Apollinaris Sidonius, Carm. 22: Burgus Pontii Leontii: Einleitung, Text Und Kommentar [Reprint 2012 ed.] 3110136317, 9783110136319

In der 1968 gegründeten Reihe erscheinen Monographien aus den Gebieten der Griechischen und Lateinischen Philologie sowi

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German Pages 238 [236] Year 1993

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Apollinaris Sidonius, Carm. 22: Burgus Pontii Leontii: Einleitung, Text Und Kommentar [Reprint 2012 ed.]
 3110136317, 9783110136319

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
SIDONIVS PONTIO LEONTIO SVO SALVTEM
Kommentar
Anhang: Skizze 1 und 2
Literaturverzeichnis
Register

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Norbert Delhey Apollinaris Sidonius, Carm. 22: BVRGVS PONTII LEONTII

w DE

G

Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte Herausgegeben von Winfried Bühler, Peter Herrmann und Otto Zwierlein

Band 40

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1993

Apollinaris Sidonius, Carm. 22: BVRGVS PONTII

LEONTII

Einleitung, Text und Kommentar von Norbert Delhey

Walter de Gruyter · Berlin · New York 1993

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Delhey, Norbert: Apollinaris Sidonius, carm. 22: Burgus Pontii Leontii : Einleitung, Text und Kommentar / von Norbert Delhey. — Berlin ; New York : de Gruyter, 1993 (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte ; Bd. 40) Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 1991/92 ISBN 3-11-013631-7 NE: Sidonius, Gaius S.: Burgus Pontii Leontii; GT

© Copyright 1993 by Walter de Gruyter & Co., D-1000 Berlin 30. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer, D-1000 Berlin 61

In dankbarer Erinnerung an WILLY SCHETTER 1.4.1928 -

19.11.1992

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die — bis auf vereinzelte, geringfügige Verbesserungen und Ergänzungen — unveränderte Fassung der Dissertation, die im Wintersemester 1991/92 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn angenommen worden ist. Den Herausgebern der Reihe „Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte" danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit, vor allem Herrn Prof. Dr. Otto Zwierlein für sein Bemühen um eine reibungslose und schnelle Drucklegung. Verbunden bin ich ferner der „VG Wort" für den großzügigen Druckkostenzuschuß. Mein ganz besonderer Dank gilt jedoch meinem verstorbenen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Willy Schetter, der durch seinen unerwarteten Tod die Veröffentlichung der von ihm angeregten Dissertation leider nicht mehr erlebt. Ohne seine stets kritische Begleitung wäre diese Arbeit nicht zustande gekommen. Unvergessen bleibt Willy Schetter mir aber auch wegen des persönlichen Zuspruchs, mit dem er mich immer unterstützt hat. Aachen, im November 1992

Norbert Delhey

Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung § 1. Leben und Werk des Sidonius § 2. Die Pontier und ihr Landsitz Burgus § 3. Zur Datierung von carm. 22 § 4. Inhalt und Aufbau des Gedichts § 5. Poetische Villenbeschreibung, Gelegenheitsdichtung, Panegyrik — Aspekte zur Deutung des Gedichts § 6. Manieristischer ornatus — Zum Stilcharakter des Gedichtes § 7. Die Funktion der Exkurse in carm. 22 § 8. imitatio und aemulatio in carm. 22 § 9. Prosodie und Metrik in carm. 22 § 10. Uberlieferung und Textgestaltung

VII 1 1 6 9 13 16 20 24 25 30 33

Text Kommentar Anhang: Skizze 1 und 2

37 45 212

Literaturverzeichnis

213

Register 1. Wortindex 2. Sachindex

219 219 222

Einleitung § 1. Leben und Werk des Sidonius Gaius Sollius Apollinaris Sidonius 1 , geboren am 5. November 2 430/ 1 n.Chr. 3 in Lyon 4 , ist der bedeutendste gallische Autor der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts. Er genoß bereits im ausgehenden Alterum 5 , besonders aber im Mittelalter höchstes Ansehen. 6 Seine Briefe und Gedichte gelten heute als „das bedeutendste Zeugnis für das Leben und Denken der gallischen Aristokratie am Ende der spätrömischen Zeit".7 Sidonius lebte in der Zeit der Auflösung des weströmischen Reiches. Dieser Zerfallsprozeß wurde durch das Eindringen germanischer Völker unter dem Druck der Hunnen nach Italien und in die westlichen Provinzen ausgelöst.8 Zwar waren 413 die Burgunder bei Worms und 418 die Westgoten in Südwestfrankreich zunächst als foederati angesiedelt worden, doch wurden die Verträge 9 nicht lange eingehalten. So ver-

1

2

3

4

STROHEKER 217 ff. Nr. 358; zum Namen vgl. auch M E S T U R I N I 263 f. Nach carm. 2 0 , 1 Natalis noster Nonas instare Nouembresjadmonet. ANDERSON 1 , 2 5 8 Anm. 1 wendet sich zwar zu Recht gegen die von K L O T Z 2 2 3 1 , 2 0 f. vertretene Ansicht, wegen instare komme nur der 4. November als Geburtstag in Frage, doch sein eigenes Argument („The meaning ,birthday' does not fit the rest of the sentence.") ist unzutreffend; denn natalis heißt wohl kaum (wie ANDERSON 1 , 2 5 9 übersetzt) „the genius of my birth", sondern einfach „Geburtstag". Die Formulierung in carm. 20,1 erklärt sich als Personifikation (vgl. carm. 17,3 f. natalis nostris decimus sextusque coletur,j aduentu felix qui petit esse tuo) und ist wohl angeregt durch Ov. trist. 3 , 1 3 , 2 ad sua Natalis tempora noster adest, w o ebenfalls Personifikation vorliegt, wie die folgenden Verse zeigen (ebd. 3 ff. dure, quid ad miseros ueniebas exulis annos ...). Das Geburtsjahr läßt sich nicht exakt bestimmen, vgl. STEVENS 1 Anm. 3; LOYEN 1, VII f. Anm. 2. K L O T Z 2231,22 f.; P L R E 2,115; BONJOUR 25 f. und 35.

5

SCHANZ-HOSIUS I V 2 , 5 4 .

6

Siehe Ζ. Β. E. FARAL, Sidoine Apollinaire et la technique litteraire du moyen äge in: Miscellanea Giovanni Mercati, Vol. II: Letteratura Medioevale, Cittä del Vaticano 1946, 567-580.

7

STROHEKER 5 9 .

8

Th.

SCHIEFFER,

Das weströmische Reich

395 —476,

in:

SCHIEFFER 1 7 8 — 1 9 3 ,

besonders

1 8 7 f f . ; STROHEKER 4 3 f f . ; M A I E R 1 2 3 f f .

' Zur Vertragsgrundlage der sog. hospitalitas 183.

STROHEKER

78;

MAIER

129;

SCHIEFFER,

a. O.

2

Einleitung

suchten die Westgoten, ihr Territorium (zwischen Loire und Garonne) zu erweitern und belagerten 436/7 die Stadt Narbonne, konnten aber mit hunnischer Unterstützung durch den Reichsfeldherrn Valentinians III. Aetius zurückgewiesen werden. Die 436/7 nach Belgien vorgestoßenen und von den Hunnen vernichtend geschlagenen Burgunder siedelte Aetius 443 in der Sapaudia (Savoyen) an. 10 Auch die Salier, die im Norden Galliens (Belgica II), sowie die Franken, die in Niedergermanien (Germania II) Fuß gefaßt hatten, konnte Aetius zu einem foedus bewegen 11 , so daß in diesen Gebieten wenigstens nominell die römische Oberhoheit bestehen blieb. Auf die Dauer jedoch war die durch Intrigen und Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Heerführern und Thronprätendenten geschwächte Zentralregierung (seit 400 in Ravenna sitzend) dem Ansturm der Germanen nicht gewachsen. 12 So wurde nach der Ermordung Valentinians III. und dem Ende der theodosianischen Dynastie 455 der neue Kaiser Petronius Maximus nach nur zweieinhalb Monaten (anläßlich der Plünderung Roms durch die Vandalen) wieder gestürzt und in Einvernehmen mit dem Westgotenkönig Theoderich II. der gallische Aristokrat und damalige magister militum (wahrscheinlich praesenta/zsy3, Fl. Eparchius Avitus, der eine glänzende militärische und politische Karriere hinter sich hatte, in Arles zum Kaiser ausgerufen. 14 Die Tochter des Avitus Papianilla war, vermutlich seit 451/2,15 mit Sidonius verheiratet. Dieser entstammte selbst einer reichen Adelsfamilie senatorischen Ranges. Sein Vater und auch sein Großvater, der als erster in der Familie zum Christentum übergetreten war, 16 hatten das Amt des praefectus praetorio Galliarum bekleidet. 17 Durch seine Vermählung mit Papianilla 18 erhielt Sidonius als Mitgift das wahrscheinlich am Lac d'Aydat bei Clermont-Ferrand gelegene 19 Landgut Auitacum. Nach der Erhebung seines Schwiegervaters zum Kaiser eröffneten sich ihm die be-

10 11

SCHIEFFER, ä. O. 184. SCHIEFFER 185; E. EWIG, Die fränkische Reichsgründung in: SCHIEFFER 2 5 0 — 266, dort 253.

12

MAIER 1 1 9 ff.

13

STROHEKER 5 2 ; STEVENS 2 6 A n m . 7 ; LOYEN 1 , X I A n m .

14

STROHEKER 153 s.v. Eparchius Avitus; STEVENS 2 8 f . Zum Datum STROHEKER 2 1 7 s.v. Gaius Sollius Apollinaris Sidonius. Sidon. epist. 3 , 1 2 , 5 v. 15 f. primus de numero patrum suorumj sacris sacrilegis renuntiauit (sc. Apollinaris). Der Großvater w a r 408/9 (PRLE 2 , 1 1 3 s.v. Apollinaris 1; 4 0 8 nach STROHEKER 145 Nr. 20), der Vater 448/9 (STROHEKER 2 1 7 s. v. Gaius Sollius Apollinaris Sidonius; P L R E 2 , 1 2 2 0 s. v. A n o n y m u s 6) praefectus praetorio Galliarum. Sidonius' Mutter war anscheinend (über ihre Schwester) mit der Familie der Aviti verwandt (wahrscheinlich verschwägert), siehe STEVENS 19 f. A n m . 1; vgl. auch STROHEKER 1 5 4 s . v . A v i t u s (Nr. 59); LOYEN 2,221 A n m . 1 zu epist. 3,1,2. STEVENS, 185 ff. (Appendix B: „Avitacum").

15 16

17

18

19

2.

§ 1. Leben und Werk des Sidonius

3

sten Aufstiegschancen. So wurde er mit dem Vortrag des Panegyrikus (carm. 6/7: praef. + Paneg.) anläßlich der Übernahme des Konsulats durch Avitus am 1.1. 456 in Rom beauftragt und dafür auf Senatsbeschluß mit einer Bronzestatue auf dem Forum Trajanum geehrt. 20 Doch Avitus, weder von Ostrom anerkannt noch von der italischen Aristokratie unterstützt, mußte schon im Sommer 456 aus Rom vor seinem mächtigen Widersacher, dem magister utriusque militae Rikimer, fliehen. Die ihm treu gebliebenen Truppen wurden zunächst bei Ravenna, dann endgültig bei Piacenza geschlagen, und Avitus selbst ließ sich, um sein Leben zu retten, dort zum Bischof weihen, kam aber auf dem Weg in seine Heimat ums Leben. 21 In Gallien bildete sich daraufhin eine Opposition, die sich weigerte, den 457 von Rikimer zum Kaiser erhobenen Majorian anzuerkennen und stattdessen Marcellinus favorisierte, der (wie auch Majorian) unter Aetius gekämpft hatte und seit dessen Ermordung unabhängig in Dalmatien herrschte. 22 Anführer dieser Gruppe waren einige Adelige (unter ihnen der praefectus praetorio Galliarum Paeonius), die, um die Unterstützung der Burgunder zu gewinnen, diesen Lyon selbst und einen Teil des umliegenden Grundbesitzes zur Ansiedlung übergaben. 23 Inwieweit Sidonius an dieser sog. Coniuratio Marcelliana beteiligt war, ist ungewiß 2 4 ; auf jeden Fall fand Sidonius nach der Eroberung Lyons durch Truppen Majorians 25 schnell die Gunst des neuen Kaisers, zu dessen Empfang in Lyon er den Panegyrikus (carm. 4/5) halten durfte. 26 Zum Dank erhielt Sidonius vermutlich den Ehrentitel eines comes.21

31 ff.;

STEVENS

21

STEVENS 3 8 ; STROHEKER 5 5 .

22

Gegen die communis opinio, nach der sich Sidon. epist. 1,11,6 coniuratio Marcelliana (so die allein in C überlieferte Form) auf den comes Dalmatiae Marcellinus bezieht, macht R. W. M A T H I S E N , Resistance and reconciliation: Majorian and the Gallic aristocracy after the fall of Avitus: Francia 7 (1979) 597 — 627 (bes. 601—603) schwerwiegende Einwände geltend. Nach MATHISEN handelt es sich um den (schon von STEVENS 42 Anm. 2 erwähnten) praefectus praetorio Galliarum von 441 —443 Marcellus ( M A T H I S E N a. O. 625 Nr. 18). In diesem Fall wäre natürlich die Lesart der Handschriften LMT (coniuratio) Marcellana vorzuziehen. STROHEKER 56; STEVENS 41 ff. — Zu Paeonius STROHEKER 197 Nr. 273; MATHISEN a. O. 603 f. STEVENS 4 3 und 1 8 1 ff. (Appendix A: „Was Sidonius implicated in the Coniuratio Marcelliana}") hält eine aktive Teilnahme des Sidonius für wahrscheinlich (zustimmend M A T H I SEN a. O . 6 0 7 Anm. 4 0 ) ; anders LOYEN l . X I V Anm. 1 und STROHEKER 5 6 . Wahrscheinlich wurden die Burgunder von dem gallischen Heermeister Aegidius mit fränkischen Hilfstruppen geschlagen (STROHEKER a. O . ; LOYEN 1 , X I V ) ; anders STEVENS 45 mit Anm. 4. Wohl auf Vermittlung des magister epistularum Petrus hin, an den auch carm. 3 Ad libellum gerichtet ist (LOYEN l,XIVf.). STROHEKER 217. Unklar ist, ob Sidonius außerdem noch irgendein Amt bekleidet hat.

23

24

25

26

27

LOYEN

Ι,ΧΙΙ.

20

4

Einleitung

Nach der Ermordung Majorians 461 zog sich Sidonius für mehrere Jahre auf sein Landgut Avitacum zurück. 28 467 reiste er als Gesandter der Auvergne nach Rom, um vor dem neuen Kaiser Anthemius die Belange seiner von den Westgoten bedrängten Heimat vorzutragen. 29 Durch Vermittlung des einflußreichen Senators Caecina Basilius erhielt Sidonius die Gelegenheit, am 1 . 1 . 468 den Panegyrikus anläßlich der Übernahme des Konsulats durch den Kaiser vorzutragen (carm. 1/2). Zum Dank dafür wurde er für 468 zum praefectus urbi bestimmt 30 und zum patricius ernannt. 31 Ende 468 3 2 oder 469 3 3 kehrte Sidonius in seine Heimat zurück und wurde wenig später zum Bischof der Auvergne 3 4 gewählt. Ob er, wie L O Y E N annimmt, zuvor für kurze Zeit ein niedrigeres klerikales Amt eingenommen hat, ist fraglich 35 ; auch das genaue Datum seiner Erhebung zum Bischof ist umstritten. Nach S T R O H E K E R wurde er 470 und nach L O Y E N möglicherweise erst 471 zum Bischof gewählt 36 , nach S T E VENS jedoch (vermutlich richtiger) schon in der zweiten Hälfte von 469 3 7 . Die Gründe für seinen Eintritt in den geistlichen Stand waren politischer Natur. Angesichts des Zerfalls der staatlichen Ordnung war Diese Frage hängt mit der Deutung von epist. 1 , 1 1 , 1 quod iuuenem militantemque dictasse praesumptuosum fuisset und ebd. § 3 commilitio recenti (mit Catullinus). Der Brief wurde nach A N D E R S O N 1 , 3 9 4 Anm.* 4 6 1 oder wenig später, nach L O Y E N 2 , 2 4 6 (zu epist. 1 , 1 1 ) 469 geschrieben, die oben zitierten Anspielungen des Sidonius beziehen sich aber zweifellos auf das Jahr 4 6 1 ( S T E V E N S 5 2 ff.; L O Y E N 2 , X I I I ) . Nach S T E V E N S 2 9 geht § 3 commilitio recenti auf eine Tätigkeit als tribunus et notarius unter Avitus in Rom und militantem (§ 1) auf die Führung des Amtes eines comes ciuitatis Aruernorum unter Majorian ( S T E V E N S 5 2 mit Anm. 1 ) . A N D E R S O N 1 , 3 9 4 f. Anm. 2 bezieht (wohl richtiger) beide Stellen auf dieselbe Tätigkeit in Rom unter Majorian; so wohl auch P L R E 2 , 1 1 7 („tribunus et notarius"). — L O Y E N , L'esprit 6 7 f. (vgl. 1 , X V I und 2 , 2 1 5 Anm. 4 8 ) denkt an eine Teilnahme am bereits in Spanien gescheiterten Feldzug Majorians gegen die Vandalen, die sich der in Cartagena liegenden römischen Flotte vor deren Überfahrt bemächtigen konnten ( 4 6 0 ) . Doch dies ist reine Spekulation und angesichts der spätantiken Verwendung von militare als terminus technicus für eine Verwaltungstätigkeit (dazu ζ. B. S T E V E N S 2 9 ) wohl kaum zutreffend. 28

STEVENS 6 0 u n d 6 3 f f . ; LOYEN 1 , X V I f f .

29

STEVENS 9 5 ; STROHEKER

30

31

218.

l,XIXf. P L R E 2,117 f.: 468 oder 469. STROHEKER 7 9 ; LOYEN

32

LOYEN, L ' e s p r i t 4 0 .

33

S T E V E N S 108; P L R E 2,118. Der lateinische Name Aruerni bezeichnet Stadt (Clermont-Ferrand) und Region (Auvergne), vgl. z . B . Sidon. epist. 3,12,2 urbem ad Aruernam-, 7,5,3 oppidum Aruernum\ 7,2,3 Aruerni huic (sc. Amantio) patria. Siehe auch S T E V E N S 145 Anm. 4; A N D E R S O N 2,4f. Anm. 2. L O Y E N Ι , Χ Χ Ι Ι mit Anm. 4; S T E V E N S 114f. weist auf andere Fälle hin, in denen ein Laie sogleich zum Bischof ernannt worden zu sein scheint. STROHEKER 2 1 8 . L O Y E N Ι , Χ Χ Ι Ι mit Anm. 2 ( 4 7 1 ) ; 2 , X V (vorsichtiger: 4 7 0 / 1 ) . Zum Verfahren der Bischofs wähl S T E V E N S 1 2 3 ff. S T E V E N S 113f., besonders 2 0 5 - 2 0 7 ; vgl. auch P L R E 2,118: „perhaps late 469".

34

35

36

37

5

§ 1. Leben und Werk des Sidonius

die Kirche die einzige Ordnungsmacht, und nur als Träger eines kirchlichen Amtes glaubten viele Adlige überhaupt noch in der Öffentlichkeit wirken zu können 38 , wie Sidonius selbst formuliert: si nullae a republica uires, nulla praesidia, si nullae, quantum rumor est, Anthemii principis opes, statuit ... nobilitas seu patriam dimittere seu capillos (epist. 2,1,4). Die Situation der Auvergne hatte sich 469/70 insofern verschlechtert, als der westgotische König Eurich in Konspiration mit dem praefectus praetorio Galliarum Arvandus das 459 erneuerte foedus brach 39 und bis 471 fast ganz Aquitanien eroberte. Ferner breiteten sich die Burgunder, die nach dem Tode Majorians Lyon wieder besetzt hatten, seit 463 im Rhonetal immer weiter aus. 40 Nach vier Jahren hartnäckiger Verteidigung mußte die Auvergne schließlich vor den Westgoten kapitulieren und wurde an diese abgetreten (475). Sidonius, der an der Organisation des Widerstandes maßgeblich beteiligt gewesen war, wurde auf die Festung Livia bei Carcassonne verbannt 41 , konnte aber 476 oder 477 nach Clermont zurückkehren 42 und sein Bischofsamt bis zu seinem Tod weiterführen. Das Todesjahr steht nicht genau fest. 490 starb bereits sein Nachfolger als Bischof von Clermont Aprunculus 43 , aber 480 war Sidonius wohl noch am Leben. 44 Außer den in neun Büchern veröffentlichten Briefen und drei Kaiserpanegyriken auf Avitus, Majorian und Anthemius (carm. 1—8) 45 verfaßte Sidonius eine Anzahl kleinerer Gedichte (carm. 9 — 24), die er selbst als nugae bezeichnete 46 und in einer von den Panegyriken gesonderten Edition veröffentlichte. Die ursprünglich zwei Gedichtbücher wurden dann im Laufe der Überlieferung zu einem Gedichtbuch vereinigt. 4 7 Bei den carmina minora handelt es sich, abgesehen von Widmungs38

STROHEKER 7 2 f.; STEVENS 1 1 5 ff.

39

Zum Prozeß, der dem Arvandus wegen Hochverrats 469 in Rom gemacht wurde,

40

STROHEKER

STROHEKER 8 0 ; STEVENS 1 0 3 f f . ; LOYEN

l,XXf.

57.

41

STEVENS

42

STROHEKER 2 1 8 : E n d e 4 7 6 ; LOYEN 1 , X X V I I I : „ 4 7 6 o u 4 7 7 " .

43

Greg. Tur. HF 3,2. -

44

N a c h LOYEN ( Ι , Χ Χ Ι Χ A n m . 2 ) a u c h n o c h 4 8 1 o d e r ( 2 , X X I I I ) 4 8 1 / 2 ( v g l . a b e r STEVENS

45

46

47

162.

PLRE 2,118.

178 Anm. 2). LOYEN Ι , Χ Χ Ι Χ nimmt „vers 486" als Todesdatum an, jedoch ohne sichere Grundlage; vgl. STEVENS 211 f. (App. G: „On the date of Sidonius' death"). Diese geläufige Nummerierung der Ausgaben zählt die Prologe und Begleitgedichte als eigene carmina. Carm. 9,9 und 14 praef. § 1; zum Ausdruck epist. 9,13,6. — Hinzukommen dreizehn in einige der Briefe eingefügte Gedichte, vgl. die Liste bei LOYEN Ι , Χ Χ Χ Anm. 1. STEVENS

108;

ANDERSON

1,LII.



KLOTZ

2 2 3 4 , 2 2 ff. schließt

f ü r die V e r e i n i g u n g

der

beiden Sammlungen auch eine Urheberschaft des Sidonius selbst nicht aus. LOYEN Ι , Χ Χ Χ scheint diese sogar für sicher zu halten: „On admet generalement que ce recueil [gemeint sind carm. 1—24!] a ete constitue et publie en 469 ..." Wen er mit „on admet generalement" meint, sagt er nicht. Daß Sidonius selbst die beiden Gedichtsammlungen zu einer

6

Einleitung

und Schlußgedicht (carm. 9 bzw. 24) sowie vier Epigrammen (carm. 18 — 21), um Gelegenheitsdichtungen: zwei Epithalamien (carm. 10/11 und 14/15) 48 , eine Bittschrift Ad imperatorem Maiorianum (carm. 13) und ein Einladungsschreiben Ad V. C. Ommatium (carm. 17) und die an Gastfreunde gerichteten Dankgedichte Euchariston ad Faustum Episcopum49 (carm. 16) und Ad Consentium carm. 23); diesen ist auch carm. 22, gerichtet an Pontius Leontius, zuzuordnen.

§ 2. Die Pontier und ihr Landsitz

Burgus

In der Zeit zwischen 461 und 467 unternahm Sidonius mehrere Reisen zu Freunden in Mittel- und Südgallien. 50 Einer seiner Gastfreunde war Pontius Leontius, ein aquitanischer Adeliger, auf dessen am Zusammenfluß von Garonne und Dordogne gelegenen Landsitz Sidonius zu Gast war. Die Vorzüge dieser stark befestigten Villa, die daher auch den Namen Burgus trug 51 , rühmt Sidonius in carm. 22, das er seinem Gastgeber, mit einem Vor- und Nachwort in Prosa versehen, zueignete. 52 Pontius Leontius war Senator im Range eines uir illustris (siehe zu v. 196). 53 Seine Mutter Livia entstammte möglicherweise ebenfalls einer adeligen Familie, wie Sidon. epist. 8,11,3 v. 33f. Leontio ... / prisco Liuia quem dat e senatu nahelegt. 54 Seine väterlichen Vorfahren zählten zu den reichsten Großgrundbesitzern Aquitaniens. Daß mehrere von ihnen bereits die Senatorenwürde bessen hatten — wie Sidonius in v. 116 (sc. mons) plus celsos habiturus eros uernamque senatum impliziert —, ist angesichts des unbestreitbaren Vermögens der Familie durchaus glaubhaft. 55 Edition zusammengefaßt hat, ist aber angesichts des Überlieferungsbefundes (siehe § 10) sowie des Fehlens einer praefatio zur kompletten Sammlung unwahrscheinlich (MOMMSEN 48 49

L); Wie bei den Panegyriken sind die Prologe als eigene carmina gezählt. Es handelt sich um den berühmten Bischof Faustus von Riez, mit dem Sidonius auch weiterhin in Kontakt blieb (epist. 9,3 und 9).

50

STEVENS 6 4 f . ; A N D E R S O N Ι , Χ Χ Χ Ι Χ ;

51

Die Befestigungsanlagen werden in den Versen 117 — 125 des Gedichts beschrieben. Zu befestigten Villen allgemein siehe Kommentar, Einleitung zu (7) v. 116 —125 mit Literaturangaben. Das Gedicht bestätigt, daß in dem seit 418 zum Westgotenreich gehörenden Gebiet (STROHEKER 47) „von einer Verdrängung der einheimischen Aristokratie durch die Germanen keine Rede sein konnte" (ebd. 78). Für die Landnahme der Germanen wurde wohl jeweils nur ein Teil des Grundbesitzes herangezogen (ebd. 78 f.). Vgl. Sidon. epist. 8,12,5 (sc. Pontius Leontius) facile primus Aquitanorum (ebd. § 8 senatorem nostrum, bospitem meum)·, siehe auch P L R E 2,675; STROHEKER 188 Nr. 215.

52

53

LOYEN

l.XVII.

54

S o K . ZIEGLER, S.V. P o n t i u s ( 6 1 ) : R E 2 2 , 1 ( 1 9 5 3 ) , 4 5 ; STROHEKER 1 8 9 N r .

55

Zum Geschlecht der aquitanischen Pontier STROHEKER 64 mit Anm. 119.

224.

7

§ 2. Die Pontier und ihr Landsitz Burgus

Pontius ist das nomen gentile der Familie, Leontius ein cognomen; den Vornamen von Sidonius' Gastfreund kennen wir nicht. 5 6 Dies gilt auch für den v. 117 erwähnten Ahnherren und Erbauer der Burgus Pontius Paulinus. Er war der Groß- oder Urgroßvater des Pontius Leontius (dazu mehr im nächsten Absatz). Derselben Familie gehörte auch der berühmte Meropius Pontius Paulinus an, der 355 in Bordeaux geboren wurde und Schüler des Ausonius war. Nach Ausübung hoher Staatsämter (Suffektkonsul 378, Consularis — oder Prokonsul — von Kompanien 381) trat er (wie andere gallische Adlige 5 7 ) in den geistlichen Stand ein und wurde später Bischof von Nola. 5 8 Paulinus ist neben Prudentius der bedeutendste christliche Dichter an der Wende vom 4. zum 5. Jahrhundert. Auch in seinem Namen ist Pontius nicht praenomen 59 , sondern gentilicium. 6 0 Nimmt man an, die Burgus (zum grammatischen Geschlecht von Burgus siehe § 2 am Ende) sei in den ersten Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts n.Chr. erbaut worden 6 1 , dann sind der 377/8 verstorbene Vater des Paulinus von Nola 6 2 und der Gründer der Burgus vielleicht identisch 63 . Dafür spricht zumindest, daß der Vater des Paulinus von Nola 6 4 über einen riesigen Grundbesitz verfügte, der ihn durchaus zur Gründung mehrerer Landsitze veranlaßt haben kann. Ob Paulinus von Nola (a) ein Onkel (und folglich Pontius Paulinus der Großvater) oder (b) ein Großonkel des Pontius Leontius war, ist nicht sicher; für letzteres (b) spricht, daß zum einen Paulinus von Nola bereits 355 geboren wurde (siehe oben) und zum anderen kein allzu großer Altersunterschied

56

Die Struktur des Namens ist also wohl die gleiche wie bei Pontius

57

STROHEKER 6 9 .

Pilatus.

58

STROHEKER 2 0 1 f. N r . 2 9 1 ; P L R E 1 , 6 8 1 f f .

59

60

So W. v. HÄRTEL im Titel seiner Ausgabe: S. Pontii Meropii Paulini Nolani Opera, Wien 1894 (CSEL 29/30), sowie A. HAUCK, S.V. Paulinus von Nola: Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche 15, 1904, 55. So („M. Pontius Paulinus") z.B. SCHANZ-HOSIUS IV1, 260; R. HELM, s.v. Paulinus (9): RE 18,4 (1949) 2331 ff.; PLRE 2,681; STROHEKER 201 Nr. 291. - Zu Pontius als Gentilnamen W. SCHULZE, Zur Geschichte lateinischer Eigennamen, Berlin 1904 (AGWG, N. F. V2) 212.

61

JULLIAN 8 , 1 2 8 A n m . 3; 7 , 1 4 3 A n m . 6; ders. ( 1 9 0 1 ) 3 4 1 : „ e n t r e 3 0 0 - 3 5 0 " ;

62 63

JULLIAN ( 1 9 0 1 ) 341. -

64

STROHEKER

39 („konstantinische Zeit") mit Literatur in Anm. 167; LOYEN 1,194 Anm. 15. PLRE 1,676 s.v. Paulinus 5; PEIPER, Praefatio zu Ausonius, p. CIII. So BUSE 40 f. und 45; PLRE 1,681 Nr. 19. - Vater oder Großvater des Paulinus von Nola war der Burgus-Gründer nach STROHEKER 200 Nr. 287; „peut-etre le pere" schreibt Ders., 7 , 1 4 3 A n m . 6; 8 , 1 2 8 A n m . 3 und ebd. 1 3 0 A n m . 2 hält

jedoch Paulinus von Nola eher für einen Enkel des 5»rg».r-Gründers; ebenso LOYEN, L'esprit 89. Auson. epist. 27,115 f. (p. 281 PEIPER) ueteris Paulini regna und ebd. v. 105 f. Paulini illius ueteris reuerentia duratj quaeque meoque tuoque fuit concordiapatri. Vgl. JULLIAN 8,131 Anm. 6.

8

Einleitung

zwischen Sidonius (*430/l) und seinem Gastgeber anzunehmen ist. 65 In diesem Falle wäre Pontius Paulinus wohl dessen Urgroßvater gewesen.66 Die Vermutung, daß Pontius Paulinus praefectus praetorio Galliarum gewesen sei67, beruht auf einem falschen Verständnis von v. 118 Latius (siehe Kommentar z. St.) und wurde schon von E D O U A R D CUQ zurückgewiesen. 68 Zwei Angehörige der Familie waren im 6. Jahrhundert Bischöfe in Bordeaux. Für ihre Grabsteine verfaßte Venantius Fortunatus die Epigramme (Ven. Fort, carm. 4,9 und 10). Durch Venantius wissen wir auch von drei weiteren Villen im Besitz der Pontier bei Bordeaux (Bissonum, Verego und Praemiacum), an denen Bischof Leontius II. Renovierungsarbeiten ausführen ließ, die Venantius in drei Epigrammen (carm. 1,18 — 20) rühmt.

Der Burgus der Pontier verdankt die heutige Stadt Bourg-sur-Gironde ihren Namen (siehe Kommentar zu epist. § 3 Burgum tuam). M A U F R A S 2 1 und N I C O L A I 5 ff. glauben Les Gogues, auf halber Strecke zwischen Bourg und Camillac gelegen, wo Reste einer römischen Villa gefunden wurden, mit der von Sidonius beschriebenen Anlage identifizieren zu können. Nach J U L L I A N 8 , 1 8 3 Anm. 2 dagegen ist der Platz der Villa des Pontius Leontius im Stadtkern von Bourg-sur-Gironde selbst zu suchen (so auch LOYEN 1 , 1 9 4 f. Anm. 1 8 und 2 5 ) ; Bei Les Gogues handele es sich (so J U L L I A N 7,90 Anm. 8) um die Überreste einer älteren Villa, möglicherweise des Vorgängerbaus der Burgus. Bei dem Namen Burgus handelt es sich natürlich um dasselbe Wort wie das Appellativ burgus. Während burgus jedoch sonst männlich ist, hat es in carm. 22 feminines Genus; zur Erklärung dieser Genusdifferenz und zur Bedeutung des Wortes siehe Kommentar zu § 3 Burgum tuam. — Bezüglich der Etymologie von lateinisch burgus, -i m hat P E N N I N C K überzeugend dargelegt, daß das lateinische burgus nicht aus dem germanischen *burgs „befestigte Höhe" 69 (ζ. B. in got. baurgs „Stadt"), sondern aus dem griechischen πύργος „Turm" entlehnt ist. Dennoch wird 65

66

67

68

Nach L O Y E N , L'esprit 90 w a r Pontius Leontius „le neveu sans doute de saint Paulin"; später (1,193 A n m . 1) rechnet L O Y E N (wie bereits J U L L I A N 8,128 A n m . 4) auch mit der Möglichkeit, daß Paulinus von Nola und Pontius Leontius Vettern waren. Dies scheint jedoch (ersterer starb bereits 431, so daß sein Vetter ihn um mehr als 30 Jahre überlebt hätte) sehr unwahrscheinlich. — Die Möglichkeit, daß der Bischof von Nola ein Großonkel des Pontius Leontius war, erwägt — soweit ich sehe — niemand. Dieses Verhältnis ergibt sich auch bei J U L L I A N (8,128 Anm. 3 und 4) L O Y E N (L'esprit 89 f.) a u f g r u n d ihrer Annahmen, Paulinus von Nola sei Enkel des Pontius Paulinus und Onkel des Pontius Leontius gewesen. So S A V A R O N 1 7 3 z. St.; B U S E 4 0 ; J U L L I A N ( 1 9 0 1 ) 3 4 1 ; ders. 7 , 1 4 3 Anm. 6 ; 8 , 1 2 8 Anm. 3 ; L O Y E N , L'esprit 8 8 ; später ( 1 , 1 9 4 Anm. 1 5 ) korrigierte L O Y E N seine Meinung. In: B A R T O L O M E O B O R G H E S I , OEuvres complets, Tome X: Les prefets du pretoire, Paris 1 8 9 7 , 7 6 0 f.; v g l . STROHEKER 2 0 0 N r . 2 8 7 .

65

Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, erarbeitet von einem Autorenkollektiv des Zentralinstituts für Sprachwissenschaft unter der Leitung von W. P F E I F E R , Berlin 1 9 8 9 , 1 , 2 3 2 f . s . v . Burg.

§ 3. Zur Datierung von carm. 22 außer v o n den bei

PENNINCK

5 f. genannten A u t o r e n noch v o n vielen anderen

Gelehrten eine germanische H e r k u n f t f ü r burgus DIEZ u n d KLUGE-SEEBOLD70 Z.B. v o n

und

LEUMANN 1 5 8 .

burgus

Trotz

9

PENNINCKS

in A n s p r u c h g e n o m m e n , so neben

SCHUCHARDT 4 5 7 f . ,

ERNOULT-MEILLET

78

Nachweis der griechischen H e r k u n f t v o n lat.

bleibt aber nach wie v o r unklar, ob griech. π ύ ρ γ ο ς seinerseits auf ein

„orientalisches K u l t w o r t " z u r ü c k g e h t 7 1 , also außerindoeuropäischer A b k u n f t ist, oder schon im 2. Jahrtausend v. Chr. (durch V e r m i t t l u n g eines nordbalkanischen Volkes)

aus

KRETSCHMER

dem

Germanischen

ins

Griechische

aufgenommen

annimmt 7 2 . Einen anderen Vorschlag legte

HEUBECK

wurde,

wie

v o r 7 3 : Nach

seiner A u f f a s s u n g handelt es sich trotz Verstoßes gegen die Lautgesetze 7 4 u m eine echt griechische Entsprechung v o n idg. *b h yg h -o- (vgl. nhd. Burg),

die ein sehr

altes S c h w a n k e n in der L a u t v e r t r e t u n g bezeuge.

§ 3.

Zur

Datierung

von

carm.

22

A m B e g i n n der Prosapraefatio zu carm. 2 2 sagt Sidonius, er befinde s i c h i n N a r b o , w ä h r e n d e r d i e s e s G e d i c h t s c h r e i b e . STEVENS g l a u b t e z w a r zu Recht, d a ß nach d e m s e l b e n A u f e n t h a l t d o r t die R ü h m u n g der Stadt in carm. indem Martium

23,32 — 96

er

e n t s t a n d e n sei u n d n a h m als Z e i t p u n k t d a f ü r

die A n s p i e l u n g

dictum,

sed nuper

carm.

factum

22

praef.

w e g e n nuper

§ 1

apud

Narbonem

463

an,

quondam

auf „the capture of N a r b o by

T h e o d o r i c i n 4 6 2 " b e z o g . 7 5 D i e s e F o r m u l i e r u n g ist z u m i n d e s t u n p r ä z i s e ; d e n n bei der Ü b e r g a b e v o n N a r b o n n e i m J a h r e

70

71

462

7 6

o d e r — w i e COURTOIS

F. DIEZ, Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen, Bonn 5 1887 (ND Hildesheim 1969) 59f. s.v. Borgo. — Unklar F. KLUGE, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 22. Auflage unter Mithilfe von Max Bürgisser und Bernd Gregor völlig neu bearbeitet von E L M A R SEEBOLD, Berlin 1989, 115 s. v. Burg. „... gr. pjrgos m. ..., zu dem 1. burgus ,Kastell, Wachtturm' gehört. Entlehnung aus dem Germanischen kann zwar für das lateinische Wort, nicht aber für das griechische geltend gemacht werden ...". So nach J . POKORNY, Indogermanisches Wörterbuch, Bd. 1, Bern 1959, 141; W A L D E HOFMANN 1 , 1 2 4 .

72

73

74

75 76

P. KRETSCHMER, Nordische Lehnwörter im Altgriechischen: Glotta 22, 1934, 100 — 122, dort 105. A. HEUBECK, Praegraeca. Sprachliche Untersuchungen zum vorgriechisch-indogermanischen Substrat: Erlanger Forschungen, Reihe A: Geisteswissenschaften Bd. 12, 1961, 63-65. Die indogermanischen Mediae aspiratae wurden im Griechischen zu Tenues aspiratae (H. Rix, Historische Grammatik des Griechischen. Laut- und Formenlehre, Darmstadt 1976, 84), die gegebenenfalls der Hauchdissimilation unterlagen, die auf den ersten der beiden Laute zurückwirkte (ebd. 97). STEVENS 6 7 ; ANDERSON 1 , L V I I spricht (richtiger) von „occupation". STEVENS a . O . u n d LOYEN 1 , 1 4 6 A n m .

3.

10

Einleitung

und TRANOY vermuten 7 7 — 461 an den Westgotenkönig Theoderich II. (453 — 466) scheinen gar keine Kämpfe stattgefunden zu haben, da der Chronist Hydatius mit keinem Wort solche erwähnt (chron. II, 217 p. 33 MOMMSEN): Agrippinus Gallus comes ciuis Aegidio comiti uiro insigni inimicus, ut Gotborum mereretur auxilia, Narbonam tradidit Theudorico. Nach der Ermordung Majorians auf Betreiben Rikimers hatte der magister militum in Gallien Aegidius dem neuen Kaiser Libius Severus, die Gefolgschaft verweigert. Der auf Seiten Rikimers stehende Agrippinus übergab Narbonne (um ihre Unterstützung gegen Aegidius zu gewinnen) den Westgoten, die jede Gelegenheit zur Expansion nützten. 78 Im Winter 436/7 dagegen fanden während der Belagerung der Stadt durch den Westgotenkönig Theoderich I. (418 — 451) Kampfhandlungen statt. Sidonius erwähnt sie in dem Ende 456 verfaßten Panegyrikus auf Avitus (carm. 7,475b—480). In carm. 23,59 — 87 beschreibt er die immer noch sichtbaren Spuren dieser Kämpfe

und bezeichnet sie als ueteris decus duelli (v. 60). Da von anderen Kämpfen um Narbo nie die Rede ist und nuper auch in weiterem Sinne „ v o r einiger Zeit" heißen kann, dürften sich auch die Worte in carm. 22 praef. § 1 auf eben jene Belagerung im Winter 436/7 beziehen. 79

Doch auch wenn in § 1 mit Narbonem ... Martium ... nuper factum nicht auf die Übergabe der Stadt an die Westgoten 461 oder 462 angespielt wird, stellt dieses Ereignis den einzig sicheren terminus post quem für carm. 22 und 23 dar. In carm. 23, das als Dankgedicht für die bei Consentius in Narbonne genossene Gastfreundschaft bald nach Sidonius' Besuch bei diesem entstanden sein muß, ist nämlich die Übernahme der Stadt durch die Westgoten vorausgesetzt (v. 69 ff.): Hinc te Martius ille rector atque\ magno patre prior, decus Getarum,\ Romanae columen salusque gentis,\ Theudoricus amat ... Aus derselben Versreihe ergibt sich auch der terminus ante quem für carm. 22 und 23; denn als Sidonius diese Verse schrieb, muß der westgotische König Theoderich II., der 466 ermordet wurde, noch gelebt haben. 8 0 Da Sidonius wohl bald carm. 23 nach carm. 22 und dieses während seines Aufenthalts in Narbo geschrieben hat, ist carm. 22 auf jeden Fall vor 466, aber nach 461 (oder 462) entstanden 81 . STEVENS versuchte, Sidonius' Besuch bei Pontius Leontius mit Hilfe des Briefes an Trygetius epist. 8,12 zu datieren. Sidonius fordert in diesem Brief den Addressaten auf, nach Bordeaux zu kommen und gemeinsam

78

C. COURTOIS, Auteurs et scribes: Remarques sur la Chronologie d'Hydace in: Byzantion 21, 1951, 2 3 - 5 4 , dort 54 und A. TRANOY, Hydace, Chronique 1/2 (SChr 218/219), Paris 1974, dort 2,118 zu § 217. SCHIEFFER (siehe Anm. 8) 190; R. WENSKUS, Das tolosanische Westgotenreich 238 in

79

LOYEN 1,193 Anm. 2. — Zur Bedeutungsweite von nuper siehe Kommentar zu § 1 nuper.

