Archaisierung und Pinkifizierung: Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Kinder- und Jugendliteratur 9783839437278

How are myths of masculinity and femininity passed on and updated through gendering in children's literature?

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Archaisierung und Pinkifizierung: Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Kinder- und Jugendliteratur
 9783839437278

Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund
Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur
Die Wilden Fußballkerle
Die Wilden Hühner
Archaisierung und Pinkifizierung
Fazit
Literatur

Citation preview

Kerstin Böhm Archaisierung und Pinkifizierung

Lettre

Kerstin Böhm, geb. 1985, lehrt Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik an der Universität Hildesheim. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die literatursoziologische Betrachtung von Geschlechterrollen in der Kinder- und Jugendliteratur und in deren Medienverbünden sowie Analyse der Schnittmengen der Geschlechterforschung und der Literaturdidaktik.

Kerstin Böhm

Archaisierung und Pinkifizierung Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Kinder- und Jugendliteratur

HIL 2 Zugleich: Diss., Universität Hildesheim, GutachterInnen: Prof. Dr. Toni Tholen, Prof. Dr. Irene Pieper; Datum der mündlichen Prüfung: 02.09.2015.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2017 transcript Verlag, Bielefeld

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Inhalt

E inleitung | 7 K inder - und J ugendliteratur im M edienverbund | 21 D ie G eschlechtsspezifik der K inder - und J ugendliteratur | 35 Mädchenliteratur | 35 Jungenliteratur | 42 Aktuelle Tendenzen | 48

D ie W ilden F ussballkerle | 55 Lesarten | 55 Inszenierungsmuster in männlich-männlicher und weiblich-weiblicher Konfiguration | 57 Inszenierungsmuster in weiblich-männlichen Konfigurationen | 68 Medienverbund | 77 Verfilmungen | 77 Fernsehserie | 86 Internetauftritte | 89 Zwischenfazit | 94

D ie W ilden H ühner | 97 Lesarten | 97 Inszenierungsmuster in weiblich-weiblicher und männlich-männlicher Konfiguration | 100 Inszenierungsmuster in weiblich-männlichen Konfigurationen | 121 Medienverbund | 129 Verfilmungen | 129 Internetauftritte | 135 Zwischenfazit | 142

A rchaisierung und P inkifizierung | 143 Archaisierung und Mythen von Männlichkeit | 143 Pinkifizierung und Mythen von Weiblichkeit | 152 Vergegenwärtigungsstrategien der Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit | 153

F azit | 157 Didaktische Reflexion | 161

L iteratur | 165 Primärliteratur | 165 Filmverzeichnis | 166 Sekundärliteratur | 166 Internetquellen | 193 Abbildungsverzeichnis | 194

Einleitung

Gendering von Produkten erfreut sich seit einiger Zeit größter Beliebtheit. Folgt man der 2013 von Anne Wizorek initiierten Social-Media-Kampagne #ichkaufdasnicht,1 eröffnen sich unzählige Möglichkeiten, die unsere Realität entlang von beispielsweise Spielzeug, Lebensmitteln und Hygieneartikeln in zwei Welten teilen. Diese Entwicklung spart selbstverständlich den Buchsektor nicht aus. Auch die Kinderliteratur scheint zweigeteilt. Auf der einen Seite findet sich eine pinkifizierte Welt für Mädchen, auf der anderen Seite eine eigens für Jungen erschaffene, noch namenlose Welt. So weist der ThienemannVerlag einen eigenen Planeten für „Lesegören“2, „Zaubermädchen“3 und „Freche Mädchen“4 aus, während andere Verlage, wie beispielsweise der S. Fischer Verlag, das Label „Nur für Jungs“5 für sich entdecken. Dabei wird das Alltagsphänomen Gendering leicht als Verkaufsstrategie des Gender Marketings, natürlich als eine ironische, identifiziert und abgetan.6 Doch ist es damit nicht getan. Gender Marketingstrategien gründen sich 1 | Zum Hintergrund der Kampagne: http://kleinerdrei.org/2013/03/ichkaufdasnichtsocial-media-kampagne-gegen-diskriminierende-produkte-anzeigen-und-medien/, 17.05.2016 und den Beispielen: http://ichkaufdasnicht.tumblr.com/, 17.05.2016. 2 | ht tp://www.thienemann-esslinger.de/planet/buecher/specials/lesegoeren/, 17.05.2016. 3 | http://www.thienemann-esslinger.de/planet/buecher/kinderbuecher/die-zaubermaedchen/, 17.05.2016. 4 | http://www.frechemaedchenfrechebuecher.de/, 17.05.2016. 5 | http://www.fischerverlage.de/berichte/erstlesebuecher_ jungs, 17.05.2016. 6 | Tweet der Verlagsgruppe Oetinger vom 08. April 2015: „Heute online heiß diskutiert: Dieses Plakat, das dem Buch „Die inneren Werte von Tanjas BH“ beiliegt, zeigt den Blick des dreizehnjährigen Ben auf gleichaltrige Mädchen. Ben tappt von einem Fettnapf in den nächsten, weil er sich von Geschlechterklischees leiten lässt. Der Leser lacht über Bens ironisch zugespitzte Verirrungen. Das Plakat folgt dem gleichen Prinzip und ist absichtlich so deutlich überzeichnet, um keinerlei Zweifel aufkommen zu lassen: Hier geht es nicht um eine ernst gemeinte Darstellung von Geschlechtereigenschaf-

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auf biologischen Annahmen des Geschlechts, wonach eher das Label ‚Sex Marketing‘ angebracht wäre, was sich aber schlechter verkaufen lässt. Die zunehmend geschlechtsspezifische Differenzierung kinderliterarischer Texte in Texte für Jungen sowie Texte für Mädchen als Ergebnis dieses Marketings gründet somit auf der Annahme, dass Mädchen und Jungen qua biologischem Geschlecht „ander(e)s lesen“7 – eine Annahme, die sich insbesondere in Leseförderdiskursen größerer Beliebtheit erfreut. Vor diesem Hintergrund ist es auch wenig verwunderlich, dass die geschlechtsspezifische Ausdifferenzierung des kinderliterarischen Angebots gerade an zwei für die Leseförderung besonders relevanten Phasen (bezogen auf den idealtypischen Verlauf der Lesebiografie)8 ansetzt: zum einen in der Phase der sogenannten Krise des Schriftspracherwerbs und zum anderen vor der Krise der literarischen Pubertät, in der sogenannten Viellesephase. Dabei handelt es sich in beiden Fällen um Phasen, die in besonderem Maße von elterlichen Kaufaktivitäten begleitet werden. Die sogenannte Krise des Schriftspracherwerbs lässt sich als die Phase identifizieren, während der einmalig Erstleseliteratur konsumiert wird, um die Differenz zwischen den sich gerade erst entwickelnden Lesefähigkeiten der Kinder und ihren literarischen Interessen zu überbrücken. Erstleseliteratur ist den Lesefähigkeiten der Kinder während dieser Phase angepasst und bietet somit Raum, um die ersten eigenen Leseerfahrungen über Fibeltexte hinaus zu machen. Diese Krise mündet im Idealverlauf in der Viellesephase. Jener Phase also, in der das Lesen von Kinderliteratur intensiv betrieben wird und für die sich ein sehr großes Angebot am Buchmarkt findet, welches nicht nur nach Genres differenziert, sondern auch nach Geschlecht. Die geschlechtsspezifische Adressierung der Kinderliteratur scheint somit zunächst einmal an ökonomischen Interessen ausgerichtet, da die in diesen Phasen gelesenen Texte zum einen häufig in Serie erscheinen und zum anderen im Zuge der Etablierung eines eigenen Marktes der Literatur für Jungen eine Nische parallel zu der seit dem Backfischbuch populären Literatur für Mädchen gefunden werden konnte. Literatur für Jungen ist dabei, wie noch zu zeigen sein wird, kein Novum. Das Besondere liegt vielmehr in der Explizitheit und Vehemenz der vorgenommenen Adressierung, womit zunächst eine Anaten, sondern um unter Jugendlichen in der Pubertät weit verbreitete Vorurteile. Wir als Jugendbuchverlag nehmen dieses Thema ernst und greifen hier zum Mittel der Ironie. Welche Geschlechterklischees nerven Euch?“ (http://www.wunderweib.de/aktuelles/ shitstorm-gegen-oetinger-verlag-sexistisches-poster-im-kinderbuch-a312204.html, 30.08.2015) 7 | So auch der Titel eines Aufsatzes von Ulrike Bischof und Horst Heidtmann aus dem Jahr 2002: „Lesen Jungen ander(e)s als Mädchen? Untersuchungen zu Leseinteressen und Lektüregratifikationen.“ Erschienen in: medien praktisch (3). 8 | Vgl. zum Idealverlauf der Lesebiografie: Pieper 2010, 103–112.

Einleitung

lyse von Besonderheiten geschlechtsspezifisch adressierter Kinderreihenromane notwendig wird. Es stellt sich die Frage, was mädchen- bzw. jungenliterarische Texte von allgemein kinderliterarischen unterscheidet. Des Weiteren lässt sich beobachten, dass mit dem Verfolgen ökonomischer Interessen (verstanden als Kommerzialisierung) eine zunehmende Implementierung dieser Texte in Medienverbünde als Phänomen der Kommerzialisierung der Kinder- und Jugendliteratur einhergeht. Verfolgt man die These, dass mit der Ausrichtung an einer geschlechtlich markierten Zielgruppe die Tradierung geschlechtlicher Stereotype einhergeht, ergibt sich zudem die Notwendigkeit, die Darstellung von Geschlechterfigurationen in den Narrationen zu untersuchen. Auffällig ist das Zusammenspiel dieser drei Aspekte, welches bisher nicht explizit Gegenstand des wissenschaftlichen Interesses war. Somit eröffnet sich gerade in der Dynamik der verschiedenen Herangehensweisen eine Leerstelle des wissenschaftlichen Diskurses der Literaturwissenschaft, die gefüllt werden soll. Dabei macht die fast unübersichtliche Flut an Publikationen im Segment der geschlechtsspezifischen Kinder- und Jugendliteratur eine exemplarische Herangehensweise notwendig. Exemplarisch für das Genre der Mädchenliteratur steht die Reihe „Die Wilden Hühner“ von Cornelia Funke, die zwischen 1993 („Die Wilden Hühner“) und 2009 erschien, zählt man den von Thomas Schmid zu dem gleichzeitig erschienenen dritten Film verfassten 6. Band „Die Wilden Hühner und das Leben“ hinzu. Dazwischen erschienen: • • • •

„Die Wilden Hühner auf Klassenfahrt“ (Bd. 2, 1996), „Die Wilden Hühner – Fuchsalarm!“ (Bd. 3, 1998), „Die Wilden Hühner und das Glück der Erde“ (Bd. 4, 2000), „Die Wilden Hühner und die Liebe“ (Bd. 5, 2003).

Die Reihe „Die Wilden Fußballkerle“ wird auf der anderen Seite exemplarisch für das Genre der Jungenliteratur herangezogen. Die originäre Reihe, verfasst von Joachim Masannek und illustriert von Jan Birck, umfasst 2015 15 Bände, von denen der erste Band 2002 erschien: „Leon, der Slalomdribbler“ (Bd. 1). Darauf folgten in kurzer Zeit zwischen 2002 und 2005 die Bände 2 bis 13: • • • • • • • •

„Felix, der Wirbelwind“ (Bd. 2, 2002), „Vanessa, die Unerschrockene“ (Bd. 3, 2002), „Juli, die Viererkette“ (Bd. 4, 2002), „Deniz, die Lokomotive“ (Bd. 5, 2002), „Raban, der Held“ (Bd. 6, 2002), „Maxi ‚Tippkick‘ Maximilian“ (Bd. 7, 2003), „Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt“ (Bd. 8, 2003), „Joschka, die siebte Kavallerie“ (Bd. 9, 2004),

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„Marlon, die Nummer 10 (Bd. 10, 2004), „Jojo, der mit der Sonne tanzt“ (Bd. 11, 2004), „Rocce, der Zauberer“ (Bd. 12, 2005), „Markus, der Unbezwingbare“ (Bd. 13, 2005).

Als 14. und 15. Band können der erste und zweite Band der „Level 2.0“-Reihe der „Wilden Kerle“ angesehen werden, die 2012 und 2013 erschienen: „2.01 Donnerschlag“, „2.02 Der flüsternde Riese“.9 Was auf den ersten Blick wie ein scheinbares Ungleichgewicht aussieht, nivelliert sich recht zügig, wenn man die erfolgreichen Medienverbünde mit einbezieht, in die beide Reihenromane implementiert sind. Sowohl „Hühner“ als auch „Fußballkerle“ treten nämlich nicht nur als textuelle Konstrukte in Erscheinung, sondern auch als Figuren von Filmen sowie Serien und des Weiteren zum Beispiel als Werbeträger für Fußbälle sowie Haarspangen. Der erste Film des Medienverbundes der „Wilden Hühner“ erschien 2005 und orientiert sich inhaltlich an den ersten drei Bänden der Buchreihe, nimmt aber vorrangig Motive des dritten Bandes „Die Wilden Hühner – Fuchsalarm!“ auf. Der 2007 erschienene zweite Film „Die Wilden Hühner und die Liebe“ entspricht inhaltlich dem fünften Teil der Buchreihe, enthält aber zudem Motive des vierten Bandes, wie einen in Rückblenden thematisierten Aufenthalt auf dem Reiterhof. Unter dem Titel „Die Wilden Hühner und das Leben“ erschien 2009 der dritte Film, dem der gleichnamige sechste Band zugeordnet werden kann. Wenn man schon die Erscheinungsspanne der Bücher der „Wilden (Fußball-)Kerle“-Reihe als sehr zeitnah empfindet (13 Bücher in vier Jahren, davon die ersten sechs im ersten Jahr), so erfolgte die Veröffentlichung der Filme noch zeitnaher: Der erste Film „Die Wilden Kerle – Alles ist gut, solange du wild bist“ erschien 2003. 2005 folgte schon der zweite Film „Die Wilden Kerle 2 – Alles ist gut, solange du wild bist!“, an den sich jährlich der nächste Film reihte („Die Wilden Kerle 3 – Die Rache der biestigen Biester“ [2006], „Die Wilden Kerle 4 – Der Angriff der Silberlichten“ [2007], „Die Wilden Kerle 5 – Hinter dem Horizont“ [2008]), bis 2016 mit dem Film „Die Wilden Kerle 6 – Die Legende lebt“ die Tradition weitergeführt wurde. Die Verkaufszahlen der Bücher der „Wilden Hühner“ lagen 2003, also zur Hochzeit, bei einer Auflage von gesamt ca. 2,4 Millionen und die der „Wilden Fußballkerle“ 2012 bei 6 Millionen verkaufter Exemplare alleine in Deutschland; Erfolge die auch die Ver9 | Außen vor bleiben bei dieser Analyse die drei bisher erschienenen Titel zur Fernsehserie, da sie nur noch „nach den Geschichten von Joachim Masannek“ und „basierend auf den Drehbüchern“ von Mike Maurus verfasst sind, auch wenn sie mit der Originalautorschaft beworben werden, genauso wie die zwei Bände der Reihe „Die Biestigen Biester“, die sich, wider Erwarten, nicht durchsetzen konnten und auch kaum mehr zu erhalten sind.

Einleitung

filmungen fortschreiben konnten. So verzeichneten beispielsweise die ersten fünf „Wilden-Kerle“-Filme insgesamt ca. 9. Millionen Zuschauer_innen. Allein diese Zahlen verdeutlichen die Wirkungsmacht beider Reihen und lassen ihren Einfluss auf die kindliche Alltagskultur erahnen, ohne nur die anderen Verbundsegmente berührt zu haben. „Die Wilden Hühner“ und „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ stehen somit nicht nur exemplarisch für eine zunehmend geschlechtsspezifische Ausdifferenzierung der Kinderliteratur, sondern ebenso für die zunehmende Bedeutung von Medienverbünden in der Kinder- und Jugendliteratur, die gleichzeitig einem Fortwirken der Narrationen zuarbeitet. So fanden die „Die Wilden Hühner“ in dem Sequel10 „Die Wilden Küken“ ihre Fortsetzung, während „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ einerseits in der seit 2010 ausgestrahlten Fernsehserie und andererseits in der eigenen Fortsetzungsreihe „Die Wilden Kerle. Level 2.0“ fortgeführt werden. Als in Serie erscheinende Romane sind beide Korpora dem Genre des seriellen Kinderromans zuzuordnen – ein Genre ohne Definition, was mit dem trivialliterarischen Status einhergeht, der diesen Texten zugeschrieben wird. Es gibt nur vereinzelte Studien, die sich mit diesen Texten beschäftigen, dabei aber wenig begriffsbildend arbeiten.11 Insbesondere zu den „Wilden Hühnern“ und auch den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ liegen aber aufgrund ihrer Popularität schon vereinzelte Medienverbundanalysen vor,12 die aber die Geschlechtsspezifik in all ihren Facetten nicht ausreichend problematisieren. An dieser Stelle setzt die vorliegende Studie an, indem die ihr zugrundeliegenden Medienverbünde einerseits in die Tiefe im Hinblick auf ihre Geschlechtsspezifik untersucht werden, und andererseits versucht wird, durch eine Verortung im ‚literarischen Feld‘ die Begünstigungsfaktoren zu verstehen, die eine Dynamik zwischen ökonomischen Interessen (Kommerzialisierung -> Gendering -> geschlechtsspezifisch adressierte Kinderliteratur) und der literarischen Inszenierung von Geschlecht erst ermöglichen. Bourdieus Begriff des ‚literarischen Feldes‘ bzw. des ‚Feldes der kulturellen Produktion‘ dient vor allem als Kontextuierung und bietet einen Rahmen, um das Einflussgefüge zu erfassen, welches geschlechtsspezifisch adressierte Reihenromane im Medienverbund mit den jeweils möglichen Darstellungsformen von Geschlecht verbindet. Entscheidend für diese Arbeit ist die von Bourdieu eingeführte Verortung des literarischen Feldes im ‚Feld der Macht‘, welche über historische Kontexte hinaus Gültigkeit besitzt. Das ‚Feld der Macht‘ ist dabei gedacht „als Raum der Kräftebeziehungen zwischen Akteuren oder 10 | Sequel verstanden als Fortsetzung, die auf der „Auskopplung“ eines narrativen Elements, beispielsweise einer Figur, basiert und die Ursprungshandlung fortsetzt. 11 | Vgl. dazu beispielsweise Kochte 2003. 12 | Vgl. zu den „Wilden Hühnern“: Maiwald 2007, zu den „Wilden Fußballkerlen“: Büker 2006, Marci-Boehncke 2007.

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Institutionen, deren gemeinsame Eigenschaft darin besteht, über das Kapital zu verfügen, das dazu erforderlich ist, dominierende Positionen in den unterschiedlichen Feldern (insbesondere dem ökonomischen und dem kulturellen) zu besetzen“ (Bourdieu 1999: 342). Dabei erscheint dieses Feld zunächst ‚geschlechtslos‘, was auch darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei Bourdieus Analyse der „Genese und Struktur des literarischen Feldes“13 vorrangig um eine historische Analyse der Entstehung des autonomen Feldes der kulturellen Produktion in Frankreich im 19. und 20. Jahrhundert handelt. Zu fragen ist, ob das Feld der Macht über die historische Betrachtung hinaus einen ‚geschlechtlichen Index‘ aufweist, der sich beispielsweise in der Verteilung des Kapitals ausdrückt und so Prozesse der Kommerzialisierung steuert. Denn: Wer über Kapital verfügt, entscheidet darüber, was in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten soll. Notwendig ist dabei zunächst einmal eine Bestimmung des literarischen Feldes der Gegenwart in Deutschland, wie Tommek sie vorgenommen hat. Tommek identifiziert vier Faktoren bzw. „relevante[] allgemeine[] soziale[] Transformationen“ (2015: 16), die das ‚literarische Feld‘ beeinflusst haben und welche dem ‚Feld der Macht‘ zuzuordnen sind. Von den vier von Tommek identifizierten Transformationen ist für die vorliegende Studie besonders die vierte von Relevanz, die er als „die zunehmende Vermischung der Produkte und Öffentlichkeitsformen einer ‚Hoch‘- und ‚Populärkultur‘“ (ebd.) bezeichnet. Insbesondere der fließende Übergang zwischen ‚Hoch-‘ und ‚Populärkultur‘ ist der Logik Bourdieus folgend Ausdruck dafür, dass das literarische Feld gegenwärtig über einen geringen Grad an Autonomie verfügt, was für ein verschobenes Kräfteverhältnis zugunsten der Repräsentanten der Heteronomie spricht und somit dem ökonomischen Kapital einen höheren Stellenwert zuweist. Dies hat wiederum Konsequenzen für die „Ebene der Formgebung: […] das Literalisierungsverfahren“ (ebd.: 15; Herv. i. O.), welches die literarischen Möglichkeiten der Darstellung von Geschlecht beinhaltet. Diese vierte Transformation kann als Effekt der ihr vorangegangenen und sie begleitenden Transformationen gelten. Dabei handelt es sich erstens um den Wandel des kulturellen Kapitals im Zuge der Bildungsexpansion der 1960er und 1970er Jahre, zweitens um die „Ökonomisierung (die Logiken der Märkte) und Medialisierung (die Vermittlungstechniken und -formate) der kulturellen Produktion und ihrer Diskurse“14 sowie drittens um die im Zuge der Globalisierung entstandenen „neuen Zirkulationsbedingungen der materiellen und symbolischen Güter wie vor allem der Wissens- und Kulturformen“.15 Diese Transformationen sind für die zu beantwortende Fragestellung insofern interessant, 13 | Bourdieu 1999. 14 | Tommek 2015: 16. 15 | Vgl. dazu ebd.: 16.

Einleitung

als dass sie einerseits darauf aufmerksam machen, dass es ein „Verhältnis zwischen horizontaler Ausdifferenzierung (der Bereich der Arbeitsteilung und der Vervielfältigung von Kultur- und Lebensstilformen) und Aufrechterhaltung vertikaler Hierarchisierungen (die stratifikatorischen Machtverhältnisse, die symbolischen Schranken und Repräsentationsverhältnisse)“ (ebd.: 16) gibt, dieses aber noch nicht im Hinblick auf Geschlechtlichkeit gedacht wird. Dabei kann angenommen werden, dass Geschlecht gleichzeitig Teil der „Medialität“ der „kulturellen Logik der Ökonomie“ (ebd.: 16) sowie Bestandteil der „Universalisierungsstrategien“ (ebd.: 17) ist, die im Zuge der Globalisierung betrieben werden, indem Kategorisierungen vorgenommen werden. Wie lassen sich nun aber die beiden ausgewählten Reihen als Texte der Kinder- und Jugendliteratur in diesem veränderten literarischen Feld verorten? Größtenteils lässt sich als Ort der Kinder- und Jugendliteratur der heteronome Pol im Feld der Massenproduktion bestimmen, dessen Akteure über hohes ökonomisches Kapital, aber geringes kulturelles Kapital verfügen.16 Wenn auch der trivial-literarische Status der Kinder- und Jugendliteratur allgemein uneindeutig ist,17 lassen sich Kinderreihenromane doch vor allem aufgrund ihrer Implementierung in Medienverbünde und der damit einhergehenden kommerziellen Struktur dem Bereich der ‚Massenproduktion‘ zuordnen. Medienverbünde selbst existieren in Vorformen bereits seit dem 19. Jahrhundert und wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts immer weiter ausdifferenziert.18 Was die Medienverbünde des 20. und 21. Jahrhunderts ausmacht, ist ihre Allgegenwärtigkeit.19 Diese wird unter anderem erzeugt durch die immense Weiterentwicklung der ‚Neuen Medien‘, durch das Ausmaß der beteiligten Produktionszweige, insbesondere des Merchandisings, was sich unmittelbar an den Grad der Kommerzialisierung zurückkoppeln lässt. Die meisten Medienverbünde sind baukastenartig gebildet.20 Am Anfang steht ein Ausgangsprodukt von unterschiedlicher Provenienz, welches in andere Medien umgesetzt wird. Das Ausgangsprodukt kann dabei zum Leitmedium werden, was aber letztlich kein Erfordernis ist. Medienverbünde werden in der vorliegenden Studie als (hierarchisch) organisierte Kollektivkunstwerke verstanden, deren Wirkmächtigkeit erst aus der Betrachtung ihrer Einzelwerke heraus verstanden werden kann. Erst in der Einzelwerkbetrachtung können die Subtexte analysiert und dann in einem nächsten Schritt aus intra- sowie intermedialer Perspektive aufeinander bezogen werden:

16 | Vgl. zur Kapitalverteilung Bourdieu 1999: 203. 17 | Vgl. Lange 1998: 762 sowie ders. 2001: 363. 18 | Vgl. dazu Kümmerling-Meibauer 2007: 15f. 19 | Vgl. Josting/Maiwald 2007: 7. 20 | Vgl. dazu Kümmerling-Meibauer 2007: 11.

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Archaisierung und Pinkifizierung Die Einzelmedien und der originäre Text stehen in intra- und/oder intermedialen Beziehungen unter- und zueinander. Diese umfassen auf intramedialer Ebene Phänomene, die nur ein Medium involvieren und auf intermedialer Ebene Phänomene, die Mediengrenzen überschreiten, wie Medienwechsel und intermediale Bezüge. (Kurwinkel 2013)

Die unterschiedlichen Bestandteile der Medienverbünde stehen in einer Interdependenzbeziehung zueinander, was an der Verzahnung der unterschiedlichen Medien auf der Ebene der Darstellungsformen anhand von Analysen – beispielsweise der Figuren und ihrer Repräsentation in unterschiedlichen medialen Erscheinungsformen – verdeutlicht werden kann. Medienverbünde sind somit zum einen eine spezifische Ausdrucks-, zum anderen aber ebenso eine spezifische Konsumform. Dabei tritt der Faktor der Werbung stark in den Vordergrund, da sich die einzelnen Medienverbundprodukte per se gegenseitig bewerben. Medienverbünde erzeugen Abhängigkeiten, indem das Wissen über ihre Inhalte zu begehrtem Gut wird. Dieses Wissen wird zu sozialem Kapital, welches in sozialen Aktivitäten, wie beispielweise innerhalb der peer group, eingesetzt wird. Bevor Wissen generiert werden kann, muss es zunächst erst konsumiert werden, wozu wiederum ökonomisches Kapital bzw. Realkapital notwendig wird. Die Produktion der Reihenromane für Kinder, insbesondere derer, die in Medienverbünde integriert sind, folgt somit der „ökonomischen Logik“,21 ist am heteronormativen Pol22 ausgerichtet und orientiert sich am Prinzip der externen Hierarchisierung.23 Aus diesem Gefüge erklären sich zum einen die häufig kurze Lebensdauer der kinderliterarischen Reihen und deren Medienverbünde sowie zum andern das Streben der Reihen und das ihrer Autor_innen zu Marken, zu „Konsekrationskapital“24 zu werden, indem ökonomisches in symbolisches Kapital umgemünzt wird. Am heteronomen Pol der Produktion wird für die Masse produziert. Dies impliziert bestimmte Ansprüche an die zu produzierenden Texte, weil Erwartungen erfüllt werden müssen, die sich vorrangig an trivialliterarischen Schemata orientieren. Zu einem geringen Prozentsatz finden sich kinder- und jugendliterarische Texte, die in diesem Fall wohl am ehesten der sanktionierten Kinder- und Jugendliteratur25 zuzurechnen wären, auch im Feld der eingeschränkten Produktion, dessen Akteure über ein hohes Maß an kulturellem Kapital und ein geringes Maß an ökonomischem Kapital verfügen. Während Titel, die dem heteronomen Pol der Massenproduktion zugeordnet werden, vorrangig zur Leseförderung herangezogen werden, sind Titel, die eher dem Feld der einge21 | Bourdieu 1999: 228. 22 | Ebd.: 344. 23 | Vgl. ebd.: 345. 24 | Vgl. ebd.: 239. 25 | Vgl. zum Begriff: Ewers 2008.

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schränkten Produktion zuzuordnen wären, eng verbunden mit der Funktion der Kinder- und Jugendliteratur zum literarischen Lernen und zur Persönlichkeitsbildung. Den Auftrag zur Sozialisation bzw. die daran gebundenen Erwartungen bekommen die Titel aus dem sozialen Raum zugewiesen, der wiederum nach Bourdieu eine vergeschlechtlichte und zugleich vergeschlechtlichende Ordnung darstellt. Dabei handelt es sich um die Ordnung der männlichen Herrschaft, deren zentrales Charakteristikum die „binär-hierarchisch heteronormative Einteilung des Menschen in zwei entgegengesetzte Geschlechter“ (Jäger/König/Maihofer 2012: 20), also ‚Mann‘ und ‚Frau‘, darstellt. Nun ließen sich mit Rubin diese beiden Konstrukte in ‚sex‘ und ‚gender‘26 ausdifferenzieren, doch reicht dies nicht aus, um die Diskursivität der Geschlechter in Gänze zu erfassen. Mit Butler lässt sich auch ‚sex‘ als Effekt und Ausdruck von Geschlechtsidentität lesen. Zentrales Moment der Theorie Butlers ist dabei der Begriff der Performativität, der der Tatsache Rechnung trägt, dass Geschlecht ein permanentes Werden ist. Diese performativen Akte können dabei „sprachlich im Sinne Austins, praktisch im Sinne von konkreten Interaktionen oder ikonografisch im Sinne von medialen Darstellungen wie etwa im Film oder Werbung“ (Villa 2012: 75–76) sein und beinhalten „alles das, was wir tun, weil wir es eben für weiblich oder männlich halten“ (ebd.). Dies kann als Ausdruck eines geschlechtlichen Habitus gelten, der als „Speicher von vergeschlechtlichten Wahrnehmungs- und Bewertungskategorien“ (Bourdieu 1997a: 167) funktioniert und am Ideal hegemonialer Männlichkeit ausgerichtet ist. Für das, was wir für weiblich bzw. männlich halten, gibt es wiederum medial vermittelte Anregungen und Vorbilder – so auch in Romanen der Kinder- und Jugendliteratur, insbesondere in denen die sich spezifisch an ein Geschlecht richten. Diese Aufteilung in geschlechtsspezifisch adressierte Texte kann somit als ein Beleg für die dem ‚literarischen Feld‘ immanente Binarität der Geschlechter gelesen werden, welche mit Butler im Kontext der „normativen Heterosexualität“ (Butler 1991: 90) zu denken ist. Indem in diesem Rahmen der eigentlich „performative […] Charakter der Geschlechtsidentität […] verschleiert“ (Butler 1991: 208) wird, treten durch die Inkorporation geschlechtlicher Attribuierungen, wie sie zum Beispiel in den am Ende des 18. Jahrhunderts ausformulierten ‚Geschlechtscharakteren‘ zu finden ist,27 der in den Konstrukten ‚Weiblichkeit‘ und ‚Männlichkeit‘ konservierte geschlechtliche Habitus zutage, der auf den darin implementierten hegemonialen Diskurs, der der Diskursivität von Geschlecht eingeschrieben ist und die vermeintlich natürliche Binarität der Geschlechter erzeugt, rekurriert und in Form von „Gender-Normen“ (Butler 2015: 90) die Diskurse prägt: „Personen [werden] durch Gender reguliert […] und diese Form der Regulierung [fungiert] als Bedingung für die kulturelle 26 | Rubin 1975. 27 | Vgl. dazu Hausen 1976.

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Intelligibilität einer jeden Person“ (Butler 2015: 91). Die heterosexuelle Matrix stellt dabei „das Raster der kulturellen Intelligibilität [dar], durch das die Körper, Geschlechtsidentitäten und Begehren naturalisiert werden.“ (Butler 1990: 219) In Rückgriff auf Barth soll die Kategorie ‚gender‘ des Weiteren als Analysekategorie […] sensibel machen für die jeweiligen historisch-sozialen und kulturellen Vorstellungen und Wahrnehmungen von ‚Männlichkeit‘ und ‚Weiblichkeit‘. Sie soll Einsichten schaffen in die Geschlechterdifferenzen und in die jeweils spezifischen Konstruktionsprozesse dieser Differenzen und somit die Mechanismen freilegen, die zu Hierarchisierungen führen (Barth 1997: 18).

Damit können zwei Interessen verfolgt werden: zum einen kann die Opposition ‚männlich-weiblich‘ als soziales Konstrukt entlarvt werden, während zum anderen die Binarität dieses Musters transparent gemacht werden kann. So gilt auch für die vorliegende Studie, dass sie sich der Kategorie ‚gender‘ bedient, um herauszufinden, wie geschlechtliche Bedeutung in den ihr zugrundeliegenden Texten erzeugt wird. „Für den englischen Begriff gender im Sinne von ‚soziokulturellem Geschlecht‘ gibt es in der deutschen Sprache keine Entsprechung. […] Am nächsten kommt dem Begriff der Terminus Geschlechterverhältnisse, der seinerseits jedoch schillernd und daher definitionsbedürftig ist.“ (Stephan 1999: 27; Herv. i. O.) Trotz dieser Mängel des Begriffs der ‚Geschlechterverhältnisse‘ verweist er doch auf die Notwendigkeit des Denkens in Relationen, da „Geschlecht nur relational zu denken ist: Frauen gibt es nur insoweit, als es Männer gibt, und vice versa“ (Meuser 2010: 13). Dies kann ebenso für die Analyse fruchtbar gemacht werden. Aus diesen Überlegungen nämlich motiviert sich die vergleichende Analyse eines primär an Jungen und eines primär an Mädchen adressierten Medienverbundes sowie die Ausrichtung der Analyse der Figuren entlang männlich-männlicher, weiblich-männlicher und weiblich-weiblicher Konfigurationen, wie sie Tholen für eine männlichkeitssensible Literaturwissenschaft 28 etabliert hat und die sich auf Connells Annahmen über Männlichkeiten zurückbezieht: „Masculinity and femininity are inherently relational concepts, which have meaning in relation to each other, as a social demarcation and a cultural opposition.“ (Connell 2009: 43)29 Die von Connell erfassten unterschiedlichen und miteinander in Beziehung stehenden Erscheinungsformen von Männlichkeit lassen sich differenzieren in die Konst-

28 | Vgl. dazu Tholen 2014b: 237–238. 29 | Vgl. auch Connell 2009: 68; Bourdieu 2005: 46.

Einleitung

rukte hegemonialer, marginalisierter, komplizenhafter sowie protestierender30 Männlichkeit. ‚Hegemonic masculinity‘ can be defined as the configuration of gender practice which embodies the currently accepted answer to the problem of legitimacy of patriarchy, which guarantees (or is taken guaranteed) the dominant position of men and the subordination of women. (Ebd.: 77)

Der Anteil der Männer, die aktiv an dieser hegemonialen Struktur partizipiert, ist eher gering. Der Großteil profitiert vielmehr direkt oder indirekt von hegemonialen Strukturen, ohne sie jeweils aktiv umzusetzen, was als „komplizenhafte Männlichkeit“31 bezeichnet wird. Eine dritte Kategorie stellt die marginalisierte Männlichkeit dar, die „all diejenigen Ausprägungen von Männlichkeit [umfasst], die aus sozialen, wirtschaftlichen, ethnischen, sexuellen und anderen Gründen vom Leitbild der hegemonialen Männlichkeit abweichen und deren Träger von den herrschenden Männern unterdrückt oder ausgegrenzt werden“ (Tholen 2011: 283). Dabei gilt es zu beachten, dass die Konstrukte „not fixed character types but configurations of practice generated in particular situations in a changing structure of relationships“ (Connell 2009: 81) bezeichnen, was sie somit zu historischen und wandelbaren Begriffen macht. Die im Begriff der hegemonialen Männlichkeit32 enthaltene Unterordnung der Frauen kann mit dem Begriff der „emphasized femininity“ (Connell 1987: 183) gefasst werden, mit dem die Annahme der eigenen Unterdrückung ausgedrückt wird.33 Mit Meuser ist hegemoniale Männlichkeit „als generatives Prinzip der Konstruktion von Männlichkeit“ (Meuser 2010: 108) zu denken und somit als „Kern des männlichen Habitus“ (ebd.: 123) etabliert, der wiederum „bestimmte Praxen generiert und andere verhindert“ (ebd.: 117). Der geschlechtliche Habitus34 verweist auf die Handlungspraxis, die die permanente Beglaubigung sowie Bestätigung der eigenen Männlichkeit35 erfordert. Als Feld der Bestätigung fungieren dabei mit Bourdieu die „ernsten Spiele des Wettbewerbs“ (Bourdieu 1997: 203), in denen „die Männlichkeit in ihrem wahren Wesen aktueller oder potentieller Gewalt von den anderen Männern bestätigt und durch die anerkannte Zugehörigkeit zur Gruppe der ‚wahren Männer‘ beglau30 | Die protestierende Männlichkeit sei der Vollständigkeit halber erwähnt, bleibt aber für die vorliegenden Analysegegenstände ohne Relevanz. Vgl. dazu Connell 2009: 114. 31 | Connell 2009; Tholen 2011: 283. 32 | Vgl. zum Nutzen des umstrittenen Begriffs: Tholen 2014: 237. 33 | Vgl. dazu auch Meuser 2010: 101. 34 | Vgl. zum Begriff des Habitus, „die als systematische Schemata der Wahrnehmung, des Denkens und Handelns fungieren“: Bourdieu 2005: 20. 35 | Vgl. dazu ebd.: 92.

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bigt“ (Bourdieu 2005: 94) werden kann und die somit notwendigerweise über eine homosoziale Struktur verfügen. Während der Begriff der hegemonialen Männlichkeit den Fokus eher auf „den Aspekt der agency, d.h. die Möglichkeit der Akteure vorgefundene (Geschlechter-)Verhältnisse aktiv zu gestalten und zu verändern“ (Meuser/Müller 2000: 12; Herv. i.O.) legt, wird mit Bourdieus Begriff der männlichen Herrschaft der Fokus eher auf den Aspekt der ‚structure‘ gelegt. Dieses scheinbare Spannungsverhältnis wird noch dadurch verschärft, dass Bourdieu die Herstellung von Geschlecht mit dem vorrangigen Fokus auf die homosoziale Dominanz entwickelt, während Connell eher die männliche Dominanz in der heterosozialen Dimension fokussiert.36 Da aber beide ein „Konzept von Männlichkeit präsentieren, dessen Kern eine doppelte, die hetero- wie die homosoziale Dimension umfassende Distinktions- und Dominanzlogik ist“ (Meuser 2009: 161), ist eine kombinatorische Lesart dennoch möglich und sehr gewinnbringend. So liegt nach Stephan beispielweise ein Mehrwert darin, dass sich die hegemoniale Männlichkeit „auch gegen den Willen der Betroffenen und hinter dem Rücken der Beteiligten immer wieder durchsetzt“ (2003: 20–21). Bei der Übertragung dieser theoretischen Konstrukte auf die literarischen Gegenstände ist zu beachten, dass Literatur […] nicht soziologische Kategorien und Tatbestände einfach ab[bildet], sondern […] sie ästhetisch dar[stellt]. Darstellung heißt hier, dass der Text sie ästhetischnarrativ (re)inszeniert und dabei die Möglichkeit entsteht, dass scheinbar feststehende Männerbilder und Männlichkeitskonstrukte in ihrer Vielschichtigkeit und wechselseitigen Überlappung sowie in ihrer Ambiguität und Brüchigkeit, und schließlich auch in ihrer Wandelbarkeit bzw. in ihrem utopischen Potential wahrnehmbar und darüber hinaus Gegenstand der Reflexion werden können. (Tholen 2011: 284)

Wichtig sind dabei die Konfigurationen, in denen diese Bilder entstehen: „Männerbilder entstehen in literarischen Medien in mann-männlichen oder in mann-weiblichen Konfigurationen, sie konstituieren sich in Narrationen, und darüber hinaus in der Zirkulation, Überkreuzung und Gegenläufigkeit von Diskursen, Imaginationen und erotischen Besetzungen.“ (ebd.: 283–284) Wenn also im Folgenden mit den Kategorien Connells gearbeitet wird, so gilt es zu beachten, dass diese soziologischen Konstrukte nicht eins zu eins übertragbar sind, sondern im Hinblick auf den ästhetischen Text modifiziert werden müssen. Die vorliegende Studie versteht sich als ein Teil einer „kritisch-reflexiven Aufarbeitung der literarischen Tradition […], und zwar mit dem Ziel der Identifizierung und Decodierung der verschiedenen Formen, Bilder und Narratio36 | Vgl. Meuser 2009: 164.

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nen hegemonialer Männlichkeit“ (Tholen 2014: 245) sowie damit einhergehender Formen, Bilder und Narrationen von Weiblichkeit. Denn es gilt die Balance zu halten: Much attention has been paid, in feminist children's literature scholarship, to depictions of female characters. Although this is necessary and important work, a continued focus on women and girls as the primary subjects of the study of gender in children's literature could run the risk of further naturalizing masculinity and of perpetuating the assumptions that girls are gendered whereas boys are just naturally boys. (Wannamaker 2008: 122)

Dafür werden in einem ersten Schritt die Medienverbünde der Kinder- und Jugendliteratur allgemein einer näheren Betrachtung mit einem besonderen Fokus auf die Aspekte der Trivialität und der Serialität unterzogen. In einem zweiten Schritt folgt die Auseinandersetzung mit den Genres Mädchenliteratur und Jungenliteratur, da insbesondere die Jungenliteratur unterbestimmt scheint. Die Analyse von Mädchenliteratur, insbesondere im Hinblick auf die Inszenierung von Weiblichkeit, kann als weit vorangeschritten gelten, was für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Genre der Jungenliteratur und der Inszenierung von Männlichkeit in der Kinder- und Jugendliteratur nicht gleichermaßen gilt. Jungenliteratur als Thema des fachwissenschaftlichen bzw. fachdidaktischen Diskurses ist vor allem situiert in Leseförderdiskursen und folgt dort vorrangig affirmierenden Strategien. Daran schließt sich die Analyse der beiden ausgewählten Reihen an. Die Bücher werden in dieser Arbeit als Bestandteil ihres jeweiligen Medienverbundes betrachtet. Dabei basiert die vorliegende Studie auf einer literaturwissenschaftlich fundierten Analyse der Texte, wie sie in den Kapiteln „Lesarten“ zum Ausdruck kommt und den Anspruch erhebt, sowohl Oberflächenstrukturen als auch Tiefenstrukturen,37 also die Subtexte, der Texte offenzulegen. Dabei sind die Texte in ihrer Spezifik als Reihenromane der Kinder- und Jugendliteratur zu bewerten. Das heißt, dass sowohl Aspekte des trivialen als auch des seriellen Erzählens Beachtung finden sowie eine Kontextuierung im Hinblick auf die Genres Mädchenbuch und Jungenbuch vorgenommen wird. Neben die Analyse der Bücher tritt die der Filme, der Serie (sofern vorhanden), der Homepage und einzelner Merchandisingprodukte. Ein wichtiges Moment der Betrachtung ist im Anschluss daran die unter trans- und intermedialen Aspekten durchgeführte vergleichende Analyse, da erst eine kontrastive Gegenüberstellung der geschlechtsspezifischen Reihenromane dem Gedanken der Relationalität Rechnung trägt. 37 | Vgl. zu den Begrifflichkeiten und der Notwendigkeit einer Analyse der Oberflächenund Tiefenstrukturen: Gansel 1997: 15.

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Es geht in der vorliegenden Arbeit nicht um eine Verdammung von kinderund jugendliterarischen Reihenromanen für Mädchen oder Jungen, die sich in Medienverbünden situieren. Verfolgt wird vielmehr eine kritische Lesart in der Tradition der Trivialliteraturforschung, welche auf die Arbeiten von Walther Killy (1961) und Walter Nutz (1962) zurückgeht und in den 70er Jahren ihren Höhepunkt [erlebte], als infolge der Studentenbewegung die Literaturwissenschaft, die Deutschdidaktik und der Deutschunterricht ins Kreuzfeuer der Kritik gerieten, ihr Selbstverständnis, ihre bisherigen Gegenstände und praktizierten Methoden radikal in Frage gestellt wurden und auf Grund dieser Legitimationskrise neue Methoden […], ein erweiterter Literaturbegriff und in seiner Konsequenz andere Textarten wie Trivialliteratur, die Gebrauchstexte und die Texte der Massenmedien zu Gegenständen der literaturwissenschaftlichen und didaktischen Forschung wurden. (Lange 1998: 761)

Die in die Medienverbünde eingebundenen Texte werden im Folgenden auf ihre Qualität hin befragt, ohne sich ideologiekritischen Tendenzen anzuschließen, wie sie beispielsweise im Deutschunterricht der 1970er verfolgt wurden, und diese Texte vorschnell abqualifizieren, da eines sehr deutlich hervortritt: nämlich ihre Wirkungsmacht innerhalb der „fiktional-ästhetische[n] Erlebnis- und Konsumzone […]“ (Maiwald 2007: 38), die durch die Ausgestaltung als Medienverbund erschaffen wird. Im Fokus steht daher die Initiierung von Reflexionsprozessen, die die Bedeutung des Einflussgefüges zwischen erstens den Besonderheiten geschlechtsspezifisch adressierter Kinderreihenromane, zweitens der Implementierung dieser Texte in Medienverbünde als Phänomen der Kommerzialisierung der Kinder- und Jugendliteratur und drittens der Darstellung von Geschlechterrollen in den zugrundeliegenden Narrationen bewusst machen. Insbesondere, weil literaturdidaktische Maßnahmen die Rezeption von geschlechtsspezifisch adressierten Reihenromanen zur Leseförderung explizit empfehlen, schließt die vorliegende Studie mit einer literaturdidaktischen Reflexion.

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„Die Wilden Fußballkerle“ und „Die Wilden Hühner“ sind als in Serie erscheinende Kinderromane kommerziellen Unterhaltungsmedienverbünden zuzurechnen, welche ein Produkt des 19. Jahrhunderts sowie der Ausdifferenzierung einer Unterhaltungsindustrie und Populärkultur sind. Diese Setzung präsupponiert die Akzeptanz der Dreiteilung des (kinder- und jugend-)literarischen Feldes in Hoch-, Unterhaltungs- und Trivialliteratur, aus der sich ergibt, dass es ebenso literarisch-anspruchsvolle Kinder- und Jugendliteratur wie aber auch kommerziell orientierte, triviale Unterhaltungs- und Serienliteratur gibt. Diese Trennung wird im Folgenden vor allem funktional verstanden, indem von unterschiedlichen „Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen“ (Schlachter 2014: 3) ausgegangen wird. Deswegen sind auch die spezifisch kinder- und jugendliterarischen seriellen und trivialen Eigenschaften populärkultureller Produkte von besonderem Interesse. Aus der Tatsache, dass es sich bei den vorliegenden Untersuchungsgegenständen um „Medienverbundliteratur“ (Ewers 2004: 10) im Spannungsfeld von Unterhaltungs- und Trivialliteratur handelt, ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen, die gebunden sind an Diskurse, in denen diese Kategorien verhandelt werden. Ob und inwieweit kinder- und jugendliterarische Texte der Trivialliteratur zuzuordnen sind, ist unbestimmt.1 So fordert beispielsweise auch Nusser die „Klärung des Zusammenhangs von Trivialliteratur und Kinder- und Jugendliteratur“ (1991: 13) ein. Die ursprüngliche pädagogische und sozialisierende Funktion der Kinder- und Jugendliteratur2 führt schon früh zur Abwertung des rein Unterhaltenden.3 Eben auf diese scheinbar einseitige Ausrichtung der Kinder- und Jugendliteratur ist die „Kritik an der mangelnden literarischen Qualität und dem Gebrauchswert“ (Kümmerling-Meibauer 2003: 37) zurückzuführen, die ab Beginn des 19. Jahrhunderts zur „kulturelle[n] Unterschätzung von Kinderliteratur“ (ebd.: 37–38) geführt hat. Durch die einseitige 1 | Vgl. Lange 1998: 762 sowie ders. 2001: 363. 2 | Vgl. Kümmerling-Meibauer 2003: 33. 3 | Ebd.: 34.

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Ausrichtung des Diskurses über die Autonomieästhetik um 1800 auf die Masse, das Feld der kommerziellen trivialen Kinderliteratur, werden innovative Tendenzen innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur, wie sie KümmerlingMeibauer für die Spätromantik und den Biedermeier konstatiert, ausgeblendet und die „Kinderliteratur zum Bestandteil der Volks- und / oder [sic] Trivialliteratur“ (ebd.: 38) deklariert. Vor dieser Folie ist auch Wolgasts Position4 zu verstehen, dessen Kritik sich „ausschließlich auf die […] belletristische Literatur für Kinder und Jugendliche“ (ebd.: 61) und damit auf vorrangig kommerzielle Literatur bezieht.5 Wie für Literatur allgemein lässt sich feststellen, dass kinder- und jugendliterarische Texte im Spannungsfeld von Trivialität und Komplexität positioniert sind,6 dass aber lange Zeit auf Basis einer Argumentation über das vermeintlich ‚Einfache‘ der Kinder- und Jugendliteratur eine generelle Abwertung und Zuordnung zur Trivialliteratur im Vordergrund der Betrachtung stand. Während sich genuin trivialliterarische Texte aber „im Vollzug von Schemata“ (Lypp 2000: 25) erschöpfen, ist die Einfachheit der Kinder- und Jugendliteratur eine „zur Komplexität hin offene Einfachheit“ (ebd.), womit Kinder- und Jugendliteratur nicht per se im Feld der Trivialliteratur aufgeht. Die im Begriff Trivialliteratur 7 enthaltene Wertung ‚trivial‘ tritt zum einen als Element ebensolcher Wertungsdiskurse auf8 und somit als „wertungsästhetisches Phänomen“ (Waldmann 1977: 7), während der Begriff andererseits im „Werbediskurs“ „zum Qualitätssignum des Bekanntheitsgrades, zum Markenzeichen der Unverwechselbarkeit“ (Genz 2011: 21) stilisiert wird. Diese Diskrepanz ist dabei insbesondere im Kontext der geschlechtsspezifischen Leseförderrhetorik von Interesse, weil sie auf eine Verschiebung aufmerksam macht, in der zuvor Kritisiertes positiv umgewertet wird. Der Begriff „trivial“ ist (vgl. hierzu das Grimmsche Wörterbuch) über die französische Gesellschaftssprache des 17. und 18. Jahrhunderts ins Deutsche vermittelt worden und geht auf das lateinische Wort trivialis zurück. Diese Adjektivbildung leitet sich aus dem lateinischen Substantiv trivium her, das den Ort bezeichnet, an dem drei Wege zusammenstießen, und das metonymisch für „öffentliche Straße“ gebraucht wurde. An diese Bedeutung anknüpfend, verwendet das Französische das Wort im Sinne von „allgemein zugänglich, allbekannt, gewöhnlich“ und diesen Sinn übernimmt auch die deutsche Entlehnung. (Nusser 1991: 1)

4 | Wolgast 1899. 5 | Vgl. Wilkending 2001: 219. 6 | Vgl. Lypp 2000: 828. 7 | Vgl. zur uneinheitlichen Benennung der Texte bzw. zum synonymen Gebrauch von Trivial-, Unterhaltungs-, Massenliteratur: Lange 1998: 761–762. 8 | Vgl. Genz 2011: 18.

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Dabei zeichnet sich Trivialliteratur „durch die ausgeprägte Bindung an lit[erarische] Schemata und gesellschaftliche Klischees aus […]“ (Leubner 2007a: 782), die diese Texte im Gegensatz zur Unterhaltungsliteratur dominieren.9 Des Weiteren sind trivialliterarische Texte „durch ein relativ festes Ensemble prototypischer schematischer Strukturen charakterisiert“ (ebd.), die vor allem die Darstellung der Figuren und der Handlung betreffen. Eine der „Darstellungskonventionen der Trivialliteratur“ (Nusser 1991: 127; Herv. i. O.) in Bezug auf die Figurendarstellung ist beispielsweise „das Mittel der bipolaren Anordnung von Figuren bzw. Figurengruppen“ (ebd.). Dieses geht einher mit dem Prinzip der Typisierung,10 welches flache Charaktere zum Ergebnis hat. Aufgefangen wird dies andererseits durch die Handlung und die mit ihr verbundene „Strategie der Personalisierung“ und der „‚Strategie des Aktionismus‘“ (ebd.: 125; Herv. i. O.), das heißt die Ausrichtung der Texte auf eine äußerliche Handlungsorientierung. Beiden Strategien liegt das Handlungsschema bzw. nach Nusser der „Kommunikationsmechanismus der Darstellung einer Ausgangslage, einer Abweichung von dieser Ausgangslage und einer Endlage, die der Ausgangslage in entscheidenden Punkten vergleichbar ist“ (ebd.: 119), zugrunde. Mit Lange kann des Weiteren von einem „Schein-Realismus“11 der Handlung gesprochen werden, was wiederum mit der „Strategie der Personalisierung“ verbunden ist, da hiermit unter anderem eine (weitere) Reduzierung der Komplexität der Wirklichkeit einhergeht. Diese Komplexitätsreduzierung führt dazu, dass den literarischen Texten eine ihrer genuinen Eigenschaften, die Polyvalenz, genommen wird. Trivialität suggeriert am Ende nur Eindeutigkeit. Zu dieser Vereindeutigung, die durch Trivialisierung erreicht wird, gehört in gewisser Weise auch die Aufteilung des kinderliterarischen Feldes in Mädchen- und Jungenliteratur,12 auf die in Kapitel 3 noch eingegangen wird. Entscheidend ist, dass die oben genannten trivialliterarischen Merkmale keinesfalls mit kinder- und jugendliterarischer ‚Einfachheit‘ gleichzusetzen sind. Verfahren der literarischen Vereinfachung dienen nach Lypp zwar ebenso der Komplexitätsreduzierung, aber in angemessener Art und Weise. Als „Balance-Akte […] halten [sie] die Mitte zwischen Irritation und Schematismus: Sie begrenzen Mehrdeutigkeit, Widersprüchlichkeit oder Undurchdringlichkeit, so dass der Leser nicht irritiert zurückweicht, sie reduzieren aber andererseits den komplexen Gegenstand nicht auf ein simples Schema“ (Lypp 2005: 829). Somit ergibt sich das Paradoxon, dass Verfahren literarischer Vereinfachung Mehrdeutigkeit erzeugen können. ‚Einfach‘ ist aus dieser Perspektive heraus ein Text, „[w]enn [er] von nur wenigen Regeln strukturiert wird und 9 | Vgl. Leubner 2007b: 794. 10 | Vgl. Nusser 1991: 127. 11 | Vgl. Lange 2001: 363–364. 12 | Vgl. dazu auch Genz 2011: 99.

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wenn diese zudem markant hervortreten, so dass sie dem Text einen anderen, von der üblichen Ausdrucksweise abweichenden Status geben“ (ebd.: 833). Zu den Verfahren literarischer Vereinfachung gehören unter anderem Überstrukturierung, wie beispielsweise Parallelismen und Wiederholungsstrukturen, sowie Formelhaftigkeit,13 Bildlichkeit14 und Stereotype. Im Kontext von Medienverbünden erscheint dabei insbesondere das Prinzip der Wiederholung von Bedeutung, welches als erzählerisches Stereotyp in seiner ökonomischen Funktion eng gebunden an den trivialen Status der Texte diskutiert wird,15 gleichzeitig aber auch eine ästhetische Funktion erfüllt, die in der Funktion des Wiedererkennens angelegt ist.16 Als erzählerisches Stereotyp ist die Wiederholung zunächst einmal ein „Fertigteil […]“ (ebd.: 838). Stereotype sind nach diesem Ansatz „vorgegebene […] Muster“ (ebd.: 839), zu denen „Figuren, Situationen, Redewendungen, Konfliktkonstellationen, komische Effekte usw. […] [gehören, die] durch häufiges Auftreten zu festen Größen geworden [sind], die von vornherein als ‚Regeln‘ fungieren, ohne im Gang des Textes ihre Verlässlichkeit unter Beweis gestellt zu haben“ (ebd.: 838). Als Stilmittel finden sich Stereotype ebenso in literarisch anspruchsvoller Kinder- und Jugendliteratur wie auch in kommerziell orientierter, trivialer Unterhaltungs- und Serienliteratur. Der Unterschied liegt dabei an der Grenze des Stereotyps zum Klischee und somit auch an den Grenzen literarischer Einfachheit selbst begründet: „Das Reduktionsprinzip, das sie kennzeichnet, hat zwei Seiten: Es ermöglicht grundlegende Phänomene großformatig darzustellen, aber auch abstrakte Schemata ohne Bedeutungsspielraum zu erzeugen – und so den Sinn zu beschränken.“ (ebd.: 840) Diese Grenzstellung gilt es am jeweiligen Text als Diskursgegenstand zu prüfen und zwar sowohl im Hinblick auf Stereotype, die die Handlung betreffen, als auch auf Stereotype, die auf die Figurenzeichnung bezogen sind und im Grenzbereich von literarischer ‚Einfachheit‘ und trivialliterarischen Strukturelementen situiert sind und darüber hinaus häufig geschlechtliche Zuschreibungen reproduzieren. Auch wenn die Gegenstände nun dem Bereich der Trivialliteratur bzw. der trivialen Unterhaltungsliteratur zuzuordnen sind, ergibt sich die Relevanz der Forschungsfrage genau aus diesem Status. Denn: [d]ie Literatursoziologie hat nicht den Begriff Trivialliteratur zu klären, sondern sie findet die Tatsache einer weitverbreiteten Romanliteratur vor, die massenhaft auftritt. Ihre Inhalte sind so gleichmäßig strukturiert, daß sie im Grunde die stetigen und „unendlichen“ Reproduktionen eines gegebenen Handlungs-, Stil- und Sprachrasters sind. 13 | Vgl. Lypp 2005: 835. 14 | Vgl. ebd.: 837. 15 | Vgl. Nutz 1999: 64f.; Wermke 1998: 194–195. 16 | Vgl. Wermke 1998: 194–195.

Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund Sprache, Stil, Personen, Handlung sind „zurückgeführt“ auf die eindeutige Erwartung, die „allbekannt“, „alltäglich“ und darum „gewöhnlich“, „nichtssagend“, „unbedeutend“ (und im übertragenen Sinne „abgedroschen“) sind wie ein Trivium, eine Kreuzung, ein Dreierweg: trivialis. Eine solche Literatur, die in einem industriellen Prozeß produziert wird, ist „trivial“ konzipiert, d. h. diese Literatur ist genau so gewollt und nicht das Ergebnis von stilistischem Unvermögen, oder gar „abgesunkenem Kulturgut“. (Nutz 1999: 43; Herv. i. O.)17

Genau aus diesem Begründungszusammenhang wiederum ergibt sich die Notwendigkeit der „Analyse des formalästhetischen Eigenwerts“ (Josting 2012: 392) der Texte und der ihnen zugrundeliegenden sprachlichen Narrationsmuster, insbesondere der Geschlechterkonfigurationen, die den Schwerpunkt der vorliegenden Studie bilden. Als Bestandteile von Medienverbünden ist der Warencharakter dieser Texte Gegenstand der Reflexion, nichtsdestotrotz besteht diese ‚Ware‘, zumindest was die in den Medienverbünden integrierten literarischen Texte anbelangt, aus Sprache. […] Trivialliteratur ist nicht einfach „Sprachwerk“, sondern Sprache tritt in bestimmter Verfaßtheit auf, nämlich als sekundäres System bestimmter künstlicher, im Falle des Trivialromans literarisch-fiktionaler Formen. Erst als das „literarische Faktum“ (Tynjanov) dieses „Sprachkunstwerks“ transportiert der Trivialroman Ideologien und induziert er das Bewußtsein seiner Konsumenten. Die Mechanik seines literarischen Struktursystems muß also erfaßt werden, wenn seine gesellschaftlichen Wirkungen nicht nur notiert, sondern durchschaut und bewußt gemacht werden sollen. (Waldmann 1977: 11–12)

Zu diesen transportierten „Ideologien“ gehören unter anderem Vorstellungen von Geschlecht. Eine Grenze dieser Zugangsweise einer ideologiekritischen Lesart liegt dabei in dem Unterhaltungscharakter der Medienverbünde selbst begründet, da die Überbetonung des Aspektes der „ideologischen Indoktrination“ eine Ausblendung rezeptionsästhetischer Forschungserkenntnisse bedeuten würde.18 Dass das Genre der trivial literarischen Kinderbuchserie bis auf seine trivialliterarischen Spezifika konturlos verbleibt,19 überrascht aufgrund der „langen Tradition“ dieses Formats in der Kinder- und Jugendliteratur: „Beginnend mit periodisch erscheinenden Publikationen für Kinder in der Aufklärung 17 | Zitate nach alter Rechtschreibung werden nicht angepasst und Abweichungen von der heutigen Schreibung nicht eigens markiert. 18 | Vgl. Waldmann 1977: 12. 19 | Vgl. Schlachter 2013: 107; vgl. des Weiteren die Analysen der „Famous Five“-Serie von Enid Blyton von Brunken 1995 und Petzold 1990.

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über moderne Kinderbuchserien bis hin zu aktuellen seriell angelegten Medienprodukten nehmen unterschiedliche serielle Formate in der Kinder- und Jugendliteratur einen breiten Raum ein.“ (Schlachter 2013: 105) Dabei stellt Schlachter einerseits die Bedeutung der Kinderbuchserie und die des Sequels andererseits heraus: Die Serienliteratur für Kinder und Jugendliche reicht mit ihren periodisch in Zeitschriften oder Almanachen publizierten Vorläufern bis in die Aufklärung zurück und gewinnt im 19. Jahrhundert mit den Romanen von Karl May und der so genannten „Backfischliteratur“ an Bedeutung. Der Beginn der modernen Kinderbuchserie ist hingegen mit der Engländerin Enid Blyton anzusetzen […]. In der Gegenwart werden erfolgreiche Kinderbuchserien wie Die Wilden Fußballkerle, Knickerbocker-Bande, Die Wilden Hühner oder Die Olchis generell in großen Medienverbünden produziert und verkauft, in denen die Neuen Medien eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. (Ebd.: 106–107; Herv. i. O.)

Die oben genannten Beispiele scheinen im Übrigen auf eine dem seriellen Erzählen immanente Geschlechtsspezifik zu verweisen, da beispielsweise die Bücher Karl Mays als Abenteuerliteratur der Jungenliteratur und die „Backfischliteratur“ andererseits der Mädchenliteratur zugeordnet werden können (vgl. Kapitel 3). Ob diese Zuordnung gleichermaßen für „Die Wilden Fußballkerle“ und „Die Wilden Hühner“ gilt, ist im Weiteren zu überprüfen (vgl. Kapitel 4 und 5). Allgemein versteht man unter dem Begriff der Serie zunächst einmal „eine Folge gleichartiger Dinge und die Aufeinanderfolge gleicher, ähnlicher Geschehnisse oder Erscheinungen“ (Mielke 2006: 41) bzw. „fortgesetzte Folgen eines Themas oder einer Handlung“ (ebd.: 45). Die Abfolge kann dabei bloß additiv sein oder „aufeinander auf bauende, fortlaufende[…] Folgen einer Serie mit festem oder allmählich wechselndem Figurenpersonal“ (ebd.) präsentieren. Konstitutiv ist in beiden Fällen ein gemeinsames Narrativ, welches wiederum eine gewisse Offenheit auszeichnen muss, die andererseits mit Flexibilität und erhöhter Komplexität der Inhalte einhergeht.20 Diese Komplexität ist außerdem mit einer „ästhetische[n] Expansion“ (Schlachter 2013: 111) verbunden, was die Serie wiederum von der bloßen Reihung von Titeln unterscheidet. Hinzukommt, dass den für diese Studie ausgewählten Serien der Status der „populären Serialität“ (Kelleter 2012: 18) zugewiesen werden kann, welcher sich weniger durch ästhetische als vielmehr durch an der ökonomischen Logik orientierte Erzähl- und Produktionsweisen auszeichnet.

20 | Vgl. Ewers 2004: 6–7.

Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund Unter dem Titel „Populäre Serialität“ geht es um einen Erzähltypus, dessen Frühformen sich zwar historisch weit zurückverfolgen lassen, der aber erst seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts zu einem auffälligen, in bestimmten Zusammenhängen sogar vorherrschenden Merkmal kultureller Praxis wird. Es geht um Fortsetzungsgeschichten mit Figurenkonstanz, die produktionsökonomisch standardisiert, d. h. in der Regel arbeitsteilig und mit industriellen Mitteln, sowie narrativ hochgradig schematisiert für ein Massenpublikum hergestellt werden. Die vorherrschende Funktion dieser Serienerzählung ist auch laut Selbstbeschreibung explizit kommerziell, d. h. die Möglichkeit fortgesetzten Erzählens hängt entscheidend vom Markt- oder Publikumserfolg ab. (Ebd.: 18–19)

An dieser Stelle wird der Einfluss des ‚Feldes der Macht‘, welches auf die kulturellen Felder einwirkt, deutlich. Der Markt entscheidet, welche Serien fortgeschrieben werden. Das spezifisch symbolische Kapital, welches eigentlich dem autonomen Feld zugeschrieben wird, findet sich modifiziert auch im Feld der Massenproduktion wieder. Durch die Allgegenwärtigkeit der Narration entstehen auf Rezipient_innenseite kulturelle Zwänge zur Teilhabe. Auf Seite der Produktion ist in diesem Kontext andererseits die Bedeutung der Inszenierung von Autorschaft interessant, denn auch Kinderbuchautor_innen werden in und durch Medienverbünde zu Marken, ihr Name zu „Konsekrationskapital“.21 Was diese ‚neue‘ Form von althergebrachten Formen der Serialität unterscheidet, ist, dass sie nicht mehr einseitig und einem trivialen Muster folgend schematisieren, Komplexität reduzieren und somatisieren, sondern in Interdependenz zu den eben genannten Merkmalen ebenso differenzieren, Komplexität steigern und reflexiv sind.22 Dies macht sie zu nicht mehr eindeutig zuordenbaren Gegenständen. Auf der Oberfläche erscheinen diese Texte mitunter innovativ, da Differenzierung, Komplexitätssteigerung und Reflexivität Prozesse der Schematisierung, Komplexitätsreduzierung und Somatisierung überlagern. Der Seriencharakter, die Wiederholung einer immer wiederkehrenden Variation von Ähnlichkeiten innerhalb einer gleichbleibenden Narration, verschleiert diese Schein-Innovativität. Diese Unterscheidung von vermeintlich innovativen Oberflächentexten und eher traditionellen, konservativen Subtexten ist für die vorliegende Arbeit essentiell, weil sie die Notwendigkeit einer doppelten Lesart etabliert. Es ist nicht (mehr) hinreichend die Texte im Hinblick auf Imagines von Weiblichkeit und Männlichkeit zu befragen, da diese nur auf der Textoberfläche in Erscheinung treten. Viel bedeutsamer scheint es, durch die Analyse von Konfigurationen und Narrationsmustern Subtexte offen zu legen. Die Wirkmächtigkeit der Narrationen „populärer Serialität“ speist sich aus zwei Merkmalen: 21 | Bourdieu 1999: 239. 22 | Vgl. Kelleter 2012: 21.

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Archaisierung und Pinkifizierung Erstens handelt es sich bei populären Serien nicht um in sich kohärente Werke, die einem Publikum vielleicht nur aus Spannungsgründen in segmentierter Form präsentiert werden. Stattdessen haben wir es mit etwas zu tun, das man zuvor eher aus oralen Kulturen kannte: regelmäßig fortlaufenden Geschichten, die in der Regel zeitgleich – oder in seriellen Strukturen gedacht: in konstanter Rückkopplung – zu ihrer Rezeption erzählt werden. Der hohe Druck kommerzieller Produktionstaktung […] erfordert mediale Standardisierungen und narrative Schematisierungen, industrielle Produktionsweisen also, führt gleichzeitig aber dazu, dass immer neue inhaltliche Wendungen, ja immer neue medien- und erzähltechnische Innovationen in die Erzählung eingeführt werden müssen, um das Interesse der Serie an sich selbst am Leben zu halten. […] Zweitens fällt auf, dass populäre Serien eine geradezu epidemische, d. h. außergewöhnlich reproduktionsintensive und differenzierungsfreudige Wirkung auf die alltägliche und zunehmend auch die öffentliche Kommunikation ihrer Leser, Zuschauer und Produzenten entfalten können. (Kelleter 2012: 22–23; Herv. i. O.)

Diese „epidemische Wirkweise“ findet ihren Ausdruck in der Omnipräsenz kinderliterarischer Medienverbünde, welche mit einer starken Adressaten- und in diesem Zuge Lebensweltorientierung gleichermaßen23 einhergeht und an die Produktion von Real- und sozialem Kapital gebunden ist. Was aber ist unter einem Medienverbund der Kinder- und Jugendliteratur zu verstehen? Der Begriff des Medienverbundes an sich hat seine Ursprünge in der Lesedidaktik, insbesondere der Leseförderung, und bezieht sich in dieser ersten Lesart auf das Potential unterschiedlicher aufeinander abgestimmter Medien zur Förderung des Lesens. Erst in seiner zweiten Lesart ist der Begriff „ökonomischer Art“ (Hengst 1994: 239–240). Gemeinhin versteht man unter Medienverbund im Bereich kinder- und jugendliterarischer Texte, dass ein Stoff in verschiedenen Medien präsent ist, dass es also eine crossmediale Vermarktung und zudem in vielen Fällen eine große Zahl von Fanartikeln gibt, das sog. Merchandising, d. h. die zentralen Figuren der Stoffe werden von Bekleidungs-, Spielzeug-, Lebensmittel-, Papierwarenbranche etc. vermarktet. (Josting 2012: 391)

Somit bietet dieser Begriff eine Möglichkeit, „die Organisationstruktur medialer und ökonomischer Verschränkungen“ (Marci-Boehncke 2010: 486) zu thematisieren. Insgesamt bedarf es aber einer Schärfung des Medienbegriffs, wie ihn Josting (2012: 391) vornimmt. Im Rückgriff auf Posners (1986) kommunikationstheoretisch integrierten Medienbegriff unterscheidet sie zwischen einer „biologische[n], physikalische[n], technologische[n], soziologische[n], kulturbezogene[n] und kodebezogene[n] Dimension“ (Josting 2012: 391) und 23 | Vgl. ebd.: 24.

Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund

kommt zu der Feststellung, dass für die Medienverbünde der Kinder- und Jugendliteratur „maßgeblich die Bereiche ‚Produktion‘ und ‚Rezeption‘ sowie ihr Wechselverhältnis in den Blick zu nehmen“ (ebd.: 392) sind. Der in aktuellen Publikationen sowohl synonym als auch eigenständig verwendete kommunikationswissenschaftliche Begriff der „Medienkonvergenz“24 erfasst dann zudem die „Verschränkungen bzw. Verschmelzungen von Angeboten / Inhalten [sic], Rezeptionsformen und wirtschaftlichen Branchen“ (Josting 2014: 231). Historisch gesehen, entsteht die Verzahnung der Kinder- und Jugendliteratur mit vorwiegend kommerziellen Interessen bereits im Zuge der ab 1800 einsetzenden „Entwicklung des Buchmarktes […], die zu einer Diversifizierung in eine Unterhaltungs- und Serienliteratur für Kinder und eine literarisch anspruchsvolle Kinderliteratur führte“ (Kümmerling-Meibauer 2003: 272–273). Dies unter Einbezug der „Voraussetzungen des sich in der Mitte des 18. Jhds. entwickelnden literarischen Marktes, auf dem Angebot und Nachfrage sich aufeinander einstellen und aufeinander Einfluß zu nehmen suchen“ (Nusser 1991: 21) sowie der Entstehung einer Unterhaltungsindustrie und Populärkultur ab Mitte des 19. Jahrhunderts,25 welche mit der Zunahme serieller Literatur einhergeht.26 Im 19. Jahrhundert finden sich auch die Ursprünge der kinderliterarischen Medienverbünde,27 bei deren Frühformen „es sich vorwiegend um Transformationen von Kinderbüchern in Form von Dramenfassungen, Balletts und Musikstücken“ (Kümmerling-Meibauer 2007: 15) handelt. Diesen Formen der Adaption schloss sich um die Jahrhundertwende als nächster Schritt die Etablierung einer ersten Merchandising-Kultur an,28 auf die die Implementierung des Mediums Film folgte – zunächst noch des Stummfilms,29 dann mit der Verfilmung von „Emil und die Detektive“, die als erster originärer Kinderfilm gelten kann, auch des Tonfilms.30 Als weitere Medien wurden in den folgenden Jahren „Rundfunk und die Schallplatte“ (Josting 2012: 396) in die Medienverbünde integriert: „Mit dem Ausbau des Hörfunks in den 1930er Jahren und den Zeichentrickfilmen der Walt Disney Company, die auf berühmten kinderliterarischen Vorlagen basierten […], zeich24 | Vgl. hierzu vertiefend: Möbius 2014. 25 | Vgl. Genz 2011: 99. 26 | Vgl. Wilkending 2001: 223–224. 27 | Auf das Desiderat einer spezifischen Geschichte des Medienverbundes der Kinder- und Jugendliteratur weist Josting (2012: 393) unter Bezugnahme auf KümmerlingMeibauer (2007) hin. 28 | „Merchandising bedeutet, daß der Inhaber eines Copyrights an einem Stoff, einem Titel, einem Namen, einem Design Zweitfirmen das Recht erteilt, dieses Copyright in Verbindung mit einem Fremdprodukt zu verwerten.“ (Hengst 1994: 242) 29 | Vgl. Josting 2012: 395; Kümmerling-Meibauer 2007: 15. 30 | Vgl. Josting 2012: 395.

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Archaisierung und Pinkifizierung

net sich der Beginn einer vielfältigen Kindermedienkultur ab.“ (KümmerlingMeibauer 2007: 15)31 Ein Novum der 1970er besteht in der Implementierung des Fernsehens,32 insbesondere als prominenter Ort für Serialisierungen.33 „Mitte der 1970er Jahre“ etabliert sich mit „Heidis Lehr- und Wanderjahre“ „[d]as erste umfassende kommerzielle Verbundsystem in Deutschland“ (ebd.: 17). Im Zuge des Formen- und Funktionswandels der Kinder- und Jugendliteratur sowie der technischen Weiterentwicklung ab den 1970er Jahren setzt die „Ausweitung des Medienverbunds und der crossmedialen Vermarktung der KJL“ (Josting 2012: 401–402) ein, was am Medienverbund um Michael Endes „Die unendliche Geschichte“ sichtbar wird.34 Merchandising im Kontext eines „totale[n] Marketing[s]“ (Hengst 1994: 242) wird relevant. Seit den 1980ern ist eine Zunahme der „neue[n] auditive[n], audiovisuelle[n] und interaktive[n] Medien“ (Kümmerling-Meibauer 2007: 16) zu beobachten. So sind im weiteren Verlauf der Geschichte der Medienverbünde der Kinder- und Jugendliteratur zunächst Kassetten,35 als neues „Massenmedium in der Kinderliteratur“ (Josting 2012: 404),36 und schließlich auch digitale Datenträger wie CD-ROMs, im Zuge der Etablierung von Computerspielen37 marktrelevant.38 Mit der Digitalisierung wird eine weitere Ebene eröffnet, die einerseits „permanente Variabilität und hohe Individualisierung für Produktions- und Rezeptionsverhältnisse“ (Marci-Boehncke 2010: 498) mit sich bringt. Andererseits erhöht sich „die Geschwindigkeit der Transformation von Texten in andere Medientexte oder Produkte so rasant […], dass sich die Grenze zwischen einer ästhetisch geprägten Intermedialitätsdiskussion […] und einer ökonomisch geprägten Diskussion um die Verwertungsketten medialer Angebote […] kaum noch trennscharf ziehen lässt“ (ebd.: 483). Diese ökonomische Perspektive bedarf der Erweiterung um einen Diskurs, der die Zielgruppenspezifik stärker in den Blick nimmt und als Ausgangspunkt von „Medientransformationen“ denkt. Welchen Stellenwert das Internet, insbesondere die Homepages, in und für die Medienverbünde einnehmen, ist für Josting 2012 noch umstritten39 und wird 2014 schon weitaus positiver beurteilt:

31 | Auf die Vorreiterposition von Disney verweist auch Hengst 1994: 241. 32 | Vgl. ebd.: 242. 33 | Vgl. Kümmerling-Meibauer 2007: 16. 34 | Vgl. Josting 2012: 403. 35 | Vgl. ebd.: 404. 36 | Vgl. Hengst 1994: 240. 37 | Vgl. ebd. 38 | Vgl. Josting 2012: 405. 39 | Vgl. ebd.: 415.

Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund Für den K JL-Markt haben diese Innovationen zur Folge, dass man sich z.B. am PC über die Homepages von Verlagen nicht nur über Autoren und Bücher informiert, sondern selbst Kommentare zu Büchern einstellt; man lädt sich vom Verlag elektronische Bücher oder Hörbücher gegen Bezahlung herunter, wird Mitglied einer Social-Media-Plattform, tauscht sich dort über Bücher aus und gleichzeitig stellt eine solche Plattform wiederum ein neues Angebot bereit. (Josting 2014: 236)

Hinzu kommt, dass das Internet als „Informationsmedium“ (ebd.: 245) auch Aufmerksamkeiten generiert und lenkt, wenn beispielsweise auf der Homepage des einen Medienverbunds andere Verbünde beworben werden. Generell dürfte das Verbundelement Internet im Zuge der Ausweitung von FanFiction eine Erweiterung erfahren haben. Wahrscheinlich erscheint zudem, dass die Relevanz von Medienverbund zu Medienverbund unterschiedlich ist und zudem von den jeweiligen Inszenierungsmustern abhängig ist, die die jeweilige Homepage den Nutzern bietet. Allgemein lässt sich aber Maiwald zustimmen, der die online-Angebote der Medienverbünde als „Kristallisationspunkte für die Aufmerksamkeit und die Bindung der Nutzer/Konsumenten“ (2007: 39) sieht. Das Zusammenspiel unterschiedlicher Medienformate bleibt dabei nicht ohne Einfluss auf die Einzelmedien, was sich unter anderem in der Tendenz zur sogenannten Hybridisierung niederschlägt, verstanden als „Verschachtelung und Kombination verschiedener, zunächst unvereinbar scheinender medialer Inhalte und Strukturen“ (Kümmerling-Meibauer 2007: 19). Dies betrifft in entscheidender Weise auch die Darstellung der Figuren, deren Inszenierungsmuster sich je nach Medium und Einfluss ökonomischer Interessen bzw. der Zunahme des Medienverbundcharakters ändert. Betroffen sind sowohl die Anlage der Figuren im Ausgangsmedium, welche medienkompatibel sein muss, als auch die spezifische Darstellung von Figuren in den jeweiligen Medien, die je nach Grad der Kommerzialisierung stereotype Züge annehmen kann. Hybridisierung bedingt des Weiteren eine bestimmte Stoff- und Themenauswahl, die an äußerer Handlung orientiert zu sein hat,40 eine Darstellungskonvention, welche generell eher trivialliterarischen Texten zugeordnet wird. Hybridisierung betrifft in entscheidender Weise des Weiteren die ästhetische Komponente: „Medienverbünde vermischen in der für sie spezifischen Diversität Triviales mit Komplexem, unmittelbar Zugängliches mit Fremden etc., und sie haben gerade aufgrund dieser ästhetisch-literarischen Breite das Potenzial, Bekanntes in neuem Gewand erscheinen zu lassen und die daran gebundenen Schemata zu erweitern und zu verändern“ (Kruse 2014a, 24–25), aber auch zu naturalisieren. Hybridisierung ermöglicht durch den ‚Genremix‘ zudem eine maximale Ausweitung der Zielgruppe. 40 | Vgl. Ewers 2004: 8.

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Archaisierung und Pinkifizierung

Neben der Hybridisierung ist als weitere neue Tendenz festzustellen, dass „die zeitlichen Abstände bei neuen Produkten zwischen Ausgangsmedium und den Folgemedien immer kürzer werden, bisweilen erscheinen sie fast zeitgleich“ (Josting 2012, 407). Der Simultaneität als Charakteristikum des Medienverbunds steht aber weiterhin die zeitliche Sukzession ihrer Teile zur Seite, da der Fokus der Analyse von Medienverbünden bisher nicht auf das große Ganze, sondern von einem Leitmedium ausgehend den Verbund „als eine Kette nachträglich erfolgter separater medialer Adaptionen eines Ausgangsproduktes“ (Ewers 2004: 4) perspektivierte. Diese Produktorientierung blendet aus, dass auf Seite der Rezipient_innen der Konsum der in Folge produzierten Teile gleichzeitig passiert bzw. passieren kann. Ob nun aber, wie Pick behauptet, „jede kinderliterarische Serie auch ein Medienverbund ist“ (2009: 11–12), müsste genauer hinterfragt werden. Ewers formuliert einschränkend, dass „[v]iele dieser Offerten […] von vornherein als – wenn nicht beliebig fortsetzbare, dann doch auf mehrere Staffeln ausdehnbare – Serienerzählungen konzipiert sind“ (Ewers 2004: 6). „Viele“ bedeutet nun aber nicht alle, und so finden sich in den meisten Beschreibungen des Verhältnisses von Medienverbünden und Serialität eher tendenzielle41 und nur wenige deterministische Aussagen. Dieser vorsichtige Umgang mag auch in dem Genre begründet liegen, da es „[f]ür die Kinderbuchserie wie für andere serielle Erzählformate […] bislang keine etablierte literaturwissenschaftliche Definition“ (Schlachter 2013: 107) gibt, was die Eindeutigkeit von Zuschreibungen erschwert. So mag man manche Formen seriellen Erzählens nur im Medienverbund antreffen, während andere Formen genuin einem Medium verbunden bleiben. Ob dies verbunden ist mit dem ökonomischen Erfolg, den die serielle Erzählung (nicht) hat, wäre eine weiterführende Frage. Ein Zusammenhang liegt aber nahe: „Erfolgreiche Medienprodukte […] bauen auf dem Serienprinzip auf, indem im regelmäßigen Turnus Fortsetzungen oder um weitere Geschichten ergänzte Versionen“ (Kümmerling-Meibauer 2007: 13–14) erscheinen. Somit stellt sich die Frage, ob der Erfolg eines Medienverbundes abhängig ist von dem Prinzip der Serialisierung seiner Teile oder ob die Serialität des Verbundes bedarf, um wirkmächtig zu werden. Dabei kann angenommen werden, dass „das serielle Prinzip […] konstitutiv bei der Ausbildung der aktuellen Jugendmedienverbünde“ (Schlachter 2013: 110) wirkt, was gleichermaßen für die Verbünde der Kinderliteratur gilt. Immanent verbunden scheint die in einem Medienverbund kontextuierte Serialität mit der Trivialität ihrer Erzählungen. Denn es gilt, dass „alle medialen Versionen eines Medienverbundangebots […] insofern einem hochkulturellen Schlüsselprinzip [widersprechen], als sie nicht den Status eines autonomen Kunstwerks beanspruchen können und wollen. Die einzelnen medialen Versi41 | Vgl. auch Kümmerling-Meibauer 2007: 13–14.

Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund

onen werden von den Konsumenten nicht als eigenständige Werke betrachtet, sondern an einer äußeren Vorgabe gemessen – an der einen Narration nämlich, die alle medialen Versionen gleichlautend wiederzugeben haben“ (Ewers 2004: 6), womit die Erzählungen der Medienverbünde im Feld der kulturellen Produktion dem Feld der Massenproduktion zuzuordnen wären. Autonomie ist nicht angestrebt, der Fokus liegt auf ökonomischen Interessen. (Kinderbuch-) Serienliteratur kann somit als literarische Begleiterscheinung eines durch Prozesse der Kommerzialisierung geprägten und somit nicht autonomen ‚literarischen Feldes‘ begriffen werden, dem der triviale Charakter immanent ist. Durch ihre Omnipräsenz ist es Medienverbünden möglich, sich „selbst [zu] bewerben“ und somit „zunehmend den Kinder- und Jugendbuchabsatz, vorrangig auf allen Nichtbuchhandelsschienen“ (Heidtmann 2000: 30), zu dominieren, was sich wiederum in der Erhöhung „ihre[s] symbolischen und sozialen Gebrauchswert[es]“ (Hengst 1994: 246) niederschlägt, wodurch neben Realkapitel auch soziales wie symbolisches Kapital generiert wird.42 Medienverbundliteratur wird zur „Superware“ (Hengst 2007: 22), zur „Marke“,43 die aber nur mit einer kurzen Lebenserwartung aufwarten kann. Daher „wird ständig an der Wiederholung dessen gearbeitet, was einmal populär war“ (ebd.: 33). Medienverbünde können somit als „Schnittstelle zwischen Medienwelt und auch (ökonomischer) Alltagswelt“ (Marci-Boehncke 2010: 484) gelten. Dies betrifft vor allem die einzelnen Verbundelemente, da insbesondere das Merchandising rund um die Medienverbünde als Bindeglied zwischen Werbemechanismen einerseits und Konsumerfahrungen andererseits gesehen werden muss.44 Des Weiteren fungieren die in die Verbünde implementierten inter- und intratextuellen wie medialen Verweissysteme45 als Strategie der Sichtbarmachung. In Verbindung mit Medienverbundstrukturen und Lizenzhandel wird es den kindlichen Rezipient_innen ab Mitte der 1980er Jahre „möglich, die sekundäre Erfahrungswelt als käufliches Produkt in die primäre mit hinüberzunehmen“ (Feil 2003: 12). Dabei ist ebenso wie im Zusammenhang mit der Trivialitätsforschung darauf zu achten, dass „keine einseitige und monodirektionale Wirkungsunterstellung vom Medium zum Mediennutzer“ (Marci-Boehncke 2010: 490) vorgenommen wird, sondern dass vielmehr von einer Interdependenz‚ einer „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ ausgegangen werden muss, in der sich Angebot und Nachfrage gegenseitig bedingen. Daran wird deutlich, dass Medienverbünde der Kinder- und Jugendliteratur nicht nur einfach „fiktional-ästheti-

42 | Vgl. dazu auch Marci-Boehncke 2010: 484. 43 | Vgl. dazu auch Pick 2009: 34. 44 | Vgl. Feil 2003. 45 | Vgl. dazu Rajewsky 2002.

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Archaisierung und Pinkifizierung

sche Erlebnis- und Konsumzonen“ (Maiwald 2007: 39) sind, sondern vielmehr strategisch geplante.46 Als Teil der Kinder- und Jugendliteratur ist Jungenliteratur ebenso wie „Mädchenliteratur […] ein Teil des Medienverbunds. […] In den Content-Universen sind die Bücher schließlich nur noch Teil eines umfangreichen medialen Gesamtpakets, das aus TV-Serie, Romanen, Comics, Spielen u.a. besteht“ (Grenz 2008: 393). Die Frage ist, ob Mädchen- ebenso wie Jungenliteratur und die Medienverbünde, in denen sie situiert sind, unterschiedlichen Regeln folgen oder ob in beiden das Prinzip der Trivialität überwiegt, und welche Konsequenzen dies insbesondere für die Figureninszenierung mit sich bringt. Zur Beantwortung dieser Frage muss dazu zunächst geklärt werden, wie sich die Geschlechtsspezifität der Kinder- und Jugendliteratur darstellt.

46 | Vgl. Maiwald 2007: 39.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

Die Frage nach der Geschlechtsspezifität der Kinder- und Jugendliteratur bedarf zunächst der Differenzierung der einzelnen Komponenten der Fragestellung und somit der Aufteilung in Mädchenliteratur und Jungenliteratur.

M ädchenliter atur Der Begriff der Mädchenliteratur ist insbesondere seit dem Aufkommen der Backfischliteratur ein allgegenwärtiger Begriff, dessen Begriffshistorie und Korpus als weitestgehend erforscht gelten kann.1 Aufgrund dieser Forschungslage soll die Geschichte der Mädchenliteratur an dieser Stelle nur knapp skizziert werden.2 Die Ursprünge der deutschsprachigen Mädchenliteratur, wie der Kinder- und Jugendliteratur allgemein, können bereits „im späten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit“ (Weinkauff/Glasenapp 2010: 18) situiert werden, wobei sie inhaltlich „überwiegend religiöser und lehrhafter Art“ (Grenz 2007: 467) waren, wie beispielsweise Geoffrey Chavalier de Latour-Landrys „Livre du Chevalier de la Tour pour l'enseignement de ses filles“, welches in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Der Ritter vom Turm“ 1493 vorlag und „[a]ls das erste ausschließlich für Mädchen geschriebene Werk“ (Schikorsky 2003: 15–17) gelten kann.3 „Im letzten Drittel des 18. Jh.s setzt unter dem Einfluss der aufklärerischen Pädagogik eine stärkere Ausdifferenzierung und quantitative Ausweitung [intentionaler Mädchenliteratur, die Verf.] ein“ (Grenz 2007: 467; Herv. i. O.). In den Fokus rückte mit vornehmlich „(nichtfiktionalen) moralisch-belehrenden Schriften“ (ebd.) vermehrt die Erziehung der älteren Mädchen, eine Traditi1 | Vgl. dazu Dahrendorf 1980. 2 | Vgl. zur vertieften Auseinandersetzung mit der Historie des Mädchenbuchs: Grenz 1997. 3 | Vgl. dazu auch Brunken 2008: 1.

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Archaisierung und Pinkifizierung

on, für die exemplarisch Joachim Heinrich Campes „Väterlicher Rath für meine Tochter“4 stehen kann, der als „rezeptionsgeschichtlich bedeutsamste[r] mädchenliterarische[r] Text des späten 18. Jahrhunderts“ (Grenz 2005: 334) gilt. Während der Bereich der Kinderlektüre weiterhin geschlechtsunspezifisch verblieb, etablierte sich „um 1900 […] [die] geläufige[…] Diskursfigur der geschlechtsspezifischen Jugendlektüre“ (Wilkending 2003: 69), somit „zu dem Zeitpunkt, wo es darum geht, das bürgerliche Mädchen auf die von ihr verlangten Pflichten und Tugenden vorzubereiten, die sich wesentlich von denen des Jünglings unterscheiden.“ (Grenz 2005: 334) Der geschichtliche Hintergrund dieser Entwicklung ist zum einen die Etablierung des Kindheitsbegriffs5 sowie der Diskurs über und die anschließende Setzung des Paradigmas der ‚Geschlechtscharaktere‘: „[D]ieser heute in Vergessenheit geratene Begriff bildete sich im 18. Jahrhundert heraus und wurde im 19. Jahrhundert allgemein dazu verwandt, die mit den physiologischen korrespondierend gedachten psychologischen Geschlechtsmerkmale zu bezeichnen. Ihrem Anspruch nach sollten Aussagen über die ‚Geschlechtscharaktere‘ die Natur bzw. das Wesen von Mann und Frau erfassen.“ (Hausen 1976: 363) Als natürlich gegeben galt, „dass der Mann für den öffentlichen, die Frau für den häuslichen Bereich von der Natur prädestiniert [ist]. Bestimmung und zugleich Fähigkeiten des Mannes verweisen auf die gesellschaftliche Produktion, die der Frau auf die private Reproduktion. Als immer wiederkehrende zentrale Merkmale werden beim Manne die Aktivität und Rationalität, bei der Frau die Passivität und die Emotionalität hervorgehoben, wobei sich das Begriffspaar Aktivität-Passivität vom Geschlechtsakt, Rationalität und Emotionalität vom sozialen Betätigungsfeld herleitet.“ (ebd.: 367) Das, was in den ‚Geschlechtscharakteren‘ zum Ausdruck kommt, ist somit zum einen „die in der bürgerlichen Familie konstitutive prinzipielle Verschiedenheit der geschlechtsspezifisch geteilten Arbeit, als auch die Dissoziation und Kontrastierung von Erwerbs- und Familienleben, von Öffentlichkeit und Privatheit“ (ebd.: 390). Den Begriffspaaren zugeordnet finden sich weitere Merkmalsgegenüberstellungen, die sich als Figurenattribuierungen durch die Geschichte der Mädchen- und Jungenliteratur ziehen und bis heute den Diskurs darüber kennzeichnen, wie eine Mädchen- bzw. Jungenfigur zu sein hat.

4 | Campe, Joachim Heinrich (1988): Väterlicher Rath für meine Tochter. Ein Gegenstück zum Theophron. Neudr. der Ausg. Braunschweig 1796. Herausgegeben von Ruth Bleckwenn. Paderborn: Hüttemann. 5 | Vgl. dazu Keiner 1994: 30.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

MANN

FRAU

Bestimmung für Außen

Innen

Weite

Nähe

Öffentliches Leben

Häusliches Leben

Aktivität

Passivität

Energie, Kraft, Willenskraft

Schwäche, Ergebung, Hingebung

Festigkeit

Wankelmut

Tapferkeit, Kühnheit

Bescheidenheit

Tun

Sein

selbständig

abhängig

strebend, zielgerichtet, wirksam

betriebsam, emsig

erwerbend

bewahrend

gebend

empfangend

Durchsetzungsvermögen

Selbstverleugnung, Anpassung

Gewalt

Liebe, Güte

Antagonismus

Sympathie

Rationalität

Emotionalität

Geist

Gefühl, Gemüt

Vernunft

Empfindung

Verstand

Empfänglichkeit

Denken

Rezeptivität

Wissen

Religiosität

Abstrahieren, Urteilen

Verstehen

Tugend

Tugenden Schamhaftigkeit, Keuschheit Schicklichkeit Liebenswürdigkeit

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Archaisierung und Pinkifizierung

MANN

FRAU Taktgefühl Verschönerungsgabe

Würde

Anmut, Schönheit (ebd.: 368)

Dabei gilt es zu bedenken, dass trotz oder vielleicht auch aufgrund dieser Setzung der Status von ‚Weiblichkeit‘ und ‚Männlichkeit‘ weiterhin ein prekärer war. So führt Stephan an, dass die „intensiven Geschlechterdebatten im philosophisch-anthropologischen Diskurs um 1800 […] und die daran anschließende Flut von populären Ratgebern zeigen, dass Weiblichkeit und Männlichkeit gleichermaßen als definitionsbedürftig empfunden wurden und dass der aufklärerische Rekurs auf die ‚Natur‘ bereits am Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr ausreichte, um das Geschlechterverhältnis zu begründen und die angebliche Polarität der Geschlechter aufrechtzuerhalten.“ (Stephan 2003:14) Diese Diskrepanz zwischen der ‚natürlichen‘, biologischen Setzung einerseits und der stetigen Arbeit an der Entkopplung von ‚sex‘ und ‚gender‘ andererseits ist dabei eine Konstante, die die Untersuchung von ‚Geschlecht‘ begleitet. Das Konstrukt der ‚Geschlechtscharaktere‘ ist dabei insofern aufschlussreich – auch wenn es hinter gendertheoretische Ansprüche zurückfällt, als dass sich in dieser Binarisierung von Geschlechterattribuierungen die Essenzen der Mythen von Weiblichkeit und Männlichkeit finden lassen – das, was alltagssprachlich als Geschlechterstereotyp definiert wird. Führt man den Gedanken der ‚Geschlechtscharaktere‘ nun mit Blick auf die Kinder- und Jugendliteratur weiter, resultiert aus historischer Perspektive daraus „die Notwendigkeit einer spezifischen Literatur auch für das kleine Mädchen. Langfristig ergibt sich daraus auch, dass nicht nur die Inhalte, sondern auch die Form der Vermittlung an die ‚weibliche‘ Natur anzupassen seien.“ (Grenz 2005: 336) Dabei war gemäß den ‚Geschlechtscharakteren‘ die an männliche Jugendliche adressierte Literatur vor allem sachorientiert, während die Mädchenliteratur sich aus „ästhetisch verdichtete[r], poetische[r] Geschichte“ (Plath/Richter 2010: 30) zusammensetzte. Schon hier bilden sich somit erste dichotome Muster im Feld der Produktion aus. So werden den Jungen „die Sphären der Abenteuer und der Vermittlung naturwissenschaftlichen, geographischen und historischen Wissens, der Darstellung von Kriegen und Eroberungen, die vor allem kognitiver Zugänge bedürfen“ (ebd.: 31),6 zugestanden, während die weiblich codierten Themen um die Bereiche „innerhäusige Welt, um Innenräume sozialen Wirkens, Nachdenkens, Sich-Vertiefens in literari6 | Vgl. auch Ewers 1994: 14.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

sche Geschichten“ (ebd.; Herv. i. O.) zentriert sind. Dies ist verknüpft mit einer zweiten Dimension, der die Kategorien Passivität und Aktivität geschlechtscodiert eingeschrieben sind.7 Seit Beginn des 19. Jahrhunderts lässt sich dann eine Zunahme des Bereichs der fiktionalen Mädchenliteratur verzeichnen. Dies „zunächst in Form des sentimental-religiösen Prüfungs- und Läuterungsromans […] und der moralischen Erzählung […].“ (Grenz 2007: 467f.). Den wichtigsten Entwicklungsschritt für die „geschlechts-spezifische Abtrennung der Mädchenliteratur von der allgemeinen Kinder- und Jugendliteratur“ (Grenz 2005: 337) jedoch vollzieht die Mädchenliteratur mit der Konstituierung der Backfischerzählung, deren Erzählmuster noch bis in die heutige Zeit die Diskurse der Mädchenliteratur prägen.8 Als genrebildend kann dabei Emmy von Rhodens „Trotzkopf“9 gesehen werden, dessen Erzählmuster und dessen Prinzip der Serialität in der Mädchenliteratur bis heute wirkmächtig sind. Grenz spricht sogar von dem „Trotzkopf-Modell“ (ebd.: 349; Herv. i. O.). Aus den volkstümlichen, episch bereits komplexeren und das Moment der Unterhaltung stärker betonenden ‚Erzählungen und Novellen für die reifere weibliche Jugend‘ der Biedermeier- und Nachbiedermeierzeit […] entsteht die Backfischerzählung, die sich mit der Darstellung der engen Welt des wohlbehüteten jungen bürgerlichen (oder adeligen) Mädchens bis zur Verlobung oder Verheiratung beschränkt. Die Bachfischzeit – mit ihr setzt sich in der M[ädchenliteratur] die Vorstellung von weiblicher Pubertät durch – wird verstanden als Schonraum, in dem das Mädchen noch möglichst lange Kind sein darf (hierzu gehören auch jungenhafte Züge), und gleichzeitig als Übergangsphase, in der es sich zur ‚Dame‘ zu wandeln hat, die gleichwohl noch kindlich-spontan sein soll […]. (Grenz 2007: 468; Herv. i. O.)

Zu den tradierten Erzählmustern gehören die Thematisierung der Unangepasstheit10 der dargestellten Mädchenfiguren sowie die „Psychologisierung der Hauptfigur (und damit auch der vermittelten Normen)“ (Grenz 1997c: 202), wie sie für den 1885 erschienenen „Trotzkopf“ konstatiert werden, was als Beginn „der Verinnerlichung der Geschlechterrollen“ (ebd.: 212) gelten kann. Die mit den Rollen einhergehenden Geschlechternormen werden immer mehr in die Tiefenstruktur der Texte eingeschrieben. Das Darstellungsmuster des Kindlich-Spontanen wird verbunden mit der Betonung der weiblichen „Natür-

7 | Vgl. Plath 2010: 31. 8 | Vgl. dazu Grenz 2005: 338. 9 | Rhoden, Emmy von: Der Trotzkopf. Würzburg: Arena 2002 [EA 1885]. 10 | Vgl. dazu Grenz 1997c: 202.

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Archaisierung und Pinkifizierung

lichkeit“ (ebd.: 203) und deren erotischer, am männlichen Blick ausgerichteten Komponente.11 Aus historischer Perspektive wird zu diesem Zeitpunkt auch das Jungenbuch zu einem Thema: „Wie bereits an diesem Genre [der Jugendliteratur, die Verf.] zu sehen, bilden sich in der zweiten Jahrhunderthälfte im Gesamtkontext der erzählenden Literatur für das Lesealter von etwa zwölf bis sechzehn, achtzehn Jahren die beiden Profile ‚Mädchenbuch‘ (‚Backfischbuch‘) und ‚Jungenbuch‘ heraus, die im Sinne einer Gattungskonventionalisierung deutlich unterschieden werden können. Der Schwerpunkt des einen ist die Entwicklungsgeschichte, das stoffliche Zentrum des anderen das Abenteuer.“ (Brunken 2005: 51) Dabei ist das Backfischbuch für die Mädchenliteratur das, was das Abenteuerbuch für die Jungenliteratur ist, nur ohne eine entsprechende Explizitheit der Zuordnung. Diese Logik, „d. h. die Kontrastierung des Abenteuerromans als Jungenlektüre und des Backfischromans als Mädchenlektüre“ (Wilkending 2003: 3) perpetuiert die „‚Geschlechtsspezifik‘ der Jugendlektüre […] erst recht zu einer ahistorischen, biologischen Konstante“ (ebd.): Die Affinität der männlichen Reifejahre zum Abenteuer ist über lange Zeit eine so verbreitete Denkfigur gewesen, dass das Abenteuerbuch gleichsam als originäres Jungenbuch galt, stellt es doch in der spannungsgeladenen Schilderung des gesuchten oder erduldeten Erlebens von Außergewöhnlichem, Fremdartigem und Gefahrvollem Erfahrungsmuster bereit, die der Modellierung von als geschlechtscharakteristisch interpretierten Tugenden wie Tat- und Führungskraft, Mut und Kühnheit dienen können. Mit der Gestaltung des „Drangs in die Ferne“ bietet die Abenteuererzählung Gelegenheit für intensive Gefühlserlebnisse, ermöglicht Ausbruchsphantasien und stellt ein Terrain zu deren Ausleben zur Verfügung, sie befriedigt eskapistische Bedürfnisse und offeriert auf der anderen Seite erzieherische Modelle zur sozialen Anpassung und Eingliederung. (Brunken 2005: 55)12

Das Mädchenbild zu Beginn des 20. Jahrhunderts konzentriert sich weiterhin auf die Attribute des „Spontan-Kindlichen bzw. Natürlich-Liebenswerten“ (Grenz 2007: 468). Zudem differenzieren sich erste Genres aus. „Im Ersten Weltkrieg (und bereits davor) zeigt die M[ädchenliteratur] starke militaristische und nationalistische Tendenzen. Die konservative Entsagungsideologie der M[ädchenliteratur] gegen Ende der Weimarer Zeit geht bruchlos über in die NS-M[ädchenliteratur], die je nach den politisch-ökonomischen Erfordernissen entweder die mütterlich-aufopfernde Komponente oder das Männlich11 | Vgl. ebd.: 204. 12 | Vgl. zur männlichen Konnotation des Abenteuerbuchs insbesondere über die Omnipräsenz männlicher Protagonisten auch Glasenapp 2003: 203; dies. 2008a: 349 oder Weinkauff/Glasenapp 2010: 121.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

Kämpferische im Mädchenbild betont.“ (ebd.) Die zeitlich dazwischenliegende Mädchenliteratur der Weimarer Republik kann demgegenüber als Ausdruck der „Modernisierung von Familienverhältnissen, Generations- und Geschlechterrollen […]“ (Karrenbrock 2008: 257) gewertet werden. Die dargestellten Mädchenfiguren stehen in offensichtlicher Tradition zum Typus der ‚Neuen Frau‘, der sich in dieser Zeit ausbildete: „Diese erste Generation selbständiger Mädchen in der Kinderliteratur ist klug, aufmüpfig, aktiv und unabhängig und in ihrer androgynen Erscheinung deutlich dem Typ der ‚Neuen Frau‘ der 20er nachgebildet.“ (ebd.: 258) Trotz dieses Intermezzos knüpft die Mädchenliteratur nach 1945 wieder an die Traditionen der Backfischliteratur an und behält diese bis mindestens 1970 noch bei.13 Im Zuge der gesellschaftlichen Veränderungen zu Beginn der 1970er Jahre und damit im Kontext der Frauen- und Studentenbewegung bildet sich die emanzipatorische Mädchenliteratur heraus, „welche die geschlechtsspezifische Sozialisation in Frage stellt und den Alltag und die Probleme von Mädchen (unter Einbezug der Sexualität) zu schildern sucht.“ (Grenz 2007: 468) Zentrales Element dieser Texte ist „die Infragestellung der traditionellen Geschlechterrollen“ (Bittner 2012: 105). Dabei ist insbesondere die Thematisierung von Sexualität von Bedeutung, da diese „gleichzeitig die Fixierung des traditionellen Mädchenbuchs auf Liebesehe und Liebesbeziehung“ (Grenz 2008: 383) bei gleichzeitiger Beibehaltung der „Handlungsmuster der trivialen Liebesgeschichte“ (ebd.: 383) lockert: Frauenliteratur und Mädchenbücher werden als Zeugnis und Instrument weiblicher Befreiung geschrieben, gelesen und bewertet. Nachweislich existieren Schnittstellen zwischen frauenemanzipatorischen Positionen und literarischen Formen des Mädchenbuchs. Dazu gehören Selbstfindungsbemühungen und die erzählerische Form des Entwicklungsromans, androgynes Rollenverhalten und pointenreiche Episodenhandlungen aus dem Erfahrungsbereich vorpubertärer Mädchen. (Dankert 1995: 29)14

Flankiert und geprägt wurde diese literarische Entwicklung durch die verstärkte Analyse „geschlechtsspezifische[r] Rollenangebote in der Mädchenliteratur“ (Schilcher 2012: 131), die einherging mit Kritik am „traditionelle[n] Mädchenbuch mit seinen stereotypen Rollenzuweisungen“ (ebd.). Ab etwa Mitte der 1980er entwickelt sich das Genre der psychologisch orientierten Mädchenliteratur, die vor allem die Möglichkeiten der weiblichen Identitätsentwicklung fokussiert, was eine Zunahme der inneren Handlung impliziert:15

13 | Vgl. dazu Grenz 2008: 380. 14 | Vgl. zum emanzipatorischen Mädchenbuch auch Grenz 2005: 341–343. 15 | Vgl. ebd.: 345.

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Archaisierung und Pinkifizierung Der Begriff der psychologischen oder psychologisch orientierten Mädchenliteratur bezieht sich auf die Intention, Themen und Darstellungsweisen, die unter dem Einfluss des Differenzfeminismus und der psychologischen Weiblichkeitsforschung etwa ab Mitte der 80er Jahre in die Mädchenliteratur aufgenommen wurden. Dabei geht es um die Ausbildung einer weiblichen Geschlechtsidentität, die weder in der Übernahme ‚männlicher‘ Eigenschaften noch einer polaren Entgegensetzung zu ihnen aufgeht, und um den Versuch, diesen Prozess der Herausbildung von weiblicher Identität in der Adoleszenz zu erkunden und darzustellen. (Grenz 2008: 384–385)

Dieser Fokus wird in der postmodernen Mädchenliteratur, welche ab ca. Mitte der 1990er Jahre erscheint, verdrängt: „Nicht nur der soziologische, sondern auch der psychologische Diskurs verliert hier an Bedeutung […], und zwar geschieht dies zugunsten von Witz, Komik und Ironie […], einer gewissen Leichtigkeit dem Leben gegenüber […] oder zumindest Coolness, Schnoddrigkeit und Wurschtigkeit […].“ (Grenz 2005: 347) Die Grenzen zur Adoleszenzliteratur verschwimmen. Forschungsgeschichtlich setzt zu diesem Zeitpunkt die, zumeist psychoanalytisch ausgerichtete, Analyse „literarische[r] ‚Inszenierungen von Weiblichkeit‘ (Lehnert 1996)“ (Bittner 2012: 105) ein, wie sie Silvia Bovenschen schon 1979 für die Literatur allgemein eingeführt hatte.16

J ungenliter atur Eine vergleichbare Forschungstradition scheint es im Bereich der Jungenliteratur nicht zu geben. Der Begriff erscheint überwiegend im Kontext der historischen Kinder- und Jugendliteraturforschung,17 dort vor allem im Zusammenhang mit der realistischen Kinder- und Jugendliteratur und der ihr vorausgegangenen Umwelterzählung.18 1974 entzieht Dietrich Fischer dem Genre sogar explizit die Legitimation: Die Frage, ob man den Begriff ‚Jungenbuch‘ als Kategorisierungsmerkmal verwenden kann, wird man verneinen müssen, da im Gegensatz zum ‚Mädchenbuch‘ definitorische Schwierigkeiten auftreten. Während das Mädchenbuch von den im Mittelpunkt stehenden Personen und von seiner Leserschaft her festgelegt ist und nach Malte Dahrendorf sich vorwiegend in der Tradierung des Rollenbildes der Frau in der Gesellschaft manifestiert, ist das Jungenbuch weder vom Thematischen noch von der Intention her und schon gar nicht vom Leser aus festzulegen. (Fischer 1974: 289)

16 | Bovenschen 1988. 17 | Vgl. Kliewer 2004a. 18 | Vgl. Payrhuber 2012: 109.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

Sichtbarkeit gewinnt der Begriff Jungenliteratur im öffentlichen Diskurs erst wieder im Rahmen von Thesen zur geschlechtsspezifischen Leseförderung.19 Was versteht man unter dem Begriff Jungenliteratur? Welche Texte werden darunter subsumiert? Da der Begriff der Jungenliteratur sich bisher nur als Kategorie der historischen Kinder- und Jugendliteraturforschung präsent zeigte und dort auch uneinheitlich verwendet wird, scheint ein Definitionsversuch in Abgrenzung zur Mädchenliteratur angebracht. Als begriffsbildend für die Mädchenliteratur muss immer noch Dahrendorf und seine Abhandlung „Das Mädchenbuch und seine Leserin. Jugendlektüre als Instrument der Sozialisation“,20 1970 erschienen und 1978 in der 3. Auflage inhaltlich überarbeitet, gelten. Mädchenliteratur wird von Dahrendorf zunächst allgemein als Teil der Kinder- und Jugendliteratur sowie als ein „Teil der kulturindustriellen Massenproduktion“ (Dahrendorf 1980: 10) verstanden. Metzlers Lexikon Literatur bestimmt Mädchenliteratur als „Lit[eratur], die für Mädchen publiziert worden ist“ (Grenz 2007: 467). Dies geschieht in Anlehnung an den von Ewers (2008) geprägten Begriff der intentionalen Kinderliteratur.21 Fasst man den Begriff der Mädchenliteratur begrifflich eng, so handelt es sich bei mädchenliterarischen Texten um „die Literatur, die eigens für Mädchen verfasst und allein an sie gerichtet ist“ (Grenz 2005: 332). Somit wäre sie dem Bereich der spezifischen bzw. originären Kinder- und Jugendliteratur zuzuordnen. Eine weite Begriffsbestimmung hingegen „umfasst die gesamte Literatur, die von Mädchen rezipiert wird“ (ebd.), und wäre den pragmatischen Kriterien Ewers folgend der Lektüre, in diesem besonderen Fall der Mädchenlektüre, zuzuordnen. Versucht man, aus diesen Definitionen eine Bestimmung der Jungenliteratur abzuleiten, so handelt es sich zum einen um Literatur, die für Jungen publiziert wird, die eigens für sie verfasst und an sie gerichtet ist, sowie andererseits um von Jungen gelesene Literatur. Ein vergleichbarer Eintrag fehlt in Metzlers Lexikon Literatur. Dahrendorf konturiert seine Definition der Mädchenliteratur noch weiter aus. Mädchenliterarische Texte seien „Bücher, deren übereinstimmendes Merkmal [es] ist, daß sie Mädchen oder – seltener – Frauen zu Hauptfiguren haben und darüber hinaus ‚spezifisch weibliches‘ Empfinden, weibliche Sehweise zum Darstellungsprinzip erheben, d. h. die Mädchen geschlechtsspezifisch ansprechen, in dem, was sie von den Jungen unterscheidet.“ (Dahrendorf 1980: 17) Dies würde wiederum im Umkehrschluss bedeuten, dass es sich bei jungenliterarischen Texten um Bücher handelt, die Jungen bzw. Männer

19 | Vgl. Müller-Walde 2010. 20 | Dahrendorf 1980. 21 | Vgl. dazu Ewers 2008.

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als Hauptfiguren haben22 und die ein ‚spezifisches männliches‘ Empfinden, eine männliche Sehweise zum Darstellungsprinzip erheben, d. h. die Jungen geschlechtsspezifisch in den Aspekten ansprechen, die sie von den Mädchen unterscheiden. Zu erkennen sei die geschlechtsspezifische Differenzierung schon anhand äußerer Merkmale, wie beispielsweise der Titel und der Covergestaltung, die geschlechtsspezifischen Interessen entsprechen würden (ebd.: 18).23 Wie an den Begriffen deutlich wird, basiert die Differenzierung von Mädchen- und Jungenbüchern somit auf einer gesellschaftlich akzeptierten Geschlechterdichotomie: „Das Mädchenbuch wäre somit eine Literatur, die spezielle weibliche Leseinteressen im Unterschied zu männlichen Interessen anspricht, ‚weiblich‘ hier als untergeordneten Teilaspekt von ‚männlich‘ verstanden im Sinne des verbreiteten Selbstverständnisses der Mädchen, die damit die Rollenerwartungen der Gesellschaft reflektieren.“ (ebd.) Auffällig an dieser Begriffsbestimmung ist die mit ihr einhergehende Markierung der Mädchenliteratur („im Unterschied zu männlichen Interessen […], ‚weiblich‘ hier als untergeordneten Teilaspekt von ‚männlich‘“), welche das Genre außerhalb der Ordnung positioniert, d. h. in diesem Kontext außerhalb des Korpus der Kinder- und Jugendliteratur. Aus dieser Perspektive ist die lange Abwesenheit des Begriffs der Jungenliteratur als Effekt des Prinzips des Androzentrismus lesbar. Der Begriff der Jungenliteratur wäre dem Korpus der Kinder- und Jugendliteratur androzentristischen Annahmen folgend ohnehin eingeschrieben, weshalb es lange Zeit keiner zusätzlichen Markierung bedurfte, wie sie für die Mädchenliteratur notwendig war und weiterhin zu sein scheint. Besonders auffällig ist die fehlende Markierung bzw. geschlechtsspezifische Adressierung bei dem Genre der Abenteuerliteratur, das gemeinhin ab Beginn des 20. Jahrhunderts als Jungenlektüre geführt wird.24 So besteht nach Bamberger der Unterschied zwischen „Jungenbuch“ und „Abenteuerbuch“ nur im Alter der (männlichen) Protagonisten und dem der (männlichen) Nebenfiguren: „Bis vor kurzem könnte man als Unterschied zwischen Jungen- und Abenteuerbuch gelten lassen, dass das Jungenbuch in heimatlicher Umwelt spiele und das Abenteuerbuch in die Welt führe. Das gilt heute nicht mehr: Zahlreiche Jungenbücher haben ihren Schauplatz in China, Afrika oder sonstwo […]. Die Unmöglichkeit der Handlung bedingt es geradezu, dass sie nicht in heimatlicher Umwelt spielt. Bleibt also als wesentlicher Unterschied bestehen: Die Abenteuerbücher haben in der Regel Erwachsene als Helden und Kinder und Jugendliche als Nebenfiguren, im Jungenbuch ist es umgekehrt‘“ (Bamber-

22 | Diese Setzung findet sich beispielsweise auch bei Sabine Keiner: „Jungenliteratur (Literatur mit männlichen Protagonisten)“ (1994: 266). 23 | Vgl. dazu auch Schilcher 2012: 129. 24 | Vgl. Wilkending 2003: 331.

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ger 1965, S. 183f.).25 Der Abenteuerliteratur ist im Gegensatz zur Backfischliteratur seine Geschlechtsspezifität, wie oben bereits dargestellt, nur implizit eingeschrieben. So schlussfolgert auch Wilkending in einer Fußnote zum geschlechtsspezifischen Diskurs der Lektüregewohnheiten um 1900: Daß in der Verlagswerbung häufig das Literaturprogramm der Familien- und Liebesromane für junge Mädchen geschlechtsspezifisch, das der Abenteuerliteratur sowie der historisch-biographischen, aber nicht explizit geschlechtsspezifisch adressiert wird, widerspricht dieser Diskursfigur nicht. Liest man die Tatsache mit den in zeitgenössischen Abhandlungen expliziten Bezügen auf Jungen als Leser von Abenteuerliteratur und historischer Literatur zusammen, dann signalisiert das Weglassen einer spezifischen Adressierung eher, daß auch in diesem Kontext, wie im allgemeinen Geschlechterdiskurs, ‚Mensch‘ und ‚Mann‘ identifiziert werden, während die Frau als Geschlechtswesen gilt […]. (Wilkending 2003: 69)

Während also Backfischliteratur, als (Teil der gleichfalls markierten) Mädchenliteratur einer weiteren geschlechtsspezifischen Adressierung bedarf, verbleibt das Genre der Abenteuerliteratur als (Teil der) Jungenliteratur lange Zeit unmarkiert.26 Dahrendorf wird in seiner Bestimmung mädchenliterarischer Texte noch konkreter und stellt vier zentrale Charakteristika der Mädchenliteratur auf: 1. Es stellt eine Literatur dar, die von vorneherein auf ‚weibliche‘ Bedürfnisse hin gemacht ist; 2. da diese Bedürfnisse, mehr oder weniger im Unterbewußtsein [sic] wirkend, milieu- und traditionsbedingt sind, paßt sich auch das Mädchenbuch in seinem Weltbild überholten Sozialstrukturen an; 3. daher kann mit um so stärkerer Berechtigung von ‚Mädchenbuch‘ gesprochen werden, je rückständiger sein Weltbild ist, insbesondere was das Bild der Frau und des Mädchens angeht, das die Hauptfiguren zur Anschauung bringen; 4. daher kann ein Verlag, will er sein Publikum aufbauen und möglichst erweitern, gar nicht früh genug ‚Spezifisches‘ ansprechen. Dem dienen neben dem Inhalt die Geschlechts- und Alterskennzeichnungen. Je früher das Weltbild fixiert und das Mädchen darauf eingeschworen wird, um so sicherer wirkt es später bei der Buchwahl des heranwachsenden Mädchens. (Dahrendorf 1980: 20)

Leitet man aus diesen Charakteristika eine Genredefinition der Jungenliteratur ab, so lautet diese wie folgt:

25 | Zitiert nach Seibert 2008: 33. 26 | Auf Geschlechtsspezifität als Bestandteil der Verlagswerbung weist auch Seibert hin: „Kinder- und Jugendbücher werden nach wie vor für Jungen bzw. für Mädchen gekauft.“ (Seibert 2008: 73)

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Archaisierung und Pinkifizierung Jungenliteratur stellt eine Literatur dar, die von vorneherein auf ‚männliche‘ Bedürfnisse hin gemacht ist; 2. da diese Bedürfnisse, mehr oder weniger im Unterbewusstsein wirkend, milieu- und traditionsbedingt sind, passt sich auch das Jungenbuch in seinem Weltbild überholten Sozialstrukturen an; 3. daher kann mit um so stärkerer Berechtigung von ‚Jungenbuch‘ gesprochen werden, je rückständiger sein Weltbild ist, insbesondere was das Bild des Mannes und des Jungen angeht, das die Hauptfiguren zur Anschauung bringen; 4. daher kann ein Verlag, will er sein Publikum aufbauen und möglichst erweitern, gar nicht früh genug ‚Spezifisches‘ ansprechen. Dem dienen neben dem Inhalt die Geschlechts- und Alterskennzeichnungen. Je früher das Weltbild fixiert und der Junge darauf eingeschworen wird, um so sicherer wirkt es später bei der Medienwahl des heranwachsenden Jungen.

