Archaisches und klassisches Griechenland 9783170319448, 9783170319455, 9783170319452, 9783170319479, 3170319442

Die archaische und klassische Zeit Griechenlands stellt mit ihren politischen und geistigen Innovationen ein faszinieren

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Archaisches und klassisches Griechenland
 9783170319448, 9783170319455, 9783170319452, 9783170319479, 3170319442

Table of contents :
Deckblatt
Titelseite
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
Epocheneinteilung
Begriffs- und Forschungsgeschichte
2 Natur und Umwelt
Klima
Geographie und Topographie
Naturauffassungen
Landwirtschaft
Forstwirtschaft
Bergbau
Verlandung
3 Die homerische Welt
Homer
Hesiod
4 Die Große Kolonisation
5 Solon
6 Tyrannis
Athen: Peisistratos
Korinth: Kypselos und Periandros
Sikyon: Kleisthenes
Samos: Polykrates
Lesbos: Pittakos
Bewertung
7 Sparta
Besiedlung und Topographie
Messenische Kriege
Tyrtaios und Alkman
Eunomia und Große Rhetra
Der Peloponnesische Bund und der Aufstieg des Ephorats
Perserkriegszeit
Sparta in klassischer Zeit
Das politische System
Die gesellschaftliche Ordnung
Spartas Hegemonie und Niederlage
8 Die Perserkriege
Marathon
Thermopylen
Salamis
Plataiai und Mykale
9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles
10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund
Institutionen der Demokratie
Wesen und Begriff der Demokratie
Kritik an der Demokratie
Der Attische Seebund und die athenischen Finanzen
11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung
Literarische Voraussetzungen
Herodot als Vater der Geschichtsschreibung
Politische Voraussetzungen
Thukydides als Maßstab für Geschichtsschreibung
Die Leistung der antiken Geschichtsschreibung
12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie
Kosmogonische Dichtung
Altionische Naturphilosophie
Pythagoras und die Harmonielehre
Xenophanes und das Göttliche
Heraklit und Parmenides: Sein und Nichtsein
Empedokles und Anaxagoras: Elementenlehre und erkennender Geist
Demokrit und die Atomistik
Die Sophisten
Sokrates, Platon und Aristoteles
13 Körperkonzepte und Medizin
Körper und Seele
Körperbilder und Statuen
Handwerker und Sklaven
Medizin
Sexualität
Behinderte
14 Griechische Religion und panhellenische Spiele
Grundkennzeichen der griechischen Religion
Akropolis von Athen
Delphi
Olympia
15 Die Pentekontaetie
Athen und Sparta
Freiheit und Autonomie
16 Der Peloponnesische Krieg
Kriegsgrund
Der Archidamische Krieg
Der Nikiasfrieden und die Sizilische Expedition
Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen
17 Griechenland im 4. Jh.v.Chr. und der Aufstieg der Makedonen
Das Fortleben der athenischen Demokratie
Spartas Hegemonie und Athens zweiter Seebund
Philipp II. und die Hegemonie Makedoniens
18 Fazit
Anmerkungen
Anhang
Quellensammlungen
Antike Autoren
Literatur
Abbildungsverzeichnis
Register

Citation preview

Lukas Thommen

Archaisches und klassisches Griechenland

Verlag W. Kohlhammer

Zum Andenken an meine Eltern Arthur (1926–2009) und Agnes Thommen (1928– 2017)

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind. Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Umschlagbild: Die Akropolis von Athen mit dem Parthenon, 5. Jh. v. Chr. (Foto: L. Thommen)

1. Auflage 2019 Alle Rechte vorbehalten © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Print: ISBN 978-3-17-031944-8 E-Book-Formate: pdf: ISBN 978-3-17-031945-5 epub: ISBN 978-3-17-031945-2 mobi: ISBN 978-3-17-031947-9 Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epocheneinteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffs- und Forschungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11 12 17

2

Natur und Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klima . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geographie und Topographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturauffassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bergbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlandung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24 24 25 27 29 32 34 35

3

Die homerische Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Homer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hesiod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37 39 47

4

Die Große Kolonisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

5

Solon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

6

Tyrannis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Athen: Peisistratos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Korinth: Kypselos und Periandros . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sikyon: Kleisthenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Samos: Polykrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 68 71 73 75 5

Inhaltsverzeichnis

Lesbos: Pittakos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78 79

Sparta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besiedlung und Topographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messenische Kriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tyrtaios und Alkman . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eunomia und Große Rhetra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Peloponnesische Bund und der Aufstieg des Ephorats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Perserkriegszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sparta in klassischer Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das politische System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die gesellschaftliche Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spartas Hegemonie und Niederlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 84 85 86 88 89 92 93 95 97 99

8

Die Perserkriege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marathon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thermopylen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Salamis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plataiai und Mykale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 103 104 107 109

9

Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

112

10

Die athenische Demokratie und der Attische Seebund . . . . Institutionen der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wesen und Begriff der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik an der Demokratie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Attische Seebund und die athenischen Finanzen . . . . .

120 120 124 127 129

11

Die Entstehung der Geschichtsschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . Literarische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herodot als Vater der Geschichtsschreibung . . . . . . . . . . . . . Politische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thukydides als Maßstab für Geschichtsschreibung . . . . . . . Die Leistung der antiken Geschichtsschreibung . . . . . . . . . .

133 134 138 140 142 146

7

6

Inhaltsverzeichnis

12

Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosmogonische Dichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altionische Naturphilosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pythagoras und die Harmonielehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Xenophanes und das Göttliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heraklit und Parmenides: Sein und Nichtsein . . . . . . . . . . . . Empedokles und Anaxagoras: Elementenlehre und erkennender Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demokrit und die Atomistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Sophisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sokrates, Platon und Aristoteles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149 150 151 154 155 156 157 159 160 161

13

Körperkonzepte und Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Körper und Seele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Körperbilder und Statuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handwerker und Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sexualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behinderte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

164 165 166 169 171 173 175

14

Griechische Religion und panhellenische Spiele . . . . . . . . . . Grundkennzeichen der griechischen Religion . . . . . . . . . . . . . Akropolis von Athen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Delphi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Olympia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

178 180 183 186 188

15

Die Pentekontaetie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Athen und Sparta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freiheit und Autonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 192 197

16

Der Peloponnesische Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriegsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Archidamische Krieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Nikiasfrieden und die Sizilische Expedition . . . . . . . . . . Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199 201 205 206 209

7

Inhaltsverzeichnis

17

Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Fortleben der athenischen Demokratie . . . . . . . . . . . . . . Spartas Hegemonie und Athens zweiter Seebund . . . . . . . . Philipp II. und die Hegemonie Makedoniens . . . . . . . . . . . . .

214 215 217 219

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222

Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

226

18

Anhang Quellensammlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

245

Antike Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

246

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

276

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279

8

Vorwort

Dieses Buch gibt einen Überblick über das archaische und klassische Griechenland bzw. die Zeit vom 8.–4. Jh. v. Chr. Es ist als Einstieg in ein akademisches Studium gedacht und so konzipiert, dass jedes Kapitel als geschlossene Einheit verwendet werden kann. Ziel ist es, sowohl wesentliche Grundlagen zu vermitteln, als auch einen Ausgangspunkt für die weiterführende Beschäftigung mit den betreffenden Themen zu schaffen. Zu diesem Zweck sind die wichtigsten Quellen in Klammern in den Text eingefügt und ergänzende Literaturangaben in den Endnoten festgehalten. Diese werden am Ende des Buches von einer Bibliographie begleitet, die in der Reihenfolge der Kapitel thematisch angeordnet ist. Bei der Erstellung des Manuskripts durfte ich die Hilfe von mehreren Fachkollegen erfahren, denen ich zu großem Dank verpflichtet bin: Claude Brügger (Basel), Martin Dreher (Magdeburg) und Christoph Riedweg (Zürich) haben verschiedene Kapitel des Buches kritisch durchgesehen und mir wertvolle Anregungen gegeben. Stefanie Schmidt (Basel) hat das ganze Manuskript einer gründlichen Lektüre unterzogen und generell zur besseren Verständlichkeit beigetragen. Daniel Kuhn vom Kohlhammer-Verlag hat mir die Möglichkeit eröffnet, dieses Buch zu verfassen; Peter Kritzinger hat es redaktionell umsichtig betreut, wofür ich beiden herzlich danke. Basel/Zürich, Juli 2018

Lukas Thommen

9

1

Einleitung

Die archaische und klassische Zeit Griechenlands stellt mit ihren zahlreichen politischen und geistigen Innovationen ein faszinierendes Kapitel abendländischer Geschichte dar. Einen Höhepunkt bildet im 5. Jh. v. Chr. die athenische Demokratie, deren kulturelle Errungenschaften schon in der Antike als beispielhaft erachtet wurden und in vielen Bereichen bis heute nachwirken. Die erreichte politische Freiheit und Autonomie darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Epoche des Glanzes auch von gesellschaftlichen Konflikten und permanenten kriegerischen Auseinandersetzungen begleitet wurde, die immer wieder zu Leid und Elend führten. Gleichzeitig ergab sich daraus eine vertiefte, wegweisende Beschäftigung mit der menschlichen Existenz und ihrem Schicksal. Dieses Überblickswerk zeichnet die wichtigsten historischen Etappen vom Zeitalter Homers bis zur Niederlage der Griechen gegen die Makedonen nach (ca. 750–338 v. Chr.). Dabei werden grundlegende Prozesse verfolgt, wie etwa die Entstehung der Polis (»Stadtstaat«) und des politischen Denkens, welche die freie Gestaltung des Gemeinwesens durch die Bürgerschaft überhaupt erst ermöglicht haben. Dort, wo die politische Entwicklung in Athen ihren Höhepunkt erreicht, vermittelt das Buch in einem Zwischenteil auch einige Grundzüge der griechischen Kultur und Religion. Dabei werden Leistungen auf den Gebieten der Geschichtsschreibung, Naturwissenschaft, Philosophie und Medizin erläutert, welche für die späteren Epochen der abendländischen Geschichte prägend geblieben sind. Im Zentrum des Buches stehen das 6. und 5. Jh. v. Chr. mit den beiden mächtigsten Poleis Athen und Sparta, über die wir aus schriftlichen und materiellen Quellen am prominentesten informiert sind. Weniger Berücksichtigung findet daher die Schilderung des griechischen Lebens in Unter11

1 Einleitung

italien und Sizilien, auf den Inseln der Ägäis sowie auf Kreta und Zypern. Wenn neben den politischen und sozialen Entwicklungen auch kulturelle, religiöse und wirtschaftliche Charakteristika zur Sprache kommen, kann dabei keine Vollständigkeit geltend gemacht werden. Beabsichtigt ist vielmehr, sowohl wesentliche Errungenschaften als auch problematische Phänomene zur Sprache zu bringen, um die Grundlagen für eine weiterführende, kritische Auseinandersetzung mit diesen Epochen zu schaffen.

Epocheneinteilung Wenn von einem »archaischen«, »klassischen« und »hellenistischen« Griechenland die Rede ist, so werden damit nicht nur archäologische Stilepochen, sondern auch historische Zeitalter bezeichnet. Nach einer gängigen Sichtweise eröffnet Homer um 700 v. Chr. mit seinen Epen über den Kampf um Troja und die Heimkehr des Odysseus zugleich den Blick auf die archaische Epoche. Diese schließt an die schlechter dokumentierten, sogenannten Dunklen Jahrhunderte bzw. »Dark Ages« an, in denen nach dem Niedergang der Burgen (Mykene, Tiryns, Pylos, Troja) um 1200 v. Chr. vielerorts reduzierte, teilweise aber auch schon neue Formen des gesellschaftlichen Lebens Einzug gehalten hatten. Im 8. Jh. v. Chr. nimmt die griechische Poliswelt ihren Aufschwung und leitet ein Zeitalter weitreichender Entdeckungen ein. Um 700 v. Chr. setzt auch für die Kunstgeschichte bzw. Klassische Archäologie die »Archaik« bzw. der »archaische Stil« ein, der bis um 500 v. Chr. kennzeichnend ist und in der Vasenmalerei auf »schwarzfigurigen« Gefäßen zur Darstellung kommt. Die künstlerische Entwicklung basierte in der archaischen Zeit insgesamt noch auf einfachen Formgebungen und überschaubaren Motiven, welche aber die voraufgehende »geometrische Kunst« mit ihren abstrakten Vasenmustern (900–700 v. Chr.) weiterentwickelte und neben orientalisierenden Tierfriesen zunehmend Menschen und mythische Szenen zur Darstellung brachte. Diese Entwicklung wird auch bei der archaischen 12

Epocheneinteilung

Jünglingsstatue (kouros ¼ Jüngling) sinnfällig, die ab 600 v. Chr. zum ersten Mal als freistehende Monumentalskulptur geschaffen wurde.

Abb. 1: Kourosstatuen (Kleobis und Biton), um 600 v. Chr., Museum Delphi

Der nackte Kouros tritt dem Betrachter jeweils in frontaler Schrittstellung gegenüber und kennzeichnet sich durch schematisierte Proportionsformen und sein sprichwörtliches archaisches Lächeln. Er stellt ein Abbild der »adligen« Führungsschicht dar, welche damals die Gesellschaft dominierte und ihre Ideale als geistig und körperlich gut geschulte Bürger zum Ausdruck brachte.1 Das archaische Zeitalter endete spätestens mit den Perserkriegen, genauer dem Einfall der Perser nach Griechenland in den Jahren 490 und 480/79 v. Chr. Die Abwehr der Perser läutete zugleich den Aufstieg Athens zur stärksten Macht des Mittelmeerraumes ein – den Sieg der neu entstandenen athenischen Demokratie mit ihren Spitzenleistungen auf den Gebieten der Kunst, der Architektur, des Theaters, der Rhetorik und der Philosophie. Als Höhepunkt der Entwicklung wird in der Regel die »Parthenonzeit« (um 450–430 v. Chr.) betrachtet, die auch mit der Zeit 13

1 Einleitung

des athenischen Staatsmannes Perikles gleichgesetzt wird, auch wenn dieser nur als einer unter vielen Entscheidungsträgern gelten kann.2

Abb. 2: Agora von Athen mit Südstoa und Mittelstoa am Fuße der Akropolis

Aus den Jahren um 450/40 v. Chr. stammt auch der sogenannte Doryphoros (¼ Speerträger) des Bildhauers Polyklet, der die Stilmerkmale der klassischen Zeit – verbunden mit idealen Maßen und Proportionen – besonders gut zum Ausdruck bringt. Als klassisch gilt grundsätzlich das »Harmonische«, das in sich »Geschlossene«, das in der ausgewogenen Gewichtung der einzelnen Glieder fassbar wird (sogenannte Ponderation). Diese wird durch das am Boden verhaftete Standbein und das mit angehobener Ferse leicht nach vorne gebeugte Spielbein bewirkt (sogenannter Kontrapost).3 In diesem Ausgleich der Kräfte wurde bisweilen ein Abbild des Gleichgewichts innerhalb der athenischen Vollbürger gesehen – einer Errungenschaft der ersten abendländischen Demokratie. Auch die attischen Tragödien sind in dieser Zeit auf der Suche nach Balance, nämlich einem Ausgleich zwischen Individuum und Gesellschaft, eigener und kollektiver Entscheidung, Rationalität und Irrationalität. Die »Antigone« des Sophokles (442 v. Chr.) steht vor der folgenreichen Entscheidung zwischen göttlichem und weltlichem Recht, da sie ihren »verräterischen« Bruder trotz des Verbotes des Königs begraben will. Sie gerät dabei mit der politischen Macht in Konflikt, die sich jedoch ebenfalls 14

Epocheneinteilung

Abb. 3: Doryphoros des Polyklet, römische Kopie nach einem Bronzeoriginal um 450/40 v. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Neapel

als tragisch erweist. Die entsprechende Kunstform der Tragödie wurde zusammen mit der Komödie, die der freien Bürgerschaft den Spiegel vorhält, für die nachfolgenden Epochen wegweisend. Dieses als »klassisch« bezeichnete Zeitalter wurde durch den sogenannten Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) zwischen Athen und Sparta mit ihren jeweiligen Bundesgenossen erschüttert und erlebte im 4. Jh. v. Chr. weitere Auseinandersetzungen um die Hegemonie in Griechenland, aber auch eine Bestätigung der athenischen Demokratie. Die Welt der freien Poleis ging spätestens mit dem Einmarsch des Makedonenkönigs Philipp II. ins südliche Griechenland im Jahre 338 v. Chr. zu Ende, dem der Eroberungszug seines Sohnes Alexander d. Gr. durch den Vorderen Orient bis an den Indus folgte. Der Einfall der Makedonen bereitete den zuvor unabhängigen Städten der griechischen Poliswelt einen herben Rückschlag, auch wenn die angestammten politischen Institutionen danach weiterexistierten. In Alexanders Nachfolge bestimmten forthin hellenistische Könige mit ihren Großreichen die Geschicke der griechischen Städte und eröffneten damit das Zeitalter des 15

1 Einleitung

Hellenismus, in dem es zu einer neuen Ausbreitung der griechischen Kultur in der Alten Welt kam. Die Umbrüche in der traditionellen Poliswelt machten sich in der Kunst wiederum durch eine neue Formgebung bemerkbar. Gemäß Werner Fuchs wird die klassische »Daseinsform« im Hellenismus durch die »Wirkungsform« ersetzt, bei der es um »das Erscheinungsbild, die Darstellung von Pathos und Leidenschaft, von Kraft und Anmut« geht.4 Dabei werden in Gruppenkompositionen gerne Schicksalsschläge dargestellt, wie etwa beim »Laokoon« in den Vatikanischen Museen zum Ausdruck kommt. Dieser wird zusammen mit seinen beiden Söhnen von zwei Schlangen umwunden und muss für seine Warnung vor dem Trojanischen Pferd die göttliche Strafe hinnehmen, da das Schicksal der Stadt von den höheren Mächten besiegelt war und auch von einem Priester nicht aufgehalten werden konnte.

Abb. 4: Laokoon mit seinen Söhnen im Todeskampf gegen die Schlangen, Kopie (?) eines hellenistischen Originals, Vatikanische Museen Rom

Wenn wir heute von einem Zeitalter des Hellenismus sprechen, ist das auf Johann Gustav Droysen (»Geschichte des Hellenismus«, 3 Bde., 2. Aufl. 1877/78) zurückzuführen, der darin eine große Synthese von Abend- und 16

Begriffs- und Forschungsgeschichte

Morgenland formulierte, eine Verschmelzung von Ost und West, welche die Grundlage für die Offenbarung des Evangeliums und die Ausbreitung des Christentums gelegt habe.5 Auf dieser Vorlage konnten im späteren 19. Jh. auch die Vorstellungen von einem »archaischen« und »klassischen« Zeitalter Form annehmen, wie im Folgenden zu zeigen ist.

Begriffs- und Forschungsgeschichte Der Begriff »archaisch« ist abgeleitet vom griechischen Wort archaios und bedeutet soviel wie »ursprünglich, alt«. In der Antike bezeichnete das Wort einen minderwertigen »Grad der technischen Kunstfertigkeit«, also stilistisch einfache, einer früheren Zeit entstammende Werke.6 Gegen Ende des 5. Jh. v. Chr. musste die athenische Demokratie ihre ersten großen Erschütterungen in Kauf nehmen, also rund 100 Jahre nachdem Kleisthenes durch seine Reformen den Weg zu diesem System geebnet hatte. Die athenischen Niederlagen im Peloponnesischen Krieg führten vorübergehend zu zwei oligarchischen Umstürzen (411/10 und 404/3 v. Chr.). Damit wurden die früheren Jahrzehnte des 5. Jhs. v. Chr., die auf den athenischen Sieg über die Perser bei Marathon von 490 v. Chr. folgten, als Epoche des Glanzes stilisiert. Ihr gegenüber verblasste die »vormarathonische« Zeit als primitivere, unvollkommene Phase, die hinter der anschließend einsetzenden »Vervollkommnung« zurücktrat;7 damit entstand eine Zäsur, die auch in späterer (»hellenistischer«) Zeit weitertradiert wurde. Bereits im Hellenismus galten die kulturellen Errungenschaften der voraufgehenden Epoche des 5. und 4. Jh. v. Chr. als vorbildlich. Die Stücke der großen Tragiker Aischylos, Sophokles und Euripides wurden schon am Ende des 5. Jh. v. Chr. als unerreichbar angesehen (Aristoph. Ran. 71 f. 96 f.) und im Jahre 386 v. Chr. zur Wiederaufführung zugelassen; ab dem Jahre 338 v. Chr. wurden sie in offiziellen Abschriften im Staatsarchiv von Athen aufbewahrt und gelangten später auch ins Mouseion von Alexandria.8 Implizit hatte also schon die Antike eine Epochengrenze gezogen, durch die ein Zeitalter der Blüte festgelegt war. 17

1 Einleitung

Der Begriff »klassisch« wurde allerdings erst von den Römern vorbereitet. Er leitet sich vom lateinischen classicus her, was so viel wie Bürger der ersten Vermögensklasse bedeutet und somit eine Spitzenposition in der Bürgerschaft markiert. Der Terminus wurde bereits bei Cicero (ac. 2,73), dann auch bei Cornelius Fronto (Gell. 19,8,15) auf herausragende Autoren und Verfasser von beispielhafter Literatur angewandt. Im Bemühen um poetische und rhetorische Qualität war die attische Literatur der Blütezeit seit der Mitte des 1. Jh. v. Chr. zum Vorbild der Römer geworden, was zugleich die Vorstellung von einer mustergültigen Epoche förderte.9 Die Renaissance ging davon aus, dass die eigene Zeit durch das Mittelalter (medium aevum) von der griechisch-römischen Welt abgetrennt war und versuchte, auf neue Weise an die Antike anzuknüpfen. Die »Goldene Latinität« (Vergil, Horaz, Ovid) wurde zum Vorbild erhoben und durch weitere kulturelle Höhepunkte des antiken Griechenland und Rom ergänzt. Dadurch bahnte sich die Vorstellung vom klassischen griechisch-römischen Altertum an, ohne das Klassische auf einen bestimmten Zeitabschnitt der griechischen Geschichte zu beziehen. Im 17./ 18. Jh. wurde der Ausdruck »klassisch« zunächst als »literarischer Normbegriff« verwendet, dann auch auf den Bereich der Philosophie und Kunst übertragen.10 Im Jahre 1797 ist im deutschen Sprachgebrauch zum ersten Mal vom »klassischen Altertum« die Rede, neben das dann allmählich auch »die Antike« als Epochenbegriff trat.11 Eine spezifische Sicht von künstlerischen Stilphasen ergab sich schon aus den Studien von Johann Joachim Winckelmann (»Geschichte der Kunst des Alterthums«, 1764), der als Begründer der modernen Archäologie und Kunstgeschichte gilt. Dieser rechnete mit einem älteren Stil, der als Vorstufe zu dem Höhepunkt aufzufassen sei, und auf den dann eine Phase des »Überreifen« folgte. Ohne das Wort »klassisch« zu verwenden, galt insbesondere der sogenannte Apoll vom Belvedere aus dem späteren 4. Jh. v. Chr. mit seinen weichen Körperformen als ideale Gestalt. Winckelmann hatte schon 1755 durch seine Schrift »Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerey und Bildhauerkunst« eine folgenreiche Antikenverehrung eingeläutet. Er verkündete die griechische Kunstvollkommenheit, die zur Grundlage des modernen Klassizismus (ca. 1770–1830/40) wurde und somit eine neue Stilphase der 18

Begriffs- und Forschungsgeschichte

europäischen Kunst und Architektur prägte. »Edle Einfalt, stille Größe« sollte dabei auch den Dichtern des aufstrebenden Bürgertums als Vorbild dienen.12 Archaische Plastik war zu Winckelmanns Zeit noch weitgehend unbekannt. Im Jahre 1811 wurden die altertümlich wirkenden Giebelskulpturen des Aphaiatempels von Aigina (ca. 500/490 v. Chr.) entdeckt, die in der Folgezeit das Bild der frühen griechischen Plastik prägten. Im Jahre 1828 gelangten sie mit den Ergänzungen des klassizistischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen in die Münchner Glyptothek, die im Jahre 1816 von Leo von Klenze auf der Vorlage griechischer Architektur erbaut worden war.13 Dargestellt sind die Kämpfe um Troja, an denen die aiginetischen Helden Telamon, Aias, Teukros und Achilleus beteiligt waren. In den Aigineten erkannte man eine Diskrepanz zwischen den präzisen Einzelheiten der Körper und den unrealistischen Zügen der Köpfe. Sie wurden dementsprechend als Ausdruck des Unvollkommenen und der Übergangsphase interpretiert, was bis in die 1870er Jahre nachwirkte und schließlich in einer Zuweisung zum »Strengen Stil« als Frühphase der Klassik mündete.14 Im frühen 19. Jh. war man vielmehr auf der Suche nach dem Vollendeten, der Kanon-Statue, wie sie in den Quellen für den Bildhauer Polyklet im mittleren 5. Jh. v. Chr. überliefert war (Gal. PHP 5,3,15 f.). Im Jahre 1816 wurden im British Museum die aus der gleichen Zeit stammenden Parthenon-Skulpturen ausgestellt, so dass sich der Kunstgeschmack jetzt auf das 5. Jh. v. Chr. zu verlagern begann. Der dänische Bildhauer Thorvaldsen schuf in seinem Jugendwerk »Jason mit dem goldenen Vlies« (1803) eine Statue, die der Kanon-Statue bzw. dem Doryphoros des Polyklet nahekam, obwohl er noch keine direkte Vorlage verwenden konnte. Eine Kopie des Doryphoros war zwar 1797 in Pompeji zutage getreten, wurde aber erst im Jahre 1862/3 als solche identifiziert.15 August Böckh versuchte zur selben Zeit als erster, die realen Grundlagen des athenischen Staatswesens zu erforschen und damit aus der idealisierten Betrachtungsweise zu lösen (»Die Staatshaushaltung der Athener«, 2 Bde., 1817). Demensprechend kamen jetzt auch die Inschriften als neue Quellengattung zum Tragen. Ab 1825 wurde in Berlin die Inschriftensammlung des »Corpus Inscriptionum Graecarum« (CIG) 19

1 Einleitung

angelegt, die 1873 durch die »Inscriptiones Graecae« (IG) abgelöst wurde. In Deutschland machte sich mit Karl Otfried Müllers zwei Bänden über »Die Dorier« im Rahmen der »Geschichten hellenischer Stämme und Städte« von 1824 eine Vorliebe für Sparta breit (sogenannter Philolakonismus), während in England im mittleren 19. Jh. mit dem liberalen George Grote eine Idealisierung der athenischen Demokratie zum Tragen kam (»History of Greece«, 12 Bde., 1846–1856). Wichtig im Hinblick auf die Erschließung der archaischen Kunst war die Entdeckung des sogenannten Apoll von Tenea (um 560/50 v. Chr.), der im Jahre 1853/54 in die Münchner Glyptothek gelangte und dort den Archäologen Heinrich Brunn zum Vergleich mit anderen Denkmälern dieser Zeit anregte. Im Jahre 1872/73 verfasste Brunn eine Stilgeschichte über »Die archaische Kunst«, in der die archaische Plastik zum ersten Mal umfassend und nicht herabsetzend gewürdigt wurde.16 Der Anstoß, für einen bestimmten Zeitabschnitt in der Entwicklung der griechischen Kultur einen eigenen Begriff zu bilden, kam somit von der Archäologie her.

Abb. 5: Abguss des Kouros von Tenea, um 550 v. Chr., Skulpturhalle Basel

Im gleichen Jahr (1872) las Jacob Burckhardt in Basel zum ersten Mal über griechische Kulturgeschichte und Friedrich Nietzsche publizierte 20

Begriffs- und Forschungsgeschichte

»Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik«, worin er die klassische attische Tragödie auf ursprüngliche, religiöse Formen der Daseinsbewältigung zurückführte. Grundlegend sind dabei der apollinische Genius mit seinen bildnerischen Kräften sowie der dionysische Rausch, der auch die Musik entstamme. Damit kehrte sich Nietzsche von der philologischen und historischen Methode ab, erwartete in seiner Zeit zumal von Richard Wagner dennoch eine Wiedergeburt der Tragödie.17 Jacob Burckhardt versuchte als erster, das Zeitalter von Homer bis zu den Perserkriegen in den verschiedenen Erscheinungsformen von Politik, Wirtschaft, Moral, Kunst, Literatur und Philosophie zu charakterisieren, womit die im Historismus des 19. Jh. geläufige Staatsgeschichte in den Hintergrund rückte. Er bezeichnete das »Agonale«, den Kampf, als Grundkraft der aristokratischen griechischen Kultur und bahnte zugleich die Formierung der archaischen Zeit als geschichtliche Epoche an. Ein Vorbild dafür lag in dem ursprünglich zweibändigen Werk von Burckhardts Lehrer Johann Gustav Droysen über die »Geschichte des Hellenismus« (2 Bde., 1836/43) vor. Ab 1870 weckten auch die Grabungen von Heinrich Schliemann in Troja und Mykene das Interesse für die frühen griechischen Epochen. Ausgrabungen in Delphi, Delos und Olympia förderten neue Werke des archaischen und Strengen Stils (490/80–460/50 v. Chr.) zutage. Die weitere Folge war, dass ein »Pathos der Ursprünglichkeit« auf die Archaik übertragen wurde.18 Schon am Ende des 19. Jh. entwickelte sich eine Fortschrittskritik, die den Wert des »Primitiven« herausstellte. Dabei kam ein Kulturpessimismus zum Tragen, wie ihn bereits Nietzsche in seiner Geburt der Tragödie eingeleitet hatte. Das 6. Jh. v. Chr. war so plötzlich ins Zentrum der griechischen Kulturgeschichte gerückt. Die klassizistische Sicht der Polis, die von Harmonie, Frieden und Freiheit geprägt war, wurde von Burckhardt durch das Bild von einem Zwangsstaat ergänzt, der seit dem 5. Jh. v. Chr. von ständigen Revolutionen erfasst worden sei.19 Um die Wende vom 19. zum 20. Jh. erschienen dann die umfassenden Darstellungen der griechischen Geschichte von Eduard Meyer, Karl Julius Beloch und Georg Busolt, wobei letzterer auch eine zweibändige griechische Staatskunde vorlegte (3. Aufl. 1920/26). In den 1920er Jahren setzten sich die Philologen zudem vertieft mit dem Konzept des »Klassischen« 21

1 Einleitung

auseinander,20 wobei sich Hermann Fränkel, Wolfgang Schadewaldt und Bruno Snell aber auch intensiv der Erforschung der archaischen Dichtung und Literatur zuwandten. Der Althistoriker Helmut Berve entwickelte 1931/33 in seiner zweibändigen »Griechischen Geschichte« wiederum Sympathien für das Doriertum. Im Jahre 1937 widmete er »Sparta« eine eigene Monographie, die nicht zuletzt auch der nationalsozialistischen Propaganda diente. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erfasste Alfred Heuss dann erstmals »Die archaische Zeit als geschichtliche Epoche« – also nicht nur als Kunstepoche.21 In seinem Vortrag von 1946 wird die Archaik als geschlossenes Zeitalter charakterisiert, das als eigenständige Basis für die ausgereiften Leistungen der klassischen Zeit gilt. Heuss dehnte dabei die archaische Epoche von der Zeit der »Großen Wanderungen« des 12.– 10. Jh. v. Chr. bis zu den Perserkriegen aus. Spätere historische Darstellungen haben wieder stärker auf die homerische Zäsur zurückgegriffen und verorten die archaische Zeit erst ab dem 9./8. Jh. v. Chr. Erst damals begann der eigentliche Aufschwung der griechischen Gemeinwesen und erfuhr mit der Übernahme der Schrift sowie durch die Kolonisationsbewegung im Mittelmeerraum einen weiteren Entwicklungsschub. Die »Dunklen Jahrhunderte« zwischen dem Untergang der Burgen bis zum Neubeginn der griechischen Zivilisation im 1. Jt. v. Chr. sind heute zugunsten eines fließenden Übergangs deutlich aufgehellt.22 Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in Deutschland die Forschungen zu Sparta zunächst in den Hintergrund getreten, während Studien zur Sklaverei und Tyrannis sowie zur athenischen Demokratie ins Rampenlicht gerieten. In den 1980er Jahren schuf Christian Meier mit seinen Studien über »Die Entstehung des Politischen bei den Griechen« einen neuen Zugang zur staatlichen Entwicklung im archaischen und klassischen Griechenland. Jochen Bleicken (1985, 4. Aufl. 1995) und Mogens H. Hansen (1995) haben anschließend die »Athenische Demokratie« in allen politischen Facetten abgehandelt. Gleichzeitig wurde in der Forschung die Interpretation der griechischen Adelsgesellschaft neu angegangen, wobei die historische Entwicklung hauptsächlich im Spannungsfeld von persönlichen Ambitionen der Führungsschicht und deren Einbindung in staatliche Strukturen interpretiert 22

Begriffs- und Forschungsgeschichte

wurde.23 Die berühmte »Griechische Sozialgeschichte« von Fritz Gschnitzer (1981, 2. Aufl. 2013) wurde jüngst von Winfried Schmitz’ Werk über »Die griechische Gesellschaft« (2014) ergänzt, welche durchlässig »geschichtet« war, aber auch rechtlich abgetrennte, schwer überwindbare Stände (Freie–Unfreie) kannte. Zudem wurde in jüngerer Zeit im Anschluss an Jonathan Hall vermehrt Wert auf die Ausbildung von Abstammungsgemeinschaft bzw. ethnischer Identität im Rahmen der Polis gelegt (»Ethnic Identity in Greek Antiquity«, 1997). Wesentlich geöffnet wurde auch der Blick auf die Mobilität, den wirtschaftlichen Austausch und die Akkulturation in der frühen griechischen Welt, insbesondere im Hinblick auf die Verbindungen der Griechen zum Vorderen Orient.24 In den letzten Jahrzehnten sind weltweit unzählige weitere Arbeiten entstanden, die neben Athen auch viele kleinere Poleis (»Das Dritte Griechenland«)25 behandeln oder intensive Forschung auf den Gebieten der Wissenschaft, Technologie, Medizin, Mentalität (bes. Emotionen), Kriege, Demokratie, Religion, Kultur, Familie, Geschlechter, Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft etc. betreiben. Einige davon werden auch in diesem Einführungswerk angesprochen, wobei die wichtigste Forschungsund Überblicksliteratur nach Kapiteln geordnet am Schluss des Buches aufgeführt ist.

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2

Natur und Umwelt

Die Griechen bezeichneten sich als Hellenen (Hellenes) und waren neben der gemeinsamen Sprache auch durch die gleiche Religion verbunden. Nach dem Untergang der großen Burgen und Paläste (Mykene, Tiryns, Pylos, Troja) um 1200 v. Chr. setzte im frühen 1.Jt. v. Chr. eine neue Siedlungstätigkeit ein, bei der sich die Gemeinwesen ohne Bedrohung von außen entwickeln und selbst organisieren konnten. Diese verbreiteten sich auf der südlichen Balkanhalbinsel und der Peloponnes sowie auf den ägäischen Inseln, Kreta und Zypern; dazu kamen zahlreiche Städte an der Küste Kleinasiens in der heutigen Türkei. Ab der zweiten Hälfte des 8. Jh. v. Chr. siedelten die Griechen vom Mutterland aus auch in Unteritalien, Sizilien und etlichen weiteren Küstenabschnitten rund um das Mittelmeer sowie am Schwarzen Meer (sogenannte Große Kolonisation) und waren entsprechend unterschiedlichen natürlichen Bedingungen ausgesetzt.

Klima Die Griechen lebten seit dem 9. Jh. v. Chr in relativ stabilen klimatischen Verhältnissen, die von trockenen, heißen Sommern sowie von feuchten Wintern geprägt waren und neben der »mediterranen Trias« von Oliven, Getreide und Trauben den Anbau zahlreicher weiterer Kulturpflanzen ermöglichten. Von ca. 850–600 v. Chr. und im 4. Jh. v. Chr. ist eine klimatisch kältere und niederschlagsreichere Phase festzustellen, die aber 24

Geographie und Topographie

die gesellschaftliche Entwicklung nicht grundlegend beeinträchtigte.1 Die Gebirge in der Mitte der Balkanhalbinsel und Peloponnes bewirkten schon damals, dass im Osten grundsätzlich weniger Niederschlag als im Westen zu verzeichnen war. Während klimatische Elemente wie Wind, Regen und Trockenheit kultisch verehrt und in der städtebaulichen Praxis auch berücksichtigt wurden, blieben in der Antike genauere »wissenschaftliche« Kenntnisse vom Klima insgesamt noch bescheiden. Als die Kugelgestalt der Erde im 6./5. Jh. v. Chr. erkannt war, wurden mit dem Naturphilosophen Parmenides anfänglich fünf Klimazonen unterschieden, wobei die gemäßigten, bewohnbaren Zonen zwischen der »verbrannten« Äquator- bzw. Südzone und den kalten Polarzonen verortet wurden (Strab. 2,2,2; Diog. Laert. 9,21). Von medizinischer Seite wurde dann bei Hippokrates (»Über die Umwelt«) auch eine europäische und asiatische Klimazone unterschieden. Aristoteles untersuchte im 4. Jh. v. Chr. die Auswirkungen von Luft und Wasser auf verschiedene geographische Gebiete und verfasste als erster eine Meteorologie, in der er auch schwankende Niederschlagsmengen erwähnt (meteor. 360b). Im 3. Jh. v. Chr. gelang es Eratosthenes in Alexandria, die Erdkugel zu vermessen, wobei er diese durch Parallelstreifen in sieben Klimazonen unterteilte (Strab. 2,2,2 f. 3,2. 5,7). Die Vorstellung von der Erde als Scheibe, die vom Okeanos umflossen wird, blieb trotz beachtlicher Kenntnisse der Seewege im Mittelmeer und Schwarzen Meer weiterhin erhalten.

Geographie und Topographie Das griechische Mutterland ist landschaftlich zerklüftet und weist vergleichsweise kleinräumige Landschaftskammern mit beschränkten Ackerflächen auf. Verschiedene Gebirgszüge und Flussläufe trennen die Gebiete voneinander, bieten in den Tälern aber gleichwohl fruchtbare Ländereien für die Landwirtschaft. Zahlreiche Orte lagen in der Antike am Meer und nutzten sowohl die ergiebigen Küstenstreifen als auch das 25

2 Natur und Umwelt

Hinterland für Ackerbau und Viehzucht. Über den Seeweg bestand reger Güteraustausch und Kontakt mit anderen Städten. Zudem gab es schon früh regionale Verbindungswege, aber auch überregionale Wegenetze mit befestigten Fußpfaden oder einspurigen Straßen für den Wagenverkehr.2 Dadurch konnten Güter im Binnenverkehr ausgetauscht oder für den weiteren Export über die Häfen bereitgestellt werden. Die vielfältigen Verbindungen (»Konnektivität«) in der Mittelmeerwelt trugen dazu bei, die Versorgungsrisiken der »Mikroregionen« zu bewältigen.3 Die sich im 9./8. Jh. v. Chr. ausbildenden eigenständigen Gemeinwesen, die sogenannten Poleis, verkörperten jeweils eine Art Stadtstaat, in dem sich die Bürger autonom organisieren konnten. Die Polis umfasste das städtische Zentrum und das Umland (chora), wo sich dörfliche Ansiedlungen und bäuerliche Einzelgehöfte ausbreiteten. Eine Polisgemeinschaft formierte sich in der Regel um einen Burgberg (Akropolis) mit einem Haupttempel, an dessen Fuß eine Agora als Versammlungs- und Marktplatz angelegt wurde. Hier entstanden weitere zentrale Heiligtümer und öffentliche Gebäude. Im Zentralort siedelten sich neben der bäuerlichen Bevölkerung auch Handel und Gewerbe an. Bis in klassische Zeit entstanden über 1 000 Poleis, von denen die meisten nur wenige hundert Bürger, größere wie Athen, Korinth und Syrakus aber auch mehrere zehntausend umfassten, zu denen zudem zahlreiche fremde, freie »Mitbewohner« (Metöken) sowie die Sklaven kamen.4 Neben den Ackerfeldern existierten auf dem Land auch private Nutzgärten in Form von Obst- und Gemüsegärten (kepoi/orchatoi). In den Städten blieben Hausgärten jedoch selten, da die griechischen Häuser einen Hof oder ein Peristyl (Säulenumgang) aufwiesen, die beide nicht begrünt waren. In größeren Städten gab es zudem Reihenhäuser in rechtwinklig angelegten Quartieren, wie etwa im Piräus oder in Olynth. Entlang der Stadtmauern und Flüsse wurden Vorstadtgärten angelegt, so dass sich eine Art Grüngürtel bildete.5 Dazu gehörten auch die an den Ausfallstraßen gelegenen, begrünten Friedhöfe, die neben der Akropolis und Agora einen dritten städtischen Bereich bildeten – wie etwa der athenische Kerameikos.6 In Athen entstanden seit spätklassischer Zeit zudem die Gärten der Philosophen, darunter Platons Akademie, Aristoteles’ Lykeion und Epikurs Kepos (»Garten«). In diesen Gärten wurde der philosophische Unterricht mit sportlicher Erziehung kombiniert, die zu 26

Naturauffassungen

den grundlegenden Kennzeichen des griechischen Lebens gehörte. Die Anlagen umfassten daher Gymnasien und Palästren als Trainingsstätten, aber auch Spazierwege, Statuen, Heiligtümer und Kultmale.7 Entscheidend für die griechischen Städte war die Wasserversorgung, so dass überall Brunnen (krenai) und Zisternen angelegt wurden (Aristot. pol. 1330b). Diese wurden entweder von Grundwasser, Regenwasser oder von künstlich zugeführtem Wasser gespiesen. Frisch- und Abwasserkanäle sind schon in archaischer Zeit zu finden. Athen hatte bereits in der zweiten Hälfte des 6. Jh. v. Chr. ein Leitungsnetz, an das auch das Brunnenhaus auf der Agora angeschlossen war.8 Themistokles hatte zu Beginn des 5. Jh. v. Chr. das Amt des Aufsehers über die Wasserleitungen inne (Plut. Them. 31). In Samos wurde im 6. Jh. v. Chr. Wasser durch einen Tunnel (sogenannter Eupalinos-Tunnel) von 1 km Länge in das Stadtgebiet geführt (Hdt. 3,60). Trotz Frisch- und Abwasserkanälen kam es in den Städten aber auch zu Gewässerverschmutzungen, so dass in Athen der Fluss Eridanos mit der Zeit bedenklich verseucht war (Strab. 9,1,19). Im Peloponnesischen Krieg wurden durch die Feinde Brunnenvergiftungen vorgenommen (Thuk. 2,48,2), während die Athener im belagerten Syrakus die Wasserleitungen zerstörten (Thuk. 6,100,1). Der erreichte städtebauliche Standard hatte demnach auch einige negative Auswirkungen und Begleiterscheinungen mit sich gebracht. Städtische Aufseher (astynomoi) und einzelne Verschmutzungsverbote, wie dasjenige für die Gerber am athenischen Fluss Ilissos um 430 v. Chr. (IG I3 1, 257; HGIÜ I, 87), erzielten nur eine beschränkte Wirkung. Auch die religiösen Auffassungen von der Natur waren nur bedingt geeignet, den entstandenen Umweltproblemen entgegenzuwirken, wie im Folgenden zu zeigen ist.

Naturauffassungen Die Griechen hatten unterschiedliche bzw. zwiespältige Auffassungen von der Natur.9 Diese galt einerseits als angenehm und freundlich, anderer27

2 Natur und Umwelt

seits als schauerlich und gefährlich. Tiere, Wälder, Flüsse und Meere flößten Angst und Schrecken ein. Götter und Dämonen, die hier herrschten, mussten durch rituelle Handlungen günstig gestimmt werden. Landwirtschaft und Städtebau stellten Eingriffe in die Natur dar und mussten durch Opfer gesühnt werden. Der öffentliche Kalender umfasste mehrere Feste, an denen verschiedenen Fruchtbarkeitsgottheiten (Demeter, Dionysos) gehuldigt wurde, wie etwa bei den Thargelien im April/Mai und den Thesmophorien im Oktober/November. Seit dem 6. Jh. v. Chr. waren die sogenannten ionischen Naturphilosophen auf der Suche nach rationalen Erklärungen, insbesondere in Bezug auf den Urstoff der Welt. Dies resultierte einerseits in der Lehre von den vier Elementen Feuer, Luft, Erde, Wasser (Empedokles von Agrigent, ca. 495–435 v. Chr.), andererseits im Modell von den kleinsten unteilbaren Elementen, der Atomistik (Demokrit aus Abdera, ca. 460–370 v. Chr.). Daneben entwickelte die sogenannte Hippokratische Schule des 5./ 4. Jh. v. Chr. (Hippokrates von Kos, ca. 460–370 v. Chr.) einen Umweltdeterminismus, der davon ausgeht, dass die Konstitution des Menschen durch seine Umgebung bestimmt wird. Körperliche und sogar politische Verfasstheit seien geprägt von der Lage eines Ortes, Beschaffenheit des Bodens, klimatischen Verhältnissen, Qualität des Wassers und kosmischen Einflüssen. Das raue und wechselhafte europäische Klima soll dabei im Vergleich zu Asien die abgehärteteren, fleißigeren und kämpferischeren Menschen hervorgebracht haben (Hippokr. aër. 23). Das Verhältnis der Griechen zur Natur war einerseits von einem Gefühl der Unterlegenheit geprägt, das der Umwelt eine dominierende Position gegenüber dem Menschen zuweist. Andererseits herrschte ein Empfinden von Übermacht, das den Menschen über die Natur stellt, so dass er sich dieser bemächtigen könne. Sophokles meinte in seiner »Antigone« (442 v. Chr.) sogar, dass »nichts ungeheurer als der Mensch« sei (332 f.). Diese gegensätzlichen Auffassungen spiegeln sich auch in der Kulturentstehungslehre. Die Deszendenztheorie rechnet mit einer absteigenden Entwicklung, die von einem ursprünglichen Goldenen Zeitalter, in dem paradiesische Verhältnisse herrschten, bis zum Eisernen Zeitalter der mühevollen Gegenwart hinunterführt (Hes. erg. 109 ff.). Die Aszendenztheorie entwickelt demgegenüber die Vorstellung vom kulturellen Fortschritt (Plat. Prot. 321c–322d). Dabei überwand der Mensch durch 28

Landwirtschaft

Technik, Künste, Moral und politische Konstitution seinen kläglichen Urzustand und erreichte eine geordnete staatliche Gemeinschaft. Eine dritte Position geht von einem Kreislauf des Lebens aus, bei dem Lebewesen und Pflanzen immer wieder neu entstehen (Hom. Il. 6,146– 149).10 Aus diesen Vorstellungen konnte durchaus die Forderung nach einem zurückhaltenden Umgang mit der Natur erhoben werden, bei dem die göttliche Ordnung respektiert und generell Maß gehalten werden soll. Heraklit (ca. 540–480 v. Chr.) meinte: »Weisheit besteht darin, … zu handeln nach der Natur, auf sie hinhörend« (D/K 22 B 112). Auch in den Tragödien des 5. Jh. v. Chr. wird verkündet, dass der Mensch die ihm zugewiesene Aufgabe in der Weltordnung einzuhalten hat. Die Ideenlehre Platons zielte im 4. Jh. v. Chr. jedoch ganz auf den Geist (logos) des Menschen ab, der über den materiellen Dingen (physis) anzusiedeln ist. Angesichts des ewigen Seins der Seele sei die Natur unvollkommen und vergänglich. Kurz zuvor hatten die Sophisten unter Berufung auf die Natur auch das Recht des Stärkeren betont (Plat. Gorg. 483c–d). Aristoteles ordnete als Schüler Platons den Menschen aufgrund seines Verstandes (logos) über dem Tier an (pol. 1254b. 1256b), so dass sich der Mensch der Tiere bedienen und diese ausnutzen könne. Zudem ging er von der Ewigkeit der Welt bzw. von einer sich selbst erhaltenden Natur aus. Dennoch soll der Mensch als Teil der Natur Maß halten und besonnen vorgehen. Zugleich war aber auch der Glaube verbreitet, dass die Ressourcen unerschöpflich seien (Xen. vect. 1,4; 4,2 ff. 11) und sich laufend regenerieren (Aristot. mir. 837b; Plin. nat. 36,134). Solche Vorstellungen standen dem schonenden Umgang mit der Natur letztlich eher entgegen – zumal systematische ökologische Überlegungen noch fehlten.11

Landwirtschaft Die Landwirtschaft stellte für das antike Griechenland den bedeutendsten wirtschaftlichen Sektor dar und bildete die Lebensgrundlage für den 29

2 Natur und Umwelt

größten Teil der Bevölkerung. Kleinbauern versorgten sich primär selbst, während größere Landgüter auch Produkte für den lokalen Markt oder Export lieferten. Der Reichtum von Wohlhabenden war grundsätzlich im Boden angelegt, wogegen Handels- oder Bankgeschäfte vorwiegend Fremden bzw. in Athen den Metöken als freien Mitbewohnern überlassen blieben.12 Die Landwirtschaft kannte große lokale Unterschiede, zudem lange Traditionen und eher wenig technische Innovationen. Neben Getreide, Wein und Oliven wurden Hülsenfrüchte (Ackerbohnen, Linsen, Erbsen) und Obst (Birnen, Äpfel, Feigen) angebaut; ferner gab es Tierzucht (Rinder, Ziegen und v. a. Schafe), Fischfang und Jagd (Wildschweine, Hirsche etc.) – während Pferde den Aristokraten als Statussymbole vorbehalten blieben.13 In der Regel wurde eine Zweifelderwirtschaft betrieben, bei der die Brache im Verlauf des Jahres öfters gepflügt und mit Tiermist oder Kalk gedüngt wurde. Das Vieh konnte vielerorts auf öffentlichem Weideland gehalten werden. Dabei war auch Transhumanz (Fernweidewirtschaft) verbreitet, bei der das Vieh im Sommer auf den Anhöhen bzw. Gebirgszügen und im Winter im Tal gehalten wurde (Soph. Oid. T. 1134–1139). Hesiod aus Boiotien stellte um 700 v. Chr. in seinem Gedicht »Werke und Tage« die bäuerliche Arbeit im Jahresverlauf dar (erg. 384 ff.) und appellierte an das richtige Verhalten des Einzelnen (29 ff. 212 ff.). Für den Landbau brauche es zumindest einen oder ein paar wenige Sklaven, Arbeitstiere und Geräte (404 ff.). Erstrebenswert sind ihm zufolge Autarkie, Schuldenfreiheit sowie ein einziger Sohn (376), damit das Erbe ungeteilt bleibt. Vom Handel wird demgegenüber eher abgeraten, gerade wenn er sich nach Übersee richtet (617 ff.). In Sparta besaßen die Bürger Ländereien, die von den unfreien Heloten bewirtschaftet wurden. Von den Erträgen hatten sie monatlich bestimmte Anteile (Gerste, Wein, Käse, Feigen) an die Gemeinschaftsmähler der Männer (Syssitien) abzugeben (Plut. Lyk. 12). Bezeugt ist auch, dass die im 7. Jh. v. Chr. unterworfenen Messenier die Hälfte der Ernte an die spartanischen Herren abliefern mussten (Tyrt. frg. 5G–P). Dennoch gab es in der Bürgerschaft wirtschaftliche Unterschiede, die sich in den gewöhnlichen Speisen des Volkes (Grütze, Graupenmus mit Honig, Brei von Hülsenfrüchten) und den leckeren Bissen der Reichen (Kuchen, Gebäck, 30

Landwirtschaft

wohl auch Fleisch von der Jagd) abzeichneten (Alkm. frg. 9C. 130C), wobei im Frühjahr generell mit einem Engpass an Lebensmitteln zu rechnen war (frg. 12C). In Athen herrschte um 600 v. Chr. eine landwirtschaftliche Krise, bei der viele Kleinbauern als Schuldner oder Hörige in die Abhängigkeit von den Besitzenden geraten waren bzw. in Schuldknechtschaft verfielen. Für die Bodenpacht war ein Sechstel des Ertrages an die Grundherren abzuliefern, was wohl zu der Bezeichnung hektemoroi (»Sechstler«) führte (Aristot. Ath. pol. 2,2; Plut. Sol. 13). Solon veranlasste daher eine »Lastabschüttelung« (seisachtheia) und Entschuldung der Bürgerschaft (Aristot. Ath. pol. 12,4; Poll. 7,151) und hob die Schuldknechtschaft auf (Aristot. Ath. pol. 6,1; 9,1; Plut. Sol.15,3; 19,1). Ferner verbot er die Ausfuhr von allen Nahrungsmitteln außer dem reichlich vorhandenen Olivenöl (Plut. Sol. 24,1), limitierte angeblich den Grunderwerb (Aristot. pol. 1266b 16 f.) und reformierte die Maße und Gewichte im Marktverkehr. Dadurch konnte sich die Bürgerschaft freier entfalten und das Gewerbe weiterentwickeln. Die attischen Gehöfte waren in klassischer Zeit über das Land verstreut oder bildeten dorfähnliche Siedlungen. Sie waren mit Wehrtürmen, Dreschplätzen, Terrassenanlagen, Gräbern und Straßen ausgestattet.14 Ein Viertel der Höfe gehörte Großbauern, so dass die 2 000 reichsten Athener ein Viertel bis ein Drittel des bebauten Landes besaßen.15 Mittlere Bauern hatten 5–10 ha Land und 1–3 Sklaven zur Verfügung.16 Geläufige landwirtschaftliche Produkte waren Öl und Honig; nebenbei wurden Marmor und Metall abgebaut. Wie einer Inschrift aus dem Jahre 329/8 v. Chr. zu entnehmen ist (IG II2 1672), lieferte das attische Land aber nur ca. 27 000 Medimnen Weizen (¼ 1 100 t) und 340 000 Medimnen Gerste (¼ 11 400 t), was den Bedarf von ca. 50–60 000 Leute deckte.17 Da sich die Gesamtbevölkerung jedoch auf ca. 300 000 Personen belief, mussten jährlich wohl mind. 800 000 Medimnen (¼ 42 Mio Liter) Weizen importiert werden (Dem. 20,31 ff.), was nochmals für mindestens 130 000 Leute reichte.18 Dennoch war die Lage für die meisten aber stets prekär geblieben, zumal die Landwirtschaft auch Ziel von kriegerischen Angriffen werden konnte. Im Peloponnesischen Krieg kam es zu gezielten Naturzerstörungen in den Anbaugebieten, welche die Gegner in die 31

2 Natur und Umwelt

Knie zwingen sollten (Thuk. 3,26). Entscheidend war schließlich, dass der Hafen von Athen blockiert wurde und die Stadt von den Getreidelieferungen abgeschnitten war. Athen musste sich daher wieder um eine verbesserte Machtposition in der Ägäis bemühen, wie sie dann mit dem zweiten Attischen Seebund im 4. Jh. v. Chr. nochmals in die Wege geleitet wurde. Hinter politischen und territorialen Fragen standen gerade in Athen oft grundlegende Probleme der Nahrungsmittelbeschaffung, während Sparta in Lakonien vorwiegend auf Selbstversorgung setzen konnte.

Forstwirtschaft In Griechenland hatten sich seit der Bronzezeit (3./2. Jt. v. Chr.) zunächst immergrüne Eichenwälder ausgebreitet, seit 800 v. Chr. auch Oliven und Föhren.19 Dennoch war der griechische Süden nicht von großflächigen Nadelwäldern, sondern von Macchia-Bewuchs mit Pinien und Föhren geprägt (Macr. Sat. 7,5,9). Über das ganze Land verteilt gab es zudem Olivenbäume sowie kleinere Baumgruppen von Eichen, Tannen und Ulmen.20 Die Olivenbäume waren als Brennstoff geeignet und dienten darüber hinaus für den Hausbau und die Werkzeugherstellung. Da sie mit ihrem Öl die Grundversorgung absicherten, wurden die Bäume auch feindlichen Angriffen ausgesetzt, welche die Spartaner während des Peloponnesischen Krieges gegen das attische Land richteten.21 Dennoch garantierte ihre Resistenz Langlebigkeit und wirtschaftlichen Ertrag. Da die Bäume Energie lieferten und als Baustoff dienten, kam es im 7./ 6. Jh. v. Chr. zu größeren Abholzungen, die sich in Athen in den umgebenden Gebirgszügen Aigaleos und Hymettos, aber auch in den weiter entfernten Gebirgen des Parnes, Kithairon (Thuk. 2,75) und Pentelikon bemerkbar machten. Im Pentelikon wurde zudem Marmorabbau betrieben, welcher der Vegetation weiter zusetzte. Holz wurde seit dem 5. Jh. v. Chr. in großen Mengen sowohl für den Bergbau als auch für den Schiffsbau benötigt. Da es 32

Forstwirtschaft

bald eine Mangelware war, musste es aus der weiteren Umgebung von Eleusis, Samos, Knidos und Korinth beschafft werden.22 Als im Jahre 483 v. Chr. Athen den Bau einer staatlichen Kriegsflotte von ca. 200 Schiffen beschloss, wurde das geeignete Holz von Weißtannen aus Makedonien und Thrakien importiert (Hdt. 5,23; Theophr. hist. plant. 4,5,5).

Abb. 6: Blick vom Pentelikon zum Hymettos Richtung Athen

Abholzungen führten verschiedentlich zu Überschwemmungen von Flussufern und Verlandungen von Mündungen. Die Nutzung der Wälder und Rodungen hatten schon früh Probleme mit reißenden Strömen, die Eichenbäume mitführten, ergeben (Hom. Il. 11,492–495). Auch mit Waldbränden musste gerechnet werden (14,396 f.; 20,490 f.). Zudem kam es in der Umgebung von Athen vorübergehend zu Kahlschlag und Bodenerosion, die auch Platon in seinem Dialog »Kritias« (110c–111e) beschreibt. Dabei wird aber keine grundsätzliche Kritik an den Abholzungen erhoben, denn Rodungen galten stets als zivilisatorischer Fortschritt (Strab. 14,6,5). Zum Erhalt gewisser Waldressourcen gab es mancherorts gewisse Schutzmaßnahmen bzw. Forstaufseher (Aristot. pol. 1321b. 1331b), welche die Waldnutzung von staatlicher Seite überwachten. Darüber hinaus waren die Schäden nicht grundsätzlich irreversibel und konnten z. T. auch durch Aufforstung behoben werden. Trotz des antiken Raubbaus gehen die heutigen kahlen Landschaften meist auf spätere natürliche 33

2 Natur und Umwelt

oder menschliche Veränderungen zurück, für die gerade auch Rodungen des 19. Jh. verantwortlich sind.23

Bergbau Neben Holz hatten die Griechen auch Bedarf an anderen Materialien wie Bausteinen, Metallen, Ton etc. Die Steinbrüche befanden sich oft in der näheren Umgebung der Städte, wobei Marmor v. a. im PentelikonGebirge bei Athen, auf den Kykladeninseln Paros und Naxos sowie auf der Peloponnes abgebaut wurde. Große Verbreitung fand Bronze als Legierung aus Kupfer und Zinn, wobei Kupfer gerade auf Zypern gewonnen wurde. Edelmetall wurde in größerem Maße auf der ägäischen Insel Siphnos (Hdt. 3,57 f.; Paus. 10,11,2), Gold auf der Insel Thasos abgebaut, wo angeblich ein ganzer Berg (Skapte Hyle) entwaldet und durchwühlt wurde (Hdt. 6,46 f.). Der Bergbau stellte insgesamt einen der erheblichsten Eingriffe in die Umwelt dar. Beträchtliche Mengen von Abraum und Schlacken, Schäden an Oberflächen und eingestürzte Stollendecken blieben bis heute erhalten.24 In Laureion, dem Bergbaugebiet des südlichen Attika, wurden seit dem 5. Jh. v. Chr. Blei und Silber im Untertagebau gefördert, so dass über 2 000 Schächte mit bis über 50 m Tiefe und seitlichen Stollen bis zu 40 m Länge entstanden.25 Dazu kamen Erzwaschanlagen und Schmelzöfen, welche die Luft mit Schwefeldioxid und Bleidämpfen belasteten. Dies gefährdete die Gesundheit der Arbeiter, deren Zahl sich in klassischer Zeit bis über 30 000 belief.26 Durch den Abbau von Holz wurde zudem der Boden erodiert und der Grundwasserspiegel abgesenkt. Dennoch erachtete der Geograph Strabon im 1. Jh. v. Chr. die Minen nach wie vor als fortschrittliche Maßnahme gegen dichte, unkultivierte Wälder (Strab. 14,6,5). Der wirtschaftliche Profit stand auch hier an erster Stelle, so dass auf die Natur nur bedingt Rücksicht genommen wurde.

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Verlandung

Abb. 7: Antike Erzwaschanlage in Thorikos, Attika

Verlandung Neben klimatischen Änderungen führten im antiken Griechenland auch menschliche Eingriffe zu erhöhten Sedimenten in den Gewässern. Die Gründung von Städten und agrarische Nutzung der umgebenden Ländereien brachten wiederholt das Problem der Abschwemmung von Erdreich und der Verlandung von Flussmündungen mit sich. Im Golf von Tarent (Basilicata, Lukanien) münden fünf parallele Flüsse, deren Sedimentschichten in griechisch-römischer Zeit zunahmen und auf Auswirkungen menschlicher Eingriffe wie Entwaldung und Ackerbau schließen lassen.27 In einzelnen Koloniestädten wie Metapont sind durch die Nutzung des Hinterlandes vermehrt Überschwemmungen festzustellen.28 Der Golf von Thessaloniki (Meerbusen von Therma) schrumpfte zwischen 500 v. Chr. und 100 n. Chr. zu einem kleineren Inlandsee zusammen.29 Neben dem Acheloos in Akarnanien (Hdt.2,10; Thuk.2,102) wurden Verlandungen von Flussmündungen in der Antike v. a. in Kleinasien registriert, insbesondere am Kaystros (Ephesos) und Maiandros (Milet, Herakleia, Myous).30 Myous am Golf von Latmos, in den der Maiandros mündete, wurde im 5. Jh. v. Chr. noch von Kriegsschiffen befahren (Hdt. 35

2 Natur und Umwelt

5,36), konnte im 1. Jh. v. Chr. aber nur noch durch Schlammwasser auf kleinen Ruderschiffen erreicht werden (Strab. 12,8,17; 14,1,10; Paus. 7,2,10–11). Im 1. Jh. n.Chr. mündete der Maiandros zehn Stadien (knapp 2 km) vor Milet ins Meer (Plin. nat. 5,113), so dass Myous gänzlich vom Meer abgeschnitten war. Andererseits hat die Kultivierung von Anbauflächen – verbunden mit Terrassenbau an den Talhängen – aber auch den Abfluss und die Erosion eingedämmt. In der Argolis ist in den Flusssedimenten nach einer bronzezeitlichen Füllung ein Stillstand bis in hellenistische Zeit festzustellen, als der Terrassen- und Dammbau wieder aufgegeben wurde.31 Im Falle von Olympia ist ersichtlich, dass das Gelände nach Aufgabe der lokalen Besiedlung in der Spätantike durch hohe Sedimentschichten überdeckt wurde.32 Der Meeresspiegel lag in der Antike ca. 1,5 bis 2 m tiefer als heute und ist erst mit dem Schmelzen der (Polar-) Gletscher angestiegen, so dass die einstigen Küstenlinien im westlichen Mittelmeer heute oft überflutet sind und auch einzelne Stadtteile überschwemmt wurden, z. B. in Larymna am Golf von Atalanti in Mittelgriechenland oder in Kyme im westlichen Kleinasien.33 Aber auch Sedimentablagerungen von Flüssen führten dazu, dass die Häfen antiker Städte oft verlandeten, wie etwa in Delos, Sybaris und Metapont.34 Helike am Golf von Korinth wurde im Jahre 373 v. Chr. von einem Erdbeben und Tsunami erschüttert und verschwand unter den Sedimenten dreier Flüsse.35 Dies inspirierte möglicherweise Platon zu seiner Erzählung über das versunkene Atlantis, dessen fiktives Beispiel die Athener im 4. Jh. v. Chr. vor Großmachtpolitik warnen und zu einem bescheideneren Lebenswandel führen sollte, ohne dabei eine eigentliche Änderung des Umweltverhaltens zu postulieren (Krit. 110c–111e).

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Die homerische Welt

Um die griechische Welt um 700 v. Chr. erschließen zu können, stehen in erster Linie die Epen Homers zur Verfügung. Daneben treten als Quellen aber auch die Dichtung des Landmanns Hesiod aus Boiotien sowie die archäologischen Zeugnisse hervor. Auch wenn wir für diese Zeit erstmals schriftliche Quellen besitzen, so sind diese nur bedingt aussagekräftig, da sie dichterische Erzeugnisse mit eigenen Wirkungsabsichten sind. Zudem schildert Homer – zumindest dem äußeren Rahmen nach – nicht seine eigene Zeit, sondern eine weit zurückliegende: die heroischen Kämpfe um die Stadt Troja im nordwestlichen Kleinasien, die wie die anderen großen Burgen in Griechenland (Mykene, Tiryns, Pylos) um 1200 v. Chr. zugrunde gegangen war. Heinrich Schliemann gelang es 1870/71, die versunken geglaubte Stadt wieder zu entdecken und damit die Dichtung Homers topographisch zu verorten. Das homerische Troja ist archäologisch in der Schicht »Troja VI/ VIIa« (mit Unterstadt) zu fassen; »Troja VIIb« zeigt bereits Spuren einer neuen Bevölkerung, wobei unklar ist, inwieweit es sich um Zuwanderungen von auswärts handelt.1 Im Umfeld der mykenischen Burgen existierte jedenfalls verbreitet ein gewisses Nachleben von 150 Jahren, bis dann im späteren 11. Jh. v. Chr. in Griechenland ein Neubeginn der Kultur fassbar wird und im 8. Jh. v. Chr. generell ein Aufschwung der Bevölkerung in den neu entstandenen Siedlungen zu beobachten ist. Dieser Neuanfang wurde durch die geopolitischen Voraussetzungen im Mittelmeerraum und Vorderen Orient begünstigt. Nach dem Zusammenbruch der vorderasiatischen Großreiche der Hethiter und des »Neuen Reiches« von Ägypten waren keine eigentlichen Machtzentren mehr vorhanden. Die Ägäis war frei von Großmächten, zumindest bis zum Aufstieg der Assyrer um 745 v. Chr., die sich in der Folge jedoch mit den 37

3 Die homerische Welt

Ägyptern und Babyloniern stritten. Erst mit dem Ausgreifen der Perser entstand ab 550 v. Chr. eine neue Gefahr für die griechische Welt, die durch die feindliche Bedrohung aber auch gestärkt wurde. Das Ende der mykenisch-minoischen Epoche war mit gewissen Völkerverschiebungen einhergegangen, zu denen in erster Linie der sogenannte Seevölkersturm um 1200 v. Chr. zu rechnen ist. Woher die in ägyptischen Quellen zu fassenden Krieger stammten (Sardinien, Sizilien, Ägäis, Kleinasien) ist genauso fraglich, wie ihr allfälliges Auftreten als Philister bei den Phoinikern in Palästina. Unklar ist auch, inwiefern zu Beginn des 1. Jt. v. Chr. in Griechenland neue Bevölkerungselemente einwanderten (sogenannte Dorische Wanderung), aus denen sich dann die nach Sprachdialekten unterschiedenen Dorier, Ionier, Nordwestgriechen und Aioler entwickelten und für die griechische Welt prägend blieben. Die Ionier besiedelten neben dem angestammten griechischen Festland auch große Teile der ägäischen Inseln und der kleinasiatischen Küste, während die Dorier sich über die Peloponnes hinaus auf den Inseln der Dodekannes (Rhodos) und Kreta niederließen.2 Mit dem Untergang der Burgen waren auch deren ausgedehnte Territorien mit einer hoch entwickelten Verwaltung und entsprechender Schriftkenntnis (sogenannte Linear B-Schrift) verschwunden. Auch wenn die materielle Kultur in submykenischer Zeit gegenüber der vorausgehenden Epoche beträchtlich zurückging, können kleine, voneinander unabhängige Siedlungen mit beachtlichen Fundstücken festgestellt werden, so dass die sogenannten »Dark Ages« heute von verschiedener Seite aufgehellt sind.3 Eine wichtige Rolle spielt dabei die Siedlungskontinuität, wie sie insbesondere beim monumentalen Apsidenhaus von Lefkandi auf Euboia mit dem Grab eines lokalen »Fürsten« zu beobachten ist, der hier im späten 10. Jh. v. Chr. zusammen mit seiner Frau und vier Pferden bestattet wurde.4 Über die glänzende Zeit der Paläste entwickelten sich heroische Erzählungen, die in Versform an den Sitzen der neu entstehenden reichen Führungsschicht vorgetragen wurden. Diese sind uns in redaktionellen Fassungen unter dem Namen von Homer überliefert und wurden um 700 v. Chr. durch das neue, seit dem 9. Jh. v. Chr. aus dem Phoinikischen abgeleitete Alphabet ermöglicht – wobei die Ilias etwas früher als die Odyssee anzusetzen sein dürfte.5 38

Homer

Abb. 8: Apsidenhaus von Lefkandi auf Euboia, Ende 10. Jh. v. Chr.

Homer Bei den homerischen Epen »Ilias« und »Odyssee« handelt es sich um mündliche Heldendichtungen, so dass diese nicht als Werk eines einzigen Dichters aufgefasst werden können. Damit tritt auch die in der Wissenschaft lange Zeit dominierende »homerische Frage«, wer hinter Homer steckt, in den Hintergrund. Die Dokumente der mykenischen Linear BSchrift, die zu der besungenen Zeit der Trojanischen Kriege im Umlauf war, lassen deutliche Unterschiede des 2. Jt. v. Chr. zu derjenigen der Entstehungszeit der Epen erkennen, auch wenn diese immer noch umstritten ist. Es ist davon auszugehen, dass viele Verse bereits einige Zeit vorgetragen worden waren, bevor sie um 700 v. Chr. schriftlich festgehalten wurden. Damit wird auch klar, dass die Epen nicht als Geschichtsbuch für den Untergang Trojas verwendet werden können, zu dem ein chronologischer Abstand von etwa einem halben Jahrtausend besteht. Die Forschung hat auf vielen Ebenen deutlich gemacht, dass es sich bei den homerischen Berichten um eine rekonstruierte, verklärte Vergangen39

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heit handelt. Diese kennzeichnet sich zunächst durch Übertreibungen materieller und zahlenmäßiger Sachverhalte, insbesondere die unvorstellbaren Heeresgrößen. Andererseits wurden auch bewusst Anachronismen verwendet, um das Bild von der Vergangenheit aufrechtzuhalten, indem etwa Bronze statt Eisen zum Einsatz kommt und die Gesellschaft einer Schrift entbehrt. Im Krieg treten neben traditionellen Zweikämpfen und Massenkämpfen bereits auch geschlossene Schlachtreihen in einer Art Phalanxtaktik auf, wobei die Gliederung nach Phratrien (»Bruderschaften«) und Phylen erfolgte (Il. 2,362 f.).6 Hier kommen Verhältnisse der Entstehungszeit der Epen zum Tragen, die einem allgemeinen Kennzeichen mündlicher Überlieferung entsprechen. Diese sind jeweils vom Erfahrungshorizont der eigenen Zeit geprägt, wodurch dem Geschehen die nötige Relevanz verliehen wird. Auch wenn die Wege des Odysseus im Einzelnen nicht rekonstruierbar sind, so spiegeln sich darin doch erste Erfahrungen der Kolonisation bzw. Neugründung von Städten mit Agora, Straßen, Tempeln und Stadtmauern, wie am Beispiel der auf Scheria zugewanderten Phaiaken deutlich wird (Od. 6,7–10. 262–268).