80

LOYEN 1 , 1 9 6 A n m . 4 .

81

S o s c h o n ANDERSON 1, L V I I .

77

SCHIEFFER 2 3 6 — 2 4 2 .

§ 3. Zur Datierung von carm. 22

11

mit ihm an einer Austernmahlzeit (ebd. § 7) bei Pontius Leontius teilzunehmen, in dessen Haus zu Bordeaux Sidonius offenbar zu Gast war. 82 Dieser Brief wurde in Bordeaux (während des Winters) geschrieben, wie sich aus § 1 ergibt: ... te ... attrahere Burdigalam non potestates, non amicitiae ... queant? an temporibus hibernis uiarum te dubia suspendunt ...? Das Jahr aber läßt sich leider nicht ermitteln. Sidonius erwähnt in § 2 desselben Briefes einen Aufenthalt des Trygetius in Südspanien, der nicht sehr lange zurückgelegen haben kann: ubi, quaesumus, animo tarn celeriter excessit uestigiis tuis nuper sub act a C alp is? ubifixa tentoria inocciduis finibus Gaditanorum? ubi tile Trjgetio meo idem qui Herculi quondam terminus peregrinandi? Unklar ist, aus welchem Anlaß Trygetius in Südspanien war. Handelte es sich um eine Privatreise, gibt es keinen Anhaltspunkt für das Datum des Briefes. 83 STEVENS vermutet, § 2 beziehe sich auf die Teilnahme des Trygetius an einer der westgotischen Expeditionen in die Baetica von 458 oder 459 (Hydat. chron. 11,192f. p. 31 MOMMSEN), und datiert den Brief auf den W i n t e r 461/2. 84 LOYEN dagegen denkt an eine Beteiligung des Trygetius am Zug Majorians im Mai 460 nach Carthago nova (Cartagena) an der Ostküste Spaniens, um von dort nach Afrika überzusetzen und gegen die Vandalen zu ziehen (das Unternehmen scheiterte durch Verrat)85 und datierte epist. 8,12 „vers 463". 86 Gegen LOYENS Deutung wendet SCHETTER ein87, daß in epist. 8,12,3 von den occidui fines Gaditanorum (Cadiz) und Calpis (Gibraltar) die Rede ist, während Majorian „durch das östliche Spanien über Saragossa nach Cartagena" zog. 88 Auch in epist. 8,11,3 erwähnt Sidonius einen Aufenthalt in Bordeaux, bei dem er den Grammatiker und Dichter Lampridius besuchte. Der Brief, der aus den Jahren 477/8 stammt,89 enthält keine Angaben zur Datierung dieses Besuchs in Bordeaux. Doch ist letzterer möglicherweise identisch mit dem Aufenthalt des Sidonius in Bordeaux, während dessen er den Brief an Trygetius schrieb, bei Pontius Leontius zu Gast war und vermutlich auch dessen Landsitz Burgus besuchte. Auch LOYEN geht (ohne Angabe von Gründen) davon aus, daß das Zusammentreffen mit Lampridius während des durch den Trygetiusbrief bezeugten Aufenthaltes in Bordeaux bei Pontius Leontius stattfand, den er aufgrund seiner verfehlten 82

83

84

85 86

87

88 89

Nach epist. 8,12,8 (gemeint ist Pontius Leontius) senatorem nostrum, hospitem meum. — In diesem Sinne äußert sich auch LOYEN 3,112 Anm. 44. So STROHEKER 225 s. v. Trygetius (im Anschluß an W. ENSSLIN, S. v. Trygetius 5: R E 7A/1, 1939, 712); P L R E 2,1129 s.v. Trygetius 2 („date uncertain; perhaps 461/467"). STEVENS 66 f. — Für diese Annahme könnte sprechen, daß Trygetius, der in der ciuitas Vasatium (heute Bazas, ca. 65 km südlich von Bordeaux) lebte, Untertan des Westgotenreichs war. LOYEN 3,202 Anm. 51. LOYEN sprach sich zuerst (L'esprit 91 Anm. 217) für ein Datum von „464 environ" aus, später (3,118; vgl. ebd. 112 Anm. 43) für „vers 463" bzw. (3,217 zu epist. 8,12) für „462 — 3 environ". W. SCHETTER, „Zur Publikation der carmina minora des Apollinaris Sidonius": Hermes 120, 1992, 3 4 3 - 3 6 3 , hier 361. E. STEIN, Geschichte des spätrömischen Reiches 1, Wien 1928, 561. LOYEN 3,216 zu epist. 8,11.

12

Einleitung

Hypothese, Trygetius habe sich 4 6 1 im G e f o l g e Majorians in Spanien b e f u n d e n , „ v e r s 4 6 3 " datiert (siehe o b e n ) . 9 0 D e n Besuch der Burgus dagegen und den A u f enthalt in N a r b o n n e datiert er auf 465/6. D i e s e r A n s a t z resultiert aus seiner — inzwischen v o n SCHETTER (siehe A n m . 87) w i d e r l e g t e n — Hypothese, nach der Sidonius drei A u s g a b e n seiner carmina minora v e r ö f f e n t l i c h t habe. D i e erste sei u m 4 6 1 , die zweite u m 4 6 4 o d e r 4 6 5 publiziert w o r d e n u n d erst in der dritten, e n d g ü l t i g e n A u s g a b e seien carm. 2 2 und 2 3 h i n z u g e k o m m e n . 9 1 LOYEN m u ß daher aus H y p o t h e s e n z w a n g neben der f r ü h e r e n (461/2 o d e r 462/3) noch eine w e i t e r e Reise des Sidonius nach A q u i t a n i e n a n n e h m e n , f ü r die in seiner C h r o n o l o g i e n u r n o c h 465/6 in F r a g e k o m m t . 9 2 Es ist natürlich möglich, daß Sidonius n o c h einmal zu Pontius L e o n t i u s gereist ist. 9 3 D a es aber f ü r die Historizität einer w e i t e r e n Reise keinerlei A n h a l t s p u n k t e gibt und LOYENS H y p o t h e s e n g e b ä u d e , das allein die A n n a h m e einer zweiten Reise nach 464/5 n ö t i g macht, nicht zu halten ist, spricht nichts dagegen, daß der Besuch in der Burgus schon w ä h r e n d der in epist. 8 , 1 1 u n d 1 2 e r w ä h n t e n Reise e r f o l g t sein k ö n n t e 9 4 .

Um zusammenzufassen: Sicher ist nur, daß carm. 22 zwischen 461 und entstanden ist. Wenn STEVENS' Deutung von epist. 8 , 1 2 , 2 als Anspielung auf eine Teilnahme des Trygetius an einem der Feldzüge in die Baetica von 458 oder 459 (siehe oben S. 11) zutrifft, ist vermutlich epist. 8,12 in den frühen sechziger Jahren, d. h. 4 6 1 /2 oder 4 6 2 / 3 , und folglich carm. 2 2 462 oder 463 entstanden. 95 466

90

91

52

93

94

55

L O Y E N 3,217 zu epist. 8,12: „Le sejour ä Bordeaux decrit ici est sans doute le meme que celui qui est evoque dans le commonitorium Thaliae, epist. VIII,11,3." 469 ist spätester terminus ante quem für die (allein sichere) Gesamtausgabe der carmina minora·, denn als Sidonius um diese Zeit (zum Datum siehe oben S. 4) sein geistliches Amt übernahm, entschloß er sich, keine (weltlichen) Gedichte mehr zu schreiben (epist. 9,12,1 primum ab exordio religiosae professionis huic principaliter exercitio renuntiaui, quia nimirum facilitati posset accomodari, si me occupasset leuitas uersuum ...; 8,4,3 modo tempus est seria legi, seria scribi), v g l . A N D E R S O N 1,XLV mit Anm. 2 (zu den nach 469 entstandenen Gedichten des Sidonius ebd. LVIIff.; G U A L A N D R I 8 f.). L O Y E N 1 , X X X V : „un nouveau voyage ä Narbonne ... Le voyage ... ä Bourg-surGironde, qui a donne naissance au carm. X X I I , est de la meme annee ... soit 465 ou 466." Obwohl L O Y E N früher (L'esprit 61) die Häufigkeit von Reisen zur Zeit des Sidonius anders einschätzte: „On sent ä lire Sidoine, qu'un voyage de Clermont ä Bordeaux est, vers 465, une faintasie qu'on ne peut goüter qu'exceptionnellement." L O Y E N hätte entweder mit der A n n a h m e sonst unbezeugter Reisen (zumal in westgotisches Territorium) vorsichtiger sein oder (wohl besser) seine frühere Behauptung einschränken sollen. Gemeinsam mit seiner Mutter genannt w i r d Pontius Leontius im commonitorium Thaliae, dem kleinen Gedicht aus epist. 8,11,3, das Sidonius vor Reiseantritt dem Lampridius als A n k ü n d i g u n g seines Kommens vorausschickte (v. 33 ff.): ... Leontioque,j prisco Liuia quem dat e senatu,\ die: Jam nunc aderit." In epist. 8,12,5 beschreibt Sidonius, wie Leontius gemeinsam mit seinem Sohn Paulinus dem Trygetius (siehe oben S. 10 f.) mit der durch die Meeresflut zurückgedrängten Garonne entgegenfährt: Diese Einwirkung der Gezeiten auf den Strom kommt in carm. 22 gleich zweimal zur Sprache, zuerst kurz in v. 18 f., dann ausführlicher in v. 105 — 113. Ein ähnliches Datum auch bei G U A L A N D R I 153 („composto nel 462"), die rein spekulativ

§ 4. Inhalt und Aufbau des Gedichts

13

§ 4. Inhalt und Auflau des Gedichts Das Gedicht carm. 22, zu dem Statius' Silven das Modell abgaben (siehe § 5), besitzt eine Prosapraefatio und einen Prosaepilog, die an den Eigentümer der Villa, Pontius Leontius, gerichtet sind und die Funktion eines Widmungsschreibens erfüllen. Die Prosapraefatio enthält außer der Widmung (epist. § 1 und 3) im Mittelteil einen elogischen Abschnitt, der dem Redner und Dichter Anthedius und seinen astrologischen Kenntnissen gilt (vgl. Kommentar S. 45). Der Prosaepilog dagegen trägt programmatischen Charakter; denn dort verteidigt Sidonius die Länge des vorangegangenen Gedichts mit dem Verweis auf ähnlich umfangreiche deskriptive Gedichte in den Silven des Statius (siehe Kommentar S. 203). Eine Prosapraefatio hat Sidonius noch carm. 1 4 vorangestellt (vgl. L O Y E N , L'esprit 32); sie enthält neben der Widmung an Polemius auch poetologische Bemerkungen (Rechtfertigung des Gebrauchs philosophischer Fachtermini in einem Epithalamium, da der Bräutigam Polemius sich mit platonischer Philosophie beschäftigte 96 ), die in carm. 22 erst im Nachwort gemacht werden.

Das Gedicht selbst beginnt mit einem Prooemium, das aus zwei Teilen besteht: (1) Die Verse 1 — 11 wenden sich an einen fiktiven Besucher der Burgus und richten eine Verwünschung gegen ihn, falls er aus Neid mit dem Lob auf die Villa karge. (2) In v. 12—21 fordert der Dichter die Musen auf, ihn darüber zu belehren, welchen Ursprung und welche Schutzgötter die Burgus hat. Mit dieser Themenvorgabe ist auch der Aufbau des Gedichts festgelegt; denn die Villenbeschreibung (v. 101 — 230) ist in eine Rahmenhandlung eingefügt, die sich in einen längeren hinführenden (v. 22 — 100) und einen kurzen abschließenden Teil (v. 231—235) gliedert und die Antwort auf die an die Musen gestellte Frage gibt. Durch die Rahmenhandlung erfahren wir nämlich, daß Apollo und Bacchus die Schutzgötter der Burgus sind und wie sie dazu wurden: Im ersten Teil der Rahmenhandlung wird erzählt, daß Bacchus, von der Eroberung Indiens heimkehrend, auf den v o m Helikon (siehe Kommentar zu v. 66) kommenden A p o l l o trifft. Dieser erklärt, daß er nicht mehr bereit sei, in der Nähe v o n Theben zu bleiben, das nur noch eine Stadt von Frevlern sei. Er selbst sieht sich nach Niobes und Oedipus' Frevel gezwungen, einen neuen Wohnsitz zu suchen und erklärt, auch für Bacchus sei Theben durch Pentheus und Agaue als Aufenthaltsort untragbar geworden. So fordert er seinen Bruder auf, mit ihm auszuwandern (v. 86 — 100). Nach der ausführlichen Beschreibung des neuen Wohn-

56

hinzufügt „pubblicato dapprima a parte e poi nella raccolta del 469". Für eine Einzelveröffentlichung von carm. 22 vor der Gesamtausgabe der carmina minora gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt. Vgl. carm. 14 epist. § 1 (sc. philosophiae regularum) talis ordc est, ut sine plurimis nouis uerbis, quae ... tibi et Complatonicis tuis nota sunt, nugae ipsae non ualuerint expediri.

14

Einleitung

sitzes — der Burgus der Pontii — durch Apollo (v. 101—230) zollen die Gefolge der beiden Götter Apollos Vorschlag Beifall (V. 231—235).

Dieser einfache Handlungsablauf, der durch die ausführlichen Beschreibungen des Bacchus und seines Triumphzuges (v. 22 —63) bzw. Apollos und dessen Gefolges (v. 64—82) unterbrochen wird, ist ganz darauf ausgerichtet, die Gelegenheit für eine genaue Beschreibung der Burgus zu schaffen. Dies ist an dem Punkt von Apollos Rede erreicht, an dem dieser ankündigt, einen neuen Wohnsitz für sich und Bacchus vorzuschlagen. Man ahnt schon, daß er an einen Ort in Südfrankreich (die Burgus) denkt. Apollo beschreibt auch sogleich den Ort, an dem sich die beiden Flüsse Garonne und Dordogne vereinigen (v. 101 — 115), und prophezeit sodann, auf dem dort befindlichen Berg werde dereinst in römischer Zeit ein senatorisches Geschlecht herrschen und dessen Begründer Pontius Paulinus eine uneinnehmbare Festung erbauen (v. 116 — 125), deren Name er als Burgus angibt (v. 126). Anschließend schildert Apollo die Sommerthermen 97 am Ufer der Dordogne (v. 127 — 135), deren Marmorsäulen er besonders hervorhebt (v. 136—144), dann erst folgt die Beschreibung der sich über zwei Terrassen erstreckenden Hauptgebäude der Villa 98 , die sich insgesamt bis v. 220a fortsetzt. Die Reihenfolge, in der die Teile der Villa beschrieben werden (v. 117 ff.:' Umfassungsmauer und Wehrtürme — v. 126ff.: unteres Bad am Flußufer — v. 142 ff.: Hauptgebäude) könnte daraufhindeuten, daß die Wehrmauer in einiger Entfernung um die Hauptgebäude herumlief, wie es bei vergleichbaren Villen im allgemeinen der Fall gewesen zu sein scheint."

Mit v. 220b setzt ein fließender Ubergang zur Rahmenhandlung ein, in dem Apollo dem Bacchus vorschlägt, den neuen Wohnsitz mit ihm zu teilen, wobei er für sich eine nahe der Villa gelegene Grotte (v. 222 fornix) mit Quell beansprucht, seinem Bruder aber die umliegenden Hügel zugesteht, die dieser durch Anpflanzung der Reben (die noch als Fesseln der besiegten Inder dienen) in Weinberge verwandeln soll (v. 220b —230). Hier endet Apollos Rede, die den größten Teil des Gedichts einnimmt (v. 86— 230) und auch die Beschreibung der Lage der Villa, ihrer Gebäudekomplexe und ihres Umfeldes enthält, die das Zentrum des Gedichts bilden (v. 101—230):

97 98 99

Siehe Kommentar, Einleitung zu (8) v. 126 — 141. Siehe Kommentar, Einleitung zu (12) v. 1 6 9 - 1 7 8 und (14) v. 1 8 7 - 2 2 0 a . SWOBODA 240 f.: „Das Hauptgebäude wie auch die Mehrzahl der Nebengebäude bleiben bei den römischen Villen immer ... von der Umgrenzungsmauer isoliert ... selbst bei ... Villenanlagen, die ganz im Sinne der mittelalterlichen Burg zu einem wehrhaften Wohnbau ausgestattet wurden ... blieb die Regel der ... isolierten Gruppierung der Gebäude aufrecht." So sind ζ. B. bei der Villa zu Jublain/Frankreich Haupt- und Nebengebäude v o n der Mauer deutlich getrennt (SWOBODA a. O. Abb. 92, vgl. ebd. 110 A n m . 131).

§ 4. Inhalt und Aufbau des Gedichts

(1) (2) (3)

(4)

(5)

(6) (7) (8)

(9) (10) (11) (12) (13)

(14)

15

Apostrophierung des Besuchers (v. 1 — 11) Musenanruf (v. 1 2 - 2 1 ) A (3) —(5) Rahmenhandlung, erster Teil (v. 22—100): Der Zug des Bacchus (v. 22—63) Beschreibung des Gottes und seines Wagens (v. 22 — 36) Beschreibung von Bacchus' Gefolge (v. 37—40) Beschreibung der Gefangenen (v. 41 — 63) Der Zug des Apollo (v. 6 4 - 8 2 ) Beschreibung des Gottes und seines Wagens (v. 64—76) Beschreibung von Apollos Gefolge (v. 77 — 82) Die Rede Apollos (v. 101-230) Apollo schlägt Bacchus vor, sich mit ihm an einem neuen gemeinsamen Wohnsitz niederzulassen (v. 83 — 100) Β (6)-(15) Die Villenbeschreibung (v. 101-230) Lage der Burgus (v. 101 - 1 1 5 ) Erbauer und Verteidigungscharakter der Burgus (v. 116 — 125) Das untere Bad am Ufer der Dordogne (v. 126 — 141) ( 9 - 1 4 ) DIE HAUPTGEBÄUDE DER VILLA (v. 142-220a) A (9) —(11) Untere Terrasse (v. 142-168): Der Eingang zur Villa (v. 142-149) Das Peristyl (v. 150 - 1 5 7 ) Die Wandgemälde im Innenhof (v. 158-168) Β (12)-(14) Obere Terrasse (v. 169-220a) Die Getreidespeicher (v. 169-178) Die Rückseite der Villa (v. 179-186) Nördliche, beheizbare Portikus (v. 179-183) Die Winterthermen und ihre Wasserleitung (v. 184—186) Die westliche Partie der Villa (v. 187-220a) Der beheizbare Winterpalast (v. 187—191) Die Webstube (v. 192-199) Ein Raum mit Wandgemälde (v. 200-203) Die zum Seitentrakt führende Portikus (v. 204 — 206) Triklinium und Zierbecken mit Fischen (v. 207—210) Der Turm mit Wintertriklinium und Ausblick (v. 211—216) Hauskapelle, Speisekammer und Weinlager (v. 217 —220a)

(15)

Apollo schlägt Bacchus vor, die Umgebung der Villa (Quelle, Grotte, Weinberge) mit ihm zu teilen (v. 220b—229)

(16)

C Abschluß der Rahmenhandlung: Zustimmung der Begleiter (230—235)

Schon diese Übersicht läßt vermuten, daß K. Z I E G L E R a. O. (siehe Anm. 54) Unrecht hat, wenn er behauptet, Sidonius mache in carm. 22 keine „eigentlich sachlichen Angaben" (zur Villa des Pontius Leontius). Wie im Kommentar zu zeigen sein wird, sind die Angaben des Sidonius durchaus hinreichend, eine

16

Einleitung

Vorstellung davon zu gewinnen, wie die Villa im großen und ganzen ausgesehen haben kann. Man darf außerdem nicht vergessen, daß Sidonius zunächst für einen Personenkreis schrieb, der die Villa ohnehin kannte. Deshalb bleiben manche Aussagen für den nicht mit der Villa vertrauten Leser unklar. 100

§ 5. Poetische

Villenbeschreibung, Gelegenheitsdichtung, %ur Deutung des Gedichts

Panegyrik

— Aspekte

Das literarische Vorbild für Sidonius bei der Abfassung von carm. 22 war Statius, der anscheinend zuerst Villen in längeren Gedichten beschrieben hat 101 , und zwar die Villen des Manlius Vopiscus bei Tivoli und des Pollius Felix am Golf von Sorrento (silv. 1,3 und ebd. 2,2). Auf das erste dieser beiden Gedichte beruft sich Sidonius auch explizit in § 6 der Prosanachrede102. Was aber Sidonius' Gedicht von seinen beiden Vorbildern unterscheidet, ist zum einen die größere Ausführlichkeit und Genauigkeit der Angaben, die auf den Einfluß der Villenbeschreibungen in den Briefen des Plinius (epist. 2,17 über das Laurentinum und 5,6 über die Tusci) zurückzuführen ist. 103 Zum anderen ist es der auffällige mythologische Rahmen, in den Sidonius seine Villenbeschreibung eingekleidet hat und der bei Statius fehlt 104 , der carm. 22 seine spezifische Eigenart verleiht 105 . Die Existenz dieser Rahmenhandlung veranlaßte M E S T U R I N I ZU einer psychologisierenden Deutung von carm. 22, in der die mythischen Figuren und Anspielungen des Gedichts zu Chiffren einer Selbstanalyse werden, der Sidonius seine angeblich gespaltene Persönlichkeit unterzieht.106 Dabei soll Apollo die Verkörperung des homo privatus in Sidonius darstellen; dies begründet M E S T U R I N I damit, daß Sidonius einmal von einem Freund scherzhaft als Phoebus bezeichnet worden sei107 und sein cognomen Apollinaris sich etymologisch von Apollo herleite (MES T U R I N I 276 f.). Dionysos aber stehe für das Alter ego des Dichters, d. h. den homo 100 101 102 103

104

105

106

107

Vgl. Einleitung zum Kommentar zu v. 150 — 157, S. 142 und Kommentar zu v. 205. VAN DAM 187 f.; dort auch allgemeine Literaturangaben zu Villenbeschreibungen. Daneben noch auf drei andere Gedichte der Silven, siehe unten und Kommentar z. St. FRIEDLÄNDER 69. Diese Pliniusbriefe waren auch das Modell für Sidon. epist. 2,2, in dem er seine eigene Villa Auitacum am Lac d'Aydat beschreibt (vgl. PAVLOVSKIS 48 ff.). Die Szenen mit Nymphen, Satyrn und Flußgöttern in Stat. silv. 1,3,70 — 75 (vgl. ebd. 1,5,31—33) und 2,2,98 — 106 sind nicht vergleichbar, da sie wesentlich kürzer und keine Rahmenhandlungen sind. Vgl. PAVLOVSKIS 48: „... the content of this poem [carm. 22] is predominently mythological." MESTURINI 265 f. versucht eine solche Interpretation mit dem Hinweis auf den unzweifelhaften symbolischen Charakter mythischer Stoffe zu rechtfertigen; dies scheitert jedoch daran, daß man zwischen mythischen Motiven einerseits und ihrer Verwendung in dichterischen Werken unterscheiden muß. Siehe Kommentar zu epist. § 2 babes igitur bic Dtonysum inter triumphi Indici oblectamenta marcentem; babes et Phoebum.

§ 5. Poetische Villenbeschreibung, Gelegenheitsdichtung, Panegyrik

17

politicus in Sidonius, weil erstens in beiden Namen die Buchstaben s, d, i und ο vorkommen und zweitens Dionysos in Theben geboren, dieses von Kadmos gegründet, dessen Vater Agenor König von Tyros in Phönizien und Sidonius schließlich synonym zu Phoenicias sei ( M E S T U R I N I 2 6 9 ) . Das Gedicht stelle so den inneren Kampf dar, den Sidonius durchgemacht habe, als er 461 nach der Ermordung Majorians vor der Frage stand, ob er sich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen solle (S. 273 f.). Auf die Ereignisse am römischen Kaiserhof werde verschlüsselt in der Rede Apolls über das frevelnde Theben angespielt; denn mit Oedipus sei der magister militum und patrictus Rikimer gemeint, der Kaiser Majorian ermorden ließ (S. 2 7 3 ) . Dabei läßt MESTURINI jedoch außer acht, daß Rikimer weder ein Sohn Majorians war noch (wie Oedipus) seine eigene Mutter heiratete, worauf aber der Kontext in carm. 2 2 , 9 7 ff. vor allem Bezug nimmt 108 . Und was die Gleichsetzung von Apollo und Bacchus mit zwei Seiten der Persönlichkeit des Sidonius angeht, so hätte MESTURINI sich fragen müssen, 1 . ) warum der homo privatus Sidonius sich nicht zum eigenen Auitacum, sondern zum Landsitz des Pontius Leontius hingezogen fühlte; und 2.) was überhaupt die ausführliche Beschreibung der Burgus innerhalb eines inneren Monologes zu suchen hat und warum Sidonius ausgerechnet den betrunkenen Dionysos sein politisches Alter ego verkörpern läßt. Da MESTURINIS Hypothese schon an diesen grundsätzlichen Überlegungen scheitert, erübrigt sich das Eingehen auf Details, zumal die einzelnen Argumente (wie ζ. B. das vermeintliche Anagramm) ohnehin so absurd sind, daß eine ernsthafte Erwiderung überflüssig ist. Entgegen der Auffassung M E S T U R I N I S ist carm. 22 wie die Villenbeschreibungen des Statius eine Gelegenheitsdichtung 109 , mit der der Autor sich wohl für die gastliche Aufnahme bei seinem Freund bedanken will 1 1 0 . Die Rahmenhandlung kann daher nur die Funktion haben, den rühmenden Charakter der Villenbeschreibung zu verstärken 1 1 1 . Inhaltlich stellt sie ein mythologisches Aition für das Patronat des Apollo und Bacchus über die Burgus dar. Dieses Patronat selbst dürfte wohl genauso fiktiv sein wie die Götterhandlung selbst 112 . In carm. 22 sind also beschreibende und erzählende (epische) Dichtung einerseits sowie Lob- und Dankgedicht andererseits miteinander verbunden. Die Mischung verschiedener poetischer Gattungen, insbesondere von Enkomion und Ekphrasis, findet sich schon in der Gelegenheitspoesie des Statius 113 . Dies gilt ebenso für die Götter108 109 1,0

111 112

1,3

Siehe Kommentar zu v. 97 und 99. Zu diesem Begriff VON WILPERT 301 f. FRIEDLÄNDER 66. — Dies gilt auch für carm. 16 und 23 (siehe oben S. 6), vgl. besonders carm. 16,78ff. praeterea quod me pridem Reios ueniente,j ... / ... jhospite te nostros excepit protinus aestusj pax, domus, umbra, latex, benedictio, mensa, cubile und carm. 23,1 ff. Cum iam pro meritis tuispararem,j Consent!, ...,/ uestrae laudibus hospitalitatisj cantum impendere ... Siehe oben S. 13 f. und Kommentar zu v. 21 genius. Da die Familie der Pontier schon lange zum Christentum übergetreten sein muß (siehe Kommentar zu v. 218) ist eine tatsächliche Verehrung paganer Gottheiten als Schutzgeister des Hauses natürlich auszuschließen. VAN DAM 5 f.

18

Einleitung

handlung; so läßt z.B. Statius silv. 4,1,17ff. Ianus das Lob Domitians vortragen. Auch für die Epithalamiendichtung ist die Götterhandlung kennzeichnend 114 , so z.B. Claud, nupt. 47ff. (mit Venus, Amor, Triton u.a.); carm. min. 25,25bff. (Venus, Hymenaeus). Vor allem an die Reise des Bacchus und Apollo zur Hochzeit des Stella und der Violentilla bei Stat. silv. 1,2,219 — 228 könnte Sidonius bei der Abfassung von carm. 22 gedacht haben. Schließlich erfüllen Götterhandlungen auch in anderen Gelegenheitsgedichten rühmende Funktion. So kümmern sich ζ. B. Stat. silv. 1,4,58 ff. Apoll und Aesculap persönlich um die Genesung des Rutilius Gallus oder legt silv. 3,1,125 Hercules selbst Hand an, um den Bau seines Tempels auf dem Gelände der Villa des Pollius Felix zu beschleunigen 115 ; silv. 3,4,21 ff. läßt Statius Venus den Liebling Domitians Flavius Earinus von Pergamon nach Rom bringen, Äskulap ihn entmannen (ebd. v. 65 ff.) und wiederum Venus und ihre Amoretten die Opferlocken abschneiden (v. 86 ff.) 116 . Diese Verbindung von fiktiven und realistischen Elementen, die sich aus der Gelegenheitsdichtung des Statius ableitet, findet sich auch in Sidonius' Panegyriken und Epithalamien. Sie trägt zum artifiziellen Charakter dieser Gedichte entscheidend bei, kann aber, mit Maß angewendet, gerade den Reiz eines Werks ausmachen. Dies gilt besonders für carm. 22. 117 Dort dient die Götterhandlung in zweifacher Weise der panegyrischen Überhöhung der zu preisenden Villa: Erstens ist der Einfall, zwei Götter ihren Wohnsitz aufgeben und auf die Burgus umsiedeln zu lassen, ein hübsches Kompliment an die Schönheit des Anwesens und zugleich ein gelungener Kunstgriff zur Einführung der Villenbeschreibung. Zweitens steigert Sidonius dadurch, daß er die Verherrlichung der Villa einem Gott (Apollo) in den Mund legt, die lobende Wirkung der Villenbeschreibung. 118 Die Gestaltung des Themas (Villenbeschreibung) als vaticinium ex eventu und dessen Einbettung in eine mythologische Rahmenhandlung 114

A. CAMERON, Claudian — Poetry and propaganda at the court of Honorius, Oxford

115

Vgl. auch den Kommentar zu v. 233—235. Auch die beiden letztgenannten Gedichte führt Sidonius in § 6 des Epilogs von carm. 22 als Musterbeispiele beschreibender Dichtung an. Als Beispiel für eine geglückte Mischung von Fiktion und Realität nennt LOYEN, L'esprit 115 nur das commonitorium Thaiiae (epist. 8,11,3). In diesem gibt es aber weder „melange de la fantaisie et du vrai" noch „decor de feerie". Vielmehr spricht dort Sidonius selbst in der Person des Phoebus und schickt sein Gedicht, das er als Muse anredet (epist. 8,11,3 metatoriam paginam quasi cum Musa praeuiam misi), ebd. v. 19 Orpheum uisere auf den Weg zu Orpheus = Lampridius (vgl. epist. a. O. ipse [sc. Lampridius] a nobis uatis Odrysii nomine accepto). Auf diese Wirkung weist LOYEN, L'esprit 117 in bezug auf Stat. silv. 4,1 ( X V I I Consulatus Imp. Aug. Germanici) hin.

1 9 7 0 , 1 9 4 (mit L i t e r a t u r e b d . A n m . 1 ) ; RAVENNA 11 m i t A n m . 1 2 u n d 1 5 . 116

117

118

§ 5. Poetische Villenbeschreibung, Gelegenheitsdichtung, Panegyrik

19

zeigen demnach zwar eine gewisse Künstlichkeit, geben aber dem Gedicht erst seine besondere Note. Insofern handelt es sich um mehr als ein „mythologisches Drapieren", wie es für Statius' Silven behauptet wurde. 1 1 9 Es ist überhaupt fraglich, ob Sidonius jemals den „märchenhaften Dekor" um seiner selbst willen verwendet. So dienen ζ. B. auch in den beiden Epithalamien (carm. 11 und 15) die Götterhandlungen dem Lob des Brautpaares: In carm. 11 beschreibt Sidonius zu Beginn (v. 1 — 33) den Palast der Venus, den Hephaist einst (in der Zeit vor ihrem Ehebruch mit Mars) 120 baute. Dort wird Venus von Amor aufgesucht, der ihr die Vorzüge des Bräutigams Ruricius nahelegt. Venus preist sodann die Braut Hiberia, bevor sie gemeinsam nach Gallien aufbrechen, um die Hochzeit der beiden zu vollziehen. — Während sich carm. 11 enger an das Vorbild Claudians anlehnt 121 , ist carm. 15 origineller. In diesem wird zu Beginn erzählt, wie Minerva/Athena sich nach ihrer Rache am lokrischen Aias kurz nach dem trojanischen Krieg (v. 1 — 3) 122 zum Hymettos nach Athen begab. Dort — so Sidonius — befinden sich zwei Tempel; dies sind der Philosophentempel, der Minerva als Göttin der Weisheit geweiht (v. 36 ff.), und (da sie zugleich Göttin der Webkunst ist) das textrinum Mineruae (v. 126 ff.). Die beiden Tempel stellen allegorisch die Lebensbereiche dar, in denen sich die Brautleute jeweils auszeichnen: Im Philosophentempel wirkt Polemius, im textrinum Mineruae Araneola. Am Schluß des Gedichtes wird Araneola von Minerva, Polemius offensichtlich von Piaton zur Ehe aufgefordert (v. 185 ff.; anders R A V E N N A 89 zu carm. 15,192 magister). Die Götterhandlung von carm. 22 hat mit denen der Epithalamien aber nicht nur ihre panegyrisch-überhöhende Funktion gemeinsam, sondern auch die Absetzung der historischen Jetzt-Zeit gegenüber einem Ereignis der Vergangenheit (in carm. 11 die Errichtung des Venustempels durch Hephaist, in carm. 15 die Rückkehr der Athena). Die Rahmenhandlung von carm. 22 gehört in die Zeit nach dem indischen Feldzug des Dionysos, während der Herrschaft des Pentheus in Theben 123 , die historische Gegenwart (des Sidonius) ist in Form eines vaticinium ex eventu in dieses Geschehen der mythischen Vergangenheit eingefügt.

1,9

120 121

122

123

FRIEDRICH 4 7 .

Sidon. carm. 11,32f.; vgl. z.B. Horn. Od. 8 , 2 6 6 - 3 6 6 . L'esprit 116 spricht in Zusammenhang mit carm. 11 allein von Statiusrezeption. Doch lehnt sich carm. 11 in seiner Struktur eng an Claudian an. Vor allem die Schilderung des Palastes der Venus und seiner Umgebung (ebd. v. 1—33) hat ihr Vorbild bei Claud, nupt. 49 — 96. Mehr an Statius erinnern allenfalls die mythischen Exempla im Gespräch zwischen Venus und Amor (Stat. silv. 1,2,85 — 90 bzw. ebd. 130 — 136 und Sidon. carm. 1 1 , 6 5 - 7 1 bzw. 8 6 - 9 0 ) . Als Athena die Flotte des „Kleinen" Aias (Oeliades) am Kap Kaphereus vor der S-Küste Euboeas zur Strafe für seinen Ubermut und die Schändung der Kassandra vernichtet hatte (Horn. Od. 4 , 4 9 9 - 5 1 0 ; Verg. Aen. 1,39ff.; Apoll. Epit. 5,22 und 6,6; Sen. Ag. 532—556; Hyg. fab. 116,1 — 3; vgl. auch RAVENNA 54 zu carm. 15,1). Vgl. v. 87f. te (sc. Bacche, Pentheus) ... / abnegat esse deum und v. 94f. nato occiso Pentheia mater jamplius ut furiat, numquid non sana futura est ?

LOYEN,

20

Einleitung

§ 6. Manieristischer

ornatus — Zum Stilcharakter

des

Gedichtes

Die Sprache der Carmina des Sidonius unterscheidet sich im Wortschatz, in der Nominal- und Verbalflexion sowie der Syntax, von einigen spätlateinischen Merkmalen abgesehen 124 , nicht wesentlich von der klassischen lateinischen Dichtersprache. Unterschiede bestehen aber auf der Ebene des ornatus, d. h. im Einsatz rhetorischer Mittel. 1 2 5 Ihr exzessiver Gebrauch in den Briefen und Gedichten des Sidonius ist in der neueren Forschung häufig getadelt worden. Die Kritik reicht von der Feststellung, seine Darstellung neige zur Unklarheit 126 , bis zu dem Verdikt, seine Gedichte seien „nur streckenweise genießbar" 1 2 7 und er selbst „unrettbar der Öde des Inhalts und dem Schwulst" verfallen 128 . L O Y E N sucht den Stilcharakter des Sidonius mit den Begriffen „preciosite", „asianisme" und „alexandrinisme" zu erfassen. 129 Zu diesen Begriffen und ihrer Verwendung durch L O Y E N ist folgendes zu bemerken: „preciosite" und „alexandrinisme" sind gängige Termini der französischen Literaturkritik. Die Bezeichnung „ p r e c i e u x " galt ursprünglich einer „kulturell-litterarischen] Richtung im Frankreich des beginnenden 17. J[ahr]h[underts]" und wurde danach zum epochenübergreifenden Stilbegriff, der einen „sorgfaltig gewählten, gepflegten und betont überfeinerten" Ausdruck 1 3 0 bezeichnet. In diesem allgemeinen Sinn versteht L O Y E N „preciosite" als „cet effort constant du mondain cultive pour s'arracher au commun". 1 3 1 Wie den Begriff „preciosite" verwendet L O Y E N auch den Terminus „ a l e x a n d r i n i s m e " zur Kennzeichnung einer überzeitlichen (antiklassischen) literarischen Richtung. In der französischen Literaturwissenschaft steht alexandrinisme für die Neigung zu fein nuancierter (bisweilen spitz124

125

126

127 128

Z.B. Präpositionalausdruck mit de statt bloßem Ablativ (v. 26; 161); prädikatives Gerundiv in Futurbedeutung (v. 98); reflexive Verbalform statt passiver (v. 35); Konjunktiv Präsens statt Futur I (v. 120). — Hinzukommen einige spätlateinische Besonderheiten im Wortgebrauch: ζ. B. stare für esse (v. 42; 161); uel für et (v. 15; 17; 53; 121); totus für omnis (v. 8). Als rhetorischer terminus technicus bezeichnet ornatus den „über die bloße Verständlichkeit und Klarheit hinausgehende[n] rhetorischen Schmuck der Rede" (VON WILPERT 570 s.v. Ornatus), vgl. auch LAUSBERG § 167, S. 61; ders., Handbuch, § 538 ff., S. 277 ff. SCHANZ-HOSIUS IV2, 53: „Die interessante, vom gewöhnlichen abweichende Darstellung war das Entscheidende; freilich wird sie sehr oft ... unklar." L. BIELER, Geschichte der römischen Literatur, Berlin 3 1972, 2, 119. E. NORDEN, Die lateinische Literatur im Übergang vom Altertum zum Mittelalter (zuerst 1912) in: ders., Die römische Literatur, Leipzig 6 1961, 1 0 5 - 1 3 9 , dort 130. - Vgl. RAVENNA 14 (der ebd. Anm. 26 auch einige günstigere Urteile anführt).

129

Z . B . LOYEN, L ' e s p r i t X I , X I I I , 1 0 9 f f . u n d 1 5 2 f .

130

VON WILPERT 6 2 5 f . s . v . Preziosität; v g l . a u c h R. HESS u . a . , L i t e r a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e s

131

LOYEN, a . Ο . 1 5 2 .

Wörterbuch für Romanisten, Tübingen 3 1989, 29f. s.v. Barock 3e (Frankreich).

§ 6. Manieristischer ornatus

21

— Zum Stilcharakter des Gedichts

findiger) Darstellung und einer Ausdrucksweise, die dazu tendiert, durch Umschreibungen und gelehrte Anspielungen den Sinn zu verrätsein. Für diese Art werden die Werke der hellenistischen Dichter Alexandrias als beispielhaft angesehen. 132 L O Y E N verbindet mit dem Begriff „alexandrinisme" die Tendenz zu bestimmten Inhalten, die, „ne du desir d'envelopper de poesie les evenements les plus futiles, les sujets les plus frivoles", schließlich „ä l'artificiel, ä la subtilite, ä la mievrie" führe. 133 Bei der Verwendung dieser beiden Termini ist problematisch, daß mit ihnen nichts über die stilgeschichtliche Einordnung des Sidonius ausgesagt ist, vielmehr sein Stilcharakter nur vergleichend beschrieben wird. Außerdem verbirgt sich vor allem hinter dem Begriff „alexandrinisme", der im Französischen häufig pejorative Bedeutung hat 134 , ein Geschmacksurteil. Dies wird auch bei L O Y E N in mehreren Äußerungen deutlich, wie z . B . : „Ce melange d'un alexandrinisme degenere et des vices de l'asianisme ne caracterise pas seulement la preciosite latine, dans ses aspects les plus facheux, mais aussi le style des derniers siecles." 135 Es ist überhaupt fraglich, ob der Stil des Sidonius durch die Kennzeichnung „precieux" treffend charakterisiert wird. 1 3 6 Denn L O Y E N S Darstellung, derzufolge sich in der „preciosite" des Sidonius „alexandrinisme" und „asianisme" verbinden 137 , ist insofern irreführend, als das Preziöse (wie gleich zu erwähnen sein wird) nur eine Spielart des Asianismus ist, und zwar seine „geistreiche, zierliche Art" 1 3 8 , neben der es noch eine zweite „hyperbolische, strotzende" Variante 139 gibt. L O Y E N könnte durch seine Terminologie zumindest den Eindruck erwecken, letztere Spielart fehle bei Sidonius, was aber abwegig ist (siehe unten S. 22 f.).