Hervorzuheben ist die in diesem Definitionsversuch enthaltene Berücksichtigung vermeintlich geschlechtsspezifischer medialer Interessen und eines vermeintlich geschlechtsspezifischen Mediennutzungsverhaltens: „Jungen lesen in ihrer Freizeit nicht, sie spielen Computer. Dieses Medium bietet ihnen ein auf ihre Interessen zugeschnittenes Angebot, das weitgehend ihrem Geschlechterrollenbild entspricht. In den von Jungen präferierten Computerspielen agiert zumeist eine zentrale [männliche, die Verf.] Identifikationsfigur in kompetitiven Situationen. Zudem liegt dem Genre ein klares Handlungsschema zu Grunde.“ (Weißenburger 2009: 189)27 Vom Geschlechterrollenbild ist es kein weiter Weg zurück zu den ‚Geschlechtscharakteren‘. Konkretisiert man den Definitionsversuch weiter, ist mit Wilkending zu ergänzen, dass der Bestimmung der Jungen- und „Mädchenliteratur […] nach dem bisher Gesagten ein besonderer Diskurs über die weibliche [und männliche, die Verf.] ‚Bestimmung‘ und über den weiblichen [sowie männlichen, die Verf.] ‚Geschlechtscharakter‘ [eingeschrieben ist, die Verf.]. Der Diskurs ist eingebettet in die Sozial- und Erziehungsgeschichte von Mädchen und Frauen [sowie von Jungen und Männern, die Verf.].“ (Wilkending 1994: 44) Die Diskursivität dieser Begriffe und die in ihnen implizierten „typische[n] Rede- und Denkformen, in denen sich die Vorstellungen vom Geschlechterverhältnis artikulieren“ (Markert 1998: 159), bedürfen somit viel stärkerer Beachtung, was gerade bei dem Blick auf aktuelle Tendenzen des Gebrauchs dieser Begriffe und deren Revitalisierung deutlich wird. Weitere Dimensionen der Differenzierung in Mädchenund Jungenliteratur eröffnen sich auf thematischer und inhaltlicher Ebene. Als historisch typische Jungenliteratur gilt neben der Abenteuer- auch die Kriegs- sowie die das Fremde thematisierende Literatur (beispielsweise Indianerbücher), während die historisch typische Mädchenliteratur thematisch um

27 | Vgl. dazu u.a. Garbe 2008.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

die Bereiche Haus und Liebe kreist,28 womit die kontinuierliche Orientierung an den Geschlechtscharakteren deutlich zum Ausdruck kommt. Ein dritter Eingrenzungsversuch der Korpora von Mädchen- und Jungenliteratur kann über das Geschlecht der Protagonist_innen getätigt werden: „Somit wäre das weitest mögliche Genremerkmal des Mädchenbuchs die Frage, ob die zentrale Protagonistin oder Reflektorfigur weiblich ist. Damit müsste jedoch mindestens die Hälfte des kinder- und jugendliterarischen Angebots als ‚Mädchenbuch‘ bezeichnet werden.“ (Schilcher 2012: 129) Jungenliteratur wäre somit Literatur für Kinder, speziell Jungen, in der eine männliche Hauptfigur Zentrum der Handlung ist, während Mädchenliteratur dementsprechend Kinderliteratur speziell für Mädchen wäre, in der eine weibliche Hauptfigur im Zentrum steht.29 Das Kriterium des Geschlechts der Hauptfigur findet sich vermehrt in Diskursen der geschlechtsspezifischen Leseförderung und bildet in diesen Kontexten häufig die Grundlage für Korporabildungen,30 die das Identifikationspotenzial der Texte in den Vordergrund stellen. Auf die Bedeutung des Geschlechts der Protagonist_innen für Rezeptionsprozesse hat auch schon Pronold-Günthner (2010a) hingewiesen, die in ihrer Studie zur geschlechtsspezifischen Rezeption von Jugendbüchern darauf aufmerksam macht, welche Bedeutung dem Geschlecht der Hauptfigur für eine gelungene oder misslungene Identifikation des Lesers/der Leserin mit den jeweiligen Protagonist_innen zukommt. Während bei männlichen Lesern eine Fixierung auf gleichgeschlechtliche Protagonisten festgestellt wurde,31 tritt diese bei Leserinnen nicht auf.32 Somit ergibt sich im Rückschluss, dass Mädchenlektüre den gesamten Korpus der Kinder- und Jugendliteratur umfassen könnte, während Jungenlektüre nur aus literarischen Texten mit männlichen Protagonisten und, noch enger gefasst, nur aus spezifischer Jungenliteratur besteht. Die Definitionsversuche lassen noch die wichtige Frage unbeantwortet, ob sich die Geschlechtsspezifität der spezifisch an Jungen oder Mädchen adressierten Literatur in den Erzählmustern niederschlägt und man somit auch von einem geschlechtsspezifischen Erzählen sprechen müsste. Eine Analyse der Erstlesereihe „Nur für Jungs“ des S. Fischer Verlags scheint diese These zu bestätigen.33 Daran anschließend stellt sich die Frage, ob sich eine ähnliche Entwicklung für geschlechtsspezifisch adressierte Reihenromane der Kinderund Jugendliteratur feststellen lässt.

28 | Vgl. Wilkending 2003: 97. 29 | Vgl. Keiner 1994. 30 | Vgl. Müller-Walde 2010. 31 | Vgl. Pronold-Günthner 2010a: 308. 32 | Vgl. ebd.: 311. 33 | Vgl. Böhm 2015.

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A k tuelle Tendenzen Beschäftigt man sich mit den aktuellen Tendenzen der Kinderliteratur seit den 1990er Jahren im Hinblick auf die Kategorien Mädchen- bzw. Jungenliteratur, können zwei Diskursmuster festgestellt werden. Dabei handelt es sich um den Diskurs über die „starken Mädchen-“ und die „schwachen Jungenfiguren“ der Kinder- und Jugendliteratur, wie er sich beispielsweise in Schilchers Analyse der Kinderliteratur der 1990er Jahre findet, sowie um den Post-PISA-Diskurs über Revitalisierung männlicher Heldenfiguren. Insbesondere das zweite Diskursmuster arbeitet sich in seiner Rhetorik stark an dem ersten Diskurs ab, der diesem zum Teil zeitlich vorausging, zum Teil aber auch parallel existiert(e). Der Diskurs um die Revitalisierung männlicher Heldenfiguren ging und geht einher mit einer grundlegenden Transformation des literarischen Angebots für die Zielgruppe ‚der Jungen‘. Zentrales Charakteristikum dieser Transformation ist die ‚Archaisierung‘ des literarischen Angebots, welche zum einen und allgemein die Aktualisierung der Genrebezeichnung Jungenliteratur bezeichnet. Zum anderen können unter diesem Begriff geschlechtsspezifische Erzählmuster wie der Rückbezug auf archaische Erzählmuster, welche sich aus mythologischen Erzählungen herleiten lassen und somit per se Elemente des Seriellen und Epischen in sich tragen sowie daraus resultierende (Re-)Inszenierungen des Heldenmotivs,34 subsumiert werden. Exemplarisch lässt sich diese Tendenz an den bereits thematisierten „Nur für Jungs“-Erstlesebüchern des S. Fischer Verlags festmachen oder der im Thienemann Verlag erschienenen Reihe „Für Mädchen verboten“. Ausgehend von dem Kontext, aus welchem sich die ‚Archaisierung‘ der Jungenliteratur speist, ist es auch nicht verwunderlich, dass diese von vorrangig affirmativen Diskursen begleitet wird, die in der Transformation des kinder- und jugendliterarischen Angebots das Ende des (vermeintlich) feminisierten Kinder- und Jugendliteraturmarktes wähnen.35 Diese Tendenz der ‚Archaisierung‘ des jungenliterarischen Angebots wird von dem Diskurs der ‚schwachen Jungen‘ als Figuren der neueren Kinder- und Jugendliteratur überblendet, aus welchem heraus sich die Geschlechtsspezifizierung überhaupt erst legitimiert. Als ‚schwache‘ oder auch ‚neue Jungen‘ der Kinder- und Jugendliteratur gelten männliche Figuren, die nicht der hegemonialen Norm, nicht dem Bild des klassischen Abenteuerhelden, entsprechen. So konstatiert Haller für die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur einen „Bruch mit traditionellen geschlechtsspezifischen Rollenbildern“ (Haller 2004: 488). Dies lässt zwei Perspektiven zu. Zum einen hat man es nach Haller mit selbstbewussten, aufmüpfigen und witzigen Mädchenfiguren zu tun, andererseits mit – hier liegt für die Leseförderung die Crux [!] – mit 34 | Vgl. dazu bspw. Weißenburger 2009. 35 | Vgl. Weidermann 2012.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

sensiblen, nachdenklichen Jungen“ (ebd.: 488). Der ‚neue Junge‘ wird als ‚schwacher Junge‘ als „‚sanfte[r]‘ Jungentyp“ (Kliewer 2004a: 26) abqualifiziert. Auch Haller konstatiert, dass sich der ‚neue Junge‘ über traditionell weiblich konnotierte Attribute auszeichnet. Er ist „sensibel, nachdenklich, schüchtern, voller Irritation und Selbstzweifel“ (Haller 2004: 490). Auffällig an dieser rhetorischen Strategie ist, dass das Aufkommen des Typus des ‚neuen Jungen‘ häufig verbunden wird mit einem Wandel der Darstellung der Mädchenfiguren und somit zu einer Verdrängungshypothese stilisiert wird, in deren Logik das eine nicht neben dem anderen existieren kann. Einer Logik also, in der der Typus des ‚starken Jungen‘ schwache Mädchenfiguren in einer Kontrastfiguration braucht und in der daher ‚starke‘ Jungenfiguren nicht neben ‚starken Mädchen‘ existieren können: „Der ‚richtige Junge‘ – ein Topos der klassischen Jugendliteratur – ist dem ‚starken Mädchen‘ gewichen. Frei von unglücklichen Frontenbildungen im Bezug auf Genderfragen und die Stärkung der weiblichen Geschlechterrollenidentität ausdrücklich begrüßend muss doch kritisch hinterfragt werden, wo sich angesichts dieser Situation auf dem Buchmarkt für Jungen heute noch literarische Rollenvorbilder finden lassen, die ihrem Bedürfnis nach Identifikation mit starken Charakteren entgegenkommen.“ (Weißenburger 2009: 56–57) Die Setzung „richtige Jungen“ macht die Ausrichtung der Argumentation entlang der hegemonialen Norm deutlich, zumal unter klassischer Jugendliteratur auf das Genre der Abenteuerliteratur rekurriert wird, die, wie weiter oben ausgeführt, ein traditionell männliches Genre ist und sich gerade im Hinblick auf das Handlungsschema der „Reise des Helden“36 klassischer hegemonialer Männlichkeitsmuster bedient. Wiederholt wird das Fehlen (männlicher) literarischer Identifikationsfiguren problematisiert: „Die große Mehrheit der männlichen Helden steht im Kampf des Lebens – zumindest moralisch – auf der Verliererseite. Stark sind die Frauen. Die männlichen Protagonisten agieren entweder falsch oder nur gefühlt richtig. Oder sie sind als Antihelden konzipiert und repräsentieren das Böse. Eine positive Identifikation für Jungen mit den männlichen Heldenfiguren ist zu selten möglich.“ (Marci-Boehncke 2006b: 109) Suggeriert wird mittels dieser rhetorischen Strategie erneut, dass der Zugewinn an Stärke auf Seiten der Mädchenfiguren eine Schwächung der Jungenfiguren nach sich gezogen habe – als gäbe es nur ein Entweder-Oder. „Die Dichotomie der Geschlechter wird fortgeschrieben, nur unter veränderten Vorzeichen. Neue Zuschreibungen von Attributen und Verhaltensweisen sind aufgetaucht. Selbstbewußtsein, Durchsetzungskraft und Akzeptanz durch die Umwelt sind die Maximen, an denen sich die Figuren der Kinder- und Jugendliteratur zu messen haben.“ (Haller 2004: 495) Es entsteht ein stark positivistisches Bild von (vermeintlich) selbstbewussten, durchsetzungsfähigen und von ihrer Umwelt akzeptierten Mäd36 | Vgl. dazu Campell [1949] 2011; Vogler 2010.

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chenfiguren auf der einen und schüchternen, unsicheren und von ihrer Umwelt abgelehnten Jungenfiguren auf der anderen Seite. Figurentypen, die sich zwischen den Polen bewegen, werden in dieser Rhetorik zumeist ausgeblendet. Anita Schilcher differenziert in ihrer Arbeit „Geschlechtsrollen, Familie, Freundschaft und Liebe in der Kinderliteratur der 90er Jahre“37 aber mindestens vier Mädchenfigurationen aus. So gibt es zwar das „starke Mädchen“, ihm gegenübergestellt sind aber auch negativ besetzte Figurationen wie das „schwache Mädchen“, „[d]as empfindliche Mädchen, das affektierte Mädchen und das angepasst-ordentliche Mädchen.“ (Schilcher 2004c: 4) Der „schwache“ Mädchentypus nimmt in dieser Logik eine Zwischenstellung ein, da Figuren dieses Typus sich durchaus zu Identifikationsfiguren entwickeln können,38 während dies dem „empfindlichen“ (als Unterform des „schwachen Mädchens“), dem „affektierten“ und „angepasst-ordentlich Typus“ versagt sei. Das „starke“ Mädchen zeichnet sich durch eine Figurenzeichnung aus, die „aktive Haltung“ (ebd.: 7) und Selbstbewusstsein betont, die Darstellung von Zweifeln und Ängsten aber nicht ausschließt. Mädchenfiguren dieses Typs sind durchsetzungsfähig, was vor allem auf ihre verbalen Fähigkeiten zurückzuführen ist,39 aber Körperlichkeit nicht ausschließt: „Gerade gegenüber Jungen, die ein ausgeprägt ‚machohaftes‘ Verhalten an den Tag legen, zeigen ‚starke Mädchen‘ ihre Durchsetzungsbereitschaft, die auch die Androhung körperlicher Gewalt mit einschließen kann […].“ (Schilcher 2001: 51) Für die „starken Mädchen“ komme dann noch ein entscheidendes weiteres Kriterium, nämlich das der Androgynität, hinzu: „Positiv besetzte, ‚starke Mädchen‘ weisen meist keine oder wenige geschlechtsrollentypische Verhaltensweisen auf, zum Teil verhalten sie sich sogar dezidiert ‚unweiblich‘ […]“ (Schilcher 2004c: 8). Vollzogen werde mit dieser Figurenattribuierung eine weitere Stereotypenbildung,40 die zudem in Opposition zum Typus des „affektierten Mädchens“ steht: „Mädchen, die ihrem Äußeren zu viel Wert beimessen oder sich in ihrem Erscheinungsbild von den Wunschvorstellungen der Erwachsenen oder der imaginierten Wunschvorstellung der Jungen leiten lassen, werden durchweg in Opposition zu den Heldinnen gesetzt und damit negativ bewertet. Konservativ-traditionelle Rollenbilder vom ordentlichen, brav angepassten oder weiblich-adretten Mädchen werden dadurch strikt abgelehnt.“ (Schilcher 2001: 46) Der Fokus der positiv besetzten Figurentypen liege somit auf „Unkonventionalität und Individualität“ (ebd.: 47). Schilcher konstatiert für das Kinderbuch tendenziell eine „zunehmende[…] Entpolarisierung oder Annäherung der Geschlechtsrollen […], solange ‚Erotik‘ in den Texten keine Rolle spielt.“ (ebd.: 37 | Schilcher 2001. 38 | Vgl. ebd.: 47. 39 | Vgl. Schilcher 2004c: 7–8. 40 | Vgl. ebd.: 9.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur

55–56)41 Die Mehrzahl der von Schilcher analysierten Mädchenfiguren bildet die Gruppe des „normalen Mädchens“42 und lässt sich somit weder dem einen noch dem anderen Extrem der Figurenzeichnung (‚starke Mädchen‘ – ‚schwache Mädchen‘) zuordnen. Bezüglich der Jungenfiguren kann nach Schilcher ebenso zwischen „starken“ und „schwachen“ bzw. „sensiblen“ Jungen differenziert werden, wobei „starke Jungen“ an den Rand der Erzählungen gerückt sind: „Jungen, die sich in ihrer Rolle als ‚stark‘ definieren, die es ‚den anderen zeigen‘ und die dem traditionellen Rollenbild des ‚Schlägers‘ und ‚Aufschneiders‘ entsprechen, tauchen in den analysierten Büchern meist nur als Nebenfiguren auf.“ (Schilcher 2004c: 10) Stärke wird gleichgesetzt mit Kraft und Aggression („der schlägernde Aufschneider“), während Schwäche mit der Inszenierung einer „kränklichen Männlichkeit“ einhergeht. „[D]er ‚normale Junge‘ im Kinderbuch der 90er Jahre [ist] in der Regel sensibel und einfühlsam, verantwortungsbewusst und phantasievoll“ (ebd.: 15). Diese Art der Figurenzeichnung wird verantwortlich gemacht für die seit PISA vielbesprochene ‚(Lese-)Krise der Jungen‘, da den Jungen attraktive Leseangebote und Figuren mit Identifikationspotential fehlen würden. Somit hat auch dieser die Jungenliteratur betreffende Diskurs, wie alle die Jungenliteratur betreffenden Diskurse, seinen Ursprung im Kontext von Leseförderinitiativen. Die Paralleltendenz zur ‚Archaisierung‘ der Jungenliteratur, dem Wiederaufgreifen traditionell männlich codierter Erzählmuster, findet sich in der ‚Pinkifizierung‘ der Mädchenliteratur,43 welche im öffentlichen Diskurs als allgemein gesellschaftliches Phänomen reflektiert wird,44 sowie durch eine Gegenbewegung begleitet wird, die unter anderem die Kampagne und den Verein Pinkstinks e.V. auf den Plan gerufen hat.45 Schilcher stellt 2012 in ihrem Beitrag zum „Aktuellen Mädchenbuch“ in dem Sammelband „Kinder und Jugendliteratur der Gegenwart“, in dem es keinen vergleichbaren Artikel zur aktuellen Jungenliteratur gibt, fest: „Immer dort, wo Produkte an Mädchen verkauft werden sollen, präsentieren sich ganze Ausstellungsflächen in Pink mit Glitzer, Herzchen und Tierbabys, während auf Seiten der Jungenprodukte wilde Tiere mit bedrohlich geöffneten Mäulern, PS-starke Fahrzeuge sowie Piraten, Wikinger und Ritter anscheinend die größten Verkaufserfolge erzielen.“ (Schilcher 2012: 125) Diese Farbwahl „fungiert […] als Aussage zum Thema Geschlecht und / oder [sic] wird so verstanden – das zeigen der Gebrauch 41 | Vgl. dazu auch Schilcher 2012: 135. 42 | Vgl. Schilcher 2001: 53. 43 | Vgl. dazu auch Six 2014. 44 | So gibt es verschiedene Feuilletonartikel, die über die Pinkifizierung von Spielzeugen oder der Lebenswelt insgesamt berichten. Vgl. dazu u.a.: Wiedemann 2012. 45 | https://pinkstinks.de/, 07.03.2015.

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und die Wahrnehmung der Farbe mit all ihren Abstufungen sehr deutlich.“ (Tomkowiak 2014: 177) Die „Annahme einer anthropologischen Konstante in Bezug auf eine geschlechtsspezifische Favorisierung von Rosa“ (ebd.: 179) ist dabei nicht nur aus „kulturwissenschaftliche[r] Perspektive“ (ebd.) verwunderlich. So ist die geschlechtsspezifische Zuordnung der Farbe Rosa zu Mädchen und Blau zu Jungen doch eher neueren Datums und ca. ab den 1920er Jahren als Kriegsfolge zu finden, da die bis dato roten Offiziersunformen auf dem Schlachtfeld zu gut sichtbar waren.46 Umso überraschender ist der Grad der Naturalisierung, den dieser Diskurs bereits erreicht hat. Rosa steht im öffentlichen Diskurs für „emotionale Qualitäten und Wirkungen […], die man immer wieder und gern mit dem Weiblichen verbindet: Das Liebliche, Zarte, Zärtliche, Sanfte, Süße, aber auch das Unsachliche, Verführerische und Eitle sowie das Empfindsame, was mit dem Wissen zusammenhänge, dass Rosa die Farbe der Haut und der Körperöffnungen sei.“ (ebd.) Dabei rückt gerade die letzte Konnotation einen Aspekt der Pinkifizierung in den Fokus, der sonst häufig vergessen wird, nämlich die enge Verbindung von Pinkifizierung mit Sexualisierung, welche zum anderen auch dadurch begünstigt wird, dass insbesondere Kosmetika und Bekleidungsartikel rosagefärbt präsentiert werden. Vermittelt wird ein Weiblichkeitsbild, welches sich über Äußerlichkeiten, über als zu optimierend geltende „Schönheit und Sexyness“-Ideale (Wiedemann 2012), konstituiert. Wiedemann sieht die Pinkifizierung dabei als Ausdruck „eine[s] neuen Konservatismus“ und damit einhergehend „eine[r] zeitgemäßen Form des Sexismus“ (ebd.). Sowohl Mädchen- als auch Jungenliteratur sind in ihrer derzeitigen Ausprägung der originären Kinder- und Jugendliteratur zuzuordnen. Der Akt der Adressierung erfolgt innerhalb der literarischen Kommunikation geschlechtsspezifisch, womit wir es weniger mit einer deskriptiven als vielmehr mit einer normativen Definition,47 insbesondere in Bezug auf das Jungenbuch, zu tun haben. Während es so schien, als würde das Mädchenbuch der 1990er Jahre „in die allgemeine (Kinder- und Jugend-) Literatur“ (Grenz 1997d: 260) übergehen, entwickeln sich derzeit im Kontext von ‚Pinkifizierung‘ und ‚Archaisierung‘ Gegentendenzen, die beide Korpora, Mädchen- wie Jungenliteratur, erneut außerhalb der allgemeinen Kinder- und Jugendliteratur positionieren, oder, und das wäre eine weiterführende Frage, diese allgemeine, eventuell sogar geschlechterübergreifende Kinder- und Jugendliteratur verdrängen. Dies ist insbesondere in Bezug auf den Kontext interessant, in dem Grenz ihre These verortet:

46 | Vgl. dazu Tomkowiak 2014: 181. 47 | Vgl. dazu Ewers 2012: 11–12.

Die Geschlechtsspezifik der Kinder- und Jugendliteratur Doch so wie die Durchsetzung des Paradigmas der ‚Geschlechtscharaktere‘ zu Ende des 18. Jahrhunderts zu einer immer stärkeren Abtrennung der Mädchenliteratur von der allgemeinen Kinder- und Jugendliteratur führte, so bringt umgekehrt die heutige In-Frage-Stellung traditioneller Geschlechterrollen eine Annäherung der beiden Literaturen hervor – dadurch, daß nicht mehr das Anderssein des weiblichen Geschlechts im Vordergrund steht, sondern weibliche Individuen mit einer spezifischen Lebensgeschichte. Die durch das Geschlecht bedingte unterschiedliche Sozialisation und das davon geprägte unterschiedliche Bewußtsein spielen zwar eine wichtige Rolle, doch nur neben anderen Faktoren, die mindestens ebenso bewußtseinsprägend sind. […] In Büchern, die das individuelle Leben eines Mädchens darstellen, verwischt sich deshalb das Geschlechtsspezifische des Adressatenbezugs; die Mädchenliteratur geht über in die allgemeine (Kinder- und Jugend-)Literatur. (Ebd.)

Wenn also die Etablierung des Paradigmas der ‚Geschlechtscharaktere‘ Ende des 18. Jahrhunderts die Etablierung einer spezifischen Mädchenliteratur mit spezifischen Inhalten sowie Vermittlungsformen mit sich brachte,48 so lassen die derzeitigen, an der ‚männlichen Natur‘ ausgerichteten Inhalte und Vermittlungsformen den Schluss zu, dass man derzeit vor der Folie der vermeintlichen ‚(Lese-)Krise der Jungen‘ von einer Revitalisierung eben dieses Paradigmas der ‚Geschlechtscharaktere‘ mit einer spezifischen Männlichkeitsmarkierung sprechen muss.

48 | Vgl. Grenz 2005: 336.

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Die Wilden Fußballkerle L esarten „Die Wilden Fußballkerle“ ist eine Kinderbuchreihe, deren Zielgruppe Jungen im Alter von 8 bis 10 Jahren sind.1 Die originäre Reihe, verfasst von Joachim Masannek und illustriert von Jan Birck, umfasst 2015 15 Bände, von denen der erste 2002 erschienen ist: „Leon, der Slalomdribbler“ (Bd. 1).2 Darauf folgten in kurzer Zeit: „Felix, der Wirbelwind“ (Bd. 2, 2002), „Vanessa, die Unerschrockene“ (Bd. 3, 2002), „Juli, die Viererkette“ (Bd. 4, 2002), „Deniz, die Lokomotive“ (Bd. 5, 2002), „Raban, der Held“ (Bd. 6, 2002), „Maxi ‚Tippkick‘ Maximilian“ (Bd. 7, 2003), „Fabi, der schnellste Rechtsaußen der Welt“ (Bd. 8, 2003), „Joschka, die siebte Kavallerie“ (Bd. 9, 2004), „Marlon, die Nummer 10 (Bd. 10, 2004), „Jojo, der mit der Sonne tanzt“ (Bd. 11, 2004), „Rocce, der Zauberer“ (Bd. 12, 2005) und schließlich „Markus, der Unbezwingbare“ (Bd. 13, 2005). Den 14. und 15. Band bilden der erste und zweite Band der „Level 2.0“-Reihe der „Wilden Kerle“,3 die 2012 und 2013 erschienen: „2.01 Donnerschlag“ und „2.02 Der flüsternde Riese“.4 Außen vor bleiben bei dieser Studie die drei bisher erschienenen Titel zur Fernsehserie, da sie nur noch „nach den Geschichten von Joachim Masannek“ und „basierend auf den Drehbüchern“5 von Mike Maurus verfasst sind, auch wenn sie mit der Originalautorschaft be1 | http://www.dtv-kinderbuch.de/wilde_fussballkerle_885.html, 19.02.2015. 2 | Der erste Band der „Wilden Fußballkerle“ liegt inzwischen in der 20. Auflage vor. 3 | „Die Wilden Fußballkerle“ ist der Titel der Buchreihe, während der Titel „Die Wilden Kerle“ für die Filme, die Fernsehserie und Fortsetzungsreihe als sich voneinander unterscheidende Trademarks benutzt werden, deren Rechte bei der von Joachim Masannek und dem Illustrator der Reihe, Jan Birck, gegründeten Firma dreamotion media GmbH liegen (vgl. dazu Marci-Boehncke 2007: 135). 4 | So werden sie auch auf der Homepage des Autors geführt: http://joachimmasannek.com/buecher/?c=wilde-kerle, 14.03.2015. 5 | Maurus, Mike (2012): Joachim Masannek „Die Wilden Kerle“. Der Angriff der Unbesiegbaren. Buch 1 zur TV-Serie. Köln: Baumhaus Verlag; Maurus, Mike (2012): Joachim Masannek „Die Wilden Kerle“. Der Wilde Pakt. Buch 2 zur TV-Serie. Köln: Baumhaus

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worben werden. Ebenso unberücksichtigt bleiben die zwei Bände der Reihe „Die Biestigen Biester“, die sich, wider Erwarten,6 nicht durchsetzen konnte. Was versteckt sich hinter dem Titel „Die Wilden Fußballkerle“? Nach MarciBoehncke „handelt es sich um eine Soap für Jungen – dialog- und fußballlastig, Probleme größerer und kleinerer Art (Soziales in unterschiedlichen Milieus, Liebe, Eifersucht und pubertäre Peinlichkeit), Identifikationsmöglichkeiten für sportliche Jungen.“ (Marci-Boehncke 2006a: 84) Die im Zentrum der Erzählung stehende Fußballmannschaft – die „Wilden Fußballkerle“ – besteht dabei aus den 13 titelstiftenden Mitgliedern Leon, Felix, Vanessa, Juli, Deniz, Raban, Maxi, Fabi, Joschka, Marlon, Jojo, Rocce und Markus. Hinzukommt im 12. Band zudem Annika. Die Figuren sind zu Beginn der Reihe ca. 9 Jahre alt.7 Einzig Marlon ist älter und Joschka drei Jahre jünger als der Durchschnitt. Fußball als Thema der Kinderliteratur hat nicht nur zu Zeiten von Europaund Weltmeisterschaften Konjunktur, ist aber [a]uf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt […] als inhaltliche Grundlage einer Serie eine relativ neue Entdeckung. Zwar finden sich vereinzelte Fußball-Kinderbücher schon in den 1950er-Jahren, wie etwa Sammy Drechsels Plädoyer für den Fußball in seinem Elf Freunde müsst ihr sein, das 1955 bei Thienemann erschien und schon damals im Blick auf die Jugenderlebnisse des Autors im Berlin der 1930er Jahre einen sentimentalen Seufzer ‚Was waren das doch für Zeiten …‘ entfacht. Eine Tradition, wie etwa bei den Pferde- oder Internatsserien als Mädchenlektüre, gibt es jedoch (noch) nicht. Vorreiter sind hier Die Wilden Fußballkerle von Joachim Masannek […]. Weitere Serien wie Die Teufelskicker von Frauke Nahrgang (erschienen bei cbj seit 2005, mittlerweile 6 Bände) oder Die Fantastische Elf von Marliese Arold (erschienen bei Erika Klopp seit 2005, mittlerweile 14 Bände) platzieren sich ebenso erfolgreich auf dem Buchmarkt. (Niklas 2007: 50; Herv. i. O.)

Geßmann verlagert den Beginn der zunehmenden Erscheinungen von Fußballbüchern sogar schon auf den Anfang der 1990er Jahre und ordnet ihn insbesondere dem Markt der Erstleseliteratur zu.8 Wenn nun schon das Thema nichts Besonderes in der Kinderliteratur ist, so stechen „Die Wilden Fußballkerle“ durch ihr Layout aus der Masse heraus. Wiederholt hervorgehoben wird die farbliche Gestaltung der Bücher: „BedeuVerlag; Maurus, Mike (2013): Joachim Masannek „Die Wilden Kerle“. Der Teufelstopf. Buch 3 zur TV-Serie. Köln: Baumhaus Verlag. 6 | Vgl. Marci-Boehncke 2007: 136f. 7 | Vgl. Masannek (2006a): 93–94. Die Nachweise erfolgen im Folgenden für alle Romane der „Wilden Fußballkerle“ im Fließtext unter Angabe einer Sigle und der Seitenzahl. 8 | Vgl. Geßmann 2006: 255.

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tungsvoll ist schon die Aufmachung, die durch Schwarz und dunkle Farben im Gegensatz zur üblichen hellen und heiteren Ausgestaltung von Kindermedien steht. Diese Art der kinderkulturellen Inszenierung ist insofern unüblich, als sie sich der Jugendkultur annähert und sich an Elementen der modernen Gruselkultur bedient.“ (Lindner 2008: 14) Die Farbgestaltung wird zum Bestandteil des Erfolgsgeheimnisses stilisiert: „Worin liegt das Geheimnis der Wilden Fußballkerle? Was unterscheidet sie von vielen anderen Kinderbüchern, die die Verlage – insbesondere in den EM- und WM-Jahren – auf den Markt bringen? Von den auffälligen, schwarzen Covern, von denen der Buchhandel zunächst alles andere als angetan war, einmal abgesehen.“ (Duphorn 2004: 13; Herv. i. O.)9 Farbe und „aggressive[s] Logo“ (siehe Abb. 1) bilden zusammen einen „unkonventionelle[n] Markenauftritt“ (Schiefer 2006: 33). Ein solcher Auftritt erscheint vor dem Hintergrund einer zunehmenden ‚Pinkifizierung‘ des Mädchenbuchsektors auch als Ausdruck des Wunsches nach der Etablierung eines eigenen Sektors für Jungenbücher und damit einhergehend des Wunsches nach Orientierung. Abbildung 1: Die Wilden Kerle – altes und neues Logo

Inszenierungsmuster in männlich-männlicher und weiblich-weiblicher Konfiguration Untersucht man die Darstellung von Männlichkeiten in den „Wilden Fußballkerlen“, so fällt auf, dass die Inszenierung von Geschlecht, hier insbesondere von Männlichkeit, durchgängig im homosozialen Raum10 situiert ist, der in der vorliegenden Reihe vorrangig aus dem Mannschaftsgefüge heraus entsteht. „Der Männerbund Fußball ist dabei eine besondere, weil symbolisch aufgelade9 | Vgl. dazu auch Osberghaus 2006: 35. 10 | Nach Lipman-Blumen zeichnet eine homosoziale Gruppe „the seeking, enjoyment, and/or preference for the company of the same sex” aus (Ders. 1976: 16).

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ne Bühne zur Konstruktion von […] Männlichkeit. Unter dem Bourdieu'schen Modell der ‚männlichen Herrschaft‘ betrachtet [sic] ist er ein Forum für ernste Spiele, die ehrgleiche Männlichkeiten produzieren.“ (Dietze 2012: 62) Ebenso konstatiert auch Michael Meuser, dass sich „[i]n nur wenigen sozialen Feldern […] das generative Prinzip der Konstruktion von Männlichkeit derart augenfällig beobachten [lässt] wie im Fußball“ (Meuser 2008: 114). Fußball wird somit zum Ausdruck „paradigmatische[r] Männlichkeitspraxis“ (ebd.: 116) und „ein Ort der Reproduktion hegemonialer Männlichkeit“ (ebd.: 122). Fußball ist nicht der einzige Ort und nicht die einzige Praxis männlicher Vergemeinschaftung. Für die Her- und Darstellung von Männlichkeit ist er jedoch eine zentrale, eminent wichtige Praxis. Fußball übt in geradezu paradigmatischer Weise in die kompetitive Logik von Männlichkeit ein, in die Logik von Wettbewerb und Solidarität, die sich als homologe Struktur in zahlreichen anderen Feldern männlicher Vergemeinschaftung geltend macht. Die herausragende geschlechtliche Bedeutung des Fußballs erweist sich nicht zuletzt daran, dass er eines der wenigen verbliebenen Felder ist, in denen eine Problematisierung von Männlichkeit nicht stattfindet. (Ebd.: 131)11

Vor dieser inhaltlichen Folie ist also anzunehmen, dass auch in den vorliegenden kinderliterarischen Texten hegemoniale Männlichkeit reproduziert wird. Daher ist es interessant, wie die „Einübung in die Strukturlogik des Männlichen“ in den Texten erzählerisch inszeniert wird. Eine erste Inszenierungsstrategie ist dabei die wiederholte Hervorhebung der Bedeutung der eigenen Mannschaft und damit implizit des homosozialen Raums. Auf Textebene wird dies wiederholt durch die Inszenierung eines Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühls umgesetzt: „Dann bildeten wir einen Kreis, umarmten uns Schulter an Schulter und schworen, dass alles, was wir an diesem Tag beschlossen hatten, für immer gilt. Und wir schworen mit einem markerschütternden: ‚RAAAA!‘“ (Leon: 3) Durch dieses archaisch anmutende Ritual werden zum einen Mannschaftstugenden beschworen, während zum anderen die „Anderen“ exkludiert werden, was wiederum das homosoziale Gefüge stabilisiert. Dieser Stabilisierung arbeiten des Weiteren direkte Leseradressierungen zu, durch welche die explizit männlich figurierte Zielgruppe in die homosoziale Gemeinschaft inkludiert wird: „Hey, ihr da! Ja, ihr! Da seid ihr ja endlich.“ (Leon: 7) Diese direkte Ansprache ist häufig damit verbunden, dass anhand von Prolepsen der folgende Handlungsverlauf vorausgenommen wird: „Meine Geburtstagsnacht wurde gruseliger und gemeiner, als ich es mir wünschte. Deshalb lest dieses Kapitel lieber bei Tag und am bes11 | Die im letzten Jahr im Zuge des Outings des ehemaligen Nationsspielers Thomas Hitzelsberger losgetretene Homosexualitätsdebatte im Profifußball hat daran auch nichts geändert.

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ten, wenn eure Mutter neben euch sitzt. Ja, lacht mich ruhig aus. Aber, falls ihr lacht, merkt euch eins: Es wird euer letztes Lachen sein und das für lange, ganz lange Zeit. In dieser Nacht begann nämlich die dunkelste Zeit unseres Lebens. Nichts, was wir bis dahin durchgemacht hatten, kann man mit diesem Abenteuer vergleichen.“ (Joschka: 61) Eine weitere Funktion erfüllen die direkten Leseradressierungen im Rahmen der Generierung von ‚Konsekrationskapital‘, da sie ebenso zur Inszenierung von Autorschaft genutzt werden. Verbunden mit dem Anspruch auf Authentizität durch Zeugenschaft wird im Zuge einer Beglaubigungsstrategie auf die Entstehungsgeschichte der „echten“ Wilden Fußballkerle12 rekurriert, welches die Autorposition einmalig werden lässt und mit einer Form der Selbstinszenierung verbunden ist: „Masannek will ‚kein netter Kinderbuchautor‘ (Masannek 2004, Bd. 1, S. 7) sein: vielmehr [sic] möchte er vor allem seine männlichen Leser13 davon überzeugen, dass Jungen wieder lernen müssen, wild zu sein, d. h. etwas zu riskieren, sich zu zeigen.“ (Schmidt 2007: 89)14 Die Stabilisierung des homosozialen Gefüges wird zudem durch die Strategie der Traditionsstiftung erzählerisch weiter forciert. Dazu wird zum einen auf intratextueller Ebene auf bereits erlebte Abenteuer rekurriert: „Oder sie erzählten sich selbst von ihren Triumphen. […] Ja, und in all diesen Geschichten tankten sie Mut: den Mut und die Kraft, die sie brauchten, um sich für die Kinder-Weltmeisterschaft zu qualifizieren und um den TSV Turnerkreis, dem Spitzenreiter in der Dimension Acht, der Gruppe 8 der E1-Jugendmannschaften, doch noch den Titel abzujagen.“ (Marlon: 223). Zum anderen werden die inhärenten Codes des Fußballsports und des Fußballvereinswesens genutzt, um diese Stabilisierung auch über die bloße Textebene hinaus weiter zu intensivieren. Über die Traditionsstiftung hinaus werden intermediale und intertextuelle Verweise genutzt, um eine männlichen Genealogie zu etablieren, in die sich sowohl die literarischen Figuren als auch die Rezipienten einschreiben (können). Auf Textebene wird in diesem Zuge auf berühmte Fußballer und Sportler verwiesen, welche gleichzeitig wieder auf die inhärenten Codes des Fußballsports rekurrieren. So finden sich Verweise auf Gerd Müller, Franz Beckenbauer, Pelé15 oder Muhammad Ali.16 Im Zuge der intertextuellen Ver12 | „Die Serie geht auf Masanneks Erlebnisse von 1999 bis 2004 als Trainer einer Kindermannschaft, darunter seine beiden Söhne, beim Münchner Vorstadtverein TSV Grünwald zurück“ (Bräunlein 2007: 10). 13 | Darauf, dass die in den „Wilden Fußballkerlen“ vorgenommene geschlechtsspezifische Adressierung kein genrebezogenes Phänomen (mehr) ist, hat Geßmann (2006) verwiesen, der insbesondere Fußballererzählungen subversives Potential zuspricht. 14 | Vgl. dazu auch Bräunlein 2007: 10. 15 | Vgl. Leon: 13; vgl. dazu auch Raban: 205f., 227. 16 | Vgl. Vanessa: 83.

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weisstrukturen wiederum werden zum einen historische Männlichkeiten (Al Capone, Daniel Boone, Jack the Ripper oder Kapitän Blackbeard)17 sowie zum anderen genuin literarische Vorbilder herangezogen, welche sich ebenfalls nur in männlicher Genealogie finden lassen. Es wird wiederholt auf den „Herrn der Ringe“,18 „Star Trek“,19 „Star Wars“,20 „Peter Pan“,21 „Das Dschungelbuch“,22 „Huckelberry Finn“,23 Dumas „Musketiere“,24 „Robin Hood“25 und den „Glöckner von Notre Dame“26 referiert. Auffällig ist, dass sich diese Verweisstrukturen erneut auf traditionelle Narrationen von Männlichkeit beziehen. Als rein homosoziale Räume können sie somit der „konjunktive[n] […] Wettbewerbsstruktur“ (Meuser 2008: 118), die Fußball als ‚ernstem Spiel‘ inne ist, zugeordnet werden. Weitere Referenzpunkte bilden die Gruppe der Piraten, Ritter, Drachentöter sowie der Revolverhelden, Cowboys und Indianer. Auf intermedialer Ebene lassen sich zudem weitere Referenzen auf musikalischer Ebene ausmachen. So wird explizit auf die Musik von Eminem, The Off Spring und Linkin Park 27 verwiesen, die zum einen dem Hip-Hop und zum anderen dem Punk-Rock und dem Crossover/Nu-Metal zuzuordnen sind. Dabei ist besonders zu der Musik Eminems anzumerken, dass seine Texte, zumindest seine frühen,28 deutliche Tendenzen von Aggressivität, Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen enthalten. Eine weitere Dimension, die der Etablierung der männlichen Genealogie dient, ist auf Textebene die Beziehungsebene zwischen den Vaterfiguren und den einzelnen Mitgliedern der Wilden Fußballkerle. Dabei geht es in den „Wilden Fußballkerlen“ immer eher um ein Abarbeiten an der Vaterfigur. Somit sind Vater-Sohn-Konflikte ein wiederkehrendes Thema der Reihe: Rocces Vater, Giacomo Ribaldo, verbietet Rocce, bei den Kerlen zu spielen (Bd. 2), Maxis Vater, Herr Maximilian, will, dass Maxi Golf-Profi wird (Bd. 4), und Juli ist auf der Suche nach seinem Vater, der die Familie verlassen hat (Bd. 7).29 Die 17 | Vgl. Deniz: 140, Fabi: 213, Maxi: 78, Joschka: 183. 18 | Vgl. Maxi: 91; Joschka: 33, 99; Vanessa: 78. 19 | Vgl. Juli: 255f. 20 | Vgl. Juli: 226, Maxi: 91. 21 | Vgl. Joschka: 183. 22 | Vgl. Joschka: 104. 23 | Vgl. Leon: 9. 24 | Vgl. Felix: 230f. 25 | Vgl. Felix: 230f. 26 | Vgl. Raban: 205f. 27 | Vgl. Joschka: 39f. 28 | „The Slim Shady EP“ (1999), „The Marshall Mathers LP“ (2000). USA: Aftermath, Interscope. 29 | Vgl. Niklas 2007: 54.

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Vaterfiguren treten dabei zumeist autoritär auf. Dies findet sich in der Darstellung der Mutterfiguren ebenso (vgl. beispielsweise Rabans oder Nervs Mutter), dennoch werden diese aber durch die Namensgebung gleichzeitig marginalisiert.30 So wird Nervs Mutter die „Hexe von Bogenhausen“ (Donnerschlag: 9) genannt und Vanessas Großmutter „Oma Schrecklich“.31 Wirkmächtig werden die weiblichen Figuren erst, wenn sie in die männliche Genealogie eintreten. Eine der interessantesten Szenen in diesem Kontext ist die, in der Felix' Mutter zum „Revolverhelden“ werden muss, um ihrem Sohn zu helfen und ihm mit Rat beizustehen. In ihrer Weiblichkeit scheitert sie und erst in der männlichen Gestalt findet sie die Autorität und den Zugang zu ihrem Sohn: „Was ist los, Felix?“, fragte mich meine Mutter besorgt. „Willst du mir nicht endlich was sagen?“ Ich stöhnte auf und verdrehte die Augen. Nein, nicht schon wieder die Tour. Sie war doch nur [!] meine Mutter. Wann begriff sie das endlich? Ich brauchte jetzt meinen Vater, doch der war seit dem Tag nicht mehr da und meldete sich auch seit dem Tag nicht mehr, an dem er erfahren hatte, dass sie einen anderen Mann liebt. „Felix, ich rede mit dir!“, erinnerte mich meine Mutter daran, dass sie immer noch da war. „Aber ich nicht mit dir!“, stieß ich hervor. „Ist das klar? Und jetzt lass mich mit deinem Mitleid in Ruhe!“ […] Ich war absolut wütend, doch meine Mutter hielt meinem Blick stand. Sie musterte mich, und sie sah die Tränen in meinen Augen. Doch das rührte sie nicht. Sie blieb unbarmherzig und kalt. Ihre Augen wurden ganz schmal. Dann legte sie beide Hände vor sich auf den Tisch und holte tief Luft. „Ohohoho!“, sagte sie mit einer so dunklen Stimme, als sei sie ein Revolverheld und zöge gleich ihren Colt. „Willst du mich etwa beleidigen, Junge?“ Ihre Hand tastete nach dem Löffel und umschloss ihn ganz fest. […] „Bitte Mama, hör auf!“, bat ich verlegen. Doch meine Mutter dachte gar nicht daran. Sie war nämlich gar nicht mehr meine Mutter. Sie war der Revolverheld und der war erbarmungslos. „Bitte Mama, hör auf! Was soll'n das?“, spottete er [!] dunkel und rau wie durch Sandpapier. „Bist du etwa 'ne Memme?“ Ich zuckte zusammen. Das saß und sofort schossen die Tränen aus meinen Augen heraus. „Bitte, hör auf!“, flehte ich. „Tut mir leid, Kindchen, aber dafür ist es zu spät!“, rasselte er. „Hier wird nicht gekniffen.“ „Ich kneife nicht!“, protestierte ich. „Ohohoho! Das [sic] ich nicht lache!“, spottete er. „Du machst dir doch vor Angst in die Hosen!“ „Das reicht!“, drohte ich. „Hör sofort….!“ „Halt's Maul!“, fuhr er mir über den Mund. „Ich riech es doch schon. Und ich riech auch dein Selbstmitleid. Oh, Gott, ist das eklig!“ […] „Bah! Bist du ein Hasenfuß!“ Mir stockte der Atem. So etwas hört man nicht gern von seiner eigenen Mutter, selbst wenn sie in diesem Augenblick nicht mehr die Mutter, sondern ein Revolverheld ist. „Nein. Das bin ich nicht!“, sagte ich leise. „Gut. Dann bist du halt eine Memme!“, erwiderte er. „Das bin ich nicht!“, sagte ich schon etwas lauter. „Okay. Dann beweis es mir. Zieh oder schmor in der Hölle.“ […] „Du hast es nicht anders gewollt!“, sagte ich heiser und rau, und der 30 | Die Väter treten häufiger namenlos auf. 31 | Vgl. Vanessa: 36.

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Archaisierung und Pinkifizierung Revolverheld nickte. Dann zog er. Blitzschnell schoss sein Löffel nach vorn, direkt auf die Apfelkompottschale zu. Doch das war nicht schnell genug. Ich war mit meinem Löffel schon drin, zog ihn gefüllt wieder raus und steckte ihn mir in den Mund. Verflixt! Schmeckte das gut! […] „Gut! Dann schlag dir den Bauch voll, hörst du, und dabei erzähl ich dir was unter Männern.“ […] Der Revolverheld lächelte und mit diesem Lächeln verwandelte er sich wieder in meine Mutter zurück.“ (Felix: 214–218)

Die Inszenierung der Mutter orientiert sich zunächst am weiblichen Stereotyp der Sorge und des Mitleids und ist verbunden mit der Aufforderung zur Verbalisierung der Probleme. Diese Strategie wird von dem männlichen Protagonisten abgelehnt und durch den Zusatz „nicht schon wieder“ als wertloses Handlungsmuster abqualifiziert. Durch den darauffolgenden Satz „Sie war doch nur meine Mutter“ gewinnt die vorherige Abwertung einer Problemlösestrategie eine geschlechtsspezifische Konnotation, die durch die folgenden Ausführungen („Ich brauchte jetzt meinen Vater […].“) im Rahmen einer homosozialen Schließung gesteigert wird. Nicht die Mutter-, sondern nur die Vaterfigur wäre in der Lage der männlichen Hauptfigur unter Gleichen zu helfen. Dass die Mutterfigur dann auch noch für das Fehlen der Vaterfigur verantwortlich gemacht wird, potenziert die geschlechtsspezifische Attribuierung erneut. Ausgelassen wird dabei, dass es einen Unterschied gibt zwischen der Beziehung der Eltern zueinander und der Eltern-Kind-Beziehung. Während die Mutterfigur verantwortlich für das Scheitern der Beziehung gemacht wird, kommt es aber in Bezug auf die Vaterfigur zu keinerlei Problematisierung der Abwesenheit. Nicht als Vaterersatz, sondern eher als Übergangsfigur zwischen Bandenund Herkunftsraum ist die Trainerfigur Willi konfiguriert. Dabei ist auffällig, dass Willi als „männliche[s] Vorbild[…] beschädigt [ist], sowohl körperlich durch eine Knieverletzung als auch moralisch: […], Masanneks ‚Weißbier Willi‘ (Bd. 1, S. 129) belügt die Kinder bezüglich seiner Fußballkarriere“ (Niklas 2007: 55). Der Alkoholismus ist als Folge des sportlichen Scheiterns lesbar, welches wiederum als Erklärung und Entschuldigung für seine Lügen unkommentiert akzeptiert wird. Die Enttäuschungen, die er der Mannschaft zufügt, sind vor diesem Hintergrund vielmehr als Entwicklungsaufgaben zu lesen, vor die die Mannschaft gestellt ist. Letztlich erweist sich die Trainerfigur häufig durch ihre Abwesenheit, die wiederum die Mannschaft und ihre Tugenden herausfordert, als unentbehrlich. Das Mannschaftsgefüge der Wilden Fußballkerle ist höchst instabil und wird in jedem Band einer Prüfung unterzogen. Die Instabilität drückt sich dadurch aus, dass „[i]n fast jeder Folge […] (mindestens) eines der Mitglieder aus der Fußballmannschaft aus[tritt] und […] dann meistens während des entscheidenden Spiels zurück[kommt]. Nur in vier Folgen sind die WK [die Wilden Kerle, die Verf.] komplett, doch selbst in diesen gibt es eine Gefahr, die über

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Existenz oder Verschwinden der WK entscheidet“ (Pick 2009: 72). Die Gefahr kulminiert in den meisten Bänden in Prüfungen, die die Wilden Fußballkerle bestehen müssen. Männlichkeit wird somit überwiegend performativ, über das eigene Handeln, hergestellt. So gilt es, sich gegenüber den ihnen feindlich gesinnten gegnerischen Mannschaften zu behaupten (Bd. 1: der Kampf gegen die Unbesiegbaren Sieger; Bd. 9: der Kampf gegen die Flammenmützen; Bd. 13: der Kampf gegen die Biestigen Biester). Die Mannschaft muss sich – von Band zu Band –immer wieder neu konstituieren und sich diversen Herausforderungen stellen. In Band 4 ist die Herausforderung das fehlende Vertrauen eines Mitgliedes in die anderen, in Band 6 das Versagen eines Mitgliedes beim Fußballspiel, in Band 7 der Verlust der Stimme, in Band 8 das Angebot eines anderen, größeren Fußballvereins, in Band 10 der Ausfall eines Spielers aufgrund einer Verletzung und in Band 11 die Aussicht auf ein besseres Leben. Wie auch immer die Herausforderung inhaltlich ausgestaltet ist, sie ist immer existenziell und entscheidet über das (Weiter-)Bestehen der Wilden Fußballkerle. So lässt sich der Spannungsauf bau auf die Formel „‚Wenn das Ereignis xy eintritt, wird es die Wilden Kerle nicht mehr geben‘“ (ebd.) reduzieren. Durch die permanent wiederkehrenden Herausforderungen ergibt sich für die Bände ein stabiles Handlungsmuster, ein Befund, der auf andere kinderliterarische Texte, die Fußball zum Thema haben, scheinbar mühelos übertragen werden kann. Wie Bräunlein feststellt, handeln kinderliterarische Texte, die Fußball zum Thema haben, „vom mühevollen Zusammenwachsen einer Mannschaft, die nach Überwindung von Konflikten einen starken Gegner auf dem Spielfeld in einer dramatischen Begegnung besiegt“ (Bräunlein 2003: 19). Auch diese dramatische Begegnung verläuft nach einem immer wiederkehrenden Muster: „Das Spiel beginnt mit einem hohen Rückstand, der in allerletzter Minute in einen knappen Sieg verwandelt wird, wobei für den entscheidenden Treffer meist ein Außenseiter sorgt.“ (Bräunlein 2007: 11) Eine wiederholt aktualisierte Herausforderung ist die Aufnahme eines neuen Mitglieds. Die Schwierigkeiten, die durch die Aufnahme bzw. Integration von neuen Mitgliedern wie zum Beispiel Rocce (Bd. 9) oder Deniz (Bd. 5) entstehen, potenzieren sich, wenn es um die Aufnahme von Mädchen in das homosoziale Gefüge geht (Bd. 3: Vanessa; Bd. 12: Annika). Das Erscheinen der Mädchen bringt das Mannschaftsgefüge durcheinander und wird als Gefahr für die ‚männliche‘ Gemeinschaft wahrgenommen: „[…] Das da ist offensichtlich ein Mädchen.“ „Wow! Bingo, Leon!“, lobte ihn Willi. „Wie bist du nur so schnell darauf gekommen?“ „Das riecht man doch zehn Meilen gegen den Wind!“, wetterte Leon zurück. „Mensch, Fabi, jetzt sag doch mal was! Willi will'n Mädchen in die Mannschaft reinholen.“ Doch Fabi, der mit der Nummer 4, sagte nichts. Für ihn stand die Zeit immer noch still. Er stand neben Leon und starrte mich an, als wäre ich der Weihnachtsmann und der Osterhase in einer Person. Und das sag ich euch: Er

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Archaisierung und Pinkifizierung sah nicht gerade intelligent dabei aus. „Oh Mann, Fabi!“, rief Leon. „Das ist, als heuere ‚ne Frau auf ‚nem Walfänger an. Verflixt! Das bringt Unglück und Streit!“ „Findest du wirklich?“, fragte Fabi mit einem Lächeln, mit dem, wenn es nach mir ginge, niemand frei herumlaufen sollte. (Vanessa: 44)

Mädchen werden erst ignoriert und gefürchtet (auch aufgrund scheinbarer Anziehungskräfte), müssen sich dann beweisen und werden erst nach größten Kämpfen aufgenommen. Dies wird besonders bei der Figur Vanessa im dritten Band der Reihe deutlich. Zu Beginn des Bandes spielt sie in ihrem Heimatort zunächst in einer Mädchenmannschaft, bis sie zu den Wilden Fußballkerlen wechselt: Endlich hatte ich es geschafft. Nach drei langen Jahren. Nach drei Jahren Folter und grausamer Demütigung bei den Holsteiner Schwalben durfte ich endlich mit der Jungenmannschaft trainieren. Ich trampelte wie wild in meine Pedale. Meine Kraft war plötzlich unendlich groß. Das war der erste Schritt auf dem Weg zur Erfüllung meines größten Traums, und ich hatte ihn soeben geschafft. Ja, ich, Vanessa Butz, ich wollte die erste Frau sein, die in der Männernationalmannschaft spielt. (Vanessa: 14f.; Herv. i. O.)

„Folter“, „grausame[…] Demütigung“ und Unterforderung sind die Attribute, die mit der Zugehörigkeit zu einer Mädchenfußballmannschaft verbunden sind. Daher verwundert es auch nicht, dass von der Figur als sportliches Ziel die Zugehörigkeit zur Männernationalmannschaft angeführt wird. Es ist also nicht die eine Mädchenfußballmannschaft, die schlecht und vor allem schlechter als Jungenmannschaften spielt und abgewertet wird, sondern es ist eine Abwertung des Frauenfußballs allgemein, die hier in die Tiefenstruktur des Textes eingeschrieben ist. Dass die Erfolge der Frauennationalmannschaft, beispielsweise als Rekordeuropameisterinnen,32 den sportlichen Leistungen der Männernationalmannschaft mindestens ebenbürtig sind, bleibt außen vor. Rhetorisch reiht sich diese Argumentation in eine Reihe von urban myths ein, die von der Überlegenheit schon männlicher Jugendmannschaften über weibliche Proficlubs erzählen. Dass hier semantisch auf eine „Jungenmannschaft“ und die „Männernational-mannschaft“ referiert wird, ist des Weiteren eine Ausnahme; der Regelfall ist ein anderer: „Allein die Semantik, die ‚den‘ Fußball und den ‚Frauenfußball‘ kennt, nicht aber den ‚Männerfußball‘, weist darauf hin, dass sich hier ein Allgemeines und ein Besonderes in einem hierarchischen Verhältnis gegenüberstehen. Nur der von Frauen gespielte Fußball ist geschlechtlich markiert. Ein zentrales Merkmal einer hegemonialen Position ist es, nicht markiert zu sein.“ (Meuser 2008: 129) Die geschlechtliche Markierung des von Männern 32 | http://www.dfb.de/frauen-nationalmannschaft/statistik/, 23.02.2015.

