Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts: Erster Teil Die Personengesellschaft [1. Aufl.] 978-3-540-08333-7;978-3-642-61894-9

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German Pages XIII, 451 [463] Year 1977

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Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts: Erster Teil Die Personengesellschaft [1. Aufl.]
 978-3-540-08333-7;978-3-642-61894-9

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XIII
Das Wesen der Gesamthandsgesellschaft (Werner Flume)....Pages 1-86
Die Abgrenzung der Gesamthandsgesellschaft zur juristischen Person und zur Bruchteilsgemeinschaft (Werner Flume)....Pages 87-124
Die Mitgliedschaft in der Gesamthandsgesellschaft (Werner Flume)....Pages 125-188
Die Privatautonomie im Recht der Personengesellschaft (Werner Flume)....Pages 189-281
Kapitel V (Werner Flume)....Pages 282-345
Die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft (Werner Flume)....Pages 345-421
Back Matter ....Pages 422-451

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Enzyklopadie der Rechts- und Staatswissenschaft

Begriindet von F. von Liszt und W. Kaskel

Herausgegeben von P. Lerche· W. Mieth ·D. Norr · W. Vogt

Abteilung Rechtswissenschaft

Werner Flume

Allgemeiner Teil des Biirgerlichen Rechts Erster Band

Erster Teil

Die Personengesellschaft

Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1977

ISBN 978-3-642-61894-9 (eBook) ISBN 978-3-642-61895-6 DOI 10.1007/978-3-642-61894-9 Library of Congress Cataloging in Publication Data (Revised). Flume, Werner. Allgemeiner Teil des biirgerlichen Rechts. (Enzyklopadie der Rechts- und Staatswissenschaft: Abteilung Rechtswissenschaft.) lncludes bibliographical references and indexes. Contents: Bd. 1. Die Personengesellschaft.-Bd. 2. Das Rechtsgeschăft. 1. Civil law-Germany, West. 1. Title. II. Series: Enzyklopadie der Rechts- und Staatswissenschaft. LA W 340'.0943 74-23964 Das Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ăhnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei Vervielfaltigungen fiir gewerbliche Zwecke ist gemiiB § 54 UrhG eine Vergiitung an den Verlag zu zahlen, deren Hohe mit dem Verlag zu vereinbaren ist. © by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1977 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1977

214313111-54321

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LABORIS

Vorwort Das Recht der Personengesellschaft wird von der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts nach der Systematik des Grundrisses von Georg Arnold Heise (1. Aufl. 1807) nicht dem Personenrecht des Allgemeinen Teils des biirgerlichen Rechts zugeordnet, und das BGB ist dem gefolgt. Zum BGB behandelt die Literatur in Ubereinstimmung mit der Legalordnung die Personengesellschaft im Schuldrecht. Dem folgt selbst Gierkes Deutsches Privatrecht, wenn Gierke auch im Personenrecht des Allgemeinen Teils in dem Kapitel ,Personenrechtliche Gemeinschaften" allgemein von den ,Gemeinschaften zur gesamten Hand" und damit auch von der Gesellschaft handelt. Die Legalordnung des BGB ist in der Einordnung des Rechts der Personengesellschaft dadurch bestimmt, daB dem Ersten Entwurf des BGB, wie es in den Motiven heiBt, die ,gemeinrechdiche Auffassung vom Begriffe und Wesen der Sozietat" zugrunde lag, daB der Gesellschaftsvertrag ,nur ein obligatorisches Rechtsverhaltnis unter den Kontrahenten" begriindet. Die Personengesellschaft als Gesamthandsgesellschaft gehOrt jedoch ebenso wie die juristische Person dem Personenrecht an. Man konnte sogar der Ansicht sein, daB die Personengesellschaft als Personengruppe oder Personenverband noch eher als die juristische Person in das Personenrecht geh6rt. Dieses Buch ist eine Darstellung des Rechts der Personengesellschaft als Gesamthandsgesellschaft. Hinsichtlich des Gesamthandsprinzips sind die Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts und die Personengesellschaft des Handelsrechts gleichgeartet, wobei OHG und KG als Personengesellschaft des Handelsrechts zusammenzufassen sind. Dementsprechend wird die Personengesellschaft des Handelsrechts ebenso wie die Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts behandelt. Damit kann einerseits die Regelung der Personengesellschaft des Handelsrechts auch fur die Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts fruchtbar gemacht werden. Andererseits wird auch die Personengesellschaft des Handelsrechts wieder eindeutig dem Personengesellschaftsrecht des biirgerlichen Rechts zugeordnet. Die Personengesellschaft des Handelsrechts ist hiernach nicht eine hybride Rechtsfigur zwischen Gesellschaft und juristischer Person, die sich, wie das Reichsgericht einmal gesagt ha~, ,in der Tat einer juristischen Person nahert". Sie ist vielmehr zu verstehen als die konsequente Auspragung der Rechtsfigur der Gesamthandsgesellschaft als einer Rechtsfigur des Personenrechts. VII

Vorwort Das Recht der Personengesellschaft wird in diesem Buch als dem Allgemeinen Teil des biirgerlichen Rechts zugehorig behandelt. Daraus ergibt sich, daB auch die Einzelfragen als solche des Allgemeinen Teils gesehen werden. Es geht urn die Grundlegung des Rechts der Personengesellschaft als Gesam thandsgesellschaft. Die zweite Halfte des ersten Bandes wird das Recht der juristischen Person zum Inhalt haben. In einem dritten Bande sollen die allgemeinen Lehren des Zivilrechts mit Ausnahme der Lehre vom Rechtsgeschaft und des Rechts der Personengesellschaft und der juristischen Person behandelt werden. In das Buch eingegangen sind folgende Vorarbeiten des Verfassers: Die Gesamthand als Besitzer: Freundesgabe fur Hans Hengeler, 1972; Der Inhalt der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters nach § 128 HGB: Festschrift fiir Rudolf Reinhardt, 1972; Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136 (1972) S. 177; Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters bei der OHG: Festschrift fiir Alexander Knur, 1972; Die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft durch Obertragung der Mitgliedschaft: Festschrift fiir Karl Larenz, 1973; Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beim Tode eines Gesellschafters: Festschrift fur Wolfgang Schilling, 1973; Gesamthandsgesellschaft und juristische Person: Festschrift fur Ludwig Raiser, 1974; Schuld und Haftung bei der Gesellschaft des Biirgerlichen Rechts: Festschrift fiir Harry Westermann, 1974; Die Abfindungsklauseln beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft: Festschrift fiir Kurt Ballerstedt, 1975. Herm Dr. Jan Wilhelm danke ich fur vielfaltige wertvolle Hilfe bei der Durchsicht des Manuskripts und bei den Korrekturen sowie fiir die Erstellung des Sach- und Entscheidungsregisters. Bonn, im Juni 1977

VIII

WERNER FLUME

In halt Kapitel I: Das Wesen der Gesamthandsgesellschaft

§ 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts und die Gesdlschaft als schuldrechtliches Rechtsverhaltnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Gesamrhandsgesellschafr als ,Urfigur" der Gesamthand und als schuldrechtliches Rechrsverhaltnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Gesellschaft im ersten und zweiten Entwurf des BGB . . . . . . . . . III. Die Gesellschaft als bloB schuldrechtliches Rechtsverhalrnis - die AuBen- und Innengesellschaft und insbesondere die Unterbeteiligung IV. Die Moglichkeit unterschiedlicher Vermogenszuordnung

§ 2 Der Gesellschaftsvertrag als personenrechtlicher und als schuldrechtlicher Vertrag

1

2 4 10 11 11

I. Das Nebeneinander von personenrechtlichen und schuldrechtlichen Elementen II. Die Abgrenzung des personenrechtlichen und des schuldrechtlichen Bestandteils des Gesellschaftsverrrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft als eine solche hinsichtlich der Exisrenz der Gesellschaft als Personengemeinschaft und des Verhalrnisses der Gesellschafrer zur Gesellschaft einerseits und des Verhaltnisses der Gesellschafter untereinander andererseits . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Gesellschaftsvertrag und die Regelung der §§ 320 ff. BGB V. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages . . . . . . . .

13 29 32

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element der Personengesellschaft

37

I. Der gemeinsame Zweck als Zweck der Gesellschaft und nicht der einzdnen Gesellschafrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der gemeinsame Zweck und die Frage der Gewinn- und Verlustbeteiligung III. Das Halten und Verwalten von Vermogen oder einzdnen Vermogensgegenstanden, insbesondere eines Grundstiicks, als gemeinsamer Zweck einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . IV. Der gcmeinsame Zweck bei der Innengesellschaft V. Die societas leonina

· · · · · · · · · · ·

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

. . . . . . . . . . . I. Die Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen und die Lehre von der Gesamthand als Personengemeinschaft II. Die Gesamthand als Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ill. Die Personengemeinschaft der Gesamthand als Einheit . . . . . . . . . . IV. Die gcsamthanderische Personengemcinschaft als Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12

37 39

45 47 48 50 50 54 60 63

§ 5 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

68

IX

Inhalt § 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer

. . . . . . . . . . I. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung . . . . . II. Die Voraussetzungen der Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft III. Die Anerkennung der Moglichkeit cines Besitzes der Gesellschaft als Voraussetzung einer sinnvollen Anwendung der Vorschriften tiber die Besitzfolgen . . . . .

81

Kapi tel II: Die Abgrenzung der Gesam thandsgesellschaft zur juristischen Person und zur Bruch teilsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

§ 7 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft und die juristische Person

75 75 79

87

I. Die Gesamthandsgesellschaft und die juristische Person als unterschiedliche Organisationsformen iiberindividueller Wirkungseinheiten . . . . . . . . . . . . II. Die Verabsolutierung der Organisation in der juristischen Person und die Gesamthandsgesellschaft als Gruppe der durch den Gesellschaftsvertrag verbundenen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgerungen aus der Unrerschiedlichkeit von Gesamthandspersonengesellschaft und juristischer Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das bei der Gesam thandspersonengesellschaft bestehende Vertragsverhaltnis zwischen den Gesellschaftem als konstituierendes Element der Gesellschaft und das Mi tgliedschaftsverhaltnis zur juristischen Person . . . . . . . . . . . . 3. Die Unterschiede hinsichtlich der Organisation und der Mitgliedschaft 4. Das Zusammentreffen der Beteiligung an einer Personengesellschaft mit der Vorerbschaft an einer solchen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Abhangigkeit der Gesamthandsgesellschaft von den Schicksalen ihrer Gesellschafter und das Fehlen cines Bestandsschutzes fur das Gesellschaftsvermogen gegeniiber den Dispositionen der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . 6. Die Grenzen der Zulassung der Gesamthandsgesellschaft zu Rechtsstellungen und Rech tsverhaltnissen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

§ 8 Die Gesellschaft als Gesamthand und die Rechrsgemeinschaft nach Bruchteilen

110

Kapitel III: Die Mitgliedschaft in der Gesamthandsgesellschaft

87

89 94 94

95 97 99

103

125

§ 9 Die Mitgliedschaft in der Gesamthandsgesellschaft als subjektives Recht und Rechtsverhalmis

. . . . . . . . . . .

. . . . . . . . . . . . . 125

§ 10 Der personenrechtliche lnhalt der Mitgliedschaft

. . . . . . . . . . . . . I. Die Teilhabe der Gesellschafter an Geschaftsfuhrung und Vertretung fur die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterschiedlichkeit der Teilhabe der Gesellschafter an der Handlungshoheit der Gesellschaft und die Betrauung nur einzelner Gesellschafter mit der Geschaftsfuhrung und Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Unterschiedliche Bestandskraft der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . IV. Der unabdingbare Individualrechtsschutz der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft durch die actio pro socio . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 11 Die vermogensmaBigen Beziige der Mitgliedschaft I. Die vermogensmaBige Teilhabe als Moment der Mitgliedschaft II. Das Wesen des Kapitalanteils . . . . . . . . . . . . 1. Der Kapiralanteil und die Mirgliedschaft in der Personengesellschaft 2. Die Bedeutung der Vereinbarung fester Kapitalanteile im Gegensatz zu der gesetzlichen Regelung der veranderlichen Kapitalanreile . . . . . . . .

X

129 129

133 137 139 14 5 145 147 147 147

Inhalt 3. Der negative Kapitalanteil . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Kapitalanteil des Gesellschafters und die Gesellschaftsbilanz III. Die Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . IV. Der Auseinandersetzungsanspruch . . . . . . . . . . . . V. Die Bewertung der Mitgliedschaft nach ihren vermogensrechtlichen Bezligen

155 157 158 162 166

§ 12 Die Abfindung nach Abfindungsklauseln beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters nach der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Funktion und der Inhalt der Abfindungsklausel als eines integrierenden Bestandteils der Vereinbarung tiber das Ausscheiden III. Der AusschluB des Abfmdungsanspruchs IV. Die Beschriinkung der Abfindung . . . . Kapitel IV: Die Privatautonomie im Recht der Personengesellschaft

168 168 174 178 181 189

§ 13 Die Problematik der Gestaltungsfreiheit fur Gesellschaftsvertriige . . . . . . . 189 I. Die Begrenzung der Gestaltungsfreiheit durch zwingende Normen des Gesellschafts. . . . . . . . . rechts und die allgemeinen Grenzen der Privatautonomie II. Die Regelung des Kiindigungsrechts und insbesondere die Kiindigung der Gesellschaft auf Lebenszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsformen der Personengesellschaften und die Verfehlung des gesetzlich bestimmten Gesellschaftstyps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Erbengemeinschaft als Rechtsform fur die Fiihrung eines Handelsgeschafts V. Die Beschriinkung der Haftung des Kommanditisten und die Frage des MiBbrauchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . der Rechtsform der KG

189

§ 14 Selbstbestimmung und Fremdbestimmung im Recht der Personengesellschaft I. Die unterschiedliche Problematik der Selbstbestimmung hinsichtlich des korpora-

207

II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X.

192 196 201 201

tiven Elements der Personengesellschaft und beziiglich der Rechtsstellung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Die Interdependenz von Mehrheitsprinzip und gesellschaftsvemaglichem Stimm209 rechtsausschluB einerseits und Kiindigungsrecht andererseits 213 Die Anderung des Gesellschaftsvertrages und das Mehrheitsprinzip 220 Die Abspaltung des Stimmrechts 222 Die Vertreterklausel 229 Die Stimmrechtsbindung 235 Die Beteiligung von Nicht-Gesellschaftern an der Willensbildung der Gesellschaft 240 Das Problem der ,Drittorganschaft" . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Problematik des Stimmverbots und der Anwendung von § 181 BGB bei Gesell246 schaftsbeschliissen . . . . . . . . . Die Personengesellschaft im Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 255

§ 15 Privatautonomie und Pflichtbindung als Prinzipien der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 . . . . . . . 257 I. Die Selbstbestimmung des Gesellschafters und die Treuepflicht II. Die pf]icht zur Geschaftsfuhrung und die Mitwirkung an GeschaftsfuhrungsmaB262 nahmen durch Zustimmung und Widerspruch . . . . . . . . . 262 1. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Geschaftsfuhrung nach § 705 BGB 2. Widerspruch und Zustimmung zu GeschaftsfuhrungsmaBnahmen als privatautonome Entscheidungen in der Spannung von Privatautonomie und Pflichtbindung 265

XI

In halt 3. Unwirksamkeit von Widerspruch oder Verweigerung der Zustimmung nur bei 268 Evidenz, daB sie nicht mehr durch die Privatautonomie gedeckt sind 4. Rechtsfolgen der Unwirksamkeit des Widerspruchs oder dec Verweigerung dec Zustimmung zu GeschaftsfuhrungsmaBnahmen . . . . . . . . . . . . . 270 III. Die Pflicht zur Mirwirkung bei dec Entziehung des Geschaftsfuhrungsrechts und dec 273 Vertretungsmacht und bei der AusschlieBung eines Gesellschafters IV. Die Pflicht zur Mitwirkung bei dec Anderung des Gesellschaftsverrrags

278

Kapitel V

§ 16 Schuld und Hafrung bei dec Personengesellschaft I. Vorbemerkung

. . . . . . . . . . . . .

II. Das Nebeneinander von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesell. . . . . . . . . schafters bei den Personengesellschaften des Handelsrechts 1. Die Gesellschaftsschuld als Verbindlichkeit der Gesamthand als Gruppe und die Haftungsverbindlichkeit als Verbindlichkeit des einzelnen Gesellschafters 2. Das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit als Gesamtschuldverhaltnis . . . . . . . mit akzessorischem Charakter der Hafrungsverbindlichkeit b) Einzelfragen des Verbaltnisses von Gesellschaftsschuld und Hafrungsverbindlichkeit des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die grundsatzliche Gleicharrigkeit der Haftungsverbindlichkeit des ausgeschiedenen und des der Gesellschaft angehiirenden Gesellschafters III. Dec Inhalt dec Haftungsverbindlicbkeit des Gesellschafters nach § 128 HGB l. Dec Stand dec Meinungen in Rechtsprechung und Literarur 2. Die Haftungsverbindlichkeit des Gesellscbafters und die Biirgschaftsverpflicbtung 3. Die Verpflichrung des Gesellschafters nacb § 128 HGB zur Erfullung in natura . . . . . . . . . . . . bei nicht auf die Person bezogenen Leistungen 4. Die Haftung des Gesellschafters fur die Verpflicbrungen dec Gesellschaft zu Personen-bezogenen Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Problematik eines Erfullungsansprucbs gegen den geschaftsfuhrenden Gesellschafter auf Abgabe einer Willenserklarung oder Vornahme einer Geschaftsfiih. . . . . . rungsbandlung fur die Gesellscbaft IV. Schuld und Haftung bei dec Gesellschaft des biirgerlichen Rechts 1. Die Problematik als eine solche des Gesamthandsprinzips 2. Die Gesellschaftsscbuld als eine Verpflichtung dec Gesamthand als Gruppe 3. Die grundsatzliche Erstreckung dec Haftung fur die Gesellschaftsverbindlicbkeiten auf die Gesellscbafter zur vollen persiinlichen Haftung eines jeden Gesellschafters als dem Gesamthandsprinzip entsprechende sachgerechte Liisung 4. Die Problematik des Ausschlusses dec persiinlichen Haftung dec Gesellschafter im rechtsgeschafdichen Verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Haftungsbeschrankung bei dec ,Ideal"-Gesellschaft und im Zusammenhang mit der Regelung dec Hafrungsbeschrankung bei dec Kommanditgesellschaft 6. Die Haftung der Gesellschafter bei gesetzlichen Schuldverhaltnissen der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Haftung des ausgescbiedenen oder einrretenden Gesellschafters

XII

282 282 283 283 286 286 289 295 298 298 302 304 306

312 314 314 318

325 327 330 339 344

Inhalt Kapitel VI: Die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft

345

§ 17 Die Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft durch Ubertragung der Mi tgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Anerkennung der Ubemagbarkeit in Lehre und Rechtsprechung . . . . . II. Die Ubertragbarkeit der Mitgliedschaft als einer einheitlichen Rechtsposition durch translatives oder konstitutives Veriiul3erungsgeschaft . . . . . . . . . . . . III. Die Rechtsfolgen der Ubertragung der Mitgliedschaft hinsichtlich der sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Anspriiche und Verpflichtungen . . . . . . . . . IV. Die Ubertragung einer Kommanditbeteiligung und die ,Einlage" . . . . . . V. Die Bedeutung der Anerkennung der Ubertragbarkeit der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Der Nie6brauch an der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft VII. Die Verpfandung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die ,Anwachsung" und ,Abwachsung" als Rechtsfolgen der Anderung der Mitgliedschaft und die Anwachsung auf den einzigen verbleibenden Gesellschafter als Rechtsnachfolge in die Mitgliedschaft des Ausscheidenden . . . . . . . . .

34 5 345 349 353 357 358 359 367

369

§ 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beim Tode cines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Nachfolge in die Mitgliedschaft als gesellschaftsvertragliches Problem II. Die Nachfolge eines Erben in die Mitgliedschaft in einer Personenhandelsgesellschaft 1. Die Berufung des Alleinerben oder aller Miterben entsprechend ihren Erbteilen zur Nachfolge aufgrund der sogenannten einfachen Nachfolgeklausel 2. Die Berufung eines oder mehrerer Miterben zur Nachfolge in die Mitgliedschaft durch die qualifizierte Nachfolgeklausel als Vertrag zugunsten Dritter 3. Die Berufung cines Erben zur Nachfolge durch die Eintrittsklausel III. Die Nachfolge als Erbe in die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts IV. Die Problematik der Nachfolge in die Mitgliedschaft durch einen Nichterben aufgrund gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklausel als Vertrags zugunsten Dritter V. Die Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft als Schenkung auf den Todesfall VI. Das Verhaltnis der unentgeltlich durch den Gesellschaftsvertrag oder sonst durch Rechtsgeschaft unter Lebenden unentgeltlich zur Nachfolge in diie Mitgliedschaft . . . . . . . auf den Todesfall Berufenen zu den anderen Nachla6beteiligten 1. Die Frage der ZugehOrigkeit der Beteiligung zum Nachla6 als blol3e Verfahrensfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhaltnis des durch die qualifizierte Nachfolgeklausel berufenen Erben zu den Miterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die unentgeltliche Nachfolge in die Mitgliedschaft und das Pflichtteilsrecht und die Haftung fur die NachlaBverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . VII. Die Entscheidung BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977 und die sich daraus fiir die Kautelarjurisprudenz ergebenden Folgerungen

375 375 378 378 386 391 395 396 398

401 401 403 409 413

Sachregister . . . .

422

En tscheidungsregister

443

XIII

Kapitel I

Das W esen der Gesamthandsgesellschaft § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts und die Gesellschaft als schuldrechtliches Rechtsverhaltnis I. Die Gesamthandsgesellschaft als ,Urfigur"

der Gesamthand und als schuldrechtliches Verhaltnis Die Gesellschaft gehOrt als Gesamthandsgesellschaft, weil sie als solche eine personenrechtliche Gemeinschaft ist, dem Personenrecht an. Damit ist der Allgemeine Teil fiir das deutsche biirgerliche Recht der systematische Ort fiir die Behandlung der Gesellschaft als personenrechtlicher Gemeinschaft. Auch die anderen im BGB behandelten Gesamthandsgemeinschaften, die Giitergemeinschaft und die Erbengemeinschaft, konnten als Personengemeinschaften dem Personenrecht und damit dem Allgemeinen Teil zugeordnet werden. Man konnte auch daran denken, das Prinzip der gesamthanderischen Personenverbindung als solches, daB namlich fiir die Personenverbindung Rechtsverhaltnisse und Rechte und Verbindlichkeiten, sei es durch rechtsgeschaftliches Handeln oder von Gesetzes wegen, begriindet, veriindert und aufgehoben werden konnen, im Rahmen des Allgemeinen Teils zu behandeln. Im allgemeinen geschieht dies jedoch nicht. Man pflegt- wie es bei GIERKE 1 heiBt- ,von der gesamten Hand iiberhaupt nicht im Personenrecht, sondem nur bei den wichtigsten von ihr beherrschten vermogensrechtlichen Erscheinungen zu handeln". Die drei im BGB geregelten Gesamthandsgemeinschaften sind nun in der Tat ungeachtet des gemeinsamen Grundprinzips der gesamthanderischen Personenverbindung in ihrer rechtlichen Problematik so unterschiedlich geartet, daB eine gemeinsame Behandlung im Allgemeinen Teil des burgerlichen Rechts nicht sinnvoll ware. Das Recht der Giitergemeinschaft gehort 1

DPR I, 669. 1

§ 1 II § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts als Personenrecht zu dem Familien-Personenrecht und hat deshalb mit Recht seine Regelung im Familienrecht gefunden. Die Rechtsfigur der Erbengemeinschaft gehort ebenso untrennbar zum Erbrecht. Besonders ist demgegeniiber die Stellung der Gesamthandspersonengesellschaft im System unseres biirgerlichen Rech ts. Wahrend die rechtliche Regelung der Giitergemeinschaft und Erbengemeinschaft durch die Besonderheiten der ehegiiterrechtlichen und erbrechtlichen Problematik bestimmt ist, ist die Rechtsfigur der Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts von solchen Besonderheiten frei. Als Personenverbindung fiir jedweden Zweck gehort sie deshalb in das Personenrecht des Allgemeinen Teils. Sie ist gewissermaBen- wenn auch nicht in der geschichtlichen Entwicklung - die ,Urfigur" der Gesamthand, so daB das Recht der Gesellschaft als Gesamthand paradigmatisch fiir die Gesamthand an sich ist. Die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts, und zwar auch die Gesamthandsgesellschaft, gehOrt allerdings als Rechtsfigur auch dem Schuldrecht an. Die Gesellschaft ist ein Schuldverhaltnis der Gesellschafter untereinander, indem sich die Gesellschafter, wie es in § 705 BGB heiBt, durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, ,die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fordern, insbesondere die vereinbarten Beitrage zu leisten". Insoweit es sich urn das Schuldverhalmis der Gesellschafter untereinander handelt, gehort das Gesellschaftsrecht in das Schuldrecht.

II. Die Gesellschaft im ersten und zweiten Entwurf des BGB Dem ersten Entwurf des BGB lag ,die gemeinrechtliche Auffassung vom Begriffe und Wesen der Sozietat zu Grunde" 2• In den Motiven 3 heiBt es dazu: ,Der Vertrag bezweckt und erzeugt nur ein obligatorisches Rechtsverhaltnis unter den Kontrahenten ... Im Verkehre mit Dritten kommt dem Gesellschaftsverhaltnisse an sich keine Bedeutung zu. Der Verkehr vollzieht sich und die dadurch hervorgerufenen rechtlichen Beziehungen und Wirkungen bestimmen sich nach allgemeinen Grundsatzen, namentlich nach denjenigen iiber Stellvertrerung und Vollmacht. Es besteht kein geschlossenes Gesellschaftsvermogen." In den Protokollen 4 wird zu dem ersten Entwurf nochmals zutreffend festgestellt: ,Nach dem Entw. ist die Gesellschaft grundsatzlich ein rein obligatorisches Verhaltnis. Die gemeinsamen Zwecke werden nur dadurch verfolgt, daB sich die Gesellschafter untereinander obligatorisch zu bestimm ten l.eistungen verpflich ten". 2 3

4

2

Mot. II, '91 = Mugdan II, 330. A.a.O.; vgl. auch Denkschr. Mugdan II, 12,9. Prot. II, 428 = Mugdan II, 989.

II. Die Gesellschaft im ersten und zweiten Enrwurf des BGB

§ 1 II

Die Neuerung des zweiten Entwurfs bestand in der Konstituierung des Gesellschaftsvermogens als Gesamthandsvermogen, wahrend die zweite Kommission hinsichtlich des ersten Entwurfs nochmals bestatigte: ,Ein Gesellschaftsvermogen im eigentlichen Sinne gibt es nicht". Fiir die Neuregelung erkannte man zwar: ,Die Gestaltung des Verhaltnisses nach dem Grundsatze der gesamten Hand hat neben den obligatorischen auch dingliche Wirkungen" 5 . Man zog aus der Obernahme des Gesamthandsprinzips aber nicht die Konsequenz, die Gesamthand als Rechtsgemeinschaft zu erfassen. Wie es in den Protokollen heiBt, ,gingen die Meinungen dariiber, wie die Rechtsgemeinschaft der gesamten Hand theoretisch zu konstruieren sei und was man als das charakteristische Merkmal derselben anzusehen habe, auseinander". Man hat die Frage offen gelassen. Lakonisch wird nur berichtet 6 : ,Die Kom. glaubte, zu der wissenschaftlichen Streitfrage tiber das Wesen der gesamten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen". Die zweite Kommission beschrankte sich so darauf, fur das Gesellschaftsvermogen das Gesamthandsprinzip einzufiihren. Damit ergaben sich jedoch fur die Gesellschaft nicht nur ,neben den obligatorischen auch dingliche Wirkungen". Vielmehr war nunmehr das Gesellschaftsrecht zugleich das Recht einer Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand. Dies ist dem Gesetzgeber nicht bewuBt geworden. Mit Recht ist auf die Diirftigkeit der rechtspositivistischen Regelung der Gesellschaft im BGB hingewiesen worden 7. Sie erklart sich aus der Konzeption des ersten Enrwurfs, daB die Gesellschaft nur ein vertragliches Schuldverhaltnis zur gemeinsamen Zweckerreichung sei. Leitbild war die Gelegenheitsgesellschaft. Es ist ferner zu bedenken, daB nach § 659 des ersten Entwurfs fur eine Gesellschaft ,zum Zwecke der Betreibung eines Erwerbsgeschafts" allgemein ,die Anwendbarkeit der fur die Offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften vereinbart werden" konnte 8 . Es ist kennzeichnend, daB es in den Motiven dazu heiBt:,Ohne diese Erganzung wiirden die Vorschriften tiber die Gesellschaft an einer empfindlichen Unvollstandigkeit leiden und namentlich wegen der Bestimmungen tiber das Gesellschaftsvermogen zur Befriedigung des Bediirfnisses nicht ausreichen" 9 . Die Gesellschaft als Organisation, die am Erwerbsleben teilnehmen kann, ist fur den ersten Entwurf die Gesellschaft des§ 659 des ersten Enrwurfs. Im zweiten Entwurf und damit in der gesetzlichen Regelung des BGB ist es im wesentlichen bei der Regelung der Gesellschaft als eines Schuldverhaltnisses der Gesellschafter untereinander geblieben, und die Formierung des Gesellschaftsvermogens als Gesamthandsvermogen ist nur dariiber ge5 6 7

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Prot. II, 429 = Mugdan II, 990. Prot. II, 430 = Mugdan II, 990. STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB, Vorbem. 2 vor §§ 709 ff. Im zweiten Encw. § 675 wird auch die KG noch einbezogen. Mot. II, 632 = Mugdan II, 353.

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§ 1 III § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts stiilpt, nicht aber wirklich dem Rechtsverhaltnis der Gesellschaft eingefugt worden. Dabei ist dann auch die Bestimmung tiber die Haftung der Gesellschafter fur die Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 642 des ersten Entwurfs) auf der Strecke geblieben. Zwar wares selbstverstandlich, daB die Bruchteilshaftung des ersten Entwurfs fur die Gesellschaft als Gesamthand nicht mehr in Frage kam. Wenn man jedoch statt dessen nicht eine Gesamthandshaftung besonders bestimmte, so ist dies darin begriindet, daB man mit dem ,Wesen der gesamten Hand" bei der Regelung der Gesellschaft allgemein nich ts zu tun haben wollte. Die Regelung der §§ 705 ff. BGB ist zwar nicht nur schuldrechtlichen Inhalts, sie hat vielmehr zugleich organisationsrechtliche Elemente. Auch diese sind aber von dem Gesetzgeber geschaffen aus der urspriinglichen Sicht der ,Sozietat" als eines nur schuldrechtlichen Rechtsverhaltnisses. Der Gesetzgeber hat nicht gesehen, daB jedenfalls mit der Ubernahme des Gesamthandsprinzips der Gesellschaftsvertrag der Gesamthandsgesellschaft nicht mehr nur ein Schuldvertrag ist, sondern zum Verbandsrecht gehort 10, die Gesellschaft ein ,verbandsrechtliches Gebilde" 11 ist und der Gesellschaftsvertrag ein ,Gemeinschaftsvertrag" 12 , ein ,Organisationsvertrag" 13 ist, durch welchen die Gesellschaft als Gesamthand zu einer Organisationseinheit geworden ist, die Beteiligte des Rechtsverkehrs und Bezugspunkt von Rechtsverhaltnissen ist. In Rechtsprechung und Literatur ist auch heute zu vielen Fragen die Wandlung von der romischrechtlichen Sozietat zur Gesamthandsgesellschaft noch nicht vollzogen worden. Die Problematik der Gesamthandsgesellschaft wird weithin immer noch auf die Gesellschafter als wenn auch verbundene- Einzelpersonen bezogen, nicht aber als eine solche der Gesellschaft als Personengemeinschaft behandelt.

III. Die Gesellschaft als blol3 schuldrechtliches Rechtsverhaltnis- die Aul3en- und Innengesellschaft und insbesondere die Unterbeteiligung Ein Gesellschaftsverhaltnis kann auch in der Weise vereinbart werden, daB nur ein schuldrechtliches Verhaltnis unter den Gesellschaftern, nicht aber eine organisationsrechtliche Einheit, namlich die Gesamthand, begriindet wird, die als solche am Rechtsverkehr beteiligt ist. Das Paradigma ist die 10 ScHAFHEUTI.E,

Gesellschaftsbegriff und Erwerb in das Gesellschaftsvermogen, 1931, S.

19 ff. im Nachwort zu DPR III, 829.

11 HOENIGER 12 GIERKE

13 WiiRDJNGER,

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ScHAFHEUTI.E

a.a.O. S. 95 ff.

Gesellschaften 1. Teil, Personengesellschaften, 1937, S. 42.

III. Die Gesellschaft als bloB schuldrechdiches Rechtsverhaltnis

§ 1 III

stille Gesellschaft. Sie ist eine Gesellschaft im Sinne der §§ 705 ff. 14 , nur erschopft sie sich entsprechend der romischrechtlichen Sozietat in dem schuldrechtlichen Vertragsverhaltnis der Gesellschafter untereinander. Wenn man die Gesamthandsgesellschaft als ,typische" Gesellschaftsform bezeichnet, kann man die stille Gesellschaft als ,atypische Gestaltungsform" 15 oder ,unregelmaBige Form" 16 der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts kennzeichnen. Die Terminologie, nach welcher die Gesamthandsgesellschaft die ,typische" Gesellschaft sein soli, ist bemerkenswert, wenn .man bedenkt, daB die gemeinrechtliche Sozietat entsprechend dem romischen Recht keine Gesamthandsgesellschaft ist. ,Typisch" ist auch heute noch die Gesamthandsgesellschaft nur, wenn die Gesellschaft als Organisationseinheit von einiger Dauer im Rechtsverkehr auftreten soll. Fiir Gelegenheitsgesellschaften ist mindestens ebenso ,typisch" die Gesellschaft als ein rein schuldrechtliches Rechtsverhaltnis, also die Gesellschaft, die nicht Gesamthandsgesellschaft ist. 1st die stille Gesellschaft zwar eine Vermogensgesellschaft, nur mit der MaBgabe, daB es kein Gesamthandsvermogen gibt, sondern Vermogensinhaber allein der Hauptgesellschafter ist und der stille Gesellschafter nur iiber den schuldrechtlichen Anspruch gegen den Hauptgesellschafter an dem Vermogen ,beteiligt" ist, so gibt es auch Gesellschaften ohne jede vermogensmaBige Relevanz, namlich Gesellschaften, die nur der Organisation einer gemeinschaftlichen Beratigung dienen. Ein Paradigma ist der Gleichordnungskonzern nach § 18 II AktG, wenn nichts anderes vereinbart ist als die ,einheitliche Leitung", d. h. wenn die Unternehmen nicht in ihrer Verbundenheit am Rechtsverkehr teilnehmen 1tia. Auch wenn beim Gleichordnungskonzern fur die einheitliche Leitung von den beteiligten Unternehmen ein besonderes Leitungsorgan geschaffen wird, das aber nur ,leitet'' und selbst keine Geschafte tatigt, entstehen keine gesamthanderischen Rechtsbeziehungen. In Rechtsprechung und Literatur wird die ,Innen"- und ,AuBen"-Gesellschaft unterschieden 17. Nach einer Formulierung des Reichsgerichts ist die Innengesellschaft ,eine Gesellschaft, bei der cine gemeinsame Vertretung fehlt und bei der die Geschafte nach auBen im Namen eines Gesellschafters 14 Vgl. FLECHTHEIM, DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB § 335 Anm. 2 mit Zit. der friiheren abweichenden Literatur; KONIGS, Die stille Gesellschaft, 1961, insbes. zu den abweichenden Meinungen S. 20 ff.; KoTIER Kom. HGB § 335 N. 4. 15 STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB Vorbem. 47 vor § 705. 16 FLECHTHEIM a.a.O. 168 Zweifelnd BALLERSTEDT, JuS 1963, 262, ob bei Fehlen einer Gewinngemeinschaft ein Gesellschaftsverhaltnis vorliegt. Siehe dagegen ScHULZE-OSTERLOH, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973, S. 53 u. N. 193 Zit. 17 Zur Innengesellschaft vgl. GEILER, DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 315 ff; H. P. WESTERMANN, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, S. 186 ff.; STECKHAN, Die Innengesellschaft, 1966, und dazu PAULICK, AcP 167,435 ff.

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§ 1 III § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts geschlossen werden, nach innen aber fur Rechnung der Gesellschaft gehen" 18 . Der BGH hat vom Reichsgericht die Ansicht iibemommen, das ,kennzeichnende Merkmal fur eine Innengesellschaft" bestehe darin, ,daB bei ihr die Gesellschaft nach auBen nicht auftritt, daB bei ihr eine Vertretung der slimtlichen Gesellschafter fehlt" 19. Fiir die Innengesellschaft ist es strittig, ob sie Gesamthandsverm6gen haben kann, d. h. ob sie Gesamthandsgesellschaft sein kann. Von der h. M. in der Literatur wird dies vemeint 20. Die Unterscheidung von Innen- und AuBengesellschaft sollte danach vorgenommen werden, ob das Gesellschaftsverhaltnis ausschlieBlich ein Rechtsverhaltnis der Gesellschafter untereinander ist oder ob die Gesellschaft als Gesamthand, d. h. als Gruppe, Trager von Rechtsbeziehungen ist. Bestehen fur die Gesellschaft als Gruppe Rechtsbeziehungen, so ist sie per definitionem AuBengesellschaft. Dies ist auch dann der Fall, wenn Rechtsbeziehungen nur zwischen der Gesellschaft als Gruppe und den Gesellschaftem begriindet sind. Wird durch den Gesellschaftsvertrag vereinbart, daB die Gesellschafter an die Gesellschaft Beitrage zu leisten haben, so ist bereits damit die Gesellschaft zur ,AuBengesellschaft" geworden, indem bereits mit den Beitragsanspriichen ein Gesamthandsvermogen der Gesellschaft entstanden ist 21 • Man kann se~r wohl mit dem BGH 22 sagen, es se~ fur eine Innengesellschaft kennzeichnend, daB sie im Rechtsverkehr nicht selbst in Erscheinung tritt. Denn fur den Rechtsverkehr in Erscheinung treten kann die Gesellschaft als solche nur als Gesamthandsgesellschaft. Das tut sie aber bereits, wenn fur sie die Anspriiche auf die Beitrage gegen die Gesellschafter entstehen. Die Existenz dieser Anspriiche wirkt nicht nur im Innenverhaltnis der Gesellschaft zu den Gesellschaftem, sondern auch nach auBen. Die Verpflichtung zur Leistung von Beitragen kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar auch so begriindet werden, daB sie nicht gegeniiber der Gesellschaft, sondem gegeniiber einem der Gesellschafter besteht und dieser Gesellschafter nur in schuldrechtlichen Beziehungen zu jedem der Gesellschafter steht. Eine solche Gesellschaft ist eine reine ,Innengesellschaft", indem es eine Gesellschaft, die als solche, als Gruppe, Trager von Rechtsbeziehungen ware, nicht gibt.

18 19 20

RGZ 166,163. BGHZ 12,314. , Vgl. vor allem GEILER a.a.O. Anm. 316 u. Zit.; H. P. WESTERMANN a.a.O. S. 200 N. 179

Zit. 21 DaB bereits die Anspriiche auf die Beitriige Gesamthandsvermogen sind, ist seit RGZ 76,276 ff. h. M., siehe dort S. 280 Zit. der alteren Literatur; vgl. GEILER a.a.O. Anm. 144; SoER· GEL·ScHULTZE-V. LAsAULX, Kom. BGB § 718 N. 2 u. Zit.; ScHAFHEUTLE a.a.O. S. 49 ff. Siebe auch schon ROHG 25,162 dafiir, daB bei der OHG der Anspruch auf die Einlage ein Anspruch der Gesellschaft ist. 22 BGH, LM § 705 BGB Nr. 11.

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III. Die Gesellschaft als bloB schuldrechtliches Rechtsverhliltnis

§1

III

Bei jeder Gesamthandsgesellschaft besteht neben der Gesellschaft als Gruppe, deren Mitglieder die Gesellschafter sind, und neben den Rechtsbeziehungen der Gesellschaft zu ihren Mitgliedern das schuldrechtliche Rechtsverhaltnis der Gesellschafter untereinander, die romischrechtliche Sozietat. Es steht bei der biirgerlichrechtlichen Gesellschaft den Gesellschaftern nun vollig frei, das Gesellschaftsverhaltnis teils als Gesamthandsgesellschaft, teils als bloB schuldrechtliches Rechtsverhaltnis der Gesellschafter untereinander zu gestalten. Dann ist die Gesellschaft teils Innen- und teils AuBengesellschaft. Dabei kann auch bei der rein schuldrechtlichen Sozietat, wenn es also keine Rechtsbeziehungen der Gesellschaft als solcher gibt, doch vereinbart werden, daB die fur die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen der einzelnen Gesellschafter untereinander maBgebenden Entscheidungen von der Gruppe getroffen werden konnen oder auch zu treffen sind. Auch die Gesellschaft, die nicht als solche ,nach auBen" durch die T:itigung von Geschaften hervortritt, ihre Geschafte vielmehr durch Gesellschafter oder Dritte als indirekte Stellvertreter vornehmen laBt, die im eigenen Namen handeln, ist doch eine ,AuBengesellschaft", weil die Rechtsbeziehungen zu dem indirekten Stellvertreter, die Anspriiche und Verpflichrungen aus dem Auftragsverhaltnis, solche der Gesellschaft als Gesamthand sind 23. Allerdings konnen bei einer Gesellschaft die Gesellschafter einen von ihnen auch in der Weise die Geschafte tatigen lasSen, daB der geschaftsfiihrende Gesellschafter als indirekter Stellverteter nicht fur die Gesellschaft, sondern je fur die Gesellschafter handelt, so daB ein Schuldverhaltnis hinsichtlich der indirekten Stellvertrerung nur zwischen dem handelnden Gesellschafter und je den einzelnen Gesellschaftern entsteht. Eine seltsame Ubersteigerung des Gesamthandsprinzips als Moments der Personengesellschaft ist die These, daB es eine Innengesellschaft im Sinne der bloBen schuldrechtlichen Sozietat, d. h. eine Gesellschaft, die nicht Gesamthandsgesellschaft ist, gar nicht geben konne 24• Wird diese These schon durch die Geschichte der societas widerlegt, so ist die Regelung der stillen Gesellschaft in§§ 335 ff. HGB das gesetzliche Gegenbeispiel, und schlieBlich ergibt sich aus dem Prinzip der schuldrechtlichen Vertragsfreiheit, daB die Gesellschaft auch als Nicht-Gesamthandsgesellschaft vereinbart werden kann. 23 Abwegig ist dagegen die Annahme, die Gesellschafter hafteten bei der inditekten Ventetung durch einen Gesellschafter per se dem Dritten aus Verpflichtungsermiichtigung (so ScHO. NEMANN, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, 1975, S. 183; siehe auch H. P. WESTER· MANN a.a.O. S. 210 N. 223 u. Zit.). Ganz abgesehen von der Frage, ob eine Verpflichtungsermiichtigung iiberhaupt anzuerkennen ist, kann sie jedenfalls nicht von Gesetzes wegen den Gesellschaftem oktroyiert werden, und in aller Regel werden die Gesellschafter bei inditekter Stellverttetung eine solche Ermiichtigung nicht erteilen. 24 So STECKHAN a.a.O., ihm folgend PAUUCK a.a.O. u. ScHONEMANN a.a.O. S. 180 ff. u. N 143 Zit. Die Personenhandclsgesellschaften sind dagegen zwingend AuBengesellschaften (siehe RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 19 u. zit. Entsch.; BGHZ 65,82).

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§ 1 III § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts Nur im Fall der Gesamthandsgesellschaft sind Gesellschaft und Gesamthand ,als funktionale Einheit zu verstehen" 25 • Die Regelung der §§ 705 ff. BGB ist zwar nach dem zweiten Entwurf ausgerichtet auf die Gesamthandsgesellschaft. War nach der I.Osung des ersten Entwurfs entsprechend der gemeinrechtlichen Tradition ,die Gesellschaft grundsatzlich ein rein obligatorisches Verhaltnis" 26 , so harte es doch geheiBen, ,das Kind mit dem Bade auszuschiitten" und- was niemandem in den Sinn gekommen ist- das Prinzip der Vertragsfreiheit fur das Gesellschaftsrecht aufzugeben, wenn man die Moglichkeit eines rein obligatorischen Gesellschaftsverhaltnisses harte ausschlieBen wollen. Die Kiindigungsvorschrift des § 725 BGB ist auch fur die nur schuldrechtliche Nicht-Gesamthandsgesellschaft nicht ohne Sinn 27. Fiir die bloB schuldrechtliche Sozietat gibt es zwar keine ,Pfandung des Anteils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermogen", aber auch das nur schuldrechtliche Sozietatsverhaltnis bedarf zur Auflosung und damit fur die sich daraus ergebenden Anspriiche in der Regel der Kiindigung, wie § 339 HGB fur die stille Gesellschaft so selbstverstandlich demonstriert. Ein besonders wichtiger Fall der Innengesellschaft ist die ,Unterbeteiligung" 28 , nach einer Formulierung von Geiler ,die gesellschaftliche Beteiligung, die ein bei einer anderen Gesellschaft beteiligter Gesellschafter ( der Hauptbeteiligte) bez. seines Gesellschaftsanteils einem anderen, dem Unterbeteiligten, einraumt" 288 • So sehr diese Definition dem Terminus ,Unterbeteiligung" entspricht, ist sie doch wie der Terminus ,Unterbereiligung" selbst fragwiirdig. Der Unterbeteiligte ist in Wirklichkeit nicht Beteiligter. Vielmehr steht die Beteiligung nur dem Hauptbeteiligten zu. Die Unterbeteiligung ist keine Beteiligung an der Beteiligung, sondern es besteht nur ein Rechtsverhaltnis des Unterbeteiligten zu der Person des Hauptbeteiligten. Der Hauptbeteiligte und der Unterbeteiligte sind in Hinsicht auf die Beteiligung Gesellschafter eines rein schuldrechtlichen Gesellschaftsverhaltnisses. Das Halten und die Nutzung der dem Hauptbeteiligten gehorenden Beteili25 Unrichtig ScHi.iNEMANN a.a.O. S. 185 N. 171. Entgegen ScHi.iNEMANN a.a.O. S. 180 kann auch die Verpflichrung, den Gesellschaftszweck zu fordem, so vereinbart werden, daB sich die Gesellschafter, wie das Gesetz sagt, nur gegenseitig verpflichten, nicht aber ein Sozialanspruch der Gesellschaft als Gesamthand entsteht. 26 Prot. II, 428 = Mugdan II, 989. 27 Unrichtig ScHi.iNEMANN a.a.O. S. 183. 28 Vgl. WAGNER, Die Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, 1975; FRIEHE, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, 1974; dazu HOYNINGEN-HUENE, ZHR 139,572 ff. mit Literarurzitat S. 574. SCHNEIDER, Festschr. MOHRING, 1965, S. 115 ff.; Ri.iTHERS, AcP 168,281 ff.; H. P. WESTERMANN a.a.O. S. 190 ff.; WIEDEMANN a.a.O. S. 312; H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz 939 ff.; ScHILLING, Kom. HGB § 161 Anm. 30. Vgl. auch Zit. bei SoERGELScHULTZE-v. LASAULX Kom. BGB, Vorbem. vor § 705 N. 63. 288 GEILER, Di.iRINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 364.

