Askese und Mysterium: Über Ehe, Ehescheidungen und Eheverzicht in den Anfängen des christlichen Glaubens 9783666532726, 3525532679, 9783525532720

123 11 10MB

German Pages [268] Year 1975

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Askese und Mysterium: Über Ehe, Ehescheidungen und Eheverzicht in den Anfängen des christlichen Glaubens
 9783666532726, 3525532679, 9783525532720

Citation preview

K u r t Niederwimmer Askese und Mysterium

K U R T NIEDERWIMMER

Askese und Mysterium Über Ehe, Ehescheidung und Eheverzicht in den Anfängen des christlichen Glaubens

GÖTTINGEN · VANDENHOECK & RUPRECHT · 1975

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein 113. Band der ganzen Reihe

CI Ρ-Kurztitelaufnähme

der Deutschen

Niederwimmer,

Bibliothek

Kurt

Askese u n d M y s t e r i u m : ü b e r E h e , Ehescheidung u n d E h e v e r zieht in d. A n f ä n g e n d. christl. Glaubens. (Forschungen zur Religion u n d L i t e r a t u r des Alten u n d N e u e n T e s t a m e n t s ; H . 113) ISBN

3-525-53267-9

G e d r u c k t m i t U n t e r s t ü t z u n g des F o n d s zur F ö r d e r u n g der Wissenschaftlichen F o r s c h u n g © Vandenhoeck & R u p r e c h t , Göttingen 1975 — P r i n t e d in A u s t r i a Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es n i c h t g e s t a t t e t , d a s B u c h oder Teile d a r a u s auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Satz u n d D r u c k : R u d o l f M. R o h r e r , B a d e n bei Wien B i n d e a r b e i t : H u b e r t & Co., G ö t t i n g e n

Vorwort Für die Aufnahme der vorliegenden Untersuchung in die Reihe „Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments" habe ich den Herren Kollegen Prof. D. E. Käsemann und Prof. D. E. Würthwein zu danken. Der österreichische „Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung" gewährte einen namhaften Druckkostenbeitrag. Zu danken habe ich auch meinem Assistenten, Herrn Dr. W. Pratscher, der die Hauptlast des Korrekturlesens trug und der mich bei der Anfertigung der Register tatkräftig unterstützte. Ihm und Herrn Vikar K. Schacht (der die Reinschrift herstellte) verdanke ich auch einige sachliche Hinweise. Das Buch ist im Frühjahr 1973 abgeschlossen worden. Auf seither erschienene Literatur konnte ich nicht mehr eingehen ; doch hätte das, soweit ich sehe, ohnehin zu keiner wesentlichen Veränderung meiner Darstellung geführt. Es versteht sich von selbst, daß ich auch die Nag-Hammadi-Texte nur in dem Umfang benützen konnte, in dem sie mir bis zu dem angegebenen Zeitpunkt zugänglich waren. Wien, im Februar 1975

K. Niederwimmer

Inhalt

Einleitung 1. Kapitel: Die eschatologische Moralkritik

9 Jesu

§ 1. Vorbemerkung § 2. Die Radikalisierung des jüdischen Sexualrigorismus 1. Das Verbot der Ehescheidung 2. Die Verschärfung des Ehebruch-Verbots 3. Der Kampf gegen die Konkupiszenz § 3. Die Negierung des jüdischen Sexualrigorismus § 4. Der Widerspruch und seine Auflösung 2. Kapitel: Traditionen aus dem palästinensischen christentum § 5. Vorbemerkung § 6. Die Auslegung des Scheidungsverbotes im sischen Judenchristentum § 7. Asketische Tendenzen § 8. Jesus als ΝΥΜΦΙΟΣ der Kirche

Juden42 palästinen-

3. Kapitel: Traditionen aus dem Bereich des judenchristlichen Missionschristentums. Paulus und die nachpaulinische Tradition § 9. Vorbemerkung § 10. Der judenchristliche Sexualrigorismus in der frühen Heidenmission §11. Paulus : Die Auseinandersetzung mit den Enthusiasten . . § 12. Paulus: Vorzug und Grenzen der Askese 1. Vorbemerkung zur Analyse von 1. Kor. 7 2. Analyse von 1. Kor. 7 a) Allgemeines über Ehelosigkeit und Ehe b) Über die Ehelosen

12 13 13 24 29 33 39

44 53 58

64 67 74 80 80 83 83 96

8

Inhalt c) d) e) f) g)

Über die Verheirateten Über Mischehen Digression: Berufung und Lebensstand Über die Jungfrauen Über die Witwen

3. Zusammenfassung: Asketische Motivation und „Realitätsanpassung' ' §13. Nachpaulinische Tradition: Ehe und Heilsgeschehen 1. Die literarische Vorlage von Eph. 5, 22ff 2. Analyse von Eph. 5, 22ff 3. Zusammenfassung : Ehe und Heilsgeschehen 4. Kapitel: Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung §14. Vorbemerkung §15. Nachwirkungen des judenchristlichen Sexualrigorismus . . § 16. Ansätze zur Ausbildung eines eigenen Asketenstandes. . . . 1. Die asketische Elite 2. Taufe und Ehe verzieht § 17. Das Motiv der „heiligen Brautschaft" §18. Die Auseinandersetzung mit der frühgnostischen Sexualmoral 1. Der frühgnostische Sexual-Libertinismus 2. Die frühgnostische Sexual-Askese

98 100 105 106 120

121 124 125 127 154

158 162 169 170 176 186 198 200 208

Epilegomena

220

Literaturverzeichnis

224

Abkürzungsverzeichnis

244

Register

247

Einleitung I n der vorliegenden Monographie versuche ich, die Entwicklungsgeschichte der urchristlichen Sexualmoral darzustellen, — soweit sich diese Entwicklung überhaupt noch erhellen läßt. Über diese Thematik ist in den letzten Jahren in Monographien, vor allem aber in Einzeluntersuchungen (Aufsätzen) sehr viel gearbeitet worden. Ich hoffe, daß ich wenigstens keine der wesentlichen Arbeiten übersehen habe; Vollständigkeit war hier weder möglich noch nötig. Wo ein gewisser exegetischer Konsens besteht, habe ich versucht, umständlichen Erörterungen auszuweichen. Ausführlicher mußte die Untersuchung dort werden, wo ich von herrschenden Meinungen glaubte abweichen zu müssen. Die vorliegende Untersuchung ist (dem Anschein zum Trotz) eine „unzeitgemäße Betrachtung". Sie leistet den modernen Versuchen christlicher Ethik, bestimmte Lieblingsgedanken vom Neuen Testament her zu legitimieren, keine Schützenhilfe. Man kann die Tiefe der Differenz zwischen den diesbezüglichen Motiven der urchristlichen Zeit und den Motiven der Gegenwart (ganz gleich ob es „konservative" oder „progressive" sind) gar nicht stark genug herausstreichen. Was uns heute bewegt, liegt (wenigstens auf diesem Gebiet) der urchristlichen Zeit ganz fern, und was die ersten Christen bewegte, liegt uns wiederum ganz fern. Ich habe mich bemüht, diese Differenz in der vorliegenden Untersuchung in Erscheinung treten zu lassen, und ich habe die Befürchtung, daß das noch viel zu wenig geschehen ist. Natürlich entsteht dann die Frage nach der Identität christlicher Motivation — und daß diese Frage entsteht, scheint mir ein gutes Zeichen zu sein: historische Rückfrage führt immer zum Identitätsproblem ; historische Analyse kann ja nichts anderes sein als der Versuch, die vergessene (nur „vergessene"?) Vergangenheit wieder ins Bewußtsein zu heben, um sie zu „bewältigen". Es könnte schließlich sein, daß letzten Endes solche Untersuchungen dann doch „zeitgemäß" sind, wenn freilich auch in einem anderen Sinn. Wenn ich recht sehe, so weiche ich von der Tendenz der Mehrheit

10

Einleitung

der neueren Untersuchungen zu unserem Thema auch (und vielleicht vor allem) darin ab, daß ich der asketischen Motivation von Anfang an einen weit größeren Geltungsraum innerhalb der urchristlichen Überlieferung zusprechen muß, als das sonst zu geschehen pflegt. Die herkömmliche Auffassung, derzufolge die asketischen Motive erst nachträglich (und natürlich von „außen") in die christliche Tradition eingeflossen seien, halte ich für falsch. Meiner Meinung nach ist das Bild ein anderes, die herkömmliche Auffassung ist geradezu in ihr Gegenteil zu verkehren : der asketische Enthusiasmus (freilich aus verschiedenen Motiven gespeist) steht am Anfang, und der Kompromiß mit dem Möglichen, Zuträglichen und Zumutbaren am Ende der Entwicklung der christlichen Anfänge. Die Entwicklung der Anfänge läuft also nicht auf eine asketische Motivation hin, sondern vom asketischen Enthusiasmus weg, — zu einem merkwürdigen, zweideutigen Kompromiß. (Daß in der weiteren Geschichte der christlichen Ethik dann in der Tat auch andere, fremde asketische Motivationen miteingeflossen sein mögen, steht auf einem anderen Blatt ; das war hier nicht zu behandeln). Demgemäß stellt sich mir die Entwicklung (im Großen gesehen) als eine Aufeinanderfolge von Vermittlungsversuchen dar, von Versuchen, den Konflikt zwischen eschatologischer Motivation und historischer Positivität auszutragen: Geschichte ist (hier wie sonst) Konfliktgeschichte. Und daraus folgt dann auch, daß die Interpretation nicht bei der Positivität des Wortlauts der Texte stehen bleiben kann (Exegese ist keine Nacherzählung), sondern daß sie sich um Analyse der Motivation zu bemühen hat : denn es wäre ja denkbar, daß uns ein Text mehr verrät, als er bewußt verraten will, daß sein intendierter Sinn über das hinausreicht, was er buchstäblich und vordergründig auszusagen bemüht ist, oder gar, daß er sich als sekundäre Rationalisierung verstehen läßt, deren Funktion es ist, unliebsame Motive zu verdecken. Die solcher Art von mir angestrebte Motivanalyse ist freilich noch ganz unzureichend realisiert, was durch die Schwierigkeit der Quellenlage zwar nicht entschuldigt, aber vielleicht doch erklärt wird. Der Gang der Untersuchung ist durch unser (leider ganz unrepräsentatives) Quellenmaterial bestimmt. Die Geschichte des Urchristentums ist nur an wenigen Punkten erhellt, an vielen, auch an wesentlichen Stellen ganz dunkel. Die Darstellung kann also nicht und will auch gar nicht konsequent chronologisch sein, sondern versucht lediglich zu analysieren, was die wenigen Quellen hergeben. Für den

Einleitung

11

Gang der Entwicklung scheint mir nur Folgendes festzustehen: die Unmittelbarkeit Jesu, die ersten Versuche der Vermittlung von eschatologischer Motivation und historischer Positivität in der ersten nachösterlichen Zeit, und schließlich die beginnende Konsolidierung in Institution und Moral (der „Katholisierungsprozeß"). Man muß sich damit abfinden, daß wir nur diese Grundlinien der Entwicklung wirklich kennen. Auf eine gesonderte Darstellung der Vorgeschichte (die Sexualmoral der heidnischen und jüdischen Umwelt) habe ich verzichtet. Ich setze sofort mit der Analyse der christlichen Tradition ein. Was an Einflüssen der Umwelt wirksam ist, wird selbstverständlich bei der Analyse der einzelnen Traditionen besprochen. Schließlich möchte ich auf den ausschließlich exemplarischen Charakter der Bemerkungen über die gnostischen Texte hinweisen : der gegenwärtige Stand unseres Wissens läßt mehr als eine exemplarische Behandlung nicht zu. Vielleicht kommt aber auch gerade die Behandlung einiger gnostischer Texte im Rahmen unseres Themas der Gnosisforschung selbst ein wenig zugute.

1. Kapitel : Die eschatologische Moralkritik Jesu § 1. Vorbemerkung Die Interpretation jener Texte der Jesus-Überlieferung, die mit unserer Themenstellung zu tun haben, steht vor einem doppelten (für die Ursprünge charakteristischen) Problem: (1) Urteile darüber, welche Motive der Überlieferung dem geschichtlichen Jesus von Nazareth zugesprochen werden können, sind strittig; (2) für die Verkündigung Jesu ist ein vortheologischer, bloß intentionaler Vermittlungsstand bestimmend, der grundsätzlich für verschiedene Deutungen offen ist. (1) Was das erste betrifft: Für alte Überlieferung halte ich das Verbot der Ehescheidung (unter den verschiedenen Formen der Überlieferung scheint mir, wie zu zeigen sein wird, die Mt. 5, 32 vorliegende Form ohne Einleitung und Klausel die vertrauenswürdigste zu sein), die Verschärfung des alttestamentlich-jüdischen Ehebruch-Verbots (Mt. 5, 28), den radikalisierten Kampf gegen die Konkupiszenz (Mt. 5, 29 f. par.); daneben stehen anekdotenhafte Erzählungen, die vom Verhalten Jesu gegenüber solchen erzählen, die durch ein sexuelles Vergehen disqualifiziert waren (Joh. 7, 53ff.; Lk. 7, 37ff.); die Erzählungen zeigen (wenn auch in legendarischer Gestalt) einen für den geschichtlichen Jesus sehr wahrscheinlich charakteristischen Zug: die provozierende Akzeptierung der „Sünder". (2) Was das andere, die besondere hermeneutische Verfaßtheit der Verkündigung Jesu betrifft : Die Auslegung ist bis auf die jüngste Zeit vorwiegend von der Fragestellung bestimmt gewesen, welche Elemente der Überlieferung dem geschichtlichen Jesus zugewiesen werden können. Diese Fragestellung ist natürlich unaufgebbar und wird auch in unserer Untersuchung eine Rolle spielen. Darüber darf aber nicht vergessen werden, daß selbst für den Fall, daß die Urteile über das, was dem geschichtlichen Jesus zugesprochen werden kann, sicherer ausfallen würden, die hermeneutische Aporie noch nicht beseitigt wäre; und zwar deshalb nicht, weil die Verkündigung Jesu

Vorbemerkung

13

einem Vermittlungsstand angehört, der erst durch Interpretation seinen bestimmten Sinn gewinnt. In der Regel herrscht doch die Vorstellung, der geschichtliche Jesus müßte lehrhaft durchdachte Weisungen geoffenbart haben, oder wenigstens in seiner Verkündigung zugleich auch den Sinn seiner Verkündigung eindeutig dargestellt haben, was aber offenbar nicht der Fall ist. Vielmehr ist für die älteste Überlieferung gerade das Fehlen der lehrhaften Reflexion charakteristisch. Die älteste Überlieferung ist in ihrer Unmittelbarkeit nicht eindeutig (die Mehrdeutigkeit kann durch traditionsgeschichtliche Analyse natürlich nicht überwunden werden). Es ist also keineswegs so, daß wir mit den „einfachen" Motiven Jesu zu beginnen hätten, und daß sich diesen „einfachen" Motiven die Vielfalt der weiteren Entwicklung anschließt. Vielmehr ist es umgekehrt so, daß wir — im Verfolg der Entwicklung — vom Abstrakten und Mehrdeutigen zum Konkreteren und Bestimmteren gelangen. Die mangelnde Eindeutigkeit trifft freilich nur für den Vermittlungsstand, nicht für die Intention zu. Die Intention ist eindeutig, so unterstellen wir, die Frage ist nur, wie diese Intention gefunden werden kann bei Texten, die darüber selbst nicht reflektieren! Die Antwort lautet : durch Reflexion auf die inneren Widersprüche der Überlieferung und durch Reflexion auf den Konflikt, den die Verkündigung Jesu hervorgerufen hat! Aus dem Widerspruch innerhalb der Motive der Jesustradition und aus ihrem Widerspruch gegenüber bestimmten zeitgenössischen Normen erwachsen der Interpretation Möglichkeiten zur Auflösung des spezifischen Auslegungsproblems, das gerade die Texte der ältesten Überlieferung aufgeben. Die Aufhebung der (in der Überlieferung selbst unaufgelösten und unvermittelten) Widersprüche verspricht der Interpretation, zu dem intendierten Sinn der Texte selbst vordringen zu können. Wir gehen daher im folgenden so vor, daß wir zunächst die Elemente der Radikalisierung des zeitgenössischen jüdischen Sexualrigorismus besprechen (§ 2), und hernach die Elemente, die die Aufhebung des jüdischen Sexualrigorismus darzustellen scheinen (§ 3). Eine dieses Kapitel abschließende Erwägung (§ 4) soll den Widerspruch und seine Auflösung darstellen. § 2. Die Radikalisierung des jüdischen Sexualrigorismus 1. Das Verbot der Ehescheidung Die synoptische Tradition überliefert mehrfach ein Herrenwort über das Verbot der Ehescheidung, vgl. Mt. 5, 32; 19, 9; Mk. 10, 11 f.;

14

Die eschatologische Moralkritik Jesu

Lk. 16, 18. Es handelt sich in all diesen Fällen um traditionsgeschichtliche Varianten ein und derselben Überlieferung. Das Herrenwort war auch Paulus bekannt, wie 1. Kor. 7, lOf. zeigt1. Die Überlieferungsgeschichte ist verwickelt, kann aber m. E. noch weithin aufgehellt werden. Dabei zeigt sich, daß Jesu Wort der nachösterlichen Gemeinde nicht geringe Schwierigkeiten bereitet hat. Das Herrenwort erseheint sowohl bei Markus wie in der Redenquelle. Daraus erklärt sich die Doppelüberlieferung bei Matthäus. Lukas hat die Perikope Mk. 10, 2—12 ausgelassen u n d das Wort nur aus Q tradiert. Mt. 19, 3—12 ist gegenüber Mk. 10, 2—12 sekundär 2 . Bei Markus ist das ursprünglich isoliert gewesene Herrenwort mit einem Streitgespräch verknüpft, das folgendermaßen aufgebaut ist: die Pharisäer ( ?)3 stellen Jesus die Frage, ob es erlaubt ist, daß ein Mann seine Ehefrau wegschickt (V. 2), d. h. sie fragen Jesus nach seiner Einstellung zu dem geltenden Recht, dem „Herrenrecht" des Mannes, seine F r a u zu entlassen. Jesus antwortet mit einer Gegenfrage (V. 3) u n d einer souveränen Exegese von D t . 24, 1 (V. 4ff.): Mose habe ihnen allerdings die Scheidung erlaubt, aber nur, u m damit ihre Verderbtheit 4 ans Licht zu bringen. Mit dem ursprünglichen Gottes willen habe das nichts zu t u n 5 . Nach Gottes ursprünglicher Ordnung gibt es keine Scheidung, der Mann h a t nicht das Recht, seine F r a u wegzuschicken, sondern E h e m a n n u n d E h e f r a u bilden eine untrennbare Einheit (V. 6—8). Dies wird an H a n d von Gen. 1

Vgl. noch Past. Herrn, mand. IV, 1, 6. Das ist immer wieder geleugnet worden. Nach Lohmeyer, Mt. 280 ist auch hier Mt. von Mk. literarisch unabhängig. Das sachliche Recht steht auf Seiten des Mt. (282). Ähnlich urteilt H . J . Schoeps, Aus frühchristlicher Zeit. Religionsgeschichtliche Untersuchungen, 1950, 215: Mk. habe die Frage nicht verstanden u n d u m ihre halakische Pointe verstümmelt. Auf dieser Linie liegt auch der m. E. gescheiterte Versuch von Isaksson, 96 ff., die Priorität des Mk. zu widerlegen. Dazu noch später. 3 I n D a b k s y s fehlt die Nennung der Pharisäer — „vielleicht mit R e c h t " (Bultmann, Trad. 54). Vgl. Baltensweiler, 44. 4 σκληροκαρδία = Septuagintaausdruck f ü r 33V n V l ï (Behm, T h W I I I , 616) u n d bezeichnet an dieser Stelle schwerlich die Hartherzigkeit der Männer gegenüber ihren Frauen, sondern eher die Unempfänglichkeit gegenüber dem göttlichen Willen (Behm; H . Greeven, Z E E 1, 1957, 114; Dupont, 19f.). Zur jüdischen Vorgeschichte des Begriffes: K . Berger, ZNW 61 (1970) Iff. 6 Greeven versuchte schon in Z E E 1 (1957) 114f. ein anderes Verständnis, das er jetzt N T S t 15 (1968/69) 377f. a u f n i m m t : danach intendiere der Text gerade keine Differenz zwischen dem ursprünglichen Gotteswillen u n d einer mosaischen Konzession ; vielmehr habe die mosaische Verfügung n u r die Intention, die σκληροκαρδία aufzudecken (!). Entsprechend n i m m t Greeven an, Jesus ziele mit der Frage τί ύμΐν ένετείλατο Μωϋσής (V. 3) bereits auf Gen. 1, 27; 2, 24 (!) — nicht auf D t . 24, 1. Aber ist das nicht eine recht künstliche Interpretation? K . Berger h a t (ZNW 61, 1970, Iff.) die Traditionen analysiert, die hinter der Verwendung unseres Begriffes in der synopt. Überlieferung stehen. Vgl. bes. 44ff. Hinter dem Begriff soll hier folgende Vorstellungsreihe stehen: Israels Schuld ist es seit alters, daß es sich gegen Gottes Gebot verstockt u n d abfällt. Darin erweist sich seine Herzenshärte. Gottes Strafe d a f ü r „ist der E n t z u g heilsamer Gebote u n d die Irreführung durch schlechte Gebote" (44). Das mosaische Gebot ist mithin als eine irreführende, die Verblendung besiegelnde Konzession an Israels Opposition gedacht. — Die Einzelheiten u n d die weitreichenden Konsequenzen, die Berger damit verbindet (vgl. auch: ders., Gesetzesauslegung, I, 16ff. u n d passim), bedürfen der Überprüfung. 2

Die R a d i k a l i s i e r u n g des j ü d i s c h e n Sexualrigorismus

15

1, 27 u n d 2, 24 bewiesen 6 . J e s u s spielt also eine Schriftstelle gegen die a n d e r e a u s 7 . V. 9 zieht d a r a u s d e n S c h l u ß : w a s n u n G o t t z u s a m m e n g e f ü g t h a t , d a r f d e r Mensch n i c h t t r e n n e n ! D a r a n schließt sich bei Mk. ein H e r r e n w o r t a n (V. 10—12), u n d zwar in d e r F o r m einer esoterischen B e l e h r u n g d e r J ü n g e r 8 ü b e r die gleiche F r a g e . F o r m a l h a t d a s Streitgespräch seine n ä c h s t e Parallele in Mk. 7, I f f . 9 10, 2 — 9 g e h ö r t n a c h B u l t m a n n 1 0 z u r G a t t u n g der A p o p h t h e g m a t a , V. 9 zeigt die F o r m eines eingliedrigen Maschais 1 1 . D a s H e r r e n w o r t V. 11 f. w a r u r s p r ü n g lich isoliert u n d ist erst v o n Mk. a n d a s A p o p h t h e g m a a n g e f ü g t w o r d e n 1 2 . Y . 2—9 sind G e m e i n d e b i l d u n g 1 3 . E s spiegelt sich in i h n e n wie in ä h n l i c h e n S t r e i t g e s p r ä c h e n die P o l e m i k d e r G e m e i n d e gegen die T o r a f r o m m e n wider. D e r G a n g des Gespräches ist, wie m e h r f a c h festgestellt w u r d e , k ü n s t l i c h 1 4 . K e i n J u d e w ü r d e J e s u s wirklich g e f r a g t h a b e n , o b der M a n n d a s R e c h t h a b e , seine F r a u zu entlassen 1 5 . D a s Scheidungsrecht des M a n n e s w a r vielmehr u n u m s t r i t t e n 1 6 . U m s t r i t t e n w a r lediglich die F r a g e , welches „ D e l i k t " d e r F r a u d e n M a n n b e r e c h t i g t , seine F r a u wegzuschicken. U n g e s c h i c k t ist es a u c h , d e n H a u p t e i n w a n d gegen J e s u V e r b o t v o n J e s u s selbst provozieren zu lassen (V. 3f.). I n d e s s e n sprechen diese B e o b a c h t u n g e n n i c h t gegen, s o n d e r n f ü r die P r i o r i t ä t des Mk. gegenüber M t 1 7 . 6 G e n . 2, 24 ist m i t den L X X u m den Z u s a t z οί δύο erweitert. N a c h D a u b e , J u d a i s m , 73 u . p a s s i m , ist d a s Z i t a t Gen. 2, 24 eine s p ä t e r e E i n f ü g u n g . E s sei n ö t i g geworden, weil Gen. 1, 27 allein als exegetische R e c h t f e r t i g u n g n i c h t a u s r e i c h t e (78). D a g e g e n m . R . Baltensweiler, 56f. D o c h ist d a m i t die H e r a n z i e h u n g des M y t h o s v o m a n d r o g y n e n U r m e n s c h e n z u m V e r s t ä n d n i s des T e x t e s n o c h n i c h t erledigt (anders Baltensweiler, e b d t . ; siehe s p ä t e r ) . 7 K l o s t e r m a n n , Mk. 99; B r a u n , R a d i k a l i s m u s , I I , 111, A n m . 2. Vergeblich b e s t r i t t e n v o n D u p o n t , 23; Suhl, Atl. Z i t a t e u n d Anspielungen, 74. 8 Dibelius, F o r m g e s c h i c h t e , 223; B u l t m a n n , T r a d . 356; L o h m e y e r , Mk. 201 : „ J e s u s weist seine J ü n g e r an, wie sie es in der F r a g e d e r E h e s c h e i d u n g als die k ü n f t i g e n Leiter der urchristlichen G e m e i n d e h a l t e n sollen". 9 B u l t m a n n , T r a d . 25; Berger, Gesetzesauslegung, I , 534. 10 B u l t m a n n , T r a d . 25. 11 B u l t m a n n , T r a d . 84. Berger, Gesetzesauslegung, I , 536: „ V . 9 ist d e r traditionsgeschichtliche A u s g a n g s p u n k t der P e r i k o p e " . 12 B u l t m a n n , T r a d . 25. Suhl, Atl. Z i t a t e u n d Anspielungen, 73 g l a u b t (im R e k u r s auf die f r a g w ü r d i g e „ J ü n g e r s c h i c h t " v o n W . Marxsen, Z T h K 52, 1955, 258ff.), d a ß V. 2—9 u n d 10—12 schon in der v o r m a r k i n i s c h e n T r a d i t i o n v e r b u n d e n w a r e n . Ahnlich Wrege, B e r g p r e d i g t , 52, A n m . 4. — Schwerlich richtig. 13 B u l t m a n n , T r a d . 25f. ; B r a u n , R a d i k a l i s m u s I I , 111, A n m . 2 („Gem e i n d e d e b a t t e n s t ü c k " ) . M. Dibelius, Die F o r m g e s c h i c h t e des E v a n g e l i u m s , 1971 (6. Aufl.), 223 f r a g t , ob V. 2—5 u n d V. 6—9 u r s p r ü n g l i c h z u s a m m e n g e h ö r t e n . Schaller, E h e s c h e i d u n g u n d W i e d e r h e i r a t , 238, A n m . 45: Mk. 10, 2—9 ist G e m e i n d e b i l d u n g . D e r K e r n des A b s c h n i t t e s b e s t e h t wohl in V. 9. Berger, Gesetzesauslegung, I , 539ff. e r k e n n t ein ursprüngliches S t r e i t g e s p r ä c h (10, 2. 9), das s e k u n d ä r d u r c h d e n Schriftbeweis (3—8) e r w e i t e r t worden sei. — D a ß d e r A b s c h n i t t G e m e i n d e b i l d u n g ist, wird v o n Baltensweiler, 53 geleugnet. 14 B u l t m a n n , T r a d . 26. 48; Suhl, Atl. Z i t a t e u n d Anspielungen, 74. D a s w i r d v o n Baltensweiler, 46f. u n d Greeven, N T S t 15 (1968/69) 377f. bestritten. 15 w r e g e j B e r g p r e d i g t , 52, A n m . 3. 16 Baltensweiler, 46 f. v e r s u c h t , solchen Ü b e r l e g u n g e n d u r c h d e n H i n weis auf die „ V e r s u c h u n g " (V. 2) zu e n t g e h e n (!). Ü b e r h a u p t a r g u m e n t i e r t Baltensweiler a n dieser Stelle u n g e b r o c h e n biographistisch. 17 I s a k s s o n , 96ff. 120ff. s u c h t dagegen m i t u n t a u g l i c h e n Mitteln, die historische A u t h e n t i z i t ä t v o n M t . 19, 3—9 zu erweisen. E r v e r s u c h t a u c h zu