132

133

134

135

136 137

Vgl. A. L A L A N D E , Vocabulaire technique et critique de la philosophie, Paris 10 1 9 6 8 , 3 4 s. v. Alexandrinisme B: „Caractere de pensee et du style dont les ecrivains et particulierement les poetes grecs d'Alexandrie ont donne l'exemple: subtilite et obscurite, jointes au goüt des allegories et des allusions erudites." LOYEN, a . O . 1 5 2 ; ähnlich ebd. XI f. und 1 2 4 . Dictionnaire de la Langue Frar^aise de EMILE LITTRE ... Abrege par A. B E A U J E A N , Paris 1963, 44 s. v. Alexandrin: „* Alexandrinisme, n. m. Caractere de ce qui est trop subtil, decadent." (Sperrung von mir); LOGOS. Grand Dictionnaire de la Langue Fran9aise par J E A N G I R O D E T , Bordas 1 9 7 6 , 1 , 6 8 s.v. alexandrinisme 3 : „(souvent p e j o r a t i f ) Caractere un peu trop subtil ou mievre d'un art ou d'une litterature". LOYEN, a.O. XIII. Die klassizistische Sichtweise LOYENS zeigt sich z.B. auch ebd. 167: „La preciosite de Sidoine, heritee d'une longue tradition de rhetorique et de manierisme ... n'a ete en aucune fa^on creatrice; eile n'est que le dernier faux eclat d'une litterature qui s'eteint." Eine „felice formula" nach G U A L A N D R I 75 Anm. 3. LOYEN, a. Ο. XI und XIII; ebd. 152 nennt er diese Verbindung „une sorte de monstrueux edifice".

138

S o WANKE

139

FRIEDRICH 4 1 ; W A N K E

149.

a. O . spricht von der „affektischen" Variante (vgl.

LOYEN,

a.

Ο. X).

22

Einleitung

Von den drei Begriffen, die LOYEN anführt (siehe oben S. 20), ist „asianisme" der wichtigste; denn anders als „preciosite" und „alexandrinisme" kann dieser dazu herangezogen werden, den Stilcharakter des Sidonius in eine historische Tradition einzuordnen. Der Terminus A s i a n i s m u s ist zunächst ein Epochenbegriff und steht für eine im 3. bis 1. Jahrhundert v. Chr. in Kleinasien entstandene und zur Blüte gelangte antiklassische Richtung der Rhetorik, die im 1. Jahrhundert v.Chr. nach Rom übergriff (wo sie in Hortensius ihren wohl berühmtesten Vertreter fand) und schließlich durch die Gegenbewegung des Attizismus abgelöst wurde. 140 Es lassen sich zwei Richtungen des Asianismus unterscheiden: Zum einen die „zierliche" Stilart, als deren erster Vertreter Hegesias von Magnesia gilt und für die kurze Sätzchen mit rhythmischem Wortfall sowie die Vorliebe für Metaphern und Pointen kennzeichnend sind 141 ; zum anderen die „bombastische" oder „pomphafte" Stilart, für die lange Perioden, weite Hyperbata, die Neigung zu poetischer Diktion, Umschreibungen und Neologismen typisch sind. Als frühes Beispiel für diese zweite Richtung führt N O R D E N die Inschrift des Antiochos von Kommagene auf dem Nemrud-Dagh an. 142 E D U A R D N O R D E N , der in seinem Buch „Die antike Kunstprosa" auch das Fortwirken des Asianismus über die attizistische Reaktion hinaus untersuchte, stellte die Hypothese auf, „daß der manierierte Stil der spätlateinischen Prosa aller Länder eine in allen Einzelheiten unverkennbare und durch die historische Entwicklung begründete Verwandtschaft mit dem Asianismus habe" (2,634). Für Gallien stützt sich N O R D E N dabei auf das Zeugnis des Hieronymus, der in seinem Brief an Rusticus die Ausdrucksfülle und Zierlichkeit der gallischen Beredsamkeit mit dem Schwulst der asianischen Redner vergleicht (epist. 125,6,1): quae (sc. mater te) erudiuit infantem ac post studia Galliarum ... misit Romam ..., ut ubertatem Gallici nitoremque sermonis grauitas Romana condiret nec calcaribus in te sed frenis uteretur: quod et in disertissimis uiris Graeciae legimus, qui Asianum tumorem Attico siccabant sale ... Auch in den Briefen und Gedichten des Sidonius lassen sich typisch asianische Merkmale erkennen. Am auffälligsten ist die bisweilen maßlose Verwendung von Alliterationen, Homoioteleuta, Leitvokalen und -konsonaten sowie von Paronomasien 143 . Solche Klangspiele scheinen zur Zeit des Sidonius geradezu in Mode gewesen zu sein; denn der klassizistisch orientierte Claudianus Mamertus, ein Zeitgenosse des

140

U. v. WILAMOWITZ-MÖLLENDORP, Asianismus u n d Atticismus: Hermes 35 (1900) 1—52, dort 7; zu Hortensius ebd. 2 und NORDEN 1,221 f.

141

NORDEN 1 , 1 3 4 f f . ; W I L A M O W I T Z , a . O . 2 f. ( e v g l . e b d . 3 9 ) .

142

NORDEN 1,140 ff. und ebd. 134 (dort der Begriff des „ P o m p h a f t e n " ; vgl. auch 2,637 A n m . 7 zu pompa).

143

V g l . a u c h K R E T S C H M A N N 1 0 f f . ; LOYEN, a . O . 1 3 8 f.

§ 6. Manieristischer ornatus

— Zum Stilcharakter des Gedichts

23

Sidonius, rät dem Rhetor Sapaudus in einem Brief (CSEL 11, p. 205,26 ff. ut spretis nouitiarum ratiuncularum puerilibus nugis nullum lectitandis his tempus insumas, quae quasdam resonantium sermunculorum taureas rotant et oratoriam fortitudinem plaudentibus concinentiis euirantw. Mamertus polemisiert hier gegen das von ihm als modernistisch eingestufte Wortgeklingel und Reimeffekte in der Rede. 145 Von dieser Manier geben Sidonius' Briefe ein beredtes Zeugnis ab. Aber auch seine Gedichte, die in der Mehrzahl vor den Briefen entstanden sind, weisen auf der Ebene des ornatus typische Merkmale des asianischen Stils auf — und zwar beider Richtungen (siehe oben S. 22). Während die bereits genannten Klangfiguren sowie die Vorliebe für pointierte Antithesen und gewagte Metaphern 146 für die zierlich-preziöse Stilrichtung charakteristisch sind, läßt sich im Stil des Sidonius auch eine „pomphafte" oder „pathetische" 147 Seite erkennen. So verwendet er z.B. auch längere Perioden 148 , neigt zu hyperbolischer Ausdrucksweise 149 und hat eine besondere Vorliebe für (häufig verrätselte) Synekdochen, Metonymien und Periphrasen 150 . ENGELBRECHT)

Sidonius führt damit eine Entwicklung weiter, die in wechselseitiger Beeinflussung von Rhetorik und Poesie eine fortschreitende Angleichung poetischer und prosaischer Diktion brachte. 151 Wichtiges Bindeglied zu Sidonius ist Apuleius, dessen Prosastil — so N O R D E N — „eine völlige Transfusion des prosaischen und poetischen Ausdrucks" zeige. 152 Festzuhalten ist also, daß sich der Stilcharakter des Sidonius (im Anschluß an N O R D E N S Hypothese) als späte Nachwirkung des Asianismus begreifen läßt. Sucht man nach einer epochenübergreifenden, griffigen Bezeichnung für seinen antiklassischen Stil, so bietet sich der von E. R. C U R T I U S eingeführte Begriff 153 des literarischen Manierismus an. Der aus 144

Zu euirant vgl. den Vorwurf, der nach Quint, inst. 12,10,12 dem Cicero gemacht wurde: quem tarnen et suorum homines tempor um incessere audebant ut tumidiorem et Asian um et redundantem ... et in compositione fractum, exultantem et paene, qitod proculabsit, uiro molliorem.

145

D a z u NORDEN 2 , 2 3 7 f.

146

LOYEN, a. O . 1 4 1 . — Z u sententiae

( P o i n t e n , concetti) FRIEDRICH 4 0 f.; WANKE 1 4 7 ; v g l .

a u c h CURTIUS 2 9 5 f. — Ü b e r M e t a p h e r n LOYEN, a. O . 1 4 0 f f . 147 148

149

Vgl. die Zeugnisse zum Pathos gallischer Autoren bei NORDEN 2,635 ff. Satzgefüge, die mehr als drei Verse umfassen, finden sich in carm. 22 in v. 1—6; 7 —10a; 15-19; 101-104; 107-110; 171-178; 194-199. Z.B. v. 5, 27, 73, 110, 115, 119, 121 ff., 171 ff. - Entsprechendes stellt FRIEDRICH 47 für Statius' Silven fest.

150

LOYEN, a . O . 1 4 3 f f .

151

Dazu NORDEN, „Rhetorik und Poesie: Das Altertum" in: Antike Kunstprosa 2, Anhang I: Über die Geschichte des Reims, dort S. 8 8 3 - 8 9 3 . NORDEN 2,603. — Zur Wirkung des Apuleius auf spätere ebd. 625 Anm. 1 und (speziell für Sidonius) 639 Anm. 1 mit Literaturangaben. CURTIUS 277: „Es steht hier nicht zur Erörterung, ob das Wort Manierismus als kunstgeschichtliche Epochenbezeichnung gut gewählt und wie weit es berechtigt ist. Wir dürfen es entlehnen, weil es geeignet ist, eine Lücke der literaturwissenschaftlichen

152

153

24

Einleitung

der Kunstgeschichte übernommene Terminus Manierismus ist zwar (wie Preziosität) ursprünglich mit einer besonderen historischen Periode (dem 16. Jahrhundert) 154 , aber nicht mit einer bestimmten antiklassischen Stilrichtung der Literatur verknüpft. Als überzeitliches Stilmerkmal bringt der Terminus literarischer Manierismus zum Ausdruck, daß „der normale Abstand zwischen Stil und Sache (ohne den es keine Kunstsprache gäbe) ein übermäßiger geworden ist". 155 Französische Preziosität und antiker Asianismus sind besondere historische Erscheinungsformen des literarischen Manierismus. 156 Die von Sidonius bevorzugten Stilfiguren (siehe oben S. 22 f.) sind also an und für sich nicht „manieristisch", sondern werden dies erst „durch gehäuften Gebrauch auf engem Raum, sowie durch eine Verwendung, die weder von der dargestellten Sache erfordert noch aus Zweck und Rang der Darstellung motivierbar ist". 157

§ 7. Die Funktion der Exkurse in carm. 22 Um sich gegen den eventuellen Vorwurf der Weitschweifigkeit zu verteidigen, geht Sidonius im Epilog zu carm. 22 auf die poetologischen Vorgaben ein, die er sich selbst gemacht hat. In dieser für das Verständnis des Gedichtes aufschlußreichen Passage führt er Statius als Vorbild dafür an, daß man einem beschreibenden Gedicht durch Einfügung von Exkursen einen angemessenen Umfang geben müsse (vgl. Kommentar zu epist. § 6 [sc. Statius] semel inchoatas materias decenter extendit). Die Charakterisierung der Exkurse als allgemein anwendbar (siehe Kommentar zu epist. § 6 multis isdemque purpureis locorum communium pannis) zeigt, daß dies keine Forderung nach angemessenen (d. h. zum Thema beitragenden) Exkursen ist, sondern nach einer a n g e m e s s e n e n durch Exkurse erweiterten L ä n g e des Gedichts. Untersucht man die Digressionen von carm. 22 auf ihre Funktion im Kontext hin, bestätigt sich, daß ihre Einfügung nicht unbe-

154

Terminologie auszufüllen. Zu diesem Zweck müssen wir das Wort freilich aller kunstgeschichtlichen Gehalte entleeren und seine Bedeutung so erweitern, daß es nur noch den Generalnenner für alle literarischen Tendenzen bezeichnet, die der Klassik entgegengesetzt sind, mögen sie vorklassisch oder nachklassisch oder mit irgendeiner Klassik gleichzeitig sein. In diesem Sinne verstanden ist der Manierismus eine Konstante der europäischen Literatur. Er ist die Komplementär-Erscheinung zur Klassik aller Epochen." VON WILPERT 494 s. v. Manierismus; VAN DAM 7 mit weiterer Literatur in Anm. 65 (S. 19).

155

FRIEDRICH 3 7 .

156

CURTIUS 7 6 ; W A N K E 1 4 8 f .

157

FRIEDRICH 3 9 ; v g l . a u c h CURTIUS 2 7 7 — 3 0 5 ; CONSOLINO 4 2 5 u n d 4 5 8 f. — E i n e k n a p p e ,

aber treffende Darstellung des manierierten Stils bei H. FRIEDRICH, S. V. Manierismus in: W. H. FRIEDRICH & W. KILLY (Hgg.), Das Fischer Lexikon Literatur 2/2, Frankfurt a . M . 1 9 6 7 , 3 5 3 - 3 5 8 . W e i t e r e L i t e r a t u r bei CANCIK 1 5 0 .

§ 8.

imitatio

und

aemulatio

25

in carm. 22

dingt an inhaltliche Sachdienlichkeit gebunden sein muß und in einigen Fällen ein rein formales Vorgehen darstellt, das mit zum manieristischen Charakter des Gedichts beiträgt. So ist es bei der Darstellung der Begegnung von Bacchus und Apollo zwar durchaus angemessen, dem Hörer zu sagen, in welcher Begleitung diese unterwegs sind, und ein Hinweis auf die Beute aus dem indischen Feldzug ist ebenso gerechtfertigt. Aber Sidonius tut mehr: Er liefert zunächst in vierzehn Versen (v. 23 — 36) eine minutiöse Beschreibung des Bacchus und seines Wagens (dessen Joch und Achse sogar genannt werden, siehe v. 24) und verwendet danach 23 Verse (das sind ca. 10% des Gedichts) auf die detaillierte Schilderung der einzelnen Gruppen der Begleiter und Gefangenen des Gottes (v. 41 —63). Ihren Gipfel erreicht die Abschweifung in dem vier Verse langen Exkurs über die Elefantenhaut (v. 60—63). — Unterschiedlich weit schweifen auch die Digressionen innerhalb der Lokalisierung der Burgus ab. So ist die Springflut in der Gironde mit neun Versen (v. 105 — 113) zwar recht lang, doch als Naturphänomen für die Charakterisierung der Umgebung der Villa interessant. Völlig überflüssig sind aber in diesem Zusammenhang die v. 101 ff. beschriebenen Oberläufe der beiden Flüsse. Die Beschreibung des Sturmes v. 129—135 innerhalb der Darstellung der unteren Thermen (am Flußufer) sagt zwar nichts über die Architektur des Bades aus, aber die mit dem übertretenden Fluß auf das Badgelände gespülten Schiffe haben wohl manchen Besucher der Burgus und vielleicht auch Sidonius amüsiert. Sachlich überflüssig ist dagegen die Schilderung der Funktionsweise der Hypokaustenfeuerung v. 188b—191. — Im Unterschied zu den beiden letztgenannten Exkursen besitzen die katalogischen Exkurse wenn auch keine informative, so doch zumindest elogische Funktion; dazu gehören die Aufzählung der Belagerungsmaschinen, denen — so Sidonius — die Burgus trotzen würde (v. 122 — 125), der in den Thermen nicht 1 5 8 verwendeten Marmorarten (v. 137 — 141) und der in der Webstube versponnenen Materialien (v. 197 — 199). Auch der Katalog der Landschaften, die für ihren Getreideanbau berühmt waren, bzw. ihrer Bewohner (v. 171 — 178) fügt sich als Ausdruck panegyrischer Überhöhung durchaus in den Kontext, nur die beiden letzten Verse (177 f.), die an das Ende des goldenen Zeitalters erinnern, sind (wie der Exkurs über die Elefantenhaut eine Digression innerhalb der Digression) reiner Selbstzweck.

§ 8. imitatio

und aemulatio

in carm.

22

Neben „alexandrinisme" und „asianisme", die die inhaltlich-gedankliche Seite bzw. den ornatus im Werk des Sidonius bestimmen, 159 macht L O Y E N noch ein drittes Moment für die (von ihm als Niedergang ange158

159

Formal vergleichbar ist carm. 9, das zu seinem größten Teil (v. 16 — 317) ein Katalog nicht behandelter Themen ist. Sidonius führt in diesem Gedicht nur aus, was der Leser in den carmina minora n i c h t finden wird. Zu diesem (von LOYEN hervorgehobenen) Aspekten der „preciosite" des Sidonius siehe oben § 6.

26

Einleitung

sehene) Entwicklung der lateinischen Literatur in der Spätantike verantwortlich: „l'influence tyrannique de l'Ecole". 160 Gemeint sind damit Grammatik- und Rhetorikunterricht, „l'un developpant a l'exces l'esprit d'analyse, l'autre s'appliquant a doter l'enfant d'un style oratoire et grandiloquent". 161 Beide Unterrichtsformen verstärkten — so L O Y E N — die Tendenz der Literatur zu einem Ungleichgewicht von Inhalt und Form. 162 Hier kann nicht auf das zu negative Urteil über den antiken Schulunterricht, das in diesen Äußerungen zum Ausdruck kommt, näher eingegangen werden. 163 Auch ist der Einfluß der Schule auf die gesamte Literatur nicht zu leugnen. 164 Man muß aber berücksichtigen, daß das Verhältnis von Literatur und insbesondere von Dichtung und Rhetorik nicht auf eine einfache Formel gebracht werden kann, ζ. B. daß — was die beschreibende Dichtung betrifft — Statius seine Silven den Progymnasmata der Rhetorikschulen oder Prunkvorträgen (μελέται) nachgebildet habe. 165 Viele rhetorische Mittel, Formen und Schemata 16 " haben sich möglicherweise zuerst in der Dichtung entwickelt 167 und von dort Eingang in die rhetorische Theorie gefunden, was seinerseits nicht gegen eine Rückwirkung rhetorischer Lehren auf die Dichtung spricht. 168 Viel stärker aber als an rhetorischen Vorschriften dürften sich die Dichter jeder (auch der spätrömischen) Zeit an ihren Vorbildern in der Dichtung selbst orientiert haben. Die Nachahmung der Klassiker war auch Lehrgegenstand des rhetorischen Schulunterrichts (s. o.). Aber die Prinzipien der imitatio und aemulatio mußten nicht erst von der Rhetorik 169 in die Dichtung

160

LOYEN, L'esprit 1 0 .

161

LOTEN, a . O . 166 (vgl. ebd. 6ff.). — Zum Grammatikunterricht KROLL, Studien 155; STEVENS 3F.; zum Rheotrikunterricht ebd. 5F.; W. KROLL, S.V. Rhetorik: RE Suppl. 7 (1940) 1 0 3 9 - 1 1 3 8 , dort 1 1 1 6 f . (§§36.37). LOYEN, a. O. 8: „Ainsi le desequilibre entre la mievrie, la puerilite meme du fond et l'exuberance de la forme, qui est bien le caractere le plus net de la litterature profane du Bas-Empire, a son correspondant exact dans l'education romaine, et ceci sans doute e x p l i q u e cela" (Sperrung von mir). Vgl. ebd. 165. Eine differenziertere Beurteilung des antiken Schulwesens bei STEVENS 12 ff.; vgl. ferner P. RICHE, Education et culture dans l'occident barbare, VIe—VIII® siecles, Paris 1962.

162

163

164

Vgl. z . B . KROLL, R E a. O . 1 1 3 4 , 3 6 f f . ; STEVENS 1 1 .

165

FRIEDLÄNDER 60 f.; ebd. 102 mit Anm. 4 (zu den Progymnasmata siehe ebd. 83 ff. und zu den μελέται ebd. 86 ff.); CANCIK 35 — 37; vgl. auch die Einleitung zu v. 101 — 115 im Kommentar S. 82. Zur Unterscheidung zwischen rhetorischer Formel (Ζ. B. v. 137 die cedat-Formel) und rhetorischem Schema (z.B. v. 101 ff. die Topothesie v o r der Beschreibung der Villengebäude) allgemein CANCIK 34. Vgl. KROLL, RE a. O. 1048 (§ 8. „Rheotrik in der Poesie"). Vgl. W. SCHMID, Über den kulturgeschichtlichen Zusammenhang und die Bedeutung der griechischen Renaissance in der Römerzeit, Leipzig 1898, 8.

166

167

168

KROLL, R E a . O . 1 1 1 4 , 1 5 f f . u n d e b d . 1 1 3 2 f f .

169

LAUSBERG, H d b . § 1 1 4 4 , S . 5 4 7 u n d 1 1 0 0 , 3 , S . 5 3 0 .

§ 8. imitatio

und aemulatio

in catm. 22

27

übernommen werden, vielmehr ergab sich für die Dichter das ständige Bemühen, literarische Vorbilder gezielt zu rezipieren, sie abzuwandeln und zu übertrumpfen, schon von jeher durch die Verwendung metrisch bequemer Phrasen, die es neu und originell einzusetzen oder zu verändern galt. 170 Die imitatio dient bei Sidonius aber auch dazu, die eigene Belesenheit und Bildung zur Schau und die des Lesers auf die Probe zu stellen; unter diesem Aspekt charakterisiert GUALANDRI 8 5 die imitatio im Werk des Sidonius: „un minuzioso lavorio che si alimenta dei succhi di molte letture e che con i suoi riferimenti celati sembra voler sfidere gli amici — i destinatari piu naturali di questi prodotti — ad una sorta di gara: riconoscere cioe nel prezioso, nel difficile, nell'enigmatico quanto e stato suggerito ed ispirato della furtiva lectio."171 Die von Sidonius am häufigsten rezipierten Autoren sind in carm. 22 Statius (mit Abstand am meisten), Ovid, Claudian und Vergil, gefolgt von Silius, Horaz und Ausonius. PAVLOVSKIS 4 5 stellt unter Bezugnahme auf GEISLERS Index fest: „Carm. 2 2 ... contains numerous echoes of Statius, but the greater part of these stem from Statius' epics, rather than the Silvae, the acknowledged source of the poem." Dazu ist anzumerken: ( 1 ) Da GEISLER nicht zwischen möglichen und wirklichen Vorbildstellen unterscheidet, kann sein Index nicht einfach statistisch für die Frage ausgewertet werden, aus welchen Gedichten Sidonius bei der Abfassung von carm. 22 vor allem geschöpft hat. ( 2 ) Zählt man (unter diesem Vorbehalt) die von GEISLER gesammelten Statius-Parallelen für Theb., Ach. und silv. getrennt, so ergeben sich für die Silven 11, für die Theb. 9 und für die Ach. 3 Stellen. Berücksichtigt man außerdem das Größenverhältnis von silv. und Theb., zeigt sich, daß die Silven in GEISLERS Index weitaus stärker vertreten sind als die epischen Gedichte des Statius. ( 3 ) GEISLER hat einerseits eine Reihe von (möglichen) Nachbildungen nicht verzeichnet, andererseits auch solche Stellen erfaßt, bei denen die Entsprechungen nicht signifikant genug sind, um eine Nachbildung auszuweisen, so z.B. zu v. 42 inpexam faciem Stat. Ach. 1,328 inpexos certo domat ordine crines. Die Gemeinsamkeit beschränkt sich in diesem Fall auf das Vorkommen von inpexus, das aber bei Statius in völlig anderem

170

171

Vgl. KROLL, RE a. O. 1113,51 ff.; ders., „Originalität und Nachahmung" in: Studien 138 — 184; E. BICKEL, Geschichte der römischen Literatur, Heidelberg2 1961, 175 ff.; A. R E I F F , interpretation imitatio und aemulatio. Begriff und Vorstellung literarischer Abhängigkeit bei den Römern, Diss. Köln 1959, 94 (zum rhetorischen Begriff der imitatio = Nachahmung von Stilmustern ebd. 113). — Weitere Literatur bei K E U D E L 12 f. Vgl. epist. 4,16,1 (an Ruricius) ceterum (sc. pagina uestra) eloquii copiam banc praefert, hos olet flores, ut bene appareat non uos manifesta modo uerum furtiua quoque lectione proficere\ dazu GUALANDRI V F .

28

Einleitung

Kontext, anderer Syntax und ohne die Konnotation der Trauergebärde (vgl. Kommentar z. St.) verwendet ist. Viele (auch von G E I S L E R nicht genannte) wörtliche, syntaktische oder klangliche Entsprechungen 1 7 2 sind eher zufallige Übereinstimmungen und vielleicht auf die besondere Eignung der betreffenden Formen für den Hexameter zurückzuführen. 1 7 3 Da aber die Denkvorgänge und Assoziationen, die den Dichter bei der Abfassung seines Stückes bewegten, nicht mehr nachvollziehbar sind 174 , läßt sich die Möglichkeit bewußter oder unbewußter Nachahmung nicht immer mit Gewißheit ausschließen. (4) Eine einzelne Vorbildstelle kann auch da nicht zuverlässig ermittelt werden, w o Parallelen bei mehreren Autoren, formelhafte Wendungen 1 7 5 oder topische Motive 1 7 6 vorliegen. K E U D E L 2 3 bezeichnet solche Stellen als „Vorläufer". Wenn sich an Hand solcher Vorläufer auch keine b e s t i m m t e Abhängigkeit angeben läßt 177 , so sind sie dennoch für die Beurteilung der Originalität eines Autors wichtig, d. h. für die Frage, wie souverän er das von der poetischen Tradition vorgegebene Material behandelt. (5) Selbst w o nur eine mögliche Vorbildstelle angegeben werden kann, ist — abgesehen von der immer vorhandenen Möglichkeit, daß man eine weitere Parallele übersehen hat — stets mit der Lückenhaftigkeit der Überlieferung zu rechnen. 178 Im Kommentar werden (immer unter den genannten Vorbehalten) Vorbildstellen durch Wendungen wie „rezipiert", „verarbeitet", „ahmt nach" o. ä. ausgewiesen; Ausdrücke wie „vgl.", „ähnlich bei", „so auch", „wie ζ. B." zeigen bloße Parallelen (Vorläufer) an. Stellen, die schon von G E I S L E R im Index der Ausgabe von L U E T J O H A N N angeführt wurden, sind durch „(GEISLER)" gekennzeichnet.

Was die Technik der imitatio bei Sidonius betrifft, so übernimmt er seltener vorgeprägte Formulierungen wörtlich 179 , sondern verarbeitet sie 172

Z.B. v. 4 p e r concaua montis und Ambr. hex. 3,3,14per ... concaua montium, v. 12 Pierias ... chordas und Claud. VIcons. 123 Pieriis ... fidibus, v. 71 alarum strepitu und Tib. 2,2,17 strepitantibus ... alis, v. 88 abnegat esse deum und Hyg. fab. 184 negauit deum esse, v. 90 (sc. Niobe) riget inde superba und Auson. epit. 27,3 (p. 81 P E I P E R ) laeta atque superba (sc. Niobe), v. 114 uni ... undae und Mart. 10,51,9 unius ... undae.

173

V g l . KEUDEL 2 3 .

174

KEUDEL 2 2 .

175

Z.B. v. 101 est locus, ... qua, die cedat-Formel (v. 137), Versanfänge wie v. 47 nec non et oder Klauseln wie v. 7 latex habenas (vgl. v. l\),fulta columnis (v. 136). Ζ. Β. v. 1 die Verbindung von Diomedes und Busiris, die sowohl von Statius als auch von Claudian übernommen sein kann oder v. 115 die hyperbolische Betonung der Höhe von Bergen (vgl. die entsprechenden Lemmata im Kommentar). Vgl. K R O L L , Studien 150 ff. Darauf weist KEUDEL 21 f. hin. Dabei handelt es sich meist um Versanfange (z.B. v. 25 marcidus ... nach Stat. Theb. 4,652) oder Klauseln (ζ. B. v. 226 marmora tofum nach luv. 3,20).

176

177 178 179

§ 8. imitatio und aemulatio in carm. 22

29

meist, etwa durch Veränderung der Stellung im Vers 180 , Abwandlung von Formen 1 8 1 , Austausch von Wörtern gegen synonyme 1 8 2 oder nicht-synonyme 1 8 3 Ausdrücke, Kombination mit anderen Vorbildstellen 184 oder freiere Variation, letzteres z.B. in v. 91, w o Sidonius mit der metonymischen Verwendung von uenter für „Leibesfrucht" Ovid nachahmt, der met. 6,192 in dieser Bedeutung das weniger weit abgelegene uterus gebraucht hat (siehe Kommentar z. St.). Oft beschränkt sich die imitatio auf ein einzelnes (erlesenes) Wort, wie ζ. B. v. 222 multicauus nach Ov. met. 8,562, oder eine Besonderheit im Wortgebrauch, so ζ. B. v. 8 die metaphorische Verwendung von carbasa nach Stat. silv. 4,4,89. In diesem Zusammenhang sind auch Gräzismen 185 und Archaismen 186 zu nennen, mit denen Sidonius seine Sprache aufzuhöhen sucht. In einer Reihe von Fällen aber sind Wörter in ungewöhnlicher (d.h. sonst nicht belegter) 187 Bedeutung verwendet. 1 8 8 In dieser geläufigen (siehe Kommentar zu v. 152 quarum unam molli subductam uertice) Erscheinung der Dichtersprache zeigt sich das Prinzip der aemulatio als Bestreben, der Sprache neue Ausdrucksmöglichkeiten abzugewinnen.

180 181

182 183

184

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187

188

Ζ. B. v. 2 Taurica regna Thoantis nach Ov. trist. 4,4,66 nec cupienda bonis regna Thoantis erant. Meist in Klauseln, wie ζ. B. v. 88 moenia linque·. Stat. Theb. 5,495 moenia linquo, aber auch an anderer Versstelle, so ζ. B. v. 83 sese iunxere cborv. Claud. Stil. 2,101 deae iunxere choros. Ζ. B. v. 98 frater natorum nach Sen. Phoe 135 frater suorum liberum. Z.B. v. 132 ipstsque aspergine tectisjimpluit nach Ov. met. 1,572f. summisque aspergine siluisj impluit. Häufig sind mehrere Veränderungen zugleich vorgenommen, siehe ζ. B. Kommentar zu v. 28 f. cum transiit olimjin patrium de matre femur. Z.B. v. 38 Silenus ... numine plenus alumno nach Verg. ecl. 6,14f. Silenum\inflatum hesterno ... laccho (wo die Metonymie), Hör. ars 239 jamulumque dei Silenus alumni (wo die Kombination Silens und seines alumnus) und Ov. met. 4,421, wo der Ausdruck alumno numine vorgegeben ist. Ζ. B. epist. § 3 \odiaci\ planetarum uaga\ § 3 cygno\ § 5 inter scjphos et amystidas\ § 6 distichorum aut tetrastichorum-, v. 65 (119) aera\ 78 sjrmate\ 79 tripodas\ 115 aethera\ 219 apotheca; griechische Eigennamen mit griechischen Kasusendungen: v. 3, 138, 140, 163, 176. Siehe auch G U A L A N D R I 145 ff. Ζ. B. epist. § 1 quispiam-, oppido\ § 3 absque·, § 5 quandoquidem-, v. 9 quisque = quisquis. Siehe auch G U A L A N D R I 163 ff. Soweit dies nach Konsultation der einschlägigen Lexika und — in einigen Fällen — des TLL-Archivs in München (mit aller Vorsicht) gesagt werden kann. Substantive: v. 24 arcus für iugum, 30 uindemia für pampinus, 56 nexus für uinculum, 152 uertex für „Drehung, Biegung", 181 rigor für frigus, 186 diuortium „abzweigendes Leitungsrohr", 200 machina für „Raum" (?); Verben: v. 67 tenere „am Zügel führen", 69 subuolare „hinwegfliegen über", 150 superuenire für praecurrere (vgl. die entsprechenden Lemmata des Kommentars). — Hapax legomena gibt es in carm. 22 zwei: refrondescere (v. 46) und crinisatus (v. 81).

30

Einleitung

§ 9. Prosodie und Metrik in carm. 22 Die Verse des Sidonius sind so korrekt geformt, daß BARET in der Einleitung zu seiner Sidoniusausgabe (1879) behaupten konnte (S. 101): „On remarque moins de licences, en fait de metrique et de prosodie, dans le vers de Sidoine, que dans les poesies de Vergile." In der Tat gibt es in carm. 22 keinen Verstoß gegen prosodische 189 oder metrische Regeln, der über die Freiheiten hinausgeht, die sich die großen Dichter früherer Zeit genommen haben.

a) Prosodisches So entspricht ζ. B. die (einzige) metrische Dehnung (im Gedicht) v. 79 tripodäs vor der Hephthemimeres durchaus einer Freiheit, die sich lateinische Dichter seit Ennius (besonders vor männlicher Hauptzäsur) gestatten. 190 Bezüglich der Behandlung des auslautenden -δ ist festzuhalten, daß von den acht Formen mit ursprünglich langem -o, die sich in carm. 22 finden, eine (v. 12 ergo age) in Elision steht, in zwei Fällen -5 erhalten (v. 96 ergone, 124 testudo) und in den übrigen fünf gekürzt ist. Unter diesen ist v. 17 das Adverb modo, bei dem sich verkürzte Aussprache schon in klassischer Zeit eingebürgert hatte (LEUMANN 1 0 9 ) , sowie v. 88 rogo, das ebenfalls früh pyrrhichisch nachzuweisen ist 191 , und v. 140 (zweimal) »o/o192. Angesichts der Tatsache, daß gekürztes -δ in der 1. Person Singular sich im Spätlatein allgemein durchgesetzt hatte 193 , sind beide Formen nicht weiter auffallig. Auch die Kürzung der Endsilbe von temd (v. 24) ist, wie Stat. Theb. 1,371 (als Name des Sternbilds des Großen Wagens) cui neque Temo piger zeigt, nicht erst bei Sidonius nachzuweisen (in Elision Ov. met. 2,107 temo aureus). Insgesamt habe ich in Sidonius' Gedichten (ohne die in den Briefen veröffentlichten) v o n 159 in Frage kommenden Formen (einschließlich der in Elision oder am Versende stehenden) 29 mit erhaltenem und 71 (oder 4 4 , 7 % ) mit gekürztem -«"gezählt.

189

190

191

192

193

Warum LOYEN l.XLVIII Anm. 2 den Vokativ Durani (v. 103) unter „licences" aufführt, ist nicht einzusehen; denn dieselbe Messung hat auch Auson. Mos. 464 (siehe Kommentar z. St.; vgl. auch R A V E N N A 67 zu carm. 15,44). CRUSIUS-RUBENBAUER §31, S. 28; ferner F. Vollmer, Zur Geschichte des lateinischen Hexameters. Kurze Endsilben in arsi: SBAW 1917,3. R. HARTENBERGER, De Ο finali apud poetas Latinos ab Ennio usque ad Iuvenalem, Diss. Bonn 1911, 99 ff. führt Ov. epist. 11,127 und (in Elision) Hör. epist. 1,1,11 als Beispiele an. Z . B . (nach HARTENBERGER a.O.) Florus v. 1 FPL p. 168 B Ü C H N E R ; Hadr. imp. Frg. 1,1 ebd. p. 169. K Ü H N E R - H O L Z W E I S S I G 1 1 3 ; F. SOMMER, Handbuch der lateinischen Laut- und Formenlehre, Bd. 1: Einleitung und Lautlehre von R. PFISTER, Heidelberg4 1 9 7 7 , 1 1 9 .

§ 9. Prosodie und Metrik in carm. 22

31

Davon entfallen auf die hexametrischen Gedichte 25:45, auf die Distichen 2:11 und auf die hendekasyllabischen Gedichte 2:15 erhaltene gegenüber gekürzten -δ. b) Zäsuren 194 Von den 235 Hexametern haben 175 (74,5%) Penthemimeres mit Nebenzäsur 195 , und zwar 106 (45,1%) mit Hephthemimeres 196 und 69 (29,4%) mit Bukolischer Dihärese 197 . In nur fünf Versen (2,1 %) steht Penthemimeres ohne Nebenzäsur 198 . 43 Verse (18,3%) haben trochäische ( = weibliche) Zäsur im dritten Metrum, alle mit den regelmäßigen (männlichen) Nebenzäsuren im zweiten und vierten M e t r u m w i e z . B . v . 17 dependant\ modo, Bürge\ tibi,\ uel Naidas istic. In 11 Versen (4,7%) findet sich trochäische Zäsur im vierten Metrum mit Penthemimeres 200 verbunden, wie v. 11 nam tua te\ tacitum\ liuere\ silentia clamant. Nur v. 94 ipsa autem\ nato occiso\ Pentheia mater ( = 0,4%) hat Hephthemimeres mit Trithemimeres. 201 c) Versschlüsse Gegen das Verbot von Wortschluß in der 6. Hebung 202 verstößt nur v. 164 ... Lucullus opem fert (siehe Kommentar z. St.), gegen die Regel, die

194

Was die folgenden Bemerkungen zur Hexameterstruktur in carm. 22 betrifft, ist vorauszuschicken, daß ich für das Vorliegen einer Zäsur im Anschluß an W. M E Y E R (Zur Geschichte des griechischen und lateinischen Hexameters, SBAW München 1884, 979 — 1089, dort 1044 f.) nicht syntaktische Einschnitte (Interpunktion), sondern allein Wortende als entscheidend angesehen habe, da anderenfalls viele Verse zäsurlos wären, wie ζ. B. v. 5 parprope transfossi tenebrosum luminis antrum. Außerdem sind Zäsuren rhythmische Einschnitte, die kein Anhalten des Vortrags erfordern und daher mit Sinnespausen nicht konkurrieren.

195

S i e h e MEYER, a. O . 1 0 5 0 f.

196

Z.B. v. 12 Ergo age Pierias,\ Erato,\ mihipercute chordas. 56 Verse (23,8%) haben zusätzlich auch Trithemimeres, wie ζ. B. v. 20 pande igitur] causas,\ Erato,\ laribusque sit ede. Ζ. B. v. 3 atque Ithaci ingenio\ fraudatum\ luce Cyclopa. Davon 30 (12,8%) zusätzlich auch Trithemimeres, wie ζ. B. v. 2 Antiphatae\ mensas\ et Taurica\ regna Thoantis. — Zur sog. Marx'schen Regel und ihrer Beachtung in carm. 22 siehe Kommentar zu v. 41 f i t Ganges. V. 40, 45, 128, 134, 147. — Hephthemimeres als Nebenzäsur wurde auch in Fällen wie v. 93 parcere saepe malum est\ sensum\que inferre dolorem (132, 150, 160, 185) gezählt, da -que metrisch als eigenständiges Wort gelten kann (vgl. M E Y E R , a. O. 1045 f.). Ebenso wurde in v. 193 aemula Palladiitextrina\ educere templis angenommen, daß die Nebenzäsur „nicht fehle, sondern nur durch Elision verdunkelt sei" (MEYER, a. O. 1047.b); keine (verdunkelte) Nebenzäsur wurde jedoch in v. 45 ... captiuo umore refusus gezählt, wo die Synaloephe eine attributive Gruppe verbindet (vgl. v. 94 ipsa autem\ nato occiso\ Pentheia mater'). D . h . Trit- und Hephthemimeres. - Siehe M E Y E R , a. O. 1050 und 1074.

197

198

199 200

Z u d i e s e m T y p MEYER, a. O . 1051 u n d 1075.

201

Bei

202

MEYER, a . O . 1 0 3 3 ff.; DREXLER

MEYER

a. O. Typ „ a + 0 + III". 86.

32

Einleitung

Wortschluß auch in der 5. Hebung untersagt, keiner. 203 Viersilbiges Schlußwort haben in carm. 22 vier Verse, drei davon sind Versus spondiaci 204 : v. 68 circumplexis, 107 incrementis und 201 Iudaeorum. In allen drei Versen ist die Regel, daß das vierte Metrum daktylisch sein muß 205 , beachtet (die Versklausel v. 201 Iudaeorum hat außerdem, wie im Kommentar z. St. angeführt, ihr Vorbild bei Mart. 7,30,5). Beim vierten Vers mit viersilbigem Schlußwort (v. 58 praeda elephanti) handelt es sich um ein griechisches Appellativ, das die Ausnahme rechtfertigt. 206 d) Synaloephen Von insgesamt 37 Synaloephen in carm. 22 verstoßen nur 2 (v. 60 quippe improba cratenr, 181 quippe illa rigori) gegen die sog. LACHMANN'sche Regel 207 , nach der Elision in der Hebung nur dann erlaubt ist, wenn der anlautende Vokal nicht den Wortakzent trägt. Von den übrigen 12 in Hebung stehenden Synaloephen finden sich sechs (v. 3, 57, 90, 96, 187, 210) in der zweiten und je drei in der dritten (v. 96; 105 sowie Aphärese von est v. 93) bzw. vierten (v. 88 und 144, sowie Aphärese von est v. 99) Hebung. In Senkung finden sich — neben der Synizese von aurea im letzten Fuß von v. 146 (vgl. Kommentar z. St.) — 22 Synaloephen, davon zehn ( = 27% von allen Synaloephen des Gedichts) im ersten Metrum 208 , zwei im zweiten 209 , fünf im vierten 210 , eine im fünften (v. 58, vor erstem breve) und vier im letzten Fuß; bis auf v. 42 madenti et (siehe Kommentar z. St.) liegt bei letzteren Aphärese von est vor (v. 95; 218; hart die mit syntaktischem Einschnitt zusammenfallende Aphärese v. 114 undae, est, siehe Kommentar z. St.).

