische Aspekt der Kondeszendenz und der literaturwissenschaftliche Aspekt der Kommunikationsperspektive, der Dialogizität - miteinander verbunden wurden. 1

4.1 Zusammenfassung der wichtigsten Resultate In der vorliegenden Arbeit gelang es meines Erachtens sowohl im ersten, mehr systematisch-theoretischen als auch im zweiten, mehr historischphänomenologischen Teil der Ausführungen, Hamanns Sprachhandlungen ganz unter dem Zeichen der Kondeszendenz zu lesen und auf diese Weise das Lehrstück von der Kondeszendenz Gottes zum Ausgangspunkt und hermeneutischen Prinzip von Hamanns gesamter Autorschaft zu ι

D e r Forschende beziehungsweise der Lesende ist im Übrigen immer Teil der Interpretation beziehungsweise der Bedeutungskonstitution einer rezipierten Autorhandlung.

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Schlusswort

machen. Dabei wurde angenommen, dass die Kondeszendenz der Gesprächsteilnehmenden - auf Rezipienten- und Autorenseite - kein Missgeschick, sondern eine gewählte innere Haltung ist, bei welcher zwar die freiwillige Selbstaufgabe leicht als Torheit und die geforderte Selbstaufgabe leicht als Ärgernis gewertet werden kann, die aber effektiv einer enormen Überlegenheit gleichkommt, einer Überlegenheit, die dienen will und darauf verzichtet, Macht auszuüben. Einer der schwierigen Punkte bei der Kondeszendenz - sowohl für Gott als auch für Menschen ist dabei, sich an andere zu verlieren und doch göttlich zu bleiben. Hamanns Gedanke, dass die Sprache Gott und den Menschen wesentlich und gemein ist, wurde insofern in die Arbeit einbezogen, als keine eigentliche Unterscheidung gemacht wurde zwischen dem Gespräch von Gott und Mensch und dem Gespräch von Mensch und Mensch. Der Sprache - und besonders der Poesie - in ihrer transzendentale Verbindungen ermöglichenden Eigenschaft kommt somit soteriologische Bedeutung zu. In ihr wird sowohl die Geschöpflichkeit als auch die Gotteskindschaft, sowohl die menschliche Bedingtheit durch die Gebundenheit an die Sinne, an Raum und Zeit, als auch die Gottesebenbildlichkeit, erfüllt. Als eine der Hauptfunktionen hamannscher Sprache beziehungsweise Autorschaft erwies sich eine auf Dialogizität ausgerichtete Ermöglichung von Begegnungen im Raum der Sprache, die communicatio idiomatum. In ihr entwickelt sich durch die fortwährenden Verbindungen der verschiedenen Kommunikationsteilnehmenden das unentflechtbare Weltgespräch. Hamanns Suche nach Dialogen, nach dem sich wiederholenden Spiel von Rede und Antwort, richtet sich auf die Erfüllung der Bedingungen zu einer Beziehung, zu einer relatio - biblisch gesprochen zu einem Bund - , und kann ein vereinigendes Moment - eine unio mystica - in der dialogischen Sprachlichkeit enthalten, in welchem Gott und Mensch, Leser und Schreiber, Sprecher und Hörer sich erkennen. Die enge Verflechtung von Sprache und relatio spiegelt sich im gegenseitigen Verweisungszusammenhang von Wie und Was, von innerer Haltung und sprachlichem Ausdruck, von Verheissung und Erfüllung. Beim Was, beim sprachlichen Ausdruck, wird - ob nun in genus humile oder genus sublime - die innere, unsichtbare Haltung des Sprachbeteiligten offenbar, greifbar, sinnlich wahrnehmbar. Das Wie, welches das Was konstituiert, erfährt eine enorme Aufwertung - womit der Sprachhandelnde, sei er nun Rezipient oder Produzent, als Mensch in seinem Denken und Wollen und Fühlen betroffen, herausgefordert und gefördert wird. Sich an der Sprache zu beteiligen, ist auf diese Weise auch ein Weg in die Wahrhaftigkeit, bei welchem sowohl der Wille als auch die Selbstverantwortung angesprochen

Zusammenfassung der wichtigsten Resultate

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sind - und damit die Respektierung der Freiheit eines Menschen gewährleistet ist. Da die innere Haltung die Bedeutung konstituiert und ein Sprechender mit kondeszendenter Haltung sich vor allem imitierend auf das angesprochene Gegenüber einstellt, ist es wenig sinnvoll, Hamann - oder Gott - wegen seines dunklen Stils zu schelten. Die Dunkelheit ist begründet in Hamanns kondeszendenter Gesprächshaltung, welche ganz von Dialogizität und Relationalität bestimmt ist. So wie Gott in seiner Offenbarung in der Schrift, der Natur und der Geschichte fast unkenntlich wird, indem er den Menschen imitiert, um vom Menschen verstanden zu werden, setzt sich auch Hamann der Gefahr aus, gerade aufgrund seiner Rezipientenorientiertheit unleserlich zu werden. Seine Sprache ist ebenso erfüllt mit der Sprache seiner Zeitgenossen wie mit seinen Versuchen, das begonnene Gespräch - metakritisch - weiterzuführen. Unter anderem mittels Intertextualität, Briefgesprächen, Metaphorizität und Rhetorizität geht Hamann ganz auf das angesprochene Gegenüber ein, erschwert und verdichtet dabei aber auch den Rezeptionsvorgang. Der Lesende wird dadurch stark gefordert und gefördert. Es wird deutlich, dass Hamanns Stil durchdacht ist, wirkungsorientiert das logische, ästhetische und intuitive Vermögen der Rezipierenden anspricht und sich sowohl provozierend als auch umwerbend in starkem Ausmass auf konkrete Rezipienten ausrichtet. Gerade das ausgeprägte Rezipientenbewusstsein Hamanns - sowohl seine Erfahrung, selbst Rezipierender zu sein, als auch das Streben, seine Zeitgenossen anzusprechen - und zudem die kondeszendente Position der gewählten Schwäche tragen ein enormes Potential an Dynamik, Entwicklungsmöglichkeiten, Fruchtbarkeit, Wachstum und Leben in sich. Hamanns Sprachverhalten, seine Autorschaft, ist gekennzeichnet durch Prophetie und Verkündigung, durch Nachahmung und Metakritik, durch Selbstaufgabe und Neuschöpfung und letztlich - schlichter gesagt durch Rezeption und Produktion. Dieses scheinbare Schwanken zwischen Extrempositionen - welche jedoch in einer coincidentia oppositorum von Dienst und Herrschaft vereint sind - kann als in Staunen versetzende, Herrlichkeit anzeigende Anrede oder als ärgerliche, impertinente Provokation verstanden werden. Hamann will in Gesprächen neue Sichtweisen vermitteln, bisherige Systeme dynamisieren, die hermeneutische Helix in Bewegung versetzen und Epiphanien zum Durchbruch verhelfen. Indem er auf die autoritäre Diktion der kühlen, vermeintlich autonomen Vernunft verzichtet, was allerdings erkenntnisanthropologisch unbefriedigend, ängstigend und verunsichernd sein kann, ermöglicht er einen Zu-

26ο

Schlusswort

gang zur Wirklichkeit, zum hic et nunc, zum konkreten Sein. Dabei begibt er sich mit seinen Zeitgenossen auf den Weg der Unsicherheit, auf die Brücke ohne Lehnen.

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VJ 94

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14

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3> 19

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Titusbrief (Tit) 3, 4 - 7

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ij3

21

12 3

11, 3

2,

12

14-17

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164-16J 22

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,

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2_

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3

4> 18

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Galaterbrief (Gal) 4, 4 4-5 15-31 6, 15

34

1, 1 - 2 3-9 22-24

6s 229 229

2, 7 3, ! - 2 4, 19

'75 /6S

2. Petrusbrief (2 Petr)

209

1. 3 - 7

174

229

4 3, 1 0 - 1 3

•227 179

Epheserbrief (Eph) 5, 2 1 - 3 3

76

1. Johannesbrief (1 J o h )

23

164 168

1, 1 - 2

34

30

229

4,

2

34

Register

290 Offenbarungen des Johannes (Offb)

I. 8 17 2 4 3. 3 21 5. 8-10 11-14 8, 13 % 1-2 12

37 210 193 236 179 227 167 172 189 193 189

11, 14 13 I-IO 16, 15 19. 13 20, 1-3 1-6 21, 6 22, 13

7 89 '53 126 '79 37 '93 189 37 37

Namen Das Register enthält auch Namen von Autoren der Sekundärliteratur. Namen von Briefempfängern und -Schreibern wurden nur aufgenommen, wenn sie im Fliesstext, nicht jedoch bei einem Quellenverweis erwähnt sind. Biblische Namen wurden mit Ausnahme der historischen Personen Pilatus und Paulus nicht ins Register aufgenommen. Einzelne biblische Figuren finden sich im Begriffsregister. Achermann, Eric 23 77 263 Acton, Alfred 41 88 263 Adorno, Theodor W. 100 Alexander von Haies 12 Alexander, W. M. 104-10/ 168 248 263 Altenhöner, Ingrid 104 106 263 Ambrosius 12 Anselm von Canterbury 144 Antonsen, Jan Erik 45 79-80 112 114 263 Apulejus, Lucius 123 Aristoteles 70 74 158 200 234 Arius 54 Athanasius 1 1 1 5 Auer, Peter 107-108 112 263 Auerbach, Erich 80 264 Augustinus 12-13 5% J44 200 Austin, John Langshaw 107 Bachtin, Michail M. 106-111 192 264 Bacon, Francis 69 Baeumer, Max L. 112 264 Bahrdt, Karl Friedrich 60 Barner, Wilfried 200 203 264 Barth, Karl 61 Basilius der Grosse 54 Baumgarten, Alexander Gottlieb 173 198-200 Baumgarten, Siegmund Jacob 59 Baur, Wolfgang-Dieter 23 71 99 101 264 Bayer, Klaus 216264 Bayer, Oswald 4 23 33 36 38 42 48 52 54