16

Die eschatologische Moralkritik Jesu

Matthäus h a t die Vorlage in höchst kennzeichnender Weise verändert. E r h a t (1) die Szene nicht gewechselt*, der Unterschied zwischen Streitgespräch u n d Schülerbelehrung (bei Mk. durch die ursprünglich isoliert überlieferte Tradition V. 11 f. bedingt) fällt weg. Das Herrenwort, das Mt. hier nach der Mk.-Fassung zitiert (19, 9) — freilich mit bestimmten Änderungen — ist nicht (wie bei Mk.) an das Streitgespräch angefügt, sondern bildet dessen Pointe. Mt. h a t (2) die ungeschickte Frage der Mk.-Fassung auf die Ebene der zeitgenössischen rabbinischen Diskussion zwischen der Schule Hillels u n d Schammais übertragen 1 8 . Die Gegner Jesu fragen jetzt (im R a h m e n der rabbinischen Voraussetzungen ganz korrekt) εί ίξεστιν άπολΰσοα την γυναίκα αύτοϋ κατά πασαν αΐτίαν (V. 3), d. h. ob sich Jesus der laxeren Richtung des Hillel (nach der der Mann seine F r a u im Grunde willkürlich entlassen konnte) oder der strengeren des Schammai anschließt (nach der ein Mann seine F r a u nur entlassen konnte, wenn sie des „unzüchtigen Betragens" überführt war) 1 9 . (Trotz dieser Anpassung u n d trotz der „Klausel" μή έπΐ πόρνε íX: 2, 16; 7, 5), die als Hierodule erscheint, die zum — todbringenden! — Hieros-Gamos auffordert 56 . Deutlich ist hier die Π733ΓΙ (die natürlich nicht wirklich als selbständige Göttin neben Jahwe erscheinen kann) als Gegenbild zur orientalischen Göttermutter gezeichnet, vom Gegenbild her erhält sie alle Farbe; der Hieros-Gamos wird spiritualisiert (4, 6. 8; 8, 17). Bei Jes. Sir. tritt zum ersten Mal jene merkwürdige doppelte Verbindung der σοφία zutage: der Thron der Weisheit ist im göttlichen Bereich (Jes. Sir. 24, 4), aber die Weisheit verläßt ihren Wohnsitz, sie begibt sich auf die Suche nach einem Wohnort unter den Menschen (24, 7 ; vgl. 1,15) 57 , so daß sie im Ergebnis ihren Sitz sowohl bei Gott als auch bei den Menschen findet (24, 10ff.) 58 . Der Weisheitsschüler ist der Liebhaber der σοφία (4, 11. 14; 14, 22ff.) 59 , er genießt die Synusie mit ihr (51, 13—30). Am deutlichsten sind die Zusammenhänge ausgebildet in Sap.

in der Tradition. In Wirklichkeit liegt der jüdischen Sophia-Mythologie nicht ein einziger, fest geformter, inhaltlich festgelegter Mythos zugrunde, sondern ein mythologisches pattern, vielleicht eine „archetypische" Struktur. (Doch ist bei der Verwendung dieses Begriffes Vorsicht geboten. Der mythologische und spekulative Sinn — „urbildlich" — darf nicht gleichgesetzt werden mit dem gleichlautenden term, techn. der Tiefenpsychologie. Das ist für die folgende Darstellung, die den Begriff abwechselnd in beiden Bedeutungen gebrauchen muß, zu beachten. Zudem verwende ich den spezifisch tiefenpsychologischen Begriff mit den Korrekturen und Vorbehalten, die man etwa bei I.A.Caruso, Bios. Psyche. Person, 1957, 357f. u. passim findet.) 51 In Hiob 28 erscheint die „neue" Göttin zuerst. Doch fehlt hier noch das Hieros-Gamos-Motiv. 55 Zur Übersetzung von 8, 30 vgl. B . Gemser, Sprüche Salomos, HAT I, 16, 1963 (2. Aufl.), 46; Hengel, Hellenismus, 276, Anm. 285. 5 6 Vgl. das Gespräch zwischen Frau Weisheit und Frau Torheit in Prov. 9 ! — Zu der in exilischer bzw. nachexilischer Zeit einsetzenden gesellschaftlichen Disqualifizierung der Frau vgl. Böcher, Dämonenfurcht, 133 f. 57 Conzelmann, Weisheit, 228ff. sieht in Jes. Sir. 24, 3—6 (7) „ein praktisch wörtlich aufgenommenes, nur an ein bis zwei Stellen leicht retouchiertes Lied auf Isis" (228). Zu beachten ist jedenfalls die Umdeutung, die der jüdische Autor vornimmt: der Ruheort, den die Weisheit sucht, stellt Israel dar (!), und sie selbst, die Weisheit, wird mit der Tora ( !) identifiziert (24, 8. 23; ebenso Bar. 3, 37; 4, 1). Vgl. Conzelmann, 232; Hengel, Hellenismus, 289f. — Die Tradition von der nach Wohnung suchenden Π»ΰΠ ist fortgeführt in äth. Hen. 42, nur daß das Urteil pessimistischer ist: die Weisheit findet keine Wohnung und kehrt an ihren Ort zurück. Vgl. 93,.8 (?); 4. Esra 5, 9f.; syr. Bar. 48, 36. Die judenchristliche Fortsetzung dieser Überlieferung findet sich im Ev. Hebr. (vgl. P. Vielhauer, bei Hennecke-Schneemelcher, I, 104ff.). Sophia erscheint hier als omnis fons Spiritus sancii, der in allen Propheten nach dem Ruheort gesucht, und ihn endlich in Christus gefunden hat (Ev. Hebr. 2 bei Hieron. in Is. 4, 11 [CCL 73, 148]). Zur Auffassung des hl. Geistes als μήτηρ: Ev. Hebr. 3 (bei Orig. in Joh. 2, 12 [GCS 10, 67]). Zu diesbezüglichen Auffassungen in der alten syrischen Kirche vgl. schon Burkitt, Urchristentum, 58ff. 5 8 Von Jes. Sir. 24 dürfte Bar. 3, 9—4, 4 abhängig sein, vgl. dazu Hengel, Hellenismus, 307 f. 59 Sie selbst, die Weisheit, ist Mutter und Braut in einem: 4, 11; 15, 2.

Nachpaulinische Tradition : E h e u n d Heilsgeschehen

139

Sal. 6, 12—9, 18. Das Bewußtsein h a t hier eine gewisse Klärung erreicht, die Auseinandersetzung eine gewisse Lösung gefunden. Zunächst: die σοφία erscheint n u n deutlich als die Throngenossin Jahwes (9, 4) 60 . E r sendet sie vom Thron seiner Herrlichkeit (9, 10; vgl. 17). Sie ist die von Gott Geliebte (8, 3) 61 , die die συμβίωσις θεοϋ h a t (8, 3). Sodann: auch der Weisheitsschüler lebt mit der σοφία in συμβίωσις, er hat beschlossen, sie zur Gefährtin seines Lebens zu nehmen (8, 9. 16), sie ist die πάρεδρος των πυλών αύτοϋ (6, 14), sie ist seine Geliebte (6, 12; 7, 10). Schließlich: es entsteht also die merkwürdige Verschränkimg von Synusie zwischen Gott u n d der Weisheit einerseits u n d der Weisheit und dem Weisheitsschüler andererseits. Die σοφία lebt in συμβίωσις mit Gott und in συμβίωσις mit dem Weisen — u n d verbindet sie beide 8 2 . I n 8, 2f. ; 9, 10 wird die Synusie des Weisheitsschülers mit der Weisheit ausdrücklich auf die Synusie Gottes mit der Weisheit zurückbezogen. Der Hieros-Gamos ist sublimiert zum Erkenntnisakt 6 3 . Der Eros ist sublimiert zur Gnosis6*. „ E r k e n n e n " ist dann aber freilich nicht mehr gegenstandsgerichtetes Bestimmen, sondern vorreflexives Partizipieren 6 5 . Die Synusie dea Weisen mit der Weisheit ist der Nachvollzug und darin zugleich die Teilhabe an der urbildlichen Synusie von Gott und Sophia". (b) Die Auseinandersetzung des J u d e n t u m s mit der in der Gestalt der Weisheit wiederkehrenden Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin findet einen besonders merkwürdigen Niederschlag bei Philon. Die mythologischen Motive, die uns schon bekannt sind, werden von Philon lediglich metaphorisch verwendet 6 '. Das erlaubt ihm andererseits, die mythischen Motive gelegentlich viel ungescheuter auszusprechen als das in Prov. 1—9, bei Jes. Sir. und Sap. Sal. der Fall ist 6 8 . I n gewisser Weise können wir sie also gerade bei Philon viel deutlicher erkennen als in den vorher zitierten Texten. Dabei ist auf die Frage nach der Eingliederung dieser Motive (durch Umdeutung) in das „ S y s t e m " Philons hier nicht näher einzugehen. I m gegenwärtigen Zusammenhang interessieren uns nicht die sekundären ( !) Deutungen, die Philon diesen Motiven jeweils verleiht, sondern die Motive selbst. — Auszugehen ist dabei zunächst wiederum davon, daß die Rolle der Weisheit als Throngenossin Gottes ganz deutlich ausgesprochen ist: die σοφία ist als δίκη die πάρεδρος τοϋ πάντων ήγεμόνος (de spec. leg. 4, 201), Gott ist σοφίας άνήρ (! de cher. 49). Gott u n d die Weisheit bilden die archetypische Syzygie, wobei der Schöpfer als πατήρ, die Weisheit (επιστήμη, άρετή) als μήτηρ 60 Damit ist das Äußerste gesagt. Vgl. die Parallelen bei Philon, de spec, leg. 4, 201; de eher. 49. 61 Vgl. Prov. 8, 30. 62 Vgl. dazu die Aufstellung bei Wilckens, T h W VII, 499, Anm. 213. 63 Der ursprünglich sexuelle Sinn des Umgangs mit der Weisheit ist aus den spiritualisierenden Wendungen noch zu erkennen. Die Weisheit erscheint als Geliebte, allgemein: 6, 12ff.; 8, 2ff. 16ff. ; συνοικεϊν: 7, 28; σοφία als νύμφη: 8, 2; συμβίωσις: 8, 3. 9. 16; der Weisheitsschüler als εραστής der σοφία (bzw. ihrer Schönheit): 8, 2; συγγένεια: 8, 17; φιλία: 8, 18. 64 Umgekehrt t r ä g t hernach in den gnostischen Gruppen der Erkenntnisa k t zuweilen sexuellen Charakter. Vgl. u n t e n S. 201 ff. 65 Vgl. Wilckens, T h W V I I , 499 f. 66 Wilckens, T h W VII, 500, 5ff. 67 Die Annahme, daß die philonische Konzeption im Zusammenhang eines Weisheitsmysteriums vom Königsweg steht (so Wilckens, Weisheit, 142ff. ; ders. T h W V I I , 501 f. in der Nachfolge von J . Pascher, Η Β Α Σ Ι Λ Ι Κ Η ΟΔΟΣ. Der Königsweg zu Wiedergeburt u n d Vergottung bei Philon von Alexandreia, StGKA X V I I , 3/4, 1931), ist fraglich. Indessen bestimmt uns im gegenwärtigen Zusammenhang die Frage, wie die Motive der Sophia-Spekulation im philonischen System vermittelt worden sind, überhaupt nicht. 68 Vgl. Hegermann, Schöpfungsmittler, 70f. Dagegen ist der Sachverhalt bei Baer, Philo's Use, 62 f. 66 verkannt.

140

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

erscheint (de fuga 109; leg. all. 2, 49; quod det. pot. ins. 54)69, das Kind beider ist der Kosmos (de fuga 109; leg. all. 2, 49; quod det. pot. ins. 64; de ebr. 30f.) 70 . Sodann: bei Philon erscheint auch wiederum die Ambivalenz des „Archetyps" — und zwar jetzt im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen „oberer" und „unterer" Sophia (!). Die „untere" Sophia ist durchaus ambivalent. Der ουράνιος σοφία entspricht als lichtes Gegenbild, als άρχετύπου μίμημα (das ist das eine) die επίγειος σοφία, seil, die έπίγειος άρετή, die Gott den Menschen als άπεικόνισμα der himmlischen Weisheit einpflanzt (leg. all. 1, 43ff.). Die irdische Sophia ist hier also Abbild der urbildlich-idealen Sophia, seil, άρετή τοϋ θεοϋ (vgl. noch leg. all. 2, 49; de praem. et poen. 115). So kann dann die άρετή einfach als Vertreterin der göttlichen Weisheit erscheinen und ihrerseits mit Gott zur Theogamie verbunden werden (de mut. nom. 255ff.) bzw. es kann eine irdische Entsprechung zur himmlischen Syzygie erscheinen: wie Gott in der Syzygie mit der himmlischen Weisheit die Welt hervorbringt, so bringt er in der Verbindung mit ihrem irdischen Gegenstück (nämlich der ψυχή bzw. διάνοια) den Mysten hervor 71 . Die Geburt der Welt aus der Sophia ist mithin das archetypische „Vor-bild", dessen είκών bzw. μίμημα die Wiedergeburt des Mysten aus dem Schoß der Weisheit darstellt (de fuga 108ff.) 72 . Andererseits entspricht der oberen, himmlischen Sophia ein dunkles Gegenbild: die αϊσθησις (die auch als δούλη bezeichnet werden kann: quis rer. div. her. 53); sie verbindet sich mit dem νους zur nefasten Syzygie (leg. all. 2, 49; quod det. pot. ins. 52ff.) 73 . Hinter der spekulativen und moralisierenden Umdeutung wird noch die ursprüngliche, mythologische Struktur deutlich sichtbar, nämlich die Differenzierung der Sophia in einen lichten und dunklen Aspekt. Muß man mithin — einerseits — sagen, daß bei Philon der Mythos bereits eine weitgehende Ausfaltung erfahren hat, so d a r f — andererseits — nicht übersehen werden, daß das Gegenüber von „oberer" und „unterer" Sophia bzw. die Ambivalenz der „unteren" Sophia noch nicht durch eine erklärende Erzählung vom „Sturz" der Sophia, von ihrem „Fall" (oder dergleichen) verdeutlicht wird 74 . Das Problem, das hernach die verschiedenen gnostischen Systeme beschäftigen wird, wird bei Philon verharmlost und umgangen: der σοφίαπαρθένος (de cher. 49) 75 steht noch keine σοφία-προύνικος gegenüber. Und 69 70

de ebr. 31 ist sie die μήτηρ καΐ τιθήνη των δλων. Die Interpretationen, die Philon selbst diesen Motiven zuteil werden läßt, bleiben hier unberücksichtigt. 71 θεός — ψυχή: leg. all. 3, 40 (vgl. 1, 79); de vita cont. 68; θεός — ψυχαί: leg. all. 3, 180f. ; de post. Caini 171; κύριος — αί ψυχαί: leg. all. 3, 219; θεός — άρετή: quod det. pot. ins. 60; è ών — διάνοια: de migr. Abr. 34f. (vgl. de mut. nom. 132ff.); Vgl. dazu: ó της φύσεως ορθός λόγος — ή ψυχή bzw. άστεϊος λόγος — διάνοια: de spec. leg. 2, 29ff. (vgl. leg. all. 3, 150); ó ορθός λόγος — ψυχή: quod det. pot. ins. 149. 72 Vgl. auch de fuga 43 ff. 73 Vgl. den Gegensatz von νοητός οίκος und αισθητός οίκος: de congr. erud. gr. 116f. 74 Das gilt überhaupt für die Traditionen des jüdischen Weisheitsmythos : Wilckens, Weisheit, 195. Aber die philonische Explikation zeigt, wie à la longue eine solche Erzählung vom „Fall" der Sophia nötig werden mußte, wenn einmal die Differenzierung der beiden Aspekte bei gleichzeitiger Identität der Gestalt festgehalten wird. Natürlich konnte die Erzählung vom Fall an Gen. 3 anknüpfen — das ist dann ja auch geschehen. Inmitten dieses Überganges steht (vgl. dazu unten S. 150f.) Eph. 5, 25ff. 75 Geht Gott in die empirisch-irdische Seele ein, dann macht er aus dem

Naehpaulinische Tradition: E h e u n d Heilsgeschehen

141

schließlich ist in einem Akt seltsamer und bemerkenswerter Willkür das Problem dadurch verdeckt, daß Philon die σοφία im Hinblick auf ihre soteriologische Funktion vermännlicht : in ihrem subordinierten Verhältnis Gott gegenüber ist die Sophia weiblich, in ihrem dominierenden (weil soteriologischen) Verhältnis dem Menschen gegenüber ist sie nur dem N a m e n nach weiblich ( !), in Wahrheit männlich (! de fuga 49—52) 76 . Μ. E. liegt hier (nämlich in der Unmöglichkeit, eine weibliche Erlöserin zu denken) auch der Ansatz für Philons Identifizierung von Sophia und Logos. Indem der Logos die Funktionen übernimmt, die ursprünglich der Sophia zukamen, sind die Spuren der H e r k u n f t des mythischen Motivs weiter verwischt. (c) Die zuletzt genannten Belege (Sap. Sal.; Philon) führen bis an die neutestamentliche Zeit heran. I n dieser Zeit haben wir wahrscheinlich auch die Anfänge der spezifisch gnostischen Mythologien über die Sophia anzusetzen, die (wie heute nicht mehr gut bezweifelt werden kann) im Zusammenhang mit der jüdischen Weisheitsspekulation, u n d zwar speziell im Zusammenhang mit der personalen Gestalt der Π»3Π s t e h e n " . Der Zusammenhang ist dabei schwerlich so zu erklären, daß bereits der jüdische Weisheits-Mythos nach einem „gnostischen" Vorbild gestaltet gewesen wäre, sondern eher so, daß bestimmte chokmatische Traditionen in die gnostische Spekulation eingegangen u n d dort neu interpretiert worden sind. In diesem Sinn haben die gnostischen Sophia Mythen das Erbe der nachbiblisch-jüdischen Weisheitsspekulation angetreten — freilich nicht sie allein, wie wir gleich sehen werden. I n dem Maße als sich das Bewußtsein weiter differenziert, als neue Inhalte ins Bewußtsein treten, ändert sich auch die Explikation des Mythos. Die neue gesellschaftliche und psychologische Situation r u f t in einigen „heterodoxen" Gruppen des J u d e n t u m s eine (soll m a n sagen: „schöpferische"?) Fortbildung des Weisheitsmythos hervor, der bestimmte latente Motive endgültig manifest macht u n d im Sinne der gnostischen Pointe interpretiert. Diese Zusammenhänge können — beim gegenwärtigen Stand der Gnosisforschung u n d insbesondere beim gegenwärtigen Stand der Edition u n d Interpretation der Nag-Hammadi Texte — vorerst nur sehr allgemein behauptet u n d nur an Beispielen aufgewiesen werden 7 8 . Eine vollständige „Genealogie" der Entwicklung ist nicht möglich 7 9 . Weib ( = der Seele) wieder (!) eine J u n g f r a u : de eher. 49ff.; vgl. quaest. in E x . 2, 3; de praem. et poen. 159f. ; Baer, Philo's Use, 51 f. 76 I m übrigen findet sich immerhin quod. det. pot. ins. 147 die Vorstellung vom Fehltritt der διάνοια, die aus willkürlichem Entschluß eine Fehlgeburt hervorbringt. Damit deuten sich bereits jene Formen des Sophia-Mythos an, die d a n n in bestimmten gnostischen Systemen entfaltet werden. 77 Zum gnostischen Weisheitsmythos überhaupt vgl. Wilckens, Weisheit, lOOff. ; ders., T h W V I I , 510ff. ; J . Zandee, Die Person der Sophia in der vierten Schrift des Codex J u n g , Origini, 203ff.; K . Rudolph, T h R N F 36 (1971) 109ff. Zum Motiv der hl. Hochzeit in den gnostischen Texten : Batey, Nuptial Imagery, 70 ff. 78 I m R a h m e n der vorliegenden Untersuchung ist selbstverständlich nur eine kursorische Darstellung nötig u n d möglich. Eine umfassende Darstellung der gnostischen Sophia-Tradition ist ein Desiderat, das sich erst nach vollständiger Edition der Nag-Hammadi-Texte realisieren lassen wird. 79 Den Übergang markiert vielleicht Od. Sal. 38. Hier entspricht der himmlischen Syzygie des Geliebten u n d seiner B r a u t (V. 11) ein dämonisches Äonenpaar, „der Verderber" u n d „die verdorbene B r a u t " (V. 9). Sie führen die Welt in die Irre, machen die Menschen t r u n k e n (V. 11 ff.). Mit dem V. 12 gen a n n t e n „Trinkgelage" ist vielleicht (wie W. Bauer, bei Hennecke-Schneemelcher I I , 619, Anm. 1 vermutet) „das höllische Hochzeitsmahl" gemeint, dem d a n n die heilige Hochzeit zwischen den Gnostikern u n d dem Erlöser (vgl. Od. Sal. 3, 2; 33) kontrastieren würde. Zum Ganzen: Wilckens, Weisheit,

142

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentunis

Die Anfänge des gnostischen Sophia-Mythos liegen im dunkeln. Ob man aus den Quellen einen frühen simonianischen (Sophia-)Mythos rekonstruieren kann, ist fraglich 80 . Nach der Darstellung des Iren. adv. haer. I, 23, 2 — 3 tritt aus dem Urgrund, dem pater, als prima mentis eins conceptio, die Ennoia hervor, die mater omnium. Sie ist gleichsam die Idee, die aus dem vorher unbewußten Urgrund kommt. Mit ihr faßt er den Entschluß, die Welt der Engelmächte zu schaffen. Die Ennoia macht sich aber selbständig, nachdem sie erfaßt hat, was der Vater wollte : sie steigt in die unteren Gegenden hinab und erzeugt Engel und Mächte (die ihrerseits als Weltschöpfer fungieren). Ihre eigenen Gemächte werden ihr freilich zum Verhängnis : die Mächte halten sie propter invidiam fest, lassen die Rückkehr zum Vater nicht zu, und zwingen sie, sich von Jahrhundert zu Jahrhundert aufs neue zu inkarnieren. Schließlich kommt der Vater in der Gestalt Simons herab, findet die Ennoia inkarniert in der Hure Helena in Tyrus 8 1 ; er kauft Helena-Ennoia frei und bringt damit auch den Menschen das Heil. — Ennoia ist nichts anderes als σοφία: der Mythos schildert ihre jenseitige Herkunft, ihren Fall, ihr Exil, ihre Befreiung durch den Erlöser 82 . Die Befreiung geschieht durch Bewußtwerden 83 . Der von Iren, berichtete Mythos 135ff. ; ders., ThW VII, 510, 20ff. Doch ist der religionsgeschichtliche Ort der Oden nach wie vor umstritten, vgl. Rudolph, ThR N F 34 (1969) 214ff., näherhin 221ff. — Der religionsgeschichtliche Ort von Ps. Phil. lib. ant. 32, 15 (ed. Kisch, 1949, 206f.), eine Stelle, auf die Schaller, Gen. 1. 2 im antiken Judentum, 101 f. aufmerksam gemacht hat, und die Bettensweiler, 231 f. besonders herausstreicht, ist mir nicht deutlich. Doch handelt es sich im Bestfall um einen vereinzelten Beleg eines weit umfassenderen Zusammenhangs und es ist ganz einseitig, dieser Stelle entscheidende Bedeutung für die Frage nach dem religionsgeschichtlichen Zusammenhang von Eph. 5, 25ff. beizumessen. 80 Wichtigste Quellen zum Simonianismus : act. 8, 9—24; lust. apol. I, 26. 56; dial. 120, 6; Iren, adv. haer. I, 23; Hipp. ref. VI, 9—20 (Referat der Άπόφασις μεγάλη); Cl. Alex, ström. II, 52, 2; Epiph. pan. 21; mit Abstand: Ps. Clem. passim; act. vere. 4ff. Vgl.: H. Waitz, ZNW 5 (1904) 121ff.; L. Cerfaux, La Gnose Simonienne, Recueil, I, 191 ff. ; ders., Simon le Magicien à Samarie, Recueil, I, 259ff. ; ders., Le Vrai Prophète des Clémentines, Recueil, I, 301 ff. G. Quispel, Gnosis als Weltreligion, 1951, 45ff. ; E. Haenchen, Gab es eine vorchristliche Gnosis?, Ges. Aufs., 265ff.; Wilckens, Weisheit, 133ff.; ders., ThW VII, 511, Iff.; W. Foerster, Die „ersten Gnostiker" Simon und Menander, Origini, 190ff. ; J . H. Frickel, Die Apophasis Megale, eine Grundschrift der Gnosis?, Origini, 197ff.; Κ. Beyschlag, ZThK 68 (1971) 395ff. Die Quellenfrage und die daraus resultierenden historischen Probleme sind entmutigend. Die Άπόφασις μεγάλη scheidet m. E. (vgl. Beyschlag, 408, Anm. 31) zur Rekonstruktion der Anfänge aus. Wie weit es möglich ist, aus Iren. adv. haer. I, 23 und einer eklektischen Verwendung der übrigen Quellen einen ursprünglichen simonianischen Mythos zu rekonstruieren (vgl. z. B. den Versuch Haenchens), ist umstritten (vgl. die Kritik bei Beyschlag, 408ff. u. passim.). 81 Die Helena-Episode auch lust. apol. I, 26, 3. 82 Der Sinn des Mythos ist deutlich: Ennoia ist das erste Bewußtwerden des unbewußten Urgrundes. Das Bewußtsein ist objektivierend dargestellt als Hypostase. Die Tragik beginnt mit dem Hervortreten des Bewußtseins: es erweist sich als eine hybride und konkupiszente Größe, es will losgelöst vom Urgrund schaffen, gerät dabei freilich in den Bann der eigenen Strukturen (der „Archetypen" der materiellen Welt). Die Strafe besteht in der Nötigung, sich zu materialisieren. Die gnostische Erleuchtung ist die Einsicht in die unbewußten Urgründe der Psyche. Das Ganze ist ein ungewöhnlich regressives System an der Grenze des Wahns. 83 Die libertinistischen Tendenzen (vgl. Iren. adv. haer. I, 23, 3; Hipp, réf. VI, 19, 5) gehören (nach Foerster, Origini, 195) einer späteren Entwicklung der Sekte an; nach Beyschlag, ZThK 68 (1971) 405f., Anm. 27 handelt es sich um einen konventionellen Vorwurf.