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und Jungen gespielten Fußballs dient in diesem Fall weniger einer Markierung als einer bewussten Setzung, einer Gegenüberstellung zu den „Schwalben“ [sic!], und somit der Stabilisierung der hegemonialen Position. Das Anderssein der weiblichen Figur, die Abgrenzung vom eigenen Geschlecht wird zur Voraussetzung der Aufnahme in die männliche Gemeinschaft. Vanessa fühlt sich der Mädchenmannschaft nicht zugehörig und ausgeschlossen: „Doch meine liebreizenden Mitspielerinnen ignorierten auch mich.“ (Vanessa: 8) Sie ist nicht ‚one of the girls‘. Als ‚one of the boys‘ hat sie sich noch zu beweisen. Diese Beweise tritt die Figur Vanessa daher zunächst in der weiblich-weiblichen Konfiguration mit der Großmutter an, die Vanessas Äußeres schon nicht mehr als weiblich begreift: Oma Schrecklich rümpfte die Nase und warf meinem Vater, der mit ihr am Frühstückstisch saß, einen vorwurfsvollen Blick zu. „Oder denkst du, dass das, was da vor uns steht, noch aussieht wie ein richtiges Mädchen? Nein, Lars-Malte, das ist fast schon ein Junge und ich sag dir, du wirst sie noch komplett ruinieren, wenn du dir nicht endlich eine Frau ins Haus holst. Ja, und falls du das nicht mehr schaffst, stehe ich dir gerne zur Verfügung.“ (Vanessa: 36)

Vanessa wird zunächst zum Neutrum, zum „das“. Erzählerisch auffällig ist bei der Darstellung der Mädchenfiguren im Text, dass sie häufig als anonyme Gruppe bzw. nur in ihrer gesellschaftlichen Rolle auftreten, bspw. als „die drei Töchter der Freundinnen seiner Mutter“ (Leon: 39) oder „das Mädchen“. Dies betrifft sowohl Vanessa33 als auch weibliche Antagonistinnen wie „Sexy James“,34 deren Name im Weiteren aber auch als ein sprechender Name einzuordnen ist. Lesbar ist diese Gruppierung als Verallgemeinerung und Rollentypisierung. Später wehrt sich Vanessa gegen die Rhetorik ihrer Großmutter mit weiteren bewusst gesetzten Inszenierungen archaischer Männlichkeit: „[…], schlug das fünfte Ei in den Mixer und schaltete das Gerät ein.“ (Vanessa: 37) Teil der Mannschaft kann Vanessa erst über eine kämpferische Auseinandersetzung werden, die verbunden ist mit körperlichen Schmerzen: „Es wurde ein offener Schlagabtausch und wir schenkten uns nichts. Mehrmals lag jeder von uns auf dem Rasen und wälzte sich vor Schmerz hin und her, doch keiner steckte deshalb zurück. Nein, es stachelte uns nur weiter an.“ (Vanessa: 100f.) Ihre Zugehörigkeit zur Jungenmannschaft ‚erkauft‘ sie sich mit dem Verlust ihrer Weiblichkeit: „Endlich war ich, Vanessa, die Unerschrockene, ein Wilder Kerl. Ich fühlte mich wie ein Bauernjunge, den man zum Ritter geschlagen hatte, und in diesem Moment wusste ich es. Es stand so gut wie geschrieben: Ich wür33 | Vgl. Marlon: 221. 34 | Vgl. Joschka: 39f., 40, 42, 76.

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de auch die erste Frau in der Männerfußball-Nationalmannschaft sein.“ (Vanessa: 120; Herv. i. O.) Interessant ist an dieser Textstelle die doppelte Lesart. Zum einen ist Vanessa noch „die Unerschrockene“, die auch als „erste Frau“ zur Männerfußball-Nationalmannschaft gehören will. Andererseits verliert sie aber als Wilder Fußballkerl ihr Geschlecht und fügt sich in die männliche Narration (der Bauernjunge, der zum Ritter wird). Somit ist Geßmann zu widersprechen, der „Die Wilden Fußballkerle“ „vielleicht“ als „eine neue Variante des geschlechterintegrierenden Bandenromans“ (Geßmann 2006: 256) sieht. Für Vanessa gilt, was Manuela Kalbermatten für die neuen Mädchenfiguren der phantastischen Abenteuerliteratur konstatiert hat: „In Mut und Abenteuerkompetenz ist den Jungs nur ebenbürtig, wer weiblich konnotierte Dispositionen wie Emotionalität, Ängstlichkeit und Harmoniebedürfnis ablegt und sich ein ‚männliches‘ Verhalten angeeignet hat.“ (Kalbermatten 2011: 65) Masannek bezieht sich mit der Figurenzeichnung dabei „auf den Prototyp eines Mädchens, das weibliche Rollenkonzepte ablehnt und lieber ein ‚Kerl‘ sein möchte“ (Niklas 2007: 55– 56). Dieser Prototyp wird im Rahmen der heteronormativen Norm zum „Mythos des sportlichen, jungenhaften Mädchens, das der Männerwelt imponiert und zugleich erotischen Reiz auf sie ausübt“ (Büker 2006: 18–19) erweitert. Dabei wird weniger ein „Mythos“ (ebd.) als eine Bestätigung normativer Heterosexualität erschaffen. Die Wahrnehmung von Vanessa als ‚echtem‘ Wilden Fußballkerl wird schlussendlich auch von den Jungen übernommen. Auf dem Fußballplatz wird Vanessas Weiblichkeit nie thematisiert, durch ihre fußballerischen Fähigkeiten wird sie als einer der Jungen begriffen. Wenn eine Thematisierung erfolgt, dann als eine den Gegner abwertende Strategie, da Vanessa Elfmeter in den rosa Glitzerpumps schießt, die sie von den Jungen eigentlich als sie demütigendes Geschenk bekommen hatte: „Ich hob den Deckel vom Schuhkarton ab, und was ich darunter sah, traf mich mitten ins Herz. Es war die größte Gemeinheit, die man mir je angetan hatte, und selbst Oma Schrecklich schnappte nach Luft. In dem Schuhkarton befand sich ein Paar rosa Pumps mit rosa Schleifen und rosa Glitzerhimbeeren darauf.“ (Vanessa: 86). Aus dem als Provokation gedachten Geschenk zieht Vanessa dann aber die Kraft, um es den Jungen „zu zeigen“ (Vanessa: 106f.). Deutlich wird hier, dass es um ein Aushandeln von Machtverhältnissen geht. Sexualisierung als Bestandteil der Strategie der Pinkifizierung dient innerhalb der „ernsten Spiele“ der Etablierung von Distinktion. Die Demütigung der gegnerischen Mannschaft wird noch zusätzlich dadurch potenziert, dass sie von einem explizit markierten Mädchen erteilt wird. Inhaltlich gestützt wird dies dadurch, dass in den Bänden „‚[m]ädchenhafte‘ Mädchen […] als ‚Wand aus rosa Schleifen und Rüschchen […] mit ihren Stimmen aus Zuckerguss‘ (Masannek, Bd. 1, S. 40f.)“ (Niklas 2007: 55) stigmatisiert werden.

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Die bewusste Inszenierung von Weiblichkeit wird von Vanessa nur in „Notsituationen“ eingefordert und geht meistens mit der Einforderung eines Kusses einher: „Es tut mir leid, Vanessa“, sagte er und schaute sie an, „aber es muss wohl so sein. Du musst ihn küssen.“ Leon, Maxi, Fabi und Raban fiel der Kinnladen auf die Brust. Ja, und auch Vanessa lehnte überhaupt nicht mehr lässig an der Wand. „Jetzt und sofort?“, hakte sie nach. „Nein. Wenn es geht, noch etwas schneller!“, drängte der Wirbelwind und schaute noch einmal besorgt auf die Uhr. Da biss sich Vanessa auf die Lippen. Sie gab sich einen Ruck und ging auf mich zu. Widerwillig beugte sie sich zu mir herab. Sie schürzte ihre Lippen zum Kuss. Doch dann, kurz bevor ihr Mund meinen berührte, hielt sie noch einmal an. Ihre Augen verengten sich zu ganz engen Schlitzen und sie bekam diesen Blick, für den sie einen Waffenschein brauchte. „Ich warne dich, hörst Du!“, zischte Vanessa. „Auch wenn du mich jetzt nicht hörst. Aber wenn du das hier auch nur einen Hauch persönlich verstehst, dann bring ich dich um!“ Sie schoss einen Laserblick auf mich ab und dann küsste sie mich. Sie küsste mich direkt auf den Mund. Leon, Fabi, Raban und Maxi stockte der Atem, doch ich fuhr entsetzt aus dem Schlaf. (Marlon: 245f.)

Überraschend ist an dieser Stelle die geschlechtliche Umkehrung des klassischen Dornröschen-Motivs. Im weiteren Verlauf der Reihe verändert sich die Darstellung von Vanessa noch einmal. In der „Level 2.0“-Fortsetzung werden aus „langen, rotbraunen Zotteln“ (Vanessa: 12f.) „lange[…] Karibik-Sonnenuntergangs-Haare“ (Donnerschlag: 11). Die Wahrnehmung von Weiblichkeit erfolgt viel stärker aus einer Perspektive normativer Heterosexualität heraus, während gerade diese Ebene in den ersten Bänden immer noch negiert wurde.35 Hinzu kommt in den „Level 2.0“-Bänden die Inszenierung von Weiblichkeit als Verführung in Form der Figur April, die durch ihre Zugehörigkeit zu den Wölfen von Ragnarök auch das Klischee mythischer Weiblichkeit bedient, und Marlon „versonnen-verzauberthypnotisiert […] [und] nicht mehr er selbst“ (Donnerschlag: 27–28) hinterlässt. Diese magische Wirkung wird auch Vanessa zugeschrieben (Vanessa: 44) und wird im wiederholten Gebrauch zu einem weiblichen Attribut.

35 | „Oh, Mann, diese Jungen waren mein Traum, ja, und jedem, der das jetzt auch nur um einen Hauch falsch versteht, kratz ich die Augen aus. Ich bin acht Jahre alt, wisst ihr, und da haben Mädchen mit Jungen überhaupt nichts am Hut. Basta und Schluss.“ (Vanessa: 9)

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Inszenierungsmuster in weiblich-männlichen Konfigurationen Entsprechend Connells relationalem Ansatz lassen sich in der weiblich-männlichen Konfiguration die deutlichsten Rückschlüsse auf die Konstruktion von Männlichkeit schließen. Deutlich tritt der hegemoniale Anspruch der Jungen selbst gegenüber Vanessa zutage – besonders offen zu Anfang der Reihe bei Leon, der am ehesten hegemoniale Züge verkörpert. „Dann trat Leon in mein [Vanessas, die Verf.] Gesichtsfeld, und baute sich direkt vor mir auf. Sein Blick war vernichtend und kalt. Dann spuckte er aus, wie es Jungen wohl tun müssen, wenn sie glauben, dass sie schon Männer sind. Und dann brach er endlich das Schweigen: ‚Tja, was meinst du, Nessie. Hast du die Probe bestanden?‘“ (Vanessa: 57) Distinktion als Bestandteil der ernsten Spiele erfolgt hier „in heterosozialer Dimension“ (Meuser 2008: 116). Vanessa wird hier durch Leons ‚border work‘36 zunächst von den ernsten Spielen ausgeschlossen. Was Renold in einer ethnographischen Studie zeigen konnte, wird in den vorliegenden Texten literarisch inszeniert: In einer ethnographischen Studie in zwei englischen Primary Schools mit unterschiedlichen sozialen Milieuhintergründen der SchülerInnen zeigt Renold, dass die Jungen bereits früh die Sinnstruktur des Fußballs einüben und dass der Fußball so etwas wie ein Exerzierfeld des border work ist. Die Schüler und Schülerinnen nutzen vielfältige Gelegenheiten, um die Geschlechterunterscheidung bedeutsam zu machen und sie als oppositionale Dichotomie herzustellen. Der Fußball ist für die Jungen eine bereitwillig ergriffene Gelegenheit, aktiv Grenzziehung gegenüber den Mädchen vorzunehmen, wohingegen diese sich zumeist vergeblich darum bemühen, zu den (Fußball-)Spielen der Jungen zugelassen zu werden. Die Jungen (re-)produzieren den Fußball als männliches Territorium und verteidigen dieses gegen die Partizipationsbestrebungen der Mädchen. Zugleich bestätigen die Mädchen mit ihren Wünschen mitzuspielen den Jungen, dass sie ‚im Besitz‘ eines wertvollen Guts sind. Das border work ist durchdrungen von der kulturellen Hierarchie der Geschlechter. (Renolds zitiert nach Meuser 2008: 117; Herv. i. O.)

‚Border work‘, als Einübung in die Strukturlogik des hegemonial Männlichen, wird in der Kindheit „weitaus drastischer praktiziert […] als in späteren Lebensphasen. Dies kennzeichnet vor allem die Art, in der Frauen sowie alles, was als weiblich konnotiert wahrgenommen wird, abgewertet werden. […] Die Abwertung des Weiblichen ist ein Grundmotiv hegemonialer Männlichkeit, erfolgt allerdings im Erwachsenenalter eher selten in einer derart gesteigerten

36 | „Border work is constantly being done to mark gender boundaries, if not by chasing, then by jokes, dress, form of speech etc.“ (Connell 2003: 14)

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Form. In der Steigerung dokumentiert sich der Übungscharakter“ (Meuser 2008: 117–118). Inszenierungsmuster hegemonialer Männlichkeit ziehen sich durch Leons Figurendarstellung und so wird er auch eingeführt als: „Ich, Leon, der Slalomdribbler, Torjäger und Blitzpasstor-Vorbereiter. So nennt mich auf jeden Fall Willi, wenn ich nicht gerade zu egoistisch oder ballverliebt oder dickköpfig bin, und das bin ich nun mal.“ (Leon: 11) Diese Selbstverständlichkeit, mit der der eigene Charakter in seiner Unzulänglichkeit beurteilt wird, zeugt von einem großen Selbstbewusstsein. Zudem zeichnet die Figur sich auch durch aggressives Verhalten aus: „Wir schrien uns an, beschimpften uns wild und einmal packte ich Raban und schleuderte ihn in den Dreck.“ (Leon: 91) Wut scheint ein ständiger Begleiter. Durch seine Impulsivität schließt sich Leon mehrere Male selbst aus der Mannschaft aus, erweist sich aber immer wieder als unentbehrlich, denn innerhalb der homosozialen Gruppe nimmt Leon, obwohl Marlon der ältere Bruder ist, die Anführerposition ein: „Leon ist der Anführer der Wilden Kerle. Er schießt Tore wie einstmals Gerd Müller oder er bereitet sie in atemberaubenden Überraschungsblitzpässen vor. Spezialität: Fallrückzieher. Er hat vor nichts Angst und er will immer nur eins: gewinnen. Doch seine Loyalität zu den Wilden Kerlen und besonders zu Fabi, seinem besten Freund, ist noch stärker als sein Siegeswille.“ (Fabi: 132; Herv. i. O.) Als unhinterfragter Anführer, legitimiert aus der fußballerischen Genealogie heraus, thront er „[w]ie ein schwarzer Fürst“ (Vanessa: 80) auf erhöhter Position. Dies gilt auch für Leons Position im Baumhaus „Camelot“: „Und über der Halle, auf ihrem Dach, thronte Leons Zentrale. Hier herrschte er. Hier gab er seine Befehle.“ (Marlon: 183) Auf der Ebene des ‚discours‘ wird der auf der Ebene der ‚histoire‘ schon installierte Anspruch von Hegemonialität der Wilden Fußballkerle durch die gehäufte Verwendung von Epitheta und Superlativen, die zur Charakterisierung der Figuren herangezogen werden, intensiviert. Die Epitheta erfüllen erzählerisch dabei eine zweifache Funktion. Zum einen stellen sie im Rahmen der schon analysierten Traditionsstiftung die Wilden Fußballkerle in die Genealogie griechischer Helden. Zum anderen ist es durch dieses Stilmittel aber auch möglich, die Figuren innerhalb der „Corporate Identity“ (Büker 2006: 9), als die sich die Romane und die Figurenzeichnung erweisen, zu individualisieren. So besteht die Mannschaft unter anderem aus Leon, dem Slalomdribbler, und Felix, dem Wirbelwind: „Sie [die Epitheta, die Verf.] können als Synonym für die besonderen Qualitäten innerhalb der Fußballmannschaft erkannt werden“ (ebd.: 18) und sind somit Ausdruck der „Gnadengabe“ (Klotz 1979, 14–15), die den traditionellen Abenteurer auszeichnete: „Um auf seinem gefahrenvollen Weg erfolgreich zu bestehen, ist der Abenteurer nicht nur auf Glück, Mut und die Bereitschaft, Risiken einzugehen, angewiesen, sondern auch auf seine speziellen Eigenschaften.“ (Kalbermatten 2011: 29)

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Die Verwendung von Superlativen zur Figurencharakterisierung findet sich am auffälligsten bei der Figur Fabi, der unter anderem als „der schnellste Rechtsaußen der Welt“ (Raban: 145) oder „der wildeste unter Tausend“ (Juli: 119f.) mit den „frechste[n] Ideen“ (Felix: 153) dargestellt wird. Zudem ist die Mannschaft der Wilden Fußballkerle die „beste Fußballmannschaft“ (Leon: 11). Weitere mit den Kerlen verbundene Attribute sind Gefährlichkeit und Stärke. Motive, aus denen die Jungen heraus handeln, sind Ehre, Stolz und Würde, die als solche auch explizit im Text genannt werden bzw. an die auch appelliert wird.37 Auf die enge Verbindung dieser Tugenden mit dem ‚männlichen Stereotyp‘ und auf deren Konstanz weist auch Mosse hin.38 Dabei handelt es sich bei dem ‚männlichen Stereotyp‘ um das Ideal moderner Maskulinität, welches sich in etwa in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bzw. zu Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte39 und welches sowohl bestimmte normative Vorstellungen von der Physis wie der Innerlichkeit verband. Eine weitere Motivation ist in diesem Kontext das Suchen von Herausforderungen, also die Inszenierung von Mut als weiterer männlicher Tugend:40 „Ganz im Gegenteil: Wir nahmen die Herausforderung an. Wir suchten unsere Grenzen und wir brachen sie auf.“ (Joschka: 57) Zudem werden sprachlich viele Vergleiche mit Tieren hergestellt. Herangezogen wird dabei vor allem der Tiger, dessen Fauchen, Schnelligkeit, Gefährlichkeit und gute Sehkraft als Referenzen dienen.41 Des Weiteren wird als Vergleich der Skorpion bemüht. Während dieser in einem männlichen Kontext für Unberechenbarkeit und Gewalt steht,42 wird dies im weiblichen Diskurs entkräftet: „[…], säuselte sie wie ein mit Honig überbackener Skorpion.“ (Deniz: 66) Die übrigen Jungen der Mannschaft erfüllen in der weiblich-männlichen Konfiguration ebenfalls hegemoniale Muster, während sie im mann-männlichen Gefüge vorrangig zu Mustern komplizenhafter Männlichkeit tendieren. Lediglich die Figuren Raban und Joschka sind dem Typus marginalisierter Männlichkeit zuzuordnen. Distinktion erfolgt hier also „in der homosozialen Dimension“ und beschreibt die „über den Wettbewerb hergestellte Hierarchie von Männlichkeiten“ (Meuser 2008: 116). Erzählerisch verstärkt wird die Hierarchie durch Kommentare der jeweiligen Erzählinstanz: „Seht ihr, selbst so einer wie Raban ist wichtig.“ (Leon: 156) und durch die Ausklammerung Joschkas aus der „Mannschaftsaufstellung“ im ersten Band.43 Rabans Position er37 | Vgl. Felix: 249; Deniz: 93; Vanessa: 91; Joschka: 46f. 38 | Vgl. Mosse 1997: 9. 39 | Vgl. ebd.: 12. 40 | Vgl. ebd.: 28. 41 | Vgl. Marlon: 177; Fabi: 181; Leon: 13; Deniz: 92, 144f., 153, Joschka: 11, 22f. 42 | Vgl. Joschka: 80. 43 | Vgl. Pick 2009: 74.

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gibt sich durch seine Unsportlichkeit, während Joschka aufgrund seines Alters in die marginalisierte Position gerückt wird. Daher ist es Joschka auch möglich, aus dieser Position ‚herauszuwachsen‘, während Raban erst eine neue ‚Bestimmung‘ zugewiesen werden muss. Sowohl Raban als auch Joschka werden zwischenzeitlich sogar aus der Mannschaft ausgeschlossen. Aus hegemonialer Perspektive, also Leons, ergibt sich folgendes Inszenierungsmuster marginalisierter Männlichkeit: „Jedes Mal [sic] wenn Raban oder Joschka an den Ball kamen, ging er verloren und das gegnerische Team schoss ein Tor. Die beiden stellten sich einfach zu dusselig an und was noch schlimmer war: Sie lernten an keinem Tag etwas dazu. Joschka war noch zu jung. Er war erst sechs, drei Jahre jünger als ich, deshalb konnte ich ihm verzeihen. Doch für Raban traf das nicht zu. Raban war einfach nur blind.“ (Leon: 93) Potenziert wird Rabans marginalisierte Position noch dadurch, dass er in der „Rosenkavaliersgasse“ lebt und selbst Mädchen unterlegen ist: „Hallo, Rarbarbarlein! Das ist aber süß, dass du auf uns wartest.“ Raban traute seinen Augen und Ohren nicht. Auf der anderen Seite der offenen Tür standen die drei Töchter der Freundinnen seiner Mutter und drängten ihn wie eine Wand aus rosa Schleifchen und Rüschen zurück ins Haus. „Mama! Was ist das?“, schrie Raban um Hilfe. „Was wollen die hier?“ Doch seine Mutter stand bereits auf der Treppe und begrüßte die Mädchen, die kaum Zeit hatten, den Gruß zu erwidern. Sie waren längst damit beschäftigt, den schimpfenden und strampelnden Raban auf einem Stuhl festzuhalten und ihn mit ihren Lockenwicklern zu quälen. (Leon: 37)

Neben bloßer fußballerischer Unfähigkeit und dem Alter eröffnet sich entlang der Kategorie race eine weitere Variante marginalisierter Männlichkeitstypen: „Tatsächlich wimmelt es in Masanneks Bänden von Klischees. Während die der deutschen Mittelschicht entstammenden Spieler siegessicher sind und sich (meist) einfühlsam verhalten, haben die Außenseiter einige Macken.“ (Bräunlein 2007: 11) Bezogen ist dies zum einen auf die Abergläubigkeit Rocces, der brasilianische Wurzeln hat, und zum anderen auf Deniz, der stottert, und dessen Epitheton „der Türke“ ist. Zum anderen wird hier aber entlang der Kategorie der Herkunft auch auf die gegnerische Bande der Unbesiegbaren Sieger Bezug genommen, die in den Texten durchgängig als „fett“, „Idioten“ (Juli: 163), aber gefährlich, inszeniert werden. Den erzählerischen Rahmen der Inszenierung von Männlichkeit bilden in den vorliegenden Texten die Diskurse von Sport, Kampf und Krieg. Der sportliche Diskurs, der sich über die zentrale Rahmenhandlung, das Fußballspiel, ergibt, ist einerseits geprägt von Aushandlungsprozessen, die das Mannschaftsgefüge und die Integration des Individuums in das Kollektiv betreffen. Da sich dieses Gefüge in fast jedem Roman der Reihe als instabil erweist, liegt die Arbeit an dessen Stabilisierung allen anderen Erzählhandlungen zugrun-

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de. Andererseits leiten sich aus diesem Diskurs weitere zentrale Herausforderungen bzw. Entwicklungsaufgaben ab, da sowohl das Verteidigen der eigenen Position (sei es die innerhalb der Mannschaft oder die anderen Mannschaften gegenüber) als auch die Teilnahme an Turnieren wie der Weltmeisterschaft und das Gewinnen dieser Spiele thematisiert wird. Diese Spiele werden aber nicht nur um ihrer selbst willen gespielt, sondern stellen vielmehr einen Raum dar, in dem die eigene – hegemoniale – Männlichkeit aktualisiert und bestätigt werden kann, die im gesellschaftlichen Kontext im Zuge der proklamierten ‚Krise der Männer‘ angreif bar geworden ist: In der Vergangenheit waren entsprechende Normen gesetzt worden, und dank bestimmter Rituale, denen man sich unterzog, wußte man, ob man ein wahrer Mann war. Tugenden wie ‚stille Größe‘ und Wissenskraft zu praktizieren, das richtige Aussehen und die richtige Haltung an den Tag zu legen, hatten den Beweis wahrer Männlichkeit geliefert. […] Indes vermischten sich die Konturen des männlichen Stereotyps allmählich. (Mosse 1997: 247)

An diese Rhetorik der ‚Krise der Männlichkeit‘ schließt auch Masannek selbst an, der auf die Interviewfrage, ob „die Männer heutzutage zu unmännlich“ (Goergens 2007) seien, folgende Antwort gibt: Masannek: Im Berufsleben sind Durchsetzungsvermögen und Entschlossenheit nach wie vor gefragt. In der Partnerschaft sieht das aber anders aus. Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen? Jungs haben das genetisch verankerte Bedürfnis, sich gegenseitig zu messen, besser und stärker zu sein als der andere. Handfeste Streitereien und Rangeleien werden aber unter weiblicher Aufsicht nicht geduldet. Jungs fühlen sich ihre ganze Kindheit lang ausgebremst. Kein Wunder, dass sie unsicher und ängstlich werden. In der Erziehung kommt die männliche Komponente zu kurz. Aber genau danach sehnt sich später die Partnerin. (Ebd.)

Bezug genommen wird hier auf den populärwissenschaftlichen Diskurs um die vermeintliche Feminisierung des Erziehungs- und Bildungswesens als ein Grund für die (Bildungs-)Krise der Jungen, wie er in Debatten zur Leseförderung genutzt wird.44 Das „genetisch verankerte Bedürfnis, sich gegenseitig zu messen, besser und stärker zu sein als der andere“ (ebd.), wird in dieser Rhetorik mit dem Kampfdiskurs („Handfeste Streitereien und Rangeleinen“) verbunden. Die verwendete Metaphorik ergibt sich gewissermaßen schon aus dem sportlichen Diskurs und der Sportart Fußball, in deren Wortfeld die Begriffe ‚Verteidi44 | Vgl. dazu beispielsweise Garbe 2010a.

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gung‘, ‚Sturm/Stürmen‘ und ‚Duellieren‘ (‚Laufduell‘) als zentrale Termini eingeschrieben sind.45 In ihrer ursprünglichen Verwendung sind diese Begriffe dabei auf die gegnerische Mannschaft bezogen, was sich auch für die „Wilden Fußballkerle“ zeigen lässt. Zusätzlich dazu finden diese Termini in der vorliegenden Reihe aber auch Anwendung innerhalb des Raums der Mannschaft, hier in heterosozialer Dimension und als ‚border work‘ inszeniert: Sie kamen auf ihren Rädern und sie kamen wie immer in Schwarz. Den Regen nahmen sie gar nicht wahr und auch nicht die Schlammspritzer auf ihren Hosen, KapuzenSweatshirts oder in ihren Gesichtern. Nein, das heute und hier war kein Geburtstagsfest mehr, an dem man sich brav und niedlich herausputzt. Nein, heute und hier kam es zum Kampf. Zum Kampf zwischen Träumen und Weltanschauungen. Zum Kampf zwischen einem Mädchen, das davon träumt, einmal die erste Frau in der Männerfußball-Nationalmannschaft zu sein, und elf absolut wild entschlossenen Kerlen, die davon überzeugt sind, dass ein Mädchen genau da nichts zu suchen hat. (Vanessa: 82)

Aufgerufen werden mittels dieser Diskurse die „ernsten Spiele“ (Bourdieu 1997: 203), in denen Männlichkeit hergestellt wird, und welche mit großem Ernst – „bis aufs Messer“ (Raban: 157) – geführt werden: „Der Dicke Michi wurde ganz ernst. Er sah mich an, als ob er mich töten wollte. Zum ersten Mal zweifelte ich, ob ich das Richtige getan hatte. Aber ich hütete mich davor, es irgendjemandem zu zeigen. Stattdessen hielt ich seinem Blick stand und fragte noch frech: ‚Was ist? Hast Du Angst?‘“ (Leon: 56) Aus der Logik der ‚ernsten Spiele‘ ergibt sich die Inszenierung von körperlicher und physischer Stärke, die erzählerisch unter anderem über den Kontrast zu Ängsten, die überwunden werden müssen, in das Zentrum der Erzählungen rückt: Nun vielleicht hatte ich Glück und würde schon beim Quälen ohnmächtig werden. Aber verflixt! Ich war Juli ‚Huckelberry‘ Fort Knox, die Viererkette in einer Person, und die anderen waren pralle Idioten. Gegen die den Schwanz einzuziehen war so, als würden die Bayern gegen Buxtehude verlieren. (Juli: 163; Herv. i. O.)

Das Überwinden von Ängsten bietet erzählerisch sogar noch Potential, um die Inszenierung körperlicher und physischer Stärke weiter zu intensivieren, da sie beispielsweise an Mutproben gekoppelt ist, deren Bewältigung größere Herausforderungen an die Figuren stellt als die Ausgangssituation: „Der Sprung von der alten Holzbrücke in den Kanal war ungefähr gleichbedeutend mit der Erstbesteigung des Mount Everest und das ohne Sauerstoffgerät.“ (Felix: 269) Die Darstellung dieser Herausforderungen ist auf semantischer Ebene verbunden mit einem weiteren essentiellen Bestandteil des Kampfdiskurses: der In45 | Vgl. zur Genese der Kampfmetaphorik im Fußball: Müller 2009: 199.

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szenierung von Schmerz. Dabei geht es vor allem um den Körper, der Schmerzen aushalten und zu diesem Zwecke trainiert werden muss. Die Erfahrung von Schmerz wird dabei als Auszeichnung erfahren: „Dahinter lagen wir, die Wilden Kerle, im Gras und starrten auf unsere bleiernen Füße. Julis Auge war dunkelgrünblauviolett, Marlon hielt sich die Rippen und ich leckte mein Knie, das handtellerflächengroß aufgeschürft war.“ (Felix: 138; Herv. i. O.)46 Die mit der Darstellung von Ängsten ständig thematisierte Angstüberwindung wird in der Sekundärliteratur entgegen der vorliegenden Deutung (Potenzierung von Stärke) häufig gerade als Beweis von Männlichkeit (Niklas 2007: 52) gelesen und die Darstellung von Ängsten als Innovation im Männerbild gedeutet: „Die Fußballkids lernen, dass Schwäche-Zeigen eine Stärke ist, dass wahres Wildsein darin liegt, mutig zu seinen Gefühlen zu stehen.“ (Büker 2006: 18) Übersehen wird dabei aber die omnipräsente Frage „Hast du Angst?“, welche das gewählte Darstellungsverfahren pseudo-innovativ47 erscheinen lässt, da es gerade nicht um die Akzeptanz von Ängsten und Gefühlen und somit deren Integration in ein bestehendes Konzept von Männlichkeit geht. Eine weitere Diskrepanz ergibt sich im Zusammenspiel mit der immerzu herauf beschworenen ‚Wildheit‘ der „Fußballkerle“, welche als „Ethos“ (ebd.: 16) kultiviert wird und welcher Gefährlichkeit inhärent ist. Ritualisierungen, die zum Teil Initiationscharakter erfüllen, dienen der Kultivierung dieser Wildheit, beschwören gleichzeitig aber auch immer Gefahren. Erzählerisch liegt dies im Handlungsraum begründet, da die überwiegenden Ritualisierungen ‚auf dem Platz‘ situiert sind und damit kriegsähnliche Zustände herauf beschworen werden, die durch die Verwendung von ‚Kriegsmetaphorik‘ erzählerisch inszeniert werden.48 So beginnt jedes Spiel mit einem Kampfschrei: „Wir aber liefen zusammen, umarmten uns, umarmten dann Willi und bildeten zum ersten Mal unseren Kreis. Willi zählte bis drei, und zum ersten Mal und ohne vorher darüber zu reden, schrieen wir das, was ab jetzt unser Schlachtruf sein sollte. Alle zusammen schrien wir einfach nur: „RRRAAAAAA!“ (Leon: 114); eine Geste, die in ihrer Archaität kaum zu überbieten ist. Unterstützt wird diese aber noch durch das Auftragen von Kriegsbemalung (Felix: 246) und die Aufforderung, das Kriegsbeil auszugraben (Felix: 225). Weitere metaphorische Elemente finden sich in der Bezeichnung des Antagonisten als „Feldherr“ (Leon: 50), in der Formulierung „Schlacht um Camelot“ (Juli: 247) sowie in der Tatsache, dass zu feuern befohlen wird (Juli: 252). In diesen Diskurs ist auch eine Opfer- bzw. Märtyrer-Metaphorik eingebunden (Leon: 29–31). 46 | Vgl. dazu auch Leon: 85, 87, 91, 109, 138 sowie Raban: 160. 47 | Der Begriff stammt von Zhang, die in der Analyse der Darstellung der Mädchenfiguren in den Filmen zu einem ähnlichen Ergebnis kommt (Zhang 2012: 228). 48 | Auf die enge (historische) Verbindung von Sport und Krieg weist Mosse (1997, 61f.) hin.

Die Wilden Fußballkerle

Implementiert in diesen Diskurs sind des Weiteren Demütigungen, Beschimpfungen und Flüche: „Beleidigungen und Diffamierungen kommen insbesondere in der Konfrontation der beiden verfeindeten Kindergruppen zum Ausdruck.“ (Büker 2006: 16) Dieses Stilmittel wird einerseits als „in einem für 8–10-jährige Leser grenzwertigen Bereich“ (ebd.) eingestuft, während die Flüche an anderer Stelle wieder als besonders kreativ hervorgehoben werden, indem sie als „fantasiereich[…]“ (ebd.) bezeichnet werden. Jenseits der Frage der Bewertung liegt mit diesem Stilmittel aber ein geschlechtlich markiertes Gesprächsverhalten vor. Fluchen gilt als männlich. Ein Tatbestand, der in der geschlechtsbezogenen Gesprächsforschung „zu den wenigen Bereichen des Forschungsgebietes [gehört, die Verf.], die empirisch mit relativ hoher Übereinstimmung bestätigt werden konnten“ (Postl 1991: 46–47).49 Während Büker die „tiefer gehende“ Funktion dieses exzessiven Fluchens darin sieht, dass es „Gefühle [überdeckt], […] Emotionsäußerungen Nachdruck [verleiht] oder […] die Leerstellen [füllt], wenn Worte für Empfindungen fehlen“ (Büker 2006: 18), sollte der situative Kontext, in dem diese Flüche getätigt werden, nicht außer Acht gelassen werden. Geflucht wird in der homosozialen Gruppe, womit eine elementare Funktion des Fluchens, nämlich die des male bondings (Postl 1991: 47), evident wird: „die für den Gruppenstatus notwendige individuelle Stärke soll via Wortwahl unter Beweis gestellt werden. Dabei sind jedoch nicht die Worte an sich ‚stark‘, sondern sie erlangten diese Bedeutung durch ihre wiederholte Verwendung innerhalb des Kontexts von male bonding“ (ebd.; Herv. i. O.).50 Neben dieser Funktion dienen die Flüche aber ebenso wie die den Figuren zugeordneten Epitheta der Figurencharakterisierung und der Individualisierung. Da jeder Spieler über einen ihm eigenen Fluch verfügt, wirken diese identitätsstiftend. Für Leon ist das zum Beispiel „Kacke verdammte“,51 für Fabi „Heiliger Muckefuck“.52 In einer Szene, als Ausbruch von Wut, ergibt sich folgendes Bild: Er sprang auf und schlug die Faust durch die Watte. Er schlug sie mit aller Kraft gegen die Wand. „Kaaaaacke veeeerdaaaaammte!“, schrie er dabei, wie jemand, der mit dem Kopf unter Rübenkraut schreit. Doch sein Schlag war so mächtig, dass die Bretter zerbarsten, und mit diesem Schlag befreite er uns. Die Watte verschwand. Wir konnten atmen und im nächsten Augenblick schwappte eine Welle aus Flüchen und Schimpfwörtern aus uns heraus. „Südbrasilianische Meerschweinchenpisse!“ „Beim drei-hei-beinigen Ochsenfroschfurz!“ „Terro-touristische Stachelbeerbiester!“ Und: „Heiliger Muckefuck!“ […] „Schlotterbein!“ „Schitte nochmal!“ „Kreuzhühnerkackkümmel!“ „Hippopotamusbul49 | Vgl. auch Gottburgsen 2000: 37. 50 | Vgl. auch Eckert/McConnell-Ginet 2013: 162f. 51 | Vgl. Maxi: 21. 52 | Vgl. Fabi: 166, 188, 198, 195, 204,212, 230, 246, 252, 258, 259, 260.

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Archaisierung und Pinkifizierung lenpropellerschwanzmist!“ „Kacke verdammte!“ „Verflixt und vernäht!“ Und: „Krumpelkrautrüben und krapfenkrätziger südsee-karibischer Schlitzohrenpirat!“ (Markus: 35f.)

Auffällig an den Flüchen ist auch ihre Nähe zur Umgangssprache und zur konzeptionellen Mündlichkeit, die aber nicht nur die Ausgestaltung der Figurenrede betrifft, sondern sich generell durch den Text zieht (so gibt es auffällig viele Verkürzungen). Die genutzten Beleidigungen und Diffamierungen der Gegner nähren sich aus „Ungleichheitsdiskursen“53 und sind als solche der „‚kulturellen Logik‘ des Kosmos Fußball“ (Dietze 2012: 61) eingeschrieben. So werden die Gegner beispielsweise als „‚Diese verflixten Weicheier!‘“ (Felix: 259) oder als „‚[…] schwabbelbauchiger Weltraumpups […]“ (Juli: 259) beschimpft. Durch das bloße Aussprechen der Flüche gewinnen die Kerle des Weiteren Macht über die Natur, insbesondere über das Wetter.54 Die Beschreibung des Wetters erfolgt generell parallel zum Spielgeschehen und nimmt bei einem negativen Verlauf für die Wilden Fußballkerle schon fast apokalyptische Züge an. So leitet „ein ewiger, nie enden wollender Winter“ (Leon: 11) den ersten Band ein,55 den die Wilden Fußballkerle durch ihr Fußballspiel aber bannen können. Inszeniert wird hier männliche Omnipotenz. Die „Wilden Fußballkerle“ als Fußballabenteuergeschichten bleiben der Tradition des Genres treu, indem sie den „männlichen Heroismus fortschreib[en]“ (Kalbermatten 2011: 8). „Weibliche Grandiosität“ (ebd.) wird zwar zugelassen, und nicht mehr nur „negiert oder ignoriert“ (ebd.), aber nur, wenn sie im homosozialen Gefüge situiert ist und somit von der homosozialen Gemeinschaft assimiliert werden kann. Die „Wilden Fußballkerle“ reinszenieren Muster hegemonialer Männlichkeit, was einerseits positiv bewertet werden kann: „Dabei bieten Die Wilden Fußballkerle eine kompensatorische Funktion insofern, als hier ein eigenes Angebot für Jungs vorliegt, das potenzielle Wünsche nach Männlichkeit im traditionellen Sinne, Natur-, Gemeinschafts- und Sporterlebnissen erfüllt. “ (Lindner 2008: 14; Herv. i. O.) Die Frage sollte aber andererseits doch lauten, wozu man diese traditionellen Muster (noch) braucht. Kompensiert werden soll hier eine vermeintlich feminisierte Lese- und Lebenswelt.

53 | Vgl. Dietze 2012: 61. 54 | Vgl. Markus: 161–163. 55 | Damit verbunden ist auch das in der Kinderliteratur häufig genutzte „LangeweileStereotyp“ (Lypp 2005: 839), von welchem ausgehend Handlungen motiviert werden.

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M edienverbund Verfilmungen Der Medienverbund, in den die Buchreihe „Die Wilden Fußballkerle“ einzuordnen ist, ist weitläufig: Das Phänomen zeichnet sich dadurch aus, dass vom Buch als Leitmedium nur noch bedingt die Rede sein kann, da es sich um konvergente Medienangebote handelt, die zeitnah auf dem Markt präsentiert werden. Die mediale Auswertung und Vermarktung des Stoffes betrifft Bücher und Filme in mehreren Fortsetzungen, Hörbücher, Spiele und Merchandising-Produkte von der Tasse über das Trikot bis zum getunten Fahrrad, die in den Buchläden oder entsprechenden Onlineshops erhältlich sind und die ‚Die Wilden Kerle‘ als Produktmarke mit eigenem Logo etabliert haben. (Heinke 2007: 22)

Zeitnah war schon die Erscheinungsspanne der Bücher (13 Bücher in vier Jahren, davon die ersten sechs im ersten Jahr) und noch zeitnaher erfolgte die Veröffentlichung der Filme: Der erste Film „Die Wilden Kerle – Alles ist gut, solange du wild bist“56 erschien 2003. 2005 folgte schon der zweite Film „Die Wilden Kerle 2 – Alles ist gut, solange du wild bist!“,57 an den sich jährlich der nächste Film reihte: „Die Wilden Kerle 3 – Die Rache der biestigen Biester“ (2006),58 „Die Wilden Kerle 4 – Der Angriff der Silberlichten“ (2007),59 „Die Wilden Kerle 5 – Hinter dem Horizont“ (2008).60 Das Drehbuch verfasste und Regie führte Joachim Masannek selbst (Marci-Boehncke 2007: 135), womit er seiner erzählerischen Omnipräsenz eine weitere Facette hinzufügte.61 Die Filme waren für den gesamten Medienverbund der „Wilden Kerle“ sehr bedeutsam, sodass für die Reihe die Maxime „vom Blockbuster zum Bestseller“ (Hoffmann 2010: 116) gilt. „Hier war die Buchvorlage Die Wilden Fußballkerle zunächst nicht so erfolgreich, die erste Verfilmung hat dann aber zu einem wahren Ansturm auf die Bücher geführt und sie zu Bestsellern gemacht.“ (ebd.; Herv. i. O.) Der Erfolg der Filme ist an den Zuschauer_innenzahlen ablesbar: „Zwischen 2003 und 2008 kamen fünf Filme in die Kinos, den ersten

56 | Im Folgenden im Text unter der Sigle WK 1 zitiert. 57 | Im Folgenden im Text unter der Sigle WK 2 zitiert. 58 | Im Folgenden im Text unter der Sigle WK 3 zitiert. 59 | Im Folgenden im Text unter der Sigle WK 4 zitiert. 60 | Im Folgenden im Text unter der Sigle WK 5 zitiert. 61 | 2016 wurde die Reihe mit dem Film „Die Wilden Kerle 6 – Die Legende lebt“ weitergeführt. Aufgrund der Aktualität des Films konnte dieser nicht in die Analyse einbezogen werden.

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sahen bereits über 800.000 Zuschauer, den vierten 2,5 Millionen und den letzten noch rund 1,7 Millionen.“ (ebd.). Der Handlungsverlauf der Filme ist dem der Bücher im Auf bau sehr ähnlich: „Die Grundstruktur bleibt in allen Wilde-Kerle-Filmen dieselbe, inszeniert wird jeweils eine doppelte Bedrohung des Fußballteams: Von Außen durch eine gegnerische Mannschaft, von Innen durch Spaltungen in der Gruppe selbst, sei es aufgrund einer Konkurrenzsituation, eines Vertrauensbruchs oder der Unfähigkeit als Team zusammen zu spielen.“ (Wiedmann 2008a: 389; Herv. i. O.) Inhaltlich gehen die Filme aber, eine Ausnahme stellt dabei der erste Film dar, sehr frei mit der literarischen Vorlage um. Während der erste Film in etwa der Handlung des ersten bis dritten Bandes der „Wilden Fußballkerle“ entspricht, übernimmt der zweite Film nur noch Handlungselemente aus dem 9. Band der „Wilden Fußballkerle“. Dazu gehört das Spiel in Unterhosen, die gegnerische Skaterbande sowie deren Besetzung des Teufelstopfes. Hinzu kommt im Film die Beziehung zwischen Vanessa und dem Anführer der Skaterbande, Gonzo Gonzales. Der dritte Film bedient sich zum einen an Inhalten des 13. Bandes (die gegnerische Mannschaft, deren Herausforderung, vereinzelte Elemente der Reise), zum anderen wird mit der Einführung der Figur „Nerv“ aber auch schon auf den 14. Band vorgegriffen, welcher gleichzeitig der erste Band der „Level 2.0-Reihe“ ist und erst 2012 erschienen. An diesem ersten bzw. 14. Band ist dann auch der vierte Film orientiert, in dem das Spiel um den Freeystle Soccer Contest gegen die Wölfe von Ragnarök zum Ausgangspunkt genommen wird. Der fünfte Film arbeitet ohne Bezüge zur Reihe der „Wilden Fußballkerle“. Teil dieses relativ freien Umgangs mit der Buchvorlage ist die Zunahme der Hybridisierung von Teil 1 zu Teil 5. Phantastische Elemente nehmen zu, legitimieren aber auch die völlige Autonomie, in der sich die Wilden Kerle während der Filme bewegen. Während sich die ersten beiden Filme noch zwischen Banden- und Herkunftsraum bewegen, nimmt der Herkunftsraum im dritten Band nur noch eine Alibi-Funktion ein, indem die Abfahrt der Wilden Kerle ins Kilometer entfernte Hamm von zwei Elternfiguren Beachtung erfährt, die diese auch verhindern wollen. Im vierten Film taucht die Herkunftswelt nur noch als Traumwelt auf, in der die einzig erwachsene Figur einer der Jungenfiguren (Maxi) im Traum erscheint. Im fünften Film bleibt die Herkunftswelt ganz außen vor. Durch die Ausgestaltung postnuklearer, apokalytischer Räume und die Kontextuierung der Handlung im Phantastischen wird versucht, dieser vollkommenen Kindheitsautonomie Glaubwürdigkeit zu verleihen. Vorbereitet wird die kindliche Autonomie dabei schon im Herkunftsraum. Im ersten Film werden noch Aushandlungsprozesse innerhalb der Familien thematisiert, dennoch ist das Verhalten der Kinder gegenüber ihren durchgehend als alleiner-

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ziehend gezeigten Eltern geprägt von Distanz- und Respektlosigkeit. Die Mutter- und Vaterfiguren werden entweder ignoriert oder ‚angepampt‘. Die Wilden Kerle kamen zuletzt in ihren Abenteuern ganz ohne Erwachsene aus, in einem autoritätsfreien Raum, in dem sie selbst Entscheidungsträger waren und niemandem Rechenschaft abzulegen hatten. […] So treffen diese beiden 62 Figuren(-ensembles) ganz offensichtlich auf die Sehnsucht nach Autonomie, fremden Welten und elternfreien Zonen beim jungen Zuschauer – als Ausdruck seiner Zeit ein durchaus interessantes Phänomen. (Hoffmann 2010: 116)

Männlichkeit wird in den vorliegenden Filmen anhand der Figur des Kriegers inszeniert und entlang von Kleidung (schwarze Motorradkleidung mit Schutzpolstern, die wie Brustpanzer aussehen), Fortbewegungsmitteln (von Fahrrädern über Crossbikes zu vollmotorisierten Motorrädern) sowie Handlungsräumen (von Kinderzimmern zu Festungen) entwickelt. Zentraler kindlicher Handlungsraum ist zunächst der Teufelstopf und das Baumhaus Camelot. Der Teufelstopf wird als „Mitte ihrer Welt“ (WK 1) beschrieben und ist ähnlich wie Camelot als eine Art Festung organisiert. Während Camelot im ersten Film noch im elterlichen Garten steht, verlagert sich seine Position über die Filme aus diesem Schutzraum heraus. Die Wilden Kerle verlassen ihre Festung und ziehen aus, um Herausforderungen anzunehmen. Dabei wird das Lager der Kerle immer wie ein Heereslager mit Zelten und Flaggen inszeniert, während die Räume der gegnerischen Mannschaften zwischen dem Bild des Feldlagers (das Lager der Silberlichten [WK 4]), Festungen (beispielsweise die Festung der Wölfe von Ragnarök [WK 4]) und einer Vampirbehausung (WK 5) schwanken. Die Einnahme des Teufelstopfs durch gegnerische Mannschaften entspricht dann auch der Einnahme einer mittelalterlichen Festung (vgl. WK 2). Besonders die Okkupation des Platzes durch die Unbesiegbaren Sieger zeichnet das Bild von Barbaren, die das eingenommene Land plündern (WK 1). Dieses unzivilisierte Verhalten stützt die negative Zeichnung der gegnerischen Figuren und wertet gleichermaßen die Wilden Kerle auf, die gegen die Barbaren bestehen und ihr Land zurückerobern müssen. Die damit einhergehende Demonstration von Stärke mündet in der ‚Versklavung‘ der Gegner. Den Unterlegenen wird die Teilhabe an der ‚patriarchalen Dividende‘ verweigert. Die Unbesiegbaren Sieger werden aber schon gleich zu Beginn des 1. Films durch ihre Körpermasse und ihren gelblichen Teint deutlich von den Wilden Kerlen abgetrennt. Im zweiten Teil treten sie nur noch als Helfer in Erscheinung, die aussehen wie die „Sieben Zwerge“ aus dem Disney Film „Schneewittchen“. Ihre Niederlage hat sie der Lächerlichkeit und damit der Marginalisierung preisgegeben. Die Marginalisierungsstrategie, die zur Darstellung der gegnerischen Mann62 | Bezug genommen wird hier auf die „Harry Potter“-Filme.

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schaften verwendet wird, findet sich durchgängig in den Männlichkeitsinszenierungen, die den Filmen zugrunde liegen. Die ‚ernsten Spiele‘ finden somit scheinbar, zumindest außerhalb des Mannschaftsgefüges, nicht mehr unter Gleichen statt. Diese Strategie erfährt eine Variation in der Darstellung der Anführer der Skatergang (WK 3) und der Schattensucher (WK 5). In der Inszenierung ihrer Körperlichkeit (Make-up, Kostümierung und die Objektifizierung des halbnackten männlichen Körpers) weicht die Figurendarstellung von der hegemonialen Norm ab. Andererseits bewahren diese Figuren den Anspruch auf Hegemonialität aber durch die Orientierung an der Norm der Heteronormativität, welche bei beiden Figuren erzählerisch über den vorübergehenden ‚Besitz‘ des einzig weiblichen Mitglieds der Wilden Kerle, Vanessa, hergestellt wird, auch wenn diese dann schlussendlich (zumindest eigenbestimmt) in den Besitz der Wilden Kerle, insbesondere Leons, übergeht. Im 5. Film der Reihe haben sich selbst die vormals eher dem marginalisierten Männlichkeitstypus zugeordneten Figuren der Wilden Fußballkerle der hegemonialen Norm angenähert, was beispielsweise an der Figur Raban deutlich wird. Seine fußballerischen Fähigkeiten werden im ersten Film als abweichend und wesentlich schlechter inszeniert, sodass er sogar aus dem Team ausgeschlossen wird. Eine dramaturgisch wichtige Entscheidung, da er am Ende des Spiels das entscheidende Tor schießt. Spätestens im dritten Film haben sich seine spielerischen Fähigkeiten aber angepasst und nebenbei trägt er durch seine technischen Fertigkeiten und Erfindungen zum Wohl der Gruppe bei. Die Inszenierung der Mädchenfiguren folgt zwei Mustern. Einerseits werden sie als ‚one of the boys‘ inszeniert, während sie andererseits – im ständig präsenten Kontext heteronormativer Orientierung – als potentielle Geliebte figuriert werden. Dabei ist auffällig, dass beide Muster zusammen auftreten können. Die Figur Vanessa stellt sowohl in den Verfilmungen wie im literarischen Ausgangsmedium die zentrale Mädchenfigur dar. Zunächst noch ‚one of the others‘ muss sie, um in die Mannschaft aufgenommen zu werden, die Wilden Kerle herausfordern. Sie muss sich als ‚one of the boys‘ erst bewähren. Dies ist erzählerisch verbunden mit einer eher androgynen Figurenzeichnung, bei der die Sportlichkeit der Figur im Zentrum steht, weshalb der Figureninszenierung ein gewisses innovatives Potential zugeschrieben werden kann: „In erster Linie werden die innovativen Geschlechtervorstellungen von den sportlichen Mädchenfiguren in DIE WILDEN KERLE (1– 5) repräsentiert.“ (Zhang 2012: 219; Herv. i. O.) Dass das Urteil der Innovativität der Figurendarstellung an die Sportlichkeit der Figur gekoppelt ist, ist aber insofern problematisch, als dass sich dieses Urteil nur innerhalb des männlich imaginierten homosozialen Raums ‚Fußball‘ als tragfähig erweist. Außerhalb dieses Raumes wird eher auf die Ausnahme von der Regel, nämlich des unsportlichen Mädchens, rekurriert. Zhang geht noch weiter und räumt dem Typus des

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‚sportlichen Mädchens‘ Subversionspotential ein: „Derart sportliche Mädchen können als Subversion der traditionellen Weiblichkeitsbilder gedeutet werden. Ihre körperlich-sportlichen Fähigkeiten und die mit dem Sport verbundene Aggressivität deuten hier schon innovative Geschlechtsmuster an.“ (ebd.: 220) Subversionspotential hat die filmische Darstellung nicht in der Inzenierung der Sportlichkeit, sondern in der Inszenierung Vanessas als ‚one of the boys‘. Für die Jungen ist Vanessas Geschlecht (vor allem im Kontext des Teufelstopfes) scheinbar vergessen. Visualisiert wird dies durch die Tatsache, dass Vanessa wie die Jungen im Stehen urinieren kann. Eine Fähigkeit, über die auch Klette, die im vierten Film eingeführt wird, verfügt. Bei dem Pinkel-Wettbewerb zeigt Vanessa ihre überraschendste „Fähigkeit“: im [sic] Vergleich mit den wilden Kerlen kann sie am höchsten pinkeln. In diesem Moment hört man Rabans Voice-Over: „Aber wir hatten vergessen, dass sie ein Mädchen war. Und sie, sie hatte das auch.“ Hier ist deutlich zu erkennen, dass Vanessa nicht als ein Mädchen von den Wilden Kerlen akzeptiert wird, sondern als ein „Junge“. Ein weiteres Beispiel ist im vierten Film zu sehen: Nerv spricht nicht mit Mädchen, weil sie, nach seiner Ansicht, alle „stinken“ würden. Wenn er also zum ersten Mal auf Klette trifft, will er nicht mit ihr sprechen. Er sagt stattdessen zu Vanessa: „Vanessa, kannst du bitte sagen, dass ich mit Mädchen nicht rede.“ Daraufhin antwortet Klette: „Ich bin kein Mädchen.“ Hier sieht man die ambivalente Position der Mädchen unter den Wilden Kerlen: einerseits wird Vanessa von den Wilden Kerlen akzeptiert. Andererseits müssen Vanessa und Klette demonstrieren, dass sie eigentlich „keine Mädchen“ sind, um von den Jungen akzeptiert zu werden. Die sich dahinter versteckende Logik ist folglich, dass die Mädchen beweisen müssen, dass sie alles wie die Jungen machen können. Unter dieser Voraussetzung werden sie von den Jungen respektiert und als Mitglieder der Fußballmannschaft aufgenommen. (Ebd.: 227; Herv. i. O.)

Im Gegensatz zu Vanessa, die kein Mädchen sein will, verweigert Klette explizit jede Geschlechtszuordnung und spielt mit ihrer Androgynität. Diese Unbestimmtheit des Geschlechts und das Spiel mit der Androgynität erfährt im 5. Film der Reihe eine Vereindeutigung. Ausgangspunkt für diese Vereindeutigungsstrategie sind die auf Textebene aufgerufenen heterosexuellen Beziehungskonstellationen, in denen die Mädchenfiguren als ‚emphasized femininity‘ zur Bildung hegemonialer Strukturen beitragen. Dies macht deutlich, dass weibliche Stärke außerhalb der heterosexuellen Matrix und fern einer geschlechtlichen Zuschreibung noch zugelassen wird, während sie innerhalb der heteronormativen Logik eine Domestizierung und geschlechtsspezifische Vereindeutigung erfährt. Zhang deutet dies als eine „Anpassung an die Vorstellungen der Jungenwelt und […] [die] damit verbundenen Geschlechterrollen“ (ebd.: 228) und korrigiert das Urteil von der Innovativität der Figurendarstellung: „die Verhaltensweisen von Vanessa und Klette [erweisen sich] als

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pseudo-innovativ“ (ebd.: 228). Des Weiteren dienen gerade die Weiblichkeitsfiguren aber auch der Abwehr des Homosexualitätsverdachts. Komplizenschaft „konstituiert sich […] in der gemeinsamen Versicherung ihrer Heteronormativität, also der Ausgrenzung homosexueller Männer, die angeblich die Kriterien ‚richtiger‘ Maskulinität nicht erfüllen. Homophobie ist also innerhalb dieses Denkmodells konstitutiv für hegemoniale Männlichkeit.“ (Dietze 2012: 59– 60) Indem Mädchenfiguren in den extrem homosozialen Raum eintreten, erlauben sie die Abwehr von Homosexualität. Dadurch, dass das Geschlecht der Mädchenfiguren eine ständige und explizite Thematisierung erfährt, kommt es zu einer Markierung des Weiblichen als das ‚Andere‘, wodurch es außerhalb der Ordnung situiert erscheint. Daher ist das Urteil von einer möglichen Subversivität der Figurendarstellung63 ebenso wie die These vom Auf brechen der geschlechtlich markierten Dichotomie ‚aktiv-passiv‘ zurückzuweisen: Darüber hinaus kommen in der Serie Mädchen vor, die bei den Beziehungen zu Jungen die Initiative ergreifen: „Sexy James“ küsst den Jungen Raban vor allen Augen (DIE WILDEN KERLE 2); Vanessa küsst Leo [sic], den Anführer der Jungen-Fußballmannschaft (DIE WILDEN KERLE 2); Vanessa macht Leo [sic] eine Liebeserklärung und küsst ihn dann ein weiteres Mal (DIE WILDEN KERLE 3); Klette sagt Nerv mehrfach, dass sie einen Kuss von ihm bekommen wird und drückt ihr Wohlgefallen an Nerv ganz direkt aus (DIE WILDEN KERLE 4/5). Derartige Verhaltensweisen der Mädchen präsentieren auf eine andere Weise einen wichtigen Kernbegriff der neuen Weiblichkeitskonzepte, nämlich Aktivität. Diese Mädchen warten nicht mehr auf den Mann des Lebens und verhalten sich auch nicht mehr zurückhaltend, schüchtern und passiv in der Beziehung und in den körperlichen Kontakten mit den Jungen. Dies zeigt die neuen emanzipierten Einstellungen der Mädchen, die selbst für ihr Schicksal verantwortlich sein wollen. (Zhang 2012: 222; Herv. i. O.)

Die Aktivität der weiblichen Figuren ist an das Motiv der weiblichen Verführerin gebunden. Deutlich wird somit kein Spiel mit Geschlechtlichkeit, sondern das Aufleben von Klischees über weibliches Verhalten in Paarkonstellationen. In diesem zweiten Inszenierungsverfahren scheint ein vermeintlich aktives Handlungsmuster wie das Einfordern von Küssen passive Handlungsmuster zu überblenden. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die wiederholt gezeigte Unsicherheit weiblcher Figuren in Bezug auf die Gefühle des Partners, die Darstellung ihrer Eifersucht oder das Warten auf die Wiederkehr des Geliebten, wie sie sich für die Figurenzeichnung von Vanessa in den Filmen 3 bis 5 zeigen lässt. In der Beziehung zu Gonzo Gonzales bleibt von Vanessas burschikosem Auftreten nicht viel übrig – sie wird wieder ‚one of the girls‘ – ‚one of the others‘. So lässt sie sich völlig passiv von ihm berühren und küssen, lässt 63 | Vgl. Wiedmann 2008a: 390.