Inhalt und Aufbau der Epen Am Inhalt und Aufbau der Epen ist allein schon der originelle Erzählrahmen bemerkenswert. Die Ilias schildert nicht etwa chronologisch den zehnjährigen Kampf der Achaier (Griechen) um die kleinasiatische Stadt Ilios (Troja), da dieses Geschehen offenbar als bekannt vorausgesetzt werden konnte. Die Ilias konzentriert sich vielmehr auf einen kurzen Ausschnitt aus dem letzten Kriegsjahr. Die Ereignisse ziehen sich nur über 51 Tage hin, werden jedoch auch von kunstvollen Rückblenden auf die langjährige Belagerung und von göttlichen Vorausdeutungen begleitet. Ausgangspunkt der Erzählung ist der Zorn des griechischen Helden Achilleus, der im Streit mit dem Heerführer Agamemnon liegt. Grund für den Groll des Achilleus ist, dass er auf eine Frau verzichten sollte, die ihm als Ehrengeschenk zusteht, nämlich Briseis, die Tochter des Brises. Achilleus verweigert wegen dieser Demütigung seinen Einsatz und gefährdet damit den Sieg der Griechen. Erst als sein Freund Patroklos durch den 40

Homer

Trojaner Hektor getötet wird, greift er wieder ins Kampfgeschehen ein und nimmt Rache an Hektor, den er im Kampf tötet. Das Ganze endet mit der feierlichen Bestattung von Patroklos. Zudem kommt auch Hektor – nach einem Bittgang seines Vaters Priamos – ein Begräbnis zu.7 Das Kriegsgeschehen wird also mit einer menschlichen Problematik verknüpft, die außerhalb des Kampfplatzes liegt und sich so zu einem Gesamtbild der Kriegergesellschaft verbindet. Es geht um mehr als um einen Kampfbericht, denn der Krieg ist eine schmerzliche Erfahrung. Seine Helden sind tragische Gestalten, deren Gefühle zum Ausdruck kommen. Dennoch gibt ihr Verhalten Vorbilder ab, an denen sich das zeitgenössische Publikum orientieren konnte. Die eigentliche Eroberung von Troja wird erst in der Odyssee geschildert und zwar in Form von Rückblicken, womit wir auch in diesem Epos einer ausgereiften Erzähltechnik begegnen. Odysseus gelangt am Ende seiner abenteuerlichen Heimreise von Troja zur Insel der Phaiaken (Buch 6), wo er über seine zehnjährigen Irrfahrten berichtet. Parallel dazu wird vom Beginn bis zur Mitte des Epos erzählt, wie Odysseus’ Sohn Telemachos die Suche nach seinem Vater aufgenommen hat. Durch diesen Kunstgriff wird eine Spannung erzeugt, welche das abschließende Geschehen – von nur gerade 40 Tagen – hinauszögert, nämlich die Wiedererkennung zwischen Odysseus und seiner Gattin Penelope auf der Heimatinsel Ithaka (Buch 23). Bei der Heimkehr erfolgt dann die Rache an den übermütigen Freiern der Penelope, die den Besitz der vermeintlichen Witwe verprassen und dafür schließlich mit dem Tod bezahlen müssen. Die Sehnsucht des listigen und viel geprüften Odysseus nach seiner Heimat und Ehefrau geht damit in Erfüllung.8

Götter Ein zentrales Element der Epen Homers sind die Götter, die eine wichtige Rolle nicht nur im Kampfgeschehen einnehmen. Zum einen sind sie den Menschen angenähert, allein schon durch ihre anthropomorphe Gestalt und ihrem Anteil an menschlichen Gefühlen, wie etwa Eifersucht, Liebe, Neid und Wohlwollen. Xenophanes meinte im 6. Jh. v. Chr.: »Alles haben Homer und Hesiod den Göttern angehängt, was nur bei Menschen 41

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Schimpf und Tadel ist« (D/K 21 B 11). Zum andern sind die Götter aber von den Menschen entrückt. Sie blicken vom Olymp und Idagebirge auf Troja hinab und lenken die Geschicke auf einer höheren Ebene. Ihnen kommt es zu, als Seinsmächte bestimmte Bereiche wie Krieg, Recht, Liebe etc. zu verwalten. Trotz der Rolle der Götter gilt das erste Interesse aber der Menschheit. Die Götterwelt dient in erster Linie dazu, die Menschenwelt zu verstehen. Die Erzählungen sollen helfen, wiederkehrende Konstellationen zu deuten und insgesamt das eigene Leben zu erleichtern. Durch ihr umfassendes Weltbild bieten die Epen letztlich also eine Orientierungshilfe, insbesondere für die in die Krise geratene Adelswelt, die sich in die neu entstehende Gemeinschaft einfügen musste. Das Exemplarische der Götterwelt wird auch anhand der Werteskala deutlich, der die Götter unterliegen. In der Ilias stehen ganz oben Athena und Hera, auf der Seite der Achaier, die siegen. Zuvor waren die beiden Göttinnen beim Schönheitswettbewerb durch den trojanischen Königssohn Paris noch unterlegen, während die Siegerin Aphrodite diesem die schöne Helena, die Frau des Königs Menelaos von Sparta, versprochen hatte und Paris schließlich durch den Raub der Helena den Trojanischen Krieg erst auslöste. Athena ist in der Folge auch die Gehilfin des Odysseus und hat damit Poseidon zum Gegner. Entsprechend weiter unten anzuordnen sind Aphrodite, aber auch Ares und der umtriebige Apollon, der den Achaiern die Pest ins Lager vor Troja sandte, weil diese die Tochter eines Apollonpriesters (Chryseis) geraubt hatten. Diese Götter erleiden letztlich auf Seiten der Troer eine Niederlage.9 Dies hatte sich schon im Götterstreit in der Ilias (21,435–513) angekündigt, der mit einem Sieg der proachaiischen Götter ausgegangen war. Die Götter geraten auch sonst – gerade wie die Menschen – des Öfteren in Streit (20,67–75) miteinander, der aber von Zeus im Zaun gehalten wird. Wie in einem Familienstreit handelt Zeus als Herr über das Geschehen. Obwohl seine Führung nicht immer unbestritten und fehlerfrei ist, erweist Zeus sich letztlich doch als verlässlich. Er bestraft Schuldige und sorgt für die Menschen. Dahinter verbirgt sich die Grundüberzeugung, dass der Tüchtige Erfolg hat und der Gerechte siegt. Insoweit lässt sich aus den homerischen Epen einiges an zeitgenössischer Mentalität erschließen, was aber für die von Homer geschilderte Vorzeit kaum Aussagekraft hat. 42

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Gesellschaft und Politik Unter dieser Prämisse können aus den homerischen Epen weitere Erkenntnisse für die Zeit um 700 v. Chr. abgeleitet werden. Im Zentrum steht eine agrarische Gesellschaft, die sowohl kleinere als auch größere Grundbesitzer aufweist. An der Spitze befindet sich eine Art Adelsschicht mit herausragenden Gestalten, den »Königen«, die aber die gleiche Bezeichnung tragen wie die übrigen Prominenten, nämlich basileis (Od. 1,386–396; 8,40 f. 390 f.). Diese sogenannten Adligen weisen Genealogien vor, die bis zu den Göttern zurückführen (Il. 20,206–209). Es gibt ein gesellschaftliches Wertesystem, an dessen Spitze die Ehre (time) steht, wobei das Ansehen die soziale Position mitbestimmt. Die Ersten der Adligen (aristoi; agathoi) kämpfen im Krieg an vorderster Reihe und messen sich im Kreise Gleichrangiger auch im Sport und in der Rede, denn es gilt, »immer der erste zu sein und unter allen hervorzuragen« (Il. 6,208; 11,784) – was Jacob Burckhardt »das Agonale« genannt und als Grundkennzeichen der griechischen Kultur ausgewiesen hat. Aber auch friedlicher Verkehr findet statt, wobei reiche Geschenke wie Dreifüße, Kratere, Becher, Decken und Mäntel ausgetauscht werden (Od. 4,589–591. 613–619; 24,273–279). Gäste aus der Fremde werden verpflegt und mit Gaben versorgt, um langfristige Kontakte aufzubauen (Od. 1,311–319; 4,33–67; 13,10–15; 15,101–122).10 Die Adligen sind selber grundsätzlich Großbauern, zu deren Idealen persönliche Tüchtigkeit in der Gutswirtschaft gehört. Dennoch bilden sie keinen abgeschlossenen Stand, sondern unterhalten einzelne Zirkel von »Gefährten« (hetairoi) bzw. Speisegemeinschaften. Für die Adelsherrschaft ist auch gar keine Bezeichnung vorhanden, denn begrifflich gibt es nur die Unterscheidung von »wohlgeordnet« und »ungeordnet«: eunomia und dysnomia (Od. 17,487; Hes. theog. 230). Die Vorsteher der adligen Häuser (basileis) versammeln sich im Rat der Geronten und einigen sich dort über die politischen Grundlinien. Der König ist folglich nur noch eine Art »Geschäftsführer der Gemeinde«.11 Der Adelsrat lässt kaum Führungswillen erkennen und wird entsprechend kritisiert. Agamemnon und Priamos nehmen ihre Aufgaben zu wenig wahr, und auf Ithaka findet ohne Odysseus weder eine Volksversammlung noch eine Ratsversammlung statt. Stattdessen herrscht ein zügelloses 43

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Treiben der genusssüchtigen jungen Aristokraten, einer »jeunesse dorée«, gegen welche die anderen Adligen nicht einschreiten. Auch die politischen Gremien sind nicht in der Lage, ungebührliches Verhalten zu sanktionieren. Privatfehden, wie diejenige von Achilleus und Agamemnon vor Troja, schädigen das Gemeinwesen. Paris hatte durch den Raub der Helena den Krieg gegen Troja ausgelöst. Das Fazit daraus ist, dass der Dichter mit seinen Epen insgesamt an eine neue Ethik der Polis appelliert, also an die Bereitschaft, dem Wohl der Gemeinschaft zu dienen, anstatt seinem eigenen »Hausstand« (oikos). Die wirtschaftliche Grundlage der Großbauern bildet der Landbesitz, der hauptsächlich für Getreidebau genutzt wird. Dazu gehören aber auch Weinberge und Nutzgärten, welche die prominenten Besitzer wie Alkinoos oder Laertes selber oder durch ihr Personal bewirtschaften (Od. 7,111–131; 24,244–247. 338–344), sowie Viehzucht mit Rindern, Ziegen, Schafen, Schweinen, Eseln und Pferden, deren Anzahl für den Reichtum ausschlaggebend ist (Od. 14,96–108). Die Gutsbesitzer führen autarke Betriebe (oikoi), die sie patriarchalisch regieren, auch wenn die Frauen teilweise in der Leitung mitwirken (Il. 3,421–423; 6,490–493; Od. 1,356–359; 21,350–353) und selber um die Textilherstellung und Essenszubereitung bemüht sind. Ansonsten sind die Frauen Objekte von Verwandtschafts- und Heiratspolitik, die zur Stärkung des männlichen Haushalts dienen (Il. 9,121–157). Der oikos umfasst sowohl Sklaven als auch Freie und Halbfreie, die vom Hausherrn abhängig sind; darunter befinden sich zudem spezielle, persönliche Gefolgsleute (therapontes). Für zusätzliche, saisonale Arbeiten auf dem Betrieb werden sogenannte Theten, besitzlose freie Lohnarbeiter, eingestellt (Od. 11,489).12 Es handelt sich offenbar um eine komplexe Gesellschaft, in der es auch selbständige Kleinbauern und Handwerker gibt (demiourgoi ¼ »für das Volk Arbeitende«), wie Schmiede und Töpfer, aber auch wandernde Zimmerleute, Sänger, Seher und Ärzte (Od. 17,382–386; Hes. erg. 25. 806 f.).13 Handel gehört offiziell nicht zu den Idealen und bleibt in erster Linie den Phoinikern überlassen (Il. 6,288–292; Od. 8,159–164), obwohl auch die Griechen selbst damit befasst sind (Il. 7,467–475; Od. 1,182– 184). Diese hatten bereits im 8. Jh. v. Chr. die Handelsniederlassungen in Al Mina an der Orontes-Mündung und in Pithekussai auf Ischia errichtet. Kolaios von Samos segelte um 660 v. Chr. durch die Meerenge von 44

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Gibraltar zur spanischen Stadt Tartessos und soll dort bei einem Handel den unglaublichen Gewinn von 60 Talenten erwirtschaftet haben (Hdt. 4,152). Dazu kamen auch Beutezüge, Piraterie (Od. 14,224–234), Raub von Menschen (Il. 1,338) sowie von Rindern und Pferden (Il. 1,154; 11,670–675. 696–705; Od. 12,340–365; 24,111 f.). Achilleus tauschte auf den ägäischen Inseln angeblich versklavte Kriegsgefangene gegen wertvolle Güter ein (Il. 21,40 f.; 23,740–747; 24,751–753). Für das 8. Jh. v. Chr. ist in der Forschung generell auch von einer »protostaatlichen«, »vorpolitischen« Gesellschaft die Rede, die noch kaum gesetzlich und institutionell geregelt war. Bei Homer treten dennoch bereits grundlegende Kennzeichen der Polis hervor, die darauf hindeuten, dass der Prozess der »staatlichen« Institutionalisierung damals in vollem Gange war. Neben den Ratsversammlungen finden nämlich auch Versammlungen (agorai) des Volkes (demos; laoi) statt. Diese werden je nach Bedürfnis einberufen, wobei die Teilnahme an den Versammlungen für alle Freien möglich ist. Die Versammlung hat jedoch wenig zu entscheiden und hält sich mit Forderungen zurück. Sie stellt vielmehr eine Informationsstätte dar, welche die Stimmung im Volk anzeigt. Die Kompetenz zu regieren wird dem Volk von den Führenden abgesprochen. Dennoch ist ein gewisses Maß an Gemeinsamkeit vorhanden, bei dem nicht ein Einzelner oder Monarch bestimmt, sondern die Haltung des Volkes in die Überlegungen einbezogen wird.14 Exemplarisch für die Rolle des Volkes ist die Thersites-Szene (Il. 2,211– 277): Thersites, der hässlichste Mann im griechischen Heer, stellt das Handeln des Oberbefehlshabers Agamemnon in Frage. Er wirft ihm Habgier vor und fordert die achaiischen Belagerer auf, Agamemnon zu verlassen und heimzukehren, da der Krieg nur dessen eigenem Vorteil diene. Diese Kritik richtet sich jedoch nicht gegen das System, sondern nur gegen das Verhalten Einzelner bzw. gegen die Herrschaft des basileus: Achilleus wird wegen seiner passiven Haltung getadelt – wobei von den basileis generell gerechtes Handeln erwartet wird (Od. 19,108–114). Allerdings wird Thersites von Odysseus postwendend zurechtgewiesen. Dieser beruft sich auf die Dienerrolle des Volkes und bestraft den Kritiker mit Prügel. Dabei stellt sich das Volk bezeichnenderweise auf die Seite des Odysseus, der ihm versichert (Il. 2,204–206): »Nichts Gutes ist Vielherrschaft (polykoiranie): einer soll Herr sein, einer König, dem der Sohn des 45

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krummgesonnenen Kronos Stab und Satzungen gab, dass er König sei unter ihnen.« Politisch aufschlussreich ist auch die Telemachos-Szene (Od. 2,25–79): Telemachos, der Sohn des Odysseus, beruft nach beinahe 20 Jahren erstmals wieder eine Versammlung ein, um das Volk gegen die lästigen Freier im Hause seiner Mutter Penelope zu mobilisieren. Dabei wird klar, dass seit der Abfahrt des Odysseus keine Ratsversammlung stattgefunden hat und das Volk generell kaum zu mobilisieren war (229–259). Die Einberufung des Volkes durch Telemachos wirft insofern auch die Frage nach dem eigentlichen Grund auf, der in einer »großen Not«, einem »herannahenden Heer« oder einer anderen »gemeinsamen Sache« vermutet wird. Dies lässt darauf schließen, dass Volksversammlungen in dieser Zeit nur sporadisch und bei besonderen Anlässen zustande kamen und Gemeinschaftsbeschlüsse noch nicht an der Tagesordnung waren. Dennoch sind die »Leute« (laoi) und das Volk (demos) stets zu berücksichtigende Referenzgrößen. Diese verteilen schließlich auch Reichtümer (Il. 18,507 f.) sowie bestimmte Ländereien (temenoi) für Verdienste um die Gemeinschaft (Il. 20,184 f.). Soziale Einblicke in die archaische Zeit ergeben sich auch durch die Kyklopen-Szene (Od. 9,105–115): Die Kyklopen leben als einfache Hirten im Goldenen Zeitalter und sind von Arbeit befreit, da alles von alleine wächst. Jeder führt sein eigenes Leben, so dass es weder Gesetze noch eine Versammlung braucht und anarchische Verhältnisse herrschen. Statt einer gesellschaftlichen Ordnung und städtischen Gemeinschaft findet ein Leben in getrennten Höhlen statt, in denen eine Art Patriarch herrscht. Der soziale Kontakt unter den einzelnen Familien ist abgebrochen, was eine Absprache in Form von Versammlungen überflüssig macht. Im Vergleich zum griechischen Polisleben handelt es sich um eine Gegenwelt der Kleinfamilie, die gesellschaftliche Gemeinsamkeiten vermissen lässt. Für die Zeitgenossen ist es ein Entwicklungsstadium, das sie längst überwunden haben. Dies macht insgesamt deutlich, dass die Polis zur Zeit Homers bereits etabliert ist, sich also schon in den sogenannten »Dunklen Jahrhunderten« angebahnt haben muss. Über den Stand der gesellschaftlichen und politischen Institutionen können wir schließlich aus der berühmten Schildbeschreibung (ekphrasis) einiges ableiten (Il. 18,490–608): Hephaistos hatte für Achilleus einen 46

Hesiod

Schild geschaffen, auf dem u. a. zwei Städte dargestellt sind – die eine im Frieden, die andere im Krieg. Die friedliche Stadt zeichnet sich durch Hochzeitsfeste und Gelage aus, welche die einzelnen Familien überspannen. Anstelle von Blutrache findet eine friedliche Lösung eines Sippenstreites statt und zwar durch Rechtsfindung (dike). Während sich unverheiratete Jungfrauen in den Kammern aufhalten, bewegen sich die jungen Männer (kouroi) in der Stadt (asty); die erwachsenen Frauen treten nur bis an die Hausschwelle, da sie in der Regel offenbar im Haus wirkten – oder bei Reigen sowie Umzügen anlässlich von Hochzeiten und Opfern auftraten. Die Männer sind auf dem Versammlungsplatz (agora) vereint, wo die »Alten« (gerontes) eine vom Herold berufene Gerichtsversammlung abhalten. Diese bemüht sich unter den Augen der Öffentlichkeit für Gerechtigkeit. Für denjenigen, der am gerechtesten redet, liegen zwei Pfund Gold bereit. Aus dieser Beschreibung wird insgesamt deutlich, dass politische Institutionen in der befriedeten Stadt bereits offizielle staatliche Formen angenommen haben. Im Gegensatz dazu ist die kriegerische Stadt (509 ff.) von einer Mauer umgeben, die von den Frauen, Kindern und Alten geschützt wird. Währenddessen befinden sich die Männer vor der Stadt im Kampf, wo sonst reichhaltige Land- und Viehwirtschaft betrieben wird und ländliche Reigen stattfinden. Damit sind auf dem Schild des Achilleus zentrale Bereiche der archaischen Gesellschaft anschaulich dargestellt.

Hesiod Historisch gesicherter als Homer tritt der Dichter Hesiod hervor, der um 700 v. Chr. als Bauer in bescheidenen Verhältnissen in Boiotien lebte, nachdem sein Vater aus Kleinasien zugewandert war (erg. 632–639). Sein Gedicht über »Werke und Tage« umreißt das kleinbäuerliche Leben und beinhaltet praktische Regeln und Anweisungen, wie sich der Bauer im Jahresverlauf zu verhalten hat. Ausgangspunkt ist dabei der Streit (eris). Bei diesem unterscheidet Hesiod den guten, antreibenden Wettstreit von 47

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dem zerstörenden, kriegerischen Streit, von dem er seinen Bruder Perses unter Ermahnung zur harten bäuerlichen Arbeit abbringen will (erg. 11 ff.).15 Einleitend kommen frühe Vorstellungen vom Verlauf der Menschheitsgeschichte zum Ausdruck. Hesiod referiert den altorientalischen Mythos von den vier Menschengeschlechtern, die vom Goldenen, Silbernen und Ehernen zum Eisernen, hart geprüften Geschlecht der eigenen Zeit hinunterführen. Vor die Gegenwart schiebt er noch die Heroen als weiteres Menschengeschlecht ein (erg. 156 ff.). Diese Halbgötter waren im Kampf um Theben und Troja umgekommen und von Zeus zum Teil auf die Insel der Seligen am Rand der Erde entrückt worden. Darin spiegelt sich wiederum das Bewusstsein vom Verfall einer früheren, glorreichen Epoche, die zugleich in den Ruinen von Mykene, Tiryns und Pylos präsent war und mit den bescheideneren Verhältnissen der Gegenwart kontrastiert wurde. Hesiod verfasste neben seinen »Werken und Tagen« auch eine »Theogonie« (»Geburt der Götter«), einen Schöpfungsbericht, an den die Genealogie der Götterwelt anknüpft.16 Die Götterwelt erhielt dadurch eine Art kanonische Form, die weitgehend auch für die späteren Zeiten gilt. Gemäß Herodot (2,53) haben Hesiod und Homer »den Stammbaum der Götter in Griechenland aufgestellt und ihnen ihre Beinamen gegeben, die Ämter und Ehren unter sie verteilt und ihre Gestalt klargemacht.« Dies gibt bereits einen charakteristischen Einblick in die griechische Religion, die keine kanonische Schrift kennt, sondern von Dichtern lebendig mitgestaltet wurde. Es macht aber auch deutlich, wie viele erklärende Geschichten bzw. Mythen und geistige Errungenschaften um 700 v. Chr. bereits vorhanden waren. Demgegenüber steckten die materiellen Fortschritte, sei es im Häuser- oder Städtebau, z. T. noch in den Anfängen. Der bäuerliche Alltag ist bei Hesiod von harter Arbeit geprägt (erg. 307 ff.). Der Dichter appelliert an Fleiß und Umsicht. Diese verhindern, dass der Bauer verarmt und zum Bettler wird (396 ff.). Geraten wird zu ökonomischer Unabhängigkeit, aber auch zu einem guten Verhältnis zum Nachbarn, der in der Not aushelfen kann (341 ff.). Damit wird nicht auf agrarische Kooperation gezielt, sondern auf gegenseitigen, gleichwertigen Austausch. Autarkie sei durch das Anlegen von Vorräten, durch eine bescheidene, treffliche Frau aus der Nachbarschaft (372 ff. 694 ff.), eine 48

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arbeitsame Magd, einen Theten (404 f. 601) – oder auch einige Knechte (458. 501. 572. 596. 607. 765) – sowie einen tüchtigen Sohn (376) zu erreichen, der das Erbe ungeteilt übernehmen kann. Die Konzentration liegt demnach auf dem Landbesitz. Seehandel wird hingegen als Gefahr gesehen, da auf dem Meer schnell Schaden eintreten kann (617 ff.). Die Gemeinschaft steht bei Hesiod einerseits noch ganz im Hintergrund, da sie zur Untätigkeit verleite. Der Dichter warnt nicht nur vor gemeinsamen Treffen im Winter, in der Schmiedewerkstatt und im »Gemeinhaus« (lesche), sondern auch vor Versammlungen auf der Agora, die nur bei gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen aufzusuchen sind (30 f. 492 ff.). Dies zeigt, dass sich die einfache bäuerliche Schicht kaum um die Polis kümmern konnte. Andererseits wendet sich Hesiod gerade den Problemen der Gemeinschaft zu, da diese sich offensichtlich in Schieflage befand. Dabei ergänzt er seine »Werke und Tage« mit tiefgründigen Überlegungen zu Recht und Unrecht. Da Hesiod selbst einen Erbschaftsstreit gegen seinen Bruder Perses verloren hatte, klagt er im Gedicht über die Bestechlichkeit und Rechtsbeugung durch die »geschenkefressenden« Richter (38 f. 219 f. 263). Diese lösen den Zorn der Götter aus und bringen die ganze Gemeinschaft in Gefahr (237 ff.). Daher appelliert Hesiod an die Gerechtigkeit, personifiziert in der Göttin Dike, die mit ihrem Vater Zeus wieder Ordnung stiften soll. Damit markiert er seinen Glauben an Gerechtigkeit, die er im Einklang mit der göttlichen Ordnung zur Maxime erhebt. Durch die Befolgung des Rechts wird Glücksfindung in Aussicht gestellt (224 ff.). Andererseits können sich Rechtsvergehen auch negativ auf die Nachfahren auswirken (237 ff.). Hesiod appelliert an die Richter (basileis), die Fehlbaren in die Gesellschaft einzubinden, da die Gemeinschaft als Ganzes vom Verhalten Einzelner betroffen ist (247 ff.). Damit wird ein Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung vom Handeln hergestellt, der das Gemeinwohl ins Zentrum rückt. Die Macht der Adligen wird jedoch nicht angezweifelt, sondern politische Abstinenz der Kleinbauern proklamiert. Hesiod sieht keine Alternative zur Adelsherrschaft. Es geht nicht um Mitbestimmung, sondern die Führungsschicht wird aufgefordert, sich an die festgelegte Ordnung zu halten. Die Polis stellte für die Herrschenden einen neuen Rahmen dar, in dem sie sich für die Gemeinschaft bewähren mussten. 49

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Die rasante gesellschaftliche und politische Entwicklung der griechischen Poliswelt, die in Kontakt mit zahlreichen Gegenden rund um das Mittelmeer stand, trug dazu bei, dass etliche Griechen ihre Heimatstädte verließen und sich in neuen Regionen niederließen. Die homerische Odyssee widerspiegelt bereits einen erweiterten geographischen Erfahrungshorizont, der die Vertrautheit mit anderen Gegenden und überseeischen Siedlungen zum Ausdruck bringt (Od. 6,7 ff. 262 ff.; 14,229 ff.). Um 750 v. Chr. hatte eine Migrationsbewegung eingesetzt, die trotz ihren bescheidenen Anfängen als die »Große Kolonisation« bezeichnet wird und im weiteren Verlauf die Mittelmeerwelt und ihre angrenzenden Gebiete bis um 550 v. Chr. langfristig veränderte. Die Ursachen für die Kolonisation liegen einerseits in den landwirtschaftlichen Schwierigkeiten und Notlagen, die sich aus dem Bevölkerungswachstum, der Bodenknappheit und der Zersplitterung des Grundeigentums ergaben. Andererseits herrschten soziale Ungerechtigkeiten und politische Auseinandersetzungen, die für Einzelne immer wieder in Niederlagen endeten, so dass sie ein neues Auskommen suchen mussten.1 Zugleich machte sich eine Aufbruchstimmung breit, die sich mit Entdeckerfreude, Unternehmungslust und Erkundung von neuen geographischen Räumen verband.2 Die Kolonisation fing oft mit relativ kleinen Unternehmungen an, bei denen sich sowohl einzelne Personen als auch Gruppen von Griechen in bestehenden auswärtigen Siedlungen niederließen und dort mit der Zeit die Führung übernahmen.3 Indigene Gemeinwesen konnten aber genauso durch benachbarte, neu gegründete Poleis verdrängt werden. Aufgrund der Platzwahl an freien Küstenstreifen bestand ursprünglich z. T. ein gutes Verhältnis zu den Einheimischen (Hdt. 4,158), wie es gerade in der 50

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Vermischung der Bevölkerungen durch Ehen mit indigenen Frauen zum Ausdruck kommt.4 Spätestens mit dem Zuzug weiterer Kolonisten ergaben sich jedoch wiederholt Spannungen. Teilweise wurden die Einheimischen auch vertrieben oder Vorbewohner unterworfen, so dass sie in die Hörigkeit hinabrückten, wie es in Syrakus mit den versklavten Killyriern (Aristot. frg. 586R: Kallikyrier) geschah, oder in Herakleia am Pontos mit den Mariandynern, die für Landarbeiten eingesetzt wurden (Strab. 12,3,4; Athen. 6,263d). In der archaischen Zeit kam es insgesamt zu einer beträchtlichen Ausweitung des griechischen Siedlungsgebietes im Mittelmeer- und Schwarzmeerraum, wo zahlreiche griechische Städte angelegt wurden. Dies betraf weite Küstenstrecken in Sizilien, Unteritalien, Epirus und Illyrien, dann auch in Südfrankreich bis nach Nordspanien, in der Kyrenaika sowie an den Dardanellen (Hellespont), am Bosporus (Byzantion) und am Schwarzen Meer mit der Halbinsel Krim. Die Kolonisation erfolgte aber nur dort, wo keine Großmächte ansässig waren. Da in der Levante und Ägypten mit der Gegenwehr altorientalischer Staaten zu rechnen war und an den Küsten Syriens und Palästinas die Phoiniker siedelten, konnte dort keine Kolonisation stattfinden. Dies traf auch für große Teile Nordafrikas, Sardiniens und Spaniens zu. In diesen Gegenden gab es nur einzelne Handelsniederlassungen (Emporien) wie im syrischen Palmyra, im ägyptischen Naukratis sowie im spanischen Ampurias; weitere griechische Handelsstationen wurden bei den Etruskern angelegt, etwa in Spina und Pyrgoi. Diese Kolonisationsbewegung ist freilich nicht mit den Kolonien neuzeitlicher Nationalstaaten zu vergleichen, die ihr Territorium ausweiteten und in den abhängigen Gebieten sowohl Produkte absetzten als auch Rohstoffe gewannen – obwohl Letzteres in manchen Fällen bei den Griechen ebenfalls vorkam. Die griechischen Kolonien sind nach ihrer eigenen Terminologie apoikiai, also Umsiedlungen nach auswärts. Beteiligt waren Griechen, die sich abseits ihrer ursprünglichen Heimat eine neue, sichere Existenz aufbauen wollten. Die Ansiedlungen gelangen nur bei befriedigender Vegetation, da fruchtbares Ackerland für die Selbstversorgung unverzichtbar war. Die Kolonisation erfolgte dementsprechend zunächst an den Küsten und nicht im Landesinnern. Gemäß einem sokratischen Ausspruch wohnten die Griechen »wie Ameisen oder Frösche um einen 51

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Teich« (Plat. Phaid. 109b). Bei Erfolg wurden auch Teile des Hinterlandes eingenommen und direkte Verbindungen zu anderen Kolonien hergestellt oder Zweigkolonien gegründet, wie etwa im Falle des um 580 v. Chr. von Gela angelegten Akragas (Agrigento) auf Sizilien (Thuk. 6,4). Voraussetzung für die Kolonisationszüge waren nautische Kenntnisse, wie sie die Griechen bereits seit längerer Zeit besaßen. Schon im 9. und 8. Jh. v. Chr. wurde insbesondere mit den Phoinikern Handel getrieben, die in diesem Bereich führend waren. Im 8. Jh. v. Chr. gab es eine syrischgriechische Handelsniederlassung bei Al Mina an der Orontes-Mündung, die für die Metallbeschaffung und den Aufkauf von orientalischen Luxusgütern diente.5 Hier ergab sich zudem ein geeigneter Anknüpfungspunkt, um das phoinikische Alphabet zu übernehmen. Die »Gründung« war wohl von der Insel Euboia aus erfolgt, wobei die Städte Chalkis und Eretria auch am Westhandel beteiligt waren (Strab. 5,4,9). Die Aussicht auf Kupfer- und Eisenerze aus Elba und Etrurien führte zu einer ersten Niederlassung auf Pithekussai (Ischia) im Golf von Neapel (um 770/ 60 v. Chr.), wo die Griechen aufgrund von Handelsinteressen zusammen mit Phoinikern und Orientalen siedelten – zunächst wohl in einem Emporion, das dann aber auf ca. 5 000–10 000 Bewohner anwuchs.6 Dadurch zeichnete sich auf Ischia eine Art multikulturelle Gesellschaft ab, die sich auch im sogenannten Nestorbecher vom Ende des 8. Jh. v. Chr. widerspiegelt. Dieser wurde zusammen mit korinthischen, phoinikischen und rhodischen Salbgefäßen (Aryballoi) im Grab eines Knaben gefunden.7 Es handelt sich um ein spätgeometrisches, rhodisches Trinkgefäß (Kotyle) mit euboiischer Inschrift, die sich auf den goldenen Nestor-Becher in der Ilias (11,632–637) bezieht und verkündet: »Nestors Becher bin ich, aus dem sich gut trinken lässt. Wer aber aus diesem Becher trinkt, den wird sofort Verlangen nach der schön bekränzten Aphrodite ergreifen.« Vermutlich stammt das Gefäß aus dem Besitz eines reichen, gebildeten Händlers, der sich offenbar schon mit seiner ganzen Familie niedergelassen hatte und auch am neuen Ort nach griechischer Sitte an Sportwettkämpfen und Symposien teilnahm, an denen bereits die Verse Homers rezitiert wurden. Von Pithekussai haben die Griechen dann auch auf das Festland übergesetzt und Kyme (Cumae) sowie Neapolis (Neapel) gegründet (Liv. 8,22,5 f.). Anschließend legten die Kymaier gemeinsam mit Vertretern aus der Mutterstadt Chalkis eine Siedlung an der Schiffsroute 52

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Abb. 9: Nestorbecher von Pithekussai, um 725/20 v. Chr., Mueso Archeologico di Pitecusa, Ischia

zwischen Italien und Sizilien an, nämlich Zankle (Thuk. 6,4), das spätere Messene (Messana). Von dort aus folgte dann am gegenüberliegenden Festland die Gründung von Rhegion (Regium/Reggio). In den Jahren um 730 v. Chr. legte Chalkis von Euboia aus aber auch weitere Kolonien auf Sizilien an, da dieses für den Ackerbau besonders geeignet war: zunächst Naxos, dann Leontinoi und Katane, wie wir in dem Bericht von Thukydides (6,3 f.) erfahren.8 Von der Handelsstadt Korinth, die gemäß Thukydides in der Westkolonisation die führende Rolle hatte, wurde in der gleichen Zeit Syrakus besiedelt. Megara, das zwischen Korinth und Athen lag, gründete um 729 v. Chr. Megara Hyblaia und von dort aus um 650 v. Chr. Selinus (Selinunte). Sparta legte angeblich im Jahre 706 v. Chr. in Unteritalien die Kolonie Tarent (Taranto) an, was seine einzige Kolonie blieb, während sich im unteritalischen Metapont (Metaponto) Achaier aus der Peloponnes niederließen (Liv. 25,15,7). Für das griechisch besiedelte Unteritalien und Sizilien hat sich schließlich im 2. Jh. v. Chr. wohl unter dem Einfluss der Römer der Begriff »Großgriechenland« (Megale Hellas/Magna Graecia) eingebürgert, während wir heute auch von den »Westgriechen« reden. 53

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Seit 700 v. Chr. erfolgte die Kolonisation in der Nord-Ägäis bzw. an der Südküste Thrakiens mit der Chalkidike und der Insel Thasos, ferner von Megara aus am Hellespont (Dardanellen), in der Troas, der Propontis (Marmarameer) sowie am Bosporus (Byzantion); im 7. Jh. v. Chr. siedelten neben den Megarern v. a. die Milesier an den Küsten des Schwarzen Meeres einschließlich der Krim.9 Weitere Vorstöße erfolgten von Thera aus in die Kyrenaika, wo um 630 v. Chr. Kyrene aufgebaut wurde. Um 600 v. Chr. ging die Kolonisation weiter in den Westen, wobei von Phokaia aus Massalia (Marseille) gegründet (Hekataios FGrHist 1 F 55; Strab. 4,1,4) bzw. mit Siedlern versehen wurde (Thuk. 1,13,6), dann auch Nikaia (Nizza; Strab. 4,1,9) sowie Siedlungen an der spanischen Küste (Ampurias/Emporion). Um 540 v. Chr. scheiterte ein Siedlungsversuch der von den Persern bedrängten Phokaier auf Korsika, da sich die Etrusker und Karthager bei Alalia gegen die griechische Flotte verbündeten und damit das Ende der Großen Kolonisation einläuteten (Hdt. 1,166 f.).10 Schließlich erlitten die Etrusker im Jahre 474 v. Chr. eine Niederlage gegen Hieron von Syrakus bei Kyme, so dass die Westgriechen gegenüber den Etruskern territorial abgesichert waren (Pind. Pyth. 1,71–75; Diod. 11,51,1 f.) und sich auch Rom bald gegen die Etrusker durchsetzen konnte. Aufschlussreich für den Ablauf einer Koloniegründung ist die Besiedlung Kyrenes durch Thera um 630 v. Chr. (Hdt. 4,150–158): Der König von Thera, Grinnos, kam für eine Anfrage zum Orakel von Delphi. Ganz überraschend erhielt er den Bescheid, er solle eine Stadt in Libyen gründen. In Thera wusste man überhaupt nicht, wo Libyen liegt und wollte Kolonisten nicht ins Ungewisse entsenden. Nun aber kam eine schwere Hungersnot über die Insel. Schließlich erkundeten die Theraier mit Hilfe eines kretischen Fischers die Libyen vorgelagerte Insel Platea. Daraufhin fasste man den Beschluss: »dass aus allen sieben Gemeinden der Insel immer je einer von zwei Brüdern um die Auswanderung losen sollte. Führer und König der Auswanderer sollte Battos sein. So schickten sie zwei Fünfzigruderer nach Platea« (Hdt. 4,153). In dieser Erzählung werden einige wesentliche Elemente griechischer Kolonisation sichtbar, auch wenn sie wie alle Gründungsgeschichten nachträglich stilisiert wurde: Die Auswanderung erfolgte offenbar nicht freiwillig, sondern unter Zwang bzw. Losentscheid, aufgrund von Hun54

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gersnot und Überbevölkerung. Ein offizieller Akt, hier ein Orakelspruch aus Delphi, veranlasste die Stadtgründung. Auch aus weiteren Fällen kann eine gewisse Rolle des Orakels von Delphi abgeleitet werden, wobei dieses aber nicht Initiator, sondern eher eine Art Koordinator der Kolonisationsbewegung war. Delphi bildete einen zentralen Ort, an dem sich Informationen ansammelten und weitergegeben werden konnten, so dass sich auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der Griechen ausdehnte und in den Kolonien oft ein Kult für Apollon Archegetes (»Anführer«) eingerichtet wurde (Thuk. 6,3,1; Meiggs/Lewis 5, Z. 10 f.).11 Die Auswanderung aus Thera wurde von einem (oder zwei) Mann aus der Oberschicht geführt, dem die Bezeichnung Oikist (oikistes ¼ Gründer) oder Archeget (archegetes ¼ Anführer) zukam. Adlige übernahmen auch sonst die Führungsrolle, wobei die Zahl der Auswanderer bescheiden blieb: in diesem Fall zwei Fünfzigruderer (Hdt. 4,153. 156) bzw. 150–170 Mann. Typisch ist ferner, dass zuerst die dem Festland vorgelagerte Insel (Platea) besiedelt wurde und erst in einer zweiten Phase – angeblich nach erneuter Anweisung Delphis – der Schritt auf das Festland erfolgte. Aus einer Inschrift aus dem 4. Jh. v. Chr., welche die Eidesvereinbarung der Siedler um 630 v. Chr. wiederholt, wird deutlich, dass später ein Nachzug von Siedlern aus Thera erfolgte. Diese erhielten das dortige Bürgerrecht und Land, mussten aber auch mindestens fünf Jahre vor Ort verbleiben (SEG 9, 3; Meiggs/Lewis 5, Z. 4 f. 32 ff.; HGIÜ I, 6). Gerade durch solche Nachzügler sind die Städte erst richtig gewachsen. Die Teilnehmer an einem Kolonisationszug stammten oft aus mehreren Städten. Die sogenannte Mutterstadt (Metropolis) war z. T. nur Sammelpunkt und Auslaufhafen, stellte den Leiter und wohl auch die Schiffe. Von der Metropolis wurden wiederholt Beamtennamen, Gliederungsprinzipien der Bürgerschaft (z. B. Phylen), der Kalender und verschiedene Kulte, zu denen auch Erde und Feuer vom Heiligen Herd der Mutterstadt gehörten, übernommen; zudem erhielt der Stadtgründer kultische Ehren, wie es schon bei Battos der Fall war (Pind. Pyth. 5,95).12 Dennoch war es ein Neuanfang, der sich mit politischer Unabhängigkeit verband. Dies wird auch in der Namensgebung deutlich, etwa im Fall von »Neustadt« (Neapolis) oder – wie in den meisten Fällen – in einem von der Mutterstadt unabhängigen neuen Namen. Frauen wurden am Anfang oft nicht mitgeführt, sind z. T. aber nachgezogen (Hdt. 1,164; Diod. 12,11,1). Die 55

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Siedler sind in der Ferne verschiedentlich Ehen mit einheimischen Frauen eingegangen (Hdt. 1,146; Paus. 7,2,5 f.; Iust. 43,3), was sich auch auf die Sitten und Grabbeigaben auswirkte. So konnten z. B. herkömmliche Essensvorschriften für Frauen in griechischen Kolonien weiterbestehen (Hdt. 4,186; Athen. 10,429a).13 Die kleine Auswandererzahl brachte es mit sich, dass die Siedlungen architektonisch meist bescheidene Anfänge mit einfachen Gebäuden aufwiesen, die erst in spätarchaischer und frühklassischer Zeit durch größere Anlagen mit Säulentempeln und Stadtmauern ersetzt wurden. Dennoch erforderte die Gründung neuer, eigenständiger Poleis eine planmäßige Aufteilung des Areals für Agora, Tempelbezirke, rechtwinklig bzw. rasterförmig angelegte Straßen und parzellierte Häuser – wie bei Megara Hyblaia besonders gut ersichtlich ist, auch wenn es um 483 v. Chr. von Gelon von Syrakus stark zerstört wurde (Hdt. 7,156; Thuk. 6,4).14 Die Besiedlung bedingte zudem eine Vermessung und Parzellierung des umgebenden Landes sowie eine gleichmäßige Zuteilung an die Kolonisten (Meiggs/Lewis 5, Z. 33), wie wir sie v. a. in den Feldern von Metapont aus der ersten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. erkennen. Dort sind auch entsprechende Umweltauswirkungen fassbar: Die Erde wurde aufgrund von Rodungen im Hinterland abgeschwemmt, was wiederum zu Überschwemmungen und Verschlammung der Mündungsgebiete von Flüssen führte; die Landwirtschaft war gezwungen, auf die umgebenden Hügel auszuweichen, und die Drainagen in der Stadt mussten erweitert werden.15 Kolonien bedingten neugesetzte, bewusste Ordnungen, so dass aus Unteritalien und Sizilien neben einigen frühen Formen der Oligarchie und Tyrannis (Aristot. pol. 1316a 34–39) auch entsprechend frühe Gesetzgeber bekannt sind: Zaleukos in Lokroi (7. Jh. v. Chr.) war angeblich der erste griechische Gesetzgeber und für sein Gesetzesbuch bekannt; Charondas in Katane (6. Jh. v. Chr.) entwarf eine Verfassung, die von chalkidischen Städten Siziliens und Süditaliens übernommen wurde.16 Beide regelten in erster Linie die Strafgesetzgebung mit festen Bußen für Vergehen, aber auch das Kreditwesen sowie das Handels- und Familienrecht. Insgesamt setzte ein verstärktes Nachdenken über die Polis ein, was zugleich Rückwirkungen auf das Mutterland hatte und insbesondere den Vorstellungen von Gleichheit Vorschub leistete.17 56

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Weitergehende Auswirkungen sind schließlich auch auf die Kultur der Mittelmeerwelt festzustellen, die durch die griechische Kolonisation zunehmend vereinheitlicht wurde. Das griechische Sprachgebiet und die gesellschaftliche Organisationsform der Polis hatten sich weit ausgebreitet. Die Etrusker übernahmen das griechische Alphabet und importierten von ihren neuen Nachbarn Kunsterzeugnisse. Auch die Frühgeschichte Roms ist von griechischen Einflüssen geprägt; auf dem Forum Boarium wurden griechische Scherben aus dem 8. Jh. v. Chr. gefunden. Die griechische Kultur beeinflusste letztlich sogar die Hallstattkultur, wo sie Vorbild für keltische Aristokraten war, die wertvolle Gegenstände, wie den Krater von Vix, importierten. Insgesamt brachte die griechische Kolonisation also eine Art Frühform des Hellenismus mit sich und führte schon lange vor Alexander d. Gr. (336–323 v. Chr.) zu einer Ausbreitung des Griechentums in neue Räume.

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Athen besaß mit Attika ein beträchtliches Umland und stellte damit eine der größten Poleis dar, so dass es sich nicht an der Kolonisation beteiligte, sondern die landwirtschaftlichen Probleme auf dem eigenen Gebiet zu lösen versuchte. Die wachsende Bevölkerung sollte im Zuge einer Binnenkolonisation durch die Erweiterung oder Neugründung von einheimischen Siedlungen entlastet werden. Dennoch blieb die Situation prekär, da die Anbauflächen durch die Erbteilung oft zerstückelt und unrentabel wurden. Der Boden konnte im angestammten Zweifeldersystem nicht lange genug brachliegen und wurde daher übernutzt. Aufgrund der mageren Erträge waren Kleinbauern vermehrt gezwungen, fehlendes Getreide und Saatgut als Anleihe aufzunehmen, so dass Teile der Ernte im Laufe der Zeit zunehmend an die Gläubiger übergingen. In Attika sanken zahlreiche Bauern in den Stand von Hektemoroi (»Sechstler«) ab, die wohl ein Sechstel der Ernte – wenn nicht sogar mehr – an ihre Gläubiger abgeben mussten (Aristot. Ath. pol. 2,2; Plut. Sol. 13,2). Im Falle von zunehmender Verschuldung haftete der Schuldner letztlich mit seinem eigenen Körper, so dass er als Sklave verkauft werden konnte.1 Die Verarmung der Kleinbauern führte aber auch dazu, dass die reicheren Bauern ihren Landbesitz vermehren und ihren Ertrag durch neue Pflanzungen von Oliven und Weintrauben steigern konnten. Auch im Handwerk ist eine Erhöhung der Produktion festzustellen, die sich verstärkt auf den Export ins Ausland ausrichtete. Dies hatte zur Folge, dass Steinhauer, Töpfer, Vasenmaler und Metallarbeiter bzw. die Inhaber entsprechender Werkstätten zu größerem Reichtum kamen. Damit wurde die herkömmliche Sozialverfassung zunehmend in Frage gestellt.2 Athen stand vor dem Problem, die Bevölkerung von Verschuldung und Hörigkeit zu befreien, gerade auch im Hinblick auf eine genügend große Anzahl 58

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an Hopliten bzw. Bürgersoldaten, die sich selbst ausrüsteten. Gleichzeitig musste aber auch der Vorrang der Führungsschicht abgesichert und institutionell verankert werden. Politisch war die Lage lange Zeit vergleichsweise stabil geblieben. Als Kylon um 630 v. Chr. einen Putschversuch unternahm, ist dieser kläglich gescheitert. Kylon stammte aus der athenischen Aristokratie, hatte die Tochter des Tyrannen Theagenes von Megara geheiratet und um 640 v. Chr. im Diaulos-Wettbewerb (»Doppelstadionrennen«) in Olympia gewonnen.3 In den Jahren um 630 v. Chr. besetzte er die Akropolis von Athen, gemeinsam mit einer Schar von gleichaltrigen Gefährten (hetairoi) und Soldaten, die ihm sein Schwiegervater vermittelt hatte. Ziel war es, als Tyrann die Herrschaft in der Stadt zu übernehmen, was jedoch von den Athenern unter der Führung des Archonten bzw. obersten »Amtsträgers« Megakles, der aus der Familie der Alkmeoniden stammte, verhindert wurde. Als diese die Akropolis belagerten, ergriff Kylon die Flucht. Seine Anhänger retteten sich an den Altar der Athena Polias, der Asyl bieten sollte. Obwohl ihnen das Leben zugesichert war, wurden sie anschließend auf Befehl des Megakles getötet. Die Familie der Alkmeoniden, aus der später auch Kleisthenes und Perikles hervorgehen sollten, wurde in Zukunft immer wieder mit der Schuld an diesem »Kylonischen Frevel« konfrontiert. Kylon und seine Anhänger mussten für den Rest ihres Lebens in die Verbannung gehen (Hdt. 5,71; Thuk. 1,126; Plut. Sol. 12). Auch auf rechtlicher Ebene scheint die Gewaltanwendung gegen Kylon Folgen gehabt zu haben. Drakon, der um 621/20 v. Chr. möglicherweise das Amt eines Thesmotheten (»Gerichtsbeamten«) ausübte, wurde offenbar damit beauftragt, zum ersten Mal Rechtssatzungen (thesmoi/ nomoi) aufzuschreiben (Aristot. Ath. pol. 3,4; 4,1; 41,2). Diese wurden auf drehbaren Holzblöcken (axones) öffentlich aufgestellt, so dass ihre staatliche Verbindlichkeit allgemein sichtbar war.4 Neu unterschieden und geregelt wurden dabei die diversen Tötungsdelikte (phonos), womit die traditionelle Blutrache eingeschränkt und der Rechtsfrieden gewahrt werden sollte. Das entsprechende Gesetz ist durch eine inschriftliche Neupublikation aus dem Jahre 409/8 v. Chr. erhalten (IG I3 104; Meiggs/ Lewis 86; Koerner Nr. 11). Dieses impliziert, dass im Falle eines Tötungsdeliktes offizielle Anklage erhoben und ein ordentliches Gerichtsverfahren eingeleitet werden muss59

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te. Unter der Leitung des (archon) basileus und weiterer basileis (bzw. der vier phylobasileis) beurteilte ein Gericht von 51 Epheten (»Anweisern«) ob es sich um vorsätzliche oder unvorsätzliche Tötung handelte. Im Falle von Tötung ohne Vorsatz musste der Täter ins Exil gehen. Von dort konnte er erst zurückkehren, wenn er die Zustimmung der Verwandten des Getöteten oder eines Gremiums von zehn Phratriegenossen (phratores) hatte und wohl ein Wergeld bezahlte. Wurde der Verbannte vorher in Attika angetroffen, durfte er offenbar getötet werden.5 Bei vorsätzlichem Mord dürfte ebenfalls die Verbannung (statt Blutrache) vorgesehen gewesen sein, da der Adelsrat des Areopag, bestehend aus ehemaligen Archonten, eventuell erst seit Solon die Todesstrafe verhängen konnte (Poll. 8,125).6 Die Tötung in Notwehr blieb hingegen straffrei, was dann auch für das Töten von Ehebrechern galt (Lys. 1,30; Dem. 23,53; Paus. 9,36,8).7 Über allfällige weitere Gesetze Drakons ist wenig bekannt, zumal sie Solon bald darauf wieder aufgehoben bzw. ersetzt haben soll (Aristot. Ath. pol. 7,1; Plut. Sol. 17). Sie wurden später jedenfalls mit großer Härte verbunden, welche sogar für Müßiggang, Diebstahl von Feldfrüchten und Tempelraub die Todesstrafe vorgesehen haben soll (Plut. Sol. 17). Dies erweckt den Eindruck, dass die Gemeinschaft schwere Strafen verhängen sollte, falls die öffentliche Ordnung gefährdet war. In erster Linie dürfte es aber auch hier um die Regelung von Tötungsdelikten gegangen sein. Dabei führten die Gesetze insofern zu einer Gleichstellung der Bürger, als sie für alle bindend waren und somit einen wichtigen Beitrag zur Verfestigung der staatlichen Organisation leisteten. Diese umfasste gemäß Aristoteles (Ath. pol. 3,2–4,4) vor Solon zur Hauptsache neun Archonten, darunter der dem Jahr den Namen gebende Archon eponymos, der Polemarchos für den Krieg, der Archon basileus für die Kulte und sechs Thesmotheten für das Gericht; dazu kamen diverse Tamiai als Schatzmeister der Athena, der Areopag als Rats- und Gerichtsstätte und die Volksversammlung, in der wohl alle Bürger vertreten waren – während der vermeintliche Rat von 401 erlosten Männern (4,3) eine anachronistische Erfindung darstellt.8 Neben den landwirtschaftlichen Krisensymptomen, durch welche die Bürgerschaft mit der Schuldknechtschaft und dem Verkauf ins Ausland bedroht war, traten auch außenpolitische Probleme auf. Die militärischen 60

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Schwächen Athens manifestierten sich in einem längeren Streit, der mit dem benachbarten Megara um die Insel Salamis ausgetragen wurde (Plut. Sol. 8–10). Dazu kam der Konflikt um Sigeion in der Troas, wo Athen zum ersten Mal außerhalb Attikas bewaffnet auftrat – und zwar gegen die dort ansässigen Mytileneer, in deren Reihen auch der Dichter Alkaios kämpfte (Hdt. 5,94 f.; Strab. 13,1,38 f.). Es galt also, die Zahl der sich selbst ausrüstenden Hopliten wieder aufzustocken und die Bürgerschaft insgesamt zu stärken. In dieser Situation wurde Solon um 594 v. Chr. zum Archon und Schlichter gewählt, da er sowohl den Besitzenden als auch den Armen als Vertrauensperson galt. Solon stammte aus dem vornehmen, aber verarmten Adelsgeschlecht der Kodriden bzw. Medontiden und war zunächst als Kaufmann auf Handelsreisen unterwegs (Plut. Sol. 1–3). Als Archon erhielt er dann den Auftrag, die zwei Lager der Bevölkerung, nämlich die Adligen und die Gruppe der Bauern und Handwerker, miteinander zu versöhnen, wozu er mit der Sondervollmacht eines Vermittlers (diallaktes) ausgestattet wurde (Aristot. Ath. pol. 5,2; Plut. Sol. 14,2). Solon war jedoch nicht nur Politiker, sondern auch Dichter und nützte dieses Medium für seine politischen Botschaften und Wirkungsabsichten. Zu den wesentlichen Maßnahmen Solons gehörte zunächst die Aufhebung der Schuldknechtschaft (Aristot. Ath. pol. 6,1; 9,1; 12,4). Zudem wurden Schulden getilgt bzw. Schuldsteine (horoi) auf den Landparzellen entfernt (Sol. frg. 30G–P vv. 5 f.; Plut. Sol. 15,3) sowie der Status der Hektemoroi aufgelöst. Dies ermöglichte auch, dass zahlungsunfähige Schuldner, die Attika wegen ihrer Schuldknechtschaft hatten verlassen müssen, jetzt wieder zurückkehren konnten (frg. 30G–P vv. 8–12; Plut. Sol. 19,3) und die Bürgerschaft nicht mehr von der Sklaverei bedroht war. Solon strebte also weder eine von den Armen geforderte Neuaufteilung des Bodens noch eine weitergehende soziale Gleichheit an, sondern nur Schuldentilgung bzw. Lastabschüttlung (seisachtheia; Aristot. Ath. pol. 6,1; 12,4). Zudem nahm Solon eine Neueinteilung der Bürgerschaft vor, wobei die politischen Rechte des Einzelnen an sein Vermögen geknüpft wurden (Aristot. Ath. pol. 7,3 f.). Dadurch wurde der politische Einfluss nicht mehr nach der Herkunft, sondern nach dem Verdienst bestimmt. Der 61

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Kreis der Bürger und Hopliten wurde erweitert und gestärkt, zugleich aber auch sozial abgestuft. Dazu diente die Einteilung in vier Klassen: 1. Die 500-Scheffler (pentakosiomedimnoi), also wohl diejenigen, die 500 Scheffel (¼ 26 250 Liter) Getreide pro Jahr erwirtschafteten und Staatsämter übernehmen konnten; 2. die Ritter (hippeis), die 300 Scheffel ernteten, aber zu dieser Zeit möglicherweise noch nicht zu den Ämtern zugelassen waren;9 3. die Zeugiten bzw. Jochführer mit einem Ertrag von 200 Scheffel; 4. die Theten bzw. Besitzlosen, die uns schon bei Homer als Saisonarbeiter begegnet waren. Gemäß Aristoteles (Ath. pol. 8,4) hat Solon auch einen Rat (boule) der 400 eingeführt, zu dem jede der vier Phylen (Bürgerabteilungen) 100 Mitglieder beisteuerte, was für diese frühe Zeit ein erstaunlich breites Bürgergremium darstellt. Dennoch scheint hier bereits ein neuer Rat an die Seite des alten Adelsrates des Areopag gestellt worden zu sein. Mit der Reform des Kleisthenes (508/7 v. Chr.) wurde dieser Rat jedenfalls in erweiterter Form bzw. mit 500 Mitgliedern für die Vorberatung der Volksversammlung und Verwaltung des Staates zuständig und damit an zentrale Stelle gerückt. Neben die politischen Regelungen trat auch eine gerichtliche Neuordnung. Solon führte eine Berufungsinstanz ein, vor welcher eine Bestrafung durch die Amtsträger eingeklagt werden konnte. Dadurch wurde es möglich, gegen willkürliche Amtsentscheidungen Einspruch einzulegen. Unklar ist aber, ob dies beim Rat oder bereits beim Volk geschehen sollte, da Solon nämlich auch ein Volksgericht (dikasterion bzw. heliaia) eingeführt haben soll (Aristot. Ath. pol. 9,1).10 Dieses tagte möglicherweise auf einer quadratischen Platzanlage in der südwestlichen Ecke der Agora.11 Zudem hat Solon das Instrument der Popularklage geschaffen (Aristot. Ath. pol. 9,1; Plut. Sol. 18,2), so dass Rechtsverletzungen bei dem zuständigen städtischen Beamten angezeigt werden konnten, auch wenn man nicht selbst betroffen war.12 Während es bis anhin nur den Geschädigten selbst möglich gewesen war, eine Ahndung vor den Beamten zu erwirken, gab es jetzt ein erweitertes Klagerecht im Interesse der Öffentlichkeit und sozialen Sicherheit. Über diese prozess- und institutionenrechtlichen Neuerungen hinaus wurden Teile des Familien- und Erbrechts (inkl. Adoption), des Nachbarschaftsrechts und des Wirtschaftsrechts gesetzlich geregelt (Plut. 62

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Abb. 10: Agora von Athen, Blick vom Platz der Heliaia (?) über die Mittelstoa zum Hephaisteion

Sol. 23 f.). Dazu gehört auch ein Verbot der Ehe unter Vollgeschwistern. Verwaiste Töchter ohne Brüder mussten als Erbträgerinnen (epikleroi) aber den nächsten männlichen Verwandten heiraten, um den Landbesitz in der Familie zu behalten (Plut. Sol. 20,1–3).13 Zur Sicherung der Nahrungsmittelversorgung gab es ein Ausfuhrverbot für Bodenprodukte, von dem nur das Olivenöl ausgenommen war (Plut. Sol. 24,1), das in Attika zur Genüge vorhanden war und mit Gewinn exportiert werden konnte. Darüber hinaus änderte Solon die Maße und Gewichte (Aristot. Ath. pol. 10; Plut. Sol. 15,4), wobei die attischen Maße wohl so festgelegt wurden, dass sie mit denjenigen anderer Poleis kompatibel waren und somit einen besseren Warenaustausch ermöglichten.14 Andererseits wurden bei Hochzeiten die Höhe der Aussteuer (Plut. Sol. 20,4) und bei Begräbnissen der materielle Aufwand begrenzt (Cic. leg. 2,64). Unsicher ist das sogenannte Stasisgesetz (bzw. Anti-Neutralitätsgesetz), das demjenigen, der bei einem Aufstand nicht Partei ergriff (und somit nicht zur Beilegung des Streites beitrug), das Bürgerrecht absprach (Aristot. Ath. pol. 8,5: atimos); umgekehrt sollten auch diejenigen der Atimie verfallen, die eine Tyrannis errichten wollten (16,10).15 Solons Gesetzgebung sollte für 100 Jahre, also nach zeitgenössischem Ermessen zeitlich unbeschränkt, gelten (Aristot. Ath. pol. 7,2). Diese 63

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Entfristung schloss nicht aus, dass die Gesetze verändert werden konnten. Dennoch stellten sie für die Gemeinschaft fortan verbindliche Richtlinien und eine dauerhafte Herausforderung dar. Dazu wurden die Gesetze wiederum öffentlich gemacht und zunächst auf drehbaren Tafeln (Axones) im Prytaneion der alten Agora aufgestellt. Später kamen sie als sogenannte Kyrbeis in die Stoa Basileios, die ab dem dritten Viertel des 6. Jh. v. Chr. auf der neuen Agora auch den Archon basileus beherbergte (Aristot. Ath. pol. 7,1; Plut. Sol. 25,1 f.).16 Die den Reformen zugrundeliegenden Gedanken hat Solon in seinen Gedichten festgehalten. Zentral ist dasjenige über die »Eunomia« (frg. 3G–P), das die errichtete »Gute Ordnung« stützen und vor einer gegenteiligen »Dysnomia« bzw. »Anomia«, einer fehlenden Ordnung, bewahren sollte. Das politische Denken befand sich also auf einer »nomistischen« Stufe, die sich noch nicht um die eigentlichen Machtfragen kümmerte.17 Solon machte aber klar, dass ein Eingreifen der Bürger nötig sei, und diese sich an der Polis beteiligen sollten. Der Einzelne kann sich nicht einfach in seinen Privatbereich zurückziehen, denn sein Schicksal ist unmittelbar mit demjenigen der Polis verbunden. Das menschliche Unglück wird nicht durch die Götter, sondern durch das eigene Verhalten verursacht (frg. 15G–P). Dieses ist gerade auch von den »Führern des Volkes« (demou hegemones) beeinflusst, die für das Wohlergehen der Stadt verantwortlich sind. Solon ging es also nicht darum, den breiten Schichten Macht zukommen zu lassen, sondern die Athener in die bürgerliche Verantwortung zu nehmen. Dabei blieben die politischen Rechte und Pflichten in der Art einer Timokratie an Vermögensklassen gebunden. Dennoch war jeder Bürger in der Lage, an der Volksversammlung teilzunehmen und im Sinne der öffentlichen Sicherheit vor Gericht eine Klage für geschädigte Mitbürger einzureichen. Trotz dieses Durchbruchs konnte die solonische Ordnung nicht vollumfänglich Fuß fassen, da die politischen Streitereien bald wieder losbrachen. In den 580er Jahren v. Chr. wurde das Archontat teilweise unrechtmäßig über das Amtsjahr fortgeführt (Damasias 582/1 v. Chr.) oder auch unbesetzt belassen (Aristot. Ath. pol. 13). Gegen die Mitte des Jahrhunderts griff dann Peisistratos nach der Tyrannis und setzte sich schließlich über die Verfassung von Solon, die dann erst durch Kleisthenes 64

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(508/7 v. Chr.) weiter ausgebaut wurde. Kleisthenes galt aufgrund seiner neuerlichen Reform der Bürgerschaft im 5. Jh. v. Chr. auch als eigentlicher Begründer der Demokratie (Hdt. 6,131). Solon wurde dieses Verdienst erst im Rückblick des 4. Jh. v. Chr. zugeschrieben, als er zugleich Aufnahme unter die Sieben Weisen fand (Plat. Prot. 343a). Bis zur Demokratie sollte es jedoch noch ein weiter Weg sein, der im Prinzip auch gar nicht gewollt war, denn für eine Volksherrschaft gab es weiterhin weder einen Begriff noch ein Konzept.

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Im 9./8. Jh. v. Chr. hatten in der Regel sozial herausragende Familien die Führung in den Gemeinwesen übernommen, deren Herrschaft aber kaum offiziell bzw. »staatlich« abgesichert war. Der sogenannte Adel bildete zudem keine geschlossene Einheit und war weder organisierten Forderungen von Seiten des Volkes noch äußeren Bedrohungen ausgesetzt. Die führenden Familien waren oft über die eigene Polis hinaus verwandtschaftlich verbunden, wobei etwa Kylon von Athen die Tochter des Theagenes von Megara heiratete (Thuk. 1,126,3). Solche Vorzüge ermöglichten einzelnen prominenten Familien, sich über längere Zeit an der Spitze zu halten, wie etwa den Alkmeoniden in Athen und den Bakchiaden in Korinth. Dabei verfolgten sie vorwiegend eigene Interessen, so dass sie auch zunehmende Kritik und Konkurrenz in Kauf nehmen mussten. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme führten im Verlauf des 7. Jh. v. Chr. dazu, dass sich einzelne Mitglieder der Gemeinschaft gegen diese Geschlechterherrschaften auflehnten und selbst die Macht ergriffen. Da die traditionellen persönlichen Gefolgschaften (therapontes) der Führenden durch die Krisensituation in Frage gestellt waren, bestand für einen weiteren Personenkreis die Chance, bedrohten Kleinbauern und Gewerbetreibenden Hoffnung auf Verbesserungen zu machen und neue Anhänger in Form von Hetairien um sich zu scharen. Mit Hilfe dieser neuen Gefolgschaften und bewaffneten Begleittrupps war es insbesondere in den größeren Städten möglich, dass sich ambitionierte Anführer gegen ihre adligen Konkurrenten durchsetzten und als Tyrannen an die Spitze der Polis stellten. Diese Zeit der sogenannten älteren griechischen Tyrannis, in der an verschiedenen Orten prominente Einzelpersonen traditionswidrig die 66

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Herrschaft übernahmen, erstreckt sich vom mittleren 7. Jh. v. Chr. bis zum Ende des 6. Jh. v. Chr. In Sizilien reicht die Entwicklung mit Verzögerung bis ins frühe 5. Jh. v. Chr. und wird ab dem Ende des 5. Jh. v. Chr. wie auch an anderen Orten von einer Phase der sogenannten jüngeren Tyrannis ergänzt. Zu dieser gehören etwa Dionysios I. und II. von Syrakus sowie Iason von Pherai in Thessalien. Von über 50 Poleis bzw. von 33 Poleis außerhalb Westgriechenlands ist bekannt, dass sie in der älteren Zeit einen oder mehrere Tyrannen hatten,1 wobei aber auch verschiedene andere Einzelherrscher denkbar sind, von denen wir nichts wissen. Der Begriff »Tyrannis« umschreibt eine auf Gewalt beruhende Alleinherrschaft. Er stammt wohl aus Kleinasien (lydisch turan ¼ Herr), das mit der Herrschaft von Einzelnen vertraut war, und begegnet im mittleren 7. Jh. v. Chr. zuerst bei Archilochos von Paros (Plut. mor. 470B–C ¼ frg. 19W).2 Die Bezeichnung war von ihrem Ursprung her weitgehend wertneutral, erhielt mit der Zeit jedoch eine überwiegend negative Bedeutung. Ihre ambivalente Seite zeigte sich schon bei Solon. Dieser lehnte die Tyrannis zwar ausdrücklich ab (Plut. Sol. 14,8 f. ¼ frg. 32. 33W), machte aber auch deutlich, dass sie für einige ambitionierte Zeitgenossen erstrebenswert war und von diesen als Herrschaft in Form einer monarchia erachtet werden konnte (Diod. 9,20,2 ¼ frg. 9W; Theogn. 39–52).3 In diesem Sinne genossen die Tyrannen gerade außerhalb ihrer eigenen Polis durchaus breitere Akzeptanz. Dies kommt etwa bei Kleisthenes von Sikyon und seiner umworbenen Tochter Agariste zum Ausdruck, die schließlich dem Alkmeoniden Megakles von Athen zugesprochen wurde (Hdt. 6,126–131). Aufschlussreich ist aber auch das Beispiel des Pittakos von Mytilene, der in den Adelsfehden seiner Heimatstadt zum Schiedsrichter (aisymnetes) erkoren und in dieser Funktion zugleich als basileus bezeichnet wurde (PMG 869), während er in den Augen seines Kontrahenten Alkaios als Tyrann herrschte (frg. 87D). Tyrann war jedenfalls nie ein offizieller Titel, da es sich rechtlich gesehen meist um eine illegitime Herrschaft handelte, die dementsprechend nur auf Zeit möglich war. Dies zeigen auch die folgenden ausgewählten Beispiele aus unterschiedlichen Städten, die zugleich die variierenden Formen der Tyrannis verdeutlichen.

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6 Tyrannis

Athen: Peisistratos Nach den Reformen des Solon kam es in Athen in den 580er Jahren v. Chr. zu verschärften Auseinandersetzungen um das Archontat. Im Jahre 582/ 1 v. Chr. verlängerte Damasias seine Amtszeit als Archon willkürlich (Aristot. Ath. pol. 13,2). Im Kampf zwischen den Adligen wurde weiterhin der persönliche Erfolg gesucht und dafür um Anhängerschaft geworben. Dabei zeichneten sich drei Gruppierungen (staseis) ab: im Küstengebiet die Paralier (paralioi) unter Megakles, in der Ebene die Pediaker (pediakoi) unter Lykurg und in den Bergen neu die Hyperakrier (hyperakrioi) unter Peisistratos (Hdt. 1,59). Später wurden diese Gruppierungen auch mit bestimmten politischen Anschauungen in Zusammenhang gebracht. Gemäß Aristoteles (Ath. pol. 13,4 f.) war die erste Gruppe gemäßigt, die zweite oligarchisch und die dritte volksfreundlich (demotikotatos), wobei diese ein Sammelbecken für dubiose Elemente bzw. sozial Niedriggestellte dargestellt haben soll. Hier kommt die Idee des Tyrannen als eines Volksführers ins Spiel, was jedoch einen Anachronismus darstellt. Diese Sichtweise geht auf die im 4. Jh. v. Chr. entwickelten Staatstheorien zurück, denn im 6. Jh. v. Chr. hatte sich die politische Diskussion noch nicht um die verschiedenen Machtfaktoren im Gemeinwesen gedreht.4 Peisistratos dürfte um 600 v. Chr. geboren worden sein und aus Brauron an der Ostküste Attikas stammen (Plut. Sol. 10,2). Gegen 570 v. Chr. führte er als Polemarch den Oberbefehl im Krieg gegen die Nachbarstadt Megara, deren Hafenstadt Nisaia erobert wurde (Hdt. 1,59; Aristot. Ath. pol. 14,1). Damit konnte auch der athenische Anspruch auf die nahe gelegene Insel Salamis endgültig durchgesetzt werden (17,2).5 Herodot beschreibt daraufhin in seinem Bericht genauer, wie Peisistratos an die Macht kam (1,59–64). Ein erster Versuch, die Macht zu ergreifen, war ca. 561/0 v. Chr. durch eine List eingefädelt worden. Peisistratos kam angeblich durch seine Gegner verwundet in einem Karren auf den Marktplatz gefahren. Das Volk beschloss daraufhin zu seinem Schutz eine Leibwache, mit der er anschließend aber die Akropolis besetzte. Daraus ergab sich allerdings nur eine kurze, ineffektive Herrschaft, obwohl Peisistratos »die Stadt nach 68

Athen: Peisistratos

der bestehenden Verfassung in trefflicher und guter Ordnung« regiert haben soll (Hdt. 1,59,6). Seine Vertreibung erfolgte durch eine Allianz der adligen Rivalen Lykurg und Megakles, also ohne Beschluss der Volksversammlung. Diese Gemeinschaft zerbrach jedoch, da der Alkmeonide Megakles den persönlichen Vorteil suchte und so ein Bündnis mit Peisistratos einging. In der Folge kam es zu einer dynastischen Heirat zwischen Peisistratos und der Tochter des Megakles. Auch die zweite Machtergreifung erfolgte durch eine List. Peisistratos fuhr nämlich – zum Zeichen göttlicher Vorsehung – mit einer als Athena verkleideten Frau in Athen ein. Dort entzweite er sich aber mit seinem Schwiegervater Megakles, da die Ehe mit dessen Tochter unvollzogen blieb. Dieser Zwist führte um 557/6 v. Chr. auch zu seiner zweiten Vertreibung. Peisistratos setzte sich mit seinen Söhnen, die er in die Ehe mitgebracht hatte, nach Eretria auf Euboia ab. Dort warb er eine Söldnertruppe an und verpflichtete Bundesgenossen sowie adlige Familien in Eretria, Theben und Argos für seine Sache. Unterstützung erhielt er auch von Lygdamis von Naxos. Die dritte Machtergreifung erwies sich im Jahre 546 v. Chr. als erfolgreicher, so dass Peisistratos’ Herrschaft schließlich bis zu seinem Tod von 528/7 v. Chr. dauern sollte. Nach zehn Jahren Exil hatte Peisistratos zunächst mit 1 000 Mann Marathon eingenommen. Bei Pallene traf er dann auf nur mäßigen militärischen Widerstand der Athener, den er niederschlug. Daraufhin machte er den Fliehenden ein Begnadigungsangebot, nahm aber auch Geiseln. Einige Adlige, darunter Megakles, gingen ins Exil. Der Rest seiner adligen Konkurrenten blieb wohl in Athen und gelangte unter Peisistratos z. T. sogar in die staatlichen Ämter, wobei auch die Alkmeoniden vorübergehend wieder zurückkehrten.6 Peisistratos nutzte zudem das Potential der Verarmten und begrenzte den Einfluss der Adligen auf sie. Seine politischen Leistungen umfassten gemäß Aristoteles (Ath. pol. 16) zunächst die Installierung von Demenrichtern, die auf dem Land für Streitschlichtung sorgten. Gleichzeitig soll er Darlehen für notleidende Bauern vergeben und allgemein ausgleichend gewirkt haben. Darüber hinaus habe er eine Besteuerung des Grundbesitzes in Form von 10 % des Bodenertrages vorgenommen und somit die Einnahmen erhöht. Solche – wenn im Detail auch unsichere – Maßnahmen waren geeignet, die Bindung der einfachen Bürger an Adlige zu 69

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vermindern. Ferner dürfte die Polis zu einer zentralen Finanzverwaltung gekommen sein und daher trotz der unberechenbaren Einzelherrschaft insgesamt an Profil gewonnen haben. Zu seinem Machterhalt setzte Peisistratos verschiedene Mittel ein. Grundsätzlich besetzte er die Ämter selbst, statt diese der freien Konkurrenz zu überlassen. Dadurch wurde ihm der Areopag, der sich aus ehemaligen Beamten zusammensetzte, zunehmend freundlich gesinnt. Zudem besaß Peisistratos eine Söldnertruppe als Schutzgarde; diese finanzierte er mit Spenden befreundeter Städte und Einkünften aus thrakischen Bergwerken, die sich in seinem Familienbesitz befanden (Hdt. 1,61. 64; Aristot. Ath. pol. 15,2). Ferner scheint er zu seinem Ansehen ein Bauprogramm initiiert haben, zu dem um 530/20 v. Chr. auch der Umbau des Athenatempels auf der Akropolis zählt. Seine Söhne errichteten dann das monumentale Olympieion (Aristot. pol. 1313b 23 f.) und die städtische Wasserleitung mit dem Brunnenhaus auf der Agora (Thuk. 2,15,5).7 Zu Peisistratos’ Religions- und Kulturpolitik gehörte die Ausgestaltung der um 566/5 v. Chr. begründeten Großen Panathenäen (Aristot. frg. 637,20–21R). Im Rahmen dieses städtischen Festes erfolgte das Hekatombenopfer, verbunden mit einer rituellen Speisung der Bürger in Kultgenossenschaften. Zudem wurden athletische, dann auch musische Agone abgehalten (Plut. Per. 13,6).8 Peisistratos’ Sohn Hipparchos soll die homerischen Epen an den Panathenäen in fester Reihenfolge aufführen lassen haben (Ps.-Plat. Hipparch. 228b–c). Bereits unter seinem Vater waren wohl auch die städtischen Dionysien gegründet worden.9 Diese wurden zu Ehren von Dionysos Eleuthereus aufgeführt, der aus Eleutherai importiert worden war, und umfassten chorisch-dramatische Vorführungen bzw. Tragödien. Schließlich wurde auch der Artemis Brauronia-Kult auf der Akropolis gefördert, wodurch der Zusammenhalt in der Stadt weiter verfestigt worden sein dürfte.10 Den Söhnen des Peisistratos war als Nachfolger in der Herrschaft keine lange Zeit beschieden. Im Jahre 514 v. Chr. wurde aufgrund einer Liebesaffäre zunächst Hipparchos umgebracht, im Jahre 511/10 v. Chr. schließlich auch Hippias gestürzt (Aristot. Ath. pol. 19). Die Alkmeoniden sollen das Orakel von Delphi bestochen haben, das die Spartaner zu einem Eingreifen in Athen ermunterte; daraufhin hat König Kleomenes unter Mitwirkung des athenischen Volkes die Peisistratiden vertrieben (Hdt. 70

Korinth: Kypselos und Periandros

5,63 f.). Damit war zugleich die Konkurrenz zwischen Athen und Sparta, die sich durch die ganze klassische Zeit zog, offen angefacht. Mit den Aufführungen an den Dionysos-Festen war auch ein Grundstein für das griechische Theater gelegt, das sich in der Folge anhand von mythologischen Stoffen mit Grundproblemen der menschlichen Existenz beschäftigte. Die Tragödien gehen auf Umzüge in Bocksfellen zurück, an denen sogenannte Dithyrambenchöre Hymnen auf Dionysos vortrugen.11 Im Jahre 534 v. Chr. hatte Thespis eine erste Tragödie verfasst, in der dem Chor ein Schauspieler als Dialogpartner gegenübergestellt wurde (TrGF I 1 T 2. 6).12 Zu Beginn der klassischen Zeit traten dann ein zweiter und dritter Schauspieler hinzu, während die Chorpartien verkürzt wurden. Neu wurden dabei im Jahre 486 v. Chr. auch Komödien ins Programm aufgenommen, die sich karikierend mit dem tagespolitischen Geschehen auseinandersetzten und zu einem zentralen Medium der athenischen Demokratie und der in ihr geübten Debatten werden sollten. Schließlich wurde im 5. Jh. v. Chr. dafür auch ein festes Theater am südlichen Abhang der Akropolis errichtet.13

Korinth: Kypselos und Periandros Die Stadt Korinth befand sich am Übergang von Mittelgriechenland zur Peloponnes sowie am Seeweg zwischen dem Saronischen und Korinthischen Golf. Sie produzierte und exportierte seit dem späten 8. Jh. v. Chr. rot-schwarz bemalte Vasen, die zur Aufbewahrung von Wein, Salben und Parfums dienten. Verziert sind sie mit mythologischen Szenen und orientalisierenden Tierfriesen, die von Blumen als Füllornamenten umgeben werden und insgesamt die breiten Handelsverbindungen bis in den Nahen Osten zum Ausdruck bringen. Im 8./7. Jh. v. Chr. war in Korinth das Geschlecht der Bakchiaden, das sich bis auf Herakles zurückführte, an der Macht (Diod.7,9). Dies führte zu Spannungen mit anderen adligen Familien, die sich teilweise in Kolonien absetzten und den Bakchiaden um 664 v. Chr. vor Kerkyra auch 71

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Abb. 11: Agora von Korinth mit Blick auf die Akropolis

eine militärische Niederlage bereiteten (Thuk. 1,13,4).14 Als Kypselos, dessen Mutter Labda zu den Bakchiaden gehörte (Hdt. 5,92β), um 657 v. Chr. (nach Hdt. 3,48 läge die Chronologie ca. 30 Jahre tiefer)15 mit dem Amt des Polemarchen betraut wurde (Nikolaos FGrHist 90 F 57,5), nutzte er diese Stellung offenbar dazu, eigene Anhänger im Volk anzuwerben. Zusammen mit seiner Hetairie gelang es ihm jedenfalls, die Bakchiaden in die Verbannung zu treiben und ihr Vermögen einzuziehen, um es angeblich weiter zu verteilen (Hdt. 5,92ε). Verbindungen mit auswärtigen Aristokraten knüpfte er durch die Verheiratung einer seiner Töchter mit einem Philaiden in Athen.16 Nach 30 Jahren unangefochtener Herrschaft folgte von ca. 627– 587 v. Chr. Kypselos’ Sohn Periandros nach (Hdt. 5,92ζ; Aristot. pol. 1315b 25). Dieser ist bei Herodot als grausamer Tyrann mit Leibgarde dargestellt, wobei zugleich das hohe Ansehen zum Ausdruck kommt, welches er in Griechenland genoss.17 Periandros hatte nämlich 72

Sikyon: Kleisthenes

im Streit zwischen Athen und Mytilene um Sigeion einen Schiedsspruch zu fällen, der letztlich zugunsten Athens ausfiel (Hdt. 5,95). Ihre Macht bauten die Kypseliden auch durch die Gründung von Kolonien an der Küste des Ionischen Meeres (Leukas, Anaktorion, Ambrakia) und auf der Chalkidike (Poteideia) aus, wo Periandros seinen Sohn Euagoras als Tyrannen einsetzte (Nikolaos FGrHist 90 F 59,1).18 Ferner eroberte Periandros im Kampf gegen die geflohenen Bakchiaden Kerkyra, wo er seinen Sohn Lykophron installierte und mit ihm zwei weitere adriatische Kolonien (Apollonia, Epidamnos) gründete. Durch den Ausbau und die Verbindung der beiden korinthischen Häfen nördlich und südlich des Isthmos wurde der Handel nach West und Ost weiter gefördert.19 Demgegenüber soll Periandros aber übermäßigen Luxus und Müßiggang unterbunden haben, wozu er auch den Erwerb von Sklaven verbot (Nikolaos FGrHist 90 F 58,1).20 Hier kommt aber bereits die staatsphilosophische Sicht des 5./4. Jh. v. Chr. zum Tragen, die aus Periandros einen Gesetzgeber konstruierte, so dass dieser zeitweise auch zu den Sieben Weisen gezählt werden sollte (Diog. Laert. 1,99). Es bleibt daher unklar, inwieweit er sich wirklich gegen die besitzenden Adligen wandte und zugleich die freie Arbeit und das kleine Bauerntum förderte. Periandros’ Nachfolger Psammetichos konnte sich jedenfalls nur für kurze Zeit an der Macht halten, so dass sich die Spuren der Tyrannis bald wieder verlieren (Aristot. pol. 1315b 26; Nikolaos FGrHist 90 F 59,4; 60,1).