60-61 65 73-74 77 85 104-105

121

140-141 162-163 173 225 262 264-266 Bayle, Pierre 69 171 Beer, Theobald 57 266 Beetz, Manfred 110 112 198 201 266 Bellarmin, Robert 56 Benjamin, Walter 109 Berens, Johann Christoph 1 71 102 131

Berens, Katharina 117-118 Berg, Wolfgang 206 237 249 266 Berlin, Isaiah 3-} 266 Bernd, Adam 64 Bezzel, Hermann von 20-22 Black, Max 157-159 266 Blanke, Fritz 3 5 9 12 15 20-22 38 80 105-106 141 261-262 266 Blasius, Dirk 115 267 Bleich, Susanne 94 98 267 Bloch, Andreas 115 267 Bloom, Harold 112 Bluhm, Lothar 161 Blumenberg, Hans 32 159 267 Bode, Johann Joachim Christoph 71 Bohnenkamp-Renken, Anne 109-112 267 Boileau-Despreaux, Nicolas 198 Bonaventura 12 Bondzio, Wilhelm Βrahl, Johann

75 267

138

Brändle, Rudolf 11 267 Bräutigam, Bernd 48-49 267 Bredow, Gerda von 28 Breitinger, Johann Jakob Brenz, Johannes 17 Breymayer, Reinhard Brooks, Cleanth Brunner, Emil

203 267

238 61

Bruno, Giordano Buber, Martin

233

28 109

Bucholtz, Franz Kaspar

131

Büchsei, Elfriede 3 23 42 47 80 262 268 Buffon, Georges-Louis 53 Bultmann, Rudolf

61 83 89-90 92 268

Büsching, Anton Friedrich 187234 245 250-251 Büsser, Fritz 32 268

125

151-152

Register

292

Bussmann, Hadumod 186 285 Calvin, Johannes 58 Cervantes Saavedra, Miguel de 238 Chemnitz, Martin 17 Cherbury, Herbert von 59 Chrysostomus, Johannes 11 261 Cicero, Marcus Tullius 200 234 23/ Claudius, Anna Rebecca 1 3 1 Claudius, Matthias 33 119 131 137 146 149-15Ο

187-189

193 235-236

244-245

249-250

Clemens von Alexandrien 12 Collins, Anthony 59 Condillac, Etienne Bonnot de 43 Cooper, John Gilbert 220-221 Cordonnier, Hyacinthe 244-245 251 Courtan, Sophie Marianne 131 Courth, Franz 15-16 268 Cremer, Hermann 41 Curtius, Michael Conrad 200 Cyrill von Alexandria 15 55 Dalferth, Ingolf U. 15 54 268 Damm, Christian Tobias 72 Dante Alighieri 118 126 De Man, Paul 238 Debatin, Bernhard 15J-159 163 171 176-177

179

181

Demonax 220 Derrida, Jacques

183-185

268

94 109-110

174 238

268-269

Descartes, Rene I7I

44 69 82 87 90 94 119

233

Di Cesare, Donatella J5 269 Diderot, Denis 59 70 Dilthey, Wilhelm 94 Diogenes von Sinope 245 Dionysius Petavius 56 Dostoevskij, Fjodor Michailowitsch 10/ Eagleton, Terry 94 98-101 IOJ 269 Eckhart, Meister 28 63 261 Edelmann, Johann Christian 64 Eggs, Ekkehard 158 Engel, Manfred 125 188 269 Erasmus von Rotterdam 20 249 Fauser, Markus 198 269 Feuerbach, Ludwig 17 Feurborn, Justus 17

Fichte, Johann Gottlieb 3 Fineron, Andrew 32-33 48 269 Fischer, Rainer 3 22-23 39 42 8° 163

$7

269

Forget, Philippe 94 2/0 Forster, Karl 56 Foucault, Michel 32 40 44 270 Frank, Franz Hermann Reinhold 17 Frank, Jane 206 270 Freud, Sigmund 109 Friedrich II. 2 70 115 131 170 211 245 247

249-251

Frieling, Gudrun 157 159 270 Fritsch, Friedemann 20 23 27-28 37 60 73 76 80 104-105 168 225

121

124

140-141

163

270

Gadamer, Hans-Georg 83 94 98 100 109 Gaier, Ulrich 202 270 Galilei, Galileo 13 171 Gallitzin, Adelheid Amalie Fürstin von 2 131 Gardt, Andreas 75 270 Gasparov, Michail 107 109 270 Gasser, Johannes 68 74 79 96 99 270 Geier, Manfred 112 271 Geliert, Christian Fürchtegott 188 Genette, Gerard 111-112 114 271 Georg III. 116 Gess, Wolfgang 17 Gichtel, Johann Georg 225 Gildemeister, Karl Herrmann 5 22 262 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 117118

211

261

Goethe, Johann Wolfgang von 48-49

200

Gore, Charles 18-19 Göttert, Karl-Heinz 197-199 209 216-217

32-33

261

2 T

3

2

33~235

2

202 207

77

Gottsched, Johann Christoph

198 200

2

33

Grau, Rudolf Friedrich 22 Graubner, Hans 77 163 271 Gregor von Nazianz 54 Gregor von Nyssa 11 54 Griffith-Dickson, Gwen 4 43 73-74 102 104-105

163

168

Groeben, Norbert

271

238 271

Namen Groppe, Sabine 2 64 271 Grübel, Rainer 107-109 Gründer, Karlfried 135 9~12 16 18-22 28 j4 64 78 80 105 266 271 Haas, Alois M. 15 63 261 271 Häfeli, Johann Kaspar 148 150 152-153 188-190 235 240 244-247 250-251 261 Hafenreffer, Matthias 17 Hamann, Johann Christoph 1 Hamann, Magdalena Katharina 133 Hamann, Marianne Sophie 137 139 Hammacher, Klaus 33 272 Hartknoch-Toussaint, Albertine 131136 161 164 167-168 209 211 214 Hartknoch-Toussaint, Johann Friedrich 72 116-117 122 131-138 140 142-143 145 147 149 151 160-161 168 171 174 209 Harvey, William 171 Haubl, Rolf 42-43 272 Haug, Walter 49 74 99 201 272 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 3 10 17 48-49 262 Heidegger, Martin 89 94 Hempelmann, Heinzpeter 2233037-41 2 2 45 50 62 65-66 83-95 7 Henkel, Arthur 5-6 130 137 147 261 272 Henle, Paul 157-158 169 183 272 Herde, Heinz 38 42 49 73-74 78-79 272 Herder, Caroline 131 147 153 Herder, Johann Gottfried 35 43-44 52 61 65 72 115 117 119 122 131-134 137153 160 163 165 180 200 202 206 235 262 Herodot 177 Herostratus 38 Herzinger, Richard 3 49 63 272 Herzog, Johannes 262 Hess-Lüttich, Ernest W. B. 108 272 Hesychius 122 Hildebrandt-Günther, Renate 198 273 Hinz, Jacob Friedrich 116 Hippel, Theodor Gottlieb von 115-116 133-134 140 173 213-214 Hobbes, Thomas 69 171 Hoffmann, Volker 47 84 112 132 273 Hofius, Otfried 15 273

2

93

Hofmann, Johann Christian Konrad von 17 Homer 41 177 181 242 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) 68 126 207 Hübner, Jürgen 32 273 Humboldt, Wilhelm von 74~75 108 Hume, David 69 Husserl, Edmund 98 Illyricus (Matthias Flacius) 13 Ingarden, Roman 98 Irenaus von Lyon 12 Irmscher, Hans Dietrich 48 68 273 Iser, Wolfgang 83-84 95 97-100 273 Jergensen, Sven-Aage 1 3 5 34 42 48 51 67-68 78-80 87 104-105 112 118 124 130 163 201 274 Jacobi, Friedrich Heinrich 2 32-33 47 102 131 Japp, Uwe 237 273 Jauss, Hans Robert 98 100 107 273-274 Johannes Damascenus 11 55-56 Johnson, Mark 159 183 276 Johnson, Samuel 79 Just, Friedrich 200 Kahler, Martin 22 41 Kaitz, Barbara 146 274 Kanitz-Huber, Elsi 27 274 Kant, Immanuel 2 20 31 44 52 60 62 66 69-72 85 87 92 95 102-103 122 }3* 138 147 162 173 Kanter, Johann Jakob 131135 Kaufmann, Christoph 147 Kelber, Werner H. 93 274 Kepler, Johannes 13 Kierkegaard, Saren 238 Kilcher, Andreas B. 49 53 274 Kleffmann, Tom 23 27-28 48 68 74 227 2 74 Kleuker, Johann Friedrich 147 Kloepfer, Rolf 107-108 274 Klopstock, Friedrich Gottlieb 34 188 Klyber, Karlwerner 105 275 Knoll, Renate 33 275 Knudsen, Christian 52 264 Knutzen, Martin 20

131

Register 1-3 23 27 33 35-37

Koepp, Wilhelm 44 48-49 104-105

64 67-68 145 149

42

88 102

275

115-116

122

275

Kohvakka, Hannele 237 249 252 275 Koller, Wilhelm 183 275 König, Burghard 235 275 Kopperschmidt, Josef 202 275 Korff, Hermann August 3 Kraus, Christian Jacob 122 131 138 143 146

125 127 147-148

194 235~236

276

60 125

142 144 166 203

Lüthi, Max 117 Mainberger, Sabine Majetschak, Stefan

145 152

237

173 178

140-141

143 147 172

184 200 220-222

141-143

188

69 171

Leibniz, Gottfried Wilhelm Lesemann, Silke 115 276 Lessing, Gotthold Ephraim

59 70 179

226 228-231

120181-182

249

262

Lichtenberg, Georg Christoph 31 Lieb, Fritz 22 Lieb, Hans-Heinrich 157 276 Liebert, Wolf-Andreas 158 277 Lindner, Gottlob Immanuel 34 38 40 75 138 140 143