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ihn für sich sprechen, schlägt die Augen nieder und vervollständigt seine Sätze. Des Weiteren ist auffällig, dass sie ihre Kleidung ihrem jeweiligen Partner anpasst. Von Individualität fehlt jede Spur. Von Interesse sind außerdem die zahlreichen stummen Dialoge mit den Augen, die Leon und Vanessa führen. Gegen die positive Deutung des vermeintlich aktiven Moments spricht des Weiterern, dass das Motiv weiblicher Verführung in den Filmen funktionalisiert inszeniert wird. So wird die Strategie der Verführung sowohl von den weiblichen Mitgliedern der Wilden Kerle als auch von denen der gegnerischen Mannschaften bewusst genutzt, um eine Schwächung der jeweils anderen Mannschaft herbeizuführen. Vanessa und Klette bedienen sich dabei ihrer weiblichen Reize sehr bewusst und strategisch. Gerade Klette, die mit ihrer Geschlechtslosigkeit kokettiert, ist sich der Verhaltensnormen traditioneller Weiblichkeit zumindest so weit bewusst, dass sie im fünften Film die Vampire manipulieren kann, indem sie sie auffordert, sie zu umwerben und sie zu beschenken. Dieses Motiv der Werbung ist auch schon im zweiten Film präsent, als Vanessa zurückgewonnen werden soll und der Vater von Leon und Marlon den Kerlen erklärt, was sie tun müssen, um Vanessa zurückzugewinnen. Die erzählerische Ausgestaltung der Verführung ist deutlich am ‚männlichen Blick‘ ausgerichtet. Insbesondere die Körperlichkeit der weiblichen Figuren gegnerischer Mannschaften erfährt in der visuellen Umsetzung eine zunehmende Sexualisierung. So werden die Mitglieder der Biestigen Biester mit sehr kurzen Röcken und engen, bauchfreien Oberteilen gezeigt. Dabei scheinen sie beständig Model-Posen nachzuahmen, was unnatürlich und wenig altersangemessen wirkt (siehe Abb. 2). Abbildung 2: Die Wilden Kerle – Sexualisierte Darstellung.

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Die Sexualisierung der Figuren wird durch die Kameraperspektive forciert, da während der gezeigten Fußballspiele wiederholt die nackten Beine der Spielerinnen in Nahaufnahme fokussiert werden. Horizon, die Anführerin der Silberlichten, ist im Gegensatz dazu höchst züchtig angezogen, durch ihre Verschleierung und die Betonung ihrer stark geschminkten Augen wird hier aber dann das geheimnisvoll und exotisch Weibliche in den Vordergrund gerückt. So stellt auch Wiedmann fest: „Bei alledem sind die eingangs erwähnten und andere unerwähnt gebliebene Schwächen der Wilde-Kerle-Filme nicht von der Hand zu weisen, leider auch nicht die Aktualisierung ärgerlicher Klischees, wie im vierten Teil das der bösen Verführerin, repräsentiert von der Silberlichtenanführerin.“ (Wiedmann 2008a: 390) Die Inszenierung als Verführerin wird dann darüber hinaus an das Bild der Unschuldigen gekoppelt, wenn die Figur beim Baden im See in einem fast durchsichtigen Unterkleid gezeigt wird. Die im Zuge der filmischen Adaption zu beobachtende zunehmende Sexualisierung der Mädchenfiguren findet sich ebenso im fünften Film der Reihe. Dadurch, dass es sich bei der gegnerischen Mannschaft in diesem Film um Vampire handelt, wird auf das Stereotyp des gefährlich Weiblichen rekurriert. Eine Inszenierungsstrategie, die schon während des 3. Films genutzt wurde, da das Wappentier der Biestigen Biester eine Schlange ist und somit implizit auf diese Bildebene vorausweist. In der Figuration der Vampirin erfährt die Sexualisierung der weiblichen Figuren noch eine weitere Aufladung. Die Darstellung des Körpers rückt vermehrt in den Fokus, da die Figuren viel mehr Make-up tragen und ihre Brüste in enganliegenden Kleidern präsentiert werden. Gleichzeitig ist dieser offensichtlichen Sexualisierung aber das Klischee ‚weiblicher Unschuld‘ eingeschrieben, indem das ‚naiv Mädchenhafte‘ der Figuren als weitere Ebene der Figurenzeichnung hinzugezogen wird. „In diesen Beispielen werden die Mädchen als angeschaute erotische Objekte inszeniert. Außerdem weisen einzelne Szenen subtextuell erotische Motive auf: So kann man die Szene, in der Vanessa das Eis leckt, als Anspielung auf den Oralverkehr deuten.“ (Zhang 2012: 230), zumal sie auch noch jungfräulich in Weiß gekleidet ist (siehe Abb. 3).

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Abbildung 3: Die Wilden Kerle – Sexualisierte Darstellung.

Eine weitere Strategie, die zuerst im Medium Film genutzt wird, ist die der intermedialen Vernetzung des gesamten Oeuvres des Autors. Im dritten Film der Reihe, erschienen 2006, trägt die Figur Fabi eine Lederjacke, auf deren Rückseite, die in einer Szene sehr präsent in den Fokus genommen wird, die Aufschrift „Wildernacht“ zu lesen ist. „Wildernacht“ wiederum ist der Titel einer weiteren Reihe von Joachim Masannek, deren erster Teil 2009 erschien64 und zu der inzwischen neben den zwei „Tagebüchern“ noch ein Roman65 vorliegt. Ebenso findet man im 2013 erschienenen 15. Band der „Wilden Kerle“ in zwei Fußnoten Verweise auf die „Wildernacht“-Reihe. Inszeniert wird zum einen, dass „Wildernacht“ die „Lieblingsgeschichte“ (Der flüsternde Riese: 75) Vanessas sei. Zum anderen wird innerhalb einer Fußnote erneut Autorschaft inszeniert: „Der Flüsternde Riese ist die Festung der Elben im Land im Westen in meinem Roman Wildernacht.“ (ebd.; Herv. i. O.) Des Weiteren wird in dem Roman noch auf eine andere Reihe des Autors verwiesen: auf „Honkey Tonk Pirates“,66 die sieben Mal als Referenz in Fußnoten hinzugezogen wird.67 Dazu kommen noch weitere, nicht kenntlich gemachte Zitate aus den Texten, wie das „Ja-mahhn“ (Der flüsternde Riese, 105; 165) oder aus der Reihe übernommene Flüche. Die Inszenierung der Figuren als eigene Leserschaft wurde auch schon im 13. Band der „Wilden Fußballkerle“ genutzt, als die Biestigen 64 | Masannek, Joachim (2009): Wildernacht. Kladde 1. Köln: SchneiderBuch. 65 | Masannek, Joachim (2009): Wildernacht. Roman. Köln: SchneiderBuch. 66 | Masannek, Joachim (2010): Honky Tonk Pirates – Das verheißene Land. Band 1. München: Cbj. Zu der Reihe liegen inzwischen insgesamt sechs Bände vor. 67 | Vgl. dazu Der flüsternde Riese: 83, 90, 112, 123, 139, 141.

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Biester sich als Leserinnen der „Wilden Fußballkerle“ zu erkennen geben. Diese intramediale Verweisstruktur wird im 15. Band exzessiv genutzt und hinterlässt den Eindruck einer inszenierten Erinnerungsarbeit. Insgesamt finden sich 32 Verweise auf die unterschiedlichen Bände der „Wilden Fußballkerle“.68 Innerhalb der fiktiven Welt kann dies als weitere Strategie der Traditionsbildung gesehen werden. Außerhalb ist diese Verweisstruktur mit dem Wecken von Begehrlichkeiten verknüpft und scheint ökonomisch motiviert. Erst wenn man alle Bände gelesen hat, gelangt man zu einem vollständigen Verständnis.

Fernsehserie Vier Jahre nach dem Erscheinen des fünften Films wurde 2012 die Fernsehserie „Die Wilden Kerle“ veröffentlicht, welche 26 Folgen umfasst und sich an ein explizit männliches Zielpublikum richtet: „Ja, Die Wilden Kerle ist eine vorwiegend jungsbezogene Zeichentrickreihe, die gezielt auf Bewegungs‚Action‘ und Erlebnisreichtum setzt. Fußball ist das zentrale Thema der Serie, denn die Bande muss im Bannkreis dieser Sportart immer neue Herausforderungen meistern und sich als Team neu bewähren.“ (Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen 2013: 39) Zur Legitimation des Anspruches auf Authentizität für die Zielgruppe wird in dem Interview auch das Geschlecht der Mitarbeiter thematisiert. So würden in die Geschichten „auch eigene sportliche Erfahrungen der männlichen Mitarbeiter“ (ebd.: 39) sowie „eigene Rollenbilder der beteiligten männlichen Macher“ (ebd.: 40) einfließen. Übernommen wird hier die schon in der Buchvorlage genutzte Strategie der homosozialen Schließung. Während die Verfilmungen der Reihe eigene Handlungsstränge ausbilden, ist die Fernsehserie wieder näher an der literarischen Vorlage ausgerichtet, auch wenn sie diese nicht nacherzählt. Dies scheint im Alter der jeweiligen Zielgruppe begründet, welches die Fernsehserie mit den Büchern teilt, während das Publikum der Filme mit den Protagonisten älter wurde. Abweichungen von der literarischen Vorlage, wie die Reduzierung der Anzahl der Mannschaftsmitglieder, ergeben sich für die Fernsehserie vorrangig aus dem Format. Übrig geblieben sind Leon, Marlon, Raban, Vanessa, Markus, Jojo und Deniz, wobei Deniz die Rolle von Rocce übernimmt und in Markus' Figurenzeichnung Elemente der Figur Maxi (Vaterproblematik) implementiert wurden. Eine Analyse der ersten sechs Folgen der Fernsehserie lässt Rückschlüsse auf eine zunehmende ‚Archaisierung‘ in dem Medienwechsel zu diesem Format zu. Während sich die Archaisierung auf Textebene vorrangig über die 68 | Vgl. Der flüsternde Riese: 10, 11, 19, 20, 23, 25, 60, 61, 65, 70, 82, 85, 92, 96, 105, 106, 114, 123, 136, 137, 155, 162, 181.

Die Wilden Fußballkerle

Inszenierung hegemonialer Männlichkeit im Kontext Fußball ausdrückte und in den Verfilmungen eine Erweiterung über die stärkere Ausrichtung an der heteronormativen Norm, welche sich einerseits in der zunehmenden Sexualisierung der weiblichen Figuren und andererseits im intensivierten Kriegsund Kampfdiskurs zeigte, so fügt die Fernsehserie mit der Zunahme mythisch männlicher Elemente der ‚Archaisierung‘ eine weitere Facette hinzu. Teil dieser Mythisierung ist ein nicht enden wollender Winter, der Ausgangspunkt aller drei Erzählungen (Buch, Film, Serie) ist, und den die Wilden Kerle alleine durch ihr Fußballspiel beenden können, wodurch männliche Omnipotenzfantasien aufgerufen werden. Neu hinzugefügte Elemente sind mythische Tierfiguren, hier vorrangig Raben, die sich als Referenzen auf die nordische Mythologie wie auf Bilder von Schlachtfeldern deuten lassen – eine Lesart, die akustisch durch (Trommel-)Musik mit militärischem Duktus gestützt wird. Eine weitere Bildebene wird durch die Revitalisierung männlicher Heldenmythen eröffnet. Dabei wird in den vorliegenden Folgen vermehrt auf Mythen des ‚lonesome riders‘ und des ‚outlaws‘ rekurriert, die am auffälligsten durch die Figur des Trainers Willi bedient werden, aber auch im Subtext der Fernsehserie als wiederholte Referenzen zu finden sind. Dabei handelt es sich um ‚Wanted‘-Zettel, die zur Spielersuche angefertigt werden, um Countrymusik oder um Tierschädel, die als Dekoration verwendet werden. Zusätzlich zu dieser Funktion erfüllen die Tierschädel in der sechsten Folge „Die 8. Dimension“ noch eine weitere Funktion, indem sie zur Mystifizierung des Trainingsplatzes beitragen, da sich unter einem Torpfosten vier eingegrabene Tierschädel (Otter, Fuchs, Biber, Luchs) befinden. Verwiesen wird mithilfe des erzählerischen Elements auf vorherige Mannschaften, wodurch das Element der Traditionsstiftung wiederaufgegriffen wird. Indem die Wilden Kerle für sie wichtige Dinge an gleicher Stelle eingraben und sich so in die Genealogie ihrer Ahnen einreihen, wird dieses Element der Traditionsstiftung intensiviert. Verbunden mit der Namensgebung ‚Teufelstopf‘ verdeutlicht es zugleich auch die Inbesitznahme des Platzes. Bildlich ist die Revitalisierung männlicher Heldenmythen gerahmt durch den deutlichen Retrocharakter der Fernsehserie, der anhand des der Bande eigenen Handlungsraums, dem Teufelstopf, am deutlichsten ausgestaltet wird. Dazu gehören beispielsweise der verwendete Spielball, ein Pontiac oder ein Münzfernsprecher, die sich dort finden. Einerseits schafft diese Kulisse Distanz. Andererseits lässt diese Bildebene aber auch eine Lesart der Nähe zu, in der auf Bilder hegemonialer Männlichkeit von der ‚guten alten Zeit‘ rekurriert wird, wodurch sich die Frage nach der Doppeladressierung der Fernsehserie stellt. Fortgeführt wird in der Serie die Fluchkultur der Kerle, wobei man bei der Serie den Eindruck hat, sie kondensiert präsentiert zu bekommen. So enthält die erste Folge in ihren 23 Minuten Laufzeit 33 Flüche, unter anderem „Hottentottenalbtraumnacht“, der, wenn vielleicht auch nur implizit, den Anspruch

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auf Hegemonialität über die Kategorie race bekräftigt, in dem er sich in eine Tradition der Kolonialzeit einreiht.69 Eine weitere Facette der mythischen Männlichkeit ist (wieder) die Potenzierung des Kampfes. Leon, als Anführer der Wilden Kerle, wird extrem wütend sowie aggressiv dargestellt und stellt jede Form von Autorität in Frage. Damit die Kerle ihre Lektion ‚lernen‘, also erkennen, dass sie der Hilfe von Autoritäten bedürfen, muss der Trainer Willi die Gruppe zunächst immer einmal verlassen. Durch diese wiederkehrend inszenierten Einsichten ist die männliche Hybris, die allen Kerlen und der Figur Leon im Besonderen eingeschrieben ist, aber immer nur kurz gestört. In diesem Diskurs müssen die fußballerischen Gegner wie Barbaren erscheinen. Sie sehen ungesund, blass und fahl aus. Ihr Kampfgeschrei ertönt im Chor. Vor dieser Folie wird ein halbwegs ritualisierter Agon inszeniert, in dem sich die Wilden Kerle zu beweisen haben. Das Mythische wird erneut durch die Darstellung der Natur gestützt. Sobald die Wilden Kerle vor einer wichtigen Entscheidung stehen, verdunkelt sich der Himmel und es fängt an zu regnen. Dieser Wetterumschwung geht in der Regel mit der Peripetie für die Wilden Kerle einher. Die Bandenstruktur selbst ist, ähnlich wie in der literarischen Vorlage und den Filmen, stark ritualisiert. Die Verträge werden mit Blut unterschrieben, lebenslang und unkündbar. Zusätzlich wird der Ritualisierung durch das Auftreten der Mannschaft im Stil einer Motorradgang eine weitere Bedeutungsebene verliehen. Die erste weibliche Figur wird in der vierten Folge mit dem Titel „Die Kriegerin“ [!] in den homosozialen Raum mit den Worten: „Ich hasse Mädchen.“ eingeführt. Ausgangspunkt für die Integration Vanessas in die Mannschaft ist in der Serie wie in der literarischen Vorlage die Abwertung des Frauenfußballs. Die Sexualisierungsstrategie der Filme findet sich in der Serie insofern wieder, als Vanessas Augen mit stark betonten Wimpern im Fokus des ersten Bildes stehen. Auch in der Serie wird die Aufnahme Vanessas über ein Elfmeterschießen besiegelt. Als zusätzlicher Beweis, dass sie ‚one of the boys‘ ist, rotzt Vanessa vor dem letzten und entscheidenden Elfmeter auf den Boden. Die Aufnahme wird kommentiert durch Vanessas Satz: „Ihr seid zwar nur Jungs, aber ihr seid wild.“ Der durch die Konjunktion ‚aber‘ eingeleitete Gegensatz verdeutlicht das Männlichkeitsbild der Serie, welches eine doppelte Lesart zulässt: zum einen die, dass ‚Jungs‘ noch keine ‚Männer‘ sind oder zum an69 | Der Begriff „Hottentotte“ ist eine zuerst von den Buren verwendete Bezeichnung für die afrikanische Bevölkerung Südafrikas und Namibias, der später auch in „DeutschSüdwest“ übernommen wurde. Er gilt bis heute als abwertender Begriff. Vgl. dazu: Susan Arndt, Antje Hornscheidt (2009) (Hg.): Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk, 147–153.

Die Wilden Fußballkerle

deren die, dass Jungen allgemein Attribute hegemonialer Männlichkeit abgesprochen werden, was vor dem Hintergrund des Diskurses über die ‚Krise der Männer‘, die ebenso eine ‚Krise der verweichlichten Jungen‘ zu sein scheint, ebenso, wenn nicht sogar mehr Sinn ergibt. Als „Opfer der Emanzipation“ sind sie nicht mehr wild. Dem stehen nun die Wilden Kerle gegenüber, die Männlichkeit und Wildheit wieder vereinen. Vor dieser Folie dienen die zahlreichen Verweise auf traditionelle Bilder von Männlichkeit wie die des Kämpfers, des Kriegers und des Cowboys der Reproduktion hegemonialer Männlichkeit und der Einordnung in die homosoziale Gemeinschaft.

Internetauftritte Der Fernsehserie „Die Wilden Kerle“ ist eine Homepage zugeordnet, die aber nur einen Bestandteil des weit verzweigten Onlineauftritts der „Wilden (Fußball-)Kerle“ darstellt. So existieren alleine vier Homepages. Es gibt eine Seite zur Serie (http://www.tivi.de/fernsehen/diewildenkerle/start/), eine Seite zu dem 2016 erschienenen Film (http://www.diewildenkerle.de/),70 einen übergeordneten Onlineshop (http://wildekerle-shop.de/) und die Verlagsseite (http://www.dtv-kinderbuch.de/die_wilden_fussballkerle_885.html). Hinzu kommen weitere Homepages der einzelnen Verfilmungen, die in offizielle71 und inoffizielle72 Homepages eingeteilt werden können. Die Seite zur Fernsehserie „Die Wilden Kerle“ ist interaktiv aufgebaut und dient als Informations- und Unterhaltungsangebot. Unter der Rubrik „Feinde und Freunde“ werden alle Wilden Kerle einzeln vorgestellt. Die Vorstellung der 70 | Diese Adresse war ursprünglich dem Onlineshop zur Fernsehserie zugeordnet, wurde mit dem Erscheinen des aktuellen Filmes überarbeitet und verweist nun auf den übergeordneten Onlineshop (http://wildekerle-shop.de/), einen Fanshop (https://diewilden-kerle-fanshop.de/, 02.09.2016), die Homepage des aktuellen Films (http:// diewildenkerle-film.de/, 02.09.2016) und eine Event-Seite (http://www.wildekerlefussballerlebnis.de/02.09.2016), die auf einen weiteren Onlineshop weiterleitet, der von der proSport GmbH betrieben wird (http://www.wildekerlefussballerlebnis.de/, 02.09.2016). Zudem enthält die Seite Links zu Angeboten eines Onlinegroßhändlers, die zum einen den Kauf des Buches zum Film ermöglichen (https://www.amazon.de/ Die-wilden-Kerle-Legende-lebt/dp/3423086513/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8& qid=1465983017&sr=1-1&keywords=buch+zum+film+die+legende+lebt, 02.09.2016) sowie zum anderem unter der Rubrik „Die Legende“ den ersten Band der ursprünglichen Buchreihe aufrufen (https://www.amazon.de/Die-Wilden-Fu%C3%9Fballkerle-LeonSlalomdribbler/dp/3423708034, 02.09.2016). 71 | http://www.dwk4.de, 24.02.2015; http://www.dwk5.de/, 24.02.2015. 72 | http://www.diewildenkerle2.de/, 24.02.2015; http://www.diewildenkerle4.de/, 24.02.2015.

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einzelnen Charaktere der „Wilden Kerle“ ist immer gleich aufgebaut und ähnelt einem Steckbrief. Abbildung 4: Website der Fernsehserie, Steckbrief „Markus“.

Neben einigen allgemeinen Informationen zur Figur werden unter den Rubriken „Funktion“, „Motto“, „Spezialität“, „Schimpfwort“ und der Frage „Hat er auch Schwächen?“ differenzierte Informationen dargeboten. Auf einer zweiten Seite findet sich ein Video, in dem anhand einer markanten Szene der Charakter der Figur dargestellt wird. Das Feld „Feinde“ leitet zur zdf.tivi-Mediathek weiter. Es öffnet sich eine Slideshow mit Szenen aus der Serie, die den „Dicken Michi“ und seine Bande und daneben die moralische und körperliche Überlegenheit der Wilden Kerle thematisieren. Die Rubrik „Um was geht's“ führt ebenfalls zur tivi-Mediathek.73 Anhand einer Slideshow werden zentrale Inhalte thematisiert, die zur Konstituierung einer Bande und der damit einhergehenden Ritualisierung beitragen: So wird im ersten Slide das Motto und das Bandenethos thematisiert („Sei gefährlich und wild“). Daran schließt sich die Präsentation des Protagonisten und Anführers Leon an, worauf die Vorstellung des Bandentreffpunkts Camelot folgt. Der vorletzte Screen stellt den Gegner vor („der Dicke Michi“) und schließlich wird noch die erwachsene Helferfigur präsentiert: Willi.

73 | http://www.tivi.de/mediathek/detail.html?data=%2FtiviVideos%2Fbeitrag%2F title%2F2323234%2F1568556%3Fview%3DflashXml, 16.02.2015.

Die Wilden Fußballkerle

Zurück auf der Startseite können neben zwei Spiel-Optionen („Das Wilde Kerle-Spiel“ und „Wilde Spiele“ allgemein) auch noch die Rubriken „Videos“ und der Bereich „Für Fans“ angewählt werden. Die Seite „Videos“ leitet den Rezipienten weiter zur zdf.tivi-Mediathek und enthält die Videos, die zu den einzelnen Figuren aufgerufen werden können, sowie die aktuelle Folge. Im Bereich „Für Fans“ finden sich ein Forum zum Meinungsaustausch, ein FanVideo-Quiz, eine Abstimmung über den beliebtesten Charakter, Postkarten zum Online-Versand sowie ein Hintergrundbild und ein Poster zum Download. Die Seite „Wilde Spiele“ enthält vier Optionen. Zum einen gehören dazu Rückverweise auf das Spiel „Die Wilden-Kerle“ und das Quiz. Zum anderen gibt es den Typtest „Wie wild bist du?“ und das Spiel „Was gehört wem?“. Im „Wilde Kerle-Spiel“ übernimmt der/die Spieler_in die Rolle von Willi und soll die Wilden Kerle anhand unterschiedlicher kleinerer Spiele trainieren. Unterlegt ist das Spiel mit episch anmutender Musik. Der zur Serie gehörende Onlineshop war sehr übersichtlich aufgebaut. Neben der Startseite gelangte man zu einer Art Einleitung: „Die Magie der Wilden Kerle.“74 Der eigentliche Shop war aufgeteilt in die Rubriken „DVD“, „CD“ und „Fanartikel“, während auf die zur Serie dazugehörigen Bücher überraschenderweise nicht verwiesen wurde. Auf den Seiten „DVD“ bzw. „CD“ konnten die ersten sechs DVDs und CDs erworben werden, die jeweils zwei bis drei Folgen enthalten. Die Seite „Fanartikel“ enthielt genau zwei Artikel: eine Trinkflasche und ein T-Shirt. Dieses relativ übersichtliche Angebot steht in Kontrast zu der großen Palette an Angeboten, die sich im zweiten Online-Shop der „Wilden Kerle“ findet. Verteilt auf die Rubriken „Accessoires“, „Bad und Schlafen“, „Für den Bolzplatz“, „Taschen & Rücksäcke“, „Textitilien und Outdoor“ finden sich insgesamt 23 Produkte, wobei es innerhalb der einzelnen Rubriken zu Überschneidungen kommt und einige Artikel so doppelt beworben werden können. Interessant ist auch an diesem Shop, dass weder Bücher noch DVDs oder CDs beworben werden. Auffällig ist zudem, dass auf der Startseite eine Schnittmenge der drei Verbundelemente Filme (oberes Banner), Fernsehserie (zentrales Bild) und Buchserie (kleines Logo in der linken Bildhälfte) gebildet wird:75

74 | http://www.diewildenkerle.de/die-magie-der-wilden-kerle.html, 19.02.2015. 75 | Im Zuge der Veröffentlichung der aktuellen Verfilmung haben sich auch Veränderungen für diese Seite ergeben. So wurde die Rubrik „Taschen & Rucksäcke“ gestrichen und der visuelle Fokus alleine auf ein Banner des aktuellen Films gelegt. Die beschriebene Verweisstruktur findet sich nicht mehr.

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Abbildung 5: Merchandising-Shop

Dieser Onlineshop gehört zu Tramondi, die nach eigenen Angaben seit 2010 Lizenzinhaber sind: Seit 2010 hat Tramondi die Lizenz von „Die Wilden Kerle“. In Kooperation mit der WunderWerk GmbH wurde das Logo entwickelt, Sprüche kreiert und Produkte designt. Stetig wächst die Nachfrage nach den „Wilden Kerle“-Produkte und der Erfolg wurde schon nachgewiesen. Mit einem perfekten Marketingkonzept (Buch, Film, DVD) - ist das Lizenzthema „Die Wilden Kerle“ die Merchandising-Erfolgsstory der letzten Jahre, und es ist kein Ende abzusehen.76

Damit ist Tramondi einer von über 30 Lizenzpartnern,77 zu denen auch die Venceremos GmbH gehört. Die Bücher zur Ursprungsserie, den „Wilden Fußballkerlen“, rücken erst auf der sie vertreibenden Verlagsseite in den Mittelpunkt.78 Zusätzlich zur Präsen76 | http://www.tramondi.com/de/lizenzen/die-wilden-kerle/, 16.02.2015. 77 | Vgl. http://www.dreamotion.de/#id_dwk, 16.02.2015. 7 8  |  h t t p://w w w. d t v - k i n d e r b u c h . d e/d i e _ w i l d e n _ f u s s b a l l k e r l e _ 8 8 5 . h t m l , 16.02.2015.

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tation der 13 Bände im Taschenbuchformat wird auch Legendenbildung betrieben. Unter der Rubrik „Die Story“ wird von den ‚echten‘ Wilden Kerlen erzählt, deren Trainer Masannek war und die die Inspiration für die Bücher bildeten. E-Books der Ursprungsserie („Die Wilden Fußballkerle“), Hardcover der 2.0-Reihe („Die Wilden Kerle Level 2.0“) sowie die Bände zur Fernsehserie („Die Wilden Kerle“) und ein Freundschaftsbuch werden vom Baumhaus-Verlag vertrieben und beworben. Auf den Verlagsseiten zu den Büchern zur Fernsehserie finden sich dann auch Weiterleitungen zur Produktionsfirma ‚WunderWerk‘ und zum Internetauftritt der Fernsehserie (siehe oben). Die Bücher zur Fernsehserie erscheinen nicht mehr in Originalautorschaft, sondern nur noch „nach den Geschichten von Joachim Masannek“ und „basierend auf den Drehbüchern“, verfasst von Mike Maurus. Auf der Seite der Produktionsfirma WunderWerk 79 findet sich neben den Ausstrahlungsterminen der Serie eine kurze inhaltliche Einleitung: „Die Geschichten und der coole ‚Look‘ dieses Programms sind außergewöhnlich hochwertig produziert, ungewöhnlich und wild. Entstanden ist eine Fußball-Saga zum Mitfiebern und Abheben, deren Figuren ständig auf dem Sprung zu mehr sind und die trotz all ihrer Fehler über sich hinauswachsen. Fiktion für starke Kinder mit Leidenschaft und Gefühl. (Barbara Biermann, ZDF-Hauptredaktionsleiterin Kinder und Jugend)“ (http://www.wunder-werk.de/die-wilden-kerle/, 18.08.2016). Diese wird begleitet durch eine Verortung im Medienverbund, welche wiederum durch Hyperlinks mit den anderen Vertriebspartnern verknüpft sind: Als Fortsetzung der Buchreihe „Die Wilden Fußballkerle“ von Joachim Masannek ist zum Serienstart ein neuer Roman unter dem Titel „Die Wilden Kerle – Level 2.0 – 2.01 Donnerschlag“ im Baumhaus Verlag erschienen. Die Bücher zur Serie „Der Angriff der Unbesiegbaren“, „Der Wilde Pakt“ und „Der Teufelstopf“ sind im Baumhaus Verlag erschienen. Die Serie ist auf DVD und als Hörspiel bei EDEL:KIDS erschienen. Weitere Informationen auf www.diewildenkerle.de.“(http://wunder-werk.adaffairs. de/?p=456, 25.02.2015)

Sucht man bei einem großen Onlineversandhandel nach den „Wilden (Fußball-)Kerlen“, erzielt man 542 Treffer (Stand: 11.02.2015). Neben den in den Onlineshops erhältlichen Angeboten erweitert sich das Angebot noch beträchtlich. Zur Buchreihe, den Filmen und zur Fernsehserie finden sich unter anderem Taschenbücher, Hardcover, Hörbücher, Hörspiele, Tassen, Fußbälle, Torwarthandschuhe, Fußballschuhe, Bandanas, Shorts, Pullover, T-Shirts, Schreibwaren wie Heftboxen, Ringordner und Schreibtischunterlagen. Zusätzlich gibt es Spielzeugautos (Firma: Majorette), RacingBoats (Dickies), FleeceDecken (Best79 | http://wunder-werk.adaffairs.de/?p=456, 25.02.2015.

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Linie), Strandtücher, Sammelfiguren (Bullyland), Trinkhalme, Bilderrahmen (United Labels), Wasserpistolen (Simba Toys), Schulranzen, Partygabeln (United Labels), Spardosen und ein Erste Hilfe-Set (United Labels). Des Weiteren gibt es natürlich auch Spiele, wie ein Quiz, ein Fluchduell (Kosmos), Yathzee (Amigo), ein Kartenspiel (Amigo) und ein Puzzle (Kosmos Verlag). Dazu kommen Begleitbücher wie „Die wildesten Sprüche“, „Trainingsregeln, Tipps & Tricks“ oder „Unser Wildes Training. Technik und Fitness: Die Wilden Kerle“ sowie „Unser Wildes Training. Taktik: Die wilden Kerle“. Zu den Filmen erschienene Film(begleit)bücher können in die Kategorien Buch zum Film, Posterbuch oder Stickerbücher eingeteilt werden. Des Weiteren gibt es Computer- (Tivola)80 sowie GameBoy-Spiele, die alle zu Hochzeiten der Buchreihe erschienen. Zusätzlich gibt es einen „Einfach lesen“-Band zum ersten Band der Reihe81 sowie einen aus der Reihe „Texte.Medien. Lesetagebuch“ zum 10. Band der „Wilden Fußballkerle“.

Zwischenfazit Schon als soziales Feld kann die dem Medienverbund der „Wilden (Fußball-) Kerle“ grundlegende Thematik Fußball als „Ort der Reproduktion hegemonialer Männlichkeit“ (Meuser 2008: 122) gedeutet werden. Im ‚literarischen Feld‘ – als Thema der Kinder- und Jugendliteratur – erfährt diese „paradigmatische Männlichkeitspraxis“ (ebd.: 116) eine literarische Überformung, die zu einer Zuspitzung dieser Praxis führt, indem im Zuge der Strategie der ‚Archaisierung‘ durch erzählerische Stillmittel wie direkte Leseradressierungen oder der Traditionsstiftung die homosoziale Schließung vorangetrieben wird. Durch die Implementierung in den Medienverbund erfährt dies eine weitere Dramatisierung, innerhalb derer der Reproduktion hegemonialer Männlichkeit weiter zugearbeitet wird. Insbesondere die Verfilmungen zeichnen sich durch eine deutlich sexuell aufgeladene Inszenierung von Weiblichkeit aus. Durch das weit verzweigte Netz an Lizenzpartnern wird der Wert der Marke erhöht. Insbesondere durch Produkte mit einer großen Sichtbarkeit nach außen (Kleidung, Trinkflaschen) wird die Zugehörigkeit der jeweiligen Besitzer zur Marke manifestiert und die homosoziale Schließung vorangetrieben. Deutlich wird somit, wie kommerzielle Interessen von einer geschlechtsspezifischen Mar80 | ht tp://w w w.tivola.de/de/produk te-shop/alle-produk te/shop/catalog /product/view/253/shopar tikel/klassiker-wilde-fussballkerle-abenteuer-graffitiburgen. html#details, 24.02.2015. 81 | http://www.amazon.de/einfach-lesen-Lesef%C3%B6rderung-LeseeinsteigerSlalomdribbler/dp/3464828352/ref=sr_1_17?ie=UTF8&qid=1423656058&sr=817&keywords=wilde+fu%C3%9Fballkerle, 24.02.2015.

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kierung eines Medienverbundes profitieren und dieser zugleich zuarbeiten, da einerseits durch die Produktvielfalt ökonomisches Kapital generiert wird, während dieses andererseits im Rahmen der homosozialen Schließung, des ‚border work‘ und der Traditionsstiftung zugleich als soziales Kapitel wirksam wird.

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Die Wilden Hühner L esarten Die Wilden Hühner, „eine echte Mädchenbande“,1 sind die Hauptfiguren der von Cornelia Funke verfassten und in sechs Bänden vorliegenden Reihe „Die Wilden Hühner“. Zu Anfang der Reihe besteht die Bande aus vier, ab dem zweiten Band dann aus fünf Mädchenfiguren: Sprotte (eigentlich Charlotte),2 Frieda, Melanie, Trude und Wilma. Im ersten Band der Reihe, „Die Wilden Hühner“, der 1993 erschien, sind die Mädchen etwa neun Jahre alt. Im letzten Band, „Die Wilden Hühner und das Leben“, der 2009 erschien und von Thomas Schmid zu dem gleichzeitig erschienenen dritten Film „als Romanfassung des Drehbuchs“ verfasst wurde,3 sind die Wilden Hühner etwa 15 Jahre alt. Dazwischen erschienen 1996 „Die Wilden Hühner auf Klassenfahrt“, 1998 „Die Wilden Hühner – Fuchsalarm!“, 2000 „Die Wilden Hühner und das Glück der Erde“ sowie 2003 der letzte von Cornelia Funke verfasste 5. Band der Reihe „Die Wilden Hühner und die Liebe“. Der thematische Schwerpunkt der Romane liegt vor allem auf den Abenteuern, die die Bande gemeinsam erlebt, um im späteren Verlauf der Reihe zu Liebes- und Beziehungsthematiken überzugehen. Zentrales Thema bleibt durchgängig die Freundschaft unter besonderer 1 | Funke 1998: 7. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 3 sowie der Seitenzahl im Text. 2 | Vgl. dazu: Funke 1993: 9. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 1 sowie der Seitenzahl im Text. 3 | „Ein dritter Hühnerfilm wird wahrscheinlich Anfang 2009 zu sehen sein, und zu dessen Entstehung gibt es eine interessante Geschichte. Da Cornelia keinen neuen Band über ihre Hühner geschrieben hatte – eigentlich ja auch keinen mehr schreiben wollte –, setzte sie sich mit Uschi Reich [der Produzentin] zusammen und entwickelte Ideen für eine neue Folge. Es wird also zum ersten Mal einen Hühnerfilm geben, der zwar auf den Ideen der Autorin, nicht aber auf einem Cornelia-Funke-Buch basiert - Es wird trotzdem, und das ist auch interessant, ein sechster Band der Wilden Hühner erscheinen: ein Hühnerbuch zum Film, eine Romanfassung des Drehbuchs, geschrieben von einem Schriftstellerkollegen.“ (Latsch 2008: 58)

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Berücksichtigung, dass die Mädchen zusammen älter und erwachsen werden. Damit bedient sich Funke eines für Mädchenbuchserien gängigen Handlungsschemas: „In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entstehen – in Anlehnung an den Trotzkopf – die großen Mädchenbuchserien, die die Protagonistin nun von der Kindheit bis zum Großmutteralter begleiten und sich teilweise bereits an jüngere Mädchen wenden […].“ (Grenz 2005: 340; Herv. i. O.) Gerade der Fokus auf der Entwicklung der Figuren wird dabei häufig herangezogen, um die vorliegende Reihe von trivialliterarischen Serien abzugrenzen: „Hervorragend ist an dieser Serie gegenüber ihren trivialen Genossinnen, dass die Figuren sich entwickeln, älter werden […]. So problematisieren die Hühner in den letzten Bänden, dass ihr Interesse an Streichen nachlässt und sich umso mehr ums Küssen rankt.“ (Kochte 2003: 62)4 Diese Einordnung der Mädchenliteratur basiert auf einer von Grenz 1997 vorgenommenen Dreiteilung der Mädchenliteratur in eine triviale, eine sich „am Übergang von trivialer zu unterhaltender Literatur“ (Grenz 1997d: 243) befindende und schließlich einer „‚gehobene[n]‘ oder ‚gute[n]‘ Unterhaltungsliteratur“ (ebd.: 247), zu der nach Grenz Mädchenbücher gehören, „die – im Unterschied zu den bisher dargestellten trivialen bzw. trivial-unterhaltenden Titeln – das traditionelle Mädchenbild auf entschiedenere Weise in Frage stellen und die zeitgenössische Wirklichkeit genauer zu erfassen versuchen, auch wenn sie ihren Anspruch nicht immer literarisch befriedigend umsetzen. Es wird festgehalten an Klischees, oder es werden neue geschaffen; oder es wird festgehalten an literarischen Modellen, die in der ‚hohen‘ Literatur längst obsolet geworden sind.“ (Ebd.) Als „immerhin noch recht erfrischend progressive[…] Mädchenreihe“ (Arz 2003: 21) lassen sich die „Wilden Hühner“ zum einen in der literarischen Tradition des emanzipatorischen Mädchenbuchs5 einordnen, da durchaus traditionelle Geschlechterrollen infrage gestellt werden. Darüber hinaus greifen die Texte der Reihe auf postmoderne Tendenzen des Mädchenbuchs zurück: „Die Spielräume der Protagonistinnen haben sich erheblich erweitert. Die können ihre Größenfantasien ausagieren […], aggressive Gefühle zulassen und scheuen auch vor körperlicher Auseinandersetzung nicht zurück. Daneben finden sich traditionell weibliche Eigenschaften – vor allem die Hoffnung auf den Märchenprinzen.“ (Grenz 2008: 390) Als „Erfolgszutaten“ der Reihe gelten folgende Faktoren: die „idyllische Kleinstadt, die Utopie einer selbstbestimmten Lebensform in eigenem Wohnwagen auf abgeschiedenem Grundstück, das Retten von Tieren in Gefahr, gegenseitige Hilfe und Beratung in Gewichts-, Frisur- und Kleiderfragen wie auch bei familiären Problemen.“ (Arz 2003: 20) Dazu kommt noch die gegnerische Bande, die Pygmäen – eine vierköpfige Jungenbande, zu deren Mit4 | Vgl. auch Wigbers 2009: 69. 5 | Vgl. zum emanzipatorischen Mädchenbuch: Grenz 2005.

Die Wilden Hühner

gliedern Fred, Willi, Steve und Torte gehören. Die beiden Banden spielen sich anfangs Streiche und üben sich im ‚border work‘. Die starren Geschlechtergrenzen werden im Verlauf der Reihe diffuser, da es immer mehr zu Pärchenbildungen zwischen den Banden kommt: „Insgesamt läuft das gegenseitige Streichespielen der Banden auf die Formel hinaus: Was sich liebt [,] das neckt sich – zwei der Hühner gehen im fortgeschrittenen Verlauf der Ge-schichte [sic!] tatsächlich Liebschaften mit entsprechenden Pygmäen ein: zuerst die schöne, oberflächliche Melanie mit dem Prügelknaben Willi, später auch Oberhuhn Sprotte mit dem Pygmäen-Anführer Fred.“ (Kochte 2003: 61) Diese Konstellation muss erweitert werden, da bereits der erste Band der Reihe die beendete Beziehung zwischen den Figuren Frieda und Torte thematisiert und des Weiteren im sechsten Band Frieda mit Willi sowie Trude mit Steve zusammenkommt. Gelegentliche Gastauftritte haben die Wilden Hühner in der seit 2010 erscheinenden und von Thomas Schmid verfassten Reihe „Die Wilden Küken“, von der inzwischen der 10. Band6 vorliegt und die auch Cornelia Funke in einem Interview als Alternative für die Leser_innen der „Wilden Hühner“ darstellt: „Aber inzwischen gibt es ja zum Glück auch die Filme und Thomas Schmids Kükenbücher, so dass die Hühnerfans es mir hoffentlich nicht allzu übel nehmen, dass ich keine Fortsetzungen mehr schreibe.“ (Wedler-Zinn 2012: 48–49) Diese Entwicklung wird zudem auf intertextueller Ebene dadurch gestützt, dass die Bande der Wilden Küken ihren ersten Auftritt im vierten Band der Wilden Hühner hat 7 und ebenso im sechsten Band 8 eine Rolle spielt. Die „Wilden Hühner“ sind ebenso wie „Die wilden Fußballkerle“ dem Genre der Kinderbandenromane,9 eines eigentlich geschlechterübergreifenden Genres, zuzuordnen: „Auch diese Serien zeichnen sich durch Voraussagbarkeit der Handlung und Stereotypie der Figuren aus, ein durchaus charakteristisches Merkmal der Lektüre der frühen Adoleszenz, die von Mädchen (und Jungen) bedürfnisorientiert gelesen und verschlungen wird.“ (Grenz 2008: 391–392) Zu diesem Genre liegen bisher wenige Untersuchungen vor, weswegen sich von einer begrifflichen Leerstelle sprechen lässt,10 was aufgrund der langjährigen Tradition der Kinderbande als Figuration innerhalb der Kinder- und Jugendliteratur sowie der „[…] Kontinuität des Genres […]“ (Schilcher 2004b: 158) doch überrascht. Nach Anita Schilcher zeichnen sich Bandenromane vor allem dadurch aus, „dass sie nicht nur einen Helden oder eine Heldin 6 | Schmid, Thomas (2014): Die Wilden Küken – Let's Dance. Hamburg: Dressler. 7 | Vgl. dazu WH 4. 8 | Vgl. dazu WH 6. 9 | Vgl. dazu auch Grenz 2008: 391. 10 | Vgl. zur Leerstelle im fachwissenschaftlichen Diskurs: Schwarz 2007: 15.

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fokussieren, sondern eine Gruppe oder Bande von Kindern und Jugendlichen“ (ebd.: 156), die „als Akteure verschiedenster Abenteuer“ (ebd.) auftreten. Neben dem Bestehen von Abenteuern liege das Potential dieser Texte vor allem in der Thematisierung von Entwicklungsaufgaben: „Meist geht es um die Etablierung von Freundschaftssystemen, um die Akzeptanz des Einzelnen innerhalb der Gruppe, um das Zurechtkommen ohne die Erwachsenen und um die Distanzierung von der Welt der Erwachsenen und die Entwicklung eines eigenen Gegenmodells.“ (ebd.: 157) Diese Entwicklungsaufgabe wird zumeist durch die Etablierung unterschiedlicher Räume bzw. Welten, wie sie auch schon für die „Wilden Fußballkerle“ konstatiert werden konnte,11 etabliert: „Das Leben in zwei ‚Parallelwelten‘, dem Familienraum und dem Bandenraum [,] findet sich überwiegend in Romanen für jüngere Leser.“ (ebd.) Zu unterscheiden sei des Weiteren zwischen geschlechtsheterogenen Bandenstrukturen, die den Großteil dieser Texte ausmachen würden,12 und geschlechtshomogenen Bandenstrukturen.13 Wie für die „Wilden Fußballkerle“ aber schon gezeigt werden konnte, kann sich auch eine vermeintlich geschlechtsheterogene Bandenstruktur als homogenisiert erweisen. Die weiblichen Bandenmitglieder müssen in den männlich imaginierten homosozialen Raum eintreten, um Teil der Bande zu werden, womit die Geschlechtshomogenität der Bande wiederhergestellt wird.

Inszenierungsmuster in weiblich-weiblicher und männlich-männlicher Konfiguration Bezogen auf die Reihe „Die Wilden Hühner“ werden zunächst zwei geschlechtshomogene Banden inszeniert, deren Durchmischung im Verlauf der Reihe hin zu einer geschlechtsheterogenen Bandenstruktur in den Ausführungen zu den weiblich-männlichen Konfigurationen thematisiert werden wird. Zunächst soll die geschlechtshomogene Bandenstruktur betrachtet werden. Innerhalb der Mädchen- sowie der Jungenbande, die beide somit zunächst als homosoziale Räume konzipiert sind, ist jeder Figur neben der spezifischen Position innerhalb des Gefüges auch ein bestimmtes Klischee zugeordnet. So zeichnet sich die Anführerin der Wilden Hühner, das ‚Oberhuhn‘ Sprotte, durch ihre Affinität zu Tieren, insbesondere zu ihren Hühnern, aus. Melanie gilt innerhalb der Bande als die Schöne, wodurch ihr das Klischee des weiblichen Narzissmus zugordnet werden kann. Frieda wird das Klischee der weiblich konnotierten Empathiefähigkeit zugeordnet, weswegen sie in der Bande 11 | Vgl. Kapitel 4.2 der vorliegenden Arbeit. 12 | Vgl. dazu Schilcher 2004b: 156. Schilcher sieht darin auch das didaktische Potential der Texte. 13 | Vgl. ebd.: 161.

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die Funktion der Vermittlerin14 übernimmt und sich allgemein durch eine große Hilfsbereitschaft auszeichnet. Trude, als der ‚Dicken‘, kann das Klischee der weiblichen Obsession mit der Optimierung des eigenen Körpers und damit einhergehenden Unsicherheiten zugewiesen werden. Ins Positiv gewendet, ist sie damit aber innerhalb der Bande zuständig für das leibliche Wohl. Wilma zeichnet sich durch ihre Kreativität und ihre Unangepasstheit aus. Dadurch nimmt sie innerhalb der Bande eine Grenzposition ein. Sie überschreitet in ihrer Position als Spionin der Wilden Hühner die Bandengrenzen, was unter Umständen auf ihre Androgynität und Homosexualität zurückzuführen ist. Sie steht als einzige außerhalb der heterosexuellen Matrix. Auffällig an dieser Klischeesierung der Mädchenfiguren ist, dass stark mit Polaritäten gearbeitet wird. Während Sprotte anfangs die Position der „Jungshasserin“ (WH 1: 37) einnimmt, wird die Figur Melanie als „Jungsversteherin“ inszeniert.15 Diese Position ist verbunden mit ihrer Inszenierung als ‚Schönheit‘, während Sprotte eher dem Typus des ‚jungenhaften Mädchens‘ zugordnet werden kann. Das Schönheitsideal ist wiederum die Skalierung, die der Figur Melanie als Gegensatz Trude gegenüberstellt, die aufgrund ihres Gewichts und der damit einhergehenden Verunsicherung in Melanies Schatten steht und sie (gerade in den ersten Bänden, aber häufig durch die Erzählinstanz relativiert) anhimmelt. Frieda wird als die reflektierte Reife inszeniert, während Sprotte Spontaneität als Figureneigenschaft zugeschrieben werden kann. Verbunden werden diese beiden Figuren durch die Inszenierung als beste Freundinnen.16 Die Mädchenfiguren erfüllen somit füreinander Spiegelungsfunktionen, wodurch einige, insbesondere geschlechtsspezifische, Attribuierungen relativiert, andere perpetuiert werden. Innerhalb der Klischeesierung sind die Figuren durchaus differenziert ausgestaltet. Folie der Figurengestaltung der Hauptfigur Sprotte ist der „Trivialmythos Ilse“ (Wilkending 1990: 8),17 mit dem sie „die mädchenhaft-erotische Ausstrahlung und Spontaneität“ (Barth 1995: 272) sowie eine gewisse ‚Trotzigkeit‘,18 insbesondere gegenüber dem anderen Geschlecht und Erwachsenen, beispielsweise ihrer Großmutter, teilt. Schon Barth konstatiert dazu, dass die „Beliebtheit [des Trivialmythos, die Verf.] als literarisches Muster in 14 | Vgl. dazu auch Funke 2003: 83. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 5 sowie der Seitenzahl im Text. Vgl. zudem Schmid 2009: 74. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 6 sowie der Seitenzahl im Text. 15 | Vgl. dazu Funke 1996: 156. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 2 sowie der Seitenzahl im Text. 16 | Vgl. dazu auch WH 1, 15 sowie Funke 2000: 17. Im Folgenden erfolgen Nachweise mit dem Kürzel WH 4 sowie der Seitenzahl im Text. 17 | Zitiert nach Barth 1995: 272. 18 | Vgl. WH 3: 112.

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Mädchenbüchern […] auf die Beharrlichkeit gesellschaftlich-kultureller Konstellationen hinzuweisen“ (ebd.: 284) vermag. Durch die Orientierung an diesem Muster schreiben sich idealtypische Eigenschaften althergebrachter Weiblichkeitsinszenierungen in der Tradition des weiblichen Geschlechtscharakters fort. Dieses Muster kommt, was noch zu zeigen sein wird, in den vorliegenden Texten besonders in der männlich-weiblichen Konfiguration zum Tragen. Auf sprachlicher Ebene und insbesondere in weiblich-weiblicher Konfiguration wird zunächst und vor allem auf Ebene der Oberflächenstruktur jedoch durch die genutzte Tiersemantik, als „Strategie, Vitalität und Aktivität darzustellen“ (Kalbermatten 2011: 181), vordergründig eine an Progressivität orientierte Figurendarstellung inszeniert. Dies ist zum einen bezogen auf die Inszenierung von Bewegungsabläufen: „Wilma aber warf sich wie ein wütender Terrier gegen die Kellertür.“ (WH 3: 23),19 betrifft zum anderen die Darstellung verbaler Äußerungen und die gewählten verba dicendi: „fauchen“ (WH 1: 11), „knurren“ (WH 1: 81), „zischen“ (WH 3: 75). Das Inszenierungsmuster von Vitalität und Aktivität lässt sich auf weitere Ebenen übertragen, wie die der Darstellung der Stimme („Sprottes Stimme war immer ein bisschen rau, und wenn sie wollte, konnte sie einem damit wie mit Schmirgelpapier über die Haut streichen.“ [WH 1: 29]). Die Abenteuervorstellungen der Mädchen orientieren sich an „Bilder[n] von Schätzen, Rittern und Piraten“ (WH 1: 13).20 Der Bandenschwur wird mit Spucke besiegelt (WH 1: 28). Dabei reiht sich die Figur Sprotte in eine Reihe von Heldinnenfiguren der (fantastischen) Abenteuerliteratur ein, mit denen sie „eine aktive, raumgreifende Existenz, Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein, Furchtlosigkeit vor Autoritäten und starkes Durchsetzungsvermögen“ (Kalbermatten 2012: 53) teilt.21 Potenziert wird die Progressivität der Inszenierungsmuster im Bild des ‚jungenhaften Mädchens‘. Dies geschieht auf textueller Ebene durch die Nutzung von Verben, die wie „bugsierte“, „zerrte“, „stürmte“, „raste“ (WH 1: 7)22 von körperlicher Präsenz zeugen, sowie der Herausstellung der Sportlichkeit: „Wie ein Blitz war Sprotte aus dem Bett.“ (WH 2: 101)23 Mit der Inszenierung von Sportlichkeit geht die Wiederaufnahme des Aktivitätsdiskurses einher, welcher hier explizit an eine Inszenierung von Körperlichkeit gebunden ist: „Nicht mal Sprotte mit ihren ellenlangen Beinen kam an ihn heran.“ (WH 3: 158) Auf Handlungsebene wird die Arbeit am Bild des ‚jungenhaften Mädchens‘ durch die Ablehnung 19 | Vgl. dazu auch WH 1: 98; WH 3: 194. 20 | Vgl. dazu auch WH 2: 16. 21 | Hier bezogen auf „Ronja Räubertochter“ (Astrid Lindgren [1982]: Ronja Räubertochter. Hamburg: Oetinger). 22 | Vgl. auch WH 2: 9; WH 3: 17, 20; WH 4: 8. 23 | Vgl. dazu auch WH 3: 158, 194.

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mädchenhafter Kleidung („‚Und ich zieh garantiert kein Rüschenkleidchen an, damit du gut aussiehst.‘“ [WH 1: 14]) sowie der Thematisierung uneitlen Verhaltens („‚Nee, ich bin ja nicht so aufgetakelt wie du!‘“ [WH 1: 24]) fortgesetzt. Damit wäre die Figur Sprotte nach Schilcher zunächst einmal dem Typus des „starken Mädchens“ zuzuordnen: „Positiv besetzte, ‚starke Mädchen‘ weisen meist keine oder wenige geschlechtsrollentypische Verhaltensweisen auf, zum Teil verhalten sie sich sogar dezidiert ‚unweiblich‘ […]“ (Schilcher 2001: 51–52). Gerade durch den Aspekt des vermeintlich ‚unweiblichen‘ Verhaltens wird die Funktion der klischeehaften Figurenzeichnung von Melanie (das im Zitat angesprochene „du“) deutlich. Erst durch die Gegenüberstellung des ‚mädchenhaften‘ mit dem ‚jungenhaften‘ Mädchen lässt sich der Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘ – wie er auch für die Figur Wilma vorliegt – inszenieren: „Mädchen, die ihrem Äußeren zu viel Wert beimessen oder sich in ihrem Erscheinungsbild von den Wunschvorstellungen der Erwachsenen oder imaginierten Wunschvorstellungen der Jungen leiten lassen, werden durchweg in Opposition zu den Heldinnen gesetzt und damit ebenfalls negativ bewertet.“ (Schilcher 2004c: 4) Der Diskurs der Progressivität wird des Weiteren über die Darstellung von Wilmas Homosexualität ab dem 5. Band geführt. Dazu ist anzumerken, dass weibliche Homosexualität als Thema der Kinderliteratur weit weniger verbreitet ist als die Darstellung männlicher Homosexualität. Die Inszenierung der Homosexualität ist dabei auf Textebene, was die Progressivität der Texte anbelangt, recht aufschlussreich. Die Mädchen reagieren zunächst ambivalent auf die Erkenntnis, dass Wilma lesbisch ist (WH 5: 138–139). Nach anfänglicher Unsicherheit, was auf der Ebene der histoire die Wirkmächtigkeit des heterosexuellen Diskurses verdeutlicht, wird Wilmas Homosexualität zumindest von Sprotte, Frieda und Trude angenommen. Einzig die am deutlichsten an der heteronormativen Norm ausgerichtete Figur Melanie braucht länger, um Wilmas sexuelle Orientierung zu akzeptieren, stellt sich dann im sechsten Band aber auch selbstverständlich neben sie, als diese von zwei Mädchen der Klasse offen angefeindet wird.24 Aus Sicht der Jungen wird keine Form der Problematisierung beschrieben. Zur Progressivität und in Tradition des emanzipatorischen Mädchenbuchs gehört auf Ebene der histoire auch, dass Geschlechterrollen und die ihnen zugordneten Verhaltensweisen hinterfragt werden, so beispielsweise, als erzählt wird, dass sich Sprotte darüber echauffiert, dass Friedas Bruder nur nicht auf den gemeinsamen Bruder aufpassen müsse, weil er ein Junge sei (WH 1: 53–57), oder als sich Sprotte zunächst nicht für den Urlaub auf dem Reiterhof begeistern kann und Fred dies hinterfragt: „‚Was bist du bloß für 'ne Art Mädchen? Pferde sind doch das Wunderbarste vom Wunderbaren. Ich denke, alle 24 | Vgl. WH 6: 47–48.

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Mädchen lieben Pferde.‘“ (WH 4: 37) Parallel zu ihrem Auf bau werden progressive Elemente der Figurenzeichnung in den gleichen Kontexten zurückgenommen und verbleiben somit auf diskursiver Ebene. Zum einen hütet Frieda weiterhin weit häufiger als ihr Bruder den gemeinsamen kleinen Bruder und Sprottes Abneigung gegen Pferde wandelt sich zur Affirmation des Klischees: „Alles hier machte sie glücklich, fast als hätte sie schon lange danach gesucht: die Wiesen, der weite Blick über die Felder, ohne ein einziges Haus in Sicht, und die Pferde, die wunderschönen Pferde.“ (WH 4: 93) Somit reiht sich der vierte Band der „Wilden Hühner“ in die Tradition eines vornehmlich weiblichen Genres, das der (Mädchen-)Pferdereihenromane,25 ein. Entgegen progressiver Tendenzen bedient die Figurenzeichnung der „schönen“26 Melanie fast durchgängig alle Klischees von Weiblichkeit. So betrachtet sie beispielsweise das Erkennungskennzeichen der Bande, eine Hühnerfeder, zuallererst unter ästhetischen Gesichtspunkten: „‚Ich werd sie mir an ein Silberkettchen machen‘, sagte Melanie. ‚Sieht bestimmt hübsch aus.‘“ (WH 1: 27) Des Weiteren schlägt sie als Bandennamen den Namen „Die Elfen“ (WH 1: 25) vor. Noch mädchenhafter wird sie dadurch gekennzeichnet, dass sie ständig kichert,27 was aber insgesamt auf alle Bandenmitglieder übertragen werden kann. Ihre ausgeprägte Emotionalität ergänzt dieses Bild: „Melanie biss sich auf die Lippen und die anderen sahen, dass sie Mühe hatte, die Tränen zurückzuhalten. ‚Ist ja auch egal‘, sagte sie mit gepresster Stimme.“ (WH 4: 35) Die vordergründige Orientierung an Äußerlichkeiten, die Betonung der Physis, wird dadurch potenziert, dass die Figureninszenierung immer am männlichen Blick ausgerichtet ist. Dazu trägt auch bei, dass das äußere Erscheinungsbild der Figur inklusive der Kleiderwahl im Vergleich zu den anderen Mädchenfiguren am häufigsten explizit thematisiert wird. So erfahren die Rezipient_innen beispielsweise, dass die Figur „schneeweiße[…] Zähne“ (WH 1: 11)28 hat. Im Fokus ihrer Darstellung werden überproportional häufig kosmetische Aspekte thematisiert, so beispielsweise das Bürsten der Haare,29 das Lackieren der Nägel,30 das Nachziehen der Augenbrauen31 oder das Auftragen von auffälligem Parfüm.32 Diese starke Fokussierung auf ihr Äußeres lässt die Figur oberflächlich erscheinen, was auf Textebene dadurch betont wird, dass diese Fixierung auch über die erwachsenen Figuren innerhalb von 25 | Vgl. zur geschlechtsspezifischen Tradition des Genres: Cerovina (2009). 26 | Vgl. dazu WH 1: 7, 8, 10; WH 2: 10. 27 | Vgl. dazu WH 1: 11; WH 2: 144. 28 | Vgl. dazu auch WH 2: 19. 29 | Vgl. dazu WH 1: 11; WH 2: 20, 34, 176; WH 3: 14, 17, 30; WH 4: 69, 124, 255. 30 | Vgl. dazu WH 2: 54, 55, 159; WH 3: 100. 31 | Vgl. dazu exemplarisch WH 4: 69. 32 | Vgl. dazu exemplarisch WH 5: 13.