Sikyon: Kleisthenes Für Sikyon bezeugt Aristoteles (pol. 1315b 14) eine hundertjährige Herrschaft der Orthagoriden (ca. 656/5–556/5 v. Chr.), die er im Ganzen als positiv erachtet, während Nikolaos von Damaskus in augusteischer Zeit ein düstereres Bild zeichnet.21 Die herausragendste Figur ist Kleisthenes, der in den Jahren zwischen 600 und 570 v. Chr. regierte und als Großvater des athenischen Reformers Kleisthenes das Interesse der antiken Historiker weckte (Hdt. 5,67 f.). Im Jahre 582 v. Chr. siegte er in Delphi bei den 73

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Pythien und im Jahre 576 v. Chr. feierte er bei den Olympien einen Sieg im Wagenrennen (Hdt. 6,126; Paus. 10,7,6). Kleisthenes führte Krieg gegen Argos und die Nachbarstadt Pellene (Anaxandridas FGrHist 404 F 1; Ael. var. hist. 6,1), nahm aber auch am sogenannten ersten Heiligen Krieg gegen Krisa teil, um die Unabhängigkeit Delphis zu gewährleisten (Schol. Pind. Nem. 9 inscr.; Paus. 2,9,6; 10,37,6).22

Abb. 12: Theater und Stadtgebiet von Sikyon

Bekannt geworden ist Kleisthenes in erster Linie dadurch, dass er – wie sein Enkel in Athen – die Phylennamen änderte. In Sikyon erhielten die dorischen Phylen (Hylleer, Dymanen, Pamphyler) nun die Bezeichnung Hyaten, Oneaten, Choireaten, hinter denen sich Tiernamen (Schwein, Esel, Ferkel) verbergen, womit er die Bevölkerung Sikyons verspottet haben soll; daneben berief er noch die Archelaer (»Volksbeherrscher«) als vierte Phyle, die aus seinen eigenen Anhängern bestand (Hdt. 5,68). Unwahrscheinlich ist, dass Kleisthenes damit die Dorier brüskieren und sich auf die vordorische Bevölkerungsschicht stützen wollte, da die Namen auch nach seinem Tod noch 60 Jahre in Gebrauch blieben. Naheliegender wäre, dass eine Neuorganisation ins Leben gerufen wurde, die den Bürger- und Heeresverband vereinheitlichen und stärken sollte. Dabei könnten sich die Phylennamen auf lokale Toponyme gestützt oder 74

Samos: Polykrates

auf die Phylenheroen als Schutzpatrone Bezug genommen haben – falls sie nicht einfach die Schildzeichen von Heeresabteilungen mit den entsprechenden Tierdarstellungen spiegelten.23 Die Änderung der Phylennamen ist darüber hinaus im Lichte der Feindschaft mit dem dorischen Argos zu sehen. Kleisthenes soll nämlich auch Homerrezitations-Wettbewerbe verboten haben, da diese Argos verherrlichten (Hdt. 5,67). Zudem drängte er den Kult des Adrastos, der aus Argos stammte und als mythischer Königssohn den Zug der sieben vereinigten Heere gegen Theben geführt haben soll, zurück. An seiner Stelle wurde Adrastos’ Feind Melanippos aus Theben eingeführt. Schließlich habe Kleisthenes noch den Dionysos-Kult aufgewertet und diesem die tragischen Chöre des Adrastos übertragen, so dass er wie Peisistratos auch auf dem Gebiet der Religion und Kultur gemeinschaftsstiftend tätig war. Aufschlussreich ist auch die von Herodot (6,126–130) erzählte Geschichte, in der Kleisthenes Freier aus ganz Griechenland einlud. Diese wetteiferten um seine Tochter Agariste, bis der Alkmeonide Megakles sie endlich nach Athen heimführen durfte. Dies zeigt Kleisthenes nicht als willkürlichen Gewaltherrscher, sondern als allgemein akzeptierten Adelsherrn. Da er wie Periandros von Korinth in der übrigen Welt Griechenlands hohes Ansehen genoss, lohnte es sich für andere Adlige offenbar, sich mit ihm zu verbinden. Andererseits erweist sich das langwierige Auswahlverfahren für die Konkurrenten auch als unwürdig, so dass in der Geschichte zugleich eine Kritik an der Überheblichkeit des Tyrannen gesehen werden kann.24

Samos: Polykrates Auch Samos durchlief gut ein Jahrhundert mit tyrannenähnlichen Figuren, das etwa um 580/70 v. Chr. einsetzt. Polykrates ist darunter die herausragendste Figur und gerade auch in der Neuzeit durch das Gedicht von Friedrich Schiller zum Inbegriff der Tyrannengestalt geworden (»Der Ring des Polykrates«, 1798). Er führte das Regime in den Jahren 538/7– 533/2 v. Chr. zunächst zusammen mit seinen Brüdern Syloson und Panta75

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gnotos, dann übernahm er mit Hilfe einer bewaffneten Gefolgschaft und einiger Söldner die Alleinherrschaft (Hdt. 3,39. 45. 54; Polyain. strat. 1,23).25 Während dieser ließ er sich an seinem Hof von Ibykos (PMG 282) und Anakreon (Strab.14,1,16) auch dichterisch verehren. Polykrates’ Macht gründete insbesondere auf einer starken Flotte, die Gelegenheit zur Piraterie, Bereicherung und Herrschaftsausdehnung bot. Dabei ging er sogar eine Gastfreundschaft (xenia) mit dem ägyptischen König Amasis ein (Hdt. 3,39). Von den gesteigerten Außenbeziehungen und Handelskontakten konnten im Prinzip auch samische Ruderer und Adlige profitieren. Ansonsten ging Polykrates mit adligen Konkurrenten wenig zimperlich um, so dass es neben Konfiskationen auch zu Exilierungen und Geiselnahmen kam (Hdt. 3,44). Seine Gegner, die um 525 v. Chr. von Sparta und Korinth Unterstützung erhielten, bedrängten ihn zunächst vergeblich (3,47 ff.). Der Sturz des Polykrates wurde schließlich von dem expandierenden Persien eingeleitet, dessen Satrap Oroites den Tyrannen um 522/1 v. Chr. ermordete (3,120 ff.).26 Die Perser restituierten den vertriebenen Syloson und behielten die Kontrolle über die Insel, bis sich Samos nach den Perserkriegen dem Attischen Seebund anschloss (3,139 ff.). Herodot (3,60) schildert im Zusammenhang mit Polykrates drei bedeutende Bauwerke, so dass auch bei diesem Tyrannen eine gezielte Baupolitik zu vermuten ist, die der Herrschaftssicherung dienen sollte. Es sind dies der Eupalinos-Tunnel als unterirdischer Trinkwasserkanal, der die Stadt versorgt, die Hafenmole und der Hera-Tempel. Schließlich besaß Polykrates auch einen befestigten Palast auf der Akropolis, von dem aber nichts erhalten ist; in diesem Kontext hat er möglicherweise auch die Stadtmauer verstärken lassen (Polyain. strat. 1,23). Der große Tempel für Hera dürfte dagegen schon um 540 v. Chr. begonnen worden sein und der Eupalinos-Tunnel mit unbekanntem Baubeginn war um 525 v. Chr. bereits vollendet, als die Spartaner Samos belagerten. Eine eigentliche polykratische Handschrift lässt sich in diesen Bauwerken also nicht sicher eruieren.27 Die adlige Kultur hatte jedenfalls wie an anderen Orten unter den Tyrannen ihren Fortbestand. Diese hatte sich auch in zwei herausragenden samischen Skulpturen manifestiert, nämlich in dem großen Kouros im Museum von Vathy (um 580/70 v. Chr.) und der sogenannten Geneleos-Gruppe (um 560/50 v. Chr.), die beide aus dem Heraheiligtum stammen. Der Kouros trägt auf 76

Samos: Polykrates

dem linken Oberschenkel die Inschrift ΙΣΧΗΣ ΑΝΕΘΗΚΕΝ ΟΡΗΣΙΟΣ (Isches anetheken Oresios), was auf den Stifter Isches (»hat aufgestellt«) – möglicherweise ein Sohn des Oresios – verweist; dargestellt ist wohl ein sagenhafter Vorfahre aus der eigenen Familie, der wie alle Heroen der Vorzeit durch ihre körperliche Größe und Wohlgestalt gekennzeichnet ist und damit die adligen Werte sportlicher und geistiger Erziehung zum Ausdruck bringt.28

Abb. 13: Abguss des Kouros von Samos, um 580/70 v. Chr. Skulpturhalle Basel

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6 Tyrannis

Die Geneleos-Gruppe trägt eine Künstlerinschrift (hemas epoiese Geneleos ¼ »uns hat Geneleos gemacht«) auf dem Gewand der sitzenden Mutter, welche die Gestalt einer thronenden Göttin einnimmt, sowie eine Stifterinschrift an Hera (-ilarchos oder -narche[s] hemeas anetheke tei Herei) auf dem Polster des gelagerten Vaters, der als Zecher mit Trinkhorn an einem Symposion dargestellt ist. Dazwischen sind drei aufrechte Kinder angeordnet, wobei die beiden Mädchen den typischen, enganliegenden Chiton tragen und der Knabe eine Flöte hält, so dass auch hier an die adligen Bildungsideale erinnert und materieller Reichtum zum Ausdruck gebracht wird.

Lesbos: Pittakos In der Polis Mytilene auf Lesbos bietet sich ein ähnliches Bild von tyrannenähnlichen Herrschern wie auf Samos. Gegen 600 v. Chr. konkurrierten mehrere Familien, wobei die Herrschaft der Penthiliden zu Fall gebracht wurde. Verschiedene Anwärter kämpften mit ihren Hetairien um die Nachfolge, welche die Form einer Tyrannis annahm.29 Die Lyder unterstützten dabei Alkaios, der zuvor zusammen mit Pittakos am Kampf gegen die Athener um Sigeion beteiligt gewesen war (Hdt. 5,94 f.; Strab. 13,1,38 f.), mit 2.000 Stateren (Alk. frg. 42D). Schließlich wurde aber Pittakos vom Volk zum Aisymneten gewählt, um den adligen Auseinandersetzungen ein Ende zu bereiten (Aristot. pol. 1285a 30 ff.; Diog. Laert. 1,74). Alkaios verleumdete daraufhin aus dem Exil seinen ehemaligen Weggefährten als Tyrannen.30 In seinen Gedichten (stasiotika), die den Hetairen auf gemeinschaftlichen Symposia vorgetragen wurden, rief er zum Kampf gegen Pittakos auf. Dabei zeigt sich, dass der Versammlungsplatz der Agora zum Lebenszentrum der Adligen geworden war; diese trafen sich zudem im Kreise ihrer Anhänger zu rauschenden Festen, die von künstlerischen Darbietungen begleitet wurden (Alk. frg. 43. 45. 70. 90. 96D). Auch wenn die Polis den Bezugsrahmen darstellte, fehlte dafür ein eigentliches politisches 78

Bewertung

Konzept. Alkaios hielt Pittakos keine Alternative entgegen, sondern beschränkte sich auf Verunglimpfungen. Dennoch hatte sich die Bürgerschaft anlässlich der adligen Auseinandersetzungen soweit formiert, dass sie wie in Athen einen Schlichter berief. Pittakos soll dann die Adelscliquen (dynasteiai) ausgeschaltet und die Herrschaft nach zehn Jahren wieder niedergelegt haben; in der Folge wurde er als einer der Sieben Weisen (Plat. Prot. 343a) und Nomothet (»Gesetzgeber«) gegen aristokratische Willkür, Prunk und Prasserei idealisiert (Aristot. pol. 1274b 18– 22; Cic. leg. 2,66; Diod. 9,11; Strab. 13,2,3; Diog. Laert. 1,75. 79).31 Zur Zeit des Alkaios hatte auch die Dichterin Sappho (ca. 630– 570 v. Chr.) auf Lesbos Berühmtheit erlangt, die ebenfalls eine Zeitlang in die Verbannung gehen musste (Marm. Par. Z. 51).32 Die Lieder, mit denen sie sich an einen Kreis von auserwählten Schülerinnen wandte, besingen Götter, Natur und Liebe, zu der Verlangen, Trennung sowie Sehnsucht gehören. Sie geben weitere Einblicke in die sozialen Beziehungen und Werte der adligen Welt. In dieser genossen die Mädchen eine privilegierte musische Ausbildung und Erziehung, durch die sie auf ihre spätere Rolle als Ehefrauen vorbereitet wurden und als Erwachsene die führende Position ihrer Männer weiter unterstützen sollten.33

Bewertung Die verschiedenen Beispiele haben gezeigt, wie der adlige Wettbewerb in der Tyrannis seine extremste Form annahm, teilweise aber auch geglättet werden konnte. Einzelne Adlige setzten sich mit Hilfe ihrer Hetairie und weiterer Anhänger aus der Schicht der Bauern und Handwerker über die anderen Standesgenossen und schränkten diese in ihrer Handlungsfreiheit ein. Dabei konnte die bestehende Ordnung durchaus in Kraft bleiben, wurde jedoch von den Tyrannen dominiert. Deren Herrschaft war rechtlich nicht abgesichert und entbehrte damit der Legitimität. Die Lebensdauer einer Tyrannis war daher beschränkt und endete meist schon in der zweiten Generation. 79

6 Tyrannis

Dennoch wurde unter den Tyrannen verschiedene Maßnahmen eingeleitet, von denen sowohl die Landwirtschaft als auch das Gewerbe und der Handel profitierten. Damit wurde die Sozialordnung teilweise neu gefestigt, was auch zur Verbreiterung der bürgerlichen »Mittelschicht« führen konnte.34 Die Tyrannen waren jedoch nie als Sozialreformer oder Nomotheten angetreten, sondern setzten in erster Linie auf persönliches Ansehen und Erfolg. Durch ihre oft willkürliche Herrschaft bewirkten sie hingegen, dass der Wert der bürgerlichen Gemeinschaft in der staatlich geregelten Polis zunehmend geschätzt und gefördert wurde. Die Tyrannis konnte in Zukunft wiederholt als abschreckendes Gegenbeispiel zu der eigenen staatlichen Ordnung ins Feld geführt werden und gilt in der Staatstheorie des Aristoteles (pol. 1279b 5–7) schließlich als Entartung des Königtums und Regierungsform zum Nutzen des Alleinherrschers.35 Die Tyrannis hat in der Forschung zu verschiedenen Interpretationen Anlass gegeben und wurde immer wieder kontrovers diskutiert. Ins Positive gewendet haben die Tyrannen verschiedentlich die wirtschaftliche Entwicklung gefördert, sei es im Sinne von aufstrebenden Neureichen, der Mittelschicht (Hopliten) oder dem Volk insgesamt, womit durchaus eine gewisse soziale Homogenität geschaffen und die Polisentwicklung insgesamt gefördert wurde.36 Andererseits können die Tyrannen auch als gewalttätige Egoisten gesehen werden, die in einem Gegensatz zur Polis standen und somit um diese keine wirklichen Verdienste erworben haben.37 Wichtig ist die Feststellung, dass es sich bei der Tyrannis um eine Variante der Adelsherrschaft handelt, wobei aber ganz unterschiedliche Regimes auftraten, die nicht in ein übergeordnetes Konzept passen. In diesem Zusammenhang stellt sich immer wieder die Frage, ob die Tyrannis als Vorbedingung für die athenische Demokratie aufzufassen ist oder auf diesem Weg nur ein unglückliches Zwischenspiel darstellte. Insgesamt zeigt sich, dass außerhalb Athens – abgesehen von Syrakus – kaum je eine Demokratie folgte. Zu den besonderen Bedingungen Athens gehört, dass die solonische Ordnung auch unter Peisistratos in Kraft blieb und sich dadurch weiter etablierte (Hdt. 1,59; Thuk. 6,54). Die Bürgergemeinschaft dürfte durch verschiedene kultische und kulturelle Aktivitäten gestärkt worden sein.38 Durch die Beschränkung der anderen Adligen bildete sich unter diesen aber auch ein Gleichheitsbewusstsein, das sich in einer neuen Forderung nach Isonomie (isonomia) auswirkte.39 80

Bewertung

Dennoch erfolgte der Sturz des Tyrannensohnes Hippias im Jahre 511 v. Chr. von außen. Nach der Beseitigung der Tyrannis waren die Adelskämpfe nicht beendet, sondern nahmen eine neue Dimension an, da nun auch das Volk hineingezogen wurde und dieses durch die Reformen von Kleisthenes insgesamt neue Bedeutung erhielt. In Athen wurde das Ende der Tyrannis – und somit erstmals ein politischer Akt – durch eine öffentliche Statue auf der Agora kommemoriert, die unter der Bezeichnung »Tyrannenmörder« in die Geschichte eingegangen ist. Die beiden Akteure Harmodios und Aristogeiton hatten im Jahre 514 v. Chr. aufgrund einer persönlichen Beleidigung Peisistratos’ Sohn Hipparchos umgebracht (Thuk. 6,56–59). Die Tat richtete sich nicht speziell gegen die Tyrannis, die noch vier Jahre fortdauerte, wurde im Rückblick aber zum Symbol der Befreiung stilisiert. Nachdem die Statue von den Persern gestohlen worden war, wurde im Jahre 477/6 v. Chr. ein neues Standbild errichtet (Paus. 1,8,5; Marm. Par. Z. 70). Bei diesem stürmen der jüngere Harmodios und der ältere Aristogeiton, die durch die Päderastie (Knabenliebe) innerlich verbunden und in athletischer Nacktheit dargestellt sind, mit gezücktem Schwert gemeinschaftlich zum Angriff hervor. Damit stellten sie für die Athener ein Vorbild für entschlossenes Verhalten von ideal gebildeten Bürgern dar, das zugleich dem Wohl der Polis dient.40 Auch durch die Statue blieb die Tyrannis eine Referenzgröße und half der Gemeinschaft künftig, sich gegen willkürliche Herrschaft zu verwahren.

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Abb. 14: Tyrannenmörder, römische Kopie nach einem Bronzeoriginal von 477/ 6 v. Chr., Museo dei Gessi Rom

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Sparta

Sparta durchlief – wie jede griechische Polis – eine eigene politische und gesellschaftliche Entwicklung und erfuhr gerade durch die Konkurrenz mit Athen besondere Bedeutung. Bereits in der Antike wurden die politische Stabilität und militärische Leistungskraft Spartas zu einem Ideal erhoben und auf die staatliche Erziehung (agoge) zurückgeführt. Sparta verkörperte ein Gegenbild zu Athen, das sich zu einer Demokratie entwickelte und verschiedene politische Umwälzungen erfuhr. Dementsprechend charakterisierte bereits Thukydides am Ende des Peloponnesischen Krieges Sparta als eine abgeschottete, fremdenfeindliche, erfindungslose und altväterliche Gesellschaft (1,68–71. 141). Zugleich trat in Xenophons »Verfassung der Spartaner« (Lakedaimonion politeia) kurz nach 400 v. Chr. eine markante Verehrung der spartanischen Ordnung hervor, die auf den vermeintlich frühen Gesetzgeber Lykurg zurückgeführt wurde. Im 4. Jh. v. Chr. wurde Sparta bei Aristoteles zum Modell einer »gemischten Verfassung« erhoben, da es sowohl monarchische Elemente (Könige) als auch aristokratische Teile (Gerusia) und demokratische Einrichtungen (Ephoren, Apella) besaß und damit die erwünschte Stabilität gewährte (pol. 1265b. 1270b. 1294b). Dies ging im 2. Jh. v. Chr. schließlich auch bei Polybios in die Theorie der Mischverfassung ein (6,3,7 f.). Die verklärte Auffassung vom früh regulierten militärischen Gemeinwesen wurde über die Antike hinaus weitertradiert und fand im frühen 20. Jh. ihren Niederschlag in der Bezeichnung des spartanischen Gemeinwesens als starrer »Kosmos«.1 Dies darf aber nicht über die Lebendigkeit der spartanischen Gesellschaft hinwegtäuschen, die sich seit der archaischen Zeit immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen musste. 83

7 Sparta

Besiedlung und Topographie Sparta liegt 40 km entfernt vom Meer in der Landschaft Lakonien im Südosten der Peloponnes bzw. in der fruchtbaren Ebene des EurotasTales. Seine Geschichte beginnt mit der Neubesiedlung der Peloponnes im frühen 1. Jt. v. Chr. (sogenannte Dorische Wanderung), die im Einzelnen aber schwer nachvollziehbar ist.2 Die Spartaner betrachteten sich selber als Abkömmlinge des Herakles und sprachen im Mythos von der »Rückkehr der Herakliden«, die nach einem längeren Aufenthalt außerhalb der Peloponnes auf die Halbinsel zurückgekehrt seien (Tyrt. frg. 1aG–P). Damit konnte die Diskrepanz zwischen den archaischen Vorfahren, die bei Homer unter Menelaos im Kampf um Troja beteiligt waren, und den späteren Königen, die sich auf Herakles zurückführten, überbrückt werden. Die beiden Könige im archaischen Sparta bezeichneten sich wie ihre spartiatischen Mitbürger seit dem 6. Jh. v. Chr. auch als »Dorier« und grenzten sich damit vermehrt von den »ionischen« Athenern ab.3 Sparta hatte sich im Tal des Eurotas als neues politisches Zentrum herausgebildet und eroberte von dort aus das südliche Lakonien. Um 750 v. Chr. wurde zunächst das ca. 4 km entfernte Amyklai eingenommen und administrativ an das städtische Gebiet angeschlossen. Zugleich wurde der Kult um das dortige Grab des Hyakinthos übernommen und mit dem Kult für Apollon überlagert, dem in der zweiten Hälfte des 6. Jh. v. Chr. ein Thron errichtet wurde (Paus. 3,18,9).4 Die Hyakinthien stellten in Zukunft eines der Hauptfeste der Spartaner dar. Bei der weiteren Expansion nach Süden wurde auch das Gebiet um Helos vereinnahmt und die ansässige Bevölkerung unterworfen, woraus sich der Begriff der Heloten (»Gefangene«) ableitete.5 In den Ländereien, die Sparta unmittelbar umgaben, siedelten sich zugleich freie Mitbewohner, die sogenannten Periöken (»Umwohner«), an. Die entsprechenden Orte wurden z. T. von Sparta eingenommen, neu besiedelt oder auch neu gegründet, wie im Falle von Geronthrai (Paus. 3,2,6. 22,6). Die freien Periöken konnten ihre Gebiete autonom verwalten, waren aber zur Heeresfolge verpflichtet und durften keine eigene Außenpolitik betreiben.6 84

Messenische Kriege

Die Bevölkerung Spartas wurde in dorische Phylen (»Stämme«) eingeteilt, welche Unterabteilungen der Bürgerschaft darstellten: Hylleer, Dymanen, Pamphyler (Tyrt. frg. 10aG–P v. 16).7 Ursprünglich gab es offenbar vier Dorfsiedlungen (sog. Oben), mit einem gemeinsamen Kult, der seit dem 9. Jh. v. Chr. im Heiligtum für Artemis Orthia (die »Aufrechte/Aufrichterin«) am Eurotas begangen wurde. Diese verkörperte die Herrin der wilden Tiere und der Jagd und hatte eine spezielle Funktion bei der Initiation der Jünglinge am Ende der Erziehung. Die vier Oben umfassten das Sumpfgebiet »Limnai« am Eurotas, »Pitane« in Nordwesten, »Kynosura« (»Hundeschwanz«) im Südosten und die »Mesoa« in der Mitte. In Limnai war wohl die königliche Familie der Eurypontiden und in Pitane die Familie der Agiaden mit ihren Gräbern angesiedelt (Paus. 3,14,2). Unklar ist, ob sich hier zwei führende Geschlechter mit je zwei Siedlungen zu einem einheitlichen Gebilde zusammengeschlossen hatten und Amyklai als fünftes »Dorf« hinzunahmen. Der archäologische Befund zeigt für Sparta insgesamt ein gewachsenes, normales Stadtbild mit Akropolis, Agora, Tempeln, Versammlungslokalen, Sportstätten und Steinhäusern, so dass nicht von einer Barackenstadt oder einem Feldlager die Rede sein kann.8 Im Norden gab es eine Akropolis, die wie andernorts als Rückzugsplatz diente und seit dem 8. Jh. v. Chr. einen Tempel für die Hauptgottheit Athena Poliouchos (»Stadtbewacherin«) aufwies, der nach einem Umbau im 6. Jh. v. Chr. Chalkioikos (»Bronzehaus«) genannt wurde. Auf dem Plateau des östlichen Bergabhangs ist die Agora anzusiedeln, die in klassischer Zeit verschiedene Amtsgebäude und Säulenhallen aufwies (Paus. 3,11,2 f.). Die Stadt selbst blieb bis ins 3. Jh. v. Chr. unbefestigt, da lange keine unmittelbare auswärtige Bedrohung bestand.

Messenische Kriege Sparta gehörte nicht zu den bedeutenden kolonisierenden Städten, sondern löste seine Landprobleme durch die Eroberung des benachbarten 85

7 Sparta

Messenien. Im späteren 8. Jh. v. Chr. wurde dort die fruchtbare Stenyklaros-Ebene besetzt, wobei sich die Messenier im sogenannten ersten Messenischen Krieg auf den Berg Ithome zurückzogen (Paus. 4,4,4 ff.). Dieser Krieg wird oft in die Jahre 735–715 v. Chr. datiert, da im Jahre 736 v. Chr. der letzte messenische Olympiasieger dokumentiert ist und die Auseinandersetzungen gemäß Tyrtaios 20 Jahre gedauert haben sollen, was aber nur unsichere Anhaltspunkte sind. In diesem Krieg wurden die Messenier jedenfalls unterworfen und abgabepflichtig gemacht, so dass sie die Hälfte der Ernte an die spartanischen Herren abtreten mussten (Tyrt. frg. 5G–P). Dies führte in der Folge zu einem Aufstand bzw. zu weiteren kriegerischen Auseinandersetzungen, die wir als zweiten Messenischen Krieg bezeichnen (Paus. 4,14,6 ff.). Bei diesen Ereignissen wurden die Messenier in der zweiten Hälfte des 7. Jh. v. Chr. endgültig unterworfen und »helotisiert«. Dies stellte in der griechischen Geschichte einen einmaligen Akt dar und barg in Zukunft auch die latente Gefahr eines Heloten-Aufstandes.9 Es hatte zudem zur Folge, dass die Spartaner weitgehend von eigener Arbeit befreit waren, was sie zu verstärkter Präsenz im städtischen Zentrum bzw. längerfristigem Kriegsdienst befähigte. Aufgrund der Unterjochung der Messenier musste die spartanische Armee schon früh gut organisiert werden, so dass sie dabei auch einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung des Hoplitenwesens und seiner Phalanxtaktik leistete.10 Zu einem bedeutenden Aufstand sollte es allerdings erst nach einem großen Erdbeben in den 460er Jahren v. Chr. kommen (Diod. 11,63). Das Gebiet Messeniens wurde schließlich erst nach der militärischen Niederlage Spartas von Leuktra (371 v. Chr.) wieder befreit.

Tyrtaios und Alkman Die historischen Quellen über Sparta stammen bis in hellenistische Zeit meistens von Autoren außerhalb Lakoniens und wurden im Falle von 86

Tyrtaios und Alkman

Plutarch und Pausanias erst in der römischen Kaiserzeit verfasst, so dass sie in mancher Hinsicht verklärt sind. Alkman und Tyrtaios stellen die einzigen spartanischen Autoren dar und spiegeln die ethischen Werte der archaischen Gesellschaft wider. Tyrtaios spornte mit seinen Gedichten zum Kampf während des zweiten Messenischen Krieges an (sogenannte Kampfparänesen). Darin begegnet uns ein militärisches Sparta, das in vieler Hinsicht für das spätere Bild von der Stadt prägend blieb. Es geht bei Tyrtaios um die Überwindung des Todes, um den Hoplitenkampf in der Phalanx, aber auch um die Bekämpfung von individueller Angst und Fluchtgefahr (frg. 6–9G–P). Alkman hebt sich demgegenüber vom Bild der Kriegergesellschaft ab. Er dichtete zur gleichen Zeit Festlieder, die im Rahmen von städtischen Feiern von Mädchenchören vorgetragen wurden. In ihnen spiegelt sich eine lebendige, blühende und festfreudige Gesellschaft.11 Bei Alkman sind auch anhaltende Besitzunterschiede festzustellen, die noch keine Gesellschaft von Gleichen (homoioi) erkennen lassen. Der materielle Reichtum spricht vielmehr gegen eine frühe Abschottung des Gemeinwesens. Die adlige Welt mit Symposien, bei denen die später bezeugte Blutsuppe (Plut. Lyk. 12) fehlt, lebte ungebrochen fort. Die Grabungen am Anfang des 20. Jhs. im Artemis Orthia-Heiligtum widerlegten das Bild einer materiell beschränkten und kunstfeindlichen Gesellschaft in spätarchaischer Zeit. Sparta hatte damals ein reiches kulturelles Leben und Kunstschaffen, das nicht unvermittelt abbrach, sondern in mehreren Gattungen weiterexistierte.12 Auch in Sparta ging es darum, die Machtansprüche der herausragenden Familien in die Gemeinschaft einzubinden und die Führungsschicht in die Polis zu integrieren. Dies war ein längerfristiger Prozess, der ins 5. Jh. v. Chr. hineinführt und auch später immer wieder Veränderungen kennt. Tyrtaios berichtet in einem Gedicht, das später mit »Eunomia« betitelt wurde (frg. 14G–P), von einer grundlegenden politischen Ordnung, die offenbar auch zum weiteren Erfolg des Gemeinwesens beitrug. Dabei handelte es sich angeblich um ein Orakel aus Delphi, wobei von Lykurg als Gesetzgeber aber noch keine Rede ist. Die Rolle dieses vermeintlichen Ordnungsstifters, der im 9. oder 8. Jh. v. Chr. gelebt haben soll (Plut. Lyk. 1), ist schon deshalb in Frage zu stellen, weil er offenbar erst seit dem 5. Jh. v. Chr. an Bedeutung gewann. Herodot (1,65 f.) als frühester 87

7 Sparta

Berichterstatter zeigt, dass in Sparta keine Überlieferung zur Frühgeschichte vorhanden war. Im Verlauf des 5. Jh. v. Chr. wurde vielmehr das Ideal der altehrwürdigen und stabilen Polis mit entsprechendem Gründungsakt entwickelt. Dabei wurde Lykurg zunächst mit einem früh umfassend regulierten Gemeinwesen, dann auch mit einer gleichmäßigen Landverteilung in Verbindung gebracht, wobei Plutarch (Lyk. 8) von 9 000 Landlosen berichtet. Diese Vorstellung dürfte sich aber erst in hellenistischer Zeit ausgebildet haben, als eine Neuaufteilung des Bodens zur Diskussion stand, denn auch in Sparta gab es individuellen Besitz von Ländereien mit privater Erbfolge.13

Eunomia und Große Rhetra Zentral für die Frage nach einer »Verfassungsgebung« ist die sogenannte Große Rhetra, die jedoch erst im 7. Jh. v. Chr. entstanden sein dürfte. Dabei handelt es sich um einen bei Plutarch (Lyk. 6) überlieferten und angeblich Lykurg ausgehändigten Orakelspruch von Delphi, der die politische Grundordnung Spartas umreißt und in Tyrtaios’ »Eunomia« (frg. 14G–P) offenbar in vergleichbarer dichterischer Version wiedergegeben ist. Es ist davon auszugehen, dass hier erstmals eine grundsätzliche staatliche Regulierung vorgenommen wurde, in der Rechtssicherheit und eine allgemeine »gute Ordnung« im Vordergrund standen.14 Die Große Rhetra besagt, dass Phylen und Oben festzulegen sind und eine Gerusia von 30 Leuten einschließlich der Könige aufgestellt werden soll. Die Könige wurden also mit dem Rat verbunden, waren militärische Führer und wohl auch Leiter der Volksversammlung. Die Geronten mussten wahrscheinlich wie auch später mindestens 60 Jahre alt sein und Ratschläge für die Volksversammlung erteilen. Diese sollte von Zeit zu Zeit einberufen werden, wobei ihre Beschlusskraft (kratos) nun offenbar als institutionalisiert galt. Insgesamt handelt es sich also nicht um eine detaillierte gesetzliche Kodifizierung, wie sie dann in Athen bei Solon zu fassen ist, der um 88

Der Peloponnesische Bund und der Aufstieg des Ephorats

600 v. Chr. ebenfalls eine »Eunomia« konstituierte (frg. 3D; 3G–P). In Sparta ging es vielmehr um eine Machtverschränkung der politischen Gremien, bei der auch der Vorrang der führenden Familien garantiert werden sollte. Diese dürfte gerade im Hinblick auf das neu gewonnene Messenien vorgenommen worden sein, so dass eine Datierung im Anschluss an den ersten Messenischen Krieg im mittleren 7. Jh. v. Chr. am plausibelsten erscheint.15 Dadurch wäre schon relativ früh eine einfache, aber auch langfristige Absicherung der Grundordnung zustande gekommen. Bei dieser grundlegenden Regulierung ging es nicht darum, die Adelsherrschaft zu beseitigen, sondern den Adel in die Polis einzugliedern und somit auch eine Tyrannis zu verhindern. Das Königtum und ein exklusiver, herkömmlicher Rat blieben bewahrt und behielten bei politischen Anträgen das Recht auf Vorberatung. Die Mitbestimmung des Damos verhinderte eine eigentliche Demokratisierung, da dem Volk ein Initiativrecht fehlte. Eine Verschriftlichung der Gesetze kam nicht zustande und soll in Sparta generell verboten gewesen sein (Plut. Lyk. 13). Dadurch waren die Gesetze weniger verhandelbar, wobei die Bürger angeblich auch einen Eid auf die Grundordnung abzulegen hatten (Plut. Lyk. 29). Gemäß Plutarch (Lyk. 13; mor. 227B) soll Lykurg aber, indem er auf eine Aufzeichnung der Gesetze verzichtet hatte, spätere Veränderungen der Lebensweise durchaus ermöglicht haben.

Der Peloponnesische Bund und der Aufstieg des Ephorats Wichtig für die weitere politische Entwicklung sind die militärischen Siege, die Sparta in der Mitte des 6. Jh. v. Chr. über Argos (Hdt. 1,82) sowie über Tegea im benachbarten Arkadien erreichte (1,65 ff.). Während von Argos der Küstenstrich der Thyreatis übernommen werden konnte, wurde Tegea vertraglich an Sparta gebunden. Damit wurde es ein Mitglied des sogenannten Peloponnesischen Bundes, der in dieser Zeit auf 89

7 Sparta

der Grundlage von bilateralen Verträgen, sogenannte Symmachien (Kampfbünde), aufgebaut wurde.16 Sparta war dabei die Hegemonialmacht, so dass für die Bündnispartner die Pflicht zur Heeresfolge bestand, während es selber Schutz bei Angriffen gewähren musste. Bündnispartner waren neben Tegea, Korinth und Sikyon auch arkadische Städte.17 Der Peloponnesische Bund verlieh Sparta auf der Peloponnes militärische Stärke, die ihm auch hinsichtlich der Helotengefahr Sicherheit gewährleistete. Aufgrund des Vertragswerkes und der Bündnispartner galt es in Zukunft, neue Aufgaben in einem erweiterten Herrschaftsgebiet zu bewältigen. In diesem Zusammenhang sind auch der politische Aufstieg des Ephorats und die entsprechende Einschränkung des Königtums zu sehen.18 Die Ephoren wurden in Sparta für ein Jahr als »Aufseher« gewählt, übernahmen die Leitung der Volksversammlung, der Bundesversammlung und des Gerichtswesens. Dieses umfasste Zivilprozesse, die in die alleinige Kompetenz des Ephorats gehörten, sowie Strafprozesse, welche die Ephoren zusammen mit den Geronten aburteilten. Für die Aufwertung des Ephorats wird verschiedentlich der Ephor Chilon (ca. 556/3 v. Chr.) verantwortlich gemacht. Diesem werden zudem weitere innenpolitische Korrekturen wie die Beschränkung von Luxus zugeschrieben.19 Da Chilon später zu den Sieben Weisen gerechnet wurde, sind die Informationen über ihn aber mit Vorsicht zu genießen. Bei Herodot (1,59), der kaum etwas über ihn weiss, wirkte er primär als Seher, der die athenische Tyrannis vorausgesagt habe. Im Zusammenhang mit dem Peloponnesischen Bund soll es dann auch zu einigen militärischen Offensiven gekommen sein, die sich gegen griechische Tyrannen in Korinth, Sikyon, Samos, Naxos und Athen richteten. Es ist jedoch nicht zulässig, deshalb Chilon mit einer außenpolitischen Kursänderung und generell »antityrannischen« Politik Spartas in Verbindung zu bringen.20 Auch König Kleomenes I. (ca. 520–490 v. Chr.) wurde aufgrund seiner eigenmächtigen Unternehmungen in Griechenland eine neue, diesmal gegen Persien gerichtete Außenpolitik Spartas zugeschrieben, die aber genau so wenig zu belegen ist. Kleomenes hat vielmehr – v. a. durch die Absetzung seines hinderlich gewordenen Mitregenten Demaratos (491 v. Chr.) – die Ephoren als Kontrollorgan auf den Plan gerufen und diesen dadurch zu vermehrter staatlicher Macht verholfen. In der zweiten Hälfte 90

Der Peloponnesische Bund und der Aufstieg des Ephorats

des 6. Jh. v. Chr. fand also weder eine grundsätzliche politische Kursänderung noch ein Abschluss der kulturellen Entwicklung statt, so dass auch die Kunstproduktion durchaus fortlebte.21 Wie erwähnt, war es gegen Ende des 6. Jh. v. Chr. zu einigen Feldzügen gekommen, die Sparta bei Thukydides den Ruf der Tyrannengegnerin einbrachte – darunter der Zug gegen Samos (um 525/4 v. Chr.). Dieses wurde von Polykrates beherrscht, dessen Gegner die Spartaner zu Hilfe riefen (Hdt. 3,48). Dann folgte ein erster Zug gegen Athen (511 v. Chr.) – und zwar auf Ermunterung von Delphi, das angeblich von den Alkmeoniden bestochen worden war (Hdt. 5,63 ff.). Dies führte zum Sturz des letzten Tyrannen Hippias, aber auch zum Sieg des »Reformers« Kleisthenes (508/7 v. Chr.), den der spartanische König Kleomenes wieder neutralisieren wollte (Hdt. 5,70. 72). Schließlich erlitt dieser um 506 v. Chr. eine Schlappe vor Athen, als der zweite König Demaratos und die Korinther die Heeresfolge verweigerten (Hdt.5,74 f.). Die Umkehr war möglicherweise auf die drohende militärische Gefahr seitens der Perser zurückzuführen, die von Athen eine politische Unterwerfung erwarteten (Hdt. 5,73). Diese Vorfälle hatten zur Folge, dass ein Gesetz über das königliche Kommando beschlossen wurde: Es durfte nur noch einer der beiden Könige ins Feld ziehen (Hdt. 5,75), wobei dieser von der Volksversammlung unter der Leitung der Ephoren auserwählt wurde. Zu einer ersten Versammlung des Peloponnesischen Bundes kam es dann im Jahre 504 v. Chr., als die Spartaner den gestürzten Tyrannen Hippias wieder einsetzen wollten. Die Korinther wandten sich jedoch gegen eine neuerliche Tyrannis (Hdt. 5,91 ff.). Die Ephoren, die sich als Leiter der Versammlungen etablierten, hatten zugleich in einem vergrößerten Herrschaftsraum für den spartanischen Machterhalt zu sorgen. Zudem ging es darum, übermäßigen Einfluss von Einzelnen wie König Kleomenes zu verhindern und die staatlichen Institutionen zu verfestigen.22 Die Zurückbindung des Königtums erfolgte gerade im Zusammenhang mit den Thronstreitigkeiten und Vergehen in außenpolitischen Unternehmungen. Kleomenes hatte im Jahre 494 v. Chr. einen Feldzug gegen Argos unternommen und dabei in eigenmächtiger Weise das Hera-Heiligtum zerstört, die Stadt selbst hingegen geschont (Hdt. 6,76 ff.). Dies hatte erstmals eine Anklage eines Königs zur Folge und zwar vor einem von den 91

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Ephoren geleiteten Gericht (dikasterion), von dem er allerdings freigesprochen wurde (Hdt. 6,82). Im Jahre 491 v. Chr. wollte Kleomenes auf Aigina Geiseln erheben, da sich die Insel den Persern unterstellt hatte. Als ihm sein Mitkönig Demaratos dabei in die Quere kam, ließ er ihn nach einer Bestechung des Orakels von Delphi absetzen (Hdt. 6,49 ff. 73 ff.). Dabei ist wiederum mit einer Beteiligung der Ephoren zu rechnen, die jetzt sowohl im politischen als auch im gerichtlichen Bereich Auftrieb erhielten.

Perserkriegszeit Die Perserkriege, auf die im nächsten Kapitel genauer einzugehen ist, brachten für das spartanische Gemeinwesen eine neue Bedrohungssituation, auch wenn die Gefahr zunächst auf Athen beschränkt war. Dementsprechend traten die Athener den Persern beim ersten Einfall im Jahre 490 v. Chr. bei Marathon nur zusammen mit den verbündeten Plataiern entgegen. Die Spartaner trafen erst verspätet ein (Hdt. 6,120), was von den Athenern auch propagandistisch ausgenutzt wurde, um ihr eigenes Verdienst herauszustreichen. Im Jahre 481 v. Chr. zeichnete sich dann für die Griechen eine größere Gefahr durch die Perser ab. Aus dieser ergaben sich für die Spartaner neue, weitreichende Aufgaben, verbunden mit einem Bündnisschluss der Hellenen unter der Hegemonie Spartas (Hdt. 7,132. 145). Dafür brauchte es militärische Kommandanten mit erweiterten Befugnissen und entsprechend loyalem Verhalten. König Leonidas opferte sich im Jahre 480 v. Chr. mit seiner Eliteschar der 300 Spartaner an den Thermopylen auf (Hdt. 7,202 ff.), und Eurybiades erreichte als Flottenführer (Nauarch) zusammen mit dem Athener Themistokles den Seesieg bei Salamis (Diod. 11,16 ff. 19,3). In der Folge setzte auch eine weitreichende Legendenbildung ein, die sich auf das an den Thermopylen angebrachte Grabepigramm stützte (Hdt. 7,228). Obwohl im Original nur davon die Rede ist, dass die Krieger »den militärischen Befehlen gehorchend« (rhemasi peithomenoi) gefallen sind, wurde daraus bereits in der Antike ein allgemeiner Gesetzesgehor92

Sparta in klassischer Zeit

sam der Spartaner abgeleitet (Cic. Tusc. 1,101 f.), der auch in späteren Zeiten immer wieder faszinierte. Friedrich Schiller 1795 (»Der Spaziergang«) fasste es so: »Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl«.23 Leonidas’ Nachfolger im königlichen Kommando war der Regent Pausanias. Dieser erreichte im Jahre 479 v. Chr. den entscheidenden Feldsieg bei Plataiai (Hdt. 9,19 ff. 64) und übernahm im Jahr darauf das Kommando über die Flotte. In dieser Stellung verstand er es, durch Kontakte mit den Persern seine eigene Macht zu vergrößern. Aufgrund seines selbstherrlichen Auftretens kam es aber zu einer Revolte der Bündner, die mit dem Athener Aristeides verhandelten. Daraufhin bauten die Athener mit dem Attischen Seebund ein eigenes Bündnissystem auf, während Pausanias von den Ephoren abberufen wurde und schließlich gewaltsam zu Tode kam (Thuk. 1,128 ff.).24 In der Folge wurden verstärkte Kontrollmechanismen eingeführt, so dass den Feldherren wiederholt ein Gremium von Beratern (symbouloi) mitgegeben wurde.25 Damit sollten sowohl Veränderungen im politischen System als auch eine weitere strategische Öffnung in den ägäischen Raum verhindert werden.

Sparta in klassischer Zeit Die klassische Zeit, die später noch ausführlicher zur Sprache kommt, wird in modernen Darstellungen über Sparta kaum als einheitliche Epoche beschrieben, da der Stadt im Gegensatz zu Athen im 5. Jh. v. Chr. weitergehende kulturelle Leistungen abgesprochen werden. Die Perserkriege (490–480/79 v. Chr.), das große Erdbeben der 460er Jahre v. Chr., der Peloponnesische Krieg (431–404 v. Chr.) sowie die anschließende Phase der Hegemonie unter König Agesilaos (399/8–361/0 v. Chr.) waren für Sparta aber zentrale Ereignisse, die das Gemeinwesen veränderten und schließlich auch mit schwerwiegenden Problemen behafteten. Sparta war nicht auf imperiale Politik im ägäischen Raum ausgerichtet und zog sich nach seinen militärischen Erfolgen jeweils wieder auf die Peloponnes 93

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zurück. Einzelpersönlichkeiten, die sich bei den außenpolitischen Unternehmungen vermehrt Macht und Reichtum angeeignet hatten (Pausanias, Leotychidas, Lysander), wurden zur Rechenschaft gezogen, was dem Staat und seinen Entscheidungsorganen neue Durchschlagskraft verlieh. Leonidas und seine Opferbereitschaft an den Thermopylen (480 v. Chr.) wurden dagegen zu einem Vorbild erhoben und in eine neue Ideologie der Gleichheit eingebunden. Das große Erdbeben der 460er v. Chr. Jahre führte zu einer Dezimierung der Bevölkerung und brachte diese aus dem Gleichgewicht. Dies bewirkte auch verschärfte Mittel der Helotenunterdrückung. In diesem Zusammenhang dürfte jetzt wohl die Krypteia am Abschluss der Erziehung eingeführt worden sein, die sich als eine Art Überlebenstraining gestaltete und Gelegenheit zu Angriffen auf Heloten bot (Plut. Lyk. 28).26 Es bedurfte einer neuen Disziplinierung der Bürger bzw. einer Verbesserung der staatlichen Erziehung mit speziellen Beamten (paidonomoi), wobei die eigentliche Agoge (»Aufzucht«) nach Altersklassen (7–20 Jahren) jedoch erst im 3. Jh. v. Chr. eingerichtet wurde.27 Zur Förderung des Gemeinwesens wurden um 440 v. Chr. die Gebeine des Leonidas nach Sparta überführt (Paus. 3,14,1) und anlässlich eines jährlichen Agons kultisch verehrt. In der Nähe der Gedenkstätten für Lykurg, Alkman und Chilon wurden Erinnerungs- und Kultstätten für weitere Perserkämpfer eingerichtet (Paus. 3,12,9. 14,1. 15,2. 16,4. 6). Im mittleren 5. Jh. v. Chr. wurde eine Heeresreform durchgeführt, die der Aufstockung der Armee diente und dabei auch auf den Rückgang der Bürgerzahlen (sogenannte Oliganthropie/oliganthropia) reagierte. Die Periöken, die bis anhin in eigenen Verbänden mitgekämpft hatten, wurden in die Schlachtreihen der Spartaner aufgenommen.28 Gleichzeitig erfolgte unter den Bürgern auch eine Betonung des Gleichheitsprinzips, das sich in einer »Homoioi-Ideologie« manifestierte. Dabei ging es nicht um soziale Gleichheit bzw. Maßgleichheit (isos), sondern um die Gleichheit der Art und des Seins (homoios), wie sie in der Bürgergleichheit zum Ausdruck kommt. So gesehen richtete sich die Abgrenzung zunächst gegen die Periöken ohne volles Bürgerrecht. Mit der Bekräftigung von Gleichheit sollten zugleich die führenden Exponenten unter den Spartiaten in die Gemeinschaft eingebunden werden.29

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Das politische System

Das politische System Die spartanische Verfassung wurde erstmals zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. von Xenophon beschrieben (Lakedaimonion politeia), der sie auf Lykurg zurückführte. In den weiteren staatstheoretischen Schriften wurde sie besonders für ihre Stabilität bewundert. Diese hing schon für Platon (nom. 712d–e) und Aristoteles (pol. 1265b. 1270b. 1294b) mit der »Mischung« des Systems zusammen, das mit den geläufigen Verfassungsbegriffen aber schwer zu charakterisieren war. Grundsätzlich kann von einem aristokratischen bzw. oligarchischen System gesprochen werden, bei dem aber auch das Wirken Einzelner und der Volksversammlung (Apella) für den politischen Entscheidungsprozess wesentlich war.30 In Sparta hatte sich ein Zusammenspiel von Königen, Geronten, Ephoren und Volksversammlung herausgebildet, bei dem die führenden Leute eingebunden waren, aber im Ganzen auch tonangebend wirken konnten. An der Spitze des spartanischen Systems standen im Gegensatz zu den anderen griechischen Poleis zwei Könige, die jeweils aus der Familie der Agiaden und der Eurypontiden stammten. Sie genossen verschiedene Ehrenrechte (Hdt. 6,56 ff.), hatten aber keine herausragende politische Position, sondern waren mit den anderen Gremien verschränkt. Dennoch konnten die Könige im Einzelfall durch persönliche Autorität stets als entscheidender politischer Faktor in Erscheinung treten.31 Die Gerusia bildete Spartas zentralen Rat von 30 Geronten, darunter die beiden Könige. Diese ausgenommen mussten die Mitglieder über 60 Jahre alt sein und wurden in einem einfachen Akklamationsverfahren durch Zurufen in der Volksversammlung auf Lebenszeit gewählt (Aristot. pol. 1270b. 1294b; Plut. Lyk. 26). Die Geronten waren zuständig für die Vorberatung der Volksversammlung, deren Entscheide sie auch kontrollierten, sowie für die gerichtliche Verhandlung von politischen Vergehen.32 Die fünf Ephoren als »Aufseher« im spartanischen Staat wurden jährlich von der Volksversammlung gewählt. Sie waren erst im Verlauf des 6. Jh. v. Chr. in Erscheinung getreten, übernahmen dann aber zentrale Aufgaben wie die Leitung der Volksversammlung und große Teile der Gerichtsbarkeit.33 Die Apella bezeichnet die Versammlung der spartanischen Bürger, die unter der Leitung der Ephoren über die von der 95

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Abb. 15: Die Verfassung Spartas

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Die gesellschaftliche Ordnung

Gerusia vorberatenen Geschäfte abstimmen konnten, jedoch weder Antrags- noch Rederecht genossen. Die Volksversammlung war zuständig für die Wahl von Beamten, konnte die Politik dadurch aber nur indirekt mitgestalten. Institutionalisierte Debatten wie in Athen sind keine erkennbar, da eine weitergehende Demokratisierung ausblieb.34

Die gesellschaftliche Ordnung Im spartanischen Staat werden zur Hauptsache drei Gesellschaftsgruppen unterschieden: die Bürger (Spartiaten/homoioi), Periöken (»Umwohnende«) und Heloten (»Unterworfene«); dazu kamen aber auch Minderberechtigte (hypomeiones) und Sklaven (Xen. Hell. 3,3,5 f.). Da die Bürger in klassischer Zeit offiziell von handwerklichen Tätigkeiten ausgeschlossen wurden,35 lagen Handel und Gewerbe vorwiegend in den Händen der Periöken als freien Bewohnern Lakoniens, während die unfreien Heloten an die Felder gebunden und zum Ackerbau angehalten waren. Der zahlenmäßige Rückgang der Bürger (oliganthropia) wurde im Verlauf der klassischen und hellenistischen Zeit zunehmend zum Problem. Voraussetzung für das Bürgerrecht war, eine »staatliche« Erziehung durchlaufen zu haben. Diese dürfte sich schon im 6. Jh. v. Chr. etabliert haben, während das aus den Quellen (Plut. Lyk. 16 ff.) bekannte spartanische Erziehungssystem nach Altersklassen (agoge) aber erst anlässlich der Restaurationsbemühungen unter Kleomenes III. im späteren 3. Jh. v. Chr. eingeführt wurde.36 Die Krypteia ist als Teil der Erziehung und den mit ihr verbundenen Initiationsriten zu betrachten, wobei ihre Ursprünge umstritten sind. Jugendliche im Alter von 19 Jahren wurden für eine bestimmte Zeit in die Wildnis gesandt und durften dabei auch Heloten beseitigen, wobei das betreffende Ausmaß aber fraglich bleibt.37 Zu den Grundkennzeichen der spartanischen Bürgerschaft gehört auch das gemeinschaftliche Männermahl (Syssitien). Jeder Bürger musste in eine Speisegemeinschaft aufgenommen werden und ihr monatlich bestimmte Abgaben liefern (Plut. Lyk. 12), da er ansonsten das Bürgerrecht 97

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zu verlieren drohte. Nach dem Gemeinschaftsmahl kehrten die Spartaner aber auf ihre Gehöfte zurück, um sich dem Privat- bzw. Eheleben zuzuwenden. Da die Männer auf die Einkommen aus ihren Anwesen angewiesen waren, konnte die Arbeitsorganisation auf ihren Gütern nicht vollständig delegiert werden. Auch wenn es sich bei den Syssitien um abgeschlossene Zirkel handelte, wurde in Sparta durchaus ein Familienleben gepflegt und Austausch mit Fremden betrieben. Die berüchtigte Fremdenfeindlichkeit bzw. regelmäßige Fremdenvertreibung (Xenelasie/ xenelasia), die vielfach als Kennzeichen der spartanischen Gesellschaft gilt, ist eher als temporäre, punktuelle Erscheinung – v. a. im Vorfeld des Peloponnesischen Krieges – zu sehen.38 Gemeinhin wird für Sparta mit einer Sonderstellung der Frauen gerechnet, da diese wegen der vielen Kriege relativ frei gewesen seien, sich um die Gutsverwaltung kümmerten und aufgrund ihrer starken Position Einfluss im Staat ausgeübt hätten.39 Für diesen hatten sie auch die Rolle von beispielhaften, entsagungsvollen Müttern übernommen. Die Freiheit der Spartanerinnen war jedoch beschränkt, da diese wie alle griechischen Frauen von den Männern abhängig waren und keine offizielle politische Mitsprache genossen. Im Gegensatz zu anderen Staaten wurden die Spartanerinnen zwar beim Erbrecht direkt berücksichtigt,40 unterschieden sich ansonsten aber nicht grundlegend von anderen griechischen Frauen. Sie waren politisch stets unberechtigt und in erster Linie Mütter und Hausfrauen. Von einer »Gynaikokratie« (Plut. Lyk. 14,1; Aristot. pol. 1269b 24 ff.) kann daher nicht die Rede sein.41 Daraus ergibt sich insgesamt, dass Sparta trotz seiner Eigenheiten durchaus an den gesamtgriechischen Entwicklungen beteiligt war. Eine größere Kluft öffnete sich erst im 5. Jh. v. Chr., als Athen die kulturelle und politische Führung übernahm und Sparta sich wieder auf die Peloponnes zurückzog. Jetzt nahm auch die Kunstproduktion ab, was andernorts aber genauso zu verfolgen ist. Ab der Mitte des 5. Jh. v. Chr. blieben athletische Siege in Olympia zwar aus, dafür sind aber mehrere Erfolge im Wagenrennen zu verzeichnen. Trotz der Homoioi-Ideologie gab es weiterhin Reichtum sowie führende Familien mit entsprechendem Vorrang. Der Anschluss an die übrige griechische Welt ging nie verloren, da auch über Gastfreundschaften Verkehr mit Fremden unterhalten wurde, der sich in hellenistischer Zeit noch verstärkte.42 98

Spartas Hegemonie und Niederlage

Spartas Hegemonie und Niederlage Im 5. Jh. v. Chr. war es zu einer Zuspitzung des Konfliktes mit Athen gekommen, aus dem schließlich der weiter unten zu behandelnde Peloponnesische Krieg (431–404 v. Chr.) hervorging. Zum Erfolg Spartas trug bei, dass es sein Heer durch freigelassene Heloten und Söldner verstärkte und mit Hilfe von Persien eine umfangreiche Flotte ausrüstete. Nach dem Sieg über Athen konnte Sparta in Griechenland vorübergehend die Führung übernehmen, sah sich aber auch mit zunehmenden sozialen Problemen konfrontiert (Xen. Hell. 3,3,6). Am Ende des Peloponnesischen Krieges war viel Reichtum nach Sparta geflossen, so dass kurzfristig der Umlauf von Gold- und Silbergeld verboten und dabei gleichzeitig ein vermeintliches Geldverbot Lykurgs proklamiert wurde (Plut. Lys. 16 f.; Lyk. 9). Dieser soll nur Eisenbarren zugelassen haben, wie sie auch sonst in archaischer Zeit verbreitet waren. Seit der ausgehenden archaischen Zeit war in Sparta aber stets auch ausländisches Geld im Umlauf, bis in hellenistischer Zeit eine eigene Münzprägung einsetzte.43 Die schon in klassischer Zeit zu beobachtende Konzentration von Reichtum und Landbesitz in den Händen von wenigen, darunter zunehmend Frauen (Aristot. pol. 1270a), wurde wiederholt als Beitrag zum Untergang Spartas angesehen.44 Zudem ging die Zahl der Bürger weiter zurück, so dass auch der Militärverband immer mehr auf Söldner angewiesen war. Sparta war zwar aus dem Peloponnesischen Krieg als Hegemonialmacht hervorgegangen, aber nicht in der Lage, eine langfristige, großräumige Herrschaftssicherung aufzuziehen. Seine Fremdherrschaft in der Ägäis, die es über die Dekarchien (Diod. 14,13,1) als neu installierte Regierungsgremien ausübte, musste bald schon scheitern. Die Spartaner traten zwar unter Agesilaos zunächst gegen Persien (Spartanischer Perserkrieg, 400–394 v. Chr.), dann auch gegen mehrere konkurrierende griechische Städte (Korinthischer Kieg, 395–386 v. Chr.) an, wurden schließlich aber von Theben im Jahre 371 v. Chr bei Leuktra und im Jahre 362 v. Chr. bei Mantineia besiegt.45 Messenien ging verloren und der Peloponnesische Bund fiel auseinander, so dass Sparta in die Zweitklassigkeit abzusinken drohte. 99

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Nach den Niederlagen gegen die Thebaner war Sparta nicht mehr in der Lage, an seine frühere Bedeutung anzuknüpfen. Dennoch konnte es unter den hellenistischen Großmächten noch lange eine selbständige Position behaupten. Zudem haben die Spartaner im mittleren 3. Jh. v. Chr. unter den Königen Agis IV. und Kleomenes III. entscheidende Reformmaßnahmen getroffen, welche die vermeintliche altspartanische Lebensweise wieder einschärfen sollten. Damit trugen sie wesentlich zur Traditionsbildung über Sparta bei. Im Jahre 146 v. Chr. geriet dann Sparta mit dem übrigen Griechenland unter römische Herrschaft und wurde im Imperium Romanum zu einer blühenden Provinzstadt, in der auch römische Touristen verkehrten, die den Schaukämpfen im Heiligtum der Artemis Orthia beiwohnten und die Erziehung bewunderten.46 – Nach diesem Ausblick ist nun aber zu den Perserkriegen und der weiteren politischen Entwicklung in Athen zurückzukehren.

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Die Perserkriege

Die Perserkriege stellten für die griechische Staatenwelt ein einschneidendes und weitreichendes Ereignis dar. Grundlegend war, dass durch die feindlichen Angriffe die Freiheit der griechischen Poleis bedroht wurde. Es bestand die Gefahr, dass die Griechen in persische Abhängigkeit gerieten, was auch die Pflicht zur Zahlung von Tributen und Stellung von Truppen zur Folge gehabt hätte. Die Bedrohung von außen bewirkte, dass führende griechische Staaten ihre internen Auseinandersetzungen beilegten und durch einen Bündnisschluss (Hellenenbund) ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten (Hdt. 7,132. 145; Diod. 11,3,3 ff.). Die bevorstehenden militärischen Aufgaben führten in Athen zu einem Ausbau der Kriegsflotte, die auch für die Nachfolgezeit bzw. den Attischen Seebund entscheidend wurde. Für die griechischen Kommandanten brachten die Unternehmungen im ägäischen Raum gesteigerte Macht, was entsprechende interne politische Konflikte zur Folge hatte. Nach der Abwehr der Perser entwickelte sich aber wieder eine verstärkte Konkurrenz unter den griechischen Poleis, die zu neuen Konfrontationen führten. Im Zuge der Perserkriege kam es in Griechenland auch zu einer neuen Besinnung auf die Polis und deren Freiheit (eleutheria). Der FreiheitsBegriff wurde jetzt politisiert, bezog sich also nicht mehr nur auf personale Freiheit im Gegensatz zum Sklaventum. Freiheit wurde in Athen schließlich auch zum Schlagwort der neu entwickelten demokratischen Ordnung, die im Abwehrkampf eine erste Bewährungsprobe bestanden und die Gefahr einer Tyrannis endgültig abgewehrt hatte.1 Die Demokratie bildete sich anschließend zu einem umfassenden System heraus, so dass sie jetzt erstmals konsequent in Kontrast zur Oligarchie, Tyrannis und Monarchie bzw. zur orientalischen Despotie gestellt werden konnte und Vorteile bot, an denen nicht mehr so leicht vorbeizukommen war.2 101

8 Die Perserkriege

Hauptgewährsmann für die Perserkriege ist Herodot, der zwar um 485 v. Chr. geboren wurde, die Ereignisse aber erst etwa fünfzig Jahre später schriftlich festhielt und zwar nach mündlichen Erzählungen, die in der antiken Welt kursierten. Damit betrieb er überhaupt zum ersten Mal Geschichtsschreibung, die sich forthin als neue literarische Gattung etablierte. Trotz des Bemühens um Unparteilichkeit schrieb Herodot aber aus der Sicht der Sieger und ließ auch das Lob für Athen nicht zu kurz kommen. Bei ihm nimmt der Konflikt mit den Persern allerdings schon um 550 v. Chr. seinen Anfang, als der letzte Lyderkönig Kroisos von den Persern bedroht worden war. Dieser fragte in seiner Not bei den Griechen im Mutterland um Unterstützung an (Hdt. 1,56). Damals waren die Athener freilich noch nicht gewappnet, da sie unter der Tyrannis des Peisistratos standen. Demgegenüber war Sparta gestärkt, da bei ihm geordnete Verhältnisse herrschten und die Stadt die Oberhand auf der Peloponnes hatte (1,68). Daher waren die Spartaner auch zu einem Hilfszug bereit, der sich aber wegen der zwischenzeitlichen Niederlage des Kroisos erübrigte (1,77. 82). Im Jahre 499 v. Chr. hatten sich die Verhältnisse gewandelt. Jetzt erschien Aristagoras, der Tyrann von Milet, im griechischen Mutterland und suchte nach Verbündeten, um sich gegen die Perserherrschaft zur Wehr zu setzen. Sparta hatte nun aufgrund seiner Verstrickungen im Königshaus selber Probleme und schickte Aristagoras fort (Hdt. 5,38 ff. 49 ff.). Athen war hingegen von der Tyrannis befreit und immerhin so stark, dass es Unterstützung für die kleinasiatischen Griechen beschloss. Als sich Milet und die anderen griechischen Städte in Ionien gegen Persien erhoben, kamen ihnen 20 Schiffe aus Athen sowie fünf Schiffe aus Eretria zu Hilfe (5,97. 99). Nach einem Anfangserfolg der Griechenstädte wurde Milet von den Persern eingeschlossen und im Jahre 494 v. Chr. dem Erdboden gleichgemacht.3 Dies bedeutete einen herben Rückschlag für die griechische Zivilisation und wurde überall mit Bestürzung zur Kenntnis genommen. Der Tragiker Phrynichos soll in Athen mit seinem Stück »Der Untergang von Milet« das Publikum zu Tränen gerührt, dafür aber auch 1.000 Drachmen Strafe kassiert haben (6,21).