146

Lindner, Helgo 2 30 102 277 Lindner, Johann Gotthelf 47-48 64 67 72-73

78 117

130

200

Linn, Marie Luise 199 277 Lobeck, Christian August 122 Locke, John 43 69 171

261

65 277 23 53 63 77 80 100

277

124 130 140-141 182

143 145-146

50-51

123177-180

278

Mann, Thomas 238 Martensen, Hans Lassen 20 Matzat, Wolfgang 233 Maupertuis, Pierre-Louis Moreau de 43 Meibauer, Jörg 206 278 Meiners, Christoph 72 119-120 122-123 143 180 184 219-224

231

263

49

71-72

147

Mentzer, Balthasar 17 Metzke, Erwin 2-3 27-29 34 37 50 62 64 73 77 81 86 95 163

131 138

189251

Manegold, Ingemarie 5 105 119 121

131

276

Lavater, Johann Caspar

185-187

245-247

Meinhold, Peter 15 23 278 Mendelssohn, Moses 35-37

Lafargue, Paul 249 Lakoff, George 159 183 276 Lamy, Bernard 200 Lausberg, Heinrich 51 204 233-234 242 249

240-241

Lumpp, Hans-Martin 3 47 67 277 Lüpke, Johannes von 73 79 121 140 277 Luther, Martin 15-16 18 20-21 41 56-58

202 262

Krause, Peter D. 199 275 Kreutz, Wilhelm 124 276 Kreutzfeld, Johann Gottlieb 138 Kristeva, Julia 109 m-112 Kühn, Ulrich 15 276 Kurz, Gerhard 157-158 169 225 276 Levinas, Emmanuel 109 La Roche, Sophie von 115 188 Lacan, Jacques 109 Lachmann, Renate 107 111-112 114 269

121

Löffler, Heinrich 74 185 277 Lukäcs, Georg 238 Lukianos

104-105

Kohnen, Joseph 124 163

74 76 78-80

278

Michaelis, Johann David 72 Montaigne, Michel Eyquem de 171 Montesquieu, Charles de Secondat 69 Moser, Friedrich Carl von 71 131 Moustakas, Ulrich 37 77 278 Mozart, Wolfgang Amadeus 164 Müller, Marika 238 240-244 248-249 252

278

Nadler, Josef 3 5-6 22 47-49 70 79 104106 119

122

200 262

278

130 141

143

146 148

163

Namowicz, Tadeusz 30 278 Nebel, Gerhard 49 141 278 Nestorius (Patriarch von KonstantinoΡ«1)

55

Nicolai, Friedrich 66 72 131 150 173 Nikolaus von Kues (Cusanus) 28 Nisslmüller, Thomas 84 95 97-101 278 Novatian 12

Namen O'Flaherty, James C. ι 4 37 42 48 53 183 279 Oelmüller, Willi 141 278 Oesterreich, Peter L. 251 278 Oetinger, Friedrich Christoph 20 Ohly, Friedrich 80 279 Ohm, Thomas 13 Origenes 11-12 15 Oslander, Lukas 17 Ott, Heinrich 156 27p Ottmers, Clemens 198 204 216-217 237 2

79 Paetzold, Heinz 173 199 279 Pannenberg, Wolfhart 15 54 57 279 Paulus 15-16 153 164 209 Peil, Dietmar 243 2 Petter, Yvonne 216-219 23J~232 79 Pfenninger, Johann Konrad 152 Pilatus, Pontius 191-192 Piske, Irmgard 162 279 Piaton 44 117 125 187 189 200 Plett, Heinrich F. 200 204 209-210 214216 237-238 241 269 280 Poitiers, Hilarius von 12-13 Popper, Karl Raimund 85 109 Potter, Thomas 116 Pseudo-Dionysius 28 Pseudo-Longinos 234 Quenstedt, Johann Andreas 13 Quintiiianus, Marcus Fabius 200 234 238 Radicati, Albert Graf Passeran 71 Rapin, Rene de 71 Reichardt, Johann Friedrich 143 148-149 Reimarus, Hermann Samuel 59 120-121 140 178 221 228-229 Retz, Cardinal de 181-182 Richards, Ivor Armstrong 158 184 280 Richardson, Samuel 188 Ricoeur, Paul 86 95 158 280 Riedl, Peter Philipp 198 247 280 Rieger, Reinhold 44 110 280 Ringleben, Joachim 20 30 39 47 6$ 86 280 Rochelt, Hans 104-105 280 Rodemann, Wilhelm 22 Röhls, Jan 17280 Rollenhagen, Georg 242-243 263

2

95

Rost, Johann Christoph 190 244 246 Roth, Friedrich von 5 262 Rousseau, Jean-Jacques 43 59 69-70 72 165 Rudolph, Enno 156 158-159 184 280 Rupprecht, Johannes 9 21 281 Ruprecht, Erich 42 281 Russell, Bertrand 249 Salmony, Hansjörg A. 2 5 22 27 281 Sartorius, Ernst Wilhelm Christian 17 Saussure, Ferdinand de 74-75 107 Schahadat, Schamma 107 112 276 Schänk, Gerd 185-186 281 Schanze, Helmut 199 281 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von 3 Ό 32-33 Schiewe, Jürgen 37 77 81 281 Schiller, Friedrich von 164 198 Schlatter, Adolf 41 Schlegel, August Wilhelm von 61 Schlegel, Friedrich von 32 199 238 251 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 18 61 91 94 263 Schlosser, Johann Georg 147 Schmidt, Christian Heinrich 200 Schmidt, Jochen 5167281 Schmitz-Emans, Monika 30-32 45 53 66 76-77 80 84 96-97 183 281 Schnyder, Peter 199 281 Schoberth, Wolfgang 5 21 38 47 49 7374 92 163 248 281 Schoonhoven, Evert Jansen 117-119 122-124 I4I I79 ]82 205 222-223 228229 262 Schreiner, Helmuth 2 22 40 225 281 Schreiner, Lothar 3 5 9 12 20-21 105 261 266 Schumacher, Anna Regina 2 117-118 131 133 '39 Schumacher, Eckhard 9496156183281 Schummel, Johann Gottlieb 161 Schwitalla, Johannes 206281 Seils, Martin 5-6 15 23 42 54 105 113 120 124-127 148-149 186-187 189-190 236 242 244 261-262 282 Seitz, Manfred 9-10 12 21 282 Semler, Johann Salomo 14 19 40 59 61 244 251

296

Register

Seneca, Lucius Annaeus 200 Seuse, Heinrich 177263 Shaftesbury, Anthony Ashley Cooper 59-60 71 Simon, Josef 45 47 77 262 282 Slob, Wouter H. 219282 Sokrates 27 30 68 96 142 237 245 Sozini, Fausto 58-59 Sozini, Lelio 59 Spalding, Johann Joachim 59-60 Spinoza, Benedictus de 14 32 69 263 Spreitzer, Brigitte 246 282 Stabenbordt, Pierre 22 Stählin, Wilhelm 158 Starck, Johann August 72 120 122-124 126 131 141 143 182 184 219-224 228 231 244-245 250-251 Steiger, Johann Anselm 57 282 Steinbart, Gotthelf Samuel 60 143-144 178 180 184 222 231 Steinbrink, Bernd 199-200 203-204 2

221

33 235 2 49 2 83 Sterne, Laurence 188 Stolz, Johann Jakob 150 152 Strässle, Urs 9-10 23 42 50 282 Strauss, David Friedrich 17 61 Suärez, Francisco de 56 Sulzer, Johann Georg 200 Süssmilch, Johann Peter 43 Swift, Jonathan 238 Taylor Forsyth, Peter 18 Teller, Wilhelm Abraham 19 Tertullianus, Quintus Septimius Florens 12 Theophrastos 200 Thiemel, Markus 27283 Thomas von Aquin 13 56 233 Thomasius, Christian 70 Thomasius, Gottfried 17-18 Thomassin d'Eynac, Louis de 56 Thumm, Theodor 17 Thyen, Anke 44 Tiedemann, Dietrich 72 Töllner, Johann Gottlieb 244 Toussaint (Kommerzienrat) 132 Troeltsch, Ernst 83 89 91-92 Ueding, Gert 199-200 203-204 221 233 235 249 283

Unger, Rudolf 3 27 42 50 75 283 Vaughan, Larry 3 48 183 283 Veldhuis, Henri 23 32-33 38 42 44 65 67 78 80 84 104-105 119-125 127 132 140-141 143-144 148-149 163 190 225 283 Vergil 118 Vico, Giambattista 75 Victorinus, Marius 12 Villwock, Jörg 42 49 53 283 Voltaire, Francois Marie 59 69-70 193 223 228 Voss, Christian Friedrich 133-134 Voss, Johann Heinrich 149 151-152

187

2

2 34 245 5°~25I Vulpius, Christian August 161 Waldenfels, Hans 16283 Warburton, William 220-22/ Ward, Graham 75 283 Weber, Hans Emil 22 Weber, Otto 16 54 57 283 Weinrich, Harald 158 176 178 184283 Weishoff, Axel 202 284 Weiss, Helmut 77284 Weissenborn, Bernd 262 Werlen, Iwar 42 49 75 284 Weston, Frank 18

Wetzel, Michael 101 104 115 117-118 163 202 210 284 Wieland, Christoph Martin 125 127 147 149-151 161 185-192 194 234-236 240-241 243-247 249-251 Wild, Reiner 1 37 52 284 Wilkes, John 116 133 213-214 Wittgenstein, Ludwig 44-45 Wizenmann, Thomas 37 Wohlfart, Günter 52 75 183 284 Wolff, Christian 59 69-70 180 228 Wuthenow, Ralph-Rainer 188 284 Young, Edward 188 Zarathustra 56 Zedier, Johann Heinrich 246 286 Ziegra, Christian 71-72 Ziesemer, Walther 5 130 261 Zscharnack, Leopold 22 285 Zwingli, Huldrych 57-58