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Figurenrede durch Kommentare kritisch eingeholt wird.33 „Trotz der hohen Bewertung von Authentizität durch die Texte (Belohnung durch Handlungsverlauf, Anerkennung durch Andere) durchziehen Fragen nach der eigenen Attraktivität fast alle diese Texte. Die Angst davor, zu dick, zu langweilig oder zu durchschnittlich zu sein, der Vergleich mit anderen Mädchen und der Neid auf attraktivere Mädchen ist fester Bestandteil der dargestellten Innenwelten, wenn auch in den ambitionierten Texten oft ironisch gebrochen (Boie Kerle mieten, Düwel Jule und Schneewittchen, Funke Die wilden Hühner).“ (Schilcher 2012: 137; Herv. i. O.) Weibliche Körperdiskurse werden in den „Wilden Hühnern“ in zwei Varianten als problembehaftet dargestellt. Dabei handelt es sich in der ersten Variante um den weiblichen Narzissmus (Melanie), während in der zweiten Variante der Diät-Diskurs (Trude) thematisiert wird, wobei die Gemeinsamkeit beider Varianten in der obsessiven Beschäftigung mit der eigenen Körperlichkeit liegt. Innerhalb der homosozialen Gruppe wird vor allem die narzisstische Körperorientierung Melanies, wodurch sie nach Schilcher dem „affektierten Typus“ zuzuordnen wäre, explizit, das heißt innerhalb der Figurenrede, kritisiert. Die Kritik an Trudes vermeintlicher ‚Verfehlung‘ von Schlankheit als weiblicher Norm, welche zum einen, und für Trude am wirkmächtigsten, durch Melanie, aber zum anderen auch durch Sprotte, Frieda und Wilma gesetzt wird, wird innerhalb der Erzählerrede oder der Figurenrede Melanies wirksam. Trude wird als sehr emotional und sensibel dargestellt. Sie beißt oder kaut bei Nervosität auf ihren Lippen herum, sucht bewusst den Körperkontakt zu den anderen Mädchen, schluchzt, seufzt und ist weinerlich: „‚Verdammt, müssen wir uns wieder den Tag mit dieser Streiterei verderben?‘, fragte Trude mit zitternder Stimme. In ihren leicht geröteten Augen standen schon wieder die Tränen. Trude hatte sehr nah am Wasser gebaut.“ (WH 5: 45)34 Zudem wird sie als unsicher dargestellt und gerät leicht in Verlegenheit. Hinzukommt, dass Trude sehr schüchtern ist.35 Die übertriebene Emotionalität wird in der Figurendarstellung Trudes an ein bestimmtes Körperbild geknüpft, da die Darstellung dieser Figur eng an die Thematik ‚(Über-)Gewicht‘ gebunden ist. Erzählerisch wird dies über die überproportional explizite Darstellung der Nahrungsaufnahme dieser Figur inszeniert. So findet sich beispielsweise alleine im ersten Band zehnmal explizit die Erwähnung dieser Thematik, im zweiten Band fünfmal. Potenziert wird diese Darstellung mit der wiederholten Thematisierung der Unsportlichkeit dieser Figur: „schnaufende[…] Trude“

33 | Vgl. WH 4: 43. 34 | Vgl. dazu auch WH 1: 92; WH 2: 84, 145, 150; WH 3: 20; WH 4: 24. 35 | Vgl. dazu bspw. WH 5: 89.

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(WH 2: 20).36 Die Figur Trude wäre nach Schilcher somit dem „schwachen Mädchentypus“ zuzuordnen: „Mit einem geringen Selbstvertrauen und zu wenig erforderlicher Durchsetzungskraft korreliert oft die negative Einstellung zum eigenen Aussehen und die Einschätzung des eigenen Interessantheitsgrades für andere […]. Die Unzufriedenheit mit sich selbst, der Traum, eine andere zu sein, ist bei fast allen Mädchen dieses Typs ausgeprägt. Erst durch einen „katalysatorischen Eingriff“ in ihr Leben von außen schaffen sie es, ihr negatives Selbstbild abzubauen […].“ (Schilcher 2001: 48–49) In dieser Logik ist es daher auch nicht überraschend, dass sich Trudes Obsession mit dem eigenen Körper erst über den männlichen Blick als ‚katalysatorischem Eingriff‘ löst, was in doppelter Lesart die Anpassung an ein in heteronormativer Logik funktionierendes Schlankheitsideal impliziert, zum einen über die Tätigkeit des Abnehmens an sich37 und zum anderen über die Erlösung von dieser Tätigkeit über den männlichen Blick. Insgesamt lässt sich Maiwald zustimmen, dass „[d]ie Mädchen […] in Aussehen und Naturell verschiedene Weiblichkeitskonzepte“ (Maiwald 2007: 35) repräsentieren. Innerhalb der Figurenkonstellation der geschlechtshomogenen Bande sind scheinbar unterschiedliche Identifikationsangebote für die Leser_innen kompositorisch zusammengefügt. Diese unterschiedlichen Weiblichkeitskonzepte sind dabei aber größtenteils immer noch dem weiblichen Geschlechtscharakter38 verpflichtet. ‚Emotionalität‘ als Attribut trifft auf die gesamte Bande zu, wird nur unterschiedlich offen zum Ausdruck gebracht. ‚Stolz‘ als Figurenattribuierung lässt sich sowohl der Figur Melanie als auch Sprotte zuordnen. ‚Bescheidenheit‘, ‚Anspruchslosigkeit‘ und ‚Schlichtheit‘ lassen sich in der Figurenzeichnung von Trude wiederfinden. Die in der Figurenzeichnung enthaltenen progressiven Elemente lassen dennoch das Bild einer wirkmächtigen, aktiven und selbstbestimmten Mädchengruppe entstehen, da die Figuren „gerade in ihrer Gegensätzlichkeit zu einer starken girl power“ (ebd.; Herv. i. O.) zusammenwachsen. Wie für die Backfischliteratur liest sich „das Unangepaßtsein der Mädchen […] als Ausdruck ihres Noch-nicht-Erwachsenseins“ (Grenz 1997c: 202), was auch damit korreliert, dass die Anpassung der Mädchenfiguren zunimmt, desto mehr sie aus dem Bandenraum heraustreten, der der kindlichen Welt zuzuordnen ist. Des Weiteren liegt das Konzept ‚girl power‘ als Inszenierungsmuster weiblicher Ermächtigungsphantasien, wie noch zu zeigen ist, innerhalb der normativen Heterosexualität, wodurch es sich gleichzeitig relativiert.

36 | Vgl. dazu auch: „Sie machte nie mit beim Gummitwist, weil sie dabei wie ein Nilpferd schnaufte.“ (WH 3: 194); „keuchte Trude im Rennen“ (WH 6: 57). 37 | Vgl. dazu auch Wild 1997: 268. 38 | Vgl. Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit.

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Die Darstellung der Jungenfiguren ist eng an die Inszenierungsmuster der weiblichen Figuren gebunden, da in den vorliegenden Texten eine interne Fokalisierung mit der Figur Sprotte überwiegt, sodass die Jungenfiguren nur in der weiblich-männlichen Konfiguration betrachtet werden können, selbst wenn sie innerhalb der homosozialen Ordnung der Bande agieren. So entsteht für den ersten Band der Reihe folgendes Bild der Jungenfiguren: „Den Jungen um Anführer Fred hingegen fällt mit ihren ‚Spatzenhirnen‘ ([WH 1], 16) zunächst nicht viel mehr ein, als Mädchen zu ärgern. Anfangs als großmäulig, ‚unterbelichtet‘ (ebd., 49), autoritär und orthographieschwach (vgl. ebd., 140) gezeichnet, entwickeln sie erst in der Auseinandersetzung mit den Mädchen positive Qualitäten wie z. B. pro-soziales Verhalten.“ (Maiwald 2007: 35) Zu unterscheiden ist dabei zwischen verschiedenen Männlichkeitsmustern, die inszeniert werden. Während den Figuren Fred und Willi Attribute hegemonialer Männlichkeit39 wie Macht, Kraft, Stärke, Körperlichkeit bis hin zu Aggressivität, Selbstbewusstsein sowie körperliche bzw. sexuelle Reife zugeschrieben werden, finden sich für die Figuren Steve und Thorsten,40 genannt Torte, die genauen Gegenattribuierungen. Dazu gehören Schwäche, (körperliche) Unterlegenheit und Infantilität. Auf struktureller Ebene wird so das schon für die Mädchenbande genutzte System von Oppositionen zur Figurencharakterisierung wiederholt. Die Figuren Steve und Torte sind innerhalb des homosozialen Gruppengefüges dem Typus marginalisierter Männlichkeit zuzuordnen, was auch körperlich inszeniert wird: „Willi hielt den kichernden Torte im Schwitzkasten, und Fred kitzelte Steve durch.“ (WH 3: 38) Die beiden in marginalisierter Position inszenierten Jungenfiguren überspielen ihre ‚Schwächen‘ durch extreme Selbstinszenierungsstrategien innerhalb der homosozialen Ordnung, wodurch zumindest komplizenhafte Männlichkeit möglich wird und sich beispielsweise im gemeinsamen Erzählen sexualisierter Witze niederschlägt,41 womit die Aufwertung der eigenen männlichen Position über die Abwertung der weiblichen verläuft. Männlichkeit wird zusätzlich über das gemeinsame Erleben von Prügeleien perpetuiert: „Bloß die Pygmäen mussten nachsitzen, weil sie sich in der ersten großen Pause mit ein paar Jungs aus der Parallelklasse geprügelt hatten.“ (WH 3: 98; Herv. i. O.) Die Darstellung der Jungenfiguren ist dabei insbesondere in der weiblich-männlichen Konfiguration, im direkten und unbeobachteten Kontakt mit der jeweiligen Partnerin, vielschichtig, während im homosozialen Gefüge und im Gegenüber der Banden der Aspekt 39 | Vgl. Kapitel 3, da die in den Geschlechtscharakteren zusammengestellten Attribuierungen von Männlichkeit auf das kulturelle Ideal hegemonialer Männlichkeit verweisen. 40 | Die Namensschreibung ist uneinheitlich. Im 1. Band schreibt sich der Name mit ‚h‘, im dritten ohne (vgl. WH 3: 61). 41 | Vgl. dazu WH 6, 101.

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der Grenzarbeit, des ‚border work‘, größere Beachtung erfährt. Den Figuren Fred und Willi können somit sowohl Muster hegemonialer Männlichkeit als auch Eigenschaften des ‚neuen Jungen‘ zugeordnet werden. In Situationen, in denen Fred Sprotte imponieren will, steigern sich zunächst Demonstrationen von Mut und Stärke. So muss er beispielsweise trotz seiner Unerfahrenheit im Umgang mit Pferden vor Sprotte demonstrieren, dass auch er reiten kann, um sich von der männlichen Konkurrenz abzuheben und seine eigene Position aufzuwerten: „‚Seh ich nicht aus wie ein richtiger Cowboy? Ho!‘, rief er und presste Fafnir die Hacken in die Seiten. Der Wallach riss den Kopf hoch, im selben Moment, in dem Sprotte ihre Hand in sein Halfter schieben wollte. Fafnir scheute vor ihr zurück, drehte um und lief los. Erschrocken klammerte Fred sich an seinen Hals, versuchte irgendwo Halt zu finden.“ (WH 4: 173f.) Mit dem Bild des Cowboys wird auf ein stereotyp männliches Klischee verwiesen, das für Stärke, Unabhängigkeit und Freiheit steht. Indem der Reitversuch fehlschlägt, besteht nun die Gefahr, dass diese Attribute in ihr Gegenteil verkehrt werden. Um dies zu verhindern und somit die Position im homosozialen Beziehungsgefüge wie in heterosozialer Dimension aufrecht zu erhalten, werden Muster hegemonialer Männlichkeit wie Aggression als Reaktionsmuster reaktiviert: Die Pygmäen aber nahmen ihren ramponierten Chef in die Mitte und setzten sich mit ihm auf das alte Sofa. Sprotte fand, dass sie sich wirklich alle Mühe gaben, nicht loszulachen. Aber Fred schien selbst ihr Schweigen zu ärgern. „Der Erste von euch, der einen Spruch bringt“, knurrte er, „kriegt von mir eine reingehauen. Meine linke Schulter ist nämlich noch ganz in Ordnung.“ „He, he, wir haben doch gar nichts gesagt, Cowboy!“, verteidigte sich Steve. „Nein, keinen Ton“, meinte Torte. „Wir haben nicht mal gesagt, dass es ziemlich blöd wäre, sich den Hals zu brechen, nur um einem Huhn zu imponieren. Auch wenn es das Oberhuhn ist.“ Fred holte zu einer Ohrfeige aus, aber er nahm den falschen Arm – und zog ihn stöhnend zurück. (WH 4: 177)

Ängste werden verdrängt und hinter einer Maske aus Stärke verborgen, die aber gleichzeitig eine Relativierung erfährt: „‚Wieso, denkst du etwa, ich hab Angst vor den Biestern?‘ Fred stützte sich lässig auf den Brunnenrand – und fuhr herum, als Brunka ein paar Meter hinter ihm hustete. Sprotte lachte. ‚Du hast doch Angst!‘, sagte sie. ‚Ach was!‘ Fred zögerte einen Moment, aber dann stapfte er auf die Stute zu und klopfte ihr den Hals. Mit lang gestrecktem Arm.“ (WH 4: 170) Ein weiterer Bestandteil dieser Maskerade ist eine Tendenz zur Aggressivität, welche als Problemlösestrategie angewendet wird: „‚Hört mal‘, sagte Fred und blieb neben ihr stehen. ‚Wilma hat uns das mit Frieda erzählt. Eine echte Schweinerei. Sollen wir dem falschen Romeo dafür den Pullover verbeulen?‘“ (WH 4: 231). Die im Kampf zugezogenen Wunden werden zu Aus-

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zeichnungen stilisiert und hervorgehoben.42 Aufgrund der Demonstrationen von Stärke und Unberührbarkeit, die mit der Praxis der Hegemonialität einhergehen, fällt es Fred schwer, Hilfe anzunehmen: „Mit einem Seufzer erhob er sich vom Sofa und stieß die helfenden Hände von Torte und Willi ärgerlich zur Seite. ‚He, was soll das? Ich bin doch kein Invalide‘, knurrte er.“ (WH 4: 178) Freds Selbstsicherheit ist zentraler Bestandteil seines Selbstbildes. Dabei ist die Selbstdarstellung nach außen immens wichtig. Fred gibt sich überlegen und betont männlich, eine Inszenierungsstrategie, die aber an einigen Stellen aufbricht, um sofort wieder hergestellt zu werden: „Er streckte dem Freund kumpelhaft die Hand hin. ‚Torte.‘ […] ‚Warte.‘ Fred rannte ihm nach und umarmte ihn jetzt einfach. ‚Du wirst immer mein Freund sein und …‘ Fred schniefte und witzelte seine Gefühle weg. ‚Und du hast da was am Hemd.‘ Torte schaute auf sein Hemd und bekam im gleichen Moment einen Nasenstüber von Fred, den Torte aber sofort mit einem gespielten Karateschlag quittierte.“ (WH 6: 96–97) Wichtige Positionen in Freds Leben nehmen sein Vater und Großvater ein. In dieser männlichen Genealogie werden stereotyp männliche Aktivitäten eingeübt und tradiert: „Fred hätte seinen Vater vermisst. Er mochte seinen Vater. Er mochte ihn sehr. Er ging mit ihm zum Fußball und ins Kino und sie sahen sich im Fernsehen zusammen stundenlang irgendwelche todlangweiligen Autorennen an. Für so was war ein Vater vermutlich ganz lustig.“ (WH 5: 68f.) oder auch „Freds Großvater – den hatte sie ganz vergessen. Er hatte Fred beigebracht, wie man ein Baumhaus baut, wie man feste Knoten bindet und Kaffee kocht. Ja, für seinen Großvater würde Fred sofort nach Hause fahren.“ (WH 4: 212) Eine ähnliche gleichgeschlechtliche Genealogie findet sich in der Darstellung von Sprottes Familie, was somit als ein weiteres Element der parallelisierten Figurendarstellung fungiert. Unsicherheiten der männlichen Figuren werden nur im Eins-zu-eins-Kontakt expliziert, beispielsweise wenn es darum geht, Gefühle zu verbalisieren: „‚Tja, also dann Oberhuhn …‘, sagte er, als sie vor der Haustür standen. ‚Ich …‘“ (WH 4: 228). Kompensiert wird dies durch Aktivität, das Ergreifen der Initiative, womit wiederum Schwäche durch hegemoniale Muster überlagert wird: „Fred seufzte und stand mit der Hand auf der Türklinke da, bis Dafne verschwunden war. Dann fuhr er sich durch das rote Haar. ‚Bevor jetzt noch jemand kommt‘, sagte er und beugte sich zu Sprotte vor, ‚wollte ich das endlich mal erledigen.‘ Und bevor Sprotte wusste, was ihr geschah, hatte er sie geküsst. Mitten auf den Mund.“ (WH 4: 229) Durch diese Initiative wird eine weitere Ebene hegemonialer Muster eröffnet, welche mit der Darstellung sexueller Bedürfnisse und Potenz einhergeht. So ergreift Fred zum einen ebenfalls die Initiative, als es um die ersten sexuellen Erfahrungen in der Beziehung geht.43 42 | Vgl. WH 5: 165. 43 | Vgl. WH 6: 14.

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Zum anderen wird durch die wiederholte Betonung der Promiskuität sexuelle Potenz als Bildebene eröffnet. Während Sprotte die sexuelle Annäherung erst spielerisch sieht und dann ablehnt, ist Fred von dieser Zurückweisung persönlich zutiefst getroffen und wird verletzend, was die Bindung von Sexualität an Männlichkeit zementiert.44 Relativiert wird dieser starke Konnex auf der Erzählebene dadurch, dass auch in diese thematische Dimension die Darstellung von Unsicherheit eingezogen wird. Da dies aber aus Perspektive des weiblichen Gegenparts formuliert wird, wird wiederum die Relativierung zurückgenommen, zumal die sexuelle Zurückweisung durch ein anderes Mädchen kompensiert werden kann. Dadurch, dass sich identische Verhaltensweisen für die Figur Willi zeigen lassen, wird das Erzählmuster hegemonialer Männlichkeit weiter tradiert. Willi, eigentlich Wilhelm, ist das stereotyp männlichste Bandenmitglied: „Hinter Fred und Steve stand groß und breit das vierte Bandenmitglied – Willi, den alle den Würger nannten, weil er im Streit gleich jeden in den Schwitzkasten nahm. Willi machte ein richtiges Frankenstein-Gesicht.“ (WH 1: 49) Männlichkeit wird in dieser Figur über Aggressivität hergestellt. Dabei ist dieses Verhaltensmuster aber erzählerisch motiviert, da es vor allem durch Willis familiäre Situation bedingt zu sein scheint, da sein Vater ihn schlägt, womit die stereotype Figurenzeichnung kompensatorischen Charakter erhält, da Willi durch sein Dasein als geprügeltes Kind in deutlicher Opferhaltung positioniert wird. Aufgrund seines aggressiven Verhaltens wird er trotz dieser Hintergründe als Rüpel stilisiert. Dieses rüpelhafte Gebaren äußert sich zum einen in harmlosen Streichen (WH 2: 65) und zum anderen in regelrechten Wutausbrüchen: In dem Moment rastete Willi aus. „Die ganze Arbeit!“, brüllte er. „Alles umsonst!“ Er packte den Kistentisch so, dass Steves Karten und die Pappbecher in alle Richtungen flogen, und schmiss ihn runter in den Tümpel. Dann trat er wie rasend gegen die Baumhauswände, bis eins der Bretter zersplitterte, riss es ab und schleuderte es auch in die Tiefe. Den Kassettenrekorder konnte Steve gerade noch retten, aber ihre Pinsel, die leeren Farbdosen, alles, was Willi in die Finger bekam, flog in den Tümpel und versank glucksend im Morast. (WH 3: 94f.) 45

Wird das aggressive Verhalten in seiner Dominanz durch das Aufzeigen von Handlungsalternativen erzählerisch durchbrochen, so wird es in unterschiedlichen Situationen anders bewertet, aber nie abgewertet. Während seine Ausbrüche in ihrer Exzessivität kritisierbar sind, scheinen sie doch immer in Begründungszusammenhänge eingebettet und werden somit nie als völlig 44 | Vgl. WH 6: 15f. 45 | Vgl. dazu auch WH 3: 94, 158–159.

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unmotivierte Entladung aggressiven Potentials dargestellt. In anderen Situationen geschieht sogar eine positive Umwertung, wenn Aggression als Zeichen von Stärke gewertet wird: „Willi. Wenn es irgendeinen Pygmäen gab, der es mit Mellis Freunden aufnehmen konnte, dann war er es. […] Und dann endlich war Willi da. Er zerrte zuerst den weg, der Fred von hinten gepackt hatte, schlug ihn zu Boden und ging auf den nächsten los, wütend und ebenso Furcht einflößend wie ein bissiger Hund.“ (WH 5: 161–162) Ähnlich wie bei Fred bricht Willis an hegemonialen Mustern orientierte Fassade in der Kommunikation mit einer weiblichen Figur, hier Melanie, auf: „Willi guckte Melanie an, guckte weg und guckte wieder zu ihr hin. Aber er brachte keinen Ton heraus. Melanie kicherte und warf ihre Locken zurück. ‚Na, willst du nun tanzen oder nicht?‘, fragte sie. Willi nickte und murmelte irgendwas Unverständliches.“ (WH 2: 177)46 Während in den ersten Bänden Willis Selbständigkeit und Unabhängigkeit als zentrale Motive herausgearbeitet werden, wird dies im vierten Band zurückgenommen. Als Melanie ohne Willi in den Reiturlaub fährt, wird er als von Sehnsucht erfüllt (WH 4: 146) dargestellt. Diese Sehnsucht äußert sich zunächst in eifersüchtigem Verhalten und wirkt besitzergreifend: „Willi sah Melanie immer noch an, als hätte er gerade erfahren, dass sie ihn mit mindestens drei anderen Jungen betrogen hatte.“ (WH 4: 37) Deutlich wird an dieser Stelle, dass Willi versucht seine Partnerin zu vereinnahmen, was sich auch auf der körperlichen Ebene niederschlägt: „‚Solange das Küssen nicht verboten ist!‘ Willi lehnte sich neben Melanie an den Zaun und legte ihr den Arm um die Schulter.“ (WH 4: 168) oder „‚Wie unbequem!‘, brummte Willi und zog Melanie auf seinen Schoß.“ (WH 4: 223) Des Weiteren findet sich auch für diese Figur die Inszenierung von Promiskuität: „Deshalb erzählte Sprotte ihr auch nichts von Freds bösem Verdacht, dass Willi immer noch mit Nana zusammen war. Irgendwann würde Melli es schon erfahren, irgendwann … Und vielleicht stimmte es ja auch gar nicht. ‚Was zerbrichst du dir darüber den Kopf?‘, sagte Fred. ‚Selbst wenn es stimmt – was soll's? Willi hat oft zwei Freundinnen gleichzeitig. Das schafft er locker.‘“ (WH 5, 187) Gebunden an die männliche Perspektive, die sich in der Figurenrede niederschlägt, wird an dieser Stelle eine gewisse Art von Respekt offensichtlich, die dem Freund entgegengebracht wird. Eine Reflexion – auch aus weiblicher Perspektive – unterbleibt. Stattdessen werden hegemoniale Argumentationsmuster eingeübt, da die männliche Figur ihr Verhalten damit rechtfertigt, dass die Beziehung nicht mehr funktioniert habe: „‚Weißt du, Frieda, warum ich die ganze Zeit mit Melanie reden wollte?! Unsere Beziehung läuft nicht mehr. Schon lange nicht mehr.‘ […] ‚Hast du deshalb damals was mit Nana angefangen?‘ ‚Das war nichts Ernstes.‘ Willi zögerte. ‚So was passiert einfach mal. Nur Geplänkel, wie jetzt bei Fred und Sabrina.‘“(WH 6: 170–171) Während ihm die Gefühle seiner Freundin an 46 | Vgl. dazu auch WH 3: 92.

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dieser Stelle scheinbar nicht wichtig sind und er eine emotionale Verletzung billigend in Kauf nimmt, wird Willi im direkten Kontakt zu seiner jeweiligen Partnerin durchaus sensibel und einfühlsam gezeichnet: „Willi ging neben Melanie in die Hocke. ‚Was hast du denn?‘ Melanie schüttelte den Kopf. ‚Du weinst ja.‘ Willi streichelte ihr über die Haare. Aber Melanie schüttelte seine Hand ab.“ (WH 6: 104). Dabei verfährt er nicht unbedingt geduldig und empfindet Melanies Gefühlsausbrüche als peinlich (WH 6: 58) bzw. zickig (WH 6: 104). Den Grund für ihr Verhalten vermutet er in ihrer Menstruation (WH 6: 59), womit der Mythos ‚weiblicher Hysterie‘ fortgeschrieben wird. Andererseits macht Willi Melanie Komplimente47 und versucht sich in romantischen Gesten: „‚Hier, die wollte ich dir eigentlich erst heute Abend schenken.‘ Er drückte Melanie die Lampe in die Hand, ‚Damit du dich in der Jugendherberge nachts in mein Bett schleichen kannst.‘“ (WH 6: 59), welche aber leicht als sexuelle Anspielung verstanden werden könnten. Willis Selbstsicherheit im Umgang mit seiner Freundin bricht zusammen, als er erfährt, dass Melanie scheinbar schwanger ist. Er will, dass sie das Kind abtreiben lässt, und stellt sogar seine Vaterschaft infrage.48 Diese Vorwürfe werden aber als Ausdruck seiner Angst, als Vater versagen zu können, gewertet und somit in ihrer Negativität relativiert. Wenn Willi als das körperlich stärkste Mitglied der Bande gesehen werden kann, ist Steve auf der Ebene der Körperlichkeit seine Kontrastfigur. Er wird auf der ersten Seite schon als „der dicke Steve“ (WH 1: 7) eingeführt, was ihn unwillkürlich in Verbindung zu Trude, aber auch zu Melanie, der „schönen Melanie“, rückt, da auf sein Äußeres im Vergleich zu den anderen männlichen Figuren ebenso extrem häufig hingewiesen wird.49 Thematisiert werden seine „kurzen, dicken Finger“ (WH 1: 119), der „‚[…] dicke[…] Hintern […].‘“ (WH 1: 118), „sein rundes Gesicht“ (WH 2: 15) sowie „‚[…] sein[…] Hängebauch.‘“ (WH 3: 122) Zusätzlich wird immer wieder seine körperliche Schwäche und Unterlegenheit betont: „‚Du mein Schwein!‘, japste Steve und kam die Leiter hoch.“ (WH 4: 224) Steves Lieblingshobby ist die Zauberei. Daneben scheint er aber nur am Essen interessiert, was immer wieder, ähnlich der Figurencharakterisierung Trudes, explizit thematisiert wird: „Fred, Willi und Torte waren fertig mit dem Essen, aber Steve schaufelte sich gerade die nächste Portion auf den Teller.“ (WH 2: 66)50 In seinem Verhalten wird er als sehr infantil dargestellt, was besonders im homosozialen Gefüge in Kombination mit der Thematisierung von Sexualität in Anwesenheit der Mädchenbande und somit in weiblich47 | Vgl. WH 6: 159. 48 | Vgl. WH 6: 170–171. 49 | Eine ähnliche Häufung körperlicher Attribuierung findet sich nur in seiner positiven Umkehrung für die Figurencharakterisierung von Melanie. 50 | Vgl. dazu auch WH 2: 17.

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männlicher Konfiguration sichtbar wird: „‚Wie wär‘s? Steve sucht noch eine Jungfrau zum Zersägen!‘, rief Torte. ‚Stellt sich eine von euch zur Verfügung? Oder seid ihr keine Jungfrauen?‘ Steve zog verlegen den Kopf ein. Er kicherte wie ein Erstklässler.“ (WH 2: 120)51 Steve versucht beständig, seine Position in der Bande zu sichern und als gleichwertig anerkannt zu werden. Thematisierte Strategien sind dabei einerseits die Inszenierung als Clown der Bande („Steve fuchtelte ununterbrochen mit beiden Händen in der Luft herum und schnitt Gesichter – Steve hatte mehr Gesichtsausdrücke auf Lager als Melanie T-Shirts im Schrank“ [WH 5: 157–158]) und andererseits die Übernahme vermeintlich erwachsener Verhaltensmuster wie dem Trinken von Alkohol, hier erneut verbunden mit der Thematisierung von Sexualität: „Verstohlen schaute Steve sich um und ließ dann die anderen Pygmäen einen Blick in seinen Rucksack werfen. ‚Damit kriegst du jede rum … Und wenn du selbst genug davon intus hast, sind die Girls in der Jugendherberge alle so sexy wie …‘ Steve verschluckte sich fast.“ (WH 6: 55) Deutlich wird an dieser Stelle aber vorrangig Unsicherheit, die durch Ersatzhandlungen kompensiert wird. Ein weiterer Aspekt der Figurencharakterisierung ist die Darstellung von Ängstlichkeit, wie beispielsweise seine Angst vor Spinnen, die immer wieder und insbesondere in Anwesenheit der Mädchengruppe hervorgehoben wird: „‚Igitt!‘, schrie Steve und sprang wie von der Tarantel gestochen auf. ‚‘Ne Spinne! Eine riesengroße Spinne!‘ ‚Wo denn?‘, rief Sprotte. ‚Auf meinem Schoß!‘, kreischte Steve. ‚Auf meinem Schoß ist sie gelandet! Igitt! Da! Jetzt sitzt sie auf meinem Ärmel!‘ Wie wild schlug er mit seinem Arm um sich – und fegte die Teekanne vom Tisch.“ (WH 1: 152). Seine Ängste52 sind so ausgeprägt, dass sie sich nicht verbergen lassen. Seine Erklärungsmuster geben ihn dann erneut der Lächerlichkeit preis: „Hast du etwa Angst vor Pferden?“, fragte sie und musterte Steve so verächtlich, dass er sich nervös die Brille zurechtrückte. „Natürlich. Weil sie größer sind als ich“, antwortete er ärgerlich. „Und weil sie zwei Beine mehr haben und ziemlich große gelbe Zähne. Mädchen haben bloß deshalb keine Angst vor Pferden, weil sie ein kleineres Gehirn als Jungen haben.“ Dafür trat Lilli ihm auf den Fuß, schnell und fest. Steve brüllte, als hätte ihn ein Pferd getreten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht hüpfte er auf einem Fuß herum. Und hörte erst damit auf, als er merkte, dass die Pferde neugierig zu ihm herübersahen. (WH 4: 147)

Was an dieser Stelle ebenfalls herausgestellt wird, ist die Tatsache, dass ihm ein jüngeres Mädchen körperliche Schmerzen zufügen kann, was die Schwäche der Figur erneut steigert. Durch dieses Verhalten wird seine Position in 51 | Vgl. dazu auch WH 2: 77. 52 | Steve hat Angst vor Spinnen, vor der Dunkelheit (WH 4: 157), Gespenstern sowie vor Pferden (WH 4: 146).

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der Bande zusätzlich gemindert und die Figurencharakterisierung entlang von Mustern marginalisierter Männlichkeit fortgeschrieben. Seine als kieksend beschriebene Stimme unterstützt diese negative Figurenzeichnung zusätzlich (WH 1: 60). Dies ist jedoch nur eine Seite der Darstellung, da Steve diese ‚Schwächen‘ durch ein enormes Selbstbewusstsein zu kompensieren weiß.53 Eine zusätzliche Aufwertung erfährt er durch das Theaterspielen, da ihm dort ein enormes Talent bestätigt wird: „Er verblüffte sie alle. Der dicke, etwas behäbige Steve brachte es tatsächlich fertig, gefährlich zu wirken“ (WH 4, 226), wobei der durch das Adjektiv ‚tatsächlich‘ betonte Gegensatz den positiven Eindruck relativiert. Kritisch zu hinterfragen wäre an dieser Stelle, welche Bilder mit welchen körperlichen Konstitutionen verbunden werden und welche Formen von Diskriminierung der Tiefenstruktur der Romane immanent sind. Ein übersteigertes Selbstbewusstsein scheint innerhalb der Bandenkonstellation der Pygmäen ein verbindendes Element zu sein, welches im Hinblick auf die Motivierung differiert. Während Fred in der Position des Anführers diesen Habitus zur Maskerade von Schwäche nutzt, um seine Stellung zu stützen, gründet sich Willis Selbstbewusstsein auf die Maskerade seiner Unsicherheit aufgrund seiner prekären familiären Situation. Steve und Torte nutzen diese Strategie, um körperliche Unterlegenheit zu kompensieren. Als „das kleinste und lauteste Mitglied“ (WH 1: 49)54 ist Torte, der eigentlich Thorsten heißt, der Witzbold der Bande: „Ständig riss er irgendwelche Witze, über die nur er selber lachen konnte.“ (WH 1: 49).55 Diese Albernheit führt in eine kindliche Attribuierung über und wird noch dadurch unterstützt, dass er sich scheinbar noch nicht im Stimmbruch befindet,56 was seine Infantilität erneut betont, und auf der anderen Seite das scheinbar erwachsenere Verhalten von Fred und Willi betont und somit die hegemoniale Norm bestätigt. Die negative Figurenzeichnung wird noch dadurch gesteigert, dass Torte aus erwachsen weiblicher Perspektive als nicht allzu intelligent dargestellt wird: „‚Mein lieber Torsten, du hast vielleicht auf dem Kopf derzeit mehr als Trude, aber was den Inhalt deines Kopfes betrifft, so mach ich mir da doch langsam etwas Sorgen.‘ ‚Hä, wie?‘, murmelte Torte verdattert. Aber Frau Rose sagte nur: ‚Siehst du?‘, und ging mit energischen Schritten zur Tafel zurück.“ (WH 3: 61) Im Grunde spitzt sich die gesamte Figurenzeichnung auf seine Unsicherheit zu, die darin kulminiert, dass er im letzten Band noch nicht einmal seinen Freunden anvertraut, dass er wegzieht, und sich stattdessen betrinkt (WH 6: 80). Wie Steve hat auch Torte keine gefestigte Position in der Konstellation zur Mädchengruppe. Aber im Gegensatz zu Steve wird Torte in ständigen Verliebt53 | Vgl. dazu beispielsweise WH 2: 177. 54 | Vgl. dazu auch WH 2: 13. 55 | Vgl. dazu auch WH 3: 190. 56 | Vgl. dazu WH 5: 63.

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heitszuständen kontextuiert. Erst steht Melanie im Zentrum seines Interesses (WH 1: 104) und dann Frieda. In seiner Verliebtheit zeichnet er sich durch eine immense Hartnäckigkeit aus, welches sich als Motiv durch den gesamten dritten Band zieht 57 und sich ebenso im vierten Band wiederfindet. (WH 4: 145) In seiner Eifersucht wird die Figur der Lächerlichkeit preisgegeben, von seinen Freunden nicht ernstgenommen und durch Vergleiche negativ gezeichnet: „‚Den Romeo, natürlich!‘ Torte knurrte wie ein kleiner [!] Hund, dem jemand auf die Pfote getreten war.“ (WH 4: 151), und wird somit in der marginalisierten Position bestätigt. Dieses Muster wird zusätzlich durch eine extreme Infantilität bestätigt, wenn es um das Thema Sexualität geht, was sich in anzüglichen Anspielungen niederschlägt: „‚Aber ich wünsch auf jeden Fall viel Spaß mit dem Oberhuhn.‘ Wieder begann er hysterisch zu kichern, Willi presste ihm die Hand auf den Mund und zerrte ihn zurück.“ (WH 5: 68) Durch diese Anzüglichkeiten versucht er sich aufzuwerten und männlich zu inszenieren. Diese Männlichkeitsinszenierungen werden aber immer wieder ins Gegenteil verkehrt. Indem Fred und Willi durch die damit einhergehende Abwertung in ihrer Wirkmächtigkeit aufgewertet werden, wird wiederum das hegemoniale Prinzip bestätigt. Die dichotomen Inszenierungsmuster innerhalb der Figurenkonstellation der Pygmäen finden in der hierarchischen Struktur der Bande ihre Entsprechung. Fred wird als unhinterfragter Anführer inszeniert: „Was Fred sagte, passierte. So war das bei den Pygmäen. Fred war der Chef. Jungs haben gern einen Chef, sagte Sprotte immer.“ (WH 2: 123–124) Die dieser hierarchischen Struktur gegenüberstehende demokratische Ausrichtung der Wilden Hühner reiht sich ein in die die Reihe durchziehenden Kontrastpaare, auch wenn innerhalb der Bande der Wilden Hühner ebenso Über- bzw. Unterlegenheitsstrukturen zwischen den Mädchenfiguren deutlich gemacht werden. Die grundsätzliche Gleichberechtigung motiviert erzählerisch, dass die Mädchen innerhalb ihrer Gruppe im Kontext von Aushandlungsprozessen eher authentisches Verhalten zeigen, also Stärken wie Schwächen und Unsicherheiten, womit ein weiteres weibliches Klischee, nämlich das der Neigung zu Beziehungsarbeit, tradiert wird.58 Die Thematisierung der Mädchenfreundschaften weist zudem wieder auf eine Tradition der Mädchenliteratur zurück, in der die Darstellung dieses Beziehungsmusters einen „zentralen Stellenwert innerhalb der Beziehungen zu anderen ein[nimmt]. Sie bieten einen Freiraum gegenüber der Außenwelt, in dem Ängste, Wünsche und sexuelle Neugier einen Platz finden und in dem Mädchen durch eine Freundin Unterstützung, Selbstbestätigung und Identitätsversicherung erfahren.“ (Keiner 1994: 116) Daher ist die Exklusivität 57 | Vgl. dazu auch WH 3: 64. 58 | Ähnliches stellt Kalbermatten für Hermine im Kontext der „Harry Potter“-Romane fest (2011: 207).

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dieser Freundschaften, wie sie innerhalb der Bandenstruktur noch einmal betont werden kann, entscheidend.59 Als weiterer Aspekt wird das durch den Gegensatz einer hierarchisierten zu einer demokratischen Gruppenstruktur angelegte geschlechtsspezifische Schema durch Inszenierungsmuster von Anführerschaft noch weiter ausgeführt. Fred fühlt sich den anderen Jungen, vor allem Steve und Torte, überlegen und kommandiert sie herum. Er bestimmt, was gemacht wird, und agiert dabei gebieterisch: „‚Setz dich, Steve!‘, knurrte Fred und goss sich noch einen Kaffee ein“ (WH 4: 150),60 während Sprotte als Anführerin der Wilden Hühner auf Aushandlungsprozesse angewiesen ist und überstimmt werden kann. Die homosoziale Gruppe erfüllt, trotz ihrer unterschiedlichen Inszenierungsmuster, für beide Geschlechter eine ähnliche Funktion. Die Bande ist Schutz- sowie Rückzugsraum und fungiert dabei als Ersatzfamilie,61 was inhaltlich durch die verschiedenen familiären Hintergründe der Figuren motiviert ist.62 Traditionelle Familienstrukturen werden als in der Auflösung begriffen dargestellt. Von den vier ‚vollständigen‘ Familien wird im Verlauf der Reihe ein Elternpaar geschieden (WH 2) und in einer anderen wird das Thema ‚Fremdgehen‘ (WH 6) thematisiert. Einzig die Partnerschaften von Wilmas und Melanies Eltern scheinen intakt, werden aber beide insgesamt wenig thematisiert. Beide Familienstrukturen sind zudem problembelastet, in Melanies Fall durch die Arbeitslosigkeit des Vaters und in Wilmas Fall durch eine in Bezug auf ihre Tochter überambitionierte Mutter. Die Familienstrukturen der Pygmäen erfahren aus der Perspektive der weiblichen Erzählinstanz wenig Beachtung, lediglich die Familiensituation von Willi wird, wie oben dargestellt, wiederholt thematisiert. Damit bestätigt sich, was Grenz 2005 als Bedeutungswandel der Familie im Mädchenbuch konstatiert: „Die Familie erscheint nicht mehr als Ort der Geborgenheit und Harmonie. Es wird beschrieben, was es an Spannungen, Konflikten, Hilflosigkeiten, aber auch an emotionaler Wärme geben kann.“ (Grenz 2005: 342) Gleichzeitig übernehmen die vorliegenden Romane Muster des psychologisch orientierten Mädchenbuchs, indem durch die Ausrichtung auf die an die Figur Sprotte gebundene interne Fokalisierung der Fokus auf die ‚Teilfamilie‘ gelegt wird: „An die Stelle der vollständigen Familie mit autoritären Strukturen und traditioneller Rollenverteilung tritt häufig die Teilfamilie (als Mutter-Tochter- oder auch Vater-Tochter-Familie) mit liberalem oder auch laissez-faire-Erziehungsstil sowie einer erotisch attraktiven Mutterfigur, die berufstätig ist oder ihr Leben – was allerdings negativ konnotiert ist 59 | Vgl. Schilcher 2001: 204. 60 | Vgl. auch WH 3: 93. 61 | Vgl. dazu auch Kochte 2003: 54. 62 | Vgl. zur Bedeutung und Struktur familiärer Räume in den „Wilden Hühnern“: Wigbers 2009: 70–71.

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– dem Konsum widmet.“ (Grenz 2008: 385) Vor diesem Hintergrund erscheint die Beziehung Sprottes zu ihrer Mutter geradezu prototypisch. Der Auf bau einer weiblichen Genealogie, wie er in männlicher Tradition in den „Wilden Fußballkerlen“ vor allem auf handlungsexterner Ebene nachgewiesen werden konnte,63 wird in der vorliegenden Reihe ansatzweise durch die enge Beziehung von Mutter und Tochter sowie die Beziehung zur ebenfalls alleinstehenden Großmutter handlungsintern ausgestaltet. Sprottes Mutter entspricht daher nach Schilcher weitestgehend dem Typus der „normal positiv bewerteten Mutterfigur“: Sie ist mit großer Selbstverständlichkeit – und ohne ein schlechtes Gewissen zu haben – berufstätig. Trotzdem baut sie eine emotional stabile, zuverlässige Beziehung zu ihrem Kind auf. Sie zeigt Verständnis, ist Gesprächspartnerin in Krisensituationen und verhält sich dem Kind gegenüber eher partnerschaftlich als autoritär. […] Insgesamt entsteht so das Bild einer in verschiedenen Lebenslagen und angesichts unterschiedlicher Rollenerwartungen ‚perfekten‘ Frau, die es mehr oder weniger mühelos schafft, sich in ihrem Beruf zu verwirklichen, den Haushalt zu führen, für das Kind oder die Kinder Mutter und Partnerin zu sein und dabei noch attraktiv und jugendlich aussieht. Zwar kommt es zur Schilderung von Schwierigkeiten, das dieses Modell mit sich bringt, doch werden die Lebensumstände der Familie wie auch die psychische Beschaffenheit des Kindes so dargestellt, dass diese relativ leicht ausgeräumt werden können. (Schilcher 2001: 80–81)

Das der Beziehung von Sprotte und ihrer Mutter zugrundeliegende Muster wird durchaus problembehaftet dargestellt. Dabei werden einerseits Aushandlungsprozesse thematisiert, die konstruktiv zu werten sind, andererseits werden aber auch innerhalb der rein weiblich imaginierten Familiengenealogie Klischees, wie das der weiblichen Hysterie,64 reproduziert, mit dem Ergebnis, dass das jüngste Mitglied der Genealogie ermächtigt wird. Die Figur der Großmutter ist Reibungspunkt für Mutter und Tochter zugleich. Dabei ist die Figur eher dem Typus der „unkonventionellen Großmutter“ zuzuordnen, für die gilt, dass „Begriffe wie ‚Fürsorglichkeit‘, ‚Häuslichkeit‘ und ‚Angepasstheit‘ […] nicht zu[treffen]“ (ebd.: 94). Insbesondere der Aspekt der fehlenden ‚Fürsorglichkeit‘ und ‚Warmherzigkeit‘ wird wiederholt thematisiert, was sich auch an dem eher angstvoll besetzten Verhältnis Sprottes zu ihrer Großmutter zeigt. Gleichzeitig erfüllt die Figurenzeichnung der Großmutter auch konventionelle Muster:

63 | Vgl. Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit. 64 | Vgl. dazu WH 3: 30.

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Archaisierung und Pinkifizierung ‚Ordnung‘, ‚Sauberkeit‘, ‚Anstand‘, ‚richtige Kleidung‘, ‚strenge Erziehung‘ sind Begriffe, mit denen die Großmütter dieses Typs korreliert werden. Oft werden sie in Opposition gesetzt zu den Müttern der Kinder, die einen modernen, integrativen Erziehungsstil praktizieren, emanzipiert und berufstätig sind und weniger Wert auf Ordnung und Sauberkeit legen. Negatives und positives Frauenbild lassen sich so kontrastieren, vielleicht einer der Gründe, warum konventionelle Großmütter in den Texten gehäuft auftreten. (Ebd., 95)

Das Motiv des alleinerziehenden Elternteils dient im Hinblick auf die Handlung der Legitimation kindlicher Freiräume und ermöglicht des Weiteren die Inszenierung von Sprotte als ‚unabhängigem Freigeist‘. Die Vaterfigur nimmt trotz ‚körperlicher‘ Abwesenheit einen beträchtlichen Erzählraum ein und wird wiederholt als Sehnsuchtsziel und persona non grata zugleich thematisiert: „Sprotte hatte keine Geschwister. Ihre Mutter fuhr Taxi und war meistens nicht zu Hause. Und ihr Vater – na, der war nicht da und den erwähnte man besser nicht.“ (WH 1: 12) Auf der Ebene der inhaltlichen Darstellung dieser Ambivalenzen kommt es gerade nicht zu einer expliziten „Abwertung des Vaters durch die Mutter“ (2007: 27), wie sie Schilcher für die „Wilden Hühner“ konstatiert. Die Abwertung ist gebunden an die kindliche Perspektive und ändert sich zum Ende des 5. Bandes, als Sprottes Vater plötzlich wiederkehrt und aus Sprottes anfänglicher rigoroser Ablehnung zumindest Interesse wird. Zumal eine Abwertung des Vaters für die Handlungslogik wenig sinnvoll wäre, da Sprottes Mutter im 6. Band ein zweites Kind von Sprottes (namenlosem) Vater erwartet. Die Abwertung der Vaterfigur geschieht eher über die Erzählerrede, in dem die Berufswahl des Vaters für das Scheitern der Familienzusammenführung verantwortlich gemacht wird.65 Damit reiht sich der Text ein in eine schon von Schilcher konstatierte negative Wertung der Berufe der Väterfiguren: „Während die Berufstätigkeit der Mütter meist positiv besetzt ist oder – wie im Feld der allein erziehenden Mütter – als unabdingbar dargestellt wird, wird der Beruf der Väter bzw. ihre starke Identifikation mit dem Beruf von den Texten oft negativ gewertet […]. Die Texte präsupponieren hier, dass die Männer hinsichtlich ihres Engagements im Beruf eine Wahl haben, dass ihre Wahl für den Einsatz im Beruf auf Kosten des Familienlebens bewusst gewählt ist. “ (Schilcher 2001: 84) Im Kontext der Bande als Schutzraum und Ersatzfamilie nimmt die Ausgestaltung des Bandenlebens, insbesondere der Ritualisierungen66 und damit einhergehend der Bandentreffpunkte, eine besondere Bedeutung ein: 65 | Vgl. WH 6. 66 | „Je größer der Freizeit- und Spaßcharakter der Kinderbande, desto ausgeprägter und lustvoller werden Rituale und Satzungsparagraphen ausgekostet.“ (Kochte 2003: 56)

Die Wilden Hühner Sie [die Bandenquartiere, die Verf.] erfüllen auf der einen Seite praktische Aufgaben; so werden dort ungestört Bandenaktivitäten geplant und die Räume selbst werden für die Durchführungen solcher Aktionen nutzbar gemacht. Zudem haben diese Räumlichkeiten den typischen Reiz eines eigenen Ortes, an dem unkontrolliert von den Erwachsenen ein quasi-autonomes Leben organisiert werden kann, ohne dass der soziale Gesamtrahmen aber verlassen werden muss. Allerdings erfüllen die Bandenquartiere für die Mitglieder auch andere wichtige Funktionen: Sie bieten Schutzräume und Möglichkeiten zur Individuation, die den Kindern anderswo nicht in gleicher Weise zur Verfügung stehen. (Wigbers 2009: 69–70)

Die Wahl der Treffpunkte folgt geschlechtsspezifischen Klischees. Erster Treffpunkt der Mädchenbande ist in Ermangelung eines eigenen Raums die Schultoilette67 und „[b]evor sie von einem Vater einen eigenen Wohnwagen geschenkt kriegen, den sie selbst bemalen und einrichten (sogar sie selbstgenähten Gardinen fehlen nicht!) [sic] halten sie ihren Teeklatsch im Gartenhäuschen von Sprottes Oma.“ (Kochte 2003: 61) Der wertend gebrauchte Begriff ‚Teeklatsch‘ verweist dabei auf das Selbstverständnis der Wilden Hühner, das sich über die Bände hinweg immer mehr von gemeinsam zu erlebenden Abenteuern hin zu dem Wunsch nach gemeinsam verbrachter Zeit entwickelt: „‚Diese ganze Geheimsache, die Stinkbombenstreiche, die Geheimschriften, das ist doch alles unwichtig. Okay, ich wüsste auch gern, wo die Pygmäen ihr neues Baumhaus bauen, aber ich hab ehrlich gesagt keine große Lust mehr, stundenlang hinter ihnen herzuschleichen. Ich finde es viel toller, zusammen Gemüsebeete anzulegen oder den Stall sauber zu machen oder einfach nur hier rumzuliegen oder zu quatschen. Ich hör mir sogar den ganzen Nachmittag Mellis Sülzmusik an, wenn wir dabei zusammen sind.‘“ (WH 3: 246; Herv. i. O.) Der Wunsch nach Kommunikation rückt ins Zentrum, womit die vorliegenden Texte sich erneut als konventionell beweisen: „‚Reden‘ stellt in den dargestellten Mädchenfreundschaften ein Zentrallexem dar. Im Gegensatz zu den Jungenfreundschaften definieren sich Mädchenfreundschaften weniger über gemeinsame Aktivitäten als über Kommunikation. Nicht das, ‚was sie unternehmen wollen‘, steht im Mittelpunkt, sondern das Gespräch darüber; die Realisierung des Ausgedachten und Beredeten ist zweitrangig.“ (Schilcher 2001: 209) Der Wohnwagen der Wilden Hühner ist zwar außerhalb der Erwachsenenwelt situiert, befindet sich aber immer noch in einem geschützten Raum, nämlich eines durch eine Hecke begrenzten Grundstücks,68 während das Baumhaus der Jungenbande mitten im Wald errichtet wurde. Durch die Gegenüberstellung eines kultivierten Gartengrundstücks und des ursprünglichen Waldes wird die Geschlechterdichotomie fortgeschrieben. Zusätzlich 67 | Vgl. dazu auch: Kochte 2003: 61. 68 | Vgl. WH 3: 69.

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wird dies dadurch verstärkt, dass der Wohnwagen ein Tauschobjekt ist: „Die Wilden Hühner können im dritten Band einen Wohnwagen beziehen, den Trudes Vater seiner Tochter geschenkt hat, um ihn im Rahmen des Scheidungskrieges nicht seiner ehemaligen Frau überlassen zu müssen.“ (Wigbers 2009: 66–67), während das Baumhaus bzw. die Baumhäuser der Pygmäen (das erste Baumhaus der Jungen wurde abgerissen) selbst errichtet sind. Gemeinsam ist beiden Bandenquartieren, dass sie „partiell als verbotene Orte angelegt sind, sodass Grenzziehungen und Grenzüberschreitungen auch an ihnen wichtige Themen bleiben“ (ebd.: 67). Somit sind die Bandenquartiere als räumliche Manifestationen des ‚border work‘ zu verstehen: „Stark akzentuiert wird durch die Raumgestaltung auch das Abgrenzungsverhalten zwischen den Geschlechtern und die Veränderung dieses Verhaltens zu Beginn der Pubertät. Von der freundschaftlich-rivalisierenden Abgrenzung zu einer vorsichtigen Annäherung und schließlich partiell der Aufhebung vorhandener Grenzen wird die Veränderung im Beziehungsgefüge räumlich nachgezeichnet.“ (ebd.: 74) Die Grenzen sind dabei aber zu keinem Zeitpunkt der Romane absolut gesetzt. Die Durchlässigkeit der Grenzen ist vielmehr Bestandteil immer wiederkehrender Aushandlungsprozesse.69 Diese wiederum unterstreichen den performativen Charakter der Herstellung von Geschlechtergrenzen, welche im Verlaufe der Reihe zunehmend geringere Bedeutung erfahren: „Dass in diesem Band [„Die Wilden Hühner und das Glück der Erde“, die Verf.] nicht mehr Grenzen ausgefochten werden, sondern die Mitglieder der Banden sich eher gegenseitig einladen, hat nichts mit dem durch die Reise veränderten Schauplatz zu tun. Grund dafür ist vielmehr die sich entwickelnde Beziehung zwischen den beiden Banden im Verlauf der Serie, die zu einem veränderten Umgang mit den jeweils eigenen und fremden Räumlichkeiten führt.“ (ebd.: 68) Somit lässt sich nach Wigbers die Veränderung der Raumstruktur und deren Bezug zum ‚border work‘ in drei Phasen einteilen: Im ersten Band ringen die Mädchen noch um die Formation ihrer Bande und um einen Ort, den sie nutzen können, um ein Gefühl der Zusammengehörigkeit auszubilden. […] Die Bände 2 und 3 sind gekennzeichnet durch ausgeprägte Abgrenzungsbemühungen der Mädchen- gegenüber der Jungengruppe und umgekehrt. […] Diese permanente Abgrenzung verliert in den Bänden 4 und 5 an Relevanz. Die Beziehungen zwischen den Mitgliedern beider Gruppen haben sich verändert, teilweise sind Verliebtheiten entstanden. (Ebd., 68–69)

Vor diesem Hintergrund wäre zu überlegen, ob man in die Tatsache, dass Sprotte und Fred ihre erste gemeinsame Nacht im Wohnwagen der Wilden Hühner verbringen, mehr hineinlesen kann, als ihn nur als einen Beleg für die in Auf69 | Vgl. dazu Wigbers 2009: 67.

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lösung begriffenen Grenzen 70 zu sehen. Mit Blick auf die weiblich-männliche Konfiguration, innerhalb derer die Figureninszenierungen zu situieren sind, ließe sich diese Szene auch als Vorausnahme hegemonialer Besitzansprüche lesen, auch wenn sexuelle Handlungen ausgespart werden. Diese Aussparung wiederum liest sich in Tradition des traditionellen Mädchenbuchs, in dem Keuschheit ein zentrales Motiv ist, welches sich im aktuellen Mädchenbuch als Motiv der „sexuelle[n] Bedürfnislosigkeit“ (Schilcher 2012: 142) wiederfindet und in den vorliegenden Texten durch die Darstellung männlicher Promiskuität zusätzliche Betonung erfährt.

Inszenierungsmuster in weiblich-männlichen Konfigurationen Bezogen auf die weiblich-männlichen Konfigurationen lässt sich konstatieren, dass sich die übersteigerten Selbstbewusstseinsinszenierungsstrategien der Jungen, wie weiter oben dargestellt, in diesem Konfigurationsmuster potenzieren, während bei den Mädchen klassische Weiblichkeitsinszenierungen auftreten, um gemischt-geschlechtliche Beziehungen einzugehen bzw. zu festigen. Die „Fixierung […] auf Liebesehe bzw. Liebesbeziehung“ gilt nach Grenz als das „Motiv der Mädchenliteratur, das wohl am schwersten zu überwinden ist“ (2005:71 342). Aus selbstbewussten Mädchen werden verunsicherte Existenzen. Die Mädchenfiguren inkorporieren das Klischee der Unterordnung. An die Stelle von Aktivität tritt Passivität, an die Stelle von Selbstbewusstheit Unsicherheit, Selbstbestimmtheit wird ersetzt durch Fremdbestimmtheit. Im Folgenden soll das Eintreten in die heteronormative Norm, auf der in den vorliegenden Texten die weiblich-männliche Konfiguration basiert, an der Figur Sprotte exemplarisch dargestellt werden. Diese Figur ist zum einen dafür geeignet, weil sie die Hauptfigur ist, zum anderen weil die Romane weitestgehend, wie schon weiter oben herausgestellt, einer internen Fokalisierung mit dieser Figur folgen, somit also auch Gedanken und Gefühle der Figur thematisiert werden, die wiederum weitere Rückschlüsse zulassen. Vor dem Eintritt in die heterosexuelle Matrix ist Sprottes Figurenzeichnung, wie weiter oben dargestellt werden konnte, am Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘ ausgerichtet, welcher auch körperliche Aggression einschließt: „Wenn Fred jetzt hier wäre oder irgendein anderer von diesen Pygmäen, dachte Sprotte, ich würde den so verhauen, dass er drei Tage nicht sitzen kann.“ (WH 1: 40)72 Verletzlichkeit zeigt sich zunächst nur in der weiblich-weiblichen Konfigurati70 | Vgl. Wigbers 2009: 69. 71 | Grenz formuliert diesen Zusammenhang 2008 um, indem sie Liebesehe und -beziehung als „ein Motiv, das die Mädchenliteratur seit dem Backfischbuch entscheidend geprägt hat“ (Grenz 2008: 383), darstellt. 72 | Vgl. dazu auch WH 3: 10.