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III. Die Gesellschaft als bloB schuldrechtliches Rechtsverhaltnis

§ 1 III

gung ist der ,,gemeinsame Zweck", dessen Erreichung zu fordem der Hauptbeteiligte und der Unterbeteiligte einander verpflichtet sind. Die Unterbeteiligung als ein rein schuldrechtliches Rechtsverhaltnis betreffs der Beteiligung kann zugleich eine Gesamthandsgesellschaft betreffs der Rechte sein, die von der Beteiligung getrennt werden konnen, wie bei der Personengesellschaft der Gewinn- und Auseinandersetzungsanspruch. Zum Gesamthandsvermogen werden die abtretbaren Anspriiche, wenn der Hauptbeteiligte sie an die aus ihm und dem oder den Unterbeteiligten bestehende Gesellschaft abtritt. Die Unterbeteiligung an der Beteiligung des Gesellschafters einer OHG oder KG ist mit der h. M. niche als stille Gesellschaft zu werten 29 . So entspricht es der Wertung des Gesetzes, wenn dieses in § 335 HGB auf die Beteiligung ,an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt", abstellt. Die Frage hat im iibrigen in der Rechtspraxis nur geringe Bedeutung. Die einzigen Vorschriften der §§ 335 ff. HGB, die niche abbedungen werden konnen, sind §§ ?35, 342 HGB, und andererseits ist bei der BGB-Gesellschaft nur § 725 BGB als gegeniiber der stillen Gesellschaft unterschiedliches ius cogens von Bedeutung. Die relevanten Fragen, z. B. der Beteiligung des Unterbeteiligten an den von dem Hauptbeteiligten in Ausiibung seiner Beteiligung zu treffenden Entscheidungen 29", des Anteils des Unterbeteiligten am Gewinn und Verlust der Beteiligung des Hauptbeteiligten, der Beendigung des Gesellschaftsverhaltnisses der Unterbeteiligung und der Rechte des Unterbeteiligten bei der Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft, werden in der Regel vertraglich geregelt werden. Wie bei der stillen Gesellschaft besteht bei der Unterbeteiligung ein Ungleichgewicht der Rechtspositionen der Gesellschafter daraus, da8, wie bei der stillen Gesellschaft das Handelsgeschaft ein solches des Geschaftsinhabers ist, bei der Unterbeteiligung die fragliche Mitgliedschaft dem Hauptbeteiligten zusteht. Die gesetzliche Regelung der stillen Gesellschaft geht dahin, daB bei der Auflosung der stillen Gesellschaft das Handelsgeschaft dem Inhaber desselben verbleibt und dieser das Gu thaben des stillen Gesellschafters in Geld zu berichtigen hat. Diese LOsung diirfte auch bei der Unterbeteiligung als einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts in der Regel dem Sinn der Unterbeteiligung entsprechen, es sei denn, daB der Unterbeteiligte nach der vertraglichen Gestaltung vermogensmaBig der ,Hauptbeteiligte" ist. Wahrend nach der gesetzlichen Regelung bei der stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter nur am Geschaftsgewinn beteiligt ist, diirfte die Unterbe29 Siebe zur h. M. Zit. bei H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht, Tz 949; anders fur die Anwendung der §§ 335 ff. HGB EscH, NJW 1964,902 ff. und ScHNEIDER a.a.O., wahrend nach WAGNER (a.a.O. passim u.S. 147) auf die Unterbeteiligung mehr Regeln der BGB-Gesellschaft als der stillen Gesellschaft An wen dung finden sollen. 29a Zur Stimmrechtsbindung siehe unten S. 229 ff. Fiir den Unterbeteiligten als Nicht-Gesellschafter gel ten keine Besonderheiten gegeniiber anderen Nicht-Gesellschaftern.

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§ 1 IV § 1 Die Gesamthandsgesellschaft als Rechtsfigur des Personenrechts teiligung in der Regel der sogenannten ,atypischen" stillen Gesellschaft insofern entsprechen, als der Unterbeteiligte auch (schuldrechtlich) am Geschaftsvermogen beteiligt ist, d. h. daB die Beteiligung in dem schuldrechtlichen Verhaltnis zwischen dem Haupt- und Unterbeteiligten zur Ganze so behandelt wird, als ob sie Gesamthandsvermogen einer zwischen ihnen bestehenden Gesamthandsgesellschaft ware 30• Dem Unterbeteiligten kann auch, soweit der Gesellschaftsvertrag der Hauptbeteiligung dies zulaBt, schuldrechtlich ein Mitverwaltungsrecht hinsichtlich der Beteiligung in der Weise eingeraumt werden, daB der Hauptbeteiligte verpflichtet ist, die Verwaltungsrechte der Beteiligung nur mit Zustimmung oder selbst nur nach Weisung des Unterbeteiligten auszuiiben oder daB, soweit eine Stellvertretung zulassig ist, der Unterbeteiligte die Vertretungsmacht fur die Wahrnehmung der Rechte der Beteiligung erhalt. ,Wirtschaftlich" kann der Unterbeteiligte der ,Hauptbeteiligte" sein. Die rechtliche Hauptbeteiligung kann gegeniiber dem Unterbeteiligten sogar den Charakter einer bloBen Treuhandposition haben. Fiir das Verhaltnis zur Gesellschaft und zu den Gesellschaftern wie auch zu Dritten, insbesondere zu Glaubigern des Hauptbeteiligten, ist aber immer nur dieser und nicht der Unterbeteiligte Gesellschafter.

IV. Die Moglichkeit unterschiedlicher Vermogenszuordnung Die in einer bloBen Innengesellschaft verbundenen Gesellschafter konnen gemeinschaftliches Vermogen in der Rechtsform der Bruchteilsgemeinschaft haben 31 . Das gleiche gilt aber auch fur die Gesamthandsgesellschaft. Wie die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts teils als Gesamthandsgesellschaft und teils als rein schuldrechtliches Rechtsverhaltnis gestaltet werden kann, konnen Gesamthandsvermogen und Bruchteilseigentum bei einer Gesellschaft nebeneinander bestehen. Das Eigentum der Gesamthandsgesellschaft selbst ist allerdings nicht als Bruchteilseigentum der Gesellschafter denkbar. Die Gesamthandsgesellschaft kann aber selbstverstandlich mit anderen Personen Mitberechtigte einer Bruchteilsgemeinschaft sein. So kann auch eine Bruchteilsgemeinschaft zwischen der Gesamthandsgesellschaft und ihren Gesellschaftern bestehen, indem die Gesamthandsgesellschaft und je die Gesellschafter mit einem Bruchteil beteiligt sind. Wenn die Gesellschaft als solche ein Kaufgeschaft tatigt, konnte sie mit dem Verkaufer vereinbaren, daB der Kaufgegenstand auf die einzelnen Gesellschafter zu Bruchteilseigentum iibertragen wird. In der Regel wird dies 30 Dies schlie6t allerdings nicht aus, daB bei Kiindigung der Unterbeteiligung die Abfindung nach dem Sinn des Unterbeteiligungsgesellschaftsvertrags auf den Nennbetrag der Unterbeteiligung beschriinkt ist. Siehe BGH II ZR 180/65 vom 6. 3. 1967, DB 1967, S. 1258. 31 Vgl. STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB, Vorbem. 45a vor § 705.

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I. Das Nebeneinander von personen- und schuldrecht!ichen Elementen

§2 I

aber nicht geschehen, sondern wie das Kaufverhaltnis ein solches der Gesellschaft ist, wird auch die Erfullung durch Leistung an die Gesellschaft erfolgen. Dafur, ob Gesamthandseigentum der Gesellschaft oder Bruchteilseigentum je der einzelnen Gesellschafter entsteht, kommt es nicht auf die Vereinbarung der Gesellschafter untereinander, sondern auf den Inhalt des Erwerbsgeschaftes mit dem Dritten an. Selbstverstandlich kann die Gesellschaft die Gegenstande, an denen sie Gesamthandseigentum erwirbt, auf die einzelnen Gesellschafter zu Bruchteilseigentum weiter iibertragen. Dafiir bedarf es aber besonderer Ubertragungsakte. Bruchteilseigentum kommt bei Gesamthandsgesellschaften vor allem vor, wenn ein Gegenstand, insbesondere ein Grundstiick, trotz der Nutzung durch die Gesellschaft im Vermogen der Gesellschafter bleiben soli. Die Gesellschafter konnen daran ein besonderes Interesse haben wegen der Unterschiedlichkeit der Bilanzierung je nachdem, ob sie unmittelbar mit Bruchteilseigentum an dem fraglichen Gegenstand beteiligt sind oder ob der Gegenstand in der Bilanzierung der Beteiligung an der Gesellschaft aufgeht 32 . Vor allem ist aber die Haftungsfrage von Bedeutung. Insbesondere fur die Kommanditisten kann es von Bedeutung sein, daB ihr Bruchteilseigentum nicht der Haftung fiir die Gesellschaftsschulden unterliegt.

§ 2 Der Gesellschaftsvertrag als personenrechtlicher und schuldrechtlicher V ertrag I. Das Nebeneinander von personenrechtlichen und schuldrechtlichen Elementen im Gesellschaftsvertrag Die Interpretation des Gesellschaftsvertrages als eines personenrechtlichen Vertrages im Gegensatz zum schuldrechtlichen Vertrage wird in der neueren Literatur mit Skepsis behandelt 1. Die Skepsis ist begriindet, wenn man den Gesellschaftsvertrag, auch soweit er das gegenseitige Verhaltnis der Gesellschafter zueinander betrifft, als personenrechtlich einordnet. So hat es GIERKE 2 allerdings getan, indem er auch fur die Gesellschaft, die nicht als Gesamthandsgesellschaft konstituiert ist, ein personenrechtliches Verhaltnis der Gesellschafter zueinander angenommen hat. Ein personenrechtliches EleSiehe unten S. 124. Siehe HUECK, OHG § 6 II, 2; ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 47a; BALLERSTEDT, JuS 1963, 258; ScHONEMANN a.a.O. S. 177. Siehe zur Rechtsnatur des Gesdlschaftsvertrags auch v. SrniGER, Schweizer. Privatrecht VIII,§ 20 u. Zit. 2 DPR I, 663 ff.; auch in der neueren Literatur wird des iifteren von dem Verhaltnis der Gesellschafter zueinander als einem personenrechtlichen gehanddt. Siehe dazu unten S. 61, 261. 32

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§ 2 II § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechdicher Vertrag ment enthalt der nur schuldrechtliche Gesellschaftsvertrag, der nicht zur Gesamthandsgesellschaft fiihrt, jedoch nur insofem, als der gemeinsame Zweck als das konstituierende Element einer jeden Gesellschaft auch bei der rein schuldrechtlichen Sozietat auf die Gesellschaft als Personengemeinschaft bezogen ist und insofem, als es sich urn die Organisation der Gesellschaft handelt. Wenn aber auch bei der rein schuldrechtlichen Sozietat der gemeinsame Zweck nach dem Gesellschaftsvertrag als ein solcher der Personengemeinschaft verfolgt wird, entstehen doch aus dem Handeln in Verfolgung des gemeinsamen Zwecks nur individualrechtliche Rechtsverhaltnisse des handelnden Gesellschafters und gewohnliche schuldrechtliche Rechtsbeziehungen im Innenverhaltnis der Gesellschafter.

II. Die Abgrenzung des personenrechtlichen und des schuldrechdichen Bestandteils des Gesellschaftsvertrages Fiir die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter zueinander enthalt der Gesellschaftsvertrag kein Element, das als personenrechtlich zu qualifizieren, von Gewinn ware. Insoweit ist der Gesellschaftsvertrag vielmehr ein gewohnlicher Schuldvemag. Ein personenrechtliches Element ist dem Gesellschaftsvertrag jedoch zu eigen, soweit durch ihn tiber das schuldrechtliche Verhaltnis der Gesellschafter zueinander hinaus die Gesellschaft als Personengemeinschaft konstituiert wird. Der personenrechtliche Inhalt des Gesellschaftsvertrages umfaBt die Verfassung der Gesellschaft und das sich auf Grund der Verfassung der Gesellschaft ergebene Verhaltnis der Gesellschafter zu der Gesellschaft mit den Sozialanspriichen und Sozialverpflichtungen, wahrend es bei der rein schuldrechtlichen Sozietat nur Individualanspriiche und Verpflichtungen je der Gesellschafter untereinander gibt. Bei dieser Beurteilung sind der personenrechtliche und der schuldrechtliche Inhalt des Gesellschaftsvertrages klar voneinander abgegrenzt, indem der personenrechtliche Teil die Gesellschaft als Personengemeinschaft und deren Rechtsbeziehungen und der schuldrechtliche Teil das Verhaltnis der einzelnen Gesellschafter zueinander betrifft. Eine Verschrankung der heiden Teile ergibt sich daraus, daB, was die Sozialanspriiche der Gesellschaft anbetrifft, jeder Gesellschafter gegen seine Mitgesellschafter den Anspruch auf Leistung an die Gesellschaft hat, den er mit der actio pro socio verfolgen kann 28 • Von den Verfassem des BGB ist der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft biirgerlichen Rechts allerdings nur als bloBer schuldrechtlicher Vertrag angesehen worden. Fiir die Verfasser des Ersten Entwurfs war dies selbstverstandlich, weil sie das Gesellschaftsverhaltnis nur im Sinne der romischrechtlichen 2a

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Siehe un ten S. 139 ff.

III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

Sozietat des gemeinen Rechts verstanden. Die zweite Kommission hat zwar das Gesamthandsprinzip iibemommen, aber nicht erkannt, welche Folgerungen sich fiir die Gesamthandsgesellschaft entgegen der bloBen Sozietat daraus ergeben, dafi bei Anwendung des Gesamthandsprinzips die Gesellschaft zu einer Organisatonseinheit wird, die als solche Beteiligte des Rechtsverkehrs ist. Sie hat sich dariiber allerdings auch keine Gedanken gemacht, weil sie glaubte, ,zu der wissenschaftlichen Streitfrage iiber das Wesen der gesamten Hand nicht Stellung nehmen zu sollen" 3 •

III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft als eine solche hinsichtlich der Existenz der Gesellschaft als Personengemeinschaft und des Verhaltnisses der Gesellschafter zur Gesellschaft einerseits und des Verhaltnisses der Gesellschafter untereinander andererseits Das personenrechtliche Element des Gesellschaftsvertrages rechtfertigt es, den Vertrag iiber die Griindung der Personen-Gesamthandsgesellschaft hinsichtlich der Nichtigkeits- und Anfechtungstatbestande grundsatzlich der Griindung einer Kapitalgesellschaft gleichzustellen. Fiir die Griindung der Personengesellschaft als Organisatonseinheit passen ebensowenig wie fiir die Griindung der Kapitalgesellschaft die auf Individualrechtsverhaltnisse ausgerichteten Nichtigkeits- und Anfechtungstatbestande. Das Reichsgericht hat in der erstmals auch das Innenverhaltnis der Gesellschafter erfassenden Leitentscheidung zur Problematik der Nichtigkeitsund Anfechtungstatbestande bei der Personengesellschaft, RGZ 165, 193 ff., auf die bereits vorangegangene Rechtsprechung betreffs der Kapitalgesellschaft Bezug genommen. Das Reichsgericht meinte, auch wenn die Personengesellschaft des Handelsrechts keine eigene Rechtsperst>nlichkeit babe, sei ,die Verselbstandigung des Gesellschaftsvermogens, deren ausgepragteste Form die eigene Rechtsperst>nlichkeit bedeutet, immerhin auch bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft in erheblichem Umfange anerkannt". Auch wenn das Reichsgericht aber fiir die OHG und KG eine ,,Mittelstellung" zwischen der juristischen Person und der Einzelperson annahm, erschien ihm dies offensichtlich doch nicht ausreichend, um die Rechtsprechung betreffs der Kapitalgesellschaft einfach auf die Personengesellschaft zu iibertragen. So fuhrt die Entscheidung eine Anzahl pragmatischer Erwagungen in Hinsicht auf den Schutz des Rechtsverkehrs zur Begriindung an, die aber nur eine Umschreibung der apriorischen These sind: 3

Prot. II, 430 = Mugdan II, 990. 13

§ 2 III § 2 Gesellschaftsvemag als personen- und als schuldrechdicher Vertrag ,Eine riickwirkende Vernichrung des im Rechtsverkehr aufgetretenen Gebildes mit unbeschriinkter Wirkung, wie es den §§ 119 ff.,142 BGB entsprechen wiirde, miiBte nach auBen hin zu vollig unannehmbaren Ergebnissen fuhren". Auch hinsichtlich des Innenverhaltnisses zwischen den Gesellschaftern argumentiert das Reichsgericht in der Entscheidung vom Ergebnis her, daB bei der OHG und der KG eine Anfechtung des Gesellschaftsvertrags auf Grund von Willensmangeln nicht moglich sei. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts zu dem AusschluB der Nichtigkeits- und Anfechtungstatbestande gegeniiber der in Vollzug gesetzten Gesellschaft 4 fiihrte in der Lehre von den faktischen Vertragsverhaltnissen zu dem Begriff der ,faktischen Gesellschaft" 5 . Mit diesem Begriff wurde die Rechtsprechung des Reichsgerichts vom BGH im Grundsatz iibernommen 6. 4 Siehe Zitate bei SrAUDINGER-iliiNG, Kom. BGB, Vorbem. 24 vor §§ 116 ff.; ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 72; siehe insbes. RONKE, Festschr. LAUFKE, 1971, S. 217 ff. 5 Siehe SIEBERT, Festschr. HEDEMANN 1938, 266 ff.; Faktische Vemagsverhaltnisse, 1958, S. 40 ff.; HAUPT, Faktische Vertragsverhalmisse, 1941, S. 17 ff.; dazu siehe HEINRICH LEHMANN, ]her. Jb. 90, 131 ff.; NJW 1958, 1 ff.; SIMITIS, Die faktischen Vemagsverhaltnisse, 1957; dazu siehe BALLERSTEDT, AcP 157, 117 ff.; NIKISCH, Festschr. DOLLE, 1963, I, 79 ff., 92 ff. Siehe auch v. STEIGER a.a.O. § 25 u. Zit. und zur Behandlung fehlerhafter Gesellschaftsvertrage a.a.O. § 28 II; zur societe de fait nach franziis. Recht siehe FERID, Franziis. Zivilrecht I, 2 J 40 ff. u. Zit. N. 42; Miiller-Gugenberger, Gesellschaft, Societe und Groupement als Rechtsformen zur Unternehmenskooperation, 1976, S. 43 ff. Zur Problematik der invalidit:l della societa nach italienischem Recht siehe Ghidini, Societi personali, 1972, S. 71 ff., 711 ff., 891 ff.; Galgano, Le societa di persone, 1972, S. 155 ff. Anders als fiir die societa di capitali (Art. 2332 c.c.; siehe auch Artt. 2464, 2475 c.c.) fehlt es fiir die Personengesellschaften an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. In der italienischen Doktrin ist es strittig, ob die Regelung von Art. 2332 c.c., daB nach der Eintragung die Nichtigkeitserkllirung betreffs der Gesellschaft die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft zu Dritten wie die Verpflichtungen der Gesellschafter gegeniiber der Gesellschaft bis zur Befriedigung der Glaubiger unberiihrt IaBt, einen allgemeinen Rechtsgedanken enthalt, der auch auf die Personengesellschaft anzuwenden ist (s. Zitate bei Galgano a.a.O. S. 155 f. u. N. 31 ff.; Ghidini a.a.O. S. 892 u. N. 5 Zit.). Die Situation ist nach italienischem Recht grundsatzlich anders als nach deutschem Recht, weil der ital. cod. civ. in Artt. 1420, 1446 besondere Vorschriften fur die nulliti bzw. die annulabiliti betreffs des contratto plurilaterale und damit insbesondere betreffs der Gesellschaft ( siehe auch Messineo, II contratto in genere I, 1968, S. 635) enthalt. In Art. 1420 c.c. heiBt es: ,La nullira che colpisce il vincolo di una sola delle parti non importa nulliti del contratto, salvo che Ia partecipazione di essa debba, secondo le circostanze, considerarsi essenziale." Fur Gesellschaften mit mehr als zwei Gesellschaftem ist hiemach in einem GroBteil der Faile, weil es sich nur urn eine invaliditi del singolo vincolo sociale handelt, die Problematik der fehlerhaften Gesellschaft durch die Artt. 1420, 1446 c.c. im wesentlichen ausgeraumt. (Siehe dazu Galgano a.a.O. S. 160 f.; Ghidini a.a.O. S. 711 ff.) Im iibrigen ist die Regelung bei Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft strittig. Es wird unterschieden betreffs des Verhalmisses der Gesellschafter untereinander mit der Annahme einer communio incidens (siehe Ghidini a.a.O. S. 909 f.) und dem Verhaltnis zu Dritten (Ghidini a.a.O. S. 911 ff.), wobei fur die Glaubiger die Solidarhaftung der Gesellschafter nach Art. 1294 c.c. von besonderer Bedeutung ist. 6 Siehe im einzelnen ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 73; STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB § 705 N. 112; insbes. RONKE, Festschr. PAULICK, 1973, S. 55 ff. mit der Besprechung

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III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

Zwar verlangte der BGH zur Anerkennung der ,faktischen Gesellschaft" den AbschluB eines wenn auch nichtigen Gesellschaftsvertrages. Er stellte aber ab auf die ,rechtliche Anerkennung des tatsachlich geschaffenen Zustandes" beziiglich der ,nichtigen, aber in Vollzug gesetzten Gesellschaft" 7• Wie fiir das Reichsgericht geht es auch fiir den BGH bei der Anerkennung der ,faktischen Gesellschaft" urn eine Entscheidung ,in factum" entsprechend der Gewahrung einer ,in factum" konzipierten Formel durch den romischen Prator. Die Anerkennung der faktischen Gesellschaft wird nicht dogmatisch eingeordnet, sondem der Vollzug der Gesellschaft als Faktum vom Ergebnis her ,den rechtsgeschaftlich wirksamen Gesellschaften" in der Regelung gleichgestellt. So heiBt es in der Leitentscheidung BGHZ 3,291: ,Die Notwendigkeit einer rechtlichen Anerkennung des tatsachlich geschaffenen Gemeinschaftsverhaltnisses liegt bei den Personalgesellschaften des Handelsrechts darin begriindet, daB angesichts eines spater zutage tretenden Nichtigkeitsgrundes nicht ohne weiteres der his dahin bestehende tatsachliche Zustand, der Geschaftsbetrieb und die Geschaftstatigkeit in dem gemeinsamen Untemehmen, als nicht geschehen betrachtet werden kann". Der BGH meint, die besonderen Verhaltnisse im Gesellschaftsrecht notigten dazu, ,dem in der Vergangenheit liegenden tatsachlichen Zustand nicht die rechtliche Anerkennung zu versagen", und es handelt sich nach Ansicht des BGH darum, ,daB die Abwicklung des geschaffenen tatsachlichen Zustandes nach MaBgabe derjenigen Vorschriften erfolgt, auf denen das tatsachliche Gemeinschaftsverhaltnis aufgebaut ist". Immer wieder bezieht sich die Argumentation des BGH auf den ,tatsachlichen Zustand" der in Vollzug gesetzten Gesellschaft 8. Sieht man die Problematik der allgemeinen Nichtigkeits- und Anfechtungstatbestande fiir das Recht der Personengesellschaft in der ,Notwendigkeit einer rechtlichen Anerkennung des tatsachlich geschaffenen Gemeinschaftsverhaltnisses", so ist nicht einzusehen, wieso es fiir diese rechtliche Anerkennung noch des- nichtigen- Gesellschaftsvertrags bedarf. Der Tatbestand ,des tatsachlich geschaffenen Gemeinschaftsverhaltnisses" als eines bloBen Faktums ist von der ,Tatsache" eines- nichtigen - Gesellschaftsvertrages unabhangig. der Entscheidungen bis zu BGHZ 44,235; STIMPEL, Jur. Stud. Ges. Karlsruhe Heft 87/88 S. 21 ff; ZGR 1973, 100 ff. 7 BGHZ 3, 288. 8 Nach ROBERT FISCHER, Anm. LM § 105 HGB Nr. 19, soli sich der Zweite Senat des· BGH schon vollig dariiber im klaren gewesen sein, ,daB die Lehre von der fehlcrhaftcn Gesell· schaft iiberhaupt nichts mit den faktischen Vertragsverhaltnissen im Sinne von Haupt zu tun habe". In den Entscheidungen des BGH zur ,faktischen Gesellschaft" ist aber stets von der An· erkennung ,des tatsachlich geschaffenen Zustandes" oder des ,tatsachlich geschaffenen Gesell· schaftsverhaltnisses" die Rede (siehe BGH, LM § 105 HGB Nr. 8; BGHZ 8,157 ff.; 11, 190 ff.; 13,320 ff.; 17,160 ff.; 26,330 ff. 15

§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag Der BGH ist in der Entscheidung II ZR 208/61 vom 5. 3. 1964 9 von dem Terminus ,faktische Gesellschaft" auf den der ,fehlerhaften Gesellschaft" iibergegangen. Hierbei handelt es sich nicht nur urn eine Anderung der Terminologie. Vielmehr ist der BGH damit der Lehre gefolgt, daB die Nichtigkeitsfolgen bei der fehlerhaften Gesellschaft beschriinkt seien 10. Schon in der Rechtsprechung des Reichsoberhandelsgerichts 11 und seit Beginn der Rechtsprechung des Reichsgerichts 12 wares feste Praxis, daB die Beitrittserklarungen zu Kapitalgesellschaften und Genossenschaften und die Zeichnungserklarungen fiir KapitalerhOhungen nicht wegen Willensmangeln anfechtbar seien, und in RGZ 123,102 ff. 13 wird ,nach dem ,Gewohnheitsrecht', das die seit vielen Jahrzehnten gleichgegliebene Rechtsprechung herausgebildet hat, und zwar im Interesse der Erhaltung der Kapitalgrundlage und weil die Beitrittserklarung fiir die Offentlichkeit bestimmt ist" 14, auch die Anwendbarkeit von § 138 BGB auf die Beteiligungserklarung bei einer GmbH vemeint. Die Rechtsprechung zur Kapitalgesellschaft war im allgemeinen hingenommen worden. Mit Recht hat ROBERT FISCHER 15 gemeint, es hatte eigentlich nahegelegen, in der gleichen Weise gegeniiber der Rechtsprechung zur Behandlung fehlerhafter Personengesellschaften zu verfahren. Dem ist nicht so gewesen. Rechtsprechung wie Literatur haben bis zur Entscheidung RGZ 165,193 ff. auf dem Standpunkt beharrt, daB der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft anders als die Griindungs- und Beitrittserklarung zu einer Kapitalgesellschaft grundsatzlich auch nach Vollzug der Gesellschaft auf Grund von Willensmangeln angefochten werden konne und daraus nur Dritten gegeniiber, wenn sie die Anfechtbarkeit nicht kannten, keine Rechte hergeleitet werden konnten. Dies hat seinen Grund darin, daB man den Gesellschaftsvertrag nur als schuldrechtlichen Vertrag verstand. Die Lehre von der faktischen Gesellschaft steht im Zusammenhang mit dem Verstandnis des Gesellschaftsvertrags als bloBen Schuldvertrags. Aus diesem Verstandnis lieB sich allerdings, wenn man, wie es die allgemeine Meinung war, den Anfechrungs- und Nichtigkeitstatbestanden fiir die Schuldvertriige unbeschriinkte Geltung zumaB, die Nichtanwendung der Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestande anders als mit rein pragmatischen Erwa9 LM § 105 HGB Nr. 19 mit Anm. RoBERT FiscHER; in der Folge wird der Terminus ,feblerbafte Gesellscbaft" vom BGH mit Selbstverstandlicbla:it gebraucht; siehe BGHZ 44, 235; 55, 5 ff.; 62, 20 ff.; LM § 138 (Cd) BGB Nr. 18. 10 Siebe ROBERT FiSCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 75; SoERGEL-ScHULTZE·V. LASAULX, Kom. BGB § 705 N. 91 u. Zit. N. 92; STAUDINGER-KEssLER, Kom. BGB § 705 N. 116. 11 Siebe ROHG 2, 132; 5, 415. 12 Seit RGZ 2, 132. 13 Siebe dort S. 107 die Zitate zur vorangehenden Rechtsprechung betreffend den AusschluB der Anfechtung. 14 A.a.O. S. 104. 15 Kom. HGB § 105 Anm. 77.

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III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

gungen nicht begriinden, als man die fUr die Kapitalgesellschaften entwickelte Rechtsprechung fUr die Personengesellschaft iibernahm. Nach der Lehre des Gesellschaftsvertrags als bloBen Schuldvertrags war fUr ,die in Vollzug gesetzte Gesellschaft" die ,Anerkennung des tatsachlich vorhandenen und von den Parteien herbeigeftihrten Zustandes", die ,Anerkennung der rechtlich erheblichen Tatsache, die in dem Auftreten und der T:itigkeit der Gesellschaft im Rahmen des Handels- und Geschaftsverkehrs zu erblicken ist" 16, dogmatisch nicht einzuordnen. Auch ungeachtet dessen, daB man den AbschluB eines- als nichtig angesehenen- Vertrags verlangte, kam man so doch nur zur Anerkennung der Gesellschaft als eines Faktums, d. h. aber zur Lehre von der faktischen Gesellschaft. Auch fUr die Lehre von der Beschrankung der Nichtigkeitsfolgen bleibt vielmehr aus der Sicht des Gesellschaftsvertrags als bloBen Schuldvertrags der Vollzug der Gesellschaft als Tatbestandselement der Beschrankung der Nichtigkeitsfolgen ohne dogmatische Fundierung. Der Vollzug der Gesellschaft ist aber bei der Gesamthandsgesellschaft nicht nur ein ,tatsachlich geschaffener Zustand". Versteht man den auf die Begriindung einer Gesamthandsgesellschaft gerichteten Vertrag nicht nur als schuldrechtlichen, sondern zugleich und sogar vornehmlich als personenrechtlichen Vertrag, so gehOrt der Vollzug der Gesellschaft zur Vollendung der Gesellschaft, die mit dem Vollzug als Organisationseinheit in das Rechtsleben eintritt. Wegen des personenrechtlichen oder sozialrechtlichen Elements des Gesellschaftsvertrages sind, wie es schon GIERKE 17 vertreten hat, die auf Individualrechtsgeschafre und Individualrechtsverhaltnisse ausgerichteten Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestande auf die in Vollzug gesetzte Gesamthandsgesellschaft in ihrer rechtlichen Existenz als Personengemeinschaft grundsatzlich nicht anwendbar. Daraus ergibt sich folgerichtig, daB die sogenannte ,fehlerhafte Gesellschaft" nicht nichtig ist; sie ist vielmehr eine giiltig privatautonom begriindete Gesellschaft 18• Der sogenannte fehlerhafte Vertrag hebt sich mit Selbstverstlindlichkeit von dem Fall ab, daB iiberBGH 3, 287/8. Das Wesen der menschlichen Verblinde, 1902, 16 ff. 18 Noch immer ist die naturalistische - Ansicht verbreitet, daB die fehlerhafte Gesellschaft ,an sich" nichtig sei, so daB die Begrenzung der Nichtigkeitsfolgen dogmatisch niche einzuordnen ist. So heiBt es z. B. bei H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz. 779, es ergebc: sich ,die zunachst iiberraschende Folge, daB der fehlerhafte (also letzdich nichtige) Vertrag fur die Zeit bis zur Auflosung der Gesellschaft wirkt". Entgegen der Ansicht von LARENZ, Schuldrecht 11. Auf!. § 60 VII, ist es nicht so, daB ,man fur den Zweck der Abwicklung zur Erreichung sachgerechter Ergebnisse in gewissem Umfang unterstellt, daB ein giiltiges Gesellschaftsverhaltnis bis zur Geltendmachung der Nichtigkeit bestanden harte". Es geht nicht urn eine Unterstellung. Die Gesellschaft besteht vielmehr als giiltige Gesellschaft, wei! die auf Individualrechtsgeschafte und Individualrechtsverhaltnisse ausgerichteten Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbc:stande nach unserer Rechrspraxis fur die in Vollzug gesetzte Personengesellschaft niche gelten. 16 17

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§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag haupt keine vertragliche Einigung tiber die Griindung der Gesellschaft vorliegt. Der Vollzug der Gesellschaft ist nicht als bloBes Faktum aus pragmatischen Erwagungen AnlaB fiir die Begrenzung der Nichtigkeitsfolgen, sondern weil mit dem Vollzug der Gesellschaft diese sich als Personengemeinschaft vollendet, greifen wie bei der Kapitalgesellschaft die Anfechrungs- und Nichtigkeitstatbestande nicht mehr ein. Es ist bemerkenswert, daB seit der Entscheidung RGZ 165, 193 ff. von der h. L. die Problematik der fehlerhaften Personengesellschaft vornehmlich in Hinsicht auf das Innenverhaltnis der Gesellschaft gesehen wird. Die Anerkennung des Bestandes der fehlerhaften Gesellschaft wird sodann durch die h. L. von dem Innenverhaltnis durch ein argumentum a fortiori auf das AuBenverhaltnis iibertragen 1&. Dieser SchluB der h. L. von dem Innenverhaltnis auf das AuBenverhaltnis wird von denen, welche die Problematik der fehlerhaften Gesellschaft der Rechtsscheinlehre zuordnen, als Scheinbegriindung zuriickgewiesen 18b. In der Tat geht es nicht an, von dem Innen- auf das AuBenverhaltnis zu schlieBen 18c. Es handelt sich aber auch bei der fehlerhaften Personengesellschaft ebensowenig wie bei der Kapitalgesellschaft urn eine Problematik der Rechtsscheinhaftung. Die fehlerhafte Personengesellschaft ist keine ,Schein"gesellschaft, sondern eine ,wirkliche" Gesellschaft, wie die fehlerhafte Kapitalgesellschaft. Zu Unrecht sieht Canaris l8d den Unterschied hinsichtlich der Kapitalgesellschaft in der ,Respektierung eines staatlichen Hoheitsaktes" und in dem ,Rechtsprinzip, nach dem das Gesellschaftsvermogen zum Schutze Dritter unter allen Umstanden aufgebracht werden muB". So wichtig die Eintragung der Kapitalgesellschaft fiir deren Begriindung ist, diirfte die Respektierung der Eintragung als Hoheitsakt doch wohl als Begriindung fiir die Anerkennung der fehlerhaften Kapitalgesellschaft nicht in Frage kommen. Es handelt sich auch betreffs der Kapitalgesellschaft nicht nur urn die Aufbringung des Gesellschaftskapitals. Vielmehr ist es die Begriindung der Kapitalgesellschaft als Wirkungseinheit, weshalb die auf Verkehrsgeschafte ausgerichteten Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften fiir die in Vollzug gesetzte Kapitalgesellschaft nicht passen, und insoweit steht die in Vollzug gesetzte Personengesellschaft als W irkungseinhei t der Kapi talgesellschaft gleich. Nach Canaris soli die Rechtsscheinlosung fiir die Problematik der fehlerhaften Gesellschaft sich daraus ergeben, daB sonst auch der Bosglaubige geschiitzt werde und nicht einzusehen sei, warum jemand Schutz verdienen solle, der sich wissendich oder doch in ganz unverniinftiger Weise mit einer mangelhaften Gesellschaft eingelassen habe. Gegeniiber dem bosglaubigen

RIS

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188 Siehe dazu CANARIS, Vemauenshaftung, S. 120 ff.; Zitate der h. L. S. 121 N. 4; folgend ~SCHilL, Festschr. Hefermehl, 1976, S. 171 ff. l8b So 0.NARIS a.a.O.; MOSCHHL a.a.O. l8c: Zu dem Verhalmis der Gesdlschafrer untereinander siehe unten S. 25 ff. t8d A.a.O. S. 173 ff.

CANA-

Ill. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

Glaubiger kann allerdings in dem Fall der fehlerhaften Gesellschaft eine Einrede der Arglist gegeben sein. So wiirde insbesondere bei fehlerhaftem Beitritt 1ae dem Beitretenden, wenn er nach Kenntnis der Fehlerhaftigkeit unverziiglich kiindigt oder die Auflosung der Gesellschaft betreibt, gegeniiber dem ihn persi:inlich in Anspruch nehmenden Gesellschaftsglaubiger die Einrede der Arglist zustehen. Auch wenn man so dem fehlerhaft Beitretenden gegeniiber dem bosglaubigen Glaubiger die Einrede der Arglist gewahrt, ist die Problematik der fehlerhaften Gesellschaft doch nicht als eine solche des Rechtsscheins einzuordnen. Fur den Beitritt ist vielmehr der h. M. 181 zu folgen, daB, abgesehen von der Einrede der Arglist gegeniiber dem bosglaubigen Glaubiger bei Kiindigung oder Auflosung durch den Beitretenden, der Gesellschafter bei fehlerhaftem Beitritt nach §§ 28, 130, 173 HGB allgmein den Altglaubigern haftet 1ag. Eine Gesellschaft ist allerdings rechtlich nicht anzuerkennen, wenn die Gesellschaft gegen ein Verbotsgesetz verstoBt 19 oder wenn der Gesellschaftszweck sittenwidrig ist 20• 1st bei der Griindung einer Gesellschaft oder der Anderung des Gesellschaftsvertrags die Erklarung eines Geschaftsunfahigen oder in der Geschaftsfahigkeit Beschrankten oder die Erklarung fur diese nichtig oder wegen Fehlens der vormundschaftlichen Genehmigung unwirksam, so wird der Geschaftsunfahige oder in der Geschaftsfahigkeit Beschrankte durch die Teilnahme an der Gesellschaft nicht belastet. Die Gesellschaft ist aber mit ihrem Vollzug - abgesehen von dem Fall der Zweimanngesellschaft- als eine solche der anderen Gesellschafter giiltig gegriindet 21 , und Siebe besonders M6SCHEL a.a.O. S. 176 ff. Siebe RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 130 Anm. 28 u. Zit.; siebe aucb Zit. bei UNA· RIS, Vertrauenshaftung S. 176 N. 27. 1ag Nacb CANARIS a.a.O. S. 175 ff. soli dagegen der Altglaubiger grundsatzlicb nicbt geschiitzt werden, wei! er sich nicht auf Rechtsschein berufen konne, es sei denn, daB er sein Vertrauen irgendwie durcb eine Disposition nach der Kenntnis vom Beitritt des Gesellschafters befestigt babe. Gegen UNARIS siehe M6SCHEL a.a.O. S. 176 ff. Nicht zu folgen ist M6SCHEL a.a.O. S. 180 ff., daB im Fall des § 28 HGB entgegen der h. M. (siebe BGH II ZR 166/ 69 vom 22. 11. 1971, LM § 28 HGB Nr. 6) nur eine Hafrung der Gesamthand, nicht aber die personliche Haftung des Eintretenden begriindet werde. 19 Siebe BGH, LM § 105 HGB Nr. 8. Voraussetzung fur die Nichtanerkennung der Gesellschaft wegen des VerstoBes gegen ein Verbotsgesetz ist, daB dies auch der Sinn des Verbotsgesetzes ist. Siebe dazu auch FLUME, Rechtsgeschaft § 17. 20 BGH LM § 138 (Cd) BGB Nr. 18 = NJW 1970, 1540 mit der Unterscheidung, ob der Gesellscbaftszweck sittenwidrig ist oder ob nur einzelne Klauseln des Gesellscbaftsvertrages gegen § 138 BGB verstoBen. In letzterem Fall sei die Gesellschaft nur ,fehlerhaft", nicht aber nichtig. 21 Siebe BGHZ 17, 160 ff. und dazu Anm. ROBERT FISCHER, LM § 105 HGB Nr. 10; siehe aber auch scbon RGZ 145, !55 ff. betr. die Hafrung der anderen Gesellscbafter gegeniiber Dritten fur die Gesellscbaftsscbulden. KOTTER, Kom. HGB § 105 Anm. I d meint entgegen BGHZ 17, 160 ff., auch der Minderjabrige konne wie der getauscbte und erpreBte Gesellscbafter auf die Auflosungsklage verwiesen werden. In Anbetracbt der allgemeinen Anerkennung der grundsatzlicben Vorrangigkeit des Minderjahrigenschutzes diirfte dem nicht zu folgen sein. 18e

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§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechdicher Vertrag es ist nur die Frage, welche Rechte dem Geschaftsunfahigen oder in der Geschaftsf'ahigkeit Beschrankten aus einer nichtigen oder unwirksamen Beteiligung an der Gesellschaft zustehen 22. Die Tatsache des Ausfalls des Geschaftsunfahigen oder in der Geschaftsfahigkeit Beschrankten kann ferner je nach den Umstanden fur die anderen Gesellschafter ein wichtiger Grund fiir die Auflosungsklage bzw. die Kiindigung sein. Wird in einem Gesellschaftsvertrag die Ubereignung eines Grundstiicks vereinbart, ohne daB fur den Gesellschaftsvertrag die Form des § 313 BGB gewahrt ist, so wird die Einlageverpflichtung betreffs des Grundstiicks nicht begriindet. Ungeachtet der Frage, was in diesem Fall hinsichtlich der Beitragspflicht des fraglichen Gesellschafters anzunehmen ist, wird die Giiltigkeit der in Vollzug gesetzten Gesellschaft jedoch von dem Nichtbestehen der Einlageverpflichtung nicht beriihrt 23. Die Vorschrift des§ 139 BGB kommt in diesem Fall wie iiberhaupt bei der Ungiiltigkeit einzelner Bestimmungen eines Gesellschaftsvertrages gegeniiber der in Vollzug gesetzten Gesellschaft nicht zur Anwendung. Nach Ansicht des BGH 24 soll die zum Schein gegriindete Gesellschaft nichtig sein. Wird aber die Gesellschaft in Vollzug gesetzt, so ist sie keine Scheingesellschaft mehr. Die Berufung darauf, daB die Gesellschaft nur zum Schein gegriindet sei, ware eine protestatio facto contraria. Es kann natiirlich 22

Siebe hierzu ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 99; H. WESTERMANN a.a.O. Tz.

783. 23 Siebe RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 90. Bemerkenswert ist hierzu die Entscheidung BGHZ II ZR 230/75 vom 28. 3. 1977, DB 1977, 1249. Es handelte sich urn die Haftung auf Grund des im Handelsregister noch nicht eingetragenen Beitritts zu einer KG nach § 176 HGB. Der als Kommanditist Beigetretene harte nach dem Beitrittsvertrag seine Einlage als Sacheinlage durch Einbringung eines Handelsgeschiifts zu leisten, zu dem ein Grundstiick gehorte. Der Beitrittsvertrag war nicht notariell beurkundet worden. Dem Gliiubiger war die Kommanditistenstellung des Beigetretenen bekannt gewesen. Mit Recht stellte der BGH fest, daB sich die Wirksamkc:it der nur privatschriftlich iibernommenen Verpflichtung eines Gesellschafrers, ein Grundstiick an die Gesellschaft aufzulassen, auch nicht durch die Heranziehung der fur die fehlerhafte Gesellschaft entwickelten Grundsiitze begtiinden liiBt. Zu Unrecht hat der BGH aber in dc:m Fall angenommen, daB die Hafteinlage sich auf den Wert des Handelsgeschiifts ohne das Grundstiick beschriinkc:. Pflicht- und Hafteinlagc: solite das Handelsgeschiift mit Grundstiick sein. Wiire die Ein tragung erfolgt, so wiire, gleich wie nach dem Beitrittsvertrag die Sacheinlage bewertet war, jedenfalls der Wert des Geschiifts mit Grundstiick der Eintragung der Hafrsumme zugrunde gc:legt worden. Ebenso kann dann auch bei der beschriinkten Haftung nach § 176 I HGB dem Gliiubiger nicht entgegengehalten werden, daB der Kommanditist zur Einbringung des Grundstiicks nicht verpflichtet war. Hinsichtlich der Hafrung des Kommanditisten bleibt vic:lmehr die Fehlerhaftigkeit des Beitrittsvertrags in Hinsicht auf§ 313 BGB auBer Betracht. 24 LM § 105 HGB Nr. 4, besriitigt von BHZ 11, 191 ff. mit der Feststellung, ,daB der erkennende Senat fur den Fall eines nur zum Schein abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages die Anwendung der Grundsiitze tiber die faktische Gesellschaft fur die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern abgelehnt hat, weil hier der iibereinstimmende Wille der Beteiligten nicht auf eine Regc:lung ihrer Rechtsbeziehungen nach gesellschaftsrechtlichen Grundsiitzen gerichtet ist". Siebe auch ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 107 ff.

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III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

sein, daB entgegen dem Willen der Gesellschafter durch den Zwang auBerer Verhaltnisse eine nur zum Schein gegriindete Gesellschaft doch in Vollzug tritt. Dann wird man allerdings jedem Gesellschafter ein Kundigungsrecht bzw. bei der OHG und KG das Recht zur Auflosungsklage zugestehen mussen. Welcher Auseinandersetzungsanspruch bei der zur Wirklichkeit gewordenen Scheingesellschaft dem einzelnen Gesellschafter zusteht, richter sich nach den Umstanden des Falles. Das Reichsgericht hat in der grundlegenden Entscheidung RGZ 165,193 ff. erkannt, daB bei der OHG und KG ein Anfechtungstatbestand oder der Wegfall der Geschaftsgrundlage als solche gegenuber der in Vollzug gesetzten Gesellschaft uberhaupt nicht geltend gemacht werden konnen. Vielmehr sollen nach der Ansicht des Reichsgerichts diese Tatbestande bei einer schon in Vollzug gesetzten OHG oder KG zu deren Beseitigung ,nur in der Rechtsform der Auflosung aus wichtigem Grunde nach MaBgabe der §§ 133 ff. HGB Beachtung finden konnen" 25 . Entsprechend wurde bei der Gesellschaft des burgerlichen Rechts nur eine Kundigung aus wichtigem Grunde nach § 723 BGB in Frage kommen. Der BGH ist dem Reichsgericht insofern gefolgt, als die Geltendmachung der Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestande grundsatzlich nur zur Auflosung der Gesellschaft fuhrt, und zwar im Faile der OHG und KG durch Auflosungsklage oder Obernahmeklage. Im Gegensatz zum Reichsgericht soli aber nach Ansicht des BGH, der insoweit sich der dem Reichsgericht widersprechenden neueren Literatur 26 angeschlossen hat, der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund als solcher die Auflosungsklage oder Kundigung begriinden, auch wenn der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund nicht als wichtiger Grund die Auflosungsklage oder Kundigung rechtfertigen wurde. In BGHZ 3,292 heiBt es: ,Das Bedurfnis, fur die Vergangenheit eine Heilung des nichtigen Gesellschaftsvertrages durch die rechtliche Anerkennung der faktischen Gesellschaft eintreten zu lassen, darf nicht dazu fuhren, nun auch noch fur die Zukunft die Wirkung des vorliegenden Nichtigkeitstatbestandes einzuschranken oder uberhaupt zu leugnen". Diese Argumentation ist folgerichtig, wenn man, wie es der BGH in der Entscheidung tut, die Problematik als die einer ,faktischen Gesellschaft" und der ,rechtlichen Anerkennung der tatsachlichen Verhaltnisse" sieht. Geht man aber davon aus, daB die fraglichen Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestande nicht zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der Gesellschaft fuhren und diese nicht nur als Faktum anerkannt wird, sondern die auf Grund des Gesellschaftsvertrages in Vollzug gesetzte Gesellschaft von dem Nichtigkeits- oder Anfechtungstatbestand wie die Kapitalgesellschaft in ihrer rechtlichen Geltung nicht betroffen RG a.a.O. S. 206. Siehe zur Lireratur Zirare BGHZ 3, 290; REINHARDT, Gesellschafrsrecht Tz. 241; Ro. BERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 91; KOTTER, Kom. HGB § 105 N. 1 ( S. 326); siehe auch RONKE, Festschr. PAUUCK, 1973, S. 57 f. 25

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§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vettrag wird, so ist es konsequent, daB, wie es das Reichsgericht angenommen hat, die Auflosungs- oder Ubemahmeklage bzw. die Kiindigung nicht durch den Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestand als solchen begriindet wird, sondem nur, wenn dieser noch einen wichtigen Grund fur die Auflosung oder Ubemahme darstellt. Allerdings wird man in vielen Fallen bei einem Sachverhalt, der nach den allgemeinen Vorschriften einen Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestand erfiillt, einen wichtigen Grund fur die Auflosungs- oder Ubemahmeklage bzw. fur die Kiindigung annehmen konnen. Stellt man wie das Reichsgericht auf den wichtigen Grund ab, so hat man eine Regelung, die wegen ihrer Elastizitiit der vom BGH vertretenen Ansicht u. E. auch vom Ergebnis her iiberlegen ist. Die Gegenmeinung muB die Einschriinkung machen, daB die Geltendmachung eines Nichtigkeits- oder Anfechtungstatbestandes als Auflosungsoder Kiindigungsgrund unbeachtlich ist, wenn sie rechtsmiBbriiuchlich ist 27• Ungliicklich ist es auch, daB nach der vom BGH vertretenen Ansicht die Nichtigkeitsgriinde, weil eine den§§ 121, 124 BGB entsprechende Regelung fehlt, an sich unbefristet geltend gemacht werden konnten und daB man bei jahrelanger Teilnahme an der Gesellschaft in Kenntnis des Nichtigkeitsgrundes nur mit der Arglisteinrede gegeniiber der Berufung auf den Nichtigkeitstatbestand soli helfen konnen 28 • Betrifft der Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestand nicht den Gesellschaftsvertrag im Ganzen, sondem nur einzelne Klauseln und ergibt sich daraus nicht ein wichtiger Grund zur Auflosung oder Ubemahme bzw. zur Kiindigung, so ist diese Klausel durch erganzende Vertragsauslegung aus der Gesamtregelung des Vertrages zu korrigieren, indem, wie BGHZ 47,301 statuiert, ,lediglich an die Stelle der mangelhaften Bestimmung die angemessene Regelung tritt". Nach der Ansicht des BGH a.a.O. kommt ,jede Erganzung in Betracht, die auch sonst gesellschaftsvertraglich vorgesehen werden kann, wenngleich vielfach schon die dispositive gesetzliche Regelung geeignete Ankniipfungspunkte bieten wird" . Fiir den Fall, daB ein Gesellschafter durch arglistige Tauschung oder widerrechtlich durch Drohung zum AbschluB cines Gesellschaftsvertrages veranlaBt worden ist, soli nach BGHZ 47,30112 die ,Vertragserganzung" grundsatzlich auch darin bestehen konnen, ,daB dem getauschten oder bedrohten Gesellschafter das Recht zuerkannt wird, durch rechtsgestaltende Willenserklarung das Geschaft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu iibemehmen". In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall kames darauf nicht an. Denn der Klager hatte hilfsweise beantragt, das Geschaft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven auf ibn zu iibertragen, und damit die Ubemahmeklage erhoben. Der Zweite Senat benutzte die Entschei27 28

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Siehe ROBERT FISCHER a.a.O. u. Zit. Siehe REINHARDT, Gesellschaftsrecht, Tz. 240, 241.