Nachpaulinische Tradition : E h e u n d Heilsgeschehen

143

(oder seine zu rekonstruierende ursprüngliche Gestalt) ist vielleicht doch mehr als nur ein K o n s t r u k t der patristischen Ketzerpolemik 8 4 . Der Mythos m a c h t einen in sich geschlossenen u n d gegenüber späteren, verwandten Mythologemen relativ einfachen, ursprünglichen Eindruck 8 5 . (Die weitere Entwicklung der simonianischen Sekte ist hier nicht von Belang). Indessen, wie das auch sein m a g : erkennbar ist jedenfalls die Existenz eines mythologischen „ p a t t e r n " , das als Tradition verschiedenen späteren gnostischen Systemen vorgegeben war (wobei die Tradition in bekannter gnostischer Manier bis zur Unkenntlichkeit erweitert und neuinterpretiert worden ist). Diese mythologische Tradition h a t vermutlich vom Fehltritt der wollüstigen Sophia berichtet, die ohne Zustimmung des höchsten Wesens bzw. ohne ihren Paargenossen einen Sohn gebiert — den Demiurgen. Dieser Fehltritt bewirkt ihren „Fall" oder Absturz in die untere Welt, aus der sie errettet werden muß 8 6 . Dabei ist Sophia natürlich zugleich auch der Repräsentant des himmlischen Teils im Gnostiker u n d als solche zur R e t t u n g des Gnostikers berufen. Sie ist salvatrix salvando,*1. Die Erlösung geschieht durch Heimholung u n d Wiedervereinigung der Sophia mit ihrem Syzygos. Dieses Mythologem erscheint in komplizierter und stark interpretierter Gestalt im Apokr. d. Joh. 8 8 , 81 Bey schlag h a t ZThK 68 (1971) 412ff. die frühere Ansicht von Waitz u n d Cerfaux (vgl. Anm. 80) variierend erneuert: der historische Simon war kein Gnostiker, sondern ein samaritanischer Magier ; er ist erst nachträglich deifiziert u n d seine Lehre erst sekundär gnostifiziert worden. Beyschlag sucht zu zeigen, daß die einzelnen Motive des Iren.-Berichtes aus Motiven christlicher Gnosis späterer Zeit zusammengeholt sind. Simon ist also Projektionswand f ü r die Polemik der Großkirche. E r s t die Polemik h a t ihn (indem sie ihn zum Schatten u n d Sündenbock gemacht hat) als Erzketzer ins Leben gerufen. 85 Beyschlags Skepsis gegenüber allzu eilfertiger Rekonstruktion ist eindrucksvoll. Aber daß die Angaben des Iren, nur ein Sammelsurium anderwertiger (vor allem valentinianischer) Motive darstellen, ist mir doch zweifelhaft. 86 Ähnlich: Schottroff, Welt, 44. Schottroff spricht hier freilich nur vom Fall der Sophia. Daß auch die Erlösung der Sophia zum ursprünglichen Mythos gehört, zeigt sie selbst: 52, u n d ebdt., Anm. 6. — I m übrigen: Schottroffs Urteil: „Wesentlich sind nicht die Stoffe selbst, sondern ihre I n t e r p r e t a t i o n " (49) ist charakteristisch f ü r eine rationalistische Einstellung (sensu malo), die vergißt, daß hinter der mythischen Objektivierung starke Triebtendenzen stehen, die in der Interpretation lediglich sekundär rationalisiert sein können. Aber Schottroff sucht j a überhaupt, die gnostischen Texte durch „existentiale I n t e r p r e t a t i o n " zu verstehen, ohne die Ideologiegefahr zu bedenken, die bei dieser Methode impliziert ist. 87 I m gnostischen System h a t diese merkwürdige Doppelheit folgenden Sinn: die „archetypische" anima will erlöst = bewußt gemacht werden; wenn dies geschieht, befreit sie ihrerseits den Menschen von seiner Unbewußtheit. 88 Die Entstehungsgeschichte des Apokr. d. J o h . u n d seiner vier Versionen (BG 19, 6—77, 7; C I I 1, 1—32, 9; C I I I 5, 1—40, 11; C IV 1, 1—49, 28), von denen BG u. C I I I die kürzere (und wahrscheinlich ältere), C I I u. C IV die längere Rezension darstellen, ist umstritten. Die Annahme einer (der älteren Rezension noch vorausliegenden) jüdisch-gnostischen Vorform ist gut begründet. Zur D e b a t t e : Rudolph, T h R N F 34 (1969) 143ff. Eine ausführliehe Analyse des Sophia-Mythos (Tradition-Neuinterpretation!): Schottroff, Welt, 42 ff. Interessant ist der versuchte Nachweis der Sublimierung bzw. Zurückdrängung der ursprünglich sexuellen Züge durch die Interpretation(en). Auf Einzelfragen der Analyse k a n n ich hier natürlich nicht eingehen. — Der Grundgedanke vom Fall u n d der Erlösimg der Sophia läßt sich trotz der sekundären Interpretation noch erkennen: der zwölfte, am weitesten vom Ursprung entfernte Äon des Pieromas, Sophia (BG 34, 7; C I I I 12, 15f. bzw. C I I 8, 20; C IV 13, 3) begeht einen Fehltritt. Sophia setzt ohne Zustimmimg des höchsten

144

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

ebenso in den damit verwandten mythologischen Aussagen über die Weisheit in dem System, das Iren. adv. haer. I, 29, 4 referiert 8 9 , u n d wieder anders in dem System Iren. adv. haer. I, 30, 1 —15 90 . D a m i t verwandt sind Züge des SophiaMythos in Hypost. Arch. 9 1 , in der Titell. Sehr, aus Cod. I I 9 2 bzw. in der Soph. Wesens u n d ohne ihren Syzygos ein Wesen aus sich heraus, das m i ß r ä t : es ist der Demiurg J a l d a b a o t h (BG 36, 16ff.; C I I I 14, 9ff. bzw. C I I 9, 25ff.; C I V 15, Iff.). Die Buße u n d vorläufige ( !) R e t t u n g der Sophia schildert BG 46, 13ff. ; C I I I 21, Iff. ; anders (vor allem ohne die Erwähnung des Paargenossen, der zur R e t t u n g herbeieilt) in C I I 13, 13ff.; C I V 20, 29ff.; vgl. Schottroff, Welt, 57ff. Die längere Rezension h a t a m Schluß noch einen Mythos vom dreifachen, rettenden Descensus der Pronoia (C I I 30, U f f . ; C IV 46, 23ff.). 89 Iren, stellt es als „barbelognostisches" System dar. Dabei h a t ihm vielleicht eine griechische F o r m des Apokr. d. J o h . als Vorlage gedient (oder nur jener Teil dieser Schrift, der der ersten H ä l f t e entspricht); dazu Schottroff, Welt, 5 f. — Iren. adv. haer. I, 29, 4 erzählt von der Weisheit, dem letzten der pleromatischen Äonen, die bei ihrem vergeblichen Suchen nach einem Syzygos aus dem Bereich des Pieromas gerät, wobei sie sofort von Ekel erfaßt wird, weil sie diesen gewaltsamen Versuch ohne Zustimmung des Vaters unternommen hat. Sie gebiert den Demiurgen. Als sie dessen mißratene Schöpfung sieht, entflieht sie in Trauer u n d kehrt ins Pleroma zurück. — Wilckens, Weisheit, 123ff. ; ders. T h W V I I , 511, 13ff.; Schottroff, Welt, 42ff. 90 Iren, selbst rechnet es zu den Vorgängern des Valentinianismus (I, 30, 15; 31, 3). Bythos u n d Ennoia wohnen dem oberen P n e u m a bei u n d zeugen den pleromatischen Christus. Pneuma, die Mutter, k a n n aber die Fülle des Lichts, die durch die Synusie in sie eingegangen ist, nicht fassen. Sie selbst steigt zwar (zusammen mit ihrem Sohn) in den unvergänglichen Äon auf, die K r a f t aber, die aus ihr auf die linke Seite überfließt ( = die σοφία-προύνικος), fällt in die Materie. I n zwei E t a p p e n wird Sophia-Prunikos wieder erhöht, u m unter dem Himmel zu bleiben (I, 30, 1—3). F o r t a n wirkt sie als Erlöserin, indem sie ihren Sohn J a l d a b a o t h niederringt (30, 4ff.). Schwierig ist die Deutung der Mythologeme 30, 12ff. Hier ist Sophia nicht salvatrix, sondern salvando. (Zum Problem: Schottroff, Welt, 80ff.). Die untere Sophia r u f t ihre Mutter zu Hilfe, die ihr Christus als Erlöser sendet : et descendentem Christum in hunc mundurn, induisse priinurn sororem suam Sophiam, et exultasse utrosque refrigerantes super invicem : et hoc esse sponsum et sponsam definiunt (30, 12). Vereint mit seiner B r a u t steigt Christus auf den Menschen Jesus herab, u m vor der Kreuzigung mit Sophia zum unvergänglichen Äon zu entweichen (30, 13). — Wilckens, Weisheit, 118ff. ; ders., T h W V I I , 511, 28ff. (der aber den Widerspruch zwischen 30, 3 u. 12 nicht realisiert) ; Schottroff, Welt, 69ff. 91 Sophia, die den Beinamen Pistis trägt, bringt ohne ihren Syzygos ein Werk hervor, ein Abbild des Himmels (94, 5 ff.). Unterhalb des „Vorhangs" ( = ein Geschöpf des Himmelseikons ?) entsteht aus dem Schatten des Vorhangs, der Materie, ein löwenähnliches, androgynes Wesen, Samael, der „blinde" Gott (94, 16ff. 25f.). I h m offenbart sich Sophia, indem sie ihren Finger ausstreckt, Licht in die Materie bringt, bis in die Regionen des Chaos herabsteigt u n d wieder ins Lichtreich zurückkehrt (94, 28ff.). 95, 7f. heißt der Demiurg Saklas-Jaldabaoth. Sein Sohn Sabaoth t u t Buße, wird von der Sophia u n d ihrer Tochter Zoe erhöht u n d unterhalb des Vorhangs, zwischen Lichtwelt u n d Chaos eingesetzt (95, 19ff.). Zu Einzelfragen vgl. den K o m m e n t a r der ed. Bullard (PTS 10, 1970, 103ff.). Zur ganzen Schrift (Textkorrekturen an der ed. Bullard, Einleitungsfragen) vgl. K . M. Fischer, ThLZ 97 (1972) 125ff. 92 Forschungsgeschichte: Rudolph, T h R N F 34 (1969) 147ff. Titell. Sehr. 98, 11—108, 2 entspricht Hypost. Arch. 94, 4—96, 15. Doch sind die Differenzen gleichwohl beträchtlich. Dabei macht die Parallele in Titell. Sehr, gegenüber Hypost. Arch, einen durchaus sekundären Eindruck. Einzelne Motive tauchen in anderen Szenen auf, Einzelzüge sind anders motiviert, das Ganze ist mehrfach erweitert und erheblich verworrener ; ob ein direkter Quellenbezug vorliegt oder lediglich traditionsgeschichtliche Verwandtschaft, k a n n offen bleiben. — Der Fehltritt der Sophia: 98, 13f. (der Willkürcharakter ist

Nachpaulinische T r a d i t i o n : E h e u n d Heilsgeschehen J . Chr. 9 3 . D a m i t zu vergleichen ist der

Logos-(Sophia-)Mythos

145

des T r a c t , ü b e r

u n t e r d r ü c k t ) . Sophia emaniert einen Lichtäon, der die himmlische W e l t abbildet. E i n V o r h a n g t r e n n t die Lichtwelt v o n der u n t e r e n Welt. D e r S c h a t t e n des Lichtäons ist das Chaos, aus einem Teil des Schattens, als F e h l g e b u r t , e n t s t e h t die Materie (98, 14ff.). Pistis-Sophia wird sich ihres F e h l t r i t t e s b e w u ß t (99, 29f.). Sie beschließt, der Materie, die ohne P n e u m a ist, das Gepräge des Abbilds (der Lichtwelt?) zu verleihen. Aus d e m Chaos erhebt sich J a l d a b a o t h , d e m Sophia die M a c h t über die Materie verleiht, u m selbst wieder in die Lichtwelt heimzukehren (100, Iff.). Samael ( = J a l d a b a o t h ) lästert die himmlische Welt. D a erscheint Sophia neuerdings u n d offenbart sich im Spiegelbild in der Gestalt ihrer Größe (103, 3ff.). Sabaoth, der Sohn des Samael, t u t Buße, wird e r l e u c h t e t : 103, 32ff. (sie streckt den Finger a u s u n d gießt Licht ü b e r i h n : 104, 3ff.; vgl. dgg. den anderen Z u s a m m e n h a n g i n : H y p o s t . Arch. 94, 28ff.!). I m folgenden kosmischen Krieg u n t e r s t ü t z t sie ihn durch E n t s e n d u n g himmlischer Mächte. Schließlich wird er z u m L o h n seiner B u ß e a n den Ort der R u h e versetzt, a n d e m ihn Zoe ü b e r die Ogdoas belehrt (104, 15ff.). E t w a s a n d e r s : 106, l l f f . , wo S a b a o t h zur R e c h t e n der Pistis-Sophia e r h ö h t wird. 93 D a s literarische Verhältnis von Soph. J . Chr. u n d E u g n . ist u m s t r i t t e n , vgl. R u d o l p h , T h R N F 34 (1969) 208ff. N a c h der A u f f a s s u n g von K r a u s e , D a s literarische Verhältnis des Eugnostosbriefes zur Sophia J e s u Christi, Mullus, F . S. T . Klauser, J A C , E r g . Bd. 1, 1964, 215ff. ist der (nichtchristliche) E u g n . p r i m ä r . Soph. J . Chr. ist d u r c h Zusätze u n d Veränderungen aus E u g n . e n t s t a n d e n (und dabei nachträglich christianisiert worden). — Schon der E u g n . k e n n t Motive des Weisheitsmythos: der A u t o p a t o r e r k e n n t die Arche; a u s ihr t r i t t ein androgynes Wesen hervor, der unsterbliche Mensch (C I I I 76, 23ff.); sein männlicher N a m e i s t : „vollkommener N o u s " , sein weiblicher: „ P a n s o p h o s Sophia, M u t t e r " (C I I I 77, 2ff.). Die A n d r o g y n i t ä t entspricht natürlich der sonst in diesen Z u s a m m e n h ä n g e n a u f t a u c h e n d e n Syzygie. Ebenso erscheint d a s d u n k l e Gegenbild der Sophia, der „ I r r t u m " (C I I I 77, 9). Aus d e m unsterblichen Menschen e n t s t e h t der „Sohn des Menschen" (C V 8, 30f.), der sich zehntausende v o n Engeln schafft = die ogdoadische (vgl. C. I I I 86, 16if.) έκκλησία, die sich d u r c h den K u ß der Engel (Bild f ü r die Synusie) v e r m e h r t (C I I I 81, Iff.). Z u s a m m e n mit seiner Paargenossin Sophia schafft er den „Sohn des Menschensohns", der, wieder a n d r o g y n , männlich Soter, weiblich Sophia, Allschöpferin heißt (C I I I 81, 22ff.). Der unsterbliche Mensch gebiert den ersten (C I I I 85, 9ff.), der Menschensohn den zweiten (C I I I 85, l l f f . ) , der Sohn des Menschensohns den dritten Äon (erschlossen). C I I I 86, 16ff. spricht von der K i r c h e im d r i t t e n Aon. Sie ist Abbild der einen, ogdoadischen Kirche (im zweiten Äon), der „Kirche aus der Kirche, die den H i m m e l ü b e r t r i f f t " (C I I I 86, 16ff.), die (androgyn) K i r c h e u n d Leben heißt, „ d a m i t es deutlich würde, d a ß aus einem Weibe das Leben in allen Äonen e n t s t a n d " (C I I I 87, 6ff. ; vgl. dazu die Vorstellung von der Engelkirche, die das Abbild der ogdoadischen K i r c h e i s t : Titeil. Sehr. 153, 20ff.). W i r finden also eine K e t t e von Syzygien, wobei besonders die androgyne Engelkirche und ihr Abbild im dritten Äon f ü r unsere Z u s a m m e n h ä n g e von B e d e u t u n g sind ; desgleichen eine A n d e u t u n g der Ambivalenz der Sophia, einmal auch (aber ganz u n v e r m i t t e l t ) einen Hinweis auf den „Mangel der Weiblichkeit" (C I I I 85, 7ff.). Dagegen fehlt das Mythologem v o m F e h l t r i t t u n d der R e t t u n g der Sophia. Gerade das h a t n u n der (christliche?) Bearbeiter in der Soph. J . Chr. nachgetragen. Die u n s b e k a n n t e n Motive sind noch zu erkennen : Sophia ist zur Syzygie m i t d e m unsterblichen a n d r o g y n e n Menschen b e s t i m m t (C I I I 101, 9ff.). I h r e n F e h l t r i t t schildert C I I I 114, 12ff.: sie emaniert ohne ihren Paargenossen. D a l ä ß t der V a t e r des Alls den „Vorh a n g " entstehen. Sophia sendet einen „ T r o p f e n " der Licht- u n d Geistwelt in die u n t e r e Welt (BG 119, Iff.). D e r in der u n t e r e n W e l t gefesselte Teil der GeistW e l t k a n n sich allein nicht erlösen. So k o m m t a u s den oberen Orten der Soter, er t r e n n t den Licht-Teil a u s der Materie, befreit die Sophia von ihrem Makel, erlöst ihre K i n d e r u n d f ü h r t sie z u m Vater zurück (C I I I 106, 24ff.) bzw. (was dasselbe ist) er befreit sie a u s ihrer Selbstvergessenheit u n d stellt die ursprüngliche Einheit des Geistes ( = der σοφία) wieder her (BG 121, 13ff.).

10 Niederwimmer, Askese

146

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

d. dr. Nat., der der valentinianischen Sophia-Spekulation bereits sehr nahe steht 9 4 . Eine späte und verwilderte Form der Tradition findet sich in Pistis Sophia I, 29 — II, 82 95 . Voll entfaltet ist die mythische Tradition schließlich in der „Hochgnosis" der valentinianischen Systeme9e, und zwar hat sie hier — der Aufsplitterung der valentinianischen Gnosis in verschiedene „Schulen" entsprechend — verschiedenartige Ausprägungen erfahren". Doch lassen sich auch in der weitreichenden valentinianischen Explikation 98 die ursprünglichen Motive der Überlieferung noch deutlich erkennen: „Im Grunde läßt sich das 94

Der Text ist noch nicht ediert. Eine Analyse des Sophia-Mythos des Tract, über d. dr. Nat. bei Zandee, Origini, 203ff. 95 Wilckens, Weisheit, 125; ders., ThW VII, 512, 17f.; A. Kragerud, Die Hymnen der Pistis Sophia, 1967; dazu das kritische Referat bei Rudolph, ThR N F 34 (1969) 225ff. 96 Vgl. vor allem: Iren. adv. haer. I, 1—8 (vgl. Epiph. pan. 31, 9—32); I, 21 ; Hipp. réf. VI, 29—36; CI. Alex. exc. ex Theod. 29—42 u. 43—65 (letzteres bietet eine Parallele zu Iren. adv. haer. I, 1—8); Epiph. pan. 31. Zum SophiaMythos vgl. jetzt auch: Apk. Jak. I, 34, 2— 36, 11. Elemente valentinianischer Gnosis weisen auch auf: Ev. Phil. u. Exeg. Seele. Sie sind vor allem für das valentinianische „Mysterium des Brautgemachs" wichtig (dazu unten S. 214ff.). Zu Ev. Ver. vgl. unten S. 147, Anm. 99. 97 Zum Valentinianismus und seinen Schulen vgl. nur: W. Foerster, Von Valentin zu Herakleon. Untersuchungen über die Quellen und die Entwicklung der valentinianischen Gnosis, BZNW 7, 1928; G. Quispel, Vig. Chr. 1 (1947) 43ff. Aus den Nag-Hammadi-Texten stehen einige dem Valentinianismus nahe (Ev. Ver. ; Ev. Phil. ; Exeg. Seele ; Apk. Jak. I) ; dazu Rudolph, ThR N F 34 (1969) 150ff. 157ff. 194ff.; zu Exeg. Seele vgl. W. C.Robinson, jr., The Exegesis on the Soul, Essays, 102ff. (Robinson möchte den Traktat freilich nicht mit valentinianischer, sondern naassänischer Tradition in Verbindung bringen, und die Quelle der Erzählung soll überhaupt heidnischer Herkunft sein: 116 f. Schwerlich richtig. Ungelöst scheint mir auch, trotz der Ausführungen von Robinson, 103ff., die literarkritische Frage des Traktates). 98 Zum Sophia-Mythos: Wilckens, Weisheit, lOOff.; ders., ThW VII, 512, 24ff.; Schlier, Eph. 273; H.-M. Schenke, in: Leipoldt-Schenke, Kopt.gnost. Schriften, 35ff. ; Batey, Nuptial Imagery, 72ff. Das Geschick der Sophia vollzieht sich in drei Etappen: 1. Sophia, der letzte der Äonen — eine Frucht der Syzygie des Anthropos und der pleromatischen εκκλησία — wird ein Opfer ihres Verlangens nach dem Propator. Sie muß durch den Horos gefestigt werden und legt ihre vorige Enthymesis zugleich mit dem Pathos ab. Sie selbst kann daraufhin im Pleroma bleiben, Enthymesis und Pathos werden aus dem Pleroma verbannt. Zwei erst jetzt emanierte Äonen (Christus und das Hagion Pneuma) stellen die Harmonie des Pieromas wieder her. Das Pleroma bringt daraufhin den Soter Jesus als gemeinsame Frucht hervor. 2. Die exilierte Enthymesis, die untere Sophia ( = Achamoth), ist ohne Gestalt, eine „Fehlgeburt". Da erbarmt sich der obere Christus, kommt zu ihr und gestaltet sie (gibt ihr Bewußtsein). Nun sehnt sie sich zurück nach dem Pleroma und erliegt dergestalt abermals dem Pathos. Hierin liegen die Wurzeln der Weltentstehung: aus den παθήματα bildet sich die ϋλη, aus der επιστροφή das ψυχικόν. Christus sendet ihr schließlich den Soter, der zusammen mit seinen Engel-Trabanten erscheint, ihr die Gestaltung durch Gnosis und damit die Abtrennung des πάθος verleiht. Aus dem Verkehr mit den Engeln des Soters entsteht das πνευματικόν, das Achamoth den Geschöpfen des Demiurgen eingießt ( = die untere έκκλησία). 3. Bis zum Weltende weilt Sophia am „Ort der Mitte". Wenn der ganze Same des Soters vollendet ist (zur Gnosis gelangt ist), dann kann Achamoth ihren Ort verlassen, aufsteigen, ins Pleroma eingehen und sich mit dem Soter vereinen. Ebenso vereinigen sich die πνεύματα ( = der Same des Soters) mit den Engeln des Soters. Brautgemach ist das ganze Pleroma. Die Psychiker gelangen an den Ort der Mitte, die Ολη versinkt im Weltenbrand ins Nichts. — So der Bericht bei Iren. adv. haer. 1,1—8 (Ptolemäus?). Eine Parallele CI. Alex. exc. ex Theod.

Nachpaulinische Tradition: E h e u n d Heilsgeschehen

147

komplizierte valentinianische System zurückführen auf eine Urform, in der es — wie in der Urform simonianischer Gnosis — u m das Geschick einer weiblichen Gottheit u n d ihre Erlösung durch ihren männlichen Syzygos geht. Ihre Wiedervereinigung ist die Vollendung der Erlösung, die den Gnostikern in der ,Erkenntnis' des mythischen Erlösungsgeschehens selbst zuteil wird. Als solche sind die erlösten Gnostiker mit der erlösten Sophia identisch"'·. Innerhalb der valentinianischen Tradition entspricht (freilich nur bei einigen Gruppen der Valentinianer!) dem Sophia-Mythos ein sakramentaler R i t u s : das Mysterium des νυμφών, in dem die ursprüngliche Einheit von urbildlichem, „oberem" animus (dem Engel des Soters als dem Bräutigam der Pneumatiker) und „ u n t e r e r " anima (dem jeweiligen πνευματικόν aus dem Samen des Soters) proleptisch (die eschatologische Union vorwegnehmend) wiederhergestellt wird 1 0 0 . Die zuletzt genannten Beispiele 1 0 1 102 f ü h r t e n uns bereits in das Milieu 43—65. Analoge Systeme: CI. Alex. exc. ex Theod. 29—42 u n d (mit erheblichen Unterschieden) Hipp. ref. VI, 29—36 (doch scheint mir die Erzählung vom Fall der Sophia 30, 7f. urtümlicher zu sein). Auf einzelne Differenzen kann hier nicht eingegangen werden. Elemente des valentinianischen Sophia-Mythos jetzt auch Apk. J a k . I, 34, 2—36, 11. Zum Sophia-Mythos bei Markus: Iren, adv. haer. I, 13, 3. 6; bei Herakleon: Orig. in J o h . 13, 19 (GCS 10, 243, 12ff.). 89 Wilckens, Weisheit, 135. Problematisch an dieser Formulierung ist freilich die Rede von der, .Urform simonianischer Gnosis' '. Dazu siehe oben S. 142f. — Das E v . Ver. weist auffälliger Weise keinen Mythos vom Fall und der Wiedervereinigung der Sophia auf. Zur Frage der Beziehungen des E v . Ver. zu den Valentinianern vgl. den Forschungsbericht bei Rudolph, T h R N F 34 (1969) 194ff. Zum σοφία-Mythos vgl. R . H a a r d t , WZKM 58 (1962) 24ff. ; S. Arai, Die Christologie des Evangelium Veritatis. Eine religionsgeschichtliche Untersuchung, 1964, 52ff. 100 Zum Sakrament des Brautgemachs vgl. unten S. 214ff. Bedenkt man, daß die hier verfolgte Tradition letztlich in archaischen Hieros-Gamos-Riten ihren weit entfernten Ausgangspunkt hatte, so erscheint das Auftauchen des νυμφών-Sakraments in einer christlich-gnostischen Gruppe des 2. J h d t s . als eine merkwürdige ,, Wiederkehr des Verdrängten". 101 Das Buch Baruch des Gnostikers J u s t i n (?) kennt in seinem Hipp, réf. V, 22ff. referierten Mythos (dazu E. Haenchen, Das Buch Baruch. Ein Beitrag zum Problem der christlichen Gnosis, Ges. Aufs., 299ff. ; und Batey, Nuptial Imagery, 7If.) eine himmlische Syzygie des männlichen und weiblichen Prinzips (Elohim u n d E d e m sive Israel) εις μίαν φιλίας ευνοιαν (26, 2). Aus ihrem σύνοδος stammen die 24 Engel (26, 3ff.), die das Paradies darstellen. Der himmlischen Verbindung entspricht die irdische von Mann u n d F r a u , wobei κατά μίμησιν εκείνου τοϋ πρώτου γάμου die Frauen bis auf den heutigen Tag dem Mann eine Mitgift darbringen (26, 10). Da nach 26, 25 Elohim = Pneuma, E d e m = Psyche ist, so entsteht noch eine dritte Syzygie, nämlich die des Männlichen u n d Weiblichen im einzelnen Menschen. Das weibliche Prinzip erscheint dabei lediglich als dunkle, dämonische Macht. Aber der Mythos schildert bemerkenswerter Weise weder Fall noch Erlösung der E d e m . — Die Annahme von Batey, N T S t 10 (1963/64) 124ff. (vgl. auch ders., Nuptial Imagery, 36f. 66), derzufolge E p h . 5, 22ff. der Baruch-Gnosis besonders nahe steht, h a t wenig Wahrscheinliches an sich. 102 Merkwürdig sind die Syzygie-Vorstellungen in den (erschlossenen) K e r y g m a t a Petrou (dazu Strecker, Judenchristentum, 137ff.). Das weibliche Prinzip ist die σύζυγος des wahren Propheten (Horn. I I I , 22, 1), jedoch seine Entsprechung zur linken H a n d ; es manifestiert also das Negative (II, 15—17). Der Syzygie zwischen dem wahren Propheten und dem weiblichen Wesen entspricht die Syzygie zwischen Adam u n d E v a (III, 22). Durch sie kam die Sünde in die Welt. Die weibliche Prophetie f ü h r t in I r r t u m u n d Tod (III, 24, 3f.). Das Weibliche repräsentiert geradezu den Kosmos als gegenwärtige, vergängliche Welt, dem die zukünftige, männliche gegenübersteht (II, 15, 2f.). 10·

148

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

„christlicher" gnostischer Sekten des 2. J h d t s . 1 0 3 . Doch ist nicht zu vergessen (und damit lenken wir wiederum an den Anfang der Entwicklung des gnostischen Mythos zurück), daß die mythische Tradition, die wir verfolgten, in ihrer gnostischen Gestalt, ursprünglich in einem außerchristlichen, jüdischen Milieu beheimatet war 1 0 4 , d. h. also bei bestimmten Gruppen eines (gemessen an den späteren Normen) „heterodoxen Judentums"105. Hier wurde, wie wir annehmen müssen, der Weisheitsmythos der eigenen, jüdischen Überlieferung aufgenommen, aber „häretisch" verändert u n d zu einem Mythos mit gnostischer Pointe fortgebildet 1 0 6 . (d) Freilich ist damit nur eine der Entwicklungslinien aufgezeigt, die sich vom jüdischen Weisheitsmythos ableitet 1 0 7 . Eine andere f ü h r t zu frühen Endlich bilden auch Petrus u n d Simon ( = Paulus!) eine Art Syzygie. I n ihnen kehrt ja der Gegensatz von wahrer, männlicher, u n d falscher, weiblicher Prophétie wieder (II, 17, 3). Auch das Motiv von der willkürlichen Schöpfung der Sophia findet sich: I I I , 23, 3ff. Zum Ganzen: Strecker, 154ff.; Baer, Philo's Use, 66 f. — H ä l t m a n sich vor Augen, daß die K e r y g m a t a wahrscheinlich erst u m 200 verfaßt worden sind (in einem judenchristlich-gnostischen Milieu Syriens, vielleicht an der osrhoënischen Grenze), d a n n erscheinen die SyzygieSpekulationen, die hier zutage treten, wenig entwickelt — gemessen an der Entwicklung der Syzygie-Vorstellungen in den gnostischen Gruppen, die oben S. 143ff. erörtert worden ist. 103 Die weitere Entwicklung ist hier nicht mehr zu verfolgen. Zur manichäischen Sophia-Tradition vgl. die Angaben bei Wilckens, T h W VII, 513, 24ff. 104 Das Apokr. d. J o h . geht vermutlich auf eine jüdisch-gnostische Überlieferung zurück, die christliche Überarbeitung erfahren h a t (vgl. oben S. 143f., Anm. 88). 105 Ich spreche ausdrücklich von „bestimmten" Gruppen, u m in Erinnerung zu rufen, daß das „heterodoxe" J u d e n t u m zur Zeit Jesu aus verschiedenen, durchaus heterogenen Gruppen zusammengesetzt war (Qumran, Täufersekten, Samaritaner, jüdische Gnostiker, Christen). 106 Als ursprünglicher Träger der gnostisierenden Überlieferung erscheint hier also ein ,,abtrünniges Judentum", das mit Gott u n d der Welt zerfallen ist u n d nach einer esoterischen Π»5Π verlangt (die über die geheiligte, aber nicht mehr nachvollziehbare Tradition hinausführt). Unter dem Eindruck radikaler Selbstentfremdung des Daseins (wesentlich veranlaßt durch die radikale Desillusionierung der Ereignisse des J a h r e s 70?) wird der alttestamentlich-jüdische Schöpfungsglaube preisgegeben, der Schöpfergott zum bloßen Demiurgen depotenziert, über dem ein höchster Gott angesetzt wird. Die E n t s t e h u n g der Welt k a n n nur noch als Folge eines kosmischen „Fehltritts" verstanden werden. Wie der höchste Gott so ist auch das eigene Selbst transmundan, u n d das zu wissen, bedeutet den Anfang der Erlösung. Hier können d a n n auch chokmatisehe Traditionen aufgenommen werden, u n d es kann (nach der Preisgabe des exklusiven Jahweglaubens) die Ambivalenz der Muttergottheit wenigstens bis hin zur mythologischen Verschlüsselung ans Licht treten. Die weithin vorherrschende Misogynie der gnostischen Sekten weist noch hin auf ihren Zusammenhang mit einem heterodoxen J u d e n t u m . — Zur Frage nach den jüdischen Wurzeln der antiken Gnosis vgl.: A. Böhlig, Der jüdische Hintergrund in gnostischen Texten von Nag Hammadi, Ges. Beitr. 80ff. ; ders., Der judenchristliche Hintergrund in gnostischen Schriften von Nag Hammadi, Ges. Beitr. 102 ff. R . M. Grant, Les êtres intermédiaires dans le judaïsme tardif, Origini, 141 ff. ; H.-M. Schenke, Kairos 7 (1965) 124ff.; K . Rudolph, Kairos 9 (1967) 105ff.; ders., T h R N F 36 (1971) 89ff. näherhin: 96ff. u n d 108ff.; G. W . MacRea, The Jewish Background of t h e Gnostic Sophia Myth, Essays, 86ff. 107 Gegenüber der chokmatischen u n d hernach gnostischen Weisheitsspekulation h a t die rabbinische Theologie selbstverständlich nichts Gleichwertiges darzubieten: Die Verselbständigung der Weisheit neben J a h w e ist innerhalb der rabbinischen Voraussetzungen undenkbar. Immerhin kennt auch die rabbinische Tradition Vorstellungen, die an die Syzygien der Gnosis ent-