2

97

Begriffe Abel 65 Aberglaube/abergläubisch 5 36 75 95 161 186 193 223 227 229 2 Abhängigkeit/abhängig 5 45 47 63 75 19s '9$ 206 256 Abstraktheit/abstrakt 28 37 45-46 76 162 202 208 224 244-245 247-248 255 Abstraktion 10 28 50 76 87 222 247-248 Adam 167-168 193 209 236 246-247 Adelgunde (—> auch Sibylle/sibyllinisch) '35

'47

Adressiertheit/adressiert 7 52 73 104 106 108 154 170 207 245 247 Affekte/affektisch 32 78 83 100-101 157 171 196 202 233-234 238-239 242 250 Affektenlehre 199 233 Affektiertheit/affektiert 200 241 Affektivität/affektiv 101 232-233 239 250 252 255 Affektrhetorik 233-234 Akkommodation 10 12-14 '9 25 Akkomodationsbegriff 19 Akkomodationsgedanke 13-14 Akkomodationslehre 22 Akkomodationsstreit 14 Akkomodationstheorie 13 A k t 100 224 des Sich-Hinneigens 24 Erkenntnisakt 6} 84 kontingenter A k t 10 Leseakt 82-83 97~'oo '96 239 Performanzakt 97 Rezeptionsakt 42 84 96 102 Schöpfungsakt 214 Aktualität 129 139 147 154 Allgemeingültigkeit/allgemein gültig 4 45 74 '(>2 179 Allwissenheit 18 57 Ambivalenz 99 107-109 Analogie/analogisch 20 33 39 53 60-61 76 79-80 87 91-92 114 123-124 128— 129 133 146 156-157 163 165 175 180 197 221 223-224 244 251 254 Analogiebildung 45 97 165 171

Analogieschluss 171 Analogieverfahren 158 Analogieverweisung 251 Analyse/analysieren 29 46 86 159 199 201 203-204 215 252 Anrede 43 61 164 172 204 209-210 213 240 259 Anrede Gottes 29 31 Anschaulichkeit 50 183 Anschauung 33 Ansprache/ansprechen 6 46 125 181 203 213-214 240 245 247 250 252 254-255 Anthropomorphose 36 60 123 166 225 Antirationalismus 3 5 Antonomasie 159 201 204 209 211 Antwort und Rede —» Rede : Rede und Antwort a posteriori 70 72 Apotheose 36 60 63 123 166 225 Appell/appellieren 204 253 Appellativ 209 Appellfigur 203-204 252 254 a priori 70 72 100 162 Arbeit, Historische —> Historische Arbeit Ärgernis 27 34 95 178 184 258 Argument/argumentieren 156 161 216219 231-232 237-238 253 Argumentation/argumentativ 68 114 161 180202 215-219 230-232 236 252255

Argumentationsebene 91 Argumentationsführung 254 Argumentationsgang 218 Argumentationslinie 230 Argumentationsmuster 113 Argumentationsprozess 219 Argumentationsschema 112 Argumentationsstrategie 215 217 230 Argumentationsstruktur 203 215 Argumentationstheorie 216 Argumenta tionsverlauf 217219 Argumentationsweise 219237 Aseität 18 21 27 224 assumptionalistisch 12 55

Register

298 3 23-24

Ästhetik/ästhetisch

52 72

80-81

97 100 103 131 148 156 158-159 183 197-199 201 203 214 255 259

Auferweckung 77-78 80-81 Aufforderung 204 206 209-211 Aufklärung/aufklärerisch 2 4-5

173

22-23

36-37 40-41 49 59 68-71 73-74 77 115 118 144 162 171 179 181 188-189 194 199-200 221-223 225 227 229 233 246 250 253

Aufklärungsbewegung 5 74 162 191 Aufklärungsprogramm 173 Aufklärungstheologie 14 19 60 Aufklärungszeit 32 174 183 188 198 220

Autonomie/autonom

5 78 154 165 169

'7' *73 259 Autonomieforderung 78 Autonomiestatus 63 A u t o r 3 14 19 26 29 41 47 49 51 66 72 76 78-79

81-83

87 95-96

101 104 112

135 145 150-151

153 159 176

186 195-197

238-239

211

130

182-184

244

258

Autor und Leser 7 177 194 196 252 Autorhandlung 7 6 - 7 7 257 Autorin 116 119 Autorschaft 1 6-7 47 51 53 62 64-65 6

iJ2-

133 135 139-140

142

67 75 82 90 99-100 113 1

115 I

55~ 57

128 131

102-104

^95 197 232 252 255

I0

257-259

Mitautor 700 Autorität/autoritativ 5 33 68 235 249 Autoritätsanspruch 173 250 Baum Baum der Erkenntnis 46 190 194 Baum des Lebens 46 Bedeutung 100 177 189 194 196-197 Bedeutungskonstitution 74~75 100 110 196

257

Bedeutungsmöglichkeiten 196 202

170

184

250

befruchten —> Fruchtbarkeit/befruchten Begegnung 5-6 25 61 66 75 80 110 137 155 159 168 197 247 255-256

258

Begriffe, feste 74 81 109 Bereitschaft 24 46 63 76 83 88 95-96 162 192

256

128

27 33 44 121 179

Beweis/beweisen 219-221

233

216

256

beweisbar 97217 Beweiskraft 221 Beweismittel 216 Β eweisverfahren 217 223 unbeweisbar 221 bezeugen —> Zeuge/zeugen/bezeugen Beziehung 5-6 20 25 43 47 61-62 64 76 80 83 85 100 102 110-111 132 137-138 144 184 203 229 232 236 245-247 254 256 258

Beziehungshaftigkeit 43 Beziehungsinstanz 88 Beziehungslosigkeit 53 80 156 Beziehungsorientiertheit 253 Bibel —> auch N a t u r : N a t u r , Geschichte, Schrift Biga Bibliothecarum 70 141 200 242 Bildhaftigkeit 4 78 81 162 195 Brandan, hl. 126 Brautpaar 132 136 161 164 209 211-214 Brief Briefbeitrag 154 Briefe 48 130-132 146 154-155

137-139

Briefform 131 154 Briefgespräch/Briefdialog 132 137-138

141-144

7 106 130

142 147 Ι54-Π5

Briefkontakt 130 Briefpartner/Briefschreiber 136-137

141 143 146

259

130

Briefstelle 136-138 143 Briefstil 130 155 Briefverbindung 131 138 Briefverkehr 130 Briefwechsel 72 130-131 154 Brücke ohne Lehnen 132 148-154 226 234 255

132

154-155

197

260

Buch Buch der Geschichte 36 Buch der N a t u r 29 31-33 36 buhlerische Schreibart —> Schreibart Bund 65 206 209 227 229-230 256 258 Burgermeister —> Wächter und Burgermeister Cento 50 111-112 128

299

Begriffe Christologie/christologisch 2

15-16

18 20

2

4 7 54-55 59 61 Christozentrismus 27 coincidentia oppositorum 27-29 35 60 67 86 95 99 121 136 174 184 20} 215 22j 2}9 communicatio idiomatum 16-18 22 5361 73 75 82 102 144 154 166 255 258 Crisin —> Krise in der Theologie Debatte 42 23} 222 Deduktion/deduktiv 216 218-219 2 31 Deismus/Deist/deistisch 19-20 58-60 73 121 148 Demut/demütig 14 22 2634 38-40 51 62 66 80 82-83 88 92~93 95 100-101 129 131 Demütigung 10 62 Denksystem 99 deus incarnatus 16 Deutlichkeit (—» auch Klarheit und Deutlichkeit) 200 Dialog/dialogisch 7 52 61 73-7$ 82 106 108-112 128 146-147 154-155 159 183 187 192 194 196 202-204 20% 2 1 0 2I4 217 240 245 251-253 255 258 Dialogcharakter 104 Dialogform 46 Dialoghaftigkeit 211 dialogorientiert 232 Dialogpartner 204 Dialogsituation 209 252 Dialogizität 6-7 63 104 106-107 109-111 !I 5 139 !57 !59 184-185 192 195 2 202-203 2 1 0 23° 232 25I_252 57~259 disiecti membra poetae 31 80 Diskurs/diskursiv 4 49 81 114 160 171 181 183 186 219-220 228 230 Diskursart 162 214 Diskursebene 250 Diskurslinie 229 Diskursstil 218 docta ignorantia 28 Doppeldeutigkeit/doppeldeutig 99 Doppelsinn 99 Dunkelheit/dunkel 3 43 47-49 51 122 130 141 156 176 200-201 256 259

Durchdringung 54 56-57 Dynamik/dynamisch/dynamisieren 7 12 15 22 28 47 60 74-75 93 108 159 177 186 189 194 202 207 248 250 254 259 Ebenbild 80 229-230 256 Ebenbildlichkeit/ebenbildlich 61 63 206 227 258 Eckstein 87 178-179 184 Ehekunst 4 74 76

47 60-

Eigenname 159 209 244-245 247-248 Eine, der 164-169 213-214 Emotionalität/emotional 51 59 65 101 159 171 199 202 204 214 232 234 239 2 2 2 2 45 250 5 ~ 54 Emotionen/emotiv

46 78 199 203

210

2

33~234 23$~239 24' 25° 255 Empfänger 7 26 83 104 154 Empfängnis/empfangen 95 145 174 190 22 7 Empfindsamkeit/empfindsam 188 empfindselig 164211213 Empfindungen 41 43 84 148 Empirie/empirisch 60 69-70 81 199 216 221 Engagement/engagiert 2 5 24 46 73 77 116 128 154-155 232 250 252-254 256 Engelsprache 77 ens rationis 227-229 Entäusserung/entäussern 15 27 40 52 62 65-66 90 128 Enthüllung/enthüllen