III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

dung nur dazu, urn sich fur die Ansicht von ROBERT FISCHER 29 zu erklaren, daB im Faile der arglistigen Tauschung, der Drohung, des Wuchers usw. fur den Getauschten usw. statt der Obernahmeklage das Recht zur Obernahme durch bloBe Obernahmeerklarung bestehe. Die Begriindung der Entscheidung besteht denn auch nur in einer Wiederholung der von ROBERT FISCHER vorgebrachten Argumentation. Dieser Argumentation ist jedoch nicht zu folgen, vielmehr soilte es entgegen dem BGH mit der iiberwiegenden Meinung in der Literatur 30 dabei verbleiben, daB, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, nur die Obernahmeklage oder die Auflosungsklage bzw. bei der Geseilschaft des biirgerlichen Rechts statt der Auflosungsklage die Kiindigung 30a gegeben ist. DaB durch den Gesellschaftsvertrag das Recht zur Obernahme durch Obernahmeerklarung statuiert werden kann, ist keine Begriindung dafiir, daB auch ,de lege" ein solches Recht besteht, wenn das Gesetz- und zwar nicht ohne Grund- das Gegenteil bestimmt. Die Begriindung, es gehe nicht an, den Betrogenen oder Bedrohten auf den langwierigen und zeitraubenden Weg der Klage zu verweisen, ist in Anbetracht der gesetzlichen Regelung von §§ 133, 140 HGB nicht schliissig. Denn im Faile eines wichtigen Grundes wiirde dies oft noch weit mehr zutreffen, und doch bleibt es- mit guten Griinden - nach der gesetzlichen Regelung bei dem Recht zur Klage. Die einstweilige Verfugung ist der Rechtsbehelf, die Rechte des Getauschten oder Bedrohten bis zur Entscheidung tiber die Klage zu wahren. Selbst wenn man iibrigens eine Obernahme durch bloBe Obernahmeerklarung zulassen woilte, wiirde der Obernehmende, wenn er nicht die melior condicio possidentis fur sich hat, doch seine Rechte nur im Klagewege durchsetzen konnen. Folgt man der Rechtsprechung des Reichsgerichts, daB die arglistige Tauschung oder Drohung, was den Bestand der Gesellschaft anbetrifft, nur beachtlich sind, wenn sie als wichtiger Grund die Auflosungsklage rechtfertigen, ist es selbstverstandlich, daB im Fall der OHG und KG ein Kiindigungs- oder Obernahmerecht durch bloBe Erklarung grundsatzlich nicht in Frage kommen kann. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag allerdings, daB anstatt der gesetzlichen Regelung aus wichtigem Grunde durch b!oBe Kiindigungserklarung die Auflosung der Gesellschaft oder die Obernahme bewirkt werden kann oder ein Gesellschafter durch Kiindigung aus wichtigem Grunde sein Ausscheiden aus der im iibrigen fortbestehenden Gesellschaft bewirken kann, so gilt dies auch, wenn die arglistige Tauschung oder Drohung sich als wichtiger Grund auswirkt . ., NJW 1958, 972/3. 30 Siebe HuECK, OHG § 7 III 4 d; KbTIER, Kom. HGB § 105 N. 1 d.

H. WESTERMANN, Personengesdlschaftsrecht, Tz.

784;

JOo Zur Moglichkeit der Ubernahmeklage bei der Gesellschaft biirgerlichen Rechts siehe BGH LM § 142 HGB Nr. 15.

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§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag In der Entscheidung II ZR 82/70 vom 14. 12. 1972 30b hat der Zweite Senat daraus, daB der Gesellschaftsvertrag ein Kiindigungsrecht fur die Kommanditisten mit einer Frist von 12 Monaten zum SchluB eines Geschaftsjahres bestimmte, in dem Fall einer KG mit etwa 500 Kommanditisten, einer ,,Massengesellschaft", gefolgert, daB dem Kommanditisten wegen arglistiger Tauschung auch ein Recht zur fristlosen Kiindigung zustehe. Dieses Kiindigungsrecht ergab sich nach Ansicht des BGH aus einer ,sachgerechten Vertragsauslegung". Dariiber hinaus statuierte der II. Senat in BGHZ 63,338 in dem Leitsatz der Entscheidung: ,In einer Kommanditgesellschaft, die auf die Mitgliedschaft einer Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Gesellschafter angelegt ist, steht dem Kommanditisten im Faile des - infolge einer arglistigen Tauschung - fehlerhaften Beitritts zur Gesellschaft auch dann, wenn es der Gesellschaftsvertrag nicht vorsieht, ein auBerordentliches Kiindigungsrecht mit der Wirkung zu, daB er sofort ausscheidet und die Gesellschaft im iibrigen fortbesteht". Die Entscheidung ist bestatigt worden in BGH II ZR 65/75 vom 9. 2. 1976 30c. Fiir die Massen-Kommanditgesellschaft ist die Problematik der Kiindigung fur den Kommanditisten in der Tat besonders gelagert. Das Gesetz rechnet offensichtlich nicht mit der Massen-KG. Deshalb kann man fur die Massen-KG mit dem BGH wohl die Kiindigung als ,sachgerechte" LOsung zulassen. · Nicht zu folgen ist der Ansicht, daB bei Drohungs- und Tauschungstatbestanden besonders schwerer Art, wenn es die Interessen der bedrohten oder getauschten Mitgesellschafter erforderten, deren Anfechtung doch die Nichtigkeit der Gesellschaft bewirke 31 • Wie bei der Kapitalgesellschaft geht es auch bei der Personen-Gesamthandsgesellschaft und insbesondere bei den Personengesellschaften des Handelsrechts, was die Bestandskraft gegeniiber den allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestanden anbetrifft, urn den Bestand der Gesellschaft als Organisationseinheit des Rechtsverkehrs und nicht urn die Interessen der Gesellschafter. Es wird die Ansicht vertreten, daB wenn ein Gesellschafter einen Mitgesellschafter arglistig tausche, dessen Anfechtung gegeniiber allen anderen Gesellschaftern, auch wenn diese keine Kenntnis batten, gerechtfertigt sei, weil lOb LM § 132 HGB Nr. 3; in BGH II ZR 77/73 vom 27. 2. 1975, NJW 1975, 1700 heil3t es unter Berufung auf diese Entscheidung, deren Leitsatz a) allerdings auch nicht von der Massengesellschaft spricht, allgemein, ein fehlerhaft einer Gesellschaft beigetretener Gesellschafter kiinne ,in der Regel seine Mitgliedschaft im Wege der frisdosen Kiindigung beenden, wenn der Gesellschaftsvertrag iiberhaupt ein Kiindigungsrecht vorsieht und sich hieraus ergibt, daB die Gesellschafter generell das Ausscheiden eines Gesellschafters unter Fortsetzung der Gesellschaft ermoglichen wollen". Siehe auch BGH II ZR 158/72 vom 24. 1. 1974, WM 1974,318 ff. 3 "' NJW 1976, 894. 31 Siehe STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB § 705 N. 129 u. Zit. BGHZ 13, 323; 26, 335; 55, 9.

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III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

die anderen Gesellschafter nicht Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB seien 32• Dem ist nicht zu folgen. Zwar sind, wenn beim gegenseitigen Veetrag auf einer Seite mehrere Personen beteiligt sind, bei der T:iuschung durch eine dieser Personen die anderen nicht Dritte 33. Bei dem Gesellschaftsvertrag stehen jedoch hinsichtlich des Abschlusses desselben die Gesellschafter nur jeder fur sich den anderen Gesellschaftern gegeniiber, und keinem der Gesellschafter ist anzulasten, fur den AbschluB des Gesellschaftsvertrages Hiiter seiner Mitgesellschafter zu sein 34• Die Problematik entfallt, wenn man mit dem Reichsgericht in den Fallen der arglistigen T:iuschung oder Drohung nur die Auflosungs- oder Ubernahmeklage aus wichtigem Grunde zulaBt. Da es einem Gesellschafter in der Regel nicht zumutbar sein wird, mit demjenigen, der ihn durch Tauschung oder gar widerrechtlich durch Drohung zum AbschluB des Gesellschaftsvertrages bestimmt hat, in der Gesellschaft zu bleiben, hat der Getauschte oder Bedrohte in der Regel bei der zweigliedrigen Gesellschaft das Recht zur Auflosung oder Ubernahme. Bei der mehrgliedrigen Gesellschaft kann er von seinen Mitgesellschaftern die Mitwirkung bei der AusschlieBung des fraglichen Gesellschafters verlangen oder selbst aus wichtigem Grunde kiindigen. Nur betreffs der Existenz der Gesellschaft als Personengemeinschaft und betreffs des Verhaltnisses der einzelnen Gesellschafter zu der Gesellschaft trifft die Analogie zu der Kapitalgesellschaft hinsichtlich der allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestande zu. Grundsatzlich anders ist dagegen die rechtliche Problematik, was das Verhaltnis der Gesellschafter untereinander, insbesondere das Verhaltnis ihrer Beteiligungen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft, anbetrifft. Die Existenz der Gesellschaft und das Rechtsverhaltnis der Gesellschafter zu der Gesellschaft bleibt fur die Vergangenheit von den Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestanden grundsatzlich unberiihrt. Auch was das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander anbetrifft, kann fur die Vergangenheit zwar nicht ungeschehen gemacht werden, daB die Gesellschafter den gemeinsamen Zweck verfolgt haben. In der Zurechnung des Ergebnisses der Verfolgung des gemeinsamen Zweckes kann und 32 Siebe SoERGEL-SCHULTZE-V. l.ASAULX, Kom. BGB § 705 Nr. 29; ebenso schon GEILER, DORINGER-HACHENBURG II, 1 Anm. 43. 33 So mit Recht RGZ 62, 184 ff.; die Entscheidung wird von ScHULTZE·V. l.ASAULX zu Unrecht fur den Fall der Gesellschaft angefuhrt. 34 Richtig dagegen BGHZ 26, 330 ff. mit der Entscheidung, daB der Getauschte bei Tauschung auch der anderen Gesellschafter die ErfUilung der von ihm iibernommenen Einlage nicht unter Berufung auf Treu und Glauben verweigern konne, wei) die Einlage dazu diene, die Vermogensverluste nach MaBgabe der Einlagezusagen einheitlich zu verteilen. Siebe auch BGH, LM § 132 HGB Nr. 3 mit dem Leitsatz: ,In einer Kommanditgesellschaft mit einer Vielzahl von Kommanditisten kann eine arglistige T:iuschung, mit der der pers1inlich haftende Gesellschafter einen Kommanditisten zum Beitritt bewogen hat, den iibrigen Gesellschaftern nicht zugerechnet werden, auch wenn die Beitrittsvertrage aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Ermachtigung mit dem pers1inlich haftenden Gesellschafter abzuschlieBen sind."

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§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag

muB aber im Verhaltnis der Gesellschafter zueinander fiir die Vergangenheit dem Anfechtungs- und Nichtigkeitstatbestand Rechnung getragen werden. So ist fiir das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander zwar fiir die Vergangenheit von dem Gesellschaftsvertrag auszugehen, bei Vorliegen eines Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestandes ist aber auch fiir die Vergangenheit der Gesellschaftsvertrag zu korrigieren, indem ,an die Stelle der mangelhaften Bestimmung die angemessene Regelung tritt" 35• Es ist kennzeichnend, daB die herrschende Meinung den Unterschied der Problematik der fehlerhaften Gesellschaft hinsichtlich der Existenz der Gesellschaft als Personengemeinschaft und des Verhaltnisses der Gesellschaft zu den Gesellschaftem einerseits und des Verhaltnisses der Gesellschafter untereinander andererseits nicht erkennt. So kommt die h. M. dazu, auch fiir das Innenverhaltnis zwischen den Gesellschaftem und allgemein bei der bloBen Innengesellschaft, insbesondere der stillen Gesellschaft, anzunehmen, es miisse ,dem tatsachlich bestandenen Vertragsverhaltnis zwischen den Beteiligten fiir die Vergangenheit Wirksamkeit nach den Grundsatzen iiber die faktische Gesellschaft zuteilwerden" 36• Die h. M. 37 steht eben in Wahrheit immer noch unter dem EinfluB der Lehre von der faktischen Gesellschaft als der Anerkennung eines ,tatsachlich geschaffenen Zustandes". Demgegeniiber geht es darum, zu erkennen, daB fiir die Existenz der Gesellschaft und das Rechtsverhaltnis der Gesellschafter zur Gesellschaft die allgemeinen Anfech tungsund Nichtigkeitstatbestande wie bei der Kapitalgesellschaft grundsatzlich nicht eingreifen, sondem die rechtliche Geltung der Gesellschaft unberiihrt lassen und nur als Begriindung fiir die Auflosungs- oder Obemahmeklage bzw. die Kundigung dienen konnen, wahrend es sich betreffs des Verhaltnisses der Gesellschafter zueinander urn eine rein schuldrechtliche Problematik handelt. Was die Anwendung der allgemeinen Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften auf das Verhaltnis der Gesellschafter untereinander und so allgemein bei der Innengesellschaft und insbesondere bei der stillen Gesellschaft anbetrifft, so ist dem BGH zwar grundsatzlich zuzustimmen, wenn er in BGHZ 55,8 sagt: ,Es wiirde zu unertraglichen Ergebnissen fiihren und mit dem recht verstandenen Zweck jener Vorschriften nicht mehr vereinbar sein, eine derart auf Dauer angelegte und tatsachlich vollzogene Leistungsgemeinschaft, fiir die die Beteiligten Beitrage erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und vor allem gemeinschaftlich das Risiko getragen haben, ohne weiteres mit riickwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streiBHGZ 47, 301. BGHZ 8, 165. 37 Siebe BGHZ 55, 5 ff. = (ausflihrlicher) NJW 1971, 375 ff.; BGHZ 62, 20 ff.; RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 73; ScHILLING, Kom. HGB § 335 Anm. 42; STIMPEL, ZGR 1973, 100 ff. 35

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III. Die Problematik der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft

§ 2 III

chen und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden harte". Daraus folgt aber nicht, daB die Gesellschaft, wie der BGH annimmt, auch hinsichtlich des Verhaltnisses der Gesellschafter zueinander fur die Zeit bis zur Geltendmachung des Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrundes stets uneingeschrankten Bestandsschutz verdient. Der BGH bejaht den Bestandsschutz ,im Interesse der Gesellschafter" (a.a.O. S. 8). Die Interessen der Gesellschafter sind aber, was den Bestandsschutz gegentiber den Nichtigkeits- oder Anfechtungstatbestanden anbetrifft, in aller Regel sehr unterschiedlich, ja einander entgegengesetzt, so daB je nach den Umstanden des Einzelfalles sich aus der Gewahrleistung des Bestandsschutzes Zufallsentscheidungen ohne rechtliche Wertung der lnteressen ergeben. Der BGH meint in der angefuhrten Entscheidung (a.a.O. S. 9), die Gesichtspunkte, welche fur den Bestandsschutz der fehlerhaften Gesellschaft sprachen, trafen auch fur die stille Gesellschaft zu, und fuhrt dazu aus: ,Das zeigt sich besonders deutlich daran, daB es ebenso grob unbillig ware, in Zeiten eines wirtschaftlichen Niedergangs das Risiko der Betriebsftihrung entgegen dem Willen der Gesellschafter allein dem Geschaftsinhaber aufzubtirden, wie es unertraglich erschiene, in Zeiten eines fortschreitenden wirtschaftlichen Aufschwungs die auch auf dem Kapitalbeitrag des stillen Gesellschafters beruhenden Erfolge des Unternehmens allein dem Geschaftsinhaber zugute kommen zu lassen und den stillen Gesellschafter mit einem geringwertigen Bereicherungsanspruch abzufinden". SchlieBlich heiBt es in der Entscheidung hinsichtlich des Bestandsschutzes im Fall der stillen Gesellschaft: ,Darauf, ob das Bedtirfnis hierfur im Einzelfall besonders hervortritt, kann es nicht ankommen; eine Entscheidung von Fall zu Fall mtiBte zu schwierigen Abgrenzungsfragen ftihren, die im Interesse der Rechtssicherheit vermieden werden mtissen". In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der stille Gesellschafter den mit einer KG abgeschlossenen Vertrag tiber die stille Gesellschaft mit der Behauptung angefochten, daB er von dem geschaftsfuhrenden Komplementar der KG arglistig getauscht worden sei. Gerade der Fall der arglistigen T:iuschung widerlegt die Argumentation des BGH betreffend den Bestandsschutz fur die stille Gesellschaft und allgemein fur das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander. Es ist gerade der erklarte Sinn der Regelung betreffend die Anfechtung wegen arglistiger Tauschung, daB der Getauschte die Moglichkeit hat, das Geschaft, wenn es trotz der arglistigen Tauschung zu seinen Gunsten ausgeschlagen ist, gelten zu lassen, es dagegen durch Anfechtung zu vernichten, wenn sein Bestand- und zwar gleich aus welchen Grundenzu seinem Nachteil ist. Der stille Gesellschafter, der von dem Geschaftsinhaber durch arglistige Tauschung zu dem AbschluB des Vertrags tiber die stille Gesellschaft veranlaBt worden ist, ist also sehr wohl berechtigt, ,in Zeiten eines wirtschaftlichen Niedergangs das Risiko der Betriebsfuhrung ... allein dem Geschaftsinhaber aufzubtirden". 27

§ 2 III § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag Die Argumentation des BGH, es sei ,grob unbillig", dem Geschaftsinhaber das Risiko ,entgegen dem erklarten Willen der Gesellschafter" aufzubiirden, ist offenbar unrichtig. Es ist selbstverstandlich, daB die Berufung auf den ,erklarten Willen" im Verhaltnis zwischen dem arglistig Tauschenden und dem Getauschten keinen Platz haben kann. Soweit das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander in Frage steht, gibt es in den Fallen der fehlerhaften Gesellschaft keine Einheitslosung. Es kommt in der Tat auf den ,Einzelfall" an, wie der Ausgleich zwischen den Gesellschaftem zu erfolgen hat, wenn die fiir das Verhalmis der Gesellschafter zueinander vereinbarte Regelung nicht gilt. In BGHZ 62,20 ff. hat der BGH entschieden: ,Die Grundsatze iiber die fehlerhafte Gesellschaft sind auf nichtige oder anfechtbare Anderungen des Gesellschaftsvertrages nicht ohne wei teres anzuwenden". Im grundsatzlichen ist die Problematik der fehlerhaften Gesellschaft aber die gleiche, ob es sich urn den urspriinglichen Gesellschaftsvertrag oder urn Anderungen desselben handelt, wie insoweit ja auch bei der Kapitalgesellschaft kein Unterschied zu machen ist 37•. In dem Fall der Entscheidung BGHZ 62,20 ff. ging es urn das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander, indem der Klager die Mitwirkung des beklagten Gesellschafters bei der Anmeldung zum Handelsregister begehrte, daB er neben dem Beklagten personlich haftender Gesellschafter und nicht nur Kommanditist sei, wie letzteres in einem Anderungsvertrag zu dem Gesellschaftsvertrag vereinbart war, den der Klager wegen Fehlens der Geschaftsgrundlage und auf Grund der Anfechtung des Anderungsvertrages wegen arglistiger Tauschung nicht gelten lassen wollte. Da es sich nur darum handelte, daB der Klager gegeni.iber seinem Mitgesellschafter sein Recht auf Grund des urspriinglichen Gesellschaftsvertrages durchsetzte, war es richtig, daB hinsichtlich des Abanderungsvertrags ein Nichtigkeits- oder Anfechtungstatbestand voile Wirkung hatte. Oft wird es sich bei der Anderung von Gesellschaftsvertragen von Personengesellschaften wie in dem Fall der Entscheidung BGHZ 62,20 ff. darum handeln, daB die Anderungen nur das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander betreffen. In diesen Fallen hat der Anfechtungs- oder Nichtigkeitstatbestand grundsatzlich riickwirkende Bedeutung, wenn es auch je nach den Umstanden des Einzelfalls nicht bei der bloBen Nichtigkeit bleiben kann, sondern ,an die Stelle der mangelhaften Bestimmung die angemessene Regelung tritt" 38 . Dies gilt insbesondere fur Anderungen des Gesellschaftsvertrages

378 Selbsrverstandlich ist die Anwendung der fur die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsatze auf den Beitritt zu einer bereits bestehenden Gesellschaft (siehe dazu ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 84 u. Zit.; § 130 Anm. 28 ff.). Besondere Bedeutung hat dies fur die Haftung nach § 130 HGB (siehe BGHZ 44, 235 ff. u. oben). Anders, aber nicht iiberzeugend fur das osterreichische Recht REINDL, Festschr. DEMELIUS, S. 427 ff. 38 BGHZ 47, 301.

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IV. Der Gesellschaftsverrrag und die Regelung der §§ 320 ff. BGB

§2

IV

hinsichtlich der Gewinn- und Verlustverteilung 39. Betreffen die Anderungen des Gesellschaftsvertrages dagegen den Status der Gesellschaft, so beim Eintritt neuer Gesellschafter oder der Veranderung der Hafteinlagen bei der KG, so gilt fur die Anderung das gleiche wie bei der Anderung der Satzung einer Kapi talgesellschaft.

IV. Der Gesellschaftsvertrag und die Regelung der §§ 320 ff. BGB In der Literatur ist es strittig, ob der Gesellschaftsvertrag als gegenseitiger Vertrag einzuordnen ist 40. Das Reichsgericht hat in Ubereinstimmung mit der seinerzeit herrschenden Meinung in der Literatur 41 bejaht, daB der Gesellschaftsvertrag zu den gegenseitigen Vertragen gehort. Der Zweite Senat des BGH hat es vermieden, allgemein zu der Frage Stellung zu nehmen 42 , wahrend der IV. Senat in einer Entscheidung dem Reichsgericht gefolgt ist 43. Der Meinungsstand der Literatur reicht von der strikten Ablehnung der Anwendung der §§ 320 ff. BGB 44 und auch der analogen Anwendung bis zu einer mehr oder minder modifizierten Anwendung und auch unterschiedlichen Anwendung je nach dem, ob es sich urn das Verhaltnis der Gesellschafter zueinander oder urn das Verhaltnis der Gesellschafter zur Gesellschaft und ob es sich urn eine nur zweigliedrige oder mehrgliedrige Gesellschaft handelt 45. Ubereinstimmung besteht in Rechtsprechung und Literatur clamber, daB der Bestand der in Vollzug gesetzten Gesellschaft nicht durch Anwendung der §§ 320 ff. BGB in Frage gestellt werden kann, daB der Bestand der in Vollzug gesetzten Gesellschaft vielmehr nur der Auflosung und der Kiindigung nach den gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen unterliegt. Schon in RGZ 78,305 heiBt es zur Anwendung der §§ 320 ff. Siehe auch ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 N. 84 u. Zit. Siehe STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB § 705 Anm. 6 ff. u. Zit.; WIELAND, Handelsrecht I§ 37 I, 3; siehe aber auch schon Vorenrw. BGB zu Art. 770 Dresd. Enrw. S. 11 ff. u. Zit.; WINDSCHEID, Pandektenrecht II§ 405 N. 1a; WIEACKER, Societas, 1936, S. 13. 41 Noch in RGZ 147, 341/2 heiBt es: ,Unbesrreitbar ist, daB der Gesellschaftsverrrag nach dem Sprachgebrauch des biirgerlichen Rechts zu den gegenseitigen Vertragen gehorr." Siehe auch RGZ 163,385 ff., 388;JW 1938, 257; GEILER, Di.iRINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1, Anm. 42 u. Zit. 42 In der Entscheidung LM § 105 HGB Nr. 11 wurde fiir den konkreten Fall die Anwendung von§ 320 BGB verneint. 43 NJW 1951, 308. 44 Siehe WIELAND, Handelsrecht I, 464, es lasse sich der Gesellschaftsverrrag ,auf keine Weise den gegenseitigen Verrragen einordnen". 45 Siehe Zit. bei SoERGEL-ScHULTZE-V. lASAULX, Kom. BGB § 705 N. 33; STAUDINGERKESSLER, Kom. BGB § 705 N. 10; ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 47b. 39

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§ 2 IV § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag BGB auf eine Gesellschaft biirgerlichen Rechts, sie konne ,nicht uneingeschrankt sein" und sei ,in Ubereinstimmung zu bringen mit den sich aus der Gesellschaftsgemeinschaft ergebenden besonderen Verhaltnissen und den fur das Aufhoren der Gesellschaftsgemeinschaft gegebenen besonderen Bestimmungen der §§ 723 ff. BGB". Mit Recht wird hinsichtlich der Anwendung der §§ 320 ff. BGB zwischen der zweigliedrigen und der mehrgliedrigen Gesellschaft unterschieden. Auch bei der zweigliedrigen Gesellschaft stehen zwar die Leistungen der Gesellschafter nicht im Entgeltsverhaltnis, aber doch im gegenseitigen Abhangigkeitsverhalmis, so daB grundsatzlich die Anwendung der §§ 320 ff. BGB der rechtlichen Problematik des zweigliedrigen Gesellschaftsverhaltnisses entspricht. Hinsichtlich des Tatbestandes von § 323 BGB ist bei der zweigliedrigen Gesellschaft jeweils zu fragen, ob die Gesellschaft nach § 726 BGB endigt, bzw. nach § 133 HGB ein wichtiger Grund zur Auflosung gegeben ist oder ob es bei der Verfolgung des gemeinsamen Zweckes bleibt; in diesem Fall ist in erganzender Vertragsauslegung zu bestimmen, ob der Gesellschafter statt des vereinbarten Beitrags eine andere Leistung, insbesondere den Wert des vereinbarten Beitrags zu erbringen hat oder ob sich die Rechte des Gesellschafters entsprechend ermaBigen. Allgemein kommt es fur die Anwendung des§ 323 BGB darauf an, wie hinsichtlich der Gefahrtragung zu entscheiden ist. Selbstverstandlich tragt die Gesellschaft die Gefahr, d. h. die Rechte des beitragspflichtigen Gesellschafters bleiben unberiihrt, wenn der Gegenstand der Leistungspflicht untergeht, nachdem er in die Verfugungsmacht der Gesellschaft gelangt ist. Mit Recht wird dagegen in der Literatur angenommen, daB Erftillungsort fur die Beitragspflichten der Sitz der Gesellschaft ist und deshalb § 447 BGB nicht zur Anwendung kommt 46. Fiir Sachmangel sollte wie fiir Rechtsmangel hinsichtlich des Leistungsgegenstandes anders als beim Kaufvertrag grundsatzlich eine Erfullungspflicht des Gesellschafters, d. h. eine Pflicht zur Nachbesserung angenommen werden. Nur wenn die Erfiillung unmoglich oder wegen UnverhaltnismaBigkeit des Aufwands nicht zumutbar ist, muB, wenn die Gesellschaft nicht wegen Unmoglichkeit der Zweckerreichung hinfallig wird bzw. nach § 133 HGB aufgelost wird, in erganzender Vertragsauslegung entschieden werden, ob der Gesellschafter zu einer ersatzweisen Geldleistung bzw. erganzenden Geldleistung verpflichtet ist oder die Gesellschaftsrechte entsprechend vermindert werden 47• In den Fallen der §§ 325,326 BGB tritt an die Stelle des Riicktritts die Kiindigung, und bei der in Vollzug gesetzten Gesellschaft tritt an die Stelle des Riicktritts die Kiindigung bzw. die Auflosungs- oder Ubemahmeklage. 46

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Siebe Siebe

ROBERT FISCHER ROBERT FISCHER

a.a.O. Anm. 45c u. Zit. a.a.O. Anm. 45b u. Zit.

IV. Der Gesellschaftsvertrag und die Regelung der §§ 320 ff. BGB § 2 IV Bei der mehrgliedrigen Gesellschaft ist fur die Tatbestlinde der §§ 320 ff. BGB hinsichtlich des Verhaltnisses zwischen den Gesellschaftem und des Verhaltnisses der Gesellschaft zu dem Gesellschafter zu unterscheiden. Nicht zu folgen ist der Ansicht, daB sich die Beitragspflicht des Gesellschafters und die Pflicht der Gesellschaft, den Gesellschafter am gemeinsam erzielten Gewinn zu beteiligen, im Verhaltnis von Leistung und Gegenleistung gegeniiberstehen 48. Es ist auch nicht so, daB Gegenleistung fiir den Beitrag eines Gesellschafters sowohl die Leistungen der Mitgesellschafter wie die Einraumung der Gewinnbeteiligung sind 49. Die Problematik der Tatbestande der §§ 320 ff. BGB betrifft bei der mehrgliedrigen Gesellschaft primae iiberhaupt nur das Verhaltnis des einzelnen Gesellschafters zur Gesellschaft. Die Mitgesellschafter werden nur in der Folgewirkung betroffen, sei es, daB bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts die Gesellschaft wegen Unmoglichkeit der Zweckerreichung nach § 726 BGB endet oder ein wichtiger Grund zur Kiindigung nach § 723 gegeben ist oder daB bei der OHG bzw. KG ein Auflosungsgrund nach § 133 HGB besteht. Anspriiche der Gesellschafter untereinander konnen nach §§ 320 ff. BGB bei der mehrgliedrigen Gesellschaft nur entstehen, insoweit die Gesellschafter mit der actio pro socio gegeniiber ihren Mitgesellschaftem die Anspriiche der Gesellschaft geltend machen konnen. Im Verhaltnis der Gesellschaft zu dem Gesellschafter ist fur eine Anwendung der §§ 320- 322 BGB grundsatzlich kein Raum 50. Im Fall des § 323 BGB wird es bei der mehrgliedrigen Gesellschaft im allgemeinen, wenn nicht die Erreichung des Gesellschaftszwecks unmoglich wird, dem Sinn des Vertrages entsprechen, daB der betroffene Gesellschafter zur Ersatzleistung verpflichtet ist oder aus der Gesellschaft ausscheidet 51 . Der Tatbestand des § 324 Abs. 1 BGB ist nur erfiillt, wenn ein geschaftsfuhrender Gesellschafter beim Handeln fiir die Gesellschaft die Leistung eines Gesellschafters unmoglich macht. 1st die Leistung von einem Mitgesellschafter, ohne daB dieser fiir die Gesellschaft handelt, unmoglich gemacht worden, so ist im Verhaltnis von dem betroffenen Gesellschafter zur Gesellschaft der Tatbestand des§ 323 BGB gegeben. Es ist Sache des betroffenen Gesellschafters, ob er Schadensersatz von dem fraglichen Mitgesellschafter erhalt 52 • In den Fallen der §§ 325,326 BGB steht der Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch nach 48 So z. B. H. WESrERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz. 85; dagegen mit Recht SoERGEL-ScHULTZE-v. l.ASAULX, Kom. BGB § 705 N. 35. 49 So KoTIER, Kom. HGB § 105 Anm. 1 (S. 318). 50 Siehe zu § 320 im einzelnen ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 47c; KOTIER a.a.O. 51 Nicht zu folgen ist KoTIER a.a.O. (S. 319), daB der Gesesllschafter nur das Recht erhalte, die Minderung seiner Gewinnquote durch die Ersatzleistung abzuwenden. 52 Anders reilweise die Literatur, daB in jedem Fall, wenn die Leistung des Beitrags eines Gesellschafters durch das Verschulden eines Mitgesellschafters unmoglich wird, zugunsten des betroffenen Gesellschafters § 324 Abs. 1 BGB anzuwenden ist (siehe HUECK, OHG § 6 II, 3d; KoTIER, Kom. HGB § 105 Anm. 1, S. 319).

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§ 2 V § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag §§ 280,286 BGB zu, und ebenso den Mitgesellschaftern, wenn ihnen auBer dem Schaden der Gesellschaft ein eigener Schaden entsteht. An Stelle des Riicktritts kommt die AusschlieBung in Frage.

V. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages Fiir die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ist auszugehen von den allgemeinen Grundsatzen der Auslegung von Rechtsgeschaften s2a. Zunachst kommt es darauf an, in welchem Sinne die Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages die vertragliche Regelung bei AbschluB des Vertrages verstanden haben. Bei unterschiedlichem Versrandnis gelten die Grundsatze der normativen Auslegung. Je groBer die Zahl der Gesellschafter ist, von urn so groBerer Bedeutung ist die normative Auslegung. So bestimmt sie inbesondere die Auslegung der Gesellschaftsvertrage der Publikumspersonengesellschaft, d. h. vor allem der Publikums-KG. Von kardinaler Bedeutung fur die Auslegung des Gesellschaftsvertrages ist der Gesellschaftszweck, dessen Bestimmung im Gesellschaftsvertrag im allgemeinen nicht fraglich sein wird. Ungeachtet dessen, daB auch bei dem Gesellschaftsvertrag ein jeder Vertragspartner mit dem VertragsschluB eigene Zwecke verfolgt, ist anders als bei den auf Leistungsaustausch ausgerichteten Schuldvertragen bei der Gesellschaft der Gesellschaftszweck als gemeinsamer Zweck der archimedische Punkt fur die normative Vertragsauslegung. Der Gesellschaftsvertrag ist die Verfassung der Personengesellschaft. Auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags als der Verfassung entfaltet sich das Leben der Gesellschaft. Die Handhabung des Gesellschaftsvertrages in der Praxis der Gesellschaft ist nicht nur wie allgemein die einverstandliche Handhabung eines Vertrages durch die Vertragspartner ein Indiz dafur, wie diese die vertragliche Regelung bei AbschluB des Vertrages verstanden haben 53. Die einversrandlich durch die Gesellschafter geiibte Praxis der Gesellschaft in den Gesellschaftsangelegenheiten bewirkt auch eine Anderung des Gesellschaftsvertrages als der Verfassung der Gesellschaft. Mit Recht heiBt es in BGHZ 49, 366: ,Mit Riicksicht auf die lange Geltungsdauer und ihre wirtschaftliche Bedeutung liegt es in der Natur der Gesellschaftsvertrage, daB sie haufigen und vielfaltigen Abanderungen unterliegen. Das bringt schon die Notwendigkeit einer Anpassung an die sich srandig andernden wirtschafts2a Siebe WIEDEMANN, DNotZ 1977,99 ff.; RoBERT FiSCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 59 u. Zit. 53 Siebe Art. 1362 Abs. 2 ita!. cod. civile. In RGZ 20, 111, einer Enscheidung noch zum gemeincn Recht, heil3t es zu der nachttiiglichen AuBcrung cines Verttagspartners: ,In einem solchen Ausspruche kann ja nicht wic in dcr cines Dritten nur eine Ansicht iiber die Auslegung des formulierten Vertragsinhalts gefunden werden, sondcrn er enthalt cine AuBcrung iiber den Inhalt des Verttagswillens, welcher durch die Formulicrung hat ausgedriickt wcrden soli."

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V. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages

§2

v

lichen Verhaltnisse mit sich, eine Notwendigkeit, der sich ein Unternehmen von einer gewissen wirtschaftlichen Bedeutung gar nicht entziehen kann. Dabei vollzieht sich diese Anpassung erfahrungsgemaB meist in einer allmahlichen Abwandlung kaufmannischer Gepflogenheiten, wie sie in dem Unternehmen bis dahin iiblich waren, und erfaBt dabei auch solche Brauche, die im Gesellschaftsvertrag eine Regelung gefunden haben, ohne daB sich die Beteiligten dessen vielfach bewuBt werden." Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH, der zuzustimmen ist, auch ungeachtet dessen, ob der Gesellschaftsvertrag die Anderung dem rechtsgeschaftlichen Formzwang unterwirft 54. Besondere Bedeutung hat fur den Gesellschaftsvertrag vor allem der Personenhandelsgesellschaften, aber auch der Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts, die auf Dauer angelegt ist, die erganzende Auslegung. Dies ist einmal darin begriindet, daB die dispositiven gesetzlichen Vorschriften fur die Personengesellschaft diirftig sind, und zudem darin, daB ,einige der dispositiven gesetzlichen Vorschriften im Recht der Personalhandelsgesellschaften den heutigen wirtschaftlichen Verhaltnissen meist nicht mehr voll gerecht werden" 55. Ferner spielt die erganzende Auslegung im Recht der Personengesellschaften deshalb eine besondere Rolle, weil nur durch sie die Existenz der Gesellschaft gegeniiber der Anderung der Verhaltnisse erhalten werden kann. Die erganzende Auslegung findet ihre Grenze, wenn der urspriingliche Zweck der Gesellschaft erreicht oder unmoglich geworden ist oder sonst ein wichtiger Grund fiir die Kiindigung oder Auflosung der Gesellschaft gegeben ist. Geradezu ein Schulbeispiel fur die erganzende Vertragsauslegung ist die Entscheidung BGH II ZR 147/56 vom 21. 1. 1957 56 mit dem Leitsatz: ,1st in dem Gesellschaftsvertrag einer Personalhandelsgesellschaft bestimmt, daB beim Tode eines Gesellschafters die Gesellschaft unter den iibrigen Gesellschaftem fortgesetzt wird, so ist diese Bestimmung als die Vereinbarung ei54

Siehe die angefiihrte Entsch. BGHZ 49, 364 ff. und dazu RoBERT FISCHER, Anm. LM

§ 125 BGB Nr. 28; ferner bes. BGH II ZR 8/64 vom 17. 1. 1966, LM § 105 HGB Nr. 22 betreffend den Fall, daB entgegen dem Gesellschaftsvemag vorbehalt- und widerspruchslos iiber zwanzig Jahre lang der Gewinn nach einem bestimmten, vom Gesellschaftsvertrag abweichenden Schliissel verteilt worden war.- Siehe ferner ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 60; DuDEN, Kom. HGB § 105 Anm. 2 G; siehe auch allgemein zu der Problematik der formlosen Anderung eines Vertrags ungeachtet der rechtsgeschafdichen Bestimmung des Formzwangs FLUME, Rechtsgeschaft § 15 III, 2. 55 So ROBERT FISCHER, Anm. LM § 138 HGB Nr. 3. Der Leitsatz von BGH IV ZR 291/56 vom 3. 4. 1957, LM § 133 (A) BGB Nr. 5: ,Die Auslegung von Vertriigen unter Erganzung des Vertragswillens hat ihre Grenze, wo an und fiir sich bestehende Vertragsliicken durch gesetzliche Vorschrifren geregelt werden, die zum Zweck der Liickenausfiillung erlassen sind", ist allgemein fragwiirdig, jedenfalls gilt er aber nicht fiir das Gesellschaftsrecht. Siehe auch BGH II ZR 144/71 vom 14. 5. 1973, DB 1973, 1447 ff. mit der Entscheidung, daB in dem fraglichen Fall das Entnahmerecht der Kommanditisten sich nicht nach § 169 HGB, sondern nach erganzender Vertragsauslegung bestimmte. 56 LM § 138 HGB Nr. 2.

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§ 2 V § 2 Gesellschaftsvertrag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag nes vertraglichen Ubemahmerechts anzusehen, falls die Gesellschaft zu einer zweigliedrigen Gesellschaft geworden ist." Stets stellt sich die Frage der erganzenden Vertragsauslegung hinsichtlich der Geschaftsfiihrung und Vertretung oder des Endes der Gesellschaft, wenn eine Personenhandelsgesellschaft, weil sie kein vollkaufmannisches Handelsgewerbe mehr betreibt, zur Gesellschaft des biirgerlichen Rechts wird 57• In dem Fall der Entscheidung BGHZ 43, 384 ff. ware hinsichtlich der Ubemahme eines Bundestagsmandats durch einen Gesellschafter statt der Frage des PflichtverstoBes und der Schadensersatzpflicht zu fragen gewesen, welche Folgerungen sich nach den Grundsatzen der erganzenden Vertragsauslegung ergaben 578• In BGHZ 44, 40 ff. hat der BGH im Jahre 1965 in dem Fall, daB in einem 1950 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag einer OHG die T:itigkeitsvergiitung eines Gesellschafters auf 400 DM festgesetzt war und dieser mit der Klage die Verurteilung seines Mitgesellschafters begehrte, der Erhohung auf 1600 DM zuzustimmen, die Klage abgewiesen. Der BGH behandelte den Fall nur unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschaftsgrundlage. Ein solcher wurde aber vemein t, weil die Parteien vor AbschluB des Gesellschaftsvertrages auch erwogen batten, daB sich Umsatz und Gewinn erhohen wiirden, und es trotzdem unterlassen batten, fiir diesen Fall eine Erhohung der T:itigkeitsvergiitung festzulegen. Allerdings ging es in dem Fall nicht urn eine Anwendung der Lehre von der Geschaftsgrundlage, wie iiberhaupt bei einer Anderung der Verhaltnisse fiir die Personengesellschaft die Grundslitze der erganzenden Auslegung anzuwenden sind, wenn nicht die Gesellschaft wegen der Unmoglichkeit der Zweckerreichung ihr Ende findet oder die Kiindigung bzw. Auflosung aus wichtigem Grunde als Rechtsfolge gegeben ist. Unter dem Gesichtspunkt der erglinzenden Auslegung ergeben sich fiir die Beurteilung des Falles von BGHZ 44, 40 ff. in Anbetracht der Verlinderung der Verhaltnisse von 1950 his zu den 60er Jahren grundslitzlich andere Gesichtspunkte als nach der Lehre von der Geschaftsgrundlage 58. Besondere Bedeutung hat die erganzende Auslegung schlieBlich fiir die fehlerhafte Gesellschaft, indem an die Stelle fehlerhafter Einzelbestimmungen die ,angemessene Regelung" tritt 59• Bemerkenswert ist betreffs der fehlerhaften Gesellschaft vor allem die in der Behandlung der fehlerhaften Gesellschaft schon angefiihrte 60 Rechtsprechung des BGH zur fristlosen Kiindigung der fehlerhaften Gesellschaft, und zwar bemerkenswert insbesondere Siehe BGH, LM § 7fYJ BGB Nr. 6 u. unten S. 196 f. Siehe un ten S. 13 3 f. 58 Siehe auch BGH II ZR 144/71 vom 14. S. 1973, DB 1973, 1447 ff. mit der Annahme einer inhaltlichen Anderung des Gesellschaftsvertrags hinsichtlich der Tatigkeitsvergiitung fiir den geschaftsfiihrenden Gesellschafter wegen einer erheblichen Anderung der Verhaltnisse. 59 Siehe BGHZ 47, 301 u. oben S. 25 f. 60 Siehe oben S. 21 f. 57

57"

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V. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages

§2 v

hinsichtlich des Verhaltnisses von erganzender Vertragsauslegung und dispositivem Recht 61 . In der Entscheidung II ZR 82/70 vom 14. 12. 1972 62 folgert der BGH in dem Fall einer KG mit 500 Kommanditisten aus der Vertragsbestimmung, daB jeder Kommanditist mit der Folge seines Ausscheidens zur Kundigung mit einer Frist von 12 Monaten zum SchluB eines Geschaftsjahres berechtigt war, als ,sachgerechte Vertragsauslegung", daB fur den Kommanditisten in den Eillen arglistiger Tauschung ein auBerordentliches Recht zur fristlosen Kundigung bestehe. In BGHZ 63, 338 ff. wird fur eine KG mit einer ,Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Gesellschafter", auch ohne daB ein vertragliches Kundigungsrecht mit der Rechtsfolge des Ausscheidens besteht, fur den Fall, daB der Beitritt des Kommanditisten auf arglistiger Tauschung beruht, angenommen, eine ,angemessene Losung" konne ,nur darin bestehen, daB dem getauschten Gesellschafter in erganzender Vertragsauslegung ein auBerordentliches Kundigungsrecht zuerkannt wird". In der Entscheidung II ZR 77/73 vom 27. 2. 1975 63 wird fur diese Entscheidung bestatigt, daB sie ,als die allein sachgerechte, dem zu vermutenden Willen der Gesellschafter entsprechende Losung erscheint" 64 . Die Massen- oder Publikumskommanditgesellschaft weicht in der Tat von dem Typus der Personengesellschaft, wie er der Regelung des HGB zugrunde liegt, so sehr ab, daB die dispositiven Vorschriften uber die Auflosung als naturalia negotii fur den Fall des auf arglistiger Tauschung beruhenden Beitritts des Publikums-Kommanditisten nicht passen. Der Ansatz der Rechtsprechung, kraft erganzender Vertragsauslegung das Kundigungsrecht anzunehmen, ist in dem Verstandnis des Vertrags der Publikums-KG als eines besonderen, gegenuber dem der gesetzlichen Regelung zugrunde liegenden Leitbild atypischen Vertragstyps begriindet. Die urspriingliche Anknupfung des BGH an die Bestimmung uber die vertragsmaBige Kundigung war allerdings nicht uberzeugend. Nachdem die Rechtsprechung sich durchgesetzt hat, konnte man nun von einer Rechtsfortbildung dispositiven Rechts fur die Publikums-KG sprechen. Bei der erganzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrags handelt es sich nicht urn eine ,Anderung des Gesellschaftsvertrages durch richterliche Entscheidung" 65. Die erganzende Auslegung des Gesellschaftsvertrages ist keine Anderung desselben, die durch einen konstitutiven Akt zu geschehen harte. \'{/"enn ein Gesellschafter die Zustimmung seiner Mitgesellschafter zu einer Anderung des Gesellschaftsvertrages nach den Grundsatzen der erganzenden

61 Siehe dazu FLUME, Rechtsgeschafr § 16, 4 bu. Zit. u. SANDROCK, Zur erganzenden Vertragsauslegung, 1966, S. 48 ff. 62 LM § 132 HGB Nr. 3. 63 1975, 1700 f. 64 Bestatigt in der Entsch. BGH II ZR 65/75 vom 9. 2. 1976, NJW 1976, 894 f. 65 So ROBERT FISCHER, Anm. LM § 114 HGB Nr. 3.