Nachpaulinische Tradition : E h e u n d Heilsgeschehen

149

christlichen Texten, d. h. zur Verwendung der Motive im Rahmen spezifisch christlicher Motivation, aber ohne die spezifisch gnostische Pointe. Hinweise darauf fanden wir bereits in der synoptischen Tradition 1 0 8 und bei Paulus 1 0 9 ; noch beschäftigen werden uns die Analogien aus der neutestamentlichen Apk. 1 1 0 . Die Entwicklung der Syzygie-Vorstellungen läuft hier (so ist zu vermuten) anfangs neben der „gnostischen" Entwicklung einher (als eine Parallelentwicklung), um sehr bald (Ign. ad Polyc. 5 ; Did. 11, 11 ; 2. Kl. 14; Herrn, passim) 1 1 1 vielfältige Überschneidungen zu zeigen. Die Vorstellung einer anfänglichen Parallelität befremdet nur so lange, als m a n vergißt, daß die christliche Bewegung eine ihrer Wurzeln ebenso in einem heterodoxen J u d e n t u m h a t t e wie die jüdische Gnosis 112 . Die gemeinsame Wurzel in einem heterodoxen jüdischen Milieu u n d die sehr bald einsetzenden Überschneidungen führen zuweilen zu Formen, die m a n nur schwer in die späteren Alternativen „kirchlich" — „gnostisch" einordnen kann. Aus der vorgeschlagenen Entwicklung würden sich jedenfalls die unleugbaren Übergänge verstehen lassen, die zwischen der Verwendung unseres Motivs bei sehr verschiedenartigen Gruppen festzustellen sind: bei jüdischen Gnostikern, bei großkirchlichen Gruppen, bei gnostisierenden christlichen Randsiedlern, im christlichen Gnostizismus. (e) Wir können nun, nach diesem ausführlichen Exkurs, wieder zu unserer Stelle im Epheserbrief zurückkehren. Es h a t sich gezeigt, daß E p h . 5, 25ff. in einem lebendigen Traditionszusammenhang steht, der zurückweist in die Geschichte der nachbiblisch-jüdischen Weisheitsspekulation (von dort weiter zurück in die Auseinandersetzung des Jahweglaubens mit der orientalischen Muttergottheit und dem Hieros-Gamos-Motiv), und der vorausweist auf die E n t f a l t u n g chokmatischer Motive im zeitgenössischen jüdischen Sektenwesen, in der jüdischen Gnosis (hernach im christlichen Gnostizismus). E p h . 5, 25ff. ist gegenüber der chokmatischen Tradition abgehoben durch das Motiv vom Fall und der Errettung der Himmelsbraut: erst durch eine R e t t u n g s t a t wird die himmlische έκκλησία zur Synusie mit dem Soter fähig. Darin steht E p h . 5, 25ff. fernt erinnern: b. Chag. 15a. Weitere Belege bei Schoeps, Urgemeinde, 56ff. Doch ist zu bedenken: 1. die „ P a a r e " werden nicht zu mythischen Größen; 2. Gott selbst ist von der „ P a a r h e i t " ausgenommen; 3. eine Spekulation über die Chokma ist damit nicht verbunden. Von rabbinischen Syzygie-Spekulationen sollte m a n also nur mit Vorbehalten sprechen (vgl. dazu Jervell, Imago Dei, 111, Anm. 148). Das Motiv wurde in der rabbinischen Tradition aus begreiflichen Gründen unterdrückt. Vgl. das zur Vorstellung von der Androgynität des Urmenschen Gesagte (oben S. 48f.). I n diesem Zusammenhang erscheint es auch charakteristisch, wie die rabbinische Tradition das alttestamentliche Bild von der Hochzeit Jahwes mit Israel aufnimmt. Es wird in der rabbinischen Tradition weiter expliziert (vgl. Billerbeck, I, 969f.), insbesondere kennt m a n hier das theologoumenon von der endzeitlichen Hochzeit Gottes mit seinem Volk (ThW I, 652, lOff. Stauffer) ; daneben h a t die allegorische Deutung des Hohenlieds, f ü r die sich besonders R . Akiba eingesetzt h a t (W. Bacher, Die Agada der Tannaiten, I, 1965 [Nachdruck der 2. Aufl. 1903], 285f.), eine Rolle gespielt. Aber es bleibt bei der Allegorie. Eine mythologische Explikation in Richtung auf eine Thronerhebung der weiblichen Göttin ist natürlich ausgeschlossen. 108 Oben S. 59ff. 109 Oben S. 78 f. 110 Siehe unten S. 200 f. 111 Siehe unten S. 189ff. Aus späterer Zeit ist etwa zu vgl. : act. Thom. passim; vgl. unten S. 196f. Diese Texte entziehen sich einer alternativen Einordnung („kirchlich" — „gnostisch"). Zu den christlich-gnostischen Texten, die das Motiv verwenden, vgl. oben S. 146ff. 112 Zudem ist nicht zu vergessen, daß auch von der urchristlichen Geisterfahrung aus (allerdings durch ein destruierendes Mißverständnis) der Weg in die Gnosis offen war. Vgl. dazu oben S. 76f.

150

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

den späteren gnostisehen Mythologemen näher. Umgekehrt ist E p h . 5, 25ff. von der gnostisehen Ausdeutung u n d E n t f a l t u n g der Überlieferung noch getrennt dadurch, daß die Vereinigung des Soters mit der himmlischen (im Sinne der Gnosis wäre es die „obere") Kirche noch nicht als Individuationsprozeß verstanden wird. Es ist demnach auch noch keine Rede davon, daß die εκκλησία (in der sich ja die Sophia der Überlieferung widerspiegelt) das Pneuma-Selbst des Gnostikers repräsentiert, wie auch jede Vorstellung von der Konsubstantialität von „oberer" έκκλησία u n d unterem, irdischem Abbild fehlt. E s fehlt also gerade die spezifisch gnostische Pointierung. E p h . 5, 25ff. wird also vermutlich in jenen Zweig der Überlieferung (und Fortführung!) der Motive gehören, der sich — aus gemeinsamen Traditionen schöpfend — anfangs ( !) parallel zur gnostisehen Explikation entwickelt h a t . Der polemische Charakter des Abschnittes (vgl. u n t e n S. 153) legt die Vermutung nahe, daß die Auseinandersetzung mit der gnostisehen (oder gnostisierenden) Explikation bereits eingesetzt h a t . F ü r die Aufnahme und Neuinterpretation des Motivs in E p h . 5, 25ff. ist also charakteristisch: Zunächst: die ΠΗ3Π wird auf die christliche έκκλησία gedeutet; sie ist es, die mit Christus zu einer himmlischen Syzygie verbunden ist. Sodann: der Nachvollzug der himmlischen Syzygie geschieht nicht im A k t der Erleuchtung (der Gnosis), sondern im Vollzug der ehelichen Gemeinschaft. Schließlich: die Ehefähigkeit der himmlischen B r a u t des Soters ist durch das Lebensopfer Christi (gemeint ist dabei der irdische Jesus von Nazareth u n d sein Tod a m Kreuz) bzw. durch die Reinigung in der Taufe hergestellt. Dieses letzte Motiv ist besonders charakteristisch u n d bedarf noch unserer besonderen Aufmerksamkeit: die Kirche erscheint zwar als die himmlische B r a u t des Soters, aber als die gereinigte B r a u t . D a ß es überhaupt eines Aktes der Reinigung u n d Heiligung bedurfte, daß sich also der Soter seine B r a u t nicht ohne weiteres aneignen konnte, daß der Hieros-Gamos erst nach dem Reinigungsopfer (bzw. dem Lustrationsakt der Taufe) vollzogen werden k a n n : das ist das punctum saliens. Hier k o m m t der Konflikt zum Austrag. Das Opfer ist ja nötig, weil der Hieros-Gamos konfliktgeladen ist. E r ist ja (unbewußt !) die Vereinigung mit der — durch den exklusiven Jahwekult eigentlich verbotenen — Throngenossin, der Repräsentantin der „heidnischen" Muttergottheit. D. h. aber: die judenchristliche Gruppe, die hinter E p h . 5, 25ff. steht, akzeptiert an dieser Stelle ein Motiv, das vom exklusiven Jahweglauben her verpönt war. Aber sie k a n n dieses Motiv nur akzeptieren, weil die d a f ü r bestimmte Strafe abgeleistet worden ist : nämlich durch die opfernde Selbsthingabe des Soters. Der Soter gibt sein Leben dafür, daß die έκκλησία (die hier die Muttergottheit — Sophia vertritt) akzeptiert werden kann. Seit der Bestrafung des Soters ist die Verbindung mit dem einst Verbotenen straffrei geworden. Die Verbindung steht nicht mehr unter der Strafandrohung, weil die Strafsanktion bereits durchgef ü h r t worden ist. Die satisfactio perada unterbindet künftige Strafandrohungen. I n diesem Sinn ist dann auch die B r a u t des Soters, die Kirche, durch die Lebenshingabe des Soters (bzw. durch die Lustration in der Taufe, in der diese Lebenshingabe effektuiert wird) von ihrem Makel befreit; sie ist άγία u n d άμωμος geworden, d. h. also kultisch rein 1 1 3 . Wie bei Paulus der Tod Christi aus der Bin113 Es versteht sich von selbst, daß der hier zutage tretende Ansatz (wie die Pro-nobis-Tradition des Urchristentums überhaupt) einer sachkritischen Interpretation bedarf. Der in den Pro-nobis-Traditionen ausgesprochene (Gal. 3, 13f. ; 2. Kor. 5, 21!) oder unausgesprochene Gedanke des Ersatzes (der auf unbewußter Projektion gründet u n d eine „Über-Ich-Theologie" voraussetzt) ist durch den Gedanken der Partizipation zu ersetzen (dazu P. Tillich, Systematische Theologie, I I , 1973 [4. Aufl.], 186ff.). Das Motiv der Versöhnung pro nobis ist von der Vorstellung einer ersatzweisen Sühneleistung freizuhalten.

Nachpaulinische Tradition : Ehe u n d Heilsgeschehen

151

dung an die Tora löst, so löst in E p h . 5, 25ff. derselbe Tod Christi aus der Bindung an Tabuverbote der alttestamentlich-jiidischen Ehemoral. Der Tod Christi ermöglicht eine neue Ehekonzeption, in die Motive eingegangen sind, die der exklusive Jahwismus ausschließt11*. Der „revolutionäre" Charakter der Aussagen von E p h . 5, 25ff. tritt sofort in Erscheinung, wenn m a n sich die Gegenposition des traditionsgebundenen, „orthodoxen" J u d e n t u m s vor Augen f ü h r t ; hier ist die gleichstellende Akzeptierung der Heiden (die E p h . 2, 1 — 3, 19 vertritt) ebenso undenkbar wie die Akzeptierung des Hieros-Gamos-Motivs (5, 25ff.). Dem orthodoxen J u d e n t u m m u ß beides (von seinen Voraussetzungen aus zu Recht!) als Bruch mit den heiligen Traditionen Israels erscheinen. Aber das ist ja das Entscheidende, daß sich die Voraussetzungen geändert h a b e n : „ G o t t " (nämlich: das Gottes-bild) hat sich ja seit Jesus gewandelt u n d damit zugleich die Bedingungen der menschlichen Existenz 1 1 5 . I n diesen Wandel sind auch die Vorrechte wie die Ängste Israels mithineingezogen worden.

Jetzt erst, nachdem der Verfasser von der kultischen Reinigung der Braut Christi, der Kirche, gesprochen hat (als dem eigentlichen Inhalt der urbildlichen Liebestat), jetzt erst kann er auch wieder zu dem paränetischen Hauptgedanken zurückkehren: wie Christus — so auch ihr, ihr Männer! V. 28 nimmt deutlich V. 25a wieder auf: der Verfasser ist bemüht, die paränetischen Konsequenzen aus dem mythischen Verhältnis, das er eben darstellte, abzuleiten. Hat Christus seine Kirche geliebt, so haben auch die Männer (die ja in der Ehe Christi Stellung repräsentieren) ihre Frauen (die die Stelle der Kirche repräsentieren) zu lieben 116 . Das όφείλουσιν deutet an, daß das Urbild (die Liebe Christi zu seiner Kirche) für die Christen verbindliche, verpflichtende Macht besitzt. Ώ ς τά έαυτών σώματα erinnert an den mythischen Gedanken, demzufolge die Kirche der Leib Christi bzw. die Frau des Mannes Leib ist 117 . Der Gedanke hat hier argumentative Bedeutung : es wird zum Ausdruck gebracht, daß vom Mann (wenn die Liebe zu seiner Frau gefordert ist) nichts Außerordentliches, nichts Fremdes gefordert wird, sondern das Allernatürlichste, ja Selbstverständlichste. Denn: wer seine Frau liebt, liebt ja nur sich selbst 114 Die traditionelle Ahnungslosigkeit der Normalexegese (H. Schlier ist hier auszunehmen) kann man am besten bei Baltensweiler, 224ff. studieren. 115 Die Differenz zur gnostischen Lösung tritt gerade an dieser Stelle deutlich hervor: die Veränderung des Gottesbildes f ü h r t in der Gnosis nicht zur Versöhnung von creator u n d creatura (die Gnosis kennt keine „Versöhnungslehre"); vielmehr f ü h r t die gnostische „Erleuchtung" zu einer antikosmischen Protesthaltung, zu einer trotzigen Askese oder einem trotzigen Libertinismus (vgl. noch unten S. 200ff., 208ff). 118 Die Parallele wird nicht vollständig durchgeführt. Das ist zu beachten. Konsequenter Weise sollte (wie vom himmlischen Soter) so auch von seinem irdischen Gegenbild, dem Mann, eine soteriologische Funktion gegenüber dessen F r a u ausgesagt werden. So absurd uns (und vielleicht auch noch dem a u t . ad E p h ) das vorkommen mag, so wenig ist es von der hier wirksamen Tradition ausgeschlossen. Vgl. 1. Tim. 2, 14 (und unten S. 209). Vgl. schon oben S. 132, Anm. 30. 117 Vgl. oben V. 23, S. 130.

152

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

(V. 28b) 118 . Und wie die „Selbstliebe" nur selbstverständlich ist, so sollte es auch die Liebe zur Ehefrau sein. Die Liebe zur Ehefrau ist ein Stück der „natürlichen" (sit venia verbo) Selbstliebe des Mannes, sie ist ja Liebe zum eigenen „Leib"! Niemand haßt sein eigenes „Fleisch" 119 —> das wäre ja absurd, vielmehr „hegt und pflegt" er es 120 , und so handelt ja auch Christus (die Paränese wendet sich wieder zurück zur mythischen Begründung) : auch er liebte seine Braut, die Kirche, wie sein eigenes Fleisch (V. 29), — wir sind ja nichts anderes als Glieder an seinem Leib = der Kirche (V. 30). Mit alledem meint der Verfasser freilich nicht, eigene Weisheit vorzutragen; was er sagt, gründet vielmehr in alter esoterischer Weisheit der Schrift. Darum folgt jetzt ein Schriftbeweis. Der Verfasser zitiert (V. 31) die alttestamentliche Stelle, die ihm wahrscheinlich schon die ganze Zeit über vorschwebte, und die für ihn den biblischen Ur-Text der Aussagen über den androgynen Urmenschen bietet: Gen. 2, 24 121 . Das „Geheimnis" „ist groß" (V. 32 a) 122 . Schwerlich will der Verfasser mit dieser Wendung die zitierte Schriftstelle als einen esoterischen, verschlüsselten Text bezeichnen. To μυστήριον τοΰτο μέγα εστίν wäre dann eine „hermeneutische Formel" wie jenes ού πάντες χωροΰσιν τον λόγον τούτον, άλλ' οΐς δέδοται (Mt. 19, 11) 123 , und es wiese 118 P . Ewald, Die Briefe des Paulus an die Epheser, Kolosser u n d Philemon, K N T 10, 1905, 243 und Schlier, E p h . 260 vermuten Zitat eines Sprichwortes (?). Bedenken bei Gnilka, E p h . 284. V. 28. 29a soll sich nach Sampley, 30ff. aus bewußter Anspielung an Lev. 19, 18 erklären. 119 σάρξ in V. 29 s t a t t des zu erwartenden σώμα ist wohl durch das folgende Zitat aus Gen. 2, 24 bedingt (vgl. Dibelius, Gefbr. 95; Schlier, E p h . 260; Gnilka, E p h . 284; Batey, Nuptial Imagery, 31, Anm. 2). 120 Zu έκτρέφειν (auch 6, 4) καί θάλπειν (auch 1. Thess. 2, 7) vgl. Schlier, E p h . 260f. u n d ebdt., Anm. 4. 121 Am Text des Zitates ist viel korrigiert worden. L X X lesen: ένεκεν τούτου καταλείψει ävS-ρωπος τόν πατέρα αύτοϋ καί τήν μητέρα αύτοϋ καί προσκολλη&ήσεται προς τήν γυναίκα αύτοϋ, καί έσονται οί δύο εις σάρκα μίαν. E p h . 5, 31 zitiert offenbar die L X X . S t a t t ένεκεν τούτου lesen wir : άντί τούτου. Der Artikel ist vor πατέρα u n d μητέρα (mit Β D+ G) wohl zu streichen. Beidemale fehlt gegenüber L X X das αύτοϋ. Ρ 4 β (Sin) A (D+ G) pc lesen: καί προσκολληθήσεται τη γυναικί αύτοϋ. Schließlich ist eine alte Variante überliefert (D G pi S l a t t sy Iren. adv. haer. V, 2, 3; Tert. de anima 11, 4 [CCL 2, 797]), die ein längeres Zitat bietet: έκ της σαρκός αύτοϋ καί έκ των όστέων αύτοϋ (aus Gen. 2, 23) άντί τούτου . . . κτλ. E s dürfte sich u m eine alte Glosse ad vocem μέλη bzw. σώμα V. 30 handeln. Zum Ganzen: Schlier, E p h . 261, Anm. 1; Gnilka, E p h . 286 (antidoketische Polemik); Sampley, 51 ff. (Interpretationsgeschichte im frühen J u d e n t u m : 53ff.). 122 Die verschiedenen Deutungen bei J . Cambier, Biblica 47 (1966) 44ff. 84ff. Vgl. jetzt a u c h : Sampley, 86ff. 123 Vgl oben S. 54f. Der Unterschied wäre der: in Mt. 19, 12 handelt es sich u m ein „verschlüsseltes" Herrenwort, in E p h . 5, 31 ( = Gen. 2, 24) u m ein verschlüsseltes Schriftwort.

Nachpaulinische Tradition: Ehe und Heilsgeschehen

153

hin auf die Notwendigkeit charismatischer Begabung, um das Siegel des Schriftwortes lösen zu können. Aber das betonte έγώ δέ λέγω εις . . . κτλ. läßt vermuten, daß der Verfasser sich mit dieser seiner Deutung im ausdrücklichen Gegensatz zu einer anderen Deutung der Schriftstelle befindet 124 . „Ich aber deute es auf . . . !" D. h. aber: der „verschlüsselte", allegorische Charakter von Gen. 2, 24 war zwischen dem aut. ad Eph. und den postulierten Gegnern nicht kontrovers, er brauchte daher auch gar nicht durch den Begriff μυστήριον ausdrücklich hervorgehoben zu werden. Sondern die Sache war kontrovers. Und der Begriff μυστήριον wird sich auf die Sache beziehen, auf den Inhalt der Schriftstelle, nämlich auf die im Text ausgesprochene Einheit des Urmenschenpaares 125 . Sie ist das Geheimnis, von dem der Text redet und das der aut. ad Eph. deutet. „Mysterium" ist also dies, daß der Urmensch und sein Weib eine sarkische Einheit darstellen. Diese Einheit selbst ist „mysteriös" — und zwar deshalb (wie der aut. ad. Eph. jetzt deutet), weil damit das große Geheimnis der Einheit von Christus und der Kirche verhüllend angedeutet ist, jenes Geheimnis, das sich jetzt offenbart hat und das in der Ehe zwischen Christen nachvollzogen wird 126 . Christus und die Kirche — in ihrer untrennbaren Einheit: das ist das große Geheimnis, von dem der Text redet 1 2 7 . H a t t e der Verfasser mit den letzten Sätzen wiederum die Paränese verlassen (und hatte er wiederum die mythischen Zusammenhänge aufgedeckt, die die Paränese begründen und sichern sollen), so kehrt er nun noch einmal (V. 33) zur Paränese zurück. Er hat dabei keine neuen Folgerungen aus dem Gesagten abzuleiten, sondern lediglich 124 So Dibelius, Gefbr. 95 (mit Vorsicht); Schlier, Christus, 60ff.; ders., Eph. 260. 262; ThW IV, 830, 3ff. (Bornkamm). „Man wird die Gegner unter den Vertretern einer gnostischen Syzygienlehre zu suchen haben" (Bornkamm, 5f.). Dagegen Gnilka, Eph. 294. Sampley, 52 erwägt: die Gegner des Paulus haben Gen. 2, 24 vielleicht von der urbildlichen Ehe zwischen den Protoplasten verstanden. — Das έγώ δέ λέγω ist vielleicht eine StandardFormel für Schriftauslegung, die sich von anderer abgrenzt: 89. 125 Die Annahme von Kahler, ZEE 3 (1959) 9f. und Frau, 133f., μυστήριον bezeichne die Beziehung der beiden Verhältnisse zueinander (Christus-Kirche / Mann-Frau), ist künstlich. 126 Vgl. dazu das μυστήριον κοσμικόν εκκλησίας (Did. 11, 11), das man gewiß mit Eph. 5, 31f. (und 2. Kl. 14: siehe unten S. 191 ff.) zusammennehmen darf. Der Sprachgebrauch in Did. 11,11 bestätigt unsere Deutung von μυστήριον in Eph. 5, 31 : die Verbindung von Christus und der Kirche selbst ist „mysteriös". Sie ist der Inhalt des Mysteriums. Und wie das Mysterium in Did. 11, 11 in der Askese nach vollzogen wird (dazu unten S. 191), so hier, in Eph. 5, 25 ff., in der christlichen Ehe. — Selbstverständlich darf das Futurum έσονται oí δύο εις σάρκα μίαν nicht gepreßt werden — als sei die Einheit eine noch ausstehende (so u. a. Schmid, RAC II, 546f.). Dagegen mit Recht jetzt auch Gnilka, Eph. 288. 127 Zur richtigen Deutung vgl. Cambier, Biblica 47 (1966) 85ff.; Gnilka, Eph. 288f. ; Sampley, 96.

154

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

zusammenzufassen 128 : Sinn der ganzen Ausführungen ist „jedenfalls" die Fixierung der Rollen, die Mann und Frau (rebus sie stantibus) innerhalb der Ehe zukommen. Vom Mann ist άγαπαν gefordert (daß dieses im αγαπάν Christi sein Urbild und Vorbild hat, braucht jetzt nicht wiederholt zu werden) ; und von der Frau ist φοβεΐσθ-αι gefordert, wobei das φοβεΐσθαι jenes ύποτάσσεσθ-αι von 5, 21 (das der Sache nach in 5, 22 konkretisiert war) aufnimmt 129 (wobei nicht wiederholt werden muß, daß dieses φοβεΐσθαι durch den φόβος Χρίστου [5, 21] näherhin bestimmt ist) 130 . Mit alledem tritt die Tendenz des Abschnittes noch einmal heraus: die christliche Motivation, wie sie der aut. ad Eph. versteht, führt zu keiner revolutionären Veränderung der Gesellschaft, sondern lediglich zu bestimmten Korrekturen der überkommenen Verhaltensweisen. In dieser Gesinnung liegt der aut. ad Eph. letztlich auf derselben Linie wie Paulus131. 3. Zusammenfassung : Ehe und Heilsgeschehen Wir können nun versuchen, die für unseren Zusammenhang wichtigen Ergebnisse der Interpretation von Eph. 5, 22—33 zu formulieren : (1) Der konkrete Anlaß zu den Ausführungen in Eph. 5, 22—33 scheint in einer Kontroverse zwischen dem aut. ad Eph. und seinen Gegnern zu bestehen. Es ist möglich, daß es sich bei den Gegnern um Vertreter einer gnostisierenden oder bereits im eigentlichen Sinn gnostischen Syzygienlehre handelt. Welche Konsequenzen die Gegner aus ihrer Lehre gezogen haben, ist nicht mehr zu erkennen. Es muß genügen festzustellen, daß unser Abschnitt Ergebnis der Polemik ist. Daß der Verfasser dabei die verwendeten Traditionen dem Instrumentar seiner Gegner entnimmt, ist möglich, aber wenig wahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist die Annahme, daß beide (der aut. ad Eph. ebenso wie seine gnostisierenden oder gnostischen Gegner) aus der gleichen Tradition schöpfen. Es handelt sich dabei um Spekulationen, die z. Zt. der Abfassung des Epheserbriefes das „heterodoxe" Judentum sehr beschäftigt haben (Neuerliche Auseinandersetzung Israels mit der 128 πλήν „kündet nach einer Digression das Entscheidende an" (Schlier, Eph. 263). Vgl. Bl. Debr. § 449, 2: „nur", „jedenfalls". — V. 33a ist nach Sampley, 30 Reminiszenz an Lev. 19, 18b L X X . 129 ίνα ersetzt den Imperativ (vgl. Bl. Debr. § 387, 3; Schlier, Eph. 263, Anm. 4). 130 Zum Motiv des φόβος in den Haustafeln: ThW IX, 213f. (Balz). 131 Vgl. oben S. 123f. Der Verfasser ist also „revolutionär" gegenüber traditionellen Positionen der alttestamentlich-jüdischen Religion; er ist nicht „revolutionär" gegenüber den gesellschaftlichen Verhältnissen seiner Zeit.

Nachpaulinische Tradition : Ehe und Heilsgeschehen

155

orientalischen Muttergottheit seit dem Hellenisierungsprozeß : Entwicklung der Chokma-Spekulation). In den Kreisen am „Rand" des offiziellen Judentums und unter dem Eindruck der Skepsis, ja der Preisgabe des alttestamentlich-jüdischen Schöpfungsglaubens haben sich diese Spekulationen mit gnostischer Pointierung weitergebildet. Sie führen in der jüdischen und hernach in der christlichen Gnosis zur Entwicklung eines Sophia-Mythos, der die Sophia über Jahwe (den Demiurgen) stellt und mit dem höchsten Gott zur Syzygie verbindet, zugleich aber die Ambivalenz der Sophia (im Mythos vom Fall und ihrer Erlösung) festhält. Die spezifisch gnostische Pointe liegt darin, daß das Pneuma-Selbst des Gnostikers mit dem Äon Sophia (und seinem Geschick) identifiziert wird. Pneuma und Sophia sind konsubstantial. Wo steht der aut. ad Eph. im Rahmen dieser Entwicklung ? Sein Text ist religionsgeschichtlich zwischen nachbiblisch-jüdischer ChokmaSpekulation und gnostischer Explizierung anzusetzen. Die spezifisch gnostische Pointierung fehlt. (2) In der Auseinandersetzung des aut. ad Eph. mit seinen Gegnern scheint der Text Gen. 2, 24 eine gewisse Rolle gespielt zu haben. Der aut. ad Eph. gibt dem Text eine Deutung, die sich von der Deutung seiner Gegner unterscheidet. Die Kontroverse konkretisiert sich mithin als Kampf um Schriftexegese, als Auseinandersetzung mit gnostisierender Schriftdeutung. Doch vertritt (natürlich) auch der aut. ad Eph. eine allegorische Interpretation. Für ihn ist die biblische Rede von der sarkischen Einheit des Urmenschenpaares ein versteckter Hinweis auf die endzeitliche, jetzt offenbar gewordene Einheit zwischen dem erhöhten Christus und seiner Kirche. Jetzt, da Christus offenbar geworden ist, hat sich das Schriftwort erfüllt: έσονται oí δύο εις σάρκα μίαν! Christus und seine Kirche sind „ein Fleisch". (3) Die Verbindung des erhöhten Christus mit seiner Braut, der Kirche, ist aber nun (dem Trend der hier zugrunde liegenden Tradition entsprechend) zugleich Urbild und Vorbild für ein irdisches Geschehen, sie bildet Urbild und Vorbild für die irdische Ehe. Das bedeutet aber nichts Geringeres, als daß die irdische Ehe mit dem Heilsgeschehen verbunden und durch dieses begründet wird. Oder anders ausgedrückt: die Ehe wird nicht mehr nur von einer bei der Schöpfung erlassenen Ordnung her begründet, sondern sie hat nunmehr ihren Grund im Heilsgeschehen, sie wird mit dem Zentrum des Christusglaubens verbunden (so wie Paulus die Askese mit dem Zentrum des Christusglaubens verbunden hat!). Damit geht der aut. ad Eph. über die bloß negativ-permissive Einstellung zur Ehe in 1. Kor. 7 weit hinaus. Die

156

Traditionen des judenchristlichen Missionschristentums

Ehe gerät in die Zusammenhänge der Soteriologie. Sie bildet die eschatologische Einheit von Christus und der Kirche ab. I n der Einheit der Ehegatten wird die Einheit nachvollzogen, die Christus mit der Kirche verbindet. Ehe ist Nachvollzug des eschatologischen Mysteriums. Die Aussagen von Eph. 5 unterscheiden sich also (trotz aller Verwandtschaft) sehr wohl von den Aussagen in Mk. 10, Iff. Dort (in der synoptischen Erzählung) ist die irdische Ehe verstanden als Re-union des androgynen Urmenschen; hier (in Eph. S) ist die Ehe nur Repräsentation der himmlischen Reunion (und diese Re-union vollzieht sich in der Aneignung der Kirche durch den Christus, ihren Soter!). Man sieht, daß die Ehe nur über den Umweg des christologischen bzw. ekklesiologischen Mythos gerechtfertigt wird. Nicht schon die Ehe als solche ist „Mysterium", sondern sie partizipiert am Mysterium durch den Nachvollzug der „oberen", mysteriösen Einheit, die Christus und die Kirche aneinander bindet. Es ist also nicht von der „natürlichen" Ehe in ihrer Unmittelbarkeit die Rede, sondern von der Ehe, die durch den Nachvollzug des urbildlichen Geschehens bestimmt ist. Die Ehe ist in ihrem besonderen Charakter vermittelt durch die Ehe Christi mit der Kirche.