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Marathon

Marathon Nach dem Ionischen Aufstand sorgte der persische Feldherr Mardonios zunächst für eine ausgeglichene politische Ordnung in den ionischen Städten und sicherte im Jahre 492 v. Chr. auf einem Feldzug die Herrschaft in Thrakien und Makedonien auf dem südlichen Balkan ab (Hdt. 6,44 ff.). Als die Perser in der Folge gut vorbereitet gegen Griechenland zogen, stellte dies vorerst einen Rachefeldzug gegen Athen und Eretria dar (6,43 ff. 94 ff.). Im Jahre 490 v. Chr. überquerte ein persisches Heer mit Schiffen die Ägäis, zerstörte Eretria und landete in der Ebene von Marathon. Ihm gegenüber brachten sich Miltiades und die Athener zusammen mit ihren Bündnispartnern aus Plataiai in Stellung, um den Weg nach Athen abzuschneiden. Ein athenischer Schnellläufer gelangte nach Sparta mit der Bitte um Beistand. Die Spartaner beschlossen zwar, den Athenern zu helfen, aber aufgrund einer Satzung erst bei Vollmond, also offenbar nach dem Karneenfest, so dass sie trotz Beeilung zu spät eintrafen (Hdt. 6,106 f. 120). Dennoch war das zahlenmäßig unterlegene athenische Heer nach einem langen und verlustreichen Kampf siegreich geblieben, so dass die Perser im Anschluss an einen vergeblichen Vorstoß nach Athen wieder abzogen (6,115 f.).4 Aus dem athenischen Schnellläufer nach Sparta wurde im 4. Jh. v. Chr. die Geschichte des Marathonläufers, der allerdings nicht nach Sparta, sondern nach Athen gelangt sei (ca. 25 km), um die Siegesnachricht zu überbringen, und dann tot zusammenbrach. Diese bei Plutarch (mor. 347 c. 862a–b) überlieferte Geschichte, die auf Herakleides Pontikos beruht, bildete den Grundstein für die 1896 eingeführt olympische Disziplin des Marathonlaufes, die schließlich auf 42,195 km festgelegt wurde. Die 192 gefallenen Athener waren schon im Jahre 490 v. Chr. auf dem Schlachtfeld von Marathon in einem Grabhügel (»Soros« ¼ Haufen) bestattet worden, der 10 m hoch ist und einen Durchmesser von 50 m aufweist. An der höchsten Stelle waren Stelen mit den Namen der Gefallenen angebracht. Inmitten des Hügels befand sich eine Plattform mit einer Brandschicht und Opferrinne mit Vasen, die Essensreste enthielten, was auf eine von Homer bekannte Art des Kriegerbegräbnisses 103

8 Die Perserkriege

deutet. Auch die seitlich am Hügel angebrachte Opferrinne weist darauf hin, dass die Gefallenen heroisiert wurden (Paus. 1,32,4).5 Nach der Niederlage begannen die Perser mit größeren Planungen für einen Rachefeldzug. Dabei wurde eine Brücke über den Hellespont gebaut und die Halbinsel Athos an der Enge zum Festland durchstochen, um für die Schiffe einen kürzeren und sichereren Weg zu ermöglichen (Hdt. 7,22. 33 ff.). Zudem wurden in Thessalien und Makedonien Versorgungslager errichtet. Athen beschloss seinerseits im Jahre 483 v. Chr. auf Antrag des Themistokles den Ausbau der Kriegsflotte, die sich schließlich auf gut 200 Schiffe belief (7,143 f.; Plut. Them. 4).6

Thermopylen In Anbetracht der drohenden, groß angelegten Perserinvasion war im Jahre 481 v. Chr. eine Gruppe bedeutender griechischer Städte bereit, die geforderte Unterwerfung zu ignorieren und die gemeinsame Abwehr der Perser vorzubereiten (Hdt. 7,132. 145; Diod. 11,3,3 ff.). Die Spartaner erhielten die Hegemonie im Bündnis der Hellenen, was das Kommando zu Wasser und zu Land umfasste (Thuk. 1,18). Zu den peloponnesischen Städten (außer Argos) stießen Athen, Chalkis, Eretria, Aigina sowie die mittelgriechischen Plataier, Phoker und Thespier, während die Thebaner perserfreundlich blieben. Fehden, wie sie v. a. zwischen Athen und Aigina bestanden, wurden beigelegt (Hdt. 7,145). Der Hellenenbund dürfte auf der Vorlage des Peloponnesischen Bundes geschlossen worden sein, so dass er neben der Führungsrolle Spartas wohl auch eine Freund-Feind-Klausel enthielt. Dies verpflichtete die Verbündeten bis zur Erreichung des Kriegszieles, dieselben Freunde und Feinde zu haben und zu folgen, wohin Sparta sie führe. Somit handelte es sich also wiederum um eine zweiseitige Symmachie (Kampfbund) mit einem Bundesrat, der die für alle verbindlichen Entscheidungen treffen konnte.7 Als die Perser im Jahre 480 v. Chr. unter König Xerxes mit großen Kontingenten zu Wasser und zu Land anrückten, wurde zunächst ein 104

Thermopylen

spartanisches Aufgebot unter dem Kommando des Polemarchen Euainetos abgesandt. Dieses begab sich zusammen mit einer athenischen Abteilung unter Themistokles zum Tempe-Pass in Thessalien, um den Einfall der Perser nach Mittelgriechenland zu verhindern. Da die Gegner in der Überzahl waren und die Gesandtschaften, die an die medisierenden Städte der Umgebung gerichtet wurden, erfolglos blieben, wurde die Aktion bald wieder abgebrochen (Hdt. 7,173; Diod. 11,2,5 f.). Als nächstes wurde der spartanische König Leonidas als Feldherr zur Abwehr der Perser an den Thermopylen erkoren (Hdt. 7,202 ff.). Die Spartaner waren aber wiederum durch das Karneenfest zu Hause angebunden. Leonidas stellte daher vorerst nur eine Begleitgarde der 300 Hippeis auf, wobei er darauf geachtet habe, dass die Auserwählten männliche Nachkommenschaft besassen (7,205 f.); dazu kamen 1 000 Lakedaimonier, was die Ephoren angeblich für zu gering hielten (Diod. 11,4,2 f.). Diese Berichte sind jedoch propagandistisch verklärt und zielen auf einen beispielhaften Akt spartanischer Selbstaufopferung, bei dem das taktische Konzept und der genaue zeitliche Ablauf rund um den Kriegszug unklar bleiben. Neben Herodot (7,198–233) wird die Schlacht später auch von Ephoros geschildert, dessen Text bei Diodor (11,4–11) Eingang gefunden hat und die Ereignisse noch weiter ausschmückt.8 Die Schlacht an den Thermopylen spielte sich an dem engen Küstenabschnitt in der Landschaft Malis ab, der den Durchgang (pylai ¼ Tore) von Nord- nach Mittelgriechenland bildete und nach den hier entspringenden heissen Quellen benannt ist. Das griechische Heer umfasste Abteilungen und Strategen aus verschiedenen Städten, wobei der Oberbefehl bei König Leonidas lag (Hdt. 7,208). Die Griechen stellten höchstens 8 000 Mann, so dass sich die Perser in deutlicher Überzahl befanden. Neben 300 Spartiaten und 1 000 Lakedaimoniern gab es 3 000–4 000 weitere Peloponnesier, hauptsächlich aus Tegea, Mantineia und Arkadien; aus Boiotien stammten 700 Thespier und 400 Thebaner, die bis zuletzt bei Leonidas blieben (7,202 f. 222. 226. 228). Dazu hatten sie auch ein Eigeninteresse, da Boiotien unmittelbar überrannt zu werden drohte. Inwieweit Leonidas noch mit Nachschub rechnen konnte, ist ungewiss. 105

8 Die Perserkriege

Abb. 16: Die Thermopylen

Zum taktischen Konzept gehörte die Abstimmung mit der Flotte, die unter dem Kommando des Nauarchen Eurybiades stand (Hdt. 8,2). Diese fuhr noch vor der persischen Flotte am Kap Artemision an der vorgelagerten Meerenge zwischen der Insel Euboia und dem Festland vor und sollte das Landheer decken. Der Versuch der persischen Flotte, die Insel zu umfahren, wurde durch einen Sturm zunichtegemacht (8,13 f.). Die anschließenden Seegefechte vor den Thermopylen ergaben für keine der Parteien entscheidende Fortschritte.9 Auch auf der Landenge selbst spielten sich zwei Tage lang unentschiedene Gefechte ab, bei denen die Griechen jeweils von ihrem Lager hinter dem Sperrriegel der »Phokischen Mauer« gegen die davor lagernden Perser vordrangen. Die Phoker selbst bewachten auf dem Bergsattel einen Umgehungsweg, der durch die Asopos-Schlucht über das Kallidromos-Gebirge führte. Als dieser Pfad an die Perser »verraten« wurde, rückte die Elitetruppe der 10 000 »Unsterblichen« in der folgenden Nacht auf ihm vor, so dass die Phoker die Flucht ergriffen. Am nächsten Morgen hielten die umzingelten Griechen eine Beratung ab, nach der die meisten Bundesgenossen den Rückzug antraten. Angeblich soll Leonidas die betreffenden Truppen weggeschickt haben, um sie vor dem Tod zu bewahren (Hdt. 7,220). Leonidas kam beim anschließenden Kampf gegen die Perser selber zu Tode, so dass zunächst eine Auseinandersetzung um seine Leiche, dann 106

Salamis

ein letztes Gefecht auf einem Hügel hinter den Mauern entbrannte, das den verbliebenen Lakedaimoniern und Thespiern das Leben kostete. Durch diese Geschehnisse wurde nachträglich aber in erster Linie der Ruhm Spartas gesichert, obwohl auch boiotische Truppen bei Leonidas geblieben waren. Das an den Thermopylen angebrachte Epigramm (Hdt. 7,228) unterstrich gerade den militärischen Gehorsam der Gefallenen: »Fremdling, melde daheim Lakedaimons Bürgern: Zur Stelle liegen wir, ihrem Befehl, den sie uns gaben, getreu.« Dies wurde jedoch bald in allgemeinen Gesetzesgehorsam und Staatstreue der Spartaner umgedeutet und hat dann in der Version von Friedrich Schiller (»Der Spaziergang«, 1795) auch in der Neuzeit Karriere gemacht.10 Es ist jedoch fraglich, ob das Verharren an den Thermopylen auf eine grundsätzliche Prinzipientreue der Spartaner zurückzuführen ist, die von Anfang an den Kampf bis zum Tod vorsah. Einleuchtender ist, dass sich angesichts des ausgebliebenen Nachschubes und der persischen Umzingelung ein geordneter Rückzug aufdrängte, der von den Spartanern als Hegemonialmacht und den – am meisten gefährdeten – Boiotern gedeckt werden sollte. Dieses Vorhaben endete schließlich in einer vollständigen Einkesselung durch die Perser, aus der es kein Entrinnen mehr gab. Das militärische Ziel, die Gegner frühzeitig abzuwehren, war jedenfalls missglückt.11

Salamis Erst der Rückzug der griechischen Flotte in die Bucht zwischen der Insel Salamis und dem athenischen Festland sollte schließlich den Erfolg bringen. Nach der Thermopylen-Schlacht wurde Leonidas’ Bruder Kleombrotos Vormund von dessen unmündigem Sohn Pleistarchos. Er fungierte als Befehlshaber am Isthmos, wo am Übergang zur Peloponnes Verschanzungen angelegt wurden (Hdt. 8,71; 9,10). Die athenische Bevölkerung wurde nach Salamis, Aigina und Troizen evakuiert und die Stadt vom heranrückenden Landheer der Perser zerstört (8,41. 52 ff.). Die 107

8 Die Perserkriege

Reste der Akropolis, auf der noch eine Besatzung stationiert gewesen war, sind als »Perserschutt« in die Geschichte eingegangen. Sie gaben aber auch den Anlass dazu, das Areal in der zweiten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. neu und prächtiger denn je zu überbauen. Obwohl die Athener am meisten Schiffe stellten, hatte Sparta – angeblich auf Druck der Bundesgenossen – auch hier die Führerschaft erhalten und Eurybiades in der Funktion eines Nauarchen das Kommando über die ganze hellenische Flotte übernommen (Hdt. 8,2. 42; Diod. 11,4,2). Eine entscheidende Rolle kam dabei dem athenischen Strategen Themistokles zu (Plut. Them. 7), der in Athen den Flottenbau eingeleitet hatte. Dieser soll schon beim Kap Artemision für den Verbleib der Flotte gesorgt haben (Hdt. 8,4 f.) und wollte nun bei der Insel Salamis im Saronischen Golf eine vorzeitige Entscheidung herbeiführen, um einen weiteren Rückzug bis an den Isthmos zu verhindern (8,49. 56 ff.). Angeblich war anfänglich auch Bestechung im Spiel, was aber eher einen Topos königlicher Verfehlung darstellt, denn Eurybiades war insgesamt ein loyaler Führer.12 Am Vorabend der Seeschlacht von Salamis, die sich Ende September 480 v. Chr. ereignete, lag die griechische Flotte vor der Insel in der Bucht von Ambelaki (Ampelakia). Sie umfasste fast 400 Schiffe (Hdt. 8,43 ff.), darunter viele Dreiruderer (Trieren) mit Rammsporn, die durch ihre leichte Bauweise wendig und schnell waren. Die persische Flotte ankerte in der Bucht von Phaleron vor Athen und zählte schätzungsweise 600 Schiffe. Themistokles veranlasste Xerxes, der das Geschehen schließlich von der Südflanke des festländischen Aigaleos-Gebirges aus beobachtete (8,90), die Einfahrt in den Sund von Salamis anzuordnen (8,75 ff.). Auf dem linken Flügel der griechischen Flotte befanden sich die Athener, die auf die Schiffe der Phoiniker stießen; am rechten Flügel bewegten sich die Schiffe der Spartaner, welche auf die von den Ioniern gestellten Schiffe trafen (Hdt. 8,85). Sie bewegten sich am weitesten nach Osten und fingen dann bei der Insel Psyttaleia am Eingang der Bucht auch die zum Phaleron fliehenden Feinde ab. Athenische Hopliten setzten zudem von Salamis nach Psyttaleia über, um dort die gelandeten Perser niederzumetzeln (8,95). Insgesamt wurden ca. 200 persische Schiffe im engen Sund versenkt (Diod. 11,19,3).13 Dieser Niederlage setzte dann Aischylos im Jahre 472 v. Chr. in seiner Tragödie »Die Perser« ein 108

Plataiai und Mykale

eindrückliches Mahnmal, während sie für die Athener bald zu einem unsterblichen Triumph stilisiert wurde.14

Plataiai und Mykale Die Griechen nahmen die Verfolgung der persischen Flotte in die Ägäis auf, brachen sie aber auf Andros wieder ab, während das persische Heer unter Mardonios in Thessalien überwinterte (Hdt. 8,111 ff.). Im Jahre 479 v. Chr. ging dann der Oberbefehl über das griechische Landheer an den Regenten Pausanias, der als neuer Vormund des unmündigen Königs Pleistarchos amtierte (Diod. 11,29,4). Als Athen vom Perserheer erneut bedroht wurde, entschloss sich Sparta zur Hilfe. Die Ephoren legten die Größe des Heeres auf 5 000 Spartiaten und 5 000 Periöken fest (Hdt. 9,10 f. 28) und stellten eine Delegation zur Überwachung des Regenten, dem auch ein offizieller Stellvertreter zur Kontrolle mitgegeben wurde. Auf dem Marsch nach Boiotien schlossen sich ihnen bei Eleusis 8 000 Athener an, neben die zahlreiche weitere Griechen traten (9,19. 28). In der Schlacht von Plataiai bewies Pausanias dann sein militärisches Geschick. Die Heere lagen sich am Fluss Asopos gegenüber, von wo aus die Perser erste Attacken starteten. Pausanias ordnete daraufhin einen taktischen Rückzug in die dahinterliegenden Hügelzüge an (Hdt. 9,46 ff.; Diod. 11,30,4 ff.; Plut. Arist. 15 ff.). Über die nachdrängenden Perser erreichten sowohl die Athener als auch die Spartaner je einen entscheidenden Etappensieg, so dass die Griechen noch am selben Abend das Lager der Perser stürmen und die Gegner schlagen konnten. Im Anschluss an die Schlacht beschlossen die Griechen, das abtrünnige Theben zu belagern. Die Stadt wurde dabei gezwungen, persisch gesinnte Aristokraten auszuliefern. Diese wurden anschließend zu der Versammlung (synhedrion) der Griechen am Isthmos zur Hinrichtung geführt (Hdt. 9,86 ff.; Diod. 11,32,1 f. 33,4).15 Der Oberbefehl über die griechische Flotte war im Jahre 479 v. Chr. an König Leotychidas gegangen (Hdt. 8,131). Ein reduziertes Kontingent 109

8 Die Perserkriege

von 110 Schiffen fuhr im Sommer von Griechenland in die Ägäis, um die Ionier zum Aufstand zu bewegen. Die bei Samos ankernde Flotte der Perser zog sich zum Schutz an das Südufer der Mykale-Halbinsel zurück. Als die griechische Flotte bei Delos Zwischenhalt machte, erreichte die Griechen ein samisches Hilfegesuch, so dass es zu einer Symmachie mit den Samiern kam, die vom persischen Tyrannen Theomestor beherrscht wurden (9,90 ff.). Angeblich am selben Tag wie die Schlacht von Plataiai gingen die Griechen auch bei Mykale an Land und zwar westlich der Perser (Hdt. 9,99 ff.). Diese hatten ihre Schiffe an Land gezogen und mit einer Verschanzung aus Pfählen umgeben. Daraufhin rückten die Griechen sowohl entlang des Meeres als auch über das dahinter gelegene Hügelgelände gegen die Perser vor. Diese wurden geschlagen und ins Lager zurückgetrieben, wobei das Lager und die Schiffe schließlich einem Brand zum Opfer fielen. Nach dem Sieg bei Mykale zogen sich die Griechen nach Samos zur Beratung zurück (9,106).16 Dabei wurde eine Umsiedlung der Ionier in das Mutterland vorgeschlagen, was aber auf den Widerstand Athens stieß. Daraufhin kam es zur Aufnahme der Samier, Chier und Lesbier in den Hellenenbund.17 Im Jahre 478 v. Chr. erreichte der Regent Pausanias als Nauarch bei Zypern und Byzanz als strategisch bedeutenden Außenposten weitere militärische Erfolge gegen die Perser (Thuk. 1,94; Diod. 11,44). Von Byzanz aus soll er den Persern aber auch angeboten haben, Hellas zu unterwerfen (Thuk. 1,128). Durch sein eigenmächtiges Verhalten und Auftreten mit medischem Gewand und Leibwache weckte er die Missgunst der Griechen; daher wurde ihm untersagt, sich auf der Schlangensäule des in Delphi geweihten Dreifußes als alleiniger Sieger über die Perser verehren zu lassen (1,130. 132). Es kam zu einem folgenreichen Aufstand der Bündner, die mit Aristeides verhandelten und sich den Athenern anschlossen, so dass der Grundstein für den Attischen Seebund gelegt war (Aristot. Ath. pol. 23,4; Diod. 11,46,5; Plut. Arist. 23). Daraufhin wurde Pausanias zur gerichtlichen Untersuchung nach Sparta beordert, kehrte aber eigenmächtig an den Hellespont zurück (Thuk. 1,128) und wurde schließlich nach weiteren Umtrieben mit den Persern gewaltsam beseitigt (1,131 ff.). Nach der ersten Abberufung des Pausanias war im Jahre 477 v. Chr. zwar nochmals ein kleines Aufgebot unter dem Nauarchen Dorkis an den 110

Plataiai und Mykale

Hellespont gesandt worden, doch blieb dies ohne Erfolg. Somit verlor Sparta die Führung im zerfallenden Hellenenbund und beendete vorläufig seinen Einsatz im Osten (Thuk. 1,95). Ausschlaggebend dürfte auch gewesen sein, dass die Sicherung des ionischen Raumes insgesamt eines neuen, langfristigen Bündnis- und Herrschaftskonzeptes mit geregelter Abgabe- und Finanzpolitik bedurfte, für das die auf die Peloponnes gerichtete Landmacht Sparta wenig vorbereitet war. Daraus ergab sich für Athen die Gelegenheit, mit dem Ausbau des sogenannten DelischAttischen Seebundes in die machtpolitische Lücke zu springen und Sparta als Großmacht zu überflügeln. Die Perserkriege hatten somit in Griechenland eine neue Ausgangsposition geschaffen.

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9

Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

Der Athener Kleisthenes stammte aus dem Geschlecht der Alkmeoniden, das von Peisistratos vorübergehend vertrieben worden war (Hdt. 1,64; 6,131). Nach der Beseitigung der Tyrannis im Jahre 511/10 v. Chr. kämpfte er zunächst gegen den adligen Rivalen Isagoras um politischen Einfluss bzw. eine Vorrangstellung im Gemeinwesen (Hdt. 5,70; Aristot. Ath. pol. 20). Als Kleisthenes ins Hintertreffen geriet, versuchte er, das Volk auf seine Seite zu ziehen, wobei er offenbar eine Reform der Bürgerschaft ankündigte (Hdt. 5,69). Dies zeigt, dass breitere Bürgerschichten bedeutend geworden waren und auch im politischen Machtkampf entscheidend werden konnten. Der unterliegende Isagoras rief im Jahre 508/7 v. Chr. den spartanischen König Kleomenes herbei, wodurch Kleisthenes und angeblich 700 weitere athenische Familien ins Exil fliehen mussten (Hdt. 5,72). Isagoras und Kleomenes planten eine streng oligarchische Regierung, die auf 300 Bürger beschränkt sein sollte. In diesem Moment regte sich zum ersten Mal wirksamer Widerstand in der Bürgerschaft (Aristot. Ath. pol. 20,3). Kleomenes und Isagoras wurden auf der Akropolis belagert, so dass der spartanische König zum Abzug gezwungen war (Hdt. 5,73). Kleisthenes und die weiteren Vertriebenen wurden zurückgerufen, worauf die geplante Reform umgesetzt werden konnte.1 Hauptelemente der Reform sind die Neugliederung Attikas in zehn Phylen und die Einrichtung des Rates der 500 (Hdt. 5,69; Aristot. Ath. pol. 21), der wohl den solonischen Rat der 400 ablöste. Bei den Phylen handelte es sich um die größte Gliederungseinheit, einen Personenverband bzw. eine Unterabteilung der Bürgerschaft, welche auch für das Heeresaufgebot einschlägig war. An der Zahl sind es bis dahin vier gewesen, die in ihrer herkömmlichen Form wahrscheinlich von einzelnen adligen 112

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

Familien dominiert waren. Sie wurden jeweils aus verschiedenen Phratrien gebildet, die mehrere Geschlechter und Kultvereine (thiasoi) umfassten.2 In den Phratrien wurden künftig auch die Kinder von Bürgern anerkannt und aufgenommen sowie die Adoptierten registriert. Durch die adligen Geschlechter, die hier ihre Netzwerke unterhielten, war es zu lokalen Abhängigkeiten der Bürger gekommen, so dass einzelne Familien in gewissen Gebieten die Kontrolle ausübten. An dieser Stelle sollte die Reform den Hebel ansetzen. Kleisthenes unterteilte Attika in die drei Regionen Stadt (asty), Binnenland (mesogeion) und Küste (paralia), die in je zehn Teile bzw. Trittyen eingeteilt wurden (Aristot. Ath. pol. 21,4). Aus den 30 Trittyen bildete er zehn Phylen, wobei jeweils drei Trittyen aus den unterschiedlichen Regionen zusammengeschlossen wurden, also nach lokalem statt personalem Prinzip. Die Volksversammlung wählte in klassischer Zeit je einen Strategen pro Phyle, welcher dann einem der zehn Phylenregimenter, bestehend aus ca. 1 000 Mann, vorstand (Aristot. Ath. pol. 22. 61).3 Dies bewirkte zugleich eine Stärkung des Heeres, für das jetzt eine dauerhafte Organisation bestand. Die Trittyen einer Phyle dürften dabei auch nach dem Gesichtspunkt der Anmarschwege gruppiert worden sein. Die Versammlung des Heeres erfolgte schließlich auf der Agora nach Trittyen, wobei sich die Truppen mit dem längsten Anmarsch bereits unterwegs mit den näher gelegenen Verbänden nach Phylen vereinigt haben dürften.4 Die kleinste und unterste Verwaltungseinheit verkörperten die Demen (demoi), denen ein stärkeres Gewicht verliehen wurde, so dass sie forthin die eigentliche Basis der Bürgerschaft bildeten. Es handelt sich um dörfliche Verbände bzw. Dorfgemeinschaften oder kleine Städte, von denen es später 139 an der Zahl gab.5 Sie genossen Selbstbestimmungsrecht und hatten eigene Beamte und Priester sowie eine Gemeindeversammlung. Zudem führten sie nun die Bürgerlisten und delegierten die Kandidaten für den Rat. Für die Bürger wurde auch ein Demotikon, also eine Herkunftsangabe nach Demos, eingeführt, das an die Stelle des Vaternamens trat oder diesen ergänzte – z. B. Themistokles Neokleos Phrearrios (¼ Themistokles, Sohn des Neokles, aus Phrearrioi). Für den Bürger war neben der familiären Herkunft auch die politische Zugehörigkeit entscheidend geworden. 113

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

Abb. 17: Karte von Attika

Der Rat der 500 umfasste je 50 Ratsmitglieder pro Phyle und wechselte jährlich; er wurde zunächst wohl in einem Wahlverfahren bestimmt, später aus den einzelnen Phylen gelost (Aristot. Ath. pol. 43,2).6 Somit bestand nun endgültig ein zweiter Rat neben dem alten Adelsrat des Areopag, zu dem er als breites Bürgergremium auch in eine gewisse Konkurrenz trat. Für seine Tagungen erhielt er auf der Agora ein eigenes Versammlungsgebäude (Bouleuterion).7 Die Aufgabe des Rates bestand v. a. in der Vorberatung von Anträgen (probouleuma), die in die Volksversammlung gelangten. Diese gewann zentralere Bedeutung und tagte jetzt in einem eigenen Gelände auf der Pnyx.8 Der Rat garantierte zugleich eine breitere Vertretung jenes Teils des Volkes, der aufgrund der langen Anreisewege nicht immer selbst in die Volksversammlung kommen 114

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

konnte. Da jeder Demos jeweils im Rat vertreten war, blieb der Kommunikationsfluss mit der Zentrale gewährleistetet. Trotz der verstärkten Beteiligung der Bürger war Kleisthenes jedoch noch ohne demokratische Absichten angetreten. Es ging zunächst um die Sicherung der eigenen Position mit Hilfe einer breiteren Bürgerschaft; dann aber mit Hilfe des Volkes auch um die Abwehr von willkürlichen Adelsregimes, welchen es an Legitimität mangelte. Die Bürger erhoben nicht Anspruch auf die Herrschaft, sondern auf isonomia: Rechtsgleichheit und Gleichheit im allgemeineren Sinne.9 Diese verband sich mit einer gewissen Mitsprache, die Kleisthenes jetzt perpetuierte. Die Demokratie als solche war jedoch nicht gewollt und auch begrifflich und konzeptionell noch gar nicht vorgebildet. Die Reform vollzog dennoch einen entscheidenden Schritt zur Durchbrechung alter Abhängigkeitsverhältnisse, ohne den Vorrang der Adligen grundsätzlich zu beseitigen. Erstmals hatten nämlich breitere Schichten bzw. die »mittleren« Bürger Zugang zu der politischen Ordnung erhalten und konnten diese weiter mitgestalten. Durch die politische und soziale Mischung der Bürgerschaft wurde diese zugleich vereinheitlicht. Somit konnte auch verhindert werden, dass ausschließlich regionale Interessen verfolgt wurden. Es kam zu einer »Institutionalisierung bürgerlicher Gegenwärtigkeit«,10 fassbar in einem hohen Grad politischer Partizipation: Auf höchstens 60 Bürger wurde ein Ratsherr delegiert. Dies führte insgesamt zu einer verstärkten Politisierung breiterer Schichten und leitete eine neue Bürgeridentität in die Wege. Dennoch blieb eine gewisse Diskrepanz zwischen der adligen Führungsschicht und den Bürgern erhalten, so dass das System auch von der Oberschicht kaum mehr grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Die Verteilung auf alle Phylen verhalf dem Adel zugleich zu einer größeren Zahl an Strategenstellen. Die Führungsschicht wurde in das politische System eingebunden und der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht. Die aufgegleiste Ordnung konnte zudem weiterentwickelt und so verschränkt werden, dass keine übermäßigen Machtpositionen mehr entstanden. Mit der kleisthenischen Reform setzte eine Entwicklung ein, die zu einer umfassenden Beteiligung des Volkes führte und schließlich als demokratia bezeichnet werden konnte. Unklar ist auf diesem Weg, ob bereits Kleisthenes die Prytanie eingerichtet hat, bei der jede Phyle künftig 36 bzw. 35 Tage im Jahr den Ratsvorsitz inne hatte (Aristot. Ath. 115

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

pol. 43,2 f.). Möglich ist zudem, dass der neue Rat erst im Jahre 501/ 0 v. Chr. zusammentrat, da für dieses Jahr der erste Eid der Boule bezeugt ist; damals wurde jedenfalls die Wahl der Strategen nach Phylen eingeführt (22,2). Umstritten ist auch die Einführung des Ostrakismos (Scherbengericht) unter Kleisthenes. Der erste konkrete Fall ist erst für das Jahr 488/7 v. Chr. überliefert und traf Hipparchos, der offenbar mit Peisistratos verwandt war (22,3 f.). Der Ostrakismos wurde durch das Volk auf der Agora vorgenommen (sogenannte Ostrakophorie), wobei mindestens 6 000 Bürger anwesend sein mussten. Dies war jedoch nur einmal im Jahr möglich und nur, wenn sich die Volksversammlung in einer Abstimmung dafür entschieden hatte (Aristot. Ath. pol. 43,5). Die Bürger schrieben den Namen desjenigen Politikers, der verbannt werden sollte, auf eine Scherbe (ostrakon). Der Meistgenannte musste für zehn Jahre in die Verbannung gehen, durfte sein Vermögen aber behalten. Somit konnte das Volk frei über die führenden Herren entscheiden. Da es aber nicht zwingend den Stärksten traf, war das Instrument keine Garantie gegen Tyrannis-Aspiranten. Letztlich war es eher ein aristokratisches Machtmittel, das Politgrößen wie Themistokles und Perikles erlaubte, ihre Kontrahenten auszuschalten, ohne sich außerhalb des Polisrahmens zu bewegen. Der Ostrakismos diente also dazu, Auseinandersetzungen zu entschärfen und härtere Mittel wie Mord und Totschlag zu verhindern, war aber nicht frei von Willkür. Das Verfahren ist dementsprechend nur in etwa zehn Fällen, zuletzt für das Jahr 417 oder 416/5 v. Chr. bezeugt (Plut. Arist. 7; Nik. 11; Alk. 13), auch wenn es offiziell noch bis gegen Ende des 4. Jh. v. Chr. existiert haben dürfte.11 In einem nächsten Schritt wurde in Athen im Jahre 487/6 v. Chr. die Archontenlosung eingeführt; gelost wurde wohl aus 100 von den Demen vorgewählten Kandidaten (Aristot. Ath. pol. 22,5).12 Zugelassen waren vorerst jedoch nur Angehörige der zwei oberen Besitzklassen (500Scheffler, Hippeis). Gleichzeitig ging die Leitung der Volksversammlung von den (eponymen) Archonten auf die Ratsherren über und garantierte forthin durch einen täglichen Wechsel deren politische Unabhängigkeit.13 Im Jahre 483/2 v. Chr. setzte Themistokles durch, dass Athen eine verstärkte, dauerhafte Kriegsflotte errichtete (Aristot. Ath. pol. 22,7). Dies erfolgte aufgrund der Gegnerschaft mit der nahen Insel Aigina, aber 116

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

auch wegen der Persergefahr. Aristeides, der freundschaftliche Beziehungen zu Aigina pflegte, sprach sich dagegen aus. Statt den Gewinn aus den Silberminen von Laureion für die Flotte zu verwenden, sollte er auf die Bevölkerung verteilt werden. Dennoch wurde Aristeides ostrakisiert (Plut. Arist. 7; Nep. Arist. 1,2), so dass in diesem Fall mit dem Scherbengericht die Politik gegen Persien und Aigina verteidigt werden konnte. Durch den Flottenbau gelangten zudem zahlreiche Theten als Ruderer auf die Schiffe. Die Flotte schuf also neue Auskommen für mehrere Tausend Leute der untersten Klasse. Insgesamt gab es gut 180 Schiffe (Trieren ¼ Dreiruderer), die jeweils mit ca. 200 Leuten bemannt wurden, wovon 170 Ruderer waren.14 Die starke Flotte ermöglichte nach der erfolgreichen Abwehr der Perser im Jahre 478/7 v. Chr. die Errichtung des sogenannten Delisch-Attischen Seebundes. Dadurch ergaben sich neue Aufgaben für die Strategen, welche die Kampfgemeinschaft (Symmachie) zu organisieren hatten. Für die Verwaltung waren zahlreiche Ämter zu besetzen, darunter die Schatzmeister der Hellenen (Hellenotamiai), welche die Einkünfte aus dem Seebund verwalteten (Thuk. 1,96). Ein zentrales Anliegen war, die Herrschaft in der Ägäis zu sichern, wofür der Areopag mit seiner Kontrollfunktion über die Beamten nach wie vor entscheidendes Gewicht besaß, dadurch aber auch selber ins Zwielicht geriet. Dazu kam, dass der Feldherr Kimon, der in den Jahren 465–463 v. Chr. das von Athen abgefallene Thasos belagert und schließlich hart bestraft hatte, im Anschluss an ein fragwürdiges Rechenschaftsverfahren von der Anklage der Bestechung durch die Makedonen freigesprochen wurde (Plut. Kim. 14 f.).15 Die zweifelhaften Zustände im Rechenschaftswesen machte sich Kimons Gegner Ephialtes zunutze und klagte einige Areopagiten wegen ungetreuer Amtsführung an (Aristot. Ath. pol. 25). Im Jahre 463/2 v. Chr. erging wegen des Aufstandes der messenischen Heloten aber auch ein Hilfegesuch Spartas an Athen (Thuk. 1,102; Plut. Kim. 16 f.). Dies spitzte die Debatte zwischen Kimon und Ephialtes, der gegen Sparta eingestellt war, weiter zu. Als Kimon auf Beschluss der Volksversammlung mit dem Heer auszog, nützte Ephialtes im Jahre 462 v. Chr. die Gelegenheit für eine weitere grundlegende Reform. Dabei wurde dem Areopag die Beamtenkontrolle entzogen und auf Institutionen des Volkes übertragen, 117

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so dass ihm nur noch informelle Macht blieb (Aristot. Ath. pol. 25,2). Fraglich bleibt, inwiefern diese Schwächung auch mit außenpolitischen Motiven verbunden war und gegenüber der spartafreundlichen Richtung eine weitergehende imperiale Politik stützen sollte.16 Der Erfolg des Ephialtes beruhte auch darauf, dass die als Ruderer beschäftigten Theten, die vom Seebund profitierten, der Reform zustimmten. Ziel war aber nicht nur, die Macht Athens zu fördern, sondern wohl auch das demokratische Kontrollverfahren zu institutionalisieren. Mit der Überwachung der Exekutive erhielt das Volk weitere politische Entscheidungsbefugnisse.17 Dennoch blieb die Kapital- bzw. Blutgerichtsbarkeit (Mord, Hochverrat) noch beim Areopag, der weiterhin einen angesehenen Gerichtshof darstellte und religiöse Aufgaben erfüllte (Plut. Per. 9; Dem. 18,133 f.). Die Beamtenkontrolle umfasste die Überprüfung der gewählten Ratsherren und Beamten vor Amtsantritt (Dokimasie/dokimasia), die nun vom Rat bzw. im Falle der Archonten von einem Geschworenengericht übernommen wurde; dazu kam die Aufsicht über die Amtsführung bzw. Rechenschaft im Moment der Amtsniederlegung (euthyna), die auf die Euthynoi als Ausschuss des Rates überging.18 Zu den Kontrollmöglichkeiten gehörte schließlich noch die Eisangelie (»Anzeige«), bei der Beamte wegen schwerer Verbrechen gegen den Staat bzw. Hochverrat während der Amtszeit angezeigt werden konnten. Allerdings ging das Verfahren jetzt wohl an die Volksversammlung und den Rat über, die Klagen aus dem Volk (Popularklagen) entgegennahmen und ein Geschworenengericht einsetzen konnten.19 Der Areopag wurde insgesamt also nicht gestürzt, sondern verlor die Aufsicht über die Beamten und damit über die Exekutive. Die Kontrolle kam jetzt der Bürgerschaft zu, aus der sich auch die zuständigen Geschworenengerichte (Dikasterien) zusammensetzten. Damit hatte Ephialtes aber nicht eine »radikale« Demokratie eingeführt, sondern nur Impulse gegeben, um die Demokratie weiter abzusichern. Es ging darum, die Machtballung bei Einzelnen und die Bildung von Interessengruppen zu unterbinden. Kimon versuchte zwar, die Reform rückgängig zu machen, wurde im Jahre 461 v. Chr. aber ostrakisiert (Plut. Kim. 17; Per. 9). Im Jahre 458/7 v. Chr. wurde der Zugang zum Archontat erweitert, so dass jetzt auch die Zeugiten als dritte Klasse nach den 500-Schefflern und 118

9 Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

Rittern als Beamte zugelassen waren (Aristot. Ath. pol. 26,2). Damit wurde die Partizipation der einfacheren Bürger an den Ämtern nochmals deutlich erhöht. Perikles, der in den Jahren 443–429 v. Chr. als Stratege amtierte, führte in diesem Sinne eine Entschädigungszahlung, die sogenannten Diäten, ein. Diese betrafen zunächst die Richter in den Dikasterien (27,3 f.), dann auch die Bouleuten und Archonten; für die Teilnahme an der Volksversammlung wurden die Bürger erst im 4. Jh. v. Chr. entschädigt.20 Im Jahre 451/0 v. Chr. bewirkte Perikles aber auch ein Bürgerrechtsgesetz, das vorschrieb, dass beide Eltern athenisches Bürgerrecht besitzen mussten, um Bürger Athens zu sein (Aristot. Ath. pol. 26,3). Dabei ging es darum, überschaubare Verhältnisse in der Polis zu garantieren und eine größere Ausbreitung des Bürgerrechts zu vermeiden, da dieses an Attraktivität gewonnen hatte. Das Gesetz richtete sich darüber hinaus gegen Hetairien und Zweckfreundschaften bzw. gegen aristokratische Außenbeziehungen, wie sie auch über Gastfreundschaften und verwandtschaftliche Verbindungen mit prominenten Auswärtigen gepflegt wurden. Fraglich ist wiederum, inwieweit es sich damit zugleich gegen eine panhellenische bzw. spartafreundliche Politik wandte und einen imperialen Kurs unterstützte.21 Zuletzt wurde auch noch bei der Vorwahl der Kandidaten für das Archontat das Prinzip der Losung eingeführt.22 Somit war insgesamt ein neues politisches System zustande gekommen, das auf die Macht (kratos) des Volkes (demos) baute und schließlich mit der Bezeichnung »Demokratie« versehen wurde.23 Der Geschichtsschreiber Herodot (6,131) war dabei in der Rückschau geneigt, diese schon mit der Reform des Kleisthenes zu verbinden.

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Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Wie bereits gesehen, ist die Demokratie in Athen erst allmählich entstanden. In dem neu entwickelten System wurde das Volk als Ganzes entscheidend, wobei mit »Volk« allerdings nur die erwachsenen Männer mit vollem Bürgerrecht gemeint sind. Im 5. Jh. v. Chr. gab es ca. 30 000– 50 000 Bürger (Aristoph. Eccl. 1132), neben denen aber wohl ebenso viele Metöken (freie »Mitbewohner«) und Sklaven figurierten.1 Somit bestanden insgesamt überschaubare Verhältnisse, die auch in der Staatstheorie des Aristoteles (eth. Nic. 1170b–1171a; pol. 1267b) als Voraussetzung für einen idealen Staat gelten. Grundlegende Faktoren sind dabei persönliche Bekanntschaft sowie die Präsenz der Bürger in den politischen Gremien und Versammlungen.

Institutionen der Demokratie Zu den Institutionen der athenischen Demokratie gehörte zunächst die Volkversammlung (ekklesia). Diese konnte im Anschluss an eine Vorberatung durch den Rat (probouleuma) über alle öffentlich relevanten Dinge Beschlüsse fassen, wobei in erster Linie politische und militärische Angelegenheiten zur Diskussion standen. Pro Jahr fanden ca. 40 Versammlungen statt, wofür auf der Pnyx ein eigenes Gelände zur Verfügung stand. Bei bestimmten wichtigen Beschlüssen in der Volksversammlung mussten mind. 6 000 Bürger anwesend sein (Dem. 24,45; 58,89).2 Jeder Bürger über 18 Jahre hatte das Rede-, Antrags- und Abstimmungsrecht. 120

Institutionen der Demokratie

Es bestand offene Stimmabgabe durch Handheben, außer etwa beim Ostrakismos (Scherbengericht).

PRYTANIE jede der zehn Phylen stellte für 1/10 des Jahres 50 Prytanen, die für diese Zeit der Boule vorstanden

AREOPAG setzte sich aus ehemaligen Archonten zusammen; lange Zeit wichtiges Gremium, seit 461 v. Chr. oblag dem Gremium immerhin noch die Blutsgerichtsbarkeit

HELIAIA Geschworenengericht, das sich aus Bürgern mit einem Alter von über 30 Jahren zusammensetzte

hieraus leiteten sich die Einzelgerichte ab (Dikasterien), die je nach Gegenstand von 201–2001 Geschworene umfassten Kontrolle

BOULE Rat der 500; aus jeder der zehn Phylen wurden durch Los 50 Bürger ausgewählt; ihre Aufgabe bestand v. a. in der Vorbereitung der Volksversammlung, der Kontrolle der Beamten und der Außenpolitik

ARCHON in klassischer Zeit waren die neun erlosten Archonten die führenden Amtsträger mit jeweils unterschiedlichen Aufgabenbereichen

STRATEGE Mitglied des obersten militärischen Gremiums, das sich aus zehn Strategen zusammensetzte

Wahl

Los

Los

EKKLESIA sie war der oberste Souverän und setzte sich aus allen männlichen Bürgern im Alter von über 18 Jahren zusammen; ihr oblag es, Entscheidungen zur Innen- und Außenpolitik zu fällen; zunächst fanden die Versammlungen der Ekklesia auf der Agora, später auf der Pnyx und seit dem späten 4. Jh. v. Chr. im Dionysos-Theater statt

FREIE, jedoch ohne politischen Einfluss: Frauen, Metöken

UNFREIE: Sklaven

Abb. 18: Die Verfassung von Athen

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10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Es gab aber auch einen Schutz gegen missbräuchliche Antragstellung. Im Verlauf des 5. Jh. v. Chr. konnte jeder Bürger eine Anklage gegen einen Antragsteller eines Gesetzes (später eines Dekretes bzw. Volksbeschlusses [psephisma]) erheben und aufschiebende Wirkung erzielen (graphe paranomon; Paranomie-Klage). Grundsätzlich war es möglich, einen Antragsteller innerhalb eines ganzen Jahres anzuklagen, danach war nur noch der Beschluss anfechtbar. Wenn weniger als ein Fünftel der Richter der Beschuldigung zustimmte, erhielt der Ankläger allerdings eine Strafe.3 Das zentrale politische Gremium der Stadt stellte der Rat der 500 (boule) dar, der sich aus je 50 ausgelosten Bürgern der zehn Phylen zusammensetzte (Aristot. Ath. pol. 43,2). Er tagte am Rande der Agora im Bouleuterion, das nach 415 v. Chr. durch ein neues Gebäude mit halbrunden Sitzreihen ersetzt wurde.4 Die Ratsmitglieder mussten über 30 Jahre alt sein, wobei jeder Athener nur zweimal Einsitz nehmen konnte und dies nur mit einem zeitlichen Abstand, also nicht unmittelbar hintereinander.5 Der Rat war zuständig für die Einberufung der Volksversammlung und die Aufstellung der Tagesordnung. Er sorgte dementsprechend sowohl für die Vorberatung als auch für die Durchführung eines Entscheides. Dabei hatte er auch das Recht, einzelne Fragen oder Anträge nicht vorzulegen. In der Volksversammlung selbst waren jeweils noch Abänderungs- und Gegenvorschläge möglich.6 Geschäftsführender Ausschuss des Rates war die Prytanie, bei der die 50 Delegierten einer Phyle jeweils für ein Zehntel des Jahres (prytaneia) alle außerhalb der Volksversammlung und des Rates anfallenden Entscheide trafen (Aristot. Ath. pol. 43,2 ff.). Die Prytanen hatten im Prinzip ständig anwesend zu sein und besaßen in der Tholos auf der Agora neben dem Bouleuterion ein gemeinsames Amts- und Speiselokal. Im 5. Jh. v. Chr. leitete der täglich wechselnde Vorsteher (epistates) die Volksversammlung. Damit stellte der Rat insgesamt ein Gegengewicht zum Areopag dar. Dieser vormalige Adelsrat, in den die gewesenen Beamten gelangten, war zur Hauptsache nur noch für die Blutsgerichtsbarkeit zuständig (Plut. Per. 9; Dem. 18,133). Im Zentrum der Gerichtsbarkeit stand das Volksgericht (heliaia), das sich aus verschiedenen Geschworenengerichten (dikasteria) zusammensetzte. Das Volk besaß also nicht nur legislative Gewalt, sondern auch die Rechtsprechung, welche die oberste Instanz bildete (Aristot. Ath. 122

Institutionen der Demokratie

pol. 9,1). Für die Gerichtshöfe wurden jährlich 6 000 Bürger ausgelost, die wiederum über 30 Jahre alt sein mussten (24,3; 63). Diese wurden auf ca. zehn Gerichtsstätten à 600 Richter verteilt, die von den Archonten geleitet wurden und für unterschiedliche Prozessgegenstände vorgesehen waren, wie Hochverrat, Amtsvergehen, Gottlosigkeit (asebeia), Anmaßung des Bürgerrechts, falsche Zeugnisse etc.; für einen Prozess wurden im Normalfall höchstens 501 Geschworene ausgelost, bei schweren Vergehen waren es auch 1 001 und mehr.7 Die Mehrzahl der Privatprozesse wurde hingegen von den 30, später 40 Demenrichtern und speziellen Schiedsrichtern (Diaiteten) abgeurteilt, konnte aber auch vor ein erlostes Richterkollegium von 201 oder 401 Richtern gebracht werden.8 Zu den Beamten bzw. Archonten (archontes) zählten zunächst die zehn Strategen als militärische Führer bzw. Vorsteher der zehn Phylenregimenter (Aristot. Ath. pol. 61,1).9 Für die übrige Verwaltung gab es neun Archonten, diverse Schatzmeister (Tamiai) und eine Reihe kleinerer Ämter in den Kultkollegien, im Gericht und im Ordnungswesen, insgesamt ca. 700 Stellen (24,3; 50 ff.).10 Außer den Schatzmeistern (nur 500-Scheffler) stammten die Amtsträger aus den oberen drei der insgesamt vier Besitzklassen und waren auf ein Jahr erlost oder gewählt. Sie mussten über 30 Jahre alt sein und sich einem Prüfungsverfahren (dokimasia) unterziehen, bei dem die staatsbürgerlichen Voraussetzungen kontrolliert wurden (45,3; 55,2 ff.; 59,4). Die Beamten unterstanden zudem der Rechenschaftspflicht (euthyna; 48,4 f.), die neben dem Losverfahren ein zentrales Kennzeichen der athenischen Demokratie bildete. Die Überprüfung der Ratsherren und Beamten vor Amtsantritt wurde vom Rat bzw. im Falle der Archonten auch von einem Geschworenengericht durchgeführt.11 Eine laufende Prüfung über die Verwendung der anvertrauten Gelder erfolgte durch die Logistai (30, später zehn Rechnungsprüfer); die generelle Überprüfung der Amtsführung nahmen die Euthynoi (zehn Rechenschaftsbeamte) vor, die beide als geloste Ausschüsse des Rates Klage vor dem Geschworenengericht von 501 Richtern erheben konnten (Aristot. Ath. pol. 48,3 ff.; 54,2); die Euthynoi traten jedoch nur auf Antrag eines Bürgers in Aktion und überwiesen das Geschäft erst bei Erhärtung eines Verdachtes an die Gerichtshöfe, wo Bußgelder verhängt werden konnten.12 Schließlich konnten die Beamten während der Amtszeit für schwere politische Verfehlungen auch bei der 123

10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Volksversammlung und dem Rat angezeigt und im Rahmen der Eisangelie (»Anzeige«) zur Rechenschaftsablegung an ein Geschworenengericht überwiesen werden.13 Durch den offenen Zugang zum Archontat waren die Beamten vorwiegend ohne Geschäftserfahrung. Dementsprechend hatten sie auch kein allzu großes Gewicht, bildeten also keinen Beamtenstaat. Sie erfüllten vielmehr spezielle Aufgaben ohne große Machtbefugnisse, wobei der Archon basileus etwa für den kultischen Bereich zuständig war. Einzig die Strategen und Kassenverwalter waren wählbar. Sie konnten im Gegensatz zu den anderen Ämtern auch wiedergewählt werden. Perikles war ab 443 v. Chr. fünfzehn Mal hintereinander Stratege und hatte sich dadurch eine eigene Machtstellung gesichert. Dennoch waren die Archonten immer der Volksversammlung gegenüber verantwortlich und hatten sich für eine Wiederwahl zu bewähren. Die Schatzmeister mussten der obersten Schätzungsklasse angehören (Aristot. Ath. pol. 8,1; 47,1), denn hier sollte Fachkompetenz zum Tragen kommen. Zudem hatten sie für allfällige Schäden finanziell geradezustehen, wofür die von Perikles eingeführte Bezahlung der Amtsträger (Diäten) keinesfalls ausreichte. Insgesamt ist in der athenischen Demokratie im Verlauf des 5. Jh. v. Chr. die Tendenz erkennbar, Kompetenzen auf breit abgestützte, rotierende Gremien zu verlagern. Dabei »übernahm der Rat vom Archon die allgemeine Oberaufsicht …, das Strategenkollegium vom Polemarchos die militärischen Funktionen und die Geschworenengerichte von allen Archonten die Jurisdiktion«.14 Dadurch hatte sich bis zur Mitte des Jahrhunderts ein neuartiges, ausgeklügeltes politisches System ausgebildet.

Wesen und Begriff der Demokratie Die athenische Demokratie kann nicht als Regierung im heutigen Sinne bzw. als »Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk« (Abraham Lincoln, 1863) bezeichnet werden. Sie stellt vielmehr einen Personenverband dar, der umfassende politische Selbstbestimmung hatte, wobei das 124

Wesen und Begriff der Demokratie

Ausmaß der Beteiligung erstaunlich hoch war. Ausschlaggebend dafür war, dass die Athener seit den Perserkriegen durch Politik und Kriegsführung eine neue, politische Identität erlangt hatten. Diese kennzeichnete sich durch bürgerliche Zugehörigkeit und beruhte somit nicht nur auf kultischen Zusammenhängen.15 Die Polis wurde mit der Bürgerschaft identisch, so dass hier keine eigentliche Scheidung von Staat und Gesellschaft erfolgte. Hingegen gab es eine Trennung von Haus und Politik, bei der die Männer den öffentlichen Raum, insbesondere die Agora und die Pnyx, einnahmen und bei vielen Geschäften Präsenz zeigten. Im Zuge der athenischen Demokratie erfolgte einerseits »ein Bruch zwischen gesellschaftlicher und politischer Ordnung«.16 Andererseits wurden die sozialen Unterschiede im Bereich des Politischen weitgehend vermengt. Der Demos übernahm die Werte des Adels, zu denen sittliche Bewährung (arete) und Auszeichnung (time) gehörten. Ein gemeinsames Interesse bestand in der Macht Athens, so dass die Herrschaft im Seebund verbindend wirkte.17 Adlige Machtbildung wurde zwar weiter eingeschränkt, einige hohe Positionen blieben aber de facto immer noch den besser Situierten vorbehalten. Deshalb konnten einzelne Staatsmänner wie Perikles nach wie vor eine Vorrangstellung einnehmen. Dennoch fielen wesentliche Entscheidungen in der Volksversammlung anhand von Diskussionen, so dass sich das Gewicht des Demos schließlich auch in der staatlichen Begrifflichkeit niederschlug. Pindar (Pyth. 2,86–88) hatte um 470 v. Chr. zunächst nur drei verschiedene Ordnungen (nomoi), also noch nicht abstrakte Herrschaftsformen, unterschieden. Dazu gehören neben der Tyrannis die Menge (stratos) und die Weisen (sophoi), womit wohl an die bewaffneten Hopliten und die Adligen gedacht ist. Aischylos (Hik. 604) sprach gegen 460 v. Chr. im Zusammenhang mit einem Beschlussverfahren im mythischen Argos von der »herrschenden Hand des Volkes« (demou kratousa cheir), so dass in Athen zum ersten Mal vom kratos des demos die Rede ist. Durch die Verbindung dieser beiden Wörter wurde der Begriff der Demokratie aufgegleist, wie er in der Mitte des 5. Jh. v. Chr. bei Herodot (6,131) greifbar wird.18 Weitere Einblicke in die Selbstauffassung der Athener ergeben sich um 421 v. Chr. durch die »Hiketiden« des Euripides (399–446). In den »Bittflehenden« waren die Argiver unter König Adrastos gegen Theben gezogen, worauf die siegreichen Thebaner die Leichen der gefallenen 125

10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Gegner nicht zur Bestattung freigeben wollten; daher kamen die Mütter der argivischen Feldherren mit Adrastos nach Athen, um König Theseus zu bitten, die Toten auszulösen. Der Herold aus Theben hatte dabei zunächst nach dem »Herrn des Landes« gefragt und die Auskunft erhalten, dass nicht einer Herr des Landes, sondern die Polis frei sei: »Das Volk herrscht Jahr um Jahr, auf Reich und Arm verteilt es gleiche Macht« (406 f.). Die Thebaner wurden schließlich von Theseus zur Verbrennung der Leichen gezwungen. Die Tragödie wird damit zu einem Loblied auf Athen, das einen Zufluchtsort für Entrechtete bzw. einen Hort des Rechts darstellt, in dem ein demokratischer König herrscht. Dieser trägt nicht zuletzt diverse Züge des unterdessen verstorbenen Perikles, der über längere Zeit als führender Politiker die Geschicke mitbestimmt hatte. In Platons Mythos des Protagoras (Prot. 320d–322d) aus dem früheren 4. Jh. v. Chr. nimmt der bekannte Sophist des 5. Jh. v. Chr. eine »aufklärerische«, demokratiefreundliche Position ein. Er bedient sich des Mythos der Kulturentstehung, um die Werte der Demokratie zu begründen. Den Menschen, die anfänglich verstreut lebten, fehlte die Staatskunst (politike techne); als sie sich in Städten zusammengeschlossen hatten, wird Hermes von Zeus beauftragt, den Menschen Scheu (aidos) und Recht (dike) zu bringen, um Ordnung und Eintracht zu stiften; er fragt Zeus, wie er diese Fertigkeiten verteilen soll; ob er so vorgehen soll, wie auch bei anderen Künsten, etwa der ärztlichen Kunst, die jeweils nur einer bestimmten Gruppe zukomme; Zeus antwortet jedoch, er soll die Staatskunst an alle vergeben, so dass nicht nur einzelne sie beherrschen. Politische Beteiligung war somit zur obersten Maxime geworden. Da Athen weder eine strikte Gewalteinteilung noch eine Trennung von Staat und Religion kannte, ist ein Vergleich der athenischen Demokratie mit modernen demokratischen Systemen kaum möglich.19 Im Unterschied zum neuzeitlichen Nationalstaat stellte die antike Demokratie nie einen – willentlich zusammengefügten – Territorialverband dar, sondern verkörperte einen auf den Bürgern beruhenden Personenverband. Zudem fehlte ein Repräsentativsystem, da die Bürger sich selbst zu vertreten hatten bzw. selbst herrschten; deshalb gab es keine institutionalisierten Regierungsstellen, denn die Archonten waren in ihrer Macht beschränkt und wurden wie die Richter und Ratsmitglieder gelost.20 Der Staat kannte keine eigenen Abteilungen für Fürsorge, Wirtschaft, Verkehr etc., sondern 126

Kritik an der Demokratie

verteilte einzelne Aufgaben auf verschiedene Gremien. Darüber hinaus fehlten sowohl professionelle Richter als auch eine methodische Rechtswissenschaft, die als Grundlage für eine einheitliche Rechtsprechung hätte dienen können. Schließlich gab es auch keine eigentlichen Parteien, da Seilschaften und feste Absprachen grundsätzlich verhindert werden sollten. Die athenische Demokratie war vielmehr auf dem Prinzip der Gleichheit (isonomia) aufgebaut. Sie stellte eine direkte, unmittelbare Demokratie dar, welche die Bürger rotierend einbezog, so dass sie sich im Sinne von Aristoteles (pol. 1261b) im Herrschen und Beherrschtwerden abwechselten. Freiheit basierte nicht auf gleichwertigen Menschenrechten, sondern bestand in der bürgerlichen Partizipation. Die Idee, dass Adlige und Bürger in gleichen Teilen an den Staatsgeschäften beteiligt sind und ein offizieller Führer fehlt, war für die antike Welt ein eigentliches Novum und wurde von oligarchischen Kräften auch entsprechend angegriffen.21

Kritik an der Demokratie Schon in klassischer Zeit wurden von verschiedener Seite etliche Einwände gegen die Demokratie vorgebracht. Im Zentrum stand dabei die politische Gleichberechtigung, die keine Rücksicht auf Herkommen und Verdienst kenne, wie v. a. Pseudo-Xenophon in seiner Athenaion politeia (1,1–7) zum Ausdruck bringt.22 Das Volk sei unfähig, habe zu viel Macht und schaue nur auf seinen eigenen Vorteil, so dass die hergebrachten Sitten aufgelöst würden. Den Armen wird unterstellt, dass sie sich durch die Taggelder bereichern und die Vermögenden berauben (Aristoph. Equ. 800. 904 f.; Plat. pol. 565a; Aristot. Ath. pol. 27,4). Der Demos sei eine zügellose Masse, ungebildet und ohne Sachverstand (Heraklit, D/K 22 B 104; Thuk. 6,1), was durch das Losverfahren weiter begünstigt würde (Xen. mem. 1,2,9). Aus diesem Grunde komme es immer wieder zu willkürlichen Beschlüssen und Fehlentscheidungen, wie im Falle der Sizilienexpedition 127

10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

(415–413 v. Chr.), dem Arginusenprozess (406 v. Chr.) und der Hinrichtung des Sokrates (399 v. Chr.). Aufgrund von außenpolitischen Verfehlungen würden griechische Städte auch unrechtmäßig geknechtet (Thuk. 1,124; 2,63). Zudem lasse sich das Volk von zweifelhaften Demagogen beeinflussen (Thuk. 2,65; Aristot. Ath. pol. 28 f.) und in den Gerichten wirkten Sykophanten (Denunzianten) mit Profitgier als Berufsankläger, was die Willkür weiter fördere (Eurip. Hik. 410 ff.; Dem. 23,97). Kritik ergibt sich auch aus moderner Sicht, da das Verhältnis der 30 000–50 000 Bürger zur Gesamtbevölkerung von ca. 100 000 nur etwa 1:3 bzw. höchstens 1:2 beträgt. Frauen, Metöken und Sklaven blieben grundsätzlich von der Politik ausgeschlossen. Die unterschiedliche Bildung und Erziehung bewirkten, dass faktisch nur eine Oberschicht die Amtsgeschäfte führte, wobei die Schatzmeister (Tamiai) für ihre Fehler selber haften mussten. Handwerker und Bauern hatten wenig Zeit für politisch Betätigung und konnten keine allzu großen Reisedistanzen in Kauf nehmen. Schließlich kann geltend gemacht werden, dass die Entwicklung zur Demokratie auch gar nicht vom Volk ausging, sondern in erster Linie ein Resultat der adligen Auseinandersetzungen war. Dem ist entgegenzuhalten, dass die führenden Herren wie Kleisthenes, Themistokles und Perikles durchaus Unterstützung vom Demos gewinnen mussten und sich das Volk in kritischen Momenten (411/10; 404/ 3 v. Chr.) wiederholt für die Demokratie einsetzte. Auch die berufsmäßigen Ankläger und Verfasser von Reden waren Einzelkämpfer, die in Konkurrenz zu anderen Rednern (rhetores) stets neu um Gefolgschaft im Volk zu werben hatten. Die zahlreichen Positionen als Amtsträger und Ratsherren erforderten, dass ein beträchtlicher Teil aller Bürger in die Verantwortung genommen wurde. Schließlich redeten die Griechen auch selbst von demokratia und grenzten diese von anderen Regierungsformen ab. Dies kommt schon in Herodots berühmter Verfassungsdebatte zum Ausdruck (3,80–82), bei der die isonomia (»Gleichordnung«), die der Demokratie zugrunde liegt, inhaltliche Vorzüge gegenüber der Monarchie und der Aristokratie genießt; ausschlaggebend sind dabei die gemeinschaftlichen Beschlüsse, das Losverfahren sowie die Rechenschaftspflicht. Perikles lobt in seiner Gefallenenrede (epitaphios logos) die Vorbildfunk128

Der Attische Seebund und die athenischen Finanzen

tion der athenischen Demokratie, welche sowohl auf äußerer als auch auf innerer Freiheit beruht (Thuk. 2,35–46). Die vorteilhafte Organisation der Demokratie wurde letztlich sogar von den Gegnern akzeptiert, wie es die Schrift von Pseudo-Xenophon (1,1; 3,1) bezeugt. Der Grad der Demokratisierung, den Athen entwickelt und lange Zeit aufrechterhalten hat, ist in späteren Zeiten jedenfalls kaum wieder erreicht worden.

Der Attische Seebund und die athenischen Finanzen Nach den Siegen über die Perser bei Plataiai und Mykale im Jahre 479 v. Chr. zog sich Sparta aus der Ägäis zurück, so dass Athen den Schutz der kleinasiatischen Küstenstädte übernahm (Thuk. 1,95 f.). Die Athener schlossen im Jahre 478/7 v. Chr. mit der Mehrzahl der Städte der Inseln und Küsten in der Ägäis unbefristete Einzelbündnisse. Es handelte sich um Symmachien (Kampfbünde), die im Prinzip die Autonomie der Bündner festhielten. Daraus bildete sich ein Bündnissystem, in dem Athen der Hegemon war, also die militärische Führung hatte.23 Einzelne Mitglieder wie Thasos, Naxos, Lesbos, Chios und Samos steuerten Schiffe bei, die anderen leisteten jährlich eine Ausgleichszahlung (phoros) zum Unterhalt der athenischen Flotte. Der Stratege Aristeides war der erste, der die Beiträge festgesetzt hatte (Aristot. Ath. pol. 23,4 f.; Plut. Arist. 24).24 Sitz der Kasse und Tagungsort des Bundesrates, in dem jedes Mitglied eine Stimme hatte, war zunächst das zentrale Apollon-Heiligtum von Delos, so dass wir auch vom Delisch-Attischen Seebund reden. Die Kassenverwalter (zehn Hellenotamiai) stammten aus Athen (Thuk. 1,96), das zugleich die Heerführer (Strategen) stellte. Kurz vor dem Jahre 411 v. Chr. wurde die Zahl der Hellenotamiai auf 20 erhöht, wobei diese auch die Verwaltung der Finanzen Athens übernahmen (Aristot. Ath. pol. 30,2) und damit die Zentrumsfunktion der Stadt bekräftigten. 129

10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Der Seebund führte an einzelnen Stellen in der Mittelmeerwelt den Kampf gegen die Perser erfolgreich fort. Der Athener Kimon erreichte Anfang der 460er Jahre v. Chr. einen bedeutenden Sieg bei der Eurymedon-Mündung an der Südküste Kleinasiens (Plut. Kim. 12 f.). Als sich Ägypten von der Perserherrschaft befreien wollte, leistete Athen ab 459 v. Chr. militärische Hilfe, erlitt im Jahre 454 v. Chr. im westlichen Nildelta aber große Verluste (Thuk. 1,104. 109 f.). Im Jahre 449/8 v. Chr. kam es angeblich zu einem offiziellen Friedensschluss mit Persien, dem sogenannten KalliasFrieden (StV II2 152), dessen Historizität jedoch umstritten ist. Schließlich wurde im Jahre 446 v. Chr. nach dem Abfall Megaras auch mit Sparta Frieden geschlossen (Thuk. 1,114 f.), so dass Athen sein Bündnissystem in der Ägäis bis zum Peloponnesischen Krieg weiter ausbauen konnte. Die Bundeskasse war schon nach der ägyptischen Niederlage von 454 v. Chr. von Delos nach Athen verlagert worden (Plut. Per. 12,1; Arist. 25,2). Im Jahre 447 v. Chr. wurde mit dem Bau des Parthenon begonnen, in dem auch diese Gelder aufbewahrt werden konnten. Ein Sechzigstel davon ging an die Tempelkasse der Athena, was auf Tributlisten festgehalten ist (IG I3 1, 259–290). Da die Bundesgenossen am Panathenäen-Fest teilnehmen mussten, hatte sich Athena zugleich von einer Stadtgöttin zu einer Bundesgöttin gewandelt. Der Seebund war allmählich zu einer Herrschaft (arche) Athens über die Städte der Ägäis geworden und wurde sogar mit einer Tyrannis verglichen (Thuk. 1,122. 124; 2,63).25 Da der Bundesrat auf Delos eingestellt worden war, entschied an seiner Stelle jetzt die athenische Volksversammlung. Athen erließ Bundesgesetze, zog Teile der Gerichtshoheit an sich (Ps.-Xen. 1,16– 18), verfügte über die Tribute und zwang den Bündnern seine Münzen und Maße auf (Meiggs/Lewis 45; HGIÜ I, 68).26 Politische Vergehen konnten vor den athenischen Geschworenenhöfen verhandelt werden, wie etwa aus dem athenischen Volksbeschluss über Chalkis auf Euboia (446/5 v. Chr.) ersichtlich wird (StV II2 155; HGIÜ I, 79). Das Bundesgebiet wurde in die Bezirke der Inseln, Ionien, Hellespont, Karien und Thrakien aufgeteilt und durch ein Korps von 700 athenischen Beamten verwaltet (Aristot. Ath. pol. 24).27 Die Städte der Bundesgenossen wurden als abhängige Kolonien (Apoikien) betrachtet und somit kultisch und wirtschaftlich an Athen gebunden.28 Ihre Zahl betrug im Jahre 425 v. Chr. über 400. Teilweise wurden Kontrollbeamte eingesetzt, 130

Der Attische Seebund und die athenischen Finanzen

Garnisonen stationiert oder auch demokratische Verfassungen eingeführt, wie etwa am athenischen Volksbeschluss über Erythrai (ca. 453/ 2 v. Chr.; StV II2 134; HGIÜ I, 63) und ein paar Jahre später im Falle von Kolophon ersichtlich wird (StV II2 145; Meiggs/Lewis 47; HGIÜ I, 76). Versuche, von Athen abzufallen, wie sie zunächst Naxos (Thuk. 1,98), dann um 465/3 v. Chr. Thasos (1,101) unternahmen, wurden hart bestraft. Sie konnten die Abgabe der Flotte, Schleifung der Mauern sowie die Konfiskation von Land zur Folge haben. Auf eroberten Ländereien wurden athenische Bürger in sogenannte Kleruchien angesiedelt, die von der Mutterstadt abhängig und somit ein Herrschaftsinstrument blieben, wie z. B. in Histiaia auf Euboia (446 v. Chr.), auf Lesbos (427 v. Chr.) und Melos (416/5 v. Chr.; Thuk. 1,114; 3,50; 5,116). Die Einnahmen, die Athen als Hegemonialmacht aus dem Bundesgenossengebiet bezog, beliefen sich auf mehrere Hundert Talente pro Jahr (Thuk. 1,96; 2,13; 1 Talent ¼ 26 kg Silber), wobei zur Zeit des Peloponnesischen Krieges im Jahre 425 v. Chr. sogar 1.460 Talente bezeugt sind (IG I2 63; Meiggs/Lewis 69).29 Auch wenn dies den Finanzbedarf der Stadt in keiner Weise deckte, kamen die Erträge aus dem Seebund durchaus der Bürgerschaft insgesamt zugute (Ps.-Xen. 1,17 f.). Der Betrieb und die Instandhaltung der Flotte, deren Bau mit den Erträgen aus den staatlichen Silberminen in Laureion finanziert worden war, schufen Arbeitsplätze für die unteren Schichten.30 Diese waren auch durch die Bauprogramme auf der Akropolis beschäftigt, für die ein Teil der Bundesgenossengelder eingesetzt wurde (Plut. Per. 12 f.). Solche Maßnahmen trugen dazu bei, dass in der Stadt soziale und politische Ruhe bewahrt wurde. Athen genoss durch den Seebund wirtschaftliche Zentrumsfunktion, betrieb aber wie andere Poleis bis in spätklassische Zeit weder eine umfassende staatliche Handelspolitik noch einen systematischen, planmäßigen Staatshaushalt.31 Jährlich zur Debatte standen nur die Getreideversorgung und die Landesverteidigung (Aristot. Ath. pol. 43,3). Über die Steuerung des Getreidemarktes wurde für ausreichende Nahrungsmittelimporte, wie sie über das Gebiet des Seebundes erfolgten, gesorgt.32 Gleichzeitig waren aber auch vermehrte staatliche Einnahmen erforderlich, da allein schon für die Taggelder (Diäten) jährlich ca. 150–200 Talente aufgewendet werden mussten; ähnliche Summen verschlang die Armee im Frieden – im Krieg sogar ein Mehrfaches.33 131

10 Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

Regelmäßige Steuern wurden weder auf Personen noch auf deren Besitz erhoben, sondern auf bestimmte Erträge und Einkommen (Grundsteuern, Gewerbesteuern), indirekt auch über Warenzölle, Grundstückverkäufe, Rechtsgeschäfte etc., wobei die Hafenzölle (2 %) jährlich gut 30–60 Talente einbrachten. Im Falle von bewaffneten Konflikten konnte dennoch eine Kriegssteuer (eisphora) beschlossen werden, die sich nach dem Vermögen der Bürger richtete und erstmals für das Jahr 428/7 v. Chr. bezeugt ist (Thuk. 3,19); einzig die Metöken hatten regelmäßig eine personalisierte Abgabe (metoikion) zu entrichten, die insgesamt nochmals ca. 40 Talente pro Jahr beisteuerte.34 Obwohl die Reichen von direkten Steuern verschont blieben, kam ein Teil der privaten Vermögen auch der Allgemeinheit zugute. Über das sogenannte Leiturgiensystem waren Wohlhabende nämlich gezwungen, einen Teil der öffentlichen Aufgaben – wie etwa die Ausrichtung von Theateraufführungen (Choregie) oder die Ausrüstung eines Kriegsschiffes (Trierarchie) – aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Dafür waren jeweils ein bis zwei Talente aufzuwenden, so dass für den einzelnen Bürger in einigen Jahren bis sechs Talente anfallen konnten (Lys. 21,1–5).35 Dadurch bestand die Möglichkeit, sich öffentlich zu profilieren und trotz des sozialen Vorrangs im demokratischen System ausgleichend zu wirken. Somit war die Stadt auch überlebensfähig, als sie am Ende des Peloponnesischen Krieges (404 v. Chr.) ihre Bündnispartner verlor und auf die Einkünfte aus dem Seebund verzichten musste.

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Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Die Beschäftigung mit Geschichte in der Moderne beruht auf Grundlagen, welche im klassischen Griechenland festgelegt wurden. Historie geht auf Griechisch historie (lat. historia) zurück und bedeutet so viel wie Erkundung und Forschung. Bis ins 18. Jh. umfasste Historie sowohl wahre als auch erfundene Berichte, wurde dann aber durch die Bezeichnung »Geschichte« verdrängt, mit der sich seit dem 19. Jh. auch eine eigentliche Wissenschaft verbindet.1 Jedoch hatten bereits die Griechen damit begonnen, die eigene Lebenswelt nicht mehr als rein götter- oder naturgegeben zu erachten, sondern als Ergebnis früheren menschlichen Handelns. Es ging schon damals darum, den Wahrheitsgehalt von Erzählungen über die Vergangenheit zu überprüfen und diese in schriftlicher Form mit einander zu kombinieren, um zur Erklärung übergeordneter Zusammenhänge zu gelangen. Die Entdeckung der Geschichtsschreibung zählt somit zu den wegweisenden Errungenschaften der Griechen. Wie in anderen antiken Gesellschaften so lebte auch bei den Griechen die Vergangenheit zunächst in Form von Mythen, heroischen Erzählungen von Göttern und sterblichen Helden wie Achilleus, Odysseus, Agamemnon etc. weiter. Das von Natur aus gegebene Erinnerungsvermögen (mneme) konzentrierte sich auf lange tradierte, fiktive Einheiten und gab auch mündliche Berichte aus den letzten zwei bis drei Generationen weiter.2 Dies bedeutete nicht zwangsläufig eine Auseinandersetzung mit der Geschichte, da diese neuen Fragen nach Wahrheit, Authentizität, Fakten, Zusammenhängen und Entwicklungen bedingte. Dennoch begannen die Griechen im späteren 6. Jh. v. Chr. den Wahrheitsgehalt des Überlieferten zu überprüfen und erhofften sich seit den Perserkriegen von der Suche nach geschichtlichen Begebenheiten und deren Kontext neue Orientierung in der Gegenwart. 133

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Um zur Entdeckung der Historie zu gelangen, bedurfte es zunächst bestimmter literarischer Vorbedingungen, aber auch einer neuen Stufe des politischen Denkens.3 Im Zusammenhang mit den Perserkriegen nutzte Herodot diese, um als erster eine umfassende Deutung vergangenen Geschehens zu verfassen. In einem weiteren Schritt setzte Thukydides als Zeitgenosse des Peloponnesischen Krieges grundlegende Maßstäbe für die Beschäftigung mit der Geschichte. Auf dieser Basis entstanden historiographische Leistungen, die der antiken Gesellschaft als neuer Wegweiser dienen und entsprechenden Halt bieten sollten. Die ersten beiden Geschichtsschreiber legten den Grundstein für eine historische Methode und gaben dieser einen eigenen Stellenwert, auch wenn die Mythen im Leben der Griechen einen zentralen Platz behielten.

Literarische Voraussetzungen Eine wesentliche Voraussetzung für die Entdeckung der Historie ist die Schriftlichkeit und deren Verwendung durch die Dichter. Homer berichtete um 700 v. Chr. noch von einer weit zurückliegenden, mythischen Vergangenheit, die für die Zeitgenossen dennoch eine Realität darstellte. Auch wenn er in der Ilias einen histor erwähnt, der als Schiedsrichter Fakten im Rechtsstreit untersucht (Il. 18,501), ist Homer selber von historischen Nachforschungen weit entfernt. Die Erzählungen über den Kampf um Troja erklärten vielmehr phantasievoll die Existenz der großen Burgen (Mykene, Tiryns, Pylos), die den Zeitgenossen immer noch monumental vor Augen standen. Das Handeln der heroischen Vorfahren, deren Ruhm (kleos andron) fortlebte (Il. 9,189), bot dabei einen bedeutenden Wertmaßstab für die eigene Zeit. Zu einem weiteren großen Thema wurde der Reisebericht, wie er auch in der Odyssee vorliegt. Dieser umfasst Nachrichten über fremde Länder, in denen der griechische Held Odysseus vielfältige Gefahren bestehen musste, bevor er in seine Heimat auf der Insel Ithaka zurückfand. Hier spiegelt sich ein neues Interesse an geographischen Räumen, fremden 134

Literarische Voraussetzungen

Ländern und Sitten, das mit der griechischen Kolonisation einherging. Homer und seinen Zeitgenossen ging es also nicht nur um den Krieg und dessen Nacherzählung, sondern um eine gemeinsame griechische Werteund Weltordnung, die den Polisrahmen überspannte. Auch der boiotische Dichter Hesiod war noch ganz im Mythos verhaftet. Seine »Geburt der Götter« (Theogonia) erklärt die Entstehung der Welt und der Götter in drei Generationen: Uranos, Kronos und Zeus, der dem olympischen Göttergeschlecht in einer quasi-historischen Abfolge zum Durchbruch verhalf. Das zweite bedeutende Gedicht »Werke und Tage« (Erga kai hemerai) bringt aber auch eine zeitliche Entwicklung der Welt in Epochen hinein: die altorientalische Auffassung von fünf Zeitaltern, die immer mühseliger werden (106 ff.). Hier liegt also eine pessimistische Sicht des Weltschicksals zugrunde, die nicht zivilisatorischen Fortschritt, sondern auf allen Ebenen Rückschritt diagnostiziert und für die Gegenwart Handlungsbedarf markiert. Im 6. Jh. v. Chr. wurden neben der herkömmlichen Dichtung neue Denkformen wichtig, die sich in erster Linie in Ionien, der heutigen kleinasiatischen Küste der Türkei, entfalteten. Die sogenannten altionischen Naturphilosophen, die im nächsten Kapitel zur Sprache kommen werden, suchten nun nach rationalen Erklärungen für das Wesen der Welt. Ein Zentrum dafür bildete sich in Milet, wo auf verschiedenen Gebieten naturwissenschaftliche Grundlagenforschung betrieben wurde. Hier sammelten sich im Zusammenhang mit der Kolonisation auch neue Erfahrungen und Informationen an, die Aufschlüsse über die Gestalt der Mittelmeerwelt sowie die nördlichen Völker rund ums Schwarze Meer gaben. Anaximander von Milet (ca. 610–545 v. Chr.), der sich mit geographischen und astronomischen Fragen befasste, fertigte einen Himmelsglobus an und entwarf eine Weltkarte, auf der die drei Landmassen Europa, Asien und Libyen vom Okeanos (Weltenstrom) umflossen werden (D/K 12 A 1. 6. 7). Sein Schrifttum über die Natur (Peri physeos) war im Gegensatz zur epischen Dichtung Homers in nüchterner Prosa gehalten (D/K 12 A 7). Damit wurde ein neues Genre von Schriftstellerei kreiert, das auch für die Abfassung von historischen Texten unabdingbar war. Die Beschäftigung mit dem Weltbild ergab zugleich eine grundsätzliche Relativierung der eigenen Gegenwart. 135

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Hekataios von Milet (ca. 555–485 v. Chr.) entwickelte unter dem Einfluss Anaximanders erstmals eine systematische Länder- und Völkerkunde. Auf der Grundlage von Reisebeschreibungen und eigenen Erkundungen entstanden eine erweiterte Weltkarte und eine übergeordnete Erdbeschreibung (Periodos/Periegesis ges; FGrHist 1 F 36–369).4 Dieser sollte jetzt auch eine geschichtliche Wesensbestimmung der Welt nachfolgen.5 Dabei knüpfte Hekataios an die hergebrachten Genealogien an, wie sie Hesiod in seiner Theogonie vorgelegt hatte. Mit Hilfe von rationalen Überlegungen wollte er die Erzählungen von phantastischen und heroischen Übertreibungen befreien sowie den geschichtlich »wahren Kern« freilegen. Hekataios hatte zwar denselben Stoff wie die epischen Dichter, blendete die Götter aber aus und konzentrierte sich auf die mythischen Könige, Helden und Heroen, die er als historische Persönlichkeiten betrachtete. Hekataios wandte sich also nicht der Erschließung der Zeitgeschichte zu, sondern versuchte vorläufig nur, die Sagenwelt mit Verstand zu ordnen. Zu Aigyptos, der seine 50 Söhne mit den 50 Töchtern seines Bruders Danaos in Argos verheiraten wollte, bemerkte er: »Aigyptos selbst kam zwar nicht nach Argos, seine Söhne aber. Nach Hesiod waren es 50, wie ich meine, nicht einmal 20« (Schol. Eurip. Or. 872 ¼ FGrHist 1 F 19). Dies ist zwar methodisch fragwürdig und für die Suche nach Wahrheit ungeeignet, zeigt aber, wie das eigene, vernunftmäßige Urteil des Berichtenden wichtig wird. Trotz seiner rationalen Kriterien kann es Hekataios anhand des mythischen Stoffes nicht gelingen, ein geschichtliches Werk zu verfassen, so dass es letztlich bei einer quasi-wissenschaftlichen Neuerzählung der Götter- und Heldensagen (Genealogiai) in Prosa bleibt. Genealogische Forschungen und Stammbäume dienten seit archaischer Zeit dazu, die prominente Abstammung bedeutender Familien zu belegen, die sich bis auf die Heroen der Vorzeit zurückführten.6 Allenfalls brachten sie auch schon das Verdienst einzelner Familien und Persönlichkeiten um gewisse Errungenschaften und staatliche Einrichtungen zum Ausdruck, wie z. B. das Panathenäen-Fest oder das spartanische Doppelkönigtum. Diesem genealogischen Erinnerungsbedürfnis kam in Athen vor der Mitte des 5. Jh. v. Chr. auch Pherekydes nach (FGrHist 3).7 In Sparta wurde eine Königsliste geführt (Hdt. 7,204; 8,131) und an verschiedenen Orten wurden Beamtenverzeichnisse erstellt, die über den familiären Kontext hinausgingen. 136

Literarische Voraussetzungen

Abb. 19: Weltkarte des Hekataios

Die Genealogien gaben einen ersten chronologischen Rahmen und sollten die Distanz zwischen der heroischen Zeit und der Gegenwart überbrücken; sie verbanden sich mit dem Bewusstsein, dass der Untergang der Burgen und die nachfolgende dunkle Zeit eine Strafe für Verfehlungen und Übermut (hybris) waren.8 Damit war ideell ein Kreislauf von Macht und Zerfall präkonzipiert, der auch das spätere Geschichtsdenken prägte. Die genealogische Verbindung zwischen den entrückten Heroen und der eigenen Zeit führte in einem nächsten Schritt zu der Frage, was wirklich wahr ist am Überlieferten. Die Errungenschaft einer sinnhaften Ereignisgeschichte sollte dabei erst Herodot zukommen. 137

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Herodot als Vater der Geschichtsschreibung Herodot aus Halikarnassos in Kleinasien wurde von Cicero (leg. 1,1,5) als Vater der Geschichtsschreibung (pater historiae) bezeichnet – und in der Tat spricht einiges dafür, ihn an den Anfang der eigentlichen griechischen Geschichtsschreibung zu setzen. Seine Lebenszeit erstreckte sich von ca. 485–425 v. Chr., also von den Perserkriegen bis zum Peloponnesischen Krieg. Anlässlich von politischen Wirren im Zusammenhang mit einem Tyrannensturz wurde er früh aus seiner Heimatstadt vertrieben und begab sich auf Erkundungsreisen in diverse Länder rund ums Mittelmeer.9 In der Mitte der 440er Jahre v. Chr. hielt er sich in Athen auf und pflegte dabei Kontakte mit führenden Persönlichkeiten wie dem Politiker Perikles und dem Tragödiendichter Sophokles. In Athen erzählte Herodot anlässlich von Vorträgen bereits aus seiner Sammlung von Geschichten, die er an verschiedenen Orten aufgegriffen hatte. Diese verknüpfte er zu einer neuen Sinneinheit und hielt sie dabei auch schriftlich fest, in Form einer »Darlegung« seiner »Erkundung« (histories apodexis), später verkürzt »Historien« (Nachforschungen) bzw. nach ihrem übergeordneten Thema »Die Geschichte der Perserkriege« genannt. Die Beweggründe für sein Tun führt Herodot einleitend im Proömium selbst auf. Es geht darum, dass mit der Zeit nicht in Vergessenheit gerät, »was durch Menschen entstanden ist« (ta genomena ex anthropon), also um Erinnerung an menschliches Wirken, das sich von demjenigen der Götter und Heroen unterscheidet. Im Weiteren sollte verhindert werden, dass die »großen und staunenswerten Werke« (erga megala kai thomasta) der Griechen und Barbaren »ohne Ruhm« (aklea) blieben. Gemeint ist das Bewahren von bedeutenden und zugleich überraschenden Einzel- und Kriegstaten, auch der Gegner, genauso wie von menschlichen Erfindungen und Errungenschaften wie Bauwerken etc. Schließlich »soll man erfahren, warum sie gegeneinander Krieg führten«, womit generell eine neue Art der Ursachenforschung für den Konflikt zwischen den gegnerischen Parteien in Asien und Europa angekündigt wird.10 Hauptereignis ist die Auseinandersetzung der Griechen mit den Persern, wobei die persische Geschichte den Ausgangspunkt bildet. Die Geschehnisse laufen entlang der vier Perserkönige (Kyros, Kambyses, Dareios, 138

Herodot als Vater der Geschichtsschreibung

Xerxes) und den von ihnen eroberten Ländern von der Mitte des 6. Jh. v. Chr. bis zu den Niederlagen der Perser gegen die Griechen von 480/79 v. Chr. Dennoch ist die Darstellung bis in die Hälfte des Werkes nicht linear fortschreitend, sondern verläuft bis zu den eigentlichen Perserkriegen nur in einem groben chronologischen Raster mit Stillständen, Rückgriffen, Vorgriffen und Ringkompositionen, wie etwa beim Lyderkönig Kroisos (Hdt.1,59–69) oder bei den Athenern Kleisthenes (5,66–69) und Hippias (5,94–96). Herodot legt dabei erstmals ein Gesamtkonzept für Berichte aus der Vergangenheit zugrunde: den Aufstieg und Fall einer Großmacht, einsetzend bei der persischen Eroberung des Lyderreiches und dessen letztem Herrscher Kroisos. Dieser soll um die Mitte des 6. Jh. v. Chr. durch seinen Überfall auf ionische Städte den Anfang der Feindseligkeiten gegen die Griechen gemacht haben (1,5 f.). Herodots Darstellung der Perserkriege ist also nicht zweckfrei, sondern soll wesentlich zur Klärung der Schuldfrage beitragen. Dennoch werden die im Mythos überlieferten früheren Auseinandersetzungen nicht einfach ausgeklammert, sondern rational eingeordnet und durch plausiblere Tatsachen aus der jüngeren Vergangenheit ergänzt. Im Unterschied zum Mythos sind die historischen Ereignisse nicht durch feste Vorherbestimmung, sondern von einer Vielzahl menschlicher Akteure geprägt. Bisherige Selbstverständlichkeiten werden dadurch aufgelöst, und die Geschehnisse tragen zu einer neuen Sinnstiftung für die Zeitgenossen bei. Bei Herodots Erzählungen tritt reales Geschehen in den Vordergrund. Mitverfolgt wird in erster Linie ein Stück Zeitgeschichte: die Geschichte der letzten 100 Jahre, also jener Zeit, die für Herodot durch das Sammeln von mündlichen Berichten »erforschbar« war. Indem er diese in das übergeordnete Konzept der Auseinandersetzung zwischen Asien und Europa einpasst, erhalten sie grundsätzlich neue Bedeutung. Hinter diesem Vorgehen steht einerseits die Idee der gegen Persien verteidigten Freiheit. Die durch die Bedrohung von außen gemachte Fremderfahrung hat zur Stärkung der griechischen Identität beigetragen und das Bedürfnis nach Kommemorierung der eigenen Leistungen hervorgerufen. Andererseits zeigt sich am Beispiel des Gegners, wie eine Großmacht durch übermäßige Begehrlichkeiten zu Fall kommt. Indem Herodot die Ereignisse weitertradiert, befriedigt er also nicht nur die Sensationslust, sondern betreibt auch Mahnung und Unterweisung für angemessenes menschliches Verhalten. 139

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Herodots Methode besteht darin, das weiterzuerzählen, was erzählt wird (legein ta legomena; 7,152), also das in Erfahrung Gebrachte wiederzugeben. Dabei steht Herodot noch ganz in ethnographisch-geographischer Tradition. Er berichtet detailreich über fremde Länder und Sitten und versucht, möglichst viel unterzubringen, was als eine Art »Wirklichkeitswissenschaft« bezeichnet werden kann.11 Geographie und Ethnographie verbinden sich mit Geschichte zu einer neuen Synthese. Erzählungen, die an verschiedenen Orten im Umlauf waren, werden jetzt zum ersten Mal aufgeschrieben und zueinander in Beziehung gesetzt. Dennoch verknüpft sich mit Herodots Methode ein besonderer Objektivitäts- und Wahrheitsanspruch. Nicht etwa subjektive persönliche Erfahrung ist gefragt, sondern das, was durch Zeugenbefragung erkundet wurde. Dies soll getreu berichtet werden, wobei unterschiedliche Erzählungen bzw. abweichende Versionen nebeneinandergestellt werden. In einzelnen Fällen ergänzt Herodot diese durch einen eigenen Plausibilitätsvorschlag (1,70). Das Urteil bleibt jedoch dem Publikum überlassen, so dass an dieses auch neue Erwartungen gestellt werden. Herodots Leistung besteht darin, die Geschichten in einen übergeordneten Ereigniszusammenhang einzuordnen. Dadurch entsteht eine pragmatische Kausalität des Geschehenen, das zur Erklärung der Gegenwart beiträgt. Zudem verleiht Herodot dem schon im Mythos vorgeprägten Konflikt zwischen Ost und West eine geschichtliche Dimension, die auch für die späteren Zeiten immer wieder bedeutungsvoll wurde. Alles Berichtete erhält eine bestimmte Funktion und soll die Einsicht in geschichtliche Abläufe der Menschheit vertiefen, um damit eine neue Orientierungshilfe zu bieten. Dennoch bleibt die Frage, wie es überhaupt zum Bedürfnis nach schriftlichem Festhalten von vergangenen Ereignissen gekommen ist, und was dies im Einzelnen leisten sollte und konnte.