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on, gegenüber den Jungen steht das Bedürfnis nach Selbstbehauptung im Vordergrund. Dieses Verhalten wird im Kontext der Strategien des ‚border work‘ immer wieder auf eine generelle Abneigung ihrerseits gegenüber Jungen zurückgeführt: „‚Ach was, so schlimm ist er gar nicht! Du hast nur einfach was gegen Jungs.‘ ‚Stimmt. Weil sie alle blöde sind.‘“ (WH 1: 54) Diese ablehnende Haltung verkehrt sich jedoch ins Gegenteil, als die Figur in die heterosexuelle Matrix eintritt. Auf Ebene der Gedankendarstellung wird innerhalb der erlebten Rede überproportional häufig Unsicherheit thematisiert: „‚Fred wär doch ein guter Romeo.‘ Wieso hatte sie das gesagt?“ (WH 4: 25) Diese Unsicherheit kulminiert in der Darstellung der ersten Verliebtheit in Selbstzweifeln: „Sprotte blickte ihm nach. Er muss mich für eine Vollidiotin halten, dachte sie. Für eine absolute, rettungslos verlorene Vollidiotin.“ (WH 4: 62) Verliebtsein wird entsprechend dem Klischee „schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2001: 231) dargestellt; Herzklopfen, Schmetterlinge im Bauch und weiche Knie inklusive.73 Es werden Herzchen gemalt und die Gefühle ‚kochen über‘: „Sprotte erwischte sich dabei, dass sie mit der Schuhspitze ein Herz auf die feuchte Erde zeichnete. Schnell wischte sie es mit dem Fuß wieder fort. Sie hatte das Gefühl, dass sie gleich anfangen würde zu singen oder über den Hof zu tanzen.“ (WH 4: 240) Es herrscht ein „Aufruhr in ihrem Inneren“ (WH 4: 63), dem die Figur machtlos gegenübersteht. Sie befindet sich emotional in einem nicht mehr von ihr selbst zu beeinflussenden Durcheinander. Die sonst so selbstbewusste Protagonistin ist nicht mehr Herrin ihrer Sinne, sondern ihren Gefühlen ausgeliefert („Sprotte versuchte zu vergessen, dass er da stand. Hoffnungslos. Immer wieder wanderten ihre Blicke in seine Richtung.“ [WH 4: 82]) und verletzlich: „Ihr Herz fühlte sich so eigenartig an. So wund.“ (WH 4: 100) Der ersten Verliebtheit folgt der erste Liebeskummer. Die daraus resultierenden Selbstzweifel entstehen dabei nicht nur durch das Gefühl der Zurückweisung, sondern ergeben sich aus Gefühlen der Unerfahrenheit: „Aber alle hatten schon mal einen Freund gehabt. Nur ich nicht, dachte Sprotte. […] Wie schafften Melanie und Frieda es, dass die Jungen…“ (WH 4: 160). Letztlich können diese Zweifel durch eine neue Verliebtheit kompensiert werden: Weit hinten auf der Weide half Maik Frieda gerade, sich auf Kolfinnas Rücken zu schwingen. Und plötzlich spürte Sprotte, tief drinnen, in dem Winkel ihres Herzens, der in den letzten Tagen so oft und so seltsam geschmerzt hatte, dass sie die beiden beobachten konnte, ohne dass es ihr wehtat. Ohne dass sie sich klein und hässlich und nicht mal halb so schön wie Frieda fühlte. Sie war so froh, dass Fred gekommen war. (WH 4: 155)

73 | Vgl. dazu auch WH 4: 62.

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In dieser neu entstehenden Verbindung potenzieren sich Muster der Verwirrung und Selbstzweifel erneut: Sprotte saß da, in dem zerschlissenen Sessel, auf dessen Armstütze irgendjemand seinen Namen geschrieben hatte, und wusste nichts – wusste nicht, was sie denken sollte, wusste nicht, was sie fühlen sollte, wusste nicht, was sie tun sollte, wenn sie Fred das nächste Mal begegnete. Melanie hätte es bestimmt gewusst. Sogar Frieda … Frieda … ja, vielleicht konnte sie mit der sprechen. Frieda lachte sie bestimmt nicht aus und weitererzählen würde sie auch nichts … (WH 4: 238)

Basierend auf der parallel konzipierten Bandenstruktur der „Wilden Hühner“ ist es nicht wirklich überraschend, dass Sprotte mit Fred, dem Anführer der Pygmäen, eine Beziehung eingeht. Angebahnt wird dies im Text implizit durch häufig auftretende Verhaltensgegenüberstellungen der beiden Figuren: „Und was Fred sich traute, traute sie sich schon lange.“ (WH 2: 147) Inhaltlich wird an diesen Stellen eine Ebenbürtigkeit der Figuren inszeniert. Beide sind die Anführer ihrer Banden, verfügen über eine gewissen Grad an Autorität, helfen ihren Großeltern fachkundig im Garten (Sprotte ihrer Großmutter, Fred seinem Großvater) und haben eine innige Beziehung zum jeweils gleichgeschlechtlichen Elternteil. Diese auffällige Parallelität wird jedoch in der Beziehungskonstellation der beiden Figuren im Zuge der Etablierung einer Unterordnungsstruktur aufgebrochen. Fred ist beispielsweise derjenige, der beim ersten Kuss die Initiative ergreift: „‚Bevor jetzt noch jemand kommt‘, sagte er und beugte sich zu Sprotte vor, ‚wollte ich das endlich mal erledigen.‘ Und bevor Sprotte wusste, was ihr geschah, hatte er sie geküsst. Mitten auf den Mund.“ (WH 4: 229) Die Formulierung „wollte ich das endlich mal erledigen“ ist dabei einerseits als Bestandteil eines Diskurses der Unsicherheit und Unerfahrenheit zu lesen, andererseits wertet diese Formulierung aber ebenso ab. Bezogen auf die Handlung endet an dieser Stelle nicht nur „das Kinderbuch“ (Schilcher 2001: 224), sondern damit einhergehend die Tradierung des Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘. Mit dem Eintreten in die Beziehungskonstellation geht die Figurencharakterisierung Sprottes auf der Ebene der histoire und des discours mit der Artikulation von Fremdbestimmtheit und Passivität einher: „Sprotte pustete die Kerzen aus und wünschte sich, diesen Augenblick nicht zu vergessen. Und dann packte sie gleichzeitig das Päckchen aus, mampfte Kuchen, trank Tee und ließ [!] sich von Fred küssen. ‚Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, wie's ohne dich ist‘, flüsterte sie.“ (WH 6: 13) Sprotte überlässt Fred die Entscheidungsgewalt und stellt ihre eigenen Wünsche zurück bzw. lässt diese unartikuliert: „Fred kaufte immer Karten für eine der letzten Reihen. Sprotte saß lieber vorn, ganz weit vorn, wo die Leinwand so groß war, dass sie einen fast verschluckte, aber Fred gab den Knutschreihen, wie er sie nannte, den Vorzug.“ (WH 5: 19) Auf der anderen Seite werden in-

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nerhalb der Darstellung der Gedankenrede häufig Gefühle der Unterlegenheit artikuliert: „Fred konnte besser tanzen als sie. Wahrscheinlich auch besser singen […].“ (WH 6: 72) Dieses Unterlegenheitsgefühl wird zusätzlich durch besitzeinnehmende körperliche Gesten seinerseits gestützt: „Fred legte Sprotte den Arm um die Schulter und tätschelte [!] ihr den Kopf.“ (WH 5: 24) Die körperliche Nähe erzeugt dabei ein Zugehörigkeitsgefühl, welches explizit gewünscht ist,74 geht aber nicht weiter als keusche Küsse und Umarmungen. Als Fred mit Sprotte im 5. Teil der Reihe Sex haben will, entzieht sie sich ihm völlig verunsichert: „Womit wir – starke Mädchen hin oder her – mitten im schönsten, wohldosiert kitschigen Rollenklischee angelangt wären, von jeher ein guter Garant für hohe Auflagenzahlen (Nesthäkchen lässt grüßen).“ (Arz 2003: 21) Die emotionale Ebene betreffend, fühlt sich Sprotte ohne Fred nicht mehr vollwertig: „Wenn Fred doch bloß dagewesen wäre. Mit ihm fühlte sie sich immer so erwachsen, kein bisschen wie ein Kind, ein kleines Kind, das einen Vater hatte, der es nicht haben wollte.“ (WH 5: 79) Potenziert wird dies sprachlich dadurch, dass der männliche Partner zum Retter und Erlöser stilisiert wird oder seine Darstellung anderweitigen Idealisierungen folgt: „Er lächelte sein wunderbares Fredlächeln.“ (WH 6: 13) Diese stark positivistische Darstellung des Partners kulminiert schließlich in der Etablierung eines Abhängigkeitsgefüges, welches durch die überwiegende Präsentation in der zitierten Gedankenrede den Grad der Verinnerlichung emotionaler Abhängigkeit demonstriert: „Ich muss mit Fred sprechen, dachte Sprotte. Ich muss einfach mal kurz seine Stimme hören. […] Und dann rief sie Fred an. Zum Glück war er zu Hause.“ (WH 5: 150) Dabei verhält sich die Protagonistin geradezu demütig, was die Frage nahelegt, ob die vorliegenden Texte das Muster der „Ästhetisierung der Demut“ (Grenz 1997c: 201), wie sie Grenz für Mädchenliteratur des Biedermeier als Mittel der Idealisierung der Unterdrückung konstatiert, revitalisieren. Dieses Darstellungsmuster erfährt durch das Motiv der Eifersucht wiederum eine zusätzliche Steigerung, insbesondere als sich die Eifersucht schließlich sogar irrational gegen die beste Freundin richtet: „Um fünf Uhr war sie mit Fred verabredet. Sie wollten ins Kino gehen, zusammen mit Frieda. ‚Wehe, du kommst wieder zu spät!‘, hatte Fred ihr heute Morgen in der Schule gedroht. ‚Dann geh ich mit Frieda allein ins Kino und wir setzen uns in die hinterste Knutschreihe.‘ Sprotte hatte ihn dafür gekniffen und gelacht. Schließlich war es albern, eifersüchtig auf die beste Freundin zu sein. Aber manchmal ist man albern, auch wenn man es nicht will.“ (WH 5: 11) Die Darstellung der Eifersucht geht einher mit der Aufwertung der vermeintlich ‚gefährlichen‘ Anderen, der Konkurrentin, und ist damit zugleich Ausdruck einer, wenn auch noch impliziten, Abwertung der eigenen Person:

74 | Vgl. dazu WH 5: 92.

Die Wilden Hühner […], aber Sabrina hatte eine tolle Stimme. Und wie sie sich bewegte! Sie riss Fred geradezu mit. Es war das perfekte Duett. Sie waren das perfekte Duo. Das Publikum johlte vor Begeisterung. Sprotte lächelte. Sabrinas Haar strahlte im Scheinwerferlicht. Die Musik war wie ein unsichtbares Band zwischen Fred und Sabrina. […] Sprotte hatte genug gelächelt und rannte raus. (WH 6: 81–82)

Legitimiert wird die Eifersucht über die fehlende Vaterfigur: „So tief wie diese verdammte Eifersucht in mir drin. So tief wie die Angst, im Stich gelassen zu werden. Vielleicht sitzt das einfach so tief in mir drin, weil Papa abgehauen ist, als ich noch ein Baby war.“ (WH 6: 82) Die eigenen Gefühle bleiben maskiert 75 und werden auf Handlungsebene nur der besten Freundin offenbart.76 Deutlich herausgearbeitet wird die Unkontrollierbarkeit der Gefühle. Sich selbst verbietet Sprotte das Interesse an anderen Jungen bzw. setzt es bewusst ein: „Sprotte ärgerte sich, ihn genau wie die anderen ziemlich gut aussehend zu finden. Zugleich war sie schadenfroh. Geschah Fred ganz recht. Max war viel männlicher und … Hör auf, unterbrach Sprotte den Fluss ihrer Gedanken. Spätestens heute redest du mit Fred und alles wird wieder gut.“ (WH 6: 71) Resultat der Eifersucht sind Selbstzweifel, die bei Beziehungsproblemen in Selbsthass kulminieren: „Und wenn Fred sie nun nicht mehr mochte, dann konnte Sprotte sich auch nicht mehr mögen.“ (WH 6: 175) Sprotte bringt zwar noch eine gewisse Selbsterhaltung auf, die sich jedoch schließlich in pure Verzweiflung auflöst: Das Arschgehirn überquerte den Pausenhof. Sprottes Herz klopfte und sie hörte sich in Gedanken seinen Namen rufen. Fred. Fred, nimm mich an der Hand und renn mit mir weg … Sie drückte sich noch tiefer in den Schatten des Baumes. Ich bin keine Jungshasserin, ich liebe dich doch. […] Geh hin und sag ihm alles, nimm du ihn an der Hand und renn mit ihm weg. (WH 6: 42–43)

Zum Tragen kommt an dieser Stelle erneut der „Trivialmythos Ilse“ bzw. das „Trotzkopf-Modell“ (Barth 1995: 284), dessen Entwicklungsmuster dem von Sprotte in weiten Teilen entspricht, wenn auch vor einem anderen gesellschaftlichen und damit einhergehenden familiären Hintergrund. Mit dem Übergang in die heteronormative Ordnung geht der Verlust von Spontaneität sowie Aktivität einher, was wiederum gebunden zu sein scheint an den Übergang von der Kinder- zur Jugendliteratur. Ähnlich stellt Schilcher fest, „dass sich zwischen dem Mädchen der ‚Kinderliteratur‘ und dem der ‚Jugendliteratur‘ bzw. dem ‚Adoleszenzroman‘ erhebliche Unterschiede konstatieren lassen. Im Kinderbuch kann durchaus von einer zunehmenden Entpolarisierung oder Annähe75 | Vgl. dazu WH 6: 81. 76 | Vgl. dazu WH 6: 130.

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rung der Geschlechtsrollen gesprochen werden, solange ‚Erotik‘ in den Texten keine Rolle spielt.“ (Schilcher 2001: 55) An die Stelle des androgynen, ‚jungenhaften Mädchens‘ tritt „in Bezug auf die Liebe das Geschlechterstereotyp schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231),77 welches sich auf alle weiblichen Figuren übertragen lässt. Innerhalb der Beziehungskonstellation, die auf „reißbretthafter Symmetrie und Harmonie“ (Arz 2003: 21) zu basieren scheint, reproduzieren alle weiblichen Figuren dieses Stereotyp: so Sprotte in der Beziehung zu Fred, des Weiteren aber auch Melanie in ihrer Beziehung zu Willi, Frieda zunächst in ihrer Beziehung zu dem Sohn der Reitstallbesitzerin, Maik, und später zu Willi sowie Trude in ihrer Beziehung zu ihrem Cousin, dann zu Steves Cousin und im letzten Band schließlich zu Steve selbst. Die Darstellung der Verliebtheit der Figur Melanie wird ähnlich der Sprottes, aber mit deutlich weniger Ambivalenzen inszeniert, auch weil dieses Verhaltensmuster aufgrund der dem Klischee des mädchenhaften Mädchens verhafteten Darstellung erwartbarer ausfallen. So fällt Melanie Willi beim Wiedersehen um den Hals,78 steht selbstvergessen mit ihm im Regen,79 wirft ihm Kusshände zu 80 und schreibt ihm Liebesbriefe auf „Blumen-undHerzchen-und-sonst-noch-was-Papier“ (WH 4: 216) mit „Herzen als i-Punkte gemalt und mit Lippenstift einen Kuss auf das Papier gedrückt.“ (ebd.) Das im fünften Band thematisierte Beziehungsende stürzt sie in eine tiefe Sinnkrise. Sie ist eifersüchtig auf Willis neue Freundin, äußert sich abschätzig über deren Aussehen81 und verfährt somit gegenteilig zu Sprotte, die in ihrer Eifersucht die Konkurrentin anhand ihres Aussehens aufwertet und sich selbst abwertet. Die gespielte Gleichgültigkeit, mit der Melanie das Beziehungsende aufnimmt, steht in einem starken Kontrast zur erzählerischen Inszenierung, in der ihre Unsicherheit (WH 5: 87) und das Verbergen von Gefühlen hinter einer Maskerade aus Arroganz und Gleichgültigkeit dargestellt werden: „‚Du meine Güte, jetzt machen sie schon ein Geheimnis aus einer albernen Party!‘ Melanie rümpfte die Nase und strich sich das Haar aus der Stirn. ‚Ich weiß sowieso noch nicht, ob ich komm.‘ Sie blickte nicht in Willis Richtung, während sie das sagte, aber alle wussten, dass die letzte Bemerkung an seine Adresse ging.“ (WH 5: 96) Zudem kompensiert sie die Trennung mit „wahllos[en]“ (WH 5: 158) Flirts. Dieses Verhalten wird dann nicht nur durch die Erzählinstanz negativ sanktioniert, sondern zusätzlich auf der Handlungsebene durch eine wei77 | Kalbermatten zieht diese Schlussfolgerung für die „Harry Potter“-Romane und kann diese Tendenz für diese Reihe relativieren. (Kalbermatten 2011: 231-233) 78 | Vgl. WH 4: 144. 79 | Vgl. WH 4: 145. 80 | Vgl. WH 4: 206. 81 | Vgl. WH 5: 38.

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tere Mahnung überformt: „‚Die Jungs in der Schule reden schon über dich‘, sagte Sprotte. ‚Fred sagt, sie haben ein paar ziemlich fiese Namen für dich.‘“ (WH 5: 47) Melanies Verhalten wird über die männliche Perspektive („Die Jungs“) ins Bewusstsein der Leser_in geholt und als unmoralisches Verhalten diskreditiert. Unverbindliche Flirts und häufig wechselnde Partner scheinen für die Mädchenfiguren nicht akzeptabel, während es bei den Jungenfiguren als normal hingenommen wird: „‚Du meine Güte!‘ Melanie verdrehte entnervt die Augen. ‚Soviel ich weiß, hast du sogar schon mal drei Freundinnen gleichzeitig gehabt, und die haben auch nichts voneinander gewusst.‘ Ertappt blickte Fred auf seine Stiefelspitzen. ‚Wer hat dir das denn erzählt?‘, brummte er und warf Sprotte einen nervösen Seitenblick zu. ‚Ich hab da so meine Quellen‘, antwortete Melanie spitz. ‚Also hör auf, hier den Moralapostel zu spielen. […]‘“ (WH 4: 232) Widersprüchlich wird die Figurenzeichnung Melanies durch die zusätzlich mit der Figur assoziierte Bildebene der ‚engelsgleichen Frau‘.82 Aufgrund ihres engelhaften Aussehens wird sie zu einem Objekt der männlichen Begierde. Somit tritt die Figureninszenierung in den Diskurs von Heiliger und Hure ein.83 Dabei zeichnet sich die Figurendarstellung schon in den ersten fünf Bänden durch eine starke Körperfixierung aus, sodass durchaus von einer sexualisierten Figurendarstellung gesprochen werden kann. Diese Attribuierung wird aber immer wieder durchbrochen, so dass zu keiner einseitigen Bedeutungszuschreibung gelangt werden kann, sondern zumindest der Anspruch an eine mehrdimensionale Figurenzeichnung im Vordergrund steht. Die Inszenierung des Stereotyps „schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231) unterliegt für die Figur Frieda ähnlichen Mustern. Frieda wird als verlegen, unsicher84 sowie verträumt 85 dargestellt; errötet, wenn sie auf das Objekt ihrer Zuneigung angesprochen wird 86und wirft ihrem Gegenüber sehnsüchtige bzw. versonnene Blicke zu.87 Insbesondere in ihrem ersten Liebeskummer wird das Attribut der Emotionalität stark herausgearbeitet.88 Der Gefühlszustand der Figur wird durch die Figurenrede sehr expressiv und emphatisch ausgedrückt: „‚Bis zum nächsten Frühjahr hab ich mein Herz vielleicht gerade wieder zusammengeklebt‘, sagte sie.“ (WH 4: 262) An diese sehr klischeehafte Zeichnung ist im Verlauf der Reihe dennoch auch eine reflektierte Position gebunden, da die Beziehungsprobleme auf einer sehr rationalen, erwachsenen Ebene reflektiert werden: „‚Die Fernbeziehung, 82 | So besitzt sie ein „Engelsgesicht“ (WH 1: 25) bzw. „Engelslächeln“ (WH 2: 90) 83 | Vgl. zur paradoxen „Codierung von Weiblichkeit“: Bronfen 1995: 418–419. 84 | Vgl. WH 4: 68. 85 | Vgl. WH 4: 89. 86 | Vgl. WH 4: 106. 87 | Vgl. WH 4: 276; WH 6: 60. 88 | Vgl. WH 4: 245.

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das ständige Warten, abhängig sein. Das bin ich nicht.‘“ (WH 6: 83) Anhand der Figur Trude lässt sich eine weitere Facette des „Geschlechterstereotyp[s] schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231) aufzeigen, da für die Selbstakzeptanz dieser Figur der männliche Blick entscheidend ist: „‚Er sagt, er findet dicke Mädchen sexy. Er sagt, dünne Mädchen fühlen sich an wie ein Sack voll Knochen und erinnern ihn irgendwie an Friedhof. Er sagt, bei Dünnen hat man beim Schmusen Angst, dass sie irgendwo durchbrechen.‘“ (WH 3: 60) Die dreifache Wiederholung von „Er sagt“ manifestiert die männliche Perspektive auf den weiblichen Körper. Diese Ausrichtung am männlichen Blick wird auf Textebene nicht weiter reflektiert, sondern folgt einer affirmativen Logik, da sich Trudes Selbstbewusstsein steigert und sie glücklich ist: „Paolo sagt, Diäten helfen sowieso nichts. Wisst ihr, was er mir erzählt hat? Dass ich in manchen Ländern eine echte Schönheit wär. In Arabien zum Beispiel.“ Sie kicherte. „Stellt euch vor, Melanie würden da alle hässlich finden, wegen der vorstehenden Knochen.“ „Wegen der was?“, fragte Melanie entgeistert. „Der Kerl spinnt doch total!“ (WH 3: 80)

Einerseits wird in dieser Logik das durch die Figur Melanie allgegenwärtige westliche Schönheitsideal als kulturelles Produkt entlarvt. Andererseits wird aber auch deutlich, dass die Schönheitsideale der weiblichen Figuren männliche Ideale weiblicher Schönheit sind, was unreflektiert verbleibt. Des Weiteren wird deutlich, dass dieses ‚neue‘ Schönheitsideal außerhalb der westlichen normativen Heterosexualität steht, da die Akzeptanz dieses anderen Ideals gebunden an Typen marginalisierter Männlichkeit ist. Dieses Inszenierungsmuster von Männlichkeit wird dabei einerseits über die Kategorie der Herkunft (Trudes italienischer Cousin Paolo, Steves namenloser spanischer Vetter)89 hergestellt und andererseits darüber, dass die das Ideal affirmierenden Figuren selbst nicht das traditionelle Schlankheitsideal erfüllen, wie Steve, mit dem Trude im sechsten Band eine Beziehung eingeht. Die Beziehung Trude-Steve zeichnet sich – wie die Konstellation Sprotte-Fred – durch eine außerordentliche Parallelität in der Figurengestaltung aus. So sind beide in einer eher untergeordneten Position in ihrer jeweiligen Bande, eher übergewichtig und unsportlich sowie ängstlich. Auch in ihrer Figurenbeschreibung wird dieses parallele Element aufgenommen: „Trudes Kopf lehnte an Steves Schulter. Beide hatten den Mund halb offen und schnarchten leise.“ (WH 6: 232) Auch für die Figur Wilma lassen sich Muster „schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 233) finden, da sie als Romantikerin dargestellt wird, was sich über die überproportionale Nutzung des Wortes 89 | Vgl. WH 5: 159f.

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„romantisch“90 und Übertreibungen, wie „‚Wunderwunderschön!‘“ (WH 3: 77) ausdrückt. Somit kann die Reihe „Die Wilden Hühner“ eingeordnet werden in eine Gruppe von Mädchenbüchern, denen Grenz Modernität bei gleichzeitiger Traditionalität unterstellt: „Sie nimmt gegenwärtige, gesellschaftlich breit diskutierte Themenfelder und Veränderungen der Geschlechterbeziehungen auf, behält allerdings als Endpunkt der dargestellten Entwicklung – nach einer Phase der Aufmüpfigkeit – die Anpassung des Mädchens an eine weibliche Geschlechtsrolle bei, die, gemessen am zeitgenössischen Kontext und dem, was das Mädchenbuch zunächst zu propagieren scheint, dann doch traditionell ist […].“ (2005: 349). In den vorliegenden Texten ist die Inszenierung der Jungenfiguren als Bestätigung hegemonialer Muster zu lesen. Wirkmächtig in hetero- wie homosozialer Dimension sind die Jungenfiguren, die in hegemonialer Tradition stehen, was durch die Darstellung der Mädchenfiguren in Tradition der ‚emphasized femininity‘ nochmals bestätigt wird. Damit lässt sich Schilchers Fazit für das aktuelle Mädchenbuch zustimmen, die zu dem Urteil kommt, „dass trotz neuer Ansätze in der Gestaltung der Mädchenrolle der dargestellte Interessenshorizont der Mädchen triviale, massenmediale Muster aufgreift und deren Gratifikationsangebote perpetuiert, ohne sie zu hinterfragen.“ (Schilcher 2012: 137)

M edienverbund Nach Maiwald handelt es sich bei den „Wilden Hühnern“ um einen „veritablen Medienverbund“ (Maiwald 2007: 36), der sich im Wesentlichen aus drei Bestandteilen zusammensetzt: Da ist erstens ein weites Spektrum an medialen Äußerungsformen des fiktionalen Stoffes mit Büchern, Filmen im Kino und auf DVD, Film- und Fotobüchern. Das Textangebot wird abgerundet durch eine interaktive CD-ROM […]. Diesem Textverbund zugeordnet ist, zweitens, eine Merchandising-Palette, die vom Medium Buch ausgehend (Lernhilfen, Tagebuch, persönliches Fotobuch) alle möglichen Produkte umfasst (z.B. Kleidung, Kosmetika). Drittens bietet der Medienverbund den Nutzern online eine Reihe von Interaktionsmöglichkeiten (ebd.: 37–38; Herv. i. O.).

Verfilmungen Der erste Film „Die Wilden Hühner“ (2005) orientiert sich inhaltlich an den ersten drei Bänden der Buchreihe, nimmt aber vorrangig Motive des dritten 90 | Vgl. dazu WH 3: 14, 37.

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Bandes „Die Wilden Hühner – Fuchsalarm!“ auf. Der 2007 erschienene zweite Film „Die Wilden Hühner und die Liebe“ entspricht inhaltlich dem fünften Teil der Buchreihe („Die Wilden Hühner und die Liebe“), enthält aber zudem Motive des vierten Bandes, wie den in Rückblenden thematisierten Aufenthalt auf dem Reiterhof. Unter dem Titel „Die Wilden Hühner und das Leben“ erschien 2009 der dritte Film, dem der gleichnamige sechste Band zugeordnet werden kann. Untersucht man die Figurendarstellung der Filme, so wird zunächst offenbar, dass die Mädchenfiguren sehr stark aneinander angeglichen wurden. Diese Angleichung findet sich vorrangig auf der Ebene der Inszenierung von Körperlichkeit. Die Mädchen sind alle ähnlich schlank und ab dem zweiten Film fast durchgehend geschminkt. Aufgrund dieser Angleichung stellt sich einerseits die Frage nach der filmischen Motivierung des Diät-Diskurses für die Figur Trude, da die Notwendigkeit nicht ersichtlich ist. In einigen Szenen hat man viel eher das Gefühl, dass die Schauspielerin der Figur ihren Bauch betont herausstreckt, um diesen Diskurs zu legitimieren. Andererseits ist eine Konsequenz dieser Strategie, dass Melanie als Figur und in ihrer Funktion als ‚Schönheit‘ nicht aus der Gruppe heraussticht, weswegen es scheinbar einer farblichen Codierung bedurfte, um ihren Sonderstatus und in diesem Fall damit einhergehend die sexualisierte Figurendarstellung wiederherzustellen. Sowohl die Kleidung der Figur als auch ihr Fahrrad sind im ersten Film rosa.91 Bezüglich der Kleidung ist zudem auffällig, dass insbesondere Melanie grundsätzlich bauchfreie Oberteile trägt, was die These der Sexualisierung dieser Figur stützt. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage nach der erzählerischen Notwendigkeit die Mädchenfiguren zu Beginn des zweiten Films in Bikinis am See zu zeigen, wobei Sprotte als ‚jungenhaftes Mädchen‘ zusätzlich Shorts und Trude als einzige einen Badeanzug in Kombination mit einem ihre Hüfte verdeckenden Tuch trägt, was durch die Abweichungen wiederum das standardisierte Schönheitsideal perpetuiert. Deutlich wird diese Strategie auch an einer Gegenüberstellung der Covergestaltung der Buch- und Filmreihe.

91 | Vgl. zum Zusammenhang von Pinkifizierung und Sexualisierung Kapitel 3 der vorliegenden Arbeit; zudem wird Melanies Fahrrad in der literarischen Vorlage explizit als „schwarz“ (WH 3: 211) thematisiert.

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Abbildung 6: Buch- und DVD-Cover „Die Wilden Hühner“.

Abbildung 7: Buch- und DVD-Cover „Die Wilden Hühner und die Liebe“.

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Abbildung 8: Buch- und DVD-Cover „Die Wilden Hühner und das Leben“.

Dadurch, dass sich die Filme erzählerisch92 und inhaltlich weitestgehend an der literarischen Vorlage orientieren,93 werden die im Text entworfenen Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit tradiert, erfahren aber im audiovisuellen Medium eine weitere Zuspitzung hin auf das Stereotyp „schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231), was im ersten Film anhand der Figur Sprotte am deutlichsten wird: „Nimmt sie zu Anfang des Films den Jungen noch spielerisch den Fußball ab und fällt durch ihr selbstbewusstes, bestimmtes sowie vor allem unbedarftes Auftreten gegenüber den ‚Pygmäen‘ auf, so tritt zum Ende des Films eine andere Sprotte in den Vordergrund. Nämlich ein Mädchen, das verwundert feststellt, dass etwas in ihrem Kopf komisch sei und deren [sic] Unbedarftheit sich in Verlegenheit und Sprachlosigkeit wandelt. Ein Mädchen, deren [sic] Eigenständigkeit in der verträumten Frage mündet, ob Fred, das Objekt ihrer Sehnsüchte, wohl Hunde mag.“ (Stachowiak 2013: 427) Diese abschließende Frage, die im literarischen Vorbild an Melanie gerichtet ist,94 verdeutlicht exemplarisch die 92 | Auch die Filme weisen eine starke erzählerische Fokussierung auf die Hauptfigur Sprotte auf, was durch Voice-overs umgesetzt wird. „Entscheidend aber ist, dass der Film filmisch nicht aus der subjektiven Perspektive von Sprotte gedreht wurde (keine subjektive Kamera!), sondern dass er sie mit genau dem gleichen Abstand beobachtet wie auch die anderen Figuren, mit denen sie gemeinsam vor der Kamera agiert.“ (Gast 2009: 183) 93 | Vgl. zum zweiten Film Gast 2009: 179. 94 | Vgl. WH 1: 253.

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Ausrichtung der Filme hin auf die Liebesthematik. Diese Ausrichtung wird dadurch potenziert, dass mittels der Figuren der Lehrkräfte noch eine weitere Liebesbeziehung in die Handlung der Filme implementiert wird, die im dritten Film in eine klassische Dreieckskonstellation mündet. Darauf, dass die Lehrerinnen Frau Rose und Frau Honig heißen, sei nur hingewiesen. Die folgende Handlungszusammenfassung des zweiten Films macht die Omnipräsenz der Thematik deutlich: Die Mädchen sind im letzten Band [Die Wilden Hühner und die Liebe, somit handelt es sich um den vorletzten Band, die Verf.] zwischen dreizehn und fünfzehn Jahre alt und sammeln erste Erfahrungen mit der Liebe, die zum Teil sehr unterschiedlich ausfallen: Sprotte, das ‚Oberhuhn‘ der Bande, ist mit Fred zusammen, aber ständig eifersüchtig; Wilma hat sich heimlich in ihre Mitschülerin Leonie verliebt; Trude hat einen Schwarm in der Parallelklasse; Frieda führt eine unglückliche Fernbeziehung und Melanie trauert ihrem Freund Willi hinterher, der sie für ein älteres Mädchen verlassen hat. Aber nicht nur innerhalb der Bande dreht sich alles um die Liebe. Auch Sprottes Mutter hat Beziehungsprobleme. Sie steht kurz vor der Heirat, als plötzlich Sprottes Vater wieder auftaucht, der die Familie vor dreizehn Jahren im Stich gelassen hat. Sogar in der Schule kommen die Mädchen am Thema Liebe nicht vorbei, denn ihre (ebenfalls verliebte) Lehrerin studiert mit ihnen den ‚Sommernachtstraum‘ von Shakespeare ein. (Gast 2009: 178)

Mit der Aufnahme von Shakespeares „Sommernachtstraum“ wird die intertextuelle Verweisstruktur der Bücher fortgeführt. Bereits im vierten Band der Buchreihe, „Die Wilden Hühner und das Glück der Erde“, proben die Hühner für ein Stück Shakespeares, in diesem Fall „Romeo und Julia“ (WH 4: 19). Im sechsten Band der Reihe findet sich dann eine Zunahme klassisch kanonischer literarischer Verweisstrukturen, so wird sowohl aus dem „Lied von der Glocke“,95 „Othello“96 , „Torquato Tasso“97 und „Macbeth“ zitiert98 als auch zweimalig auf „Wilhelm Tell“99 Bezug genommen. Die durch diese intramediale Verweisstruktur etablierte Bildungsorientierung deckt sich auch mit dem Erzählraum, den die Thematik Schule einnimmt. Der zweite Film führt die literarische Verweisstruktur, wenn auch mit abgewandeltem Zitat, zur Etablierung einer Metaebene der Handlung weiter:

95 | Vgl. WH 6: 25. 96 | Vgl. WH 6: 73. 97 | Vgl. WH 6: 180. 98 | Vgl. WH 6: 189. 99 | Vgl. WH 6: 44–45, 181.

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Archaisierung und Pinkifizierung Hinzu kommt, dass dort nicht für Shakespeares „Sommernachtstraum“, sondern für „‚Was ihr wollt‘ oder ‚Was euch gefällt‘. Oder so ähnlich“ geprobt wird. Die im „Sommernachtstraum“ stattfindenden ‚Irrungen und Wirrungen‘ rund um die Liebe reflektieren dabei auf einer zweiten Ebene die thematischen Schwerpunkte des Films. Das Theaterspiel begleitet die Handlung dadurch inhaltlich und formal, was besonders am Schluss deutlich wird, als sich nicht nur bei den „Wilden Hühnern“, sondern auch in der shakespearschen Handlung alles zum Guten kehrt. (Gast 2009, 180–181)

Eine Steigerung erfährt in den Filmen die Darstellung des Motivs der Eifersucht, was unter Umständen mit dem mit ihr verknüpften Konfliktpotential und der damit einhergehenden Möglichkeit der Spannungssteigerung verknüpft ist. Im zweiten Film wird die Handlung beispielsweise um eine Szene ergänzt, in der Sprotte und Fred sich gegenseitig in Gegenwart des anderen eifersüchtig machen. Während Eifersucht in der literarischen Vorlage eher in der Tiefenstruktur sowie in viel weniger Szenen zu finden ist, tritt in der filmischen Umsetzung die Emotionalität, die die Eifersucht begleitet, viel offener und fast omnipräsent auf. Ähnlich verhält es sich mit der Inszenierung von Melanies Emotionalität. Eine weitere in diesem Kontext wichtige Szene spielt im Wohnwagen der Hühner: Sprotte gesteht Fred ihre Eifersucht und dass sie ihm nachspioniert hat. Der Film zeigt eine Figur, die voller Scham ist. Freds Antwort auf diese Offenbarung, „Du hast einfach nicht gelernt, dass Männer wie ich auch ganz nett sein können.“, zeigt deutlich hegemoniale Muster und rückt diese Szene in den Kontext einer Wiederaufnahme der „Ästhetik der Demut“ (Grenz 1997c: 201). Die Ausgestaltung der Handlungsumgebung ist sehr idyllisch, was durch die den Film untermalende Musik noch einmal unterstrichen wird. Die Bilder sind hell – es ist immer Sommer –, fröhlich und bunt gehalten, wodurch ein sehr harmonisches Bild entsteht. Vor dem Eindruck dieser Harmonie ist es auch nicht verwunderlich, dass die im sechsten Band explizit thematisierten Anfeindungen Wilmas durch ihre Mitschülerinnen100 im dritten Film ausgespart werden. Vor dieser Folie fällt noch auf, dass die Filme der „Wilden Hühner“ ähnlich wie die Filme der Reihe der „Wilden Kerle“ die Inszenierung des Wetters nutzen. In dem Kontext der „Wilden Hühner“ dient diese Bildebene der Betonung der emotionalen Zustände der Protagonist_innen. So regnet es beispielsweise im ersten Film, als Willi verschwunden ist, und im zweiten Film untermalt das stürmische Wetter die Gefühle der Hühner, als die Bande an der Homosexualität Wilmas zu zerbrechen droht. Eine weitere Auffälligkeit ist, dass der Film den Tochter-Vater-Konflikt101 zwischen Sprotte und ihrem Vater stärker ins Zentrum der Handlung rückt. 100 | Vgl. WH 6: 47. 101 | Vgl. dazu Gast 2009: 183.

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Die Darstellung selbst liest sich als Bestätigung hegemonialer Muster, da eine männliche Figur, die sich selbst in ihrem Beruf verwirklicht, bei gleichzeitiger Abwesenheit wirkmächtig ist. Die vermeintlich progressiven Eigenschaften des Freundes von Sprottes Mutter, seine Kochkünste und seine Empathie, sind dagegen machtlos. Letztlich wird diese Dreieckskonstellation um die Mutter zwar nicht abschließend aufgelöst, aber durch die Schwangerschaft determiniert. Gast (2009: 183) betont, „dass der Film zwar im Handlungsablauf und in der Figurenkonstellation dicht am Roman arbeitet, darüber hinaus aber mithilfe filmsprachlicher Mittel die Inhalte des Buches in ein neues Medium transformiert und die ihm zur Verfügung stehenden semiotischen Instrumente angemessen nutzt.“ Dies führt sie insbesondere auf die im zweiten Film verwendeten Rückblenden zurück: „Die Rückblenden geben zum einen Einblick in die Gefühlswelt der Protagonisten, verdeutlichen deren Probleme und emotionale Situation, auf die durch die Rückblenden erneut explizit eingegangen wird. Zum anderen greift der Film die Hauptthemen, die sowohl Text wie auch Film beschäftigen, auf, indem er sie als Rückblenden inszeniert, die wiederum als formale und inhaltliche Zäsur den linearen Handlungsablauf unterbrechen.“ (ebd.: 188). Diese Funktionsweise steht im Gegensatz zu den Rückblenden, die in den „Wilde Kerle“-Filmen genutzt werden, da diese eher auf das Errichten einer (männlichen) Genealogie und Traditionsstiftung ausgerichtet sind und über den jeweiligen Film und die ihm zugrundeliegende Handlung hinausweisen.

Internetauftritte Der nach Maiwald dritte Bereich des Medienverbundes bezieht sich auf das Online-Angebot, welches sich rund um „Die Wilden Hühner“ etabliert hat: „Die Homepage ermöglicht den Leser_innen ihre Leseerfahrungen interaktiv zu vertiefen.“ (Stachowiak 2013: 428) Schon die Startseite zeigt dabei die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten auf:

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Abbildung 9: Startseite der Website der Wilden Hühner.

Im „Hühnershop“ finden sich nach Kategorien geordnet die Bücher, CDs, E-Books, weitere Romane von Cornelia Funke und der Warenkorb, der zur Verlagsseite weiterleitet. Die Rubrik „Bücher“ enthält alle „Wilden Hühner“Bücher als Hardcover-, Taschenbuch- und Sonderausgaben (beispielsweise die Spiegel-Edition, die die ersten beiden Bände unter dem Titel „Die Wilden Hühner – Jungsalarm!“ enthält). Dazu kommt der Band „Die Wilden Hühner – mein Tagebuch“. Zusätzlich werden alle Hardcover-, Taschenbuch- und Sonderausgaben der „Wilden Küken“ beworben, die zudem als Erstlesebücher in der Reihe Büchersterne des Oetinger-Verlags in inzwischen vier Bänden vorliegen. In der Rubrik „CDs“ finden sich Hörbücher zu den „Wilden Küken“,

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während unter „E-Books“ nur die Bände der „Wilden Hühner“ geführt werden. Diese Zusammenstellung verdeutlicht die Engführung der beiden Reihen. Unter dem Reiter „Banden“, zu der der Reiter „Wilde Kueken“ weiterleitet, finden sich neben der Vorstellung der „Wilden Hühner“, der „Pygmäen“, der „Wilden Küken“ und der „Grottenolme“ noch „Tipps für Banden“. Thematisiert werden auf den zwei dazugehörigen Seiten Bandenabzeichen, Bandenbuch, Bandenschwur, Bandengeheimsignale und Bandenhaustiere. Die zweite Seite beschäftigt sich ausschließlich mit Bandenquartieren. Zudem hat auch die Figur von Sprottes Großmutter eine eigene Seite: „O.S.“.102 „Andere Banden“ verweist auf „Die Klapperschlangen“, „Die fabelhaften Vier“, „Emil und die Detektive“ sowie die „roten“ und die „weißen Rosen“, somit also auf die Romane um „Kalle Bloomquist“. Die Gemeinsamkeit der Romane scheint neben ihrer Bandenstruktur die Zugehörigkeit zur Oetinger-Verlagsgruppe zu sein. Die Vorstellung der „Wilden Hühner“ erfolgt zunächst über eine Startseite, die über die dazugehörigen Mitglieder, Erkennungszeichen, Bandenquartier, Geheimsprache, die gemeinsten Streiche und den Bandenschwur Aufschluss gibt.103 Dieser Seite sind dann Seiten zur individuellen Figurenvorstellung untergeordnet.

102 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/os.html, 10.03.2015. 103 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-wilden-huehner. html, 10.03.2015.

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Abbildung 10: Figurenvorstellung Sprotte.

Nach einer allgemeinen Einführung in die Funktion der jeweiligen Figur innerhalb der Bandenkonstellation sowie der Nennung weiterer Figurenspezifika werden steckbriefartig weitere Figureninformationen dargeboten. Dazu gehören der vollständige Name und das Geburtsdatum, was eine Erweiterung zum literarischen Ausgangstext bedeutet, da in diesem nur Sprottes Nachname bekannt ist, während die Geburtstage der Figuren nie thematisiert werden. Erreicht wird mit dieser Strategie der Faktualisierung innerhalb der Fiktion eine Erhöhung des Identifikationspotenzials. Es folgen stichpunktartig Informationen zu „Geschwister[n]“, „Haar-“, „Augen-“ und „Lieblingsfarbe“. Diese Aufzählung wird ergänzt um die Nennung von „Lieblingstieren“, „Lieblingspygmäen“, „Lieblingsessen“ und „Lieblingsklamotten“. An diese Informatio-

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nen schließt sich dann noch ein Absatz „Das mag sie besonders/Das mag sie gar nicht“ an. Die Informationen folgen hier weitestgehend der literarischen Vorlage. So verwundert es nicht, dass zu Sprottes ‚Lieblingsklamotten‘ „auf keinen Fall Kleider“ gehören und dass sie Lippenstift ablehnt. Die Kategorie ‚Lieblingsklamotten‘ belegt dabei exemplarisch die inhaltliche Verkürzung und Stereotypisierung der Figurendarstellung […]. Frieda trägt gerne „Tops und Kleider, gerne verspielt und gemustert“, während Wilma „Bühnenkostüme (auch die männlichen [[…]!] Rollen)“ bevorzugt. Bei Trude dominiert die negative Perspektive, da sie „ungern Bikinis und andere knappe Kleidungsstücke“ trägt. Auffällig ist hier der dominante Bezug auf ihre Gewichtsproblematik. Am Offensichtlichsten [sic] wird die Figurendarstellung aber bei Melanie zugespitzt, zu deren Lieblingsklamotten „knappe Tops, enge Jeans, Röcke, Glitzersandalen, Ballerinas, …“ zählen. Die Darstellung erfolgt nur anhand von Äußer- und Oberflächlichkeiten. Sie mag besonders „Lippenstift und Nagellack“ und gar nicht „ungeschminkt aus dem Haus gehen“. Den Höhepunkt findet dieses Bild in ihrem Berufswunsch, nämlich „berühmt zu sein (egal wodurch)“. (Stachowiak 2013: 429)

Die Tendenz zur Sexualisierung, insbesondere der Figur, die dem „affektierten Mädchentypus“ (Schilcher 2001: 46) zuzuordnen wäre, wird somit ebenso weitergeführt wie die am Aspekt care ausgerichtete Inszenierung des Weiblichkeitskonzepts der Figur Frieda, da der angeführte „Traumberuf: irgendetwas mit Kindern“104 dieses Inszenierungsmuster weiter spezifiziert und stereotypisiert. Für die Jungenfiguren bestätigt sich die an hegemonialen Mustern orientierte Inszenierung von Männlichkeit für die Figuren Fred und Willi: Freds „Traumberuf“ ist „Gorillaforscher“,105 die Lieblingsfarbe beider Figuren ist „schwarz“,106 Willis „Lieblingstiere“ sind „Spinnen“,107 was ihn Steve gegenüberstellt, den diese ängstigen, und für den in der Figurenvorstellung das Konzept marginalisierter Männlichkeit fortgeschrieben wird, beispielsweise durch die Haarfarbe „schlammbraun“108 und die Orientierung am Essen. Ähnliches

104 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-wilden-huehner/ lerne-frieda-kennen.html, 10.03.2015. 105 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-pygmaeen/fredder-boss.html, 10.03.2015. 106 | Ebd. sowie: http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-pygmaeen/willi.html, 10.03.2015. 107 | Ebd. 108 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-pygmaeen/steve. html, 10.03.2015.

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gilt auch für Torte, der Prügeleien nicht mag, „weil er da meistens eins auf die Nase kriegt“.109 Der Reiter „Film“ enthält Informationen zu den drei „Wilde Hühner“Filmen. So werden „Darsteller & Stab“ kurz präsentiert sowie Informationen über das Casting der „Wilden Küken“ für den dritten Film geboten. Zusätzlich finden sich Fragen der Zuschauer_innen, die von den Schauspieler_innen beantwortet wurden. Für die Filme selbst, die innerhalb der Homepage alle eine eigene Seite haben, werden Trailer, Werbetexte sowie Filmbilder präsentiert. Eine eigene Homepage des ersten Films kann nicht mehr aufgerufen werden. Über die Filme hinaus finden sich „Wilde Mailboxsprüche“ und der Verweis auf weitere Cornelia-Funke-Verfilmungen. Der Reiter „Mitmachen“ enthält unter anderem das Magazinarchiv, da die letzte Ausgabe des Magazins am 14.11.2011 erschien. Des Weiteren gelangt man über diese Seite zu der CD „Bandenhits“ von einer eigens gegründeten Band, zu den „WH-Emoticons“, „E-Cards“, der Seite „Wie wird man ein Wildes Huhn“, zu einem „Rezeptbuch“ mit acht Rezepten, zur Seite „Bastelspaß“ mit Anregungen für Ordnerrücken, Hühnerfedern und Briefpapier und zuletzt zur Rubrik „Spiele und mehr“ mit vier Spielen und Bildschirmhintergründen. Das umfangreiche110 Merchandisingangebot von einst, das über ein umfassendes Bekleidungsangebot von T-Shirts, Sweatjacken, Cargohosen, Stufenröcken, Jeanshosen und -jacken, Longsleeves, Neckholder-Tanktops über Jogginganzüge zu Taschen, Lanyards, Schuhen bis hin zu Geschirr reichte, wird nicht mehr direkt über die Homepage vertrieben. Auch über einen bekannten Onlinegroßhandel findet sich nur noch ein Bruchteil der Merchandisingangebote, die, wenn vorhanden, zum größten Teil nur noch gebraucht verkauft werden. Die letzte Neuerscheinung stammt offenbar aus dem Jahr 2010. Vorrangig finden sich die Bücher und DVDs. Über das Angebot der Homepage hinaus gibt es „Die Wilden Hühner: Das Bandenbuch zum Mitmachen“, eine „EinfachLesen-Ausgabe“ (Cornelsen) sowie eine lateinische Ausgabe des ersten Bandes. Daneben finden sich vereinzelt Soundtracks zu den Filmen, Filmhörspiele und Bekleidung, beispielsweise ein Kapuzensweatshirt, eine Sweatjacke, ein Longsleeve, ein T-Shirt, Turnschuhe, ein Rock und Haarspangen. Des Weiteren wird noch das Nintendo DS-Spiel „Die Jagd nach dem Rubinherz“ (Oetinger interaktiv) beworben. Spielerisch gefordert sind dabei „Konzentration, Geschick und Geduld“ (Ammann 2008: 85). Für die Figur Melanie liegt in diesem Kontext zudem eine weitere Doppelstereotypisierung vor: „Passend zum Thema gibt es ein Bild-Sudoku mit Kleidungsstücken aus Melanies Garderobe oder eine Tetris-Variante mit bunten Perlen aus ihrem Schmuck109 | http://www.wildehuehner.de/hauptnavigation/banden/die-pygmaeen/tor te. html, 10.03.2015. 110 | Vgl. dazu Stachowiak 2013: 428.

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kästchen.“ (Ammann 2009: 83) Von den drei angebotenen Computerspielen, „Die wilden Hühner - Gestohlene Geheimnisse“ (Oetinger interaktiv), „Die Wilden Hühner - Der Club der schlauen Köpfe“ (Oetinger interaktiv) und „Die wilden Hühner - Mein Casting-Trainer“ (Oetinger interaktiv), sticht insbesondere das letzte heraus. Dieses Spiel, welches schon durch sein pink-farbiges Cover hervorsticht und mit dem Slogan „Germanys Next Top-Huhn: Wer wird der große Wilde-Hühner-Star?“ beworben wird, zielt darauf, dass sich die Spielerinnen in den Kategorien „Fotoshooting, Styling, Fitness, Film und Dancing“ bewähren, fungiert somit in seinem Selbstverständnis […] als Vorbereitung auf die Casting-Shows, die die mediale Landschaft überhäufen. Die [Spiel-]Kategorien sind dabei nur auf die äußere Selbstdarstellung beschränkt. Es geht darum, gut auszusehen (Fitness, Styling) und sich dann dementsprechend präsentieren zu können (Fotoshooting, Film, Dancing). (Stachowiak 2013: 428)

Die damit einhergehende Betonung der weiblichen Physis – die Rolle der männlichen Figuren kann in diesem Spiel nämlich nicht übernommen werden – rückt die Darstellung erneut in den Kontext der Sexualisierung von Mädchenfiguren. „Aus diesen Quellen lernen Mädchen schnell die Regeln normativer weiblicher Schönheit und sie erlernen Wege, diese zu erreichen: durch Kleidung, Make-up, Accessoires, Diätpläne und Schönheitschirurgie.“ (Hains 2007: 13– 14) Zudem wurden 2006 sowie 2007 pink- und grünfarbige Lernhilfen zu der Reihe für die Fächer Deutsch mit den Inhalten Diktate, Rechtschreibung sowie Aufsatz und Mathematik mit den Themen Textaufgaben und Rechnen bis 1000 bzw. 1000000 veröffentlicht.111 Beworben wird der Titel „Die Wilden Hühner Grammatik: Spielend leicht lernen - Deutsch 4. Klasse“112 mit folgendem Text: „Wilde Hühner kommen weiter! Grammatik für Bandenmädchen [sic] Kekse backen, Hühner füttern oder Bandenzeichen basteln: die Wilden Hühner haben ganz schön viel zu tun! Und außerdem müssen sie natürlich in die Schule gehen, Hausaufgaben machen, lernen und üben. Gemeinsam mit Sprotte & Co. üben die Kinder alle Grammatikregeln, die sie für den Übergang in die 5. Klasse dringend benötigen: Wortarten, Zeitformen des Verbs, die Fälle

111 | Becker, Christian; Funke, Cornelia (2007): Die Wilden Hühner. Textaufgaben. 4. Klasse: Mathematik. Hamburg; Becker, Christian; Funke, Cornelia (2006): Die Wilden Hühner Rechtschreibung Klasse 4: Deutsch 4. Klasse. Hamburg. 112 | Becker, Christian; Funke, Cornelia (2007): Die Wilden Hühner Grammatik: Spielend leicht lernen - Deutsch 4. Klasse. Hamburg.

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des Nomens und die Unterscheidung von Satzgliedern. Da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen.“113 Neben diesen bildungsorientierten Inhalten gibt es noch ein Kartenspiel („Die Wilden Hühner auf Klassenfahrt“) und ein Gesellschaftsspiel „Die Wilden Hühner und die Liebe“ (KOSMOS/Oetinger Spiele). Auffällig ist an dem Merchandisingverbund, insbesondere im Vergleich zum Medienverbund um die „Wilden Kerle“, dass die Vermarktung sehr um den Verlag zentriert ist. Auf dessen Internetauftritt114 werden im Übrigen nur noch die Bücher beworben. Neben Leseproben gibt es Links zur Homepage der Bücher „http://www.wildehuehner.de/“ und zur Seite „www.framily.de“, ebenfalls zur Oetinger Gruppe gehörend, die unter anderem Fotobücher im „Wilde Hühner“-Design anbietet bzw. angeboten hat, da der Link nicht mehr funktioniert. Basierend auf diesem reduzierten Merchandising und den abgelaufenen Links und Seiten muss wohl zu dem Schluss gekommen werden, dass sich „Die Wilden Hühner“ überlebt haben.

Zwischenfazit Ähnlich wie für die „Wilden (Fußball-)Kerle“ lässt sich auch für die „Die Wilden Hühner“ im Medienwechsel, also bei zunehmenden ökonomischen Interessen, eine zunehmende Sexualisierung der Mädchenfiguren beobachten, die mit einer Intensivierung des Diskurses der „schwärmerisch-romantische[n], emotionale[n] Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231) einhergeht. Dabei ist auffällig, dass aus weiblicher Perspektive das Ideal hegemonialer Männlichkeit fortgeschrieben wird, was besonders durch die ständig wiederhergestellte Ausrichtung am männlichen Blick forciert wird, während die Einübung in die Logik der ‚emphasized femininity‘ über die Reaktivierung der Erzählmuster der „Ästhetisierung der Demut“ (Grenz 1997c: 201) sowie des „Trivialmythos Ilse“ (Wilkending 1990: 8)115 erfolgt. Grundlage dieser Entwicklung, die neben dem Medienwechsel auch durch den Genrewechsel – vom Kindermedium zum Jugendmedium – begünstigt scheint, ist die zunehmende Orientierung an der heterosexuellen Matrix, wie sie auch schon für die „Wilden (Fußball-) Kerle“ deutlich wurde. Während also in kinderliterarischen Medien und dabei vorrangig in an Mädchen adressierten Medien zumindest Ansätze eines progressiven Umgangs mit Geschlechtlichkeit zu finden sind, reduzieren sich diese mit dem zunehmenden Alter der Rezipient_innen. 113 | ht tp://w w w.amazon.de/Die-Wilden-H%C3%BChner-Grammatik-Spielend/ dp/3789116289, 10.03.2015. 114 | http://www.dressler-verlag.de/buecher/figuren-reihen/die-wilden-huehner. html, 10.03.2015. 115 | Zitiert nach Barth 1995: 272.

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‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ sind als aktuelle Tendenzen der Jungenbzw. Mädchenliteratur herausgearbeitet worden (vgl. Kapitel 3) und lassen sich als Rahmen der Inszenierung von Geschlechterfigurationen, insbesondere in geschlechtlich markierten Texten, lesen. So ist den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ als spezifisch an Jungen adressierten Medienverbund das Muster der ‚Archaisierung‘ immanent, während „Die Wilden Hühner“ als ein an Mädchen adressierter Medienverbund Muster der ‚Pinkifizierung‘ übernimmt.

A rchaisierung und M y then von M ännlichkeit Die ‚Wiederbelebung‘ archaischer Erzählmuster in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ ist, wie in Kapitel 4 ausgeführt wurde, unter anderem an der verstärkten Nutzung von Epitheta festzumachen, wie sie in sämtlichen Medienverbundprodukten der Reihe nachweisbar ist. Die Nutzung dieses Stilmittels kann als Übernahme eines Elementes archaischen Erzählens betrachtet werden, da es eng mit dem antiken Epos und dort insbesondere mit der Charakterisierung der Heldenfiguren verknüpft ist. Durch die Wiederbelebung dieses Stilmittels in der Sprache der Massenkultur – der „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ als kinderliterarischer Medienverbund zuzuordnen sind – werden zugleich archaische Heldenmythen wiederbelebt. Da diese Revitalisierung in direkter Verbindung zu dem Diskurs über die ‚Krise der Jungen‘ steht, stellt sich die Frage, ob sich die Heldenmythen in eine Reihe von Mythen einfügen, „auf die – unabhängig von nationalen Besonderheiten – in Zeiten gravierender gesellschaftlicher Veränderungen […] zurückgegriffen wird“ (Krüger/Stillmark 2013: 11). Der gegenwärtig geführte Diskurs um die Männer bzw. Jungen in der Krise ist dabei zugleich „Ideologem“ und „Symptom“ (Tholen 2014a: 12; Herv. i. O.) einer eben solchen gesellschaftlichen Veränderung, die eine Vergegenwärtigungsstrategie1 nach sich zieht. In ihrer Funktion als ‚Ideologem‘ „[…] verdeckt 1 | Vgl. Matuschek 2007: 525.