(4) Die Begründung der Ehe durch den Syzygie-Gedanken hat zur Folge, daß ein in der alttestamentlich-jüdischen Überlieferung latentes, aber verdrängtes Motiv manifest wird: das Motiv der heiligen Brautschaft. Der Sinn der Ehe besteht nun nicht mehr nur in der sexuellen Gemeinschaft als solcher bzw. in der durch die sexuelle Gemeinschaft vermittelten Fortpflanzung; sondern der Sinn der Ehe weist über die sexuelle Gemeinschaft hinaus auf die „himmlische" Verbindung Christi mit seiner Kirche. Gemessen an den heiligen Traditionen Israels ist hier die Ehe tatsächlich „mystifiziert", gemessen an Parolen gegenwärtiger Sexualmoral ist sie „projiziert" (und also entfremdet!). Sie ist jedenfalls als Symbol verstanden für etwas, das in ihr präsent wird (nämlich die Einheit Christi mit seiner Kirche), ohne in ihr aufzugehen. Von einem „sakramentalen" Geschehen ist dabei noch nicht die Rede. Eph. 5, 22—33 ist natürlich kein Bericht über die ausdrückliche Einsetzung der Ehe als Sakrament, und natürlich ist μυστήριο ν in V. 32 nicht als sacramentum (im Sinne des späteren dogmatischen und kirchenrechtlichen Terminus) zu verstehen.

(5) Christus hat durch sein Lebensopfer seine σύζυγος (die Kirche) von ihrem, Makel befreit ; die σύζυγος ist kultisch rein und würdig geworden. Dabei ist beides charakteristisch: sowohl, daß die Annahme der σύζυγος nur durch den Rekurs auf ein satisfaktorisches Opfer möglich wird, wie auch, daß die soteriologische Rolle Christi seiner σύζυγος gegenüber nicht auf den irdischen Ehemann übertragen wird. An dieser Stelle wird stillschweigend die Übertragung der Züge vom Urbild zum irdischen Gegenbild durchbrochen. (6) Das Motiv des Hieros-Gamos wird aber auch noch von einer

Nachpaulinische Tradition : Ehe u n d Heilsgeschehen

157

anderen Seite her korrigiert (und zwar wieder stillschweigend): Abbild der himmlischen Verbindung ist zwar die irdische Ehe, und also die durch sexuelle Gemeinschaft entstehende Verbindung; aber die Sexualität als solche wird in unserem Abschnitt nicht ausdrücklich thematisiert. Vom άγαπαν ist die Rede (V. 25. 28. 33) bzw. vom φοβεΐσ&αι (V. 33), und als Urbild und Vorbild der Liebe wird — das Todesopfer des Soters hingestellt (V. 25ff.)! Im Mittelpunkt der Überlegungen steht nicht speziell die sexuelle Gemeinschaft, sondern (allgemeiner) die gesellschaftliche Rolle der Gatten innerhalb der Ehe, und d. h. (von der deutlichen Motivation des aut. ad Eph. aus): die fürsorgende Liebe des Mannes zu seiner Frau und die liebende Achtung, die die Frau ihrem Mann schuldet. Während die mythologische Tradition mehr oder weniger verdeckt die sexuelle ένότης thematisiert, hat die paränetische Ausdeutung durch den aut. ad Eph. die sexuellen Zusammenhänge zurückgestellt. (7) Das zuletzt Gesagte muß nach einer Seite hin noch konkretisiert werden: für Eph. 5, 22—33 ist durchwegs charakteristisch, daß paränetische Konsequenzen aus mythischen Verhältnissen gezogen werden. Und dabei ist (wie wir gesehen haben) zu beachten, daß die Paränese nicht direkt die sexuellen Fragen aufgreift, sondern mehr diejenigen Fragen, die mit der gesellschaftlichen Stellung des Mannes bzw. der Frau innerhalb der Ehe zu tun haben. Und hier ist nun die unumkehrbare Verteilung der Rollen wie der Imperative bemerkenswert. Der Mann vertritt die Stelle des Christus, die Frau die Stelle der Kirche. Dem Mann kommt es zu, seine Frau zu lieben, der Frau kommt es zu, den Mann zu fürchten. Der Mann ist H a u p t des Leibes ( = seiner Frau), die Frau Leib des Mannes. Das ist für Eph. 5, 22ff. unumkehrbar. Die Unumkehrbarkeit ist gerade durch die Bindung an die urbildlichen Relationen (Christus-Kirche) gesichert. Die christologische Begründung der Ehe zerbricht also keineswegs die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse, sie korrigiert sie lediglich, indem die Liebe des Mannes durch das Urbild und Vorbild der Liebe Christi radikalisiert wird. Aber Korrektur ist keine Revolution. Insofern die patriarchalischen Vorrechte des Mannes im Urbild Christus wiederkehren, kann man geradezu von einer christologischen Rechtfertigung des Paternalismus sprechen.

4. Kapitel : Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung § 14. Vorbemerkung Die Texte, die im folgenden zu untersuchen sind, stehen in einem Entwicklungszusammenhang, den bereits die Traditionen der paulinischen Missionsgemeinden, die wir zuletzt untersucht haben, ansatzweise erkennen ließen: den Prozeß der Katholisierung 1 . Dieser Prozeß setzt in den letzten Jahrzehnten des 1. Jhdts. ein und bestimmt in der Folgezeit die Entwicklung der Kirche. Er ist durch ein Doppeltes bestimmt: (1) durch die zunehmende Loslösung aus der nationaljüdischen Exklusivität ; (2) durch die fortschreitende Umgestaltung der gesellschaftlichen Struktur der Gemeinden. (1) Die Loslösung aus der national-jüdischen Exklusivität vollzog sich in einem im einzelnen nur mehr sehr schwer durchschaubaren Prozeß, dessen Ergebnis auf der einen Seite der mehrheitlich heidenchristliche Charakter der christlichen Gemeinden, auf der anderen Seite die zunehmende Isolierung der ursprünglich vorherrschenden judenchristlichen Gruppen war. 1 Was den „Prozeß der Katholisierung" betrifft, so ist das meiste dazu bei E . K ä s e m a n n zu lernen — auch f ü r den, der sich Käsemanns Thesen zum Thema „Frühkatholizismus" (vgl. Paulus u n d der Frühkatholizismus, E x . Vers. u. Bes. I I , 239ff.) nicht in allem anschließen kann. Aber grundlegend ist m. E . Käsemanns Einsicht, daß der alte Begriff des „nachapostolischen Zeitalters" f ü r die Endphase der Geschichte des Urchristentums tatsächlich unbrauchbar ist (239f., Anm. 1), u n d daß Paulus in der T a t nicht als „der ruhende Pol in der urchristlichen Geschichte" angesehen werden kann. „Man m u ß diese Geschichte also von ihren Anfängen her noch einmal neu entdecken u n d überdenken, u n d zwar in ihrer Bewegung auf die im Neuen Testament sich zeigende letzte Phase h i n " (ebdt.). Diese letzte Phase ist aber die Phase des „Frühkatholizismus", die zugleich den Übergang zur ecclesia catholica des 2. J h d t s . u n d der folgenden J a h r h u n d e r t e markiert. Umstritten sind freilich die konkreten Bestimmungen dieses Phänomens u n d seiner Bewertung (dazu informativ: K . H . Neufeld, Z K T h 94, 1972, Iff.). I n der hier vorliegenden Untersuchung ist der Katholisierungsprozeß verstanden als jener Prozeß, der von den „ekstatischen" Ursprüngen der Kirche, von ihrem eschatologischen Radikalismus, zur sukzessiven Vermittlung mit den Bedingungen der Endlichkeit f ü h r t (wobei die Trennung von der judenchristlichen Observanz als zweites umfassendes Kriterium hinzutritt, sofern die judenchristliche Observanz den Charakter der regressiven Vermittlung trägt). Den Schlüssel zum Verständnis der Entwicklung stellt gewiß der eschatologische Radikalismus u n d sein Schei-

Vorbemerkung

159

Begriff u n d Geschichte des sog. Judenchristentums sind umstritten. Beides ist hier nicht im einzelnen zu erörtern 2 . Wir haben jedenfalls vor allem zwei (wiederum in sich differenzierte) Gruppierungen zu unterscheiden: Bin J u d e n christentum (vorwiegend aus der Diaspora), das durch seine volle Bejahung der torafreien Heidenmission den Ubergang zur ecclesia universalis vorbereitete u n d begründete. Bei aller Verschiedenheit im einzelnen ist diesen Gruppen die Öffnung auf die Heiden hin und die Preisgabe der Tora-Observanz gemeinsam. Bei diesem Missionschristentum sind die Anfänge des Katholisierungsprozesses zu suchen. Hier liegen auch die Wurzeln dessen, was später als Orthodoxie galt. Andererseits war dieses Judenchristentum dazu verurteilt, à la longue in der mehrheitlich heidenchristlichen Kirche aufzugehen. Daneben steht n u n von Anfang an (im palästinensischen Judenchristentum der Anfänge zum ersten Mal greifbar, aber keineswegs darauf beschränkt) ein Judenchristentum, das mit größerer oder geringerer Bestimmtheit an der nationalen Exklusivität festhält (was natürlich nicht a priori jede Art von Heidenmissionierung ausschließt); damit verband sich die sehr verschieden beantwortete Frage nach der Tora-Observanz u n d den Privilegien Israels. Innerhalb dieses Judenchristentums kam es (wahrscheinlich schon früh) zu einer nomistischen Reaktion3. Die Verbreitung dieser Spielart des Judenchristentums m u ß in der Frühzeit der Kirche groß gewesen sein, wahrscheinlich größer als wir in der Regel annehmen — m a n vergleiche nur die Auseinandersetzung mit judenchristlichen Ideologien von den Paulusbriefen bis zu den Ignatianen, ja bis J u s t i n (dial. 47) 4 . Selbstverständlich war auch diese Gruppe alles andere als in sich homogen 5 . Während n u n das Christentern dar (so Käsemann, 240. 245 u. passim), doch k a n n m a n eben dieses P h ä nomen anders beurteilen als es bei Käsemann geschieht. Da sich Jesu u n d der ersten Christen Unmittelbarkeit a u f h e b t in eine sukzessive Vermittlung mit den Bedingungen der Endlichkeit — das treibt m. E . die Geschichte des Urchristent u m s voran u n d f ü h r t letztlich zu einem gewissen Stabilisierungsprozeß, der zum ersten Mal eine gewisse „ I d e n t i t ä t " der Gruppe hervorbringt (eine Identität, die in späterer Zeit wieder aufgelöst wird u n d neue Versuche der Identitätsfindung hervorruft — u.s.f.). Normativ kann f ü r uns natürlich nicht die damals gefundene Positivität sein (weder die moralische, noch die rechtliche: das ist gegenüber dem römischen Verständnis der Katholizität einzuwenden), wohl aber das Prinzip, das zu dieser Positivität geführt h a t (und zu je neuer Positivität führen muß), nämlich die Vermittlung von Eschaton u n d Endlichkeit. I n diesem Sinn ist der Katholisierungsprozeß das sinnvolle (wenn auch notwendiger Weise zweideutige) E n d e der Geschichte des Urchristentums. 2 Vgl. dazu n u r : H . J . Schoeps, Theologie u n d Geschichte des J u d e n christentums, 1949; ders., Urgemeinde; L. Goppelt, Christentum u n d Judent u m im ersten u n d zweiten J a h r h u n d e r t . Ein Aufriß der Urgeschichte der Kirche, BFChTh 2, 55, 1954; G. Strecker, E v T h 16 (1956) 458ff.; ders., Judenchristent u m , passim; ders., Zum Problem des Judenchristentums = Nachtrag zu W. Bauer, Rechtgläubigkeit u n d Ketzerei im ältesten Christentum, B H T h 10, 1964 (2. Aufl.), 245ff.; RAC IV, 487ff. (Strecker; Litt.!). 3 Dazu Strecker, E v T h 16 (1956) 469. Strecker n i m m t einen analogen Prozeß auch f ü r das Heidenchristentum an (472ff.). E r erkennt auch richtig, daß dieser Prozeß mit dem Rückgang des ursprünglichen eschatologischen Enthusiasmus zu t u n hat. Doch ist immerhin zu bedenken, daß der Rejudaisierungsprozeß im Heidenchristentum einen ganz anderen Charakter trägt als im nomistischen Judenchristentum! 4 Zur Verbreitung der Judenchristen vgl. die Übersicht RAC IV, 488ff. (Strecker). 6 Wichtig ist die Erinnerung daran, daß das frühe Judenchristentum auch als Träger gnostisierender Ideologien eine wichtige Rolle gespielt h a t . Über den ursprünglich jüdischen Charakter der kaiserzeitlichen Gnosis vgl. schon oben S. 141ff., 147 ff.

160

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

t u m immer mehr in die H ä n d e geborener Heiden überging, gerieten die judenchristlichen Gruppen immer mehr an den R a n d der Entwicklung. Sie wurden je länger je mehr isoliert. Solche Gruppen sind uns bezeugt etwa in den Judenchristen des Ostjordanlandes, den „Nazoräern" im syrischen Beröa, den J u d e n christen der erschlossenen K e r y g m a t a Petrou (im Grenzgebiet der Osrhoëne ?), den Judenchristen, die die syr. didasc. voraussetzt; vielleicht darf m a n hierzu auch die Judenchristen Ägyptens rechnen — u. a. m. 6 . Wir dürfen uns die E n t wicklung nicht so vorstellen, daß sich diese Gruppen nachträglich von der Groß kirche getrennt hätten, sondern wir haben in ihnen eher „konservative" Gruppen zu sehen, die vom Katholisierungsprozeß noch nicht erfaßt sind 7 . Die Abweisung judenchristlicher Gruppen durch die ecclesia catholica setzte im Westen etwa in der Mitte des 2. J h d t s . ein, im Osten viel später: das entspricht der Tatsache, d a ß der Katholisierungsprozeß im Westen schneller effektiv geworden ist als im Osten.

(2) Als noch bedeutsamer erweist sich die andere der beiden Entwicklungstendenzen: die sukzessive gesellschaftliche Umstrukturierung der Gemeinden. Die christlichen Gruppen zeigen in ihren ersten Anfängen weithin die gesellschaftliche Struktur der „Sekte" (wenn man diesen Begriff jetzt nicht dogmatisch, sondern lediglich soziologisch versteht). Charakteristisch dafür ist das Elite-Bewußtsein einer (zunächst) noch zahlenmäßig kleinen Gruppe; die anfängliche Indifferenz gegenüber Gesellschaft und Kultur; eine anfängliche Differenziertheit in Lehre und Praxis (die Identität wird erst gesucht); vor allem aber (was uns in unserem Zusammenhang besonders interessiert) der moralische Radikalismus, der sich aus dem elitären (in diesem Fall: eschatologischen) Selbstbewußtsein ableitet. Einige der christlichen Gruppen haben das soziologische Niveau der „Sekte" auch in der Folgezeit nicht überschritten — sie sind (nicht, wie man früher verstand, Sekten geworden, sondern:) Sekten geblieben. Das gilt für einen Teil des Judenchristentums 8 . Daneben entstanden in den verschiedenen gnostisierenden und hernach direkt gnostischen Gruppen der christlichen Bewegung neue sektiererische Gemeinschaften: denn es ist ja für die christliche (und nicht nur für die christliche) Gnosis charakteri6 Von diesen Gruppen zeigen die Judenchristen des Ostjordanlandes (deren Evangelium vielleicht E v . Ebion. gewesen ist: Vielhauer, in: HenneckeSchneemelcher, I, 100ff.), ebenso das Judenchristentum der Pseudoklementinen (dazu Strecker, Judenchristentum, passim), u n d — wiederum ganz anders — die Judenchristen des E v . Hebr. (dazu Vielhauer, 104ff.) deutlich gnostisierende Elemente. 7 Anders ist das schon bei dem gnostisierenden Judenchristentum der Elkesaiten (RAC IV, 1171 ff. Strecker). Hier t r i t t zur judenchristlichen Überlieferung die besondere Offenbarung des Sektenstifters hinzu (Strecker, 1180ff.). 8 Es h a t freilich schon im palästinensischen Judenchristentum Ansätze zur Institutionalisierung gegeben (vgl. Strecker, RAC IV, 497 f.). Auf der anderen Seite konnte dies nicht aus dem Sektenmilieu herausführen, weil die Grenzen des J u d e n t u m s nicht radikal gesprengt wurden. Auch das von der Synagoge ausgeschlossene Judenchristentum konnte nie mehr u n d nie etwas anderes sein als eine jüdische Sekte, solange es nicht in die ecclesia universalis aufging.

Vorbemerkung

161

stisch, daß der elitäre Charakter der Bewegung, der einen gewissen Individualismus impliziert, eine Kirchenbildung im strengen Sinn ausschließt 9 . Sind so bestimmte Gruppen auf dem „vorkatholischen" Niveau der Anfänge stehen geblieben, und haben sich daneben neue, sektiererische Gemeinschaften gebildet, so hat doch die christliche Bewegung als Ganze einen anderen Weg beschritten: den Weg von der „Sekte" zur Großkirche. Dabei versteht es sich von selbst, daß die prozessuale Entwicklung zur Großkirche in einigen Gebieten früher, in anderen später zum Abschluß gekommen ist; und das schließt wiederum ein, daß Mischformen, oder besser: Vorformen vorhanden sind, die noch nicht in die — spätere — Alternative „Kirche" — „Häresie" einzuordnen sind (vor allem in der ostsyrischen und ägyptischen Christenheit). Nun ist freilich das entscheidend, daß der Übergang zur Großkirche die Preisgabe der ursprünglichen gesellschaftlichen und kulturellen Indifferenz verlangt, und damit auch die Infragestellung des ursprünglichen eschatologischen Selbstbewußtseins und des eschatologisch motivierten Verhaltens. Das daraus resultierende Problem (das Problem der Identitätsfindung der Gruppe!) konnten wir — ansatzweise — schon in den paulinischen und deuteropaulinischen Texten studieren, die u. a. zeigen, wie hier ein Weg beschritten wird, der das Sektenmilieu vermeidet. Das Problem war: wie kann das eschatologische Selbstverständnis bewahrt, und doch zugleich sinnvolle Existenz unter den geschichtlichen ( !), unter den jeweiligen konkreten Bedingungen der Gesellschaft verwirklicht werden? Oder anders: wie kann die grundsätzliche Kritik, die die eschatologische Motivation aller geschichtlichen Existenz gegenüber bedeutet, festgehalten werden, ohne daß andererseits die christliche Lebensführung zur bloßen Negativität gegenüber den jeweiligen gesellschaftlichen Bedingungen verurteilt wird? Diese einander widersprechenden Motive bestimmen durchwegs auch die Entscheidung über die Fragen des Eherechts und der Sexualmoral in der Spätzeit des Urchristentums. Die Analyse der Texte dieser Epoche ist durch die gleiche Schwie» Dazu: K. Rudolph, ThR N F 36 (1971) 119ff.; Gaffron, Phil. 9Iff. Daß es gleichwohl (unter dem Druck der Realität) auch in der Gnosis zu Gemeinschaftsbildung kommen mußte, steht auf einem anderen Blatt. Gaffron möchte (92ff.) Schule, Kultverein, Gemeinde als Typen unterscheiden. Wie immer das sein mag: die gnostische Bewegung stand auf Grund gemeingnostischer Ideologie der Positivität der Institution skeptisch gegenüber. Daher war „Kirchenbildung" innerhalb der Gnosis nicht möglich — oder nur dort, wo ein semignostisches Milieu vorherrschte (Marcion gehört jedenfalls nicht zu den spezifischen Spielformen der Gnosis). 11 Niederwimmer, Askese

162

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

rigkeit bestimmt wie die Analyse der Texte der allerersten Zeit: wir können kein auch nur annähernd vollständiges Bild der E n t wicklung zeichnen. Quellenmäßig belegt ist die Geschichte einiger Gruppen in einigen Gebieten f ü r einen jeweils begrenzten Zeitraum; f ü r alles übrige sind wir auf Rückschlüsse und Vermutungen angewiesen. Traditionsgeschichtliche Zusammenhänge sind gelegentlich feststellbar — eine vollständige Traditionsgeschichte ist natürlich unmöglich. Von da aus verbietet sich der Versuch einer konsequent gebietsorientierten oder konsequent traditionsgeschichtlichen Darstellung. Glücklicherweise ist nun (was unsere engere Fragestellung betrifft) eine gewisse Einförmigkeit der Thematik bei den verschiedensten Gruppen u n d Zeiten zu beobachten, die es ermöglicht u n d nahelegt, thematisch vorzugehen. Wir versuchen innerhalb der thematischen Darstellung, die verschiedenen Traditionszusammenhänge zu erfassen. Das Entscheidende sind freilich nicht diese Zusammenhänge, sondern das Entscheidende ist die umfassende Entwicklungstendenz selbst, die über die internen Tendenzen der einzelnen Gruppen hinausweist: die christliche Bewegung findet in diesen Jahrzehnten das erste Mal in ihrer Geschichte zu einer gewissen Stabilität. Das geht nicht ohne Distanzierung und Kompromisse. Wir gehen mithin im folgenden so vor, daß wir zunächst (§ 15) das Nachwirken des jüdischen bzw. judenchristlichen Sexualrigorismus untersuchen; hernach (§ 16) das Motiv der Askese; sodann (§ 17) das Motiv der „heiligen B r a u t s c h a f t " ; u n d schließlich (§ 18) die Distanzierung der großkirchlichen Moral von der Sexualmoral der frühen Gnosis.

§ 15. Nachwirkungen des judenchristlichen

Sexualrigorismus

(1) Wir haben zunächst daran zu erinnern, daß uns dieses Motiv bereits aus der Analyse der vorpaulinischen Überlieferung bekannt ist 1 . I n der Paränese der hellenistischen Missionsgemeinden h a t es eine gewisse Rolle gespielt. Unzucht galt dem J u d e n t u m als spezifisches Laster der Heiden (verbunden mit Idololatrie), Abkehr von den Götzen impliziert Abkehr von der wirklichen oder auch nur unterstellten πορνεία; rechter Gottesdienst und rechtes Verhalten in rebus sexualibus sind besondere Vorzüge des heiligen Gottesvolkes, wie dieses sich selbst versteht. Diese Motive werden von der (zunächst 1

Vgl. oben § 10 (S. 67ff.).

Nachwirkungen des judenchristlichen Sexualrigorismus

163

mehrheitlich judenchristlichen) Gemeinde aufgenommen und vom eschatologischen Selbstverständnis her verschärft 2 . Sie spielen insbesondere eine Rolle in der Taufparänese. Die geborenen Heiden, die von der hellenistischen, judenchristlichen Gemeinde missioniert werden, werden aufgefordert, Idololatrie und Unzucht abzulegen. Die Abkehr von den heidnischen Lastern (und Unzucht gilt hier als das primäre Laster) ist von der Idee der reinen, kultisch integren Gemeinde her bestimmt 3 . Diese Motive sind in die vorpaulinische Tradition eingegangen, insofern Paulus selbst zum hellenistischen Judenchristentum zu rechnen ist. (2) Sie sind aber natürlich keineswegs auf die paulinische Tradition allein beschränkt, sondern treten auch in ganz anderen, davon unberührten Traditionszusammenhängen in Erscheinung. Wie wir uns die (ganz formelhafte) grundsätzliche Ermahnung an die Neophyten vorzustellen haben, zeigt etwa Hebr. 13, 4: Τίμιος ó γάμος έν πασιν και ή κοίτη αμίαντος • πόρνους γάρ και μοιχούς κρίνει ό θ-εός4. Die jüdische 5 bzw. judenchristliche Tradition ist bis in die Formulierungen spürbar 6 . Unzucht und Ehebruch werden verboten. Die Wertschätzung der Ehe wird durch den Zusatz ή κοίτη άμίαντος verdeutlicht. Damit ist schwerlich an ein Verhalten innerhalb der Ehe gedacht 7 ; näher liegt es vielmehr, an die Befleckung des Ehebettes durch Ehebruch zu denken 8 . Der Hinweis auf das göttliche Gericht zeigt die eschatologische Verschärfung der Paränese 9 . Es ist aber wiederum 10 zu beachten, daß einige speziell ritualistische Vorschriften des Judentums fehlen 11 . 2

3 Vgl. oben S. 74. _ Oben S. 70. Τίμιος ό γάμος έν πασιν (wohl: „bei euch allen" und nicht „in allen Stücken") wendet sich nicht etwa gegen ehefeindliche Tendenzen bei den Briefempfängern ; dgg. m. R. : H. Windisch, Der Hebräerbrief, H N T 14, 1931 (2. Aufl.), 117. 5 6 7 Preisker, 146. Vgl. oben S. 67ff. Vgl. oben S. 71ff. 8 Vgl. O. Michel, Der Brief an die Hebräer, Meyer XIII, 1966 (12. Aufl.), 482. 8 Apk. 9, 21 gilt die πορνεία als eines der Laster, denen die Menschen der Endzeit verfallen sind; 21, 8; 22, 15 gehören die πόρνοι zu den Sündern, denen der „zweite Tod" bzw. die Verbannung aus der endzeitlichen Gottesstadt beschieden ist. — Eine spätere Parallele bietet Polyc. ad Phil. 5, 3, wo die νεώτεροι insbesondere vor den sexuellen Lastern gewarnt werden, eine Warnung, die durch das Zitat von 1. Kor. 6, 9 f. im eschatologischen Sinn verschärft wird. Der Zusammenhang mit der Taufparänese liegt auf der Hand. Differenzierter liegen die Dinge in Jak. 2, 11. Das Gebot ού μοιχεύσης steht als solches fest. Das Gesetz, das dieses Gebot formuliert, ist aber nicht mehr einfach die alttestamentliche Tora, sondern vielmehr der νόμος ελευθερίας (2, 12), der mit dem νόμος τέλειος ό της έλευθερίας (1, 25) identisch sein wird. Auch hier bleibt das eschatologische Motiv bewahrt, sofern die lex libertatis als endzeitlicher Richter aufscheint (2, 12). 10 Vgl. oben S. 74, Anm. 40. 11 Doch haben sich überkommene rituelle Vorschriften de rebus sexualibus 4

11'

164

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

(3) Haben die Neugetauften so mit ihrem alten, „heidnischen" Lebenswandel gebrochen — sie haben ehedem, ante baptismum, den Lüsten und mancherlei Begierden gedient (Tit. 3, 3), sie sind aber jetzt darunter nicht mehr versklavt — so gilt fortan (und das stimmt ganz mit der Tradition überein, die auch hinter der paulinischen Paränese steht) 1 2 der Imperativ, die erlangte Heiligkeit zu bewahren: „jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird; sehet zu, daß sich keiner von der Gnade Gottes trenne, daß nicht eine bittere Wurzel aufgehe und Unordnung schaffe und dadurch die Vielen befleckt werden, daß nicht ein Hurer oder ein gemeiner Mensch wie Esaù unter euch sei, der für eine einzige Speise seine Erstgeburt preisgab" (Hebr. 12, 14—16). Der Aufruf, die in der Taufe erlangte Heiligkeit, das neue Sein in Christus, zu bewahren, kann auch als Forderung erscheinen, das Fleisch vor Befleckung rein zu halten, wobei der Kontext zeigt, daß es sich dabei speziell um Warnung vor sexuellen Sünden handelt: Herrn, mand. IV, 1, 9 wird das „Fleisch" durch Ehebruch befleckt (μοιχεία έστίν, έάν τις τήν σάρκα αύτοϋ μιάνη); Herrn, sim. V, 7, 1—4 warnt vor der Befleckung des Fleisches, wobei die Warnung an die Adresse der gnostisch motivierten sexuellen Libertinage gerichtet ist 13 . Unter dem gleichen Thema des αγιασμός steht die Ermahnung 1. Kl. 30. Liegt dem Verfasser auch (vom konkreten Anlaß her) vor allem die Warnung vor Hochmut und Streitsucht vor Augen, so fehlt doch der Hinweis auf die μιαράς τε καί im nomistischen Judenchristentum erhalten. Das gilt f ü r die K e r y g m a t a P e t r o u : die Menstruierende ist unrein u n d m a c h t die unrein, die sie berühren (Horn. I I I , 24, 1); die monatliche Reinigung ist daher zu beobachten (Horn. X I , 33, 4 u. ö.) ; der Sexualverkehr mit einer Menstruierenden ist verboten (Horn. X I , 28, 1; 30, 1). Charakteristisch ist dabei der ausdrückliche Verweis auf das göttliche Gesetz (Lev. 15, 24; 18, 19) bzw. der Verweis darauf, daß sich der Dienst gegenüber Gott in der Einhaltung dieser Gebote konkretisiert (Horn. X I , 28, 1). Rituelle Reinigung nach dem Coitus fordert Horn. X I , 30, 1; 33, 4. Vgl. auch die geforderte rituelle Reinigimg nach sexueller Befleckung bei den von syr. didasc. vorausgesetzten judenchristlichen Gruppen (syr. didasc. 139, I f f . ; vgl. 122, 34ff.) u n d die Praxis der „Ebioniten" bei Epiph. pan. 30, 2, 4. 12 Vgl. oben S. 68ff. 13 Charakteristisch sind die Wendungen: τήν σάρκα σου ταύτην φύλασσε καθαράν καί άμίαντον (7, 1) . . . βλέπε, μήποτέ σου έπί τήν καρδίαν άναβη τήν σάρκα σου ταύτην φθαρτήν είναι καί παρα/ρήση αύτη έν μιασμφ τινι. έάν μιάνης τήν σάρκα σου, μιάνεις καί τό πνεϋμα το άγιον· καν μιάνης τήν σάρκα σου, ού ζήση (7, 2) . . . πώς σωθήσεται ó άνθρωπος ό μιάνας τήν σάρκα έαυτοϋ; . . . (7, 3) . . . έάν σου τήν σάρκα λοιπόν μή μιάνης μηδέ τό πνεύμα· αμφότερα γάρ κοινά έστιν καί άτερ άλλήλων μιανθήναι ού δύναται, άμφότερα ουν καθαρά φύλασσε, καί ζήση τω θεφ (7, 4). Die Ideologie der Adressaten ist noch deutlich zu erkennen (der Geist ist in Wahrheit leib-frei, er demonstriert seine Freiheit in der sittlichen Vergleichgültigung alles dessen, was mit dem Leib zusammenhängt; vgl. dazu u n t e n S. 200ff.). Zur Sprache vgl. Ign. Philad. 7, 2; a d P o l y c . 5, 2; 2. Kl. 8, 4. 6; 9, 3; 14, 3—15, 1.