203

Denn Monosyllabon in der 5. Hebung, gefolgt von zwei zweisilbigen Wörtern (so zweimal in carm. 22: v. 124 nec rota currens und 188 hie bona flamma) gestattet sich z.B. auch Vergil (dazu D R E X L E R a. O . ; M E Y E R , a. O . 1 0 3 6 ; N O R D E N , Aen. VI, S . 4 3 7 und 447 f.). — In den übrigen Gedichten läßt Sidonius gelegentlich ein mehrsilbiges Wort mit der 5. Hebung enden, ζ. B. carm. 2 , 4 3 2 seeptrf uice dextra; carm. 5,57 famulä5 satus otirn.

204

V g l . N O R D E N , a. O . 4 4 1 f f .

205

V g l . CRUSIUS-RUBENBAUER § 5 6 , S. 5 3 .

206

207 208

205 2,0

M E Y E R , a. O. 1039; N O R D E N , a. O. 438; siehe auch Kommentar z. St. Dazu C R U S I U S - R U B E N B A U E R § 6 1 , S . 5 5 . Vor dem ersten breve: v. 3, 12, 20, 64; vor dem zweiten breve: v. 27, 65, 73; vor longum: v. 94, 136, 152. V. 76 (vor erstem breve) und 170 (vor longum). Nur vor longum: v. 19, 45, 93, 132, 193.

§10. Überlieferung und Textgestaltung

33

§ 10. Überlieferung und Textgestaltung Seit L U E T J O H A N N S grundlegender Ausgabe werden zur Textherstellung der carmina des Sidonius fünf Handschriften 211 herangezogen, von denen nur vier die Gedichte des Sidonius vollständig bieten: C F Ρ Τ

= = = =

Madrid BNac. F 150, s. X/XI; Paris BN lat. 9551, s. XII; Paris BN lat. 2781, s. X/XI; Florenz BLaur. Plut. 45,23, s. XII.

Die fünfte Handschrift Μ = Florenz S. Marco 554, s. X. überliefert dagegen nur carm. 1 — 8 und die Briefe 212 , die auch in den anderen vier Handschriften enthalten sind. Nur diese ( C F P T ) kommen für carm. 22 in Frage. Für die Abhängigkeitsverhältnisse der Handschriften CFPT Μ ergibt sich nach der Recensio von F R I E D R I C H L E O folgendes Bild: Die Handschriften, in denen die carmina minora überliefert sind {CFPT), gehen aufgrund gemeinsamer Korruptelen (ζ. B. carm. 22 epist. § 6 Flavii Farini statt Flavii Earini)213 auf einen Hyparchetypus (δ) zurück. Wie sich aus der Überlieferung der Briefe ergibt, ist δ selbst kontaminiert. Dabei stammen alle Gedichte (carm. 1 — 24) in δ aus einem Hyparchetypus κ. 214 Auf einen anderen Hyparchetypus (σ), der neben den Briefen nur carm. 1 — 8 enthielt, 215 gehen carm. 1—8 in Μ zurück, wie einige Lücken in Μ (z.B. carm. 2,183 — 548) und verschiedene Trennfehler zeigen (z.B. haben CFPT carm. 7,99 pauor, während allein Μ die richtige Lesart Sapor bietet). 216 In der Überlieferung der Briefe gehen MT häufig in Korruptelen gegen CFP zusammen. Daher muß Τ von einem kontaminierten Hyparchetypus (ε) abhängen, der carm. 1 — 8 vielleicht aus σ (und nur carm. 9 — 2 4 aus δ bzw. Κ) hatte. Dafür sprechen einige von L E O X L I I angeführte gemeinsame Korruptelen von Μ und Τ in carm. 1—8, so ζ. B. carm. 5,411 hinc tarnen] hinc tota M"\ hunc tota MhT2X1\ ebd. 563 suscipit\ suspicit MT; 2,1

LEO X X V ; LUETJOHANN V I ff.; LOYEN 1 , X X X V f f .

212

Μ wurde von zwei Schreibern geschrieben, von denen der zweite („pallidiore atramento et litteris minutioribus insignis") epist. 9,7—16 und carm. 1 — 8, „sed omissis e carm. II vv. 183 — 548 et carm. VIII transposito ante carm. VI", hinzufügte (LUETJOHANN XVI). Weitere Beispiele bei LEO XLI.

213 2,4

LEO X X X V I I I u n d X L I .

215

LEO X X X V .

216

Weitere Beispiele bei LEO XLI f. Zur Bedeutung der hochgestellten Buchstaben (und Zahlen) siehe S. 35 f.

217

Einleitung

34 7,96 cardine]

carmine

MT"\

ebd. 2 6 3 sub]

ab MT.

V o r allem carm. 5,541

scalptoque fluento] scaltoque fluento M\ scalptoque caltoc T" macht die Kontamination v o n σ - und δ-Tradition in ε deutlich. 2 1 8 Obwohl σ und κ auf einen Archetypus zurückgehen — wie mehrere allen Handschriften gemeinsame Korruptelen zeigen 219 — ist die Frage, wie weit Τ (über ε) von σ beeinflußt ist, für die Rekonstruktion der Überlieferung deshalb von Bedeutung, weil Μ (also σ) in carm. 1—8 den Wortlaut des Archetypus genauer zu bewahren scheint 220 und der Vergleich von CFPT und Μ dort (d. h. in carm. 1 — 8) Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit von κ in carm. 9 — 24 erlaubt. 221 In der Überlieferung der Gedichte gehen P T in K o r r u p t e l e n am häufigsten zusammen, nämlich 49mal (14mal in carm. 1 — 8 und 35mal in carm. 9 —24). 2 2 2 Eine vergleichsweise h o m o g e n e G r u p p e bilden CF in den Gedichten nicht; denn CF weisen d o r t nicht wesentlich mehr gemeinsame Fehler (30) auf als FT (28), FP (27), CT (24) und CP (26). 2 2 3 D a h e r rechnet LEO mit K o n t a m i n a t i o n . 2 2 4 Dies ist in A n b e t r a c h t ihres relativ jungen A l t e r s f ü r F und Τ plausibel und w ü r d e die dem Stemma widersprechenden Gemeinsamkeiten erklären. Die G r ü n d e , weshalb LEO

218

219 220 221

222

223

Dazu LEO XLII: „... in ε scriptum fuisse scaltoq.fluento, supra positum scalptoque quod in Τ nomen fluento expulerit darum est ... haec et talia ad eundem fontem hie quoque Μ et Τ revocant." — Unzutreffend ist die Einschätzung von LOYEN, 1,XXXIX f.: „T est ä peu pres inutisable. Leo a cru lui trouver quelque ressemblance lointaine avec M, mais aucun des exemples qu'il cite n'est probant. D'ailleurs ce manuscrit fourmille de ratures, de corrections, ce qui lui enleve une grande part de son autorite." So ζ. B. carm. 7,20 Tegeticus Areas (von SIRMOND zu Tegeaticus Areas emendiert). Weitere Beispiele bei LEO XLI. LEO XLI: „... obiter perlustranti adnotationem nostram apparebit Μ integriorem quam κ lectionem servasse." Ähnlich äußert sich LEO auch p. XLII und XLIII. LEO XLII: „sed quoniam carminum IX —XXIV lectio solo κ nititur, multum interesse videtur scire qui codices ab eo pendentes propius ad Μ accedant in parte carminum ab eo servata." LEO korrigierte damit seine p. XLI gemachte Bemerkung „nec multum refert hoc [d.h. ob carm. 1—8 in Τ aus σ oder κ stammen] diiudicare, siquidem σ et κ ad codicem unum eundemque redire manifeste docent corruptelae omnibus libris communes ..." Gezählt habe ich alle Stellen, an denen TP in LUETJOHANNS Apparat mit gemeinsamem Fehler verzeichnet sind, nicht jedoch die, wo Μ hinzutritt oder Korrekturen vorliegen, die vom gleichen oder einem zweiten Schreiber stammen. — In carm. 23,132 uice C] habe ich cute PT als Fehler gezählt. CF (vgl. vorige Anmerkung) 13 (in carm. 1—8) + 17 (in carm. 9 — 24) gemeinsame Fehler; FT: 8 + 20; FP·. 4 + 23; CT: 12 + 12 (carm. 15,119 habe ich die Lesart von FP adiunetumque als richtig angesehen und CT adiunetamque als Fehler gezählt) und CP: 10 + 16.

224

LEO XLIII zur Überlieferung der Sidoniusgedichte: „In universum igitur archetypi δ lectio certius repraesentatur consensu codicum TP quam CF. quamquam frequenter accidit ut cum Τ consentiat C (...) vel F (...) aut cum Ρ consentiat C (...) vel F (...): id quod non miramur in codicibus quos correcturis in vicem semet infecisse intelleximus." V g l . LOYEN 1 , X L A n m . 2 .

§ 1 0 . Überlieferung und Textgestaltung

35

trotzdem für CF einen gemeinsamen Hyparchetypus annimmt, liegen anscheinend in der Uberlieferung der Briefe. 225 Für die Überlieferung der carmina des Sidonius ergibt sich demnach folgendes Stemma (nach LEO XLI): σ (carm. 1 - 8 )

Μ

κ (carm. 1 - 2 4 )

Τ

Ρ

Λ

C

F

Hin besonderes Problem bilden die Stellen, an denen nur eine Handschrift die richtige Lesart bietet und die übrigen denselben Fehler haben, so z. B. carm. 15,33, wo PT (also δ) paulisper traxit und Fplausiper (wohl Verschreibung aus paulisper) traxit überliefern und nur in C das richtige Pallas protraxit steht.226 Natürlich könnte es sich dabei um eine konjekturale Verbesserung handeln. Es ist aber eine Ermessensfrage, ob man einem mittelalterlichen Schreiber solche Konjekturen zutraut oder eher annimmt, die richtige Lesart sei auf anderen Wegen als den im Stemma verzeichneten überliefert. Man muß zumindest mit der Möglichkeit rechnen, daß die mittelalterliche Überlieferung durch das Stemma nicht vollständig erfaßt wird. So ließe sich auch erklären, daß carm. 22 epist. § 3 allein der eng mit C verwandte Vaticanus lat. 3421, s. X 227 hinter mihi den (in CP FT fehlenden) Namen Iulium Firmicum überliefert (siehe den Kommentar z. St.). Bei der folgenden Wiedergabe des Textes habe ich weitgehend den kritischen Apparat von M Ö H R S Ausgabe übernommen. Den ausführlichsten Apparat bietet L U E T J O H A N N mit allen Sonderfehlern und orthographischen Verschreibungen, die zu reproduzieren ich (bis auf wenige Ausnahmen) nicht für notwendig gehalten habe. Wo ich in der Textherstellung von meinen Vorgängern abgewichen bin, habe ich dies im Kommentar begründet. Mit der Sigle δ bezeichne ich im Apparat die Ubereinstimmung der vier Handschriften CFPT, im Anschluß an L U E T J O H A N N mit hochgestellten Ziffern

225

S i e h e LEO X X X I X

226

W e i t e r e B e i s p i e l e b e i LEO X L I I I .

u n d X L I I f.

227

Diesen Codex beschreibt F. V. GUSTAFSSON, De Apollinari Sidonio emendando, Helsingfors 1882, 4 f. — LUETJOHANN, der die Handschrift kollationierte, bezeichnet sie p. VII als „plane gemellus" von C. Der Vaticanus lat. 3421 gehört also in die erste Handschrift e n f a m i l i e ) . E r s t a m m t a u s d e m 1 0 . J h . ( s o LUETJOHANN a . O . u n d M O H R , p r a e f . p . I I I ; GUSTAFSSON 4 d a t i e r t i h n s. I X / X , CHATELAIN 1 5 4 s. I X ) .

36

Einleitung

(ζ. Β. C'C2) den ersten und den zweiten Schreiber einer Handschrift, mit hochgestellten Kleinbuchstaben (ζ. B. C"Ch) den vom gleichen Schreiber zuerst geschriebenen (C") und danach verbesserten Text (C h ). An Stelle der von L U E T J O H A N N (und im Anschluß an ihn von den späteren Herausgebern) im Apparat verwendeten pauschalen Angabe „vulgo" zur Bezeichnung einer (von der handschriftlichen Überlieferung abweichenden) Lesart der älteren Sidoniusausgaben habe ich diejenige Ausgabe angeführt, in der sich die betreffende Variante zum erstenmal nachweisen läßt. Eine Liste der maßgeblichen früheren Ausgaben findet sich im Literaturverzeichnis.

SIDONIVS P O N T I O L E O N T I O SVO

SALVTEM

1. Dum apud Narbonem quondam Martium dictum, sed nuper factum moras necto, subiit animum quospiam secundum amorem tuum hexametros concinnare uel condere, quibus lectis oppido scires, etsi utrique nostrum disparatis aequo plusculum locis lar familiaris incolitur, non 5 idcirco tam nobis animum dissidere quam patriam. 2. habes igitur hie Dionysum inter triumphi Indici oblectamenta marcentem; habes et Phoebum Anthedii mei perfamiliarem, cuius collegio uir praefectus non modo musicos quosque, uerum etiam geometras, arithmeticos et astrologos disserendi arte superuenit; siquidem nullum hoc exactius compertum habere to censuerim, quid sidera zodiaci obliqua, quid planetarum uaga, quid exotici sparsa praeualeant. 3. nam ita his, ut sic dixerim, membris philosophiae claret, ut uideatur mihi Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum, in libris matheseos peritissimos conditores, absque interprete ingenio tantum suffragante didicisse. nos uestigia doctrinae ipsius adorantes coram canoro is cygno rauum anserem profitemur. quid te amplius moror? Burgum tuam, quo iure amicum decuit, meam feci, probe sciens uel materiam tibi esse placituram, etiamsi ex solido poema displiceat.

BVRGVS PONTII L E O N T I I Bistonii stabulum regis, Busiridis aras, Antiphatae mensas et Taurica regna Thoantis atque Ithaci ingenio fraudatum luce Cyclopa portantem frontis campo per concaua montis 5 par prope transfossi tenebrosum luminis antrum, hospes, adi, si quis Burgum taciturus adisti.

Sidonius pontio leontio salutem F : Epistola Sidonii epi Poncio Leoncio directa inscr. rubr. in C : om. PT praeeunte carm. XXIV in FPT || epist. I. 1 apud Narbonem Vinetus : apud narbonam CFP : narbone apud Τ | quondam CF : quandam Ρ : quendam Τ || 2 uel condere del. Sirmond || 10 exotici CFT: exotica CV J || 12 Iulianum Vertacum, Follonium Saturninum δ : Iulium Firmicum, Follonium Saturninum Vatican. 3421, s. X : Iulium Firmicum, Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum Anderson, fortasse recte (vid. p. 56 seq.) \ Fullonium Sirmond \ follonium δ || E X P L I C I T E P I S T O L A atram., Incipit burgus Poncii leontii rubr. inscr. in C : Burgus poncii leoncii incipit F : sine inscr. PT, sed E X P L I C I T E P L A subscriptum in Ρ || v. 3 Cyclopa Leo (apud L u e t j o h a n n ) : cyclopam δ : cyclopem Vinetus

38

Text

et licet in carmen non passim laxet habenas Phoebus et hie totis non pandat carbasa fandi, quisque tarnen tantos non laudans ore penates 10 inspicis, inspiceris: resonat sine uoce uoluntas; nam tua te taciturn liuere silentia clamant. Ergo age, Pierias, Erato, mihi percute chordas; responsent Satyri: digitumque pedemque mouentes ludant et tremulo non rumpant cantica saltu. 15 quicquid forte Dryas uel quicquid Hamadryas umquam conexis sibimet festum plausere Napaeis, dependant modo, Bürge, tibi, uel Naidas istic, Nereidum chorus alme, doce, cum forte Garumna hue redeunte uenis pontumque in flumine sulcas. 20 pande igitur causas, Erato, laribusque sit ede quis genius; tantum non est sine praesule culmen. Forte sagittiferas Euan populatus Erythras uite capistratas cogebat ad esseda tigres, intrabat duplicem qua temo racemifer arcum. 25 marcidus ipse sedet curru; madet ardua ceruix sudati de rore meri, caput aurea rumpunt cornua et indigenam iaculantur fulminis ignem (sumpserat hoc nascens primum, cum transiit olim in patrium de matre femur); fert tempus utrumque 30 ueris opes rutilosque ligat uindemia flores; cantharus et thyrsus dextra laeuaque feruntur, nec tegit exertos, sed tangit palla lacertos; dulce natant oculi, quos si fors uertat in hostem, attonitos, solum dum cernit, inebriat Indos. 35 tum salebris saliens quotiens se concutit axis, passim deciduo perfunditur orbita musto. Bassaridas, Satyros, Panas Faunosque docebat ludere Silenus iam numine plenus alumno, sed comptus tamen ille caput; nam uertice nudo 40 amissos sertis studet excusare capillos. corniger inde noui fit Ganges pompa triumphi; cernuus inpexam faciem stetit ore madenti et arentes uitreis adiuuit fletibus undas; 8 totis CP •. totus FT || 18 garumna FT : garunna Ρ : garonna C || 22 Euan Pius {cf. carm. 5,231 Euan) : euuan δ : fortasse scrtbendum Euhan [ c f . carm. 9,175 Euhion) || 33 uertat CF : uertit PT I 35 salebris CT ·. salebras FP || 41 fit Ganges pompa CFT : Ganges fit ponpa Ρ (jfortasse recte' Luetjohann)

Text

39

coniectas in uincla manus post terga reuinxit 45 pampinus; hie sensim captiuo umore refusus sponte refrondescit per bracchia roscida palmes. nec non et rapti coniunx ibi uincta mariti it croceas demissa genas uetitaque recondi lampade cum solis radiis Aurora rubebat. so adfuit hie etiam post perdita cinnama Phoenix, formidans mortem sibi non superesse secundam. succedit captiua cohors, quae fercula gazis fert onerata suis; ebur hie hebenusque uel aurum et niueae piceo raptae de pectore bacae 55 gestantur; quicumque nihil sustentat, odoris mittitur in nexus; uideas hie ipsa placere supplicia et uirides uiolis halare catenas, ultima nigrantes incedunt praeda elephanti; informis cui forma gregi: riget hispida dorso 60 uix ferrum passura cutis; quippe improba cratem natiuam nec tela forant, contracta uicissim tensaque terga feris crepitant usuque cauendi pellunt excussis impactum missile rugis. Iamque iter ad Thebas per magnum uictor agebat 65 aera et ad summas erexerat orgia nubes, cum uidet Aonia uenientem Delion arce. grypas et ipse tenet: uultus his laurea curuos fronde lupata ligant; hederis quoque circumplexis pendula lora uirent; sensim fera subuolat ales 70 aerias terraeque uias, ne forte citato alarum strepitu lignosas frangat habenas. aerternum nitet ipse genas; creuere corymbis tempora et auratum uerrit coma concolor axem; laeua parte tenet uasta dulcedine raucam 75 caelato Pythone lyram, pars dextra sagittas continet atque alio resonantes murmure neruos. ibant Pipliades pariter mediumque noueno circumsistentes umbrabant syrmate currum. pendet per teretes tripodas Epidaurius anguis so diffusus sanctum per colla salubria uirus. hie et crinisatas iungebat Pegasus alas, portans doctiloquo facundum crure Crotonem. 54 bacae Mohr : baccae δ || 55 odoris δ : odoros Sirmontf652 ]| 58 elephanti ed. princ. •. elefanti δ || 74 uasta δ : casta Leo || 77 Pipliades Luetjohann : pepliades δ : Pimpliades Vinetus || 82 Crotonem Wilamowit^ : Creontem δ

40

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Vt sese iunxere chori, consurgit uterque fratris in amplexus, sed paulo segnior Euan, es dum pudet instabiles, si surgat, prodere plantas. tum Phoebus: „Quo pergis?" ait, „num forte nocentes, Bacche, petis Thebas? te cretus Echione nempe abnegat esse deum. linque haec, rogo, moenia, linque, et mecum mage flecte rotas, despexit Agaue 90 te colere et nosmet Niobe; riget inde superba, uulnera tot patiens, quot spectat uulnera uentris, optantemque mori grauius dementia fixit; parcere saepe malum est sensumque inferre dolori. ipsa autem nato occiso Pentheia mater, 95 amplius ut furiat, numquid non sana futura est? ergone Aonios colles habitare ualemus, cum patris extincti thalamis potietur adulter, frater natorum, coniunx genetricis habendus, uitricus ipse suus? cordi est si iungere gressum, loo dicam, qua pariter sedem tellure locemus. Est locus, irrigua qua rupe, Garumna, rotate, et tu, qui simili festinus in aequora lapsu exis curuata, Durani muscose, saburra, iam pigrescentes sensim confunditis amnes. 105 currit in aduersum hie pontus multoque recursu flumina quas uoluunt et spernit et expetit undas. at cum summotus lunaribus incrementis ipse Garumna suos in dorsa recolligit aestus, praecipiti fluctu raptim redit atque uidetur no in fontem iam non refluus, sed defluus ire. tum recipit laticem quamuis minor ille minorem stagnanti de fratre suum, turgescit et ipse Oceano propriasque facit sibi litora ripas. hos inter fluuios, uni mage proximus undae, est us aethera mons rumpens alta spectabilis arce, plus celsos habiturus eros uernamque senatum, quem generis princeps Paulinus Pontius olim,

84 Euan Τ : Euuan CF : Euam Ρ : fortasse Euhan {cf. ad v. 22) || 88 haec Luetjohann : his δ || 90 superba Luetjohann : superbum δ || 91 uulnera tot δ : funera tot dubitanter Mohr | uulnera uentris δ : pignora uentris Vinetus || 93 dolori δ : doloris Buecheler (apud L U E T J O H A N N ) || 101 garumna FPT : garonna C {cf. ad v. 18 et 108) || 104 sensim confunditis amnes (omnes F) CFP : confunditis aequoris undas Τ || 106 expetit Τ : expedit CFP || 108 garumna Τ : garunna FP : garonna C {cf. ad v. 18 et 101) || 111 minorem Luetjohann : minore δ || 114 uni δ : Durani Wilamowit£

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cum Latius patriae dominabitur, ambiet altis moenibus, et celsae transmittent aera turres; 120 quarum culminibus sedeant commune micantes pompa uel auxilium; non illos machina muros, non aries, non alta strues uel proximus agger, non quae stridentes torquet catapulta molares, sed nec testudo nec uinea nec rota currens 125 iam positis scalis umquam quassare ualebunt. Cernere iam uideor, quae sint tibi, Bürge, futura (diceris sic); namque domus de flumine surgunt splendentesque sedent per propugnacula thermae, hie cum uexatur piceis aquilonibus aestus, 130 scrupeus asprata latrare crepidine pumex incipit; at fractis saliens e cautibus altum excutitur torrens ipsisque aspergine tectis impluit ac tollit nautas et saepe iocoso ludit naufragio; nam tempestate peracta 135 destituit refluens missas in balnea classes. ipsa autem quantis, quibus aut sunt fulta columnis! cedat puniceo pretiosus liuor in antro Synnados, et Nomadum qui portat eburnea saxa collis et herbosis quae uernant marmora uenis; mo candentem iam nolo Paron, iam nolo Caryston; uilior est rubro quae pendet purpura saxo. et ne posteritas dubitet, quis conditor extet, fixus in introitu lapis est; hie nomina signat auctorum; sed propter aqua, et uestigia pressa us quae rapit et fuso detergit gurgite caenum. sectilibus paries tabulis crustatus ad aurea tecta uenit, fuluo nimis abscondenda metallo; nam locuples fortuna domus non passa latere diuitias prodit, cum sic sua culmina celat. 150 Haec post assurgit duplicemque superuenit aedem porticus ipsa duplex, duplici non cognita plaustro; quarum unam molli subductam uertice curuae obuersis paulum respectant cornibus alae. ipsa diem natum cernit sinuamine dextro, 155 fronte uidens medium, laeuo uisura cadentem.

131 at C : ac FPT || 138 synnados Τ : synnadus CFP \ N o m a d u m Lmtjohann : n u m a d u m δ || 140 Caryston Vinetus : carysten PT : caristen CF || 144 aqua Vinetus : aquam δ | et δ : est dubitanter Mohr || 150 aedem δ : aream Anderson || 152 quarum unam δ : quam rursum Anderson

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non perdit quicquam trino de cardine caeli et totum solem lunata per atria seruat. sacra tridentiferi Iouis hie armenta profundo Pharnacis immergit genitor; percussa securi 160 corpora cornipedum certasque rubescere plagas sanguineo de rore putes; stat uulneris horror uerus, et occisis uiuit pictura quadrigis. Ponticus hinc rector numerosis Cyzicon armis claudit; at hinc sociis consul Lucullus opem fert, 165 compulsusque famis discrimina summa subire inuidet obsesso miles Mithridaticus hosti. enatat hie pelagus Romani militis ardor et chartam madido transportat corpore siccam. Desuper in longum porrectis horrea tectis no crescunt atque amplis angustant fructibus aedes. hue ueniet calidis quantum metit Africa terris, quantum uel Calaber, quantum colit Apulus acer, quanta Leontino turgescit messis aceruo, quantum Mygdonio committunt Gargara sulco, 175 quantum, quae tacitis Cererem uenerata choreis, Attica Triptolemo ciui condebat Eleusin, cum populis hominum glandem linquentibus olim fulua fruge data iam saecula fulua perirent. Porticus ad gelidos patet hinc aestiua triones; 180 hinc calor innocuus thermis hiemalibus exit atque locum {in) tempus mollit; quippe ilia rigori pars est apta magis; nam quod fugit ora Leonis, inde Lycaoniae rabiem male sustinet Vrsae. arcis at in thermas longe uenit altior amnis iss et cadit in montem patulisque canalibus actus circumfert clausum caua per diuortia flumen. Occiduum ad solem post horrea surgit opaca quae dominis hiberna domus: strepit hie bona flamma appositas depasta trabes; sinuata camino 190 ardentis perit unda globi fractoque flagello spargit lentatum per culmina tota uaporem. continuata dehinc uideas quae conditor ausus aemula Palladiis textrina educere templis. hac celsi quondam coniunx reuerenda Leonti,

170 fructibus δ : frugibus Ν. Heinsius || 173 aceruo δ : in aruo N. Heinsius || 181 in addidit Möhr ·. om. δ || 194 hac CT : ac Ρ : hanc F | reuerenda FPT : ueneranda C

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195 qua non ulla magis nurus umquam Pontia gaudet illustris pro sorte uiri, celebrabitur aede uel Syrias uacuasse colus uel serica fila per cannas torsisse leues uel stamine fuluo praegnantis fusi mollitum nesse metallum. 200 parietibus posthinc rutilat quae machina iunctis, fert recutitorum primordia Iudaeorum. perpetuum pictura micat; nec tempore longo depretiata suas turpant pigmenta figuras. Flecteris ad laeuam: te porticus accipit ampla 205 directis curuata uiis, ubi margine summo pendet et artatis stat saxea silua columnis. alta uolubilibus patet hie cenatio ualuis; fusilis euripus propter; cadit unda superne ante fores pendente lacu, uenamque secuti 2io undosa inueniunt nantes cenacula pisces. comminus erigitur uel prima uel extima turris; mos erit hie dominis hibernum sigma locare. huius conspicuo residens in culmine saepe dilectum nostris Musis simul atque capellis 215 aspiciam montem; lauri spatiabor in istis frondibus, hie trepidam credam mihi credere Daphnen. iam si forte gradus geminam conuertis ad Arcton, ut uenias in templa dei, qui maximus ille est, deliciis redolent iunctis apotheca penusque; 220 hie multus tu, frater, eris. iam diuide sedem cessurus mihi fonte meo, quem monte fluentem umbrat multicauus spatioso circite fornix, non eget hie cultu, dedit huic natura decorem. nil fictum placuisse placet, non pompa per artem 225 ulla, resultant! non comet malleus ictu saxa, nec exesum supplebunt marmora tofum. hie fons Castaliae nobis uice sufficit undae. cetera diues habe; colles tua iura tremiscant; captiuos hie solue tuos, et per iuga Burgi 230 laeta relaxatae fiant uineta catenae." Confirmat uocem iamiam prope sobrius istam Silenus, pariterque chori cecinere fauentes: „Nysa, uale Bromio, Phoebo, Parnase biuertex. non istum Naxus, non istum Cirrha requirat, 235 sed mage perpetuo Burgus placitura petatur." 200 quae CF: qua Τ : quam Ρ || 204 laeuam CFP •. laeuum Τ || 233 parnase FT : parnase CP

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5. Ecce, quotiens tibi libuerit pateris capacioribus hilarare conuiuium, misi, quod inter scyphos et amystidas tuas legas. subueneris uerecundiae meae, 20 si in sobrias aures ista non uenerint; nec iniuria hoc ac secus atque aequum est flagito, quandoquidem Baccho meo iudicium decemuirale passuro tempestiuius quam conuenit tribunal erigitur. 6. si quis autem carmen prolixius eatenus duxerit esse culpandum, quod epigrammatis excesserit paucitatem, istum liquido patet neque balneas Etrusci neque Herculem 25 Surrentinum neque comas Flauii Earini neque Tibur Vopisci neque omnino quicquam de Papinii nostri siluulis lectitasse; quas omnes descriptiones uir ille praeiudicatissimus non distichorum aut tetrastichorum stringit angustiis, sed potius, ut lyricus Flaccus in artis poeticae uolumine praecipit, multis isdemque purpureis locorum communium pannis semel inchoatas 30 materias decenter extendit. haec me ad defensionis exemplum posuisse sufficiat, ne haec ipsa longitudinis deprecatio longa uideatur. uale.

epist. I. 24 paucitatem δ : parcitatem dubitanter Mohr || 25 comas Sirmond : cumas δ : cinnas ed. princ. | Earini Sirmond : farini δ {vid. LEO apud LUETJOHANN p. XLI) : Sabini Vinetus || Poncii leonem uilla explicit. Incipit Sid ad Consencium ciuem Narbonensem de laudibus eius ad patris sui itidem Consentii ac N a r b o n e ciuitatis Incipit prefatio F : inscriptionem om. CPT

Kommentar Prosapraefatio Die Prosavorrede gliedert sich inhaltlich in drei Teile, die sich jedoch nicht mit der seit MOHR üblichen Paragrapheneinteilung decken. (1) Der erste Abschnitt enthält in § 1 die Widmung des Gedichts an Pontius Leontius, verbunden mit der Angabe von Entstehungsort und Versmaß. In § 2 macht Sidonius zunächst einige Andeutungen über den Inhalt des Gedichts, beschränkt sich aber auf die Hauptpersonen der Rahmenhandlung (Apoll und Bacchus), in die die Baubeschreibung eingefügt ist. Daß Sidonius das eigentliche Thema, die Rühmung der Villa des Pontius Leontius, verschweigt, könnte darin begründet sein, daß er entweder bei seinem Besuch in der Burgus bereits über seinen Plan zu einem Gedicht gesprochen hatte oder einen gewissen Spannungs- und Überraschungseffekt erzielen wollte. (2) Es folgt das in diesem Kontext unmotiviert erscheinende Lob des Dichters und Redners Anthedius, das den größten Teil von § 2 und die erste Hälfte von § 3 einnimmt. Ob Sidonius einen bestimmten Anlaß gehabt hat, gerade an dieser Stelle die Gelehrsamkeit (insbesondere seine astrologischen Kenntnisse) und Sprachgewandtheit des uns ansonsten unbekannten Mannes (siehe unten zu § 2 Anthedii mei\ vgl. LOYEN, L'esprit 91), so ausführlich zu preisen, können wir nicht mehr sagen. (3) In der Mitte von § 3 wendet sich Sidonius wieder seinem Gedicht zu, wobei er einräumt, daß er sich bei weitem nicht mit Anthedius messen könne. Dabei handelt es sich um eine durch die in Sidonius' Freundeskreis geltenden Umgangsformen gebotene Koketterie, die Lob und Anerkennung entlocken und allzu kritische Stellungnahmen unterdrücken soll (LOYEN, L'esprit 99; CONSOLINO 430 ff.; zur „Bescheidenheitstopik" siehe auch S. 58). 1

(1)

Widmung und Andeutungen

%um Inhalt des

Gedichts

Pontio Leontio: Zur Person Einleitung S. 6 f. § 1. apud Narbonem quondam Martium dictum, sed nuper factum: Seit Livius können circa und apud mit dem Akkusativ bei Städteund Inselnamen den Lokativ ersetzen (HSz 226). — Die 118 v.Chr. gegründete erste außeritalische Bürgerkolonie Roms hieß von Anfang an 1

Zu den Prosavorreden bei Statius, Martial und Ausonius VOLLMER 209; VAN DAM 51 ff. (mit weiterer Literatur); JANSON 107 ff. — Zur Funktion von Prosaeinleitungen zu Gedichten in der spätlateinischen Literatur GRUBER 216 ff.

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Narbo Martins, weil hier, wie Inschriften bezeugen, der Marskult besonders gepflegt wurde (P. GOESLER, s.v. Narbo: RE Suppl. VII [1940] 5 1 5 - 5 4 8 , dort 528). Die schon von SAVARON 168 vorgetragene und jüngst von LOYEN 1,193 Anm. 2 wiederaufgenommene Spekulation, der Name Martins stamme vom nomen gentile des zur Zeit der Gründung amtierenden Konsuls Q. Marcius Rex, hat bereits SIRMOND, „Notae" p. 154 mit Recht zurückgewiesen. — Das Adjektiv Martius kann wörtlich „dem Mars gehörig, heilig, geweiht" o. ä. oder tropisch „kriegerisch" bedeuten. Diese Äquivozität hat Sidonius zu einem Wortspiel gebraucht (LAUSBERG § 150,1, S. 57): In Verbindung mit quondam ... dictum ist Martins wörtlich, bei nuper factum übertragen zu verstehen. Dies ist möglich, weil Narbo in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts tatsächlich Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen war (siehe unten). Das Sinnspiel mit Eigennamen, auch Ambiguum genannt (HSz 711), ist eine Spezialität des Sidonius, vgl. ζ. B. carm. 9,5 f. (an Magnus Felix) Felix nomine, mente, bonore, forma, ...; carm. 16,127 f. (an Bischof Faustus von Riez) quidquid agis, quocumque loci es, semper mihi Faustus,j semper Honoratus, semper quoque Maximus esto\ epist. 4,22,2 (an Leo von Narbonne) Cornelium anteuenis, qui saeculo nostro si reuiuisceret teque qualis in litteris et quantus habeare conspicaretur, modo uerius Tacitus esset·, epist. 8,11,3 v. 36 solo nomine Rusticum uideto. nuper: Wie LOYEN 1,193 Anm. 2 (vgl. 1,146 Anm. 3) richtig gesehen hat, spielt Sidonius auf die Belagerung von Narbo durch den Westgotenkönig Theoderich I. (436/7) an, die durch das Eingreifen des Litorius, eines Unterfeldherrn des Aetius, vereitelt wurde (Prosp. Chron. I, p. 475,1324 MOMMSEN) und fast dreißig Jahre zurücklag (siehe Einleitung S. 10), deren Spuren aber ζ. Z. des Sidonius noch deutlich sichtbar waren 2 . Das Adverb nuper steht also (wie öfters) in weiterem Sinne für „in neueren Zeiten" = „vor längerer Zeit, vor Zeiten" (so GEORGES 2,1227 s.v. nuper II; HAND-TURSELLINUS 4,346 s.v. nuper 3; vgl. auch OLD 1207 s.v. nuper 2), z.B. Cie. nat. deor. 2,126 nuper, id est paucis ante saeclis. Mit nuper stellt Sidonius sein Jahrhundert der um mehr als fünfhundert Jahre zurückliegenden Gründungszeit (quondam) der Kolonie Narbo Martius gegenüber. moras necto: Man kann hier nicht wie LOYEN (L'esprit 85) von der Übernahme eines taciteischen Ausdrucks sprechen; denn erstens ist die Junktur auch bei Seneca (z.B. de ira 3,39,3) belegt (TLL 8: 1470,44ff.), und zweitens bezeichnet sie immer eine beabsichtigte Verzögerung (vgl. OLD 1166 s. v. necto 9b), so auch Tac. ann. 12,14,1 ceterum Gotar^es, nondum 2

Sidon. carm. 23,59 ff. (sc. Narbo) per semirutas superbus arces,j ostendens ueteris decus duelli,\ quassatos geris ictibus molares,/ laudandis pretiosior ruinis.

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satis aucto exercitu, ... nectere moras, locos mutare ... An der vorliegenden Stelle steht mora jedoch in verblaßter Bedeutung für das längere Verweilen an einem Ort (OLD 1132 s.v. mora 6; im TLL 8: 1467,1 ff. sind diese Nuancen leider nicht differenziert), so z.B. Claud, rapt. 3,133 hae longae nocuere morae oder carm. min. 26,66 pigras ... lacunas,\ frigora quis longae blanda dedere morae (siehe auch B I R T , Index p. 541 s. v. mora 2). — Ähnlich abgeschwächt heißt nectere einfach „aneinanderreihen" wie ζ. B. Stat. silv. 2,6,71 f. nectere temptabat iuuenum pulcherrimus illejcum tribus Eleis unam trieterida lustris. — In gleicher Weise verwendet Sidonius die Junktur noch in epist. 4,18,6 si moras nectis (vgl. ebd. § 3 multis ... diebus otiabundus). subiit animum: Der Ausdruck selbst ist schon bei Cicero belegt (OLD 1839 s.v. subeo 11), in Verbindung mit Acl (OLD a. Ο. 12b) seit Livius, so z.B. 45,5,11 subit ... animum in se ... receptam labem, jedoch bedeutet animus dort ohne Konnotation des Voluntativen soviel wie mens. An unserer Stelle steht der Ausdruck dagegen mit bloßem Infinitiv als Subjekt und bezeichnet eine Absicht („in den Sinn kommen"), wobei animus für uoluntas steht, vgl. z.B. Stat. silv. 1,2,58 ipsi (sc. Vener'i) animus nondum nec cordifixa uoluntas. Mit einem solchen Infinitiv verbunden findet sich subit (allerdings ohne animum) öfters bei Plinius d. Α., ζ. Β. nat. 35,49 subit antiquitatem mirari (ebenso nat. 12 praef. 2; 25,23 und 27,1). quospiam secundum amorem tuum hexametros: „irgendwelche Hexameter nach Deinem Geschmack ...". — Durch das Hyperbaton sowie das archaisierende quispiam, das schon im Altlatein obsolet war (HSz 196), wirkt der Ausdruck besonders gewählt. — „Besondere Vorliebe, Geschmack" bedeutet amor im Zusammenhang mit Kostbarkeiten wie Edelsteinen und Kunstgegenständen, aber auch Speisen, so ζ. B. Plin. nat. 9,172 inuasit dein singulorum piscium amor (TLL 1: 1969, 77 ff.). concinnare uel condere: Ob concinnare Denominativ von cinnus, -i m „Mischtrunk" ist und eigentlich „zusammenmischen" heißt ( W A L D E - H O F MANN 1,218) oder mit cincinnus, -/m „Locke" verwandt und in der Bedeutungsentwicklung mit comere vergleichbar ist, das zuerst „schmücken, kämmen" bedeutet, dann aber auch das Ausfeilen und Verzieren der Rede bezeichnen kann (EM 136), ist ungeklärt (OLD 387 s.v. concinno). Concinnare wird jedenfalls seit Gell. 3,17,5 synonym zu conscribere gebraucht (TLL 4: 50, 75 ff.). — Bei der (von ANDERSON und LOYEN übernommenen) Athetese von uel condere übersah SIRMOND zum einen, daß er die durch Alliteration und Assonanz sowie einen schönen Dikretikus hervorgehobene Klausel zerstörte, und zum anderen Sidonius' Vorliebe für Synonymenhäufung (vgl. MOSSBERG 38), wie ζ. B. epist. 2,2,7 tuguria seu mapalia mea\ epist. 2,2,8 piscina ... seu ... baptisterium\ epist. 2,10,1 (sc. linguam Latinam) breui abolitam ... interitamque\ epist. 5,2,1 comere et excolere.