Politische Voraussetzungen Die Entstehung der Historie bedingte eine spezielle Form des politischen Denkens, die auch in der Gestaltung der politischen Verhältnisse ihren 140

Politische Voraussetzungen

Niederschlag fand. Dies äußerte sich im 5. Jh. v. Chr. in der Herausbildung der Demokratie, wie sie sich in Athen nach den Perserkriegen abspielte. Isonomia, gleiches, ebenmäßiges Recht für alle, war schon mit dem athenischen Reformer Kleisthenes (508/7 v. Chr.) auf breitere Bürgerschichten ausgedehnt worden.12 Diese wurden zugleich verstärkt in die Leitung des Gemeinwesens einbezogen, so dass sie auch vermehrt Verantwortung für die Gemeinschaft trugen. Das neue System hatte sich in den Perserkriegen, aus denen die Griechen siegreich hervorgegangen waren, erstmals bewährt. Es war gelungen, die drohende Gefahr der Fremdherrschaft abzuwenden. Das freie bürgerliche Leben in Selbstverantwortung wurde zu einem besonderen Wert und verhalf auch dem Konzept von politischer Freiheit und Autonomie erstmals zum Durchbruch.13 Der neu geprägte Begriff der demokratia, der Herrschaft des Volkes, rückte den Aspekt der Macht und ihrer Aufteilung in den Händen vieler ins Zentrum. Die im Anschluss an die Perserkriege neu errichtete Herrschaft der Athener in der Ägäis (Attischer Seebund) trug weiter dazu bei, die Frage nach Macht, aber auch nach Ursprung und Werden zu stellen. Die Zeit des Umbruchs brachte ein grundlegend neues Orientierungsbedürfnis hervor und erforderte die Erläuterung von Ereigniszusammenhängen, bei denen man auf Tatsachen rekurrieren wollte.14 Die politische Ordnung hatte sich von einem naturgegebenen Zustand abgekoppelt und war »machbar« geworden. Handeln wurde zum intentionalen Handeln, und ein solches setzte man nun auch in der Vergangenheit voraus. Das schriftliche Festhalten der Geschichten aus der Vergangenheit verfolgte daher eine doppelte Absicht: Einerseits ging es darum, das darin enthaltene Wissen breiteren Schichten zugänglich zu machen und die erweiterte Bürgerschaft zu unterweisen. Die Vergangenheit diente so gesehen der Orientierung und Bildung der Bürgerschaft, der auch im Theater und in der Philosophie (Sophistik) neue Inhalte vermittelt wurden. In diesem Zusammenhang rückte der Mensch generell ins Zentrum des Interesses. Andererseits konnten adlige Familien, deren Macht in Frage gestellt war, in den Geschichten hergebrachte Strukturen und Deutungsmuster kommemorieren und so den Stolz auf ihre früheren Leistungen aufrechterhalten. Der Einfluss sozial herausragender Familien war keinesfalls gänzlich verschwunden und musste unter den veränderten 141

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Verhältnissen neu geltend gemacht werden. Die Adligen hatten sich in der athenischen Demokratie neu zu legitimieren. Trotz der Orientierungshilfen und Unterweisungsmöglichkeiten setzte die athenische Demokratie aber nicht auf die Geschichtsschreibung als offizielles Medium zur Vermittlung der Vergangenheit. Es fällt auf, dass sich öffentliche Kunstwerke im 5. Jh. v. Chr. stark auf legendäre Taten der fernen Vergangenheit konzentrierten und den Mythos, der sich insbesondere um Theseus als vermeintlichen Stadtgründer rankte, weitertradierten.15 Auch Athen hat sich demnach lange Zeit nicht offiziell in schriftlicher Form um seine eigene Geschichte gekümmert, bis Thukydides als Außenseiter aus persönlicher Motivation erstmals Zeitgeschichte verfasste und die sogenannten Atthidographen die Vergangenheit der Stadt in mehreren Varianten bzw. von unterschiedlichen politischen Standpunkten aus aufzeichneten.16 Den Grundstein dazu legte am Ende des 5. Jh. v. Chr. Hellanikos von Lesbos (FGrHist 4), der aber wie Thukydides aus Athen verbannt worden war. In seiner »Atthis« behandelte er die Geschichte der 50 Jahre vor dem Peloponnesischen Krieg (Thuk. 1,97) und für Sparta publizierte er eine Liste der Karneensieger (Athen. 14,635e). Das athenische Bewusstsein blieb aber bis ins 4. Jh. v. Chr. nicht von den Geschichtswerken, sondern von allgemeingültigen Exempla geprägt. Einzelne Topoi mustergültiger Handlungen wurden insbesondere anlässlich von Staatsbegräbnissen immer wieder neu gefeiert, wie z. B. die Abwehr der Amazonen, die Zerstörung von Troja sowie der Sieg über die Perser bei Marathon von 490 v. Chr.17 Dennoch wurde in Athen durch Thukydides am Ende des 5. Jh. v. Chr. ein wegweisender Maßstab für die »kritische« Geschichtsschreibung gesetzt.

Thukydides als Maßstab für Geschichtsschreibung Thukydides wurde um 460 v. Chr. als Sohn des Oloros in die athenische Aristokratie geboren. Von seinem Vater erbte er Goldbergwerke in 142

Thukydides als Maßstab für Geschichtsschreibung

Thrakien (Thuk. 4,105,1) und genoss verwandtschaftliche Beziehungen zu Militades und Kimon aus der Familie der Philaiden (Plut. Kim. 4). Im Jahre 424 v. Chr. hatte er das militärische Führungsamt eines Strategen inne und kämpfte damals im Peloponnesischen Krieg gegen Sparta. Nach einem Misserfolg an der thrakischen Küste gegen den Spartaner Brasidas wurde er von den Athenern verbannt (Thuk. 5,26,5) und lebte im Exil. Erst nach dem Zusammenbruch Athens von 404/3 v. Chr. konnte er in seine Heimat zurückkehren, wo er um 399/8 v. Chr. starb. Sein bahnbrechendes Werk über den Peloponnesischen Krieg hatte er nach eigener Angabe (1,1,1) schon bei Kriegsausbruch (431 v. Chr.) begonnen. Es wurde jedoch erst nach dem Krieg veröffentlicht und blieb unvollendet, so dass die Darstellung im Spätsommer des Jahres 411 v. Chr. endet. Wie bei Herodot geht es um einen Krieg, wobei Thukydides seinen eigenen Gegenstand im Proömium freilich als viel größer erachtet als denjenigen seines Vorgängers. Es gab schon vor dem Ausbruch eine ganze Bewegung (kinesis), eine riesige Unruhe bzw. Erschütterung, welche die damalige Welt erfasste. Thukydides hatte daher angeblich schon beim Ausbruch des Krieges erwartet, dass es die bisher größte kriegerische Auseinandersetzung werde und ist entsprechend stolz auf diese Erkenntnis. Sein Werk ist also wesentlich auf die Vermittlung von persönlichen Einsichten angelegt und geht in diesem Punkt auch über Herodot hinaus. Thukydides verfolgt zudem ein neues Ziel, das einen expliziten Erklärungsanspruch beinhaltet. Gleich zu Beginn des sogenannten Methodenkapitels wird die »Suche nach der Wahrheit« (zetesis tes aletheias; 1,20,3) postuliert. Ausgangspunkt ist der pragmatische Vorsatz, »das Gewesene klar zu erkennen« (ton genomenon to saphes skopein; 1,22,4), also eine möglichst objektive Darstellung tatsächlicher Begebenheiten. Thukydides gilt daher als eigentlicher Begründer der sogenannten pragmatischen Geschichtsschreibung und hatte sich schon selber entsprechend ablehnend über die unzulänglichen Methoden seiner Zeitgenossen Herodot und Hellanikos geäußert (1,20,3; 1,97,2; 5,20,2). Damit legte er den Grundstein für eine Maxime, die Leopold von Ranke (1824) auch für die moderne Geschichtsschreibung postulierte: »blos zeigen, wie es eigentlich gewesen« ist. Zugleich sollte Thukydides’ Darstellung ein ktema es aiei (1,22,4) sein, ein »dauerhafter Besitz« bzw. ein »Gut für immer«; gemeint ist ein 143

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

Besitzstück zum permanenten Studium, das auch für vergleichbare Fälle jeweils Aufschlüsse gibt. Konkretes Ziel seiner Geschichtsschreibung ist also, einen Leitfaden und Ratgeber für die Zukunft abzugeben. Sie ist eine Anleitung des Publikums für sich wiederholende Situationen. Geschichte dient letztlich dazu, Lehren aus dem Geschehenen zu ziehen.18 In der modernen Geschichtswissenschaft, die mit vorbildhaften »historischen« Exempla aufgeräumt hat, wurde ein direkter, unmittelbarer Nutzen seit Ranke freilich auch immer wieder angezweifelt.19 Ein wichtiges Gestaltungsmittel in Thukydides’ Geschichte sind die Reden, die ein Viertel des Werkes umfassen. Sie ermöglichen es, bei den jeweiligen Akteuren die Motivation ihres Handelns zu verdeutlichen.20 Da keinerlei Protokolle zur Verfügung standen, sind die Reden fiktiv bzw. danach gestaltet, was die Betreffenden hätten sagen müssen (ta deonta; 1,22,1). Thukydides verfolgt also Gesetze der menschlichen Natur, wodurch die Reden stimmig werden und dem Vorwurf der willkürlichen Erfindung oder Fälschung enthoben sind. Geschichte ist bei Thukydides grundlegend bestimmt durch Machtstreben. Die Triebmomente der Akteure sind Ehr- und Ruhmsucht (philotimia), Habgier (pleonexia) sowie Furcht (phobos),21 wobei übernatürliche Ursachen für das Geschehen gänzlich ausscheiden. Während Herodot noch den Neid der Götter in Erwägung zog, wird gerade der Zufall von Thukydides nicht mehr einem Gott zugeschrieben. Die Geschichte wird dadurch »vermenschlicht«. Menschen werden allerdings nur insofern dargestellt, als politische Wirkung von ihnen ausgeht, was auch im Falle von Perikles deutlich wird (2,65) – denn es geht letztlich mehr um Macht als um einzelne Männer.22 Damit war ein weiterer Grundsatz festgelegt, der in der Moderne wieder aufgegriffen wurde und etwa auch bei Oswald Spengler, »Der Untergang des Abendlandes« (1918–1922), zu verfolgen ist. Bahnbrechend an Thukydides’ historischer Methode ist die Unterscheidung von Ursache und Anlass (1,23). Während Herodot noch von der Frage nach der Schuld ausging, treten jetzt die eigentlichen Gründe des Krieges ins Zentrum des Interesses. Dabei sind einerseits die unmittelbar vorausgehenden Konflikte (aitiai), die den Krieg auslösten, in die Darstellung einbezogen, andererseits wird aber auch die tiefere Ursache (prophasis) benannt: das Wachsen Athens, die machtpolitische Bedräng144

Thukydides als Maßstab für Geschichtsschreibung

nis, in die Sparta geraten war und die es zu überwinden galt. Thukydides berücksichtigt damit übergeordnete Gesetze des Geschehens bzw. dessen aus natürlichen Gegebenheiten folgende Notwendigkeit (ananke). Neu ist Thukydides’ Gegenstand insofern, als er Zeitgeschichte bzw. Selbsterlebtes wiedergibt. Gegenüber Herodot tritt die Kriegsgeschichte klar in den Vordergrund, während geographisch-ethnographische Exkurse entfallen. Damit wird wiederum die Dynamik der Geschichte verdeutlicht, die nicht mit statischen Zuständen rechnet. Neu machen sich in der Deutung der Vorgänge zugleich Erkenntnisse der medizinischen Diagnostik bemerkbar. Das Leiden (pathemata) macht den Peloponnesischen Krieg zum bisher bedeutendsten Ereignis (1,23) – ein Leiden, das sich als existenzbedrohend erweist, das aber auch vermeidbar ist. Die Geschichte wird damit »humanisiert«, die Kriegsbeschreibung zur Antikriegsgeschichte. Die Geschehnisse gehen Hand in Hand mit der Zersetzung aller sittlichen Normen. Parallel zu den Kriegen zwischen Athen und Sparta ergibt sich eine »Pathologie des Bürgerkrieges« (3,82–84), die sich über ganz Griechenland verteilt. In diesem sogenannten Parteienexkurs berichtet Thukydides über die Vorgänge in Kerkyra, wo sich Oligarchen und Demokraten skrupellos bekämpfen. In der Auseinandersetzung mit den Bewohnern der Insel Melos, dem sogenannten Melierdialog (416 v. Chr.), beruft sich Athen kompromisslos auf das Recht des Stärkeren (5,85–113). Da sich die Melier nicht Athen unterstellen, sondern neutral bleiben wollen, werden sie militärisch umzingelt und müssen sich letztlich ergeben, worauf die Athener alle erwachsenen Melier hinrichten lassen. Doch die Skrupellosigkeit und der Sittenzerfall rächen sich. Die Athener erleiden im Jahre 413 v. Chr. bei ihrem anmaßenden Übergriff nach Sizilien, der das Maß der Vernunft überschreitet, einen verheerenden Rückschlag. Damit wird schließlich auch die letzte Phase des Krieges und die endgültige Niederlage Athens eingeleitet. Der Untergang Athens hatte sich schon im zweiten Kriegsjahr durch eine Pest angedeutet (2,47 ff.). Dieser schritt dann nach der sizilischen Katastrophe (413 v. Chr.) konsequent fort: durch das Bündnis Spartas mit Persien und zuletzt auch durch Verrat. Der Athener Alkibiades verkörpert dabei das Gegenbild zu dem integren und besonnenen Perikles, der schon im Jahre 429 v. Chr. an der Pest gestorben war. Die Umtriebe des 145

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

egozentrischen Alkibiades führen schließlich ins Verderben. Doch dieser Teil des Geschehens ist von Thukydides nicht mehr festgehalten worden, denn sein Werk bricht im Jahre 411 v. Chr. unvermittelt ab. Dennoch hat Thukydides’ Darstellung des Peloponnesischen Krieges mit seiner pragmatischen Ursachen- und Wahrheitsforschung Maßstäbe gesetzt, die für die Geschichtsschreibung des Abendlandes grundlegend blieben, auch wenn seit dem 19. Jh. das inhaltliche, theoretische und methodische Spektrum deutlich erweitert wurde.

Die Leistung der antiken Geschichtsschreibung Zum Nachfolger des Thukydides wurde Xenophon, dessen »Griechische Geschichte« (Hellenika) unmittelbar an das Ende von Thukydides im Jahre 411 v. Chr. anschließt und damit die politische Ereignis- und Kriegsgeschichte weiterverfolgt. Eine erste griechische Universalgeschichte hat dann im Verlauf des 4. Jh. v. Chr. Ephoros (FGrHist 70) verfasst, in der er die Geschehnisse von der Dorischen Wanderung bis zum Jahre 340 v. Chr. nachzeichnete. Nachdem seit der Entdeckung der geschichtlichen Betätigung rund hundert Jahre vergangen waren, wurde historie nun zum Gattungsbegriff für Geschichte.23 Für Ephoros ist die Bezeichnung historiographos (»Geschichtsschreiber«) überliefert, und bei Aristoteles (poet. 1451b 1) begegnet erstmals der Begriff historikos (»Historiker«). Dennoch fragt es sich, inwiefern damit auch eine neue Wissenschaft konstituiert war. Geschichtsschreibung gehörte für die Griechen nie zu jenen Betätigungen, die mit klaren Methoden verbindliches Wissen schaffen, denn Herodot und Thukydides blieben im Grunde der einzig gültige Maßstab.24 Gemäß Aristoteles’ erstmaliger Definition von Geschichte umfasste diese nach wie vor einzig die Wiedergabe vergangener Taten (praxei; rhet. 1360a 36) bzw. die Erzählung dessen, was geschehen war (ta genomena legein; poet. 1451b 4 f.). Geschichtsschreibung konnte damit weder Philosophie noch Religion ersetzen und zählte auch bei den 146

Die Leistung der antiken Geschichtsschreibung

Römern nicht zu den artes liberales. Geschichte wurde nie zu einem Schulfach, sondern fand nur in Form einzelner Exempla im Rahmen der Rhetorik Interesse (Lys. 2,20 ff. 48 ff.).25 Selbst für Cicero (de or. 2,36), dem die Geschichte als magistra vitae galt, gelangte diese erst durch den Redner zur Unsterblichkeit. Historiker wurden in der Antike – außer am Hof von Monarchen – auch nicht von Institutionen unterstützt und fanden keine feste Rolle im gesellschaftlichen Leben, wie etwa die Dichter anlässlich von Festveranstaltungen und Banketten, die Redner im Rahmen von Volksversammlungen und Gerichtsverhandlungen oder die Philosophen im Kontext der Erziehung.26 Die Historiker bildeten keine Berufsgruppe mit einer bestimmten Aufgabe. Sie mussten den Wert ihres Tuns dementsprechend immer wieder neu begründen. Die antike Geschichtsschreibung blieb zudem stets mit einem Methodendefizit behaftet. Trotz der Bemühung um Wahrheit wurde eine eigentliche Methode zur Wahrheitsfindung im Zusammenhang mit der Historie vernachlässigt. Die Geschichtsschreiber waren weitgehend auf ihre eigene Eingebung und Rechtschaffenheit gestellt.27 Sie blieben damit hinter den Methoden anderer Disziplinen zurück, gerade auch derjenigen der Philosophie, wie v. a. Platons »Timaios« deutlich macht. Für Platon ist die Wahrheit in übergeordneten Gesetzmäßigkeiten des Kosmos angelegt: in der Anordnung und Bewegung der Gestirne, die den göttlichen Willen zum Ausdruck bringen. Dieser Wahrheit gilt es nachzuspüren, denn sie geht weit über die vermeintlich großen Taten der Menschheit hinaus. Die Methode der mimesis, der Nachahmung vorbildlicher Ereignisse der Vergangenheit, war somit ungenügend, um zu wirklicher Tugend (arete) und Glückseligkeit (eudaimonia) als oberstem Ideal des griechischen Menschen zu gelangen. Auch aus moderner Sicht ergeben sich verschiedene Defizite der antiken Historie. Geschichte wurde nie zu einer analytischen Kategorie im Sinne einer kritischen Sozialwissenschaft. Genauso wenig vertraut war ihr die neuzeitliche Idee vom »Gang der Ereignisse als fortschreitende Selbstenthüllung der Wahrheit wie auch als das Schaffen von Werten« im Sinne Hegelscher Geschichtsphilosophie.28 Sie blieb noch ganz der Kyklos-Theorie, der Wiederkehr von Macht und ihrem Zerfall, verhaftet, wie sie schon Herodot (1,207,2) vorgegeben hatte. Der beschränkte »aufklärerische« Wert der Geschichtsschreibung zeigt sich schließlich 147

11 Die Entstehung der Geschichtsschreibung

darin, dass sich prominente Familien trotz der Mythenkritik weiterhin bis auf die Götter und Heroen zurückführten. Dennoch haben die Griechen erstmals überhaupt die geschichtliche Dimension der Wirklichkeit entdeckt und daraus die Geschichtsschreibung abgeleitet. Dabei schufen sie Grundlagen, die für die Historiographie der nachfolgenden Epochen maßgebend blieben. Seither geht es immer wieder darum, vergangene Ereignisse in kausale Beziehungen zu setzen, Erklärungsansätze für unterschiedliche menschliche Gemeinschaften zu liefern und Orientierung für die eigene Zeit zu schaffen.

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12

Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Zu den wesentlichsten Errungenschaften der Griechen gehören auch die Naturwissenschaften und die Philosophie, deren Anfänge in die archaische Zeit zurückreichen. Das Hauptanliegen war, die Welt und die menschliche Existenz nicht nur durch Mythen zu erklären, sondern auch mit dem Verstand zu ergründen. Dabei wurde nach natürlichen Gesetzmäßigkeiten und der übergeordneten Ideenwelt gesucht. Zunächst ging es um Fragen nach dem Urstoff der Welt und ihren mathematischen Regeln, dann auch um Wahrheitserkenntnis, bei der eine Übereinstimmung von erkennendem Verstand (logos) und einer Sache angestrebt wurde. Nachdem anfänglich die Natur im Zentrum des Interesses gestanden hatte, wandte sich die Philosophie mit Sokrates im späteren 5. Jh. v. Chr. verstärkt dem Menschen zu und griff ethische Fragen auf, die sich insbesondere um die Tugend (arete) drehten. Für die Suche nach rationalen Erklärungen waren wiederum verschiedene Vorbedingungen ausschlaggebend. Zur Vorgeschichte der Philosophie gehört die kosmogonische Dichtung, die sich in mythologischem Gewand mit der Entstehung des Kosmos (»Ordnung«) befasste, aber bereits auch die natürlichen Erscheinungen der Welt ins Blickfeld nahm. Neben sie trat die Prosa als neue Literaturgattung, die mehr Raum für theoretische Erklärungen bot. Sie berief sich nicht auf musische Inspiration, sondern baute auf direkte Abstraktionsfähigkeit und Analogieschlüsse. Philosophische Fragen wurden aber auch in religiösen Gemeinschaften diskutiert, die ihren Mitgliedern die Erlösung der Seele nach dem Tod in Aussicht stellten. Das Verhältnis von Geist und Materie wurde von mehreren Seiten thematisiert und entsprechend unterschiedlich aufgearbeitet.

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12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Kosmogonische Dichtung Hesiod beginnt in seinem Gedicht »Theogonie« aus der Zeit um 700 v. Chr. mit den kosmischen Urwesen und dem Chaos als gähnender Leere und klaffendem Raum, in dem noch keine Ordnung erkennbar ist (116 ff.). Er schildert, wie aus ihm die Finsternis (Erebos) und Nacht (Nyx) entstanden und daraus der Tag (Hemera) und die Himmelsluft (Aither) hervorgingen. Daneben gab es die Erde (Gaia), die Unterwelt (Tartaros) und Eros als den schönsten der Götter. Gaia erzeugte Uranos, den Himmel, und aus ihnen entstand das Göttergeschlecht der Titanen. Bei diesen übernahm zunächst Kronos die Herrschaft, bis sich schließlich sein Sohn Zeus und die olympischen Götter gewaltsam durchsetzten.1 In seinem Gedicht »Werke und Tage« wendet sich Hesiod den Menschen zu, die Prometheus einst aus Lehm erschaffen hatte. Dabei nimmt er eine Entwicklung in fünf Zeitaltern an, wie sie schon vom Alten Orient her bekannt war. Diese verläuft auf einem absteigenden Ast vom Goldenen bis zum Eisernen Zeitalter der Gegenwart und vermittelt damit eine pessimistische Weltsicht des Zerfalls. Hoffnung auf jenseitige Seligkeit versprachen die Orphiker, die an ein Fortleben der Seele nach dem Tod glaubten. Ihre Lehre dürfte seit dem späteren 7. Jh. v. Chr. erste dichterische Formen angenommen haben, wobei die 87 »Orphischen Hymnen« jedoch erst in der Kaiserzeit zusammengestellt wurden.2 Die Orphiker führten sich auf den sagenumwobenen Sänger Orpheus aus Thrakien zurück, der mit seiner Musik die gesamte Natur, aber auch Hades bezähmt haben soll, als er seine Gemahlin Eurydike aus der Unterwelt zurückführte (Ov. met. 10,8 ff.; Verg. Culex 268–295; Georg. 4,454 ff.). In verschiedenen Poleis pflegten orphische Gemeinschaften verborgene kultische Feiern (Mysterien), bei denen die Eingeweihten mit Reinigungsritualen und entsagungsvollen Lebensregeln wie dem Fleischverbot (Eurip. Hipp. 952 ff.) auf die Seelenwanderung bzw. Erlösung der Seele im Jenseits vorbereitet wurden (Plat. Phaid. 70c; pol. 364e–365a; Krat. 400c). Hinsichtlich der Weltentstehung vertraten die Orphiker in ihrer »Theogonie« die phantastische Vorstellung des von Chronos (Zeit) geschaffenen WeltenEis, aus dem der zweigeschlechtliche Protogonos (¼ Phanes) hervorge150

Altionische Naturphilosophie

gangen sei; dieser habe Nyx (Nacht) geboren und mit ihr Gaia (Erde), Uranos (Himmel) und auch Kronos, den Vater des Zeus, gezeugt (Orph. frg. 28. 54. 60 Kern).3 Pherekydes von Syros verfasste im 6. Jh. v. Chr ein erstes kosmogonisches Prosaschriftwerk ebenfalls als Mythos und ging von den schon immer existenten Urgottheiten Zas (Zeus), Chronos (Zeit) und Chthonie (Erde) aus (D/K 7 A 8; B 1; Diog. Laert. 1,119). Der Himmelsgott Zeus heiratete Chthonie und gab ihr einen selbst gewobenen Mantel, auf dem die Erde (Ge) und das Meer (Ogenos ¼ Okeanos) erschienen (D/K 7 B 2). Daraus ging dann die physische Welt der Menschen hervor. Aus dem Samen des Chronos sollen aber auch Feuer, Pneuma (Luft) und Wasser sowie aus ihnen das Göttergeschlecht entstanden sein (D/K 7 A 8). Somit war Pherekydes zwar immer noch in alten, märchenhaften Traditionen verhaftet, griff aber auch schon die Frage nach den Elementen auf und hielt angeblich als erster die Seele für unsterblich (Cic. Tusc. 1,38).4

Altionische Naturphilosophie In der Landschaft Ionien an der kleinasiatischen Küste unternahmen verschiedene Gelehrte die ersten wirklich rationalen Versuche, die Natur der Welt zu erklären. Als Ausgangspunkt dienten Milet und einige weitere Städte, die sowohl am überseeischen Handel als auch an der griechischen Kolonisation beteiligt waren. Aufgrund ihrer geographischen Lage standen sie in Kontakt zum Vorderen Orient und pflegten seit Homer auch eine literarische Tradition.5 Zudem hatten sie Kenntnis von persischen Lehren und babylonischer Astronomie. Als Begründer der europäischen Philosophie gelten die drei Gelehrten Thales, Anaximander und Anaximenes aus Milet, deren Wirken ins 6. Jh. v. Chr. fällt. Im Vordergrund standen zunächst naturwissenschaftliche Probleme, also nicht die Gesetze des Denkens. Es ging um das ganze Naturreich, um eine vernunftmäßige Erklärung der Welt. Dabei stellten sich Fragen nach 151

12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

dem Urstoff, dem Werden und dem eigentlichen Wesen der Welt. Dies führte zur Annahme eines Urmaterials, aus dem sich die konkreten Erscheinungsformen der Welt ausdifferenziert hatten. Die in der Materie verborgene Fähigkeit zur Bewegung wurde auf das Göttliche zurückgeführt, ohne dabei die einzelnen Götter in Frage zu stellen. Dennoch wurden die Differenzen zwischen dem Natürlichen und Übernatürlichen aufgehoben und die geeignete Ausgangsbasis für naturwissenschaftliche Forschungen geschaffen. Die Gelehrten beschränkten sich weitgehend auf Beobachtungen, nahmen also kaum anwendungsorientierte Experimente vor. Seit Aristoteles tragen sie die Bezeichnung Naturphilosophen (physikoi) und werden seit der Romantik auch Vorsokratiker genannt. Dadurch sind sie von dem strikten Ethiker Sokrates, bei dem die Erforschung der Natur in den Hintergrund trat (Aristot. metaph. 987b), abgesondert. Sokrates hat vorwiegend mündlich gewirkt und von den Werken seiner Vorgänger ist kein einziges erhalten. Ihre Lehren kennen wir nur aus den Zitaten späterer Autoren, so dass wir deren Inhalt oft nur ansatzweise erschließen können. Thales von Milet (ca. 625–545 v. Chr.) war gemäß Aristoteles (metaph. 983b–984a) der »Ahnherr« (archegos) der Philosophie, da er sich von den theogonischen Erklärungen distanzierte und als erster für alles »Seiende« eine materielle Grundlage annahm. Obwohl er seit dem 5. Jh. v. Chr. als erster der Sieben Weisen galt, ist von ihm wenig bekannt. Er scheint sich jedoch sowohl mit Astronomie als auch mit Geometrie und dem Ingenieurwesen (Bauvermessung) befasst zu haben.6 Zu den Formeln, die ihm zugeschrieben werden, gehört der bekannte Satz (sogenannte Thaleskreis), dass alle Dreiecke in einem Halbkreis rechtwinklig sind (D/K 11 A 1. 20), während seine Voraussage der Sonnenfinsternis vom Jahre 585 v. Chr. (Hdt. 1,74) ins Reich der Phantasie gehört.7 In Bezug auf die Zusammensetzung der Welt betrachtete Thales das Wasser als Urstoff (arche), aus dem sich alle Dinge entwickelt haben (D/K 11 A 12). Auch die Erde selbst schwimme als Scheibe (bzw. Holzstück) auf dem Wasser, so dass Erdbeben auf Bewegungen des Meeres zurückzuführen seien (D/K 11 A 14. 15). Dennoch gilt der Kosmos als beseelte Weltordnung, die voll von Göttern ist (D/K 11 A 22. 23). 152

Altionische Naturphilosophie

Anaximander von Milet (ca. 610–545 v. Chr.) soll ein Schüler von Thales gewesen sein und betrieb sowohl astronomische als auch geographische Forschungen. Er schrieb ein Buch über die Entstehung des Kosmos bzw. die Natur (Peri physeos; D/K 12 A 7) und fertigte einen Himmelsglobus sowie eine Weltkarte an (Ges periodos), auf der die Länder (Europa, Asien, Libyen) vom Meeresstrom umgeben sind (D/K 12 A 1. 6. 7); die frei schwebende Erde hat dabei die Form eines Zylinders, über dem das Himmelsgewölbe eine Halbkugel bildet und unten zu einer Vollkugel ergänzt wird.8 Als Urgrund (arche) der Dinge bezeichnete Anaximander das Unbestimmbare (to apeiron), so dass der Weltstoff unbekannt bzw. gänzlich abstrakt bleibt (D/K 12 B 1–3; Diog. Laert. 2,1).9 Dennoch lenkt dieser alles und ist unvergänglich (Aristot. phys. 203b).10 Statt der Materie tritt die Bewegung ins Zentrum, aufgrund deren Kraft sich die Gegensätze des Warmen, Trockenen, Feuchten und Kalten ausgeschieden haben (D/K 12 A 9 f. 16). Im unbegrenzten Weltall (kosmos) bildeten sich dementsprechend Feuer, Luft, Meer und Erde aus, wobei die Lebewesen aus der Feuchtigkeit bzw. der Mensch aus dem Fisch hervorgegangen sei (D/K 12 A 11. 30). Obwohl hier eine biologische Entwicklung festgestellt wird, ist diese vom modernen Konzept einer kontinuierlichen, langfristigen Evolution aber noch weit entfernt.11 Anaximenes von Milet (ca. 585–525 v. Chr.) als vermutlicher Schüler des Anaximander wandte sich wiederum einer Ursubstanz (arche) zu. Diese erkannte er in der Luft (aer/pneuma) als belebender Substanz, welche den Kosmos umfasst (D/K 13 B 2). Durch Verdünnung der Luft entstand Feuer, durch Verdichtung formierten sich zunächst Winde, dann Wolken, Wasser, Erde und Steine (D/K 13 A 5. 7; B 1). Die Welt und die Gestirne würden alle auf der Luft treiben, wobei sich die Gestirne oben um die flache, scheibenförmige Erde drehen (D/K 13 A 7). Der Himmel sei ein eisartiges Gewölbe, an dem die Sterne (Fixsterne) wie Nägel befestigt sind (D/K 13 A 14). Anaximenes hat somit das Prinzip des Wandels im Kosmos und die zentrale Stellung der Luft als Weltenseele propagiert, die in der späteren Philosophie immer wieder aufgegriffen wurde und auch im Christentum grundlegende Bedeutung erhielt.12

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12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Pythagoras und die Harmonielehre Pythagoras von Samos (ca. 570–490/80 v. Chr.) dürfte aufgrund von politischen Wirren um 530 v. Chr. nach Unteritalien ausgewandert sein (Porphyr. vit. Pyth. 18 ff.) und hat dort eine einflussreiche Schule gegründet, deren Mitglieder offenbar auch die Selbstbezeichnung »Philosophen« einführten.13 Diese wurde als eine Art Lebensgemeinschaft und geheimer Bund vielfach verklärt (Diog. Laert. 8,3. 10), ohne dass vom Begründer selbst Authentisches überliefert ist. Pythagoras beschäftigte sich auf neue Weise mit Mathematik (Aristot. metaph. 985b; D/K 58 B 2) und ist bis heute insbesondere durch den nach ihm benannten Lehrsatz (a2 þ b2 ¼ c2) bekannt; dieser besagt, dass im rechtwinkligen Dreieck die Summe der Quadrate über den Katheten gleich dem Hypothenusenquadrat ist (Diog. Laert. 8,12), was in Babylonien allerdings schon längst erkannt war.14 Im Pythagoreismus wurde der Gedanke von der Harmonie der Gesamtnatur wissenschaftlich begründet (D/K 44 B 6; Aristot. metaph. 986a). Die Lehre beruht auf der Bedeutung der Zahl, der begrenzten Ungeraden und der unbegrenzten, teilbaren Geraden (Aristot. metaph. 985b–986a; D/K 44 B 2; 58 B 28), die zu harmonisieren sind. Die Reihe der ersten vier Zahlen 1–4 (tetraktys), deren Summe 10 ergibt, dient zur Erklärung der ganzen Welt (Porphyr. vit. Pyth. 20; Iambl. vit. Pyth. 162), wobei die entsprechende Auswirkung in der Musik besonders sinnfällig ist. Das Grundintervall 1:2 entspricht der Oktave, bei der die Halbierung einer Saite einen Ton produziert, der eine Oktave höher ist; 2:3 entspricht der Quinte, 3:4 der Quarte (Iambl. vit. Pyth. 115 ff.).15 Grundlegend für ein harmonisches Leben ist die Katharsis, die Heilkunst zur Reinigung des Körpers. Dazu gehört die Diätetik, die insbesondere Nahrungsgebote (Bohnenverbot; Fleischverbote) umfasste (Iambl. vit. Pyth. 85. 150), sowie die Musik zur Reinigung der Seele. Entscheidend im Körper sind das Gleichgewicht der Säfte und der Ausgleich der Kräfte (isonomia), was auch in den späteren medizinischen Schriften der hippokratischen Schule propagiert wurde. Die Pythagoreer vertraten wie die Orphiker die Lehre von der Seelenwanderung (palingenesia), bei der die Seele in andere Lebewesen eingehen kann.16 Es handelt sich um einen Reinkarnationsprozess, der bei 154

Xenophanes und das Göttliche

Beachtung der auferlegten Lebensregeln zur Erlösung bzw. Unsterblichkeit führt. Die Orphiker und Pythagoreer betrachteten den Körper seit dem 6. Jh. v. Chr. als Grab der höherwertigen Seele, was später von Platon (pol. 585d. 591b. 611b–c; Phaid. 64c–67a) kanonisiert wurde und auch für das Christentum Bedeutung erhielt. Die pythagoreische Lehre hatte aber in der Mitte des 5. Jh. v. Chr. durch die Vertreibung ihrer Anhänger aus Unteritalien zunächst einige Rückschläge erlitten und ist bis zum Ende der klassischen Zeit fast ganz erloschen, bis sie unter den Römern im 1. Jh. v. Chr. wieder neu belebt wurde.17

Xenophanes und das Göttliche Xenophanes von Kolophon (ca. 565–470 v. Chr.) wanderte von seinem Geburtsort in Kleinasien nach Sizilien oder Unteritalien aus. Er ist der erste ionische Gelehrte, von dem umfangreichere Originalworte erhalten sind, wobei diese wiederum in ein poetisches Konzept gehören. Xenophanes kehrte sich von der Idee der genealogischen Entwicklung des Kosmos (Kosmogonie) ab und stellte im Unterschied zu Thales im Weltall Disharmonie fest. Dazu gehören eine unbegrenzte Ausdehnung und Bewegung (D/K 21 B 28) sowie sich wandelnde Sonnen und Monde (D/K 21 A 40. 41. 41a).18 Sein unvoreingenommenes Denken führte Xenophanes zu der Einsicht, dass das Menschliche vom Göttlichen kategorisch zu unterscheiden ist. Dadurch wurden die von Homer und Hesiod überlieferten Grundansichten über die Götterwelt radikal in Frage gestellt: »Alles haben den Göttern Homer und Hesiod angehängt, was nur bei den Menschen Schimpf und Tadel ist: Stehlen, Ehebrechen und einander Betrügen« (D/K 21 B 11). Demgegenüber sei das Eine die Gottheit: »Ein einziger Gott, unter Göttern und Menschen am größten, weder an Gestalt den Sterblichen ähnlich noch an Gedanken« (D/K 21 B 23). Damit war auch für die neuzeitliche Aufklärung ein pantheistisches Konzept präfiguriert, demzufolge Gott die ganze Welt durchdringt.19 155

12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Besonders bekannt ist Xenophanes’ Polemik gegen die hohen Ehrungen, welche Olympiasiegern in ihren Heimatstädten verliehen wurden (D/K 21 B 2). Geistige Leistungen stellte Xenophanes über die Körperkraft, die zu den zentralen adligen Wertvorstellungen seiner Zeit gehörte. Ausschlaggebend war für ihn das Wohlergehen (eunomia) der Stadt, für das die Sportler keinen Beitrag leisteten. Dies zeigt zugleich, wie die Philosophie auch hinsichtlich der politischen Diskussion in den Poleis an Bedeutung gewann.

Heraklit und Parmenides: Sein und Nichtsein Heraklit von Ephesos (ca. 540–480 v. Chr.) hielt an der Vorstellung von einer grundlegenden Substanz in der Natur fest, wobei sich das Feuer als Urstoff aber in ständigem Wandel befinden soll. Aus ihm entwickelten sich Wasser, Erde und Luft, um dann wieder zum Feuer zurückzukehren. Damit hat Heraklit die Idee der Veränderung bzw. andauernden Bewegtheit entworfen und den Fluss der Dinge als wesentliches Charakteristikum festgelegt: »Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen« (D/K 22 B 91). Dies wurde bei Platon (Krat. 402a) zu dem Satz ausgebaut, dass »alles fließt und nichts bleibt; es gibt nur ein ewiges Werden und Wandeln« – später auch als Panta-rhei-Satz bezeichnet.20 Heraklit entdeckte zudem die Einheit des Seienden bzw. die Einheit der Dinge in ihrer Struktur und Anordnung. Demnach ist alles eins, wobei es sich aber um eine Einheit aus Gegensätzen handelt (D/K 22 B 10). Dazu gehört der berühmte Ausspruch, dass der »Krieg« der Vater aller Dinge ist (D/K 22 B 53); d. h., in der Natur gibt es einen Kampf zahlreicher Gegensätze. Das Geschehen wird aber durch die Harmonie zusammengefasst und geht somit in einer Einheit auf. Das Weltgesetz (nomos) dieser Einheit ist der logos (Verstand), demzufolge sich alles abspielt (D/K 22 B 1. 2). An ihm kann der Mensch durch seinen eigenen Verstand teilhaben und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Damit hat Heraklit ein logisches Denken eröffnet, das sich in Paradoxien dialektisch weiterentwickelt.21 156

Empedokles und Anaxagoras: Elementenlehre und erkennender Geist

Mit seinem Begriff des Werdens erkannte er in allen Dingen sowohl das Sein als auch das Nicht-Sein, was dann aber von Parmenides in Frage gestellt wurde (D/K 28 B 6). Parmenides von Elea (ca. 520–455 v. Chr.) begründete in Unteritalien die Schule der Eleaten und leitete mit seinem hexametrischen Lehrgedicht vom Seienden (on; von estin ¼ sein) die Metaphysik ein, die über die Natur hinausgehende Sinnfragen stellt (D/K 28 B 8).22 Die vielen unterschiedlichen Dinge, die nach Heraklit tatsächlich existieren, sind nach Parmenides nur »erscheinende« Dinge (dokounta). Somit wurde Parmenides zum Begründer des erkenntnistheoretischen Dualismus, der die Wahrheit (aletheia) klar vom Trug oder Schein (doxa) scheidet. Die Wahrheit gehört zum Sein, das Scheinbare und Trügerische zum NichtSein. Da Wahrheitserkenntnis nur über den Geist (nous) bzw. das Denken erfolgen kann, wird das Sein mit dem Denken gleichgesetzt.23 Zudem bildet das Sein einen Gegensatz zur Erscheinungswelt, die sich den Sinnen eröffnet. Gegenstand der Philosophie kann daher nur das Seiende sein; Nichtseiendes gibt es auf keine Weise und lässt sich nicht erfassen (D/K 28 B 2. 6. 7). Damit hatte Parmenides wegweisende Fragen nach dem Seienden eröffnet, das seither als sogenannte Ontologie ein Grundproblem der Philosophie darstellt. Zenon von Elea (490–430 v. Chr.), der die Lehre des Parmenides mit Paradoxien argumentativ verteidigte (Plat. Parm. 128a– e), ging im Anschluss an Heraklit als eigentlicher Erfinder der Dialektik in die Geschichte ein (D/K 29 A 1. 2. 9. 10).24

Empedokles und Anaxagoras: Elementenlehre und erkennender Geist Empedokles von Agrigent (ca. 495–435 v. Chr.) hat in seinem hexametrischen Gedicht »Über die Natur« der Lehre von den vier Elementen (stoicheia) klassische Form verliehen.25 Die Wurzeln aller Dinge sind Erde, Wasser, Luft und Feuer. Sie sind ewig, unveränderlich, unzer157

12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

störbar und können nicht ineinander übergehen, sondern sich nur mechanisch miteinander vermischen (D/K 31 B 17). Es gibt also kein Werden und Vergehen, sondern nur Mischung und Trennung. Diese werden durch verbindende Liebe (philia/philotes) und trennenden Streit (neikos) verursacht (D/K 31 B 8. 16. 36), die sich im Kosmos regelmäßig abwechseln. Die Erde habe zuerst Bäume hervorgebracht (D/K 31 A 70), dann aus Wasser und Feuer auch einzelne Glieder (Köpfe, Arme, Augen), die sich zu menschlichen Körpern vereinigten (D/K 31 B 57. 62), wobei das Fleisch eine Mischung aus den vier Elementen darstellt (D/K 31 A 78). Diese Vorstellung beeinflusste auch die medizinischen Konzepte vom Körper, wie sie in den Schriften des Hippokrates vorliegen und im nächsten Kapitel noch zur Sprache kommen. Da Leib und Kosmos die gleichen Grundkomponenten besitzen, muss zur Erhaltung der Gesundheit für einen ausgewogenen Zustand der Elemente gesorgt werden.26 Anaxagoras von Klazomenai (ca. 500–428 v. Chr.) war der erste, der die Philosophie nach Athen brachte (Diog. Laert. 2,6 f.), wo sich ein neues geistiges Zentrum entwickeln sollte. Der Gelehrte wurde dem Freundeskreis des Perikles zugerechnet (Plat. Phaidr. 270a), schließlich aber wegen Gottlosigkeit (Asebie) angeklagt, so dass er im Jahre 434/3 v. Chr. in die Verbannung gehen musste (Plut. Per. 32; Diog. Laert. 2,12). Als materialistischer Naturphilosoph kannte er keine Götter und hielt Sonne, Mond, Sterne und Meteoriten nur für glühende Steinmassen (Plut. Lys. 12). Er ging davon aus, dass alles aus unendlich vielen Teilen bzw. Samen (spermata) zusammengesetzt ist, wobei »in allem alles enthalten ist« (D/K 59 B 4. 6. 11. 12).27 Darüber hinaus knüpfte Anaxagoras an die Seinslehre des Parmenides an, von dem er auch die Vorstellung vom Denken bzw. Geist (nous) übernahm, der das Sein erkennt.28 Neben dem Geist im Menschen nahm er auch einen Geist im Weltganzen an, der für die Bewegung der unbegrenzten Masse verantwortlich ist (D/K 59 A 42. 58). Die Lehre vom nous, dem Geist als Weltprinzip, hat in der Folge auch Platon und Aristoteles stark beeinflusst.29

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Demokrit und die Atomistik

Demokrit und die Atomistik Demokrit aus Abdera (ca. 460–370 v. Chr.) hat als Hauptvertreter der Atomistik Ruhm erlangt, auch wenn diese bereits von Zenons Schüler Leukippos ins Leben gerufen worden war (Diog. Laert. 9,30. 44).30 Er begründete in seiner Heimatstadt an der thrakischen Südküste eine Philosophenschule, welche die materialistisch-naturwissenschaftlichen Ansätze konsequent weiterentwickelte und damit bis zur modernen Physik richtungsweisend blieb. Demokrit zufolge besteht die Welt aus Atomen – den letzten, nicht mehr teilbaren und ewigen Stoffteilchen – sowie dem gleichzeitig vorhandenen Leeren, in dem sich die Atome bewegen, verbinden und trennen (D/K 68 A 57). Die Verschiedenheit der Atomformen unterliegt dem Gesetz, dass sich Gleiches zu Gleichem gesellt (D/K 68 A 128. 135; B 164). Indem sich schwere Teilchen zusammenschließen, entstehen Erde, Meer, Luft und Sterne. Dies hat aber auch zur Folge, dass im Weltall unendlich viele Welten nicht nur nacheinander, sondern auch nebeneinander existieren (D/K 67 A 21).31 Zu den zahlreichen Werken des Demokrit gehörten auch medizinische Schriften sowie Abhandlungen über Tiere und Pflanzen (Diog. Laert. 9,46–49) – aufgegliedert in einen beschreibenden Teil und eine Ursachenerklärung (aitia), wie das dann auch bei Aristoteles’ naturwissenschaftlichen Abhandlungen zu verfolgen ist.32 Bei Demokrit stellt der Mensch selber einen Mikrokosmos dar (D/K 68 B 34). Dabei wird die Seele dem Körper übergeordnet, da sie als höhere Instanz das Lebensgeschick bestimmt (D/K 68 B 187). Da sich die Seele nach dem Tod aber auflöst, gilt sie – anders als bei früheren Denkern – auch nicht als unsterblich.33 Der Körper ist schon zu Lebzeiten dem Verfall ausgesetzt (D/K 68 B 294), wobei leibliche Regungen in dem materialistischen Konzept aber ausgeklammert bleiben. Für Demokrit gilt: »Arzneikunst heilt des Leibes Krankheiten, Weisheit befreit die Seele von Leidenschaften« (D/K 68 B 31).

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12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Die Sophisten In der zweiten Hälfte des 5. Jh. v. Chr. traten in Griechenland verschiedentlich sogenannte Sophisten auf, die gegen Geld Unterricht in der Rhetorik, Staatskunde und praktischen Philosophie gaben. Dabei traten sie in einen Gegensatz zur Naturphilosophie, die den Kosmos in den Mittelpunkt gestellt hatte, und machten den Menschen zum obersten Bezugspunkt – mit dem Ziel, Wohlberatensein (euboulia) zu vermitteln. Protagoras aus Abdera (ca. 490–420 v. Chr.), der als erster und prominentester Sophist gilt, hielt Vorträge in ganz Griechenland und schrieb über Rechtswissenschaft, Rhetorik, Ethik und Grammatik. In Athen war er angeblich mit Perikles befreundet und wurde schließlich auch als Gesetzgeber nach Thurioi berufen (Plut. Per. 36; Diog. Laert. 9,50). Auf ihn geht der sogenannte Homo-mensura-Satz (bzw. Metronanthropos-Satz) zurück: »Aller Dinge Maß ist der Mensch, der seienden, dass sie sind, der nichtseienden, dass sie nicht sind« (D/K 80 B 1).34 Ausschlaggebend ist also die relative Bestimmung, das Messen an der Beziehung zum Menschen. Dadurch soll auch der Gegensatz zwischen dem Seienden und Erscheinenden überwunden werden. Protagoras hat zudem eine neue Kulturentstehungslehre geformt, die bei Platon (Prot. 320c–322d) als sogenannter Mythos des Protagoras erhalten ist. Zeus beauftragt darin Hermes, der neu geschaffenen Menschheit Scheu (aidos) und Gerechtigkeit (dike) zu vermitteln, um politisches Rüstzeug (politike techne) für alle zu erreichen – also nicht nur für eine ausgewählte Gruppe. Damit tritt Protagoras in einen Gegensatz zum pessimistischen Weltbild Hesiods und beschreibt einen Aufstieg aus dem ungeordneten Naturzustand (physis) zur Gemeinschaft und Ordnung (nomos). Dabei propagiert er verschiedene Einzeltugenden, denen der Gesprächspartner Sokrates allerdings die Vorstellung von einer Gesamttugend entgegenhält (Prot. 328d–330b). In Protagoras’ Rhetorik-Lehre geht es um den sophistischen Grundsatz, die schwächere Sache zur stärkeren zu machen. Dieser vermittelt Instrumente, mit denen auch aus einer unterlegenen Position siegreich hervorgegangen werden kann (Aristoph. Nub. 888–1111; Aristot. rhet. 1402a). In seinem Werk über die Götter erklärte Protagoras, dass 160

Sokrates, Platon und Aristoteles

er nicht wisse, ob es Götter gäbe und von welcher Gestalt sie seien (D/K 80 B 4). Dies trug ihm eine Anklage wegen Gottlosigkeit (Asebie) und die Vertreibung aus Athen ein, wobei er auf der Überfahrt nach Sizilien ertrunken sei (Diog. Laert. 9,52. 55).35 Gorgias aus Leontinoi (ca. 480–380 v. Chr.), der neben Protagoras als bedeutendster Vertreter der Sophistik gilt, wirkte als Redner und Lehrer der Rhetorik und kam auf seinen Reisen durch Griechenland zu Reichtum (D/K 82 A 7).36 Im Jahre 427 v. Chr. gelangte er nach Athen (D/K 82 A 4), wo Platon um 390 v. Chr. in einem fiktiven Dialog auch Sokrates’ kritische Auseinandersetzung mit Gorgias und Kallikles festhielt. Darin wird das Problem des Gegensatzes von Recht (nomos) und Natur (physis) aufgegriffen. Dieses thematisierten auch andere Sophisten wie Hippias (Plat. Prot. 337c–d) und Antiphon (D/K 87 B 44a), wobei Kallikes das von Natur bestehende Recht des Stärkeren zum Ausdruck brachte (Plat. Gorg. 482e. 483d).37 Für den Sophisten Kallikles sind nicht die »nichts Bedürfenden« glückselig, sondern diejenigen, die ihre Begierden befriedigen (Plat. Gorg. 492e. 494a–c). Gorgias vertrat in seinem erkenntnistheoretischen Werk »Über das Nichtseiende« zudem folgenden skeptischen Standpunkt: »erstens: es gibt nichts; zweitens: wenn es auch etwas gäbe, wäre es doch für den Menschen unerkennbar; drittens: wenn es auch erkennbar wäre, wäre es doch unserem Mitmenschen nicht mitteilbar und nicht verständlich zu machen« (D/K 82 B 3). Die Lehre der Eleaten wird dadurch in eine »experimentierende Paradoxologie« abgewandelt, wie sie auch schon Heraklit eingeleitet hatte.38 Ungelöst blieb bis zu Platon das Problem, dass Dinge nicht zugleich sein und nichtsein können und es neben Sein und Nichtsein nichts Drittes gibt.39

Sokrates, Platon und Aristoteles Platons Lehrer Sokrates (470–399 v. Chr.) wirkte in Athen zur Zeit des Peloponnesischen Krieges, wo er sich kritisch mit den Sophisten ausein161

12 Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

andersetzte und die ethische Erziehung ins Zentrum des Interesses rückte. Seine Philosophie vermittelt Tugenden und Wissen, aus dem sich richtiges Handeln ableitet, um zur Vervollkommnung der Menschen beizutragen. Bedingung für das richtige Wissen ist die Selbsterkenntnis, zu der das Wissen um das eigene Nichtwissen gehört (Plat. apol. 21d–22a). Sokrates wurde schließlich aber wegen Verführung der Jugend und Leugnung der Staatsgötter zum Tode verurteilt. Erhalten sind seine Gedankengänge und Argumentationen v. a. durch die Auftritte in den Dialogen seines Schülers Platon (427–347 v. Chr.), der dann mit der »Akademie« eine eigene Schule begründete. Platon unterschied im 4. Jh. v. Chr. die vollendete Ideenwelt von der vergänglichen materiellen Welt, in der die Ideen nur teilweise abgebildet sind.40 Die Wirklichkeit bewegt sich demnach zwischen Sein und Nichtsein, wobei im Höhlengleichnis die Schatten Abbilder des wahren Seienden verkörpern (pol. 514a–517a). Die unsterbliche Seele des Menschen hat Anteil am Göttlichen der Weltseele, die den Kosmos antreibt (pol. 585d. 611b–c; Phaid. 64e–67a. 80a). Im Gegensatz dazu gilt der sterbliche Körper als Gegenstand, zusammengesetzt wie sämtliche Materie aus den vier Elementen, die alle auf zwei Formen von Urdreiecken basieren: In seinem »Timaios« liefert Platon eine umfassende Welterklärung, die bis in die Neuzeit wegweisend blieb. Die Natur wird darin insofern theologisiert, als die Himmelskörper Götter darstellen und der »Demiurg« die Welt nach dem Urbild der Ideen aus bestehender Materie gestaltet hat. Dem Geistigen wird gegenüber dem Materiellen der Vorzug gegeben, wobei der Mensch als Vernunftwesen gilt, das seine Gefühle beherrscht. Platon richtete die Philosophie aber auch auf die menschliche Gemeinschaft und den Staat, der in idealer Weise im Hinblick auf Glückseligkeit (eudaimonia) zu gestalten sei. Diese sollte durch die auf Ideenerkenntnis gegründete Tugend (arete) erreicht werden. Platon teilte die Menschen in drei Stände, die den drei Teilen der Seele (Erkenntnis, Mut, Begierde) entsprechen: lenkende Herrscher, kriegerische Wächter sowie ausführende Bauern und Handwerker, so dass sich eine abgestufte Gesellschaft mit einer Führungselite ergibt. In der Schrift über den »Staat« (Politeia) wird ein Idealstaat unter der Leitung von Philosophen entwickelt, der in den »Gesetzen« (Nomoi) mit Wächtern an der Spitze konkret umgesetzt 162

Sokrates, Platon und Aristoteles

werden soll. Platon reiste dreimal nach Sizilien an den Hof der Tyrannen Dionysios I. und II., um aus diesen Philosophenherrscher zu machen. Umstritten bleibt dabei, ob der aufschlussreiche siebte Brief an Sizilien tatsächlich von ihm selber stammt. In diesem rechtfertigt er sein Scheitern und rät den griechischen Siziliern zur Beilegung ihrer Konflikte und einer gerechten Verfassung (isonomia; epist. 336c–337e). Platons Schüler Aristoteles (384–322 v. Chr.) entwickelte in seiner Schule im Lykeion eine systematische Staatstheorie (Politika), in der er zunächst die verschiedenen Verfassungen und ihren Wandel beschreibt und dann die Vorzüge der gemischten bzw. »mittleren« Verfassung propagiert (pol. 1265b. 1293b. 1296b. 1302a). In dieser ist idealerweise ein Teil der Monarchie, der Aristokratie und der Demokratie vertreten, was dem Ganzen die nötige Stabilität verleihen soll und damit bis in die Neuzeit Schule gemacht hat. Als Empiriker hat Aristoteles aber auch das Wissen erstmals aus der erfahrbaren Welt abgeleitet (sogenannte Induktion) und wurde mit seinen systematischen Abhandlungen auf den verschiedensten Gebieten der Naturforschung (Biologie, Physik, Meteorologie) wegweisend. Dabei nahm er nicht nur eine fundamentale Kategorisierung der Tier- und Pflanzenwelt vor, sondern stellte den Menschen mit seinen geistigen Fähigkeiten (logos) auch über das Tier und die Pflanzen (pol. 1254b 10 ff.; 1256b 15 ff.).41 Zudem ging er von einer sich permanent erneuernden Natur und somit ewigen Welt aus, was später aber auch wieder in Frage gestellt wurde.

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Körperkonzepte und Medizin

Die Griechen haben in der archaischen Zeit damit begonnen, Körper und Seele kategorisch voneinander zu scheiden, wobei dem Körper von philosophischer Seite eine untergeordnete Stellung zugewiesen wurde. Zugleich wurde der Körper als geschlossene Einheit entdeckt, die ein Individuum kennzeichnet und ihm durch die äußere Erscheinung soziale Wertungen zukommen lässt. Im Alltag der Polis bewirkte die Rechtsstellung von Bürgern, Nichtbürgern und Sklaven unterschiedliche Verfügungsgewalten über den Körper. Während der Körper bei den Bürgern als vielschichtiger Bedeutungsträger und Schönheitsideal in den Vordergrund rückte, hatten die Sklaven keinerlei Recht auf ihren Leib, der für beliebige Dienste eingesetzt werden konnte. Körperliche Arbeit sollte im Prinzip den unteren Schichten vorbehalten sein. Die Griechen begannen aber auch damit, die Zusammensetzung des Körpers und dessen innere Organe zu erforschen und nach der sie steuernden Instanz zu fragen, d. h. der belebenden Seele (psyche), dem antreibenden Lebenshauch (pneuma) und dem denkenden Geist (nous). Diese Antriebskräfte machen den Menschen zu einem selbständig denkenden, autonomen Individuum. Damit wurden wichtige Grundlagen für den Umgang sowohl mit dem gesunden als auch dem kranken menschlichen Körper geschaffen, die sich insgesamt als entscheidende Weichenstellung für die abendländische Auffassung vom Menschen erwiesen.

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Körper und Seele

Körper und Seele In der Dichtung Homers (um 700 v. Chr.) bildet der Körper noch keine geschlossene Einheit, sondern die Summe einzelner Organe und Glieder (melea, gyia) wie Arme, Beine und Brust. Erst im Tod wird der Körper ganzheitlich als soma bezeichnet. Auch für die Seele und ihre Regungen gibt es noch keinen einheitlichen Begriff, sondern verschiedene Gefühlszentren wie die Brust, das Zwerchfell und das Herz. Beim Tod entweicht die psyche (»Hauch, Atem«) als Lebenskraft in den Hades, wo sie ein Schattendasein führt (Hom. Il. 1,3 f.; 23,103 f.; Od. 11,36 f.). Dem Fehlen eines autonomen geistigen Zentrums entspricht, dass der Mensch weitgehend den Göttern und dem Schicksal ausgeliefert ist.1 Dennoch besitzt der Mensch durchaus Verstand (noos), der ihn zu selbstverantwortlichem Handeln verpflichtet.2 Die homerischen Helden waren bereits auf vielfältige Weise mit ihrem Körper und dessen Pflege befasst. Sie hatten sich sowohl kriegerisch als auch sportlich und handwerklich zu bewähren (Od. 5,243 ff.; 23,187 ff.). Die aristokratischen Akteure stellten zwar ihre starken Körperglieder zur Schau, vermieden aber Nacktheit, da die Geschlechtsteile als Schamteile galten (Od. 6,127 ff. 218 ff.; 18,66 ff.). An übermäßiger körperlicher Ertüchtigung wurde von philosophischer Seite schon früh Kritik geübt. Nachdem bereits Xenophanes (um 565–470 v. Chr.) die prominente Position der Gymnastik abgelehnt hatte (Athen. 10,413 f–414c), stellten auch Platon (pol. 591c–d) und Aristoteles das Geistige in den Vordergrund (pol. 1335b. 1338b–1339a), was das gesellschaftliche Ansehen des Sportes aber kaum beeinträchtigte. Bei den ionischen Naturphilosophen wurden der Körper und die Seele zu geschlossenen Einheiten, die eigenständige Bedeutung haben, sich aber auch auf einander beziehen. Bei Heraklit (ca. 540–480 v. Chr.) erhält die Psyche geistige Zentrumsfunktion und wird mit dem Weltgesetz des unbegrenzten logos, einer Weltvernunft, verbunden (Diog. Laert. 9,7 ¼ D/ K 22 B 45).3 Im 6. Jh. v. Chr. gaben schon die Orphiker und Pythagoreer der Seele den Vorrang vor dem Körper, in dem sie eingesperrt sei; allerdings verlässt sie diesen in einem Reinkarnationsprozess, um gereinigt in einen neuen Körper einzutreten (Plat. Phaid. 70c). In klassischer Zeit 165

13 Körperkonzepte und Medizin

stellte Demokrit (ca. 460–370 v. Chr.) die Seele über den Körper, da sie als höhere Instanz das Leben gestaltet (D/K 68 B 105. 187). Da sich die Seele nach dem Tod auflöst, gilt sie bei ihm aber nicht als unsterblich.4 Im 4. Jh. v. Chr. betrachtete Platon den sterblichen Körper als Gegenstand, so dass die Fortexistenz der Seele zentral wurde (Gorg. 512a; pol. 591b. 611b–c; Phaid. 64c–67a. 80a). Damit vervollständigte er die Trennung von Körper und Seele, von der Platon glaubte, dass sie Anteil am Göttlichen habe.5 Laut Aristoteles ist die Seele (psyche) das Regierende, der Leib (soma) das Regierte (pol. 1254b). Dadurch wurde der Mensch endgültig als Vernunftwesen festgelegt, das seine Gefühle beherrscht, was auch für die späteren Epochen der europäischen Geschichte prägend blieb.

Körperbilder und Statuen Das homerische Menschenbild findet auch in den Vasen des geometrischen Stils seinen Niederschlag. Diese dienten als Grabmale oder Grabbeigaben und zeigten im 8. Jh. v. Chr. neben trauernden Figuren am Totenbett bereits auch mythologische Szenen. Die meist im Profil dargestellten männlichen Figuren weisen nach vorne gedrehte, dreieckige Oberkörper auf. Damit werden sowohl die Schultern als auch das Gesäß und die muskulösen Oberschenkel betont, was zugleich Kraft und Beweglichkeit zum Ausdruck bringt. Die Figuren sind oft nackt dargestellt, was nicht ihren realen Auftritten entspricht, sondern in erster Linie ihr Geschlecht deutlich macht.6 Um 600 v. Chr. entstanden die ersten großplastischen Werke, die den Menschen ins Zentrum rückten und unvergängliche gesellschaftliche Werte zum Ausdruck bringen sollten. Die Statuen waren auf Gräbern und in Heiligtümern öffentlich aufgestellt und repräsentierten zugleich die aristokratische Führungsschicht, auf die in der Polis neue Aufgaben zukamen.7 Die schön geflochtenen Haare fallen weit hinunter, die typisierten Gesichter sind glatt und strahlen mit ihrem Lächeln Wohlbefinden aus. Durch 166

Körperbilder und Statuen

Abb. 20: Geometrische Kanne mit Kriegern, um 730/20 v. Chr.

Inschriften auf den Figuren oder deren Sockel werden verschiedentlich sowohl die Dargestellten als auch die Stifter bezeichnet. Während die jugendlich dargestellten Männer (kouroi) nackt sind (c Abb. 1, 5, 13), tragen die jungen Frauen (korai) reiche, enganliegende Gewänder und sind mit diversem Schmuck ausgestattet, wodurch ihre Angehörigkeit zu einer reichen Oberschicht kenntlich wird. Durch die Weihgaben (Granatapfel, Blüte, Hase etc.), die sie in der Hand des angewinkelten Armes tragen, wird aber auch ihre Tugendhaftigkeit als vorbildliche Bürgerinnen versinnbildlicht. Mit der Nacktheit der Kouroi wurden die Mannhaftigkeit (andreia) und Tugend (arete) der Dargestellten zum Ausdruck gebracht.8 Die kalokagathia (»Schönheit–Tüchtigkeit«) stand für einen wohlgebildeten Körper und Geist und verband sich letztlich mit eudaimonia (»Glückseligkeit«). Der jugendliche, schöne Körper verdeutlicht, dass der Dargestellte eine ideale Bildung genoss und sowohl im Sport als auch im Krieg, 167

13 Körperkonzepte und Medizin

auf der Jagd und in der Liebe erfolgreich war. Die Körper wurden anfänglich streng geometrisch proportioniert, wobei die Einzelteile blockhaft voneinander abgehoben sind und durch die muskulösen Oberschenkel und breiten Schultern wiederum Kraft markieren. Der Körper genoss bei den Griechen schon insofern grundlegende Bedeutung, als seine Glieder die Grundeinheiten für die Längenmaße bildeten, nämlich Daktylos (Fingerbreite), Handbreite (vier Daktylen), Fußlänge (16 Daktylen), Elle (24 Daktylen) und Klafter (96 Daktylen). In der Mitte des 5. Jh. v. Chr. waren die gesuchten idealen Körpermaße und Proportionen entdeckt und wurden von Polyklet als »Kanon« schriftlich festgehalten. Zudem wurden sie anhand einer Musterstatue von zwei Metern Höhe, dem sogenannten Speerträger (Doryphoros, c Abb. 3), zur Darstellung gebracht. Diese brachte mit ihrem Standbein und ihrem Spielbein eine Mittelstellung zwischen Ruhe und Bewegung zum Ausdruck, die als »Kontrapost-Schema« in die Kunstgeschichte einging.9 In dem Ausgleich des Kräftespiels der einzelnen Glieder, der sogenannten Ponderation, die sich auch mit einer gehobenen und einer gesenkten Schulter verbinden kann, spiegelt sich zugleich das Ideal vom gesellschaftlichen Gleichgewicht, das innerhalb der Bürgerschaft angestrebt wurde. Im 5. Jh. v. Chr. wurden die nackten Kouroi durch die Statuen nackter Sportler und jugendlicher Götter ersetzt, so dass die entsprechenden Körperideale auf einen größeren Kreis von Bürgern ausgedehnt wurden. Diese sollten überragende körperliche Fähigkeiten, Schönheit und Tüchtigkeit zum Ausdruck bringen.10 Als Kontrast gab es in der Bildwelt die unziemliche Blöße von Niedriggestellten, wie Dienern, Sklaven, Handwerkern und Hetären, deren Proportionen und Körperhaltungen vulgär erschienen und dadurch die Vorzüge der Bürger deutlich machten.11 Die ideale, nicht der Realität entsprechende Nacktheit ging Hand in Hand mit der verbreiteten Nacktheit der Männer beim Sport. Diese Form der Nacktheit trennte den Zustand körperlicher Blöße zugleich vom politischen Bereich ab. Nacktheit war in genauen Grenzen in die Gemeinschaft eingebunden und versinnbildlichte sowohl Enthaltsamkeit als auch Körperbeherrschung der Polisbürger (Plat. nom. 840a). Das Verhältnis zur Nacktheit war somit nicht unbefangen, sondern verband sich mit genauen gesellschaftlichen Regeln.12 168

Handwerker und Sklaven

Handwerker und Sklaven Die homerischen Helden legten zwar bei verschiedenen Arbeiten noch selbst Hand an, kannten aber außer Bediensteten auch schon spezialisierte Arbeiter und Handwerker (demiourgoi; Hom. Od. 17,382–386). Neben seinen Aufgaben in Politik, Krieg und Sport hatte sich der Bürger auch in späterer Zeit noch um die Tätigkeiten auf seinem Hof zu kümmern, während seine Frau für die Hausarbeit und Textilherstellung zuständig war (Xen. oik. 6,8 ff.; 7,3 ff.). Dennoch verlangte das Ideal des freien Bürgers, Muße für die Politik aufzubringen, so dass im 5. Jh. v. Chr. die abwertende Bezeichnung für Handwerker als Banausen (banausoi) aufkam.13 Die Philosophen des 4. Jh. v. Chr. lehnten schließlich körperliche Tätigkeit grundsätzlich ab und legten Wert auf das Geistige. Das bürgerliche Dasein war laut Aristoteles nicht mit Handwerk vereinbar (pol. 1260a. 1277b–1278a. 1328b. 1337b; rhet. 1367a). Körperliche Tätigkeit bedeutete nicht nur soziale Abhängigkeit, sondern führte auch zu Krankheit, Deformation des Körpers und frühem Tod, wie schon Xenophon (mem. 2,8; oik. 4,2 f.; 6,5) und Platon (Gorg. 517d–518d; pol. 371e–372d. 495d–496a; nom. 741e) festgestellt hatten. Auch wenn die Arbeit nicht erstrebenswert war und als ehrmindernd empfunden werden konnte, gehörte sie zum Leben der Bürger. Die reicheren Bürger befassten sich grundsätzlich mit der Haushaltführung (oikonomia) und steckten dabei ihre Vermögen in Grundbesitz. Damit konnten sie ihr Sozialprestige deutlicher steigern als mit unternehmerischen Tätigkeiten und Geldgeschäften (chrematistike). Dennoch sind insbesondere einige Athener am Ende des 5. Jh. v. Chr. als Fabrikbesitzer bekannt, so dass sie direkt oder indirekt mit Produktionsprozessen bzw. der Herstellung von Leder, Lampen, Musikinstrumenten, Waffen etc. befasst waren und damit auch Reichtum erwerben konnten.14 Die Frauen kümmerten sich um den Haushalt und verrichteten Arbeiten am Webstuhl, während einfache Athenerinnen sich auch als Ammen, Hebammen und Waschfrauen betätigten.15 Aufgrund der geringen Wertschätzung wurden körperliche Arbeiten und handwerkliche Tätigkeiten hauptsächlich von freien Nichtbürgern bzw. Metöken und Metökinnen oder von Sklaven und Sklavinnen übernommen. Metöken und Freigelassene konnten aber auch selber 169

13 Körperkonzepte und Medizin

Abb. 21: Trinkschale des Erzgießereimalers (Werkstattszene), um 490/80 v. Chr.