Nachwirkungen des judenchristlichen Sexualrigorismus

165

άνάγνους συμπλοκάς bzw. a u f die μυσερά μοιχεία nicht (30, 1), wobei m a n freilich auch hier fragen k a n n , ob sich der Verweis nicht speziell g e g e n gnostisierende oder gnostische M o t i v a t i o n richtet. Aber daß die Warn u n g v o r U n z u c h t u n d E h e b r u c h a n u n d für sich z u m Standardk a t e c h i s m u s der Zeit gehörte, beweist 2. K l . 4, 3 ganz deutlich 1 4 . Diese W a r n u n g liegt auch d e m P r o p h e t e n w o r t Herrn, m a n d . I V zugrunde (vgl. I V , 1, 1: έντέλλομαί σοι . . . φυλάσσειν τήν άγνείαν), das d a n n den Grundsatz i m legalistischen Sinn weiter e n t f a l t e t 1 5 . J ü d i s c h e (bzw. judenchristliche) Tradition ist dabei wirksam, w e n n die sexuellen Laster als besonders gefährlich u n d zerstörerisch a n g e s e h e n u n d gelegentlich darum auch an die Spitze der Verbotslisten gestellt werden (ποταπαί . . . είσίν αί πονηρίαι άφ' ών δει ημάς έγκρατεύεσθαι ; . . . άπο μοιχείας και πορνείας Herrn, m a n d . V i l i , 3; vgl. X I I , 2, l ) 1 6 ; jüdische Tradition ist wirksam, w e n n Päderastie u n d H o m o s e x u a l i t ä t als besonders verwerfliche Laster angeprangert w e r d e n 1 7 — dergleichen darf sich bei den baptizati nicht finden, wollen sie d e m b e v o r s t e h e n d e n g ö t t l i c h e n Gericht e n t g e h e n (als festes Stück der T a u f e r m a h n u n g schon bei P a u l u s : 1. Kor. 6, 9 f . = Polyc. a d Phil. 5, 3; vgl. R o m . 1, 27; 1. Tim. 1, 10; doctr. apost. 2, 2; vgl. D i d . 2, 2; Barn. 10, 6 f . ) 1 8 ; jüdische 14

Kennzeichnend ist Herrn, mand. I, l f . (vgl. Dibelius, Herrn. 497ff.): Gottesprädikation, Gottesfurcht, Enthaltsamkeit, Verheißung des Lebens. Was Hermes unter έγκρατεύεσθαι versteht, zeigt mand. IV, 1 u. 4. 15 Dazu unten S. 167f. 16 I n Herrn, vis. II, 2, 2 sind die sexuellen Sünden (τάς άσελγείας καί συμφυρμούς πονηρίας) an das Ende gestellt: καί ούτως έπλήσθ-ησαν αί άνομίαι αύτών. An erster Stelle stehen die sexuellen Laster natürlich in de virg. I, 8, 2f. — Charakteristisch Ps. Clem. Horn. I I I , 68, 2: υπέρ πασαν γάρ άμαρτίαν ή της μοιχείας ασέβεια θεω έστύγηται . . . λύσση γάρ ϊοικεν, δτι της ιδίας μανίας μεταδιδόναι φύσιν έχει. — Die in Hipp. réf. I X , 15, 5 f. zitierte Bußformel der Elkesaiten nennt an erster Stelle (15, 6) den Ehebruch. Aber es wird ja nach dem Bericht des Hippolyt überhaupt die Erneuerung der Taufbuße durch den Sektenstifter Elkesai in besonderer Weise mit den sexuellen Sünden in Verbindung gebracht (15, Iff.). Ob es sich im übrigen bei der genannten Formel um einen Zauber gegen Tollwut handelt (wie Hippolyt darstellt) oder ob hier Tollwut Metapher für Konkupiszenz ist (so: E. Peterson, Die Behandlung der Tollwut bei den Eichasaiten nach Hippolyt. Ein Beitrag zur Geschichte des Ritus und der Theologie der altchristlichen Taufe, Frühkirche, 221 ff. ; näherhin: 227ff.), kann (ebenso wie die Frage nach der Literarkritik des Hippolyt-Textes, 232ff.) hier außer Betracht bleiben. 17 Dazu oben S. 69. Homosexualität innerhalb des Gottesvolkes verlangt nach rabbinischer Gesetzesauslegung die Todesstrafe (Sanh. VII, 4; Ker. I, 1; weiteres: Billerbeck, I I I , 72f.). Zu Philon: Heinemann, Philon, 283f. 18 παιδοφθορεϊν: Cl. Alex, protr. 108, 5 (GCS [12] 77); paed. II, 89, 1 (GCS [12] 211); I I I , 89, 1 (GCS [12] 285); ström. I I I , 36, 5. παιδεραστία: ström. I I I , 63, 3. Vgl. die Schilderung der Höllenstrafen in Apk. Petr.: für Ehebrecher (akhm. 24 = Hennecke-Schneemelcher, II, 475f.); für Homosexualität (äth. 10/akhm. 32 = II, 478). Höllenphantasien, in denen die Qualen derer geschildert werden, die sich sexuelle Verfehlungen zuschulden kommen ließen: act. Thom. 55ff. pp. 17Iff. — Jüdische Tradition ist auch dort wirksam, wo sich die neue Gemeinde gegen Abtreibung, Kindesmord, Kindesaussetzung

166

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

Tradition ist wirksam, wenn die bloß rechtliche Sphäre überschritten und die Sünde bis in die Regungen des „Herzens" hinein verfolgt wird (Herrn, vis. I, 1, 8 [als Deutung der Szene 1, If.]; mand. IV, 1, 1—3)19, oder wenn der Trieb hypostasiert wird: der άγγελος της πονηρίας (das dunkle Gegenbild zum άγγελος της δικαιοσύνης) hat im Menschen, nämlich in seinem „Herzen" Wohnung genommen, er ist es, der zum sündigen Werk antreibt, zu dem auch die έπιθυμίαι γυναικών gehören (mand. VI, 2,4fF. näherhin 2,5) 20 . Das gleiche Motiv kann auch (mehr an die rabbinische Tradition erinnernd) in der Gegenüberstellung von guten und bösen Begierden erscheinen (mand. X I I , 1, 1—3, l) 2 1 , wobei die Werke, mit denen die böse Begierde die Knechte Gottes zu töten pflegt (1, 3), sich vor allem in der επιθυμία γυναικός αλλότριας ή ανδρός zeigt (2, 1). Hinter all diesen Wendungen steht eine rigoristische Sittlichkeit, ein leidenschaftliches Verlangen nach sexueller „Reinheit", wie wir es aus den verschiedenen Kreisen des chasidisch beeinflußten, nachbiblischen Judentums kennen 22 . Es ist aber dabei nicht zu vergessen, daß die rigoristische Tradition durch die eschatologische Motivation an Schärfe gewinnt. Im Hebr. mündet die Warnung, es möge sich in der Gemeinde ja kein πόρνος ή βέβηλος ώς Ήσαΰ finden (12, 16), in einen der drei Hinweise auf die Unmöglichkeit, die Buße zu erneuern (12, 17) 23 ; und nicht zufällig findet sich gerade mitten im Ehekapitel Herrn, mand. IV ein Exkurs über die gleiche Frage (3, 1—7), wobei die Erleichterung, die der Prophet gewährt, für die Situation der Kirche, in der er lebt, charakteristisch ist. Solche Überlegungen zeigen, daß die ursprüngliche eschatologische Motivieausspricht: doctr. apost. 2, 2, vgl. Did. 2, 2; 5, 2; Barn. 19, 5; u. Diog. 5, 6 (dort als besonderes Charakteristikum der Christen, daß sie Kinder nicht aussetzen). 19 Vgl. Did. 3, 3; im übrigen den Aufruf zur Reinheit des Herzens in der Taufparänese der judenchristlichen Kerygmata Petrou (Horn. X I , 28, 2ff.). Hier sind rituelle Reinheit und innere Reinheit des „Herzens" miteinander verbunden, ohne einander auszuschließen (vgl. oben S. 163f, Anm. 11). Im übrigen: Horn. X I , 32, 1 (nicht erst der Ehebruch, schon die ehebrecherische Begierde ist Sünde). Zur Nachwirkung der jüdischen Tradition, die die „Augenlust" verurteilt, vgl. noch: act. Joh. 29 pp. 166f.; 113 p. 213 (zum Ganzen: Berger, Gesetzesauslegung, I, 319f.). 20 Zur Diskussion der Frage, ob hier die Zwei-Geister-Lehre von Qumran einwirkt, vgl. Braun, Qumran, II, 185ff. Zum Judentum des Hermas: L. W. Barnard, Hermas and Judaism, Stud. Patr. VIII, 2, TU 93, 1966, 3ff. 21 Billerbeck, IV, 466ff. 22 Vgl. oben S. 26ff. 23 Vgl. 6, 4ff. ; 10, 26. Natürlich versteht der aut. ad Hebr. solche Aussagen noch nicht als Sätze positiven kirchlichen Rechts, sondern es sind für ihn paränetische Sätze, die sich eschatologisch motivieren. Der Sinn dieser Sätze ist es, die Unbedingtheit und Unwiderruflichkeit der Umkehr zum Ausdruck zu bringen, eine Unbedingtheit, die jedes Kokettieren mit neuerlichem Rückfall und neuerlicher Buße ausschließt.

Nachwirkungen des judenchristliehen Sexualrigorismus

167

rung des Rigorismus noch in Erinnerung ist, wenn freilich auch der Fortgang der Zeit und die Unmöglichkeit, die eschatologische Unmittelbarkeit festzuhalten, dazu gezwungen hat, m i t dem Gedanken der Unwiderruflichkeit der μετάνοια zu brechen 2 4 . (4) Hierher gehört schließlich auch die weitere Traditionsgeschichte des Ehescheidungsverbotes. Wir haben uns dabei d a r a n zu erinnern, daß die geschichtlichen Voraussetzungen des jesuanischen Ehescheidungsverbotes im jüdischen Sexualrigorismus liegen, der freilich bei Jesus selbst zur eschatologischen Rechtskritik weiterentwickelt erscheint 2 5 . Die Entwicklung verläuft so, d a ß einerseits die eschatologische Rechtskritik nicht festgehalten wird (so d a ß Jesu Verbot wiederum zur lex werden muß), u n d d a ß andererseits (nachdem J e s u Verbot den Charakter eines Rechtssatzes erhalten h a t ) die kasuistische E n t f a l t u n g des Verbotes einsetzt. Beides ist bereits bei Paulus zu beobachten gewesen: 1. Kor. 7, lOf. versteht das Verbot J e s u als Rechtssatz (der f ü r die Kultgemeinde als absolut verbindlich anzusehen ist); 7, 12ff. zeigt die kasuistische E n t f a l t u n g des Rechtssatzes: es werden die Ausnahmen bestimmt, die nicht u n t e r das Gesetz fallen 2 6 . Als Rechtssatz ist J e s u Verbot aber auch in der judenchristlichen Tradition verstanden worden, die hinter der Gestalt des Verbots in Mt. 5, 32; 19, 9 steht 2 7 . Die Klausel formuliert die Ausnahmebestimmung, die das sonst geltende Gebot des H e r r n außer K r a f t setzt. I n solchen Formulierungen kehrt das Motiv, das auch noch (wenn auch in transzendierter Weise) in der Verkündigung Jesu wirksam war, wiederum zu seinem rigoristischen Ursprung zurück: das ursprünglich eschatologische Verbot wird nunmehr zu einem innerkirchlichen Rechtssatz besonders rigoroser Art. Das formulierte R e c h t erweist die Heiligkeit u n d Ausgegrenztheit der Gemeinde. Das besondere Interesse der judenchristlichen Tradition erweist hier wiederum P a s t . Herrn., der (unabhängig von Mt.) das matthäische Motiv fortsetzt. Herrn, m a n d . IV, 1, 4—11 kennt offenbar die Bestimmung, derzufolge die πορνεία der F r a u als Anlaß gilt, sie wegzuschicken. Eine „Ehescheidung", die das Eingehen einer neuen E h e ermöglicht, k e n n t aber natürlich auch Herrn, nicht. Die ehebrecherische F r a u wird lediglich weggeschickt, damit der Mann sich nicht mit der Ehe24 Die Motivation des Herrn, ist zwiespältig. Zur Auslegungsproblematik vgl. Η. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, BHTh 14, 1953, 239 und ebdt., Anm. 4. — Der Sektenstifter Elkesai gewährte den Ehebrechern eine zweite Taufbuße: Hipp, réf. I X , 15, l f . —• Die Entwicklung der kirchlichen Bußpraxis ist selbstverständlich hier nicht zu verfolgen (vgl. v. Campenhausen, 135ff. 234ff. u. passim). 25 26 27 Vgl. dazu oben S. 21 ff. Vgl. oben S. 98ff. Vgl. oben S. 50ff.

168

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

brecherin befleckt. Die Freiheit zu einer neuen Verbindung hat er nicht, das vinculum, hält an. Zudem ist zu beachten : der Mann hat nicht eigentlich das Recht, sondern vielmehr die religiöse Pflicht, die Ehebrecherin zu verstoßen. Als maßgebend tritt hier nicht die sittliche Motivation in Erscheinung, sondern ein kultischer Begriff sexueller Reinheit. Die Durchbrechung der kultischen Motivation durch Verkündigung und Verhalten Jesu scheint ganz vergessen zu sein 28 29. (5) Wir halten also fest: die uns schon aus der vorpaulinischen Tradition bekannten Motive rigoristischer Sexualparänese wirken auch in der Epoche der Stabilisierung und Entwicklung zur Großkirche nach. Die Motive, die hier aufgenommen sind, stammen letztlich aus „erweckten", „chasidischen" Kreisen des nachbiblischen Judentums; sie haben im Judenchristentum und durch die Mission des hellenistischen Judenchristentums auch bei den Heidenchristen Eingang gefunden. Die Motive sind „gemeinchristlich", speziell großkirchlich geworden. Sodann: während bei bestimmten judenchristlichen Gruppen einige speziell alttestamentliche Gebote ritueller Reinheit in rebus sexualibus weiter in Geltung bleiben 30 , hat die Großkirche (in Nachfolge der Entscheidung, die einst das hellenistische Judenchristentum der Heidenmission getroffen hat) diese rituellen Gebote preisgegeben — und zwar ohne jede weitere Reflexion. Es wird in Zukunft zur „Ortho28 Auch die weitere Entwicklung ist durch die beiden Elemente bestimmt : Jesu Verbot gilt als Rechtssatz, der nach kasuistischer Auslegung verlangt. Ganz auf der Linie des Herrn, steht Tert. adv. Marc. IV, 34 (CCL 1, 636): der christliche Gatte h a t sich von der ehebrecherischen F r a u zu scheiden. Umgekehrt wird m a n l u s t . apol. I I , 2, 6 so zu verstehen haben, daß sich die Christin von dem hurerischen Mann trennt. Hier ist überall die Trennung auf Grund von πορνεία möglich, eine zweite E h e bei Lebzeiten des geschiedenen Gatten (oder der Gattin) ausgeschlossen. Ausdrücklich: CI. Alex, ström. I I , 145, 3. Doch konnte u n d wollte das kirchliche Gewohnheitsrecht diese rigorose Position nicht durchwegs aufrecht erhalten. Vgl. zum Ganzen u n d zur weiteren E n t wicklung: RAC IV, 714ff. (Delling). 29 Eine Sonderstellung n i m m t ein die Verwendung des Ehescheidungsverbotes in Ptolem. epist. ad Floram bei Epiph. pan. 33, 4, 4—10. Der gnostische Exeget k e n n t das Verbot aus Mt. 19. E r setzt seine Geltung innerhalb der christlichen Gemeinden voraus. Doch geht er im Zusammenhang seines Lehrbriefes nicht auf die Sachfrage ein, sondern verwendet die ganze Causa lediglich als willkommenes Exempel f ü r sein spezifisches theologoumenon : die mosaische Gesetzgebung ist (wie eben Mt. 19, 6 ff. zeigt) mit der göttlichen nicht identisch. Die J u d e n vermochten wegen ihrer σκληροκαρδία das göttliche Gebot nicht zu halten. Mose gab ihnen deshalb (auch u m Schlimmeres zu verhüten: 4, 8) ein anderes, zweites Gesetz, nämlich die Erlaubnis der Scheidung. F ü r Ptolemäus beweist der Text : die lex Mosis steht im Gegensatz zur lex Dei. (Zusammenhang : die Lehre von den drei Teilen des Gesetzes : 4, 2 ff. Wobei nicht vergessen werden darf, daß nach der Ideologie des Ptolemäus der gesetzgebende Gott niemand anderer ist als der Demiurg: 7, 2ff.). 30 Siehe oben S. 163f., Anm. I I !

Nachwirkungen des judenchristlichen Sexualrigorismus

169

praxie" gehören, daß diese Gebote für den baptizatus nicht in Geltung sind. Eine Ausnahme bildet lediglich die aus judenchristlicher Tradition stammende Vorstellung von der kultischen Unreinheit der Ehebrecherin (des Ehebrechers). Diese Vorstellung dient zuweilen als Motivation in der kasuistischen Behandlung der Ehescheidungsfrage. Schließlich : Die Motive rigoristischer Sexualparänese werden von der eschatologischen Motivation her verschärft. Und doch liegt gerade darin auch das Grundproblem beschlossen. Es zeigt sich, daß der ursprüngliche eschatologische Ansatz nicht radikal durchgehalten werden kann — die ursprüngliche eschatologische Transzendierung der sittlichen Positivität geht verloren, sie wird durch die bloße Moralradikalisierung ersetzt. Auch darin tritt die sich herausbildende Großkirche das Erbe des hellenistischen Judenchristentums bzw. des von ihm missionierten Heidenchristentums der Frühzeit an 3 1 . Aber die Frage lautet ja: kann überhaupt der eschatologische Anspruch aufrechterhalten werden, wenn die Gemeinden aufhören, kleine, elitäre Gruppen zu bilden, wenn an ihre Stelle die sich konstituierende Großkirche tritt ? Und ist es dann vermeidbar, daß sich schließlich innerhalb der großkirchlichen Gemeinschaft neuerlich elitäre Gruppen formieren, die (unter veränderten Bedingungen) den ursprünglichen Radikalismus zu verwirklichen suchen ? Damit erst berühren wir die Zukunftsfrage der frühchristlichen Askese !

§ 16. Ansätze zur Ausbildung eines eigenen

Asketenstandes

Man hat dabei von zwei unbestreitbaren Daten auszugehen. Einmal davon, daß die christlichen Anfänge einen eigenen Asketenstand noch nicht kennen. Auch das Logion Mt. 19, 12 (welcher Traditionsschicht immer es zuzuweisen ist) 1 ist keineswegs so zu verstehen, daß es einen eigenen status instituiert, der sich von dem status des Normalchristen unterschiede. Zum anderen: wenn auch die christlichen Anfänge einen eigenen abgegrenzten Stand von Asketen nicht kennen, so wird er doch keineswegs eo ipso ausgeschlossen. Die Anfänge sind — im Gegenteil — durch eine bemerkenswerte Unsicherheit darüber bestimmt, wie weit die eschatologische Existenz zur Askese verpflichtet. Dem anfänglichen eschatologischen Enthusiasmus liegt die Annahme nahe, daß innerhalb der seit der Taufe gewonnenen neuen Existenz die sexuelle Gemeinschaft sinnlos oder mindestens fragwürdig 31 1

Siehe schon oben S. 74. Vgl. oben S. 53ff.

170

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

geworden ist. Wir werden sehen, daß bei christlichen Gruppen, die erst spät in den Katholisierungsprozeß eingefügt worden sind, tatsächlich Taufe und Eheverzicht kombiniert worden sind 2 . Aber wir haben die eben gestellte Frage selbst im Umkreis der paulmischen Mission kennengelernt : es ist dies, wie wir gesehen haben 3 , die Frage, von der die korinthische Gemeinde bestimmt war (und zwar in diesem Punkt ohne den Einfluß gnostisierender Ideologie) 4 . Wenn Paulus den Enthusiasmus „bremst", dann jedenfalls nicht so, daß er die Ehelosigkeit oder auch nur das Verlangen nach ihr bekämpft (das hieße aus Paulus einen nomistischen Judenchristen machen, denn für diese Gruppen war der Kampf gegen das Virginitätsideal kennzeichnend) 5 , sondern vielmehr deshalb, weil er die Gefahr des Radikalismus erkennt und abwehren will 6 . Wie sich daraus, ohne bewußte Absicht, ausschließlich aus dem Sachzwang, eine Position ergibt, die faktisch dazu führen muß, zwei verschiedene Gruppen innerhalb der Gemeinde zu unterscheiden, wie also à la longue ein eigener Stand von Asketen entstehen muß, der als Elite gegenüber dem Rest der Gemeinde abgegrenzt ist, haben wir bereits gesehen 7 . Und in der T a t : die Ausbildung eines eigenen Asketenstandes liegt in der Natur der Sache, wenn einerseits am ursprünglichen radikalen eschatologischen Anspruch festgehalten, andererseits aber die radikale Forderung als Forderung für jedermann aufgegeben wird. In dem Widerspruch, der daraus entsteht (in dem Widerspruch nämlich, daß das eschatologische Gottesvolk eine elitäre Gruppe innerhalb seiner eigenen Reihen besitzt), kehrt unter veränderten Bedingungen der Widerspruch der Anfänge wieder (nämlich der Widerspruch zwischen der Radikalität der eschatologischen Motivation und dem Zwang, sich mit den Bedingungen der Entfremdung zu arrangieren). 1. Die asketische Elite Die anfängliche Unbestimmtheit des Standpunktes findet in den beiden Großevangelien ihren Niederschlag. Matthäus steht einerseits durchaus in der Linie eschatologischer Radikalisierung des jüdischen Sexualrigorismus, wenn er das Logion 5, 28 mit dem Doppelspruch vom Ärgernis 5, 29 f. verbindet 8 . Der Doppelspruch bekommt dadurch eindeutigen Bezug zu sexuellen Sünden 2 Vgl. unten S. 176ff. Die Frage hat zuerst K. Müller untersucht: Die Forderung der Ehelosigkeit für alle Getauften in der alten Kirche, Vortr. u. Aufs., 63ff. 3 4 Vgl. oben S. 81 f. Ebdt. 5 Vgl. unten S. 172, Anm. 17 über judenchristliche Reserve gegenüber dem Virginitätsideal. 6 7 Vgl. oben S. 80¡f. Oben S. 123 f. 8 Vgl. oben S. 29f.

Ansätze zur Ausbildung eines eigenen Asketenstandes

171

u n d r u f t nunmehr zur radikalen Ausrottung der verbotenen Begierde. I m Sinne des Evangelisten ist das Wort wohl bereits als gesetzliche Weisung zu verstehen, d. h. also nicht mehr als paradoxer Ausdruck f ü r die radikale Reinheit des „Herzens" (wie es Jesus verstanden haben wird), sondern als Mandat, das an die Gemeinde ergeht, der die Verwirklichung der „besseren Gerechtigkeit" (5, 20) zugemutet wird. Auf der anderen Seite ist es kennzeichnend, daß sich der Evangelist bemüßigt fühlt, der Tradition, die er in 19, 3 — 9 zitiert (verändernd zitiert) 9 , das Rätselwort 19, 11 f. anzuschließen, das er nicht bei Mk. fand, sondern der Tradition seiner eigenen Gemeinde verdanken wird. Dieses W o r t spricht nicht von der Ehe, sondern vom Eheverzicht, genauer: vom Sexualverzicht. Daß Mt. damit den besseren, den eigentlich angemessenen Weg beschreiben will, steht außer Frage. Eine Unterscheidung in zwei „ S t ä n d e " verbindet er damit noch nicht. Indessen: auch hier liegt eine solche Unterscheidung in der Konsequenz des eingeschlagenen Weges. Noch weniger bestimmt sind die Aussagen bei Lukas. Eine Verbindung unseres Themas mit der heilsgeschichtlichen Gesamtkonzeption, die dem lukanischen Werk zugrunde liegt, h a t der Evangelist an keiner Stelle versucht. D a ß Christen ehelich miteinander leben, wird als selbstverständlich vorausgesetzt (act. 5, 1; 21, 5), aber besondere charismatische Begabung verbindet sich — ebenso gelegentlich u n d ohne diesbezügliche Reflexion — mit der Virginität (act. 21, 9) 10 . Von der Prophetin H a n n a wird ausdrücklich bemerkt, daß sie bis zu ihrer siebenjährigen 1 1 Ehe ihre Jungfrauenschaft, u n d nach dem Tod ihres Mannes ihre Witwenschaft bewahrt h a t t e (Lk. 2, 36f.) — m a n erinnert sich an 1. Kor. 7, 8. 39f., vor allem aber an den Ordo der Witwen, den 1. Tim. 5, 3—16 voraussetzt 1 2 . Die Hanna-Szene ist vielleicht der Redaktion des Evangelisten zuzuschreiben 1 3 , wahrscheinlicher ist aber die Annahme 1 4 , daß ihr vorlukanische, ursprünglich jüdische („heterodox" — jüdische) Tradition zugrunde liegt. H a n n a verkörpert das Ideal der sexuell enthaltsam lebenden Frau, die sich ganz dem Gebet und dem Fasten widmet (Lk. 2, 37). Der Evangelist hat d a n n freilich in ihr schwerlich etwas anderes gesehen als das Urbild jener „Witwen", die zum kirchlichen Ordo gehören 1 5 . Charakteristisch ist der lukanische Zusatz Lk. 20, 34bf. : οί υιοί του αιώνος τούτου γαμοϋσιν καΐ γαμίσκονται, οί 8è καταξιω-9-έντες τοϋ αιώνος έκείνου τυχεϊν καί της άναστάσεως της έκ νεκρών . . . Der Grundgedanke der Mk.-Vorlage wird dadurch vom Evangelisten verschärft: Heiraten und Sich-Heiraten-Lassen: das sind Charakteristika des vergehenden Äons u n d der diesem Äon verfallenen Menschheit. Rechnen sich die Christen zu » Dazu oben S. 16f. Die H e r k u n f t der Tradition ist ungewiß, vgl. H . Conzelmann, Die Apostelgeschichte, H N T 7, 1972 (2. Aufl.), 130. Die altkirchliche Überlieferung über die Töchter des Philippus: Papias bei Eus. hist. eccl. I I I , 39, 9; Polykrates bei Eus. I I I , 31, 3 (vgl. V, 24, 2) ; Gajus bei Eus. I I I , 31, 4; CI. Alex, ström. I I I , 52, 5. Die altkirchliche Überlieferung verwechselt dabei den Apostel u n d den „Evangelisten". Die Angaben über die θυγατέρες sind widerspruchsvoll. Hennecke-Schneemelcher, I I , 28f. (Bauer). 11 sys und Ephr. lesen „sieben Tage". 12 Vgl. unten S. 174f. 13 Grundmann Lk. 88: „Möglicherweise ist auch die Schilderung H a n n a s als idealer Witwe (V. 36b. 37) Zufügung zum ursprünglichen vorlukanischen Erzählungsbestand' '. 14 Müller-Bardorff, Exegese, 126ff. 15 Ähnliche Tendenzen würden wir in der idealen Szene Lk. 10, 38—42 wiederfinden, wenn sie wirklich, wie ich annehmen möchte, in der Zeichnung des Schwesternpaares die Gegenüberstellung der in der Welt Dienenden u n d der dem Herrn allein „Hörigen" (vgl. 1. Kor. 7, 35) zum Skopus h a t . Vgl. oben S. 113, Anm. 162. 10

172

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

ihnen? Nicht weniger kennzeichnend ist der Zusatz in Lk. 18, 29b, wo unter denen, die u m der Gottesherrschaft willen verlassen werden, auch die E h e f r a u aufgezählt wird. Der Evangelist fühlt sich veranlaßt, nachzutragen, was die Vorlage (Mk. 10, 29) „vergessen" zu haben schien: die Nachfolge (ob nur an das Martyrium gedacht ist ?) zerbricht auch die Bindung der ehelichen Gemeinschaft. Aber wiederum: eine Reflexion über totale u n d partielle Nachfolge ist d a m i t nicht verknüpft. Die Motive stehen noch unvermittelt nebeneinander 1 6 .