NJW

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§ 2 V § 2 Gesellschaftsvemag als personen- und als schuldrechtlicher Vertrag Auslegung begehrt, macht er geltend, daB der Gesellschaftsvertrag entgegen der urspri.inglich vereinbarten Regelung nach der erganzenden Auslegung den von ihm vertretenen lnhalt hat, und er verlangt die Feststellung und Anerkennung dieses Vertragsinhalts. Die richterliche Entscheidung uber die Klage ist hinsichtlich der Anderung des Gesellschaftsvertrags kraft erganzender Auslegung ein Feststellungs- und kein Gestaltungsurteil. Die Aufgabe des Richters besteht bei der Klage betreffs der erganzenden Auslegung des Gesellschaftsvertrags nicht darin, ,andernd in einen Gesellschaftsvertrag einzugreifen" 66, sondern zu urteilen, ob der Gesellschaftsvertrag nach den Grundsatzen der erganzenden Auslegung den von dem Klager vertretenen Inhalt hat. In Rechtsprechung und Literarur wird die Ansicht vertreten, daB fur den Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft und die ,Satzung" einer Kapitalgesellschaft grundsatzlich unterschiedliche Auslegungsprinzipien gelten 67. Man sagt, fiir die Satzungen der Korperschaften sei grundsatzlich die ,objektive" Auslegungsmethode anzuwenden, wahrend fur die Personengesellschaftsvertrage die ,subjektive" Auslegungstheorie gelte 68. Dem ist nur cum grano salis beizupflichten. Bei der Publikums-Kommanditgesellschaft ist die Problematik der Auslegung des Gesellschaftsvertrags grundsatzlich nicht anders geartet als betreffs der Satzung einer Kapitalgesellschaft 69. Andererseits unterscheidet man auch bezuglich der Satzung der Kapitalgesellschaft zwischen individualrech tlichen und korperschaftlichen Bestandteilen und soli fur die individualrechtlichen Bestimmungen die subjektive Auslegungsmethode gelten 70• Bei Gesellschaftsvertragen von Personengesellschaften wird, wenn die Parteien eines Rechtsstreits eine unterschiedliche Auslegung vertreten, nur in seltenen Ausnahmefallen festzustellen sein, daB die Parteien bei AbschluB des Vertrages iibereinstimmend den Vertrag in einem bestimmten Sinn wirklich gewollt haben. MaBgebend ist in der Regel also die normative Auslegung. Hier besteht nun bezuglich der Auslegung in der Tat ein Unterschied zwischen den Gesellschaftsvertragen der Personengesellschaften und den ,Satzungen" der Kapitalgesellschaften insofern, als bei den Gesellschaftsvertragen der Personengesellschaften - ausgenommen die Publikums-KG - anders als bei der Anwendung der sogenannten objektiven Auslegungsmethode fiir 66 BGHZ 44, 42 sieht so die Aufgabe des Richters im Fall der erganzenden Auslegung, wenn es auch dort heiilt, grundsatzlich konne es niche die Aufgabe des Richters sein, ,andernd in einen Gesellschaftsvertrag einzugreifen, nur wei! er das fur billig oder angemessen halt". 67 Siehe RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 105, Anm. 59 a u. Zit.; NITSCHKE, Die korperschaftlich strukturierte Personengesellschaft S. 157 ff.; WIEDEMANN, DNotZ 1977, S. 99 ff. 68 Siehe dazu WIEDEMANN a.a.O. S. 99 ff., 105. 69 So mit Recht WIEDEMANN a.a.O. S. 106; NITSCHKE a.a.O.; siehe aber auch ROBERT FISCHER, LM § 138 HGB Nr. 3. 70 Siehe BGH, LM § 549 ZPO Nr. 25.

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I. Der gemeinsame Zweck als Zweck der Gesellschaft

§3 I

die korperschaftlichen Bestandteile der Satzungen von Korperschaften die gesamten Umstande zu beriicksichtigen sind 71 • Nach h. M. soll der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft anders als derjenige der Kapitalgesellschaft nicht der freien Auslegung durch das Revisionsgericht unterliegen 72 • Das Revisionsgericht soll aber bei iiblichen Vertragsklauseln die Auslegung daraufhin iiberpriifen konnen, ob sie den gesellschaftsrechtlichen Erfahrungssatzen entspricht 73• Hiernach diirfte der BGH als Revisionsgericht, insbesondere nach der Einfiihrung der Regelung tiber die Ablehnung der Annahme der Revision, im allgemeinen keine Veranlassung haben, hinsichtlich der Auslegung zwischen der ,Satzung" einer Kapitalgesellschaft und dem Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft zu unterscheiden. Erst recht gilt dies fiir die erganzende Auslegung 74.

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element der Personengesellschaft

I. Der gemeinsame Zweck als Zweck der Gesellschaft

und nicht der einzelnen Gesellschafter

Weder in den Motiven noch in den Protokollen ist von dem gemeinsamen Zweck die Rede, d. h. davon, wann der Zweck ein gemeinsamer ist. Anscheinend fanden die Verfasser des BGB keinen AnlaB, sich dariiber Gedanken zu machen. In den Motiven heiBt es nur: ,Aus der Gemeinsamkeit des vereinbarten Zweckes folgt, daB im Wesen der Gesellschaft die Anteilnahme eines jeden Gesellschafters an diesem Zwecke liegt" 1. Es wird hieran die Folgerung gekniipft: ,Ein Vertrag, durch welchen ein Gesellschafter von der Beitragspflicht befreit, aber zur Teilnahme am gemeinsamen Zwecke, also insbesondere am Gewinne, berechtigt oder zwar am Verluste, nicht aber am Gewinne beteiligt sein soll, ist hiernach kein Gesellschaftsvertrag". Befreiung von der Beitragspflicht und ausschlieBliche Verlustbeteiligung sind nach Ansicht der ersten Kommission mit dem Gesellschaftsvertrag unvereinbar. Dies ist auch heute noch allgemeine Meinung. Dabei wird jedoch die BeitragsSiehe WIEDEMANN a.a.O. S. 105. Siehe Zitate bei RoBERT FISCHER a.a.O.; SoERGEL-ScHULTZE-V. LASAULX, Kom. BGB § 705 N. 30; Duden, Kom. HGB § 105 Anm. 2 K. 73 Siehe RoBERT FISCHER a.a.O. und LM § 138 HGB Nr. 3; WIEDEMANN a.a.O. S. 109 f. 74 Siehe FLUME, Rechtsgeschaft S. 326. 1 Mot. II, 594 = MUGDAN II, 332. 71

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§3 I

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

pflicht nicht mit der Einlagepflicht gleichgesetzt, sondern jedwede Art der Forderung als Beitragsleistung anerkannt 2• Da es zum W esen der Gesellschaft gehort, daB die Gesellschafter sich verpflichten, die Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu fordern, ist in der Tat, wenn jedwede Art der Forderung als Beitragsleistung anerkannt wird, die Beitragspflicht ein Essentiale der Gesellschaft, gibt es also keine ,beitragsfreie" Gesellschaft 3. Dagegen ist entgegen der Auffassung der ersten Kommission die Beteiligung our am Verlust, nicht auch am Gewinn mit dem gemeinsamen Zweck als dem konstituierenden Element der Personengesells:haft sehr wohl vereinbar 4• In der neueren Literatur hat fur den gemeinsamen Zweck die Formulierung von BALLERSTEDT 5 Zustimmung gefunden 6, ,gemeinsam" sei ,der verfolgte Zweck dann, wenn jeder Partner ihn sowohl als den eigenen wie als den Zweck des anderen zu fordern verspricht". Diese Formulierung ist fur sich allein miBverstandlich. Sie erweckt den Anschein, als ob es sich bei dem gemeinsamen Zweck urn individuelle Zwecke eines jeden Gesellschafters handelte und als ob nur jeder Gesellschafter zugleich auch den Zweck seines Mitgesellschafters zu fordern versprache 7. Richtig heiBt es dagegen weiter bei BALLERSTEDT: ,Man darf sich den Gesellschaftszweck nich t etwa derart aufgeteilt denken, daB jeder Gesellschafter nach MaBgabe seines Gesellschaftsanteils seinen eigenen, im iibrigen einen ihm fremden Zweck zu fordern hatte. Da der Zweck nach dem iibereinstimmenden Willen der Partner unteilbar ist, ist eine Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdzweck iiberhaupt nicht angangig." Der die Gesellschaft konstituierende gemeinsame Zweck ist in der Tat weder Eigen- noch Fremdzweck, sondern iiberindividuell der Gesellschaft als Personengemeinschaft zugehorig: es ist der Zweck der Gesellschaft als Personengemeinschaft. Der gemeinsame Zweck ist, wie BALLERSTEDT mit Recht dargelegt hat, nicht ein ,AusfluB des Gesamthandsprinzips". Der gemeinsame Zweck ist 2 Siehe STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB § 706 N. 3 u. Zit.; ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 17; HUBER, Vermiigensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Perso· nalgesellschaften des Handelsrechts S. 293 ff. 3 Anders GEILER, DURINGER·HACHENBURG II, 1 Anm. 53 ff. · 4 Zur Frage der Anerkennung der societas leonina siehe unten Ziff. V. 5 JuS 1963, 255. 6 Siehe SoERGEL·ScHULTZE·V. LASAULX Kom. BGB § 705 N. 24; siehe auch ScHuLZE· OsTERLOH, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften S. 10, N. 41 Zit. 7 Von dem Individualinteresse des einzelnen Gesellschafters geht auch die Formulierung von ]HERING, Zweck im Recht I, 214 aus, wenn er sagt: ,Im Tauschkontrakt will der Wille das eigene Interesse auf Kosten des fremden (Egoismus), in der Schenkung das fremde auf Kosten des eigenen (Selbsrverleugnung), in der Sozietiit das eigene im fremden- im fremden fordert er das eigene, im eigenen das fremde- die Sozietat gleicht den Gegensatz des eigenen Interesses zum fremden fiir ihn aus." )HERING stellt ab auf die ,Solidaritiit der lnteressen" (a.a.O., S. 213 ). Zum Unterschied von ,Zweck der Gesellschaft" und den ,Interessen der Gesellschaft" siehe WIELAND, Handelsrecht I, 459 f.; v. STEIGER, Schweizer. Privatrecht VIII, 1 § 20 I, 2.

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II. Der gemeinsame Zweck und die Frage der Gewinn- und Verlustbeteiligung § 3 II

vielmehr das konstituierende Element jeder Gesellschaft. Was die Gesamthandsgesellschaft anbetrifft, so ist die Gesamthand nur ,eine Folgerung aus der Gemeinschaft hinsichtlich des begriffsnotwendig ungeteilten Zwecks". 8 Aus dem Handeln in Verfolg des gemeinsamen Zwecks als eines solchen der Personengemeinschaft ergeben sich fiir die Gesamthandsgesellschaft die gesam thanderischen Rech tsverhaltnisse. Wie bei der Gesamthandsgesellschaft die Rechtsverhaltnisse nicht solche der Gesellschafter sind, sondem die Rechtzustandigkeit fiir die gesamthanderischen Rechte und Verpflichtungen nur bei der Gesellschaft als Personengemeinschaft besteht, so gilt allgemein fiir die Gesellschaften, d. h. auch fiir die Nicht-Gesamthandsgesellschaften, das gleiche hinsichtlich des gemeinsamen Zweckes. Er ist ein solcher der ,Gesellschafter in ihrer Verbundenheit" und dam it wirklich ein ,gemeinsamer". Dieses Verstandnis des gemeinsamen Zweckes als des der Gesellschaft als Personengemeinschaft eigenen und diese konstituierenden Zweckes ist fiir die Dogmatik des Gesellschaftsrechts von grundsatzlicher Bedeutung.

II. Der gemeinsame Zweck und die Frage der Gewinn- und Verlustbeteiligung Die Bedeutung der Gewinn- und Verlustbeteiligung der Gesellschafter als W esensmerkmal der Gesellschaft ist seit den Romern 9 ein Thema des Gesellschaftsrechts. In den Institutionen des GAlUS III, 149 heiBt es zu der Frage einer ungleichen Beteiligung am Gewinn und Verlust bei der Eingehung einer societas: Magna autem quaestio fuit, an ita coiri possit societas, ut quis maiorem partem lucretur, minorem damni praestet. In den Institutionen JUSTINIANS (3, 25, 2) wird fiir die Vemeinung QUINTUS MUCIUS angefiihrt: ,Quintus Mucius contra naturam societatis talem pactionem esse existimavit et ob id non esse ratam habendam" 10• Die QUINTUS MUCIUS zugeschriebene Ansicht ist in klassischer Zeit iiberwunden worden. Wie von SERVIUS SULPICIUS in Inst. 3, 25, 2 wird von CASSIUS in der Ulpianstelle D 17, 2, 29, 1 sogar berichter, es konne eine Gesellschaft so eingegangen werden, daB ein Gesellschafter am Verlust nicht beteiligt sei. Die Gewinnbeteiligung aller Gesellschafter ist aber bis zur justinianischen Kompilation Wesensmerkmal der societas. So hat sich auch in der kontinentaleuropaischen, an den romischen

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9

So BAllERSTEDT a.a.O.

Zum romischen Recht siehe vor allem ARANGio-Ruiz, La societa in diritto romano,

1950, S. 93 ff. 10 Siebe zu der Stelle und insbesondere zu der Berufung auf die natura societatis HoRAK, Rationes decidendi, 1969, S. 158 ff. u. Zit.

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§ 3 II

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

Quellen ausgerichteten Rechtsentwicklung die Gewinnbeteiligung aller Gesellschafter als Wesensmerkmal der Sozietat erhalten 11 . In Art. 1832 Code civil war wie in den deutschen Partikular-Gesetzgebungen des 19. Jahrhunderts die Gewinnbeteiligung als Wesensmerkmal der Gesellschaft- mit der Folgerung der Nichtigkeit der societas leonina in Art. 1855 - entsprechend der gemeinrechtlichen Lehre aufgefuhrt. In Art. 777 Dresd. Entw. heiBt es noch: ,Ein Vertrag, nach welchem ein Gesellschafter von der Beitragspflicht befreit, aber zur Teilnahme am Gewinne berechtigt sein oder am Verluste, nicht aber am Gewinne teilnehmen soli, gilt nicht als ein Gesellschaftsvertrag." In den ersten Entwurf des BGB ist eine entsprechende Bestimmung nur deshalb nicht aufgenommen worden, weil die Kommission der Ansicht war: ,Es braucht dies nicht besonders im Gesetze ausgesprochen zu werden." 12 Schon vordem war fur das ADHGB betr. der OHG die entsprechende Bestimmung des preuBischen Entwurfs gestrichen worden, weil sie selbstverstandlich und deshalb iiberfliissig sei 13. Im italienischen codice civile von 1942 heiBt es dagegen in Art. 2265 noch: ,E nullo il patto con il quale uno o piu soci sono esclusi da ogni partecipazione agli utili o aile perdite." 14 Auch zum geltenden deutschen Recht wird noch 15 in Ubereinstimmung mit der Ansicht der ersten Kommission fur das BGB die der Uberlieferung der romischrechtlichen Quellen entsprechende Ansicht vertreten, es gehore zu den Wesensmerkmalen der Gesellschaft, deren Betatigung auf Gewinnerzielung gerichtet sei, daB alle Gesellschafter am Gewinn beteiligt seien. Insbesondere sei eine OHG oder KG nicht gegeben, wenn nicht aile Beteiligten auch am Gewinn beteiligt seien. Diese Ansicht wird jedoch heute ,iiberwiegend abgelehnt" 16. Zu bedenken ist, daB die vom romischen Recht iibernommene Lehre entstanden ist fur die romischrechtliche Sozietat als ein bloBes Schuldverhaltnis zwischen den Gesellschaftern. Geht man von der rein schuldrechtlichen Sozietat aus, so kann allerdings von einem gemeinsamen Zweck einer Erwerbsgesellschaft 11

Siehe DoNELLUS, Com. de iure civili 13, 15 § 7: Nulla est enim societas nisi quae ita coi·

ta est, ut lucrum inter socios dividarur. GLOcK, Pandekten 15 S. 373.

Zur neueren gemeinrechtlichen Literarur und zu den dem BGB vorausgehenden Kodifikationen siehe Kommission zur Ausarbeitung des Entw. cines biirgerl. Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhaltnisse, zu Artt. 776, 777 Dresd. Entw.; WINDSCHEID, Pandektenrecht II § 405 zu N. 15. 12 Mot. II., 594. 13 Siehe ANSCHUTZ·VOLDERNDORFF, Kom. ADHGB Art. 109. 14 Siehe auch Art. 2247 cod. civ. 15 Siehe Zit. bei HUECK OHG § 1 N. 7; FISCHER Kom. HGB § 105 Anm. 9 a; HUBER a.a.O., S. 296 ff.; ScHULZE-0STERWH a.a.O., S. 25 N. 91; zur alteren Literatur siehe Zit. bei WIELAND, Handelsrecht I, 462 N. 29. 10 So ROBERT FISCHER a.a.O.; TEICHMANN, Gestaltungsfreiheir in Gesellschafrsverrriigen, 1970, S. 146 u. N. 6 Zit.

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II. Der gemeinsame Zweck und die Frage der Gewinn- und Verlustbeteiligung § 3 II nur gesprochen werden, soweit eine Gewinnbeteiligung besteht 16a. Die Problematik ist aber fur die Gesamthandsgesellschaft grundsatzlich anders gearret als fur die Sozietat als ein nur schuldrechtliches Verhaltnis. Dies ist besonders evident fur die Personengesellschaft des Handelsrechts. Bei den Personengesellschaften des Handelsrechts ist der gemeinsame Zweck der ,Betrieb eines Handelsgewerbes". Zu diesem Zweck konnen weitere ,gemeinsame Zwecke" hinzutreten. So konnte der Gesellschaftsvertrag einer OHG oder KG bestimmen, daB, auch wenn das Handelsgewerbe mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird, dies nur einem ,hoheren" gemeinniitzigen Zweck dienen soli, daB der Gewinn und auch ein etwaiger Liquidiationserlos nicht den Gesellschaftern zufallen, sondern fur den gemeinnutzigen Zweck verwandt werden soli. Damit wurde die Gesellschaft de facto den Charakter eincr Stiftung erhalten. Ein solcher Fall wird mit der Griindung einer OHG zwar wohl nicht vorkommen wegen der personlichen Haftung der Gesellschafter. In der Rechtsform einer GmbH u. Co KG ware er aber denkbar. Auch wenn mit dem Gesellschaftsvertrag noch weitere gemeinsame Zwecke als der Betrieb eines Handelsgewerbes vereinbart werden konnen, wird die Handelsgesellschaft doch ausschlieBlich durch die Vereinbarung des Betriebs eines Handelsgewerbes als des gemeinsamcn Zwecks konstituiert. Erst recht ist es gegenuber der Vereinbarung des Betriebs eines Handelsgewerbes fur den Bestand der Handelsgesellschaft ohne Belang, welche Eigenzwecke die einzelnen Gesellschafter jeder fur sich verfolgen, auch wenn diese Eigenzwecke in dem Gesellschaftsvemag besonders festgelegt und insbesondere fur die Gewinn- und Verlustbeteiligung von Bedeutung sind. Wenn mehrere Personen aufgrund vertraglicher Vereinbarung 17 unrer gemeinschaftlicher Firma ein Handelsgewerbe betreiben, so bilden sie per se cine OHG, bzw. bei Beschrankung der Haftung cine KG, gleichgultig, wie die Gesellschafter untereinander ihr Verhalmis betreffs der Gesellschaft regeln. Fiir den &stand der Gesellschaft ist es hinsichtlich des Betriebs des Handelsgewerbes als des gemeinsamen Zweckes ohne Belang, wie die Gewinn- und Verlustbeteiligung zwischen den Gesellschaftern erfolgt, ob insbesondere einzelne Gesellschafter von dem Gewinn und Verlust oder nur von dem Verlust oder selbst nur vom Gewinn ausgeschlossen sind. Nach SCHULZE-OSTERLOH 18 kann bei der Handelsgesellschaft der Betrieb des Handelsgewerbes nicht als der die Gesellschaft konstituierende Zweck angesehen werden, weil dabei ,ungeklart" bliebe, ,anhand welcher Kriterien festgestellt werden kann, daB die Beteiligten das Unrernehmen tatsachlich als gemeinsames betreiben". Es bedarf jedoch, wenn mehrere Personen aufgrund vertraglicher Vereinbarung unter gemeinschaftlicher Firma ein Handelsgewerbe Siehe unten S.47 f. Zu dem Fall der Fortfiihrung eincs Handelsgeschafts durch eine Erbengemeinschaft siehe ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 65 ff. und unten S. 201. 168

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A.a.O., S. 23. 41

§ 3 II

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

betreiben, keiner weiteren Kriterien, urn festzustellen, daB die Beteiligten das Unternehmen als gemeinsames betreiben. Das Reichsgericht hat in RGZ 90, 16 erkannt, der Zweck konne ein gemeinsamer bleiben, auch wenn ein Gesellschafter ,wahrend der Vertragsdauer fur das, was er zur Forderung des Zwecks beitragt, gar nichts erhielte und von jeder Anteilnahme am Gewinn und Verlust ausgeschlossen ware" 19. Der BGH hat die Frage fiir die Personengesellschaft noch nicht entschieden 20. In BGHZ 14, 264 ff. 21 hat der BGH fiir die GmbH erkannt, daB es auch Geschaftsanteile ohne Gewinn- und Stimmrecht geben konne. Es heiBt in der Entscheidung a.a.O. S. 270 aber auch: ,Andererseits kann ernstlich kaum bezweifelt werden, daB derjenige, der kein Stimmrecht, kein Gewinnrecht und keinen Liquidationsanteil besitzt, kein Gesellschafter ist." Bei der GmbH hat ein solcher ,Gesellschafter" in der Tat keine Rechtsbeziehung mehr zu der Gesellschaft. Bei der Personengesellschaft des Handelsrechts ist dies jedoch anders. Wenn auch die Ansicht, daB die Gewinnbeteiligung aller Gesellschafter ein Essentiale der Gesellschaft ist, heute allgemein grundsatzlich abgelehnt wird, so werden doch ton manchen dabei Einschrankungen gemacht. HUECK 22 verlangt wenigstens irgendein ,Interesse", meint allerdings, eine Erwerbsgesellschaft mit einem Gesellschafter, der iiberhaupt kein Interesse am Betrieb des Unternehmens habe, komme im wirklichen Leben nicht vor. Nach ROBERT FISCHER 23 soli der vollige AusschluB eines Gesellschafters von jedem Gewinn wahrend der ganzen Dauer der Gesellschaft, auch bei der Auseinandersetzung nach Auflosung der Gesellschaft oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters, mit dem Wesen der Gesellschaft unvereinbar sein. FISCHER beschrankt so die Zulassigkeit des Gewinnausschlusses auf die Beteiligung am Jahresgewinn. In der Literatur spielt das hinsichtlich der Frage des Gewinnausschlusses von HUECK 24 gebildete Beispiel eine Rolle, daB Vater und Sohn eine OHG bilden und der Vater auf eine Gewinnbeteiligung verzichtet, Beweggrund fiir Siehe aber auch RG JW 1930, 2655; DJ 1937, 1008. In BGH II ZR 157/52 vom 13. 5. 1953 (NJW 1953, 1548 ff. - in der Wiedergabe BGHZ 10, 44 ff. sind die Ausfiihrungen niche abgedruckt) hat der zweite Senat die Entscheidung dahingestellt sein lassen. Es heiBt dort, es bediirfe ,in diesem Zusammenhang niche einer abschlieBenden Stdlungnahme zu der Frage, ob die Beteiligung cines jeden Gesellschafcers an dem Gewinn des gemeinsamen Unternehmens ein notwendiges Erfordernis einet OHG und einer KG isc (Zitate ... ) und ob bejahendenfalls die Zubilligung einer festen Vergiitung schon einen unzullissigen AusschluB von jedem Gewinn in dem Unternehmen der Gesellschaft darstellt (Zit.... )". 21 Siehe Anm. FISCHER, LM GmbHG § 29 Nr. 1. 22 OHG § 1 N. 9. 23 Kom. HGB § 121 Anm. 11 im Widerspruch zu § 105 Anm. 9 a; die Interpretacion dieses Widersptuchs durch ULRICH HUBER a.a.O., S. 297 N. 36 diirfte niche zutrcffen. 24 OHG § 1 I,b. 19

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II. Der gemeinsame Zweck und die Frage der Gewinn- und Verlustbeteiligung

§3

II

seine Beteiligung vielmehr nur der Wunsch ist, dem Sohn eine Lebensstellung zu verschaffen, wahrend der Sohn fi.ir sich selbst Gewinn erzielen will. Nach HUECK soli das ,Interesse" des Vaters in Hinsicht auf seinen Sohn fi.ir seine Beteiligung als Gesellschafter geniigen. Auf dieses Interesse kann es jedoch fur die Existenz der Gesellschaft nicht ankommen. Die Motive und individuellen lnteressen der Beteiligten mi.issen vielmehr als konstituierendes Element der Gesellschaft auBer Betracht bleiben. Selbst wenn in dem Beispiel von HUECK der Vater den Grund fiir seine Beteiligung im Vertrag erklaren wi.irde, ware dies nichts anderes als die Verlautbarung eines Motivs 25 . Welche Zwecke der Vater oder der Sohn, jeder als seine eigenen, verfolgt, ist fi.ir die Frage der Existenz der Gesellschaft ohne Belang. Gerade deshalb ist die Gewinnverteilung bei den Handelsgesellschaften niemals eine Angelegenheit des die Gesellschaft konstituierenden gemeinsamen Zweckes. Gemeinsam, d. h. der Gesellschaft als Personengemeinschaft eigen, ist nur die Gewinnerzielung als solche bzw., wenn man eine solche nicht als Voraussetzung des Handelsgewerbes und damit der Handelsgesellschaft annimmt 26 , das Betreiben des Handelsgewerbes als solches. Jeder Gesellschafter einer OHG oder KG ist als Mitglied der Personengemeinschaft per se dem von der Personengemeinschaft verfolgten Zweck des Betriebs des Handelsgewerbes durch den AbschluB des Gesellschaftsvertrages verhaftet. Das personliche Gewinninteresse des Gesellschafters steht auf einer Stufe mit allen sonstwie moglichen individuellen Interessen, die fi.ir die Beteiligung an einer Gesellschaft im Einzelfall bestimmend sind. In der Tat kommt es, wie HUECK gesagt hat, nicht vor, daB jemand ohne irgendein eigenes Interesse Gesellschafter einer Gesellschaft wird. Alle diese lnteressen und so insbesondere das Gewinninteresse des einzelnen Gesellschafters sind jedoch Individualzwecke und hinsichtlich des ,gemeinsamen Zwecks" irrelevant. Gegeniiber dem- erneut von SCHULZE-OSTERLOH 27 vertretenen- Bemiihen, den Bestand der Gesellschaft, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist, von der Gewinn- oder sogar, wie SCHULZE-OSTERLOH will, auch von der Verlustbeteiligung eines jeden Gesellschafters abhangig zu machen, ist, abge-

25 So mit Recht BALLERSTEDT a.a.O., S. 255 fur einen dem von HuECK gebildeten Beispiel ahnlichen Fall. 26 Nach h. M. ist die Absicht der Gewinnerzielung fur die Gesellschaft Voraussetzung dafur, dal3 die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt. Entgegen der h. M. gewinnt jedoch die Auffassung Boden, dal3 der Begriff des Handelsgewerbes die Absicht, Gewinn zu erzielen, nicht voraussetzt. Siehe GIERKE-SANDROCK, Handels- u. Wirtschaftsrecht S. 114 Zit. 27 A.a.O., S. 21 ff.; siehe auch FIKENTSCHER, Festschr. H. WESTERMANN, 1974, S. 87 ff. Nach F!KENTSCHER ist sowohl in§ 705 BGB wie in § 1 GWB ,das Merkmal des gemeinsamen Zwecks dadurch gekennzeichnet, dal3 die Vertragspartner zunachst erwas vergemeinschaften oder als gemeinschafrlich behandeln oder betrachten, urn es oder daraus t1iel3ende materielle oder immaterielle Vortei!e danach zur Verfolgung der individudlen Endzwecke zu teilen".

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§ 3 II

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

sehen davon, daB diese Ansicht der dogmatischen Fundierung entbehrt, schlieBlich zu fragen, was sie eigentlich fiir einen Sinn haben soli 28. Es ist, was die Gesamthandsgesellschaften des Handelsrechts anbetrifft, auch nicht damit getan, daB im AuBenverhaltnis die Gesellschafter nach den Vertrauensschutz- und Rechtsscheingrundsatzen haften. Der Rechtsverkehr ist an der rech tlich anerkann ten Existenz der Gesellschaft ungeach ret der Gestaltung des Innenverhaltnisses der Gesellschafter zueinander interessiert. Dazu gehort, daB das Vermogen Gesamthandsvermogen ist, wahrend SCHULZEOSTERLOH 29 in konsequenter Durchfiihrung seiner These die Bildung cines solchen ohne Gewinn- und Verlustbeteiligung aller Gesellschafter verneint, weil nach seiner Ansicht eben keine Gesellschaft vorhanden ist. Entgegen SCHULZE-OSTERLOH ist es selbstverstandlich, daB ungeachtet der Gewinnund Verlustbeteiligung bei den Personengesellschaften des Handelsrechts das Gesellschaftsvermogen den Gesellschaftsglaubigern zur Befriedigung vorbehalten sein muB. Privatglaubigern der Gesellschafter muB der unmittelbare Zugang zum Gesellschaftsvermogen versperrt und die Konkursfahigkeit der Gesellschaft muB gegeben sein. Wenn auch die Gewinn- und Verlustbeteiligung aller Gesellschafter nicht zu den Essentialia der Gesellschaft gehort, ist die gesetzliche Regelung der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts wie insbesondere der Gesamthandspersonengesellschaften des Handelsrechts doch bestimmt von dem Leitbild, daB aile Gesellschafter am Gewinn und Verlust beteiligt sind. Darauf sind die dispositiven Vorschriften der gesetzlichen Regelung ausgerichtet. Die Gesellschaft ohne Gewinn- und Verlustbeteiligung aller Gesellschafter ist von anderer Struktur als der Gesellschaftstyp, welcher der gesetzlichen Regelung zugrunde liegt. Wenn die Gesellschafter hinsichtlich der Gewinn- und Verlustbeteiligung von dem Leirbild der gesetzlichen Regelung abweichen, so sollte man annehmen, daB sie die dispositiven gesetzlichen Vorschriften, soweit sie in Anbetracht der besonderen Vereinbarung iiber die Gewinn- und Verlustbeteiligung nicht sachgerecht sind, entsprechend abwandeln. Wenn dies aber nicht geschieht, ware in Hinsicht auf die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungcn gegebenenfalls in erganzender Vertragsauslegung zu entscheiden, ob diese Vereinbarungen nach ihrem Sinn als Erganzung cine von den dispositiven Vorschriftcn abweichende Regelung als naturalia negotii erfordcrn. Die Regelung der Gewinn- und Verlustbereiligung kann insbesondere auch von Bedeutung fiir die Frage sein, ob ein wichtiger Grund zur Auflosung oder zur AusschlieBungsklage geben ist.

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Nach ScHULZE-OSTERLOH (a.a.O., S. 63) sollen die als OHG oder KG eingetragenen

Gescllschaften, bei dcnen nicht aile Gescllschat"ter am Gewinn und Verlust bcteiligt sind, nach

§ 142 FGG im Handelsregister geloscht werden miissen. 29

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Aa.O.

III. Das Halten und Verwalten von Vermogen

§ 3 III

III. Das Halten und Verwalten von Vermogen oder einzelnen Vermogensgegenstlinden, insbesondere eines Grundstiicks, als gemeinsamer Zweck einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts Die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts spielt als Rechtsform fur die Zusammenfassung von Vermogen in gesamthanderischer Bindung in der Kautelarjurisprudenz eine immer bedeutsamere Rolle. Auch abgesehen von steuerlichen Erwagungen empfiehlt sich die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts insbesondere fur Familienvermogen, indem es so moglich ist, entweder die Vermogen mehrerer Familienangehoriger zusammenzufassen und damit fur aile Beteiligten eine giinstigere Art der Verwaltung und eine groBere Ertragsfahigkeit zu erreichen oder aber an dem Vermogen eines Familienangehorigen die anderen Familienmitglieder zu beteiligen und trotzdem durch die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen tiber die Geschaftsfiihrung und Vertretung eine einheitliche Verwaltung des Vermogens trotz der Verteilung unter die Familienangehorigen zu gewahrleisten. Was das letztere anbetrifft, so client die Rechtsform der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts auch dazu, das Fehlen der Rechtsfigur des trust auszugleichen. Es ist ja ein offenbarer Mangel unseres Rechts, daB, wahrend bei der Vergabe von Todes wegen durch die Rechtsfigur der Testamentsvollstreckung dem Bedachten die Verfiigungsgewalt tiber die Zuwendung - gerade in Fiirsorge fur ihn, weil er den Aufgaben einer selbstandigen Verwaltung nicht gewachsen ist- vorenthalten werden kann, dies bei der Schenkung unter Lebenden nicht moglich ist. Bei der schenkweise erfolgenden Aufnahme in eine Gesellschaft des biirgerlichen Rechts kann dagegen der Beschenkte als Gesellschafter von der Geschaftsfiihrung und Vertretung ausgeschlossen werden. So ist es wenigstens moglich, den Bedachten hinsichtlich der schenkweise erfolgten Zuwendung vor der Torheit eigenen Handelns, wenn auch nicht vor dem Zugriff seiner Glaubiger auf seine Beteiligung an der Gesellschaft zu bewahren. Eine Gesellschaft des biirgerlichen Rechts kann auch betreffs nur eines einzigen Vermogensgegenstandes begriindet werden. Insbesondere ist von Bedeutung der Fall, daB eine Gesellschaft fur ein Grundstiick gegriindet wird. Zwar ist das Grundstiick als solches oder die Mitberechtigung mehrerer Personen als solche kein Zweck, der unter den Beteiligten eine Gesellschaft begriinden konnte. Die gemeinsame Innehabung und Verwaltung und Nutzung eines Vermogensgegenstandes ist aber ein legitimer Gesellschaftszweck. Das gilt fur Grundstiicke ebenso wie fur andere Vermogensgegenstande. So konnen z. B. mehrere Personen eine Gesellschaft zu dem Zweck griinden, statt ihre Bankkonten jeder fur sich zu fuhren, als Festgeldkonto ein gemeinsames Gesamthands-Gesellschaftskonto zu unterhalten, urn fur den einheitlichen hoheren Betrag einen hoheren Zins zu erhalten, welchen die Gesellschafter dann unter sich aufteilen. 45

§ 3 III

§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

Nach der Entscheidung des OLG Dusseldorf- 3 W 113/72 - vom 21. 8. 1972 30 soli durch die Vereinbarung der bloBen ,Haltung" eines gemeinschaftlichen Gegenstandes eine Gesellschaft des biirgerlichen Rechts nicht begriindet werden konnen. Wortlich heiBt es in der Entscheidung: ,Die auf bloBe ,Haltung' eines gemeinschaftlichen Gegenstandes gerichtete Vereinbarung geht dagegen tiber die gemeinschaftliche Verwaltung, wie sie in § 744 BGB fur die Gemeinschaft nach Bruchteilen vorgesehen ist, nicht hinaus und bezeichnet keinen gemeinsamen Zweck i. S. des§ 705 BGB." In einer weiteren Entscheidung vom 14. 3. 1973 31 hat das OLG Dusseldorf nochmals die Auffassung bestatigt, die gemeinsame ,Haltung" eines Gegenstandes konne ,niemals Gesellschaftszweck sein, wenn darunter nur die gleichartige Mitberechtigung mehrerer Personen an einem bestimmten Gegenstand zu verstehen ist". Dagegen sollen nach der Ansicht des OLG Dusseldorf die wirtschaftliche Ausnutzung eines gemeinschaftlichen Grundstiicks zur Erzielung eines moglichst groBen Gewinns oder auch der Erwerb eines Grundstiicks als die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts konstituierende Zwecke anzuerkennen sein, so daB die Eintragung zu Gesamthandseigentum zulassig ist. Es ist dem OLG Dusseldorf zwar beizupflichten, daB die bloBe ,,gleichartige Mitberechtigung mehrerer Personen an einem Gegenstand" als solche nicht als Gesellschaftszweck anzuerkennen ist, weil der Begriff des Zwecks auf ein Geschehen und nicht auf einen Status ausgerichtet ist. Das Geschehen, welches der Inhalt des Gesellschaftszwecks ist, kann jedoch auch auf die Erhaltung eines tatsachlichen Zustands ausgerichtet sein, wie auch das OLG DUsseldorf die Erhaltung und Bewahrung eines historisch wertvollen Gebaudes oder eines Naturdenkmals als Gesellschaftszweck anerkennt. So ist auch die Haltung und Verwaltung eines Vermogensgegenstandes oder eines Vermogens ein Geschehen, das als Zweck einer biirgerlichrechtlichen Gesellschaft anzuerkennen ist. Es handelt sich schlieBlich nur urn einen Streit urn Worte, wenn man wie das OLG Dusseldorf die Verwaltung und Nutzung als Gesellschaftszweck nur unter der Voraussetzung anerkennt, daB sie ,zu einem bestimmten Z:weck, namentlich zum Zwecke der Gewinnerzielung" ausgetibt werden sollen. Verwaltung und Nutzung eines Vermogens sind, wenn sie sinnvoll erfolgen, immer auf die Erhaltung des Vermogensstandes und die ,Gewinnerzielung" ausgerichtet. Die Verwaltung eines Vermogensgegenstandes ist ein Zweck, der aller~ dings auch fur einen Gegenstand in Bruchteilsgemeinschaft durch eine Gesamthandsg~sellschaft verfolgt werden kann. Es ist aber ein grQndsatzlicher Unterschied, ob nur eine Verwaltung gesamthanderisch erfolgt oder ob der Gegenstand der Verwaltung, insbesondere ein Grundstiick, in Gesarnthands3Q

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DNotZ 1973, 91 ff. BB 1973, 1325 ff.; siehe d~zu PETzoLDT, BB 1973, 1332 ff.

IV. Der gemeinsame Zweck bei der Innengesellschafe

§ 3 IV

eigentum der Gesamthandsgesellschaft i.ibergeht. Fi.ir das Eigentum der Gesamthandsgemeinschaft ergibt sich per se die Existenz des gemeinsamen Zwecks. Wenn sich mehrere zusammentun, urn als Gesellschaft ein Grundsti.ick zu haben, so hat die Gesellschaft als Gruppe einen gemeinsamen Zweck i. S. von § 705 BGB, und es besteht nicht nur, wie das OLG Dusseldorf annimmt, ebenso wie beim Bruchteilseigentum eine ,Mitberechtigung mehrerer Personen an einem bestimmten Gegenstande". Gerade fur die Erhaltung von Familienvermogen ise die Gesamthandsgesellschaft eine der Bruchteilsgemeinschaft i.iberlegene Rechtsfigur, wei! einerseits ein ganzes Vermogen zusammengefaBt und wei! ferner auf langere Frist eine Verfi.igung i.iber das Vermogen durch die einzelnen Gesellschafter ausgeschlossen werden kann. Vor allem kann auch- anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft- das Eindringen Dritter im Wege der Zwangsvollsereckung verhindert werden, wei! der zwangsvollstreckende Glaubiger gegeni.iber der Gesellschaft nur das Ki.indigungsrecht hat und die Ki.indigung von den anderen Gesellschaftern in entsprechender Anwendung von § 736 BGB abgewehrt werden kann.

IV. Der gemeinsame Zweck bei der Innengesellschaft Grundsatzlich anders als bei den Gesamthandsgesellschaften ist hinsichtlich des Merkmals des gemeinsamen Zwecks die Situation bei den reinen Innengesellschaften, und so auch bei der stillen Gesellschaft. Da es hier ein gemeinsames Geschehen in der Weise, daB die Gesellschaft als Personengemeinschaft im Rechtsverkehr auftritt, nicht gibt, kann die Gemeinsamkeit des Zwecks nur i.iber das Ergebnis hergestellt werden. Die Leistung eines Beierags ohne Gewinn- und Verlustbeeeiligung ware niches anderes als die Gewahrung eines zinslosen Darlehens. Das Merkmal des gemeinsamen Zwecks grenzt also die Innengesellschaft und insbesondere die stille Gesellschaft gegen das partiarische oder sonst gesellschaftsahnliche Schuldverhaltnis ab. Die Begrenzung ist im i.ibrigen eine Frage des Schuldrechts und niche des Personenrechts. Denn gleich ob ein Gesellschafts- oder partiarisches oder sonst gesellschaftsahnliches Rechtsverhaltnis vorliegt, immer handelt es sich nur urn die schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten, wahrend Dritten gegeni.iber die Beteiligten nur als Einzelpersonen handeln und so auch nur fi.ir sie als Einzelpersonen Rechtsverhaltnisse in Frage kommen. Gemeinsame Beteiligung am Gewinn und Verlust ist ein - jedoch niche unwiderlegliches - Indiz fi.ir ein Gesellschaftsverhaltnis. Ist - abgesehen von dem Fall der Idealgesellschaft- fi.ir einen oder einzelne ,Gesellschafter" die Gewinn- und die Verlustbeteiligung bei der bloB schuldrechtlichen Innengesellschaft ausgeschlossen, so liege in Hinsicht auf diesen oder diese ,Ge47

§3

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§ 3 Der gemeinsame Zweck als konstituierendes Element

sellschafter" kein Gesellschaftsverhaltnis vor. Auch fiir die bloBe schuldrechtliche Innengesellschaft ist es aber eine bare petitio principii, daB die Verlustbeteiligung ein unabdingbares W esensmerkmal der Gesellschaft sei 32• Durch positiven Rechtssatz kann zwar etwas anderes bestimmt werden. DaB im franzosischen und schweizerischen Recht fiir die Gesellschafter mit Vermogenseinlagen die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen werden kann, besagt nichts fi.ir das deutsche Recht oder auch nur fi.ir die sachgerechte LOsung 33 . Vielmehr handelt es sich hier nur urn positivistische Regelungen in der Anlehnung an Quellenstellen der justinianischen Kompilation 34 • Ebenso gut konnte man demgegeniiber auf§ 336 Abs. 2 HGB vetweisen. Die Frage der Abgrenzung der ,Gesellschaft" von dem partiarischen oder gesellschaftsahnlichen Rechtsverhaltnis hat im iibrigen betreffs der nur schuldrechtlichen Innengesellschaft fiir das geltende Recht- anders als fiir das romische Recht- so gut wie keine Bedeutung. Nach romischem Recht ging es darum, ob die societas iiberhaupt rechtlich anzuerkennen war, wahrend nach geltendem Recht es sich nur darum handeln kann, ob an Stelle der dispositiven Normen des Gesellschaft:srechts andere Folgerungen hinsichtlich der naturalia negotii zu ziehen sind.

V. Die societas leonina Als ein Sonderproblem wird im allgemeinen die Frage behandelt, ob die isolierte Verlustbeteiligung eines Gesellschafters mit dem Wesen der Gesellschaft vereinbar ist. Nach herrschender Meinung 35 ist die sogenannte societas leonina, bei der ein Mitglied nur am Verlust beteiligt ist, keine Gesellschaft im Sinne des § 705 BGB, wei! es an der Vereinbarung eines gemeinsamen Zweckes fehle 36• Die Vereinbarung einer societas leonina soli als Schenkung oder Garantievertrag einzuordnen sein 368 • Nur wenn der Gesellschaftszweck in keiner Weise auf Erzielung finanzieller Vorteile gerichtet ist, soil trotz der Vereinbarung einer bloBen Beteiligung am Verlust eine wirksame Gesellschaft bestehen 37 • Allerdings soli auch im Fall einer VerlustbeteiSo ScHULZE-OSTERLOH a.a.O., S. 25 ff. u. passim. Anders zu Unrecht ScHULZE-OSTERLOH S. 33 f. 34 Siehe ARANGIO-RliiZ, La societii in diritto romano S. 93 ff. 35 BALLERSTEDT,JuS 1963,255 N. 17 spricht sogar von ,einhelliger Meinung". 36 Siehe WIELAND, Handelsrecht I, S. 462 u. N. 30; GEILER, DiiRINGER-1-IACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 15 u. Zit.; BALLERSTEDT a.a.O., S. 255 f.; SoERGEL-ScHULTZE·V. LASAULX, Kom. BGB Vorbem. 21 vor § 705; STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB, Vorbem. vor § 705 N. 76; EsSER, Schuldrecht4 § 94 II, Ziff. 3; siehe aber auch NITSCHKE, Die korperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, S. 341 f u. N. 31, 32; HuECK, OHG § 1 I, 1 b; v. STEIGER, Schweizer. Privatrecht VIII, 1 § 29, II, 3. 32

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,., So schon die gemeinrechtliche Literatur; siehe GLUCK, Pandekten 15, 426; WIND-

SCHEID, Pandektenrecht II§ 405 N. 15; WAHLE-KLANG, Kom. ABGB § 1175 N. 95. 37 So REINHARDT, Gesellschaftsrecht, Tz. 69; BALLERSTEDT a.a.O.

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V. Die societas leonina

§3

v

ligung und bei Fehlen einer echten Gewinnbeteiligung eine societas leonina nicht vorliegen, wenn der fragliche Gesellschafter in anderer Weise Vorteile aus seiner Beteiligung zieht 38 . Nach HOECK 39 soll auch ein ideelles Interesse des materiell nur am Verlust der Gesellschaft Beteiligten genugen, urn die Gesellschaft als solche anzuerkennen. Die Lehre von der societas leonina ist bestimmt durch die in den Digesten (D 17, 2, 29, 2) i.iberlieferte Ulpianstelle: ,Aristo refert Cassium respondisse societatem talem coiri non posse, ut alter lucrum tan tum, alter damnum sentiret, et hanc societatem leoninam solitum appellare: et nos consentimus talem societatem nullam esse, ut alter lucrum sentiret, alter vero nullum lucrum, sed damnum sentiret: iniquissimum enim genus societatis est, ex qua quis damnum, non etiam lucrum spectet." Das Wort ,tantum" im ersten Satz ist ein Versehen des Abschreibers. Statt dessen ist ,totum" zu lesen 40. Trotz der Anderung des urspri.inglichen Ulpiantextes durch das Eindringen von Marginalglossen ist nicht daran zu zweifeln, daB die Stelle den Rechtszustand zum Ende der klassischen Zeit zutreffend wiedergibt 40". Fur den romischen Juristen ergab sich die Nichtigkeit der societas leonina mit Selbstverstandlichkeit daraus, daB die Gewinnbeteiligung der Gesellschafter Essentiale der Gesellschaft war 41 . Nach geltendem Recht setzt dagegen, wie dargelegt, der ,gemeinsame Zweck" als Essentiale der Gesellschaft nicht die Gewinnbeteiligung aller Gesellschafter voraus. Ferner besteht im Unterschied zum romischen Recht fur die inhaltliche Gestaltung des Gesellschaftsverhaltnisses Vertragsfreiheit. Damit ist fur die uberkommene Lehre von der societas leonina kein Raum mehr 42 . Die Gesellschaft mit ausschlieBlicher Verlustbeteiligung eines Gesellschafters konnte allerdings als societas leonina nach § 138 BGB nichtig sein. Oft wird aber der Fall der ausschlieBlichen Verlustbeteiligung eines Gesellschafters gerade nicht derart sein, daB der oder die anderen Gesellschafter mit dem Lowen der Fabel verglichen werden konnten, ganz abgesehen davon, daB die Lowen-Fabel des Phadrus und damit der Terminus ,societas leonina" hochst fragwurdig ist 43. Vor allem ist an die Faile von Familiengesellschaften zu denken, daB der Vater seine Kinder als Gesellschafter in sein Unternehmen aufnimmt oder sich an dem Unternehmen seiner Kinder beteiligt und den Kindem dadurch helfen will, So GEILER a.a.O.; REINHARDT a.a.O. OHG § 1 N. 9. 40 Siehe ARANGIO·RUIZ, La societit in diritto romano, S. 111. 4 0a Siehe MANGIO-RUIZ a.a.O. 41 Siehe auch die Folgerung bei DONEJ.LUS, Com. de iure civili 13, 15 § 6. 42 Siehe auch WAHLE, KLANG Kom. ABGB § 1175 III, 3 zu N. 92. 43 Siehe GuARINO, Labeo 18 (1972). 72 ff. Die Jagd-Gesellschaft der societas leonina be· stand nach der Fabel aus LOwe, Kuh, Ziege und Schaf. Mit dem Hirsch als der Jagdbeute konnte so ohnehin nur der LOwe etwas anfangen, so daB ihm mit Selbstverstandlichkeit allein dieser ,Gewinn" zufiel. 38

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§4 I

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

daB er das Risiko des Verlustes mittrligt, aber den Gewinn den Kindem iiberIaBt. Wenn so z. B. eine OHG zwischen einem Vater und seinen Kindem gegriindet und betrieben wird, sollte nicht zweifelhaft sein, daB es sich urn eine wirkliche OHG handelt. Soweit in einem solchen Fall der Gewinn der OHG ,wirtschaftlich" den Leistungen des Vaters, insbesondere seiner Kapitaleinlage, zuzurechnen ist, mag man auch zivilrechtlich die Zuweisung des Gewinnanteils an die Kinder als Schenkung behandeln. Jedenfalls wiirde die steuerrechtliche Behandlung so sein, daB der Gewinnanteil einkommensteuerlich dem Vater als Einkiinfte zugerechnet wiirde. Ungeachtet dessen aber, ob die Gewinnzuweisung an die Kinder hinsichtlich des Gewinns, der wirtschaftlich den Leistungen des Vaters zuzurechnen ist, als Schenkung zu werten ist, bleibt das Gesamtrechtsverhaltnis zwischen dem Vater und den Kindem ein Gesellschaftsverhaltnis. Die Gesellschaft ist Inhaberin aller fiir sie eingegangenen Rechtsverhaltnisse, insbesondere des Gesamthandsvermogens. Fiir die Rechtsbeziehungen zu Dritten wie fur die Gesellschafter untereinander gilt das Recht der OHG. Fiir die internen Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander ware nur die Frage, ob fiir sie in erganzender Auslegung des Gesellschaftsvertrags aus der vom Leitbild der gesetzlichen Regelung abweichenden Gestaltung auch von den Dispositivnormen abweichende Folgerungen zu ziehen sind. Wenn aber auch der Vater auf die Gewinnbeteiligung verzichtet, wird man in der Regel nicht annehmen konnen, daB ihm auch andere Rechte nicht zustehen sollen, so insbesondere die mitgliedschaftlichen Herrschafts- und Kontrollrechte und das Recht auf Kiindigung oder selbst auf die Ubemahme nach § 142 HGB.