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oppido: Das schon im Altlatein geläufige Steigerungsadverb („sehr") entstammt der Umgangssprache ( H O F M A N N 72 f.) und wurde besonders von archaisierenden Autoren aufgenommen (vgl. TLL 9,2: 752,78 ff.). Mit scire steht es außer an dieser Stelle offenbar nicht, wohl aber mit anderen Verba sentiendi (TLL 9,2: 753,39f.), z.B. Sidon. epoist. 2,10,5 oppido meminens. — GUALANDRI 172 f. Anm. 98 gibt eine Liste der archaischen Wörter, die Sidonius entweder — wie ζ. B. das folgende plusculum — direkt aus der Plautuslektüre oder über die Vermittlung von Autoren wie Gellius, Fronto und Apuleius kannte. lar familiaris: Diese metonymische Bezeichnung des eigenen Hauses (TLL 7,2: 966,7 ff.; ebd. Z. 42 ff.) stellt eine stark gefühlsbetonte Beziehung her, vgl. ζ. B. Cie. Verr. 2,3,27 relinquent arationes, relinquent larem lamiliarem suum ..., ut te praetore ... Aponium, delicias ac uitam tuam ... persequantur? non ... tarn nobis animum dissidere quam patriam: Dissidere besitzt meist übertragene Bedeutung (so ζ. B. Sidon. epist. 2,12,3); in lokalem Sinn ist es seit Verg. Aen. 7,370 seeptris terram quae libera nostris\dissidet externam reor belegt (TLL 5,1: 1466,18 ff.). Hier liegt ein Zeugma vor, da animum übertragenes, patriam räumliches Verständnis verlangt. Ob Sidonius bei der patria des Pontius Leontius an die Burgus, Bordeaux, wo Leontius ebenfalls ein Haus besaß (LOYEN 1,112 Anm. 44), oder einfach Aquitanien dachte, spielt zwar keine große Rolle, da es nicht auf exakte Entfernungsangaben ankommt. Wahrscheinlich ist aber Aquitanien 3 gemeint; denn Sidonius selbst, betrachtete die Auvergne (Aruerni, siehe Einleitung S. 4 Anm. 34) als seine patria (STEVENS 64; BONJOUR 35), wozu als Vergleichspunkt am besten Aquitanien paßt. Vgl. auch die Bezeichnung des Pontius Leontius in epist. 8,12,5 als facile primus Aquitanorum. — Patria bezeichnet bei Sidonius häufig die „ciuitas, le territoire comprenant la ville ou l'on est ne, oü l'on a ses attaches, ou Ton a ve^u son enfance" ( B O N J O U R 25). § 2. habes igitur hie Dionysum inter triumphi Indici oblectamenta marcentem; habes et Phoebum: Sidonius stellt die beiden Hauptpersonen der Rahmenhandlung seines Gedichts vor. D i e A n a p h e r des Prädikats ( h a b e s ... babes') und die zweifach geschlossene Stellung Dionysum inter triumphi Indici oblectamenta marcentem unterstreichen die B e d e u t u n g der Stelle, die aber v o n ANDERSON und LOYEN anders v e r s t a n d e n

3

Aquitanien ist dabei im ursprünglichen Sinn zu verstehen (Caes. Gall. 1,1,2 Gallos ab Aquitanis Garunnaflumen ... diuidit). Als Verwaltungseinheit reichte die Provinz Aquitania (seit Augustus) bis zur Loire, Schloß die Auvergne also ein. Unter Diokletian wurde Aquitanien dreigeteilt in Aquitania I im NO, Aquitania II im NW und die Nouempopulana im S, die dem ursprünglichen Aquitanien entsprach.

Kommentar

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wurde. Nach ANDERSON (1,260 Anm. 1) verbirgt sich nämlich hinter Phoebus der Sohn des Leontius, Paulinus (PLRE 2,847); ANDERSON verwies dabei auf den in carm. 9,304 erwähnten Paulinus, der aber (wie ANDERSON 1,194 Anm. 2 zu dieser Stelle selbst vermutet) eher der berühmte Bischof von Nola gleichen Namens sein dürfte. LOYEN (1,193 Anm. 3) dagegen glaubt, es handele sich um innerhalb eines Literatenzirkels verwendete Decknamen, wobei Phoebus Pontius Leontius oder Sidonius selbst und Dionysus der Sohn des ersteren sei. LOYEN begründet seine Auffassung mit dem Hinweis auf epist. 8,11,3, wo Sidonius berichtet, der Dichter und Grammatiker Lampridius und er hätten einander Orpheus bzw. Phoebus genannt. Es ist aber erstens verfehlt, hinter einem der beiden Götter den jungen Paulinus zu vermuten, da es kein Indiz dafür gibt, daß dieser irgendwelche dichterischen Ambitionen hatte; sein Name wird nämlich nur einmal (Sidon. epist. 8,12,5) eher beiläufig genannt. Und warum sollte Paulinus auch abgeschlafft (marcentem) sein — und gar nach einem Triumph über die Inder? Zweitens kann Pontius Leontius nicht Phoebus sein, weil von diesem im anschließenden Relativsatz behauptet wird, er sei aus einer Gottheit zum inquilinus der Burgus geworden, d. h. dort nicht geboren, sondern zugezogen, was von einem direkten Nachfahren des Erbauers der Burgus zu behaupten absurd wäre. Drittens kann auch Sidonius unmöglich inquilinus sein, da er allenfalls hospes war. Viertens würde Sidonius nicht, wenn er selbst Phoebus wäre, zugleich weiter in der ersten Person von sich reden (illum ... Phoebum Anthedii mei perjamiliarem). Es wäre fünftens überhaupt unbegreiflich, wieso Leontius oder Sidonius „aus einer Gottheit" (ex numine) zum Bewohner der Burgus geworden sein sollten. Außerdem ist es sechstens nur schwer vorstellbar, daß Sidonius keinen Hinweis auf eine hintergründige Bedeutung der Namen gegeben hätte. Im Text findet sich jedenfalls nicht der kleinste Anhaltspunkt dafür. Ganz anders in epist. 8,11,3, wo durch die Bezeichnung der von Sidonius und Lampridius verwendeten Namen Phoebus und Orpheus als ioca, erkennbar gemacht ist, daß es sich um Spitznamen handelt. Der hier von MESTURINI 268 erhobene Einwand, im Gegensatz zu Lupus von Troyes, dem Adressaten von epist. 8,11, habe Pontius den Sinn der Namen gekannt, stellt, solange nicht erwiesen ist, daß Sidonius und Leontius einander tatsächlich Phoebus bzw. Bacchus nannten, eine Petitio principii dar (zu MESTURINIS Auffassung, nicht nur Phoebus, sondern auch Dionysos sei Sidonius selbst, siehe Einleitung S. 16 f.). Hic ist auf das folgende Gedicht zu beziehen, so daß sich der Text als Anspielung auf die Handlung erklärt: Dem v o n der Siegesfeier „erschlaff-

ten" (vgl. v. 25 marcidus) Dionysos begegnet während seiner Rückkehr aus Indien (v. 21—63) Apoll, der von Hellas auf die Burgus übersiedeln will (v. 64 ff.). t r i u m p h i Indici: Möglicherweise wurde Sidonius zu seiner ausführlichen Darstellung des triumphierenden Dionysos (v. 21 —63) durch eines der spätantiken griechischen Dionysosepen — den 48 Bücher umfassenden „Dionysiaka" des Nonnos Panopolitanus (mit dem Indienzug in B. 14—40) aus dem fünften oder den fragmentarisch erhaltenen „Bassarika" des Dionysios in 14 Büchern aus dem dritten oder vierten Jahrhundert (E. HEITSCH, Die griechischen Dichterfragmente der römischen Kaiserzeit, Bd. I2, Göttingen 1963: Nr. 19, Frg. 1 - 1 4 , S. 6 0 - 7 0 )

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Kommentar

— angeregt. Nach LOYEN beschränkte sich allerdings die Kenntnis der griechischen Literatur im Kreis des Sidonius auf wenige Werke (L'esprit 26 — 30), und bei dem, was Sidonius im Laufe des Gedichts über den aus Indien zurückkehrenden Dionysos mitteilt, handelt es sich um solche Details, die er auch den Anspielungen römischer Dichter (neben Vergil, Ovid und Seneca d. J. besonders Statius und Claudian) auf den Indienfeldzug entnehmen konnte (siehe Kommentar zu v. 2 1 - 6 3 ) .

oblectamenta: Hier die in Prosa seit Cicero gebräuchliche Form des Wortes (TLL 9,2: 80,34), während in der Dichtung anscheinend oblectamen bevorzugt wurde (vgl. TLL 9,2: 60,15 ff.). marcentem: Marcere bedeutet „schlaff sein" infolge von Untätigkeit oder Ausschweifung. Das Verb wurde in der klassischen Prosa gemieden (vgl. TLL 8: 372,17 ff.). Hier ist Erschlaffung durch Weingenuß gemeint, wie auch bei Stat. Theb. 4,667 (ebenfalls über Dionysos) ore et pectore marcet. quem tibi iure poetico inquilinum ... factum ex numine: Der Ausdruck ius poeticum, in dem ius soviel wie licentia bedeutet (TLL 7,2: 691,53ff.; vgl. z.B. Quint, inst. 4,1,58 poetica licentia·, Tert. anim. 57,12 licentiae poetarum), findet sich zum erstenmal bei Quint, inst. 1,5,12 at in eadem uitii geminatione „Mettioeo Fufetioeo" dicens Ennius poetico iure defenditur. ANDERSON, der (a. O . ) hinter diesen Worten eine Anspielung auf das dichterische Talent des jungen Paulinus vermutet, scheint unter iure poetico das „Privileg eines Dichters" zu verstehen, Phoebus genannt zu werden: „Phoebus ..., who, ..., is for you a god no longer but rather, through a poet's privilege, an inmate of your house." Ähnlich übersetzt auch LOYEN (a. Ο.), nach dessen Ansicht es jedoch Pontius Leontius oder Sidonius sein müßten, die „kraft dichterischen Vorrechts" den Namen Phoebus für sich in Anspruch nehmen: „Phebus, qui de dieu qu'il etait est devenu, ..., ton locataire par privilege poetique". Da beide Hypothesen, wie oben gezeigt wurde, abzulehnen sind, ergibt sich auch für das Verständnis von iure poetico ein neuer Sinnzusammenhang:

Gemeint ist die dichterische Freiheit der Fiktion, mit der Sidonius Apoll und Bacchus auf die Burgus übersiedeln läßt. Der Relativsatz bezieht sich zwar nur auf Phoebus, gilt aber sinngemäß natürlich ebenso für Dionysos, da dieser von Apoll überredet wird, mit ihm zu gehen (siehe v. 8 6 - 1 0 0 und 220b-230). A N D E R S O N 1,261 verstand den Dativ tibi als Dativus iudicantis: „who . . . i s for you, ..., an inmate of your house." Dies wollte Sidonius aber sicher nicht sagen, da es bedeuten würde, daß die Aussage allein in der Vorstellungswelt des Pontius Leontius gültig wäre; tibi ist vielmehr als adverbaler Dativus sympatheticus (HSz 95) aufzufassen, und so übersetzt auch L O Y E N 1,132: „qui ... est devenu, ..., ton locataire".

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inquilinum: M E S T U R I N I 2 6 8 glaubt, die Bezeichnung inquilinus beziehe sich auf Sidonius' Aufenthalt „come ospite" bei Pontius Leontius; inquilinus ist jedoch nicht = hospes, sondern bezeichnet im engeren Sinn einen zugezogenen Mitbewohner oder Mieter im Gegensatz zum Hausherren (TLL 7,1: 1807,76ff.). So sind z.B. die an der Garonne ansässig gewordenen Westgoten eine „zugezogene, d. h. eingewanderte Kriegerschar" (epist. 8,9,5 v. 42 ff. Eorice, tuae manus rogantur,\ut Martern ualidus per inquilinum! defendat tenuem Garumna Thjbrim). — Bei der Formulierung der Passage könnte Sidonius durch Min. Fei. 7,5 magis sunt (sc. templa deorum) augusta numinibus incolis,praesentibus, inquilinis quam cultu ... opulenta beeinflußt worden sein. factum ex numine: Ex bezeichnet in einem solchen Kontext den früheren Zustand, den eine Person vor einer bestimmten Veränderung einnahm (TLL 5,2: 1100,23 ff.); vgl. Serv. Verg. Aen. 8,275 sunt enim numina ... aliqua media: quos deos Apuleius medioximos uocat, hoc est qui ex hominibus diifiunt ... Varro dicit deos alios esse, qui ab initio certi et sempiterni sunt, alios, qui immortales ex hominibus facti sunt. Ähnliche Formulierungen begegnen häufiger, so ζ. B. Cie. nat. deor. 3,39 in Graecia habent multos ex hominibus deos\ Aug. civ. 8,26 uerum et iste (sc. Mercurius), sicut Aesculapius, ex homine deus. — Numen, ursprünglich die sichtbare Willensäußerung oder in Erscheinung getretene Macht einer Gottheit (W. P Ö T S C H E R , Numen: Gymn. 66, 1959, 353 — 374, besonders 378), bezeichnet seit der augusteischen Zeit auch die göttliche Person selbst, und so, d.h. für deus (OLD 1202 s.v. numen 6) steht das Wort z.B. auch bei Sidon. carm. 1,3 certauere suum uenerari numina numen. — Sidonius impliziert mit dieser Formulierung demnach, daß Apoll und Bacchus als Bewohner der Burgus keine großen olympischen Götter mehr sind. Aus der in v. 20 f. des anschließenden Gedichts an die Muse gerichteten Frage laribusque sit edejquis genius geht aber unmißverständlich hervor, daß die beiden Götter zu den genii loci der Burgus geworden sind. Die Genien sind also keine Götter in strengem Sinn; denn obwohl sie ihren speziellen Kult besaßen (G. WISSOWA, Religion und Kultus der Römer, München 2 1912 [ND 1971] 1 7 5 - 1 8 1 ) , standen sie in der Hierarchie der göttlichen Wesen auf einer tieferen Stufe als die eigentlichen Götter (Apoll, Artemis, Aphrodite usw.) und wurden als (gute) Geister betrachtet, ζ. B. Aug. civ. 7,6 Dicit ... Varro ... aetherias animas esse astra ac stellas, eos caelestes deos non modo ... esse, sed etiam uideri; inter lunae ... gyrum et nimborum ... cacumina aerias esse animas, sed eas ... non oculis uideri et uocari heroas et lares et genios. Weiterentwickelt wurde diese Vorstellung in der neuplatonischen Dämonenlehre (L. PRELLER, Rom. Mythologie, 2 Bde., Berlin 3 1881 [ND 1978] 1,84), von der Sidonius ζ. B. durch Apuleius' Schrift De deo Socratis wissen konnte (zu Apuleius als Vorbildautor für Sidonius siehe LOYEN, L'esprit 5 f. u. 30 f.). Daß er mehrere Stufen des Göttlichen unterschieden hat, zeigt jedenfalls carm. 1,11 ff., wo er zwischen caelicoli und semidei differenziert, wobei

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mit letzteren die Naturdämonen gemeint sind: sedpost caelicolas etiam mediocria ferturj cantica semideum sustinuisse deus.jtunc Faunis Dry ades Saty risque Mimallones aptae ... Genien sind diesen Naturdämonen insofern vergleichbar, als beide Geister sind, die Lebewesen oder Örtlichkeiten innewohnen können, vgl. Serv. auct. Verg. georg. 1,302 genium dicebant antiqui naturalem deum uniuscumque loci uel rei uel hominis (siehe auch PRELLER a. O. 7 5 ff.).

constat: Bedeutet nicht „es ist bekannt', wie A N D E R S O N ( 1 , 2 6 1 : „as is all known") und L O Y E N ( 1 , 1 3 2 : „comme chacun sait") auf Grund ihrer Theorie (s. o. zu § 2 habes igitur hie Dionysum inter triumphi Indici oblectamenta marcentem; habes et Phoebum) annehmen mußten, sondern „es ist offensichtlich" ( O L D 421 s. v. consto 9a), und bezieht sich auf den fiktiven Charakter der Aussage: (Phoebus,) „der offenkundig auf Grund dichterischer Freiheit vom Gott zu Deinem Mitbewohner geworden ist." — Zu dieser Bedeutung v o n constat vgl. Tac. ann. 1 3 , 1 6 , 4 at Agrippinaie) is pauor ... emicuit, ut

perinde ignaram fuisse atque Octauiam ...

constiterit.

(2) Lob des Anthedius ilium scilicet Phoebum Anthedii mei perfamiliarem: In fließendem Übergang folgt die Rühmung des Anthedius. Scilicet („nämlich, wohlgemerkt") kennzeichnet einen Zusatz (häufig in Form einer Apposition) als eigentlich selbstverständlich (OLD 1703 s.v. scilicet 5a), ζ. B. Sen. cons. Helv. 5,2 nondum in auxilium mei ualidus in aliena castra confugi, earum scilicet, qui facile se ac suos tuentur. Perfamiliaris steht seit Cicero mit dem Genitiv für einen besonders nahestehenden Freund ( O L D 1337 s.v. perfamiliaris 2b), die Bezeichnung eines Gottes aber als {per)familiaris eines Menschen scheint in Verbindung mit dem Genitiv singulär zu sein (umgekehrt H A Claud. 2,4 Mosen solum,

dei, ut Iudaeorum libri loquuntur,

familiarem).

Für den Dativ finden sich einige Belege (TLL 6,1: 251,31 ff.): Quint, decl. 323, p. 270,5 RITTER numen et mihi maxime familiarem ... inuoco\ Arnob. nat. 1,35 quid ... uobis esse contenditis familiares deos, inimicos ... nobis? [Auson.] Perioch. Od. VI, p. 395,11 f. PEIPER (SC. Vlixes ad templum Athenae prouectus) ibi ... familiare sibi numen solita precatione ueneratur. — Das Praefix per- besitzt steigernde Funktion und diente — vermutlich zuerst in der Umgangssprache — in Zusammensetzungen mit Adjektiven und Adverbien zur Umschreibung des Elativs (HSz 163 f.).

Anthedii mei: Anthedius, den Sidonius noch in carm. 9,312 und epist. 8,11,2 als gallischen Dichter seiner Zeit erwähnt, stammte vermutlich aus Perigueux (LOYEN 3,201 Anm. 41) und muß oft im Haus des Pontius Leontius verkehrt haben (LOYEN, L'esprit 91), da die Huldigung seiner Bildung und Beredsamkeit an dieser Stelle vorauszusetzen scheint, daß er das neue Gedicht als einer der ersten zu lesen

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bekam. Sein Interesse galt besonders der Astrologie, da sie im Lob, das Sidonius ihm zollt, eine besondere Rolle spielt.

illum ... Phoebum: Ille geht bereits im Altlatein eine stehende Verbindung mit Götternamen ein (R. S. CONWAY, Η. C. F. WALTERS, Restorations and Emendations in Livy I - V : CQ 4 [1910] 2 6 7 - 2 7 6 , dort 269) und erfüllt dabei (ähnlich wie bei einem Superlativ, vgl. v. 219) die Funktion des bestimmten Artikels (TLL 7,1: 357,5 ff.; HSz 192). cuius (i. e. Phoebi) collegio vir praefectus: „(nämlich jenen Phoebus, der meinem Anthedius bestens vertraut ist, und) über dessen Zunft dieser Mann gesetzt ist, der alle Musikkundigen ..." Es handelt sich um eine Metapher, durch die die überragenden Fähigkeiten des Anthedius hervorgehoben werden sollen (zu Sidonius' Vorliebe für Metaphern LOYEN, L'esprit 140 ff.). ANDERSON (1,260 Anm. 1) und LOYEN (1,193 Anm. 3) glauben, daß Anthedius der Präsident eines Dichterkollegiums gewesen sei (und übersetzen „head" bzw. „prefet"). Das kann zwar nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, doch ist es viel naheliegender, praefectus prädikativ aufzufassen.

Collegium ist hier wohl kaum, wie ANDERSON (a. O . : „poetical society or institute"), LOYEN (a. Ο . , vgl. L'esprit 97 f.) und MESTURINI 2 6 6 f. glauben, ein real existierender Verein von Gelehrten und Dichtern, sondern die Zunft des Apoll im weiteren Sinn (TLL 3: 1 5 9 8 , 2 5 ff.), zu der all diejenigen gehören, die sich durch künstlerische oder wissenschaftliche Leistungen auszeichnen. Daß an Apoll hier besonders als Gott der Wahrsagerei, der auch für die Astrologie zuständig ist (DE LA VILLE DE MIRMONT 3 0 4 ) , gedacht ist, ergibt sich erst aus den nachfolgenden Ausführungen. — In epist. 4 , 1 1 , 1 gebraucht Sidonius collegium für die Anhängerschaft der neuplatonischen Philosophie: (sc. Claudianus Mamertus) a collegio ... conplatonicorum solo habitu ac fide dissociabatur. Wichtiger ist der Brief des Ausonius an Paulinus von Nola, in dem die Gemeinschaft der von den Musen inspirierten Literaten als collegium bezeichnet wird (Auson. epist. 2 8 , 3 5 p. 2 8 4 PEIPER) primus in Aonidum qui te collegia duxi. Vir steht hier in der Funktion eines stark betonten (KSt 1,618 Anm. 1) Demonstrativpronomens und weist auf Anthedii mei zurück, während das Relativum cuius sich auf das dem Genitiv Anthedii mei übergeordnete Phoebum ... perfamiliarem bezieht. Durch diese doppelte Bezugnahme auf zwei verschiedene Nomina des übergeordneten Satzes wird die Konstruktion des Relativsatzes etwas undurchsichtig. Ungewöhnlich ist ferner, daß uir, während es sonst nur in den obliquen Kasus für is eingesetzt wird — wie ζ. B. Sali. lug. 70,5 Bomilcar ... litteras ad eum (sc. Nabdalsam) ... mittit, in quis mollitiam socordiamque uiri accusare — hier als Subjekt erscheint (OLD 2070 s. v. uir 6).

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musicos quosque ... geometras, arithmeticos et astrologos:Quosque steht zwar nur hinter dem ersten Glied der Aufzählung, gehört aber sinngemäß auch zu geometras usw. — Zum Gebrauch von quisque bei Sidonius siehe M O H R ( 1 8 8 6 ) 1 5 - 1 7 . Es handelt sich um die vier mathematischen Disziplinen, die bereits der Sophist Hippias lehrte (Plat. Prot. 318e) und vermutlich schon die Pythagoräer unterschieden haben (MARROU 92). Sie sind unter dem gemeinsamen Namen quadriuium (erstmals bei Boeth, arithm. 1,1 p. 9,28 FRIEDLEIN belegt) bekannt. — Zusammen mit Grammatik, Dialektik und Rhetorik, für die im neunten Jahrhundert die Bezeichnung triuium aufkam (H. FUCHS, S.V. Enkyklios Paideia: RAC 5 [1962] 365 — 398, dort 386), wurden sie spätestens im ersten Jahrhundert v.Chr. zum Kanon der sieben artes liberales zusammengefaßt (MARROU 245).

disserendi arte superuenit: Bei Cicero (ζ. B. fin. 1,26 disserendi artem nullam babuit (sc. Epicurus)·, de or. 2,157 und ac. 1,5) die Fähigkeit logischen Argumentierens (TLL 5,1: 1462,47 ff.), hier aber allgemeiner als „Darstellungskunst" zu verstehen, wobei disserere für exponere oder enarrare steht (TLL 5,1: 1459,38 ff.). - In der Bedeutung „überholen" bezieht sich superuenire gewöhnlich auf zeitliche Abläufe ( B L A I S E 799 s. v. superuenio II), so z.B. Stat. Arch. 1,148 uis festina (sc. Achillis) tenues ... superuenit annos. Sidonius verwendet das Verb öfters an Stelle von superare als Synonym zu praestare alicui ( M O S S B E R G 94), so z.B., auch Cassian. inst. 5 , 4 , 1 hic magnanimitatis, ... iste laboris studio superuenit ceteros. siquidem ... censuerim: Mit si und quidem eingeleitete Nebensätze haben schon bei Cicero oft kausale Funktion. Daraus entwickelte sich zu Anfang des fünften Jahrhunderts die koordinierende Partikel siquidem (= nam\ siehe HSz 6 7 3 f . ; B L A I S E 7 6 2 s.v. siquidem 2 ) , die auch wie enim nachgestellt werden kann, so bei Sidonius ( G R U P E , Index 4 7 9 ) an 5 von 18 Stellen. Da es auch hier einen erläuternden Hauptsatz einleitet, darf man es nicht wie L U E T J O H A N N in zwei Worten schreiben. Vgl. auch zu quandoquidem (Epilog § 5). — Der Konjunktiv censuerim ist potential. quid sidera zodiaci obliqua, quid planetarum uaga, quid exotici s p a r s a p r a e u a l e a n t : Der indirekte Fragesatz besteht aus einem Trikolon, dessen Glieder durch Anapher des Fragepronomens verbunden sowie durch ihr gemeinsames Subjekt und Prädikat gerahmt sind. Sidera, das sinngemäß zu planetarum uaga und exotici sparsa zu ergänzen ist, steht dabei nur in bezug auf das zweite Glied für einzelne Himmelskörper, im ersten und dritten für ganze „Sternbilder" (OLD 1757 s. v. sidus 3a).

zodiaci obliqua: Der Tierkreis, auch ordo oder circulus signorum genannt, führt obliquus beinahe als ständiges Beiwort, ζ. B. Verg. georg. 1,239; Manil. 1,257; 3,319 (nur circulus)·, Firm. math. 1,10,5; Amp. 1,4. — Sidonius bezieht das Adjektiv in einer Enallage auf die einzelnen Tierkreiszeichen (TLL 9,2: 100,22 ff.).

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planetarum uaga: Der im Spätlatein häufiger werdende Genitivus inhaerentiae (HSz 63 f.) ist die Verbindung zweier Synonyme, auch — wie hier — eines griechischen Wortes und seiner lateinischen Übersetzung, z.B. Vitr. 5,5,5 symphoniae consonantiam und Prud. perist. 10,838 hymnum ... carminis Dauiticr, vgl. (mit Adjektiv statt Genitiv) Auson. ecl. 5,2 p. 97 PEIPER errantes ... planetae. — Vaga findet sich als Attribut zu sidera schon bei [Sen.] Octav. 1 (vgl. die Junktur stellas ... uagas bei Lucan. 9,12 und Cens. 13,1), Claud. Stil. 1,63 und carm. min. 43,2. exotici sparsa: Wir erwarten, daß an dieser Stelle diejenigen Sterne genannt werden, die weder zum Tierkreis noch zu den Planeten zählen; daher übersetzten A N D E R S O N und L Y O N auch gemäß der von S I R M O N D („Notae", p. 154) vorgeschlagenen Interpretation, als stehe exotici für extra %odiacum sc. posita. Da aber exoticus immer nur „auswärtig, fremdländisch" heißt (TLL 5,2: ff.), versieht B . REHM im TLL-Artikel zu exoticus diese Deutung mit einem Fragezeichen und erwägt die Konjektur diexodici (ebd. Z. 38 ff.). Das ist jedoch abwegig; denn erstens ist dieses Adjektiv gar nicht belegt, und zweitens bedeutet das entsprechende griechische Wort „durchgehend" (LIDDELL-SCOTT 4 2 5 ) . Daß das zu Grunde liegende Substantiv διέξοδος „Umlaufbahn" heißen kann, ist in unserem Zusammenhang ebensowenig hilfreich. 1596,41

Über allen Zweifel erhaben ist die Ablehnung der (u. a. von S I R M O N D , und B A R E T übernommenen) Lesart exotica ( Ρ ) durch S A V A RON, p. 169 z. St.; es handelt sich bei dieser eindeutig um eine Glättung des durch die Aussparung des Beziehungswortes zu exotici schwer verständlichen Ausdrucks. Deshalb änderte auch der Schreiber der Handschrift F das ursprüngliche exotici nachträglich in exotica um. Welches aber das zu ergänzende Substantiv ist, ergibt sich erst aus dem richtigen Verständnis des Attributs exotici, und dies ist ebenfalls schon in den Notae S A V A R O N S (p. 169) zu lesen; demnach steht exoticus hier für das synonyme barbaricus, das seinerseits ein echter terminus technicus ist, den jeder Sternkundige kannte. Sidonius bringt ihn, so wie er es liebt, in verschlüsselter Gestalt. ELMENHORST

Als sphaera barbarica hatte Nigidius Figulus (100—45 v. Chr.) den Sternhimmel nach Art der Ägypter und Babylonier im Gegensatz zu dem nach Art der Griechen bezeichnet (F. BOLL, Sphaera, Leipzig 1903, 359). Den ersten Teil seines astrologischen Werkes bildete die sphaera graecanica, die den Tierkreis und seine Paranatellonta mit zugehörigen Sagen umfaßte, den zweiten, kürzeren Teil nahm die sphaera barbarica ein (ebd. 357 f.). Die beiden Himmelsgloben unterschieden sich nicht nach der Aufteilung der Breitengrade, sondern in der Abgrenzung der Sternbilder, ihren Namen und Sagen (ebd. 352 ff.). Schon bei Manilius erscheinen dann griechische und ägyptische bzw. babylonische Sternbilder nicht mehr getrennt, und bei Firmicus Maternus (math. 8,5—31) figuriert das aus Vermengung von griechischen und orientalischen Elementen gewonnene Bild des zu beiden Seiten

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des Tierkreises gelegenen Sternenhimmels einzig unter der Bezeichnung sphaera barbarica (BOLL, a. O. 412); darin werden die außerzodiakalen Sternbilder (und Einzelsterne) als παρανατέλλοντα (bzw. παρανατέλλοντες), d. h. wie sie rechts und links von jedem Tierkreiszeichen mit diesem auf- und untergehen (ebd. 76 f.), sowie die Wirkungen jedes Grades im Tierkreis beschrieben (ebd. 395 — 412). Daher ist sinngemäß caeli zu exotici zu ergänzen und der ganze Ausdruck als Übersetzung des griechischen Terminus sphaera barbarica zu verstehen: „die verstreuten Sternbilder der beiderseits des Tierkreises gelegen Himmelssphaere". quid ... praeualeant: Hier wird besonders deutlich, daß Sternenkunde für Sidonius und seine Freunde vornehmlich als Astrologie begriffen wurde ( M A R R O U 2 5 2 ; D E L A V I L L E D E M I R M O N T 3 0 5 ff.). — Praeualere bezeichnet hier die größere Kraft einer Sterngruppe im Vergleich zu den beiden anderen: „in welcher Hinsicht die schiefen Sternzeichen des Tierkreises, in welcher die Planeten und in welcher die Außerzodiakalgestirne größeren Einfluß haben." Dementsprechend übersetzen A N D E R S O N 1 , 2 6 1 und L O Y E N 1 , 1 3 2 mit „the special influences" bzw. „les influences spezifiques". Zu diesem Gebrauch von praeualere vgl. ζ. B. Quint, inst. 6,2,9 hos (sc. affectus) ad perturbationem, illos ad beneuolentiam praeualere. Die Stelle der Präpositionalausdrücke bei Quintilian vertritt bei Sidonius der adverbiale Inhaltsakkusativ quid (OLD 1560 s.v. quis 15: „in what respect? to what extent?"). In bezug auf die Einflüsse von Himmelskörpern auf irdisches Geschehen steht praeualere bei Plin. nat. 1 8 , 2 7 5 (über nachtfrostbedingte Ernteschäden) talis iniuria non f i t nisi interlunio plenaue luna, hoc est praeualente. § 3. membris philosophiae: „Teilbereiche der Gelehrsamkeit", die mehr umfaßt als das, was wir unter Philosophie verstehen. So zählt Sidonius in epist. 5,2,1 außer den sog. sieben freien Künsten auch Metrik und Architektur darunter. — Die vermutlich auf Cicero (ζ. B. nat. deor. 1,9 omnes autem eius [i. e. philosophiae] partes atque omnia membra tum facillume noscuntur) zurückgehende Metapher (TLL 8 : 6 4 4 , 9 ff.) verwendet Sidonius noch in carm. 14 praef. § 2 musicam et astrologiam, quae sunt infra arithmeticam consequentia membra philosophiae ... Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum: Die Namen der beiden Autoren sind uns nur durch Sidonius bekannt. Er nennt sie noch in epist. 8 , 1 1 , 1 0 Vertacum, Thrasybulum, Saturninum sollicitus euoluas. Saturninus und Vertacus waren vielleicht Zeitgenossen des im dritten Jahrhundert lebenden mathematicus Thrasybulus ( D E L A V I L L E D E M I R M O N T 3 0 9 ; vgl. L O Y E N 3,202 A n m .

49).

CFPT überliefern Iulianum Vertacum, Follonium Saturninum (diese Lesart bezeugt SAVARON p. 169 auch für die von ihm als „Ms. meus optimae notae"

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bezeichnete Handschrift). Der Codex Vaticanus lat. 3421 (s. X) bietet Iulium Firmicum, Follonium Saturninum.4 L U E T J O H A N N 244 setzt Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum in den Text und vermerkt dazu i. App.: „Iulium Firmicum inserit post mihi Vaticanus 3421". Diese Formulierung ist irreführend, da sie impliziert, der Vaticanus biete alle drei Namen (was nicht der Fall ist). Möglicherweise durch dieses Mißverständnis verleitet, formulierte M O H R 328 i. App. z. St. „post mihi add[it ] (Sperrung von mir) iulium firmicum Vatican. 3421" und bemerkte dazu: „fort, recte". A N D E R S O N nahm schließlich Iulium Firmicum in den Text auf und fügte den Namen den beiden anderen, von CFPT gegebenen, hinzu (ebenso L O Y E N ) . Wenn CFPT den richtigen Text bieten (a), müßte man annehmen, daß der Schreiber des Vaticanus oder seiner Vorlage (den unbekannten Namen) Iulianum Vertacum durch (den bekannten) Iulium Firmicum ersetzt habe — vermutlich weil er durch Sidonius' Bezeichnung der genannten Astrologen als in libris matheseos peritissimos conditores an die (335/7 entstandenen) Matheseos libri VIII des Iulius Firmicus Maternus erinnert wurde. Dagegen spricht aber, daß der Schreiber Vor- und Familiennamen, hingegen nicht das cognomen Maternus genannt hätte. Außerdem wissen wir nicht, ob bereits im 10. Jh. (wie heute) nur die Schriften des Firmicus und nicht auch noch solche des Vertacus bekannt waren. Folglich ist obige Annahme, der eine Name habe im Vaticanus 3421 den anderen verdrängt, nicht zwingend. Es ist also möglich, daß A N D E R S O N S Konjektur das richtige trifft und Sidonius tatsächlich drei Namen (Iulium Firmicum, Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum) geschrieben hat. Dafür könnte sprechen, daß er auch in epist. 8,11,10 (siehe oben) drei Autoren nennt. In diesem Fall (b) müssen in der Überlieferung zwei voneinander unabhängige Auslassungsfehler aufgetreten sein. Ein solches Zusammentreffen scheint zwar recht unwahrscheinlich zu sein, doch wären beide Fehler durch Haplographie erklärbar: Die Auslassung des ersten Namens in CFPT könnte dadurch veranlaßt sein, daß der Vorname des zweiten Autors mit denselben Silben beginnt wie der des ersten (Iulium ... Iulianum), der Ausfall des zweiten Namens im Vaticanus 3421 dadurch, daß die Nachnamen der beiden ersten Autoren mit derselben Silbe {-cum) enden. — Keine der beiden Möglichkeiten (a/b) läßt sich mit Sicherheit ausschließen. Die ed. princ. hat iuliü firmicü. falloniü. saturninü, wobei der zweite Name durch Interpunktion und falschen Vokal entstellt ist, Pius Iulium Firmicum, Sammonicü, Saturninum, eine Variante, die von keiner Handschrift bezeugt ist (so C H A T E L A I N 160, dessen Angaben über den Wortlaut der Stelle in der ed. princ. und bei DE W O W E R E N allerdings falsch sind) und die auch V I N E T U S , D E W O W E R E N , S A V A R O N übernahmen. Die Nennung des Antiquars Serenus Sammonicus (ermordet 212 n. Chr.) paßt nicht zu den Astrologen (in libris matheseos peritissimos conditores) und ist von Pius möglicherweise (aus carm. 14 epist. § 3) interpoliert, um den in der ed. princ. entstellten Namen (falloniü) zu emendieren. — S I R M O N D kontaminierte diese Variante dann anscheinend mit dem von S A V A R O N in den Notae für seine Handschrift und von CFPT bezeugten Text (siehe oben) zu Iulium Firmicum, Sammonicum, Iulianum Vertacum, Fullonium Saturninum. 4

Ich danke an dieser Stelle Prof. G. CAVALLO (Rom), der den Vatican. 3421 für mich einsah und mir die Lesart der Handschrift brieflich mitteilte. — Den genauen Wortlaut des Vaticanus 3 4 2 1 gibt auch CHATELAIN 160.

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SIRMOND emendierte Follonium zu Fullonium, vermutlich weil der Name etymologisch mit fullonius (Adj. zu fullo „Tuchwalker") identisch zu sein scheint (zur Vertauschung von u und ο vgl. zu v. 18 Garumna).

in libris matheseos ... conditores: Mathesis ist ein anderer Name für Astrologie (TLL 8: 473,13 ff.), erst später (seit Boeth. arithm. 1 praef. p. 5,6) auch Sammelbezeichnung der vier mathematischen Disziplinen (TLL 8: 473,8 ff.). — Gewählt für „Autor" ist conditor zuerst belegt bei Paneg. in Mess. 4 humilis tantis sim conditor factis (TLL 4: 146,70 ff.). absque interprete ... didicisse: Discere bedeutet hier soviel wie „studieren" (TLL 5,1: 1333,10 ff.), vgl. ζ. B. Auson. epist. 22,57 p. 264 PEIPER iterum fas est didicisse Maronem (zur Metonymie ,Autorname für Werk' HSz 827). Absque mit dem Ablativ wurde von den Archaisten (Fronto und Gellius) als Synonym zu sine eingeführt, von den christlichen Autoren übernommen und drang sogar in die Volkssprache ein (HSz 258). — Interpres bedeutet hier nicht „Übersetzer" (TLL 7,1: 2253,22 ff.), sondern „Erklärer, Kommentator" (TLL 7,1: 2251,55ff.), wie z.B. Cie. div. 1,34 quorum omnium interpretes, ut grammatici poetarum, proxume ad eorum quos interpretantur diuinitatem uidentur accedere. In ähnlicher Weise, wie mit IuHanum Vertacum usw. die Werke der genannten Autoren (siehe oben), ist mit interprete die erläuternde Schrift, der „Kommentar" gemeint. ingenio tantum suffragante: Der Ablativus absolutus ist das positive Korrelat zu absque interprete, das dadurch erst richtig verständlich wird. — Suffragari bedeutet eigentlich „für jmdn. stimmen" und steht mit dem Dativ; doch kann es schon in klassischer Prosa auch als Synonym zu adiuuare dienen und transitiv gebraucht werden (OLD 1862 s. v. suffragor 2).

(3) Bescheidene Bewertung der eigenen Dichtung Zur Bescheidenheitstopik in Prosavorreden JANSON 1 2 4 ff.; GRUBER 2 1 6 . — Sidonius gibt der Überzeugung Ausdruck, wenigstens der Gegenstand des Gedichtes werde bei seinem Adressaten Gefallen finden, wenn auch das Gedicht selbst (aus stilistischer Unzulänglichkeit) mißfallen sollte. Es handelt sich um eine Variante des Bescheidenheitstopos „importance of content rather than of form" (so die Formulierung von JANSON 1 3 3 ) .

nos: Durch das Asyndeton adversativum (HSz 830) leitet Sidonius zu seiner eigenen Dichtung über, wobei er sowohl die Bildung (uestigia doctrinae ipsius adorantes) als auch das Sprachvermögen (coram canoro dygno rauum anserem profitemur\ vgl. carm. 9,312 dulcem Anthedion) des Anthedius als dem seinen weit überlegen einschätzt.

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doctrinae ipsius: ANDERSON 1,261 versteht ipsius als Demonstrativpronomen (vgl. M O H R , praef. XIV) und Attribut zu doctrinae („such learning"), während LOYEN 1 , 1 3 3 es wörtlich nimmt: „la science en personne". In beiden Übersetzungen wird die von Sidonius beabsichtigte Antithese (nos — ipsius) nicht deutlich. Ipsius ist Genitivus possessivus und steht für eius. Ipse ersetzt zwar im Spätlatein wie idem häufiger das Demonstrativpronomen (HSz 190; M Ü L L E R 88), im Genitiv konnte es jedoch zu jeder Zeit das nicht-reflexive Possessivpronomen vertreten (TLL 7,2: 3 2 5 , 3 6 ff.). Auch für die Stellung in Abhängigkeit von einem Substantiv, das selbst im Genitiv steht, gibt es ausreichend Belege (ebd. Z. 52 ff.). uestigia ... adorantes: Abgewandeltes Zitat aus Stat. Theb. 1 2 , 8 1 7 (wo die „Fußspuren" der Aeneis gemeint sind) uestigia semper adora ( G E I S LER). — Zu adorare vgl. noch Sidon. carm. 9 , 3 0 3 quos multo minor ipse plus adorojPaulinum Ampeliumque Symmachumque. coram canoro cygno rauum anserem profitemur: Die gegensätzlichen Stimmen der Singvögel werden durch die dreifache c-Alliteration der ersten und die beiden r-Laute sowie den Leitvokal α der zweiten Wortgruppe untermalt. — Sidonius zitiert hier Symm. epist. 1,1,4 liceat inter olores canoros anserem strepere, der seinerseits auf Verg. ecl. 9,36 (sc. uideor) argutos inter strepere anser olores zurückgreift (GEISLER), ersetzt aber das lateinische olor durch das griechische Lehnwort cygnus und drückt das kreischende Schnattern der Gänse nicht verbal {strepere), sondern durch das Adjektiv rauus aus. rauum: Von Horaz her (epod. 16,33 credula nec räuos timeant armenta leones und carm. 3 , 2 7 , 3 räua ... lupa) kannte Sidonius das Adjektiv räuus „grau", das er in carm. 13,4 ille Cleoneae guttura räua ferae (sc. confregerit) verwendet hat. Hier aber und in epist. 8 , 1 1 , 3 v. 4 9 (siehe unten) sowie 9,2,2 anseres rauos handelt es sich um ein anderes Wort mit kurzem Stammvokal, das sonst nur noch bei Paul. Fest. p. 3 5 5 L I N D S A Y raua uox rauca et parum liquida, proxima canum latratum sonans belegt ist. Dieses räuus gehört zur Schallwurzel *re- (in ahd. reren „röhren") wie auch rugire und rumor (EM 565, WALDE-HOFMANN 2,421) und steckt auch in raucus < *raui-cos (LEUMANN 340 f.). Es ist ein archaisches Wort, da es außerhalb der Grammatikertradition nur durch das bei Plautus und Apuleius im Akk. Sg. belegte *räuis, -is f. „Heiserkeit" bezeugt ist (OLD 1578 s. v. rauis\ [bei LEWIS-SHORT 1528 falsch als räuis gemessen, vgl. Pit. Aul. 336 ubi si quid poscam, usque ad räuim poscam prius. Cist. 304 expurigato hercle omnia ad raucam räuim.}). Da dieses kurzstämmige rauus also fast ganz außer Gebrauch gekommen war, wußte Sidonius es prosodisch nicht mehr von räuus „grau" zu unterscheiden und hielt beide für homonym, wie aus der falschen Messung in carm. 5,563 pellitus rauum praeconem suspicit hostis und epist. 8,11,3 v. 49 hic cum festa dies eiere räuos/ cantus coeperit hervorgeht. Daß er aber auf jeden Fall die beiden Bedeutungen

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getrennt hat, ist nicht nur durch carm. 13,4, sondern auch die Tatsache gesichert, daß die Grammatiker, aus deren Lektüre Sidonius das Adjektiv mit der Bedeutung „heiser" wahrscheinlich kannte, es vom besagten Farbadjektiv räuus „grau" unterschieden haben; vgl. Paul. Fest. p. 339 LINDSAY raut coloris appellantur, qui sunt inter flaues et caesios (blaugrau). — Siehe auch GUALANDRI 101 mit Anm. 95.

profitemur: Profiten kann in der Bedeutung „sich bekennen" schon bei Caesar mit dem doppelten Akkusativ konstruiert werden, ζ. B. Gall. 5,38,4 (sc. Ambiorix Neruiis) se ad earn rem profitetur adiutorem (KSt 1,295 f.). Burgum tuam: Etymologisch ist der Name Burgus identisch mit dem Appellativ burgus, -i m (zur Etymologie des Wortes Einleitung S. 8 f.), das aus dem griechischen πύργος „Turm" entlehnt ist ( P E N N I N C K 14 ff.). Es war der militärische Fachausdruck für einen Wachtturm im Grenzgebiet des Reiches und ist zuerst in einer aus Thrakien stammenden Inschrift von 151/2 n. Chr. (AnnEpigr 1957, p. 81 Nr. 279, Z . 4 und 9) belegt (siehe auch C. S C H U CHARDT, Ursprung und Wanderung des Wohnturms: SPA, Philosophisch-Historische Klasse 1929, Heft 23, 4 3 7 - 4 7 2 , dort S. 451).