Die Entwicklung zur Ausbildung eines elitären Standes von sexualasketischen Spiritualen, die die christliche Existenz in allein angemessener Radikalität verwirklichen, hat sich unter dem Zwang der durch die widersprüchliche Motivation bestimmten Sachlage aufgedrängt. Kennzeichnend ist, daß die Existenz eines solchen Standes keiner besonderen Rechtfertigung oder Legitimierung bedurfte 17 . Was von den Autoritäten der sich bildenden Großkirche dazu zu sagen ist, warnt lediglich (und das ist womöglich noch kennzeichnender) vor dem damit verbundenen Hochmut der Elite, vor dem ekstatischen Selbstbewußtsein der Pneumatiker, wobei sich diese Warnung des Gedankens bedienen kann, daß besondere Gaben auch zu besonderer Dankbarkeit (und der damit verbundenen Demut!) verpflichten. Deutlich ist das für 1. Kl. 38, 2: ó άγνος έν τη σαρκί μή άλαζονευέσθω, γινώσκων, δτι ετερός εστίν ό έπιχορηγών αύτω την έγκράτειαν. Damit kann kein anderer gemeint sein als der Sexualasket, dem die Gabe der εγκράτεια verliehen ist, nämlich der vollständigen Ent-

18 I n analoger Weise h a t der Evangelist schon in 14, 26 καΐ την γυναίκα eingefügt. Das Wort aus Q (vgl. Mt. 10, 37f.) ist auch sonst gegenüber Mt. verschärft. Möglicherweise ist auch Lk. 14, 20 eine lukanische Einfügung (so Linnemann, Gleichnisse, 95. 99. 164, Anm. 8; 166f., Anm. 16). — H . Greeven, N T S t 15 (1968/69) 374, Anm. 2 möchte freilich auch im ursprünglichen Text von Mt. 19, 29 (gegen Β D min e a b ff 1 · 2 n r 2 sy s -P Iren. Orig.) η γυναίκα lesen. — Fragwürdig die Ausführungen bei D. L. Balch, NTSt 18 (1971/72) 353f. 17 Daß bestimmte judenchristliche Gruppen die Ehelosigkeit ablehnten, steht dabei auf einem anderen Blatt. Die Quellenlage ist schwierig. Mit Sicherheit läßt sich nur sagen, daß die judenchristlich-gnostische Sekte der Elkesaiten die Virginität abgelehnt h a t (Epiph. pan. 19, 1, 7: απεχθάνεται δέ -rfj παρθενία, μισεί δέ τήν έγκράτειαν, άναγκάζει Sk γαμεΐν). Zweifellos wirkt hier die jüdische Vorstellung von der Pflicht zur E h e ein, wahrscheinlich auch der gut jüdische Gedanke von der E h e als Schutz vor unerlaubter Konkupiszenz. I n der elkesaitischen Verwerfung der Virginität haben wir also eine deutliche Regression in die genuin jüdische Überlieferung vor uns. Schwierig ist die Frage hinsichtlich des nomistischen Judenchristentums. Ps. clem. hom. ep. Clem. a d J a c . 7, 1 f. ; Horn. I I I , 68, 1 liegt ein ähnlicher Gedanke zugrunde : die Jimgen u n d Älteren werden zur E h e gedrängt, u m επιθυμία zu vermeiden. H o m . I I I , 26, 4 liegt ein etwas anderer S t a n d p u n k t vor: hier wird die E h e vorgeschrieben, aber doch die Enkratie konzediert. Nach dem Bericht des Epiph. pan. 30, 2, 6 h a t t e die Virginität im Judenchristentum eine merkwürdige Geschichte: ursprünglich h ä t t e auch das Judenchristentum (aber welches meint Epiphanius hier?) die Virginität hochgehalten. Erst später sei es zur Verwerfung der Virginität u n d Enkratie gekommen. Vgl. Peterson, Askese, 212f.

Ansätze zur Ausbildung eines eigenen Asketenstandes

173

haltung von aller manifesten sexuellen Betätigung 1 8 . Die Legitimität einer solchen Askese wird natürlich mit keinem Wort in Zweifel gezogen, vielmehr wird ausdrücklich bescheinigt, daß Gott selbst es ist, der die Gabe der εγκράτεια darreicht. Was der Verf. des 1. Kl. dazu zu sagen hat, beschränkt sich auf die Warnung vor der Sünde der Überheblichkeit, zu der die Auszeichnung durch das donurn continentiae verführt. Die Parallele steht Ign. ad Polyc. 5, 2: εΐ τις δύναται έν άγνεíqc μένειν εις τιμήν της σαρκός του κυρίου, έν άκαυχησία μενέτω. εάν καυχήσηται, άπώλετο, και έάν γνωσθ-η πλέον τοΰ έπισκόπου, έ'φθαρται. Wenn Ign. im folgenden auf die Eheleute zu sprechen kommt, so zeigt das Nebeneinander von Askese und Ehe die bereits ausgebildete Zwei-Stände-Moral, die Anweisungen für die Eheleute und Anweisungen für den Hochweg der Asketen kennt 1 9 . In der Anweisung an die Asketen ist die Wendung merkwürdig, das „Reinbleiben" 2 0 vollziehe sich εις τιμήν της σαρκός τοΰ κυρίου. Ign. denkt vielleicht an den Christus κατά σάρκα (und die Ehelosigkeit Jesu wäre das Vorbild, das der Asket — zur Ehre des Fleisches des Herrn — nachahmt) 2 1 ; möglich ist freilich auch, daß mit σάρξ του κυρίου die έκκλησία gemeint ist 2 2 : Ign. würde dann auch an dieser Stelle auf bestimmte SyzygieVorstellungen anspielen, die wir sehr bald bei ihm kennenlernen werden 23 . Deutlich ist auf jeden Fall die — geradezu paulinisch klingende 24 — Warnung vor dem Selbstruhm. Auf die Warnung folgt die Drohung: zugrunde geht, wer dem Selbstruhm verfällt, und dies insbesondere dann, wenn sich das asketische Selbstbewußtsein gegen die bischöfliche Autorität auflehnt 2 5 . Der Asket darf nicht mehr gelten wollen als der Bischof: die kirchliche Institution (gerade erst im Begriff, sich in einigen Gemeinden als ordo triplex mit dem monarchischen Bischof an der Spitze zu installieren) hat auch auf diesem Gebiet Mühe, sich gegenüber den Ansprüchen der Spiritualen durchzusetzen, und 18 Knopf, 1. Klem. 110; ThW VII, 147, 24ff. (Schweizer). Vgl. auch έγκράτεια έν άγιασμφ (1. Kl. 35, 2). 19 lust. apol. I, 29 unterscheidet zwei Gruppen von Christen: die einen, die (lediglich zum Zweck der παίδων ανατροφή) heiraten, die anderen, die sich der Ehe ganz enthalten. 20 Zum Ausdruck vgl. oben S. 164 und Anm. 13. Doch bezeichnet der Ausdruck hier nicht die castitas in genere, sondern die castitas, die sich in der Ehelosigkeit zeigt. 21 22 Bauer, Ign. 278. Schlier, Eph. 271. 23 Vgl. unten S. 189ff. Schlier, Eph. 271 f. erwägt die Möglichkeit, daß Ign. hier an geistliche Verlöbnisse anspielt. 24 ThW III, 648ff. (Bultmann). Vgl. 653, 25ff. 25 Das hat Niebergall, Eheschließung, 114ff. u. passim gut herausgestrichen. Aber daß Ign. dem Bischof Polykarp rät, sich auf die Seite der Ehewilligen gegen die Asketen zu stellen (so Niebergall, 118 u. ö) verzeichnet den Sinn der Stelle.

174

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

das umso mehr, als die Art von „katholischem" Christentum, die ein Ign. vertritt, die Sexualaskese an und für sich durchaus favorisiert. Die Lösung, die gefunden wird, sieht so aus: Die έν άγνεία μένοντες bilden einen eigenen Stand innerhalb der Gemeinden26. Der EliteCharakter dieses Standes wird nicht geleugnet; aber sein Exklusivitätsanspruch wird verworfen27, und zwar sowohl durch Rekurs auf ein paränetisches Motiv (die Kontinenz ist Gabe, und daher kein Anlaß zum Selbstruhm) 28 als auch durch Rekurs auf die potestas des monarchischen Bischofs: die Spiritualen sollen sich dieser potestas unterstellen 29 . Daß dabei innerhalb der Sexualaskese der παρθένος eine besondere Rolle zukommt (vgl. schon 1. Kor. 7, 25—35) 30 , hängt mit den Syzygie-Vorstellungen zusammen. Die virgo ist die sponsa dei bzw. sponsa Christi: vgl. dazu u n t e n S. 186ff. 31 . I n diesen Zusammenhang gehört auch der urchristliche u n d frühchristliche ordo der Witwen, dessen geschichtliche Wurzeln vielleicht im „heterodoxen" J u d e n t u m zu suchen sind 3 2 . Die Polemik des Verf. von 1. Tim. 5, 3ff. setzt die Existenz eines solchen ordo bereits voraus 3 3 . Die Tradition f ü h r t zurück zu Lk. 2, 36ff. u n d voraus zu Ign. Sm. 13, 1 ('Ασπάζομαι . . . καΐ τάς παρθένους τάς λεγομένας χήρας) 34 . Vgl. weiter: ad Polyc. 4, 1 ; Polyc. ad Phil. 4, 3; 26 Spätere Belege: l u s t . apol. I, 29, 1 ; I, 15, 6: Και πολλοί τίνες καΐ πολλάί, έξηκοντοϋται και έβδομηκοντοϋται, οΐ έκ παίδων έμαθητεύθησαν τω Χριστώ, άφθοροι διαμένουσι. Athen, suppl. 33; Min. Fei. Oct. 31, 5. Vgl. das Folgende über παρθένοι u n d χηραι. 27 Did. 11, 11 spielt wohl auf Asketen („Propheten") an, die ihren Sexualverzicht mit Syzygievorstellungen motivieren (vgl. unten S. 191). Solchen Spiritualen wird (nach dem griechischen Text) ausdrücklich die Freiheit zu ihrer Weise der Sexualaskese bescheinigt, solange sie diese Weise nicht allgemeinverbindlich machen wollen. Der Rekurs auf die potestas episeopalis fehlt natürlich hier. — Schwierig ist die Deutung von Did. 6, 2. Die Annahme, es handle sich hier u m einen Hinweis auf die Sexualaskese (die der τέλειος als δλον τον ζυγόν τοϋ κυρίου auf sich nimmt, während der Normalchrist leisten soll, was er auf diesem Gebiet leisten kann), ist neuerdings von A. Stuiber, „Das ganze Joch des H e r r n " (Did. 6, 2—3), Stud. P a t r . IV, 2, T U 79, 1961, 325f. verworfen worden. Mir scheint in dieser Frage aber noch nicht das letzte Wort gesprochen zu sein. 28 Vgl. noch: Min. Fei. Oct. 31, 5: plerique inviolati corporis virginitate perpetua fruuntur potius quam gloriantur. Tert. de virg. vel. 13, 3 (CCL 2, 1223): Et si a Deo confertur continentiae uirtus, quid gloriaris quasi non acceperis? 29 Das ist natürlich spezifisch ignatianisch ; zugleich die Lösung der Zukunft. 30 Vgl. dazu oben S. 106ff. 31 Die Sexualaskese h ä n g t so sehr an der Vorstellung von der sponsa dei, d a ß der Begriff παρθένοι auch auf männliche Asketen ausgedehnt werden k a n n : Apk. 14, 4. 32 Müller-Bardorff, Exegese, 126ff. 33 Dazu Müller-Bardorff, Exegese, 113ff.; T h W I X , 444ff. (Stählin), χήρα ist hier also spezifischer term, techn. f ü r die „Gemeindewitwe". Technisch gebraucht ist auch καταλέγειν (V. 9) = durch Wahl in eine Körperschaft aufnehmen; u n d παραιτεΐσθαί τινα (V. 11) = jemandes Wahl ablehnen; vgl. Stählin, 445, 2Iff. Es ist in der Tat wahrscheinlich, daß schon 1. Tim. 5, 3ff. eine Art „halbklerikale" Körperschaft meint (Stählin, 445, 24). Zur weiteren Entwicklung des ordo viduarum vgl. Stählin, 451 ff. 34 Die Stelle ist freilich textlich unsicher, vgl. Bauer, Ign. 273. Auch der

Ansätze zur Ausbildung eines eigenen Asketenstandes

175

syr. didasc. 14f.; Tert. de virg. vel. 9, 2 (CCL 2, 1219). Das „ A m t " der χήρα ist die oratio perpetua (1. Tim. 5, 5). Durch ihre Kontinenz sind die Witwen zur Begabung mit Charismen besonders befähigt (Lk. 2, 38) 35 . 1. Tim. 5, 11 f. läßt noch deutlich erkennen, daß das Motiv der Witwenaskese die Aufopferung an den Kyrios ist: die Gotteswitwe ist im Grunde (wie die παρθένος) Gottesbraut 3 6 . Nach dem Verlust ihres Mannes gehört sie ganz u n d gar ihrem erhöhten Kyrios 37 . Geht sie eine neue sexuelle Gemeinschaft ein, d a n n bricht sie die πίστις, d. h. das Treueverhältnis 3 8 , das sie ihrem Kyrios schuldet. Die erkennbare Einstellung zu dieser F o r m der Askese ist kennzeichnend: sie soll unter der Kontrolle der kirchlichen Amtsträger bleiben, was offenbar da u n d dort auf Widerstand stieß. Der Verf. der Past, sucht die Zahl der χήραι zu beschränken 3 '. Der (gnostisierende ?) Enthusiasmus h a t auch diese Charismatikerinnen ergriffen. Es ist bei alledem kennzeichnend, daß weder der Verf. der Past, noch Ign. dem ordo viduarum als solchem den K a m p f ansagen. Vielmehr wird der Versuch unternommen, die Formen der Spiritualität, die sich von selbst ausgebildet haben, in die sich herausbildende ecclesia catholica zu integrieren, u n d d. h. natürlich auch : den kirchlichen Amtsträgern zu unterwerfen. Sinn des Textes ist undeutlich. Entweder sind Witwen gemeint, die den Ehrennamen παρθένοι tragen, oder (so Bauer) Jungfrauen, die in den ordo viduarum aufgenommen worden sind. Die Polemik Tertullians (de virg. vel. 9, 2 [CCL 2, 1219]) beweist jedenfalls, daß solche Vorkommnisse möglich waren. 35 Müller-Bardorff, Exegese, 125. 39 Vgl. die Vermutungen bei Müller-Bardorff, Exegese, 128; T h W I X , 443, 14ff. (Stählin). 37 Sie entsagt der Ehe, die sie schon gekannt h a t ; ein Grund dafür, daß zuweilen die vidua noch der virgo vorgezogen wird: CI. Alex, ström. I I I , 101, 5; vgl. V I I , 72, 2; 76, 3; Tert. a d u x o r e m I, 8 (CCL 1, 382). — Hierher gehört überhaupt die zwiespältige Einstellung zur Wiederverheiratung der Witwe. Zur Frage vgl. RAC I I I , 1016ff. (Kötting); H . Funke, JAC 8/9 (1965/66) 186ff. ; T h W I X , 428ff. (Stählin). Die zweite E h e ist erlaubt, das Alleinbleiben ist aber vorzuziehen. Das ist schon die Auffassung des Paulus (oben S. 121). Das Gebot an die jungen Witwen, sich ein zweites Mal zu verheiraten (1. Tim. 5, 14f.), ist wohl im Zusammenhang mit den Bedenken des Autors gegenüber einem eigenen „Witwenstand" zu sehen. Eine prinzipiell gültige Weisung will es gewiß nicht sein (und das vollends nicht, wenn ένός άνδρός γυνή 1. Tim. 5, 9 die vidua univira meint, die allein in den Stand der Gotteswitwen aufgenommen werden darf, vgl. jetzt auch Stählin, T h W I X , 446). Übrigens ist auch die analoge Forderung in 1. Tim. 3, 2 (für die Episkopen), 3, 12 (für die Diakone), Tit. 1, 5 f. (für die Presbyter) wohl so zu verstehen, daß beim Verwitweten der Verzicht auf Wiederverheiratung Voraussetzung für das kirchliche A m t ist (dazu : Delling, 136f. ; Baltensweiler, 239f. ; Greeven, NTSt 15 [1968/69] 376). Ganz auf der Linie des Paulus (in diesem Fall : auf der Linie frühkatholischer Entwicklung) liegen die diesbezüglichen Aussagen des Past. Herrn. : wer nach dem Tod seines Ehepartners eine neue E h e eingeht, sündigt nicht ( !), wer aber allein bleibt, wählt das angemessenere Verhalten (mand. IV, 4, l f . ; vgl. sim. V, 3, 3; CI. Alex, ström. I I I , 82, 4f.). Einen rigoristischen S t a n d p u n k t vertritt dagegen Athen, suppl. 33. Die Entwicklung verläuft charakteristischer Weise so, d a ß der rigoristische S t a n d p u n k t sektiererisch wird (Montanisten!). Die Großkirche geht den Weg des Kompromisses. Zur weiteren Entwicklung, die hier nicht mehr darzustellen ist: RAC I I I , 1020ff. (Kötting). 38 Müller-Bardorff, Exegese, 120. Der Zusammenhang fordert in der T a t f ü r πίστις (1. Tim. 5, 12) den Sinn: „Treueverhältnis" gegenüber dem Kyrios Christos, u n d das schließt den Gedanken eines (mehr oder weniger liturgisch bzw. rechtlich geordneten) Gelübdes ein. Vgl. jetzt auch T h W I X , 443, 14ff. (Stählin). 39 Müller-Bardorff, Exegese, 116f.

176

Die Gemeinden im Prozeß der Katholisierung

Fassen wir diese Überlegungen zusammen. Es ist selbstverständlich keine Rede davon, daß die frühchristliche Sexual-Askese ein Produkt des Katholisierungsprozesses darstellt (sie ist völlig unabhängig davon entstanden, sie hat ihre Wurzeln gerade nicht im Katholisierungsprozeß, sondern im ursprünglichen, eschatologischen Enthusiasmus, daher auch ihr Trend zur exzessiven Spiritualität). Die einsetzende Entwicklung zur Großkirche hin wirkt vielmehr im Gegenteil als Restriktion der ursprünglichen, exzessiven Askese. Die sich bildende Großkirche integriert die Asketen, anerkennt ihre EliteRolle, verwirft aber ihren Exklusivitätsanspruch und unterwirft sie den kirchlichen Autoritäten. I n dieser Tendenz ist sie von dem Motiv geleitet, den ursprünglichen, eschatologischen Radikalismus unter den veränderten Verhältnissen für eine Elite in ihren eigenen Reihen und unter Kontrolle der kirchlichen Autoritäten zu bewahren. 2. Taufe und Eheverzicht Nur wenn man sich die eben erörterten Zusammenhänge deutlich macht, versteht man auch die Entwicklung in solchen Bereichen der frühen Kirche, in denen sich der Katholisierungsprozeß verzögerte. Hier tritt uns nämlich der alte Enthusiasmus auch auf dem Gebiet der Sexual-Askese unverhüllt entgegen. Es versteht sich dann von selbst, daß in solchen Bereichen die Trennung des Normalchristentums von der Elite der Asketen noch nicht vollzogen ist (vielmehr versteht sich noch die ganze Gemeinde als elitäre Schar) ; man begreift dann weiters, daß in solchen Bereichen die Tendenz herrscht, die eschatologische Tauf büße mit dem Eheverzicht zu verbinden; und schließlich versteht sieh von da auch (wenn der Enthusiasmus depraviert) die Anfälligkeit für gnostisierende oder direkt gnostische Motivation. (a) Der 2. Kl., der mindestens insofern großkirchlich denkt, als er entschlossen gegen die Abwertung der σάρξ kämpft, trägt unverhohlen einen asketischen Standpunkt vor, der in seiner Radikalität über die Linie hinausführt, die von Paulus zu 1. Kl. und Ign. reicht. Die Reinheit des Fleisches zu bewahren und d. h. die Taufgnade zu bewahren (6, 9; 8, 4. 6), heißt ein Leben in völliger sexueller Askese zu führen (12, 5; 14, 3; 15, 1 ?). Die Enkratie wird hier nicht als Hochweg der speziellen Charismatiker gepriesen, sondern scheint mit der Taufe selbst verbunden zu sein. Es liegt nahe anzunehmen, daß hier die Taufe völlige sexuelle Enthaltsamkeit einsehließt. Dabei ist zu beachten, einmal, daß jede Differenzierung in Charismatiker und Normalchristen fehlt, und zum andern, daß die vollständige Enkratie nicht „gnostisch" motiviert wird, sondern von der futurischen Eschatologie her (!) : wenn Mann und Frau die geschlechtlichen Begierden ganz abgetan haben und einander nicht mehr als Mann und Frau begegnen — dann wird das Reich des Vaters eintreten (12, 5 f. in Deutung jenes „Herrenwortes", das uns gleich näher beschäftigen soll). Das ist der Standpunkt

Ansätze zur Ausbildung eines eigenen Asketenstandes

177

eines altertümlichen Vulgärchristentums, dem die radikalen Motive des Anfangs noch gegenwärtig sind. (b) Hierher gehören sodann bestimmte ,,enkratitische" Motive der apokryphen Logien-Tradition (über die geschichtliche Einordnung der Texte wird gleich zu handeln sein). CI. Alex, zitiert mehrfach das Ev. Ägypt., und zwar einen Abschnitt dieses Evangeliums, der in der Form eines Dialogs der Salome mit Christus die Frage der sexuellen Enthaltsamkeit behandelt 40 . Auf die Frage der Salome μέχρι τίνος οί άνθρωποι άποθανοΰνται antwortet der κύριος: μέχρις αν τίκτωσιν αί γυναίκες (Cl. Alex, ström. III, 64, 1; vgl. die Parallele 45, 3; exc. exTheod. 67, 2). In der Fortsetzung ( ?) des Gesprächs fragt Salome: καλώς ούν έποίησα μή τεκοΰσα; und der Herr bestätigt das durch das Orakelwort: πασαν φάγε βοτάνην, τήν δέ πικρίαν ίχουσαν μή φάγης (ström. III, 66, 2) — das kann nur heißen: die sexuelle Gemeinschaft ist die bittere Frucht, durch deren Genuß (Anspielung an Gen. 3 ?) der Tod in die Welt gekommen ist. Wer sich des Sexualverkehrs enthält, vernichtet die Macht des Todes 41 . Das heißt aber: die Enkratie erhält soteriologische Bedeutung (wie ihr Gegenstück, die μιξις bei den libertinistischen Sekten) 42 . Von da aus versteht sich dann, daß der Kyrios den Sinn seiner Sendung folgendermaßen umschreibt: ήλθον καταλΰσαι τά έργα της θηλείας (ström. III, 63, 2). Der Tod wird besiegt, wenn Geburt und Zeugung ein Ende finden ; der Anfang des Unheils liegt schon in der sexuellen Differenz als solcher : sie selbst ist die ursprüngliche Entfremdung. Die Entfremdung zeigt sich im Phänomen der Scham. Folglich muß die eschatologische Aufhebung der Entfremdung auch die Aufhebung der sexuellen Differenz bringen und mit ihr die Aufhebung der Scham: πυνθανομένης της Σαλώμης πότε γνωσθήσεται τά περί ών ήρετο, έφη ό κύριος- >οταν το της αισχύνης ένδυμα πατήσητε και δταν γένηται τά δύο ëv καί το άρρεν μετά της θηλείας ουτε άρρεν ουτε θήλυ< (ström. III, 92, 2) 43 . Εν. Ägypt. hat hier eine Tradition aufgenommen, die wir in anderer Form auch 2. Kl. 12, 2 finden: "Οταν έσται τά δύο εν, καί το έξω ώς το έσω, και το άρσεν μετά της θηλείας, ουτε άρσεν ουτε θήλυ. Die Stelle ist Zitat, woher, weiß man nicht 44 ; die Auslegung, die der Verf. des 2. Kl. dem zitierten Logion gibt (12, 3—6), ist deutlich sekundär, sie verharmlost die ursprüngliche, wörtliche Bedeutung des Logions. In anderer Weise kehrt die gleiche Tradition wieder in Ev. Thom. 22: Wenn ihr die zwei zu einem macht, und wenn ihr die Innenseite wie die Außenseite macht und die Außenseite wie die Innenseite und die Oberseite wie die Unterseite, und daß ihr den Mann und die Frau zu einem einzigen machen werdet, damit der Mann nicht Mann sei und die Frau nicht Frau . . . dann werdet ihr (ins Königreich) eingehen45. Vgl. noch 106: Wenn ihr die zwei zu einem macht, werdet ihr Söhne des Menschen werden46. Das andere Motiv kehrt wieder in 37 : Seine Jünger 40 Die Interpretationen, die Clemens selbst den Zitaten gibt, sind hier nicht zu behandeln. Über Ev. Ägypt. vgl. unten S. 178ff. 4 1 Vgl. den Makarismus Ev. Thom. 79! Über die Fortsetzung dieses Motives in der reinen Gnosis vgl. unten S. 21 Off. 42 Dazu unten S. 182ff. 43 Zur gnostischen Tradition vgl. S. 179, 217. 44 Daß 2. Kl. das Ev. Ägypt. zitiert, halte ich für wenig wahrscheinlich. 45 Zu Spr. 22 vgl. nur: Gärtner, Theology, 217ff. 255ff.; Haenchen, Botschaft, 52ff. ; Κ. H. Rengstorf, Urchristliches Kerygma und „gnostische" Interpretation in einigen Sprüchen des Thomasevangeliums, Origini, 565f. 46 Hierher gehört vielleicht auch das Zitat in Hipp. réf. V, 7, 15: οΰκ ϊστιν οΰτε θήλυ ουτε άρσεν, άλλά καινή κτίσις, > καινός άνθρωπος 2 c

®> ^ 5,25-27 5,25-33 5, 25b — 2 7 5 25ff · 5, 26

Galater

5> 26f-

150

3, 28 par. ±

i 2l ì î> ® κ ir • ff ? · 5, 21 5, 24 ,

128

178

'1 8 3

5. 28 5

188 192 IIs· 1 9 2 fiQ ™68 69

Epheser

· 28b 5,28-32 5, 28ff. 5 29 ' 5, 29a 5,30 5, 31 5, 31 f. 5, 32 ß

3 2 a

1, 20f. 1, 22f. 2,1-3,19 2.15 4, Iff· 4, 12 4,13

202 129. 131 151 130 181 131 130

5, 33a 6, 4 6, 18

4.16 4, 19 4,31

131 71 67

2,20 3, 2 4,6

4, 15f.

129

5

33

Phihpper

66. 156. 188 66 71 71 70 127. 128. 154 126 127. 128. 131. 154 127.130.132 66. 126. 154. 156. 157 126 58. 124. 125. 127.128.134. 147. 157. 186. 188. 189. 193. 209 128. 131 13θ! 133. 1 3 4

130 126. 192 131.132 79. 131. 133.

167 151

133 130 132 136 1 3 2 140 1 4 2 · · · 149 1 5 0 1 5 1 · 157 · · 153 · · !88 133. 189 133

133 130. 131. 151. 152. 157 152

130 78 131.152 152 131.152 152. 153. 192 153 156 1 5 2

128. 153. 157. 189 154 152 93

112 56 111

Register Kolosser 1, 16 1, 18 1, 24 2, lOf. 2, 11 2, 16 2, 19 2, 21 2, 23 3, 5 3, 11 3, 15 3, 18 3, 3, 3, 3, 3, 3, 3,

18-4, 1 18a 18b 18f. 18ff. 19 19b

202 129. 131 131 129 208 208 129 208 208 68 178 131 127. 132. 189. 209 126 126 126 125 189 126. 132 126

1. Thessalonicher 2,4 2, 7 2, 15 4, 1 4, Iff. 4,3 4, 3 - 8 4, 3a 4, 3b 4,4 4, 4f. 4, 5 4, 6 4,7 4, 8

107 152 113 113 71 72 73 71 71 72 97. 121 72 70. 71. 72 68. 72. 73 73

1. Timotheus 1, 5 f . 1, 9f. 1, 10 2, 13f. 2, 13ff. 2, 14 2, 15 3,2 3, 12 4,3 4, 4 f. 5, 3 - 1 6 5, 3 ff. 5, 5 5, 9 5, 11 5, l l f . 5, 12

175 67 165 129 134. 134. 209 175 175 208. 208 171 174. 175 174. 174 175 175

17 Niederwimmer, Askese

209 151

209 209 175

257

5, 14 5, 14f. 6,4

209 175 67

2. 2, 2, 2, 2, 2, 3, 3, 4,

209 209 209 209 202 67 209 210

Timotheus 11-15 13 14 15 18 2ff. 6 6 ff.