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

I. Die Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen und die Lehre von der Gesamthand als Personengemeinschaft Der Gesamthandsbegriff 1 wird heute im ·allgemeinen so verstanden, als ob er an dem Vermogen zu orientieren sei, das mehreren Personen in Gesamthandsgemeinschaft zusteht 2• Durch das Gesamthandsprinzip soli das Siebe zur Geschichte der Gesamthandslehre die eingehend unterrichtende Arbeit von Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre, 1936; zur neueren Literatur siehe ScHUNEMANN, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, 1975. 2 Nach BUCHDA a.a.O. S. 265 ist dagegen das Gcsamthandsprinzip nur ein Prinzip des rechtsgeschaftlichen Handelns, wahrend BucHDA hinsichtlich der Vermogenszustandigkeit die Gesamthand der juristischen Person gleichstellr. 1

BUCHDA,

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I. Die Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen

§4 I

diesem unterliegende Vermogen zu einem Sondervermogen werden 3. In aller Konsequenz ist die Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen neuerdings wieder von HUBER 4 fiir die Personenhandelsgesellschaft vertreten worden. Danach soli das Gesamthandsvermogen das logische Prius der Gesamthand sein aufgrund der These: ,Auf dem einheitlichen Sondervermogen der Gesellschafter beruht die Einheitlichkeit der Geselischafc" 5 . Den Unterschied von juristischer Person und Gesamchand sieht HUBER so darin, daB bei der juristischen Person die Einheit von der Subjektseite zu konstruieren sei, indem die Mitglieder sich als ein besonderes Rechtssubjekc konstituieren, wahrend der gesamchanderische Personenverband auf dem Prinzip beruhe, ,daB nur das Vermogen der Verbandssubjekce zu einem Sondervermogen verselbscandigc wird". Kennzeichnend fiir die Oriencierung des Gesamchandsbegriffs im Sinne der h. M. an dem Gesamthandsvermogen isc die Behandlung der Gesamchand bei v. TUHR 6. Die Gesamchandsgemeinschafc wird von ihm wie die Bruchceilsgemeinschafc verscanden als ,Mehrheic des Subjekcs" 7 in bezug auf ein Objekc, namlich bei der Gesamchand in bezug auf ein ,Gesamcvermogen" 8 , bei der Bruchteilsgemeinschaft dagegen auf ein einzelnes Recht 9 . Bei den zum ,Gesamcvermogen" der Gesamchand gehorenden Gegenstanden soli nach V. TUHR ,ein" Recht, bei Sachen also ,ein Eigencum" bescehen, das ,mehreren Subjekcen" zuscehc, wahrend beim Bruchceilseigencum ein Recht des A und ein Recht des B an derselben Sache bescehen soli. Aus der Oriencierung des Gesamchandsbegriffs am Gesamchandsvermogen ergibc sich fiir v. TUHR der syscemacische Ore fiir die Einordnung der Gesamchand im Vermogensrecht und niche im Personenrecht. Das Stichworc heiBt: ,Gesamtvermogen" 10. WIEDEMANN 11 riihmt, daB v. TuHR ,mit der ihm eigenen Niichternheit und Klarheit" der Gesamthand ihren Platz im Vermogensrecht zugewiesen babe. Richtig ist daran, daB V. TuHR den Begriff der Gesamthand am Gesamthandsvermogen orientiert und dies mit ,Niichcernheit und Klarheit" Siebe dazu SCHONEMANN, S. 74 ff. u. N. 34 Zit. Vermogensanteil, Kapiralanteil und Gesellschafrsanreil an Personalgesellschafren des Handelsrechts, 1970, passim, insbes. S. 61 ff.; siehe auch Zit. bei ScHUNEMANN a.a.O. S. 74 N. 34. 5 HUBER a.a.O. S. 106; vgl. schon ROHG 21, 130; RGZ 7, 92 u. dagegen GIERKE, Genossenschafrsrheorie S. 467. 6 Allgem. Teil I, 78 ff., 348 ff. 7 Unrer dieser Uberschrift behandelt v. TUHR a.a.O. § 3 sowohl die Gesamthand wie die Gemeinschaft nach Bruchteilen. 8 Dazu im einzelnen v. TUHR a.a.O. S. 348 ff. 9 So v. TtrHR a.a.O. S. 82 f. 10 So der Tire! von § 20. 11 Werrpapiermirreilungen 1975, Teil IV, Sonderbeilage Nr. 4, S. 27. 3

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§4 I

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

geschieht. Unklar bleibt aber bei v. TUHR, was es mit der ,Verbundenheit" der Gesamthander auf sich hat. Die von ihm hierzu verwandten Formulierungen deuten sogar mehr in die Richrung der Einheits- als der Vielheitstheorie, und damit des Verbands- statt des Vermogensprinzips. Das Gesamthandsvermogen und die Einzelvermogen unterscheiden sich nach v. TUHR 12 durch die ,Verschiedenheit des Subjekts". Zur Erlauterung sagt er: ,Wenn ABC Genossen einer Gesamthand sind, so ist jeder Subjekt seines Einzelvermogens; das Gesamtvermogen aber gehort keinem von ihnen, sondern der ganzen Personengruppe A B C'. Ebenso bemerkenswert, wie die Verwendung des Begriffs ,Personengruppe" fur die Zuordnung des Eigentums ist, heiBt es beztiglich der Forderungen: ,Glaubiger ist keiner von den Teilhabern, sondern aile zusammen nehmen die Stellung des Glaubigers ein." In Anbetracht dieser Formulierungen kann es nicht verwundern, wenn v. TuHR 13 meint, nach der von ihm vertretenen Auffassung ergebe sich ,eine groBe Ahnlichkeit zwischen der Gesamthand und der aus der Verbindung mehrerer Menschen entstandenen juristischen Person". Den Unterschied sieht er our darin, daB bei der juristischen Person tiber den Mitgliedern ,ein kiinstlich geschaffenes Subjekt" stehe; demgegentiber- meint er- gebe es bei der Gesamthand ,auBer und tiber den Teilhabern kein weiteres Subjekt, dafur aber ein Rechtsverhaltnis unter den Teilhabern". Abgesehen von der Antithese zur juristischen Person enthalt die Darstellung v. TUHRs keine Analyse der ,Struktur der Gesamthand". Er begntigt sich mit der Feststellung, der Unterschied zur juristischen Person werde ,Ieicht verwischt oder wenigstens der Gefahr der Verdunkelung ausgesetzt, wenn man mit GIERKE die Gesamthand als eine Personeneinheit bezeichnet, die als solche rechtsund handlungsfahig ist". Bei v. TuHR wie bei den anderen Vertretern der am Gesamthandsvermogen orientierten Gesamthandslehre bleibt, weil die Gesamthandsgemeinschaft nicht als Handlungseinheit begriffen wird, dogmatisch unerklart, wieso es tiberhaupt zu einem Gesamthandsvermogen kommen kann. Auf die Gesamthandsgemeinschaft als Handlungseinheit ist hingegen die sogenannte deutschrechtliche Gesamthandslehre ausgerichtet, die nicht von dem Gesamthandsvermogen, sondern von der Gesamthand als Personengemeinschaft ausgeht. Auf der Grundlage der Arbeiten GEORG BESELERS ist die deutschrechtliche Gesamthandslehre vor allem von Orro VON GIERKE herausgearbeitet worden 14. Im Gegensatz zu v. TuHR ergibt sich fur GIERKE der systematische Ort fur die Behandlung der Gesamthand mit Selbstverstandlichkeit 12 13

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A.a.O. S. 352. A.a.O. S. 81. GIERKE, Genossenschaftsrecht II; Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Recht·

sprechung, 1887; Personengemeinschafren und Vermogensinbegriffe in dem Enrwurfe eines Biir· gerlichen Gesetzbuches fiir das Deutsche Reich, 1889; vgl. zur sogenannten deutschrechtlichen

Gesamthandslehre BucHDA a.a.O. S. 166 ff.

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I. Die Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen § 4 I im Personenrecht 15• Das Stichwort heiBt: ,Personenrechtliche Gemeinschaften". Nach GIERKE 16 ,bilden die Gemeiner eine Personeneinheit, sind daher nicht fiir sich, sondem in ihrer Verbundenheit, ,insgesamt' oder ,kollektiv' berechtigt oder verpflichtet". Hinsichtlich der Rechtszustandigkeit bei der gesamten Hand sagt GIERKE 17 : ,Kraft der gesamten Hand ist die verbundene Personenmehrheit als solche rechtsfahig. Sie kann Rechte und Pflichten haben, die zwar keiner von den verbundenen Personen verschiedenen Verbandsperson, ebensowenig aber den einzelnen Gemeinern fiir sich zustehen". Was das rechtsgeschaftliche Handeln fiir die Gesamthand anbetrifft, heiBt es bei GIERKE 18 : ,Kraft der gesamten Hand ist die verbundene Personenmehrheit als solche auch handlungsfahig. Sie kann im Bereiche ihrer Verbundenheit in einheitlicher Weise einen Gemeinschaftswillen bilden und erklaren, der sich zwar nicht als selbstandiger Gemeinwille von den verbundenen Einzelwillen ablost, ebensowenig aber sich in der Obereinstimmung selbstandiger Einzelwillen erschopft". Betreffs des Handelns des Gesamthanders fiir die Gesamthand ergibt sich nach GIERKE 19 : ,Wer ... als Gesamthander die gesamte Hand vertritt, vertritt nicht teilweise sich selbst und teilweise andere, sondern ausschlieBlich die von ibm als Trager dargestellte Personeneinheit." Die h. M. sieht in Hinsicht auf das Gesamthandsvermogen die Gesamthand in der Alternative der juristischen Person und des einzelnen 20. So formullen GEILER 21 ganz im Sinne der h. M.: ,Die Gesellschaft ist keine juristische Person. Also miissen die Rechte an den einzelnen Giitern den Gesellschaftern zustehen". Fiir die h. M. ist die Mitgliedschaft in der Gesamthand nur das Medium fiir den Anteil des einzelnen Gesellschafters als Gesamthanders am Gesamthandsvermogen, und so ist fur sie der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermogen die Mitgliedschaft in ihrer Bezogenheit auf das Gesellschaftsvermogen 22. In der Antithese der Gesamthand zur juristischen Person meint die h. M., fiir die Gesamthand die ,Einheit" leugnen zu miissen. Es gibt fur sie so in Wirklichkeit gar keine Gesamthand und im besonderen keine Gesell15 Die modeme I.ehrbuchliterarur weist wie v. TuHR die Gesamthandslehre dem VermOgensrecht zu. LARENZ, Allgem. Teil § 9 II, 6 und ebenso HEINRICH LANGE, Allgem. Teil § 20 Ill behandeln die Gesamthandsgemeinschaft im AnschluB an die Bruchteilsgemeinschaft als die Gemeinschaft an einem Sondervermogen; ENNECCERUS-NIPPERDEY handelt von der Gesamthand in dem Abschnitt ,Begriff und Arten der Rechte" unrer dem Stichwort ,Mehrheit von Subjekten" (§ 76) und erwiihnt die Gesamthand bei den Sondervermogen (§ 132). 16 DPR I, 676. 17 A.a.O. S. 682. 18 A.a.O. S. 684. 19 A.a.O. S. 687. 20 So in neuerer Zeit besonders KuNz, Ober die Rechtsnatur der Gemeinschaft zur gesamten Hand, Bern 1963; dazu siehe &:HONEMANN a.a.O. (N. 1) S. 94 ff. 21 DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 21. 22 Vgl. GEILER a.a.O. Anm. 25.

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schaft ,als solche", sondern nur die Gesamthander und im besonderen die Gesellschafter ,in ihrer Verbundenheit". Besonders deutlich wird dies bei der Erorterung der Rechtsnatur der OHG, wenn auch diese Erorterung in der Literatur nur noch iiberliefert, aber nicht mehr recht ernst genommen wird 23 . ,Trager des Gesellschaftsvermogens sind die Gesellschafter in ihrer gesamthanderischen Verbundenheit und nicht die Gesellschaft als solche", heiBt es bei ROBERT FISCHER 24 entsprechend der h. M., und doch sagt § 124 HGB, daB die OHG Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann. Die OHG erscheint der h. M. so als eine ,Ubergangsform" zur juristischen Person 25 • Man sagt, sie sei ,mehr als Gesamthand und weniger als Rechtsperson" 26. In der Rechtsprechung des Reichsgerichts heiBt es von dem Verhaltnis der OHG zur juristischen Person, daB die OHG ,in mancher Beziehung jenem Rechtsgebilde ahnlich erscheint" oder daB die OHG- und das gleiche muB dann von der KG gelten- in der Verselbstandigung des Yermogens sich ,in der Tat einer juristischen Person nahert" 27 . Die Verlegenheit, in welcher sich die h. M. in der Einordnung der OHG befindet und die in diesen hybriden Formeln zum Ausdruck kommt, zeigt deutlich, daB die h. M. in der Fixierung auf die Alternative ,juristische Person - Einzelpersonen" die Gesamthandsgesellschaft dogmatisch nicht einzuordnen vermag.

II. Die Gesamthand als Gruppe In Rechtsprechung und Literatur wird allgemein die Formel verwandt, die Gesamthand seien die Gesamthander in ihrer Verbundenheit. Ungeachtet der Verwendung dieser Formel wird aber ganz unterschiedlich die Gesamthand entweder mehr im Sinne einer ,Vielheit", d. h. mehr in bezug auf die Gesamthander, oder mehr im Sinne einer Einheit, d. h. in bezug auf die Gesamthand, verstanden. In Anbetracht dessen, daB die Meinungen zu der Frage der Einordnung der Gesamthand weithin nur noch tralatizisch iiberliefert werden und die Formel, die Gesamthand seien die Gesamthander in ihrer Verbundenheit, vieldeutig ist, laBt sich nicht mit Sicherheit sagen, wie derzeit der wirkliche Meinungsstand zur Gesamthandsfrage ist. Man wird aber wohl ungeachtet des starken Einflusses, den GIERKE gehabt hat, als h. M. ansehen konnen, daB einerseits der Gesamthandsbegriff auf das GesamthandsVgl. HUECK, OHG § 3 IV; siehe demgegeniiber die eingehende Erorterung bei WIE. Handelsrecht I § 35 ,Die rechtliche Natur der Handelsgesellschaften" mit der grundsatzlichen Gleichstellung aller Handelsgesellschaften entgegen der ,dualistischen" Auffassung der Trennung der Personengesellschaften und der juristischen Personen. 24 Kom. HGB § 105 Anm. 7. 25 HUECK a.a.O. 26 BRECHER, Festschr. HUECK, 1959, S 247. 27 RGZ 102, 302. 23

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vermogen bezogen wird und daB andererseits der Einheit des Gesamthandsvermogens die Vielheit der Gesamthander gegeniibersteht, die nur hinsichtlich des Gesamthandsvermogens miteinander verbunden sind. Wohl reprasentativ sind die Ausfiihrungen von SCHULTZE-V. LASAULX, der, ausgehend von dem Gesamthandsvermogen, fiir die Zuordnung der Gesamthand sagt, sie bewirke, ,daB Rechte der ,Gesellschaft' Rechte der Gesellschafter, Pflichten der ,Gesellschaft' Pflichten der Gesellschafter sind" 28 . Die Anfiihrungszeichen betreffs der Gesellschaft veranschaulichen, daB es nach SCHULTZE-V. LASAULX ,eigentlich" gar keine Gesellschaft, sondern nur die Gesellschafter gibt, und dies ist denn wohl auch h. M .. Nach GIERKE soli dagegen die Gesamthand als ,kollektive Einheit" Rechtsf'ahigkeit besitzen, ohne doch selbst ,Person" zu sein. So scheidet er die Gesamthand als ,verbundene Personenmehrheit" von der juristischen Person als ,Verbandsperson" 29• Uber GIERKE hinausgehend hat BUCHDA 30 in Bekampfung des ,Dualismus Kollektiv(Personen)einheit - juristische Person (hohere ideelle Einheit") 31 die Gesamthand als Einheit und Rechtssubjekt der juristischen Person gleichgestellt 32 . Gewissermaf3en eine Mittelmeinung der Thesen von GIERKE und BUCHDA hat schlief3liech FABRICIUS 33 vertreten. In Ubereinstimmung mit BUCHDA nimmt er an, daB die Gesamthand wie allgemein die Rechtsgemeinschaft als Rechtssubjekt zu verstehen sei. Die Gemeinschaften haben aber nach FABRICIUS nur eine ,Teilrechtsf'ahigkeit" im Sinne einer ,kollektiven Rechtsfahigkeit", indem ,die Gemeinschaften nicht als individuelle Einheiten am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen, sondern nach auf3en die Mitglieder der Gemeinschaft als Verkehrsteilnehmer sich tbar bleiben" 34. Im Riickblick auf die Entwicklung der Gesamthandslehre seit dem 19. Jahrhundert wird man als bleibendes Verdienst der deutschrechtlichen Lehre und insbesondere GIERKEs anzuerkennen haben, daB die Gesamthand als Personenverbundenheit - wir sagen: als Gruppe - herausgestellt worden SoERGEL-ScHULTZE-V. LAsAULX Kom. BGB vor § 705 N. 37. DPR I, 267 f, 682. 30 Siebe insbes. a.a.O. S. 257 ff. 31 BUCHDA a.a.O. S. 259 in Auseinandersetzung mit UNGER, Jher. Jb. 22, 218 ff. UNGER sagt in der Abhandlung zur Correalitat a.a.O. S. 218 zu der ,kollektiven Einheit" sehr anschaulich: ,Allerdings kann ,eins nicht zwei' sein, wohl aber konnen Zwei Eins ausmachen und kann Eins aus Zweien bestehen. Zwei Pferde sind nicht ein Pferd und ein pferd ist nicht zwei Pferde, wohl aber konnen zwei Pferde ein Gespann ausmachen." In der GegenUberstellung der kollektiven Einheit zur hOheren ,ideellen Einheit" heiBt es sodann bei UNGER: ,Diese collective Einheit, welche in der Zusammenfassung einer Mehrheit oder Vielheit zur Einheit besteht, muB wohl unterschieden werden von jener hoheren ideellen Einheit, fur welche die Vielheit nur das Subsrrat und die Unterlage bildet, worauf und woruber sich dieselbe als eine einfache und selbstandige GroBe erhebt, wie dies bei der juristischen Person der Fall ist." 32 FUr diese Gleichstellung auch BESELER,Jur. Miniaturen, 1929, S. 132 ff., 140 f. 33 Relativitat der Rechtsfahigkeit, 1963, siehe dazu ScHONEMANN a.a.O. S. 110 ff. 34 FABRICIUS a.a.O. S. 236. 28

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ist. Die Gruppe ist aber nicht als Person oder als Zwischenstufe zu einer Person zu verstehen. Sie ist keine ,juristische Person". Es handelt sich auch, wie GIERKE 35 mit Recht gesagt hat, bei den Gesamthandsgemeinschaften nicht urn ,verkriippelte Korperschaftsorgani&,men oder degenerierte juristische Personen". Die Gesamthand als Gruppe ist nicht eine auBer den Personen der Gesamthander noch bestehende Wesenheit. Die Gruppe sind vielmehr die Gesamthander selbst, die zu einem bestimmten Zweck, als Gesellschaft, Erbengemeinschaft, Giitergemeinschaft etc. vereinigt sind. Die fiir die Gesellschaft allgemein verwandte Forme!, die ,Gesellschaft" seien ,die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit", trifft ungeachtet dessen, daB sie so unterschiedlich verwandt wird, wenn man sie recht versteht, das Richtige: Das Gesamthandsprinzip besagt nichts anderes, als daB es, soweit das Gesamthandsprinzip gilt- und fiir welche Gemeinschaften es gilt, bestimmt das Gesetz - , eine Handlungszustandigkeit und eine Rechtzustandigkeit 36 fiir aile Gesamthander zusammen, fiir die Gesamthander in ihrer Verbundenheit, d. h. fiir die Gesamthand als Personengemeinschaft, als Gruppe, gibt. Nariirlich kommt es nicht auf den Terminus ,Gruppe" an 37• Mit dem Terminus ,Gruppe" soli nur veranschaulicht werden - und nur darauf kommt es an-, daB die Gesamthand als Organisationseinheit der in der Gesamthand verbundenen Personen am Rechtsleben teilnimmt. Die Gruppe der Gesamthand ist keine persona mystica 38• Es gibt ebensowenig eine reale Gesamthandspers6nlichkeit wie es eine reale Verbandspers6nlichkeit gibt. Die Gruppe ist als solche Rechtssubjekt. Mit diesem Terminus sollte jedoch nicht die Assoziation der Personenhaftigkeit verbunden werden. Die Gruppe ist auch als Rechtssubjekt nichts anderes als die Mitglieder der Gruppe in ihrer Genossenschaftstheoric: S. 340. Zu Unrc:cht bc:schriinkt BUCHDA a.a.O. S. 265, indc:m c:r hinsichtlich dc:r Rc:chtszustandigkc:it die: Gc:samthand dc:r juristischen Person glc:ichstc:llt, das Gc:samthandsprinzip auf c:in Prinzip dc:s rc:chtsgc:schaftlichc:n Handc:lns. 37 Bc:mc:rkenswc:rt ist, daB auch v. TuHR dic:sen Terminus vc:rwc:ndc:t (sic:hc: obc:n zu Anm. 12). Urn so unvc:rsriindlichc:r ist die: Polc:mik von WIEDEMANN a.a.O. S. 27 gc:gc:n die: Charaktc:risic:rung dc:r Gc:samthand als ,Gruppc:", zumal c:r selbst den Untc:rschic:d dc:r Gc:samthand zur juristischen Person darin sic:ht, ,daB sie stets eine Pc:rsonengruppc: voraussetzt". Nach ScHUIZEOSTERWH, Festschr. WESTERMANN, 1974, S. 546 setzt Verf. ,mit der Bezeichnung der Gc:samthand als ,Gruppc:' an die Stelle rechdich relc:vanter Katc:gorien bildhafte Formulierungen". Die Gesamthand ist abc:r als Gruppc: oder ,kollektive Einheit" oder wie man sonst formulierc:n mag, eine rc:chdichc: Kategorie. SCHuiZE-OSTERWH will nur die Gesamthand als rc:chdiche Kategorie nicht gelten lassen, wei! er ENGLANDER, Die regelmaBige Rechtsgc:meinschaft, s. 57 ff., folgend, von der petitio principii ausgeht, daB - was ENGLANDER seiner Mc:inung nach ,iibc:tzc:ugnd dargc:tan" hat - ,c:inc: Zusriindigkeit dc:r Gc:samthand als solcher nicht angc:nommen werden kann, wenn sic: nicht juristische Person ist" (a.a.O. S. 545). Es ist dies die ,Schulwc:ishc:it", die nur die: Alternative der juristischc:n Person und der Einzelpc:rsonen kc:nnt. 38 So HASSE bc:tr. dc:r Giitc:rgc:mc:inschaft, Beitrag zur Revision der bisherigen Theorie von dc:r c:helichen Giitergemc:inschaft nach dc:utschem Privatrc:cht, 1808; dazu BuCHDA, a.a.O., S. 152 ff. 35

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Verbundenheit 39. Der Terminus ,Gruppe" bringt aber besser zum Ausdruck, daB die Gesamthand Rechtssubjekt ist, als wenn man nur von den Gesamthandem in ihrer Verbundenheit spricht. Der Unterschied der Gesamthandsgesellschaft als Gruppe und der Gesellschafter wird manifest in dem Unterschied von GesellschaftsprozeB und GesellschafterprozeB bei den Personengesellschaften des Handelsrechts. Mit Recht hat der BGH entgegen dem Reichsgericht angenommen, daB der Ubergang vom GesellschaftsprozeB zum GesellschafterprozeB als gewillkiirter Parteiwechsel anzusehen ist 40. Wenn auch die Gesellschaft als Gruppe in den Gesellschaftem existiert, sind doch nicht, wie das Reichsgericht angenommen hat, ,die Gesellschafter" die Trager der Parteirechte im ProzeB, vielmehr ist es die Gruppe, so daB einerseits Anderungen der Mitgliedschaft in der Gruppe fiir die ProzeBfiihrung ohne Bedeutung sind und andererseits der Ubergang vom Gesellschafts- zum GesellschafterprozeB ein Parteiwechsel ist. Das Reichsgericht lieB sich durch die Forme! von den ,Gesellschaftern in ihrer Verbundenheit" dazu bestimmen, die Gesellschafter- und bei der Kommanditgesellschaft auch die Kommanditisten- als ProzeBpartei anzusehen, womit der Unterschied von GesellschaftsprozeB und GesellschafterprozeB in Wirklichkeit aufgehoben wurde. Abzulehnen ist auch die an dem Gesellschaftsvermogen orientierte Ansich t betreffs des Gesellschaftsprozesses, daB im ProzeB der Gesellschaft die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvermogen Partei seien, wahrend im ProzeB der Gesellschafter diese mit ihrem eigenen Vermogen die Parteistellung innehatten. Hinsichtlich der Stellung der OHG im ProzeB wird schlieBlich noch die Ansicht vertreten, es handele sich urn das Problem, ,ob die prozeBrechtliche Selbstandigkeit der OHG oder die materiellrechtliche Berechtigung der Gesellschafter im Vordergrund stehen soli" 41 . Beachtet man aber, daB auch die materiellrechtlichen Rechtsbeziehungen fi.ir die Gesellschaft als Gruppe bestehen, so gibt es bei den Personengesellschaften des Handelsrechts keinen Unterschied zwischen der prozeBrechtlichen und der materiellrechtlichen Rechtsstellung. Die Rechtsstellung der Gesellschaft als Gruppe ist auch nicht cine fiir die Rechtsanwendung belanglose ,begriffliche Konstruktion". Vielmehr gilt es, jeweils fiir die Personengesellschaft die dieser als Gruppe entsprechenden LOsungen sowohl fiir die materiellrechtlichen wie die prozessualen Fragen zu finden. 39 Der Terminus ,kollektive Einheit" ist fiir die Gesamthand und so im besonderen fiir die Gesellschaft treffend. Schon UNGER beklagt 1884, a.a.O., S. 219, N. 29, es bestehe die Gefahr, tiber dem Begriff der ,ideellen Einheit", alias der juristischen Person, ,den urspriinglichen und natiirlicheren Begriff der collectiven Einheit aus den Augen zu verlieren". 40 Siehe entgegen RGZ 141, 280 u. Zit. die Grundsatzentscheidung BGHZ 62, 131 ff. = LM § 264 ZPO Nr. 29, dazu HENCKEL, ZGR 1975, 232 ff.; allgemein siehe ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 124 Anm. 8, 18, 25, 32, 33. 41 HUECK OHG § 22 I; ROBERT FISCHER a.a.O. Anm. 8.

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Welche unterschiedlichen Vorstellungen hinsichtlich der Forme! ,Verbundenheit" allgemein fiir die Gesamthand und im besonderen fur die Gesellschaft im Sinne einer Vielheit der Gesellschafter oder Einheit der Gesellschaft bestehen, zeigt sich besonders anschaulich in dem Streit, ob bei den Personengesellschaften des Handelsrechts die Gesellschafter Kaufmannseigenschaft haben. In Obereinstimmung mit der h. L. wird in standiger Rechtsprechung des ROHG, RG und BGH die Kaufmannseigenschaft fur die Gesellschafter der OHG und die Komplementare der KG bejaht und fiir die Kommanditisten verneint 42. In der Literatur wird dagegen zunehmend die Ansicht vertreten, auch die personlich haftenden Gesellschafter seien nicht Kaufleute im Sinne des HGB 43 , wahrend von anderen die Kaufmannseigenschaft nicht nur fiir die perronlich haftenden Gesellschafter, sondern auch fiir die Kommanditisten in Anspruch genommen wird 44 • Soweit die Kaufmannseigenschaft _der personlich haftenden Gesellschafter verneint wird, beruft man sich darauf, die ,Gemeinschaft der Gesellschafter in ihrer gesam thanderischen Verbundenheit" schlieBe es ,auf jeden Fall aus, die Rechte und Pflichten der Gesamthand den einzelnen Gesellschaftern dergestalt zuzuordnen, daB sie fur sich als Rechtstrager erscheinen", und deshalb miisse es ,als ausgeschlossen angesehen werden, die einzelnen Gesellschafter fur sich als Trager der Kaufmannseigenschaft der OHG und damit als Kaufleute anzusehen" 45 • Fiir die Kaufmannseigenschaft auch der Kommanditisten wird dagegen vorgebracht, der Kommanditist sei ,jedenfalls Mittrager wie des Gesellschaftsvermogens so des gemeinschaftlichen Unternehmens", auch in seinem Namen werde das Handelsgewerbe ,betrieben" 46. BALLERSTEDT 47 hat gemeint, wenn man die Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten verneine, komme man mit der gesamthanderischen Rechtszustandigkeit der Gesellschafter hinsichtlich der Firma der KG in Schwierigkeiten. Denn dann konne die Gesellschaftsfirma nicht allen Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen, weil die Kommanditisten als Nicht-Kaufleute keine Firma haben konnten. 42 Zur Literatur siehe Zit. bei HuECK, OHG § 3 N. 8; FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 19 a; FLECHTHEIM, DDRINGER-HACHENBURG, Kom. HGB § 105 Anm. 13; aus der Rechtsprechung siehe ROHG 3, 434; 14, 209, 282; 23, 144; RG Str 34, 379; JW 1932, 1422; JW 1935, 947; BGHZ 34, 296/7; 45, 284; LM § 406 HGB Nr. 1; zur Frage der Kaufmannseigenschaft des Kommanditisten siehe BGHZ 45, 285 u. Zit.; siehe dazu auch ScHILLING, Kom. HGB § 161 Anm. 11. 43 Siehe REINHARDT, Gesellschaftsrecht Tz 112 u. Zit.; DUDEN, Kom. HGB § 105 N. 1 J u. Zit. 44 Nach einer ,Mittelmeinung" soli der Kommandirist als Kaufmann nur fiir aile mit der Beteiligung zusammenhangenden Geschafte gelten. Siehe ScHILLING a.a.O. u. Zit.; WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz 859 f.; KOTTER Kom. HGB § 161 N. 2. 45 So LIEB DB 1967, 761. 46 So BRUGGEMANN Kom. HGB § 1 Anm. 18. 47 JuS 1963, 259.

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Aus dem ,Wesen" der OHG und der KG als Gesamthandsgesellschaft lliBt sich fiir die Frage der Kaufmannseigenschaft der Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft keine L6sung gewinnen. Das Unternehmen und damit die Firma der Handelsgesellschaft stehen nicht den einzelnen Gesellschaftern, sondern der Gesellschaft zu. Durch die Gesellschafter wird fur die Gesellschaft gehandelt. Deshalb ware es mit der Rechtsfigur der OHG und KG als Gesamthandsgesellschaft sehr wohl vereinbar, daB nur die Gesellschaft, nicht aber der Gesellschafter Kaufmannseigenschaft hat. Auch wenn man aber den Gesellschafter nur als Mitglied der Gesellschaft als Personengemeinschaft versteht, existiert die Gesellschaft doch in den Personen der Gesellschafter, und von dieser Grundvorstellung aus bereitet es keine Schwierigkeit, auch den Gesellschaftern neben der Gesellschaft Kaufmannseigenschaft zuzuerkennen. Es handelt sich entgegen den Argumentationen in der Literatur nicht urn eine Frage der ,Logik". Methodisch abwegig ist es ferner, wenn die Kaufmannseigenschaft der Gesellschafter der OHG mit dem Hinweis auf die§§ 110, 111 HGB verneint wird 47". Zu fragen ist nur, ob es sachgerecht ist, dem Gesellschafter die Kaufmannseigenschaft zuzuerkennen. Der h. L. mit der Unterscheidung, daB nur der pers6nlich haftende Gesellschafter, nicht aber der Kommanditist als solcher die Kaufmannseigenschaft hat, ist zu folgen. Jedenfalls der geschaftsfuhrende personlich haftende Gesellschafter ist hinsichtlich der gesetzlichen Vorschriften, die auf den Kaufmannsbegriff abstellen, dem Einzelkaufmann gleichzustellen. Fur den von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter ware es zwar denkbar, anders zu entscheiden. Fur den Rechtsverkehr ist es aber einfacher, insoweit keinen Unterschied zu machen 48. Was den Kommanditisten anbetrifft, so ist seine Stellung grundsatzlich anders geartet als die des pers6nlich haftenden Gesellschafters. Kommanditisten sind Gesellschafter, die, wie es in Art. 150 ADHGB hieB, ,sich nur mit Vermogenseinlagen beteiligen". Wenn auch personlich haftende Gesellschaf47" So ZOLLNER, DB 1964, 797. Ebensowenig konnen die Regelungen von §§ llO, ll1 HGB als Argument fur die h. M. angefuhrt werden. Siehe KOlTER, ZHR 13 7, 179. 48 Wenn man mit der h. M. (siehe ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 65; FLECHTHEIM, DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB § 105 Anm. 18) anerkennt, daB die Erbengemeinschaft als solche ein ererbtes Handelsgeschaft fortfuhren kann, sollte man hinsichtlich der Kaufmannseigenschaft in gleicher Weise entscheiden wie fur die OHG, mit der MaBgabe, daB die Kaufmannseigenschaft der Erbengemeinschaft sich nur fur die Fiihrung des Handelsgeschafts auswirkt (siehe zur ,Kaufmannf:ihigkeit" der Erbengemeinschaft auch KARSTEN ScHMIDT, JZ 1973, 299 ff., 302 f.). DaB die Erbengemeinschaft niche Kaufmann sein konne, wei! sie im Rechtsverkehr niche als eine geschlossene Einheir auftreten konne (so FISCHER a.a.O. Anm. 65 a u. h. M.), isr eine petitio principii. Als Gesamrhandsgemeinschaft isr die Erbengemeinschaft grundsatzlich in gleicher Weise f:ihig, am Rechtsverkehr teilzunehmen wie die OHG. Sie ist nur hinsichtlich der Handlungsfahigkeit schwerfalliger als die OHG, weshalb mit Recht auch gegen die Anerkennung der Erbengemeinschaft als Inhaberin eines Handelsgeschafrs Bedenken erho· ben werden (siehe FISCHER a.a.O., s. unten S. 201). Wieder OHG-Gesellschafter ist auch der Miterbe fur den Bereich des Handelsgeschafts der Erbengemeinschaft als Kaufmann zu behandeln.

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§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

ter von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen werden konnen, ist dies doch eine ungewohnliche Regelung. Fiir den Kommanditisten dagegen bestimmt das Gesetz den AusschluB von der Vertretung. Wenn diese Regelung auch als ius cogens nicht iiberzeugt, entspricht sie im allgemeinen doch der Struktur der KG, und sie ist kennzeichnend fur die Intention des Gesetzes zur Stellung des Kommanditisten, der sich eben nur mit einer Vermogenseinlage beteiligt. Auch soweit es sich urn die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander und zu der Gesellschaft handelt, ist es nicht sachgerecht, den Kommanditisten als nur mit einer Vermogenseinlage Beteiligten dem Kaufmannsrecht zu unterstellen. Vor allem in Anbetracht der zunehmenden Verwendung der Rechtsform der KG fur die Beteiligung eines breiteren Publikums sollte es bei der h. L. bleiben, daB dem Kommanditisten als solchem nicht die Kaufmannseigenschaft oktroyiert wird. In der Literatur wird bei der Erorterung der Kaufmannseigenschaft der Gesellschafter von OHG und KG im besonderen auf§ 1027 Abs. 2 ZPO abgestellt. Nun kann man die Frage der Kaufmannseigenschaft des Gesellschafters allgemein und des Kommanditisten im besonderen sicher nicht in Hinsicht auf§ 1027 Abs. 2 ZPO entscheiden. Wenn man bei der OHG die Gesellschafter als Kaufleute ansieht und auch den AbschluB des Gesellschaftsvertrages als Handelsgeschaft einordnet 49 , steht die Nichtanwendung von § 1027 Abs. 2 ZPO fur den AbschluB des Gesellschaftsvertrags mit Schiedsvertragsklausel auBer Frage. Wenn man mit der wohl noch iiberwiegenden Meinung dagegen den AbschluB des Gesellschaftsvertrags nicht als Handelsgeschaft wertet, wiirde bei der OHG jedenfalls der nachtragliche Schiedsvertrag nicht der Vorschrift des§ 1027 Abs. 2 ZPO unterliegen. Dies Ergebnis diirfte zu billigen sein. Wenn demgegeniiber fur die Kommanditgesellschaft mit Riicksicht auf die Kommanditisten als Nicht-Kaufleute sich die Anwendung von § 1027 Abs. 2 ZPO ergibt, so entspricht dies dem Charakter des Kommanditisten, der nicht kaufmannisch tatig ist, sondern sich nur mit einer Vermogenseinlage beteiligt.

III. Die Personengemeinschaft der Gesamthand als Einheit BUCHDA 50 hat in der Polemik gegen GIERKE den Begriff der personenrechtlichen Gemeinschaft, wie folgt, interpretiert: ,Was hier iiberhaupt gemeint sein konnte, kann man sich mit Hilfe des von KANT entdeckten ,dinglich-persnlichen' Rechts verdeutlichen." Damit hat der Begriff jedoch nichts zu tun. Die Gesamthand ist nicht personenrechtliche Gemeinschaft in dem

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Siehe dazu ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 60 au. Zit.; HuECK, OHG § 3 N.

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A.a.O. S. 241.

III. Die Personengemeinschaft der Gesamthand als Einheit

§ 4 III

Sinne, daB die Gesamthander sich ,angehorten". Die Gesamthander werden auch in der Gesamthand nicht einander verbunden, wie es in den familienrechtlichen Verhaltnissen der Ehe oder des Eltem-Kind-Verhaltnisses der Fall ist. Es geht bei der Gesamthand iiberhaupt nicht urn das Verhaltnis der einzelnen Gesamthander zueinander. Zwar gibt es bei den Gesamthandsverhaltnissen, so insbesondere auch bei der Gesellschaft, Rechtsbeziehungen der einzelnen Gesamthander untereinander. Diese Rechtsbeziehungen sind dann aber gerade nicht solche der Gesamthand, wenn sie auch das Gesamthandsverhaltnis zur Grundlage haben oder dieses erganzen, so wenn bei der Gesellschaft dem Gesellschafter die actio pro socio zusteh t, urn Anspriiche der Gesamthand gegeniiber einem Gesamthander durchzusetzen. Die Problematik der Gesamthand als personenrechtlicher Gemeinschaft wird besonders gut veranschaulicht durch das MiBverstandnis des GIERKEschen Begriffs bei BUCHDA 5 \ wenn dieser sagt: ,Man versteht nicht, inwiefem ein Vertrag nach § 705 BGB die Personen der Gesellschafter in einer durchaus anderen Weise ergreifen soli als ein romischer contractus societatis." Die schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter zueinander sind allerdings auch bei der Gesamthandsgesellschaft im grundsatzlichen die gleichen wie bei der romischrechtlichen Sozietat. Das personenrechtliche Element der Gesellschaft nach geltendem Recht besteht aber im Gegensatz zur societas des romischen Rechts darin, daB bei der Gesamthandsgesellschaft die Gesellschafter als Personengruppe Bezugspunkt der Rechtsbeziehungen der Gesellschaft sind, indem der Gesellschaftsvertrag als Organisationsvertrag die Gesellschaft als Verband konstiruiert. Was das romische Recht anbetrifft, ist fur das personenrechtliche Element der Gesamthandsgesellschaft nicht die societas, sondem das altromische consortium zu vergleichen s1a_ Der Begriff des personenrechtlichen Verhaltnisses fur die Gesamthand im allgemeinen und fur die Gesellschaft im besonderen ist ,unklar und letzten Endes nichtssagend" 52 nur dann, wenn er fiir das Innenverhaltnis je der einzelnen Gesellschafter zueinander verwandt wird. Die Charakterisierung des schuldrechtlichen Verhaltnisses der Gesellschafter zueinander als ,personenrechtlich" ergibt in der Tat nichts. Auch die Treuepflicht der Gesellschafter bedarf dieser Begriindung nicht 53. Der Begriff der personenrechtlichen Gemeinschaft oder der Personen-Gemeinschaft veranschaulicht dagegen, daB die Gesamthand als Gruppe, als ,kollektive Einheit", am rechtlichen Verkehr teilhat. Nur so sollte dieser Begriff verstanden werden. A.a.O. S. 243. Siehe KASER, Rom. Priv. R. 12 § 24 u. Zit., Nachtr. II S. 573. 52 ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 31; siehe aber auch schon BUCHDA a.a.O., S. 244 und neuerdings SCHDNEMANN a.a.O., S. 177 f. 53 Gerade in Hinsicht auf das Innenverhalmis und die ihm eigene Treuepflicht wird allerdings vidfach der Gesellschaftsvertrag als personenrechtlicher Vertrag charakterisiert; siehe HUECK, OHG § 6 II, 2 u. Zit. 51

sta

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§ 4 III

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

Soweit das Gesamthandsprinzip gilt, enden die unmittelbare Handlungszustandigkeit und Rechtszustandigkeit bei der Gesamthand als der Gruppe der Gesamthander. Die Rechtsstellung des einzelnen Gesamthanders besteht, abgesehen von seiner Haftung fur die Gesamthandsverbindlichkeiten, wie sie in § 128 HGB besonders bestimmt ist, darin, Mitglied der Gesamthand zu sein. Fiir den einzelnen Gesamthander ergeben sich Rechtsfolgen hinsichtlich der Rechtsbeziehungen der Gesamthand, insbesondere hinsichtlich des Gesamthandsvermogens, nur iiber die Mitgliedschaft in der Gruppe. Von dem Gesamthander her gesehen endet seine Rechtsstellung bei der Mitgliedschaft in der Gesamthandsgruppe. Dagegen besteht nicht die Moglichkeit unmittelbarer Rechtsbeziehungen des Gesamthanders zu den Rechtsverhaltnissen der Gesamthand und insbesondere zum Gesamthandsvermogen. GIERKE hat mit Recht die Gesamthand als ,kollektive Einheit" bezeichnet. Andererseits ist es auch verstandlich, wenn BUCHDA in der Polemik gegen GIERKE und seine Anhanger meint, man habe den ,Dualismus Personeneinheit- hOhere ideelle Einheit (juristische Person) bis heute nicht begriffen, und man wird ihn niemals begreifen, denn er ist nicht mit der Logik in Einklang zu bringen" 54• Die Gesamthand wird bei GIERKE wie die reale Verbandspersonlichkeit der juristischen Person zu einem Mysticum, indem er auf den Willen abstellt und den ,gemeinschaftlichen Willen" oder die ,Willensgemeinschaft" bei der Gesamthand dem ,Gemeinwillen" eines ,Verbandsorganismus" bei der juristischen Person 55 gegenuberstellt. Die Mystifizierung der Gesamthand wie der realen Verbandspersonlichkeit durch die GIERKEsche Lehre diirfte eine wesentliche Rolle dafur gespielt haben, daB von der herrschenden Meinung die Gesamthandsgesellschaft nicht wirklich als Personengemeinschaft, als Gruppe, verstanden worden ist. Entmystifiziert man die Gesamthandslehre, so bleibt, daB die Gesamthand als Personengemeinschaft eine Wirkungseinheit ist, fur die gehandelt werden kann und fur die Rechtsverhaltnisse, Rechte und Verpflichtungen begriindet werden konnen. Mit der Mystifizierung der Gesamthand ist schlieBlich auch die Legende aufzugeben, als ob die Rechtsfigur der Gesamthand nur dem germanischen Recht eigen sei. Richtig ist die Entgegensetzung der Gesamthandsgesellschaft einerseits und der romischrechtlichen societas als nur schuldrechtlicher Verbindung und der communio als Rechtsgemeinschaft andererseits. Das Gesamthandsprinzip als Prinzip der Handlungszustandigkeit und der Rechtszustandigkeit fiir eine Gesamtheit, die nicht als juristische Person verstanden wurde, war auch dem romischen Recht eigen, und das prominenteste Beispiel fur die Geltung des Gesamthandsprinzips im romischen Recht ist der populus Romanus 56. 54 55 56

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BUCHDA a.a.O. S. 258. GIERKE, Genossenschaftstheorie S. 343. Siehe KASER, Rom. Pr. R. I 2 § 72.

IV. Die gesamthanderische Personengemeinschaft als Gesellschafter

§ 4 IV

IV. Die gesamthanderische Personengemeinschaft als Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft Jede Person, natiirliche wie juristische Person, kann Gesellschafter einer Gesarnthandsgesellschaft sein. Fiir die Frage, ob eine gesarnthanderische Personengerneinschaft Gesellschafter einer Gesarnthandsgesellschaft sein kann, gibt es keine Einheitslosung, die aus dern ,Wesen" der gesarnthanderischen Personengerneinschaft zu folgern ware. Vielrnehr ist die Problernatik unterschiedlich je nach dern, urn welche Art gesarnthanderischer Personengerneinschaft und urn welche Art von Gesarnthandsgesellschaft es sich handelt. Nach h. L. konnen OHG und KG Gesellschafter sowohl einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts wie einer Personengesellschaft des Handelsrechts sein, wahrend die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts nach allgerneiner Meinung nicht Gesellschafter einer OHG oder pers6nlich haftender Gesellschafter einer KG, aber auch nicht Kornrnanditist sein kann 57. Strittig ist dagegen, ob die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts Gesellschafter einer anderen biirgerlichrechtlichen Gesellschaft sein kann 58. Der allgerneinen Meinung ist zu folgen, daB die Personengesellschaften des Handelsrechts Gesellschafter einer OHG oder KG sein konnen, wahrend die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts von der Mitgliedschaft in den Gesellschaften des Handelsrechts ausgeschlossen ist 59. Diese unterschiedliche Regelung ist aber nicht darin begriindet, daB die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts und die Gesellschaften des Handelsrechts in ihrern Wesen unterschiedlich waren, indern nur die Personengesellschaft des Handelsrechts nach § 124 HGB, nicht aber die biirgerlichrechtliche Gesellschaft nach auBen als ,Einheit" auftreten konnte 60. Die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts ist nur aus Griinden der Praktikabilitat nicht als Gesellschafterin einer Personen-Handelsgesellschaft zuzulassen. In Anbetracht des Mangels jeder Publizitat bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts hinsichtlich der Vertretung und der Veranderungen in der Gesell57 Vgl. ROBERT FiSCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 27/28 u. Zit.; SoERGEL-ScHULTZEv. LAsAULX, Kom. BGB § 705 N. 18; Zit. bei ScHi.iNEMANN a.a.O. S. 204 N. 244. 58 In der Entscheidung BGHZ 46, 296 heiBt es unter Bezugnahme auf HUECK allgemein, eine Gesellschaft des biirgerlichen Rechts konne nicht Mitglied einer Personengesellschaft sein. Die Entscheidung betraf aber die Beteiligung an einer KG. HUECK handelt nur von der Beteiligung einer biirgerlichrechtlichen Gesellschaft an einer OHG oder KG und laBt die Frage der Mitg!iedschaft einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts in einer biirgerlichrechtlichen Gesellschaft offen (HUECK, OHG § 2 N. 15). Bejaht wird die Mitgliedschaft einer BGB-Gesellschaft in einer BGB-Gesellschaft von RGZ 136, 240 ff. und 142, 21; ebenso die h. M. in der Literatur, siehe SoERGEL-ScHULTZE-V. LASAULX, Kom. BGB § 705 N. 18 u. Zit., Srni.iNEMANN a.a.O. S. 204 f.; siehe aber auch fiir die Gegenansicht RoBERT FiSCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 28. 59 Dagegen fur die Fahigkeit der BGB-Gesellschaft, Mitglied einer Personenhandelsgesellschaft zu sein, ScHi.iNEMANN a.a.O .. 60 Siehe HUECK, OHG § 2 unter 3 bu. N. 11, 15 Zit.