Bei der Burgus des Pontius Leontius handelt es sich aber nicht um einen solchen Wachtturm, sondern um den aus mehreren Gebäuden bestehenden Herrschaftssitz eines Großgrundbesitzers (siehe v. 228 — 230). Dies ist neben dem femininen Genus (vgl. noch v. 235) ein sicheres Zeichen dafür, daß Burgus hier Ortsname und daher groß zu schreiben ist (TLL 2: 2250,35 ff.). Tatsächlich heißt auch heute noch die am Ort der ehemaligen Villa gelegene Stadt 2?0»rg-sur-Gironde ( J . MOREAU, Supplement au Dictionnaire de Geographie Historique de la Gaule et de la France, Paris 1983, 47). Den Namen verdankte die Villa des Pontius Leontius zweifellos ihrer erhöhten Lage und der turmbewehrten Umfassungsmauer (v. 118 — 125).

Das feminine Genus ist aber keineswegs, wie P E N N I N C K 1 0 f. glaubt, auf den Einfluß des germanischen *burgs, das weiblich ist, zurückzuführen, sondern erklärt sich daraus, daß in Analogie zu den aus dem Griechischen übernommenen Städte- und Inselnamen auf -us, die von alters her feminin waren (z.B. Stat. Theb. 4,105 Olenos oder ebd. 126 Pjlos), auch nichtgriechische Ortsnamen, vielleicht beeinflußt durch den übergeordneten Gattungsbegriff urbs, insula oder uilla, weibliches Geschlecht angenommen haben (HSz 8 ; M Ü L L E R 2 4 f.). Der Gattungsbegriff kann immer als Apposition, oft hinter einem Possessivpronomen, ergänzt werden, ζ. B. Sidon. carm. 5,576 Lugdunumque tuam (sc. urbem); carm. 18,1 Auitacum ... nostram (sc. uillam) und epist. 8,8,1 tua ... Taionacus (die Villa des Syagrius). Ebenso feminin sind Acincus in carm. 5,107 (sonst Acincum, siehe LOYEN 1,176 Anm. 16), Tarentus in carm. 5,430 (bei Sillus immer maskulin), Lirinus (carm. 16,104) sowie Hebromagus (heute Bram), das aquitanische Gut des Paulinus von Nola bei Auson. epist. 26,35 (p. 275 PEIPER).

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quo iure: d. h. poetico

(vgl. § 2).

meam feci: Insofern die Burgus Gegenstand eines seiner Gedichte geworden ist, gehört sie fortan auch Sidonius. uel materiam tibi esse placituram, etiamsi ex solido poema displiceat: Schon in klassischer Prosa steht uel vereinzelt für saltern in der Bedeutung „wenigstens" (OLD 2022 s. v. uel 6). — Zu materia vgl. zu epist. § 6 semel inchoatas materias decenter extendit. — Die Antithese wird durch die organische Paronomasie ( L A U S B E R G §279, S. 90) placituram ... displiceat zusätzlich hervorgehoben. Ähnlich ζ. B. in epist. 8,11,3 puto hanc (sc. paginam) liberius o f f e r r i , quam si aliquid ... lugubre componens, qui non placebam per eloquentiam, ob materiam discplicerem. Der adverbiale Ausdruck ex solido „ganz, vollständig" ( B L A I S E 764 s. v. solidus 2; TLL 5,2: 1125,5 f.) ist nach dem Vorbild von ex parte gebildet. Der früheste Beleg scheint Hil. in Matth. 10,20 (SC 254, p. 240 D O I G N O N ) saluis nobis ex solido futuris. Bei Sidonius noch epist. 2,7,1 und 6 , 1 0 , 1 ( G R U P E , Index 479 und M O S S B E R G 66).

BVRGVS p o n t i i

leontii

(1) v. 1 —11: Apostrophierung

des

Besuchers

In Form einer Anrede an den Besucher macht Sidonius zu Beginn deutlich, daß jeder, der einmal in der Burgus war, sein Lob nicht verweigern sollte. — In der Einleitung von rühmenden Gedichten wird die Notwendigkeit, gebührendes Lob zu zollen, bisweilen dadurch betont, daß die Unterlassung als Frevel hingestellt wird, z.B. Auson. urb. 20,1 ff. (p. 152 PEIPER) Impia iamdudum condemno silentia, quod te,j ο patria, ... j ... / nort interprimas memorem ... und Claud, carm. min. 26,7f. (über die Aponus-Quelle) Nonne reus Musis pariter Njmphisque tenebor,f si tacitus soli praetereare mihi. — Sidonius variiert und erweitert diesen Exordial topos, indem er, anstatt in der ersten Person zu sprechen, den undankbaren, schweigenden Besucher der Burgus anredet (v. 6 hospes, ..., st quis ... adisti) und auffordert, fünf mythische Unholde (v. 1 — 5: Diomedes, Busiris, Antiphates, Thoas und Polyphem) aufzusuchen, die für die Ermordung der bei ihnen angekommenen Fremden bekannt waren. Sidonius spricht dabei nicht von Frevel oder Schuld (vgl. impia und reus bei Auson. und Claud.), sondern führt das Verschweigen des Lobs auf den Neid des Besuchers zurück (v. 11 te ... liuere)·, vgl. Lucian. Dom. 1 οίκον δέ τις ίδών ... κάλλει κάλλιστον ... θαυμάσας μόνον απεισι κωφόν αύτόν και αλογον καταλιπών, ... ώσπερ τις αναυδος ή φθόνφ σιωπάν έγνωκώς; 1 Bistonii stabulum regis, Busiridis aras: Der Vers kombiniert ein abgewandeltes Lucanzitat (2,163 ... Bistonii stabulis ... tjranni) mit einem vergilianischen Versschluß (georg. 3,5), so daß sich die Alliteration Bistonii ... Busiridis ergibt. — Die Kombination von Diomedes und Busiris war

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vorgegeben durch Stat. Theb. 12,155 f. Busiridos arasj Odrysiique famem stabuli (GEISLER) und Claud. Ruf. 1,254 f. Ο mites Diomedis equil Busiridis arae/ dementes! 2

Antiphatae mensas: Sidonius muß hier keineswegs, wie PAV45 Anm. 112 annimmt, allein von Stat. silv. l,3,84f. ... litusque cruenti/ Antiphatae (GEISLER) abhängig sein; denn derselbe Genitiv steht auch bei Ov. met. 14,249 Antiphatae memores inmansuetique Cjclopis und Claud, carm. min. 30,22 Antiphatae uitata James am Hexameteranfang. LOVSKIS

Taurica regna Thoantis: Die wohl von Ov. trist. 4,4,66 nec cupienda bonis regna Thoantis erant übernommene Junktur regna Thoantis ergänzte Sidonius um das mit Thoantis alliterierende Attribut Taurica. Die Taurer pflegten jeden Ankömmling von einer jungfräulichen Diana-Priesterin opfern zu lassen (ζ. B. Ov. Pont. 3,2,45 ff.). Unter der Herrschaft des Thoas (G. WIRTH, s.v. Thoas [5]: Kl. Pauly 5, 1975, 770f.) mußte Iphigenia, nachdem sie vor ihrer Opferung in Aulis von Artemis/Diana zu den Taurern entrückt worden war, dieses Amt ausüben.

3 Ithaci: In Vers 3 — 5 wird ein Bild des geblendeten Zyklopen Polyphem gezeichnet. — Ithacus ist seit Verg. Aen. 2,104 eine geläufige Periphrase für Vlixes; im Genitiv ζ. B. Aen. 2,128 und Ov. met. 14,169. fraudatum luce Cyclopa: Sidonius rezipiert Claud, carm. min. 30,24 lumine fraudatus Cyclops mit leichten Veränderungen, und zwar Nom. statt Akk., luce statt lumine, geschlossene Stellung; vgl. noch Paneg. in Mess. 57 Aetnaeae Neptunius incola rupisj victa Maroneo foedatus lumina Baccho. Überliefert ist Cyclopam, das von LEO emendiert wurde (siehe LUETJOHANN i. App.); denn bei griechischen Namen ist die griechische Endung des Akk. Sing, der dritten Deklination auf -a in der lateinischen Dichtung beliebt. Auch Sidonius v e r w e n d e t sie mehrfach, ζ. B. Memnona (carm. 2 , 5 2 1 ) ; Castora (5,182); Thesea (5,288); Phaetonta (7,405). D e r Plur. Cyclopas steht in carm. 2 3 , 2 0 1 (siehe GRUPE, Index 4 5 0 ; MÜLLER 1 0 f.).

4 portantem ftontis campo per concaua montis: Der Klang dieses Verses wird durch Leitvokal ο und Leitkonsonant p bestimmt. — Der lokale Ablativ ohne adjektivisches Attribut auch in v. 59 riget ... dorso; in dieser Funktion wird der attributlose Ablativ von Appellativen in klassischer Prosa gemieden (HSz 146 Zus. b). — Ähnlich steht campus für die Fläche einer Glatze bei Mart. 10,83,3 latum nitidae ... caluaej campum. per concaua montis: Der Genitivus partitivus beim N. Plur. von Adjektiven ist ein schon in der altlateinischen Dichtung gebräuchlicher Gräzismus (HSz 53). Die gleiche Periphrase für antrum bei Ambr. hex. 3,3,14 aquae diffusae per ... concaua montium ...

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5 par prope transfossi tenebrosum luminis antrum: Der Vers wird durch die gesperrte Wortgruppe par ... antrum gerahmt; p- und /-Alliteration bestimmen den Klang der Wortfolge vor der Dihärese, die von einem einsilbigen über ein zwei- und dreisilbiges bis zu einem viersilbigen Wort aufsteigt. — Par prope, „beinahe gleich groß" (OLD 1292 s. v. par la: „matching in magnitude"), wie z.B. auch bei Liv. 21,29,3 caedes ... prope par utrimque fuit. Der Vergleichspunkt für die Augenhöhle des Zyklopen ist durch concaua montis gegeben. — Zur Hyperbole der Aussage vgl. Sen. Thy 1084 montibus\ stabant pares Gigantes. transfossi tenebrosum luminis antrum: Parallelismus, in dem beide Wortgruppen (transfossi ... luminis und tenebrosum ... antrum) mit Hyperbaton und Voranstellung der Attribute so verschränkt sind, daß Adjektive und Substantive jeweils zusammenstehen (Typ abAB) wie ζ. B. Verg. Aen. 6,142 hoc tibi pulchra suum Proserpina munus (dazu E. NORDEN, Komm, zu Aen. VI, S. 393 — 398; vgl. HSz 691). — Die Metapher luminis antrum für „Augenhöhlen" scheint nur hier belegt zu sein (TLL 2: 1 9 2 , 3 1 ff.; GUALANDRI 1 4 0 Anm. 1 1 6 ) . Analoge Metaphern finden sich für die Mundhöhle bei Ter. Maur. 1 3 3 sub oris antro (vgl. Sidon. epist. 9 , 1 3 , 5 v. 7 9 antra per palati) sowie für die Nasenhöhlen bei Claud. Mamert. anim. 1,7 (p. 46,11 f. ENGELBRECHT) per antra narium\ vgl. Sidon. epist. 1 , 2 , 2 infra narium antra (siehe auch SEMPLE 1). 6 a d i . . . adisti: Polyptoton, wobei adire „besuchen" bedeutet (TLL 1: 623,17 ff.) und im Hauptsatz durch den Kontext seiner fünf Objekte die Konnotation von Gefahr und Risiko (TLL 1: 622,37ff.) erhält, wie z.B. im Zusammenhang mit Odysseus bei Paneg. in Mess. 59 incultos adiit Laistrjgones Antiphatenque und Prop. 3,12,34 Sirenum surdo remige adisse lacus. si quis: Indefinitpronomen als Subjekte in der 1. oder 2. Person waren ursprünglich appositiv (HSz 412). Die Verbindung wurde formelhaft und findet sich standardgemäß am Beginn vieler Tituli, ζ. B. Sidon. epist. 2,10,4 v. 1 f. Quisquis .../ conlaudas. taciturus: Wie v. 9 non laudans („ohne zu loben") partizipiales Prädikatsadjunkt an Stelle einer adverbialen Bestimmung der Art und Weise (dazu KSt 1,777). Bei v. 6 taciturus liegt kaum „Verwischung der Futurbedeutung" (so die Formulierung bei HSz 157) vor, die im Spätlatein nur bei Fachschriftstellern vereinzelt zu beobachten ist (HSz 391 mit Literatur), sondern das Futurpartizip drückt aus, daß der betreffende Besucher von vornherein „bereit" oder „entschlossen" ist zu schweigen (zu dieser Funktion Part. Fut. Akt. HSz 390); zu übersetzen ist demnach „mit dem Vorsatz zu schweigen" o. ä. Für diese Deutung spricht auch, daß aus dem Schweigen später (v. 10 f.) auf die Gesinnung (v. 10 uoluntas) des fiktiven Besuchers geschlossen und dieser als neidisch dargestellt wird.

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7 licet in carmen non passim laxet habenas: Zum finalen in {in carmen „zu einem Gedicht") TLL 7,1: 763,35 ff., vgl. besonders Ov. am. 1,3,19 te mihi materiem felicem in carmina praebe. Bei laxet habenas handelt es sich um eine Variante einer bei Val. Fl. 2,35 laxantur habenas und Sil. 9,657 (sc. sonipes) laxatus habenas vorgeprägten Hexameterklausel. — Sidonius verwendet die Junktur metaphorisch; ebenso in epist. 4,11,7 lacrimis habenas ... laxaui. Zu passim „ohne Unterschied" OLD 1305 s.v. passim 3. Gemeint ist, daß nicht allen Menschen in gleicher Weise die Gabe des Dichtens verliehen ist; v. 7 und 8 variieren denselben Gedanken, wobei passim und pandat (v. 8) eine organische Paronomasie bilden, da beide Worte zur selben Wurzel gehören ( W A L D E - H O F M A N N 2 , 2 4 4 ) . Möglicherweise hat Sidonius jedoch die Verwandtschaft von passim und pandere nicht mehr empfunden. 8 Phoebus et hic: Der v. 7/8 umfassende Konzessivsatz et licet ... fandi besteht aus zwei Teilen; am Ende des ersten Teils und durch das Enjambement zugleich am Anfang des zweiten Verses steht Phoebus als Subjekt und wird direkt zu Beginn des zweiten Teils durch das Demonstrativpronomen hic wieder aufgegriffen. Hic steht dabei wie oft im Spätlatein für idem (HSz 182 f.) in der Bedeutung „und auch" (zu diesem Gebrauch von idem Κ St 1,627). totis non pandat carbasa fandi: Carbasus, -i f (ζ. B. Val. Fl. 2,579), meist Neutr. Plur. carbasa (ζ. B. Sen. Med 319 ausus Tiphjs pandere vasto/ carbasa ponto, Sil. 2,425), ist ein vorwiegend poetisches Wort für uela (TLL 3: 429,1 ff.). — Das Ausbreiten der Segel diente schon Cicero als Metapher für die Entfaltung der rhetorischen Fähigkeiten (ζ. B. Tusc. 4,9 Quaerebam ..., utrum panderem uela orationis statim ...), die Verbindung mit carbasa scheint jedoch zum erstenmal an dieser Stelle metaphorisch belegt zu sein (TLL a. Ο. Z. 9 f.). Eine vergleichbare Metapher findet sich jedoch bei Stat. silv. 4,4,89 Thebais optato collegit carbasa portu (siehe BITSCHOFSKY 27). — Fari steht hier in der speziellen, seit Prop. 4,4,2 Tarpeium nemus ... I fabor belegten Bedeutung carmine celebrare (TLL 6: 1029,75 ff.; 1030,79 f.). Totus wird spätlateinisch häufiger synonym zu omnis gebraucht, vereinzelt auch früher (HSz 203; M Ü L L E R 89). 9 quisque tarnen tantos non laudans ore penates: Der Abi. instr. ore steht oft pleonastisch (TLL 9,2: 1079,37 ff.; HSz 795), so ζ. B. Sil. 8,421 laudes ore ferebat. — Penates ist wie lar (epist. § 1) eine geläufige Metonymie für „Haus" (OLD 1321 s. v. penates 3b). — Die Aussage wird durch das Homoioprophoron tarnen tantos unterstrichen. Bereits im Altlatein kann quisque für quisquis gesetzt werden, öfters dann wieder bei archaisierenden Autoren und im Spätlatein (HSz 201 f.). 10 inspicis, inspiceris: Wie adi, ... adisti (v. 6) bilden Haupt- und Nebensatzprädikat ein Polyptoton, wobei die Bedeutung jeweils verschie-

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den nuanziert ist: Im Hauptsatz bedeutet inspicere soviel wie aspicere, contemplari (TLL 7,1: 1954,37 ff.), im Nebensatz „(in jemanden) hineinsehen" in übertragenem Sinn („durchschauen") wie ζ. B. Mart. 9,28,8 interius mentes inspicit ille deus (TLL a. O. 1951,73 ff.). resonat sine uoce uoluntas: Wie silentia clamant im folgenden Vers ein Oxymoron (vgl. z.B. Sidon. epist. 4,18,5 foeditas placet). — Voluntas hier in der Bedeutung „Absicht, Gesinnung" (OLD 2101 s. v. uoluntas 7). Das Kompositum resonat hier für das Simplex in der Bedeutung „ertönen, erschallen" (OLD 1631 s.v. resono la/b), wie z.B. bei Sen. Med 357f. Pieria resonans citharaj Τhractus Orpheus ... Zur Abschwächung des Praeverbs re- G. SCHOENWITZ, De re praepositionis usu et notione, Diss. Marburg 1912, 48 f.; S. Ä. BLOMGREN, Studia Fortunatiana I, Upsala 1933, S. 54 ff. — Der Versschluß ist durch das Homoioprophoron uoce uoluntas hervorgehoben. 11 tua te taciturn liuere silentia clamant: Der Vers, der durch die Häufung der /-Laute auffällt (insgesamt fünfmal im Silbenlaut, davon dreimal alliterierend), ist so gebaut, daß der abhängige Acl te ... liuere von der gesperrten Subjektsgruppe tua ... silentia gerahmt wird und das Oxymoron silentia clamant, das an Cie. Catil. 1,21 cum tacent, clamant oder Sest. 40 tacendo loqui denken läßt, hervorgehoben in der Klausel steht. — Der poetische Plural silentia hat die (vielleicht erwünschte) Nebenwirkung der Emphase und bringt die Personifikation des Abstraktums überzeugender zum Ausdruck als der Singular tuum ... silentium, der metrisch nicht möglich wäre. — Taciturn ist prädikativ („während du schweigsam bist" oder „in deinem Schweigen") und weist auf taciturus in v. 6 zurück.

(2) v. 12—21:

Musenanruf

Daß der Musenanruf nicht am Anfang des Prooemiums (den nimmt die Apostrophierung des neidischen Besuchers ein) steht, ist nicht singular; denn häufig erfolgt der Musenanruf erst gegen Ende des Prooems (bei Stat. silv. 1,2,49 sogar erst in der Mitte des Gedichts), siehe VAN DAM 290 zu Stat. silv. 2,3,6 f. (mit Literatur). Nach der Aufforderung an Erato, zu singen (12) folgt ein sieben Verse langer Appell an Nymphen und Satyrn (13 — 19). Den Abschluß bildet ein erneuter Anruf an Erato, wobei zum erstenmal genannt wird, worüber die Muse den Dichter in Kenntnis setzen soll: Der Ursprung und die Schutzgötter der Burgus (20 f.). Über den Ursprung informieren die Verse 117 — 119, und die Herkunft der Schutzgötter ist Gegenstand der Rahmenhandlung des Gedichts (v. 22—100 und 220b—235); daß darin eine ausführliche Beschreibung der Villa, wie sie sich zur Zeit des Sidonius darbot, eingebettet ist (v. 101—220a), bleibt hier unerwähnt. Die The-

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menangabe umfaßt nur zwei von insgesamt zehn Versen und erfolgt erst am Ende der Versreihe. Länge und formale Strukturierung des 10 Verse umfassenden Musenanrufs sind konventionell; auch der A n r u f im Prooem der Odyssee umfaßt zehn Verse mit der Anrede an die (dort namenlose) Muse im ersten und zehnten Vers. Mit seinem Inhalt jedoch erinnert der Musenanruf v o n carm. 22 eher an die Panegyrikus- und Epithalamienprologe, wie wir sie z.B. bei Sidonius in carm. 1, carm. 10 und carm. 14 finden.

12 Ergo age Pierias, Erato, mihi percute chordas: Der Versanfang ist Versen wie Stat. Theb. 7,628 Nunc age, Pieriae, ... ( G E I S L E R ) und Verg. Aen. 7,37 Nunc age, qui reges, Erato, ... nachgebildet. — Ergo age knüpft an das Vorhergehende an: Sidonius gehört eben nicht zu den undankbaren Besuchern. - Ergo (TLL 5,2: 768,25 ff.) oder age (TLL 1: 1403,80 ff.) leiten schon im Altlatein oft Befehlssätze ein. Ihre Verbindung findet sich häufig am Hexameteranfang, ζ. B. Verg. Aen. 2,707; Ov. ars 1,343; 2,489; Colum. 10,35; Claud. III cons. 151. Pierias ... chordas: Ähnlich bei Claud. VI. cons. 123 Pieriis ... fidibus. Das Adjektiv Pierius ist seit Lucr. 1,946 carmine Pierio belegt (OLD 1378 s. v. Pierius 1). Neben dem Parnaß bei Delphi und dem Helikon in Böotien galt die am Fuß des Olymp gelegene Landschaft Pierien v o n alters her als Wohnsitz der Musen, siehe W. PÖTSCHER, S.V. Musai: K l . Pauly 3, 1975, 1 4 7 6 f . und M. MAYER, S.V. Musai: R E 16,1 (1933) 706 f.

Erato: P A V L O V S K I S 45 Anm. 112 kritisiert, der Anruf an die eher für Liebeslyrik zuständige Muse Erato sei „completely out of the context". Erato ist aber hier als Muse des Saitenspiels angesprochen, so auch AL 76,6 S. B. fila premens digitis Erato modulamina fingit. Ferner gehören Tanz und Gesang zum Wesen der Erato, sieh M A Y E R a. O. 729; J . E S C H E R B Ü R K L I , S.V. Erato (1): R E 6,1 (1907) 354f.; vgl. besonders AL 664,6 R I E S E plectra gerens Erato saltat pede, carmine, uultu. Auch auf bildlichen Darstellungen hält Erato oft ein Saiteninstrument (MAYER e b d .

740).

mihi percute chordas: Mihi ist Dat. ethicus (HSz 93 f.), wie bei Claud. VI. cons. 122 f. sed mihi ... Parnasia ... / ... egit ... chelys. — Percutere steht zwar seit Ov. met. 5,340 percussis ... neruis (ebenso met. 11,5) für das Rühren der Saiten eines Musikinstrumentes (OLD 1332 s.v. percutio 4b), doch ist die Verbindung mit chordas anscheinend vor Sidonius nicht belegt. 5 5

Die TLL 3: 1018,28 angeführte Stelle aus einem pseudo-rufinischen Commentarzus in 75 Dauidispsalmos ( = PL 21,645 — 960 MIGNE) 12,1 (p. 691A) percutiebat chordas kommt nicht in Betracht, da die Schrift um 1100 von Abt Lietbert von St. Rufus (Avignon) verfaßt wurde; siehe O. BARDENHEWER, Geschichte der altkirchlichen Literatur, Bd. 42, Freiburg 1923, ND Darmstadt 1962, 599.

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Der vorliegende Versschluß variiert die seit Tib. 2,5,3 häufige Klausel pollice chordas (Ov. met. 5,339; 10,145; am. 2,4,27; Stat. Ach. 1,187; Claud, carm. min. app. 2,17). 13 responsent Satyri: digitumque pedemque mouentes: Responsare heißt hier nicht wie ζ. B. bei Claud, carm. min. 25,99 (sc. fistula) responsura choris „begleiten" (so A N D E R S O N 1,263: „accompany"), sondern „entsprechen" (wie ζ. B. bei Stat. silv. 1,3,18 fallax responsat imago/ frondibus ein Spiegelbild im Wasser), wobei die Art und Weise dieses Eingehens auf das Spiel der Muse durch die folgenden Worte erklärt wird: Die Satyrn sollen Finger und Füße zum Rhythmus der Musik bewegen. Deshalb empfiehlt sich an Stelle des Kommas in den bisherigen Ausgaben ein Doppelpunkt hinter Satyri. Der Tanz gehört untrennbar zum Wesen dieser Naturgeister, siehe A . HARTMANN, s.v. Silenos und Satyros: R E 3A/1 (1927) 35 — 53, hier 41 ff.; vgl. auch v. 37 f.

Zum kollektiven Singular (digitumque pedemque) HSz 13 f. — Das Polysyndeton mit -que, in der klassischen Prosa gemieden, war in der Dichtung zu jeder Zeit gebräuchlich (HSz 515). Ein metrisch gleichwertiges Polysyndeton findet sich bei Sidonius in carm. 7,377 peditumque equitumque magistrum an derselben Versstelle; ein dreifaches Polysyndeton mit et im mittleren Glied bei Ov. met. 5,432 digitique et crura pedesque, ein zweifaches (allerdings mit manus am Versende) met. 1,500 digitosque manusque. Daß für den Tanz in der Antike die Bewegungen der Hände genau so wichtig wie die des Körpers waren, so daß er dem Ausdruckstanz und der Pantomime ähnlicher war als den modernen Gesellschaftstänzen, zeigen z.B. Ov. ars 1,595 si mollia bracchia, salta oder Stat. silv. 3,5,66 Candida seu molli diducit bracchia motu, siehe auch B. W A R N E C K E , s. v. Tanzkunst: R E 4A/2 (1932) 2243 ff. 14 ludant et tremulo ... saltu: Ludere kann schon im Altlatein „tanzen" bedeuten (TLL 7,2: 1772,45 ff.), so auch Verg. ecl. 6,28 tum uero in numerum Faunosque ferasque uideresj ludere, wozu Servius: id est saltare ad modum rhythmi et cantilenae. — Et hier adversativ ( = sed), siehe HSz 481. Wenn L O Y E N 1,134 tremulo ... saltu mit „par des bonds desordonnes" wiedergibt, handelt es sich lediglich um eine Interpretation, jedoch nicht um eine Ubersetzung; denn daß die Satyrn ausgelassen sind, ist nirgends gesagt. A N D E R S O N 1,263 bleibt dagegen mit „jerky" (ruckartig) zumindest ein wenig enger am Text, doch heißt tremulus genau genommen nur „bebend, zitternd" (OLD 1970 s. v. tremulus 3c) und bezieht sich hier zweifellos auf die Erschütterung des Körpers während des Hüpfens beim Tanz; hüpfende Bewegungen während des Tanzes werden wohl auch angedeutet bei Hör. carm. 1,37,1 f. (vom Chortanz) nunc pede libera[ pulsanda tellus oder Claud. Stil. 2,381 f. iam prata choreis/ pulsent.

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Da es eigentlich die Glieder sind, die in Vibration geraten, liegt in carm. 22,14 eine Enallage vor, in der das Vibrieren auf die verursachende Bewegung bezogen ist. Ganz ähnlich spricht Apuleius met. 3,21,4 bei der Verwandlung der Pamphile in einen Uhu von „zitternder Erschütterung", mit der sie ihre Glieder in Schwingung versetze: membra tremulo succussu quatit. non rumpant cantica: Ν on statt ne (bei jussivem Konjunktiv), da nur der Begriff des Störens negiert ist (HSz 337): Die Satyrn sollen zwar tanzen, aber nicht den Gesang dabei stören. — Rumpere „stören" ζ. B. auch bei Tib. 2,3,20 rumpere mugitu carmina ... boues (OLD 1668 s. v. rumpo 7b); vgl. carm. 14,30 (sc. quamuis Chiron) carmen rumperet binniente cantu. Canticum heißt immer nur „Lied, Gesang" ( T L L 3: 283,35 ff.); daher übersetzen A N D E R S O N 1,263 und L O Y E N 1,134 zu Unrecht „melody" bzw. „melodie". Daß zum Tanz auch gesungen wurde, zeigt Ov. rem. 753 f. eneruant animos citbara lotosque lyraequej et uox et numeris bracchia motα suis. 15—19 Q u i c q u i d . . . s u l c a s : Nach den Satyrn ergeht nun die Aufforderung an die weiblichen Naturgeister, ihre ganze Tanzkunst zu Ehren der Burgus aufzubieten. Die Nymphen sind dabei nicht als Gesamtheit, sondern im einzelnen als Wald-, Baum-, Berg-, Fluß- und Meernymphen angesprochen. Die fünf Verse werden von einer einzigen Periode ausgefüllt, deren Hauptsatz den mittleren Vers (17) einnimmt und aus zwei Teilen besteht; im ersten (v. 17a dependant modo, Bürge, tibi) sind die Nymphen des Landes angeredet, im zweiten beginnt die Anrede an die Nymphen des Wassers (v. 17b f. uel Naidas istic,j Nereidum chorus alme, doce). Z u m ersten gehört ein verallgemeinernder Relativsatz in Funktion eines Akkusativobjekts, zum zweiten ein temporaler cum-SiXz.

15 Quicquid forte Dryas uel quicquid hamadryas umquam: „Alles, was vielleicht irgendeinmal . . . " Forte ist in der Bedeutung „etwa, vielleicht" außer nach ne, nisi, sin und ne erst im Spätlatein häufiger (TLL 6,1: 1131,71 ff.; vgl. O L D 726 s.v. forte 3g; KSt 1,812). Vmquam korrespondiert mit modo in v. 17 (siehe unten). Im Gegensatz zu den Dryaden, die zwischen den Bäumen wohnen, haben die Hamadryaden keine selbständige physische Existenz, sondern leben innerhalb der einzelnen Bäume; siehe Serv. zu Verg. ecl. 10,62: Hamadryades nymphae, quae cum arboribus et nascuntur et pereunt ... Dryades uero sunt quae inter arbores habitant. 16 conexis sibimet festum plausere Napaeis: Plaudere für „tanzen" erklärt sich nach Verg. Aen. 6,644 pars pedibus plaudunt choreas ...; festum ist adverbialer Akkusativ. — Zum Reigen der Nymphen vgl. Ov. met. 8,746 ... Dryades festas duxere choreas. conexis sibimet ... Napaeis: Versrahmendes Hyperbaton. — Die Napaeae (griech. νάπη „Waldschlucht") sind die Nymphen der Bergwälder;

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ihr Name begegnet nur in der lateinischen Dichtung, siehe L. B L O C H , S. V. Nymphae: R O S C H E R 3,1 (1897 — 1902) 519 f. — Conectere bezeichnet das wechselseitige Einhaken der Reigentänzer, vgl. Apul. met. 10,29,4 (sc. puelli puellaeque) decoros ambitus inerrabant nunc in orbem rotatum, nunc in obliquam Seriem conexi (TLL 4: 165,42 ff.). — Die Personalpronomina mit -met finden sich in der Dichtung ζ. B. bei Verg. Aen. 1,207 (uosmet); 4,606 (memet); 6,505 (egomet). Eine Übersicht über Personalpronomina mit Suffix -met in der nachvergilianischen Poesie gibt G . B. A. F L E T C H E R , The Suffix met in Post-Virgilian Poetry: Hermes 94, 1966, 254 — 257. Das Suffix steht manchmal wie hier ohne Emphase aus metrischer Bequemlichkeit (OLD 1105 s.v. -met a), so z.B. Prud. c. Symm. 2,440 quid dubiat (sc. animus publicus) diuina agnoscere iuraj ignorata prius sibimet tandemque retecta? 17 dependant modo: Dependere im Sinne von tribuere „zollen" (TLL 5,1: 569,36 ff.); modo für nunc (OLD 1124 s. v. modo 5b). Der Gegensatz zu umquam (v. 15) liegt in der Aufforderung an die Nymphen begründet, „jetzt" ihr gesamtes „bisheriges Repertoir" (quicquid ... plausere) für die Burgus aufzubieten. Die Zeitpartikel verleiht dem Jussiv den Charakter lebendiger Rede (HSz 339). 17 f. uel Naidas istic,/ Nereidum chorus alme, doce: Die Meernymphen sollen, wenn die Flut sie in die Garonne hineintreibt, den dortigen {istic) Flußnymphen ihre eigenen Tänze lehren. Docere steht hier nur mit persönlichem Objekt, das Sachobjekt (die Tanzkunst der Nereiden) ist durch den Zusammenhang sinngemäß vorgegeben (TLL 5,1: 1723,7 ff.), so ζ. B. auch Verg. Aen. 1,741 cithara ... lopas/ personat aurata, docuit quem maximus Atlas./ hie canit errantem lunam solisque labores etc., die himmlischen Dinge hat also Atlas den Sänger gelehrt. — Vel wird im Spätlatein auch rein kopulativ für et gebraucht, vgl. v. 15 und 121 (HSz 502; B L A I S E 838 s. v. uel 3). Almus „gütig, gnädig" ist ein beliebtes Epitheton von Gottheiten (TLL 1: 1703,39 ff.), vgl. besonders Cie. Arat. 446 Nereides almae. 18 cum forte: Anders als in v. 15 ist forte hier Zeitadverb („zufällig, einmal"); es wird in dieser Bedeutung meistens mit temporalen Adverbien oder Konjuntionen verbunden (TLL 6,1: 1131,45 ff.) und steht selten allein wie in v. 22 (ebd. 1130,76 ff.), dort aber in anderer Funktion, vgl. den Kommentar z. St. Garumna: So in den Handschriften F und T, während Ρ Garunna gibt, das MOHR (siehe auch praef. p. V ) und ANDERSON übernahmen. Die assimilierte Form ist umgangssprachlich (LEUMANN 213) und dürfte vermutlich kaum die richtige Lesart sein, wie sich schon daran zeigt, daß in den meisten Formen mit Assimilation auch der vulgärlateinische Lautwandel u > o seinen Niederschlag gefunden hat (LEUMANN 51; 55 f.). So hat C in v. 18, 101 und 108 Garonna, während in carm.

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7,394 alle Handschriften diese Form mit vulgärem Vokalismus und Doppelkonsonant bieten. In den Briefen hat allein L den alten Vokal bewahrt — Garunna (epist. 8,9,5 v. 44); Garunnam (8,11,3 v. 31); Garunnae (8,12,5); Garunnicis (8,12,7) —, während die anderen Handschriften Formen mit -onn- haben. Deshalb hat LUETJOHANN, gefolgt von LOYEN, wohl zu Recht überall (ANDERSON dagegen nur in den Briefen) die alte Form mit -umn- übernommen. Sie ist in der AusoniusÜberlieferung besser bezeugt, ebenso bei Paul. Pell. 44 (1. Hälfte des 5. Jahrhunderts), und auch bei Caesar erscheint sie in einigen Handschriften (Gall. 1,1,2; 1,1,5; 1,1,7 und 3,27,1 Garumni). — Die assimilierte Form ist wohl anzuerkennen bei Tib. 1,7,11; Mela 3,20; 3,21 und 3,23; Plin. nat. 4,105 (nur in Exzerpten aus dem XII.J. ist dort die alte Form wiedereingeführt); Amm. 15,11,2; Hieron. epist. 75,3,2; Claud. Ruf. 2,113.

18 f. Garumna/ hue redeunte uenis: Da eine Zeitbestimmung schon durch forte gegeben wurde, ist Garumna ... redeunte nicht absolut, sondern als Instrumental des Mittels aufzufassen (zu diesem Gebrauch des Ablativs KSt 1,379; HSz 121 Zus. a). Die Ablativgruppe ist nicht nur durch Enjambement auf zwei Verse verteilt, sondern auch durch hue gesperrt, das zum Prädikat uenis gehört: „wenn du mit (auf) der zurückströmenden Garonne hierher (d.h. bis zur Burgus) kommst". Vgl. Sidon. epist. 8,12,5 per Garumnae fluenta refluentia non modo tibi cum classe, uerum etiam cum flumine occurrent (sc. Pontius et Paulinus). Der Anfang von v. 19 ist wohl Claud. VI cons. 498 nunc amne secundoj nunc redeunte uehit (sc. Nereus puppes) nachgebildet. Die Vorstellung von den mit der Flut in den Strom getragenen Meeresnymphen war gleichfalls bei Claudian vorgegeben (carm. min. 30,79 f. quaeque relabentes undas aestumque secutaej in refluos uenere palam Nereides amnes). 19 pontumque in flumine sulcas: Die paradoxe Formulierung erklärt sich aus der in die Garonne-Mündung eindringenden Springflut, die in v. 105 f. ausführlich beschrieben wird. Das gleiche Thema behandelte Sidonius schon in carm. 7,396 f. fluuiique impacta per alueum\ salsa peregrinum sibi nauigat unda profundum. Eigentlich „furchen, pflügen", wird sulcare in übertragener Bedeutung meist in bezug auf Schiffe gebraucht, für Lebewesen nennt OLD 1864 s.v. sulco l b Stat. Theb. 8,230 ingenti sulcatum Nerea tauro\ ich füge hinzu: Zeno 1,4,6 (CC SL 22, p. 32,53 L Ö F S T E D T ) aquas sulcant (sc. pisces). 20 pande igitur causas: Von den Naturgeistern wendet sich der Dichter an die Muse zurück (siehe v. 12); igitur stellt oft nach Exkursen den Anschluß an den unterbrochenen Gedankengang wieder her (OLD 822 s. v. igitur 5). — Die Junktur causas pandere (zu pandere „enthüllen" siehe TLL 10,1: 199,·4 ff.) in einem Musenanruf auch bei Val. Fl. 3,15 Tu mihi nunc causas infandaque proelia, Clio,/ pande uirum ... — Zu causas für die „Ursprünge" eines Ortes vgl. Sil. 12,568 (sc. Hannibal) intrat/ urbem oculis

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discitque locos causasque locorum (OLD 289 s.v. causa 10a). — Durch causas wird das Gedicht als Aition ausgewiesen, siehe VAN DAM 290 zu Stat. silv. 2,3,6 f. uos dicite causas,[ Ν aides. 20 f. laribusque sit ede/quis genius: Auch im Plural steht lar seit augusteischer Zeit metonymisch für domus (TLL 7,2: 966,47 ff.), zum Singular s. o. zu epist. § 1 lar familiaris. — Haupt- (ede) und indirekter Fragesatz [quis genius laribus sit) sind ineinander verschränkt, wobei die schwächer betonten Teile des Nebensatzes gemeinsam mit dem Hauptverb das Versende, seine stärker betonten Teile aber durch Enjambement den Versanfang einnehmen (siehe auch J. MAROUZEAU, L'ordre des mots dans la phrase Latine 3, Paris 1949, 169 f.). Ähnlich (mit ede am Versende) Prud. c. symm. 2,490 f. ergo age, bellatrix, quae uis subiecerit, ede,/ Europam Libjamque tibi. 21 genius: Zu genius als Schutzgott eines Ortes siehe TLL 6,2: 1835,1 ff.; W. F. O T T O , s.v. Genius: RE 7,1 (1910), 1 1 5 5 - 1 1 7 0 , hier (zu genius loci) ebd. 1167 ff.; LATTE 332. Daß Apoll und Dionysos die Schutzgötter der Burgus sind (vgl. oben zu epist. § 2 factum ex numine), ist wohl von Sidonius erfunden worden, um die hübsche Rahmenhandlung zu motivieren, in die sich die Beschreibung des Ortes als Auskunft Apolls an Bacchus (v. 100 ff.) logisch einfügt. Es mag auch eine Rolle gespielt haben, daß im Haus des Leontius nicht nur das gelehrte Gespräch (wie die Prosapraefatio zeigt), sondern auch ein guter Wein (siehe v. 220 und 229 f.) hohe Wertschätzung fand (LOYEN, L'esprit 89 f.; zu Sidonius' Vorliebe für Allegorien ebd. 115 und 117), doch haben die literarische Konvention (z.B. luv. 7,64; Stat. silv. 1,2,17; ebd. 2 1 9 - 2 2 8 6 ; ebd. 5,3,5f.; Claud. Stil. 3 , 5 8 - 6 2 ; Fese. 1,8ff.) sowie die sich für Sidonius ergebende kompositorische Zweckmäßigkeit des Paares mindestens ebenso große Bedeutung gehabt.