Titus 1, 10 1, 14 1, 14f. 2,4 2,5 3, 3

209 209 208 209 126 164

Hebräer 6, 4ff. 10, 26 12, 1 4 - 1 6 12, 16 12, 17 13, 4 13, 5

166 166 164 166 166 163 189

Jakobus 1, 25 2, 11 2, 12 4,4

163 163 163 186

1. Petrus 2, 1 3, 1 3, I f f . 4,3 4, 15 5, 7 5, 13

67 126 189 68. 71 67 111 188

2. Petrus 1, 1 9 - 2 1 2, 1 2, 1 - 22 2,2 2, 4ff. 2, 7 2, 10 2, lOf. 2, 14 2, 15ff. 2, 18 2, 19

202 202 202 202 203 202 202 202 202 203 202 202

258 3, 2 f. 3, 3 ff. 3, 16 Judas 4 6 7 7 f. 8

Register 203 202 202

17f. 18 19 21 23

202 202 203 202 202 202 203 202 203 202 202 202 202

Apokalypse 1.5 2,2 2.6 2, 14 2, 1 4 - 1 6 2, 15 2, 16 2, 20 2, 2 0 - 2 4 2, 2 1 - 2 3 2, 22 3,4 5, 6 5, 9 7, Iff. 7, 14b 9, 21 12, Iff. 14, Iff. 14, 3f. 14, 4 17, Iff. 17,4 17, 5 17, 15ff. 18, 3 18, 9 19 19, 7 19, 9 21, Iff. 21, 2 21, 2 ff. 21, 8 21, 9f. 21, 9 ff. 21, 27 22, 15 22, 17

188 200 200 201 200 200 201 187. 200. 201 200 201 187 200 188 188 187 188 163 188 187 188 174. 187. 188 188 188 188 188 188 188 187 187 187. 188 187. 188 187. 188 193 67. 163 188 187 188 67. 163 188

8 - 1 0

lOff. 16

4. Jüdische Qumran 1QS 1 , 6 IV, 10 l Q S a I, 4 I, 10 CD II, 16, IV, 17 IV, 20 IV, 20 f. IV, 20 ff. IV, 20b —V, 2a VII, I f . VII, 6f. Vili, 5 XII, 1

Literatur 27. 27. 57 57 27. 27. 27. 48 47. 21 27. 57 27. 57

87 87 87 87 87 48 87 87

Philon de opif. mundi 76 46 134 46 46 151f. leg. all. 1, 43 ff. 140 1, 79 140 2, 13 46 2, 49 140 3, 40 140 3, 150 140 3, 180 f. 140 3, 219 140 de eher. 49 139. 140 49 ff. 141 quod det. pot. ins. 52ff. 140 54 140 60 140 147 141 149 140 175 30. 32 176 32 de post. Caini 171 140 de ebr. 30 f. 140 31 140 de migr. Abr. 34 f. 140 quis rer. div. her. 53 140 164 46 de congr. erud. gr. 116f. 140 de fuga 43 ff. 140 49-52 141 108 ff. 140 109 140 de m u t . nom. 132ff. 140 255 ff. 140 de Abr. 135 69 de vita Mos. I I , 66—70 81 de spec. leg. 2, 29ff. 140 3, 11 23 3, 30 23 3, 30f. 23 3, 35 23 3, 39 69

259

Register 3, 61 3, 63 3, 176f. 4, 201 de p r a e m . et poen. 115 159f. de v i t a cont. 68 quaest. in E x . 2, 3 apol. 14 (Eus. p r a e p evang. 8, 11, 14)

23 23 27 139 140 141 140 141 57

P s . Phil. lib. a n t . 32, 15 142 Josephus a n t . 15, 259 15, 259f. 17, 165 f. 18, 136 bell. 2, 120 2, 120f. 2, 121

2, 160 f. 2, 161

2, 201

A p k . Abr. 23 6. E s r a 16, 42ff. P s . P h o k y l . 193 194 Schatzhöhle 1, 3 Mischna Joma I, 1 VIII, 1 Chag. I I , 1 Jeb. VI, 6 VIII, 4 - 6 K e t . V, 6 VII, 6 Ned. II, 1 Git. IV, 7 I X , 10 Sota V, 1 Sanh. VIII, 4 Mak. I I I , 1 A b . Zara I I , 1 Hör. II, 4 K e r . I, 1 Kel. I, 3 - 4 a Nidda II, 1 Zab. I I , 1

18 18

87 18 57 57 87 57 87 129 134 109. 110 72 87 202

87 87. 93 46 86 56 93 52 93 52 21 52 165 87 67 87 165 87 32 56

Talmud Palästinensischer T a l m u d p. Ber. 1, 3c, 18 28 p. J e b . 6, 7d, 13 86 p. Git. 9, 50d, 29 21 p. K i d d . 1, 58c, 16 23 17·

Babylonischer T a l m u d b . Ber. 2 4 a 61a 6 1 a Bar. b. Scheb. 18b b. Sabb. 108b 146a b . E r u b . 18a b. Pes. 113 b B a r . b. T a a n . 21a b. Meg. 9 a b. Chag. 15a b. J e b . 62b 63a 63 b Bar. 75 ä f f . 103b b . N e d . 15b b. Git. 70a Bar. 90 a Bar. 90a/b 90 b b. Sota 8 a b. K i d d . 29b 29 b B a r . 81a b. S a n h . 2 2 a b. Ab. Zara 20a 22b b. N i d d a 13b

28 46 28 87 32 134 46 86 32 46 149 86 47. 89 86 56 134 91 87 21 23 52 28 89 89 97 23 28. 29 134 32

Tosefta Tos. J e b . 8, 4 (249) 8, 4 (250)

86 40

Ab. d . R a b b i N a t h a n 1 46 Tr. Kalla 1 28 Midraschim Mekh. E x . 21, 10, 8 5 a Gen. r. 8 (6a) 18 (12c) 85 (54b) Lev. r. 14 (114d) 23 (122b) Midr. P s . 146 § 4, 268a Midr. Qoh. 3, 2 (16a) P e s i k t . r. 24, 124 b J a l q u t Schimoni D t . 23, 1 4 ( 1 §934) 5. Patristische a) Apostolische Did. 2, 2 3, 3 5,2 6, 2

91 46 134 134 46 28 53 87 28 89

Literatur

Väter 165. 166 166 166 174

260

Register 11-13 11, 11

doctr. apost. 2, 2 B a r n . 10, 6f. 19, 5 1.K1. 2, 1 30 35, 2 38, 2 46, 2 49, 6 2. K l . 4, 3 6, 9 8,4 8, 6 9, I f f . 9, 3 12, 2 12, 3 - 6 12, 5 12, 5f. 14 14, 14, 14, 14, 14, 15,

2ff. 3 3-15, 1 3f. 5 1

Ignatius E p h . 17, 1 20, 2 P h i l a d . 7, 2 Sm. 8, 2 13, 1 a d Polyc. 4, 1 4,3 5 5, 1 5, 1 — 2 5,2 Polyc. a d Phil. 4, 3 5, 3 Pastor Hermae vis. I , 1, I f . I, 1,6 I, 1,8 I, 3 , 4 I I , 2, 2 I I , 2, 3 I I , 4, 1 I I I , 3, 3 I I I , 4, 1

181 118. 149. 174. 191 165. 166 165 166 189 164 173 96. 172 101 133 165 176 164. 176. 203 164. 176. 203 203 164 177. 178. 177 176 176 149. 153. 193. 194. 130 176 164 203 193 176 189 116 164 189 174 174 189 149. 133. 189 164. 190.

192. 192.

179

192. 203

189. 193 189 173. 189. 193

174 163. 165 166 193 166 193 165 195 193 193 195

153.

I I I , 8, 2ff. mand. I, If. IV, 1 IV, ι, ι I V , 1, 1 - 3 IV, 1, 4 - 1 1 I V , 1, 6 I V , 1, 9 I V , 3, 1 - 7 IV, 4 IV, 4, I f . V I , 2, 4ff. V I , 2, 5 VIII, 3 X I I , 1, 1 - 3 , 1 X I I , 1, 3 X I I , 2, 1 sim. V, 3, 3 V, 6, 5 V, 6, 5f. V, 6, 6 V, 6 , 7 V, 7, 1 V, 7, 1 - 4 V, 7 , 2 V, 7, 3 V, 7 , 4 I X , 2ff. I X , 6, I f . I X , 9, 5 I X , 10, 6 - 1 1 , 8 I X , 11 I X , 11, 1 I X , 12, 2 I X , 12, 6 I X , 12, 7 f. I X , 13, 2 I X , 13, 2ff. I X , 13, 3 I X , 15, I f . I X , 15, 3 I X , 24, 4 I X , 25, 2 I X , 27, 3

194. 195 165 165 165 166 167 14 164 166 165 175 166 166 165 166 166 165. 166 175 193 193. 194 193 203 164. 194 164 164. 203 164 164. 194. 203 194 194 194 195 118 193 193 195 195 194 194 194 195 94. 195 195 195 195

Diogn. 5, 6 12, 8

166 134

ß) Neutestamentliche

Apokryphen

Ε ν . Hebr. 2 P r o t e v . J a k . 13, 1 Pseudoklementinen P s . clem. h o m . ep. Clem. a d J a c . 7, I f . Homilien II, 1 5 - 1 7 I I , 15, 2f. I I , 17, 3

138 134

172 147 147 148

261

Register III, III, III, III, III, III, III, III, XI, XI, XI, XI, XI,

22 22, 23, 24, 24, 26, 68, 68, 28, 28, 30, 32, 33,

1 3 ff. 1 3 f. 4 1 2 1 2ff. 1 1 4

Apk. Petr. a k h m . 24 32 ä t h . 10 Mart. Petr. 4p. 84 5p. 86 5ff.pp.86ff. 9p. 94 act. Phil. 140 pp. 74f. act. J o h . 29pp. 166f. 63p. 182 63ff.pp. 18 Iff. 69p. 185 113p. 213 act. Pauli et Thecl. 5p. 238 5pp. 238f. 7pp. 240f. 9p. 242 11p. 243 12p. 244 15p. 245 20ff. pp. 249ff. act. Petr. copt. P a p . Berol. 8502pp. 128ff. act.Thom.6f. pp. 109f. 8p. 111 11p. 116 l l f f . p p . 115ff. 12p. 118 13pp. 118f. 14p. 120 15pp. 120 ff. 27pp. 142f. 28p. 144 36p. 154 42ff.pp. 159ff. 43p. 160 50p. 166 51p. 168 51 pp. 167f. 52p. 168 55ff.pp. 17 Iff. 56p. 172 58p. 175 64ff.pp. 180ff. 84p. 199

147 147 148 164 147 172 172 165 164 166 164 166 164 165 165 165 184 184 184 177 177 166 185 185 185 166 184 111. 184 184 184 184 184 184 197 185 197 197 196 185 196 185 196 197 196 185 197 196 185 196 185 185 185 165 185 185 196 185

84p. 200 185 185 85p. 201 185 88p. 203 90ff.pp. 205 ff. 185 197 98p. 210 197 102p. 215 105pp. 217f. 197 117p. 227 185. 196 124pp. 233f. 196 196 124p. 234 185 126p. 235 177. 196 129p. 237 177 147p. 256 185 150p. 259 act. vere. 4ff. pp. 48ff. 142 177 38p. 95 γ)

Kirchenschriftsteller

Justin apol. I, 5, 2 I, 15, 1 I, 15, 5 I, 15, 6 I, 26 I, 26, 3 I, 29 I, 29, 1 I, 56 I I , 2, 6 dial. 47 81, 4 120, 6

30 26 27 174 142 142 57. 173. 180 174 142 168 159 53 142

Ps. Iust. de resurr.

53

Athenagoras suppl. 33 33 f.

174. 175 57

Irenaus adv.haer. I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I, I,

1—8 6, 2f. 6, 3 13, 2 13, 3 13, 6 21 21, 3 21, 4 23 23, 2 - 3 23, 3 24, 2 24, 5 25, 2 25, 3 25, 4 25, 5 26, 3

146 206 213 214 147. 147. 146 214 214 142 142 142. 210. 204 204 204 204 204 201

206. 214 206

144. 204 211

262

Register I, 29, 4 I, 30, 1 - 3 I, 30, 1 - 1 5 I, 30, 3 I, 30, 4ff. I, 30, 7 I, 30, 12 I, 30, 12 ff. I, 30, 13 I, 30, 15 I, 31, l f . 1,31,2 I, 31, 3 I I I , 20, 2 I I I , 23, 8 V, 2 , 3

Minucius Felix Oct. 31, 5 Tertullian a d uxorem 1, 7 1, 8

2, 5 f. adv. Valent. 30, 3 adv. Marc. IV, 34 de anima 11,4 de virg. vel. 9, 2 13, 3 Hippolyt réf. V, 7, 15 V, 8, 9 ff. V, 8, 33 V, 8, 40 V, 8, 43 f. V, 8, 44 V, 8, 44 f. V, 9, lOf. V, 9, 11 V, 22ff. V, 26, 2 V, 26, 3 ff. V, 26, 10 V, 26, 22f. V, 26, 25 VI, 9 - 2 0 VI, 19, 5 VI, 19, 7f. VI, 2 9 - 3 6 VII, 32, 3 V I I , 32, 5 V I I , 32, 7 V I I , 36, 3 I X , 15, I f . I X , 15, Iff. I X , 15, 5f. I X , 15, 6

144 144 144 144 144 134 144 144 144 144 204 205 144 34 181 152

174

108 175 101

213 168

152 175 174

177 211 211 212 211

178

211

211 212 147 147 147 147 134 147 142 142. 204 204 146. 147 204 204 204 201 167 165 165 165

Clemens von Alexandrien ström. I I , 52, 2 142 I I , 118, 3 201 I I , 118, 3 ff. 201 I I , 145, 3 168 I I I , 1, 1 56. 213 I I I , 2, 2ff. 204 204 I I I , 3, 3 204 I I I , 5, 1 - 9 , 3 I I I , 6, I f f . 205 I I I , 6, 2 205 I I I , 7, 3 205 I I I , 8, 3 205 I I I , 9, 3 205 204 I I I , 10, I f f . I I I , 25, 5ff. 201 I I I , 25, 7 201 I I I , 26, 2 201 I I I , 26, 3 201 I I I , 30, 1 206 I I I , 34, 3 f. 205 I I I , 34, 4 205 I I I , 36, 5 165 I I I , 40, 3 ff. 204 I I I , 45, Iff. 210 I I I , 45, 3 177 I I I , 48, 1 210 I I I , 49, 1 210 I I I , 52, 5 171 I I I , 63, 2 177 I I I , 64, 1 177 I I I , 66, 2 177 I I I , 80, 1 121 I I I , 81, l f . 181 I I I , 82, 4f. 175 I I I , 91f. 217 I I I , 91ff. 217 I I I , 92, 1 217 I I I , 92, 2 217 I I I , 92, 2 177 I I I , 101, 5 175 IV, 8 1 - 8 3 204 V, 52, 3 101 V I I , 72, 2 175 V I I , 76, 3 175 paed. I I , 89, 1 165 I I I , 89, 1 165 protr. 108, 5 165 exc. ex Theod. 21, 3 212 2 9 - 4 2 146. 147 4 3 - 6 5 146. 147 67, 2 177 68 212 78, 2 197 79 212 adumbr. zu J u d . 8 202 Pseudo — Clemens de virg. I, 4 I, 8, 2f.

183 165

Register I I , 1, 2 I I , 2, 3 I I , 9, 2

182 182 182

Orígenes in Mt. 15, 4 in J o h . 2, 12 13, 19

56 138 147

Euseb v. Caesarea hist. eccl. I I I , 31, 3 I I I , 31, 4 I I I , 39, 9 IV, 7, 7 IV, 29, 6 V, 24, 2 VI, 8, Iff.

171 171 171 204 181 171 57. 180

Theodoret haer. fab. I, 16

205

Aphrahat demonstr. VI VI, col. 240 VI, col. 248 VI, col. 249 VI, col. 256ff. VI, col. 260ff. VI, col. 261 ff. VI, col. 265 VI, col. 269 VI, col. 269ff. VI, col. 309 VII V I I , col. 34Iff. XVIII X V I I I , col. 817ff. X V I I I , col. 825 X V I I I , col. 829ff. X V I I I , col. 836 X V I I I , col. 837 X V I I I , col. 840 X V I I I , col. 841

183 183 183 183 183 183 183 183 183 183 183 183 182 183 183 183 183 183 183 183 183

Ambrosiaster zu 1. Kor. 7, 1 7, 15 7, 39

81 105 121

Syr. didasc. 14f. 122, 34 ff. 139, Iff.

175 164 164

Epiphanius pan. 19, 1, 7 21 24, 3, 7 26, 4 - 5 26, 4, 4

172 142 204 206 206

263 26, 4, 5 - 8 26, 4 f .

26, 26, 26, 26, 26, 26, 26, 26, 30, 30, 31 31, 33, 33, 33, 33, 37, 38 40, 45, 45,

5, 2f. 5, 4ff. 5, 6 8 f. 9, 4 9, 6 9, 6 f. 13, 2 2, 4 2, 6 9-32 4, 2 ff. 4, 4 - 1 0 4, 8 7, 2ff. 4 5 2, 1 2, 2f.

doctr. Add. p. 50 Hieronymus in Is. 4, 11 adv. Ιον. 1, 7

206

211

206 206 206. 211 206 206 206 206 211 164 172 146 146 168 168. 213 168 168 134 205 134

211 211

182

ep. 22, 22 49 (48), 4f. 49 (48), 14 49 (48), 15 123, 5

138 85. 93 96 93 96 88 93 108

Ambrosius de viduis 13, 79

88

1, 8

Johannes Chrysostomus de virg. 3 213 Augustinus de adult, conj. I I , 6, 5f. 37 tract, in l o h . 33, 3 - 8 37 6. Gnostische und hermetische

Literatur

Apk. J a k . 1 , 3 4 , 2 - 3 6 , 1 1 146. 147 Apokryphon des Johannes BG 19, 6 - 7 7 , 7 143 34, 7 143 36, 16ff. 144 46, 13ff. 144 62, 3 ff. 134 62, 5 ff. 210 63, 2 ff. 210 82, l l f f . 211

264

Register

106, 4ff. 106, 6 124, 12ff. C H 1, 1 - 3 2 , 9 8, 20 9, 25 if. 13, 13ff. 24, 8 ff. 24, 12 ff. 30, l l f f . C I I I 5, 1 - 4 0 , 11 12, 15f. 14, 9 ff. 21, Iff. 31, 6 ff. 31, 7 ff. 31, 21 ff. 93, 19 ff. 108, l l f f . 118, 5 ff. C I V 1, 1 - 4 9 , 28 13, 3 15, Iff. 20, 29ff. 37, 17ff. 37, 22fif. 46, 23 ff.

211 211 212 143 143 144 144 134 210 144 143 143 144 144 134 210 210 211 211 212 143 143 144 144 134 210 144

Corp. Herrn. X I I I , 9

96

Eugnostosbrief C I I I 76, 23 ff. 77, 2 ff. 77, 9 81, Iff. 81, 22 ff. 85, 7ff. 85, 9ff. 85, l l f f . 86, 16ff. 87, 6ff. C Y 8, 30f.

145 145 145 145 145 145 145 145 145 145 145

Ev. Phil. 17 [55, 17 [55, 31 [59, 42 [61, 42 [61, 55 [63, 61 [65, 61 [65, 61 [65, 61 [65, 61 [65, 61 [65, 61 [65, 67 [67, 67 [67, 68 [67,

134 215 216 134 215 216 215 215 216 214 216 216 216 216 214 214

27-33] 27ff.] 2 ff.] 5-12] 5 ff.] 30ff.] Iff.] 7 ff.] lOff.] 12] 12ff.] 23-25] 25 ff.] 9-18] 9ff.] 27-30]

71 [68, 22 ff.] 73 [69, 1 - 4 ) 76 [69, 2 4 - 2 8 ] 77 [70, 5 - 9 ] 78 [70, 9 - 1 7 ] 79 [70, 1 7 - 2 2 ] 79 [70, 19f.] 79 [70, 20ff.] 94 [74, Iff.] 98 [74, 3 6 - 7 5 , 2] 112 [78, 1 2 - 2 4 ] 113 [78, 2 5 - 7 9 , 13] 122 [81, 3 4 - 8 2 , 26] 122 [82, 2ff.] 122 [82, 4 - 1 4 ] 122 [82, 4f.] 122 [82, 6 - 1 0 ] 122 [82, 1 0 - 2 6 ] 124 [84, 22f.] 125 [84, 2 9 - 3 1 ] 126 [85, 32f.] 126 [85, 32 ff.] 127 [86, 5] 127 [86, 7 ff.] 127 [86, 17 f.]

215 217 214 216 215 215 215 215 215 214 216 216 214 216 216 216 217 217 214 214 214 217 216 216 214

Ev. Thom. 10(11) 21a 22 27 28 37 42 51 56 61b 79 80 81 87 104 106 110 111 112 113 114

178. 178 177. 212 212 177. 213 178 212 213 177 212 213 178. 59 177. 213 212 178. 178 212.

Exeg. Seele 127, 130, 132, 132, 132, 132, 132, 133, 133, 133, 134, 134,

215 215 216 216 216 217 216 215 217 217 217 217

25ff. 30ff. 6ff. 20f. 23 ff. 27 ff. 3Iff. 5ff. 34f. 35 ff. 4 ff. 29 ff.

212 213 213

212. 213 213 212 213

265

Register Hypost. Arch. 89, 19ff. 92, 19ff. 94, 4 - 9 6 , 15 94, 5 ff. 94, 16 ff. 94, 25f. 94, 28ff. 95, 7 f. 95, 19ff.

134 134 144 144 144 144 144. 145 144 144

Buch J e û I I , 43

206

Od. Sal. 3, 2 33 38 38, 9 38, 11 38, l l f f . 38, 12

141 141 141 141 141 141 141

Pistis Sophia I, 2 9 - 1 1 , 82 IV, 147

146 206

Sophia Jesu Christi BG 119, Iff. 121, 13ff. C I I I 101, 9 ff. 106, 24ff. 114, 12ff.

145 145 145 145 145

Titell. Sehr. 98, 1 1 - 1 0 8 , 2 98, 13 f. 98, 14ff. 99, 29f.

144 144 145 145

100, 103, 103, 104, 104, 106, 116, 153,

lfif. 3 ff. 32ff. 3 ff. 15ff. llff. 1 2 - 1 1 7 , 15 20ff. 7.

c)

145 145 145 145 145 145 134 145

Profanliteratur

Anacreontea 10, 14f. Diod. Sic. 4, 6

97 45

Epiktet diss. I I I , 22, 67ff. Enchir. 45

113 105

Ovid met. 4, 285 ff. 5, 395 fasti 3, 21

45 29 29

Plinius hist. n a t . 5, 17 7, 2 7,3

57 45 45

Piaton symp. 1 8 9 C - 1 9 3 D 191 CD 193 CD

45 45 45

Plut, moral. 142e Properz 2, 15, 12 Ps. Callisth. 1, 22, 4 Stob. IV, 527, 6f.

126 29 126 89

Sachregister

Abstinenz siehe Ënkrfttie Androgyner Urmensch 15. 45. 46. 47. 48. 49. 78. 130. 149. 152. 153. 155. 156. 178. 192. 212. 215 Androgynität 144. 145 Apokalyptik 53. 54. 107. 108. 109. 110. 111 Asexualität 46. 53. 54. 177. 178. 179. 213. 217 Braut/Bräutigam/Brautgemach 43. 58. 59. 60. 61. 62. 117. 130. 131. 132. 133. 134. 138. 141. 144. 146. 147. 150. 151. 152. 155. 174. 175. 183. 185. 186. 187. 188. 189. 193. 196. 197. 198. 213. 214. 215. 216. 217. 218 Chokma

21. 24. 137. 148. 149. 155

266

Register

Ehebruch

12. 18. 19. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 35. 36 37. 38. 39. 51. 52. 71. 72. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 185. 186. 187. 197 Ehelosigkeit siehe Eheverzicht Eherecht 14. 15. 16. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 27. 36. 37. 38. 39. 44. 49. 50. 51. 52. 72. 83. 84. 91. 92. 98. 99. 100. 104. 120. 121. 156. 161. 166. 167. 168. 180. 182. 190. 205 Ehescheidung 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 33. 39. 42. 44. 45. 47. 48. 49. 50. 52. 54. 55. 81. 83. 92. 98. 99. 100. 101. 104. 106. 111. 120. 167. 168. 169 Eheschließung 51. 54. 86. 88. 111. 121. 190 Eheverzicht 40. 53. 56. 57. 80. 82. 83. 84. 87. 88. 89. 90. 94. 95. 96. 100. 106. 108. 109. 111. 112. 113. 114. 116. 118. 122. 123. 124. 170. 171. 172. 173. 175. 176. 181. 182. 183. 195 197 210 222 223 Enkratie 56. 57. 58. 66. 81. 84. 86. 87. 88. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 100. 108. 109. 115. 118. 119. 123. 165. 171. 172. 173. 174. 176. 177. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 190. 192. 196. 198. 208. 209. 210. 211. 213. 217. 220. 222. Entfremdung 53. 76. 99. 170. 177. 178. 179. 185. 196. 197. 205. 207. 212. 213. 221 E n t h a l t s a m k e i t siehe Enkratie Enthusiasmus 10. 38. 58. 65. 66. 67. 74. 75. 76. 79. 80. 82. 88. 90. 110. 159. 169. 170. 175. 176. 178. 179. 180. 181. 182. 184. 185. 190. 192. 198. 200. 201. 209. 212. 222 Entweltlichung 65. 98. 212. 223 Frühkatholizismus

11. 124. 158. 183. 186. 189. 197. 200. 209. 221

Hermeneutik Hieros Gamos Homosexualität

12. 47. 54. 55. 83. 112. 122. 128. 152 61. 62. 130. 133. 134. 135. 136. 138. 139. 147. 149. 150. 151. 156. 187. 188. 196. 197. 217 68. 69. 70. 97. 165

Inzest Inzestuöse E h e n

67. 70. 76. 77. 218 51. 52. 73

Kastration Konkupiszenz

54. 55. 56. 57 12. 28. 29. 32. 85. 87. 88. 89. 90. 123. 142. 165. 172. 183. 210. 212. 215. 216. 217. 218. 220 Kontinenz siehe E n k r a t i e Libertinismus

66. 69. 75. 76. 77. 80. 81. 82. 151. 164. 178. 192. 194. 195. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 210. 211. 219. 221

Matriarchat Megalanthropos Mischehe Misogynie Monogamie

78 129. 130 22. 82. 83. 100. 101. 102. 103. 104. 106 85. 87. 148. 185. 212. 213. 215. 220 47. 48. 50

Naherwartung

61. 84. 85. 110. 111. 112. 122

Parusieverzögerung Patriarchat Polygamie Polygynie

61 18. 27. 72. 92. 126. 128. 129. 132. 135. 157. 189 18. 47. 48 21. 27. 47

Rationalisierung

10. 25. 83. 103. 122. 218. 220

Register

267

Sakrament

69. 70. 101. 102. 147. 156. 196. 198. 206. 207. 214. 215. 216. 217 Selbstentfremdung 31. 32. 33. 148. 213. 217. 220 Selbstkastration 55. 56. 180. 211. 213 Sexualpessimismus 29. 43. 82. 87. 97. 184. 210. 220 Sexualverzicht siehe Enkratie Sophia-Mythos 35. 58. 61. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 155. 193. 195. 197. 199. 205. 209 Syneisakten 57. 106. 117. 118. 119. 120. 182. 183. 185. 190. 191. 195. 196 198 211 212 213 222 Syzygie 43. 58. 59. 61. 78. 79. 99. 124. 125. 127. 130. 131. 132. 134. 140. 141. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 153. 154. 155. 156. 173. 174. 188. 189. 190. 191. 192. 193. 194. 195. 196. 197. 198. 202. 203. 204. 207. 209. 213. 215 Verdrängungsaskese/Verzichtsaskese 85. 123. 136. 218 Verlobung 25. 36. 107. 117. 185 Virginität 60. 61. 62. 65. 82. 86. 106. 107. 108. 112. 113. 114. 115. 116. 117. 119. 120. 121. 141. 170. 171. 172. 174. 175. 181. 182. 183. 184. 185. 187. 191. 194. 195. 196. 210. 211. 212. 215. 216 Wanderasketen Wiederverheiratung Witwenstand

181. 191 18. 19. 23. 48. 100. 104. 121. 175 82. 87. 96. 98. 101. 107. 114. 120. 121. 171. 174. 175. 209

Zölibat siehe Eheverzicht

Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 112 Peter von der Osten-Sacken Römer 8 als Beispiel paulinischer Soteriologie 339 Seiten, broschiert und Leinen Lange Zeit hat Römer 8 in der Theologie des Neuen Testaments ein Schattendasein geführt. Die vorliegende Untersuchung gehört zu den Beiträgen, die das wiedererwachte Interesse an diesem Kapitel paulinischer Theologie dokumentieren. Sie sucht den hier begegnenden pneumatologischen Aussagezusammenhang als Beispiel paulinischer Soteriologie zu entfalten. Die in Theologie und Kirche zu beobachtende Besinnung auf die Bedeutung der Pneumatologie scheint eine günstige Voraussetzung zu sein, um Römer 8 über die Einzeldisziplin hinaus ins Gespräch zu bringen. 114 Jörn Halbe Das Privilegrecht Jahwes Exodus 34,10—26 Gestalt und Wesen, Herkunft und Wirken in vordeuteronomischer Zeit 571 Seiten, Leinen Diese Untersuchung gilt einem Gegenstand, der innerhalb der aktuellen Diskussion um „Bund", „Recht", „Kult", „Deuteronomismus" eine Bedeutung gewonnen hat, wie sie ihm seit Wellhausens Tagen kaum mehr zugekommen ist. Ex 34, 10 ff. erscheint hier als Komposition, die bereits in ihrem ältesten Bestand privilegrechtlich konzipiert ist. Weitere Analysen erweisen den Text als vordeuteronomische, ursprünglich gottesdienstlich beheimatete Überlieferung, die einerseits als solche vom Jahwisten rezipiert worden ist, anderseits aber in ihrem Einflußbereich selbst traditionsbildend wirkte. 115 Odil Hannes Steck Der Schöpfungsbericht der Priesterschrift Studien zur literarkritischen und überlieferungsgeschichtlichen Problematik von Genesis 1,1—2, 4 a 270 Seiten, broschiert und Leinen Das Ergebnis der Untersuchung, die sich vor allem im Gespräch mit den repräsentativen Analysen von W. H. Schmidt und C. Westermann befindet, ist eine allseitige Destruktion der herrschenden Auffassung, daß der berühmte Schöpfungsbericht der Priesterschrift am Anfang der Bibel kein ursprüngliches, in all seinen Aussagen von Anfang an planvoll gestaltetes Ganzes ist, sondern daß er im Zuge seiner schriftlichen oder mündlichen Überlieferungsgeschichte gewachsen und verändert worden sei.

Vandenhoeck & Ruprecht in Güttingen und Zürich