20 32 52 68 74 76

93 99 "9 '7° Enthusiasmus/enthusiastisch 51 125 127 147-148 189-191 194 235 246-247 250-252 Entmythologisierung 61 83 89-90 Epistemologie/epistemologisch 45 61 76 221 Erbsünde —> Sünde/Erbsünde Erfahrung 2833 37 46 50 64 82-83 92 94 96-97 100 103 115 157 259 Erfahrungshorizont 92 Erhöhung 15 182935 81 Erkennen, das 94 184 195 254 Erkenntnis 27-28 36-37 42 46 60 68 70 72-73 82-84 86 90 93 102 160 163 165 167 177 190 193-195 220 225 227 232 236 255

Register

300 als Beziehung 85 als Selbstbezug 85 apriorische Erkenntnis

72

ästhetische Erkenntnis i Sündenfall/Fall Fiktion/fiktional 99 110-111 162 Fiktivität/fiktiv 100 113 204 210 214 23° Finger Gottes 7 7 6 - 7 7 7 180-184 fingieren 99 208 Förderung 142 155 Forum, geistiges 132 137 146 154-155 Frage, rhetorische —» Rhetorik/rhetorisch Fragment 42 50 73 120-121 128 239 242243 252 Fragmente eines Ungenannten 120121 Fragmentstreit 140 Freidenkertum 59 Freigeisterei 59 Freiheit 700 155 162 172 183 197 202 206-207



55~25^

2

59

2

2

Freimaurer/freimaurerisch 164 219-220

120

123-124

231

Freimaurerdialoge/Freimaurergespräche

140

181-182

Freimaurerei/Freimaurertum 181 219

Freimaurerideal

181

Freiwilligkeit/freiwillig 101 181 217 255 Freund

72 164

228 14-16

2 24 64 101-102

126 130-133

18 24 66

258

135-138

116

123-124

146 149

152-154

181 230 235 Freundeskraft Freundschaft

102

102 110 115 146 151 234

fröhlicher Wechsel —» Wechsel, fröhlicher Fruchtbarkeit/befruchten '55 '72

174-175

°5

2

46 63 76 88 95 59

2

Begriffe

Früchte 25 46 205 209 Funktion 7^9 214 argumentative Funktion 215 der Argumente 217 der Autorschaft 258 der Briefgespräche 154 der Metaphern 157 160 163 176-1/7 183 195 der Metaphorizität 7^9 79^ der Rede 76 der Rhetorizität 203 253 der Sprache 6 258 des Verbergens 237 deskriptive Funktion 234 enigmatische Funktion 209 euphemistische Funktion 249 evokative Funktion 157 ironische Funktion 242 kognitive Funktion 157 i6o 176 183 '95 kommunikative Funktion 137 185 kreativ-kognitive Funktion 157 Machtfunktion 14 orientierend-welterschliessende Funktion 7/7 poetische Funktion 157 theologische Funktion 116 Wirkungsfunktion 2 32 Furien 187-189 194 Ganzheit/ganzheitlich 23 33 48 78 80 239 Geburt/gebären/geboren 133 135 145146 160 168 207 209 2 72 Gedankenfigur 204 234 236 251 Gefahr/gefährlich 39 85 101 182 259 Gefühle 78 155 161 196 199 238 255 Gefühlsbetonung 188 Gegenseitigkeit/gegenseitig 46 54 56 142 i(>5 256 Gegenständlichkeit 37 39 Gegenüber, das 24-25 63 85-86 155 170 195 203-204 209 231-232 237 239-240 2 45 247-248 252-256 259 Gegenwart 33 58 87-88 167 210 221 Gegenwärtigkeit/gegenwärtig 28 37 46 76 87 92 7 0 0 134 147 153 770 178 221 255-256

301

Geheimnis/geheim (—> auch Mysterium) 30-31 36 39-40 42-43 720 164 179 181 192-193 210-211 213-214 220-222 228-230 256 eleusinische Geheimnisse 193 evangelisches Geheimnis 227 geheime Weisheit 164 geheimer Sinn 32 Geheimkulte/geheime Kulte 228231 Geheimlehre 220 Geheimnis der Gottessohnschaft 93 Geheimnis der Natur 103 Geheimnis des Himmelreichs 119 181 228 Geheimnis des Reiches Gottes 93 Geheimnisse der Mystagogie 1 8 1 Geheimnisse des Heidentums 138 140 144 gnostische Geheimnisse 193 Grundgeheimnis 42 44 Geist Gottes 34-35 40-41 166 Genie 51-52 66-67 76 127 Geniegestus 49 Genus 193 236 239 242-243 246 249 genus humile 52 66 79 201 258 genus maiestaticum 17-18 56 58 genus sublime 52 66 68 79 201 258 Genuss 100 171 189 238 Geschichte —> auch Natur : Natur, Geschichte, Schrift Geschichtlichkeit 12 37 45 61 129 154 161 195 2 0 7 225 232 254 Geschichtsgebundenheit 50 Geschichtswahrheit 121 179 220-221 Geschick 31 128 144 Geschlecht 31 47 75 149 161 163-165 168-170 187 193 235-236 240 248 251 Geschlechtlichkeit/geschlechtlich 46 76 95 115-116 124 127 164 168-169 172-173 175 189-190 193-^5 207224 236 246 248 250 Geschlechtsgebundenheit 236 Geschlechtsteile 206 Geschlechtsverkehr 174 Geschlechtsverständnis 165 Geschmack 66 91 166 173 205 208 210 254

302

Register

Geschöpf/Mitgeschöpf 27 45 55 62 65 165 214 2jo Geschöpflichkeit $ 29 31 47 80 190 195 208 248 258 Gesinnung 24 26 65-66 76-77 129 175 205 229 250 Gespräch 7 46 52 66 76 93 119 130 136 'S5 '97 2 '4 2 59 Gesprächsbeitrag 7 25-26 $3 73 82 93 2 2 2 106 128-129 I32 I54~I55 5 ~ 54 Gesprächsgegenüber 8 63 66 68 101 Gesprächsgeschehen 71 Gesprächshaltung 259 Gesprächshandlung 256 Gesprächsparadigma 6 Gesprächspartner 25 67 143 Gestaltung, rhetorische —> Rhetorik/rhetorisch Gewaltlosigkeit/gewaltlos 256 Gleichnis 29-30 45 50 78 80 93 96 128129 228 Glock, der/die/das 149 187 235-236 239-240 243 246 249 2JI Gnade/gnädig 16 2137 179 225-227 230 Golgatha 35 67 81 Golgatha und Scheblimini 35121196 Gott und Mensch 15 30 33 43 46-47 53 57 61-62 65 73 75 80 103 106 110 112 165-168 170 172 176 211-212 256 258 Gottes Finger —> Finger Gottes Gottes Geist —> Geist Gottes Gottes Menschwerdung —» Menschwerdung Gottes Gottes Rede —> Rede : Rede Gottes Gottes Reich —> Reich Gottes Gottes Wort -> Wort Gottes Gottesebenbildlichkeit —> Ebenbild : Ebenbildlichkeit/ebenbildlich Gottesfurcht 81 Gotteskindschaft 60 258 Göttliche, das 15-16 55-56 58 60 93 127 Göttlichkeit 15 221 Götze/Ölgötze 75 227 Grazien 187-189 194 Gute und Böse, das 125 190 192-194 220 235-236 248 Haltung 8 24 26 46 52 54 62 65-67 78 81 84 95 100-101 155 256 258

Gesprächshaltung 259 Grundhaltung 24 39 82 95 256 innere Haltung 7 24-25 39 46 53 66-67 81-82 86 97 101 in 129 172173 183 192 196-197 210 227 232 256 258-259 kondeszendente Haltung 45 51 71 79 92 128 155 162 176 259 offene Haltung 46 Rezeptionshaltung 89 Hamann-Forschung 3 20-21 49 257 Heiden/Heidentum 27 37 120 138 140 144 222 226-229 Heilige Schrift (—» auch Schrift) 13-14 20 22 25-26 31-32 40-41 223 Heiliger Geist 38 41 90 92 95 186 230 Heilsgeschichte/heilsgeschichtlich 13 167 Helix 259 Herablassung/herablassen (—» auch Herunterlassung/herunterlassen, Kondeszendenz/kondeszendent) 9 12 225 256 Herausforderung/herausfordern 46 96 128 155 182 194 202 257 Hermeneutik/hermeneutisch 19 24 30 40-41 61 82-87 89-92 94-95 98 100 '59 257 259 Herrlichkeit/herrlich 27 37 79 101 204 229 256 259 Herunterlassung/herunterlassen (—» auch Herablassung/herablassen, Kondeszendenz/kondeszendent) 1 9-12 16 20-22 26 29 39 41-42 62 90 Himmelreich 36 119 164 181 228 256 Hingabe 52 62 67 76 128 Hintergründigkeit/hintergründig 2 05 207 255 Historische Arbeit 82 87-88 90 92 95 Historismus 83 91 Historizität 29 37 76 83 90 Höllenfahrt der Selbsterkenntnis 51 63 65 165 Hörer 62 202 215 217 236 258 Hybris 193 Ich-Erzählung 160 162 214 Ich-Stil 167213

Begriffe imitatio dei

6 51

53

62-63

Imitation/imitieren 112

210

66-68

128

196

46-47 62 65 68 80 82

3160258

Klarheit und Deutlichkeit

119-120

136

162

Klassifikation 187 191 194 K l o c k —> G l o c k , der/die/das

Individualität/individuell 5 39 64 J8 91 97 100 110 164 169 188 195 214 Induktion/induktiv 160 777 180 216 218 226

Kenotiker 16-18 58 Kinderzeugen 205 Kindschaft

259

impersonal —» personallos/impersonal Impertinenz/impertinent 79 256 259 In-Geschick-Bringen 80 Individualismus 97