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§4 IV

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

schaft und mangels einer zwingenden gesetzlichen Regelung der Vertretung wie nach §§ 125, 126 HGB wiirden die Rechtsverhaltnisse einer Personengesellschaft des Handelsrechts bei Beteiligung einer Gesellschaft des burgerlichen Rechts der fur die Personengesellschaften des Handelsrechts vom Gesetz gewollten und insbesonders durch die Institution des Handelsregisters erreichten Klarheit und Ubersichtlichkeit entbehren 61 . Hinsichtlich der Beteiligung einer biirgerlichrechtlichen Gesellschaft an einer anderen Gesellschaft des biirgerlichen Rechts ist die Problematik eine grundsatzlich andere als betreffs der Beteiligung an den Personengesellschaften des Handelsrechts. Die Verfassung und Organisation der biirgerlichrechtlichen Gesellschaft ist ganz der privatautonomen Gestaltung iiberlassen. W er mit einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts in rechtsgeschaftlichen Verkehr tritt, muB sich iiber die Gesellschaftsverhaltnisse und die Vertretungsberechtigung GewiBheit verschaffen, ohne daB die Rechtsordnung wie bei den Personengesellschaften des Handelsrechts urn Transparenz der Verhaltnisse bemiiht ware. Man konnte zwar sagen, daB die an sich bei einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts gegebene Uniibersichtlichkeit der Rechtsverhaltnisse durch die Beteiligung einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts noch verstarkt wiirde. Auch diese Verstarkung widerspricht aber nicht der gesetzlichen Regelung 62 • Da die BGB-Gesellschaft bei der Beteiligung an einer BGB-Gesellschaft als Personengruppe Gesellschafter ist, gelten die auf die Gesellschafter bezogenen Regelungen der §§ 705 ff. BGB nur hinsichtlich der beteiligten Gesellschaft, wie z. B. § 723, § 725, § 737 BGB, nicht aber hinsichtlich der Gesellschafter 63. Der Tod oder der Konkurs eines Gesellschafters der beteiligten biirgerlichrechtlichen Gesellschaft wiirde nur iiber die Auflosung dieser Gesellschaft auf die Beteiligungsgesellschaft einwirken. Fiir die Erbengemeinschaft 64 wie fur die Gii tergemeinschaft 65 ist der h. M. zu folgen, daB sie nicht Gesellschafter einer OHG oder KG sein konnen. Wie betreffs der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts ergibt sich dies

61 Fraglich ist allerdings das Argument von H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht, Tz 119, der Beteiligung einer BGB-Gesellschaft als Gesellschafter einer OHG stehe entgegen, daB dann die BGB-Gesellschaft Kaufmann werde und wohl ihrerseits Handelsgesellschaft wer· den miisse. Siehe zu der umstrittenen Frage der Kaufmannseigenschaft des Gesellschafters der OHG oben S. 58 ff. 62 Entgegen H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz 123, ist die Zulassung der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts als Gesellschafrer einer BGB-Gesellschaft nicht von der Art des Gesellschaftsvertrags abhangig zu machen. Siebe dazu auch SoERGEL-ScHULTZE-v. I.ASAULX, Kom. BGB § 705 N. 18. 63 Anders STAUDINGER-KEssLER, Kom. BGB § 705 N. 40. 64 Siehe RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 28 a u. Zit.; BGHZ 58, 317 u. zit. Entsch. 65 ROBERT FISCHER a.a.O. Anm. 25 f.; BGHZ 65, 83 f. Zit.

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IV. Die gesamthanderische Personengemeinschaft als Gesellschafter § 4 IV entgegen der im allgemeinen vorgebrachten Begriindung jedoch nicht daraus, daB die Erbengemeinschaft wie die Giitergemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaften nicht ,Personen" seien und nur Personen Mitglieder einer Gesellschaft sein konnten 66 oder, wie es in anderer Formulierung heiBt, daB diese Gemeinschaften nicht selbstandig am Rechtsverkehr teilnehmen konnten 67. Es geht vielmehr nur darum, daB wie betreffs der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts die gesetzlichen Regelungen der Erbengemeinschaft und der Giitergemeinschaft es untun!ich erscheinen lassen, diese Gemeinschaften als Gesellschafter einer OHG oder KG zuzulassen 68 , wei! bei diesen Gemeinschaften sowohl die Handlungsfahigkeit wie die Haftungsregelung und auch die Mi:iglichkeit der Anderungen innerhalb der Gemeinschaft den Regelungen der Personenhandelsgesellschaften zuwider sind. Entgegen der h. M. sollten jedoch die Erbengemeinschaft wie die Giitergemeinschaft ebenso wie die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts als Gesellschafter einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts zugelassen werden 68a. In BGHZ 65, 79 ff. hat der Zweite Senat des BGH statuiert: ,In Giitergemeinschaft lebende Ehegatten konnen unter sich eine offene Handelsgesellschaft rechtswirksam nur durch Begriindung von Vorbehaltsgut errichten." Geht man davon aus, daB eine Giitergemeinschaft nicht Gesellschafter einer OHG oder KG sein kann, so ergibt sich fur die einzelnen in Frage kommenden Faile Folgendes: Ist ein Ehegatte vor der Begriindung der Giitergemeinschaft Gesellschafter, so wird bei Eintritt der Giitergemeinschaft die Beteiligung wegen der Unfahigkeit der Giitergemeinschaft, Gesellschafter zu sein, Sondergut im Sinne von § 1417 BGB 69 . Sind beide Ehegatten vor der Begriindung der Giitergemeinschaft Gesellschafter einer Gesellschaft, an der noch ein oder mehrere andere Gesellschafter beteiligt sind, bleiben die Ehegatten ein jeder fur sich selbstandiger Gesellschafter, und ihre Beteiligungen werden zum Sondergut. Das gleiche gilt, wenn sich wahrend des Bestehens der Giitergemeinschaft ein Ehegatte oder beide Ehegatten an einer OHG oder KG beteiligen 70, an der noch ein oder mehrere andere Gesellschafter beteiligt sind. Nicht so selbstverstand!ich ist die Entscheidung, wenn die Ehegatten, welche die einzigen Gesellschafter einer OHG oder KG sind, Giitergemeinschaft vereinbaren oder bei bestehender Giitergemeinschaft eine OHG oder

So MARCUS WITER, AcP 161, 171. Siebe BGHZ 65, 83 und aus der Literatur u. a. WIELAND, Handelsrecht I, 830; HuECK, OHG § 2, 3 c u. d. 68 Siebe auch H. WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz 121. 684 Zur h. M., welche die Erbengemeinschaft als Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft nicht zulaBt, siehe SoERGEL-ScHULTZE-V. LAsAULX, Kom. BGB § 727 N. 20 u. Zit. 69 Siebe MARCUS LUITER, AcP 161, 170 ff., 173. 70 So mit Recht fiir den Fall der Beteiligung eines Ehegatten BGH LM § 260 BGB Nr. 1. 66

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§ 4 IV

§ 4 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft

KG als einzige Gesellschafter griinden wollen. Auch in diesen Fallen konnen die Gesellschafterbeteiligungen nicht zu solchen der Giitergemeinschaft werden. Es ist aber die Frage, ob nicht die zwischen den Eheleuten vor der Begriindung der Giitergemeinschaft bestehende Handelsgesellschaft mit dem Eintritt der Giitergemeinschaft infolge Vereinigung der Anteile zum Einzelhandelsunternehmen der zur Giitergemeinschaft verbundenen Eheleute wird und ob nicht die Moglichkeit der Griindung einer OHG oder KG zwischen den Eheleuten als einzigen Gesellschaftern voraussetzt, daB die Beteiligungen durch Ehevertrag zum Vorbehaltsgut erklart werden. Was die vor Begriindung der Giitergemeinschaft zwischen den Ehegatten bestehende Gesellschaft anbetrifft, so werden die Ehegatten in aller Regel die OHG als solche fortfiihren wollen. Auch fur den Rechtsverkehr ist die Ehegatten-OHG oder -KG die praktikablere Rechtsfigur als das Einzelhandelsunternehmen der Giitergemeinschaft. Wenn die Ehegatten den Fortbestand der Handelsgesellschaft bei Vereinbarung der Giitergemeinschaft wollen und nicht die Beteiligungen im Ehevertrag zum Vorbehaltsgut bestimmen, kann dies eigentlich nur damit erklart werden, daB sie von der vom BGH angenommenen Notwendigkeit dieser Bestimmung als Vorbehaltsgut zur Vermeidung des Untergangs der OHG durch Begriindung der Giitergemeinschaft nichts gewuBt haben. Es ist dann aber doch sehr die Frage, ob man, wenn die Personenhandelsgesellschaft als solche von den Eheleuten weitergefiihrt wird, nicht dem Bestand der Gesellschaft den Vorzug vor dem Aufgehen in der Giitergemeinschaft geben soli. Es ist ferner schwer einsichtig zu machen, daB wenn noch ein weiterer Gesellschafter beteiligt ist, ipso iure die Beteiligungen der Ehegatten zum Sondergut werden und dies bei der Beteiligung der Ehegatten als einziger Gesellschafter nicht der Fall sein soli. Dem Gesellschaftsvertrag ist deshalb der Sinn beizulegen, daB die Beteiligungen nicht auf die Ehegatten als Giitergemeinschaft iibertragbar sind und deshalb nach § 1417 BGB Sondergut werden. Das Gesetz weiB denn ja auch nichts von einer Vereinigung der Anteile der Ehegatten aufgrund der Vereinbarung der Giitergemeinschaft. Entsprechend ist entgegen BGHZ 65, 79 ff. hinsichtlich der Griindung einer Ehegatten-Personenhandelsgesellschaft wahrend des Bestehens einer Giitergemeinschaft zu entscheiden. Die Entscheidung des Zweiten Senats des BGH hat in Wirklichkeit nur zum Inhalt, daB der Gesellschaftsvertrag zusatzlich noch des Ehevertrags bedarf, durch den die Beteiligungen zum Vorbehaltsgut erklart werden. Dieses zusatzliche Erfordernis, das in Wirklichkeit nur ein Formerfordernis ist, ist aber nicht sachgerecht, zumal es nicht besteht, wenn neben den Ehegatten noch ein Dritter an dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. Man sollte, zumal es sich nur urn die Formfrage handelt, den Vorrang des Handelsrechts gegeniiber dem Familienrecht gelten lassen. Was die Eintragung anbetrifft, so ist die Publizitat des Handelsregisters von groBerer Ef-

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IV. Die gesamthanderische Personengemeinschaft als Gesellschafter § 4 IV fektivitat als die des Giiterrechtsregisters. Die Eintragung im Handelsregister geht in jedem Faile, was den Schutz des Rechtsverkehrs anbetrifft, derjenigen im Giiterrechtsregister vor, ganz abgesehen davon, daB die Eintragung im Gi.iterrechtsregister nur auf den- in das Belieben der Eheleute gestelltenAn trag erfolgt. SchlieBlich miiBte, selbst wenn man der Entscheidung BGHZ 65, 79 ff. folgen wollte, jedenfalls die von den Ehegatten gegriindete und in Vollzug gesetzte OHG wenigstens als fehlerhafte Gesellschaft behandelt werden; sie konnte also, gleich wie die fehlerhafte Gesellschaft rechtlich zu behandeln ist 71 , jedenfalls von den Ehegatten fortgefiihrt werden. Der BGH meint dagegen (a.a.O. S. 85): ,Der Gesellschaftsvertrag kann aber nich t angewandt werden, wenn und soweit ein Bedi.irfnis, die Gesellschaft nicht mit riickwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streichen, fiir einzelne Bestimmungen nicht besteht und mit diesen Bestimmungen ein mit dem Gesellschaftsvertrag bezweckter Erfolg herbeigefiihrt werden wiirde, den das Gesetz, das bei VertragsschluB nicht beachtet wurde, miBbilligt". Das trifft nach Ansicht des BGH in dem entschiedenen Fall zu, soweit nach dem Gesellschaftsvertrag beim T0de eines der Eheleute dessen Gesellschaftsanteil unter AusschluB von Abfindungsanspriichen der Erben auf den anderen Gesellschafter iibergehen sollte. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die gesellschaftsvertragliche Regelung betreffs der Nachfolge wird vom Gesetz in ihrem Inhalt nicht miBbilligt. Es geht vielmehr nur darum, ob der Gesellschaftsvertrag nach § 1410 BGB formbediirftig ist. Lassen wir aber die Gesellschaft und damit auch den Gesellschaftsvertrag nach den Grundsatzen betreffs der fehlerhaften Gesellschaft gelten und fortbestehen, so ist es nicht angangig, wegen der angenommenen Formbediirftigkeit einzelne Bestimmungen ,aus dem Rechtsleben zu streichen" 72 . Die Giitergemeinschaft und die OHG sind zwei unterschiedliche Gesamthandsgemeinschaften. Gehort wie in dem vom BGH entschiedenen Fall das Handelsunternehmen zunachst der Giitergemeinschaft, so bedarf es bei der Griindung der OHG durch die Ehegatten der Obemagung der zu dem Handelsunternehmen gehorenden Aktiva und Passiva von der Gesamthandsgemeinschaft der Giitergemeinschaft auf die Gesamthandsgemeinschaft der OHG. Diese Obertragung bedarf nicht der Form des§ 1410 BGB.

Siehe oben S. 13 ff. In dem vom BGH entschiedenen Fall war die Klage gestiitzt auf einen Pflichrreils- und Pflichtteilserganzungsanspruch. Wenn man die gesellschaftsvertragliche Regelung betreffs der Nachfolge in die Beteiligung durch die Ehefrau gelten !aBc, harte der Klager, wei! die Nachfolge der Ehefrau in die Beteiligung als Schenkung einzuordnen war, den Pflichtteilserganzungsanspruch. Siehe zu der Entscheidung BEITZKE, FamRZ 1975, 575 ff.; Familienrecht § 16 II, 2; TIEDTKE, FamRZ 1975,676 ff.; REUTERIKUNATH,JuS 1977,376 ff. 71

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§5

§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

§ 5 Die Gesamthandsgesellschaft als Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen Fur das Verstandnis des Gesamthandsprinzips ist entgegen der h. M. nicht von dem Gesamthandsvermogen als Objekt, sondem von der Gesamthand als Subjekt auszugehen. Das Gesamthandsvermogen ist als solches und von sich aus so wenig eine rechtliche Einheit wie das Vermogen einer natiirlichen oder juristischen Person. Es ist vielmehr wie das Vermogen einer Person nichts anderes als die Summe der einzelnen Vermogensgegenstande der Gesamthand als Gruppe und im weiteren Sinne nichts anderes als die Summe aller Rechtsbeziehungen der Gruppe. So bedeutsam das Gesamthandsvermogen fur die Gruppe ist, es ist nicht das Gesamthandsvermogen, welches die Gesamthand ,im Innersten zusammenhalt" 1. Nicht das Gesamthandsvermogen begriindet die Gesamthand, sondem umgekehrt. Es ist zwar richtig, daB bei der Gesellschaft es ,nicht die Personen der Gesellschafter schlechthin, sondem in bezug auf einen bestimmten Rechtskreis sind, welche durch den Begriff der Gesellschaft zusammengefaBt werden" 2. Schon GIERKE 3 hat aber mit Recht die Meinung als ,Irrtum" bezeichnet, ,als sei die Personeneinheit der Gesellschafter Iediglich AusfluB und Wirkung der Einheit des Gesellschaftsvermogens". Der ,Rechtskreis", von dem das Reichsgericht spricht, wird ja nicht autonom von der Objektseite des Gesamthandsvermogens der Gesellschaft gesetzt; vielrnehr setzen die Gesellschafter ihn sich, und bei der Erbengemeinschaft wird er ihnen von dem Erblasser oder von Rechts wegen gesetzt. Bei der Erbschaft steht das NachlaBvermogen allerdings so sehr im Vordergrund, daB dieses als das Prius erscheinen konnte. Aber auch den Erben steht als Erben die Erbschaft zu, nicht macht die Erbschaft als der NachlaB sie zu Erben. Der Erwerber eines Miterbenanteils wird damit zwar nicht zum Erben, er wird aber Mitglied der Gruppe der Miterben mit den gleichen Rechten und Pflichten wie die Miterben. Der Zuordnung der Rechtsbeziehungen des Vermogens an die Gesamthand als Gruppe geht voraus, daB die Gesamthand als Gruppe die Beteiligte aller rechtlich relevanten Vorgange im Gesamthandsbereich ist 38• Die Gesamthand als Gruppe ist es, fur welche im Gesamthandsbereich gehandelt wird. Wenn eine Gesamthandsgemeinschaft kauft oder verkauft und die Kaufsache erwirbt oder verauBert, so entstehen nicht nur fur und gegen die Gesamthandsgemeinschaft die Forderungen und Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag. Vielrnehr ist die 1 Siehe dazu oben S. 50 ff., 54 ff. und zu den Lehren der Gesamthand als Vermogensgemeinschaft ScHDNEMANN, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft S. 69 ff. 2 RGZ 11, 116. 3 Genossenschaftstheorie S. 467. 38 Der ,Vermiigenssonderung" (siehe HENNECKE, Das Sondervermiigen der Gesamthand, 1976) geht voraus, daB die Gesamthand die Beteiligte des Rechrsverkehrs ist.

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§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

§5

Gesamthandsgemeinschaft, d. h. die Gruppe, der Kaufer oder Verkaufer, sie ist der Verfiigende oder Erwerber. Nur weil die Gesamthand als solche Kaufer oder Verkaufer ist, konnen fiir sie die Rechte aus dem Kaufvertrag als Gesamthandsvermogen entstehen. Wenn es weithin verkannt wird, daB die Gesamthandsgesellschaft eine Wirkungsgemeinschaft ist, so liegt dies daran, daB der Begriff der Gesamthand am Gesamthandsvermogen orientiert wird, statt daB die Gesamthand als Personengemeinschaft verstanden wird. So hat WIEACKER 4 wieder die Ansicht vertreten, die Gesamthand sei ,vertraglich vereinbarte Zust:andigkeits- und Handlungsordnung am gesellschaftlichen Vermogen". Gehandelt wird aber bei der Gesamthandsgesellschaft nicht fiir deren Vermogen, was ja nichts anderes ist als die Summe der einzelnen Aktiva und Passiva. Es ist auch nicht so, daB das aus den Beitriigen der Gesellschafter entstandene Gesamthandsvermogen nun von sich aus wirkt und selbstiindig Friichte triigt. Gehandelt wird fiir die Gesellschaft, ·d. h. die Personengemeinschaft als ,Wirkungseinheit". Weil die Rechtsverhaltnisse fiir die Gesamthandsgesellschaft und nicht fiir die einzelnen Gesellschafter begriindet werden, entsteht und veriindert sich als Folge des Handelns fiir die Gesellschaft das Gesamthandsvermogen. Weil die Auflassung an die Personengemeinschaft erfolgt, wird diese Eigentiimer des Grundstiicks. Das Gesamthandsvermogen wird nicht von sich aus, sozusagen nach Miinchhausen-Manier, zusammengehalten. Es ist keine besondere Art von Vermogen. Seine Besonderheit besteht nur in der Rechtszustiindigkeit, daB es in allen seinen einzelnen Vermogensgegenstiinden nicht einer Einzelperson, sondem einer Personengemeinschaft zugehorig ist. Die Vorschrift des § 124 HGB sagt, was die materiellrechdiche Regelung anbetrifft, fiir die OHG etwas Besonderes nur hinsichtlich des Gebrauchs der Firma. Im iibrigen wird in § 124 HGB nur das Gesamthandsprinzip als solches dokumentiert. Jede Gesamthandsgruppe, d. h. die Gruppe, fiir welche das Gesamthandsprinzip gilt, kann, soweit sie zum Rechtsverkehr zugelassen ist, fur sich, d. h. fiir die Gruppe, die Personengemeinschaft, ,Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstiicken erwerben". Der Gebrauch der Firma veranschaulicht zwar eindeutiger, daB die OHG im Rechtsverkehr ,als geschlossene Einheit" auftritt, und erleichtert so den Rechtsverkehr. Materiellrechdich ergibt sich aber fiir die OHG gegeniiber der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts und auch gegeniiber den anderen Gesamthandsgemeinschaften aus der Besonderheit des Firmenrechts kein Unterschied. DaB die OHG klagen und verklagt werden kann, daB es zur Zwangsvollstreckung in das Vermogen der OHG eines Titels gegen sie bedarf und daB die OHG selbstandig konkursf'ahig ist, sind zwar Regelungen, welche die Verselbstiindigung der OHG gegeniiber ihren Gesellschaftem verstiirken. Der fundamentale mate4

Festschr. fiir ERNST

RURDOIF HUBER,

1973, S. 342.

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§5

§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

riellrechtliche Grundsatz, daB die Gesellschaft ,als solche", d. h. die Gruppe am Rechtsverkehr teilnimmt und Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, ist aber ein allgemeiner Grundsatz des Rechts der Gesamthand 5• GIERKE hat die Besonderheit der OHG gegeniiber der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts auf die Forme! gebracht: ,Alle wesentlichen Unterschiede der Handelsgesellschaft von der Gesellschaft des biirgerlichen Rechtes lassen sich auf ·ein Plus von gesamter Hand zuriickfuhren" 6. Das ,Plus" besteht aber nur hinsichtlich der Handlungs- und Verfahrensnormen, der Verwendung der Firma beim Handeln fur die Gesellschaft, der Organisation der Vertretung, der aktiven und passiven Parteifahigkeit und der Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft. Hinsichtlich der materiellen Rechtsbeziehungen ist der Gesamthandscharakter einer Steigerung gar nicht fahig 7. Die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts ist ,als solche" z. B. ebenso ,,grundbuchfahig" wie die OHG. Wenn die Gesellschafter als Gesellschaft des biirgerlichen Rechts eingetragen werden, so ist die ,Gesellschaft" eingetragen, wie es ja auch allein der Rechtslage entspricht. Wie bei der OHG vollziehen sich die Anderungen hinsichtlich der Gesellschafter, der Aus- und Eintritt von Gesellschaftem oder die Ubertragung der Mitgliedschaft, auBerhalb des Grundbuchs, wei! die Identitlit der Gesellschaft von dem Wechsel der Mitglieder unberiihrt bleibt. VetliuBert eine biirgerlichrechtliche Gesellschaft einen Gegenstand, der nicht der Gesellschaft, d. h. nicht zum Gesamthandsvermogen gehOrt, so ist es die Verfiigung eines Nichtberechtigten, auch wenn der Gegenstand einem der Gesellschafter oder auch allen Gesellschaftem, aber diesen als Mitgliedem einer anderen biirgerlichrechtlichen Gesellschaft und somit einer anderen Gesamthandsgemeinschaft gehOrt. Allerdings gilt auch in diesem Fall § 185 BGB. GehOrt aber z. B. der Gegenstand der Verfiigung dem im Namen der Gesellschaft Handelnden, wahrend dieser annimmt, es sei ein Gegenstand der Gesellschaft, so enthalt die im Namen der Gesellschaft vorgenommene Verfiigung nicht zugleich die Zustimmung des fur die Gesellschaft handelnden Gesellschafters als des Berechtigten. 1st fur die Gesellschaft als Nichtberechtigte verfugt worden, so erfolgt die Konvaleszenz nach § 185 Abs. 2 BGB nur durch einen Erwerb der Gesellschaft, nicht aber durch den Erwerb eines Gesellschafters oder selbst aller Gesellschafter, wenn diese nicht gerade als die betreffende Gesellschaft erwerben. Im allgemeinen sagt man, es stehe jedem Gesamthandsberechtigten ein Anrei! an dem Gesamthandsvermogen und an den einzelnen zu dem Gesamthandsvermogen gehorenden Gegenstlinden zu. Fiir die Gesellschaft beruft man sich

5 Nach HuBER, a.a.O. S. 488 ist nicht die biirgerlichrechtliche Gesellschaft, sondern die Personalhandelsgesellschaft ,die vollkommene Form der Gesamthandsgemeinschaft". Was die materiellrechdiche Lage anbetrifft- anders ist es nur hinsichdich des Verfahrens- sind sie beide gleich ,vollkommcn". 6 ArchBiirgR 19, 1901, S. 119. 7 Siche ScHiiNEMANN a.a.O. S. 186.

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§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

§5

auf§ 719 BGB, durch den nur die Verfiigung tiber die Anteile ausgeschlossen, die Existenz der Anteile aber anerkannt werde 8. Der Anteil des Gesamthandsberechtigten an den einzelnen Gegenstinden des Gesamthandsvermogens und an dem Gesamthandsvermogen soli nach h. M. durch die Mitgliedschaft an der Gesamthand vermittelt werden 9. Er soli ein ,,AusfluB" der Mitgliedschaft sein 10. Es wird auch gesagt, der Anteil am Gesamthandsvermogen bedeute die Mitgliedschaft 11• Teils wird damit der Anteil am Gesamthandsvermogen als Synonymon fur die Mitgliedschaft verwandt, was der Orientierung des Gesamthandsbegriffs am Gesamthandsvermogen entspricht; teils wird der Anteil am Gesamthandsvermogen verstanden als die ,Teilhaberschaft, bezogen auf das Gesellschaftsvermogen" 12 . Nach ROBERT FISCHER ist die Beteiligung am Gesellschaftsvermogen ,das wesentlichste Recht, das sich aus der Beteiligung des einzelnen an der Gesellschaft ergibt" 13. Die Vorschrift des§ 719 BGB besagt tiber die Existenz von Anteilen der Gesellschafter an dem Gesellschaftsvermogen und an den einzelnen dazu gehorenden Gegenstanden nichts. Die Bestimmung ist in der Negierung der Verfugungsmoglichkeit zu sehen, was ja auch ihr einziger Inhalt ist, und sie ist zu verstehen aus dem Zusammenhang mit dem ersten Enrwurf des BGB. Wahrend der erste Entwurf ein Bruchteilseigentum der Gesellschafter fur die Gegenstinde des Gesellschaftsvermogens angenommen hatte und dementsprechend der Gesellschafter die Verfugungsmacht tiber seinen Anteil an den Gegenstanden behielt und nach § 645 I. Entwurf nur verpflichtet war, sich der Verfiigung his zur Auseinandersetzung zu enthalten, hatte § 719 BGB keinen anderen Sinn, als entsprechend der Regelung fur die Giitergemeinschaft in § 1338 Abs. 1 und § 1370 Abs. 1 II. Entwurf die Verfiigungsmoglichkeit auszuschlieBen. Offensichtlich handelt § 719 nur von dem ,Vermogen", nicht aber von der ,Mitgliedschaft", wie es die h. M. annimmt 14. Was die einzelnen Gegenstande des Gesamthandsvermogens anbetrifft, so ist fur die Gesellschaft von der Literatur im allgemeinen die Formulierung des Reichsgerichts fur die Gesamthand iibernommen worden, ,daB grundsatzlich jeder Gemeinschafter auf das Ganze berechtigt sei und nur durch die

Vgl. STAUDINGER-KESSLER, Kom. BGB, Vorbem. 43 a ff. vor § 705 BGB. Sic:hc: dazu lARENZ,Jhc:r Jh 83, 146. 10 STAUDINGER-KESSLER a.a.O. Vorbem. 43 b. 11 Vgl. STAUDINGER-KEssLER a.a.O. Vorbem. 43 f vor § 705. Bc:i SoHM, Dc:r Gc:gc:nstand, S. 68, hc:iBt c:s: ,Dc:r Antc:il am Gc:samtgut bestc:ht nicht nc:ben odc:r auBc:r dc:r Mitglic:dschaft. Dc:r Ausdruck Antc:il am ,Vc:rmiigc:n' ist lc:diglich c:inc: ungc:nauc: Bc:zc:ichnung fur die: Mitglic:dschaft." 12 HEINSHEIMER, Ober die: Tc:ilhaberschaft, S. 33; GEILER, DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 25; WORDINGER, Pc:rsonc:ngc:sc:llschaftc:n (1937), S. 61; PALANDT-THOMAS, Kom. BGB, § 719 N. 1. 13 ROBERT FISCHER, Kom. HGB § 105 Anm. 39. 14 So mit Recht SoERGEL-ScHULTZE-V. LAsAULX, Kom. BGB § 719 N. 2. 8

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§5

§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

Berechtigung seiner Mitteilhaber eingeschriinkt werde" 15 • Die Formulierung ist in sich widerspruchsvoll. Offenbar ist hiemach jeder Gesellschafter nicht ,auf das Ganze" berechtigt oder ,vollberechtigt" 16. Sieber ist es auch nicht so, daB das angebliche Vollrecht des einen Gesellschafters durch die Rechte der anderen Gesellschafter wie durch iura in re aliena belastet ware. Vielmehr sind nur aile Gesamthander zusammen berechtigt. Das heiBt aber, daB nur die Gruppe berechtigt ist und der Gesamthander als einzelner an der Berechtigung unmittelbar iiberhaupt keinen Anteil hat, sondem eben nur Mitglied der Gruppe ist. Die These von der Vollberechtigung eines jeden Gesamthanders, welche durch die gleiche Vollberechtigung der anderen Gesamthander beschriinkt sei, ist nichts anderes als die alte Lehre von dem dominium plurium in solidum, von der HASSE schon mit Recht gesagt hat, daB sie ein ,Unding" sei 17. Die Annahme eines unmittelbaren Anteils des Gesamthanders an den einzelnen Gegenstanden des Gesamthandsvermogens hat in Wirklichkeit ebensowenig einen Sinn 18 wie die Vorstellung des An teils am Gesellschaftsvermogen als einer unmittelbaren Berechtigung 19 . Der Gesamthander hat keine Verfiigungsberechtigung 20, und es kann auch nicht gegen ihn in den angeblichen Anteil vollstreckt werden. Es gibt auch keine Rechtsnachfolge in den Anteil an den einzelnen Gegenstanden des Gesamthandsvermogens von Todes wegen, sondem nur die Nachfolge als Mitglied der Gruppe oder die Nachfolge in einen Auseinandersetzungsanspruch. Mit Recht hat das Reichsgericht 21 die Formulierung von THOL 22 iibemommen, daB die Anteile der Gesellschafter ,unpraktisch" seien. Es ist geradezu eine Kapitulation vor dem 15 RGZ 65, 235; GEILER, DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 20 ff.; 23; GESSLER, Kom. HGB, § 105 N. 34; ROBERT FISCHER, Kom. HGB, § 105 Anm. 34. Siehe insbes. zu der These der ,Rechtseinheit durch Rechtsvervielf:iltigung" ScHONEMANN a.a.O. S. 84 ff. 16 So FISCHER a.a.O. 17 HASSE, Beitrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Giitergemeinschaft nach deutschem Privatrecht (1808), S. 53. 18 Die Annahme eines solchen ,Anteils" widerspricht dem Gesamthandsprinzip, so SoER- . GEL-SCHULTZE-V. lASAULX, Kom. BGB § 719 N. 15; unrichtig ist es, wenn SCHULTZE-V. lASAULX betreffs des zweiten Falls von§ 719 Abs. 1 von einem Verbotsgesetz im Sinne von§ 134 BGB spricht. 1g Wenn in der Litetatur encweder ein An ceil am Vermiigen vemeint, aber ein solcher an den einzelnen Gegenstanden bejaht wird (so SoHM, a.a.O., S. 68, 70) oder umgekehrt angenommen wird, das Verhaltnis des Gesellschafters zu dem Vermiigen der Gesellschaft sei ,nur derart konstruierbar", daB ,Rechte an den Einzelgegenscanden allein die Gesellschaft hat, wahrend den Mitgliedern nur Anteile am Vermiigen zuerkannr werden konnen" (BRECHER, Festschr. HUECK, 1959, S. 248), so handelt es sich urn ,Konstruktionen" ohne Bezug zur Wirklichkeit. 20 Niche zu folgen ist BRECHER, a.a.O. S. 250, die Verfugung des Gesellschafters iiber einzelne Gegenscande des Gesellschaftsvermiigens sei niche die Verfugung eines Nichtberechtigten und nur relativ unwirksam. 21 RGZ 9, 144, wiederho!t in RGZ 68, 413. 22 Handelsrecht, § 96 Ziff. 4, woes von dem Gesellschaftsvermogen heiBt: ,Es ist Gesamteigentum, insofem die ideellen Anteile, welche entschieden vorhanden sind, unptaktisch sind."

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§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

§5

Phanomen der Gesamthand und dem Problem der Zuordnung der Vermogensgegenstande der Gesamthand- aber eine Kapitulation, die noch durchaus aktuell ist - , wenn es in RGZ 9, 144 heiBt: ,Wenn man nun auch notgedrungen, weil ein anderes Subjekt nicht vorhanden ist, die einzelnen Gesellschafter als Miteigentumer des Gesellschaftsvermogens ansehen muB, so ist dies doch ein unfruchtbarer Begriff, aus welchem keinerlei Rechtsfolgen deduziert werden konnen." Als Fazit stellt das Reichsgericht a.a.O. von dem ,Miteigentum" an den einzelnen Sachen des Gesellschaftsvermogens fest, ,daB es fiir den einzelnen Gesellschafter vor der Auseinandersetzung bzw. Naturalteilung nicht vorhanden ist". Nach § 859 ZPO soli zwar der Anteil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermogen der Pfandung unterworfen sein. Diese Formulierung beruht jedoch nur darauf, daB dem Gesetzgeber die Mitgliedschaft als ein ubertragbares und deshalb auch pfandbares Recht noch nicht vertraut war. Die Ffandung nach § 859 ZPO ist in Wirklichkeit eine Vollstreckung in die Mitgliedschaft. Solange diese besteht, ergreift die Pfandung nur sie und nicht einen Anteil am Gesellschaftsvermogen. Der Pfandungsglaubiger kann nur den Anspruch auf einen Gewinnanteil geltend machen. Der Zugang zu dem ,Anteil am Gesellschaftsvermogen" offnet sich fur den Glaubiger nur uber die Kundigung, aufgrund deren er den Auseinandersetzungsanspruch oder Abfindungsanspruch, aber eben keine Teilhabe an dem Gesellschaftsvermogen erlangt. Wenn § 135 HGB nur von der beschrankten Vollstreckung in den Auseinandersetzungsanspruch handelt, so ist es doch anerkannt, daB auch bei den Personengesellschaften des Handelsrechts die Pfandung des ,An teils des Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermogen", alias der Mitgliedschaft, erfolgen kann und daraus sich fur den Pfandungsglaubiger das Kundigungsrecht ergibt 23. Die Bemuhungen, einen unmittelbaren Kontakt zwischen den Mitgliedern der Gesamthand und dem Gesamthandsvermogen herzustellen, beruhen auf einem MiBverstandnis des Gesamthandsprinzips. Die Gesamthand als Gruppe ist der Bezugspunkt aller Rechtsbeziehungen der Gesamthand, und der Gesamthander hat nur mittelbar uber seine Mitgliedschaft mit den Rechtsbeziehungen der Gesamthand etwas zu run. Er ist nur Mitglied der Gesamthand. Sein Recht ist die Mitgliedschaft, er hat aber unmittelbar keinen Anteil am Gesamthandsvermogen oder an den einzelnen Gegenstanden desselben 24 • Siebe ULMER, Kom. HGB § 135 Anm. 8 u. Zit. ScHONEMANN a.a.O., S. 189 N. 191 wendet sicb gegen diese Formulierung unter Bern· fung auf RGZ 65, 227 als ,iiberspitzt, wenn nicbt unannehmbar"- Siebe dazu weiter im Text. Bemerkenswert ist, daB ScHONEMANN selbst a.a.O., S. 188 wie fo!gt formuliert: ,Ober seinen Anreil an den einzelnen zum gemeinschaft!ichen Vermogen zlihlendcn Gegenstanden ,kann' demnach ein Gesellschafter nicht verfiigen, wei! er daran gar keinen bestimmbaren dinglichen Anteil hat. Die Zustandigkeitsbeziehung, in der der Gesellschafter zu den Gegenstanden des ge· meinsamen Rechtskreises steht, ist ja ganz anders, namlich dadurch charakterisiert, daB der Ge· 23

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§ 5 III

§ 5 Die Personengemeinschaft und das Gesellschaftsvermogen

Wenn die h. M. dies nicht wahrhaben will, so ist dies darin begriindet, daB sie die Problematik der Gesamthand nur in der Alternative der juristischen Person oder der Vielheit der Gesellschafter sehen will. Besonders klar bringt dies RGZ 65, 227 zum Ausdruck. Dort heiBt es: ,Wenn man aber daran festhalt, daB die offene Handelsgesellschaft keine juristische Person ist, womit ausgesprochen ist, daB als Trager der Gesellschaftsrechte und Verpflichtungen nicht ein besonderes, von den Gesellschaftem verschiedenes, kiinsdiches Rechtssubjekt unterstellt werden darf, so wird dadurch jede Auffassung unmoglich, die die Gesellschafter als lnhaber des gesellschafdichen Vermogens im Ernste ganzlich eliminieren will" 25 • Allerdings geht es nicht darum, die Gesellschafter als Inhaber des gesellschafdichen Vermogens ganzlich zu eliminieren. Selbstverstandlich sind die Gesellschafter die Inhaber des Vermogens, aber eben nicht als einzelne, sondern nur als Gruppe. Es gibt nur Gesellschaftsvermogen und betreffs der einzelnen Vermogensgegenstande wie betreffs des Vermogens im Ganzen keine rechtliche Zustandigkeit zu den einzelnen Gesellschaftern. Die Formulierung von§ 718 BGB, daB die Gegenstande ,gemeinschaftliches Vermogen der Gesellschafter" werden, ist kein Gegenargument 26• Mit dem Wortlaut von§ 718 BGB laBt sich iiberhaupt nicht argumentieren. Die Formulierungen ,gemeinschafdiches Vermogen der Gesellschafter" und ,Gesellschaftsvermogen" widersprechen einander und spiegeln noch die Wandlung vom ersten zum zweiten Entwurf wider. Im ersten Entwurf wird entsprechend der gemeinrechtlichen Vorstellung der Sozietat der Terminus ,Gesellschaftsvermogen" vermieden, ist vielmehr nur von den ,,gemeinschaftlichen Gegenstanden" die Rede." Der Terminus ,Gesellschaftsvermogen" im zweiten Entwurf zeigt demgegeniiber den Ubergang zur Gesamthandsgesellschaft an. Zwar kann daraus auch nicht gefolgert werden, daB mit dem Terminus ,Gesellschaftsvermogen" das Gesamthandsprinzip bewuBt im Sinne der rechtlichen Zustandigkeit des Vermogens an die Gesellschaft und nicht an die Gesellschafter vollzogen worden ware. Nur ist eben- ganz abgesehen von der allgemeinen Fragwiirdigkeit einer am Wordaut des Gesetzes orientierten Argumentation zu einer dogmatischen Frage wie der Interpretation des Gesamthandsprinzips - jedenfalls schon wegen der Entstehungsgeschichte des Gesetzes mit einer Argumentation aufgrund des Wordauts von § 718 BGB nichts anzufangen. sellschafter gerade als solcher einen Teil der gestalthaften rechtssubjektiven Einheit ,Gesamthand' darstellt und nur derart auch an den der Gemeinschaft zustandigen Gegenstanden beteiligt ist." Mit der Formulierung im Text diirfte diese Aussage von ScHUNEMANN ungeachtet der miBlichen Begriffsbildung der ,,gestalthaften" Einheit wohl iibereinstimmen. 25 Ebenso heiBt es bei KUNZ, Ober die Rechtsnarur der Gemeinschaft zur gesamten Hand, Bern 1963, S. 75 kurz und biindig: ,Tertium non darur". 26 Zu Unrecht meint KORNBLUM, Hafrung der Gesellschafter fur Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S. 33 N. 11 a gegeniiber den Ausfiihrungen des Verf. ZHR 136, 182, es sei § 718 BGB ,iibersehen".

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I. Literatur und Rechtsprechung zum Besitz der Gesamthand

§6 I

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer I. Der Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung Wie fiir die Gegenstiinde des Gesellschaftsvermogens die Rechtszusrandigkeit zu der Gesarnthandsgesellschaft als Personengemeinschaft besteht, gilt das gleiche hinsichtlich des Besitzes. Fiir die jurisrischc Person ist es heute anerkannt, daB ihr der Besitz zugerechnet wird, wenn ein Organ die tatsachliche Herrschaft ausiibt. Das Organ, so sagt man, ist nicht Besitzdiener 1 oder Besitzmittler, sondern iibt fiir die juristische Person die Sachherrschaft aus 2• AuBer Frage steht es femer, daB bei Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft durch einen Besitzdiener im Sinne des§ 855 die juristische Person Besitzer ist. Bei der Gesellschaft ist es nicht anders. Die Gesellschaft als Personengemeinschaft ist Besitzer, wenn die tatsachliche Herrschaft durch Gesellschafter oder durch Besitzdiener fiir die Gesellschaft ausgeiibt wird. Der fiir die Gesellschaft die tatsachliche Besitzherrschaft ausiibende Gesellschafter ist dem Organ der juristischen Person fiir die Frage der Zurechnung des Besitzes gleichzustellen. Nach GIERKE ist ,der Besitz von Gesellschaftern an einer zum Gesellschaftsvermogen gehorigen Sache Mitbesitz zu gcsamter Hand, mogen nun Alle unmittelbar oder Alle bloB mittelbar oder mag ein einzelner Gesellschafter allein unmittelbar besitzen" 3. Der Gesamthander, der sich bei der Ausiibung der Sachherrschaft tatsachlich so verhalt, ,wie es dem Verhaltnis einer Rechtsgemeinschaft zur gesamten Hand entspricht", soli im Hinblick auf das ,innere Moment der Willensrichtung", auch wenn er die tatsachliche Herrschaft allein ausiibt, ,,nur zur gesamten Hand mit seinen Genossen" besitzen 4 • GIERKE sieht das Problem von dem einzelnen Gesellschafter und nicht von der Gesellschaft her. Es soli nach GIERKE nicht dem einzelnen Gesellschafter, ,der die Sachherrschaft weder ganz noch teilweise fiir sich allein, sondern nur als Mittrager einer verbundenen Personenmehrheit haben will und die tatsachliche Gewalt, obschon ohne auBere Notigung, nur im Sinne solcher Gemeinschaft handhabt, ein Sonderbesitz aufgedrangt werden" 5• Betrachtet man die Problematik jedoch von der Gesellschaft her, so steht nur die Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft als solche, als Gruppe, und nicht die Moglichkeit eines Besitzes im Sinne tatsach1 Nach BAUERSfEDT, JuS 1965, 276, nimmt das Organ der juristischen Person ,eine am ehesten dem Besitzdiener vergleichbare Stellung" ein. 2 BGH, LM Art. 11 Bayer. LandkreisO Nr. 1; SoERGEL-MOHI., Kom. BGB § 854 N. 11; PAI.ANDT-DEGENHART, Kom. BGB § 854 N. 5 b; HEcK, Sachenrecht, § 18 V; WoLFF-RAISER, Sachenrecht, § 5 I; besonders eingehend WESTERMANN, Sachenrecht, § 20 II. 3 GIERKE, Privatrecht II, § 114 N. 56. 4 GIERKE, a.a.O. N. 54; zustimmend KiPP in WINDSCHEID-K!PP, Pandektenrecht I, 790; siehe auch STROHAL, ]her ]b 38, 113 ff.; zustimmend auch entgegen seiner friiheren Ansicht MARTIN WoLFF, Sachenrecht, § 9 N. 6, ebenso WoLFF-RAISER, a.a.O. 5 GIERKE, a.a.O.