... genius; tantum non est sine praesule culmen: Asyndeton causale (KSt 2,158 f.). — Ursprünglich „Vortänzer", kann praesul später „Vorsteher, Aufpasser", z.B. Pallad. 1,6,18 agri praesulem non ex dilectis tenere servulis ponas und sogar „Eigentümer" (AL 109,3 S.B. fundi ... praesul) bedeuten. Zum christlichen Gebrauch für „Schirmherr" (Sidon. epist. 2,2,3 praesule deo) oder „Fürsprecher" siehe BLAISE 656 s. v. praesul 4. Hier aber hat praesul noch eine andere Bedeutung und steht als Synonym von genius, wie auch bei Mart. Cap. 2,152 et generalis omnium praesul et specialis singulis mortalibus genius ammouetur ...; nam et populi genio, cum generalis poscitur, supplicatur ... Vgl. noch Mart. Cap. 2,174: praesul domus custosque Cyllentae

6

Siehe Einleitung S. 17 f.

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... Themis)·,

in dieser Bedeutung und an derselben Versstelle schon bei

Avien. orb. terr. 519 et Iunone calent hie arae praesule

semper.

culmen: Hier als Synekdoche pars pro toto ( L A U S B E R G § 200, S. 7 1 ) für das ganze Gebäude wie ζ. B. bei Martial 9,3,9 quid pro culminibus geminis matrona tonantis (sc. soluere potest)? und 7,73,2 et tua patricius culmina uicus habet.

(3) v. 22— 63: Der Zug des Bacchus Vorbilder für Sidonius' Beschreibung des samt Gefolge und Kriegsbeute aus Indien zurückkehrenden Dionysos waren einerseits Stat. Theb. 4,652 — 663, wo der Gott jedoch von der Unterwerfung der thrakischen Edoner und ihres Königs Lycurgus (z.B. Prop. 3,17,23) zurückkehrt, und andererseits Claudian, und zwar IV. cons. 602—610, wo Bacchus auf einem Wagen mit Tigergespann fahrend (der Gott wird dort von Satyrn und Mänaden begleitet, die eine Reihe von Indern mit Efeu fesseln, während der angetrunkene Flußgott Ganges sein Haupt mit Weinlaub verhüllt), sowie Stil. 3,362—369, wo Bacchus zu Schiff über den indischen Ozean segelnd dargestellt ist, an Bord u. a. Silen, Satyrn, Mänaden und die Tiger. 22—24: Der Wagen des Bacchus

22

Forte ... Euan: Zu forte beim Imperfekt (v. 23 cogebat) zur Ein-

leitung einer Erzählung („einmal, eines Tages") carm. 15,1 (mit Literatur).

RAVENNA 5 3

zu Sidon.

Eu(h)an, im Griechischen Schrei der Bacchantinnen ( L I D D E L L - S C O T T 706 s. v. εύάν), im Lateinischen seit Lucr. 5,743 (VAN DAM 459) auch Namensvariante für Bacchus. — Der Name Euhan steht besonders häufig (und zwar immer am Versende) bei Statius: Theb. 2,616; 5,94; 496; 675; 712; silv. 1,2,17; 1,2,133; 1,2,220; 1,5,3; 2,7,7; 4,2,49; 4,3,155; 5,3,6; so auch einmal bei Ovid (met. 4,15), bei Vergil, Silius und Valerius Flaccus dagegen keinmal. Claudian hat (wie ζ. B. auch Hör. carm. 1,18,9; 2,11,17) nur die Form Euhius (Stil. 3,62), die auch Statius dreimal verwendet (Theb. 4,746, Ach. 1,616 und Theb. 2,72 im Vokativ Euhie). Bei Sidonius, der daneben auch Bacchus (fünf-), Liber (zwei-) und Dionysos (einmal) verwendet, begegnet insgesamt dreimal Eu{h)an, siehe MOMMSENS Index personarum (Nomina deorum hominumque) bei LUETJOHANN 419 ff. Die Handschriften bieten zwar in v. 22 Euuan und in v. 84 Euuan (CF), Euan (Τ) bzw. Euam (P). In der lateinischen Orthographie ist jedoch die Schreibung mit h {euhoe, euhans, Euhias, Euhius) das Normale ( L E U M A N N 1 7 5 ) . So findet sich carm. 5,231 in allen Handschriften die fehlerhafte Form Euuhan, in der aber zumindest die Interaspiration bezeichnet ist. M O H R und ANDERSON stellten wie die Herausgeber vor L U E T J O H A N N an allen drei Stellen Euan her; L U E T J O H A N N und LOYEN verbesserten nur in carm. 5 , 2 3 1 zu Euhan, in carm. 2 2 , 2 2 und 8 4 dagegen zu Euan. Das Zeugnis der Handschriften in carm. 5 , 2 3 1 (und 9 , 1 7 5 , wo die Richtigkeit des überlieferten Euhion nicht bezweifelt worden ist), weist aber eher darauf hin, daß Sidonius das h, das zwar in der Aussprache nicht mehr lebendig

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war (LEUMANN 1 7 3 f.), der traditionellen Schreibweise folgend, dennoch geschrieben hat und so vielleicht auch carm. 22,22 Euhan herzustellen ist. Vgl. oben zu Garumna (v. 18) und unten zu bacae (v. 54) und elephanti (v. 58). sagittiferas ... populatus Erythras: Sagittifer „pfeiltragend" bezieht sich gewöhnlich auf den Köcher (z.B. Stat. Ach. 1,416 sagittiferas ... pharetras) oder Personen (z.B. Stat. Theb. 9,571 sagittiferi ... ephebi)\ mit rhythmisch gleichwertigem Versbeginn (substantiviert) Theb. 7,254 milk sagittiferos. Sidonius bezieht das Adjektiv auf das Land. — Zur Bewaffnung der Inder mit Pfeil und Bogen vgl. z.B. Claud. Stil. 1,266 tela procul uibrantibus Indis. Erythrae, -arum für Indien (auch in carm. 2,447; 5,285; 11,105) scheint Sidonius selbst eingeführt zu haben. 7 Ausgangspunkt war das Adjektiv Erjthraeus, das „indisch" bedeuten konnte (ζ. B. Mart. 8,26,5 Erythraeos ... triumphos und Stat. Theb. 7,566 Erythraeis ... uictor ab orisj Liber ...) und auf den Namen mare Erythrum für mare rubrum (Plin. nat. 4,120; 6,107) zurückgeht (OLD 620 s. v. Erjthraeus). Zu mare rubrum = Indischer Ozean siehe R. SYME, Tacitus (Oxford 1958) 2,768 f. ANDERSON a. O. faßt das Adjektiv in carm. 7,354 citmama bustoj collis Erjthraei portans Phoebeius ales in der Bedeutung „arabisch" — zu Unrecht, da der Phoenix für Sidonius in Indien zu Hause ist (siehe zu v. 50 f.). Die Klausel populatus Erythras ist vielleicht abgewandelt nach Stat. Ach. 1 , 2 1 populatus Amyclas ( G E I S L E R ) . — Statius bringt auch den Begriff der Verwüstung in Zusammenhang mit der Eroberung Indiens durch Bacchus, indem er das den Wagen des Bacchus ziehende Tigergespann Theb. 7,565 als belli quondam uastator Eoi bezeichnet. 23 uite capistratas cogebat ad esseda tigres: L O Y E N 1,134 versteht cogere hier im Sinne von agere und übersetzt: „poussait devant lui" (wie ζ. B. Sil. 16,383 fumantes uerbere cogijadsiduo ... equos; Ale. Avit. carm. 5,520 rex ipse frementesjeurru cogit equos), mit der Begründung, der Zug sei bereits unterwegs; ad esseda verbindet L O Y E N infolgedessen mit uite capistratas, wie seine Übersetzung „attaches au char avec de la vigne" (1,193 Anm. 7) zeigt. Dagegen spricht aber die Junktur cogebat ad esseda, für die sich die Bedeutung „anspannen" aufdrängt, vgl. Verg. Aen. 7,639 ille trementisj ad iuga cogit equos und Stat. Theb. 7,136 mutant galeas alienaque coguntj ad iuga cornipedes·, so auch bei A N D E R S O N 1,265: „was subjecting vine-bridled tigers 7

ANDERSON 1,46 Anm. 4 faßt Erythrae in Sidon. carm. 2,447 (sc. nec precor ut) frangat Hydaspeas aries impactus Erythras als eine indische Stadt, dagegen 1,209 Anm. 2 in carm. 11,105 tepidas ... nudus Erythras/ ... / ... uexat uenatibus Indus als „a district". Daß in carm. 2,447 eine Stadt gemeint ist, scheint mir nicht zwingend, da die bildliche Ausdrucksweise der gesamten Passage carm. 2,440 ff. (ζ. B. v. 443 [sc. nec uenio ut] Indicus Ausonia potetur casside Ganges oder v. 449 [sc. nec] nostra Semiramiae rident ad classica portae) nahelegt, daß in v. 447 einfach die Eroberung des Landes durch ein römisches Heer gemeint ist.

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to his chariot". Da der Wagen erst in v. 35 in Fahrt geschildert wird, widerspricht die Beschreibung des Anschirrens auch nicht dem Kontext; die Abfahrt selbst übergeht der Dichter. — Cogebat ist kausativ („ließ anspannen") aufzufassen (wie wohl auch tenet ν. 67 in bezug auf Apoll). Der Wagen wird also von einem nicht ausdrücklich erwähnten Wagenlenker gesteuert, im Unterschied ζ. B. zu Stat. Theb. 7,70 ff. ipse (sc. Mars) subit curru ... (72) regit atra iugales/ sanguinea Bellona manu ... Capistrare „anhalftern", nur bei Ovid, Plinius d. Ä. und Columella belegt (TLL 3: 343,26 ff.), hier im adjektivierten PPP nach Ov. epist. 2,80 (sc. Ariadne) inque capistratis tigribus alta sedet ( G E I S L E R ) . — Das mit Weinreben (uitis, -is f.) gezügelte Tigergespann findet sich bereits bei Verg. Aen. 6,804 f. pampineis uictor iuga flectit habenisj Liber agens celso Njsae de uertice tigres. Ebenso Sil. 17,648 (sc. Liber) egit pampineos frenata tigride currus. Essedum, ursprünglich ein keltischer Streitwagen, diente schon Cicero zur Bezeichnung eines beliebigen Reisegefährts (TLL 5,2: 861,74; 862,9 ff.), im poetischen Plural bereits bei Prop. 2,1,76 esseda caelatis siste (sc. Maecenas) Britanna iugis.

24 intrabat duplicem qua temo ... arcum: Den Relativsatz durch Setzung eines Semikolons ( L U E T J O H A N N , MOHR), Punktes (BARET) oder Doppelpunktes ( S I R M O N D ) hinter tigres auf das folgende sedet curru zu beziehen, ergibt wenig Sinn, da Bacchus nicht zugleich auf dem Joch und dem Wagen sitzen kann (vgl. ANDERSON 1 , 2 6 4 Anm. 2 ) . Der Relativsatz (in den das Relativpronomen qua hineingenommen ist) gehört vielmehr — so die Interpunktion von ANDERSON und LOYEN — zum Vorhergehenden und führt ad esseda genauer aus. — Arcus ist in der Bedeutung iugum nur hier belegt (TLL 2 : 4 8 0 , 4 2 ff.), konnte aber in nachklassischer Zeit beliebige Gegenstände bogenförmiger Gestalt bezeichnen, so ζ. B. eine Stuhllehne bei Tac. ann. 1 5 , 5 7 , 2 uinclo fasciae ...ad arcum sellae restricto. — Intrare steht in nachklassischer Zeit auch bei gegenständlichen Subjekten, seltener jedoch transitiv wie hier (TLL 7,2: 62,6 ff.); vergleichbar ist Hier, in Isaiam 3 4 , 1 ( C C SL 7 3 , p. 4 2 0 , 7 0 A D R I A E N ) gladius ... uaginam suam iubetur intrare. temo racemifer: Gekürztes auslautendes -ö bei temo auch in carm. 11,98. Zur Kürzung des langen -o im Auslaut LEUMANN 110; siehe auch Einleitung § 9a. — Racemifer „traubentragend" ist vorher anscheinend nur bei Ovid belegt (OLD 1570 s.v. racemifer, vgl. BÖMER 610 zu Ov. met. 3,666), ζ. Β. met. 15,413 uicta racemifero lyncas dedit India Baccho. 2 5 — 3 6 : Beschreibung des trunkenen Bacchus mit seinen typischen Attributen (Hörner, Weinlaubkranz sowie Weinkelch und Thyrsus).

25 marcidus ipse sedet curru; madet Reminiszenz an Stat. Theb. 4 , 6 5 2 marcidus edomito bellum referebat ab HaemojLiber ( G E I S L E R ) . Das Tempus wechselt vom Imperfekt (cogebat, intrabat) zum historischen Präsens („ließ anschirren", „nun thront er"). — Zum lokalen Ablativ

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(curru) siehe zu v. 4 frontis campo. — Die beiden Vershälften beginnen alliterierend (marcidus ...; madet ...), mit meri (v. 26) bildet madet eine weitere m-Alliteration, die den versübergreifenden Satz madet... meri rahmt (merum und madidus verbindet schon Claud. Stil. 3,368 per ... mero madidos ... rudentes in der Beschreibung des Schiffes des Bacchus). Alliterierende Rahmung auch in den beiden folgenden Sätzen (caput ... /cornua; indigenam ... ignem), sowie v. 39 comptus ... caput. 25 f. madet ardua ceruix/sudati de rore meri: Starkes Enjambement, vielleicht nach Stat. Theb. 9,41 madet ardua fletu\iam galea formuliert, wobei der Präpositionalausdruck mit de wie häufig im Spätlatein an Stelle des Abi. Instrumentalis steht (dazu HSz 125 f.). — Ros bezeichnet schon bei Ovid nicht nur Tau, sondern auch Quellwasser (met. 5,635), Meerwasser (met. 11,57) oder Tränen (met. 14,708 madidas lacrimarum rore coronas). Hier ist Schweiß gemeint. — Transitives sudare auch in epist. 8,3,3 carminum modos ..., qui ... doctis ... personis non tarn fonte quam fronte sudantur. An unserer Stelle steht merum sudare für „Schwitzen auf G r u n d von unvermischt getrunkenem Wein" (zu merum siehe TLL 8: 848,67 ff.: i.q. vinum non mixtum); ähnlich bezeichnet bei Prud. apotheos. 719 crudus conuiua resudatj congeriem uentris transitives resudare durch reichliche Nahrungsaufnahme ausgelöstes Schwitzen. Die Klausel ardua ceruix (v. 25) findet sich vorher bei Verg. georg. 3,79 und Val. Fl. 2,502. 26 f. caput aurea rumpunt/cornua: Erneutes Enjambement, wobei rumpere in der Bedeutung „durchbrechen" steht, die erst seit den augusteischen Dichtern für gegenständliche Subjekte (OLD 1668 s.v. rumpo 3a) belegt ist, für Hörner bei Sen. Hf 142 nondum rupta fronte iuuencus. Das resultative (perfektische) Präsens (dazu HSz 305 f.; KSt 1,118 f.) rumpunt wohl nach Sil. 13,332 ac parua erumpunt rubicunda cornua fronte sc. Panis (GEISLER). Vgl. HILLEN, Register s.v. „Dynamisierung", bes. 239ff.; siehe auch zu v. 115 aether a mons rumpens. Dionysos wurde als Fruchtbarkeitsgott in einigen Gegenden (ζ. B. Elis) zunächst in Stiergestalt verehrt. Die Hörner blieben als Relikt dieser theriomorphen Vorstellung auch in späterer Zeit ein Symbol des Gottes (O. K E R N , S. V. Dionysos: RE 5,1 [1903] 1041). Sidonius beschreibt sie nach Vorgabe des Statius als golden, vgl. Stat. silv. 3,3,62 Bacchus et aurato reficit sua cornua limo (sc. Hermi) und Theb. 4,389 Hermi de fontibus aureus exis (sc. Bacche).

27 indigenam ... ignem: Indigena, -ae m, „der Eingeborene, Einheimische", wird oft adjektivisch im Sinne von „gebürtig" gebraucht; selten ist jedoch die lokale Bedeutung so stark verblaßt, daß es synonym zu patrius verwendet wird (TLL 7,1: 1170,65), wie ζ. B. Sil. 3,104 Milichus indigents late regnabat in oris. Was Sidonius meint, wird erst in den folgenden anderthalb Versen (28 —29a) erklärt: der Blitz des Zeus, der seine schwan-

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gere Geliebte Semele verbrannte (während Bacchus selbst aus dem Mutterleib gerettet und in den Oberschenkel des Zeus eingenäht wurde). — Indigenam ... ignem, eine für Sidonius typische Paronomasie (vgl. K R E T S C H MANN 1,10 f.), variiert eine geläufige Umschreibung für den Blitz des Zeus, ζ. B. Sen. Ag 531 (sc. Pallas) hoc igne patrio temptat\ Stat. Theb. 6,386 (sc. Apollo) ocior et patrio uenit igne; Stat. Theb. 7,147 (sc. Bacchus) patrios reminiscitur ignes. iaculantur fulminis ignem: Seit den augusteischen Dichtern wird iaculari für das Schleudern von Blitzen verwendet (TLL 7,1: 72,29 ff.), vgl. bes. Stat. Theb. 7,158 iaculatus nubibus ignem. Daß dieser Halbvers dieselbe rhythmische Struktur aufweist, ist wohl kein Zufall, da auch Statius auf den Tod der Semele anspielt. — Wenn Sidonius in v. 27 ff. das Blitzen von Bacchus' Hörnern auf den Blitz des Zeus zurückführt, der Semele tötete und damit die Frühgeburt des Bacchus herbeiführte, handelt es sich um eine Hyperbole, weil die goldenen Hörner natürlich keine echten Blitze aussenden, sondern allein ihr funkelnder Glanz an das optische Phänomen „Blitz" erinnert; zur Hyperbolik vgl. z.B. Verg. Aen. 10,271 uastos umbo uomit aureus ignis. — Die Klausel fulminis ignem, οάων; ebd. 26,3 ff. öv τρέφον ήύκομοι νύμφαι παρά πατρός ανακτος/ δεξάμεναι κόλποισι και ένδυκέως άτίταλλον/ Νύσης εν γυάλοις; Strab. 15,1,7 f.; Ον. met. 3,314 datum [sc. Bacchum] nymphae Nyseides antris/ occuluere suis-, Hygin. fab. 182; Serv. Verg. eel. 6,15), wie auch Verg. Aen. 6,805 Liber, agens celso Nysae de uertice tigres\ siehe AUSTIN 247 z. St.; O . STEIN, S. V. Nysa 12: RE 17,2 (1937) 1640-54. - Auf diesem Berg soll Dionysos auch den Wein entdeckt haben (Diod. Sic. 3,70,7 f.). Bromio: Βρόμιος „der Rauschende" (FRISK 1,264 s. ν. βρέμω) ist ein Beiname des Bacchus, der auf den bei dionysischen Festen und Umzügen gemachten Lärm zurückgeht ( O . JESSEN, s.v. Bromios: RE 3,1 [1897] 888 f.); der Name begegnet nicht bei Vergil, wohl aber bei Statius (Theb. 7 , 6 5 1 ; 9 , 4 2 8 ; silv. 2,2,4; 4 , 6 , 6 6 ) und Claudian (Illcons. 132; IVcons. 132; und als Adjektiv Stil. 3,365); bei Sidonius noch carm. 10,16 und 11,120 (TLL 2: 2 2 0 4 , 4 ff.). Parnase biuertex: Biuertex ist laut TLL 2 : 2 0 2 4 , 4 2 ff. sonst nur noch bei Stat. Theb. 1 , 6 2 8 biuerticis umbra\Parnasi und Sidon. epist. 9 , 1 5 , 1 v. 2 7 montem ... per biuerticem/ ... inter antra Delphica belegt. Die häufige Titulierung des Parnaß als zweigipflig (vgl. auch Stat. Theb. 7 , 3 4 6 Parnason utrumque) bezieht sich auf die beiden Felswände bei Delphi, die sog. Phaidriaden, nicht das eigentliche Gipfelmassiv, das aus mehr als zwei Gipfeln besteht ( J . SCHMIDT, Das Problem des Parnassus biceps in: ders., s. v. P a r n a s s o s : R E 18,4 [ 1 9 4 9 ] 1 5 9 5 - 1 6 0 3 ; E. MEYER, S.V. P a r n a s s o s : KL.

Pauly 4 , 5 2 0 mit weiterer Literatur). Bei der handschriftlich mehrfach (z. B. Mela 2,40 mons Parnassos) bezeugten und hier von C und Ρ gebotenen Namensform mit -ss- Parnasse handelt es sich wohl kaum um die wiederhergestellte ursprüngliche Gestalt des Wortes mit langem α wie ζ. B. Thuk. 3,95,1 τόν Παρνδσσόν (vgl. SCHWYZER 1,60 f.), sondern eher um eine aus der den lateinischen Lautgesetzen, nämlich -ss- > -s- nach Langvokal oder Diphthong (LEUMANN 180 f.), entsprechenden Form Parnasus entstandene Variante mit kurzem Vokal, vgl. nassiterna (Gießkanne) und Nasica, beide zu nasus (weitere Beispiele bei KÜHNER-HOLZWEISSIG 210).

234 non istum Naxos, non istum Cirrha requirat: Wie im vorangegangenen Vers ist das Prädikat nur einmal gesetzt, diesmal jedoch beim zweiten der durch die Anapher von non istum verbundenen Satzglieder (Versparung, siehe zu v. 172). Die Klausel Cirrha requirat ist durch die Leitkonsonanten r und cjqu hervorgehoben. — Zu non statt ne beim

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Prohibitiv HSz 337 f. — Requirere hier „verlangen, beanspruchen", wie ζ. B. Nep. Thras. 4,3 corona contentus Thrasybulus neque amplius requisiuit (OLD 1625 s.v. requiro 3a). Naxos war für seinen Wein und den Dionysoskult berühmt, vgl. Verg. Aen. 3,125 bacchatam ... lugis Naxon; siehe auch R. HERBST, S.V. Naxos 5): RE 16,2 (1935) 2085 u n d 2092. — Cirrha w a r der H a f e n o r t D e l p h i s in der s ü d w e s t l i c h e n

Phokis an der Bucht von Itea (E. MEYER, S. V. Krisa: Kl. Pauly 3,348 mit Literatur). Der Name Cirrha scheint öfters metonymisch für Delphi zu stehen (TLL On. 2: 456,84ff.), z.B. Stat. silv. 3,1,141 hos nec Pisaeus honoresjluppiter aut Ctrrhae pater aspernetur opacae\ bei Sidonius noch epist. 8,9,5 v. 1 quid Cirrham uel Hyantias Camenas,/ quid doctos Heliconidum liquores,j ... jnunc in carmina commouere temptas?

235 sed mage perpetuo Burgus placitura petatur: Der Bau des Verses ähnelt einem Versus aureus, weil sed mage („sondern vielmehr"; zu mage vgl. v. 89 und 114) mit petatur und perpetuo mit placitura zu verbinden ist und so Burgus in die Mitte zu stehen kommt (AB Burgus BA). Indem so nicht das Verb, sondern das Subjekt Burgus die Mitte einnimmt, wird der Name der Villa am Ende des Gedichtes noch einmal wirkungsvoll hervorgehoben. Leitkonsonant des Verses ist p, Leitvokal u. — Petere hier „sich begeben, aufmachen", wie ζ. B. Verg. Aen. 1,651 Pergama cum peteret (sc. Helena), siehe OLD 1369 s.v. peto l a . Zu perpetuo „für immer" (Adverb statt Präpositionalausdruck in perpetuum) vgl. epist. 4 , 1 8 , 5 v. 2 0 perpetuo durent culmina Perpetui (ebenfalls der letzte Vers des Gedichtes); vgl. Ter. Hec. 406 ο fortuna, ut numquam perpetuo's data. — Als Prädikatsadjunkt zu petatur drückt placitura die Erwartung aus, die die Begleiter der beiden Götter mit der gewünschten Ubersiedlung auf die Burgus verbinden (das Partizip Futur bezeichnet eine Handlung, „von der zu erwarten ist, daß man sie tun wird", so KSt 1 , 7 6 0 ) . Wörtlich: „... sondern vielmehr soll die Burgus als eine, die für immer gefallen wird, aufgesucht werden"; gut die beiordnende Übersetzung LOYENS ( 1 , 1 4 2 ) : „... mais que Burgus soit leur but prefere et leur plaise eternellement" (freier ANDERSON 1 , 2 8 1 : „... but rather let the Castle be our goal, to give delight for evermore").

Prosaepilog Im Nachwort beugt Sidonius eventueller Kritik vor, indem er sein Gedicht nur zur Unterhaltung beim Gelage empfiehlt (§ 5); daß er aber dennoch einen künstlerischen Anspruch mit dem Werk verbindet, ergibt sich aus der nachfolgenden Rechtfertigung seines Umfangs, bei der Sidonius sich einerseits auf das Vorbild von Statius' Silven und andererseits auf eine aus dem Horaz'schen Verdikt unangemessener Exkurse abgeleitete Forderung nach begründeten Abschweifungen beruft (siehe unten zu § 6).

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Die Berufung auf anerkannte Vorbilder zur Rechtfertigung des eigenen Gedichtes im Rahmen eines Epilogs findet sich bereits in Ausonius' Cento nuptialis\ dort (p. 218 f. P E I P E R ) verteidigt sich Ausonius gegen den eventuellen Vorwurf der lasciuia mit dem Hinweis auf Anzüglichkeiten in den Werken mancher früherer Dichter, an deren sittlichem Lebenswandel kein Zweifel bestand (vgl. GRUBER 217)61. § 5 quotiens tibi libuetit..., misi, quod ... legas: Konsekutivischer Relativsatz mit antecedens iterativum (KSt 1,152 f.), wobei libuerit entweder Konjunktiv Perfekt und an den Modus des Relativsatzes angeglichen ist (KSt 2,201 ff.) oder — da quod ... legas futurischen Sinn hat — sich als Futur II nach futurischem Ausdruck erklärt (KSt 1,151). — Der Konjunktiv bei quotiens ist zuerst bei Quint, inst. 1,7,20 fere quotiens s litter a media uocalium longarum uel subiecta longis esset, geminabatur belegt (HSz 606). pateris capacioribus hilarare conuiuium: Nach Verg. ecl. 5,69 et multo inprimis hilarans conuiuia Baccho und Hör. epod. 9,33 capaciores adfer hue, puer, scyphos. Der Komparativ capacioribus ist elativisch gebraucht. — Patera ist eine breite, flache Schale ohne Henkel ( M A R Q U A R D T 2,651). Das Wort ist laut EM 488 aus patina „Schüssel, Pfanne" analog zu cratera gebildet. inter scyphos et amystidas tuas: Ein Skyphos ist ein zweihenkliger Becher ( M A R Q U A R D T 2,652 mit Fig. 22). Das Wort steht öfters wie hier metonymisch für den Trank selbst (OLD 1714 s.v. scjphus)·, die Junktur inter scyphos „beim Wein" ist vielleicht aus Cie. Fam. 7,22 inluseras heri inter scyphos übernommen. Häufiger ist die Metonymie inter pocula (ζ. B. Prop. 3,10,21, siehe TLL 7,1: 2129,25ff. s.v. inter). Ähnliche Ausdrücke auch im Griechischen, ζ. B. Plat. Symp. 214b έπϊ τη κύλικι, oder επί της κύλικος (Diog. Laert. 2,82; Lucian. Pise. 34); Plut. Ant. 24,12 παρά τήν κύλικα, ders. Alex. 53,3 έπϊ τοΰ ποτηριού. Bei den griechischen Dichtern heißt άμυστις — aus dem Adverb άμυστί „ohne den Mund zu schließen" abgeleitet — das „Leeren des Bechers in einem Zug" (siehe R. SEAFORD, Kommentar zu Eur. Kykl. 417, Oxford 1984, 185). Im Lateinischen ist das griechische Lehnwort offenbar nur noch bei Hör. carm. 1,36,14 neu multi Damalis merij Bassum Threicia uincat amystide belegt (TLL 1: 2032,17 ff.). Da inter scyphos an unserer Stelle nicht wörtlich zu verstehen ist (siehe oben), kann amystis daneben seine ursprüngliche, verbale Bedeutung haben (insofern richtig der Vermerk z. St. im TLL a. Ο. Z. 28: „non opus est intellegere poculum"). Dennoch könnte 67

Die Praxis, Gedichte mit einer Begleitepistel zu versehen, ist nach GRUBER 219 auf den Einfluß der Menippeischen Satire (vor allem für Werke mit fortlaufendem Wechsel von Vers und Prosa) bzw. (für Sidon. carm. 22 wichtiger) auf den der Praefationenpraxis (Martial, Statius) und der Briefliteratur zurückzuführen.

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aber gerade die Juxtapposition von scyphus und amystis darauf hindeuten, daß Sidonius amystis als Bezeichnung eines Trinkgefäßes angesehen hat, also vielleicht die Erklärungen der antiken Grammatiker kannte, die das Wort sowohl als „Austrinken in einem Z u g " wie auch als Bezeichnung des dabei benutzten Gefäßes 6 8 erklärten (vgl. A. MAU, S. V. Amystis 2: R E 1,2 [1894] 2013): so Schol. ad Ar. Ach. 1229 αμυστιν τήν άθρόαν πόσιν οϋτως έλεγον. έστι δέ είδος ποτηριού φιαλώδους und Poll. 6,97 άμυστις ... ού μόνον τήν άθρόαν πόσιν άλλα και έκπώματος σχήμα δηλοΐ; ähnlich Schol. Eur. Rhes. 419; Athen. 11,783d; Suda s.v. άμυστί πιεΐν; Porf. ad Hör. carm. 1,36,13 alii poculi speciem esse aiunt eo quod necesse sit uno ducto potionem haurire (vgl. noch Isid. orig. 20,5,4 f. amystis species poculi, qua ductim id est uno spiritu bibitur).

subueneris uerecundiae meae, si in sobrias aures ista non uenerint: Konditionales Gefüge mit Futur II in Haupt- und Nebensatz zur Bezeichnung koinzidenter Handlungen der Zukunft (zu diesem Typ KSt 1,149 f.). Der Anschluß an das Vorhergehende erfolgt durch ein Asyndeton explicativum (ebd. 2,158). Verecundia hier nicht „Scham, Bescheidenheit", sondern „Angst vor Beschämung" (vgl. O L D 2535 s. v. uerecundia 2: „Lack of forwardness due to oversensibility, incertainty, etc. diffidence"), z.B. Plin. nat. 7,114 Augustus carmina Vergili cremari contra testamenti eius uerecundiam uetuit. — Sonst lautet die Junktur a d aures uenire ζ. B. Verg. Aen. 2,119 (TLL 2: 1513,50 ff.), doch vgl. Hör. ars 387 in Maeci descendat iudicis auris und Sil. 12,211 penetrabat in aures. Der Ausdruck in sobrias aures steht für in aures sobriorum (= eorum, qui sobrii sunt), d. h. Adjektiv statt Genitivus possessivus wie v. 45 captiuo umore refusus (siehe ζ. St.; vgl. M A U R A C H § 1 5 3 , S. 1 0 9 f.). nec iniuria ... ac secus atque aequum est: Der Abi. modi iniuria wird durch das folgende ac_ secus atque aequum est erläutert; das explizierende Kolon ist durch Leitkonsonant c bzw. qu hervorgehoben. — Sidonius rezipiert wohl Auson. Griph. praef. (p. 1 9 8 , 3 6 f. P E I P E R ) namque iniurium est de poeta male sobrio lectorem abstemium iudicare ( G E I S L E R ) .

68

Bei Ar. Arch. 1229 και πρός γ'άκρατον έγχέας αμυστιν έξέλαψα ist nach LIDDELL-SCOTT 88 s . v . δμυστις II das Trinkgefäß gemeint; W. J. M. STARKIE im K o m m . z. St., L o n d o n 1909 ( N D A m s t e r d a m 1968) 238 hält dies zumindest f ü r möglich („possibly"). D o c h zeigt das A t t r i b u t άκρατον, daß der Trank selbst (nicht das Gefäß) gemeint ist. — A u c h bei Amips. 22 (1, p. 676 KOCK) αϋλει σύ, και τήν άμυστιν λάμβανε (ebenfalls v o n LIDDELL-SCOTT u n d STARKIE a. Ο . f ü r die B e d e u t u n g „a large c u p " a n g e f ü h r t ) paßt die G r u n d b e d e u t u n g v o n άμυστις, zumal dort v o r a n g e h t (anderer Sprecher): σύ δ'φδε πρός τήνδ'· έ κ πίομαι δ'έγώ τεώς.

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quandoquidem: Wie siquidem (§ 2) war quandoquidem schon im Altlatein kausale Konjunktion; in klassischer und silberner Latinität selten (HSz 609), ist seine Verwendung hier als Archaismus zu werten. quandoquidem Baccho meo iudicium decemuirale passuro tempestiuius quam conuenit tribunal erigitur: „weil (dann) früher als es sich geziemt ein Gerichtshof für meinen Bacchus erichtet und dieser (wie zu erwarten) ein strenges Urteil erleiden wird." Mit tempestiuius ist die Zeit gemeint, solange die Gäste noch nüchtern sind. Es ist also sinngemäß zu ergänzen si in sobrias aures (sc. ista uenerint), vgl. ANDERSON 1 , 2 8 1 : „since the treatment I deprecate amounts to setting up a premature tribunal for my Bacchus, where he would be subjected to a judgement of decemviral severity." Zur Aussparung der Protasis, die dem Kontext zu entnehmen ist, KSt 2 , 4 3 0 f. — LOYEN 1 , 1 4 2 übersetzt: „car mon Bacchus aurait a souffrir un judgement de decemvirs, si le tribunal est erige plustot qu'il ne convient." Ob aber wirklich eine Vertauschung von Verbum finitum und Partizip vorliegt, ist fraglich, da diese Erscheinung bei KSt 1,781 nur durch wenige Stellen mit Partizip Perfekt belegt ist. — Zum Partizip Futur vgl. zu v. 2 3 5 . Mit dem Ausdruck Baccho meo bezeichnet Sidonius sein Gedicht metonymisch durch eine der Hauptpersonen. Zwar ist es Apollo, der die Rede hält, die auch die Villenbeschreibung umfaßt, doch ist Bacchus ausgeprägter und ausführlicher charakterisiert, vgl. v. 22 —36, 84b —85 (Bacchus) mit v. 67—76 (Apollo). Außerdem steht ein anderer Name des Gottes im ersten Vers (v. 22 Forte sagittiferas Euan populatus Erythros) des Hauptteils, der mit der Rückkehr des Bacchus von seinem Feldzug nach Indien beginnt. Ähnlich spielt Sidonius in carm. 9,224 f. (sc. quod) Phoehi laudibus et uagae Dianaef conscriptis uoluit sonare Flaccus auf das carmen saeculare des Horaz an, indem er die dort im ersten Vers (Phoebe siluarumque potens Dianae) angerufenen Götter nennt. 69 Sidonius bezieht sich auf das Gericht der decemuiri stlitibus iudicandis (TLL 5,1: 129,14 ff., vgl. ebd. Z. 62), die in der Republik über privatrechtliche Streitfragen entschieden und seit Augustus den Vorsitz über die Ausschüsse (hastae) des für Zivilprozesse zuständigen Centumviralgerichts führten (W. KUNKEL, Römische Rechtsgeschichte, Köln 9 1980, 82 mit Anm. 39 und ausführlicher P. KÜBLER, s.v. Decemviri 3: RE 4,2 [1901] 2260 — 2265). Sidonius will sagen, eine Beurteilung nach strengen Maßstäben würde der spielerischen Intention seines Gedichtes nicht gerecht;

69

Da wir nicht wissen, was für ein Werk bei Auson. epist. 7, p. 231,14 PEIPER Delirus tum in re tenui non tenuiter laboratus gemeint ist und ob Delirus sein Titel oder der Name der (oder einer) Hauptfigur war, läßt sich leider nicht sagen, ob die Art der Zitierung dort dieselbe ist wie bei Sidonius.

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ähnlich in epist. 9,13,5 non enim iustum est, ut censor incipias seueritate quod non potuit amicus cum serietate dictare.

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§ 6: Sidonius greift einen möglichen Einwand strenger Kritiker — das Gedicht sei zu lang — auf und sucht ihn zu widerlegen. carmen prolixius eatenus esse culpandum, quod ...: Die Junktur eatenus ... quod „insoweit ... als" laut TLL 5,2: 3,43 ff. sonst nur noch Cels. 8,2,5 si inferior pars integra est, eatenus, quod corruptum est, excidi debet und Cod. Iust. 6,50,14 (a. 239) ... fundum a te relictum eatenus, quod ... residui substantia patitur, praestare necesse habes. Seit Frontos Briefen steht prolixus „lang, weitschweifig" auch bezüglich des Umfangs literarischer Werke (OLD 1483 s.v. prolixus ld), vgl. auch Macr. somn. 1,20,17 et caueremus iusto prolixius (Adverb) uolumen extendere. Culpare hier für uituperare (TLL 4: 1313,1 ff., hier 1314,25), vielleicht nach Claud, carm. min. 13,1 Quae tibi cum pedibus ratio? Quid carmina culpas? Bei Sidonius z.B. noch in epist. 4,18,6 ... ardentius natura mortalium culpat aliqua quam laudat. epigrammatis excesserit paucitatem: Der Terminus epigramma bezeichnet hier ein „kurzes Gedicht", wie ζ. B. epist. 8 , 1 1 , 7 praeterea quod ad epigrammata spectat, ..., quae nec breuius disticho neque longius tetrasticho finiebantur ... (TLL 5 , 2 : 6 6 6 , 4 8 f f . ) , was im folgenden durch distichorum aut tetrastichorum ... angustiis expliziert wird. Gedacht ist also an Kurzgedichte aus einem (z.B. carm. 19 — 21) oder zwei Distichen, möglicherweise auch zwei oder vier Hexametern (siehe unten zu non distichorum ... angustiis)·, vgl. Stat. silv. 2 praef. I. 1 6 f . M A R A S T O N I . . . in arborem certe tuam ... et psittacum scis a me leues libellos quasi epigrammatis loco scriptos (dazu V A N D A M 2 8 2 f.). In einigen Fällen entspricht ein libellus, „Gedicht", der Silven (zu diesem Terminus VAN DAM 59) einem Epigramm bzw. Epigrammzyklus des Martial, so gelten Stat. silv. 1,5 und Mart. 6,42 dem Bad des Etruscus, silv. 2,1 und Mart. 6,28—29 dem verstorbenen Glaucias, Freigelassenen des Atedius Melior, silv. 2,7 und Mart. 7,21—23 dem Geburtstag Lucans (und sind an dessen Witwe Polla Argentaria gerichtet), silv. 3,4 und Mart. 9,16 — 17 und 36 der Dedikation der Locken des Flavius Earinus an Asklepios. M O H R , praef. XLVII erwägt parcitatem statt paucitatem, doch ist letzteres einhellig überliefert. Zu paucitas „Wenigkeit, Knappheit" (OLD 1312 s.v. paucitas l b ) vgl. ζ. B. Cie. or. 216 (sc. spondeus) paucitatem enim pedum grauitate sua et tarditate compensat. An der vorliegenden Stelle ist die geringe Anzahl der Verse des epigramma gemeint.

liquido patet: In Verbindung mit patere ist liquido = clare, perspicue zuerst bei Plin. nat. 6,210 (mit Futur patebit) belegt (TLL 7,2: 1488,27 ff.); ähnlich Sidon. epist. 2,10,6 liquido claret.