222

303

Knechtsgestalt kognitiv 195

163

202-203

250

231-232

10 15-16

157-160 210

20-22

27 40

176-177

215

183

65 193-

231-232

237-239

252-255

Informationsaustausch 13 8 155 Inkarnation (—» auch Menschwerdung

K o m m ich als ein Geist zu dir Kommunikation

Gottes) 77-72 Iß-16 57 166 225 Insektendotter 166 175 Inspiration/inspiriert 40 51 79 82 88 90

Kommunikationsbeitrag 30 253 Kommunikationslosigkeit 255 Kommunikationsperspektive 257 Kommunikationsprozess 99 Kommunikationssituation 70S Kommunikationsvorgang 157 Kommunikationsweise 186 195 252 Kondeszendenz/kondeszendent (—> auch Herablassung/herablassen, Herunterlassung/herunterlassen) 7 6-79-70 12

95

138

15 5

Interpretation Interpretationsarbeit 182 196 Interpretationsfreiheit 770 Interpretationsmöglichkeiten 196 251 2 , 7

Interpretationsprozess 184 intersubjektiv 108 155 I6J 195 218

232

14

16

19-25

45-46

Intertextualität/intertextuell 106-107

109

111-114

127-129

140

147-150

171-173

177

193-194

235

Intimität/intim

51

255

169

160

162-163

185

189

183-184

188

234-239

241

248-253

251 240-242

235-236

241

185-187 246-247

189250-251

54

kaltblütige Philosophen Kaviar

194

134 171

des Leviathans

Kenose/Kenosis

20

202-204

252

235

125

239-240

148-149 245

175 166

171-172

58 205

I59182-

2 1 0

%

2 2

7

254-259

202

9-10

16

19-

9 19 21

23-

257

62

65

146

6 26 45

179

1-2 20 70 115

130 132

136

200

Konjektur/konjektural

83

2 71 96-98

116 183

196

Konjunktivkonstruktion 243 Konkretheit/konkret 24 29 76 78 93 154 162

169

195

konstituieren 161

10 12 14-20

707

I57

178-179

Königsbergsche Zeitungen

2

189-191

176

trinitarische Kondeszendenz 51

138

3-5

Kaltblütigkeit/kaltblütig

187

45

Königsberg

249

65 194

194-197

I55

Kondeszendenzgedanke

85 225

Irrationalist

169

75-77

95-96

20

24

237

66

37-39 73

92-93

Kondeszendenz-Begriff

197 81

71

I27-I28 J

239

34-35

66-68

89-90

I23-I24

230-232

259

259

201-203

Ironiesignale

192

121

31

61-63

82-86

779

189-191

246

79-80

123-124 167

185-186

4 32

Ironiebegriff

Kain

164

131-132

223

Inversion Ironie

157

240

Intuition/intuitiv 195-197

116-121

180

211

7 52 73 80

27-29

51-52

117

194

208

225

14 24

196-197

232

82-83

253

255

247

255

86 94 97

108

258-259

Konsubstantiation —> Transsubstantiation/Konsubstantiation

Register

3°4 Kontextabhängigkeit/kontextabhängig 75 no

194 241 247

kontextlos

114 253

Kontextualität/kontextuell

157 189 195

2

'5

Kontingenz/kontingent 10 19 90 121 169 176 179 181 183 19; 197 222 226 228 231 K ö r p e r 95-96 116 133 Körperhaltung 26 Körperlichkeit/körperlich 12 30 163 169 195 236 Körperstelle 244 Korrelation 91 K r a n / K r a n m o d e l l 82 87-88 90 94 kreativ 100 K r e a t u r / k r e a t ü r l i c h 30-31 47 56 250 Kreuz/kreuzigen 15 34 46 61 63 65 81 103 184 K r e u z e s t o d 18 192 Kreuzgeschehen 103 Krise in d e r T h e o l o g i e 140 143 Kritik 52 69 72 85 91 102 127 129 156 238-239 249 Lausangelrätsel 176-178 181 L ä u s e (—» auch U n g e z i e f e r ) 177-179 182 184 Leerstellen 96 98 L e i b / L e i b l i c h k e i t 40 65 95 161 164 168169 229-230 Leidenschaft/leidenschaftlich 251 32 46 50 78 83 707-/02 128-129 131 155 163 166 175 190 192 196 199 232-233 250— 252 254-255 L e n d e n , f e u r i g e / g l ü h e n d e 189 236 L e s b a r k e i t der N a t u r 32 Leseakt —» A k t Leser u n d A u t o r —> A u t o r : A u t o r u n d Leser Leviathan (—> auch Kaviar) 170-172 174 190-191 L o g i k / l o g i s c h 4 20 46 50 52 68 80-81 87 92-93 720 13 7 156 I59 l6l 197-198 203 216 219 222-223 2

33 245 255 259 L o g o s 72 29 55-56 L o k a l i t ä t 169 195

182-183 22 2 I 5 3

lucianische Geister (—» auch L u k i a n o s gemäss N a m e n r e g i s t e r ) 190 Lumpen 39 Macht 18-19 29 3 4 45 62 70 80 94 171 175 196 2 70 258 Machtausübung 256 M a c h t f u n k t i o n 14 Magier/magisch 3678-7981184 M a n i e r i s m u s / m a n i e r i s t i s c h 49 51 68 201 203 M ä r c h e n 117 161-164 166-168 213-214 Märchenart 162 Märchenerzählerin 166 m y t h i s c h e s M ä r c h e n 160 162 166 169 206-207 211 213 Maria 54-55 95 M a s k e 68 74 104 106 121 C h r i s t u s m a s k e 35 Demaskierung 2 M a s k e des G e g e n ü b e r s 237 S c h r e c k m a s k e 79 Ziermaske 68 Maskerade/Maskierung/maskieren 68 99 10 4 M e h r d e u t i g k e i t / m e h r d e u t i g (—> auch l y s e m a n t i k / p o l y s e m a n t i s c h ) 893 196 255

Po118

Mehrschichtigkeit/mehrschichtig

251

2

55

Mehrstimmigkeit/mehrstimmig Polyphonie/polyphon)

M e n s c h u n d G o t t —> G o t t u n d M e n s c h Mensch und Mensch

30 53 63 75 80 110

112 176 258 Menschwerdende, der

18

M e n s c h w e r d u n g G o t t e s (—» auch

Inkar-

77-72 16 18 22 38-39

57-58

nation) 167

metabasis eis alio genos

90-91

Metakritik/metakritisch

2 4-5 46-47

72~73

75 77 121 128-129

162 189 193-195 87 129 156-163

52

141 157 159

52 67 78 80 82

166 169-171

189 194-197

2

53 Metaphernbilder

219 231

203 231 254 259

Metapher/metaphorisch 178 180-186

58

(—> auch

107 110

156

173

176-

201 241 246

Begriffe Metapherngebrauch Metaphernhaftigkeit Metaphernjagd 50 Metaphernkomplex Metaphernpaar 171 Metapherntheorie Metaphorizität 7 106 166

169

176-177

politische Mysterien 223 Mystifikation 223 Mystik/mystisch 3 12 15 49 63 65 142

159 185 156 170 173

152 175-176

185

157-159 156-157

184-185

159-161 194-197

259

157

196

34

192

202

253

Morgenland 48 77-78 Motto I J I - 1 1 2 114 126-127

167

189

81 117-118

210-211

123-124 221

Muse 155 Mut/mutig 83 234 Muttersprache —> Sprache Mystagogie 181 Mysterienkulte 119 181 193 226

251

220

222-223

22

&

119

228-229

181-182

219

119-124 231

142

178

180

182

222-226

223-226

229

171

61 89 118 160 162 166

2 1 1

206-207

2 I

2 2 1

3

73

180-181

Mysterien des Hymens

78

80 128

196

Nachfolge/nachfolgen 18 Nachhelf eines V — ivs 150 eines Vocativs 149-150 234

239-240

4~225

52

67-68

62-63

65

189

8793

192

194

245

eines Vomitivs 150 Nachtwächter —> Wächter und Burgermeister Nacktheit/nackt 124 235 248 Namengebung 244-245 Narr/Narrheit/närrisch 62 85 120 123 Narration 162 166213 Natur 29-33 44-46 57 78 103 165 171 204-207

219

227

233

Buch der Natur 29 31-33 körperliche Natur 30 Mütterlein Natur 193 Natur, Geschichte, Schrift 40 42

196

166

256

46 62

68 121

128

36

6 25-27 163

33

169

179

259

15-17

31

54-61

52

77-78

227

Naturgesetz 193 Naturrecht 36 69 29

31

80-81

Urtext der Natur Naturalismus 3

31

Neologie/Neologe/neologisch 59-60

137-

125-126

143

14

40

188

neugeboren —> Geburt/gebären/geboren Nichtbeweisbarkeit 217 Nichtgeiingen 196 Nichts

119

22

25

259

Sprache der Natur

245

ägyptische Mysterien 164 christologisches Mysterium 18 der Eucharistie 123 der Konsubstantiation 182 des Heidentums 22 8 des Judentums 228 eleusinische Mysterien 119 Mysterien der Alten 72 119 122 138

187

Naturen Jesu Christi

231

Mysterienschriften 106 Mysterium (—» auch Geheimnis/geheim) 228-229

169

36

Mysterienreligionen

106

89-90

193

231

221-224

184

Nachahmung/nachahmen

Missverständnis 95 255 Mitautor Autor mitdenken 196 Miterbe 230 mitfühlen 196 234 250 Mitherrschaft/mitherrschen 227 230 256 mitkonstituieren 183 mitthronen 227 Mittler 65 Monolog/monologisch 39 73 108 110 154

180

mystische Denkfigur 177 Mythenbildung 17 Mythologie/mythologisch 48 61 68 78 Mythos/mythisch