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§6 I

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer

lichee Herrschaftsausiibung durch die Gesellschafter als Sonderbesitz oder ,Gesamthandsbesitz" eines jeden Gesellschafters in Frage. Die Literatur folgt allgemein der von MARTIN WOLFF 6 gleich nach Inkrafttreten des BGB entwickelten Begriffsbestimmung fur den gesamthanderischen Mitbesitz als den Besitz, bei welchem die tatsachliche Herrschaft von mehreren nur gemeinsam ausgeiibt werden kann. Gesamthanderischer unmittelbarer Besitz liegt danach vor bei dem Mitbesitz unter VerschluB, der nur gemeinsam von den Mitbesitzem geoffnet werden kann, oder wenn ein Besitzdiener fur die Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft nur den gemeinsamen Weisungen der Mitbesitzer zu folgen hat. Mittelbarer Gesamthandsbesitz soli vorliegen, wenn der unmittelbare Besitzer die Sache nur an samtliche Mitbesitzer gemeinsam herausgeben dar£ Dem gesamthanderischen Besitz wird von MARTIN WOLFF gegentibergestellt der ,schlichte" Mitbesitz 7, bei dem ,jeder der Mitbesitzer die Sachherrschaft hat" 8. Bei der Gesellschaft soli nach der h. M. in der Literatur grundsatzlich schlichter Mitbesitz der Gesellschafter bestehen 9. MARTIN WOLFF selbst hat jedoch aufgrund der Ausfuhrungen von GIERKE seine Ansicht spater geandert und gemeint, es bestehe Mitbesitz zur gesamten Hand ,meist, nicht immer, beim Mitbesitze von Personen, die in einem Gesamthandsrechtsverhaltnis stehen" Io_ Fur den Fall, daB Gesellschafter von der Gesch~ftsfuhrung ausgeschlossen sind, sind die Ansichten in der Literatur geteilt. Teils nimmt man an, daB auch )her Jb 44 (1902), 143 ff., 159 ff. MARTIN WOLFF, a.a.O., S. 157 ff. 8 MARTIN WoLFF, a.a.O., S. 162. 9 Vgl. vor allem zum Stand von literarur und Rechtsprechung ScHONEMANN, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft S. 256 ff.; femer Srn!NDORFF, Festgabe KRONSTEIN, 1967, 151 ff.; KUOIINKE, Festschr. PAUUCK, 1973, S. 45 ff.; HUBER, Vermogensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschafren des Handelsrechts, S. 111 ff.; vgl. auch PALANDT-DEGENHART, Kom. BGB § 854, N. 6; SrAUDINGER-&UFERT, Kom. BGB § 866 N. 2; SoERGEl-SrnULTZE-v. LAsAuLX Kom. BGB, § 718 N. 15 ff. 10 So auch WoLFF-RAISER, Sachenrecht § 9 II, 2; anders jedoch WIELAND, Handelsrecht I, 616 Anm. 12. Nach ihm ,befindet sich eine Sache im Besitze der Gesellschaft, sobald sie dem auBeren Anschein nach Bestandteil des Gesellschaftsvermogens ist". WIElAND unterscheidet zwischen dem ,Verhaltnisse nach auBen und dem Verhaltnisse zwischen den Gesellschaftem". Fiir das Verhaltnis nach auBen sagt er: ,,Nach auBen ist das Besitzverhaltnis stets einheitlich. Der Besitz wird von den Geschaftsfuhrem und nur von diesen ausgeiibt. Die Gesellschaft hat als solche mittelbaren oder unmittelbaren Besitz, je nach dem die Sache sich in der unmitrelbaren Gewalt der Geschaftsfiihrer befmdet oder von diesen ausgeliehen oder hinterlegt worden ist." Fiir das ,Innenverhaltnis" sollen nach WIELAND mehrete Geschaftsfuhrer in der Regel Mitbesitzer sein. Die Ausfiihrungen von WIELAND stimmen mit der im Text vertretenen Auffassung iiberein, nur abgesehen davon, daB WIELAND im Innenverhalmis Besitz der Geschaftsfuhrer annimmt. Richtig ist die Formulierung von WIELAND, daB der Besitz von den Geschaftsfiihrem fur die Gesellschaft ausgeiibt wird. Insofem gilt fur den geschaftsfiihrenden Gesellschafter das gleiche wie fur das Organ der juristischen Person. SchlieBlich ist auch der Uberlegung WIELANDS beizupflichten: ,Der Gesellschaft die Besitzmoglichkeit abzusprechen, heiBt, sie ihrer wichtigsten Hilfsmittel zur Behauprung ihrer Rechre berauben." 6 7

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I. Literatur und Rechtsprechung zum Besitz der Gesamthand

§6 I

die von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter schlichte, unmittelbare Mitbesitzer sind 11, teils meint man, sie seien mittelbare Mitbesitzer und nur die geschaftsfiihrenden Gesellschafter unmittelbare Besitzer 12. Mehrere nach § 7rf) BGB nur gemeinsam geschaftsfiihrungsberechtigte Geschaftsfiihrer sollen gesamthanderisch gebundenen Mitbesitz haben 13. Bei HUECK heiBt es dagegen mit volliger Selbstverstandlichkeit: ,Die OHG kann femer Besitz haben" 14• STEINDORFF 15 hat die Ansicht vertreten, daB bei der Personengesellschaft, insbesondere bei der OHG und KG, die samtlichen Gesellschafter unmittelbare Besitzer sind und daB die geschaftsfiihrenden Gesellschafter oder bei der KG der Komplementlir ebenso wie die Besitzdiener den Besitz fiir die nicht geschaftsfiihrenden Gesellschafter austiben. Der durch die geschaftsfiihrenden Gesellschafter ausgeiibte sachenrechtlich unmittelbare Besitz samtlicher Gesellschafter soli zugleich gesellschaftsrechtlich der gesamthanderischen Bindung unterliegen. Da nun die von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter tatsachlich keine Herrschaft austiben, kann es sich bei der These des unmittelbaren Besitzes der von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter nur urn eine Zurechnung der tatsachlichen Herrschaftsausiibung durch die geschaftsfiihrenden Gesellschafter handeln. Diese Zurechnung an die einzelnen von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter hat aber, was die Herrschaft anbetrifft, keine Fundierung. Nur der Gesellschaft, nicht aber dem einzelnen Gesellschafter steht ein Herrschaftsbereich zu. Wenn STEINDORFF femer sagt, daB der unmittelbare Mitbesitz des einzelnen Gesellschafters der gesamthanderischen Bindung unterliegt, so hat diese Aussage in Wirklichkeit zum Inhalt, daB der Besitz der Gesellschaft, d. h. der Gruppe als solcher, zugerechnet wird 16. So z. B. STEINDORFF, a.a.O., S. 170. So BAIJ.ERSTEDT,JuS 1965, 276; HUBER, a.a.O. S. 113; BAUR, Sachenrecht § 7 D II, 1 b. 13 So BAUERSTEDT, a.a.O. 14 HUECK, OHG, 4. Auf!., S. 272. 15 STEINDORFF, a.a.O., 151 ff., 169 ff.; JZ 1968, 70. 16 Mit Recht hat HUBER, a.a.O., S. 113 darauf hingewiesen, daB STEINDORFF in Wirklichkeit der Gesamthandsgemeinschaft als solcher den Besitz durch den geschaftsfiihrenden Gesellschafter ebenso zurechnet, wie die Zurechnung bei der juristischen Person aufgrund der Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft durch das Organ geschieht. Nach SoiONEMANN (a.a.O., S. 271 N. 121) trifft sich STEINDORFF mit der vom Verf. bereits in Fesrschr. HENGELER, 1972, S. 76 ff., vertretenen Ansicht ,,in dem lrrtum, der Besitz der Gesellschaft schlieBe eine gleichstufige Besitzposition der Gesellschafter aus". DaB den einzelnen Gesellschafter als Mitglied der Gesellschaft auch die Rechtsfolgen der Besitzposition der Gesellschaft treffen konnen, setzt niche voraus, daB der Gesllschafter neben der Gesellschaft eine ,,gleichstufige Besitzposition" hat. Die Annahme einer solchen gleichstufigen Besitzposition eines jeden Gesellschafters neben der Besitzposition der Gesellschaft ist ebenso ohne Sinn, wiees die Annahme einer Rechtszustandigkeit der Gegenstande des Gesellschaftsvermogens jean die einzelnen Gesellschafter ist. Werden Gesellschafter, wei) er mit den anderen Gesellschafrern die Gesellschaft als Gruppe bildet, neben der Gesellschaft wegen der Teilhabe an der Gruppe auch als ,Besitzer" bezeichnen will, mag dies tun. Von Bedeutung ist nur, daB die Gesellschaft Besitzer ist. Nur fiir die Herausgabeklage muB in Anbetracht der besonderen Regelung des § 736 ZPO dem einzelnen Gesellschafrer der Besitz der Gesellschaft zugerechnet werden, wie vice versa der Titel gegen die Gesellschafter die Grundlage fiir die Vollstrerkung gegen die Gesellschaft 11

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§61

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer

In der Rechtsprechung ist es anerkannt, daB die OHG als solche Besitz haben kann. STEINDORFF berichtet iiber Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Stuttgart aus den Jahren 1966 und 1967, die iibereinstimmend davon ausgingen, daB wie im Verhalmis der juristischen Person und ihres Organs auch bei der OHG der geschaftsfiihrende Gesellschafter den Besitz fiir die OHG ausiibe und die OHG und nicht der geschaftsfiihrende Gesellschafter Besitzer sei 17. In einer neueren Entscheidung des V. Senats des BGH 18 heiBt es: ,Die Moglichkeit eines Besitzerwerbs durch offene Handelsgesellschaften steht auBer Zweifel". Der V. Senat des BGH berief sich dabei auf eine Entscheidung des VIII. Senats vom 1. 4. 1963 19• Es ging in dieser letzteren Entscheidung urn die Besitzfrage in dem Faile, daB bei einer Bau-Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer biirgerlichrechtlichen Gesellschaft ein Gesellschafter der Arbeitsgemeinschaft Baugerate iiberlassen hatte. Nach der Ansicht des VIII. Senats hatte der Gesellschafter, ,sei es daB er die Baugerate an die Gesellschaft vermietet hatte, sei es daB er sie in Erfiillung der Beitragspflicht nach § 706 BGB zur Benutzung iiberlassen hatte, seinen unmittelbaren Alleinbesitz aufgegeben und war mittelbarer Besitzer geworden, die Gesellschaft, also die Gesellschafter als Gesamthand, batten den unmittelbaren alleinigen Gesarnthandsbesitz erlangt". Ungeachtet dessen, daB nach dieser Formulierung die Gesellschaft den Besitz haben soli, beruht die Entscheidung des VIII. Senats nicht darauf 20• In BGHZ 57, 166 ff. hates denn auch der VIII. Senat dahingestellt sein lassen, wie die Besitzlage bei der Personenhandelsgesellschaft ist. Sehr vorsichtig formuliert der Senat: ,Es kann schon zweifelhaft sein, ob Gesellschafter einer Handelsgesellschaft (OHG oder KG) im Hinblick auf§ 124 HGB Besitz an Gegenstanden der Gesellschaft haben oder ob insoweit nicht dasselbe gilt wie fiir juristische Personen, bei denen angenommen wird, daB der Besitz ihrer Organe der Gesellschaft zugerechnet wird". Fiir die Kommanditgesellschaft erklart der Senat jedoch mit aller Entschiedenheit, jedenfalls die Kommanditisten seien nicht Besitzer. Denn, so heiBt es in der Entscheidung: ,Besitz ist tatsachliche Hertschaft. Sie steht hinsichtlich der Gesellschaftsgegenstande allein den geschaftsfiihrenden Gesellschaftem kraft ihrer Geschaftsfiihrungsbefugnis zu". Wenn dem BGH hinsichtlich der Vemeinung des Besitzes der Kommanditisten auch grundsatzlich zu folgen ist, geht es jedoch hinsichtlich der Besitzproblematik bei der Personengesellschaft nicht darum, wer die tatsachliche Herrschaft ausiibt, sondem wem diese Ausiibung zuzurechnen ist. Natiirlich kann es auch je ist. Die positivistische Regelung des§ 736 ZPO ist jedoch nicht zu verallgemeinern. SCHONEMANN, der a.a.O., S. 256 ff. eingehender ,Besitz und Gewahrsam der Gesamthandsgesellschaft" behandelt, folgt denn auch im wesentlichen dec im Text vertretenen Ansicht. 17 STEINDORFF, a.a.O., S. 152, N. 3 und 4. 18 JZ 1968, ®. 19 WM 1963, 560 = LM BGB § 987 Nr. 7. 20 So richtig STEINDORFF,JZ 1968,70. In der Entscheidung VIII ZR 48/70 vom 27. 10. 1971 (WM 1971, 1434) lliBt der VIII. Senat die Besitzfrage offen; anscheinend neigt er aber der Annahme zu, daB die Gesellschaft Besirz hat.

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II. Die Voraussetzungen der Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft § 6 II nach den Gegebenheiten des Falles so sein, daB der Kommanditist die tatsachliche Herrschaft - aber eben nicht anders als der Komplementar - fiir .die Gesellschaft ausiibt.

II. Die Voraussetzungen der Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft Man muB fiir die Gesellschaft wie fur die juristische Person hinsichtlich des Besitzes die tatslichliche Ausiibung der Herrschaft und die Zurechnung dieser Ausiibung als Besitz an die Gesellschaft oder juristische Person unterscheiden. Gehen wir aus von der juristischen Person, so macht es den Vertretem der h. M. anscheinend keine Schwierigkeiten, sich die juristische Person als ,Besitzer" zu denken, wenn ihre Besitzdiener die Sachgewalt ausiiben 21 • Nicht anders ist es bei der OHG oder Gesellschaft des biirgerlichen Rechts. Der Prokurist ist Besitzdiener fur die OHG und nicht je fiir die einzelnen Gesellschafter, erst recht nicht fur diejenigen, die von der Geschaftsfuhrung ausgeschlossen sind. Die Gesellschaft als Gruppe, die OHG, ist gegeniiber dem Prokuristen der Besitzherr. Nur gegeniiber der Gruppe, der OHG, nicht aber je gegeniiber den einzelnen Gesellschaftem besteht die Weisungsabhangigkeit des Besitzdieners, und der geschaftsfiihrungsberechtigte Gesellschafter iibt fiir die Gruppe, fiir die OHG oder die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts, nicht aber je fiir die einzelnen Gesellschafter die Weisungsmacht gegeniiber dem Besitzdiener aus. Wenn die h. M. fiir die juristische Person annimmt, daB der Besitz fur sie durch das Organ begriindet und erhalten wird, und das gleiche nicht im Verhaltnis des Gesellschafters zur Gesellschaft gelten lassen will, so beruht dies auf einer Mystifizierung der Organstellung fur die juristische Person. Bei der juristischen Person wie bei der Gesellschaft handelt es sich - wie iibrigens auch bei der Besitzdienerschaft - urn eine Zurechnung der tatsachlichen Herrschaftsausiibung durch eine natiirliche Person. Es ist nicht ersichtlich, wieso die Zurechnung an eine Gruppe nicht ebenso erfolgen konnte wie an eine juristische Person 22• Es bedarf fur die Gesellschaft aber auch gar nicht der Begriindung durch 21 Vgl. z. B. WESrERMANN, Sachenrecht § 20 II, 1; siehe auch SAviGNY, System des heutigen ROmischen Rechts II, 290 ff. 22 Dagegen wendet sich STEINDORFF, a.a.O., S. 153; siehe auch FLICK, Der Besitz in gesellschaftsrechdicher und arbeitsrechtlicher Beziehung, Diss. Munster 1970, S. 59 ff. Allgemein gegen die Zurechnung der Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft durch Besitzdiener, Organe oder Gesellschafter an jurisrische Personen ebenso wie an Personalgesellschaften wendet sich KuouNKE a.a.O .. Nach KUGIINKE (a.a.O., S. 53) unterwirft die Zugehiirigkeit zum Gesamthandsvermogen den Besitz der gesamthlinderischen Bindung. Nun gehort aber zum Besitz die Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft. Der Besitz ist zwar nicht nur Tatsache, er ist aber auch Tatsache. Auch betreffs der nariirlichen Person als Besitzer ist es so, daB die Ausiibung der tatsachlichen Hertschaft durch den Besitzdiener dem Besirzer zugetechnet wird. Selbstverstindlich bedarf es keines besondeten ,Zutechnungsakts", der als Vorgang die ,Unterwerfung" unter die gesarnthanderische Bindung bewirken

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§ 6 II

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer

die ,,Analogie" zur juristischen Person. Fiir die Gruppe gilt vielmehr aus sich heraus das gleiche wie fiir die juristische Person. Wie fiir die juristische Person das Organ den Besitz an einer Sache nur begriindet, wenn das Organ innerhalb der Organisation der juristischen Person fiir diese die tatsachliche Herrschaft an der Sache ausiibt, so gilt das gleiche fiir das Verhaltnis von Gesellschafter und Gesellschaft. Wie das Organ im Verhaltnis zur juristischen Person kann auch der Gesellschafter im Verhaltnis zur Gesellschaft selbst unmittelbarer Besitzer sein, so daB die Gesellschaft mittelbarer Besitzer ist. Wenn auch die juristische Person wie die Gesellschaft nicht selbst eine pers6nliche tatsachliche Herrschaft ausiiben kann, sollte man doch beiden einen Besitz nur zurechnen, wenn die tatsachliche Herrschaft in ihrem Bereich ausgeiibt wird. Dies ist grundsatzlich auch raumlich zu verstehen. Allerdings wird man sagen konnen, daB der Besitz der juristischen Person oder der Gesellschaft nicht unterbrochen wird, wenn das Organ oder der Gesellschafter eine Sache nur voriibergehend aus den Raumen der juristischen Person oder der Gesellschaft entfemt und in den eigenen raumlichen Bereich iibemimmt. Wenn aber das Organ oder der Gesellschafter auf langere Dauer eine Sache der juristischen Person oder der Gesellschaft in seinen eigenen Raumen in Verwahrung nimmt, so ist das Organ oder der Gesellschafter unmittelbarer Besitzer und die juristische Person oder die Gesellschaft nur mittelbarer Besitzer. So wird es in der Regel sein, wenn die juristische Person oder die Gesellschaft keine eigenen Raume hat und die ihnen gehorenden Sachen sich bei dem Organ oder Gesellschafter befinden. Die juristische Person oder die Gesellschaft konnen zwar nicht wie eine natiirliche Person eine tatsachliche Herrschaft ausiiben. Sie konnen aber einen Herrschaftsbereich haben, der durch den ihnen zugeordneten Raum und ihre Organisation bestimmt wird. Innerhalb dieses Herrschaftsbereichs iiben fi.ir die juristische Person oder Gesellschaft die natiirlichen Personen die tatsachliche Herrschaft aus. Die Siruation ist insofem hinsichtlich des Organs der juristischen Person oder des Gesellschafters einer Personengesellschaft nicht anders als hinsichtlich der Personen, die bei der Eingliederung in eine Organisation die Stellung eines Besitzdieners haben. Wenn ein Prokurist Gegenstande des Geschafts fiir langere Zeit in seiner Wohnung in Verwahrung nimmt, wenn er z. B. einen Teil der Buchhalrung in seiner Wohnung fiihrt, so ist er hinsichtlich der in seiner Verwahrung befindlichen Geschaftsgegenstande nicht Besitzdiener, sondem unmittelbarer Fremdbesitzer. wiirde, wogegen KUCHINKE sich in Verkennung der These des Verfassers wendet. Wei! aber der Besitzdiener die tatsachliche Herrschaft fur den Besitzherrn austibt, deshalb rechnen wir den Besitz dem Besitzherrn als von ihm ausgciibte Herrschaft zu. Das ist entgegen KucHINKE ebensowenig eine Fiktion, wie wenn wir bei der Verarbeitung den Geschiiftsherrn und niche seinen Angestellten als Verarbeiter ansehen. Auch fur die Verarbeitung wird die verarbeitende T:itigkeit des Gehilfen dem Geschiiftsherrn als Verarbeiter zugerechnet. Ist Geschiiftsherr eine juristische Person, so ist diese Verarbeiter; ebenso ist es die Gesellschaft als Gesamthand.

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III. Anerkennung eines Besitzes der Ges. f. d. Besitzfragen

§ 6 III

Es sind hiemach zwei Momente, welche - tiber den Besitzdiener oder das Organ oder den Gesellschafter- die Zurechnung des Besitzes fur die juristische Person oder die Gesellschaft begriinden, einmal die Willensrichtung der natiirlichen Person, nur fur die juristische Person oder die Gesellschaft die tatsachliche Herrschaft auszuiiben, und femer die Einordnung der natiirlichen Person und der Sache bei der Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft in den Herrschaftsbereich der juristischen Person oder Gesellschaft. Der Besitz der juristischen Person oder der Gesellschaft durch Besitzdiener, Organ oder Gesellschafter endet deshalb, wenn die fragliche natiirliche Person ihren Willen dahin andert, daB sie fur sich besitzen will, womit sie- wenn auch durch verbotene Eigenmacht- zum Eigenbesitzer wird, oder wenn die Sache aus dem Herrschaftsbereich der juristischen Person oder Gesellschaft ausscheidet. Wenn der Besitzdiener oder das Organ oder der Gesellschafter die Sache, hinsichtlich deren er die tatsachliche Herrschaft fur die juristische Person oder Gesellschaft ausiibt, aus deren Herrschaftsbereich in den eigenen Herrschaftsbereich verbringt, wird er, wenn er nicht kraft seines Willens Eigenbesitz begriindet, zum unmittelbaren Fremdbesitzer und die juristische Person oder Gesellschaft zum mittelbaren Besitzer 22".

III. Die Anerkennung der Moglichkeit eines Besitzes der Gesellschaft als Voraussetzung einer sinnvollen Anwendung der Vorschriften tiber die Besitzfolgen Die Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft als solche- wie bei der juristischen Person - ist Voraussetzung dafur, daB die Vorschriften, welche an den Besitz als Tatbestand Rechtsfolgen kniipfen, sinnvoll im Bereich der Gesellschaft angewandt werden konnen. Beim Tode eines geschaftsfuhrenden Gesell22a Das Kammergericht hat in der Entscheidung 1 W 3039/76 vom 17. 8.1976, NJW 1977, 1160 angenommen, wenn ein Kraftfahrzeug durch die Zulassung und die Eintragung im Kraftfahrzeugschein als zum Gesellschaftsvermogen einer KG gehorig gekennzeichnet sei, so miisse angenommen werden, daB wenn der Kraftwagen sich im Gewahrsam eines Kommanditisten befinde, der Kommanditist, auch wenn er nicht zur Geschaftsfuhrung fur die KG befugt sei, den Besitz fur die Gesellschaft ausiibe. Die Entscheidung ist rechtlich nicht einzuordnen. Der Kraftfahrzeugschein und die Zulassung hat mit der Frage des Besitzes oder Gewahrsams schlechthin nichts zu tun. In der Entscheidung heif3t es, ebenso wie die Regelung des§ 164 HGB abbedungen werden konne, sei es moglich, ,einem Kommanditisten - ohme ihm die Geschaftsfuhrungsbefugnis zu verleihen - zur Besorgung einzelner Gesellschaftsangelegenheiten die Wahrnehmung oder Ausiibung des Besitzes an Gegensranden des Gesellschaftsvermogens zu uberlassen". Sicher kann ein Kommanditist Besitzdiener sein. Nach dem Tatbestand des Beschlusses haw~ die KG durch Sicherungsubereignung und Leihvertrag den Pkw der Kommanditistin iibereignet. Der BeschluB fuhrt keine tatsachlichen Momente dafur an, daB die Kommanditistin nur die Stellung eines Besirzdieners gehabt habe. Sicher wird die Vollstreckung in Vermogensgegenstande einer Handelsgesellschaft erschwert, wenn diese sich im Besirz eines Gesellschafters beiinden. Dessen ungeachtet sind aber bei der Pf:indung die gesetzlichen Voraussetzungen zu beachten.

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§ 6 III

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft als Besitzer

schafters haben die Erben, die nicht kraft Gesellschaftsvertrags selbst auch geschaftsfuhrende Gesellschafter sind, mit dem Besitz fur die Gesellschaft nichts zu tun. Der Gesellschafter, der die Geschaftsfuhrungsberechtigung verliert, hOrt damit auf, fur die Gesellschaft den Besitz auszuiiben. Das gleiche gilt, wenn ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Wiirde er die tatsachliche Herrschaft weiter ausiiben, so ware dies, wenn es gegen den Willen der fur die Gesellschaft Handelnden, der Besitzdiener oder geschaftsfuhrenden Gesellschafter, geschieht, verbotene Eigenmacht. Kraft verbotener Eigenmacht wiirde der nicht mehr geschaftsfuhrungsberechtigte oder ausgeschiedene Gesellschafter anstelle der Gesellschaft zum unmittelbaren Besitzer. Nur wenn der ausscheidende Gesellschafter mit Zustimmung der Gesellschaft die tatsachliche Herrschaft weiter ausiibt, wird er je nach der tatsachlichen Gestaltung entweder zum Besitzdiener oder zum unmittelbaren Fremdbesitzer. Nicht zu folgen ist der Ansicht, daB bei der juristischen Person das Organ mit dem Ende der Organstellung per se anstelle der juristischen Person Besitzer werde und daher auch Besitzschutz genieBe 23• Mit dem Ende der Organstellung hat sich das Organ- nicht anders als der Besitzdiener- der Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft tiber die Sachen, die sich im Herrschaftsbereich der juristischen Person befinden, zu enthalten. Ebenso wie der Prokurist, auch wenn er Niederlassungsleiter ist, nicht mit der Beendigung der Prokuristenstellung per se vom Besitzdiener zum Besitzer avanciert, kann dies auch fur das Organ einer juristischen Person oder den geschaftsfuhrenden Gesellschafter einer Personengesellschaft nach Beendigung ihrer Stellung nicht zutreffen. Zum Besitzer konnen sie vielmehr, wenn sich die Sache im Herrschaftsbereich der juristischen Person oder der Gesellschaft befindet, nur durch verbotene Eigenmacht werden, es sei denn, daB ihnen der Besitz durch die nunmehr fur die juristische Person oder Gesellschaft rechtmaBig Handelnden anvertraut wird. Die Regelung des Besitzschutzes kann gerade bei der Entziehung der Geschaftsfuhrungsberechtigung oder bei der Beendigung der Gesellschafterstellung von Bedeutung sein. Der ausgeschiedene oder nicht mehr geschaftsfuhrungsberechtigte Gesellschafter genieBt keinen Besitzschutz, wie er ja auch als geschaftsfuhrungsberechtigter Gesellschafter nur fur die Gesellschaft den Besitzschutz wahmehmen konnte. Die fur die Gesellschaft Handelnden haben gegeniiber demjenigen, der die Geschaftsfuhrungsbefugnis verloren hat oder aus der Gesellschaft ausgeschieden ist, das Recht der Besitzwehr und Besitzkehr nach §§ 859, 860 BGB. In dem BesitzprozeB fur die Gesellschaft ware als Einwendung allerdings die Verteidigung des Beklagten zuzulassen, daB er noch geschaftsfuhrungsberechtigter Gesellschafter sei und nur fur die Gesellschaft deren Besitz tatsachlich ausiibe. Fur die Anwendung des§ 935 BGB, d. h. fur die Frage, ob der gutglaubige Erwerb durch das ,,Abhandenkommen" ausgeschlossen wird, ist es bei der Ver23

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WESrERMANN, Sachenrecht § 20 II, 2.

III. Anerkennung eines Besitzes der Ges. f. d. Besitzfragen

§ 6 III

fiigung des geschaftsfiihrungsberechtigten Gesellschafters wie des Organs der juristischen Person ohne Belang, wem der Besitz zuzurechnen ist, soweit die Verfiigung iiber die der Gesellschaft gehOrende Sache durch die Vertretungsmacht gedeckt ist. Problematisch sind nur die Faile, in denen der Gesellschafter im eigenen Namen verfiigt. Nach dem Sinn der Regelung des§ 935 BGB sollte man fiir den geschaftsfiihrungsberechtigten Gesellschafter wie fur das Organ der juristischen Person 24 annehmen, daB sie, solange sie diese Stellung innehaben, ungeachtet dessen, ob sie im eigenen Namen oder im Namen der juristischen Person oder der Gesellschaft verfiigen, hinsichtlich der Besitzaufgabe in jedem Faile fiir die Gesellschaft oder juristische Person handeln und deshalb kein Abhandenkommen vorliegt. Hinsichtlich der an den Besitz als Tatbestand gekniipften Rechte wie vor allem hinsichtlich der mit dem Besitz verbundenen Verpflichtungen ist Voraussetzung dafiir, daB solche Rechte und Verpflichtungen fur und gegen die Gesellschaft entstehen, daB der Gesellschaft selbst und niche nur den Gesellschaftem die Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft durch Besitzdiener oder geschaftsfiihrungsberechtigte Gesellschafter als Besitz zugerechnet wird. Damit die Gesellschaft den deliktischen Schutz des Besitzes nach § 823 BGB genieBt oder der Gesellschaft die Rechte nach §§ 1007,987 ff. zustehen, ist Voraussetzung, daB sie selbst berechtigter Besitzer ist oder gewesen ist. Wenn man nur einen Besitz der einzelnen Gesellschafter, sei es unmittelbaren Mitbesitz aller Gesellschafter oder unmittelbaren schlichten oder gesamthanderischen Mitbesitz nur der geschaftsfiihrenden Gesellschafter und mittelbaren Mitbesitz der von der Geschaftsfiihrung ausgeschlossenen Gesellschafter annimmt, besteht kein Besitz der Gesellschaft. DaB das Besitzrecht der Gesamthand zugerechnet wird, reicht nicht aus, urn der Gesellschaft den Besitzschutz nach § 823 BGB und die Besitzanspriiche nach §§ 1007, 987 ff. zuzuerkennen. Vielmehr muB der Besitz selbst, d. h. die tatsachliche Herrschaft, der Gesellschaft zugerechnet werden, damit die Gesellschaft aufgrund des Besitzes Anspriiche nach §§ 823, 1007, 987 ff. BGB geltend machen kann. Nicht anders ist es hinsichtlich der Anwendung der §§ 937,955, 1006 BGB. Es ist sicher ein notwendiges Ergebnis, daB die Rechtsfolgen der §§ 937, 955, 1006 BGB unmittelbar fur die OHG wie fur die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts eintreten. Hinsichtlich der OHG ergibt sich dies niche aus § 124 HGB 25• Die Rechtsfolgen sind nach §§ 937, 955, 1006 BGB gekniipft an den Besitz als tatsachliche Herrschaft, mag diese auch im Verhaltnis des mittelbaren Besitzes ausgeiibt werden. Sollen die Rechtsfolgen nach §§ 937,955, 1006 BGB zugunsten der Gesellschaft eintreten, muB diese selbst Besitzerin sein. Dies ist aber nur der Fall, wenn sie mittelbare Besitzerin ist oder ihr die Ausiibung der tatsachlichen Herrschaft durch Besitzdiener oder Gesellschafter als Besitz zugerechnet wird. 24 25

Vgl. auch WESTERMANN, Sachenrechr § 49 I, 6. So allerdings BAll.ERsrEDT, a.a.O., S. 277.

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§ 6 III

§ 6 Die Gesamthandsgesellschaft a1s Besitzer

Auf den Besitz der Gesellschaft selbst kommt es vor allem an hinsichtlich der Anspriiche, die sich gegen den Besitzer rich ten. Die Paradigmen sind die Anspriiche nach §§ 985, 987 ff. BGB. Nur der Besitzer ist nach § 985 BGB zur Herausgabe verpflichtet und hat nach §§ 987 ff. die Nutzungen herauszugeben oder Schadensersatz zu leisten. Wenn man nicht die Gesellschaft als Besitzer ansieht, miiBte man, was die Rechte des Besitzers anbetrifft, sich die Zustiindigkeit der Gesellschaft fur diese Rechte mit der Gesamthandslehre als Gesamthandsvermogenslehre so erklaren, daB die auf der Grundlage des Besitzes der einzelnen Gesellschafter entstehenden Rechte kraft irgendeiner Transsubstantiation a1s Teil des Gesamtvermogens auf die Gesellschaft iibergehen 26. Hinsichtlich der Verpflichrungen, die an den Besitz gekniipft sind, ist aber ein solcher Ubergang auf die Gesellschaft sicher nicht moglich. Die Gesellschaft kann vielmehr nach §§ 985, 987 ff. BGB nur haften, wenn die Anspriiche ihr gegeniiber originar entstehen, d. h. aber wenn die Gesellschaft selbst als Besitzer angesehen wird. Bleibt man deshalb bei einem Besitz der Gesellschafter stehen, so kame man nicht zu einer Hafrung der Gesellschaft nach §§ 985,987 ff. BGB. Aus einem Urteil gegen die Gesellschafter konnte man nach § 124 II HGB nicht gegen die OHG vollstrecken, und auch bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts wiirde es sich nicht urn eine Gesellschaftsschuld handeln. Hinsichtlich der §§ 985, 987 ff. BGB ist es offensichtlich, daB ohne die Annahme eines Besitzes der Gesellschaft einfach nicht auszukommen ist. Nicht nur bestande ohne die Zurechnung des Besitzes an die Gesellschaft keine Haftung der Gesellschaft, sondern mangels Haftung der Gesellschaft wiirde auch keine Haftung der nicht geschaftsfiihrenden Gesellschafter gegeben sein, da bei der OHG die Haftung nach § 128 HGB eben nur fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, nicht aber fur solche der anderen Gesellschafter besteht und ebenso bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts kein Haftungsgrund fur die nicht geschaftsfuhrenden Gesellschafter gegeben ware. Fiir den Herausgabeanspruch gegen die Gesellschaft nach § 985 BGB wie fur die Folgeanspriiche nach §§ 987 f( BGB haften bei der OHG die Gesellschafter nach § 128 HGB 27. Die gleiche Haftung trifft aber die Gesellschafter auch bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts 28• Das Urteil gegen den Gesellschafter auf Herausgabe hat, wenn er nicht selbst unmittelbarer Besitzer und die Gesellschaft mittelbarer Besitzer ist, nur einen Sinn bei der Gesellschaft des 26 So meint BAu.ERSTEDT, a.a.O., S. 277, es erscheine geboten, die Wirkungen, die das Gesetz in§§ 937,955, 1006 BGB an den Eigenbesitz kniipfe, iiber § 124 HGB unmittelbar der OHG zuzurechnen. Sicher ist es richtig, die fraglichen Wirkungen unmittelbar der Gesellschaft zuzurechnen. Nur ist nicht zu sehen, wie die Zurechnung zu begriinden ist, wenn man der Gesellschaft nicht den Besitz zurechnet. 27 So mit Recht FLEnliche Haftung den Gesellschafter als einzelnen und- wie der Fall des ausgeschiedenen Gesellschafters zeigt- ohne Rucksicht auf seine Mittragerschaft am Gesellschaftsvermogen und an der Gesellschaftsverbindlichkeit trifft" 9 • Was die Rechtsprechnung des BGH anbetrifft, so haben der I. 10 und der III. 11 Senat in der Ablehnung einer Gesamtschuldnerschaft zwischen OHG oder KG und den Gesellschaftern von der Rechtsprechung des Reichsgerichts und der friiher herrschenden Meinung die Forme! ubernommen, es bestehe ,nur eine einheitliche Verpflichtung und Schuld, fur die zwei verschiedene Vermogensmassen haften" 12 . Der II. Senat hat sich dagegen, wie RoBERT FISCHER 13 formuliert hat, von dieser Lehrmeinung ,bewuBt distanziert". Nach ROBERT FISCHER 14 ist der Ausgangspunkt der h. M. unzutreffend. Es geht nach ihm nicht an, ,die Frage nach dem Wesen und dem Inhalt der Vgl. z. B. RoBERT FiSCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 3; KOTTER, Kom. HGB, § 128 N. 1. Vgl. z. B. BuCHNER, JZ 1968, 622 ff.; ders., AcP 169, 489 ff., 499 ff. Nach HuBER, Vermogensanreil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanreil an Personalgesellschaften des Handelsrechts (1970), S. 88, soli die Unterscheidung zwischen der ,Gesamthandsschuld" der Gesellschaft und der ,Gesamtschuld" der Gesellschafter nur auf einem ,verfahrensrechtlichen Grund", niimlich auf der verfahrensrechtlichen Selbstiindigkeit der Gesellschaft im ProzeB und im Konkurs bern6

7

hen.

8 RoBERT FiSCHER, a.a.O.; KOTTER, a.a.O.; HUECK, OHG § 21. Allgemein zur Literatur und Rechtsprechung siehe JoHN, Die organisierte Rechtsperson, 1977, S. 246 ff. 9 KoTTER, a.a.O. 10 BGHZ 5, 37. 11 BGHZ 34, 293. 12 BGHZ 34, 297. 13 Kom. HGB, § 128 Anm. 3 untcr Zitat von BGHZ 23, 305; 36, 224; 39, 319; 44, 229;

47, 376; 48, 204. 14

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A.a.O. Anm. 4.

1. Die Gesellschaftsschuld als Verbindlichkeit der Gesamthand als Gruppe

§ 16 II

persanlichen Haftung des einzelnen Gesellschafters allein danach zu beantworten, welchen rechtlichen Charakter man der OHG beilegt". In der Besprechung der Entscheidung BGHZ 23, 302 ff. meint ROBERT FISCHER 15 , wenn man von dem Gesamthandscharakter der OHG ausgehe, sei es ,bei der OHG genauso wie bei der biirgerlichrechtlichen Gesellschaft, bei der die einzelnen Gesellschafter die unmittelbaren und personlichen Schuldner der sog. Gesellschaftsverbindlichkeit sind". Die Folgerung, die sich nach seiner Ansicht eigentlich aus dem Gesamthandsprinzip ergeben soli, wird von FISCHER nur abgelehnt mit der Begriindung, sie werde ,dem besonderen Wesen der OHG nicht gerecht". Gerade aus dem Gesamthandsprinzip ergibt sich dagegen, daB die Verbindlichkeit der OHG, d. h. der Gesamthand als Gruppe, neben den Haftungsverbindlichkeiten eines jeden der Gesellschafter besteht, wie KOTTER dies in der zitierten Formulierung gesagt hat. Es ist zwischen der Schuld der OHG und der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters zu unterscheiden, wie dies auch dem Wortlaut des § 128 HGB von der Haftung der Gesellschafter ,fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft" entspricht 16. Es ist zwar richtig, daB fur die Gesellschaftsschulden verschiedene Vermogensmassen haften, das Vermogen der Gesellschaft und die Vermogen der einzelnen Gesellschafter. Wie aber WIELAND treffend gesagt hat, wird die gesonderte Haftung ,durch gesonderte Schuldpflicht vermittelt, die Haftung des Gesellschaftsvermogens durch die Schuldpflicht der Gesellschaft, die des Privatvermogens durch die Sonderschuld der Gesellschafter" 17. Jede Gesellschaftsschuld, fur welche die Gesellschafter haften, ist, wie GIERKE 18 gesagt hat, ,,gleichzeitig Gesamtschuld und Sonderschuld", wobei ,Gesamtschuld" die Verbindlichkeit der ,Gesellschaft" ist und als solche ,die kollektive Einheit der Gesellschafter", d. h. die Gesellschaft als Gruppe, trifft. Die Gesellschaft, d. h. die Gruppe und nicht die einzelnen Gesellschafter, ist die Beteiligte der rechtlich relevanten, auf die Gesellschaft bezogenen Vorgange, insbesondere Beteiligte des rechtsgeschaftlichen Verkehrs. Nur die Gesellschaft ist Beteiligte des Schuldverhaltnisses als Organismus, und die Haftung fur die sich aus dem Schuldverhaltnis ergebenden Verbindlichkeiten wird nur von der Gesellschaft auf die Gesellschafter erstreckt. Bei ungerechtfertigter Bereicherung der OHG ist nur diese bereichert, aber fur die ungerechtfertigte Bereicherung der OHG haftet der Gesellschafter, auch wenn er selbst gar nicht bereichert ist.

LM § 128 HGB Nr. 4. Richtig R!EGGER, Die Rechtsfolgen des Ausscheidens eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personalgesellschaft (1969), S. 56 ff. 17 WIELAND, Handelsrecht I, S. 629. Abwegig ist cs, wic JoHN a.a.O. S. 250, in diesem Zusammenhang von der Unterschiedlichkeit der Bcgriffc ,Schuld" und ,Haftung" zu sprechen. 18 Genossenschaftstheorie, S. 551. 15

16

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§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft 2. Das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungs-

verbindlichkeit des Gesellschafters a) Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit als Gesamtschuldverhaltnis mit akzessorischem Charakter der Haftungsverbindlichkeit Es ist ganz uberwiegende Meinung, daB zwischen der Schuld der OHG und der Haftungsverbindlichkeit der Gesellschafter kein Gesamtschuldverhaltnis im Sinne der §§ 421 ff. BGB besteht. Die Ansicht wird unterschiedlich begriindet. Soweit die Identitat der Gesellschaftsverbindlichkeit mit der Schuld der einzelnen Gesellschafter vertreten wird, ist selbstverstandlich fur die Annahme eines Gesamtschuldverhaltnisses kein Raum 19• HUECK 20 verneint das Bestehen eines Gesamtschuldverhaltnisses wegen des von ihm angenommenen Unterschieds des Inhalts der Verpflichtung der Gesellschaft und der einzelnen Gesellschafter. Nach HUECK haben die einzelnen Gesellschafter in erster Linie nicht eine eigene Leistung zu erbringen, sondern fur die Leistung der OHG zu sorgen. Der II. Zivilsenat des BGH hat wiederholt betoot, daB zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern kein echtes Gesamtschuldverhaltnis besteht. Es soli aber nach diesen Entscheidungen hinsichtlich der Anwendbarkeit der §§ 422 ff. BGB jeweils gepriift werden mussen, ,ob das verschiedenartige Interesse der Beteiligten es erlaubt, die in diesen Vorschriften enthaltenen Rechtsgedanken zu ubertragen" 21 • Nach KOlTER 22 kommt es fur die Frage, ob ein Gesamtschuldverhaltnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter besteht, auf den Inhalt der Verpflichtung der OHG an. KO'ITER geht dabei aus von dem Nebeneinander der Gesellschaftsverbindlichkeit und der Schuld der einzelnen Gesellschafter und nimmt ein Gesamtschuldverhaltnis zwischen der OHG und den Gesellschaftern an, ,wenn zur Erfullung der Gesellschaftsverbindlichkeit auch eine Leistungshandlung tauglich ist, die ohne den Einsatz des Gesellschaftsvermogens erbracht werden kann". KOlTER lehnt das Bestehen eines Gesamtschuldverhaltnisses also our bei Fehlen der Inhaltsgleichheit der Leistung ab. Bedenken gegen eine Einordnung des Nebeneinanders von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters als Gesamtschuld konnten sich our aus dem akzessorischen Charakter der Haftungsverbindlichkeit ergeben. Die Gesellschaftsschuld hat den Vorrang vor den Haftungsverbindlichkeiten, indem sie- mit allen ihren Veranderungen- diese inhaltlich bestimmt, wahrend sie selbst umgekehrt aber grundsatzlich- abgesehen von der Erfullung und dem Glliubigerverzug- durch die Haftungsverbindlichkeiten der einzelnen Gesellschafter oder durch das Tun oder Unterlassen 19 20 21 22

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Vgl. z. B. GESSLER, Kom. HGB, § 128 N. 2. OHG § 21 II, 7. BGHZ 47, 378; vgl. BGHZ 36, 224/227; 39, 319/324 ff.; 44, 229/233; 48, 203/204. Kom. HGB, § 128 N. 1, vgl. auch N. 5.

2. Das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit

§ 16

II

der Gesellschafter, wenn dieses nicht der Gesellschaft zugerechnet wird, nicht bestimmt wird. Wenn der Gesellschafter fur die Gesellschaftsschulden haftet, so ist doch nicht er, sondern nur die Gesellschaft der Beteiligte der fraglichen Rechts- oder Schuldverhaltnisse. Nur von der Gesellschaft und nur gegeniiber der Gesellschaft sind also die rechtsgeschaftlichen Gestaltungen vorzunehmen, welche das Schuldverhaltnis verandern und demzufolge auch die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters bestimmen. Beachtet man den akzessorischen Charakter der Haftungsverbindlichkeit, so ist die Einordnung der Gesellschaftsschuld und der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters als Gesamtschuldverhaltnis grundsatzlich unbedenklich, da sich die Rechtsfolgen auch unter Beachtung der §§ 421 ff. BGB aus der Besonderheit des akzessorischen Charakters der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters 23 gegeniiber der Gesellschaftsschuld ergeben. Nach der Ansicht des II. Senats des BGH kommt es fiir die Anwendung der §§ 421 ff. BGB ,im Einzelfall darauf an, ob der Haftungszweck des§ 128 HGB und die maBgeblichen lnteressen der Beteiligten die Anwendung dieser Vorschriften rechtfertigen und es gebieten, Tatsachen, die nachtraglich auf das Schuldverhaltnis zwischen Glaubiger und Gesellschaft einwirken, auch fiir oder gegen den ... Gesellschafter wirksam werden zu lassen" 24 . Der Satz wird in der Entscheidung fiir den ausgeschiedenen Gesellschafter statuiert, wie aile einschlagigen Entscheidungen des BGH 25 betreffs der Anwendung der §§ 421 ff. auf das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters Faile behandeln, in welchen der Gesellschafter, urn dessen Haftung es ging, aus der Gesellschaft ausgeschieden war. Fiir den Gesellschafter muB aber fur die Dauer seiner Zugehorigkeit zur Gesellschaft das gleiche gelten. Die Formulierung des BGH ist insofern nicht gliicklich, als sie den Eindruck erwecken konnte, daB ,im Einzelfall" jeweils nach der besonderen Interessenlage zu entscheiden ware, ob die§§ 421 ff. anzuwenden sind. Dem ist jedoch nicht so. Nur gelten die §§ 421 ff. vorbehaltlich der Konsequenzen, die sich aus dem akzessorischen Charakter der Haftungsverbindlichkeit ergeben 26. Dabei ist es wesentlich, daB die Vorschriften der §§ 421 ff. besonders elastisch gestaltet sind, indem § 425 Abs. 1 darauf abstellt, was sich aus dem Schuldverhaltnis ergibt, und die Ausgleichsvorschrift des§ 426 nur gilt, ,soweit nicht ein anderes bestimmt ist". Leitbild der §§ 421 ff. BGB ist das Nebeneinander gleichrangiger Verbindlichkeiten, von Verbindlichkeiten ,eiusdem potestatis", wie es in RGZ 53, 404 im Zitat von D 45, 2, 13 heiBt. Auch in dieser Entscheidung wird die 23 Vgl. zu der Frage, ob der Biirge und der Hauprschuldner Gesamtschuldner sind, STAll DINGER-BRANDL, Kom. BGB, Vorbem. 9 vor §§ 765 ff. u. Zit. 24 BGHZ 48, 204; s. ferner ROBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 17 ff. 25 BGHZ 36, 224; 39, 319; 44, 229; 47,376. 26 Vgl. KOHNE, ZHR 133 (1970), S. 149 ff.

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§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Biirgschaft jedoch als ,Solidarschuldverhaltnis" bezeichnet, das allerdings in §§ 765 ff. BGB ,erschopfend" geregelt sei. Erst mit der Zeit hat es sich als herrschende Meinung durchgesetzt, daB zwischen Biirgschaft und Hauptschuld kein Gesamtschuldverhaltnis besteht 27 • Fiir die Biirgschaft bedarf es nicht der Anwendung der §§ 421 ff., weil die Biirgschaft ,erschOpfend" geregelt ist. Fiir das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit fehlt es jedoch an einer besonderen Regelung. Nun wiirde man allerdings auch fiir die Regelung der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters auf die Vorschriften der §§ 421 ff. im allgemeinen nicht angewiesen sein, da auch ohne besondere gesetzliche Regelung sich aus dem akzessorischen Charakter der Haftungsverbindlichkeit das Wesentliche mit Selbstverstandlichkeit ergibt. Nur die cessio legis nach § 426 Abs. 2 BGB wiirde, auch wenn die entsprechende Regelung in§ 774 BGB- sogar absolut, d. h. ohne Riicksicht auf das Innenverhaltnis - fiir die Biirgschaft angeordnet ist, nicht ohne gesetzlichen Anhalt verbindlich im Verhaltnis von OHG und Gesellschafter zugunsten des letzteren aus dem Akzessorietatsprinzip gefolgert werden konnen. AbschlieBend ist festzustellen, daB das Nebeneinander von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters zwar als Gesamtschuldverhaltnis einzuordnen ist, daB dies aber fiir die Anwendung der §§ 421 ff. BGB betreffs der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters, abgesehen von§ 426 Abs. 2, ohne Belang ist, weil das Verhaltnis der Haftungsverbindlichkeit zur Gesellschaftsschuld dadurch bestimmt ist, daB die Haftungsverbindlichkeit nicht ,eiusdem potestatis" wie die Gesellschaftsschuld ist, sondem durch das Akzessorietatsprinzip bestimmt wird. Zugunsten der Gesellschaft sind aber die§§ 421 ff.- besonders ist die Situation nur betreffs § 423 28 - anzuwenden. Das Akzessorietatsprinzip gilt fiir die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters, gleich welchen lnhalt diese hat. Nicht zu folgen ist KOlTER 29 , wenn er fiir das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit danach unterscheidet, ob die Gesellschaftsverbindlichkeit nur von der Gesellschaft als solcher erfiillbar ist und deshalb der Gesellschafter nur auf das Interesse haftet oder ob der Gesellschafter, dem die I.eistung in gleicher Weise wie der Gesellschaft moglich ist, dasselbe schuldet wie die Gesellschaft. Entgegen KOlTER bestimmt sich auch in den letzteren Fallen, wenn man einen Anspruch gegen den Gesellschafter auf Erfiillung in natura annimmt, aufgrund des Akzessorietatsprinzips die Haftungsverbindlichkeit 27 Vgl. dazu STAUDINGER-BRANDL, Kom. 8GB, Vorbem. vor §§ 765 ff., N. 9; der STAUDINGER-Kom. ordnete bis zur 10. A. und der I'LANCKsche Kom. bis zur 3. A. (s. PLANCK-SIBER, § 421 N. 1 a) Biirgschaft und Hauptschuld als Gesamtschuldverhaltnis ein. 28 Siehe dazu unten S. 291 ff_ 29 Kom. HGB, § 128 N. 1, 2, 5.

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2. Das Verhaltnis zur Gesellschaftsschuld u. Haftungsverbindlichkeit § 16 II nach der Gesellschaftsschuld, wie auch bei der Burgschaft das Akzessorietatsprinzip in gleicher Weise gilt, gleich ob die Burgschaft fur eine vertretbare oder eine unvertretbare, hochstpers6nliche Leistung des Hauptschuldners besteht 30. Wie es beim Burgen fur die Frage der Akzessorietat ohne Belang ist, ob der Burge zu einer Sachleistung oder von vornherein nur zur Leistung des Interesses verpflichtet ist, widerstreitet es im grundsatzlichen dem Sinn der Regelung der Haftung des Gesellschafters fur die Gesellschaftsschulden, je nach dem lnhalt der Gesellschaftsschuld unterschiedlich fur die Selbstandigkeit der Haftungsverbindlichkeit oder ihre Abhangigkeit von der Gesellschaftsschuld zu entscheiden. b) Einzelfragen des Verhaltnisses von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters Weil die Schuld des Gesellschafrers nur eine Haftungsverbindlichkeit und als solche von der Gesellschaftsschuld abhangig ist, ergibt sich, wenn man die Formulierung von§ 425 Abs. 1 BGB ubernimmt, daB andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen, wenn sie in der Person des Gesellschafters eintreten, allerdings grundsatzlich nur fur und gegen diesen wirken, daB aber diese Tatsachen, wenn sie bei der Gesellschaft eintreren, auch fur und gegen den Gesellschafter wirken. Was den Streit urn die Anwendung des§ 425 BGB auf das Verhaltnis von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters anbetrifft 308 , so ist er schon deshalb gegenstandslos, weil § 425 BGB in Wirklichkeit ohne Inhalt ist. Es kommt auch nach § 425 in jedem Fall darauf an, was sich aus dem Schuldverhaltnis ergibt. 1st die Falligkeit der Gesellschaftsschuld von einer Kundigung abhangig, so kann die Kundigung nur gegenuber der Gesellschaft erfolgen. Bei Verjahrung der Gesellschaftsschuld steht auch dem Gesellschafter nach § 129 HGB die Einrede der Verjahrung zu. Es ist strittig, ob die Unterbrechung der Verjahrung gegenuber der Gesellschaft auch - entgegen der Regelung des § 425 Abs. 2, die aber nach § 425 Abs. 1 nur gilt, ,soweit sich nicht aus dem Schuldverhaltnis ein anderes ergibt" - zu Lasten des Gesellschafters wirkt, d. h. ob es eine selbstandige Verjahrung der Haftungsverbindlichkeit bei Unterbrechung der Verjahrung der Gesellschaftsschuld gibt. Zunachst ist festzustellen, daB fur die Haftungsverbindlichkeit die gleiche Verjahrungsfrist wie fur die Gesellschaftsschuld gilt. Es besteht nur nach § 159 HGB eine selbstandige Verjahrung der Haftungsverbindlichkeit in funf Jahren nach der Auflosung der Gesellschaft oder nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Fur die funfjahrige selbstandige Verjahrung nach § 159 durfte es zweifelsfrei sein, daB, abgesehen von der Sonderregelung des§ 160, 30 301

Vgl. STAUDINGER-BRANDL, Kom. BGB, Vorbem. vor §§ 765 ff. N. 7, 8; § 765 N. 9. Siehe un ten S. 295 f. 289

§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

eine Unterbrechung der Verjahrung gegenuber der Gesellschaft nicht zu Lasten des Gesellschafters hinsichtlich der funfjahrigen Verjahrung geht. Diese eigenstandige funfjahrige Verjahrung kann vielmehr nur gegentiber dem Gesellschafter selbst unterbrochen werden. Das Reichsoberhandelsgericht 31 hat erkannt, daB die Klage gegen die Gesellschaft nicht die Verjahrung gegenuber dem Gesellschafter unterbricht. Das KG hat entgegengesetzt entschieden 32 . Die in der Literatur zu der Frage zitierte Entscheidung des Reichsgerichts JW 1909, 226 ff. handelte von dem Konkurs einer OHG. Das Reichsgericht nahm an, daB die Anmeldung im Konkurs der Gesellschaft die Verjahrung auch gegentiber dem einzelnen Gesellschafter unterbricht, daB die rechtskraftige Feststellung des Anspruchs aber nicht die 30jahrige Verjahrungsfrist gegentiber dem einzelnen Gesellschafter auslost, daB es diesem gegentiber vielmehr bei der funfjahrigen Verjahrungsfrist des§ 159 HBG bleibt, wenn die Forderung nicht von vornherein einer ktirzeren Verjahrungsfrist unterliegt. Das KG 33 hat dagegen angenommen, daB die rechtskraftige Feststellung gegentiber der Gesellschaft nach § 218 BGB auch gegentiber dem Gesellschafter wirkt. Diese Frage zu § 218 BGB soli hier nicht weiter verfolgt werden. Die altere Literatur 34 nahm uberwiegend an, daB die Unterbrechung der Verjahrung gegenliber der Gesellschaft auch gegentiber dem Gesellschafter wirkt, und diese Meinung wird auch z. Z. noch weitgehend vertreten 35 . GIERKE meinte gegentiber der Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts, sie sei ,offenbar verfehlt" 36. Nach HUECK 37 besteht das Problem nicht, weil der Gesellschafter ,fiir Schulden der OHG immer wieder von neuem haftet", so daB die Unterbrechung mit Selbsrverstandlichkeit zu Lasten des Gesellschafters wirkt. In der Literatur dringt neuerdings die Meinung vor, daB die Unterbrechung gegentiber der Gesellschaft nicht gegentiber dem Gesellschafter wirkt 38. Nach KOTTER 39 soil die Unterbrechung der Verjahrung gegentiber der Gesellschaft auch gegenuber dem Gesellschafter nur fur den Fall wirken, daB die Gesellschaftsverbindlichkeit nur mit Mitteln des Gesellschaftsvermogens erfullbar ist; in diesem Fall soll sich die Unterbrechung nach KOTTER daraus ergeben, daB die Gesellschafter nur eine Garantiehaftung trifft. 31

ROHG 20, 178 ff.