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neque balneas Etrusci neque Herculem Surrentinum neque comas Flauii Earini neque Tibur Vopisci: Vier exemplarische Gedichte aus dem ersten und dritten Silvenbuch des Statius, nämlich Balneum Claudii Etrusci (1,5), Hercules Surrentinus Polli Felicis (3,1), Capilli Flaui Earini (3,4) und Villa Surrentina Manlii Vopisci (1,3). Die Auswahl bringt die Bücher also in chiastischer Reihenfolge (1-3-3-1) und verdeutlicht die Vielfalt der Sujets für beschreibende Dichtung (Bad, Tempel, Weihgeschenk abgeschnittener Locken, Villa).

neque omnino quicquam de Papinii nostri siluulis lectitasse: Deminutiva dienen dem „Ausdruck emotionaler Belange" (HSz 773). Die Bezeichnung siluulis ist also gefühlsbetont und bringt, unterstützt durch das Personalpronomen nostri, die besondere Beziehung des Sidonius zu seinem Lieblingsautor zum Ausdruck; dies wird zusätzlich durch das Frequentativum (lectitasse statt legisse) und die durch Leitkonsonant l hervorgehobene Klausel (cre + 2 tro) siluulis lectitasse verdeutlicht. — Vgl. auch carm. 9,226f. non quod Papinius tuus meus quej inter Labdacios sonat furores/ aut cum forte pedum minore rhythm ο I pingit gemmea prata siluularum. quas omnes decriptiones uir ille praeiudicatissimus: Sidonius beruft sich auf Statius als anerkannte Autorität der beschreibenden Dichtung (descriptions). Praeiudicatus hier adjektivisch und in positivem Sinn, „allgemein anerkannt", wie Avien. ora 35 dicta et eius omnibusj praeiudicatae auctoritatis ducierj non abnuebam. Die gewählte Formulierung fügt sich in die Reihe der aus der Rechtssprache stammenden Begriffe (§ 5: iniuria, aequum, flagito, iudicum decemuirale, tribunal·, § 6: culpandum). — Zur Vorliebe des Sidonius für Entlehnungen aus der Juristensprache GRUPE ( 1 8 9 2 ) 1; LOYEN, L'esprit 138 (vgl. auch zu v. 55f.). non distichorum aut tetrastichorum stringit angustiis: Mit dem Terminus distichon können außer der Verbindung von Hexameter und Pentameter Ζ. B . auch zwei Hexameter (Ζ. B. Suet, vita Verg. p. 58 REIFFERSCHEID; Mart. Cap. 1,42) oder zwei Hendekasyllaben (Ζ. B. Sidon. epist. 5 , 8 , 2 ) gemeint sein; vgl. Isid. orig. 1,39,21 idyllion (sc. dicitur opus) paucorum uersuum, distichon duorum (TLL 5,1: 1 5 1 9 , 1 5 ff.). — Beide Termini (disticha und tetrasticha) — dazu auch epigramma — auch bei Mart. 7,85 Quod non insulse scribis tetrasticha quaedam,j disticha quod belle pauca, Sabelle, facis,j laudo nec admiror. facile est epigrammata belleI scribere, sed librum scribere d i f f i c i l e est. In Verbindung mit angustiae scheint stringere nur hier belegt (vgl. TLL 2: 61,14ff.); angustiae = paucitas (siehe oben epigrammatispaucitatem) in bezug auf ein literarisches Werk z.B. auch Plin. epist. 4,17,11 latius scilicet et uberius quam epistularum angustiae sinunt und öfters (TLL 2: 60,14 ff.). Der hier negativ formulierte Gedanke (non ... stringit) wird im folgenden positiv ausgeführt ( e x t e n d i t ) .

Kommentar

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sed potius, ut lyricus Flaccus praecipit, ... decenter extendit: Sidonius spielt auf Hor.ars 14 ff. an: inceptis grauibus plerumque et magna professisj purpureus, late qui splendeat, unus et alter\ adsuitur pannus, cum lucus et ara Dianaej et properantis aquae per amoenos ambitus agros/ aut flumen Rhenum aut pluuius describitur arcusj sed nunc non erat his locus ... Sidonius hat diese Warnung des Horaz vor nicht zum Thema gehörenden Abschweifungen keinesfalls mißverstanden und in ihr Gegenteil verkehrt, wie BARET ( 1 8 7 8 ) 5 7 4 Anm. 1, CURTIUS 5 2 3 und LOYEN L'esprit 1 1 4 ( 1 , 1 4 3 Anm. 3 1 ) behaupten. Denn die Forderung nach passenden (decenter) Einschüben widerspricht nicht der Ablehnung unpassender (ars 19 sed nunc non erat his locus·, vgl. QUADLBAUER 8 und 2 8 f.). Außerdem greift Sidonius — abgesehen von der Formulierung purpureis ... pannis — nicht unmittelbar auf Horaz, sondern die pseudo-Acronische Kommentierung zurück (QUADLBAUER 1 — 1 1 ) : vgl. Ps-Acron zu Hör. ars 14ff. aliudpraeceptum (vgl. praecipit bei Sidonius), docet enim non inportune inducendam esse parabolam aut descriptionem; sed aut parabola aut descriptio apte debet iniungi (Sidon. inchoatas materias decenter extendit) incepto bene poemate; ... in magno poemate excessus debemus aspergere quasi ad reficiendas aures. Sidonius hat aber den Gültigkeitsbereich dieser Forderung, die ursprünglich dem Epos galt (Hör. ars 14 inceptis grauibus·, Porf. z. St. grandia·, Schol. 1. c. in magno poemate und zu ars 16 \assuitur pannus\. de his dicit, qui, cum seueram et sublimam materiam coeperunt scribere, flosculos quosdam interponunt), auf die beschreibende Dichtung ausgeweitet. Diese Verallgemeinerung lag nahe, da in beschreibende Gedichte nach Art der Silven „zierliche epideiktische Gemeinplätze gut passen" (QUADLBAUR 9 Anm. 32a). Neu ist bei Sidonius auch der Gesichtspunkt des extendere (siehe unten zu semel ... extendit). multis isdemque purpureis locorum communium pannis: Formal betrachtet ist purpureus pannus eine Metapher für „Abschweifung, Exkurs", vgl. Ps-Acron zu Hör. ars 14: ,Ρannum' pro bono colore excessus dicit. Die inhaltliche Bestimmung dieser purpurei panni als loci communes (locorum communium ist Genitivus epexegeticus) geht auf Porfyrio zurück: Porf. ad Hör. ars. 15 f. per hoc locos communes significat (vgl. noch zu ars 14: natura(^ni) quorundam poetarum esse pessimam, qui incipiant grandia describere, deinde in locos communes exeant, qui licet boni sint, tarnen ridentur ac superuacui habentur, nisi loco positi sint). Der Terminus locus communis (gr. κοινός τόπος) stammt ursprünglich aus der forensischen Rhetorik und bezeichnet „allgemeine Beweisquellen" (so GEORGES 2 , 6 9 4 s. v. locus 1 4 ) , vgl. Cie. inv. 2 , 4 8 argumenta, quae transferri in multas causas possunt. Zur Bedeutung von communis („allgemein anwendbar") in diesem Terminus Belege bei LAUSBERG, Handbuch § 4 0 7 , S. 2 2 4 Anm. 1. — Bei Porfyrio aber hat locus communis nichts mehr mit forensischer Argumentation zu tun, sondern bezeichnet die bei Hör. ars 14 ff. erwähnten

210

Kommentar

Exkurse über allgemeine Themen (ein Strom, ein heiliger Hain, eine Bachlandschaft, Regenbogen), also Mittel poetischer Ausschmückung (vgl. Q u a d l b a u e r 5). Wir sprechen heute von „Topoi" (von W i l p e r t 843 f. s. v. Topos). — Sidonius kombiniert Ps-Acron (Forderung nach passenden Einschüben) und Porfyrio (die Bestimmung der Einschübe als loci communes'). In carm. 22 sind solche Exkurse die Beschreibungen der Elefantenhaut (59 — 63) und der Flußläufe von Garonne und Dordogne (101 —113) sowie die Aufzählungen der Belagerungsmaschinen (121 — 125), der Marmorarten (137 — 141) und Getreideproduzenten (171 — 178). Beispiele aus den Panegyriken: in carm. 2 die Beschreibung der Hunnen (v. 243—269a), des Greifengespanns des Apollo (307b —309), der Allegorie der Oenotria (Italia) in Begleitung der Vbertas und Vindemia (321 — 331), des Flußgottes Tiberinus (333 — 338), die Beschreibung der Rüstung anlegenden Roma (391b—404), des Hauses der Aurora und dieser selbst (407 — 435); in carm. 5 Roma in Kriegsrüstung (13 — 33), ihr Marmorthron (34—39), die sich vor diesem versammelnden (Allegorien der) Provinzen (41b—53a), die Medeaperikope (132b —139), das Wettrennen zwischen Atalante und Hippomenes (167 — 176), die Beschreibung der Franken (238b—253a), das Porträt Geiserichs (339 — 346), die vandalische Standarte (402b—407), der Vergleich meuternder Goten mit Mänaden (490—498); in carm. 7 die Götterversammlung (v. 20 —38a). — Siehe auch Einleitung § 7.

semel inchoatas materias decenter extendit: Seit Plinius' Briefen steht extendere in bezug auf Sätze, Schriften oder Gedichte (TLL 5,2: 1974,9ff.). Mit materia („Sujet", siehe TLL 8: 459,35ff.) verbunden z.B. Porf. ad Hör. ars 146 (sc. Antimachos poeta) adgressus est materiam, quam sie extendit, ut uiginti quattuor uolumina implerit ... — Während bei Ps-Acron (siehe oben) ein anderer produktionsästhetischer, nämlich psychologischer Gesichtspunkt vorliegt {excessus debemus aspergere quasi ad reficiendas aures), ist der Gedanke bei Sidonius, durch Einfügung von Exkursen (allgemeinen Inhaltes) einen dem Werk angemessenen (decenter) Umfang zu erreichen. Dabei fügt sich extendit vorzüglich in die Reihe der anderen Begriffe dieses Abschnittes, die auf den Umfang eines Werkes gehen (carmen prolixius ..., extendit ..., longitudinis deprecatio). Mit dieser Forderung nach angemessener Größe eines Werkes greift Sidonius wahrscheinlich nicht auf eine poetologische Theorie 70 zurück, sondern zum einen auf das Beispiel des Statius, durch das er sein eigenes Vorgehen rechtfertigt, und zum anderen auf ästhetische Überlegungen, wie z.B. Plin. epist. 1,20,4 f. (dort in bezug auf Reden): et hercule ut aliae bonae res, ita bonus liber melior est quisque, quo maior. (§ 5) uides ut statuas signa picturas, hominum denique multorumque animalium formas, arborum etiam, si modo sint decorae, nihil magis quam amplitudo commendet. idem orationibus euenit; quin etiam uoluminibus ipsis auetoritatem quandam et pulchritudinem adicit magnitude 70

Theoretische Überlegungen zur angemessenen Größe eines Werkes finden sich bei Arist. poet. c. 7 (1450b34—1451al5) bezüglich der Tragödie.

Kommentar

211

... (§21) itaque audis frequenter ut illud „immodice et redundanter" ita hoc „ieiune et infirme", alius excessisse materiam, alius dicitur non implesse, aeque uterque, sed ille imbecillitate,

hic uiribus peccat (vgl. noch Plin. epist. 4,5,4).

Zu inchoare vgl. Quint, inst. 4 praef. 5 initio, quo primum hanc materiam incohaui. — Semel „einmal" hier tonlos (OLD 1729 s. v. semel 4), wie häufig beim Partizip Perfekt, ζ. B. Lucan. 7,543 semel ortus in omnes\ it timor. Inchoare ist unkorrekte Schreibung für incohare (WALDE-HOFMANN 1 , 2 4 4 ) , das durch Inschriften und Grammatikerstellen bezeugt ist (TLL 7,1: 966,56 ff.), dessen h aber nicht mehr gesprochen wurde (LEUMANN 173) und sich im Schriftbild an verkehrter Stelle erhielt wie in chors für cohors (LEUMANN 163). Eine falsche Etymologisierung, die das Verb mit chaos verband (EM 314), förderte die Verbreitung der fehlerhaften Form, die weitaus häufiger zu sein scheint (vgl. OLD 871

s. v. incoho).

ad defensionis exemplum posuisse: Zu ponere „anführen" und ad exemplum (alicis rei) in finaler Bedeutung „als Beispiel für etwas" OLD 1402 s.v. pono 18a bzw. TLL 5,2: 1339,61 ff. ne ... longitudinis deprecatio longa uideatur: Wie die Praefatio (§ 3 placituram ... displiceat) schließt auch die Nachrede mit einem auf organischer Paronomasie beruhenden Wortspiel. Ähnlich auch die Klauseln, nämlich beidesmal ein katalektischer Dikretikus, in der Praefatio mit aufgelöstem dritten {poemα displiceat), im Epilog mit aufgelöstem zweiten longum {longa uideatur).

Anhang t H I

1 2 3 4

Skisge

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

introitus (v. 143) paries (146) alae (153) cornua (153)

1: Südseite mit Peristyl

horrea (v. 1 6 9 - 1 7 8 ) porticus aestiva (179) thermae hiemales (180) domus hiberna ( 1 8 7 - 1 9 1 ) textrinum ( 1 9 2 - 1 9 9 ) (Raum mit) pictura ( 2 0 0 - 2 0 3 ) porticus (curvata) (204 — 206) cenatio (207) prima vel extima turris (211) apotheca (219) penus (219) templum (218)

Skis^e 2: Mögliche Anordnung der Räume auf der oberen Villenterrasse

Literaturverzeichnis Zeitschriften und Schriftenreihen sind (wo nicht mit vollständigem Titel) nach den in der „L'annee philologique" (Tomes I, 1924-26, p. IX ff. und LIX, 1988, p. XV ff.) verwendeten Abkürzungen zitiert.

1. Sidonius-Ausgaben^

und Übersetzungen

(chronologisch

geordnet)

[Sidonii Apollinaris Epistolae et carmina], [ N I C O L A S KETELAER & G E R A R D D E LEEMPT, Ultrajecti] 1474 oder wenig früher 2 ( = ed. princ.). Sidonii Apollinaris Poema aureum eiusdemque epistole [ed. IOANNES BAPTISTA P I U S ] , Mediolani 1498 (ohne Kommentar). —, C. Sollii Sidoniii Apollinaris ... Lucubrationes, item I. B. Pn Commentaria, Basileae 1542, nachgedruckt 1597. Caii Sollii Apollinaris Sidonii, Arvernorum episcopi Opera castigata et restituta, E L I A S VINETUS, Lugduni 1552. C. Solli Sidoni Apollinaris ... Opera, ex veteribus libris aucta et emendata notisque Petri Colvii Burgensis illustrata [ed. IOANNES D E W O W E R E N ] , Lugduni & (mit anderem Titelblatt) Paris 1598. Caii Sollii Apollinaris Sidonii ... Opera Io. SAVARONIS studio et diligentia castigatius recognita, Parisiis 1598 (ohne Kommentar). —, Caii Sollii Apollinaris Sidonii ... Opera Io. SAVARO multo quam antea castigatius recognovit, & librum commentarium adiecit. Accesserunt indices locupletissimi, Parisiis 1599. —, II. Editio multis partibus auctior et emendatior, Parisiis 1609. C. Sollii Apollinaris Sidonii ... Opera IAC. SIRMONDI ... cura et studio recognita, notisque illustrata, Parisiis 1614.

1

2

Ich habe die von LOYEN l,LXIf. gemachten Angaben u.a. an Hand der einschlägigen Bibliothekskataloge kontrolliert und ergänzt. — Die genauen Titel (allerdings ohne die ed. princ.) gibt auch J . B. M A R T I N , Conciles et Bullaire de Diocese de Lyon des Origines a la reunion ä la France en 1312, Lyon 1905, p. LXXXIII f. Μ. PELLECHET, Catalogue generale des Incunables des Bibliotheques Publiques de France, Paris 1897, Nr. 909 (S. 204) weist auf ein Exemplar „rubrique en 1474" hin; ausführlicher L. A. SHEPPARD, Catalogue of books printed in the fifteenth century now in the British Museum, Part IX, London 1962, dort Fascicule I: Holland, 7; zu weiteren Drucken von KETELAER & D E LEEMPT ebd. 6 — 10; vgl. auch R. MUMMENDEY, Von Büchern und Bibliotheken, Darmstadt 61984, 74; weitere Literatur bei S. CORSTEN & R . W . F U C H S (Hrsg.), Der Buchdruck im 15. Jahrhundert. Teil I: Bibliographie, Stuttgart 1988, 621 f. Mir stand eine Mikrofilm-Ablichtung des Exemplars Paris B. N. C 594 zur Verfügung. Zu weiteren Exemplaren G. VAN T H I E M E N , Incunabula in Dutch Libraries. A Censury of Fifteenth-Century printed Books in Dutch Public Collections, Vol. I: Catalogue, Nieuwkoop 1983 (Bibliotheca bibliographica Neerlandia, vol. 17), Nr. 4117 (S. 608).

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351-416.

Index verborum et locutionum, in: LUETJOHANN (siehe oben) 4 4 8 — 4 8 4 . —, Zur Sprache des Apollinaris Sidonius: Gymnasium zu Zabern, Beilage zum Programm für das Schuljahr 1 8 9 1 - 1 8 9 2 , Zabern 1 8 9 2 . G U A L A N D R I , ISABELLA, Furtiva Lectio. Studi su Sidonio Apollinare, Milano 1 9 7 9 . HEBERT, B E R N H A R D , Philosophenbildnisse bei Sidonius Apollinaris: Klio 7 0 , 1 9 8 8 , 5 1 9 —

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Bec-d'Ambes:

R E A 3, 1 9 0 1 ,

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KLOTZ, A L F R E D , S . V .

KRETSCHMANN, H E I N R I C H , 1-20. LEO, F R I E D R I C H ,

3

Praefatio in Sidonium, in:

LUETJOHANN

(siehe oben)

XXIII —XLIV.

Die zweite Ausgabe wurde aufgenommen in die Bibliotheca Veterum Patrum von A. GALLANDIUS, Bd. X, Venedig 1765 (zu dieser Sammlung O. BARDENHEWER, Geschichte der altkirchlichen Literatur, Freiburg, Bd. I 2 , 1913, S. 51 f. und 58) sowie in die von J.-P. M I G N E besorgte .Patrologia latina', dort Bd. 58 (Paris 1847), 4 3 5 - 7 5 2 .

Literaturverzeichnis

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Register /.

Wortindex

abnegare + Acl 111 abscondere x tegere 141 acer x strenuus 159 adiuuare x augere 86 aedes, „Gebäude" 158. 175 aequora, „Ebene" 119 aestiuus, „für den Sommer geeignet" 163 aestus, „Flut" 122 alae, „Seitenräume" 146. 148 altus, „hoch verlaufend" 167; altum χ in altum 133 ambire (moenibus alqd) 126 amnis 120. 167 amor, „Vorliebe, Geschmack" 47 amplus 182; amplius x plus, magis 115 amystis 204 f. angustare, „überfüllen" 158 angustiae ~ paucitas 208 animus 48; « uoluntas 47 Aontus, „böotisch" 96 f. apotbeca, „Weinlager" 193 aptus + Dativ 165 apud ( + Akkusativ) statt Lokativ 45 arcus x iugum 74 artare, „zusammendrängen" 184 arx, „Berg" 97 (vgl. 167); „Gipfel" 124 asprata = asper ata 133 assurgere (dynamisierend) 146 atria (poet. PI.) 150 attonitus, „betäubt" 80 am tor x conditor 138 f. auratus x aureus 102 axis, „Wagen" 80

celebrare + Ncl 175 cenaculum x cenatio 187 f. cernuus, „nach unten geneigt" 84 certus x uerus 153 chorus, „Schar" 110. 200 f. circes 196 classis x nauis 134 claudere x circumcludere 154 cogere, „anschirren" 73 f. colere, „anbauen" 159 collegium 53 colus, (metonym.) 177 comere x ornare 82. 198 concinnare x condere χ conscribere 47 concolor 102 conditor, „Autor" 58; „Gründer" 138. 174 conspicuus, „weithin sichtbar" 189 constat, „es ist offensichtlich" 52 continere x tenere 104 continuare x coniungere 174 cornu » latus 148 corymbus 101 cratis, „Panzer" 94 crepido x moles 133 crepitare 95 crescere, „sich (er)heben 101. 157 crinisatus (Hapax) 107 crust are 140 culmen, „Dach" 189; (PI.) 127; „Decke" 142 (PL); „Gebäude" 72; (PL) 173 cultus x decor 197 curuatus 182 f. curuus 98 f.

balnea, „Badeanlage" 134 Bromios 202 Burgus, -i f. 8. 60 burgus, -im. 8 f .

de (lokal) 131; statt Abl.instr. 75. 153 deciduus, „herbfallend" 80 defluus (vom Wasser selbst) 122 Delias 97 dependere χ tribuere 69 descriptio, „beschreibendes Gedicht" 208 despicere + Infinitiv 112 desuper x insuper 157 detergere 139 dilectus + Dativ 189 discere, „studieren" 58 dissidere (lokal und übertragen) 48

ι-ädere + Ablativ 186 caminus χ Jomax 172 f. canalis, „Leitung" 168 f. carbasa x uela 64 catapulta, „Geschütz" 129 cauere, „parieren" 95 causae x origines 70 f.

220

Register

diuortium, „Abzweigung" 169 doctiloquus 108f. dominari + Dativ 126 f. domus 131. 170 dum + Ind. Präs. (koeffektiv) 79 f.; (kausal) 110 duplex X gemini 147 Duranius 120 eatenus... quod 207 elephantus 93 enatare (transitiv) 155 epigramma, „kurzes Gedicht" 207 ergone 7a num(quid) 115 f. erus 125 Erythrae, -arum, „Indien" 73 essedum 74 et « sed 67 Euan 72 f. euripus, „künstlicher Kanal" 185 f. ex solido, „gänzlich" 61 excusare Κ compensate 82 excutere 95 exire, „heraustreten" (von Flüssen) 119; „ausströmen" 164 exoticus 55 exstare ~ esse 138 fames prägnant („Verhungern") 154 fori K, carmine celebrare 64 fauens, „applaudierend" 201 ferculum 89 f. ferrum ~ missile 94 fieri ex 51 figere, „erstarren lassen" 114 figura 181 f. fingere « arte ornare 197 flagellum, „Spitze" 173 flumen (für Leitungswasser) 169 fornix, „Gewölbe" 196 fors, „vielleicht" 79 forte, „etwa, vielleicht" 68. 100; „einmal" 69. 72. 192 frondes « arbores 190 furere 115 fusilis, „gegossen" 186 Garumna m. 121 (vgl. 69 f. 118 f.) gaudere mit pro + Ablativ 176 W 90 gerne, pars pro toto 87 g y p s 97

habere, „in Besitz nehmen" 199; (Passiv) x esse 116 halare + Ablativ 92 hebenus 90 hibernus, „für den Winter bestimmt" 170. 189 (vgl. biemalis 163 f.) hic ä idem 64 iam 96. 137; (überleitend) 192; beim Imperativ 195; iamiam 200 ille (bei Götternamen) 53; beim Superlativ 192 immergere + Ablativ oder Dativ 152 improbus, „grausam" 94 in + Akkusativ (final) 64. 110. 164 indigena ä patrius 75 f. inferre + Dativ eines Abstraktums 114 f. inquilinus 51 interpres, „Kommentar" 58 intrare bei gegenständlichem Subj. 74 ipse κ is 59. 97 f.; (i. autem) 115. 135. 148 f.; beim Possessivum 117. 122; „sogar" 91 ire ~ uehi 104 iste κ, hic 190 iunctus Ä confinis, uicinus 180 (vgl. 193) ius ä licentia 50. 61 lacus, „künstliches Becken" 186 lampas 88 lar (familiaris) « domus 48. 71 (PI.) Latius ä Romanus 126 ligare » colligare 77; « alligare 99 lignosus « ligno circumplexus 101 linquere 111. 161 f. liquido 207 liuor, „Flecken" 135 f. locus communis 209 f. ludere, „tanzen" 67. 81 lunaris 121 lupata 98 Lycaonius 166 machina 128; (von einem einzelnen Raum) 180 f. mage x potius 112. 203 (in Aufforderungen); 123 (correctio) marcere 50 Martius 46 materia, „Sujet" 61. 210 matbesis 58 -met 69

1. Wortindex micare 181; (metaphorisch) 127 modo κ nunc 69 mora (in verblaßter Bedeutung) 46 f. murmur, „Klang" 104 Mjgdonius x Phrjgius 160 Napaeae 68 f. nec non et 87 wc statt ne...quidem 94 mctere, „aneinanderreihen" 47 nere, „spinnen" 178 nexus ~ uinculum 91 nimis κ ualde 141 Nomades 136 non statt ne 68. 202 f. nubes (PI.), „Lüfte, Himmel" 96 numen ~ deus 51 numquid non ~ nonne 115 nuper (in weiterem Sinn) 46 oblectamentum 50 odor (metonym.) 91 oppido 48 opt are + Infinitiv 114 orgia metonym. („feiernder Zug") 96 palla 78 f. 106 pandere, „ausbreiten" 64; „enthüllen" 70 pannus 209 par, „gleich groß" 63; pariter, „zusammen, gemeinsam" 104. 117. 200 passim, „ohne Unterschied" 64; „nach allen Seiten" 80 patera 204 patere, „sich öffnen" 185; „sich erstrecken" 163 patria 48. 126 patulus, „breit" 169 paucitas 207 perfundere, „überschütten" 80 pellere Ä: depellere 95 pendere + Ablativ (von Gebäuden) 183 f. penus « cella penaria 193 per, „längs, entlang" 87. 106. 107. 131; (instrumental) 178 percutere chordas, „die Saiten rühren" 66 perfamiliaris + Genitiv 52 pergere, „sich begeben" 110 perpetuo 203 pictura 151. 153 f. 181 Pip Hades 104 f. planta « pes WO

221

plaudere, „tanzen" 68 plus (zur Umschreibung des Komparativs) 125 pompa 128. 198; konkret („Prunkstück") 83 porticus 142 ff. 162 f. 182 f. praeficere (metaphorisch) 53 praesul χ genius 71 praeualere 56 projiteri mit doppeltem Akkusativ 60 prolixus, „weitschweifig" 207 proprius X suus 123 propter (Ortsadverb) 139. 185 propugnacula 131 f. proximus tu proximatus 128 f. purpura, „Porphyr" 137 quamuis + Indikativ 122 quandoquidem 206 -que (explikativ) 77. 114 quispiam 47 quisque 54; ä quisquis 64 quoque (in bezug auf die Satzaussage) 99 quotiens + Konjunktiv 204 racemifer 74 ramus, „dröhnend" 103 rauus, „heiser" 59 f. recursus, „Flut" 120 f. redolere + Ablativ 193 refrondescere (Hapax) 86 refundere, „erneuern" 86 resonare, „ertönen" 65. 104 responsare, „entsprechen" 67 reuerendus 175 f. rigor, „Kühlung" 165 ros (für Schweiß) 75; (für Blut) 153 ruga, „Hautfalte" 95 rumpere (dynamisierend) 75. 124; ~ „stören" 68 saburra metonym. („sandiges Flußbett") 120 sacrum + Genitiv 151 f. sagittifer 73 saxa x marmora 136 sectilis 140 sedere + Ablativ 127 (bei abstraktem Subj.); (+ per) 131 semel (tonlos) 211 sensim, „allmählich" 86; „behutsam" 100 sericus, „aus wilder Seide" 177 f. sigma 189 silentia (poet. PI.) 65

222

Register

silua (metaphorisch) 184 siquidem x nam 54 sol (prägnant) 150 spectabilis X conspicuus 124 stare X esse 84. 153 stringers 208 strues, „Konstruktion, Bau" 128 subductus x tractus 147 subit ( + Infinitiv) 47 subuolare (transitiv), „hinwegfliegen über" 100 sudare (transitiv) 75 suffragari χ adiuuare 58 sulcare, „durchschwimmen" 70 summus, „äußerster" 183 superuenire X super are 54; X tegere 146 f. surgere (dynamisierend) 131. 170 sustentare χ tenere 91 Synnas 136 sjrma 106

tergum, „Fell" 95 testudo 129 torrens, „reißender Strom" 133 totus x omnis 64 transmitters, „durchstoßen" 127 tremiscere 199 triones 163 uagus 55 ualere 201 (Imperativ); + Infinitiv 116 uel χ et 68. 69. 128. 159. 175; statt aut 129; x saltern 61 uena, „Wasserlauf' 187 uenter x proles 113 uerecundia, „Angst vor Beschämung" 205 uerna x uernaculus 125 uertex, „Krümmung" 147 uia („Gang"?) 183 uindemia metonym. („Rebzweig") 77 f. uinea 129 uir χ is 53 uix x non 93 f. unda X aqua 186. 198 f.; (metaphorisch) 171 f. unus (abgeschwächt) 123 f. uolubilis, „drehbar" 185 usus, „Geübtheit" 95

tabula, „steinerne Platte" 140 tacitus, „geheim" 160 tectum (PI.), „Dach" 133; „Decke" 140; „Gebäude" 157 f. templa (poet. PI.), „Kapelle" 192 tempus, „Jahreszeit" 164 tenere, „am Zügel führen" 98

2.

Sachindex

Ablativ der äußeren Erscheinung 84; Ablativus resultativus 159. 179; Prosekutiv 120 Adjektiv statt Genitivus possessivus 86. 121. 176. 205; statt Genitivus quantitatis 89 Aegidius (magister utriusque militiae per Gallias) 3 Anm. 25.; 10 Aetius 2 f. 46 Agaue 109; l l l f . Aition, mythologisches 17 Akkusativ beim medial gebrauchten PPP 82. 87. 106 f. Alexandrinisme 20 f. Anthedius (Dichter, Rhetor und Astrologe) 13. 45. 52 f. Anthemius 4 f. Apollinaris Sidonius: Name 1; Geburtsdatum 1; Epoche 1 ff.; Familie 2; sein

Landsitz Auitacum 2. 4. 16 Anm. 103. 17. 130; politische Laufbahn 2ff.: kirchliche Laufbahn 4 f.; Todesjahr 5; Werke 5 f.; Überlieferung 33 ff.; Ausgaben 35 f. 213 f. Apollo: intonsus 102; νόμιος 190; als Bogenschütze 102. 104; als Gott der Musik 102; Attribute: Efeu 99. 101, Greifengespann 97, Sonnenwagen 102, Kithara 102 f. Aprunculus (Bischof von Clermont-Ferrand) 5 Apulien 159 Aquitanien 5 ff. 12. 48 (Anm. 3). 126 Artes liberales 54 Arvandus (praejectus praetorio Galliarum) 5 Asianismus 21 ff. Astrologie 54. 56. 58 Asyndeton adversativum 58; A. causale 197; A. explicativum 205

2. Sachindex Athena 19; (als Göttin der Spinnkunst) 19. 173 f. Atrium, tuskanisches 145. 150 Attribut, partitives 92. 105 Auvergne ( A r u e r n i ) 4 f. (Anm. 34). 48. 119 Avitus, Flavius Eparchius 2 f. 4 Anm. 27. 5 Äskulapschlange 106 Bacchus, siehe Dionysos Baetica ( H i s p a n i a ulterior) 11 f. Bassariden 81 Begleitepistel 204 Anm. 67; als Widmungsschreiben 13 Belagerungstechnik 128 ff.; -türme 128; Geschütze 129; Sturmleiter 129 f. Bescheidenheitstopik 45. 58 Bordeaux 7 f. 10 f. 48 Bourg-sur-Gironde ( B u r g u s ) 8. 60; ehemals befestigter Landsitz der Pontier 6 ff. 11 f. 17. 60 f. 117 f. 123; Eingang 138; Getreidespeicher 157 ff. 194; Kapelle 191 f.; Peristyl 1 4 2 - 1 5 0 ; nördliche Portikus 162. 194; westliche Portikus 182 ff. 194; Sommerthermen 130 f.; Speiseräume 184 f. 188 f. 194 f.; Umgebung 195; Wasserleitung 167 f.; Webstube 173 ff. 194; Wehrmauer 14. 125. 131 f.; Weinkeller 191. 193; Wintergemächer 169 ff. 194; Winterthermen 164. 167 Burgunder 1 ff. 5 Caecina Basilius (cos. 463) 4 Carcassonne 5 Cartagena 4 Anm. 27. 11 cedat- Formel 134 Cirrha 203 Clermont-Ferrand 2. 4 f. (Anm. 34) Cognomen, Inversion 126 Consentius (aus Narbonne, Gastfreund des Sidonius) 6. 10 Daphne 191 Dativus auctoris 94; commodi 161. 201; ethicus 66; possessivus 93; sympathetic a 50. 98 decemuiri stlitibus iudicandis 207 Dionysos: Doppelgeburt 75 f.; Indienfeldzug 49. 72; in Nysa geboren 202; Attribute: Hörner 75, Kantharos 78, Thyrsos 78, Tigergespann 72 ff. Dionysosepen 49 f.

223

Echion 111 Ekphrasis 17; (Topothesie) 117 f. Elefantenhaut 92 ff. Eleusis 160 f. Ellipse von est 93. 139. 149. 185. 198, im Perfekt von Deponentien 160. 174; von esse im Acl 152; der Protasis 206 Enkomion 17 Epithalamien 18 f. Exkurs (Abschweifung) 24 f. 209 f.; katalogisch 25. 128. 134. 158 Exordialtopos 61 Faun(e) 81 Flußgötter 83 Franken 2. 3 Anm. 25 Fullonius Saturninus (Astrologe) 56 f. Gargara 160 Gelegenheitsdichtung 6. 17 Genien (Schutzgötter) 51 f. 71 Genitiv der Ursache 154; Genitivus inhaerentiae 55; inversus 101. 153 Gerundivum als Prädikatsadjunkt 141; futurisch gebraucht 116 Gironde 117 f. Goldfadenherstellung 179 Götterhandlung (Fiktion) 18 f. 49 f. 71 Grammatikertradition 59 f. 205 Gräzismen 204 f.; griechische Kasusendungen 62. 96 f. 106. 124. 136. 137. 154 Hapax legomenon 86. 107 Heizung: Flächenstrahlungsheizung 171; Hypokausten 170 f.; Konvektionsheizung 164 Helikon 97. 107. 190. Hunnen 1 f. Imitatio 26 f. Inkrustation 140 Iulianus Vertacus (Astrologe) 56 f. Iulius Firmicus Maternus 57 Juristensprache 208 Kalabrien 159 Kassettendecke 140 f. Klauseltechnik (Prosarrhythmus) 47. 211 Konjunktiv Präsens statt Futur I 127 Kränze 77 f. 101 Krotos 107 ff.

224

Register

Kunstbeschreibungen 153 f. Kyzikos 151. 154 ff. Lampridius (Grammatiker und Dichter) 11. 49 Leontini 159 f. Libius Severus 10 Litorius (magister mιIi tum) 46 Livia (Mutter von Pontius Leontius) 6 Lorbeer (als Attribut Apollos) 98; (Verbreitung) 190 f. Lyon 1 ff. 5 Lyra 102 ff. Majorian 3 ff. 10 ff. 17 Manierismus 23 f. Marcellinus (comes Dalmatiae) 3 Marcellus {praefectus praetorio Galliarum) 3 Anm. 22 Marmorsorten 134 ff.: aquitanischer Marmor 135; lakonischer M. 137; numidischer M. 136; parischer M. 137; phrygischer M. 135 f.; Porphyr 137 f. Metrik 30 ff. Aphärese 192; (bei syntaktischem Einschnitt) 124 Elision (Synaloephe) von et 85 Kürzung von auslautendem δ 30 f. 74. 137 Marx'sche Regel 83 f. Metrische Dehnung 30. 106 Monosyllabon am Versende 85. 154 Synaloephentechnik 32 Synizese 141. 179 Versanfang: fünfsilbiger 105 Versschlüsse 31 f.; formelhaft 135 Versus spondiaci 32 Zäsuren 31 Minerva, siehe Athena Mithridates VI. 151 f. 154 ff. Musen 66. 104. 190. Erato 65 f. Musenanruf 65 f. Narbonne {Narbo) 2. 9 ff. 12. 45 f. Naxos 203 Niobe 109. 112 ff. Nymphen: Dryaden und Hamadryaden 68; Najaden und Nereiden 69 Oedipus 109. 116 f. Orthographie -cc- oder -c- 90 f.

b- 90 -h- 72 f.; (an verkehrter Stelle) 211 -ph- oder -/- 93 -ss- oder -s- 202 -umn- oder -onn- 69 f. Paeonius {praefectus praetorio Galliarum) 3 Paläographie Ausfall von -m 123 Haplographie 57 Vertauschung von α und ο 120 Vertauschung von α und « 1 1 3 Vertauschung von i und e 105 Anm. 12 Wortausfall in der Synaloephe 164 Pan(e) 81 Papianilla (Tochter des Avitus, Frau des Sidonius) 2 Parataxe statt konditionaler Hypotaxe 182, siehe auch Asyndeton Parnaß 190. 202 Partizip — Futur Aktiv als Prädikatsadjunkt 63. 93. 125. 195. 203. 206; in der Coniugatio periphrastica 115; variiert mit Partizip Präsens Aktiv 149 — Perfekt Passiv in präsentischer Bedeutung 140. 141. 149. 169; statt Verbalsubstantiv 82. 88. 149 Pegasus 107 Pentheus 19. 109. 111 Peristyl 142. 145. 150 Perlen 90 Petronius Maximus 2 Pharnakes II. 152 Philosophie 56 Phoenix 88 f. Piacenza 3 Pontius, Gentilname einer aquitanischen Adelsfamilie 6 ff.; als Christen 17 Anm. 112. 192; Pontier im 6. Jh. 8, im 4. und 5. Jh.: (1) Meropius Pontius Paulinus 7 f. 49 (2) Pontius Paulinus 7 f. 125 f. 139. 174 (3) Pontius Leontius 6 ff. 10 ff. 17. 48 ff. 52. 60. 126. 175 (4) Pontius Paulinus, Sohn von (3) 49 f. Portikus villa 143 Poseidon 152 Prädikatsadjunkt, proleptisches 199 Preciosite 20 f. Prosavorreden 13. 45 Anm. 1 Purpur 177

2. Sachindex Rahmenhandlung 13. 16 ff. 45. 71 Rhetorik 22 f.; (im Unterricht) 26 Rhetorische Mittel (ornatus) 20. 22 f. 25, siehe auch Stilistisches und Wortspiel Rikimer 3 f. 10. 17 Satyrn 67. 81 Seidenarten 177 f. Silen 81 ff. Skyphos 204 Spätlatein 20. 84; (reflexive statt passiver Form) 80 Spinngeräte 176. 178 Springflut 70. 117 f. Sternbilder 54 ff.; Großer Bär 165 f.; Großer und Kleiner Bär 146. 163. 192; Löwe 165 f. Stilistisches Antithese 61. 90. 122. 142. 150. 158. 182. 197. 201 Apostrophe 61. 118. 131 Archaismen 29. 47 f. Auffächerung 121. 169 Brachylogie 190 Enallage 54. 83. 100 Geminatio 111. 137 Gräzismen 29 Hyperbole 23. 63. 76. 124. 158 Inkonzinnität 100 Metapher 23. 63. 172. 184 Metonymie 23 Oxymoron 65. 85. 93. 114 Paradoxon 91. 107. 114. 116. 121. 154. 171. 184. 188 Paronomasie 76. 79; organische P. 61. 64. 80. 90. 93. 120. 122. 211 Periphrase 23. 115. 141. 152. 155; (Antonomasie) 61 f. 87. 96. 100. 109. 113. 115. 152. 154 Personifikation 65. 77. 85 f. 99. 127. 165. 182. 199 Pleonasmus 86 Polyptoton 63 f. 123. 149. 191. 197 Prägnanz 154. 161 Synonymenhäufung 47 Variatio 104 Vertauschung von Subjekt und Umstandsbestimmung (im Ablativ) 132 Wortstellung: abbildende 90. 94. 154; chiastisch 84. 95. 98. 99. 101. 105. 139. 147. 151. 163. 169. 173. 175. 178. 184. 196. 202; parallel 63. 89.

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93. 99. 104. 108. 171. 178; Versus aureus 86. 90. 92. 132. 155. 159. 175. 182. 184. 187. 200. 203 Zeugma 100. 130 Syrien 177 Anm. 49 Tanz 66 f. 109 Tempusgebrauch Imperfekt: kausativ 74 Präsens: historisch 74; kausativ 98; perfektisch 75; statt Futur I 176 Theben 97. 109. 115 Thoas 62 Thrasybulus, Mathematiker 56 Tierkreis 54 ff. Tithonus 87 Trauersymbole 84 Triptolemos 161 Triumphzug 83. 90 Trygetius (aus Bazas, Gastfreund von Pontius Leontius) 10 ff. Valentinian III. 2 Vandalen 2. 4 Anm. 27. 11 Vaticinium ex eventu 18. 125 Versbequemlichkeit 69. 99. 102 Verschränkung (von Haupt- und indirektem Fragesatz) 71; (relativische) 79 Versparung 159. 202 Villen, römische: Architektur 148; Fischbecken 185. 188; Getreidespeicher 157; Grotten 198; Hauskapellen 192; separate Thermen 130; Triklinien mit Flügeltüren 185; Triklinien mit Wasserbecken 184; Turmtriklinien 188; befestigte Villen 125; Wintertriklinien 189; Wohnräume für den Winter 170 Villenbeschreibungen 13 ff. 16 ff. Vokativendung -i 120 Vorbilder 26 ff. Plinius d. J. 16 Statius 27 f.; (Silven) 13. 16 ff. 19. 203. 207 f. Wandgemälde 151. 156. 179 Westgoten 1 f. 4 f. 6 Anm. 52; Eurich 5; Theoderich I. 10. 46; Theoderich II. 2. 10 Wortspiel (Aquivozität) 113. 162. 193 f.; mit Eigennamen 46; siehe auch Stilistisches: Paronomasie und Antithese

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NESSELRATH

Die attische Mittlere Komödie I h r e S t e l l u n g in d e r antiken Literaturkritik und Literaturgeschichte Groß-Oktav. X, 395 Seiten. 1990. Ganzleinen DM 216,ISBN 3 11 012196 4 (Band 36) LUTZ

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Studien zum Verständnis Herodots Groß-Oktav. XIV, 199 Seiten. 1992. Ganzleinen DM 120,- ISBN 3 11 013621 X (Band 38) CHRISTINE

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Die kosmische Dimension in den Tragödien Senecas Groß-Oktav. XII, 250 Seiten. 1993. Ganzleinen DM 158,ISBN 3 11 013517 5 (Band 39)

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