Mimesis 51 53 65 Missverstandenheit/missverstanden 63

305

220226231

blendendes Nichts

179 222 229

Register

30 6

Ölgötze —> Götze/Ölgötze Orakel/orakeln 49 31 79 117 166 Orakelstil 31 Ort der Begegnung 73 110 129 133 197 der Beziehung 76 der communicatio idiomatum 73 der relatio 133 197 der unio mystica 33 73 197 der Vereinigung 6 des Gesprächs 76 133 197 Oszillation/oszillieren 99-100 119 170 172 287 201 Pädagogik/pädagogisch 12-14 19-20 23 39 161 Pan/panisch 79 184 Pantheismus/pantheistisch 3 162832-33 Paradigma 44 Partikularität 134 Pathos/pathetisch 51213 233-234 Performanz/performativ 97100214 Perichorese 34 36 61 Personalität/personal 13 43-46 169 193

personhaft 11 247 Phallus 168 246 Phallussymbol 167 170 Pharisäer—> auch Scheinheiligkeit/scheinheilig philologus crucis 63 Pietismus/pietistisch 2 188 203 plötzlich 79 81 86 123 129 184 197 243 ^54 Poesie 31 51-53 75-81 110 129 133 162 193 197 199 238 Poet/Poetin 27 31 63 73 80 119 129 poeta doctus 31 201 poeta vates 31 Poetizität/Poetik/poetisch 31-32 49 7-7779 '07 '57-'59 162 195 197-199 Polyphonie/polyphon (—»auch Mehrstimmigkeit/mehrstimmig) 107 110 Polysemantik/polysemantisch (—»auch Mehrdeutigkeit/mehrdeutig) 7 98 106 136 139 164 176 183-186 196 202 211 255 Polytheismus 224 226-227 Polyvalenz/polyvalent 83 100 169-170 189 196 201 238 247 230 233 Postfiguration 80 Potenz/potentiell 68 137 163 177 196 210 236 Präsenz/präsent 11 28-29 58 T74 7 7 ® 184 189 192 234 Preussen/preussisch 1-2 68 70 Priester Johann 126 principium contradictionis 28 principium rationis sufficientis 28 Produktionsgeschichte 132 133-134 profan 119 137 187 224 226 2 Pronomen 170 173 204 210-214 53 Prophet/Prophetin 27 31 47 68 79-80 119-120 129 136 166-167 211 245 256 Prophetie/prophetisch 2 49 31 79-81 117 124 136 162 166-167 172-173 173 189 194 196 203 209 212-214 256 239 Prophezeiung/prophezeien 32 78 196 Provokation/provozieren 5192 128-129

214 239 243 243 personallos/impersonal 226233 Personenbezeichnung 209

161 183 193 197 206 230 239 Prozess 82 106 110 192-193 203 Argumentationsprozess 219

reines Nichts 221 226 Noetik/noetisch 23 86 88 nomina propria 240 243 245 North-Briton 116 Offenbarung/offenbaren 3-6 14 16 20 22 2j 29 32-33 36-39 42-43 46 59 61 68 J3 76-77 87-88 92 99 119-121 757 1/8-179 196 214 228 250 233-236 259 Offenbarung Gottes 22 38 41 45 49 59 74 89 93 196 Offenbarungsart 39 Offenbarungsbegriff 20 Offenbarungsgedanke 20 Offenbarungsgeschehen 92 Offenbarungsglaube 12 121 Offenbarungssituation 92 Offenbarungsverständnis 26 Offenheit 24 41 82 84 86 92 95 97 100 133 137 162 164 183 196 233 Ohnmacht/ohnmächtig ··

83 92 196

210

231

Begriffe der Lesehandlungen 96 des Lesens 95 des Schreibens 7 des Verstehens 95 Erkenntnisprozess 97 Interpretationsprozess 184 Kommunikationsprozess 99 Rezeptionsprozess/Prozess der Rezeption 7 81-83 88 93 97 99-/0/ 183 Schaffensprozess 100 Selbsterkenntnisprozess/Prozess der Selbsterkenntnis 64 169 Prozesshaftigkeit/prozesshaft 7/ /07 Prozessstufen 87 Pseudonym 7 / 245 Publikum 19 71 93 104 144 154 217 223 232 236 241 253 Publikumszugewandtheit 204 Pudenda 125 135 149 ι8γ 189 239 243 246 249 ratio incurvata in se 82 85 ratio relativa 82 8; 88-89 Rationalismus/rationalistisch/rational 1-2 5 19 32 34 37 4° 49 51 58-60 69-70 J3 81 85 8j 90-92 120 125 129 143 162-163 169 182 186 188 195 197 199 204 232-233 235 245 248 2J0 Raum der Begegnung 80 der Poesie 76 der Sprache 61 102 129 155 159 19J 203 256 258 der Vereinigung 46 für Mitbeteiligung 182 Raum und Zeit 3 J 4} 258 Realinspirationslehre 41 Rede

168

als Antwort 110 an die Kreatur 30 bisherige Reden 80 129 direkt adressierte Rede 104 fiktive Rede 210 poetische Rede 76 prophetische Rede 166-16/ 1/2-1J3 175 209 213-214 256 Rede Gottes 47 53 90 93 Rede und Antwort 6-7 74 129 154 2,8

307

Rede und Gegenrede 2 , 2 Rede, dass ich dich sehe 20 30 136 255 Redefigur 54 204 237 Redekunst 198-199 252 Reden als Ubersetzen 3 1 77 Redestil 62 Schöpfungsrede 40 44 uneigentliche Rede 90 201 vorangegangene Rede 68 73 128 Weltrede 129 Reich Gottes 65 93 182 214 relatio 6 47 144 155 157 197 256 258 Relationalität/relational 4 94 170 177 '95 '97 224 248 255 259 Relativität 75 169 Rettung/retten 39 51 75 198 Rettung der Poesie 52-53 75 77 no Rezension/rezensieren 2 44 71 131 150 Rezeption Rezeptionsakt 42 84 Rezeptionsästhetik/rezeptionsästhetisch 25 83-84 86 95 98 100 Rezeptionsgeschichte 135 154 200 Rezeptionshaltung 89 Rezeptionsprozess/Prozess der Rezeption 7 81-83 88 93 9 9 - / 0 / 183 Rezeptionsseite 26 162 Rezeptionstheorie 98 Rezeptionsvorgang 7 82 95-96 102 '45 7 7 7 *54 *59 Rezeptivität 84 12 8 Rezipienten Rezipientenadressierung 170 254 Rezipientenansprache 214 Rezipientenbewusstsein 259 Rezipientengruppe 194 Rezipientenorientiertheit/rezipientenorientiert 7 106 157 159-160 185 195 202 239 253 259 Rezipientenseite 24 256 Rhetorik/rhetorisch 10 13 24 47 49 66 68 100 158 197-204 207 216 230 232234 237-239 248-252 254-256 Rhetorikbegriff 199 Rhetorikforschung 202 216 Rhetoriklehre 204 215 Rhetoriktheorie 202

Register

308 Rhetorikunterricht 200 rhetorische Frage 204 206-208 2 '3 237 241 *53 rhetorische Gestaltung 7 201-204 21} 234 2}2-2S4 256 rhetorischer Appell 204 Rhetorizität 7 106 797 799 201-204 215 232 252-256 259 Rippe 767 769-770 Risiko/riskieren 157 796 202 255 Ritus 22 3 Schalksaug 120 178 181 Scham/schämen 113 124

152 204

Schriftverständnis

29 40

212-

Schwachheit/Schwäche/schwach 62 85 707 259

2 1 0

Schwangerschaft/schwängern 95 172 174 Schwärmer/schwärmerisch 191 223 247 251 Schwärmerei 125 189-190 246 schweigen 102 123 146 schwimmen zwischen Inseln 96 183 Selbstabgötterei 227 229-230 Selbstaufforderung 210 Selbstaufgabe 62 101 258-259 Selbstentäusserung 14 Selbstentleerung 14 Selbsterkenntnis 63-65 161 165 169 Selbsterniedrigung 16 Selbstfindung 51 63 82 87 Selbstliebe 64 Selbstverantwortung 258 Selbstvergötterung 74 Selbstverherrlichung 74 Selbstverlust 63 82 87 255-256 Sensualismus/sensualistisch 3 43 69 Sibylle/sibyllinisch 48 106 116-119 133 135 137 139 144-146 160-162 176 181-182 206 209 211 213-214 Sich-Einbringen 155 Sich-Einlassen 46

206

206-

207 212 234-236 23p 246 248 Scharfsinn/scharfsinnig 38 131 155 196 *}4-1}} Scheblimini (—> auch Golgatha) 35 67 81 Scheidekunst 4 74 7 7 187 Scheinheiligkeit/scheinheilig 186 229 scheinheiliger Pharisäer 166 170 17417$ 209 211 Schlachtopfer der Unschuld 166 171174 Schminke 166 175 Schöpf er/schöpfen 27 30 33 39 45 47 61 80 132 165 167-168 175 204 206-207 224 229 248 Schöpfergott 27 165 Schöpferkräfte 155 Schöpfung 11 20-22 26 29-30 39-40 43 59 165 167 17$ 194 206 229 259 Schöpfungsakt 214 Schöpfungsgeschichte/schöpfungsgeschichtlich 167-168 170 212 246 Schöpfungslehre 30 Schöpfungsrede 44 Schreibart 20 47-48 50 79 145 200 buhlerische Schreibart 51 66 85 demütige Schreibart 51 66 göttliche Schreibart 66 liebende Schreibart 66 panische Schreibart 79 184 Schrift —» auch N a t u r : Natur, Geschichte, Schrift; —¥ auch Heilige Schrift Schriftsteller 13 29 39 41 75 77 101-102 128 130 135-136 208 Schriftsteller und Leser —» A u t o r : A u tor und Leser