ökonomisch aktiv werden und eigene Geschäfte und Banken betreiben. Als Unternehmer vergaben sie risikoreiche Seedarlehen, mit denen Schiffseigentümer ihre Schiffe ausrüsten und Ware aufkaufen konnten. Zudem unterhielten sie handwerkliche Betriebe, wie das Beispiel des ehemaligen Sklaven Pasion im Athen des frühen 4. Jh. v. Chr. zeigt, der die Bank seines Herrn übernahm und eine Schildfabrik aufbaute (Dem. 36).16 Wegen der allgemein geringen Technisierung wurde aber nur beschränkt seriell produziert, so dass auch die größeren Manufakturen in der Regel überschaubare Größen von höchstens 120 Arbeitern aufwiesen (Lys. 12,19). Obwohl die Sklaven eine tragende Rolle spielten, stellten sie im Prinzip nur eine Sache dar, einen Gegenstand mit Menschenfüßen (andrapodon). Aristoteles (pol. 1253b–1255b) erachtete die Sklaverei als Schicksal der Geburt, mit der sich von Natur aus die Funktion als Werkzeug (organon) verband. Ein Sklave habe demnach nur insofern Denkvermögen (logos), als er Befehle verstehen kann. Als Außenstehender ist er kein politisches Lebewesen (zoon politikon), also kein wirklicher Mensch, sondern dem 170

Medizin

Haustier ähnlich. Auf diesen Grundlagen konnte die Sklaverei auch in späteren Zeiten immer wieder neu legitimiert werden. Sklaverei ergab sich nicht nur aus dem Schicksal der Abstammung, sondern auch durch Kindsaussetzung, Verkauf durch den Vater, gerichtliche Verurteilung und Kriegsgefangenschaft.17 Sklaven aus auswärtigen Gebieten konnten auf Märkten gekauft und anschließend auch weitervermietet werden. Sie waren in unterschiedlichsten Bereichen einsetzbar, was zu harter Zwangsarbeit und sexueller Ausbeutung führen konnte. In den von Athen verpachteten Bergwerken arbeiteten bis gut 30 000 Sklaven, die jährlich große Mengen an Silber förderten.18 Andererseits verübten sie in Werkstätten teilweise anspruchsvolle Tätigkeiten und konnten in verschiedenen Berufen wie Erzieher, Lehrer, Töpfer und Schmied mit dem erworbenen Geld auf ihre Freilassung hinarbeiten. Auch wenn Sklaven oft freigelassen wurden, blieben sie weiterhin unter der Obhut ihres Herrn und genossen nur beschränkte Freiheit, die mit derjenigen der Metöken vergleichbar ist.19

Medizin Die ersten Ärzte sind schon bei Homer zu fassen (Il. 2,731 f.; 4,194 f.; 11,514 f.; 13,213; Od. 17,384), wobei verwundete griechische Helden im Feld aber auch von Gefährten versorgt wurden.20 Das medizinische Wissen baute in der Folge auf den Entdeckungen der Naturphilosophen auf, die von den Grundelementen (Feuer, Wasser, Luft, Erde) und konkurrierenden Konstitutionen, wie dem Warmen/Trockenen und Kalten/Feuchten, her dachten. Die ärztlichen Lehren gingen von der laufenden Trennung und Mischung von Elementen aus, was in Analogieschlüssen auch auf den Körper übertragen wurde. Grundlegend für die Heilkunde wurde im weiteren Verlauf, dass diese nicht nur rein medizinische Aspekte behandelte, sondern ganzheitliche Ansätze verfolgte, zu denen auch die Ernährung, die Gymnastik und die Hygiene gehörten. Die adäquate Lebensführung (diaita) umfasste neben Gesundheitspflege zusätzlich körperliche und musische Bildung (Hippokr. 171

13 Körperkonzepte und Medizin

epid. 6,6,2). Für ein erfülltes Leben wurde ein körperliches und seelisches Gleichgewicht angestrebt. Daher war zunächst auch die individuelle Prognose des Arztes wichtiger als die Diagnose.21 Die Diätetik ging schon von den Pythagoreern aus und wurde in den hippokratischen Schriften zu einem zentralen Prinzip ausgebaut. Unter dem Namen des legendenhaften Hippokrates, der um 460 v. Chr. in Kos geboren worden war, ist die bedeutendste Sammlung medizinischer Texte der griechischen Antike erhalten (Corpus Hippocraticum), die ab dem 3. Jh. v. Chr. in Alexandria zusammengetragen wurde.22 Der Heilgott Asklepios besaß in Kos ein Heiligtum, in dem neben ärztlicher Versorgung wie in anderen Tempelanlagen auch Heilung durch religiöse Praktiken und Heilschlaf (Inkubation) gesucht wurde.23 Grundlegend für die dort entwickelte hippokratische Medizin ist die Lehre von den vier Säften, die im menschlichen Körper neben den festen Komponenten vorhanden sind (Hippokr. nat. hom. 1 f.): Blut (haima), gelbe Galle (chole), schwarze Galle (melaina chole), Schleim (phlegma). Falls von diesen Säften zu viel oder zu wenig existiert (Dyskrasie), wird eine Krankheit hervorgerufen (nat. hom. 4). Der Arzt hatte somit durch Heilmittel (pharmaka) oder Praktiken wie Aderlass oder Schröpfen wieder ein Gleichgewicht (Eukrasie) herzustellen.24 Diese Auffassung sollte durch das ganze Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit wegweisend bleiben. Das Hippokratische Corpus wendet sich neben allgemeinen Erkrankungen speziell den Frauenkrankheiten zu, da die Frauen meist für das schwache, bedrohte Geschlecht gehalten wurden, das sich grundsätzlich in einem latenten Krankheitszustand befindet (Hippokr. vict. 1,34). Der weibliche Körper galt vorwiegend als feucht und kalt, während der Mann durch körperliche Betätigung einen trockenen und warmen Körper besitzen soll. Der instabile weibliche Körper werde prinzipiell von der Gebärmutter, der Hystera, bestimmt, die für den Feuchtigkeitshaushalt zuständig sei. Falls das Regelblut nicht ordnungsgemäß abfließen kann, droht sich die Gebärmutter zu verschieben und dabei Krankheiten auszulösen; Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft sollen daher eine reinigende und therapeutische Wirkung haben (genit. 4; mul. 1,2. 7).25 Diese Vorgaben sind in der abendländischen Geschichte wiederum prägend geblieben, auch wenn die »Hysterie« erst seit Galen (loc. aff. 6,5) in der römischen Kaiserzeit als eigener medizinischer Begriff fassbar ist. 172

Sexualität

Aristoteles kommt im 4. Jh. v. Chr. das Verdienst zu, eine grundlegende Verbindung zwischen der Funktion und der Struktur von Organen festgelegt zu haben; dennoch bleibt auch er geschlechtsspezifischen Stereotypen verhaftet und nimmt an, dass Frauen aus deformierten Männern hervorgegangen sind (gen. an. 731b–732a; Gal. usu part. 14,6).26 Im Gegensatz zur hippokratischen Vorstellung von schwächeren weiblichen und stärkeren männlichen Samen, die aus dem Gehirn und Rückenmark oder auch dem gesamten Körper stammen (Hippokr. morb. sacr. 2[5]; genit. 1f. 8), leugnet er die Existenz eines weiblichen Samens (gen. an. 729a– 730b. 737a). Den Lebenshauch (pneuma) siedelt er im Herzen an, dem auch angeborene Wärme Kraft spendet (gen. an. 735a–736b). Mit Platon setzte sich dann das Gehirn als Sitz der Vernunft durch (Tim. 69c ff.). Neue anatomische und physiologische Kenntnisse kamen erst im Hellenismus durch Sektionen und spezialisierte Chirurgie zustande, die über das herkömmliche Schröpfen und Aderlassen hinausgingen.27

Sexualität Liebe und Sexualität wurden von den Griechen als göttliche Mächte verehrt (Eros, Aphrodite) und zu den grundlegenden Phänomenen der menschlichen Existenz gezählt. Hinsichtlich der Sexualität ist bei Homer zwar keine strenge Moral, aber bereits ein verbindlicher Verhaltenskodex festgelegt. Dabei konnten Männer sowohl zuhause als auch im Felde mit Untergebenen und Versklavten körperliche Beziehungen eingehen, während von den Ehefrauen Treue erwartet wurde.28 Ohne eine spezielle Sexualmoral zu entwickeln, wurde auch später Wert auf einen richtigen »Gebrauch der Lüste« gelegt (Aristot. hist. an. 581b; gen. an. 747a). Sexualität wurde unter dem Begriff »Liebesfreuden« (aphrodisia) subsumiert und war gesellschaftlich geregelt, aber nicht dem Tabu verfallen. Frauen waren im Gegensatz zu den Männern selten unabhängig, standen also unter der Vormundschaft des Vaters oder des Ehemannes und waren meistenorts nicht erbberechtigt.29 Ihre Aufgaben waren in erster 173

13 Körperkonzepte und Medizin

Linie auf den Bereich der Familie und des Haushalts sowie des Kults festgelegt. Das Sexualleben beschränkte sich für die Frauen dementsprechend stets auf den Bereich der Ehe oder des Konkubinats, das insbesondere verwitwete Männer mit Fremden, Sklavinnen oder Waisen eingehen konnten.30 Daneben war es den Männern möglich, sich auch mit Prostituierten sowie im Rahmen der Päderastie (Knabenliebe) mit Jünglingen zu vergnügen, wogegen die Homosexualität unter erwachsenen Männern verpönt war.31 Im engeren Bereich der Prostitution wurden v. a. Sklaven und Sklavinnen eingesetzt, wobei die betreffenden Frauen als pornai (Dirnen) bezeichnet und kaum geachtet wurden. Über die außerehelichen Kontakte konnte in der eigenen Familie eine Geburtenkontrolle ausgeübt werden, so dass die Probleme von Verhütung, Abtreibung, Kindstötung und Kindsaussetzung auf sozial schwache Frauen abgewälzt wurden.32 Für außereheliche erotische Freundschaften gab es in den griechischen Städten Hetären (»Gefährtinnen«), die insbesondere bei Symposien und städtischen Dionysos-Feiern zur Verfügung standen. Zugleich konnten sie für tänzerische und musikalische Unterhaltungen engagiert werden. Mit Hetären wurden auch dauerhafte Freundschaftsverhältnisse eingegangen, wobei von den Liebhabern erwartet wurde, dass sie für deren Lebensunterhalt sorgten (Dem. 59,35). Als Hetären betätigten sich neben Sklavinnen und Freigelassenen auch Ausländerinnen bzw. Metökinnen, freie »Mitbewohnerinnen« ohne Bürgerrecht, die für ihre Dienste auch vermietet oder verkauft werden konnten. Obwohl mit dem Hetärenwesen viel Geld verdient werden konnte, drohte stets die Gefahr des Absturzes, der Versklavung und Geringschätzung im Alter.33 Die Päderastie war als spezielle Form homosexuellen Verhaltens in der griechischen Gesellschaft verankert. Sie spielte sich zwischen einem älteren Partner bzw. erwachsenen Mann als Liebhaber (erastes) und einem jungen Geliebten (eromenos) im Alter von ca. 12–18 Jahren ab (Anth. Pal. 12,125. 251). Dabei konnte sich der ältere Liebhaber zwar einseitig befriedigen, musste aber auch zur Erziehung und Einführung des Geliebten in die Gesellschaft beitragen (Xen. symp. 8,12; Dem. 61,17 f.; Plat. symp. 216e–219c). Sexualpraktiken waren insofern geregelt, als sie sich auf den Schenkelverkehr beschränken sollten und Analverkehr verpönt war (Aristoph. Av. 705 f.).34

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Behinderte

Abb. 22: Trinkschale des Tarquiniamalers mit Hetären beim Symposion, um 470 v. Chr.

Päderastie wurde insbesondere in der städtischen Oberschicht ausgeübt und bot die Aussicht auf eine lebenslange Freundschaft und gesellschaftlichen Nutzen (Plat. symp. 183c; Phaidr. 231d–e), führte aber auch zu einer gewissen Abhängigkeit. Zugleich konnte sie sich im Grenzbereich zur Knabenprostitution abspielen, die in Athen bestraft wurde (Plat. symp. 185a; Aischin. Tim. 13). Insgesamt wurde über die Sexualität und Päderastie also eine gesellschaftlich hierarchische Ordnung aufrechterhalten, in der die Männer dominierten.

Behinderte Die mit dem Körper zum Ausdruck gebrachten Schönheitsideale hatten zur Folge, dass abweichenden Formen oft mit Verachtung begegnet wurde. Körperlich deformierte Völker wie die großgestaltigen Laistrygo175

13 Körperkonzepte und Medizin

nen, die einäugigen Kyklopen und die zwergwüchsigen Pygmäen bildeten schon in den homerischen Epen eine Gegenwelt zu der eigenen Gesellschaft (Hom. Il. 3,5 f.; Od. 9,106 ff.; 10,119 f.). In dieser wurden hässliche, körperlich deformierte Männer wie Thersites, der das Verhalten des Agamemnon kritisierte, lächerlich gemacht und zur Belustigung vor den anderen verunglimpft (Il. 2,211–277). Für behinderte oder missgebildete Kinder bestand auch späterhin die Gefahr, abgelehnt und ausgesetzt zu werden (Plat. Theait. 161a; Aristot. pol. 1335b 19–21). Erwachsene behinderte und deformierte Menschen wie Klein- und Großwüchsige, Bucklige und Verstümmelte wurden oft als unglückbringend stigmatisiert, ausgegrenzt oder der Verhöhnung preisgegeben. Dies kam auch in der Götterwelt zum Ausdruck, wo der lahme Schmiedegott Hephaistos als handwerklich Tätiger dem Spott ausgesetzt, zugleich aber mit Athena als Schutzgöttin der Weisheit und Künste liiert war. Darüber hinaus erzeugte die Blindheit von Dichtern und Sehern spezielle Fähigkeiten, so dass die Behinderung hier positive Auswirkungen hatte, während sie sonst grundsätzlich mit erheblichen Nachteilen verbunden war.35 Körperliche Beeinträchtigungen, die durch Krieg verursacht waren, wurden im Prinzip gesellschaftlich anerkannt. In Athen wurde in klassischer Zeit für mittellose Behinderte sogar eine staatliche Rente ausgegeben (Aristot. Ath. pol. 49,4; Lys. 24,13).36 Mitleid gegenüber Deformierten konnte jedoch jederzeit in Hohn und Spott bzw. Verachtung umschlagen. Dabei wurden körperlich auffällige Menschen mit Dionysos in Verbindung gebracht, so dass sie an Festveranstaltungen für tänzerische Unterhaltung oder als Belustigung zum Einsatz kamen und dadurch Unheil von der bürgerlichen Welt abhalten sollten. Solche Gegenwelten und persönliche Schicksalsschläge kamen sowohl in der Bildwelt als auch in der Komödie zur Darstellung. Im Hellenismus wurden schließlich vermehrt alte und deformierte Menschen in Form von mageren Krüppeln und buckligen Bettlern abgebildet (sogenannte Grylloi), die als Randgruppen ausgegrenzt waren.37

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Behinderte

Abb. 23: Bronzefiguren von körperlich Missgebildeten, hellenistische Zeit, Louvre/Paris

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Griechische Religion und panhellenische Spiele

Die griechische Religion bedeutete wie jede Religion eine Auseinandersetzung mit natürlichen und übernatürlichen Mächten, aber auch mit Ängsten und Gefahren. Damit diente sie der Bewältigung des täglichen Lebens und menschlichen Daseins, dem sie einen Sinn verlieh und somit auch das Gemeinwesen stützte. Für diesen Bereich wurden schon früh spezielle, geheimnisvolle Orte auserwählt, wo übernatürliche Kräfte spürbar waren, wie an Erdspalten, Quellen oder Höhlen.1 An diesen entwickelten sich Kulte, für welche die betreffenden Orte speziell abgegrenzt und den verehrten Mächten und Göttern geweiht wurden (sogenannter Temenos), so dass wir auch von Heiligen Hainen (alsos/alse) sprechen. Diese befanden sich nicht nur auf dem Land, sondern auch in der Umgebung von Städten, wo sie einen Übergang von der freien Natur zur geordneten städtischen Zivilisation markierten.2 Daneben gab es innerhalb der städtischen Gebiete zahlreiche Heiligtümer, gerade an den zentralen Stellen wie der Akropolis und der Agora, die der Polis eine gemeinsame Identität verliehen. Ein Heiligtum oder Heiliger Bezirk enthielt in der Regel einen Altar sowie oft einen Tempel mit Kultbild und Weihgeschenken, die für die Götter aufgestellt wurden. Um den Schutz der Götter zu erlangen, wurden ihnen Wohnräume in Form von Tempeln (naos/naoi) gebaut.3 In deren Innenraum (Cella) waren die Standbilder der Götter (hedos, agalma) aufgestellt, wofür zuhinterst nochmals ein eigenes Adyton (das »Unzugängliche«) abgetrennt sein konnte. Die Tempel besaßen einen Stufenunterbau und eine Ringhalle als Umhüllung. Diese hoben das Bauwerk vom profanen Bereich ab und machten es zu einem allseitigen, autarken Schrein, der zugleich ein Weihgeschenk (anathema) darstellte. In dieses gelangten weitere Votivgaben in Form von wertvollen Gegenständen und 178

14 Griechische Religion und panhellenische Spiele

Geld. Zudem verkörperte das Gebäude in Verbindung mit der Tempelkasse auch eine Art Schatzhaus, wo teilweise sogar Geld ausgeliehen werden konnte.4 Die griechischen Tempel waren dementsprechend nicht öffentlich zugänglich, so dass sie keinen Versammlungsraum im Sinne der späteren Kirchen (ekklesia) darstellten. Der Altar befand sich vor dem Tempel im Freien. Allerdings bot das Heiligtum auch eine Zufluchtsstätte (asylon) für Verfolgte.5 Ein Heiligtum diente generell der Darbringung von Opfern (thysia) und der Weihung von Votivgaben, zum Dank an die Götter und zur Versicherung von deren Gunst. Als Opfertiere dienten neben Rindern oft Ziegenböcke oder Hammel.6 Das Opfer bedeutete nur bedingt einen Verzicht auf Nahrung zugunsten der Götter, da das Fleisch beim Festmahl gegessen und einzig der restliche Teil verbrannt wurde.7 Das Ganze wurde in traditionell vorgeschriebenen Riten vollzogen, die auch innerhalb von größeren Festen stattfanden. Der griechische Kalender umfasste eine ganze Reihe von religiösen Feiern mit rituellen Vorschriften, die zur Reinigung (katharsis) von Befleckung (miasma) führen sollten.8 Das Heiligtum selbst war durch verschiedene Vorschriften geschützt, so dass es darin etwa verboten war, das Wasser zu verunreinigen, Bäume zu fällen, Kinder zu gebären, Sexualverkehr zu haben oder den Tod abzuwarten.9 Vier große Heiligtümer (Olympia, Delphi, Isthmos, Nemea) erreichten schon in archaischer Zeit panhellenischen Charakter, so dass diese regelmäßig Leute aus der ganzen griechischen Welt anzogen. Abgesehen vom Bezirk in Delphi, der Apollon geweiht war, befanden sie sich alle außerhalb von städtischen Siedlungen. Olympia und Nemea auf der Peloponnes waren Zeus geweiht, Isthmos bei Korinth dem Meeresgott Poseidon. Diese Heiligtümer spielten eine wichtige Rolle bei der Entwicklung eines kulturellen Zusammengehörigkeitsgefühls. An ihren Kult waren überregionale, gesamtgriechische Sportfeste (Agone) gebunden. Diese wurden im Falle der Isthmien und Nemeen alle zwei Jahre, im Falle der Olympien und Pythien alle vier Jahre ausgetragen. Der Preis bestand vordergründig nur aus einem Siegeskranz, jedoch wurden die Sieger zu Hause z. T. mit hohen Summen aus der Staatskasse belohnt. Ein Athlet, der alle vier Spiele gewann, erhielt einen Ehrentitel, wobei der Ausdruck »Periodonike« aber erst im 2. Jh. n. Chr. bezeugt ist. Übermäßige Beto179

14 Griechische Religion und panhellenische Spiele

nung von Sport traf hingegen schon früh auf Kritik von Philosophen, wie wir sie zuerst von Xenophanes (um 500 v. Chr.) kennen (D/K 21 B 2).

Grundkennzeichen der griechischen Religion Griechische Religion weist verschiedene Grundmerkmale auf, die sie von anderen, insbesondere monotheistischen Religionen unterscheidet. Dazu gehört ihre große Lebendigkeit, durch die sie weder einheitlich noch statisch war. Es gab einen Grundkanon von Göttern und Kulten, der anpassungsfähig und wandelbar war. Daneben hatte jede einzelne Polis auch eigene Götter und Mythologien. Die Religion war in erster Linie öffentlich und in die Gemeinschaft eingebettet, also nicht prinzipiell etwas Privates, Persönliches. Dennoch gab es auch individuelle Kultakte, wie etwa das Opfer am häuslichen Herd der Familie, welcher der Hestia geweiht war. Die griechische Auffassung unterschied nicht strikt zwischen Heiligem und Profanem. Dementsprechend existierte eine Vielzahl von Wörtern für Heiliges, die in abgestufter Bedeutung verwendet wurden – nämlich hieros (Göttern gehörend), hosios (Göttern gefällig) und hagnos/hagios (erhaben, rein).10 Heilig war demzufolge das intensiv Verehrungswürdige, nicht das absolut Andere. Die Religion war v. a. mit dem aktuellen Alltag befasst, also mehr mit dem gegenwärtigen Leben als mit dem Leben nach dem Tod. Trotz des Diesseitsbezuges gab es aber einen Glauben an die Unterwelt, die prinzipiell mit einem Schattendasein im Hades verbunden wurde.11 Eine bessere Perspektive boten die Vorstellung vom Elysion, der Insel der Seligen (Plat. Gorg. 523a–b), sowie verschiede Mysterienkulte, die auf die Erlösung der verstorbenen Seelen vorbereiteten, wie es z. B. in Eleusis der Fall war.12 Durch allerlei Schadenszauber wurde aber auch versucht, Konkurrenten und Gegner ins Unglück zu stürzen. Die griechische Religion war grundsätzlich mündlich. Sie wurde zwar von etlichen Schrifttexten (hieroi logoi) begleitet, aus denen sich aber nie ein kanonisches Heiliges Buch entwickelte.13 Somit gab es auch keine 180

Grundkennzeichen der griechischen Religion

Offenbarung der Wahrheit durch eine Gottheit als Grundlage für ein theologisches System. Das Fehlen einer einheitlichen Schrift verhinderte zugleich die Entstehung einer Berufsklasse, welche die Schrift deutete.14 Die griechischen Poleis hatten keine übermächtige Priesterschaft, auch wenn mancherorts immer noch die Erblichkeit von Ämtern und der Vorrang lokaler Eliten existierten. Es bildete sich keine übergeordnete religiöse Führung aus, welche die Lehren überwachte.15 Die Priesterschaft war in der Regel nicht beruflich organisiert, sondern auf Zeit gewählt oder gelost, so dass sie in den Polis-Rahmen eingebunden blieb. Zudem besaßen die Priester kein religiöses Monopol und wurden durch das Wirken und Deuten von Dichtern und Sehern ergänzt, wobei dem Dichter ein direkter Draht zu den Musen zukam. Schon am Anfang der Odyssee bat der Sänger um entsprechende Inspiration: »Den Mann (i. e. Odysseus) nenne mir, oh Muse …« (Andra moi ennepe, Mousa), und auch Hesiod rief in seinem Gedicht »Werke und Tage« eingangs die prierischen Musen an. Insgesamt herrschte in der Ausübung der Religion eine Dominanz der Männer, obwohl auch Frauen kultische Aufgaben übernahmen und ihre eigenen Feste hatten. Dazu gehörten etwa die Thesmophorien, die im Oktober/November als Erntedankfest zu Ehren von Demeter abgehalten wurden. Sie stellten somit auch einen Vegetationskult dar, an dem Ferkelfleisch, Pinienzweige und Pinienzapfen sowie Gebäck in Form von Phallen und Schlangen zur Förderung der Fruchtbarkeit dargebracht wurden.16 Die Religion bildete einen grundlegenden Bestandteil des griechischen Lebens und war quasi omnipräsent. Alle Lebensbereiche wiesen eine religiöse Facette auf und wurden dementsprechend von Ritualen begleitet, sei es anlässlich von Lebensabschnitten wie Geburt, Eintritt ins Erwachsenenalter, Hochzeit und Tod oder im Zusammenhang mit alltäglichen politischen, wirtschaftlichen und kriegerischen Handlungen. Dabei gab es gar kein Wort für Religion; vielmehr war von eusebeia die Rede, was mit »Pflege der Götter« umrissen werden kann (Plat. Euthyphr. 12e). Asebeia, der Unglaube bzw. die Missachtung des Göttlichen, war sogar staatlich verfolgbar und konnte wie im Falle von Sokrates (399 v. Chr.) bis zum Todesurteil führen.17 Die griechische Religion war polytheistisch, kannte also viele verschiedene Götter (theoi). Diese deckten bestimmte Bereiche ab und waren 181

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allgegenwärtig. Dennoch waren sie nicht allmächtig, da neben ihnen auch die Moira, das Schicksal, in das irdische Leben eingriff. Zudem waren die Götter anthropomorph, hatten also die Form von Menschen, so dass sie nicht das Übernatürliche, »Transzendentale« verkörperten, das die Welt geschaffen hatte. Sie sind einst selbst in die Welt geboren worden, die aus dem Chaos, dem ungeformten Nichts, entstanden war. Im Unterschied zu den Menschen waren die Götter aber unsterblich (athanatoi) sowie von übergroßer und beeindruckender Gestalt. Wie die Menschen mussten sie essen und trinken und hatten ihre Launen; sie waren neidisch oder eifersüchtig und mischten sich deshalb oft in die Geschicke der Menschen ein. Wenn die Götter untereinander Streit hatten, mussten die Menschen verschiedentlich darunter leiden, z. B. in Form von Naturkatastrophen. Unheil und Krankheiten wurden als Strafen der Götter, Dämonen und Heroen gedeutet. Deshalb wurde versucht, sie durch Gebete und Opfer günstig zu stimmen. Die Griechen waren im Gegensatz zum Christentum religiös unbelastet von Erbsünde und mit den Göttern eng vertraut. Dieses Nahverhältnis verlangte aber auch eine Abgrenzung der Sterblichen von den Göttern. Mythologische Erzählungen machten deutlich, dass Wettbewerbe mit den Unsterblichen übel ausgehen konnten: Der Satyr Marsyas, der gegen Apollon im Flötenspiel angetreten war, wurde an einer Pinie aufgehängt und gehäutet; Arachne, die mit Athena im Weben konkurrieren wollte, wurde in eine Spinne verwandelt (Ov. met. 6,5 ff. 383 ff.).18 Die Hauptgötter der Griechen stellte die Gruppe der zwölf Olympier dar. Als »himmlische« Götter lebten sie auf dem Olymp, dem höchsten Berg Griechenlands in Thessalien, von dem sie gelegentlich auf die Erde hinabstiegen. An der Spitze stand der Göttervater Zeus mit seiner Schwester und Gemahlin Hera, daneben Poseidon, Athena, Apollon, Artemis, Aphrodite, Hermes, Demeter, Dionysos, Hephaistos und Ares. Dazu kamen weniger bedeutende Götter, etwa Hestia, Asklepios und Eros.19 Zudem gab es chthonische Gottheiten, also Mächte der Erde und Unterwelt, wie Persephone und Hades, sowie verschiedene Naturgottheiten.20 Schließlich wurden auch neu entstandene politische Begriffe mit Gottheiten assoziiert, wie die drei Horen Eunomia, Dike und Eirene als Töchter des Zeus, später auch die Tyche als Schicksals- und Stadtgöttin, was den Wert des Politischen in der Gemeinschaft verdeutlicht.21 182

Akropolis von Athen

Als Vermittler zwischen den Göttern und den Menschen fungierten die übernatürlichen Wesen der Dämonen (»Geister«), die das Natur- und Lebensgeschehen beeinflussten, als Schicksalsmächte aber auch schwer zu fassen und lenken waren.22 Eine weitere, konkretere Kategorie zwischen Göttern und Menschen bildeten die Heroen.23 Als Halbgötter waren sie von überragender Gestalt und Kraft, hatten in einer weit zurückliegenden Zeit gelebt und gelitten, verkörperten aber auch im Tod noch etwas Höheres. An erster Stelle standen Theseus und Herakles, die durch ihre Taten die Polis gegen wilde Ungeheuer und fremde Völker verteidigt hatten. Herakles, der Sohn von Zeus und Alkmene als Königin von Theben, agierte dabei mit seiner Keule als schlecht bewaffneter Einzelkämpfer, der sich auf seine körperlichen Kräfte verließ.24 Er stand noch ganz im Dienste eines Königs, nämlich Eurystheus von Tiryns, der allerdings schwächer und damit in seiner Stellung grundsätzlich bedroht war. Demgegenüber handelten andere Helden bereits gemeinschaftlich und lassen einen neuen Geist der Polis erkennen. Auf dem Kleitias-Krater, der nach seinem Entdecker auch François-Vase genannt wird, ist um 570/ 60 v. Chr. eine Kalydonische Eberjagd dargestellt, an der sich eine ganze Gruppe von Jägern beteiligt; zugleich werden in der Hochzeitsszene zwischen Peleus, dem Königssohn von Aigina, und der Göttin Thetis die Geschlechterrollen verdeutlicht: Während sich Thetis im städtischen Wohnpalais aufhält, empfängt Peleus davor den weisen Kentauren Chiron. Somit diente die griechische Religion auch dazu, die bestehenden gesellschaftlichen Rollen und Modelle zu unterstützen.

Akropolis von Athen Auf der Akropolis von Athen, die schon in mykenischer Zeit als Burgberg genutzt worden war, wurde in archaischer Zeit der Stadtgöttin Athena ein Tempel errichtet, der mehrmals erneuert wurde.25 Zu Beginn des 5. Jh. v. Chr. wurde daneben ein neuer großer Bau in Angriff genommen, der sogenannte Vorparthenon, der aber im Jahre 480 v. Chr. durch die Perser 183

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zusammen mit dem alten Athenatempel zerstört wurde. Der sogenannte Perserschutt bot im weiteren Verlauf des 5. Jh. v. Chr. die Chance zu einem neuen Bauprogramm, mit dem sich das erstarkte Athen ein repräsentatives Denkmal setzen konnte. Die entsprechende Bautätigkeit, bei der Perikles prominent mitwirkte, stieß aber auch auf Kritik, da sie gegenüber den Bundesgenossen als anmaßend erschien und die Staatskasse belastete (Plut. Per. 16). Unmittelbar nach dem monumentalen Tempel des Parthenon (447– 438 v. Chr.) wurden am westlichen Rand des Hügels über einer 80m lagen Rampe die Propyläen (437–432 v. Chr.) als Eingangstor errichtet, durch das jeweils der Festzug anlässlich der Panathenäen auf die Akropolis gelangte.26 Dazu kam auf dem benachbarten Felsvorsprung der Niketempel, der schon kurz nach 450 v. Chr. geplant worden war, aber erst in den späten 420er Jahren v. Chr. umgesetzt wurde (IG I3 35. 36).27 Im Gegensatz zum dorischen Parthenon mit wulstigen Kapitellen folgte er der ionischen Ordnung mit Volutenkapitellen und erinnerte im umlaufenden Fries sowohl an den Perserkrieg (Marathon) als auch an mythische Siege der Athener über griechische Gegner.28 Der kleine Bau mit je vier Säulen an der Vorder- und Rückseite der Cella war der Athena Nike geweiht. Diese war gemeinsam mit der Siegesgöttin auch auf den Reliefs der einfassenden Balustrade abgebildet, die im Jahre 410 v. Chr. als Siegesmonument um den Tempelbezirk gelegt wurde. Als letzter Großbau war das Erechtheion (421–406 v. Chr.) errichtet worden, das an der nordöstlichen Ecke des ehemaligen alten Athenatempels platziert wurde und als Kultbau für Athena Polias und König Erechtheus den religiösen Mittelpunkt der Stadt darstellte. Der Baukomplex bezog die ältesten Kultmale und Heiligtümer der Stadtburg mit ein, nämlich die Gräber der mythischen Könige Kekrops und Erechtheus sowie den Ort der Auseinandersetzung zwischen Athena und Poseidon um die Vorherrschaft im attischen Land, was durch den Ölbaum der Athena und die Dreizackspuren sowie den Salzsee des Poseidon versinnbildlicht wurde (Paus. 1,26,5– 27,2). Die Vielzahl der Kulte bewirkte eine komplexe Architektur aus drei unterschiedlichen Baukörpern mit vier verschiedenen Säulenordnungen. An das Zentralgebäude schließen nördlich die Halle des Poseidon und südlich die Korenhalle an. Diese liegt über dem Grab des Urkönigs Kekrops, dem die Mädchen in Form von tragenden Stützen ein Trankopfer darbringen.29 184

Akropolis von Athen

Insgesamt kam unter den Augen der Götter ein ganzes Bauprogramm zustande, bei dem heroische Taten der Vergangenheit mit denen der Gegenwart kombiniert und erinnert wurden. Im Erechtheion wurde nach wie vor das alte Holzbild (Xoanon) der Stadtgöttin Athena aufbewahrt, der jetzt als »Jungfrau« im Parthenon neu eine 11,5 m hohe Gold-ElfenbeinStatue des Phidias zukam (Strab. 9,1,16; Paus. 1,24,5–7). In diesem monumentalen Ringhallentempel konnte die Stadt auch die Einnahmen aus dem Seebund aufbewahren und somit generell ihren Reichtum zur Schau stellen. Da der Festzug und die Kulthandlungen immer noch der Athena Polias galten, die vor ihrem ehemaligen Tempel einen Altar im Freien besaß, konnte beim Parthenon auf einen eigenen Opferplatz verzichtet werden. Im Bauschmuck des Parthenon-Tempels konnte die Stadt sowohl ihre religiösen als auch ihre politischen Auffassungen anschaulich zum Ausdruck bringen. Im Giebel über dem Haupteingang im Osten ist die Geburt der Athena aus dem Haupt des Zeus, im Westen der Zweikampf zwischen Athena und Poseidon um das attische Land dargestellt. Auf dem ca. 160 m langen Fries, der um 440/35 v. Chr. an der Cella-Außenwand angebracht wurde, findet über dem Haupteingang eine Götterversammlung mit den zwölf Olympiern statt.30 Der Festzug anlässlich des Panathenäenfestes läuft mit zahlreichen Reitern, Wagengespannen und Figuren, die Kithara und Flöte spielen oder Weihgaben und Opfertiere mitführen, über beide Längsseiten auf die Götter zu. Während die Reiter im Süden in zehn Sechsergruppen an die zehn attischen Kavallerieabteilungen erinnern, ist bei den Reitern im Norden mit ihren unterschiedlichen Trachten auch schon an die Bundesgenossen gedacht worden.31 In der Mitte der Götter bzw. zwischen den Hauptfiguren des thronenden Zeus und seiner Tochter Athena wird der neu gewobene Peplos als Weihgabe an die Priesterschaft bzw. den Archon basileus übergeben. Zwischen den sitzenden, großgestaltigen Göttern und den auf sie treffenden Spitzen des Festzuges sind links und rechts wohl die sogenannten Phylenheroen in einer Sechser- und einer Vierergruppe angeordnet. Sie dienen als Schutzpatrone der von Kleisthenes neu konstituierten zehn Phylen und sind in Gestalt von würdigen Bürgern, aufgestützt auf ihre Stöcke, dargestellt. Die Phylenheroen stellen zugleich ein Bindeglied zwischen den Göttern und den Menschen dar, die ganz links außen vom Götterboten Hermes empfangen werden. 185

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In den Metopen des Parthenon werden wiederum heroische Kämpfe dargestellt, bei denen sich die Griechen gegen rohe Urgewalten verteidigen mussten.32 An der Südseite des Tempels verläuft eine Auseinandersetzung mit den Kentauren, im Osten der Kampf gegen die Giganten. Im Norden spielt sich der Krieg um Troja ab, im Westen der Kampf gegen die Amazonen, so dass in beiden Fällen die griechische Kultur gegen Bedrohungen aus dem Osten verteidigt wird. Bei der Kentauromachie und Amazonomachie war jeweils der Heros Theseus beteiligt, der die Griechen hier vor äußeren Gefahren beschützte. Damit stellte sich Athen unter den Schutz zahlreicher Götter und Heroen und markierte insgesamt seinen Führungsanspruch in der griechischen Welt.

Delphi Delphi liegt am Abhang des Parnass in der Landschaft Phokis, nördlich des korinthischen Golfes, und beherbergte mit dem Heiligtum des Apollon die berühmteste Orakelstätte der Antike. Zeus, der Göttervater und Beherrscher der Welt, hatte an dieser Stelle angeblich zwei Adler von den Weltenden her einfliegen lassen, so dass der Omphalos (»Nabel«) im Apollontempel auch den Mittelpunkt der Welt kennzeichnete (Schol. Pind. Pyth. 4,6).33 Apollon, der Sonnen- und Lichtgott, soll in Delphi den Drachen Python erschlagen und sich daraufhin hier festgesetzt haben (Hom. Hymn. 3,300 ff. 356 ff.; Strab. 9,3,12; Paus. 10,6,5). Er war für die verschiedensten Ordnungen, darunter das staatliche Dasein, verantwortlich. Zudem galt Apollon als Gott des Maßes und des Maßhaltens, das bei den Griechen immer wieder hoch im Kurs stand. Im Laufe des 8. Jh. v. Chr. hatte das Heiligtum überregionale Bedeutung erlangt, wobei der Gott sowohl weissagte als auch Anweisungen erteilte. Delphi wurde nicht nur zum Urheber von Weisheitssprüchen, sondern auch maßgebend für den gesamten politischen Bereich. Es riet über Recht und Ordnung, wies Kolonisationsplätze zu, gab Anweisungen für bestimmte Verfassungen und strafte frevelhafte Staaten. Orakelgeberin war die Pythia, 186

Delphi

Abb. 24: Theater und Apollontempel von Delphi

die angeblich in Trance versetzt auf einem Dreifuß über einer Erdspalte im Adyton des Tempels saß (Diod. 16,26; Strab. 9,3,5). Unklar ist, ob die betreffende Frau ihre Ratschläge bei den Apollonpriestern einholte; diese mussten jedenfalls dafür sorgen, dass die Orakel anschließend in schriftlicher Form mitgegeben wurden.34 Ein Grundsatz Delphis war das maßvolle Staatsleben. Apollon als Gott von Delphi wies den Menschen immer wieder als Sterblichen auf sich selbst zurück. Zu den delphischen Sprüchen (Delphika parangelmata) gehören Weisungen wie gnothi seauton: erkenne Dich selbst (i. e. als Sterblichen; Xen. mem. 4,2,24), meden agan: nichts zuviel, metron ariston: das Maß ist das beste (Clem. Alex. strom. 1,61,1), thneta phronein: bedenke das Sterbliche (Soph. frg. 590) – lass also das Bewusstsein der Sterblichkeit zur Maxime deines Lebens werden.35 Am Anfang des 6. Jh. v. Chr. war eine Neuorganisation der delphischen Spiele (Pythien) vorgenommen worden. Diese umfassten seither gymnische und hippische Wettkämpfe sowie einen musischen Agon für Apollon. Die Sieger wurden durch Statuen und Stiftungen im Heiligtum verewigt. Der sogenannte Wagenlenker mit seinem Viergespann wurde als Weihgeschenk des Tyrannen Polyzalos von Gela für einen Sieg von 478 oder 474 v. Chr. gestiftet und ist eine der wenigen originalen Bronzestatuen, die aus klassischer Zeit erhalten geblieben sind.36 187

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Delphi war nicht nur für alle griechischen Staaten die oberste Instanz, sondern wurde auch von Auswärtigen wie Etruskern, Lydern und Persern konsultiert. Im Prinzip war das Heiligtum allen zugänglich und wurde gerade von Fürsten sowie finanzkräftigen Einzelpersonen und Familien genutzt. Die athenischen Alkmeoniden stifteten nach dem Brand von 548/ 7 v. Chr. einen neuen Tempel (Hdt. 5,62), dessen Fundamente dann auch beim Neubau im 4. Jh. v. Chr. übernommen wurden.37 Seit dem 6. Jh. v. Chr. errichteten zahlreiche Poleis ein eigenes Schatzhaus (oikos), darunter Athen (508/7 v. Chr.), Theben, Siphnos, Sikyon und Kyrene, die hier ihre Weihgaben aufbewahrten.38 Im 5. Jh. v. Chr. wurden bedeutende Siegesmonumente errichtet, wie der Dreifuß für den Sieg über die Perser bei Plataiai (479 v. Chr.) und die spartanische Statuengruppe für die Seeschlacht von Aigos Potamoi (405 v. Chr.), die auch in Pausanias’ Beschreibung von Delphi (Buch 10) erwähnt sind.39

Olympia Olympia liegt im Tal des Alpheios, das zur Landschaft Elis im Nordwesten der Peloponnes gehört. Hier hatte sich ein Zeus-Orakel angesiedelt, das im Zusammenhang mit griechischen Kriegszügen größere Bedeutung erhielt. An der Wende vom 8. zum 7. Jh. v. Chr. wurden überregionale Wettkämpfe eingerichtet, die sich zu den berühmtesten Agonen des Altertums entwickelten. Ihr Beginn wurde schon in der Antike auf das Jahr 776 v. Chr. fixiert, für das die ersten Sieger schriftlich festgehalten wurden. Dieses Datum ist insofern verdächtig, als die Alphabetschrift erst kürzlich von den Phoinikern übernommen worden war und die Spuren eines festen Stadions nur bis zum Beginn des 6. Jh. v. Chr. zurückreichen. Zudem wurde die Liste der Olympioniken erst am Ende des 5. Jh. v. Chr. vom Sophisten Hippias von Elis erstellt (Plut. Num. 1,4). In dieser Form wurde sie fortlaufend ergänzt und auch für die spätere Zeitrechnung bedeutsam, da in Griechenland nach Olympiaden datiert wurde. 188

Olympia

Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Sportarten dazu, so dass die Spiele einem großen Wandel unterworfen waren. Dazu gehörten athletische und hippische Agone, bei denen jeweils eine Einteilung in zwei Altersklassen vorgenommen wurde, nämlich die Jugendlichen bis ca. 18 Jahre und die Erwachsenen bzw. die Fohlen und ausgewachsenen Pferde.40 Das Programm umfasste ein fünf- bis sechstägiges Kultfest für Zeus, das auf Ende Juli/Anfang August angesetzt war und alle vier Jahre (¼ 1 Olympiade) stattfand. Während dieser Zeit herrschte ein Festfriede (ekecheiria), so dass die Waffen in Griechenland ruhten. Bei den Wettkämpfen amtierte das Schiedsgericht der Hellanodiken, welches auch Missbrauch und unfaires Verhalten sanktionierte. Der Sieg bei den Olympien galt als höchster sportlicher Erfolg und war mit zahlreichen Ehren und Privilegien verbunden, wie der Errichtung einer Statue, lebenslanger Speisung oder sonstigen Prämien.41 Unter den Tempeln war als erster derjenige für Hera am Anfang des 6. Jh. v. Chr. errichtet worden.42 Im Heiligtum fand auch ein Lauf der Mädchen am Fest der Hera als Gattin von Zeus statt (Paus. 5,16,2 f.).43 Der berühmte Zeustempel wurde in den Jahren um 470–456 v. Chr. erbaut und mit einer 12 m hohen Statue aus Gold, Elfenbein und Ebenholz versehen (Paus. 5,10,2 f.). Diese stammte aus der Werkstatt des Phidias und ist in hellenistischer Zeit als eines der sieben Weltwunder in die Geschichte eingegangen (Anth. Graec. 16,81).44 Neben dem Altar für den olympischen Zeus gab es ca. 70 weitere Altäre, an denen die Eleer opferten (Paus. 5,13,8 ff.). Im Gymnasium und in der Palästra wurden vor Spielbeginn die letzten Übungen absolviert. Die heute sichtbaren Reste der Gebäude stammen allerdings erst aus dem 3./2. Jh. v. Chr.45 Das Gymnasium weist einen Innenhof auf, in dem die Trainings für Diskus- und Speerwerfen sowie Laufübungen stattfanden; bei schlechtem Wetter wurde in den gedeckten Laufbahnen der östlichen Halle trainiert. Die Palästra südlich des Gymnasiums umfasst einen Innenhof mit Säulenumgang und neunzehn Räume für Ringer, Faustkämpfer und Pankratisten (»Allkämpfer«), welche den Faust- und Ringkampf verbanden. Eine zentrale Wettkampfstätte ist schon im 8./7. Jh. v. Chr. anzunehmen, wobei das eigentliche Stadion in frühklassischer Zeit aber weiter nach Westen bzw. unmittelbar vor den inneren heiligen Bezirk (Altis) 189

14 Griechische Religion und panhellenische Spiele

Abb. 25: Heratempel von Olympia

verlegt wurde.46 Dort wurde im 5. Jh. v. Chr. schließlich ein Zuschauerraum für 50 000 Leute angelegt, in dessen Innern sich die Start- und Zielschwellen in einer Distanz von 600 Fuß (¼ 192 m) erhalten haben.47 Die Kampfrichter (Hellanodiken) saßen zwischen den Zuschauern auf einer eigenen Tribüne; verheiratete Frauen waren als Zuschauerinnen von den Wettspielen ausgeschlossen (Paus. 6,20,6. 9). Während die Athleten anfänglich noch eine Gürtung um die Lenden trugen (Thuk. 1,6,5; Paus. 1,44,1), traten sie ab dem 6. Jh. v. Chr. in der Regel nackt auf. Der Hippodrom für die Pferderennen lag südlich des Stadions und ist heute nicht mehr erkennbar. Einzigartig für das 5. Jh. v. Chr. ist schließlich eine Badeanlage mit einem Dutzend Sitzbadewannen, einem offenen Schwimmbad und einem Schwitzbad, in dem sich die Athleten erholen konnten.48

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Die Pentekontaetie

Die sogenannte Pentekontaetie bezeichnet die rund 50 Jahre zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Krieg (479/8–432/1 v. Chr.), denen Thukydides in seinem Geschichtswerk einen eigenen Abschnitt gewidmet hat (1,89–118). Zu den Hauptkennzeichen dieser Epoche gehört, dass Athen mit dem Attischen Seebund die Hegemonie übernahm und ein wirtschaftliches Zentrum ausbildete, in dem sich eine kulturelle Blütezeit (»Parthenonzeit«) entfaltete und das politische System der Demokratie etablierte. Sparta zog sich vorübergehend aus der Ägäis zurück und war in den 460er Jahren v. Chr. mit den Folgen eines großen Erdbebens und dem daran anschließenden Aufstand der Messenier beschäftigt. Trotzdem nahm Sparta aber das Kräftemessen mit Athen wieder auf, was sich im sogenannten ersten Peloponnesischen Krieg (460/57–446 v. Chr.) manifestierte. In diesem kam es zu diversen Auseinandersetzungen, v. a. um Megara, das zu Athen übergetreten war, sowie um den Einfluss der beiden Mächte in Boiotien. Im Jahre 446 v. Chr. wurde dann ein dreißigjähriger Frieden zwischen Athen und dem Peloponnesischen Bund geschlossen (Thuk. 1,114 f.), so dass sich die Konkurrenten die Macht in Griechenland vorübergehend teilten: Sparta erkannte den Seebund an und Athen verzichtete auf Boiotien. Aufgrund der personellen Probleme drängte sich in Sparta auch eine Neuordnung des Heeresverbandes auf, mit dem sich die Stadt weiterhin als Vormacht in der Peloponnes bewähren konnte. Da Athen weiter expandierte, erwies sich das Gleichgewicht der beiden gegnerischen Städte als labil und resultierte schließlich in den langjährigen militärischen Auseinandersetzungen, die als Peloponnesischer Krieg (431–404 v. Chr.) bezeichnet werden.

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15 Die Pentekontaetie

Athen und Sparta Nach der letzten Schlacht gegen die Perser bei Plataiai (479 v. Chr.) war das Verhältnis zwischen Athen und Sparta zunächst durch die Errichtung einer Stadtmauer um Athen belastet worden, die von den Spartanern angeblich als innergriechischer Affront empfunden wurde (Thuk. 1,89– 93; Plut. Them. 19; Diod. 11,39 f.). Zudem agierte Themistokles in Delphi erfolgreich gegen Sparta, das alle nicht an den Perserkriegen beteiligten Mitglieder aus der Amphiktyonie ausschließen wollte, um selber mehr Einfluss zu gewinnen (Plut. Them. 20,3 f.). Im Jahre 475/4 v. Chr. wurde in Sparta diskutiert, ob man gegen Athen militärisch vorgehen soll, was aber schließlich abgelehnt wurde (Diod. 11,50). Gegen 470 v. Chr. verbündeten sich auf der Peloponnes die Tegeaten mit den Argivern und probten den Aufstand, wurden jedoch von den Spartanern besiegt. Bald darauf fügte Sparta in der Schlacht von Dipaia auch den vereinigten Arkadern – mit Ausnahme der Mantineier – eine Niederlage zu, so dass die Mitgliedschaft der Abtrünnigen im Peloponnesischen Bund wieder gesichert war (Hdt. 9,35; Paus. 3,11,7; 8,8,6. 45,2).1 Nach der Festigung der Stellung auf der Peloponnes bot sich für Sparta die Gelegenheit, gegen den selbstherrlichen Regenten Pausanias einzuschreiten. Der Sieger der Schlacht von Plataiai (479 v. Chr.) hatte die Perser im Jahr darauf auch von ihren Außenposten auf Zypern und in Byzanz vertrieben (Thuk. 1,94). Aufgrund seines eigensinnigen und anmaßenden Verhaltens war er daraufhin nach Sparta zur gerichtlichen Untersuchung abberufen worden, kehrte aber wohl schon im Winter 478/ 7 v. Chr. »auf eigene Faust« an den Hellespont zurück und veranlasste die Neugründung des von den Persern zerstörten Byzanz (Thuk. 1,128. 131). Ende der 470er Jahre v. Chr. wurde er durch Kimon aus Byzanz vertrieben, so dass er sich in Kolonai (Troas) niederließ und abermals mit den Persern verhandelte. Spätestens im Jahre 469/8 v. Chr. wurde Pausanias von den Ephoren unter Gewaltandrohung aus Kleinasien abberufen. Während der gerichtlichen Untersuchungen wurde ihm vorgeworfen, den Heloten die Befreiung und das Bürgerrecht in Aussicht gestellt zu haben, falls diese sich an einem Umsturz beteiligten. Als während der Untersuchung abgefangene 192

Athen und Sparta

Briefe den Beweis über Pausanias’ Verbindung zu den Persern erbrachten, flüchtete der Regent in das Heiligtum der Athena Chalkioikos, wo er schließlich den Hungertod starb (Thuk. 1,131 ff.).2 Mit der Abberufung des Pausanias dürfte Sparta zugleich eine Konzession an Athen gemacht haben, um die Situation in der Peloponnes nicht weiter zu destabilisieren. Themistokles war in der Zwischenzeit (471/ 0 v. Chr.) nämlich aus Athen verbannt worden und führte auf der Peloponnes eigenmächtige Verhandlungen, wobei Pausanias von Sparta aus mit ihm in Kontakt getreten sein soll. Deshalb klagten die Spartaner Themistokles in Athen wegen Verrats der Griechen an die Perser an, worauf dieser auch verurteilt wurde (Thuk. 1,135; Diod. 11,54 f.; Plut. Them. 23).3 Die gewaltsame Beseitigung des Pausanias hatte in Griechenland hingegen Unverständnis ausgelöst und lieferte einen geeigneten Vorwand, um gegen Sparta vorzugehen (Aristot. Ath. pol. 23,4). Athen hatte schon die erste Abberufung des Pausanias dazu genutzt, das Kommando in der Ägäis zu übernehmen und ab 477 v. Chr. das Bündnissystem des sogenannten ersten Attischen Seebundes aufzubauen. Bei der Gründung hatte neben Aristeides auch Kimon eine zentrale Rolle eingenommen, der als Sohn des Marathonsiegers Militiades aus der Familie der Philaiden stammte (Aristot. Ath. pol. 26,1). Kimon unternahm nach den Perserkriegen zunächst militärische Aktivitäten in der Ägäis und an der kleinasiatischen Küste, wobei die Schwarzmeerroute gesichert wurde. Im Jahre 475 v. Chr. gelang es ihm, Skyros zu erobern, worauf die Gebeine des Theseus als attischer Urkönig und Begründer des Synoikismos (»Zusammenleben«) nach Athen zurückgeführt wurden (Diod. 4,62,4; 11,60,2; Plut. Thes. 36; Kim. 7 f.).4 Dort wurde Theseus ein Heiligtum errichtet und bildlich an seine Verdienste um die Stadt erinnert, um die Identität der Bürger durch das Gedenken an glorreiche Taten der Vergangenheit und die Bewältigung von Gefahren aus dem Osten zu bestärken (Paus. 1,17,2–6).5 Dazu diente auch die neu errichtete Stoa Poikile auf der athenischen Agora, in der Theseus im Kampf sowohl gegen die Amazonen als auch gegen die Perser bei Marathon zur Darstellung kam (Paus. 1,15,1–3), während in den Metopen des neu errichteten Tempels für Athena und Hephaistos (»Hephaisteion«) seine weiteren Heldentaten für Athen abgebildet wurden. 193

15 Die Pentekontaetie

Im Jahre 466 v. Chr. besiegte Kimon die Perser beim Eurymedon an der Südküste Kleinasiens (Diod. 11,60 ff.; Plut. Kim. 12 f.) und nahm im Jahr darauf die Belagerung des von Athen abgefallenen Thasos auf, das nach zwei Jahren unterworfen wurde (Thuk. 1,100 f.; Plut. Kim. 14). Dennoch wurde Kimon angeblich von Perikles angeklagt, da er nach dieser Strafaktion Makedonien, das in den thrakischen Raum expandierte, aufgrund von Bestechung geschont habe – wobei jedoch ein Freispruch erfolgte. Durch die zweifelhafte Rechenschaftspraxis kam auch der Areopag weiter unter Druck. Schließlich musste dieser, als Kimon Sparta gegen die Messenier zu Hilfe eilte, auf Initiative des Ephialtes die Aufsicht über die athenischen Beamten an verschiedene Ausschüsse des Volkes abtreten, so dass die Demokratie eine weitere Stärkung erfuhr (Aristot. Ath. pol. 25,1 f.; 27,1; Plut. Kim. 14 f.).6 Sparta hatte im Jahre 465 v. Chr. zunächst noch geplant, das abtrünnige Thasos zu unterstützen (Thuk. 1,101). Dieses Vorhaben musste aufgrund des großen Erdbebens, das in Messenien einen Aufstand der Heloten zur Folge hatte, jedoch aufgegeben werden. Um 463/2 v. Chr. zogen sich die messenischen Rebellen auf den Berg Ithome zurück, worauf es zu einer Belagerung kam. Dem spartafreundlichen Kimon gelang es in Athen, ein von ihm geleitetes Hilfskontingent durchzusetzen. Als die Athener in Messenien eintrafen, schickten sie die Spartaner aber wieder unverrichteter Dinge zurück, angeblich aus Furcht vor einer Verbindung mit den Aufständischen. Aufgrund dieses Affronts kam es zum endgültigen Bruch mit Athen.7 Die Stadt kündigte das Bündnis mit Sparta auf und verband sich mit Argos und Thessalien. Zudem wurden die von Ithome verbannten Messenier in dem neuen athenischen Besitz Naupaktos am korinthischen Golf angesiedelt, was Athen weitere Vorteile verschaffte (Thuk. 1,102 f.; Diod.11,84,6 f.; Plut. Kim. 16 f.; Paus. 4,24,6 f.). In dieser Konstellation erfolgte auf der Peloponnes wohl auch die Schlacht bei Oinoë, in der die Argiver mit Unterstützung der Athener den Spartanern im Streit um Mykene und Tiryns eine Niederlage bereiteten.8 Dieses Ereignis ist jedoch nur bekannt, weil Pausanias (1,15,1; 10,10,4) berichtet, dass es zusammen mit den weiteren heroischen Siegen der Athener in der Stoa Poikile bildlich festgehalten worden war. Neue Schwierigkeiten bahnten sich an, als Megara vom Peloponnesischen Bund zu Athen übertrat und es zu einem Grenzstreit mit Korinth 194

Athen und Sparta

kam (Thuk. 1,103). Dieser hatte verschiedene kriegerische Ereignisse zwischen Sparta und Athen zur Folge, die modern unter dem sogenannten ersten Peloponnesischen Krieg (460/57–446 v. Chr.) zusammengefasst werden.9 Die Korinther und Epidaurer mussten um 460 v. Chr. bei Halieis in der Argolis einen Angriff der Athener abwehren; nach einer Seeniederlage gegen die Athener bei Kekryphaleia erfolgte eine Invasion der Peloponnesier in die Megaris, die von den Athenern zurückgeschlagen wurde (Thuk. 1,105 ff.; Diod. 11,78 f.). Auch wenn Sparta nicht direkt gegen Athen vorgehen wollte (Thuk. 1,109), versuchte dieses, dem Konkurrenten weitere Stiche zu versetzen und schützte sich durch die Vollendung der sogenannten Langen Mauern, welche die Stadt mit dem am Meer gelegenen Piräus verbanden und einen sicheren Rückzug der Bevölkerung garantierten (Thuk. 1,107). Zudem wurde Aigina drei Jahre belagert und schließlich trotz Hilfe der Korinther im Jahre 457/6 v. Chr. in den Seebund gezwungen (Thuk. 1,105. 108). Die Spartaner unterstützten zur gleichen Zeit die Dorier in Mittelgriechenland mit einem großen Heer gegen die Phoker, so dass es zu einer direkten Auseinandersetzung zwischen Athen und Sparta kam. Auf dem Rückweg aus Mittelgriechenland wurden die Spartaner von den Athenern überfallen und erfochten gemeinsam mit den Boiotern bei Tanagra einen Sieg. Dennoch wurden die Boioter von den Athenern bald darauf bei Oinophyta geschlagen und ebenfalls athenischer Kontrolle unterstellt (Thuk. 1,107 f.; Diod. 11,83; Plut. Kim. 17). Im Jahre 456/5 v. Chr. führte der Athener Tolmides ein Flottenunternehmen an, bei dem der spartanische Hafen Gytheion zerstört wurde (Thuk. 1,108; Diod. 11,84,6 f.; Paus. 1,27,5). Zu einem neuen spartanischen Unternehmen gegen Athen sollte es aber erst wieder zehn Jahre später kommen. In der Zwischenzeit hatte Athen im Jahre 454 v. Chr. in Ägypten gegen die Perser eine vernichtende Niederlage erlitten, was im Jahre 451 v. Chr. auch zu einem fünfjährigen Friedensschluss mit Sparta führte (Thuk. 109 ff.; Diod. 11,86,1). Zugleich wurde zwischen Sparta und Argos ein dreißigjähriger Frieden vereinbart. Sparta richtete seine Aufmerksamkeit zunächst noch auf Mittelgriechenland und zog im Jahre 449 v. Chr. erneut nach Phokis, um Delphi zur Autonomie zu verhelfen (sogenannter zweiter Heiliger Krieg), was Perikles schließlich verhindert haben soll (Thuk. 1,112; Plut. Per. 21). Dennoch wurde 195

15 Die Pentekontaetie

Athen, das jetzt offenbar einen langfristigen Frieden mit den Persern einging (sogenannter Kallias-Frieden; StV II2 152),10 durch die Niederlage gegen die Boioter bei Koroneia, den Abfall Euboias und die Rückkehr Megaras in den Peloponnesischen Bund politisch weiter geschwächt. Sparta ergriff daraufhin im Sommer 446 v. Chr. die Gelegenheit, König Pleistoanax nach Attika zu entsenden. Da dieser den Feldzug aufgrund von Bestechung abbrach, wurde er zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und musste wegen Zahlungsunfähigkeit ins arkadische Lykaion in die Verbannung gehen (Thuk. 2,21; Plut. Per. 22 f.).11 Nach dem Kriegszug und der anschließenden Bestrafung Euboias durch Perikles wurde im Jahre 446/5 v. Chr. ein dreißigjähriger Frieden zwischen Athen und dem Peloponnesischen Bund geschlossen (Thuk. 1,114 f.; StV II2 156),12 in dem Athen auf seine Ansprüche in Mittelgriechenland verzichtete und Sparta erstmals den Seebund anerkannte. Bereits im Jahre 440 v. Chr. mischte sich Sparta aber wieder bei einem Bündnispartner Athens ein, indem es Hilfe für die Oligarchen von Samos beschloss. Dies wussten die Korinther allerdings zu verhindern (Thuk. 1,40 f.), so dass Athen unter dem Strategen Perikles auf der Insel machtpolitisch durchgreifen und seine Interessen in der Ägäis verteidigen konnte. Die Bevölkerungsverluste im Zuge des Erdbebens waren in Sparta nicht ohne Auswirkungen geblieben. Es ist anzunehmen, dass sich die Reihen der überlebenden Bürger nochmals enger schlossen und die Leitideologie in Verbindung mit dem Lykurg- und Leonidas-Mythos zusätzlich gefördert wurde.13 Zudem kam es in der Zeit nach dem großen Erdbeben zu einer Reorganisation der militärischen Verbände und damit auch zu einer Neuformation der Bürgerschaft. Dies erfolgte möglicherweise im Anschluss an den Frieden mit Athen, der im Jahre 446/5 v. Chr. aus militärischer Schwäche geschlossenen worden war. Dabei wurde das spartanische Heer, das wohl aus je fünf spartiatischen und fünf periökischen Abteilungen (Lochen) bestanden hatte, zu sechs Obereinheiten, den Morai, zusammengefasst.14 Diese waren jetzt aus Spartiaten und Periöken gemischt formiert, so dass die Periöken unterschiedslos in das spartiatische Aufgebot eingegliedert wurden. Dies bot den Spartiaten einen entscheidenden Anlass, ihren eigenen Status zu bekräftigen und sich als »Homoioi« (Gleichgestellte) von allen anderen abzugrenzen.15 196

Freiheit und Autonomie

Im Zuge der persönlichen Machtbereicherung einzelner Heerführer und der gleichzeitigen Dezimierung des Bürgerverbandes wurden in Sparta im Verlauf des 5. Jh. v. Chr. neue Kontrollmechanismen und ideologische Fundamente propagiert, die den Einzelnen bedingungslos unter die Gemeinschaft stellen sollten. Im Jahre 440 v. Chr. wurden die Gebeine des Leonidas, die zunächst an den Thermopylen beigesetzt worden waren, nach Sparta überführt (Paus. 3,14,1), wo der König künftig zusammen mit dem Regenten Pausanias durch einen jährlichen Wettkampf (agon) und eine Gefallenenrede (logos epitaphios) kultisch verehrt wurde. Auch den Thermopylen-Kämpfern Maron und Alpheios wurden Heiligtümer errichtet (Paus. 3,12,9), während der Flottenkommandant Eurybiades ein weiteres heroisches Grab erhielt (Paus. 3,16,6). Diese Erinnerungs- und Kultstätten befanden sich in unmittelbarer Nähe der Heroa des Gesetzgebers Lykurg, des Dichters Alkman und des Sehers Chilon (Paus. 3,15,2 ff.) und sollten der Bürgerschaft neuen Halt geben. Dabei wurde die individuelle Lebensweise aber eingeschränkt und die Bürger auf den Staat verpflichtet, was Sparta in mancher Hinsicht auch zu einem propagandistischen Vorbild werden ließ (Xen. Hell. 2,3,34).16

Freiheit und Autonomie Im Zuge der Perserkriege hatte sich in Griechenland eine neue Auffassung von Freiheit herausgebildet, die in einem politischen Freiheitsbegriff (eleutheria) resultierte.17 Dabei ging es nicht wie bis anhin um den Unterschied zwischen Freien und Sklaven, sondern einerseits um außenpolitische Freiheit bzw. Absenz von Fremdherrschaft, andererseits um innenpolitische Freiheit bzw. Freiheit von Tyrannis. Dazu kam in Athen die isegoria, das gleiche Rechte auf freie Rede (Hdt. 5,78), sowie die Freiheit in der Gestaltung des bürgerlichen Lebens (Thuk. 2,37. 40), wie es durch die Demokratie garantiert werden sollte. Zur Redefreiheit gesellte sich hier auch die parrhesia, das Recht, alles sagen zu dürfen (Eurip. Ion 670–675).18 197

15 Die Pentekontaetie

Der Kampf um Freiheit hatte auch für die Spartaner eine entscheidende Parole in den Perserkriegen dargestellt. Nach der Schlacht von Plataiai (479 v. Chr.) brachte der spartanische Regent Pausanias dem Zeus Eleutherios ein Opfer dar und gestand den Plataiern de facto den Status der Autonomie zu (Thuk. 2,71; Plut. Arist. 19 ff.). Zahlreiche Inschriften aus der römischen Kaiserzeit zeigen, dass in Sparta Zeus Eleutherios verehrt und wie in Plataiai ein Eleutheria-Fest gefeiert wurde. Freiheit im Sinne von Eigenstaatlichkeit fand dementsprechend auch in Sparta ihren Niederschlag. Sie wurde der drohenden Oberherrschaft des persischen Großkönigs in aller Klarheit vorgezogen. Gerade in Sparta, das Messenien unterworfen hatte, stand das Problem politischer Abhängigkeit täglich vor Augen. Auch der Autonomie-Gedanke erhielt daher in Sparta einen hohen Stellenwert.19 Die Begriffsgeschichte zeigt, dass sich Autonomie in der Mitte des 5. Jh. v. Chr. als Differenzierung des Freiheitsbegriffs ausprägte und die innere Unabhängigkeit einer Polis im Rahmen eines Bündnisses bezeichnete, also eine eigene Verfassung und ein eigenes Herrschaftsgebiet beinhaltete.20 Für die Mitglieder des Delisch-Attischen Seebundes sollte zu Beginn grundsätzlich Autonomie gelten, doch hatte Naxos diese schon um 470 v. Chr. als erster Bündnispartner verloren (Thuk. 1,97 f.). Die Spartaner hatten demgegenüber im Peloponnesischen Bund bis anhin nie in die inneren Verhältnisse der Bündner eingegriffen. Der Vorsprung, den Sparta in diesem Bereich gegenüber Athen zu verbuchen hatte, spielte auch im Kampf um die Autonomie Delphis eine Rolle. Für die Spartaner bot sich in der Forderung nach Autonomie eine geeignete Angriffsfläche gegen die Konkurrenz Athens. Die Parole wurde dementsprechend von den Spartanern auf alle Griechen ausgedehnt, so dass schließlich auch der Peloponnesische Krieg unter dieser Flagge geführt wurde (Thuk. 1,139. 144). Während die Spartaner also aufgrund der Organisation ihres Bundes nach außen freiheitliche Parolen verkünden konnten, entwickelten sie nach innen kontrollierende und die Gemeinschaft überhöhende Mechanismen. Diese ließen nur die Freiheit von Tyrannis und politischer Willkür zu und übergingen die persönliche Freiheit. Damit ignorierten sie aber auch einen gewichtigen Aspekt von Freiheit, den die Athener im demokratischen System zu verwirklichen suchten. Im Anschluss an die Thermopylen wurde das Diktat des Gesetzes zum bestimmenden Faktor der bürgerlichen Existenz. 198

16

Der Peloponnesische Krieg

Unter dem sogenannten Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) werden verschiedene kriegerische Auseinandersetzungen zusammengefasst, welche die griechische Staatenwelt fast drei Jahrzehnte ergriffen hatten. Thukydides, der die Ereignisse bis zum Jahre 411 v. Chr. ausführlich dokumentiert, hat diese zu einem epochalen Ereignis kombiniert und im Vergleich zu früheren Kriegen von der »größten Erschütterung« (kinesis) für die Griechen gesprochen (Thuk. 1,1). Bis zum Jahre 424 v. Chr. hatte er auf Seiten der Athener in Thrakien mitgekämpft, musste sich dann aber ins Exil begeben (5,26). Nachdem Herodot kurz zuvor noch von den Perserkriegen berichtet hatte, wandte sich Thukydides erstmals dem Zeitgeschehen zu, bei dem gerade auch seinem Gegenspieler Brasidas auf Seiten der Spartaner eine bedeutende Rolle zukommt. Dort wo sein unvollendetes Werk abbricht, setzt dann Xenophon mit seiner »Griechischen Geschichte« (Hellenika) ein. Dieser berichtet nicht nur bis ans Kriegsende, sondern auch über die ganze Zeit der spartanischen Hegemonie bis zur Niederlage von Mantineia im Jahre 362 v. Chr. Kennzeichnend für den Peloponnesischen Krieg ist die schonungslose Kriegführung, bei der es zu zahlreichen und neuartigen Grausamkeiten kam.1 Diese widersprachen dem bisherigen rechtlichen Verkehr zwischen den Poleis und bedeuteten für die Bevölkerung mehrerer Städte den Untergang. Dazu traten neue militärische Taktiken, bei denen Belagerungen, aber auch Leichtbewaffnete (Peltasten), die Reiterei sowie die Flotte als neue Formationen zum Einsatz kamen, so dass der Hoplitenkampf insgesamt an Bedeutung verlor. Während des Krieges wurden zahlreiche Gemeinwesen auch im Innern erschüttert und erlebten bürgerkriegsähnliche Zustände (staseis), wie sich besonders in Kerkyra, Epidamnos, Mytilene und Megara zeigt. Diese erfuhren einen Sitten- und Werteverfall 199

16 Der Peloponnesische Krieg

(kakotropia), den Thukydides in seiner sogenannten Pathologie des Krieges eindrücklich schildert (3,82–84). Die Aufstände verbanden sich mit Verfassungskämpfen zwischen Oligarchen und Demokraten und brachten auch in Athen in den Jahren 411/10 und 404/3 v. Chr. zwei oligarchische Umstürze mit sich, bei denen die Demokratie aber letztlich ihre Bewährungsprobe bestand. In der Auseinandersetzung mit den Gräueltaten und Notlagen erlebte die Stadt durch die Theateraufführungen von Sophokles, Euripides und Aristophanes sowie durch die Philosophie im Umkreis des Sokrates aber auch einige kulturelle Höhepunkte. In Sparta trat bereits nach der Niederlage auf Sphakteria (425 v. Chr.) ein neuer Soldatentyp auf, da Brasidas Heloten und Söldner rekrutierte (Thuk. 4,80; 5,34). Zudem bedingten die langjährigen Auseinandersetzungen neue Befehlshaber, die neben den Königen agierten, nämlich Schiffsführer (Nauarchen) und Garnisonskommandanten (Harmosten), wie sie seit dem Jahre 424/3 v. Chr. zunächst in Amphipolis und Torone, dann auch in zahlreichen anderen Städten der Ägäis eingesetzt wurden.2 Dies bedeutete eine verstärkte spartanische Präsenz außerhalb der Peloponnes bzw. eine neue Einmischung in abhängige Gebiete, in denen der Kommandant Lysander schließlich oligarchische Regimes, sogenannte Dekarchien, installierte (Xen.Hell.3,4,2). Die militärischen Führer agierten vermehrt selbständig und erreichten teilweise sogar kultische Überhöhung, die herkömmlichen Auffassungen widersprach, wie Brasidas in Amphipolis (Thuk. 5,11) und Lysander auf Samos (Plut. Lys. 18; Athen. 15,696e), wobei dieser seinen Seesieg bei Aigos Potamoi (406 v. Chr.) in Delphi auch mit einer Statuengruppe feierte (Paus. 10,9,7 ff.).3 Obwohl Sparta letztlich den Sieg über Athen davontrug, konnte es davon nur bedingt profitieren. Der spartanische Erfolg auf dem Meer ging nicht zuletzt auf die finanzielle Unterstützung der Perser zurück, die dadurch auch ihre Oberhoheit über die griechischen Städte in Kleinasien bewahren konnten. Der Anspruch, griechischen Städten Freiheit und Autonomie zu verschaffen, blieb unerfüllt. Zudem konnten sich einzelne Spartiaten durch die Siege persönlich bereichern, so dass auf neue Weise Geld nach Sparta drang und der private Besitz von Goldund Silbergeld kurzfristig verboten wurde (Xen. Lak. pol. 7,6; Plut. Lys. 17; mor. 239e).4 200

Kriegsgrund

Aufgrund des militärischen Erfolgs wurde Sparta aber auch zu einem Verfassungsideal, das bei den athenischen Erhebungen als Vorbild wirkte. Thukydides (8,97,2) lobte im Zusammenhang mit der Machtergreifung athenischer Oligarchen von 411 v. Chr. erstmals die gemischte Verfassung aus den Wenigen (oligoi) und den Vielen (polloi) – und der Oligarch Kritias verfasste zum ersten Mal eine Darstellung der spartanischen Verfassung, die dann bei Xenophon (Hell. 2,3,34) als die beste gilt. Sparta war durch den Sieg über Athen auf den Höhepunkt seiner Macht gelangt und übernahm in den nächsten drei Jahrzehnten die Vorherrschaft in Griechenland. Da ihm aber ein Reichskonzept und übergeordnete Integrationskraft für die griechischen Städte fehlten, formierte sich bald auch Widerstand, von dem Sparta schließlich überrollt wurde.5

Kriegsgrund Erste militärische Auseinandersetzungen zwischen Athen und Sparta hatten sich schon im Anschluss an das spartanische Erdbeben der 460er Jahre v. Chr. ergeben. Der sogenannte erste Peloponnesische Krieg endete im Jahre 446 v. Chr. mit einem dreißigjährigen Frieden, so dass die Macht in Griechenland vorübergehend geteilt war (Thuk. 1,115). Sparta erkannte den Seebund an, während Athen, das am Korinthischen Golf gescheitert war, auf Boiotien verzichtete. Dennoch kam dadurch kein Gleichgewicht zustande und es zeichneten sich drei Konfliktherde ab, die zum Ausgangspunkt des eigentlichen Peloponnesischen Krieges wurden:6 1. Zwischen Korinth und seiner Kolonie Kerkyra (Korfu) entwickelte sich ein Streit um Epidamnos (Durazzo/Durrës, Albanien), eine gemeinsam gegründete Kolonie, in welcher der Demos die Adligen vertrieben hatte (Thuk. 1,24 ff.). Korinth stellte den Epidamniern, die von den Vertriebenen bedrängt wurden, Hilfe in Aussicht und schickte eine Besatzung. Daraufhin wurde Epidamnos von Kerkyra belagert, so dass Korinth im Jahre 435 v. Chr. diesem den Krieg erklärte, aber vor Kerkyra eine 201

16 Der Peloponnesische Krieg

Seeniederlage erlitt. Als Korinth eine neue Flotte ausrüstete, wandte sich Kerkyra an Athen, das einen Verteidigungspakt (epimachia; 1,44) schloss. Im Jahre 433 v. Chr. erreichte Korinth zwar einen Seesieg, der aber aufgrund der bereitstehenden athenischen Schiffe nicht weiter ausgenützt werden konnte. Die machtpolitischen Rivalitäten drehten sich jedoch nicht nur um den Einfluss im Ionischen Meer und in der Adria, sondern machten sich auch in der nördlichen Ägäis bemerkbar. 2. Poteideia auf der Chalkidike war Mitglied des Attischen Seebundes und zugleich mit seiner Mutterstadt Korinth verbunden, die jährlich einen Oberbeamten schickte (Thuk. 1,56 ff.). Als Poteideia die Leistungen an Athen reduzieren wollte, verlangte Athen im Frühjahr 432 v. Chr. von der Stadt, die Mauern zu schleifen und Geiseln zu stellen sowie den korinthischen Oberbeamten zu entlassen. Daraufhin kam es zum politischen Abfall sowie zur Belagerung von Poteideia, die trotz Unterstützung aus Korinth mit einer Niederlage der Stadt endete. Dies war für Korinth der Anlass, den Peloponnesischen Bund anzurufen und von Sparta zu fordern, dass es Athen den Krieg erkläre, da die bestehenden Verträge gebrochen worden seien (1,66 ff.). 3. Megara als Nachbarpolis von Athen und Mitglied des Peloponnesischen Bundes wurde wegen Grenzstreitigkeiten durch einen athenischen Volksbeschluss vom Handel in Attika und den Häfen des Seebundes ausgeschlossen (Thuk. 1,67. 139). Die Stadt beklagte sich daraufhin im Sommer 432 v. Chr. auf der Bundesversammlung in Sparta, die auf Verlangen Korinths einberufen worden war. Dabei forderten die Bündner Spartas ein militärisches Eingreifen gegen Athen. König Archidamos plädierte dafür, die Entscheidung zurückzustellen, da zunächst entsprechende Vorbereitungen notwendig seien, zumal auch Geldmangel herrschte. Der Ephor Sthenelaïdas drängte jedoch im Sinne der Bundesgenossen auf einen Beschluss in der spartanischen Volksversammlung. Diese entschied, dass mit dem Übergriff auf Poteideia der dreißigjährige Friede gebrochen worden sei (1,87 f.). Die Bundesversammlung stimmte daraufhin im August 432 v. Chr. für den Krieg (1,118 ff.). Bis Kriegsausbruch verging allerdings noch fast ein Jahr. Im Winter herrschte ein reger diplomatischer Verkehr, bei dem Sparta die Autonomie 202

Kriegsgrund

der Seebundmitglieder, darunter insbesondere Aigina, forderte und damit wohl Athen als Vormacht in die Schranken weisen wollte. Zudem wurden die Rücknahme des Megarischen Psephismas und der Rückzug aus Poteideia verlangt, was von Perikles und den Athenern jedoch zurückgewiesen wurde. Andererseits war Athen zu einem Schiedsgericht bereit, das aber von Sparta abgelehnt wurde (Thuk. 1,139 f.). Auslösendes Moment war schließlich Anfang März 431 v. Chr. der Überfall der mit Sparta verbündeten Thebaner auf das mit Athen liierte Plataiai, was einen Vertragsbruch seitens der Thebaner bedeutete (2,2 ff.). Den eigentlichen Grund stellte gemäß Thukydides (1,23,6. 88,1) aber das Wachsen der athenischen Macht dar, die bei den Spartanern Existenzängste auslöste.7 Es lag daher im Interesse Spartas, den Peloponnesischen Bund zusammenzuhalten, um im Kriegsfall breite Unterstützung zu erhalten. Zählen konnte es in der Folge – mit Ausnahme von Argos und Achaia – auf die Bündnispartner in der Peloponnes sowie auf Megara, Boiotien, Lokris, Phokis, Ambrakia, Leukas und Anaktorion; auf athenischer Seite kämpften Chios, Lesbos, Plataiai, die Messenier in Naupaktos, die Akarnanen, Kerkyra, Zakynthos sowie die Bundespartner in der Ägäis, die alle Inseln außer Melos und Thera umfassten (Thuk. 2,9). Aufgrund dieser breiten Streuung erreichte der Krieg eine noch nie dagewesene territoriale Ausdehnung.