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sie die dauernde Re-Produktion männlicher Hegemonialität in allen möglichen Diskurszusammenhängen und Alltagspraktiken“ (ebd.), während sie als ‚Symptom‘ auf die dysfunktional wahrgenommenen Praxen von Männlichkeit aufmerksam macht.2 Dieses Argumentationsmuster macht es wiederum notwendig, die ‚Archaisierung‘ der Jungenliteratur nicht nur als „Strategie[…] männlicher Resouveränisierung“ (ebd.) zu lesen, auch wenn sie vorrangig und vor allem in den betreffenden Leseförderdiskursen so gebraucht wird. Zunächst muss es jedoch darum gehen, den Begriff des Mythos zu schärfen und aus seinem Alltagssprachgebrauch herauszuarbeiten. In einem nächsten Schritt sollen anhand von Beispielen aus den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ Formen literarischer Mythos-Vergegenwärtigung im Kontext der Strategie der ‚Archaisierung‘ erläutert werden. Folgt man den Definitionen des Metzler Lexikon Literatur und des Reallexikons der deutschen Literaturwissenschaft, so versteht man unter dem Begriff des Mythos eine „Erzählung, die einen nicht beweisbaren, kollektiven Sinn stiftet“ (Matuschek 2007: 524) sowie eine „[n]arrative Überlieferung aus einer vorschriftlichen Epoche“ (Heidmann Vischer 2000: 664). Diese Definitionen gilt es mit Inge Stephan zu erweitern und „Mythen [als] Geschlechtererzählungen“ (Stephan 2013: 391) zu denken. Dabei dienen die antiken Mythen als „kulturelle ‚Matrix‘ […], welche den aktuellen Genderdebatten bis in die Gegenwart unterlegen ist“ (ebd.: 392). Somit wird ein Reservoir von Bildern und Mustern für Geschlechterdiskurse der Gegenwart [generiert]. Dabei erstaunt, dass trotz der fast unübersehbaren Fülle der antiken Mythen […] immer neue Mythen entstehen wie z. B. die von Don Juan, Blaubart oder Carmen, die Neuschöpfungen der Moderne sind. Offensichtlich besteht ein Bedürfnis nach Mythen, in denen Erfahrungen thematisiert werden können, die von den alten Mythen nicht oder nicht perfekt abgedeckt werden. Diese neuen Mythen, die ihrerseits eine breite Rezeptionsgeschichte aufweisen, dürfen nicht verwechselt werden mit den Mythen des Alltags (1964), von denen Roland Barthes gesprochen hat. Barthes geht es um die Dekonstruktion der mythischen Sprache moderner Gesellschaften, die permanent neue Mythen kreieren, um Herrschaft zu verschleiern. Seiner Auffassung nach kann jeder Gegenstand zum Mythos werden, wenn es im Interesse der Gesellschaft liegt. ‚Alltagsmythen‘ dienen dazu, die Machtverhältnisse zu naturalisieren, sie also als unveränderbar erscheinen zu lassen. Ein solcher Gedankengang ist auf Mythen generell übertragbar, wenn man die Auseinandersetzungen mit ihnen als eine ideologiekritische Aufgabe begreift, die nach dem zugrunde liegenden Interesse und nach ihrer jeweiligen historischen Funktion fragt. (Ebd.: 412; Herv. i. O.)

2 | Vgl. Tholen 2014a: 12.

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In den Männlichkeitsmythen der Gegenwart laufen nun sowohl antike wie auch Mythen des Alltags in Trivialmythen3 zusammen, wie sie auch die Geschlechterinszenierung der untersuchten Medienverbünde prägen. In diesem Kontext ist insbesondere die Funktion der Naturalisierung von Machtverhältnissen4 von hervorgehobener Bedeutung. Nach Barthes ist der Mythos zunächst einmal „eine Rede“ (Barthes 2012: 251; Herv. i. O.) und zwar eine „entpolitisierte“ (ebd.: 295). Entpolitisierung hier verstanden als „System der Kommunikation“ (ebd.: 251), in dem Bedeutung zugewiesen wird und dessen zentrales Prinzip die Verwandlung von Geschichte in Natur ist (ebd.: 278). Indem die vorliegenden Texte, insbesondere die spezifisch an Jungen adressierte Reihe, auf männliche Trivialmythen wie den Abenteuerhelden, den erfolgreichen Sportler, den Westernhelden und den Krieger verweisen, naturalisieren sie historische Figurationen von Männlichkeit. Dabei ist die diesen Bildern zugewiesene Bedeutung am Prinzip hegemonialer Männlichkeit ausgerichtet, da allen vier aufgerufenen Trivialmythen die Etablierung einer Herrschaftsstruktur, zumindest eines Sieges, eingeschrieben ist. Die archaischen Mythen der Antike werden durch verschiedene Stilmittel in den Subtext der Reihe implementiert. Auf sprachlicher Ebene sind es die schon dargestellten Epitheta, die auf die ‚Gnadengabe‘ der Figuren Bezug nehmen, während auf visueller Ebene die Ausgestaltung der Fußballspiele als halbwegs ritualisierter Agon sowie die Implementierung von Statuen griechischer Sportler, wie in der ersten Folge der Fernsehserie, auffällig sind. Ein für die Reihe „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ besonders relevantes, weil immer wieder und vor allem in fast allen Verbundsegmenten aufgerufenes mythisches Männlichkeitsbild ist das des Revolver- bzw. Westernhelden, welches sich ebenso als Mythos des Alltags bei Barthes wiederfindet.5 Sowohl im Text als auch im Film und in der Serie wird in für die Mannschaft existenziellen Momenten der Entscheidungsfindung wiederholt die Frage „Was macht ein Revolverheld, wenn er verliert?“ (Markus: 99) gestellt, auf die wiederum immer die Antwort „Wenn ein Revolverheld verliert, ist er tot.“ (ebd.) folgt. Verlieren ist somit keine Option, womit Männlichkeit wiederum an Stärke und Durchsetzungsfähigkeit geknüpft erscheint und dieser Mythos somit an die Ende des 18. Jahrhunderts aufgestellten ‚Geschlechtscharaktere‘ anschließt. Als zentrales Beispiel für die Implementierung des Mythos in die Reihe sei noch einmal auf die ‚Revolverheldszene‘ aus dem vierten Band der „Wilden Fußballkerle“, „Felix, der Slalomdribbler“, verwiesen, weil sie nicht nur explizit auf den Mythos des Revolverhelden rekurriert, sondern durch die Umkehrung 3 | Trivialmythen verstanden als Erzählstereotype der Trivialliteratur, die durch ihre ständige Wiederholung zu Mythen geworden sind. 4 | Stephan 2014: 412. 5 | Vgl. dazu Barthes 2012: 93.

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der Geschlechtsattribuierung die Naturalisierungsfunktion der Alltagsmythen verdeutlichen kann: „Was ist los, Felix?“, fragte mich meine Mutter besorgt. „Willst du mir nicht endlich was sagen?“ Ich stöhnte auf und verdrehte die Augen. Nein, nicht schon wieder die Tour. Sie war doch nur [!] meine Mutter. Wann begriff sie das endlich? Ich brauchte jetzt meinen Vater, doch der war seit dem Tag nicht mehr da und meldete sich auch seit dem Tag nicht mehr, an dem er erfahren hatte, dass sie einen anderen Mann liebt. „Felix, ich rede mit dir!“, erinnerte mich meine Mutter daran, dass sie immer noch da war. „Aber ich nicht mit dir!“, stieß ich hervor. „Ist das klar? Und jetzt lass mich mit deinem Mitleid in Ruhe!“ […] Ich war absolut wütend, doch meine Mutter hielt meinem Blick stand. Sie musterte mich, und sie sah die Tränen in meinen Augen. Doch das rührte sie nicht. Sie blieb unbarmherzig und kalt. Ihre Augen wurden ganz schmal. Dann legte sie beide Hände vor sich auf den Tisch und holte tief Luft. „Ohohoho!“, sagte sie mit einer so dunklen Stimme, als sei sie ein Revolverheld und zöge gleich ihren Colt. „Willst du mich etwa beleidigen, Junge?“ Ihre Hand tastete nach dem Löffel und umschloss ihn ganz fest. […] „Bitte Mama, hör auf!“, bat ich verlegen. Doch meine Mutter dachte gar nicht daran. Sie war nämlich gar nicht mehr meine Mutter. Sie war der Revolverheld und der war erbarmungslos. „Bitte Mama, hör auf! Was soll'n das?“, spottete er [!] dunkel und rau wie durch Sandpapier. „Bist du etwa 'ne Memme?“ Ich zuckte zusammen. Das saß und sofort schossen die Tränen aus meinen Augen heraus. „Bitte, hör auf!“, flehte ich. „Tut mir leid, Kindchen, aber dafür ist es zu spät!“, rasselte er. „Hier wird nicht gekniffen.“ „Ich kneife nicht!“, protestierte ich. „Ohohoho! Das [sic] ich nicht lache!“, spottete er. „Du machst dir doch vor Angst in die Hosen!“ „Das reicht!“, drohte ich. „Hör sofort….!“ „Halt's Maul!“, fuhr er mir über den Mund. „Ich riech es doch schon. Und ich riech auch dein Selbstmitleid. Oh, Gott, ist das eklig!“ […] „Bah! Bist du ein Hasenfuß!“ Mir stockte der Atem. So etwas hört man nicht gern von seiner eigenen Mutter, selbst wenn sie in diesem Augenblick nicht mehr die Mutter, sondern ein Revolverheld ist. „Nein. Das bin ich nicht!“, sagte ich leise. „Gut. Dann bist du halt eine Memme!“, erwiderte er. „Das bin ich nicht!“, sagte ich schon etwas lauter. „Okay. Dann beweis es mir. Zieh oder schmor in der Hölle.“ […] „Du hast es nicht anders gewollt!“, sagte ich heiser und rau, und der Revolverheld nickte. Dann zog er. Blitzschnell schoss sein Löffel nach vorn, direkt auf die Apfelkompottschale zu. Doch das war nicht schnell genug. Ich war mit meinem Löffel schon drin, zog ihn gefüllt wieder raus und steckte ihn mir in den Mund. Verflixt! Schmeckte das gut! […] „Gut! Dann schlag dir den Bauch voll, hörst du, und dabei erzähl ich dir was unter Männern.“ […] Der Revolverheld lächelte und mit diesem Lächeln verwandelte er sich wieder in meine Mutter zurück.“ (Felix: 214–218)

Der Revolverheld, als Form literarischer Vergegenwärtigung, generiert seine Bedeutung aus unterschiedlichen Elementen, unter anderem aus dem Umgang mit der Waffe. So ist das Ziehen der Waffe als Mittel der Narration so weit etabliert, dass es „nicht etwa den Tod [bedeutet, die Verf.], denn seit langem

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zeigt diese Geste an, daß es sich um eine bloße Drohung handelt, deren Wirkung auf wundersame Weise umkehrbar ist. Das Erscheinen des Revolvers hat hier keinen tragischen, sondern nur einen kognitiven Wert; er bedeutet das Auftreten einer neuen Peripetie, die Geste ist argumentativ nicht eigentlich erschreckend.“ (Barthes 2012: 93) Zum anderen verweist aber das Ziehen des Colts auch darauf, „daß Recht und Ordnung in jedem Western immer wieder neu hergestellt werden müssen, nicht nur, weil der Western das zurückliegende heroische Zeitalter der amerikanischen Nation zelebriert, sondern vielmehr weil dort stets zurückgegangen wird zu jenem Augenblick, in dem der Mann zum Mann wird: die Geburt des Western-Helden durch das männliche Gesetz“ (Erhart 1997: 331). Ein eben solcher Initiationsvorgang wird in dem zitierten Beispiel exemplarisch vorgeführt. Es ist der Jungenfigur, Felix, nicht möglich, seine Ängste seiner Mutter zu offenbaren. Strategien weiblicher Sorge und des Mitleids werden als nutzlos abgewertet. Erst in der männlichen Genealogie, erst als die Mutter zum Revolverhelden und dies auch durch den Wechsel des Pronomens vollzogen wird sowie durch eine Abwendung von vermeintlich weiblichen Verhaltensweisen hin zu einer Rhetorik der Provokation und Herausforderung, ist es dem Jungen möglich, sein Dilemma zu lösen. Rekurriert wird im Western und im obigen Beispiel auf „ein Gesetz unter Männern, die miteinander konkurrieren, ein Gesetz, zu dem Frauen keinen Zugang haben und das gerade gegenüber Weiblichkeit aufrechterhalten werden muß, ein Gesetz, dessen Gründung und Bewahrung den ‚wahren‘ Mann von allen anderen unterscheidet“ (ebd.: 333). Daher muss die Mutter das Geschlecht wechseln, um in das männliche Gesetz eintreten und ihrem Sohn gegenüber treten zu können, um ihn zu ermutigen. Dass genau die gleiche Szene im ersten Film „Die Wilden Kerle – Alles ist gut, solange du wild bist“ von Vanessa und ihrer Großmutter durchgespielt wird, verdeutlicht erneut den prekären Status der weiblichen Figur Vanessa. Dass ihre Großmutter zum Revolverhelden werden muss, um ihr, dem in dieser Szene geschminkten Mädchen, etwas „von Mann zu Mann“ über Mutproben zu erzählen, pervertiert jedes subversive Potential, welches in die Ausgestaltung dieser Mädchenfigur hineingelesen werden könnte. Ein weiterer Männlichkeitsmythos, der in der Reihe „Die Wilden (Fußball-) Kerle“ generiert wird, ist der des sportlichen Helden. Durch die Kontextuierung der Narration der „Wilden (Fußball-)Kerle“ im Feld des (Mannschafts-)Sports, genauer des Fußballs, sind bestimmte mythische Strukturen schon vorausgesetzt. Roland Barthes' Betrachtungen des Mythos der „Tour de France“ lassen sich auch auf den Fußball übertragen. Dies betrifft zum einen die Namensgebung – die Epitheta, mit Hilfe derer auf die „Gnadengabe“ (Klotz 1979: 14–15) verwiesen werden kann –, zum anderen die Personifizierung der Natur und die „zwiespältige Moral“ (Barthes 2012: 150). Bezogen auf die „Geographie der Tour“ spricht Barthes von einer Ausrichtung auf die „epische Notwendigkeit

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der Prüfung des Helden“ (ebd.: 145), die sich wie folgt ausdrücken würde: „Die Bodenelemente und Bodenformen sind personifiziert, denn eigentlich mißt sich der Mensch mit ihnen, und wie in aller Heldendichtung kommt es darauf an, daß der Kampf zwischen gleichrangigen Gegnern stattfindet: Der Mensch muß also naturalisiert, die Natur vermenschlicht werden.“ (ebd.: 145) Die Strategie der Personifizierung der Natur6 stellt ein zentrales Element der Narration der „Wilden (Fußball-)Kerle“ dar. Zum einen erfolgt die Beschreibung des Wetters in allen Medienverbundsegmenten parallel zum Spielgeschehen und nimmt bei einem negativen Verlauf fast apokalyptische Tendenzen an: der zunächst wolkenlose, strahlend schöne sonnige Himmel verdunkelt sich, ein Gewitter oder Nebel, zumindest Regenwolken ziehen auf und es wird kälter. Des Weiteren leitet auch „ein ewiger, nie enden wollender Winter“ (Leon: 11) die Narration ein. Auffällig ist zudem, dass jedes Spielfeld (ob Trainingsfeld oder Feld der entscheidenden Spiele) die Wilden (Fußball-)Kerle vor neue Herausforderungen stellt. Der Boden erscheint immer uneben oder matschig, die Spielfelder so fantastisch, dass die Tore in erhöhter Position gebaut sind.7 Barthes rekonstruiert die „zwiespältige Moral“ der Tour der France aus der Vermischung „[r]itterliche[r] Gebote […] mit brutalen Appellen an das pure Erfolgsstreben. Es ist eine Moral, die keine Wahl treffen kann oder will zwischen dem Lob der Aufopferung und den sachlichen Notwendigkeiten. Das Opfer eines Fahrers für den Erfolg seiner Equipe, sei es aus eigenem Antrieb oder durch eine Entscheidungsinstanz (den sportlichen Leiter) erzwungen, wird immer gelobt, aber auch immer kritisch erörtert. Das Opfer ist großmütig, edel, es bezeugt einen moralischen Reichtum bei der Ausübung des Mannschaftssports und ist zugleich dessen große Rechtfertigung; doch es widerspricht einem anderen, für die vollständige Legende der Tour ebenso notwendigen Wert: dem Realismus.“ (Barthes 2012: 150). Diese Ambivalenz stellt ebenso für die Mannschaft der Wilden (Fußball-)Kerle ein beständiges Moment der Aushandlung dar, wenn auch aus einer anderen Perspektive heraus. Das ritterliche Gebot der Treue ist der Anspruch, an dem sich die Mannschaft misst, die Spielerverträge wurden mit Blut besiegelt. Dieser Anspruch wird von außen aber immer wieder infrage gestellt. Dies wird zum Beispiel im 8. Band der Reihe deutlich, als ein Spieler der Wilden Fußballkerle ein Angebot eines anderen Vereins – der besten Mannschaft der Stadt, von Deutschland und sogar der Welt 8 – erhält. Pures Erfolgsstreben wird hier zunächst als Verrat negiert, während die Opferbereitschaft positiv hervorgehoben wird.9

6 | Vgl. Barthes 2012: 150. 7 | Vgl. Markus: 260 sowie WK 5. 8 | Vgl. Fabi: 230. 9 | Vgl. Leon: 29–31.

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In den sportlichen Kontexten sind auch die Körper relevant: „Gerade die scheinbare Naturhaftigkeit des Körpers macht diesen zur Projektionsfläche von Mythen, die sich seiner Geschichte bedienen, welche ihm ins Gesicht geschrieben ist.“ (Ette 2011: 51) Die Arbeit an dieser Projektionsfläche wird erzählerisch in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ zum einen über die Betonung der männlichen Physis sowie zum anderen über das Aushalten von Schmerzen inszeniert. Dabei ist das zweite Inszenierungsmuster in den ersten Diskurs implementiert. Der Körper muss trainiert und dabei an Schmerzgrenzen geführt werden. Schmerzerfahrungen werden stilisiert und schließlich sogar als heroisch begriffen: Dahinter lagen wir, die Wilden Kerle, im Gras und starrten auf unsere bleiernen Füße. Julis Auge war dunkelgrünblauviolett, Marlon hielt sich die Rippen und ich leckte mein Knie, das handtellerflächengroß aufgeschürft war. (Felix: 138)

Deutlich wird, dass Sport als „Träger der mythischen Rede“ (Barthes 2012: 251) fungiert und hegemoniale Muster über Mythen von sportlichen Heldentaten wiederaufgegriffen und perpetuiert werden. Dadurch, dass die Jungenfiguren sich in jeder Folge, egal ob Buch, Film oder Serie, neu ihrer fußballerischen Fähigkeiten beweisen müssen, tritt der prekäre Status von Männlichkeit, die in den ‚ernsten Spielen‘ immer wieder hergestellt werden muss, in den Vordergrund. Für beide vorgestellten Mythen gilt, dass sie „[w]ie jedes mythische Bild […] von […] [ihrer] Einfachheit und […] [ihrer] Wiederholbarkeit“ (Erhart 1997: 321) leben, was sie wiederum attraktiv für serielle Produktionen macht. Die Wiederholbarkeit wird erzählerisch unterstützt durch Stereotype, welche ein Element mythischer wie trivialer Erzählweise10 sind. Zu diesen Stereotypen gehört beispielsweise das Aufrufen archetypischer Landschaftselemente. Beispiele dafür finden sich in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ zuhauf. Omnipräsent sind dabei der Teufelstopf und Camelot, der Trainingsplatz und das Baumhaus der Kerle, welche beide wiederholt als „uneinnehmbare“ Festungen inszeniert werden.11 Die Inszenierung des Teufelstopfs als Kultstätte wird insbesondere durch die Fernsehserie bedient. In dieser Interpretation können die in der 6. Folge unter dem Torpfosten ausgegrabenen Tiertotenschädel als Reliquien der Vorgänger gelesen werden. Der Verweis auf das mythische Schloss der Artus-Saga stellt vor diesem Hintergrund eine weitere Facette männlicher Heldenmythisierung dar, indem durch diesen Verweis gleichzeitig auf den Mythos des Ritters verwiesen wird und Bilder von Stärke, Kampf, Durchsetzungsfähigkeit und Mut evoziert werden. Die Verweisstruktur auf archetypische Landschaftselemente 10 | Vgl. Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit. 11 | Vgl. dazu beispielsweise Joschka: 72, WH 1 oder die ersten Folgen der Serie.

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wird im 7. Band der Buchreihe intensiviert, als die Kerle in eine geheime Trainingshalle ausweichen müssen. Nicht nur führt der Hinweg die Jungen über „zwei Schluchten hinab und zwei Hänge hinauf. Dann über eine Brücke aus Holz mit riesigen Löchern im Boden“ (Maxi: 44f.), der Rückweg führt die Kerle dann zudem „durch das Fauchende Tor und über die Geisterbrücke zu den Rädern zurück. Von dort ging es durch den Wilden Wald über die magische Furt und den Flusslauf hinauf zurück in die normale, uns allen bekannte Welt.“ (Maxi: 48) Weitere archetypische Landschaftselemente sind der „Finsterwald“ (Juli: 130), die „Steppe“ (Juli: 180) – beide als Grenzfigurationen inszeniert – und die „schwarze Wüste“ (Markus: 100). Die Situierung des Geschehens in der Natur und die Aussparung der Zivilisation, der Stadt, stellt ein weiteres Element archetypischen Erzählens dar, da zum einen die Bewährung in der Fremde im Vordergrund steht und zum anderen der Auszug aus der Stadt mit einer Aneignung der Natur verbunden ist. Diese Aneignung wird zusätzlich noch dadurch verstärkt, dass die Natur über Sprache, in diesem Fall mit Flüchen als geschlechtsspezifisch markiertem Element von Sprache,12 beherrscht werden kann. Diese Struktur findet sich medial übergreifend. Interessant ist dabei, dass sich mit Zunahme der Visualität auch die Bedeutung mythischer Orte verstärkt, was unter anderem an der omnipräsenten Darstellung der Raben in der Fernsehserie deutlich wird sowie an der Tatsache, dass die Wilden Kerle in den Filmen immer weiter über ihre Ursprungswelt hinausgehen müssen, bis keine Zeichen einer Zivilisation mehr sichtbar sind. Das verbindende Element der zitierten Mythen ist, dass sie auf das kulturelle Ideal hegemonialer Männlichkeit rekurrieren. Dieses wird insbesondere durch die Strategie des Stiftens einer männlichen Genealogie perpetuiert, indem ‚Schöpfungsmythen‘ aufgerufen werden: „„Am dritten Tag [!] trafen wir wieder zusammen. Wir verschlossen alle Türen und Fenster, die es auf Camelot gab, und zündeten Kerzen an.“ (Felix: 229) Weitere Strategien sind direkte Leseradressierung, die Inszenierung von Autorschaft sowie eine ausgeprägte intra- und intertextuelle Verweisstruktur, wie sie in Kapitel 4 herausgearbeitet wurden. Insbesondere die direkten Leseradressierungen können als Strategie einer homosozialen Schließung gelesen werden, wodurch die Inszenierung von Sprache im Medienverbund der „Wilden (Fußball-)Kerle“ durchgängig in einem homosozialen Kontext erfolgt. Dies betrifft sowohl die textexterne Ebene der Leseradressierung und die Imagination der implizierten Leser als männlich („So, jetzt hab ich's erzählt und ich warne euch, Jungs!“ [Rocce: 350]) als auch die textinterne Ebene. Die Mannschaft der Wilden (Fußball-)Kerle ist zwar ab dem 3. Band, dem ersten Film und der dritten Folge der Fernsehse12 | Vgl. zur Geschlechtsspezifik des Fluchens Postl 1991: 46–47 sowie Gottburgsen 2000: 37.

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rie per definitionem keine männlich homosoziale Gruppe mehr, Vanessa wird aber erst akzeptiert, als sie zu einem der ‚Jungs‘, zu einem Teil der Gruppe, wird und somit die Struktur der Homosozialität bestätigt. Weitere Elemente mythischen Erzählens, die sich für die „Wilden (Fußball-)Kerle“ nachweisen lassen, finden sich in der „Tendenz zur Typisierung“ (Kölzer 2008: 86) der Figuren, wie sie sich über die Epitheta ausdrückt, sowie in der Ausblendung kleinschrittiger Denkprozesse und alltäglicher Handlungsabläufe.13 So wird die Darstellung des Lebens außerhalb der Fußballwelt – der Spiele, des Trainingsplatzes – im fortschreitenden Handlungsverlauf immer weiter reduziert, bis sie keinen Platz mehr in der Erzählung einnimmt. Die Erwähnungen von Schule – die in den Filmen ganz außen vor bleibt – und Elternhaus erfüllen zunehmend Alibifunktion. So verwundert es auch nicht, dass die Filme spätestens ab dem dritten Teil ganz darauf verzichten. Die konstatierte thematische Omnipräsenz männlicher Heldenfiguren läuft textuell damit zusammen, dass der Handlungsverlauf der Texte eine Schematisierung der von Campbell (2011) skizzierten Reise des Helden darstellt. Die Übernahme dieser Erzähltradition stellt dann wiederum die Verbindung zum Genre der Abenteuerliteratur her, deren geschlechtsspezifische Ausrichtung schon thematisiert wurde.14 Die im Kontext der Hybridisierung integrierten fantastischen Elemente fügen sich vor dem Hintergrund, dass die fantastische Literatur als „Erbin der klassischen Mythostradition“ (Kölzer 2008, 8) gilt, in das Muster der ‚Archaisierung‘. Historisch ist die Wirkmächtigkeit dieses Verlaufsmusters von Bedeutung. Semantisch werden klassische Heldenattribuierungen aufgerufen. „Epische Helden, so ließe sich vereinfachend sagen, zaudern und schwanken nicht, sie hadern und sie zweifeln nicht, sie leiden weder an pubertärem Liebeskummer noch an Langeweile.“ (ebd.: 95–96) Dies lässt sich auf die in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ dargestellten Figuren nicht eins-zu-eins übertragen, da die Figuren durchaus zaudernd und ängstlich inszeniert werden, was dadurch verstärkt wird, dass durch die variable interne Fokalisierung die Gedanken der jeweils daran gebundenen Figur thematisiert werden. Dadurch, dass diese Darstellungsstrategie durchgehend die Überwindung der Zweifel und Ängste anvisiert, wird die Attribuierung gleichzeitig negiert.15

13 | Vgl. Kölzer 2008: 86. 14 | Vgl. Kapitel 3. 15 | Vgl. hierzu Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit.

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P inkifizierung und M y then von W eiblichkeit Weibliche Mythen, die im Medienverbund der „Wilden Hühner“ reproduziert werden, sind zunächst scheinbar widersprüchlicher Art. Zum einen referieren die Texte auf den Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘, zum anderen auf die Mythen ‚schwärmerisch-romantischer, emotionaler Liebe‘ und damit einhergehend auf den Mythos der ‚Ästhetisierung der Demut‘. Übergeordnet ist allen drei Mythen das Prinzip der ‚Pinkifizierung‘, welches den Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘ per se entkräftigt. Des Weiteren stehen diese drei Mythen nur in einem scheinbaren Widerspruch zueinander, da die Figuration des ‚jungenhaften Mädchens‘ den beiden anderen Mythen entwicklungspsychologisch vorgelagert scheint. Die narrative Implementierung der Mythen der ‚ schwärmerisch-romantischer, emotionaler Liebe‘ und der ‚Ästhetisierung der Demut‘ beenden diesen ersten Mythos, wie für die Figur Sprotte gezeigt werden konnte,16 während an der Figur Vanessa ein ständiger Aushandlungsprozess aufgrund ihrer prekären Situation innerhalb der männlich homosozialen Gemeinschaft thematisiert wird.17 An der Figur Melanie lässt sich zudem nachzeichnen, wie visuelle Codes narrative Muster überlagern können. In der Narration selbst ist die Figur durchaus ambivalent angelegt, was vor allem in weiblich-weiblichen Konfigurationsmustern deutlich wird. Diese Ebene wird im Film überlagert durch die sexualisierte Figurendarstellung. Eine dritte Ebene kommt durch das Online-Angebot hinzu, durch welches eine weitere Reduzierung der Figur auf den ‚affektierten Typus‘ hin erzeugt wird. Denkt man Sexualisierung als Folge der Pinkifizierung, wird am Mythos des weiblichen Schönheitsideals der Schlankheit die Somatisierung der Geschlechtscharaktere deutlich: „Der Körper weiß, wie man sich darstellen muß, um als Frau bzw. als Mann anerkannt zu werden; im Körper ist die Geschlechtlichkeit habitualisiert.“ (Meuser 2010: 118) Die Diskursmuster, die in den „Wilden Hühnern“ eingeübt werden, sind Ausdruck der und Einübung in diese Habitualisierung einer ‚emphasized femininity‘, da die Medienwechsel einer Vereindeutigung von Geschlechternarrationen zuarbeiten. Während die Narrationen von Weiblichkeit in den Büchern der „Wilden Hühnern“ vor allem in den ersten zwei Bänden durchaus noch als progressiv bezeichnet werden können, konzentrieren sich die Weiblichkeitsnarrationen der folgenden Bände und der Filme insgesamt auf die Tradierung der Muster einer ‚emphasized femininity‘. Dies zum einen in Hinblick auf die visuellen Codes, da die Orientierung am männlichen Blick durchgehend praktiziert wird, zum anderen in der Auflösung des Mythos des ‚jungenhaften Mädchens‘ in der Akzeptanz der männlichen Herrschaft. 16 | Vgl. Kapitel 5 der vorliegenden Arbeit. 17 | Vgl. Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit.

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V ergegenwärtigungsstr ategien der M y then von M ännlichkeit und W eiblichkeit ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ können in diesem Kontext als Vergegenwärtigungsstrategien der Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit gelesen werden. Im Medienverbund situiert ergeben sich aus Perspektive der Intermedialitätsforschung daraus zwei Resultate. Als erstes Resultat lässt sich konstatieren, dass ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ transmediale Phänomene darstellen. Mythen von Weiblichkeit und Männlichkeit sind in dieser Logik als „medienunspezifische Phänomene, die in verschiedenen Medien mit den dem jeweiligen Medium eigenen Mitteln ausgetragen werden können“ (Rajewsky 2002: 104) zu denken. Als systemunabhängige Diskurse lassen die Geschlechtermythen somit Rückschlüsse auf eine Konstanz der histoire im Hinblick auf die dieser zugrundeliegenden Vorstellungen von Geschlecht zu, die sich an den Ideen der ‚Geschlechtscharaktere‘ seit Ende des 18. Jahrhunderts orientieren. Dabei bilden die in den vorliegenden Medienverbünden integrierten Medienwechsel zwei Varianten aus. In der ersten Variante geht die im Medienwechsel der Literaturverfilmung vollzogene Transformation für „Die Wilden Hühner“ mit keinem grundlegenden Bedeutungswandel der Textsubstrate einher. Die Narration wird übernommen. Offenbar wird nur, dass die in den Büchern zu einem späteren Punkt einsetzende Übernahme des Stereotyps „schwärmerisch-romantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231) in der filmischen Umsetzung stärker fokussiert und in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt wird. In ihrer zweiten Variante geht der Medienwechsel mit erheblichen Konsequenzen für das Textsubstrat einher, wie sie an den Verfilmungen der „Wilden (Fußball-)Kerle“ deutlich wird. Der freiere Umgang mit der Ursprungsnarration wie die zunehmende Mythisierung arbeiten einer Intensivierung der archaischen Erzählweise zu, die mit der zunehmenden Sexualisierung der weiblichen Figuren der Narration einhergeht. Diese Entwicklung wird im Medienwechsel zu den Merchandisingprodukten noch weiter vorangetrieben, da in der Komprimierung der Produktsubstrate geschlechtsspezifische Stereotype ‚at their best‘ bedient werden – rosa Haarspangen und ein Casting-Trainer für die Rezipientinnen der Mädchenbuchreihe, während Aktivitätsmuster der implizierten männlichen Leserschaft der Jungenreihe mit schwarzen Fußbällen, Flaschenhaltern und Schlafsäcken unterstützt werden. Diese zweite Variante des Medienwechsels wiederum kann zusätzlich als „Systemreferenz“, als intermediale „Systemerwähnung qua (Teil-)Reproduktion“ (Rajewsky 2002: 103; Herv. i. O.), gedeutet werden. Referiert wird auf das dem ‚literarischen Feld‘ durch das ‚Feld der Macht‘ eingeschriebene System

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der heterosexuellen Matrix und der Reproduktion der Binarität der Geschlechter. Dabei handelt es sich in den vorliegenden Beispielen um den Teilbereich der Massenproduktion, in dem geschlechtsspezifisch adressierte Medienverbünde der Kinder- und Jugendliteratur zu verorten sind. Dadurch, dass im Medienwechsel Strategien der ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ aktualisiert werden, kommt es gleichzeitig zu einer Vergegenwärtigung der Mythen von Männlichkeit und Weiblichkeit, wodurch der geschlechtliche Index des ‚literarischen Feldes‘ zutage tritt. Wichtig für diesen Typus der Systemerwähnung ist die Indifferenz des Medialen: Diese Voraussetzung ist z.B. dann erfüllt, wenn die Systemerwähnung auf ein fremdmedial gebundenes Genre abhebt und dabei *histoire-spezifische Elemente und/oder Strukturen aufgegriffen werden, Elemente und/oder Strukturen also, die vorwiegend ‚inhaltlicher‘ oder ‚stofflicher‘ Natur sind. Aufgerufen werden in diesem Fall *medienunspezifische Komponenten des Bezugssystems, die, gerade weil sie sich von der medialen Spezifik des Bezugssystems abkoppeln lassen, mit den Instrumenten des […] [jeweiligen] Systems reproduziert werden können. (Ebd.: 103–104; Herv. i. O.)

Entscheidend sind genrespezifische Konventionen.18 Die für beide Reihen vorliegenden expliziten intermedialen Bezüge als „Verfahren der Bedeutungskonstituierung“ (ebd.: 19) erfüllen jeweils unterschiedliche Funktionen. Die Fülle an Filmverweisen, die die Reihe der „Wilden (Fußball-)Kerle“ durchzieht,19 erreicht eine enorme Präsenz eben dieses Mediums, welche sich als Systemreferenz und in dem vorliegenden Kontext als Anpassung an geschlechtsspezifische Interessen liest.20 Aus dieser Perspektive verwundert es nicht, dass in der Reihe „Die Wilden Hühner“ nur intertextuelle bzw. intramediale Bezüge21 genutzt werden, ist das Medium Buch doch vermeintlich feminisiert. Die mit der genutzten Verweisstruktur implementierte Bildungsbedeutung kann dann vor der Folie des weiblichen Bildungserfolgs gelesen werden. Der ökonomische Erfolg der Medienverbünde lässt sich mit einer mehrfachen Verweis- und Vergegenwärtigungsstruktur begründen, die auf dem geschlechtlichen Index des ‚Feldes der Macht‘, welcher auf das ‚literarische Feld‘ einwirkt, beruht: Die intermedialen Bezüge verweisen auf die auf transmedialer Ebene vorgelagerten Strategien von ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘, 18 | Vgl. Rajewsky 2002: 104. 19 | Vgl. Kapitel 4 der vorliegenden Arbeit. 20 | Vgl. zum vermeintlich geschlechtsspezifischem Interesse der Jungen an Filmen: Marci-Boehncke 2006. 21 | Vgl. zum Sonderstatus des „Phänomen[s] der Intertextualität (i.w.S) als literarischer Sonderfall intramedialer Bezüge“: Rajewsky 2002: 156.

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welche wiederum auf Mythen von Weiblichkeit und Männlichkeit rekurrieren. Durch diese Verweisstruktur werden diese Mythen somit in zweifacher Weise vergegenwärtigt, wodurch sie schließlich naturalisiert werden. Dies impliziert, dass der gegenwärtige geschlechtliche Index des ‚Feldes der Macht‘ den Nährboden für die Revitalisierung männlicher Helden und damit die Einübung in die Strukturlogik hegemonialer Männlichkeit einerseits und der Sexualisierung weiblicher Figuren bzw. der Einübung in die Logik einer ‚emphasized femininity‘ andererseits bereitet. Die Akzeptanz dieser Geschlechterpraxen stellt wiederum die Grundlage des Erfolges für Texte dar, die sich der Strategien der ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ bedienen.

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Fazit

Die Kinderliteratur scheint nicht nur zweigeteilt, sie ist es. Diese Zweiteilung basiert auf einem gemeinsamen und die Teile verbindenden kulturellen Ideal: der Idee einer hegemonialen Männlichkeit,1 die als geschlechtlicher Index dem ‚Feld der Macht‘ eingeschrieben ist und auf das ‚literarische Feld‘ einwirkt. Die Binarität der Geschlechter wird entlang der Matrix normativer Heterosexualität fortgeschrieben und stellt die Grundlage der Narrationen dar. Die in einem ersten Schritt erarbeiteten Besonderheiten geschlechtsspezifisch adressierter Kinderreihenromane konnten den geschlechtlich markierten Phänomenen der ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘ zugeordnet werden – ‚Archaisierung‘ einerseits verstanden als Revitalisierung archaischer Heldenmythen, während ‚Pinkifizierung‘ andererseits als Strategie der Sichtbarmachung auf die Objektifizierung weiblicher Körper mit Tendenzen zur Sexualisierung verweist. „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ als moderne Heldenerzählungen heben sich schon durch ihr schwarzes Cover vom übrigen Kinderbuchsektor ab. Inszeniert werden Mythen hegemonialer Männlichkeit. Es gilt sich im Kampf zu bewähren. In diesen ‚ernsten Spielen‘ unter Gleichen wird sich somit permanent der eigenen Männlichkeit vergewissert. Anhand der „Wilden Hühner“ wiederum wird die Ambivalenz, das Spannungsfeld von Progression und dem Beharren auf Stereotypen, der an Mädchen gerichteten Literatur deutlich. Außerhalb der heterosexuellen Matrix ist eine progressive Darstellung der Geschlechter möglich und denkbar. Sobald das Thema ‚Liebe‘ in die Narrationen eingebunden wird, greifen Gender-Normen, und eine Revitalisierung traditioneller Geschlechtervorstellungen setzt ein. Für beide Medienverbünde ist somit eine Tendenz zur „Revitalisierung überkommener Geschlechterstereotypen“ (Barth 1997a: 18) zu konstatieren. Dargestellt werden sowohl für die Pygmäen als auch die Wilden (Fußball-) Kerle die ‚ernsten Spiele‘, in denen Hegemonialität eingeübt wird, die als kulturelles Ideal der Tiefenstruktur beider Reihenromane eingeschrieben ist. Die vermeintliche ‚Krise der Jungen‘ funktioniert in der Logik, in der sie in Lese1 | Vgl. Meuser 2010: 101.

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förderdiskursen und als Ausgangspunkt der ‚Archaisierung‘ der Jungenliteratur betrieben wird, vor allem als ‚Ideologem‘ mit der Funktion „die dauernde Re-Produktion männlicher Hegemonialität in allen möglichen Diskurszusammenhängen und Alltagspraktiken“ (Tholen 2014: 12) zu verdecken. Für beide Medienverbünde gilt des Weiteren, dass die Liebe „[w]ie kein anderes Thema […] mit dem Rückgriff auf Geschlechterstereotype verbunden […]“ (Kalbermatten 2011: 231)2 ist. Dieser Rückgriff kann als Ausdruck dafür gelesen werden, dass die heterosexuelle Matrix weiterhin maßgebliche Stütze hegemonialer Ansprüche ist. Dies wird des Weiteren dadurch potenziert, dass in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ die Mädchenfiguren als Tauschobjekt und somit Stütze der Hegemonie funktionalisiert werden, welches wiederum durch die Strategie der Sexualisierung und das Aufgreifen des Stereotyps „schwärmerischerromantischer, emotionaler Weiblichkeit“ (Kalbermatten 2011: 231) perpetuiert wird. So erscheint es für das Jungenbuch ebenso wie für das Mädchenbuch „[f]raglich […], ob sich das traditionelle Gestaltungsmuster Mädchenbuch überhaupt literarisch emanzipieren kann“ (Dankert 1995: 29), wenn es durch die Ausrichtung entlang der heterosexuellen Matrix weiterhin Stereotype von Weiblichkeit und Männlichkeit bedient. Weitere Gemeinsamkeiten der beiden Medienverbünde liegen im Genre des Bandenromans begründet, zu welchem beide Reihen zuzuordnen sind. Verbunden ist damit unter anderem die Inszenierung einer kindlichen und damit geschlechterübergreifenden Hybris, die sich beispielsweise in den selbst gegebenen Titeln „beste Bande der Welt“ bzw. „beste Fußballmannschaft der Welt“ niederschlägt. Dadurch, dass die Ausgestaltung der Fußballthematik in der Reihe „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ auch Züge des Abenteuerlichen trägt, liegt eine weitere Schnittmenge vor. Was aber Abenteuertum jeweils bedeutet, wird geschlechtsspezifisch gedacht. So liegt ein Unterschied darin, dass die zu bestehenden Abenteuer in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ der Inszenierung männlicher Grandiosität dienen, da die Abenteuer immer existenziell bedrohlich dargestellt werden, während in der Reihe „Die Wilden Hühner“ vor allem Alltagsabenteuer thematisiert werden. Dadurch, dass mit dem Fortschreiten der Reihe die Abenteuer zugunsten der Paarbeziehungen und der damit einhergehenden Komplikationen in den Hintergrund geraten, üben sich die Mädchen in zunehmender Weise in Selbstzweifeln, während die Jungen in der an sie gerichteten Lektüre Selbstbestätigung erfahren können.3 Diese Unterscheidung betrifft auch die Darstellung der auszufechtenden Kämpfe. Während sie in den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ in „Traditionen des sportlichen Kampfes“ (Dettmar 2010: 40) verortet werden, werden sie in den „Wilden Hüh2 | Die These ist bei Kalbermatten auf „Harry Potter“ bezogen, was wiederum die Frage nach einer generellen Stereotypisierung des Themas in Medienverbünden aufwirft. 3 | Vgl. dazu ähnlich: Kehlenbeck 1996: 8.

Fazit

nern“ „als Kinderspiele“ (ebd.) bewertet. Dettmars These, dass die kindlichen Figuren „in ihrem Kampfgeist Sports- und Teamgeist“ beweisen (ebd.: 36), trifft für „Die Wilden Hühner“ zu. Für „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ gilt vielmehr der Umkehrschluss, dass sie in ihrem Sports- und Teamgeist Kampfgeist beweisen müssen, um zu bestehen, was mit der existenziellen Art der Kämpfe zusammenhängt, die die Wilden (Fußball-)Kerle zu führen haben. Der spielerische Charakter der Spiele, wie ihn Dettmar für die ihr vorliegenden Bandenromane konstatiert, lässt sich nur noch bei den „Wilden Hühnern“ finden. Dies hängt auch mit dem Selbstverständnis der Mädchenbande zusammen, das sich vorrangig aus der Freundschaftsthematik heraus motiviert. Die Gegner in diesen Kämpfen erfüllen zudem auch ganz gegensätzliche Funktionen für die im Mittelpunkt der Texte stehenden Banden. Für die Wilden (Fußball-)Kerle erfüllen die gegnerischen Mannschaften weitestgehend eine Kontrastfunktion, vor der die Kerle sich abheben bzw. an der sie sich abarbeiten müssen, während die Pygmäen in den „Wilden Hühnern“ die Entwicklung der Figuren verdeutlichen.4 Mädchenfreundschaften und Jungenfreundschaften werden geschlechtsstereotyp inszeniert. Die Darstellung der Mädchenfreundschaft in den „Wilden Hühnern“ folgt dem traditionellen Muster von Vertrauen und Selbstkundgabe,5 während die Jungenfreundschaften sich über Konkurrenz nach innen und außen konstituieren. Die Implementierung dieser Texte in Medienverbünde potenziert die Phänomene der ‚Archaisierung‘ und ‚Pinkifizierung‘. Durch die zunehmende Hybridisierung, die vor allem in den Filmen der „Wilden (Fußball-)Kerle“ zutage tritt, wird die schon in den Büchern angelegte Tendenz zur ‚Archaisierung‘ gesteigert, da sie im Medienwechsel durch die Zunahme visueller Elemente eine Verstärkung erfährt. Für die in den Filmen dargestellten Mädchenfiguren lässt sich in diesem Kontext eine zunehmende Sexualisierung aufzeigen, welche auch in den „Wilden Hühner“-Filmen deutlich wird, dort insbesondere an der Figur Melanie. Die Darstellung von Geschlecht, die Inszenierung von Weiblichkeit und Männlichkeit, folgt den Attribuierungsmustern, welche im Zuge der Etablierung der ‚Geschlechtscharaktere‘ Ende des 18. Jahrhunderts vorgenommen wurden, und tradiert diese somit weiter. Die Tradierung geschlechtlicher Stereotypisierungen erfährt in der Struktur der Medienverbünde somit eine vierfache Trivialisierung bei gleichzeitiger Naturalisierung. Die erste Stufe der Trivialisierung betrifft die Differenzierung in Mädchen- und in Jungenliteratur. Die zweite Stufe der Trivialisierung betrifft die Übernahme von Erzählstereotypen, wie sie dem Genre der Trivialliteratur idealtypisch zugeschrieben werden. Die dritte Trivialisierung entsteht im Medienwechsel vom Buch zum Film bzw. zur Serie. Die vierte Trivialisierungsstufe ist mit 4 | Vgl. dazu auch Schwarz 2007: 61. 5 | Vgl. Keiner 1994, 113 ff.

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der Überführung der Narrationen in Merchandisingprodukte erreicht, die vermeintlich geschlechtsspezifische Interessen bedienen und dementsprechend farblich codiert sind. Diese Trivialisierungen sind auf transmedialer Ebene wiederum mit Bedeutung aufgeladen, die durch die wiederkehrende Struktur eine ständige Thematisierung von Geschlecht entlang der heterosexuellen Matrix erzeugt. Wenn Grenz für das Genre Mädchenliteratur aus historischer Perspektive eine enge Verbindung der Etablierung der ‚Geschlechtscharaktere‘ mit der Entstehung der spezifischen Mädchenliteratur konstatiert,6 so lässt sich in Anlehnung daran konstatieren, dass die Entstehung einer spezifischen Jungenliteratur, wie sie seit einigen Jahren auf dem Kinderbuchmarkt zu beobachten ist, eng mit einer Revitalisierung eben dieser ‚Geschlechtscharaktere‘ verbunden ist. Gerade vor diesem Hintergrund bedarf das Genre Jungenliteratur einer differenzierten historischen Aufarbeitung, wie sie bereits für die Mädchenliteratur vorliegt. Das Desiderat einer Jungenliteraturforschung stellt sich umso dringender, je öfter Texte dieses Genres in Leseförderdiskursen zum ‚Allheilmittel‘ fehlender Lesekompetenz und Lesemotivation stilisiert werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es des Weiteren erstrebenswert, die Lücke in der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit seriellen Kinderromanen zu schließen, deren Spezifika deutlich herausgearbeitet werden müssten. Die vorliegende Studie konnte zumindest an zwei populären Beispielen Narrationsmuster aufzeigen, wobei es deren genrespezifische Ausrichtung zu bedenken gilt. Insbesondere die Genrespezifik verweist auf den Einfluss des ‚Feldes der Macht‘ auf das ‚literarische Feld‘, indem der geschlechtliche Index des einen für das andere Feld wirksam gemacht wird, um im Zuge der ‚ökonomischen Logik‘ vermeintlich geschlechtsspezifische Interessen bestmöglich zu bedienen. Die mit dieser Ausrichtung an der ‚ökonomischen Logik‘ verbundene kurze Lebensdauer kinderliterarischer Reihen als Produkte der ‚Massenproduktion‘ lässt sich ablesen am Ende der Reihe der „Wilden Hühner“, deren Omnipräsenz immer weiter schwindet, was in der Abnahme an Merchandisingprodukten und abgeschalteten Homepages deutlich wird, und ebenso für „Die Wilden (Fußball-)Kerle“ gilt. Auf der anderen Seite erklären sich aus der ‚ökonomischen Logik‘ und der damit verbundenen kurzen Lebensdauer die permanenten Versuche, das eigene Fortbestehen zu sichern. In dieser Logik funktionieren die Medienverbünde in ihrer Omnipräsenz und Ausweitung auf alle denkbaren Produktionszweige als Lebensversicherung. Das Fortbestehen wird gesichert durch Sequels wie „Die Wilden Küken“ oder der „Level 2.0“-Reihe und die Fernsehserie. Dabei ist auffällig, dass sich die Narrationen immer neu erfinden und doch gleich bleiben. Daher überrascht es auch nicht, dass sich die Logos und Merchandisingprodukte verändern. Was bleibt, ist die Ad6 | Vgl. Grenz 2005: 336.

Fazit

ressierung an eine bestimmte Zielgruppe, die wiederum in den Narrationen selbst durch die Strategie der Traditionsstiftung Teil der Narration wird. Es ist auffällig, dass die Inszenierung einer männlichen Genealogie weitaus intensiver betrieben wird als die einer weiblichen. Die Autor_inneninszenierung, die in beiden Texten, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt, präsent ist, liest sich zum einen als erzählerisches Stereotyp, zum anderen bietet der Medienverbund aber auch eine Lesart im Hinblick auf ökonomische Interessen an. In dieser zweiten Lesart zielt die Strategie der Traditionsstiftung darauf ab, ökonomisches Kapital – über welches die Reihen ohne Zweifel verfügen – in symbolisches Kapital zu überführen und über die Inszenierung von Autorschaft zunächst sich selbst und damit einhergehend den Medienverbund zur Marke, zu ‚Konsekrationskapital‘, werden zu lassen. Nur ‚Konsekrationskapital‘ überdauert, was an den „Wilden (Fußball-)Kerlen“ deutlich wird.

Didaktische Reflexion Die Annahme, dass Jungen schlechter lesen würden als Mädchen, erfreut sich seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten PISA-Studie 20007 großer Beliebtheit. „Die im Vergleich zu den Mädchen abfallende Lesekompetenz und -motivation der Jungen wird bis heute oft innerhalb eines dichotomisierenden, Geschlechterdifferenzen markierenden Erklärungs- und Handlungsrahmens erörtert.“ (Tholen/Stachowiak 2012: 100) Bezug genommen wird zum einen auf die unterschiedliche ‚Natur‘ von Mann und Frau, zum anderen wird die Ursache des schlechteren Abschneidens der Jungen in der Feminisierung des Lesens, des Deutschunterrichts und der Bildungslandschaft allgemein gesucht, oder es werden psychologische Erklärungen herangezogen, um geschlechtsspezifische Unterschiede im Lesen zu erklären. Ausgeblendet wird dabei die durch die Verallgemeinerung ‚die Jungen‘ erzeugte Homogenisierung einer Gruppe, welche Differenzierungen innerhalb dieser Gruppe unsichtbar werden lässt, zumal Meta-Analysen nicht darauf schließen lassen, dass das Geschlecht eine deterministische Bezugsgröße für die Lesekompetenz darstellt.8 Dies größtenteils ignorierend argumentieren Verfahren der geschlechtsspezifischen, also eigentlich immer der Jungenleseförderung, für eine Positivierung des früher Kritisierten. So erklärt sich, dass Texte der negativ sanktionierten Kinder- und Jugendliteratur, wie „Die Wilden Fußballkerle“, unabhängig von ihrer ästhetischen Qualität zum Gegenstand des Deutschunterrichts gemacht werden, weil vermeintlich geschlechtsspezifische Interessen bedient werden. Bezugnehmend auf die Prämisse ‚Hauptsache die Jungen 7 | Vgl. OECD 2001: 146 f. 8 | Vgl. dazu ausführlich Philipp 2011b sowie Philipp 2013.

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lesen überhaupt‘ und ausgehend von einer vermeintlich geschlechtsspezifischen, wenn nicht sogar völlig feminisierten Kultur des Faches Deutsch9 sowie der kulturellen Praxis des Lesens im Allgemeinen, scheint jeder Text recht, der ‚die Jungen‘ zum Lesen animiert. Als Eignungsattribute der Reihe „Die Wilden Fußballkerle“ gelten vor diesem Hintergrund unter anderem die Inszenierung cooler Helden, die Aufnahme der Thematik Fußball,10 die Aufwertung der weiblichen Figuren11 sowie die Motive „Abenteuer, Gefährdung und Bewährung“ (Büker 2006: 21). Des Weiteren gilt als Potential der Texte ihr Erscheinen im Medienverbund, insbesondere die Filme werden zum schulischen Einsatz empfohlen,12 sowie die Darstellung von Themen wie Zusammenhalt, Fairness, Angst und moralischer Überlegenheit.13 Schmidt geht sogar so weit, die Reihe als „Glücksfall“ (Schmidt 2007: 85) zu bezeichnen und hebt die Orientierung am Genre des Abenteuerromans, die sprachliche Gestaltung, die Hybridisierung und die Geschlechtsspezifik der Texte hervor. Trotz des affirmierenden Gestus findet sich in fast allen literaturdidaktischen Vorschlägen auch ein kritischer Impetus, insofern beispielsweise die Analyse kommerzieller Strukturen angeregt wird14 oder auf die sprachliche Gestaltung sowie die Figurenzeichnung verwiesen wird. In diesem Diskurs wird häufig auf die Möglichkeit eines geschlechtergetrennten Unterrichts verwiesen. Wenn die Mädchen einbezogen werden, folgt die Argumentation der Annahme, dass die Mädchen die Jungenfiguren anhimmeln könnten, wenn sie sich nicht gerade mit Vanessa identifizieren.15 Dabei verdeutlicht die verwendete Rhetorik eine Verlagerung des Schwerpunkts auf ‚die Jungen‘. ‚Die Mädchen‘ scheinen keine spezifische Förderung zu benötigen. ‚Die Mädchen‘ können ihre Leseinteressen anpassen. Gelesen wird, was Jungen interessiert. Weibliche Interessen werden dabei aber nicht nur den männlichen untergeordnet. Indem das ‚Anhimmeln‘ der männlichen Figuren zur Lesegratifikation erklärt wird, wird die heteronormativ-hegemoniale Orientierung erneut perpetuiert. Dass Lesen durch diese Diskurse zu einer sozialen Praxis wird, die unter Bezugnahme auf bestimmte Texte hegemoniale Männlichkeit als kulturelles 9 | Vgl. als eine differenzierte Perspektive auf das Phänomen der vermeintlichen Feminisierung des Faches Deutsch: Willems 2007 und zu einer kritischen Perspektive: Helbig 2010. 10 | Vgl. Büker 2006: 18. 11 | Ebd.: 18–19. 12 | Vgl. Marci-Boehncke: 2006. 13 | Vgl. Niklas 2007: 52 14 | Vgl. Büker 2006: 18. 15 | Vgl. dazu für die Bücher: Marci-Boehncke 2006:84 und für die Filme: Wiedemann 2008b: 62.

Fazit

Ideal herstellt, bleibt dabei unreflektiert. Denn es gilt in Anlehnung an Beauvoir (2000) auch für Jungen: „Man kommt nicht als Junge zur Welt, man wird es.“ Je öfter suggeriert wird, dass das Lesen und der Deutschunterricht weiblich seien, je öfter das Lesen als das ‚Andere‘, das nicht Normale markiert wird, je öfter betont wird, dass die Kinder- und Jugendliteratur keine Identifikationsangebote bereithalte, je mehr ‚richtige‘ Helden, Action und Abenteuer als ‚richtige‘ Jungenliteratur verkauft werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Jungen langfristig zum Lesen angeregt werden.

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Literatur

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Andrea Allerkamp, Matthias Preuss, Sebastian Schönbeck (Hg.) Unarten Kleist und das Gesetz der Gattung Juni 2017, ca. 330 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 39,99 €, ISBN 978-3-8376-3500-3

Maria Kirchmair Postkoloniale Literatur in Italien Raum und Bewegung in Erzählungen des Widerständigen Juni 2017, ca. 248 Seiten, kart., ca. 34,99 €, ISBN 978-3-8376-3773-1

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Lettre Hans Stauffacher, Marie-Christin Wilm (Hg.) Wahnsinn und Methode Zur Funktion von Geniefiguren in Literatur und Philosophie April 2017, ca. 320 Seiten, kart., ca. 32,80 €, ISBN 978-3-8376-2339-0

Uta Fenske, Gregor Schuhen (Hg.) Geschichte(n) von Macht und Ohnmacht Narrative von Männlichkeit und Gewalt September 2016, 318 Seiten, kart., 34,99 €, ISBN 978-3-8376-3266-8

Stefan Hajduk Poetologie der Stimmung Ein ästhetisches Phänomen der frühen Goethezeit Juli 2016, 516 Seiten, kart., 44,99 €, ISBN 978-3-8376-3433-4

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Sebastian Thede Hasard-Schicksale Der literarische Zufall und das Glücksspiel im 19. Jahrhundert Januar 2017, 408 Seiten, kart., Abb., 44,99 €, ISBN 978-3-8376-3521-8

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Thorsten Carstensen, Marcel Schmid (Hg.) Die Literatur der Lebensreform Kulturkritik und Aufbruchstimmung um 1900 Juli 2016, 352 Seiten, kart., Abb., 39,99 €, ISBN 978-3-8376-3334-4

Metin Genç Ereigniszeit und Eigenzeit Zur literarischen Ästhetik operativer Zeitlichkeit Juli 2016, 318 Seiten, kart., 44,99 €, ISBN 978-3-8376-3372-6

Anne Bertheau »Das Mädchen aus der Fremde«: Hannah Arendt und die Dichtung Rezeption – Reflexion – Produktion Juni 2016, 416 Seiten, kart., 44,99 €, ISBN 978-3-8376-3268-2

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Zeitschrif t für Kultur wissenschaf ten Dorothee Kimmich, Schamma Schahadat (Hg.)

Diskriminierungen Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 2/2016

November 2016, 160 S., kart., 14,99 €, ISBN 978-3-8376-3578-2 E-Book: 14,99 € Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften dient als kritisches Medium für Diskussionen über »Kultur«, die Kulturwissenschaften und deren methodische Verfahren. Ausgehend vom internationalen Stand der Forschung sollen kulturelle Phänomene gleichermaßen empirisch konzis wie theoretisch avanciert betrachtet werden. Auch jüngste Wechselwirkungen von Human- und Naturwissenschaften werden reflektiert. Diese Ausgabe untersucht das soziale Phänomen der Diskriminierung. Was bedeutet Diskriminierung? Worauf basiert sie? Wie werden diskriminierende Merkmale identifiziert? Die Untersuchungen verbinden verschiedene Perspektiven, solche aus der Literatur- und Kulturwissenschaft, der Psychologie, der Medizin und der Sportwissenschaft. Lust auf mehr? Die ZfK erscheint zweimal jährlich in Themenheften. Bisher liegen 20 Ausgaben vor. Die ZfK kann – als print oder E-Journal – auch im Jahresabonnement für den Preis von 20,00 € bezogen werden. Der Preis für ein Jahresabonnement des Bundles (inkl. Versand) beträgt 25,00 €. Bestellung per E-Mail unter: [email protected]

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Zeitschrif t für interkulturelle Germanistik Dieter Heimböckel, Gesine Lenore Schiewer, Georg Mein, Heinz Sieburg (Hg.)

Zeitschrift für interkulturelle Germanistik 6. Jahrgang, 2015, Heft 2

Dezember 2015, 204 S., kart., 12,80 €, ISBN 978-3-8376-3212-5 E-Book: 12,80 €, ISBN 978-3-8394-3212-9 Die Zeitschrift für interkulturelle Germanistik (ZiG) trägt dem Umstand Rechnung, dass sich in der nationalen und internationalen Germanistik Interkulturalität als eine leitende und innovative Forschungskategorie etabliert hat. Sie greift aktuelle Fragestellungen im Bereich der germanistischen Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaft auf und versammelt aktuelle Beiträge, die das zentrale Konzept der Interkulturalität weiterdenken. Die Zeitschrift versteht sich bewusst als ein interdisziplinär und komparatistisch offenes Organ, das sich im internationalen Wissenschaftskontext verortet sieht. Lust auf mehr? Die ZiG erscheint zweimal jährlich. Bisher liegen 12 Ausgaben vor. Die ZiG - als print oder E-Journal - kann auch im Jahresabonnement für den Preis von 22,00 € bezogen werden. Der Preis für ein Jahresabonnement des Bundles (inkl. Versand) beträgt 27,00 €. Bestellung per E-Mail unter: [email protected]

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