19 38 155 235

196

162 121 164-

Sich-Zuneigen 46 Sicherheitsbedürfnis 45 Sinne 29 32 45 78 83 96-97 101 117 163 199 202 258 Sinnlichkeit/sinnlich 4 7 10 23 29-30 37 39 46 52 60-61 73-74 131 155-156 159-160 188 195-198 202-203 254 258

76-78 81 106 120 162-163 l(>9 178 225 232 244 250

Soteriologie/soteriologisch

24 57

168

258 Sprache Muttersprache Sprachdenken

75 4

Sprache der N a t u r 80-81 Sprachgeschehen 82

29 31

52

77-78

9 30 32 36 43

45-46

Begriffe Sprachhandlung 8 23-24 26 237 Sprachparadigma 44 33 Sprachsystem 43 Sprachursprung 29 42-44 72 163 Vermögen der Sprache 183 197 Sprechhandlung 26 102 155 203 245 status exinanitionis 10 staunen 183 196 239 Sterblichkeit 208 Stil 4 8 26 48-31 66 79 100 130 143 136 200-201 203 233 239 Briefstil 130 133 Cento-Stil 30 Diskursstil 218 dunkler Stil 49 239 Ich-Stil 167213 magischer Stil 184 Orakelstil 31 Redestil 62 Stilbruch 243 230 Stilentwicklung 19g Stilfigur 242 Stilhöhe 241 Stilideal 234 Stilistik 799 241 248 Stillehre 198 Stilmischung 201 Stilvorbild 19 9 Stilwahl 31 stottern 128 Subjekt-Objekt-Position 82 86-88 Subjektivität 49-30 247 sublime Geste 9 24 Sünde/Erbsünde 27 30 34-33 37 63 173 207 227 240 246 Sündenfall/Fall 12 63 124-123 133 160 164 167 169 173 190 192-194 203 207209 213 220 227 233-236 246-248 Superlativ 242 supra nos 142 178 Supranaturalismus/supranaturalistisch 3 40 43 91 Synästhesie/synästhetisch 30 Synkatabasis (—» auch Kondeszendenz/ kondeszendent 10-12 System 4-3 33 43 46 30 68 70 74 92-93 109 120 142-144 177-178 197 220 248 2 59

Denksystem 99 Ordnungssystem 97 rationalistisches System 3 Sprachsystem 43 Systematik 30 233 247 Systematisierung 4 69 237 systemfrei 97 systemorientiert 187 systemsichernd 101 Teilhabe/teilhaben 37 80 112 123 2292 J0 254 Teilnehmung der göttlichen Natur 227 Teutscher Merkur 123-127 147 149 131 186 188-189 192 194 233-236 240 246 251 Thron Gottes 227 Torheit/töricht 27 38 62 66 93 120 123 178 184 238 Tradierung 231 Tradition/traditionell 18 38 43 30 39 66 68 80 93 129 161 199 201 203 220 232 2 54 Traditionsgebundenheit 30 Transsubstantiation/Konsubstantiation 34 38 182 221 Transzendentalphilosophie 30 70 Trinität/trinitarisch 6 11 21 26 36 43 47 31 35 59 62 63 179 229 Trinitätslehre 54-55 59 Turbatverse 31 80 Typologie/typologisch 22-23 45 52 8° 87 97 114 129 136-137 197 238 Uberlieferung/überliefern 38 39 162 Uberlieferungssituation 88 Übersetzung/übersetzen 31 71 77 116 186 Umkehrung 249 umwerben (—> auch werben) 46 80 131 203 230 239 Unabgeschlossenheit/Unabschliessbarkeit 110 196 219 Unabhängigkeit/unabhängig 27 64 173 193 223 230 248 Unbestimmtheiten 8 98 197 unbeweisbar —» Beweis/beweisen uneigentlich 90 201 Unerkennbarkeit 1 1

3

Register

io

Unfruchtbarkeit/unfruchtbar 166 171 Ungenannte, der 150 188 191 235 245 251 Eines Ungenannten Antwort 12J 147-148 150-153

188-190 235 240 244

246-247

Ungewissheit/ungewiss 78 92 122 Ungeziefer (—> auch Läuse) 180-182 unio mystica 46 53 61 75 168 195 197 212 214 256 258

universal 74 170 179 unkenntlich 112 259 Unkenntlichmachung 236 Unschuld (—> auch Schlachtopfer der Unschuld) 169 172 174-175 Unsicherheit/unsicher 93 96 183 196 Unsichtbarkeit/unsichtbar 65 76 80 119-120

ij4

11 24 39-40

178 207 258

Unveränderlichkeit/unveränderlich

12

18 55 57-58 74

Unverfügbarkeit/unverfügbar 29 90 Unvernunft/unvernünftig 75 227 229 Unverständlichkeit/unverständlich 50 96 122 128 156

Ursprung

12 20 43 122 168 182 206-207

219

Ursprung der Sprache —»Sprache: Sprachursprung Usurpation/usurpieren 112 227 232 Veranschaulichung/veranschaulichen / 1 119 149 161 168 170 194 196 214 223

Verantwortung/verantwortungsvoll

12 7

196

Verbalinspiration 19 40-41 82 verbergen/verborgen 17 32 42 68 99 112 119 123 142 207 214 237 247-248

verdunkeln —» Dunkelheit/dunkel vere deus 18 vere homo 1 8 Vereinigung/vereinigen 6 22 26 30 46 51 54 61 76 103 106 129 167-168 224 232 258

geschlechtliche Vereinigung

46 76

168-169

Verführungsgeschichte 167 Vergänglichkeit 37 207 Vergötterung 51 63 65 225 Verheissung/verheissen 86 88 114 129 179 205 258

Verhüllung/verhüllen

16 20 74 76 78 93

99 119 250 255

Verkündigung 13-14 89 166 180 259 Verletzlichkeit/verletzlich 38 46 88 Verlorenheit 64 Verlust 64 85 169 174 Vermittler/vermitteln

58 65 71 76 79-80

114 120 177 196 207 256

Vermittler-Position 78 Vermögen der Sprache Sprache Vernunft

1-2 4-5 19 23 36-38 42 45-46

59-60 69-70 73-75 77-78 97 163 169 171

120-121

173 178 196 199 220-221

225-229 232 235 248 250 259

apriorische Vernunft 162 diskursive Vernunft 4 intuitive Vernunft 4 183 197 reine Vernunft 76 Vernunfterkenntnis 28 142 Vernunftgläubigkeit 226-227 232 Vernunftkonstruktion 36 Vernunftreligion 36 59 184 228 Vernunftwahrheit 19 121 179 220-221 228-229 231

verschleiern 18 verschweigen 99 Verstand 155-156

4 36-37 69 74 77 83 101 131 159 197 199 203 215 255

Verstandesarbeit 96 Verstandeserkenntnis 28 Verstehenssprünge 97 129 197 254 verstummen 139 Vertrautheit 47 155 186 197 Verwundbarkeit 34 Verzieh t/verzichten

16 18 39 42 48 90-

92 101 161 210 256 258-259

Vexierbild 97 254 Vieldeutigkeit/vieldeutig (—» auch Polysemantik/polysemantisch 256 Vielleser 68 70 156 Vielschichtigkeit/vielschichtig 108 170 196 255-256

Vision 76 93 197 Vokativ 149-150 189 192 194 234 239240 245-247

251-252

vortäuschen 237 Wächter und Burgermeister 115 149-150 187 189 193 235 239-240 244 249 251

Begriffe Wagemut/Wagnis/wagen 255-256 wählen

96

196-197

38 93 101 122 171 196 202

258-

259 Wahrheit 18 37 45 49-50 61 66 88 91-92 117 161-162 198 216 221-222 225227229 231 256 ewige Wahrheiten 38 74 121 161 231 Geschichtswahrheit 121 179 220-221 objektive Wahrheiten 231 Vernunftwahrheit 19121179220-221 228-229 231 Wahrheitsanspruch 231 Wahrheitsbegriff 216 Wahrheitsfindung 160 178 Wahrnehmbarkeit 10 Wahrsagerin/wahrsagen 166211 Wahrscheinlichkeit 216 256 Wahrscheinlichkeitsurteil 90-91 Was, das 24-26 30 39 45 66 73 81 83 101 I 2 I 7 ~ 73 '75 192 196227258 Wechsel, fröhlicher 57 166 Weg der Unsicherheit 95 197 226 231 256 260 Wehrlosigkeit/wehrlos 38 46 63 88 93 101 157 Weissagung/weissagen 76 137 167 Weltgespräch/Weltrede/Welttext 7 79-82 102 110 127 129 155 195 254 258 werben (—> auch umwerben) 63 128 254 256 Wie, das 24-26 30 39 45 63 66-67 81 83 101 172-173 175 192 196 227 258

Wiedergeburt 229 Wiederholung/wiederholen 6 65 74 129 154 169 186 194-195 214 241 Wirklichkeit 23 28 33 36-37 45-46 92 94 99 108 162 175 178 223 225 236 247-248 260 Wirklichkeitsferne 190 wirklichkeitskonstituierend 46 Wirklichkeitsstruktur 23 Wirklichkeitsverständnis 2 3 Wirklichkeits Wahrnehmung 37 Wirkungspotential 98 252 Wirkungszusammenhang 92 Wort Gottes 13-14 40-42 44 227 Zeitgeschehnisse 132 137 155 Zeitgespräch 51-53 67 71 121 129

311 112 258 90232

147

154 194 201 252 255 Zeuge/zeugen/bezeugen 34 93 136 214 234 239 250 253 Zeugenschaft 93 Zeugnis 14 34 93 256 Zeugnischarakter 213 Zitatengeflecht 235 Zitation/Zitierung 80 Iii 249 Zuhörer/Zuhörerschaft 10-11 19 54 204 210 217-218 241 Zuneigung/zuneigen 24 46 63 157 181 184 254 256 Zuwendung/zuwenden 22 24 44 62 68 2 32 245 252 256 Zugewandt-Sein 86 Zwei-Naturen-Lehre 16-17 59 Zweistimmigkeit 107