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Abb. 26: Der Peoloponnesische Krieg

16 Der Peloponnesische Krieg

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Der Archidamische Krieg

Der Archidamische Krieg Die erste Phase des Peloponnesischen Krieges wird als Archidamischer Krieg (431–421 v. Chr.) bezeichnet, obwohl der spartanische König sich gegen den Krieg ausgesprochen hatte und Thukydides (5,25,1. 26,3) vom »zehnjährigen Krieg« spricht. Archidamos zog zunächst nach Acharnai, das 10 km nördlich von Athen liegt, und vernichtete dort die Ernte (2,19 f.). Perikles war gegen eine Feldschlacht und verordnete den Rückzug der Bevölkerung hinter die Langen Mauern, da er sich Vorteile von Athens Seeherrschaft erhoffte (2,13 f.). Die athenische Flotte fuhr brandschatzend um die Peloponnes, vor der eine Seeblockade errichtet wurde, um Sparta zu zermürben (2,23. 25). Zudem kam es zu athenischen Einfällen in die Megaris und zur Vertreibung der gegnerischen Aigineten, wodurch Attika besser abgesichert werden sollte (2,27. 31).8 Als die Peloponnesier im Jahre 430 v. Chr. erneut in Attika einfielen, herrschte in Athen eine verheerende Seuche (Thuk. 2,47–54). Diese forderte beinahe 20 000 Tote und veranlasste die Stadt zu einem Friedensangebot, das von Sparta aber abgelehnt wurde (2,59).9 Daher kam es auch nach dem Tod des Perikles (429 v. Chr.) bis zum Jahre 425 v. Chr. noch zu drei weiteren spartanischen Einfällen in Attika. Beabsichtigt war, dass Athen durch die jährlichen Invasionen zum Rückzug gezwungen werden sollte, wobei sich die Landverwüstungen aber als wenig effizient erwiesen.10 Athen unternahm hingegen neue Flottenmanöver, die insbesondere das Gebiet von Akarnanien betrafen, um von dort aus den Korinthischen Golf und die Adria zu überwachen (2,80 ff. 102 f.). Im Jahre 429 v. Chr. war aufgrund der Pest ein spartanischer Angriff auf das mit Athen verbündete Plataiai erfolgt. Zwei Jahre darauf wurde die Stadt erobert und geschleift, die männlichen Einwohner hingerichtet und die Frauen in die Sklaverei verkauft (Thuk. 2,71 ff.; 3,20 ff. 52 ff.). Schon im Jahre 428 v. Chr. war Lesbos von Athen abgefallen, worauf ein Exempel statuiert werden sollte; Mytilene, das den Aufstand leitete, wurde von den Athenern belagert und ausgehungert. Dabei konnte die von der athenischen Volksversammlung beschlossene Auslöschung der Bevölkerung – bis auf gut 1 000 Verschwörer – gerade noch abgewendet werden (3,35–50). 205

16 Der Peloponnesische Krieg

Im Jahre 425 v. Chr. besetzte eine attische Flotte auf der Fahrt nach Sizilien den Burgfelsen von Pylos in Messenien, von wo aus die Heloten gegen Sparta aufgewiegelt werden sollten (Thuk. 4,3 ff.). Die Spartaner setzten sich auf der vorgelagerten Insel Sphakteria fest, um die Zufahrt zum Hafen zu sperren, wurden aber ihrerseits von den Athenern belagert (4,8. 26 ff.). Da sich die beiden Parteien nicht auf einen Frieden einigen konnten, stürmten die Athener schließlich unter dem Kommando des Kleon die Insel und erfassten die Spartaner im Rücken. Als von 420 spartanischen Soldaten noch 292 (darunter 120 Spartiaten) übriggeblieben waren, kapitulierten diese unerwartet und wurden zur Gefangenschaft nach Athen gebracht (4,38). Die Athener besetzten daraufhin im Jahre 424 v. Chr. die spartanische Insel Kythera und griffen die Peloponnes an (4,53 ff.).11 Andererseits verhinderte der junge spartanische Feldherr Brasidas, dass Athen Megara eroberte (Thuk. 4,70 ff.). Als die Athener einen Einfall in Boiotien unternehmen wollten, erlitten sie bei Delion eine vernichtende Niederlage (4,76 f. 89 ff.). Brasidas ging mit einem neuen Verband von 700 Heloten und 1 000 peloponnesischen Söldnern nach Thrakien bzw. an die Nordküste der Ägäis (4,80). Diese erwies sich als die schwächste Stelle Athens, da die Städte der Chalkidike von Athen abgefallen waren. Brasidas löste einige Küstenstädte aus dem Seebund aus und bot ihnen im Bündnis mit Sparta die Autonomie an (4,78 ff.). Im Winter 424/3 v. Chr. gewann er Amphipolis, wo das attische Aufgebot unter Thukydides zu spät angekommen war und eine Niederlage erlitt, so dass Thukydides in die Verbannung gehen musste (4,102 ff.; 5,26).

Der Nikiasfrieden und die Sizilische Expedition Im Jahre 423 v. Chr. war Athen zu einem Waffenstillstand bereit, der auf ein Jahr geschlossen wurde (Thuk. 4,118 f.). Dennoch gingen die Kämpfe in Thrakien weiter. Brasidas nahm Skione ein, das anschließend von Athen belagert und im Jahre 421 v. Chr. zerstört wurde (4,120 ff.). Im 206

Der Nikiasfrieden und die Sizilische Expedition

Jahre 422 v. Chr. war Kleon nach Amphipolis aufgebrochen und erlitt eine Niederlage gegen Brasidas (5,6 ff.). Als schließlich sowohl Kleon als auch Brasidas vor Amphipolis fielen, wurde im Frühjahr 421 v. Chr. unter dem athenischen Strategen Nikias ein Friede auf 50 Jahre geschlossen (5,16 ff.), der allerdings nur bis zum Jahre 414/3 v. Chr. in Kraft war.12 Dieser sah die gegenseitige Rückgabe der Eroberungen vor, wobei die nordägäischen Städte Athen zwar beitragspflichtig, aber sonst autonom sein sollten. Sparta war aufgefordert, Amphipolis sowie die athenische Grenzfestung Panakton, die von den Boiotern eingenommen worden war, zurückzugeben. Unter den Städten, die Athen übergeben sollte, befanden sich Pylos und Kythera. Dazu kam der Austausch von Gefangenen. Korinth, Elis und Megara wandten sich jedoch gegen dieses Abkommen und die Boioter weigerten sich, Panakton zurückzugeben, was ungelöste Konflikte zur Folge hatte (Thuk. 5,31. 35 ff.). Sparta schloss daher mit Athen ein Defensivbündnis, das auf 50 Jahre gegenseitige militärische Hilfe vorsah und somit Sparta auch Unterstützung im Falle eines Helotenaufstandes in Aussicht stellte (5,23 f.). Der Friede war allerdings illusorisch, da Brasidas’ Erfolge für Sparta ungenutzt blieben und Megara und Boiotien weiterhin bedroht waren. Da half es wenig, dass die Boioter schließlich mit Sparta dasselbe Bündnis schlossen und Panakton – nach vorheriger Schleifung – zurückgaben (5,42. 46; Plut. Alkib. 14). Dazu kam, dass Argos mit Mantineia und Elis ein Bündnis aufgleiste, dem sich im Jahre 420 v. Chr. auch Athen unter der Ägide des aufstrebenden Alkmeoniden Alkibiades anschloss (Thuk. 5,28 f. 31. 43 ff.). Hiermit war der Nikiasfriede gebrochen und es kam zur Wiederaufnahme des Krieges. Da Argos das mit Sparta verbündete Epidauros erobern wollte (5,54), marschierten die Spartaner im Jahre 418 v. Chr. mit vollem Aufgebot gegen die Argiver, die von einem athenischen Hilfskorps unterstützt wurden, und trugen in der Schlacht von Mantineia das größte Landgefecht des Peloponnesischen Krieges aus (5,64 ff.). Nach dem Sieg der Spartaner wurden ein fünfzigjähriger Friede mit Argos und ein dreißigjähriger Friede mit Mantineia geschlossen (5,79 ff.). Die Athener entschlossen sich jetzt zu neuen, überseeischen Schritten und belagerten im Jahre 416 v. Chr. die neutrale Insel Melos, die als spartanische Kolonie betrachtet wurde (Hdt.8,48). Sie verlangten von den 207

16 Der Peloponnesische Krieg

Bewohnern die Unterwerfung, wobei sie sich als Hegemonialmacht auf das Recht des Stärkeren beriefen (sogenannter Melierdialog). Als die Melier diese Forderung ablehnten, wurden die männlichen Bewohner in einem Gewaltakt ausgelöscht und die Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft (Thuk. 5,84–116). Im nächsten Jahr entschlossen sich die Athener in einer umstrittenen Aktion zu einer groß angelegten Sizilienexpedition (Thuk. 6,8 ff.).13 Diese richtete sich hauptsächlich gegen die korinthische Kolonie Syrakus, die als mächtigste Stadt Siziliens einen potentiellen Bündnispartner der Peloponnesier darstellte. Zunächst ging es Athen angeblich nur darum, das verbündete Segesta gegen das mit Syrakus liierte Selinunt zu unterstützen (6,6). Auf dem Weg nach Syrakus wurde der federführende Feldherr Alkibiades aber abberufen. Er wurde von seinen Gegnern für einen Mysterien- und Hermenfrevel verantwortlich gemacht, bei dem kurz vor der Abfahrt nach Sizilien die Hermenstatuen in Athen verstümmelt worden waren. Nachdem Alkibiades bei einer Rast in Thurioi entflohen war, wurde er in absentia verurteilt und setzte sich schließlich zu den Spartanern ab (6,60 f.). Alkibiades ermunterte die Spartaner in der Folge dazu, Syrakus gegen Athen zu unterstützen, um weitergehende Eroberungen in Sizilien und eine Bedrohung der Peloponnes zu verhindern; zudem erbaten auch Gesandte von Syrakus in Sparta Unterstützung (Thuk. 6,88 ff.). Die Athener belagerten im Frühjahr 414 v. Chr. das neu befestigte Syrakus und versuchten, die Stadt auch mit der Flotte einzuschließen (6,96 ff.). Daraufhin wurde der Spartaner Gylippos mit korinthischen Schiffen nach Syrakus gesandt, wo er schließlich mit Hilfe von sizilischen Kontingenten gegen die Athener erfolgreich war (6,93; 7,1 ff.). Im Sommer 413 v. Chr. sperrten die Syrakusaner den Hafen, vernichteten die darin eingeschlossene athenische Flotte und fingen die Truppen ab, die sich auf den Rückzug begeben hatten (7,59 ff.). Die 7 000 Gefangenen wurden in den Steinbrüchen streng verwahrt und ein Teil der noch am Leben gebliebenen nach zwei Monaten in die Sklaverei verkauft (7,87).

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Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen

Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen Im Jahre 414/3 v. Chr. hatte Alkibiades im Hinblick auf die Kontrolle Attikas zur Einnahme und Befestigung von Dekeleia geraten, das 20 km nördlich von Athen liegt (Thuk. 6,91. 93). Dieser Plan wurde nach einem Einfall der Athener in die Peloponnes, mit dem der Nikiasfriede endgültig gebrochen war, auch umgesetzt. Damit begann die letzte Phase des Peloponnesischen Krieges, der sogenannte Dekeleische oder DekeleischIonische Krieg (413–404 v. Chr.), der sich dann v. a. in den Gewässern der Ägäis entfaltete.14 Im Winter 413/2 v. Chr. ließ Sparta 100 Schiffe bauen (8,3) und startete daraufhin im Frühjahr 412 v. Chr. einen Angriff auf die athenische Herrschaft im Osten. In diesem Zusammenhang verhandelten die Satrapen des persischen Großkönigs mit Sparta, wobei Tissaphernes ein Abkommen bewirkte, das die persischen Besitzansprüche auf die Griechenstädte in Kleinasien bestätigte; dafür konnte Sparta persische Anleihen für den Schiffsunterhalt einsetzen (8,18. 37. 58). Es kam zum Abfall mehrerer ionischer Städte von Athen, wobei Chios und Erythrai in den Peloponnesischen Bund aufgenommen wurden, so dass weitere Schiffe zur Verfügung standen (8,5 ff.). Aber auch Athen verstärkte mit letzten Mitteln seine Flotte (Thuk. 8,4). Feindliche Auseinandersetzungen gab es zunächst in der Propontis, die für die Getreidezufuhr auf dem Seeweg nach Athen entscheidend war. Pharnabazos, der Satrap der hellespontischen Region, ließ Geld nach Sparta fließen, um die griechischen Städte in der Propontis Athen abspenstig zu machen und die Kontrolle über die Schwarzmeerroute zu erreichen (8,6. 8. 39). Alkibiades, der sich inzwischen in Sparta Feinde gemacht hatte, bahnte jetzt wieder einen Seitenwechsel an. Er unterhielt enge Beziehungen zum Satrapen Tissaphernes in Sardes und bekräftigte diesen in der Absicht, Athen und Sparta gegeneinander auszuspielen (8,45 ff.). Zudem nahm er Kontakt mit den attischen Feldherren in Samos auf und versprach den Athenern politische Freundschaft mit Tissaphernes. Daraufhin verabredeten sich die Offiziere zu einer Verfassungsänderung, da die in die Defensive geratene Demokratie auch für die Perser als potentiellen Bundesgenossen unerwünscht schien (8,63 f.) 209

16 Der Peloponnesische Krieg

Nach etlichen Rückschlägen im Verlauf des Krieges kam es im Jahre 411 v. Chr. in Athen zu einem oligarchischen Umsturz unter der Führung des Strategen Peisandros. Dieser wurde insbesondere von Schiffsherren (trierarchoi) unterstützt, welche die Kriegsschiffe ausstatten mussten und durch den Krieg wirtschaftliche Einbußen erlitten hatten – während sich das Volk mit Hilfe des Alkibiades ein Bündnis mit Persien erhoffte. Nachdem die Volksversammlung eine Verfassungskommission von 30 Syngrapheis (»Aufschreibern«) eingesetzt hatte, wurde beschlossen, die Herrschaft auf einen Rat der Vierhundert zu übertragen und die Ausübung der politischen Rechte auf 5 000 Athener zu beschränken, die den Hoplitenzensus erfüllten; zudem wurde die Losung und Besoldung der Ämter (Diäten) abgeschafft, die eine breite politische Beteiligung ermöglicht hatten (Thuk. 8,65 ff.; Aristot. Ath. pol. 29,2. 5; 31,1).15 In der Folge übte der neue Rat mit bewaffneten Banden (Hetairien) eine willkürliche Alleinherrschaft aus, scheiterte aber bei den Friedensverhandlungen mit den Spartanern (Thuk. 8,70 f.). Gleichzeitig setzten sich die athenischen Truppen vor Samos unter dem Strategen Thrasybulos für die Rückkehr zur Demokratie ein (8,73 ff.). Nach einer Niederlage der athenischen Flotte bei Euboia, das von Athen abfiel und somit die Lebensmittelversorgung der Stadt gefährdete, wurde auf Druck des Volkes unter dem Oligarchen Theramenes eine gemäßigte »Verfassung der 5 000« mit dem alten Rat der 500 eingerichtet (8,95 ff.; Aristot. Ath. pol. 33,1). Im Anschluss an die Niederlagen der peloponnesischen Flotte gegen Thrasybulos bei Kynossema und Abydos (Thuk. 8,104 ff.) sowie gegen den zu den Athenern zurückgekehrten Alkibiades bei Kyzikos am Südufer des Marmarameeres (Xen. Hell. 1,1,2 ff.) wurde im Jahre 410 v. Chr. ein Friedensangebot der Spartaner abgelehnt (Diod. 13,53) und die Demokratie wieder hergestellt, wobei die alten Gesetze durch sogenannte Anagrapheis neu aufgezeichnet werden sollten.16 Zum Schutz der Demokratie wurde beschlossen, die Beteiligung an einem Umsturz künftig mit dem Tod zu bestrafen (And. 1,96–98), und im Zusammenhang mit der vergangenen Erhebung eine Reihe von gerichtlichen Verfolgungen eingeleitet.17 Nachdem Athen im Winter 410/9 v. Chr. den megarischen Hafen Nisaia und die Festung Pylos verloren hatte, errang es im Jahre 408 v. Chr. 210

Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen

bei Byzantion einen Erfolg (Xen. Hell. 1,3,14 ff.). Daraufhin wurde Alkibiades rehabilitiert und zum Oberstrategen (hegemon autokrator) ernannt. Im Jahre 407 v. Chr. brach er nach Samos auf, um von dort gegen die peloponnesische Flotte vorzugehen, wobei er unterwegs noch die abgefallene Insel Andros bestrafte (1,4,20 ff.). Dennoch sollte der Kriegsverlauf nun durch den neuen spartanischen Flottenkommandanten Lysander eine Wende nehmen. Dieser war mit Kyros, dem Sohn des Großkönigs und Satrapen von Lydien, befreundet und konnte auf entsprechende finanzielle Hilfe zählen. Noch im selben Jahr gelang es Lysander, für die Spartaner einen Sieg bei Notion nördlich von Ephesos zu erzielen, der Alkibiades seine Stellung kostete (Xen. Hell. 1,5,1 ff.; Diod. 13,70 f.; Plut. Lys. 3 ff.).18 Nachdem die Athener ihre Flotte wiederum auf 110 Schiffe verstärkt hatten, erreichten sie im Jahre 406 v. Chr. in der Seeschlacht bei den Arginusen zwischen der Insel Lesbos und dem Festland nochmals einen Sieg, richteten ihre Strategen anschließend aber wegen unterlassener Hilfeleistung an Schiffsbrüchige in Athen hin und lehnten ein Friedensangebot der Spartaner ab (Xen. Hell. 1,6,24 ff.).19 Lysander übernahm daraufhin faktisch wieder den Oberbefehl und überwältigte im Jahre 405 v. Chr. mit einer neu aufgerüsteten Flotte die attischen Schiffe bei Aigos Potamoi am Hellespont (2,1,10 ff.; Diod. 13,104,3 ff.). Nach der Zerstörung der Flotte und der Hinrichtung der Gefangenen rückte Lysander mit seinen Schiffen nach Athen vor (Xen. Hell. 2,1,30 ff.). Unterwegs hob er die athenischen Stützpunkte auf und installierte an verschiedenen Orten spartanische Offiziere mit Besatzungen (Diod. 14,13,1; Plut. Lys. 13). Im Winter 405/4 v. Chr. lagerte Lysander mit seiner Flotte vor dem Piräus und schloss Athen ein. Während König Agis von Dekeleia aus gegen Athen vorging, marschierte sein Kollege Pausanias von Sparta in Attika ein. Im Frühjahr 404 v. Chr. wurden Friedensverhandlungen aufgenommen, wobei Sparta die bedingungslose Kapitulation forderte (Xen. Hell. 2,2,7 ff.; Plut. Lys. 14). Auf einer Bundesversammlung in Sparta verlangten Korinth und Theben die Vernichtung Athens, was von Sparta aber abgelehnt wurde. Der Friedensschluss kam schließlich mit erheblichen Auflagen zustande: Athen musste die Langen Mauern und die Befestigung des Piräus einreißen, die Flotte bis auf 12 Schiffe ausliefern und die auswärtigen Besitzungen räumen. Zudem sollten die Athener 211

16 Der Peloponnesische Krieg

nach einer geläufigen Bündnisformel »dieselben als Feinde und als Freunde betrachten wie die Lakedaimonier und diesen Folge leisten zu Lande und auf dem Meer, wohin immer sie sie führten« (Xen. Hell. 2,2,20) – faktisch also Sparta als Hegemonialmacht anerkennen, der sie unterstellt wurden. Lysander fuhr in den Piräus ein und begann die Mauern einzureißen (Xen. Hell. 2,2,9 ff.; Plut. Lys. 14). Zudem unterstützte er einen erneuten Angriff auf die athenische Demokratie, der nach dem Sieg der Spartaner und der Rückkehr verbannter Oligarchen von einer Gruppe von Verschwörern mit ihren Hetairien unternommen wurde. Die Volksversammlung setzte auf Druck Lysanders ein Gremium der »Dreißig« ein, welche die »väterlichen Gesetze« wieder einrichten sollten (Xen. Hell. 2,3,2. 11), dann aber eine reine Gewaltherrschaft ausübten.20 Sie wählten und leiteten den Rat der 500 nach Belieben (2,3,11) und beschränkten das Bürgerrecht auf 3 000 Athener (2,3,19). Zudem enteigneten und verfolgten sie zahlreiche Gegner (Aristot. Ath. pol. 35,4), wobei auch ihr gemäßigtes Mitglied Theramenes hingerichtet wurde (Xen. Hell. 2,3,56; Aristot. Ath. pol. 37,1 f.; Diod. 14,5,3). Von Sparta wurde eine Besatzungstruppe erbeten, so dass Athen eine Garnison von 700 Soldaten erhielt, die sich aber zurückhielt (Aristot. Ath. pol. 37,2; 38,2). Den verbannten Demokraten, die sich in der attisch-boiotischen Grenzfestung Phyle festgesetzt hatten, gelang es unter Thrasybulos, den Piräus (Munychia) zu besetzen und die Truppen der Dreißig zu besiegen (Aristot. Ath. pol. 37 f.). Dabei töteten sie deren Anführer Kritias, den Onkel von Platon, worauf sich die Dreißig nach Eleusis absetzen mussten (Xen. Hell. 2,4,8). Dort richteten sie mit Gewalt einen eigenen Staat ein, der sich noch bis zum Jahre 401 v. Chr. halten konnte, dann aber versöhnlich mit Athen wiedervereinigt wurde.21 Die 3 000 Vollbürger hatten in der Zwischenzeit in Athen ein von Lysander gestütztes Zehnmännerkollegium eingerichtet, gegen das der spartanische König Pausanias aber im Jahre 403 v. Chr. einschritt und den Bürgerkrieg in der Stadt beendete, so dass die Demokratie wieder hergestellt werden konnte (2,4,23 f. 28 ff.). Trotz prinzipieller Amnestie kam es wiederum zu zahlreichen gerichtlichen Verfolgungen, aber auch zu einer neuen Einigung der Bürgerschaft (homonoia).22 Dabei wurden die Gesetzesaufzeichnungen weitergeführt, 212

Der Dekeleisch-Ionische Krieg und die oligarchischen Umstürze in Athen

die dann bis zum Jahre 399 v. Chr. abgeschlossen waren. Als Aufbewahrungsort diente das alte Bouleuterion, das zum Staatsarchiv umgewandelt wurde. In Zukunft war eine Unterscheidung von situationsbedingten Volksbeschlüssen (psephismata) und allgemeingültigen Gesetzen (nomoi) vorgesehen. Letztere konnten nur über ein mehrstufiges Verfahren vor mehreren hundert ausgelosten Nomotheten (»Gesetzgebern«) abgeändert werden, so dass das demokratische System nach den Bürgerkriegswirren wieder langfristig abgestützt wurde.23

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17

Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

Schon in der Phase der spartanischen Hegemonie (404/3–371/362 v. Chr.), die von den neu erstarkten Thebanern beendet wurde, knüpfte Athen wieder an seine frühere Machtstellung an. Die Stadt bildete ab dem Jahre 378/7 v. Chr. einen zweiten Attischen Seebund, der aber in dem sogenannten Bundesgenossenkrieg (357–355 v. Chr.) auch einige Einbußen erlitt. Persien spielte wiederum das Zünglein an der Waage und verhinderte mit wechselnden Zahlungen an die rivalisierenden Städte eine längerfristige Machtkonzentration. Es entwickelten sich zahlreiche militärische Konflikte, bei denen eine zunehmende Technisierung und Professionalisierung der Kriegsführung mit Söldnertruppen zum Tragen kam. Insgesamt herrschte ein labiles Gleichgewicht partikularer Interessen. Die Poleis bildeten wechselnde Koalitionen sowie erstarkende Städtebünde, darunter das koinon der Achaier, der Arkader, der Boioter, der Phoker und der Akarnanen, die eigene Beamte und Bundesversammlungen besaßen.1 Sie erreichten aber jeweils nur kurzfristig eine gemeinsame Friedensordnung (koine eirene). Im Innern kam es mancherorts zu Auseinandersetzungen (staseis) zwischen Vertretern aristokratischer und demokratischer Ordnungen.2 Zugleich herrschten verschärfte soziale Gegensätze in den zunehmend »ökonomisierten« Staaten, die jetzt eine professionelle Finanzverwaltung und Staatshaushaltung (dioikesis) ausbildeten. Schließlich verstand es das expandierende Makedonien, in das griechische Machtvakuum einzugreifen und sich im Jahre 338 v. Chr. als Hegemonialmacht über die griechischen Städte zu setzen. Athen hatte sich nicht nur politisch und wirtschaftlich schnell von der Niederlage im Peloponnesischen Krieg erholt, es lebte auch als kulturelles Zentrum fort und konnte seine geistigen und künstlerischen Errungenschaften ausbauen.3 Das ionische Alphabet, das um 403/2 v. Chr. in der 214

Das Fortleben der athenischen Demokratie

Stadt eingeführt wurde (Theopompos FGrHist 115 F 155), entwickelte sich zu einer gesamtgriechischen Richtlinie. Durch die berühmten Rhetoriker (Lysias, Isokrates, Demosthenes, Aischines, Hypereides) und philosophischen Schulen (Akademie, Peripatos, Stoa) wurden athenische Standards sowohl in der Hoch- als auch als Umgangssprache weiterverbreitet (sogenannter Attizismus). Die wissenschaftlichen Disziplinen wurden ausdifferenziert und die Geschichtsschreibung brachte nicht nur Lokalgeschichte, sondern auch übergreifende, gesamtgriechische Darstellungen hervor (Ephoros, Theopompos). Durch den Beschluss vom Jahre 386 v. Chr., die Dramen des 5. Jh. v. Chr. wieder zur Aufführung zuzulassen (TrGF 1,24), wurden diese zu »Klassikern« erhoben. Der klassische Tempelbau wurde mancherorts mit neuen Elementen wie den Korinthischen Kapitellen versehen und durch Rundbauten ergänzt (Delphi, Olympia). Die neuen, repräsentativen Stadtbefestigungen wurden mit Rustika-Mauern ausgestattet (Messene). Auch die Skulptur erlebte mit bewegteren Figuren und weicheren Formen (Apoll vom Belvedere) sowie mit charakterisierenden Porträts (Thukydides, Sokrates, Demosthenes) und nackten weiblichen Statuen (Aphrodite von Knidos) nochmals eine Blüte.4 Diese brachten eine individualisierte Lebenswelt zum Ausdruck, sollten die Bürger und ihre Führungsschicht aber auch weiter in die Polis einbinden.

Das Fortleben der athenischen Demokratie Obwohl sich die innenpolitischen Konflikte im 4. Jh. v. Chr. fortsetzten, erfuhr die athenische Demokratie insgesamt eine eindrückliche Bestätigung. Die Demokratie wurde sogar als Gottheit verehrt und im Jahre 337/ 6 v. Chr. nach der militärischen Niederlage bei Chaironeia durch einen Volksbeschluss mittels Strafandrohung (atimia) vor einer möglichen Tyrannis geschützt (SEG 12, 87; HGIÜ II, 258), bis sie unter der Oberherrschaft der Makedonen in mancher Hinsicht hinfällig wurde.5 Da der Areopag nochmals an Ansehen und Bedeutung gewonnen hatte, lag eine 215

17 Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

Bedrohung aus den Kreisen der Elite, die in der Polis auch finanziell verstärkt gefordert war, auf der Hand. Dennoch hat der traditionsreiche Rat mehr zur Kontinuität beigetragen, als er eine Gefahr für das System dargestellt hat.6 Die politische Ordnung war seit 404/3 v. Chr. durch eine umfangreiche Gesetzessammlung abgesichert, die nur in einer Art gerichtlichem Prozess vor mehreren hundert erlosten Nomotheten (»Gesetzgebern«) abgeändert werden konnte.7 Trotzdem blieb die Initiative für gesetzliche Neuerungen stets den einzelnen Bürgern und der Volksversammlung überlassen. Das Volk fasste auch sonst weiterhin zahlreiche und entscheidende Beschlüsse (psephismata), die jetzt von den grundsätzlicheren Gesetzen (nomoi) unterschieden wurden. Der Versammlungsplatz der Pnyx wurde nach 404/3 v. Chr. aufgeschüttet, so dass die Redner nun statt aufs Meer ins Landesinnere blickten (Plut. Them. 19). Im dritten Viertel des 4. Jh. v. Chr. wurde die Kapazität des Platzes sogar noch verdoppelt.8 Durch die Bezahlung von Diäten war die Beteiligung an den Versammlungen erfolgreich aufrechterhalten worden. Der Vorsitz wechselte nach wie vor täglich, wobei die Leiter (prohedroi) sogar aus dem Rat (boule) außerhalb des geschäftsführenden Ausschusses (Prytanie) gelost wurden (Aristot. Ath. pol. 44,2).9 Damit konnten Absprachen und Machtballungen in den führenden Kreisen weiterhin verhindert werden. Dasselbe sollte auch durch ein konsequenteres Losverfahren für die 6000 Geschworenen und deren Zuweisung an die Gerichtshöfe erreicht werden.10 Im 4. Jh. v. Chr. standen dafür spezielle Losmaschinen (kleroteria) zur Verfügung (Aristot. Ath. pol. 63 f. 66), die vorgefasste Übereinkommen von Geschworenengremien verunmöglichten. In dieser Zeit wurde an der nordöstlichen Ecke der Agora auch ein Gerichtskomplex errichtet, in dem bis zu vier Geschworenengerichte gleichzeitig tagen konnten.11 Diese bildeten trotz einiger Auswüchse wie Denunziantentum und Bereicherung über berufsmäßige Anklagen dennoch eine Stütze der Demokratie.12

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Spartas Hegemonie und Athens zweiter Seebund

Spartas Hegemonie und Athens zweiter Seebund Als Sparta im Jahre 404/3 v. Chr. den Peloponnesischen Krieg erfolgreich beendet hatte, löste es sein Versprechen auf Autonomie der Griechenstädte nicht ein. Es stellte die Inselstädte unter seine Aufsicht und zwang auch Elis in ein Bündnis, bei dem Sparta nach wie vor den Ton angab (Xen. Hell. 3,2,23 ff.). Als der Satrap Tissaphernes nach dem vergeblichen Zug der 10 000 griechischen Söldner gegen den Thronanwärter Kyros wieder die persische Oberhoheit über die Griechenstädte in Kleinasien beanspruchte, griff Sparta militärisch ein (Spartanisch-persischer Krieg, 400–394 v. Chr.). Im Jahre 396 v. Chr. übernahm der spartanische König Agesilaos selbst das Kommando, um die ionischen Städte zu befreien, erreichte aber nur einen Teilerfolg.13 Die spartanische Vormacht veranlasste den Großkönig, Gelder für den Widerstand gegen Sparta zu verteilen, zu dem sich Athen, Theben und Boiotien, Argos, Korinth sowie die kleineren mittelgriechischen Staaten in einem Bund zusammenschlossen (Korinthischer Krieg, 395–386 v. Chr.). Agesilaos musste nach Griechenland zurückkehren, wo die Spartaner im Jahre 394 v. Chr. am Nemea-Bach und bei Koroneia zwar zwei Siege erreichten, bei Knidos aber auch eine Niederlage der Flotte einzustecken hatten (Xen. Hell. 4,2,13 ff. 3,10 ff.). Damit erlitt die spartanische Seeherrschaft einen Rückschlag und Athen begann, ein neues Bündnis aufzubauen. Im Jahre 392 v. Chr. fanden in Sparta Friedensverhandlungen mit Athen statt, bei denen auf der Basis der Autonomie aller Griechen zum ersten Mal ein gemeinsamer Frieden (koine eirene) ins Auge gefasst wurde, der allerdings scheiterte (Xen. Hell. 4,8,12 ff.; And. 3 ¼ Friedensrede).14 Dieser wurde dann von Sparta erst im Jahre 387/6 v. Chr. in Form des von Persien diktierten Königsfriedens (¼ Antalkidasfriede) von Susa erwirkt, der unter der Parole der Autonomie aber auch eine Preisgabe der kleinasiatischen Städte bedeutete (Xen. Hell. 5,1,31 f.; Diod. 14,110; Plut. Art. 21). Sparta sicherte sich dadurch mit persischer Unterstützung nochmals die Vormacht in Griechenland und griff ab 383 v. Chr. auch gegen den Chalkidischen Bund (Olynth) an der thrakischen Küste ein (Xen. 217

17 Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

Hell. 5,2,11 ff.; Diod. 15,19,3), mit dem dann im Jahre 379 v. Chr. ein Bündnis geschlossen wurde (Xen. Hell. 5,3,26). Hingegen ging Theben, das zeitweise gegen alle Autonomiebestimmungen belagert worden war, im Jahr darauf wieder verloren. Es verbündete sich mit Athen, so dass weitere Auseinandersetzungen zwischen den Spartanern und Thebanern folgten, welche die boiotischen Städte in einem erneuerten Bund vereinigt hatten.15 Als Sparta versuchte, Athen in der Ägäis entgegenzutreten, erlitt es im Jahre 376 v. Chr. bei Naxos eine Niederlage (Xen. Hell. 5,4,60 f.). Im nächsten Jahr handelte sich die peloponnesische Flotte bei Alyzeia (Akarnanien) einen weiteren Misserfolg ein (5,4,65 f.), so dass Athen seine Stellung durch neue Bündnisse im ägäischen und Ionischen Meer stärken konnte. Der neu beschlossene allgemeine Friede, der wiederum allen Griechen Autonomie gewähren sollte, erwies sich als brüchig, auch wenn der vergöttlichten Eirene in Athen sogar ein Kult eingerichtet wurde.16 Theben entwickelte sich zu einer neuen Hegemonialmacht und führte auch eine neue Kampftaktik, die sogenannte schiefe Schlachtordnung mit verstärktem linken Flügel, ein. Als Sparta im Jahre 371 v. Chr. nach Boiotien vordrang, wurde es bei Leuktra erstmals in einer offenen Feldschlacht besiegt (Xen. Hell. 6,4,3 ff.). Zwei Jahre darauf musste es nach einem boiotischen Gegenangriff (6,5,23 ff.) den Abfall seiner Bundesgenossen und den Verlust Messeniens in Kauf nehmen, während die benachbarten Arkader um das neu erbaute Megalopolis einen eigenen Bund bildeten (Paus. 8,27).17 Der Thebaner Epaminondas marschierte in den nächsten Jahren mehrmals in die Peloponnes ein, was Athen aber dazu veranlasste, Sparta beizustehen und ein Verteidigungsbündnis abzuschließen (Xen. Hell. 6,5,22 ff.; 7,1,1 ff.). Als schließlich Mantineia auf der Peloponnes von den Thebanern abfiel und Sparta zu Hilfe rief, erlitt dieses dort im Jahre 362 v. Chr. abermals eine Niederlage. Bei dieser kam aber auch der Thebaner Epaminondas zu Tode, so dass sowohl die spartanische als auch die thebanische Vormachtstellung beendet war (7,5,4 ff.). Damit kommt zugleich das Geschichtswerk Xenophons zu seinem Schluss. Athen hatte schon zuvor die Gelegenheit ergriffen, seine Bündnisse zu vereinheitlichen und bis auf gut 70 Mitglieder auszubauen. Der zweite 218

Philipp II. und die Hegemonie Makedoniens

Attische Seebund von 378/7 v. Chr. (Diod. 15,28) war als Defensivbündnis gegen Sparta gestaltet und gab den Bündnern mehr Mitbestimmung, zudem Autonomie im Innern, Freiheit von Besatzungen, Aufsichtsbeamten und einseitig verfügten Tributen (IG II2 43; StV II2 257; HGIÜ II, 215 ¼ Aristoteles-Dekret). Die Bündner wurden nicht gezwungen, ihre Flotten zur Verfügung zu stellen, waren aber durchaus zu gewissen Geldbeiträgen (syntaxeis) verpflichtet.18 Die Beschlüsse des gemeinsamen Rates (synhedrion) mussten zudem von der athenischen Volksversammlung abgesegnet werden.19 Ferner errichtete Athen weitere athenische Bürgerkolonien (Kleruchien) im Bundesgenossengebiet und stationierte teilweise Truppen, wie im Falle des im Jahre 365 v. Chr. von den Persern zurückgewonnenen Samos (IG II 699, Z. 20; Aristot. rhet. 1384b 31 f.; Strab. 14,1,18).20 In der Folge kam es zu einem Aufstand, dem sogenannten Bundesgenossenkrieg (357–355 v. Chr.). Chios, Rhodos und Kos schlossen sich mit dem kleinasiatischen Herrscher Maussolos von Halikarnassos zusammen; auch Byzantion, Perinthos und Selymbria folgten nach und traten aus dem athenischen Bündnis aus, während dieses in reduzierter Form noch bis zur Niederlage gegen Philipp II. von Makedonien fortlebte.21 Daher musste in Athen die Finanzierung von öffentlichen Ausgaben neu organisiert werden, wobei der Finanzmann Eubulos erfolgreich die Fäden zog. Zentral wurden die Heeresgelder (stratiotikon) und die Festgelder (theorikon), für deren Übernahme die 1 200 wohlhabendsten Bürger gefordert waren. Diese waren in Symmorien (Steuergruppen) eingeteilt, welche die Eisphora (Steuern) und die Trierarchien (Schiffsausstattungen) beisteuerten und jetzt neu in ca. 20 Abteilungen zu je 60 Bürgern gruppiert wurden (Dem. 14,16 ff.).22

Philipp II. und die Hegemonie Makedoniens Im Anschluss an die Siege über Sparta erhob Theben Ansprüche auf Delphi, wo auch die Phoker die Aufsicht ausüben wollten und dafür Hilfe von Sparta und Athen erhielten, so dass sich der sogenannte dritte Heilige 219

17 Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

Krieg (356–346 v. Chr.) entfaltete.23 Jetzt griff aber auch König Philipp II. von Makedonien (359–336 v. Chr.) ins Geschehen ein, wobei er im Jahre 352 v. Chr. nach einem Sieg über die Phoker Thessalien einnahm (Diod. 16,37 f.). Dadurch wurde er zum Führer (archon) des Thessalischen Bundes und kontrollierte das Gebiet zwischen Zentralgriechenland und Makedonien. Nach der Eroberung von Amphipolis (357 v. Chr.) und weiterer Griechenstädte im Norden (Poteideia 356 v. Chr.; Olynth 348 v. Chr.) einigten sich Makedonien und Athen im Frieden des Philokrates (346 v. Chr.) auf den bisherigen Besitzstand (StV II2 329), so dass Athen trotz der Einbußen in der Nordägäis seine Seemacht weiter aufrechterhalten konnte. Dennoch übernahm Philipp nach seinem Einschreiten in Phokis aber dessen beide Sitze in der delphischen Amphiktyonie (Diod.16,59 f.) und erreichte dadurch auch offiziell eine gesamtgriechische Führungsrolle.24 Somit hatte es Makedonien, das unter Philipp II. politisch geeinigt und militärisch gestärkt worden war, verstanden, das in Griechenland entstandene Herrschaftsvakuum auszufüllen. Am Rande Griechenlands war die Monarchie erhalten geblieben und hatte neben dem alten Königssitz in Aigai (Vergina) in Pella am Thermäischen Golf eine zweite Residenzstadt errichtet. Sie erreichte durch territoriale Expansion in die angrenzenden Landschaften neuen Glanz und konnte in mancher Beziehung zwischen dem griechischen Städtesystem und dem orientalischen Königtum vermitteln.25 In Athen trat der Redner und Politiker Demosthenes (384–322 v. Chr.) entschieden gegen den makedonischen König auf und versuchte, die Selbständigkeit Athens zu bewahren. Dagegen strebte sein Konkurrent Isokrates (436–338 v. Chr.) einen »Panhellenismus« bzw. Zusammenschluss aller Griechen unter der Führung eines starken Hegemons an, den er in der Panegyrikos-Rede um 380 v. Chr. noch in Athen erkannt hatte (Isokr. 4), dann aber auch anderen Führern zudachte. Dadurch wollte er stabile Zustände erreichen und in Kleinasien gegen die Perser gerüstet sein, so dass er schließlich in der Rede von 346 v. Chr. dem Makedonenkönig Philipp II. einen Perserkrieg unter dessen Leitung vorschlug (Isokr. 5,14 ff.).26

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Philipp II. und die Hegemonie Makedoniens

Im Jahre 343/2 v. Chr. eroberten die Makedonen Thrakien und unterbanden anschließend die Getreidelieferungen aus dem Schwarzmeergebiet, so dass sich Athen zu einer neuen Koalition veranlasst sah und im Jahre 340 v. Chr. auf Rat von Demosthenes mit vielen Poleis ein Bündnis gegen Philipp bildete (sogenannter Hellenenbund).27 Im Jahre 338 v. Chr. drang Philipp zusammen mit seinem Sohn Alexander nach Chaironeia in Boiotien vor und fügte den Griechen eine folgenreiche Niederlage zu.28 Außer Sparta, das auf einem gewaltsam reduzierten Gebiet seine Unabhängigkeit bewahrte, wurden die Griechen im sogenannten Korinthischen Bund unter der Oberherrschaft des makedonischen Königs vereinigt und hatten diesem Heeresfolge zu leisten (Diod. 16,84–89). Jetzt erfolgte auch der Kriegsbeschluss gegen die Perser. Ein eigentlicher Rachefeldzug gegen diese stand seit den Einfällen von 480/79 v. Chr. immer noch aus und war mit Isokrates neu propagiert worden war. Der von Alexander d. Gr. angetretene Eroberungszug sollte die Gestalt der antiken Welt endgültig verändern und das makedonische Königtum sowohl über die alte Poliswelt als auch über Kleinasien und den Vorderen Orient ausbreiten. Somit hatte das klassische Zeitalter zwar der Demokratie den Weg geebnet, aber auch schon den Grundstein für übergreifende staatliche Organisationsformen unter der Führung einer monarchischen Hegemonialmacht gelegt.

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Fazit

Die Beschäftigung mit rund 500 Jahren griechischer Vergangenheit in archaischer und klassischer Zeit öffnet den Blick auf zahlreiche Phänomene, die auch für den späteren Verlauf der abendländischen Geschichte von Bedeutung sind. Sie zeigt zunächst die Entstehung von selbstorganisierter politischer Gemeinschaft in einem günstigen außenpolitischen Umfeld. In der Mittelmeerwelt und im Vorderen Orient herrschte ein reger wirtschaftlicher und kultureller Austausch, ohne dass für die Griechen bis zu den Perserkriegen eine direkte auswärtige Gefahr bestanden hat. Dies erlaubte zudem die Erschließung neuer Siedlungsräume, welche zugleich die Entwicklung grundlegender politischer und gesellschaftlicher Organisationsformen förderten. Es kam zur Ausbreitung griechischer Lebensformen und gegenseitigen Akkulturation in unterschiedlichen Gebieten der alten Welt. Die innergriechische Entwicklung verlief immer wieder in kriegerischen Bahnen, politisch aber in eigenverantwortlicher Weise ohne einen königlichen Machthaber, der sich auf göttliche Legitimation berufen konnte. Militärische Auseinandersetzungen mit benachbarten Städten ermöglichten den führenden Kreisen zunächst, sich als Einzelpersonen zu profilieren, aber auch mit den erweiterten Schlachtreihen Erfolge für die Polis zu erlangen. Dadurch kam dem einzelnen Bürger in der aristokratisch dominierten Gesellschaft größere Bedeutung zu, wobei er zunehmend zu gemeinsamem Handeln im Dienste der Polis angehalten war. Die neu formierten Stadtstaaten existierten in erster Linie als Personenverband und begünstigten entsprechende Beteiligung und Identifikation. Nur im Rahmen der Polis war es für den Bürger möglich, Freiheit zu erlangen und sich durch Teilnahme an Krieg, Sport und Politik zu profilieren. 222

18 Fazit

Dies spiegelte sich auch in monumentalen Statuen von typisierten Individuen, die zentrale Tugenden zum Ausdruck brachten und in der Öffentlichkeit politische Bedeutung erlangten. Sie standen inmitten von weiteren Erzeugnissen reichen Kunstschaffens sowie wegweisender profaner und sakraler Architektur. In gemeinsamen Heiligtümern mit Orakelstätten und Sportspielen bildeten sich einzelne kohäsive Zentren, in denen sich ambitionierte Griechen verschiedenster Herkunft miteinander messen und in Bildwerken verewigen konnten. Mit den menschengestaltigen Göttern bestand überall direkte Vertrautheit, so dass auch im Rahmen von städtischen Kulten und Festen das Diesseits insgesamt mehr betont wurde als das Jenseits. Im Theater wurden sowohl tragische als auch komische Seiten des Daseins reflektiert und das Publikum damit gleichsam unterhalten wie unterwiesen. Die Griechen waren trotz der Nähe zum Meer und Handel prinzipiell mit der Landwirtschaft verbunden und bezogen ihre Erträge aus dem Boden, in den sie auch ihr Kapital investierten. Bei den Bürgern standen nicht Geldgeschäfte im Vordergrund, sondern der Grundbesitz und das Streben nach sozialer Anerkennung und entsprechendem gesellschaftlichem Einfluss. Da der Staat nur beschränkt gemeinschaftliche Aufgaben übernahm, blieben viele Geschäfte Privaten überlassen. Für die städtischen Bürger war aber auch Freiheit von Arbeit erstrebenswert, die möglichst Sklaven, Minderberechtigten und Fremden überantwortet wurde. Dadurch eröffnete sich ein steter Gegensatz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, bei dem Freiheit oft auf Kosten der Unfreiheit von anderen ging. Die Auseinandersetzungen in der adligen Führungsschicht ermöglichten zwar, dass breitere Kreise an der Politik partizipieren konnten und führten im 5. Jh. v. Chr. an verschiedenen Orten zu ersten Demokratien, wobei aber Frauen, Fremde und Sklaven ausgeschlossen blieben. Dabei galt es stets, die Ambitionen von Führungspersonen einzubinden und der Gefahr von Bürgerkriegen, Tyrannis oder unkontrollierter Oligarchie zu begegnen. Es entfaltete sich eine Debatte um unterschiedliche Staatsformen, die jetzt wie die von der Bürgerschaft selbst bestimmten Gesetze zur Disposition standen. Auch in der Volksversammlung und in den Gerichten musste argumentiert werden, wobei die Redefreiheit in Athen zu einem zentralen Wert wurde, so dass über alle gemeinsamen Dinge verhandelt 223

18 Fazit

werden konnte. Die menschliche Gemeinschaft wurde schließlich auch in einem historischen Kontext betrachtet, so dass neben der mythischen Vergangenheit eine sinnhafte Beschäftigung mit der Geschichte einsetzte, welche für die Gesellschaft neue Erkenntnisse ergaben. Die freie gesellschaftliche Entwicklung hatte neue Zugänge des Denkens und somit eine rationale Durchdringung natürlicher Phänomene sowie eine philosophische Auseinandersetzung mit der menschlichen Existenz eröffnet. Dabei wurde die Natur (physis) von den menschlichen Errungenschaften (nomos) getrennt und der Kultur hoher Wert zugemessen. Körper und Seele erhielten ihren eigenen Stellenwert, wofür verschiedene Konzepte entwickelt wurden und die Philosophen das Geistige in den Vordergrund rückten. Im Alltag blieb der gut trainierte Körper das Aushängeschild und erfuhr gesellschaftliche Anerkennung, während körperlicher Zerfall und Behinderungen vielfach dem Spott ausgesetzt waren. Das bürgerliche Ideal von körperlichem Training, Schönheit und Tüchtigkeit wurde zugleich von vertieftem medizinischem Wissen begleitet, das die Zusammensetzung und Funktion des Körpers analysierte und eine ausgeglichene Lebensweise propagierte. Auf dem Gebiet der Politik bildete sich aufgrund der Bedrohung durch die Perser im 5. Jh. v. Chr. ein Bewusstsein für den Wert von politischer Freiheit, die es zu verteidigen galt. Zusammenschlüsse einzelner Poleis führten jedoch in erster Linie zu Kampfbünden und – abgesehen von den Städtebünden – kaum zu übergeordneten politischen Organisationen. Dennoch strebten diverse Poleis immer wieder nach gesteigertem Einfluss. Athen vergrößerte mit dem Seebund seinen Machtbereich und brachte diesen zudem in einem monumentalen Bauprogramm auf der Akropolis zum Ausdruck. Auch hier gab es laufend eine Kluft zwischen dem Anspruch auf Hegemonie und dem Ideal der Autonomie als Teil des Freiheitsverständnisses. Die zahlreichen Konflikte und Kriege führten wiederholt zum Wunsch nach Frieden, der aber stets prekär blieb und neben dem Erfolg die Vertrautheit mit Leid und Elend aufrechterhielt. Unter dem Einfluss der Makedonen kam es im 4. Jh. v. Chr. zu neuen monarchischen Tendenzen und großräumigeren Ansprüchen im griechischen Bereich und den angrenzenden Regionen. Die Vorteile des selbstorganisierten Kleinstaates blieben selbst unter den hellenistischen Königtümern bestehen und sind 224

18 Fazit

auch in späteren Zeiten immer hervorgehoben worden. Das Griechentum wurde für viele Zwecke zum Vorbild, macht aber auch die schwierigen Seiten des menschlichen und staatlichen Daseins deutlich, das es auf allen Ebenen geistig durchdrungen hat.

225

Anmerkungen

1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

Einleitung Schneider 2010, 221 ff. 236 ff. Will 1995, 7 ff. 111 ff. Dazu von Steuben 1990, 185 ff.; Hafner 1997, 41. 48 ff.; Hölscher 2015, 197 ff. Fuchs 1983, 6. Bichler 1983, 55 ff. Most 1989, 22 f. Most 1989, 23. Walter 2006, bes. 8. H. Kaletsch, Klassisch, Lexikon der Alten Welt, 1965, 1530; Gelzer 1979, 13 ff. H. Kaletsch, Klassisch, Lexikon der Alten Welt, 1965, 1531; H. Stenzel, Klassik als Klassizismus, Der Neue Pauly 14, 2000, 887 f. Müri 1976, 243. 286. 288. 294 ff.; Gelzer 1979, 6; Porter 2006, 12. Marchand 1996, 7 ff.; H. G. Niemeyer, Klassische Archäologie, Der Neue Pauly 14, 2000, 904 ff. Wünsche 2010, 569 ff. Most 1989, 4 f. Thommen 1992, 72; Hafner 1997, 8. Most 1989, 5 ff.; B. Bäbler, Epochenbegriffe, Der Neue Pauly 13, 1999, 1004. Landfester 2002, 100 ff. Most 1989, 9. 16. Burckhardt 2002, 118 ff. Walter 2006, 4 f. Antike und Abendland 2, 1946, 26–62; Gesammelte Schriften in 3 Bänden, Bd. I, Stuttgart 1995, 2–38. Welwei 2011, 60 ff.; Stein-Hölkeskamp 2015, 31 ff. (c Kap. 3, Anm. 3). Stein-Hölkeskamp 1989. Burkert 2003; Lane Fox 2011. Gehrke 1986.

226

Anmerkungen

2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Natur und Umwelt Maise 1998, 218 ff.; Hughes 2014, 9 f. 220. Tausend 2006, 15 ff. 189 ff. für die Argolis. Horden/Purcell 2000, 123 ff. Hansen/Nielsen 2004, 53 f.; Hansen 2006, 1. 11. 31. 77 ff. Carroll-Spillecke 1998, 156 f. 164. Hölscher 1998, 24 ff. Carroll-Spillecke 1998, 161 ff.; Thommen 2015. Tölle-Kastenbein 1994, 10. 101 ff. Glacken 1967, 35 ff. 116 f.; Thommen 2009, 30 ff. Vögler 1997, 14 ff. Thommen 2011, 14 ff.; Thommen 2019 (im Druck). Fellmeth 2008, 35. 43. Richter 1968, 32 ff. 70 ff. 100 ff. 107 ff.; Buchholz u. a. 1973, 30 ff. 44 ff. 131 ff. Lohmann 1985; Lohmann 1993, Bd. 1, 136 ff. 196 ff. 291 ff. Wells 1992, 157 (Foxhall). Schmitz 2014, 124. 136. 156. Garnsey 1988, 98 f. Hopper 1982, 105. Grove/Rackham 2001, 161 f. 166. Meiggs 1982, 191. Nenninger 2001, 112. Meiggs 1982, 433 ff. Nenninger 2001, 202; Thommen 2009, 13 f. Domergue 2008, 44 ff.; Thommen 2009, 68. Schneider 1992, 76. Lauffer 1979, 140 ff.; Hughes 2014, 136 ff. Brückner 1986. Mertens 2006, 332 f. Eumorphopoulos 1963; Grove/Rackham 2001, 343. Grove/Rackham 2001, 341 ff.; Brückner u. a. 2005. van Andel u. a. 1986. Büdel 1981, 259 ff.; Grove/Rackham 2001, 291 ff. Schäfer/Simon 1981, 29. Bousquet u. a. 1987. Sonnabend 1999, 2 ff. 8 f.

227

Anmerkungen

3

Die homerische Welt

1 Siebler 2001, 152 ff.; Latacz 2010, 66 ff. 2 Welwei 2002, 31 ff. 3 Latacz 1991, 45 ff. (Blome); Dickinson 2006; Hall 2014, 59 ff.; Stein-Hölkeskamp 2015, 31 ff. 4 Hall 2014, 62 ff.; Stein-Hölkeskamp 2015, 37 ff. 5 Latacz 1985, 77 ff. 90: 730 bzw. 710 v. Chr.; Lane Fox 2011, 431 ff. 434: 760– 740 v. Chr. 6 van Wees 2004, 166 ff. 249 ff.; Raaflaub 2005, 244 ff. 7 Finkelberg 2011, 397 ff. (Edwards). 8 Finkelberg 2011, 588 ff. (Griffin). 9 Nicolai 1987, 150 ff.; Finkelberg 2011, 318 ff. (Slatkin); Mannsperger 2016, 191 ff. 204 f. 10 Finkelberg 2011, 281 ff. (Seaford). 11 Gschnitzer 2013, 64; vgl. Ulf 1990, 70 ff.; Raaflaub 1995, 633 ff.; Ulf 2009, 89. 12 Richter 1968, 17 ff.; Raaflaub 1997, 631. 13 Richter 1968, 16; Eckstein 1974, 23 ff.; Raaflaub 1997, 636; Rengakos/Zimmermann 2011, 267 (Ulf). 14 Andreev 1979; Hölkeskamp 1997, 9 ff. 15 Strauss Clay 2003, 6 ff. 31 ff.; Edwards 2004, 150 ff. 176 ff. 16 Strauss Clay 2003, 12 ff.

4 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Die Große Kolonisation Bernstein 2004, 23 ff. 223 ff. Miller 1997, 31 ff. Yntema 2000, 4 f. 27 f. 33 ff.; Stein-Hölkeskamp 2015, 96 ff., bes. 112 ff. Donnellan 2016, 77 ff. (Saltini Semerari). Boardman 1981, 41 ff.; Kearsley 1999. Boardman 1981, 194 ff.; Osborne 2009, 106 ff.; Bringmann 2016, 109; Donnellan 2016, 149 ff. Rüter/Matthiessen 1968, 235; Osborne 2009, 108. Domínguez 2006. Petropoulos 1995, 6 ff.; Tsetskhladze 1998. Sachs 2014, 132 ff.

228

Anmerkungen

11 12 13 14 15 16 17

5

Malkin 1987, 17 ff.; Miller 1997, 88 ff.; ferner Descoeudres 1990, 117 ff. (Londey). Leschhorn 1984, 60 ff.; Malkin 1987, 114 ff. 189 ff.; Miller 1997, 207 ff. 259 ff. Brodersen 1994. Donnellan 2016, 167 ff. (Tréziny). Mertens 2006, 436. Link 1994; Hölkeskamp 1999, 130 ff. 187 ff. Meier 1980, 70 ff.; Nippel 2003, 24 ff.

Solon

1 Welwei 1992, 154; Stanley 1999, 174 ff.; Almeida 2003, 26 ff.; de Ste. Croix 2004, 109 ff. 2 Bleicken 1995, 23 f. 3 Welwei 1992, 133 ff.; de Libero 1996, 45 ff. 4 Ruschenbusch 1966, 23 ff. 5 Welwei 1992, 138 ff. 6 Thür 1990. 7 Schmitz 2001, 9 ff. 8 Zu den weiteren Ämtern (Aristot. Ath. pol. 7,3) Welwei 1992, 109 f. 9 Welwei 1992, 185 f.: erst 487/6 v. Chr. 10 Welwei 1992, 187. 190. 11 Camp 1989, 54 f. 12 Welwei 1992, 170. 177; Bleicken 1995, 28. 13 Schmitz 2007, 32 ff.; Ruschenbusch 2010, 83 ff.; Leão/Rhodes 2015, 75 ff. 14 Bleicken 1995, 29; Leão/Rhodes 2015, 107 f. 15 Leão/Rhodes 2015, 57 ff. 16 Robertson 1986. 17 Meier 1970, 15 ff.; Mülke 2002, 150 ff.

6

Tyrannis

1 de Libero 1996, 5 f. 39 ff. 2 Berve 1967, Bd. 1, 3 f.; de Libero 1996, 23 ff.

229

Anmerkungen

3 4 5 6 7

8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

Welwei 2011, 106 f.; Kõiv 2016, 15 ff.; Dreher 2017, 169 ff. Stahl 1987, 56 ff., bes. 66 ff.; Lavelle 2005, 67 ff. Lavelle 2005, 46 ff. Welwei 1992, 232 f.; Welwei 2011, 156. Shapiro 1989, 112 ff.; Welwei 1992, 250 f.; Bleicken 1995, 35; de Libero 1996, 105 ff.; Angiolillo 1997, 17 ff. 66 ff. 75 ff.; Sancisi-Weerdenburg 2000, 52 ff. (Boersma). Shapiro 1989, 40 ff.; Sancisi-Weerdenburg 2000, 67 ff. (Slings). Berve 1967, Bd.1, 59 f. 66; Stein-Hölkeskamp 1989, 151; Sancisi-Weerdenburg 2000, 20 (Blok). Shapiro 1989, 65 f.; de Libero 1996, 97 f. 107 ff. Latacz 2003, 53 ff. Latacz 2003, 80 ff. Travlos 1971, 537 ff. Berve 1967, Bd. 1, 15. Parker 1993. de Libero 1996, 147. 405. Schmitz 2010, 41 ff. Berve 1967, Bd. 1, 20; de Libero 1996, 153 ff. 161 ff.; Welwei 1998, 81. Bringmann 2016, 196. de Libero 1996, 156 ff. Griffin 1982, 47 ff. Griffin 1982, 52 ff.; de Libero 1996, 194 ff. 202 f.; Lolos 2011, 64 f. Parker 1994, 409 f.; Welwei 2011, 111 f. Biebas-Richter 2016. de Libero 1996, 259 ff. de Libero 1996, 284 f.; Welwei 2011, 119 ff. de Libero 1996, 287 ff. Kyrieleis 1996, 45 f. (Neumann). 98. Pippin Burnett 1983, 107 ff.; de Libero 1996, 315 ff. Welwei 2011, 113 f. Hölkeskamp 1999, 219 ff. Benelli 2017, 9 ff. Pippin Burnett 1983, 209 ff.; Greene 1996, 113 ff. (Calame). 133 ff. (Hallett). White 1955, 5 ff. McGlew 1993, 24 ff. 183 ff.; Raaflaub 2003, 63 ff. 82 ff. Stahl 1987, 197 f. 258 ff. Berve 1954; Welwei 2010 zu Peisistratos. Stahl 1987, 252 ff. Meier 1970, 26 ff. 36 ff. Fehr 1984, 17 ff. 34 ff.; Hölscher 2010, 247.

230

Anmerkungen

7 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Sparta Thommen 2004, 130 ff. Welwei 2004, 21 ff. Thommen 2017, 21 f. Eder 1998, 136 ff.; Welwei 2004, 28 ff. Ducat 2000, 7 ff. Hampl 1937, 1 ff.; Shipley 1997, 201 ff.; Powell 2018, 601 ff. (Ducat). Welwei 2004, 21 f. 62 f. Thommen 2004, 133 f. Baltrusch 2001. Cartledge 1977. Calame 1977, Bd. 1, 51 ff.; Thommen 2017, 39 ff.; Powell 2018, 183 ff. (Calame). Förtsch 1998; Förtsch 2001, 40 f.; Powell 2018, 170 ff. (Prost). Hodkinson 2000, 65 ff.; Powell 2018, 110 f. (Nafissi). Thommen 1996, 30 ff.; Welwei 2004, 59 ff.; Thommen 2017, 30 ff. Thommen 1996, 35 f.; Welwei 2004, 67; Thommen 2017, 32 f. Baltrusch 1994, 19 ff. Wickert 1961, 8 ff. Thommen 1996, 64. 78 ff. 87 ff.; Thommen 2017, 50. 63 f. Stibbe 1985. Bernhardt 1987. Förtsch 1998; Förtsch 2001, 40 f.; Powell 2018, 170 ff. (Prost). Meier 2000. Thommen 2017, 2 ff. Thommen 2017, 71 ff. Thommen 1996, 132 ff.; Thommen 2017, 84 f. Link 2006: erst nach dem Verlust von Messenien (369 v. Chr.). Kennell 1995, bes. 11 f. 115 f. Cartledge 1987, 427 ff.; Thommen 2017, 132. Thommen 1996, 135 ff.; Thommen 2017, 107 ff.; Meier 2006: bereits nach dem ersten Messenischen Krieg. Andrewes 1966; Thommen 2017, 81 f. Carlier 1984, 240 ff., bes. 279 ff.; Powell 2018, 459 ff. (Millender). Schulz 2011, 157 ff. 189 ff.; Thommen 2017, 86 ff. Richer 1998, 336 ff. 431 ff.; Thommen 2017, 89 ff. Thommen 2017, 94 ff. Cartledge 1976. Kennell 1995, 98 ff. Welwei 2004(a); Handy 2005. Rebenich 1998. Dettenhofer 1994; Pomeroy 2002, 69 ff. 137.

231

Anmerkungen

40 41 42 43 44 45 46

Hodkinson 2000, 98 ff. Thommen 1999; Powell 2018, 513 ff. (Millender). Thommen 1996, 141 ff.; Thommen 2014, 54 ff. 150 ff. Thommen 2014, 85 f. 136 ff. Hodkinson 2000, 399 ff. Cartldege 1987, 347 ff. Cartledge/Spawforth 2002, 190 ff.; Powell 2018, 643 ff. (Kennell).

8

Die Perserkriege

1 Raaflaub 1985, 71 ff. 258 ff. 2 Bleicken 1979. 3 Balcer 1995, 169 ff. 187 f.; Welwei 1999, 31 ff.; Cawkwell 2005, 61 ff. 79 f.; Fischer 2013, 81 ff. 4 Lazenby 1993, 45 ff.; Balcer 1995, 207 ff.; Fischer 2013, 105 ff. 5 Pritchett 1960, 140 ff.; Hammond 1973, 170 ff.; Mersch 1995, 56 ff. 6 Bleicken 1995, 49 f. 151. 162 f. 7 Baltrusch 1994, 30 ff. 48 ff. 8 Lazenby 1993, 117 ff.; Balcer 1995, 225 ff.; Fischer 2013, 149 ff. 9 Balcer 1995, 253 ff.; Fischer 2013, 157 ff. 10 Albertz 2006, 47 ff. 174 f. 237 f.; Thommen 2017, 2 ff. 11 Lazenby 1993, 143 ff., bes. 145. 12 Thommen 2017, 67 f. 13 Lazenby 1993, 151 ff.; Balcer 1995, 257 ff.; Fischer 2013, 165 ff. 14 Rufing 2006. 15 Lazenby 1993, 217 ff.; Balcer 2005, 284 ff.; Fischer 2013, 183 ff. 16 Balcer 1995, 289 ff.; Fischer 2013, 195 ff. 17 Welwei 1999, 73.

232

Anmerkungen

9

Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

1 Welwei 1999, 1 ff.; Welwei 2011, 160 ff.; Mitchell 2015, 39 ff.; vgl. dagegen Rausch 1998. 2 Welwei 1992, 116 ff.; Bleicken 1995, 42 ff. 180 ff. 3 Bleicken 1995, 183; Welwei 1999, 22; Welwei 2011, 163. 4 Siewert 1982, 10 ff. 37 ff.; vgl. die Lokalisierung bei Traill 1986, 125 ff. 5 Bleicken 1995, 183; Hansen 1995, 106; Welwei 1999, 11 f.; Welwei 2011, 163. 6 Welwei 1998, 161. 7 Camp 1989, 57 ff. 8 Travlos 1971, 466. 9 Meier 1970, 36 ff.; Meier 1980, 94. 116 f. 119; Bleicken 1995, 45 f. 66 f. 10 Meier 1980, 91. 11 Hansen 1995, 34; Siewert 2002, 34. 521. 12 Bleicken 1995, 48; Welwei 1998, 168. 13 Bleicken 1995, 193 ff. 231 f. 14 Bleicken 1995, 49 f. 162 f. 15 Welwei 1999, 89 f.; Welwei 2011, 239 ff. 16 Martin 1974, 36 ff.; Bleicken 1995, 53 f. 527 f.; Mann 2007, 45 ff.; Welwei 2011, 239 ff. 17 Bleicken 1995, 50 ff. 18 Bleicken 1995, 234. 238. 257. 321 f. 531. 19 Bleicken 1995, 211 f. 258. 328 f. 385 f. 531; Welwei 2011, 241. 20 Hansen 1995, 155; Bleicken 1995, 329 ff. 623 ff. 21 Bleicken 1995, 408 f. 656 f.; Lehmann 2008, 123 ff. 22 Bleicken 1995, 285. 313. 620 f. 23 Meier 1970, 42 ff.; Raaflaub 2007, 112 f.

10

Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

1 Bleicken 1995, 99 f. 546 ff. 2 Hansen 1995, 133 ff.; Welwei 1998, 183 f. 3 Bleicken 1995, 212. 386 ff.; Hansen 1995, 213 ff.; Welwei 1998, 186.

233

Anmerkungen

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Camp 1989, 100 f. Rhodes 1972, 1 ff.; Bleicken 1995, 226 ff. Bleicken 1995, 198 f. Bleicken 1995, 247 ff.; Boegehold 1995, 21 ff.; Welwei 1998, 189 f.; Welwei 2000, 23. Bleicken 1995, 244. 248. 250. 287; Welwei 1998, 190. 196. 246. Bleicken 1995, 45. 144 f.; Welwei 1998, 166. 169 f. 194 f. Bleicken 1995, 273. 275. 281. Bleicken 1995, 257. 272. 321 ff. Bleicken 1995, 234. 238. 257. 326 ff.; Welwei 1998, 180. Bleicken 1995, 211 f. 258. 328 f. 385 f. 531. Bleicken 1995, 285. Meier 1980, 247 ff. Meier 1980, 255 f. Meier 1980, 266. Meier 1970, 44 ff.; Meier 1980, 360; ferner Hansen 1995, 70 f. Bleicken 1995, 492 ff.; Haller/Kölz 1996, 2. 4; Stahl 1997. Heuss 1962, 268 f. Pabst 2003, 33 ff. Wolff 1979, 284 ff.; Bleicken 1995, 437 ff.; Mitchell 2015, 99 ff. Baltrusch 1994, 52 ff. Schuller 1974, 144 ff. Schuller 1978, 10 ff.; vgl. dagegen de Ste. Croix 2008, 232 ff. Meiggs 1972, 167 ff. 220 ff. 234 ff.; Schuller 1978, 6 ff. Schuller 1974, 58. 62 ff. 180 f. 212. Schuller 1974, 13 ff. Jones 1954, 14; Fellmeth 2008, 50. Jones 1954, 16. Austin/Vidal-Naquet 1984, 92 ff.; Fellmeth 2008, 49. Moreno 2007, 323. Pritchard 2015, 52 ff. 88 f. 97. 114 f.; Ober 2015, 498 f. Bleicken 1995, 296 f.; Fellmeth 2008, 47 ff., bes. 50. Fellmeth 2008, 51; Pritchard 2015, 39. 97 f.

11

Die Entstehung der Geschichtsschreibung

1 Koselleck 1989, 50 ff. 65. 2 Schadewaldt 1982, 66 ff.; Wiemer 2008, 53 f.

234

Anmerkungen

3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Meier 1980, 360 ff. 422 ff. Heilen 2000, 38 ff. 44 ff. von Fritz 1967, 50. 65 ff.; Meister 1990, 20 ff.; Lendle 1992, 10 ff.; Wiemer 2008, 54 ff. von Fritz 1967, 66. 91. 93 f.; Luce 1998, 20 f. Lendle 1992, 22 ff. Snell 1986, 142 ff. Bichler/Rollinger 2011, 114 ff. Schadewaldt 1982, 113 ff.; Schmid 2016, 25 ff. Cobet 1971, 183. Meier 1980, 94. 116 ff. Raaflaub 1985, 71 ff. 189 ff.; Wiemer 2008, 56 f. Meier 1980, 362. 423 ff. Boedeker 1998, 186 ff. Jacoby 1949, 1 ff. 71 ff.; Meister 1990, 76 ff. Loraux 1981, 133 ff.; Thomas 1989, 196 ff. Raaflaub 2016, 598 ff. Koselleck 1989, 48 ff. Grant 1981, 78 ff.; Lendle 1992, 85 ff.; Luce 1998, 100 ff.; Scardino 2007, 402 ff. 648 ff. 700 f. Scardino 2007, 682 f. 690 f. 729 f.; Will 2015, 208 ff.; vgl. Wiemer 2008, 74 ff. Gribble 2006. Meier 1980, 360. Strasburger 1966, 49; Hornblower 2006; Walter 2010, 408 f. 415 ff. Nicolai 2007, 19 ff. Momigliano 1998(a), 2 f.; Wiemer 2008, 60. Momigliano 1998(b), 31. Momigliano 1998(b), 47 f.

12

1 2 3 4 5

Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 74 ff. (Bremer). Plassmann 1992; Kirk 1994, 23 ff.; Erler/Graeser 2000, 21 ff. (Roessli). Erler/Graeser 2000, 24 ff. (Roessli). Schibli 1990, 104 ff.; Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 65 ff. (Bremer). Curd/Graham 2008, 55 ff. (Burkert); Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 97 ff. (Burkert).

235

Anmerkungen

6 Gemelli Marciano 2007, Bd. 1, 21 ff. 7 Kirk/Raven/Schofield 1994, 89 ff.; Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 239 ff. (Dührsen); Wenskus 2016. 8 Herzhoff 1990, 27; Heilen 2000, 34. 9 Kirk/Raven/Schofield 1994, 115 ff.; Angehrn 2000, 74 ff.; Graham 2006, 28 ff.; Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 271 ff. (Dührsen). 10 Ricken 1997, 509. 11 Herzhoff 1990, 30. 12 Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 335 ff. (Dührsen); Althoff 2016, 54 f. 13 Riedweg 2007, 127 f. 136. 14 Riedweg 2007, 119 f. 15 Mansfeld 1983, 105 ff.; Angehrn 2000, 96 f.; Riedweg 2007, 44 ff.; Flashar/Bremer/ Rechenauer 2013, Bd. 1, 394 (Zhmud). 16 Ricken 1997, 510; Long 2001, 64 f. (Huffmann). 17 K. von Fritz, Pythagoreer, Lexikon der Alten Welt, 1965, 2491. 18 Kirk/Raven/Schofield 1994, 188 ff.; Gemelli Marciano 2007, Bd. 1, 261 ff. 19 Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 1, 349 ff. (Schirren). 20 Erler/Graeser 2000, 65 ff. (Bächli); Graham 2006, 129 ff.; Warren 2007, 71 ff. 21 Angehrn 2000, 112 ff. 22 Angehrn 2000, 125 ff.; Warren 2007, 77 ff.; Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 2, 457 ff. (Kraus). 23 Palmer 2009, 71 ff. 24 Long 2001, 122 ff. (McKirahan Jr.); Gemelli Marciano 2009, Bd. 2, 126 ff. 25 Long 2001, 145 ff. (Graham); Gemelli Marciano 2009, Bd. 2, 324 ff. 329. 26 Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 2, 723 (Primavesi). 27 Herzhoff 1990, 40; Warren 2007, 125 ff. 28 Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 2, 773 ff. (Rechenauer). 29 Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 2, 784 f. (Rechenauer). 30 Mansfeld 1986, 230 ff.; Ibscher 1996, 8 f. 157 ff.; Graham 2006, 250 ff.; Curd– Graham 2008, 333 ff. (Graham). 31 Warren 2007, 162 ff.; Flashar/Bremer/Rechenauer 2013, Bd. 2, 875 (Rechenauer); Althoff 2016, 59. 32 Herzhoff 1990, 19; Meyer 2015, 184 ff. 247 ff. 33 Rappe 1995, 206 ff. 34 Dazu Bröcker 1986, 113 f. 35 Flashar 1998, 28 ff. (Kerferd/Flashar). 36 Flashar 1998, 44 ff. (Kerferd/Flashar). 37 Østergaard 1999, 83 f.; Scholten 2003, 228 ff. Vgl. auch Thrasymachos in Plat. pol. 338c. 38 O. Gigon, Gorgias von Leontinoi, Lexikon der Alten Welt, 1965, 1111. 39 Bröcker 1986, 115 ff. 40 Althoff 2016, 61 ff. 41 Kullmann 2014, 43. 61 ff.

236

Anmerkungen

13 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Körperkonzepte und Medizin

Snell 1986, 16 ff. Jahn 1987, 81 ff. 117 f.; Schmitt 1990, 174 ff. 222 ff. Böhme 2008, 179. Rappe 1995, 206 ff. Rappe 1995, 24. 222. 225. 271. Himmelmann 1990, 31 ff. Hölscher 1998, 32 ff.; Schneider 2010. Himmelmann 1990, 33 ff.; Stähli 2006, 215 ff. Hölscher 2015, 197 ff. Hölscher 1998, 30 ff. Himmelmann 1990, 38 ff. Thommen 2007, 59 ff., bes. 66 ff. Philipp 1990, 87 f.; Schmitz 2014, 126 f. Neesen 1989, 72 ff. 96 ff.; Schmitz 2014, 124 f. Reinsberg 1993, 34 ff.; Scheer 2011, 35 ff.; Schmitz 2014, 160 f. Fellmeth 2008, 40 ff. Klees 1998, 19 ff.; Schumacher 2001, 25 ff. Lauffer 1979, 140 ff. Schmitz 2014, 154 ff. Laser 1983, 96 ff. Schubert/Huttner 1999, 437 ff., bes. 444 f. 447 f.; Schubert 2005, 32 ff., bes. 38 f. Krug 1993, 53 ff.; Schubert 2005, 61 ff.; Nutton 2013, 53 ff. Krug 1993, 134 ff.; Schubert/Huttner 1999, 486 f. Schubert/Huttner 1999, 439 f. 448 f.; Schubert 2005, 34. 39 ff.; Thommen 2007, 43 ff.; MacFarlane 2010, 48 ff.; Nutton 2013, 97 ff. Schubert/Huttner 1999, 450 ff., bes. 464 f. 468 ff. 472 ff.; Skinner 2010, 70. Schubert/Huttner 1999, 451. 513. Schubert/Huttner 1999, 441 f.; Schubert 2005, 35. 43. Mauritsch 1992, 89 ff. Reinsberg 1993, 28 ff.; Scheer 2011, 98. Reinsberg 1993, 76 ff.; Hartmann 2002, 212 ff. Patzer 1982, 90 ff. 125 ff.; Reinsberg 1993, 163 ff. Reinsberg 1993, 149 f. Reinsberg 1993, 80 ff.; Hartmann 2000; Hartmann 2002, 184 ff. 211 f. Dover 1983, 92 f.; Reinsberg 1993, 192 ff. Rose 2003, 79 ff.; Garland 2010, 61 ff. 112. Laes 2017, 140 ff. (Rose). 171 ff. (Dillon). Giuliani 1987; Garland 2010, 105 ff.; Laes 2017, 182 ff. (Mitchell).

237

Anmerkungen

14

Griechische Religion und panhellenische Spiele

1 Bruit Zaidmann/Schmitt Pantel 1994, 55 ff.; Vegetti 1996, 300; Graf 1997, 465 ff.; Burkert 2011, 135 ff. 2 Thommen 2015, 51 f. 3 Burkert 2011, 140 ff. 4 Bremmer 1996, 38 ff.; Patera 2012, 17 ff. zur Opferterminologie. 5 Nilsson 1976, 77 f. 6 Nilsson 1976, 132 f. 142 ff.; Bruit Zaidmann/Schmitt Pantel 1994, 30 f.; Bremmer 1996, 47; Graf 1997, 460 ff. 7 Vernant 1995, 68 ff.; Vegetti 1996, 302. 315 f. 8 Nilsson 1976, 92 f.; Graf 1997, 483 ff. 9 Nilsson 1976, 75 ff.; Bruit Zaidmann/Schmitt Pantel 1994, 55 f. 10 Bremmer 1996, 3 ff.; Graf 1997, 459; Burkert 2011, 402 ff. 11 Burkert 2011, 298 ff. 12 Nilsson 1976, 653 ff.; Bremmer 1996, 94 ff.; Graf 1997, 493 ff.; Burkert 2011, 425 ff. 13 Baumgarten 1998, 11. 222 ff. 14 Vegetti 1996, 296 f. 315. 15 Bremmer 1996, 9 ff.; Graf 1997, 473 ff.; Burkert 2011, 151 ff.; Eidinow/Kindt 2015, 295 ff. (Flower). 16 Bremmer 1996, 87 ff.; Graf 1997, 486 f.; Burkert 2011, 364 ff. 17 Bremmer 1996, 6 f.; Burkert 2011, 408 ff. 18 Bremmer 1996, 13 f. 19 Burkert 2011, 262 ff. 20 Graf 1997, 498 ff.; Burkert 2011, 269 ff. 305 ff. 21 Vegetti 1996, 313. 22 Burkert 2011, 276 ff.; Eidinow/Kindt 2015, 413 ff. (Sfameni Gasparro). 23 Vernant 1995, 55 ff.; Bremmer 1996, 14 f.; Burkert 2011, 311 ff.; Eidinow/Kindt 2015, 383 ff. (Ekroth). 24 Hölscher 1998, 63. 25 Hurwit 1999, 105 ff.; Schneider/Höcker 2001, 88 ff.; Holtzmann 2003, 75 ff. 26 Hurwit 1999, 192 ff.; Schneider/Höcker 2001, 160 ff.; Holtzmann 2003, 145 ff.; Knell 2013, 28 ff. 27 Knell 1990, 140 ff.; Mark 1993, 115 ff.; Hurwitt 1999, 209 ff.; Schneider/Höcker 2001, 166 ff.; Holtzmann 2003, 154 ff.; Schultz 2009, 128. 28 Harrison 1997; Schultz 2009, 142 ff. 29 Hurwitt 1999, 200 ff.; Schneider/Höcker 2001, 171 ff.; Holtzmann 2003, 163 ff.; Knell 2013, 39 ff.

238

Anmerkungen

30 Knell 1990, 112 ff.; Hurwit 1999, 179 ff.; Schneider/Höcker 2001, 147 ff.; Holtzmann 2003, 126 ff.; Schneider 2010. 31 Wrede 2008, 7. 10; Schneider 2010, 272 f. 32 Knell 1990, 99 ff.; Hurwit 1999, 169 ff.; Schneider/Höcker 2001, 144 ff.; Holtzmann 2003, 121 ff. 33 Scott 2014, 36. 34 Fontenrose 1978, 196 ff. 35 Schadewaldt 1990, 19 ff.; Syll.III3 1268. 36 Maaß 1997, 193 ff. 37 Maaß 1997, 99 ff.; Maaß 2007, 50 ff. 80 f.; Scott 2010, 56 ff. 114 f. 38 Maaß 1997, 131 ff. 39 Maaß 1997, 184 ff. 40 Weiler 1988, 109 ff.; Siebler 2004, 164 ff.; Decker 2012, 38 ff.; Faulkner 2012, 195 ff. 41 Weiler 1988, 103 f.; Decker 2012, 40. 42 Herrmann 1972, 128 ff.; Günther 2004, 79 ff.; Scott 2010, 149. 154 f.; Kyrieleis 2011, 27 f. 43 Günther 2004, 81 ff.; Sinn 2004, 81 f. 44 Günther 2004, 44 ff.; Siebler 2004, 214 ff.; Sinn 2004, 213 ff.; Scott 2010, 181 ff.; Kyrieleis 2011, 30 ff. 45 Herrmann 1972, 175 ff. 46 Scott 2010, 148 ff. 47 Scott 2010, 187 f. 48 Mallwitz 1972, 270 ff.; Sinn 2004, 123.

15

Die Pentekontaetie

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Welwei 2004, 164 f. 173 f.; Thommen 2017, 77 f. Thommen 1996, 122 ff.; Welwei 2004, 166 ff.; Thommen 2017, 72 ff. Thommen 2000. Welwei 1999, 83 f. Welwei 1999, 84 f. Welwei 1999, 87 ff. Kagan 1969, 71 ff.; Welwei 2004, 176 ff. Thommen 1996, 126; Welwei 1999, 99; Luginbill 2014. Kagan 1969, 77 ff.; de Ste. Croix 1972, 180 ff.; Welwei 1999, 96 ff.; Welwei 2004, 181 ff. 10 Badian 1993, 1 ff.; Welwei 1999, 107.

239

Anmerkungen

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Thommen 1996, 131 ff.; Welwei 2004, 187 f. de Ste. Croix 1972, 293 f. Thommen 2017, 104 ff. Cartledge 1987, 427 ff. Thommen 1996, 134 ff.; Thommen 2017, 107 f. Thommen 1996, 143 f.; Thommen 2017, 109 f. Raaflaub 1985, 71 ff. Raaflaub 1985, 280 ff. Thommen 1996, 137 ff. von Ungern-Sternberg 1990.

16 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

Der Peloponnesische Krieg

Hanson 2005, 89 ff. Bockisch 1965. Bommelaer 1981, 13 ff. 18 f. Thommen 2017, 125 f. Welwei 2004, 268 ff.; Thommen 2017, 149 ff. Kagan 1969, 205 ff.; de Ste. Croix 1972, 64 ff. 211 ff. 225 ff.; Welwei 1999, 140 ff.; Lazenby 2004, 16 ff. Cawkwell 1997, 20 ff. Kagan 1974, 43 ff.; Hanson 2005, 35 ff. Kagan 1974, 70 ff.; Hanson 2005, 65 ff. Hanson 1998, 138 ff. Geske 2005, 106 ff. Kagan 1981, 17 f. 354 f. Kagan 1981, 157 ff.; Lazenby 2004, 131 ff. Kagan 1987, 24 ff.; Lazenby 2004, 170 ff.; Hanson 2005, 271 ff. Flach 1977, 14 f.; Heftner 2001, 130 ff.; Shear 2011, 22 ff. Welwei 1999, 230 f.; Shear 2011, 72 ff. Heftner 2001, 312 ff.; Teegarden 2014, 30 ff.; Schmidt-Hofner 2016, 221. Bommelaer 1981, 90 ff.; Kagan 1987, 293 ff.; Lazenby 2004, 219 ff. Bleckmann 1998, 509 ff. Lehmann 1997, 52; Welwei 1999, 249; Shear 2011, 180 ff.; zurückhaltend Krentz 1982, bes. 60. 82. 94. Zu den Mitgliedern der Dreißig Németh 2006, 96 ff. Lehmann 1972, 221 ff. Schmidt-Hofner 2016, 246 ff. Welwei 1992, 261 f.

240

Anmerkungen

17

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

23 24 25 26 27 28

Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

Beck 1997, 31 ff. 168 ff.; Welwei 2011, 431 ff.; Löbel 2014, 38 ff. Gehrke 1985, 203 ff. 259 f. Eder 1995, 175 ff. (Seidensticker). 429 ff. (Borbein). 475 ff. (Knell). Hölscher 2015, 211 ff. 215 f. Teegarden 2014, 85 ff. Engels 1988; Hansen 1995, 299. 301. 305 f.; Tiersch 2016, 76 ff. (Harris). Bleicken 1995, 216 ff.; Hansen 1995, 172 ff.; Welwei 2011, 329 ff. Travlos 1971, 466 ff.; Welwei 2011, 464. Welwei 1998, 247; Bleicken 1995, 195; Welwei 2011, 329. Hansen 1995, 189. 204 ff.; Welwei 2011, 331 f. Travlos 1971, 21 f. 520 f.; Camp 1989, 122; Boegehold 1995, 104 ff. Burckhardt 1997, 166 ff. Cartledge 1987, 212 ff. 356 ff. Jehne 1994, 33 ff. Schmidt-Hofner 2016, 257 f. 260. Dreher 2012, 155 f. Schmidt-Hofner 2016, 259. 286 f. Schmitz 1988, 276 ff. Schmidt-Hofner 2016, 255 f. Schmitz 1988, 298 ff. Cargill 1981, 161 ff. 193 f.; Dreher 1995, 287 ff.; Dreher 2012, 163. Ruschenbusch 1978; Gabrielsen 1994, 182 ff.; Bleicken 1995, 164. 296; Hansen 1995, 116; Eder 1995, 558 ff. (Leppin); Welwei 2011, 465; Schmidt-Hofner 2016, 289. Wirth 1985, 47 ff.; Fündling 2014, 63 ff.; Schmidt-Hofner 2016, 318 ff. Hammond/Griffith 1979, 450 ff.; Fündling 2014, 102. Kienast 1973, 247 ff. 269 ff.; Errington 1986, 48 ff. 95 ff. 196 ff. Fündling 2014, 103 f.; Schmidt-Hofner 2016, 297 f. Ryder 2000, 76 ff.; Lehmann 2004, 154 ff.; Engels 2006, 35 f.; Samotta 2010, 72 ff.; Will 2013, 131; Fündling 2014, 126 ff.; Schmidt-Hofner 2016, 326. Hammond 1994, 151 ff.; Worthington 2013, 248 ff.

241

Anhang

Quellensammlungen

D/K: H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, griechisch und deutsch, hrsg. v. W. Kranz, 6. Aufl., Berlin 1951/1952 (ND 1974) FGrHist: F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker, 4 Teile, Leiden 1923 ff., ND 1961 ff. HGIÜ I/II: K. Brodersen u. a., Historische griechische Inschriften in Übersetzung, Bd. 1/2, Darmstadt 1992/1996 (ND 2011) IG: Inscriptiones Graecae Koerner: R. Koerner, Inschriftliche Gesetzestexte der frühen griechischen Polis, hrsg. v. K. Hallof, Köln u. a. 1993 Meiggs/Lewis: R. Meiggs & D. Lewis, A Selection of Greek Historical Inscriptions to the End of the Fifth Century B.C., 2. Aufl., Oxford 1988/ 1989 PMG: D. L. Page, Poetae melici Graeci, Oxford 1962 SEG: Supplementum Epigraphicum Graecum StV II2: H. Bengtson, Die Staatsverträge des Altertums, Bd. 2: Die Verträge der griechisch-römischen Welt von 700 bis 338 v. Chr., 2. Aufl., München 1975 Syll.: W. Dittenberger, Sylloge inscriptionum Graecarum, 4 Bde., 3. Aufl., Leipzig 1915–1924 TrGF: Tragicorum Graecorum Fragmenta

245

Antike Autoren

Aelianus (Ael.), Varia historia (var. hist.) Aischines (Aischin.), In Timarchum (Tim.) Aischylos (Aischyl.), Hiketides (Hik.) Alkaios (Alk.), Fragmenta (frg.) Alkman (Alkm.), Chorlyrik Andokides (And.), Orationes Anthologia Graeca (Anth. Graec.) Aristophanes (Aristoph.), Aves (Av.), Ecclesiazusae (Eccl.), Equites (Equ.), Nubes (Nub.), Ranae (Ran.) Aristoteles (Aristot.), Athenaion politeia (Ath. pol.), De generatione animalium (gen. an.), Ethica Nicomachea (eth. Nic.), Fragmenta (frg.), Historia animalium (hist. an.), Metaphysica (metaph.), Meteorologica (meteor.), Mirabilia (mir.), Physica (phys.), Poetica (poet.), Politica (pol.), Rhetorica (rhet.) Athenaios (Athen.), Deipnosophistai Cicero (Cic.), Academica (ac.), De legibus (leg.), De oratore (de orat.), Tusculanae disputationes (Tusc.) Clemens Alexandrinus (Clem. Alex.), Stromata (strom.) Demosthenes (Dem.), Orationes Diodor (Diod.), Bibliotheke Diogenes Laertios (Diog. Laert.), De clarorum philosophorum vitis Euripides (Eurip.), Hiketides (Hik.), Hippolytos (Hipp.), Ion (Ion), Orestes (Or.) Galen (Gal.), De locis affectis (loc. aff.), De placitis Hippocratis et Platonis (PHP), De usu partium (usu part.) Gellius (Gell.), Noctes Atticae Herodot (Hdt.), Historiae 246

Antike Autoren

Hesiod (Hes.), Erga (erg.), Theogonia (theog.) Hippokrates (Hippokr.), De aëre, aquis, locis (aër.), De genitura (genit.), De morbo sacro (morb. sacr.), De muliebribus/mulierum affectibus (mul.), De natura hominis (nat. hom.), De victu (vict.), Epidemiae (epid.) Homer (Hom.), Ilias (Il.), Odyssee (Od.) Iamblichos (Iambl.), De vita Pythagorica (vit. Pyth.) Isokrates (Isokr.), Orationes Iustinus (Iust.), Epitoma historiarum Philippicarum Livius (Liv.), Ab urbe condita Lysias (Lys.), Orationes Macrobius (Macr.), Saturnalia (Sat.) Nepos (Nep.), Aristides (Arist.) Orpheus (Orph.), Fragmenta (frg.) Ovid (Ov.), Metamorphoses (met.) Pausanias (Paus.), Perihegesis Pindar (Pind.), Nemea (Nem.), Pythiae (Pyth.) Platon (Plat.), Apologia Socratis (apol.), Epistulae (epist.), Euthyphron (Euthyphr.), Gorgias (Gorg.), Kratylos (Krat.), Kritias (Krit.), Nomoi (nom.), Parmenides (Parm.), Phaidon (Phaid.), Phaidros (Phaidr.), Politeia (pol.), Protagoras (Prot.), Symposion (symp.), Theaitetos (Theait.), Timaios (Tim.) Plinius d. Ä. (Plin.), Naturalis historia (nat.) Plutarch (Plut.), Alkibiades (Alk.), Aristeides (Arist.), Artaxerxes (Art.), Kimon (Kim.), Lykurg (Lyk.), Lysias (Lys.), Moralia (mor.), Nikias (Nik.), Numa (Num.), Perikles (Per.), Solon (Sol.), Themistokles (Them.), Theseus (Thes.) Porphyrios (Porphyr.), Vita Pythagorae (vit. Pyth.) Pseudo-Platon (Ps.-Plat.), Hipparchos (Hipparch.) Pseudo-Xenophon (Ps.-Xen.), Athenaion politeia Solon (Sol.), Fragmenta (frg.) Sophokles (Soph.), Oidipus Tyrannos (Oid. T.), Fragmenta (frg.) Strabon (Strab.), Geographika Theognis (Theogn.), Elegien Theophrast (Theophr.), Historia plantarum (hist. plant.) Thukydides (Thuk.), Historiae 247

Anhang

Tyrtaios (Tyrt.), Elegiae Xenophon (Xen.), De vectigalibus (vect.), Hellenika (Hell.), Lakedaimonion politeia (Lak. pol.), Memorabilia (mem.), Oikonomikos (oik.), Symposion (symp.)

248

Literatur

1

Einleitung

W. Ax, Quattuor Linguae Latinae Aetates. Neue Forschungen zur Geschichte der Begriffe »Goldene« und »Silberne Latinität«, in: ders., Text und Stil. Studien zur antiken Literatur und deren Rezeption, hrsg. v. Ch. Schwarz, Stuttgart 2006, 111–130. R. Bichler, ›Hellenismus‹. Geschichte und Problematik eines Epochenbegriffs, Darmstadt 1983. L. Burckhardt, Das Bild der Griechen in Jacob Burckhardts Griechischer Culturgeschichte, in: »Mehr Dionysos als Apoll«. Antiklassizistische Antike-Rezeption um 1900, hrsg. v. A. Aurnhammer u. Th. Pittrof, Das Abendland N.F. 30, Frankfurt a. M. 2002, 113–134. W. Burkert, Die Griechen und der Orient. Von Homer bis zu den Magiern, München 2003. W. Fuchs, Die Skulptur der Griechen, 3. Aufl., München 1983. H.-J. Gehrke, Jenseits von Athen und Sparta. Das Dritte Griechenland und seine Staatenwelt, München 1986. Th. Gelzer, Klassizismus, Attizismus und Asianismus, in: Le classicisme à Rome aux Iers siècles avant et après J.-C., hrsg. v. H. Flashar, Genf 1979, 1–41. G. Hafner, Polyklet Doryphoros. Revision eines Kunsturteils, Frankfurt a. M. 1997. W.-D. Heilmeyer (Hrsg.), Die griechische Klassik. Idee oder Wirklichkeit, Ausst.Kat. Berlin/Bonn, Mainz a.Rh. 2002. T. Hölscher (Hrsg.), Klassische Archäologie. Grundwissen, 4. Aufl., Darmstadt 2015. M. Landfester, Nietzsches Geburt der Tragödie: Antihistorismus und Antiklassizismus zwischen Wissenschaft, Kunst und Philosophie, in: »Mehr Dionysos als Apoll«. Antiklassizistische Antike-Rezeption um 1900, hrsg. v. A. Aurnhammer u. Th. Pittrof, Das Abendland N.F. 30, Frankfurt a. M. 2002, 89–111. R. Lane Fox, Reisende Helden. Die Anfänge der griechischen Kultur im homerischen Zeitalter, Stuttgart 2011 (engl.: Travelling Heroes. Greeks and their Myths in the Epic Age of Homer, London 2008).

249

Literatur

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2

Natur und Umwelt

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250

Literatur

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251

Literatur

R. Meiggs, Trees and Timber in the Ancient Mediterranean World, Oxford 1982 (ND 1984). D. Mertens, Städte und Bauten der Westgriechen. Von der Kolonisationszeit bis zur Krise um 400 vor Christus, München 2006. M. Nenninger, Die Römer und der Wald. Untersuchungen zum Umgang mit einem Naturraum am Beispiel der römischen Nordwestprovinzen, Stuttgart 2001. W. Richter, Die Landwirtschaft im homerischen Zeitalter, Archaeologia Homerica II, Kap. H, Göttingen 1968. J. Schäfer/W. Simon (Hrsg.), Strandverschiebungen in ihrer Bedeutung für Geowissenschaften und Archäologie, Ruperto Carola Sonderheft, Heidelberg 1981. W. Schmitz, Die griechische Gesellschaft. Eine Sozialgeschichte der archaischen und klassischen Zeit, Heidelberg 2014. H. Schneider, Einführung in die antike Technikgeschichte, Darmstadt 1992, 71–95. H. Sonnabend, Naturkatastrophen in der Antike. Wahrnehmung – Deutung – Management, Stuttgart/Weimar 1999. K. Tausend, Verkehrswege der Argolis. Rekonstruktion und historische Bedeutung, Geographica Historica 23, Stuttgart 2006. L. Thommen, Umweltgeschichte der Antike, München 2009 (erweiterte engl. Ausgabe: An Environmental History of Ancient Greece and Rome, Cambridge 2012). L. Thommen, Nachhaltigkeit in der Antike? Begriffsgeschichtliche Überlegungen zum Umweltverhalten der Griechen und Römer, in: Beiträge zum Göttinger Umwelthistorischen Kolloquium 2010–2011, hrsg. v. B. Herrmann, Göttingen 2011, 9–24. L. Thommen, Sacred Groves: Nature between Religion, Philosophy and Politics, in: Human Development in Sacred Landscapes. Between Ritual Tradition, Creativity and Emotionality, hrsg. v. L. Käppel u. V. Pothou, Göttingen 2015, 51–60. L. Thommen, Nachwachsende und erschöpfte Ressourcen: Zum Problem des ›Umdenkens‹ und der ›Ökologie‹ in der Antike, in: Formen von ›Nachhaltigkeit‹: Umweltverhalten in der Antike, hrsg. v. Ch. Schliephake u. a., Augsburg 2019 (im Druck). R. Tölle-Kastenbein, Das archaische Wasserleitungsnetz für Athen und seine späteren Bauphasen, Zaberns Bildbände zur Archäologie 19, Mainz a.Rh. 1994. G. Vögler, Öko–Griechen und grüne Römer? Zürich/Düsseldorf 1997. B. Wells (Hrsg.), Agriculture in Ancient Greece, Stockholm 1992.

252

Literatur

3

Die homerische Welt

J. V. Andreev, Die politischen Funktionen der Volksversammlung im homerischen Zeitalter, Klio 61, 1979, 385–405. O. Dickinson, The Aegean from Bronze Age to Iron Age. Continuity and change between the twelth and eighth centuries BC, London/New York 2006. F. Eckstein, Handwerk, Teil 1: Die Aussagen des frühgriechischen Epos, Archaeologia Homerica II, Kap. L, Göttingen 1974. A. T. Edwards, Hesiod’s Ascra, Berkeley/Los Angeles/London 2004. M. Finkelberg (Hrsg.), The Homer Encyclopedia, 3 Bde., Chichester 2011. F. Gschnitzer, Griechische Sozialgeschichte. Von der mykenischen bis zum Ausgang der klassischen Zeit, 2. Aufl., Stuttgart 2013. J. M. Hall, A History of the Archaic Greek World, ca. 1200–479 BC, 2. Aufl., Chichester 2014. K.-J. Hölkeskamp, Agorai bei Homer, in: Volk und Verfassung im vorhellenistischen Griechenland, hrsg. v. W. Eder u. K.-J. Hölkeskamp, Stuttgart 1997, 1– 19. R. Lane Fox, Reisende Helden. Die Anfänge der griechischen Kultur im Homerischen Zeitalter, Stuttgart 2011 (engl.: Travelling Heroes, London 2008). J. Latacz, Homer. Eine Einführung, München/Zürich 1985. J. Latacz (Hrsg.), Zweihundert Jahre Homer-Forschung. Rückblick und Ausblick, Colloquium Rauricum Bd. 2, Stuttgart/Leipzig 1991. J. Latacz, Troia und Homer. Der Weg zur Lösung eines alten Rätsels, 6. Aufl., Leipzig 2010. B. u. D. Mannsperger, Homer verstehen, Darmstadt 2016. I. Morris/B. Powell (Hrsg.), A New Companion to Homer, Leiden/New York/Köln 1997. W. Nicolai, Zu den politischen Wirkungsabsichten des Odyssee-Dichters, Grazer Beiträge 11, 1984, 1–20. W. Nicolai, Zum Welt- und Geschichtsbild der Ilias, in: Homer: beyond Oral Poetry – recent trends in Homeric interpretation, hrsg. v. J. M. Bremer u. a., Amsterdam 1987, 145–167. K. A. Raaflaub, Homeric Society, in: A New Companion to Homer, hrsg. v. I. Morris u. B. Powell, Leiden/New York/Köln 1997, 624–648. K. Raaflaub, Homerische Krieger, Protohopliten und die Polis: Schritte zur Lösung alter Probleme, in: Krieg – Gesellschaft – Institutionen. Beiträge zur vergleichenden Kriegsgeschichte, hrsg. v. B. Meissner u. a., Berlin 2005, 229–266. A. Rengakos/M. Zimmermann (Hrsg.), Homer-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, Stuttgart/Weimar 2011. W. Richter, Die Landwirtschaft im homerischen Zeitalter, Archaeologia Homerica II, Kap. H, Göttingen 1968.

253

Literatur

M. Siebler, Troia. Mythos und Wirklichkeit, Stuttgart 2001. E. Stein-Hölkeskamp, Das archaische Griechenland. Die Stadt und das Meer, München 2015. J. Strauss Clay, Hesiod’s Cosmos, Cambridge 2003. Troia. Traum und Wirklichkeit, hrsg. v. Archäologischen Landesmuseum BadenWürttemberg u. a., Darmstadt 2001. Ch. Ulf, Die homerische Gesellschaft. Materialien zur analytischen Beschreibung und historischen Lokalisierung, Vestigia 43, München 1990. Ch. Ulf, The World of Homer and Hesiod, in: A Companion to Archaic Greece, hrsg. v. K. A. Raaflaub u. H. van Wees, Malden, MA 2009, 81–99. H. van Wees, Greek Warfare. Myths and Realities, London 2004 (ND 2005). K.-W. Welwei, Die griechische Frühzeit. 2000–500 v. Chr., München 2002.

4

Die Große Kolonisation

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254

Literatur

S. Link, Zur archaischen Gesetzgebung in Katane und im epizephyrischen Lokroi, in: Rechtskodifizierung und soziale Normen im interkulturellen Vergleich, hrsg. v. H.-J. Gehrke, Tübingen 1994, 165–177. I. Malkin, Religion and colonization in ancient Greece, Leiden u. a. 1987. Ch. Meier, Die Entstehung des Politischen bei den Griechen, Frankfurt a. M. 1980 (4. Aufl. 2001). D. Mertens, Städte und Bauten der Westgriechen. Von der Kolonisationszeit bis zur Krise um 400 vor Christus, München 2006. Th. Miller, Die griechische Kolonisation im Spiegel literarischer Zeugnisse, Tübingen 1997. W. Nippel, Griechische Kolonisation. Kontakte mit indigenen Kulturen, Rechtfertigung von Eroberung, Rückwirkungen auf das Mutterland, in: Aufbruch in neue Welten und neue Zeiten. Die großen maritimen Expansionsbewegungen der Antike und Frühen Neuzeit im Vergleich der europäischen Geschichte, hrsg. v. R. Schulz, HZ Beih. 34, München 2003, 13–27. R. Osborne, Greece in the Making. 1200–470 BC, 2. Aufl., London/New York 2009. E. K. Petropoulos, Hellenic Colonization in Euxeinos Pontos. Penetration, early establishment, and the problem of the »emporion« revisited, Oxford 2005. K. Rüter/Kj. Matthiessen, Zum Nestorbecher von Pithekussai, ZPE 2, 1968, 231–255. G. Sachs, Phokaia und seine Kolonien im Westen. Handelswege der Antike, Hamburg 2014. E. Stein-Hölkeskamp, Das archaische Griechenland. Die Stadt und das Meer, München 2015. G. R. Tsetskhladze, Greek Colonisation of the Black Sea Area: Stages, Models, and Native Population, in: The Greek Colonisation of the Black Sea Area. Historical Interpretation of Archaeology, hrsg. v. G. R. Tsetskhladze, Historia Einzelschriften 121, Stuttgart 1998, 9–68. G. R. Tsetskhladze/A. M. Snodgrass (Hrsg.), Greek settlements in the Eastern Mediterranean and Black Sea, Oxford 2002. D. Yntema, Mental landscapes of colonization. The ancient written sources and the archaeology of early colonial-Greek Italy, BABesch 75, 2000, 1–49.

5

Solon

J. A. Almeida, Justice as an aspect of the polis idea in Solon’s political poems. A reading of the fragments in light of the researches of new classical archaeology, Leiden/Boston 2003.

255

Literatur

J. Bleicken, Die athenische Demokratie, 4. Aufl., Paderborn 1995 (ND 2006). J. M. Camp, Die Agora von Athen. Ausgrabungen im Herzen des klassischen Athen, Mainz a.Rh. 1989. L. de Libero, Die archaische Tyrannis, Stuttgart 1996. D. F. Leão/P. J. Rhodes, The Laws of Solon. A New Edition with Introduction, Translation and Commentary, London/New York 2015. J. Lewis, Solon the Thinker. Political Thought in Archaic Athens, London 2006. Ch. Meier, Entstehung des Begriffs ›Demokratie‹. Vier Prolegomena zu einer historischen Theorie, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1970. Ch. Mülke, Solons politische Elegien und Iamben (fr. 1–13; 32–37 West). Einleitung, Text, Übersetzung, Kommentar, BzA 177, München/Leipzig 2002. N. Robertson, Solon’s Axones and the Kyrbeis, and the Sixth-Century Background, Historia 35, 1986, 147–176. E. Ruschenbusch, ΣΟΛΩΝΟΣ ΝΟΜΟΙ. Die Fragmente des solonischen Gesetzeswerkes mit einer Text- und Überlieferungsgeschichte, Historia Einzelschriften 9, Wiesbaden 1966. E. Ruschenbusch, Solon: Das Gesetzeswerk – Fragmente. Übersetzung und Kommentar, hrsg. v. K. Bringmann, Historia Einzelschriften 215, Stuttgart 2010. W. Schmitz, »Drakonische Strafen«. Die Revision der Gesetze Drakons durch Solon und die Blutrache in Athen, Klio 83/1, 2001, 7–38. W. Schmitz, Haus und Familie im antiken Griechenland, Enzyklopädie der griechisch-römischen Antike 1, München 2007. Ch. Schubert, Solon, Tübingen 2012. M. Stahl, Solon F 3D. Die Geburtsstunde des demokratischen Gedankens, Gymnasium 99, 1992, 385–408. Ph. V. Stanley, The Economic Reforms of Solon, St. Katharinen 1999. G. E. M. de Ste. Croix, Athenian Democratic Origins and other Essays, Oxford 2004. G. Thür, Die Todesstrafe im Blutprozess Athens (zum δικάζειν in IG I3 104, 11–13; Dem. 23,22; Aristot. AP 57,4), JJP 20, 1990, 143–156. K.-W. Welwei, Athen. Vom neolithischen Siedlungsplatz zur archaischen Großpolis, Darmstadt 1992.

6

Tyrannis

S. Angiolillo, Arte e cultura nell’Atene di Pisistrato e dei Pisistratidi. Ὁ ἐπὶ Κρόνου βίος, Bari 1997. L. Benelli, Sapphostudien zu ausgewählten Fragmenten, 2 Teile, Paderborn 2017.

256

Literatur

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Literatur

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Sparta

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Literatur

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Literatur

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8

Die Perserkriege

A. Albertz, Exemplarisches Heldentum. Die Rezeptionsgeschichte der Schlacht an den Thermopylen von der Antike bis zur Gegenwart, München 2006. J. M. Balcer, The Persian Conquest of the Greeks 545–450 BC, Xenia 38, Konstanz 1995.

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Literatur

E. Baltrusch, Symmachie und Spondai. Untersuchungen zum griechischen Völkerrecht der archaischen und klassischen Zeit (8.–5.Jahrhundert v. Chr.), Berlin/ New York 1994. J. Bleicken, Zur Entstehung der Verfassungstypologie im 5.Jahrhundert v. Chr., Historia 28, 1979, 148–172. J. Bleicken, Die athenische Demokratie, 4. Aufl., Paderborn 1995 (ND 2006). G. Cawkwell, The Greek Wars. The Failure of Pesia, Oxford 2005. J. Fischer, Die Perserkriege, Darmstadt 2013. N. G. L. Hammond, Studies in Greek History. A Companion Volume to A History of Greece to 322 B.C., Oxford 1973. J. F. Lazenby, The Defence of Greece 490–479B.C., Warminster 1993. A. Mersch, Archäologischer Kommentar zu den »Gräbern der Athener und Plataier« in der Marathonia, Klio 77, 1995, 55–64. W. K. Pritchett, Marathon, Univ. of California Publications in Classical Archaeology 4,2, 1960, 137–190. K. Raaflaub, Die Entdeckung der Freiheit. Zur historischen Semantik und Gesellschaftsgeschichte eines politischen Grundbegriffes der Griechen, Vestigia 37, München 1985. K. Rufing, Salamis – die größte Seeschlacht der Welt, GB 25, 2006, 1–32. L. Thommen, Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis, 2. Aufl., Stuttgart 2017. K.-W. Welwei, Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert, Darmstadt 1999. W. Will, Die Perserkriege, München 2010.

9

Die Entstehung der athenischen Demokratie von Kleisthenes bis Perikles

J. Bleicken, Die athenische Demokratie, 4. Aufl., Paderborn 1995 (ND 2006). J. M. Camp, Die Agora von Athen. Ausgrabungen im Herzen des klassischen Athen, Mainz a.Rh. 1989. M. H. Hansen, Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. Struktur, Prinzipien und Selbstverständnis, Berlin 1995. G. A. Lehmann, Perikles. Staatsmann und Stratege im klassischen Athen. Eine Biographie, München 2008. Ch. Mann, Die Demagogen und das Volk. Zur politischen Kommunikation im Athen des 5.Jahrhunderts v. Chr., Berlin 2007.

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Literatur

J. Martin, Von Kleisthenes zu Ephialtes. Zur Entstehung der athenischen Demokratie, Chiron 4, 1974, 5–42. Ch. Meier, Entstehung des Begriffs ›Demokratie‹. Vier Prolegomena zu einer historischen Theorie, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1970. Ch. Meier, Kleisthenes und die Institutionalisierung der bürgerlichen Gegenwärtigkeit in Athen, in: Die Entstehung des Politischen bei den Griechen, Frankfurt a. M. 1980, 91–143. Th. N. Mitchell, Democracy’s Beginning. The Athenian Story, New Haven/London 2015. K. Raaflaub u. a. (Hrsg.), Origins of Democracy in Ancient Greece, Berkeley u. a. 2007. M. Rausch, Kleisthenes, Isagoras, der Rat und das Volk: die athenische Innenpolitik zwischen dem Sturz der Tyrannis und dem Jahr 507, Chiron 28, 1998, 355–369. P. Siewert, Die Trittyen Attikas und die Heeresreform des Kleisthenes, Vestigia 33, München 1982. P. Siewert (Hrsg.), Ostrakismos-Testimonien I. Die Zeugnisse antiker Autoren, der Inschriften und Ostraka über das athenische Scherbengericht aus vorhellenistischer Zeit (487–322 v. Chr.), Historia Einzelschriften 155, Stuttgart 2002. J. S. Traill, Demos and Trittys. Epigraphical and Topographical Studies in the Organization of Attica, Toronto 1986. J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen, Tübingen 1971. K.-W. Welwei, Athen. Vom neolithischen Siedlungsplatz zur archaischen Großpolis, Darmstadt 1992. K.-W. Welwei, Die griechische Polis. Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit, 2. Aufl., Stuttgart 1998 (3. Aufl. 2017). K.-W. Welwei, Das klassische Athen. Demokratie und Machtpolitik im 5. und 4. Jahrhundert, Darmstadt 1999. K.-W. Welwei, Griechische Geschichte. Von den Anfängen bis zum Beginn des Hellenismus, Paderborn u. a. 2011.

10

Die athenische Demokratie und der Attische Seebund

M. Austin/P. Vidal-Naquet, Gesellschaft und Wirtschaft im alten Griechenland, München 1984 (frz.: Économies et sociétés en Grèce antique, 3. Aufl., Paris 2007). E. Baltrusch, Symmachie und Spondai. Untersuchungen zum griechischen Völkerrecht der archaischen und klassischen Zeit (8.–5.Jahrhundert v. Chr.), Berlin/ New York 1994.

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Literatur

J. Bleicken, Die athenische Demokratie, 4. Aufl., Paderborn 1995 (ND 2006). A. L. Boegehold, The Lawcourts at Athens. Sites, Buildings, Equipment, Procedure, and Testimonia, The Athenian Agora 28, Princeton 1995. J. M. Camp, Die Agora von Athen. Ausgrabungen im Herzen des klassischen Athen, Mainz a.Rh. 1989. U. Fellmeth, Pecunia non olet. Die Wirtschaft der antiken Welt, Darmstadt 2008. W. Haller/A. Kölz, Allgemeines Staatsrecht. Ein Grundriss, Basel/Frankfurt a. M. 1996 (5. Aufl., Zürich 2013). M. H. Hansen, Die Athenische Demokratie im Zeitalter des Demosthenes. Struktur, Prinzipien und Selbstverständnis, Berlin 1995. A. Heuss, Hellas, in: Propyläen Weltgeschichte. Eine Universalgeschichte, Bd. 3: Griechenland. Die hellenistische Welt, hrsg. v. G. Mann u. A. Heuss, Berlin/ Frankfurt a. M. 1962, 69–400. A. H. M. Jones, Die wirtschaftliche Grundlage der athenischen Demokratie, Die Welt als Geschichte 14, 1954, 10–28. P. Low (Hrsg.), The Athenian Empire, Edinburgh 2008. Ch. Meier, Entstehung des Begriffs ›Demokratie‹. Vier Prolegomena zu einer historischen Theorie, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1970. Ch. Meier, Die politische Identität der Athener und das Arbeiten der perikleischen Demokratie, in: Die Entstehung des Politischen bei den Griechen, Frankfurt a. M. 1980, 247–272. R. Meiggs, The Athenian Empire, Oxford 1972 (ND 1975). Th. N. Mitchell, Democracy’s Beginning. The Athenian Story, New Haven/London 2015. A. Moreno, Feeding the Democracy. The Athenian Grain Supply in the Fifth and Fourth Centuries BC, Oxford 2007 (ND 2012). J. Ober, Classical Athens, in: Fiscal regimes and the political economy of premodern states, hrsg. v. A. Monson u. W. Scheidel, Cambridge 2015, 492–522. A. Pabst, Die athenische Demokratie, München 2003. D. M. Pritchard, Public Spending and Democracy in Classical Athens, Austin 2015. P. J. Rhodes, The Athenian Boule, Oxford 1972. W. Schuller, Die Herrschaft der Athener im Ersten Attischen Seebund, Berlin/New York 1974. W. Schuller, Die Stadt als Tyrann – Athens Herrschaft über seine Bundesgenossen, Konstanz 1978. M. Stahl, Antike und moderne Demokratie: Probleme und Zukunftsperspektiven der westlichen Demokratien im Spiegel des griechischen Bürgerstaates, in: Volk und Verfassung im vorhellenistischen Griechenland, hrsg. v. W. Eder u. K.-J. Hölkeskamp, Stuttgart 1997, 227–245. G. de Ste. Croix, The Character of the Athenian Empire, in: The Athenian Empire, hrsg. v. P. Low, Edinburgh 2008, 232–276. J. Travlos, Bildlexikon zur Topographie des antiken Athen, Tübingen 1971.

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Literatur

K.-W. Welwei, Die griechische Polis. Verfassung und Gesellschaft in archaischer und klassischer Zeit, 2. Aufl., Stuttgart 1998 (3. Aufl. 2017). K.-W. Welwei, Die Entwicklung des Gerichtswesens im antiken Athen. Von Solon bis zum Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., in: Große Prozesse im antiken Athen, hrsg. v. L. Burckhardt u. J. von Ungern-Sternberg, München 2000, 15–29. 255– 257. H. Wolff, Die Opposition gegen die radikale Demokratie in Athen bis zum Jahre 411 v. Chr., ZPE 36, 1979, 279–302.

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Die Entstehung der Geschichtsschreibung

R. Bichler/R. Rollinger, Herodot, 3. Aufl., Hildesheim u. a. 2011. D. Boedeker, Presenting the Past in Fifth-Century Athens, in: Democracy, Empire, and the Arts in Fifth-Century Athens, hrsg. v. D. Boedeker u. K. A. Raaflaub, Cambridge, Mass./London 1998, 185–202. J. Cobet, Herodots Exkurse und die Frage der Einheit seines Werkes, Historia Einzelschriften 17, Wiesbaden 1971. K. von Fritz, Die Griechische Geschichtsschreibung, Bd.1: Von den Anfängen bis Thukydides (Text u. Anm.), Berlin 1967. M. Grant, Klassiker der antiken Geschichtsschreibung, München 1981 (engl.: The Ancient Historians, London 1970). D. Gribble, Individuals in Thucydides, in: Brill’s Companion to Thucydides, hrsg. v. A. Rengakos u. A. Tsakmakis, Leiden/Boston 2006, 439–468. S. Heilen, Die Anfänge der wissenschaftlichen Geographie: Anaximander und Hekataios, in: Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike, Bd. 2: Geographie und verwandte Wissenschaften, hrsg. v. W. Hübner, Stuttgart 2000, 33–54. S. Hornblower, Herodotus’ influence in antiquity, in: The Cambridge Companion to Herodotus, hrsg. v. C. Dewald u. J. Marincola, Cambridge 2006 (ND 2009), 306–318. F. Jacoby, Atthis. The Local Chronicles of Ancient Athens, Oxford 1949. R. Koselleck, Historia Magistra Vitae, in: ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a. M. 1989, 38–66. O. Lendle, Einführung in die griechische Geschichtsschreibung. Von Hekataios bis Zosimos, Darmstadt 1992. N. Loraux, L’invention d’Athènes. Histoire de l’oraison funèbre dans la »cité classique«, Paris 1981 (2. Aufl. 1993).

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Literatur

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Literatur

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Die Entstehung der Naturwissenschaften und Philosophie

J. Althoff, Frühe griechische Vorstellungen von der Kosmogonie – Hesiod, Vorsokratiker, Platon, in: Anfang & Ende. Vormoderne Szenarien von Weltentstehung und Weltuntergang, hrsg. v. M. Gindhart u. T. Pommerening, Darmstadt 2016, 41–67. E. Angehrn, Der Weg zur Metaphysik. Vorsokratik, Platon, Aristoteles, Weilerswist 2000 (ND 2005). W. Bröcker, Die Geschichte der Philosophie vor Sokrates, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1986. P. Curd/D. W. Graham (Hrsg.), The Oxford Handbook of Presocratic Philosophy, Oxford 2008. M. Erler/A. Graeser (Hrsg.), Philosophen des Altertums. Von der Frühzeit bis zur Klassik, Darmstadt 2000. H. Flashar (Hrsg.), Sophistik, Sokrates, Sokratik, Mathematik, Medizin, Die Philosophie der Antike 2/1, Basel 1998. H. Flashar/D. Bremer/G. Rechenauer (Hrsg.), Frühgriechische Philosophie, Die Philosophie der Antike 1, 2 Bde., Basel 2013. L. M. Gemelli Marciano, Die Vorsokratiker, 3 Bde., Düsseldorf 2007/2009/2010 (Bd. 2, 3. Aufl., Berlin 2013; Bd. 3, 2. Aufl., Berlin 2013). D. W. Graham, Explaining the Cosmos. The Ionian Tradition of Scientific Philosophy, Princeton/Oxford 2006. S. Heilen, Die Anfänge der wissenschaftlichen Geographie: Anaximander und Hekataios, in: Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike, Bd. 2: Geographie und verwandte Wissenschaften, hrsg. v. W. Hübner, Stuttgart 2000, 33–54. B. Herzhoff, Das Erwachen des biologischen Denkens bei den Griechen, in: Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike, Bd. 1: Biologie, hrsg. v. G. Wöhrle, Stuttgart 1990, 13–49. G. Ibscher, Demokrit. Fragmente zur Ethik. Griechisch/Deutsch, Stuttgart 1996. G. S. Kirk/J. E. Raven/M. Schofield, Die vorsokratischen Philosophen. Einführung, Texte und Kommentare, Stuttgart/Weimar 1994 (ND 2001). W. Kullmann, Aristoteles als Naturwissenschaftler, Philosophie der Antike 38, Boston u. a. 2014. A. A. Long (Hrsg.), Handbuch Frühe Griechische Philosophie. Von Thales bis zu den Sophisten, Stuttgart/Weimar 2001 (engl.: The Cambridge Companion to Early Greek Philosophy, Cambridge 1999). J. Mansfeld, Die Vorsokratiker. Griechisch/Deutsch, 2 Bde., Stuttgart 1983/1986. M. F. Meyer, Aristoteles und die Geburt der biologischen Wissenschaft, Wiesbaden 2015.

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Literatur

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13

Körperkonzepte und Medizin

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Griechische Religion und panhellenische Spiele

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Die Pentekontaetie

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Der Peloponnesische Krieg

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Literatur

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Griechenland im 4. Jh. v. Chr. und der Aufstieg der Makedonen

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275

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:

Abb. 2: Abb. 3:

Abb. 4:

Abb. 5:

Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10:

276

Kourosstatuen (Kleobis und Biton), um 600 v. Chr., Museum Delphi (Foto: Dept. Altertumswissenschaften, Klass. Archäologie, Universität Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . Agora von Athen mit Südstoa und Mittelstoa am Fuße der Akropolis (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . Doryphoros des Polyklet, römische Kopie nach einem Bronzeoriginal um 450/40 v. Chr., Archäologisches Nationalmuseum Neapel (Foto: Dept. Altertumswissenschaften, Klass. Archäologie, Universität Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laokoon mit seinen Söhnen im Todeskampf gegen die Schlangen, Kopie (?) eines hellenistischen Originals, Vatikanische Museen Rom (Foto: DAI Rom) Abguss des Kouros von Tenea, um 550 v. Chr., Skulpturhalle Basel (Foto: E. Berger et. al., Der Entwurf des Künstlers. Bildhauerkanon in der Antike und Neuzeit, Basel 1992, S. 22) . . . . . . . . . . . . . . . Blick vom Pentelikon zum Hymettos Richtung Athen (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antike Erzwaschanlage in Thorikos, Attika (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Apsidenhaus von Lefkandi auf Euboia, Ende 10. Jh. v. Chr. (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nestorbecher von Pithekussai, um 725/20 v. Chr. (Foto: Wiki Commons) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agora von Athen, Blick vom Platz der Heliaia (?) über die Mittelstoa zum Hephaisteion (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 14

15

16

20 33 35 39 53

63

Abbildungsverzeichnis

Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13:

Abb. 14:

Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20:

Abb. 21:

Abb. 22:

Abb. 23:

Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26:

Agora von Korinth mit Blick auf die Akropolis (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theater und Stadtgebiet von Sikyon (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abguss des Kouros von Samos, um 580/70 v. Chr., Skulpturhalle Basel (Foto: H. Stieger, Skulpturhalle Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tyrannenmörder, römische Kopie nach einem Bronzeoriginal von 477/6 v. Chr., (Nationalmuseum Neapel), Rekonstruktion in Gips, Museo dei Gessi Rom (Foto: DAI Rom) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verfassung Spartas (Schema: L. Thommen) . . . . . . Die Thermopylen (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . Karte von Attika (P. Palm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verfassung von Athen (Schema: L. Thommen) . . . Weltkarte des Hekataios (Schema: Wiki Commons) . . . Geometrische Kanne mit Kriegern, um 730/20 v. Chr., Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, Inv. 1961.232 (Foto: E. Berger et. al., Der Entwurf des Künstlers. Bildhauerkanon in der Antike und Neuzeit, Basel 1992, S. 81) . . . . . . . . . . . . . . . Trinkschale des Erzgießereimalers (Werkstattszene), um 490/80 v. Chr., Antikenmuseum Berlin, Inv. F 2294 (Foto: SMPK Berlin Neg. 2653; Dept. Altertumswissenschaften, Klass. Archäologie, Universität Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trinkschale des Tarquiniamalers mit Hetären beim Symposion, um 470 v. Chr., Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig, Inv. Kä 415 (Foto: Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig) . . . . . . Bronzefiguren von körperlich Missgebildeten, hellenistische Zeit, Louvre/Paris (Foto: Dept. Altertumswissenschaften, Klass. Archäologie, Universität Basel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theater und Apollontempel von Delphi (Foto: L. Thommen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heratempel von Olympia (Foto: L. Thommen) . . . . . . . Der Peoloponnesische Krieg (P. Palm) . . . . . . . . . . . . . . . .

72 74

77

82 96 106 114 121 137

167

170

175

177 187 190 204

277

Register

A Achaier 40, 42, 45, 53, 214 Achilleus 19, 40, 44–47, 133 Adrastos 75, 125 Agamemnon 40, 43, 45, 133, 176 Agesilaos 93, 99, 217 Agiaden 85, 95 Agis IV. 100 Ägypten 37–38, 51, 130, 195 Aigaleos 32, 108 Aigina 19, 92, 104, 107, 116, 183, 195, 202–203, 205 Aigos Potamoi 188, 200, 211 Aischylos 17, 108, 125 Akarnanien 35, 203, 205, 214, 218 Akragas 52 Al Mina 44, 52 Alexander d. Gr. 15, 221 Alexandria 17, 25, 172 Alkaios 61, 67, 78–79 Alkibiades 145, 207–211 Alkman 86–87, 94, 197 Alkmeoniden 59, 66–67, 69–70, 91, 112, 188, 207 Alphabet 38, 52, 57, 214 Amazonen 142, 186, 193 Ambrakia 73, 203 Amphiktyonie 192, 220 Amphipolis 200, 206–207, 220 Amyklai 84–85 Anaktorion 73, 203

Anaxagoras v. Klazomenai 158 Anaximander v. Milet 135–136, 151, 153 Anaximenes v. Milet 153 Apella 83, 95 Aphrodite 42, 52, 173, 182, 215 Apoll v. Belvedere 18, 215 Apoll v. Tenea 20 Apollon 42, 55, 84, 129, 179, 182, 186–187 Archidamos 202, 205 Archilochos v. Paros 67 Archon basileus 60, 64, 124, 185 Archonten 59–60, 116, 118–119, 123–124, 126 Areopag 60, 70, 114, 117–118, 122, 194, 215 Arginusen 211 Arginusenprozess 127–128 Argolis 36, 195 Argos/Argiver 69, 74–75, 89, 91, 104, 125, 136, 192, 194–195, 203, 207, 217 Aristagoras 102 Aristeides 93, 110, 116–117, 129, 193 Aristokratie 59, 128, 142, 163 Aristoteles 25–26, 29, 60, 62, 68–69, 73, 80, 83, 95, 120, 127, 146, 152, 158–159, 161, 163, 165–166, 169– 170, 173, 219 Arkadien/Arkader 89–90, 105, 214, 218

279

Register

Artemis 70, 182 Artemis Orthia 85, 87, 100 Asebie (asebeia) 123, 158, 161, 181 Asklepios 172, 182 Athen/Athener 11, 15, 17, 19, 23, 26–27, 30–34, 36, 51, 53, 56, 58– 59, 61, 64, 66–75, 78–79, 81, 83, 88, 90–93, 97–104, 108–109, 111– 112, 116–117, 120, 122, 125–126, 129–131, 136, 138, 141–142, 145, 158, 160–161, 165, 169–171, 175– 176, 183–184, 186, 188, 191–203, 205–212, 214, 217–221, 223–224 Athena 42, 59–60, 69, 85, 130, 176, 182–185, 193 Athena Polias 59, 184–185 Atimie (atimia) 63, 215 Atomistik 28, 159 Autonomie 11, 129, 141, 195, 197– 198, 200, 202, 206, 217–219, 224 B Bakchiaden 66, 71, 73 basileus/basileis 43, 45, 49, 59–60, 67 Behinderte 175–176 Bergbau 32, 34 Blutrache 47, 59–60 Boiotien/Boioter 30, 37, 47, 105, 107, 109, 191, 195–196, 201, 203, 206–207, 214, 217–218, 221 Bouleuterion 114, 122, 213 Brasidas 143, 199–200, 206–207 Brunn, Heinrich 20 Brunnen 27 Burckhardt, Jacob 20–21, 43 Byzantion 51, 54, 210–211, 219 C Chaironeia 215, 221 Chalkidike 54, 73, 202, 206

280

Chalkis 52–53, 104, 130 Chaos 150, 182 Chilon 90, 94, 197 Chios/Chier 110, 129, 203, 209, 219 Choregie 132 Christentum 153, 155, 182 D Dämonen 28, 182–183 Dark Ages 12, 38 Dekarchien 99, 200 Dekeleia 209, 211 Delos 21, 36, 110, 129–130 Delphi 21, 54–55, 70, 73, 87–88, 91–92, 110, 179, 186–188, 192, 195, 200, 215, 219 Demagogen 128 Demaratos 90–92 Demen 113, 116 Demeter 28, 181–182 Demokratie 11, 13–15, 17, 20, 22– 23, 65, 71, 80, 83, 101, 112, 115, 118–120, 123–128, 141–142, 163, 191, 194, 197, 200, 209–210, 212, 215–216, 221 Demokrit v. Abdera 28, 159, 165–166 Demosthenes 215, 220–221 Diäten 119, 124, 131, 210, 216 Diätetik 154, 172 Dikasterien (dikasteria) 62, 92, 118–119 Dike 49, 182 Dionysios I./II. v. Syrakus 67, 162–163 Dionysos 28, 70–71, 75, 174, 176, 182 Dokimasie (dokimasia) 118, 123 Dorier 20, 38, 74, 84, 195 Dorische Wanderung 38, 84 Doryphoros 14, 19, 168 Drakon 59 Droysen, Johann Gustav 16, 21 dysnomia 43

Register

E Eisangelie (eisangelia) 118, 123–124 eisphora 132 Eleusis 32–33, 109, 180, 212 Elis/Eleer 188–189, 207, 217 Empedokles v. Agrigent 28, 157 Emporien 51 Epaminondas 218 Ephialtes 117–118, 194 Ephoren 83, 90–91, 93, 95, 105, 109, 192 Epidamnos 73, 199, 201 Epidauros/Epidaurer 195, 207 epikleroi 63 Eratosthenes 25 Erechtheion 184–185 Eretria 52, 69, 102–104 Eridanos 27 Eros 150, 173, 182 Erythrai 131, 209 Erziehung 26, 77, 79, 83, 85, 94, 97, 100, 128, 147, 161–162, 174 Etrusker 54, 57 Euboia 38, 52–53, 69, 106, 130– 131, 210 Eubulos 219 eunomia 43, 156 Eupalinos-Tunnel 27, 76 Euripides 17, 125, 200 Europa 135, 138–139, 153 Eurotas 84–85 Eurybiades 92, 106, 108, 197 Eurymedon 130, 194 Eurypontiden 85, 95 Euthynoi (euthyna) 118, 123 F Frauen 44, 47, 50–51, 55, 98–99, 128, 167, 169, 172–173, 181, 190, 205, 208, 223

Freiheit (eleutheria) 11, 21, 98, 101, 127–129, 139, 141, 171, 197–198, 200, 219, 222–224 G Gärten 26 Geist (nous) 157–158, 164, 167 Gela 52, 187 Gelon v. Syrakus 56 Geneleos-Gruppe 76, 78 Geronten 43, 88, 90, 95 Gerusia 83, 88, 95–97 Geschichtsschreibung/Historie 11, 102, 133–134, 138, 140, 142–144, 146–148, 215 Getreide (Gerste, Weizen) 24, 30–31, 58, 62 Gleichheit 56, 61, 94, 115, 127 Glückseligkeit (eudaimonia) 147, 162, 167 Gold 34, 47, 99, 185, 189, 200 graphe paranomon (ParanomieKlage) 122 Große Rhetra 88 Gylippos 208 H Hades 150, 165, 180, 182 Handwerker (demiourgoi) 44, 61, 79, 128, 162, 169 Hekataios v. Milet 136–137 hektemoroi 31, 58, 61 Hektor 40–41 heliaia 62, 122 Hellanikos v. Lesbos 142 Hellanodiken 189–190 Hellenenbund 101, 104, 110–111, 221 Hellenismus 15–17, 21, 57, 173, 176 Hellenotamiai 117, 129

281

Register

Hellespont 51, 54, 104, 110, 130, 192, 211 Heloten 30, 84, 86, 94, 97, 99, 117, 192, 194, 200, 206 Hephaistos 46, 176, 182, 193 Hera 42, 76, 78, 91, 182, 189 Herakles 71, 84, 183 Heraklit v. Ephesos 156 Hermes 126, 160, 182, 185 Herodot 48, 68, 72, 75–76, 87, 90, 102, 105, 119, 125, 134, 137–140, 143–147, 199 Heroen 48, 77, 136–138, 148, 182– 183, 186 Hesiod 30, 37, 41, 47–49, 135–136, 150, 155, 181, 254 Hestia 180, 182 Hetairien/hetairoi 43, 59, 66, 78, 119, 210, 212 Hetären 168, 174 Heuss, Alfred 22 Hieron v. Syrakus 54 Hipparchos v. Athen 70, 81, 116 hippeis 62, 105, 116 Hippias v. Athen 70, 80–81, 91, 139, 161, 188 Hippokrates v. Kos 25, 28, 158, 172 Homer 12, 21, 37–39, 41–42, 45, 47–48, 62, 84, 103, 134–135, 151, 155, 171, 173 homoioi 87, 97 Honig 30–31 Hopliten 58–59, 61–62, 80, 108, 125 Hyakinthos/Hyakinthien 84 I Iason v. Pherai 67 Ilias 38–40, 42, 52, 134 Ilissos 27 Ionien 102, 130, 135, 151 Ionier 38, 108, 110 Isagoras 112

282

Isokrates 215, 220–221 Isonomie (isonomia) 80, 115, 127– 128, 154, 163 Isthmos/Isthmien 73, 107–109, 179 Ithaka 41, 43, 134 Ithome 86, 194 J Jagd 30–31, 85, 167–168 K Kallias-Frieden 130, 196 Kap Artemision 106, 108 Karien 130 Kekrops 184 Kerameikos 26 Kerkyra 71, 73, 145, 199, 201, 203 Kimon 117–118, 130, 143, 192–194 Kleisthenes v. Athen 17, 59, 62, 64, 81, 91, 112, 115, 119, 128, 139, 141, 185 Kleisthenes v. Sikyon 67, 73, 75 Kleombrotos 107 Kleomenes I. 90 Kleomenes III. 97, 100 Kleruchien 131, 219 Klima 24–25, 28 Knidos 33, 215, 217 Kolonisation 24, 40, 50–51, 54, 57– 58, 134–135, 151 Kolophon 131 König(tum) 43, 45–46, 54, 70, 76, 89–93, 104–105, 109, 112, 125– 126, 184, 196–197, 202, 205, 211– 212, 217, 219–221 Kore 184 Korinth 26, 33, 36, 53, 66, 71, 76, 90, 179, 194, 201–202, 207, 211, 217 Kouros 13, 76

Register

Kreta 11–12, 24, 38 Kritias 33, 201, 212 Kroisos 102, 139 Krypteia 94, 97 Kylon 59, 66 Kypselos v. Korinth 71–72 Kyrene/Kyrenaika 51, 54, 188 Kyros 138, 211, 217 Kythera 206–207 L Lakedaimonier 105, 107, 212 Lakonien 32, 84 Laokoon 16 Laureion 34, 117, 131 Lefkandi 38 Leiturgie 132 Leonidas 92–94, 105–107, 196–197 Leontinoi 53, 161 Leotychidas 94, 109 Lesbos/Lesbier 78–79, 110, 129, 131, 203, 205, 211 Leukas 73, 203 Leuktra 86, 99, 218 Libyen 54, 135, 153 Logistai 123 Los(verfahren) 119, 123, 127–128, 216 Lydien/Lyder 78, 211 Lygdamis 69 Lykeion 26, 163 Lykurg v. Sparta 68–69, 83, 87–89, 94–95, 196–197 Lysander 94, 200, 211–212 M Maiandros 35 Makedonien/Makedonen 11, 15, 33, 103–104, 117, 194, 214–215, 219– 221, 224

Mantineia 99, 105, 199, 207, 218 Marathon 17, 69, 92, 103, 142, 184, 193 Mardonios 103, 109 Megalopolis 218 Megara/Megaris 53–54, 56, 61, 66, 68, 191, 194–195, 199, 202–203, 205–207 Melos/Melier 131, 145, 203, 207– 208 Menelaos 42, 84 Messenien 85, 89, 99, 194, 198, 206 Messenische Kriege 85–87, 89 Metapont 35–36, 53, 56 Metöken 26, 30, 120, 128, 132, 169, 171 Milet/Milesier 35–36, 54, 102, 135, 151 Miltiades 103 Mykale 109–110, 129 Mykene 12, 21, 24, 37, 48, 134, 194 Myous 35 Mysterien 150, 208 Mytilene 72–73, 78, 199, 205 N Nacktheit 13, 81, 165, 168, 190, 215 Nauarchen 92, 106, 108, 110, 200 Naupaktos 194, 203 Naxos 34, 53, 69, 90, 129, 131, 198, 218 Neapolis 52, 55 Nemea/Nemeen 179, 217 Nestorbecher 52–53 Nietzsche, Friedrich 20–21 Nikias 207 Nisaia 68, 210 Nomotheten 80, 213, 216

283

Register

O Odyssee 38–39, 41, 50, 134, 181 Odysseus 12, 40–43, 45–46, 133– 134, 181 oikos 44, 188 Oinoë 194 Okeanos 25, 135, 151 Oliganthropie (oliganthropia) 94, 97 Oliven/Olivenöl 24, 30–32, 58 Olympia/Olympien 21, 36, 59, 73– 74, 98, 179, 188–189, 215 Olynth 26, 217, 220 Orpheus/Orphiker 150, 154–155, 165 Ostrakismos 116, 120–121 P Päderastie 81, 174–175 Panakton 207 Panathenäen 70, 130, 136, 184 Parmenides v. Elea 25, 156–158 Parthenon (Athen) 19, 130, 184–186 Pausanias (König) 211–212 Pausanias (Regent) 93, 109–110, 192–193, 197–198 Peisistratos v. Athen 64, 68–70, 75, 80–81, 102, 112, 116 Peloponnesischer Bund 89–90, 99 Penelope 41, 46 pentakosiomedimnoi (500-Scheffler) 62, 116 Pentelikon 32, 34 Periandros v. Korinth 75 Perikles 13–14, 59, 112, 116, 119, 124–126, 128, 138, 144–145, 158, 160, 184, 194–196, 203, 205 Periöken 84, 94, 97, 109, 196 Perser/Persien 13, 17, 37–38, 76, 90– 92, 99, 101–110, 117, 129–130, 139, 142, 145, 183, 188, 192–195, 200, 209–210, 214, 217, 220–221, 224

284

Pferde 30, 189 Phalanx 87 Pherekydes v. Syros 151 Phidias 185, 189 Philaiden 72, 143, 193 Philipp II. 15, 219–220 Phoiniker 38, 44, 51–52, 108 Phokaia 54 Phokis/Phoker 104, 106, 186, 195, 203, 214, 219–220 Phratrien 40, 112–113 Phylen 40, 55, 62, 74, 85, 88, 112– 116, 122, 185 Phylenheroen 74–75, 185 Pindar 125 Piraterie 45, 76 Piräus 26, 195, 211–212 Pithekussai 44, 52 Pittakos v. Mytilene 67, 78–79 Plataiai 93, 103, 109–110, 129, 188, 192, 198, 203, 205 Platon 33, 36, 95, 147, 155–156, 158, 160–162, 165–166, 169, 173, 212 Pleistarchos 107, 109 Pleistoanax 196 Pnyx 114, 120, 125, 216 Polemarchen 72, 104–105 Polyklet 14, 19, 168 Polykrates v. Samos 75–76, 91 Poseidon 42, 179, 182, 184–185 Poteideia 73, 202–203, 220 Priamos 41, 43 Priester(schaft) 16, 113, 181 Prometheus 150 Propontis 54, 209 Propyläen (Athen) 184 Protagoras v. Abdera 126, 160–161 Prytanie 115, 122, 216 Pseudo-Xenophon 127, 129 Pylos 12, 24, 37, 48, 134, 206–207, 210

Register

Pythagoras v. Samos 154 Pythia/Pythien 74, 179, 186 R Rat der 400 62, 112 Rat der 500 (boule) 62, 114, 122, 210, 212, 216 Rhetorik/rhetores 128, 147, 160–161 Rhodos 38, 219 S Salamis 61, 68, 92, 107–108 Samos 27, 32–33, 44, 75–76, 78, 90–91, 110, 129, 196, 200, 209– 211, 219 Sappho 79 Schliemann, Heinrich 21, 37 Schuldknechtschaft 31, 60–61 Schwarzes Meer 24–25, 51, 54, 135 Seebund, 1. Attischer 76, 93, 101, 110–111, 117–118, 125, 129–132, 141, 185, 191, 193, 195–196, 198, 201–202, 206 Seebund, 2. Attischer 32, 214 Seele (psyche) 29, 149–151, 154– 155, 159, 162, 164–166, 224 Seelenwanderung 150, 154 Segesta 208 Selinunt 208 Sexualität 173, 175 Sieben Weisen 65, 73, 79, 90, 152 Sigeion 61, 72–73, 78 Sikyon 67, 73–74, 90, 188 Silber 34, 131, 171 Siphnos 34, 188 Sizilien 11, 24, 38, 51–53, 56, 67, 145, 155, 161–163, 206, 208 Sklaverei/Sklaven 22, 61, 170–171, 205, 208 Skyros 193

Sokrates 128, 149, 152, 160–161, 181, 200, 215 Söldner 75–76, 99, 200, 217 Solon 31, 58, 60–64, 67–68, 88 Sophisten 29, 160–161, 188 Sophokles 14, 17, 28, 138, 200 Sparta/Spartaner 11, 15, 20, 22, 30, 32, 42, 53, 70–71, 76, 83–95, 97– 100, 102–105, 107–111, 117, 129– 130, 136, 142–145, 191–203, 205– 212, 217–219, 221 Sphakteria 200, 206 Sport 43, 167–169, 179–180, 222 Stoa Basileios (Athen) 64 Stoa Poikile (Athen) 193–194 Strategen 105, 108, 113, 116–117, 123–124, 129, 143, 196, 207, 210– 211 Sykophanten 128 Symmachie 104, 110, 117 Symposien 52, 87, 174 Syngrapheis 210 Syrakus/Syrakusaner 26–27, 51, 53, 67, 80, 208 Syssitien 30, 97 T Tamiai 60, 123, 128 Tarent 35, 53 Tegea/Tegeaten 89–90, 105, 192 Telemachos 41, 46 temenoi 46 Thales v. Milet 151–153, 155 Thasos 34, 54, 117, 129, 131, 194 Theagenes v. Megara 59 Theben/Thebaner 48, 69, 75, 99– 100, 104–105, 109, 125–126, 183, 188, 203, 211, 217–219 Themistokles 27, 92, 104–105, 108, 113, 116, 128, 192–193 Theomestor 110 Thera 54–55, 203

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Register

Theramenes 210, 212 therapontes 44, 66 Thermopylen 92, 94, 104–107, 197– 198 Thersites 45, 176 Theseus 126, 142, 183, 186, 193 Thesmophorien 28, 181 Thesmotheten 59–60 Thespier 104–105 Thespis 71 Thessalien 67, 104–105, 109, 182, 194, 220 Thessaloniki 35 Theten 44, 48–49, 62, 117–118 Tholos 122 Thorvaldsen, Bertel 19 Thrakien 33, 54, 70, 103, 130, 143, 150, 199, 206, 217, 220–221 Thrasybulos 210, 212 Thukydides 53, 83, 91, 134, 142– 146, 191, 199–201, 203, 205–206, 215 Thurioi 160, 208 Tiere 27–29, 85, 159 Tiryns 12, 24, 37, 48, 134, 183, 194 Tissaphernes 209, 217 Tragödie 15, 20–21, 71, 108, 126 Trierarchie 132 Trieren 108, 117 Trittyen 113 Troja 12, 19, 21, 24, 37, 40–42, 44, 48, 84, 134, 142, 186 Tugend (arete) 125, 147, 149, 162, 167 Tyrannenmörder 81 Tyrannis 22, 56, 63–64, 66–67, 73, 78–81, 89–91, 101–102, 112, 116, 125, 130, 197–198, 215, 223 Tyrtaios 86–88

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U Unteritalien 11, 24, 51, 53, 56, 154– 155, 157 V Verlandung 35 W Wald 33–35 Wasser(versorgung) 25, 27–28, 104, 151–153, 156–158, 171, 179 Wein(trauben) 30, 58, 71 Winckelmann, Johann Joachim 18 X Xenelasie (xenelasia) 98 Xenophanes v. Kolophon 41, 155– 156, 165, 180 Xenophon 95, 146, 169, 199, 201 Xerxes 104, 108, 138–139 Z Zenon von Elea 157 Zeugiten 62, 118 Zeus 42, 48–49, 126, 135, 150–151, 160, 179, 182–183, 185–186, 188– 189, 198 Zypern 11–12, 24, 34, 110, 192