32

So ausdriicklich OLGE 28, 348; vgl. auch OLGE 32, 107 (mit obiter dictum).

OLGE 32, 107. Vgl. WIELAND, Handelsrecht I, S. 633 N. 11 Zit.; FLECHTHEIM in Di.iRINGER·HACHEN. BURG, Kom. HGB, § 128 Anm. 12; STAUB· PiNNER, Kom. HGB, § 128 Anm. 13. 35 BAUMBACH-DuDEN, Kom. HGB, § 129 Anm. 1 A; HuECK, OHG, § 21 IV, 2. 36 Genossenschaftstheorie, S. 560 N. 2. 37 OHG, § 21 IV, 2. 38 RoBERT FISCHER, Kom. HGB, § 124 Anm. 27; GESSLER, Kom. HGB, § 129 Anm. 3; WEIPERT, Kom. HGB, § 129 Anm. 7. 39 Kom. HGB, § 128 N. 5 (S. 438). 33

34

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2. Das Verhaltnis zur Gesellschaftsschuld u. Haftungsverbindlichkeit

§ 16 II

Mit der Berufung auf§ 425 BGB laBt sich die Frage nicht in dem Sinne entscheiden, daB die Unterbrechung der Verjlihrung gegeniiber der Gesellschaft nicht gegeniiber dem Gesellschafter wirkt. Denn § 425 Abs. 2 soli ja nur gelten, ,soweit sich nicht aus dem Schuldverhliltnis ein anderes ergibt". Die Regelung des § 425 geht auch hinsichtlich der Verjlihrung von der Gleichrangigkeit der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten aus, daB sie ,eiusdem potestatis" sind. Fiir die akzessorischen Verbindlichkeiten ergibt sich dagegen grundslitzlich eben wegen des akzessorischen Charakters das Gegenteil. Besonders anschaulich ist dies fur die Unterbrechung der Verjlihrung durch die Anerkennung nach § 208 BGB. Da das Schuldverhaltnis ein solches der Gesellschaft ist, kann sinnvollerweise die Anerkennung auch nur durch die Gesellschaft erfolgen. Es ware in der Tat, wie GIERKE gesagt hat, ,offenbar verfehlt", wollte man fur die Faile der Abschlagszahlung etc. noch eine selbstandige Anerkennung des Anspruchs durch den Gesellschafter verlangen, damit die Verjahrung auch fur die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters unterbrochen wird. Es bedarf fur dieses Ergebnis nicht der Begriindung von HUECK, daB der Gesellschafter immer wieder von neuem haftet. Die Wirkung der Unterbrechung zu Lasten des Gesellschafters folgt vielmehr einfach daraus, daB der Gesellschafter fur die Gesellschaftsschuld haftet und deshalb seine Haftung einseitig durch die Gesellschaftsschuld bestimmt wird. Nur fur die selbstandige fiinfjahrige Verjlihrung gegeniiber dem Gesellschafter nach § 159 HGB bedurfte es der besonderen Normierung des§ 160, wenn die Unterbrechung gegeniiber der Gesellschaft auch gegen die Gesellschafter wirken sollte, welche der Gesellschaft zur Zeit der Auflosung angehort haben. DaB die Unterbrechung einer kiirzeren Verjlihrung der Forderung gegen die Gesellschaft auch die kiirzere Verjahrung gegeniiber dem Gesellschafter unterbricht, ergibt sich auch im Fall des§ 160 nicht aufgrund dieser Vorschrift, sondern aus dem akzessorischen Charakter der Haftungsverbindlichkeit. Die Unterbrechung tritt deshalb insoweit gegeniiber allen Gesellschaftern, auch gegeniiber den ausgeschiedenen ein. Die Rechtskraft im ProzeB gegen die Gesellschaft wirkt fur und gegen den Gesellschafter (§ 129 HGB), wlihrend die Entscheidung im ProzeB gegen den Gesellschafter die Gesellschaft nicht beriihrt. Was die Erfullung durch die Gesellschaft anbetrifft, so bedarf es nicht des § 422 BGB, damit die Tatbestlinde von§ 422 I zugunsten der Gesellschafter wirken. Das ergibt sich vielmehr mit Selbstverstandlichkeit schon daraus, daB die Gesellschafter nur fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften. Der ErlaB der Forderung gegeniiber der Gesellschaft wirkt wegen der akzessorischen Natur der Haftungsverbindlichkeit auch fur den Gesellschafter. Wahrend nach § 423 BGB der ErlaB fur die anderen Gesamtschuldner nur wirkt, ,wenn die VertragschlieBenden das ganze Schuldverhaltnis aufheben wollten", macht es die Akzessorietlit der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters unmoglich, den ErlaB auf die Gesellschaft zu beschrlinken. So hat 291

§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

der BGH 40 mit Recht entgegen dem Reichsgericht 41 und der Literatur 42 , soweit diese dem Reichsgericht gefolgt ist, entschieden. KOlTER 43 will auch hinsichtlich des Erlasses unterscheiden, ob der Gesellschafter zu einer inhaltsgleichen Leistung wie die Gesellschaft oder nur zur Interesseleistung verpflichtet ist. Nur wenn die Verpflichtung des Gesellschafters auf das Interesse gerichtet ist, soli nach KOlTER der ErlaB gegeniiber der Gesellschaft per se auch zugunsten des Gesellschafters gel ten. Das Akzessorietatsprinzip verlangt aber in jedem Fall die gleiche Li:isung, wie dies auch fiir die Biirgschaft selbstverstandlich ist. Die Gesellschaft bestimmt zwar durch die Vereinbarung iiber ihre Schulden auch autonom iiber die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters. So wenig aber die Gesellschaft eine selbstandige Schuld des Gesellschafters begriinden kann, hat sie auch, da der Gesellschafter nur fiir die Verbindlichkeicen der Gesellschaft haftet, die Macht, bei dem ErlaBvercrag eine selbstandige Schuld des Gesellschafters bestehen zu lassen. Die in der Literatur vertretene Argumentation fiir die Zulassigkeit eines Erlasses nur zugunsten der Gesellschaft, es handele sich ,urn die Entlassung eines Hafcungsbereichs, namlich der OHG, aus der Verbindlichkeit, wahrend die des anderen aufrechterhalten bleibt" 44 , widerspricht dem richtigen Verstandnis des Gesamthandsprinzips, der geseczlichen Regelung des§ 128 HGB und dem Sinn und Wesen der Gesellschafterhaftung. Der ErlaBvertrag zugunsten der Gesellschaft ist nicht nur ,die Entlassung eines Haftungsbereichs". Er hebe vielmehr die Schuld der Gesellschaft auf und enczieht damit der Haftung des Gesellschafters die Grundlage. Die Argumentation zu der Moglichkeit der Entlassung eines Haftungsbereichs ist nur verstandlich aufgrund der These, daB die Gesellschaftsschuld niches anderes als die Schulden der Gesellschafter ist und es eine wirkliche Schuld der Gesellschaft gar niche gibe. HUECK 45 hat, obwohl er niche der These von der Identitat der Gesellschaftsschuld und der Gesellschafterschulden folgt, die Moglichkeit des Erlasses nur der Gesellschaftsschuld bejaht. Er meint, in einem solchen ErlaB liege eben niche die Beseitigung der ganzen Schuld und es sei niche einzusehen, weshalb dies niche moglich sein solle, da ja eine Benachteiligung des hafcbar 40 BGHZ 47, 376 ff.; zu der Enrscheidung und zu der Frage allgemein siehe bes. RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 128 Anm. 19 u. Zit.; WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht Tz 363; KOHNE, ZHR 133,149 ff.; BucHNER,JZ 1968,622 ff.; AcP 175, 269; KORNBLUM, Haftung der Gesellschafter fUr Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S. 78 ff., 130 f.; HADDING, ZGR 1973, 155 ff.; HUECK, OHG § 21 II, 7; REINICKE, Festschr. WESTERMANN, 1974, S. 487 ff. u.s. 488 N. 4 Zit.; TIEDTKE, DB 1975, 1109 ff.; KOTTER, ZHR 137, 179 ff. 41 RG JW 1928, 2612. . 42 Vgl. Zitate BGHZ 47, 378; s. auch ROBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 19 und Zit. 43 A.a.O. und Kom. HGB, § 128 N. 5 (S. 436). 44 So GESSLER, Kom. HGB, § 128 N. 21. 45 OHG, § 21 II; s. auch SoERGEL-ScHULTZE-V. LASAULX, Kom. BGB, § 718 N. 10.

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2.

Das Verhaltnis zur Gesellschaftsschuld u. Haftungsverbindlichkeit

§ 16 II

bleibenden Gesellschafters gegeniiber dem Zustand vor dem ErlaB nicht eintrete. Diese Argumentation beriicksichtigt jedoch nicht die Unselbstandigkeit der Gesellschafterschuld als Haftungsverbindlichkeit. W enn die Gesellschafter nach § 128 HGB ,fiir die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften", ist diese Haftung per definitionem von dem Bestehen der Verbindlichkeit der Gesellschaft abhangig. Dagegen sollte man nicht als Argument fiir die Unmoglichkeit eines ErlaBvertrags nur zugunsten der Gesellschaft ohne Zustimmung des Gesellschafters vorbringen, daB der Gesellschafter damit urn die Einwendungen nach § 129 Abs. 2 HGB gebracht wiirde 46. Auch wenn solche Einwendungen gar nicht bestehen und ihre Entstehung auch gar nicht in Frage kommt, ergibt sich die Wirkung des Erlasses zugunsten der Gesellschaft auch fiir den Gesellschafter aus dem Inhalt der Schuld des Gesellschafters als Haftungsverbindlichkeit. Der ErlaBvertrag nur zugunsten der Gesellschaft ist nichtig 47 • Allerdings ergibt sich dies nicht, wie der BGH 48 angenommen hat, als Folge eines Feblens der Geschaftsgrundlage nach § 242 BGB. Der Inhalt des ErlaBvertrages lautet in diesem Fall, daB die Verbindlichkeit der Gesellschaft unter Aufrechterhaltung der Haftung des Gesellschafters erlassen wird. Da dies rechtlich nicht moglich ist, ist der ErlaBvertrag, als auf etwas rechtlich Unmogliches gerichtet, mit Selbstverstandlichkeit ohne Rechtswirkung 49. Es kann auch nicht etwa eine Anwendung von§ 139 oder § 140 BGB in Frage kommen, da der voile ErlaB als die weitergehende Rechtsfolge nach dem Inhalt des ErlaBvertrags gerade nicht eintreten sollte. Wiirde ein solcher ErlaBvertrag unter Teilnahme des Gesellschafters abgeschlossen, so wiirde damit die Gesellschaftsschuld als selbstandige Verbindlichkeit von dem Gesellschafter iibernommen. Besonderes gilt fiir den Vergleich nach VerglO und KO. Aus dem Sicherungszweck, der fiir die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters ebenso wie fiir die Biirgschaft die akzessorische Gestaltung bestimmt, ergibt sich fiir die akzessorische Haftungsverbindlichkeit die Haftung gerade im Faile des Vergleichs nach VerglO und KO (§ 82 Abs. 2 VerglO, § 193 KO). Wenn nach § 109 Ziff. 3 VerglO, § 211 Abs. 2 KO der Vergleich auch zugunsten des Gesellschafters wirkt, ,soweit er nicht ein anderes festsetzt", so ist diese Regelung nicht eine Konsequenz des Akzessorietatsprinzips. Wenn es auch paradox erscheinen mag, handelt es sich vielmehr- bei richtigem VerstandSo BGHZ 47,376,379 ff. So mit Recht BGH a.a.O. Gegen die Entscheidung zu Unrecht BucHNER a.a.O.; HUECK a.a.O., insbes. Anm. 36; KOHNE a.a.O.; K0TIER a.a.O.; SoERGEL-ScHULTZE-V. LASAULX, Kom. BGB § 718 N. 10; insbesondere unrichtig die Einwendungen von TIEDTKE, DB 1975, 1109 ff. mit angeblichen Rechtssatzen. 48 A.a.O., S. 381. 49 Zur Biirgschaft vgl. STAUDINGER-BRANDL, Kom. BGB, § 765 N. 17 und zit. Entsch.; vgl. insbesondere RGZ 56, 310 ff. betr. Stundung nur zugunsten des Hauptschuldners. 46 47

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§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

nis des Sinns der Akzessorietat - urn eine Ausnahme von dem durch den Sicherungszweck bestimmten Akzessorietlitsprinzip. Die Ausnahme ergibt sich daraus, daB fiir den gerichtlichen Vergleich Gesellschaftsvermogen und Gesellschaftervermogen als Einheit gesehen werden. Wenn fiir den Zwangsvergleich bestimmt ist, daB der Vergleich auf die Gesellschaft beschriinkt werden kann, so ist daraus nicht zu folgern, daB ein privater ErlaBvergleich unter Aufrechterhaltung der vollen Haftung der Gesellschafter ohne deren Zustimmung von der Gesellschaft abgeschlossen werden konnte. Denn an dem Zwangsvergleich wirken die Gesellschafter mit, so daB der Vorbehalt der Haftung kraft Vereinbarung unbedenklich ist. Die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters hat sich zwar zu bewahren bei Vermogensunzulanglichkeit der Gesellschaft. Deshalb ist es aber nicht gerechtfertigt, im Fall einer solchen Vermogensunzulanglichkeit der Gesellschaft die Moglichkeit zu geben, sich von der Schuld zu befreien und einem Gesellschafter, der dem nicht zugestimmt hat, eine nunmehr selbstandige Haftung zu iiberlassen 50• Das gleiche wie betreffs des Erlasses gilt hinsichtlich der Stundung. Auch sie kann wie bei der Biirgschaft von der Gesellschaft nicht nur ftir sich selbst vereinbart werden 51 , d. h. so, daB die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters Hillig bliebe. Die Gesellschaft kann auch nicht mit dem Glaubiger vereinbaren, daB dieser sich zunachst an den Gesellschafter zu halten habe. DaB der Glaubiger sogleich die Haftungsverbindlichkeit geltend machen kann, rechtfertigt nicht die Zulassigkeit einer Stundungsvereinbarung derart, daB die Schuld der Gesellschaft erst nach der Inanspruchnahme des Gesellschafters fallig werden soli 52 • Wirken ErlaB und Stundung gegeniiber der Gesellschaft per se kraft des Akzessorietatsprinzips zugunsten des Gesellschafters, so gilt die von dem Gesellschafter vereinbarte Stundung nur, wenn sie sich nach der Vereinbarung auf die Gesellschaft erstrecken soil, auch zugunsten der Gesellschaft. Fiir den ErlaB ist es fraglich, ob § 423 BGB auch auf den von dem Gesellschafter vereinbarten ErlaB anzuwenden ist. Die Regelung des § 423 ist eine ,Singularitat" 53. Die praktische Rechtfertigung in Hinsicht auf den RegreB trifft ftir den Gesellschafter nicht zu, da dieser der Gesellschaft ohnehin nicht regreBpflichtig ist. Vor allem geht § 423 aber von der Gleichrangigkeit der Gesamtschuldner aus, und es ist doch zweifelhaft, ob man dem Gesellschafter, der nicht ein Schuldner ,eiusdem potestatis" ist, A.M. KOHNE, ZHR 133, 149 ff., 193. Zur Biirgschaft vgl. STAUDINGER-BRANDL, Kom. BGB, § 767 N. 11 und zit. Entsch. 52 Anders Fi.ECHTHEIM in DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB, § 129 Anm. 1. FlECHT· HElM meint, auf dieses ,pactum de non petendo" der Gesellschaft konne sich der Gesellschafter ,,natiirlich" nicht berufen. Das ist richtig. Ein solches pactum de non petendo nur zugunsten der Gesellschaft ist eben nichtig, wie das RG bereits 1904 fiir die Biirgschaft mit Recht entschieden hat, RGZ 56, 310 ff. Fi.ECHTHEIM folgend: HUECK, OHG, § 21 IV, 1, c; RoBERT FiSCHER, Kom. HGB, § 129 Anm. 8. 53 PLANCK-SIBER, Kom. BGB, Vorbem. vor §§ 328 ff. V, 1; § 423 N. 1. 50

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2.

Das Verhaltnis zur Gesellschaftsschuld u. Haftungsverbindlichkeit

§ 16 II

einen solchen Eingriff in das Schuldverhaltnis der Gesellschaft entgegen der Regel, daB ein ErlaBvertrag zugunsten Dritter nicht anzuerkennen ist, gestattet. Vemeint man die Anwendbarkeit des§ 423, so wiirde ein von dem Gesellschafter auch zugunsten der Gesellschaft vereinbarter ErlaB allerdings als pactum de non petendo zugunsten der Gesellschaft wirksam sein konnen. Es bliebe aber der Gesellschaft vorbehalten, ob sie sich auf das pactum beruft. c) Die grundsatzliche Gleichartigkeit der Haftungsverbindlichkeit des ausgeschiedenen und des der Gesellschaft angehorenden Gesellschafters Der akzessorische Charakter der Haftungsverbindlichkeit andert sich nicht, wenn der Gesellschafter ausscheidet. Es bleibt weiter bei der Haftung des Gesellschafters fur die Gesamthandsschuld als Gruppenschuld, auch wenn der Ausgeschiedene der Gruppe nicht mehr angehort. Die Lehre, daB die Gesellschaftsschuld und die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters eine einheitliche Verbindlichkeit seien, ist zu der Annahme gezwungen, daB mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters zwei Verbindlichkeiten entstehen 54 , fiir welche es nun umstritten ist, ob zwischen ihnen, d. h. zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters, ein Gesamtschuldverhaltnis besteht 55 . Mit Recht hat der BGH 56 entgegen dem Reichsgericht und einer verbreiteten Meinung in der Literatur entschieden, daB auch fur den ausgeschiedenen Gesellschafter die Haftungsverbindlichkeit durch die Anderungen der Verbindlichkeit der Gesellschaft bestimmt wird. In BGHZ 36, 228 meint der BGH, es konne offenbleiben, ,ob § 425 BGB insoweit iiberhaupt unanwendbar oder ob er grundsatzlich anzuwenden ist, sich aber, was diese Bestimmung ausdriicklich vorsieht, aus dem Schuldverhaltnis etwas anderes als die nur grundsatzlich geltende Regelung ergibt". Etwas anderes ergibt sich gerade aus dem Gesamthandscharakter der OHG, indem die der Gesamthand eigene pers0nliche Haftung jedes einzelnen Gesellschafters eine solche fur die Gesamthandsschuld ist und deshalb von dieser bestimmt wird. Hiernach ist es selbstverstandlich, daB mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters insofern keine grundsatzliche Anderung eintritt, es vielmehr auch fur den ausgeschiedenen Gesellschafter bei der abhangigen, akzessorischen Haftung fur die Gesellschaftsschuld bleibt. Wenn die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters auch nach seinem Ausscheiden durch das Akzessorietatsprinzip bestimmt wird, ist es doch problematisch, ob der ausgeschiedene Gesellschafter auch, wenn der Glaubiger 54 RG JW 1928, 2612; Fi.ECHTIIEIM in DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB, § 128 Anm. 16; GESSLER, Kom. HGB, § 128 N. 32. 55 S. Zitate bei Fi.ECHTIIEIM, a.a.O.; HuECK, OHG, § 29 II, 4; RoBERT FISCHER, Kom. HGB § 128 Anm. 56 und Zit. 56 BGHZ 36, 224 ff.; vgl. dazu RoBERT FISCHER, LM § 128 HGB N. 10; s. ferner BGHZ 39, 319 ff.; 44,229 ff.; 47, 376 ff.; 48, 203 ff.

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§ 16 II

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

das Rechtsverhaltnis fortsetzt, weiterhin fur die Gesellschaftsschuld haftet. Besonders gut veranschaulicht die Problematik der in BGHZ 36, 224 ff. entschiedene Fall: Ein Gesellschafter einer OHG, die ein Bankgeschaft betrieb, war 1952 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Im Jahre 1955 verfiigte die Gesellschaft zu Unrecht iiber Wertpapiere, welche der KHiger 1952 der Bank in Verwahrung gegeben hatte. Dafur nahm der Klager den ausgeschiedenen Gesellschafter in Anspruch. Soweit im Zeitpunkt des Ausscheidens ein Rechtsverhaltnis zwischen dem GHiubiger und der Gesellschaft besteht, muB fur die Frage, ob der ausgeschiedene Gesellschafter fur die im Rahmen des Rechtsverhaltnisses sich ergebenden Erweiterungen bestehender Verbindlichkeiten oder neu entstehende Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, entscheidend sein, ob diese Erweiterungen oder neuen Verbindlichkeiten in dem Bestehen des Rechtsverhaltnisses zum Zeitpunkt des Ausscheidens oder in der Fortsetzung desselben durch den GHiubiger ihren Grund haben. Mit Recht hat ROBERT FISCHER 57 in der Besprechung der Entscheidung betreffs der Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters fur die Verbindlichkeit der Gesellschaft aus Dauerschuldverhaltnissen gesagt, der Glaubiger, der im Vertrauen auf die Kreditwiirdigkeit eines Gesellschafters einen fiir langere Zeit bestimmten Vertrag abgeschlossen und demzufolge seine geschaftlichen Dispositionen entsprechend eingerichtet habe, miisse in diesem Vertrauen geschiitzt bleiben. Setzt der GHiubiger aber nach dem Ausscheiden des Gesellschafters das Rechtsverhaltnis zur Gesellschaft iiber die zunachst bestimmte Zeit fort oder kiindigt er nicht zu dem nachsten Termin oder macht er Herausgabeanspriiche nichr in angemessener Zeit geltend, so kann er sich fiir die Folgezeit nicht mehr auf das Vertrauen zu dem ausgeschiedenen Gesellschafter berufen; es gilt vielmehr dann die Grundregel von§ 425 BGB. Deshalb war in dem vom BGH entschiedenen Faile entgegen dem BGH die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters zu verneinen 58. Nach der herrschenden Meinung soli hinsichtlich der Haftung des der Gesellschaft angehorenden und des ausgeschiedenen Gesellschafters ein Unterschied beziiglich der Erstattung im Fall der Befriedigung des GesellLM § 128 HGB Nr. 10. Gerade der Fall, daB einer OHG Wertpapiere in Verwahrung gegeben waren und ein ausgeschiedener Gesellschafter von dem Hintcrleger wcgcn einer nach dem Ausscheiden erfolgten Unterschlagung in Anspruch genommen wurde, hat die hochstrichterliche Rechtsprechung Ofter beschaftigt. Das Reichsoberhandelsgerichr hat in ROHG 19, 17 ff. den Anspruch gegen den Ausgeschiedenen verneinr, das RG hat ihn in RGZ 125, 417 = JW 1930, 2657 bejaht; gegen letztere Entscheidung RosPATI, BankArch 30 (1930) 305 ff.; mit ihr iibereinsrimmendJA· COB!, ZBIHR 1931, 237 ff. RoBERT FiSCHER erklarr, Kom. HGB, § 128 Anm. 53, anders als in der Besptechung LM § 128 Nr. 10, die Entscheidung des BGH in BGHZ 36,224 ff. fur ,zweifelhaft". Anders HAnDING, ZGR 1973, 137 ff., 150 ff. grundsatzlich fur die Hafrung des ausgeschiedenen Gesellschafters aus zur Zeit des Ausscheidens bestehenden Dauerschuldverhaltnissen ohne jede Einschrankung. 57

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2. Das Verhaltnis zur Gesellschaftsschuld u. Hafrungsverbindlichkeit

§ 16 II

schaftsglaubigers bestehen. Der der Geselischaft angehorende Geselischafter soli einen Erstattungsanspruch nach § 110 HGB haben, § 426 BGB soli dabei keine Anwendung finden 59 . Fiir den ausgeschiedenen Geselischafter soli dagegen nicht § 110 HGB, sondern § 426 BGB anzuwenden sein 60. HUECK sagt zu der Haftung des der Geselischaft angehorenden Gesellschafters: ,§ 426 BGB ist natiirlich nicht anwendbar, sondern wird durch § 110 ausgeschaltet." 61 Die von der herrschenden Meinung angenommene Antithese von§ 110 HGB und § 426 BGB ist in sich unrichtig. § 426 regelt iiberhaupt nicht das Innenverhaltnis. Nur ,soweit nicht ein anderes bestimmt ist", sollen die Gesamtschuldner im Verhaltnis zueinander zu gleichen Teilen verpflich tet sein. Bei der Inanspruchnahme durch einen Geselischaftsglaubiger ist die Grundlage des Ausgleichsanspruchs sowohl gegen die Geselischaft wie gegen die Geselischafter fur den der Geselischaft angehorenden Geselischafter das Geselischaftsverhaltnis. Fiir den ausgeschiedenen Geselischafter ist maBgebend das Rechtsverhaltnis aufgrund des Ausscheidens (§ 738 BGB). In aller Regel besteht danach sowohl fiir den der Geselischaft angehorenden wie den ausgeschiedenen Geselischafter ein volier Ausgleichsanspruch gegen die Geselischaft, ohne daB deshalb auf§ 110 HGB zu rekurrieren ware, der seinem Wortlaut nach ohnehin auf die Inanspruchnahme des Geselischafters durch den Gesellschaftsglaubiger nicht zutrifft, und ohne daB auch § 426 BGB zur Begtiindung herangezogen werden konnte oder miiBte. Aus § 426 BGB ergibt sich nur, daB die cessio legis fur die Glaubigerforderung mit ihren Vorrechten und Sicherheiten eintritt, soweit ein Ausgleichsanspruch besteht. DaB dieser besteht, ergibt sich aus dem Charakter der Haftung als einer solchen fi.ir die Schuld der Geselischaft. Die Haftung fi.ir fremde Schuld verlangt bei Erfuliung durch den Haftenden stets den Ausgleich, wenn nicht eine besondere causa die Erfi.illung zu Lasten des Haftenden rechtfertigt. Besteht fi.ir den der Gesellschaft angehorenden wie fi.ir den ausgeschiedenen Gesellschafter grundsatzlich in gleicher Weise der voile Ausgleichsanspruch gegen die Gesellschaft und geht deshalb nach § 426 Abs. 2 BGB die Forderung des Glaubigers mit allen Rechten kraft cessio legis auf den Zahlenden i.iber, so ist doch in der Wirkung ein Unterschied. Dem der Gesellschaft angehorenden Gesellschafter ni.itzt der Ubergang der Sicherungsrechte gegeni.iber anderen Gesellschaftsglaubigern nichts, wenn er fi.ir die Schulden der Gesellschaft unbeschrankt haftet. Auch fi.ir den der Gesellschaft angehorenden Geselischafter kann es aber wichtig sein, daB er sich ohne weiteres aus den auf ihn i.ibergegangenen Sicherungen befriedigen kann, ohne sich zur zwangsweisen Befriedigung einen Titel verschaffen zu miissen. Fi.ir den ausAnders aber KbTIER, Kom. HGB, § 128 N. 5 (S. 439/440). Vgl. BGHZ 39, 319/323 ff. = LM § 172 HGB Nr. 2- 4; HuECK, OHG, § 21 II, 7; RoBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128, Anm. 22, 60; § 110 Anm. 3. 61 A.a.O. 59

60

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§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesdlschaft

geschiedenen Gesellschafter sind dagegen die auf ihn iibergegangenen Sicherungen auch gegeniiber den Glliubigern der Gesellschaft von Wert, soweit es sich urn Neuglliubiger handelt, welchen er nicht haftet. Was den Ausgleich durch die Gesellschafter anbetrifft, so wiirde der Ausgleichsanspruch gegen die Gesellschaft, wenn man ibn auf§ 110 HGB griindete, eine Sozialverpflichtung sein 62• Anspriiche gemaB § 110 HGB konnen aber nach § 707 BGB wahrend des Bestehens der Gesellschaft nur gegen diese und nicht gegen die Gesellschafter per50nlich geltend gemacht werden 63• Nun hat man llingst erkannt, ,daB diese Beurteilung nicht richtig sein kann" 64 , und so ist es allgemeine Meinung, daB dem von dem Glliubiger in Anspruch genommenen Gesellschafter ein Ausgleichsanspruch gegen seine Mitgesellschafter pro rata ihrer Verlustbeteiligung zusteht, sofern er keine Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermogen erlangen kann 65. Dec Ausgleichsanspruch gegeniiber den Gesellschaftern im Faile der Bezahlung einer Gesellschaftsschuld ist jedoch keine ,Ausnahme" 66 von dem Grundsatz, daB ein Gesellschafter fiir Verpflichtungen nach § 110 HGB als Sozialverpflichtungen nicht von seinen Mitgesellschaftern wahrend des Bestehens der Gesellschaft Ersatz verlangen kann. Es bedarf auch nicht erst der Berufung auf die ,Gerechtigkeit" 67• Vielmehr ergibt sich die Ausgleichsverpflichtung der Gesellschafter auch wahrend des Bestehens der Gesellschaft mit Selbstverstandlichkeit daraus, daB die Gesellschafter aufgrund der Gesamtschuldnerschaft in Verbindung mit dem Gesellschaftsverhaltnis einander zum Ausgleich verpflichtet sind 68. Fiir den ausgeschiedenen Gesellschafter besteht, wenn nichts anderes vereinbart ist, die Besonderheit, daB ihm die der Gesellschaft angehorenden Gesellschafter als Gesamtschuldner haften.

III. Der Inhalt der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters nach § 128 HGB 1. Der Stand der Meinungen in Rechtsprechung und Literatur

Dec Inhalt der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters nach § 128 HGB ist umstrit.ten 68a. Nach ROBERT FISCHER 69 handelt es sich urn ,eine 62 Vgl. FLECHTHEIM in J)(jp,INGER·HACHENBURG, Kom. HGB, § 110 Anm. 10; KbTIER, Kom. HGB, § 128 N. 5. 63 BGHZ 37,301 und Zit. M So RoBERT fisCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 39. 65 BGHZ 37, 299; RoBERT FiSCHER, a.a.O.; KblTER, Kom. HGB, § 110 N. 4. 66 So BGHZ 37,302. 67 So BGH, a.a.O. 68 Vgl. auch KbTIER, Kom. HGB, § 110 N. 4. 61111 Siehe)oHN, Die organisierte Rechtsperson, 1977, S. 246 ff. 18 Anm. zu LM § 128 HGB Nr. 4. Zur Lireratur siehe allgemein KoRNBLUM, Die Haftung dec Gesdlschafter fur Verbindlichkeiten von Personengesdlschaften, 1972, S. 89 ff., 146 ff.; fer-

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1. Rechtsprechung und Literatur zum Inhalt der Haftungsverbindlichkeit

§ 16

III

der schwierigsten Fragen auf dem Gebiet der Personalhandelsgesellschaft". Einerseits wird aufgrund der l.ehre von der Idenritlit von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit dec Gesellschafter als selbstverstlindlich angenommen, daB die Haftungsverbindlichkeit nichts anderes ist als die Verpflichtung zur Erfiillung, d. h. zur Erfullung in natura, und der Unterschied nur in der Unterschiedlichkeit der haftenden Vermogensmassen, des Gesamthandsvermogens und der Vermogen je der einzelnen Gesellschafter, besteht 70• Dieser Meinung entgegengesetzt ist die Lehre, daB Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit im Verhaltnis von Haupt- und Nebenschuld stehen, daB die Gesellschafter nur fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen haben und dem Glaubiger nicht auf Erfullung in natura, sondern nur auf das Interesse haften. Als Vertreter dieser Ansicht wird in der Literatur vor allem WIELAND genannt 71 . In der neueren Literatur ist dieser Meinung insbesondere ROBERT FISCHER 72 gefolgt. Auch die Vertreter der Ansicht von der Identitat der Gesellschaftsschuld und der Haftungsverbindlichkeit erkennen an, daB, wenn die Gesellschaftsschuld auf eine allein von der OHG erfiillbare Leistung gerichtet ist, die Verpflichtung der Gesellschafter nicht auf Erfiillung in natura gerichtet sein kann. Fiir diese Faile wird deshalb von denen, die grundsatzlich die Identitat von Gesellschaftsschuld und Gesellschafterverbindlichkeit bejahen, angenommen, daB der Gesellschafter nur verpflichtet ist, dafur zu sorgen, daB die Erfullung durch die OHG erfolgt, und er ferner dem Glaubiger auf das Interesse haftet 73. Auch ohne die dogmatische Begriindung aus der Identitat von Gesellschaftsschuld und Haftungsverbindlichkeit wird die Ansicht vertreten, daB der Gesellschafter nach § 128 HGB grundsatzlich zur Erfullung der Gesellschaftsschuld in natura verpflichtet ist und nur bei den allein von der OHG erfullbaren Leistungen sich die Verpflichtung des Gesellschafters darauf beschrankt, fur die Erfiillung in natura durch die Gesellschaft zu sorgen, wozu die lnteressehaftung hinzutritt 74• Der BGH hat in der bereits angefuhrten Entscheidung BGHZ 23, 302 ff. 75 eingehend iiber die unterschiedlichen Meinungen referiert, welche beziiglich des lnhalts der Haftung des OHG-Gesellschafters fiir die Gesellschaftsschulden darauf abstellen, ob es sich um ,eine und dieselbe Schuld mit doppeltem Haftungsobjekt" oder ,zwei ihrem Inhalt nach verschiedene Verpflichtungen" handelt. Er gelangt dabei zu dem Ergebnis, zusammennee WIEDEMANN, WM 1975, Sonderbcil. 4, S. 41 ff.; siehe auch v. Sn!JGBR, Schweizer. Privatrecht VIII, 1 § 37 u. Zit. 70 Vgl. Zitate bci FiscHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 3, 5. 71 Vgl. WIELAND, Handdsrecht I, 630, 636 ff. u. Zit. S. 630 N. 6; FISCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 8 u. Zit.; KORNBLUM a.a.O. S. 91 N. 3 ff. n Kom. HGB, § 128 Anm. 9 ff. 73 Siebe HUECK, OHG § 21 II, 5. 74 So vor allem KolTER, Kom. HGB, § 128 N. 1, 2. 75 Siebe obcn S. 284 £

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§ 16

lli

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

fassend lasse sich feststellen, ,daB die Auffassung, die grundsatzlich eine Pflicht des Gesellschafters zur Erfiillung der Gesellschaftsschuld bejaht, sich zu Einschrankungen gezwungen sieht, wahrend umgekehrt bei Annahme einer von der Gesellschaftsschuld verschiedenen Verpflichtung der einzelnen GeseUschafter das Bediirfnis anerkannt wird, die an sich nur die Gesellschaft treffende Verbindlichkeit aufgrund besonderer tatsachlicher Feststellungen oder nach Treu und Glauben auf die Gesellschafter auszudehnen" 75". Der BGH verzichtet, HUECK folgend, auf eine dogmatische Einordnung der Frage nach dem Inhalt der Haftung der Gesellschafter, indem er meint, es konne ,die Entscheidung dariiber, welche Bedeutung der sich aus § 128 HGB ergebenden Haftung der Gesellschafter zukommt, nicht von der juristischen Natur der OHG abhangig gemacht werden" 76• Nach Ansicht des BGH soU es fiir den Inhalt der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters statt auf die ,juristische Natur der OHG" darauf ankommen, ,welchen Zwecken die Haftung der GeseUschafter fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft client". Der BGH folgt HUECK 77 darin, daB, weil die personliche Haftung der Gesellschafter der Kreditfahigkeit der OHG diene, ein Erfullungsanspruch gegen den Gesellschafter gegeben sein miisse, indem die Beschrankung auf das Geldinteresse die Haftung notwendigerweise zu einer subsidiaren mache, wodurch die Stellung der Glaubiger erheblich beeintrachtigt wiirde. Dabei laBt die Entscheidung allerdings unberiicksichtigt, daB nach der Ansicht von HUECK die Haftung des Gesellschafters auf Erfiillung diesen nur verpflichtet, dafiir zu sorgen, daB die Gesellschaft erfiillt. Betreffs des ErfiiUungsanspruchs gegen den GeseUschafter soU allerdings nach der Ansicht des BGH, der sich dabei auf ROBERT FISCHER 78 beruft, auch das ,Schutzinteresse des einzelnen Gesellschafters" zu beriicksichtigen sein, der, wie der BGH meint, ,in seiner Privatsphare nur so weit betroffen sein will, wie es sich mit dem Sicherungsinteresse des Glaubigers und dem Gesellschaftsinteresse auf Erhaltung der Kreditfahigkeit vereinbaren laBt" 79 • Die Frage, ob ein Anspruch gegen den Gesellschafter auf Erfullung in natura hinsichtlich der Gesellschaftsschuld besteht, spielt eine Rolle nur unter dem Gesichtspunkt, ob der Gesellschafter mittels eines Erfullungsanspruchs auch hinsichtlich seines pers6nlichen Tuns oder Unterlassens und der ihm pers6nlich gehorenden Gegenstande durch eine Vereinbarung der Gesellschaft zur Erfiillung in natura verpflichtet werden kann. Unter dieser Fragestellung werden in Literatur und Rechtsprechung die Falle behandelt, daB A.a.O. S. 305. Auch RoBERT FiSCHER wendet sich in der Besprechung der Entscheidung BGHZ 36, 224 in LM § 128 HGB Nr. 10- ebenso Kom. HGB § 128 Anm. 4 - dagegen, aus der Rechtsnatur der offenen Handelsgesellschaft als Gesamthand positive Rechtsslitze abzuleiten. 77 A.a.O. S. 305, OHG, § 21 II, 3. 78 Die Haftung des Gesellschafters fur Schulden der OHG, 1936, S. 80. 79 BGHZ 23 S. 305,306. 7,.

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1. Rechtsprechung und Literatur zum Inhalt der Haftungsverbindlichkeit

§ 16 III

ein geschaftsfi.ihrender Gesellschafter auf Rechnungslegung fur die Gesellschaft in Anspruch genommen wird 80 , daB gegeni.iber einem Gesellschafter die Wettbewerbsvereinbarung der Gesellschaft mit dem Anspruch auf die Unterlassung des Wettbewerbs auch durch den Gesellschafter personlich geltend gemacht wird 81 , daB eine von der Gesellschaft eingegangene Kartellverpflichrung gegen den Gesellschafter geltend gemacht wird 82 oder die Einhaltung von Bezugsverpflichtungen auch von den einzelnen Gesellschaftern verlangt wird 83. Ebenso wird in der Literatur erortert, ob der Gesellschafter aus Dienst- und W erkvertragen der Gesellschaft auch zur personlichen Dienst- oder Werkleistung verpflichtet ist und ob beim Verkauf von dem Gesellschafter gehorenden Gegenstanden durch die Gesellschaft ein Anspruch auf Erfi.illung in natura gegen den Gesellschafter gegeben ist und so z. B. dem Gesellschafter tiber seinen Kopf hinweg sein privates W ohnhaus mit der bindenden Wirkung eines Anspruchs auf Natural-Leistung verkauft werden kann 84 . In BGHZ 23, 302 ff. ist entschieden worden, daB der Gesellschaftsglaubiger jedenfalls gegeni.iber dem Gesellschafter einen Anspruch auf Erfi.illung in natura hat, soweit dieser der Gesellschaft gegeni.iber zur Leistung verpflichtet ist. Es heiBt in der Entscheidung 85 betreffs der Gesellschafter: ,Soweit sie sich durch Eingehung einer OHG zur Leistung gegeni.iber der OHG verpflichtet haben, besteht kein AnlaB mehr, das Interesse des Glaubigers an einer Erfi.illung durch die einzelnen Gesellschafter selbst hintanzusetzen. Deshalb kann ein Glaubiger von samtlichen Gesellschaftern oder einem einzelnen Gesellschafter jedenfalls dann eine Leistung beanspruchen und braucht sich nicht mit einer Haftung auf das Interesse zu begni.igen, wenn die Erbringung dieser Leistung zu den gesellschaftlichen Pflichten des betreffenden Gesellschafters gehort." So hat der BGH in der angefi.ihrten Entscheidung den Erfi.illungsanspruch auf Rechnungslegung gegen den geschaftsfi.ihrenden Gesellschafter bejaht. Uber die angefi.ihrte Entscheidung des BGH hinaus ist sodann in der Literatur 86 angenommen worden, daB allgemein ein Anspruch auf Erfi.illung in natura gegeni.iber dem Gesellschafter nur in dem Faile besteht, daB dieser der Gesellschaft gegeni.iber zu der Leistung verpflichtet ist, daB im i.ibrigen die Haftung des Gesellschafters sich aber nur auf den Ersatz des Interesses des 80 81 82 83 84

BGHZ 23, 302 ff. RGZ 136, 266 ff. RG Holdh. MSchr. 14 (1905), 51; RG Recht 1923, Nr. 764. RG JW 1900, 253; 1902,78. Vgl. HuECK, OHG, § 21 II, 5; RoBERT FiscHER, LM § 128 HGB Nr. 4 Anm. (am

Ende). A.a.O. S. 306. Vgl. BAUMBACH-DuDEN, Kom. HGB, § 128 Anm. 2 B; ROBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 N. 9 ff., 12; siehe auch ZHR 125, 203; ebenso HuECK, OHG, § 21 II, 5 (S. 318); dagegen siehe aber KoTTER, Kom. HGB, § 128 N. 2. 85

86

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§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Gesellschaftsglaubigers richtet. Im wesentlichen ist damit die Ansicht von WIELAND erneuert worden, der die Haftung nach § 128 HGB als bloBe Interessehaftung ansah, bei der Ubernahme von Unterlassungspflichten durch die Gesellschaft aber eine Bindung auch der Gesellschafter annahm, ,wenn die Vornahme der der Gesellschaft untersagten Handlungen durch die Gesellschafter die gewerbliche Sphare der Gesellschaft beriihrt" 87• 2. Die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters und die Biirgschaftsverpflichtung WIELAND ging davon aus, die Gesellschafter einer OHG hatten wie

selbstschuldnerische Biirgen fiir die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzustehen. Aus dieser These folgerte er: ,Daher ist die Erfiillung der Gesellschaftsverbindlichkeiten Sache der Gesellschaft. Die Gesellschafter schulden nur das Interesse." 88 Auch der BGH hat gemeint, daB, wenn es sich bei der Haftung der Gesellschafter nur urn ein Einstehenmiissen fiir eine Verbindlichkeit der Gesellschaft handeln wiirde, die Gesellschafter nur auf das Geldinteresse haften wiirden 89. Dieser Grundthese von WIELAND ist jedoch nicht zu folgen. Der Biirge haftet keineswegs nur auf das Geldinteresse, sondern er ist grundsatzlich wie der Hauptschuldner dem Glaubiger zur Leistung in natura verpflichtet 90• So war es schon im gemeinen Recht anerkannt 91• Im ersten Entwurf zum BGB hieS es in § 668, der Biirge werde ,,gegeniiber dem Glaubiger eines Dritten verpflichtet, die Verbindlichkeit des letzteren zu erfiillen". Nach den Motiven wurde durch diese Formulierung die Deutung ausgeschlossen, der Burge hafte nur auf Schadensersatz wegen Nichterfiillung von seiten des Hauptschuldners 92. Die Anderung der Passung zu dem jetzigen § 765 BGB, daB der Burge fiir die Erfiillung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen habe, sollte keine Anderung bedeuten. Nach den Protokollen 93 war man sich in der zweiten Kommission im Zweifel, ob der neue- zum Gesetz gewordene- Text das Gemeinte richtig wiedergebe. Es heiSt dort: ,,Per gewohnliche Sprachgebrauch verbinde mit der Ausdrucksweise ,fiir die Erfullung einer Verbindlichkeit einstehen' die Vorstellung, daB der Einstehende fiir Schadensersatz wegen Nichterfiillung aufzukommen habe, wahrend die Verpflichtung des Biirgen in erster Linie auf die Erfiillung der Hauptschuld gerichtet sei." Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung RGZ 140, 216 ff., in welcher das Reichsgericht davon handelt, ob die Biirgschaft 87 88 89

BGHZ 23, 303, 305.

110

Vgl. SrAUDINGER-BRANDL, Kom. BGB, Vorbem. vor § 765 BGB N. 7. Vgl. WINDSCHEID, Pandektenrccht II,§ 476. Mot. II, 659 = Mugdan II, 368. Prot. II, 461 = Mugdan II, 1019.

91 92 93

302

WIELAND, Handclsrecht I, 638. WIELAND, a.a.O., S. 637.

2. Haftungsverbindlichkeit und Biirgschaftsverpflichtung

§ 16 III

ftir die Verpflichtung zur Grundstiicksiibereignung der notariellen Form bedar£, wie es in der Literatur angenommen worden war. Das Reichsgericht verneinte die Formbediirftigkeit der Biirgschaft nach § 313 BGB mit der Begriindung, der Biirge schulde nicht die Grundstiicksiibereignung, sondem hafte nur ,fiir die Erfiillung der formgerecht iibemommenen Ubereignungspflicht des Verkaufers". Dabei nahm das Reichsgericht jedoch an, daB sich aus dieser Haftung fiir den Biirgen ,kraft Gesetzes eine Ubereignungspflicht ergeben kann" 94. Auch hinsichtlich der Biirgenhaftung konnte man, wie es zu der Haftung nach § 128 HGB vorgebracht worden ist, meinen, es bestanden keine durchgreifenden Bedenken, den Biirgen nur auf das Interesse haften zu lassen. Nur ist dazu zu sagen: alio iure utimur. Die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters steht nun der Gesellschaftsschuld noch wesentlich naher als die Biirgschaft der Hauptschuld. Sie wird nicht durch besonderen Vertrag gegeniiber dem Glaubiger iibemommen, sondern ist eine Statushaftung aufgrund der Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Im Gegensatz zur Biirgschaft nimmt man an, daB der Erfiillungsort fiir die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters durch die Gesellschaftsverbindlichkeit bestimmt wird 95 , daB der Gesellschafter betreffs der Haftung fiir eine Wechselverbindlichkeit der Gesellschaft auch im WechselprozeB verklagt werden kann 96 und daB die von der Gesellschaft vereinbarte Schiedsgerichtsklausel auch fiir die Haftungsverbindlichkeit gilt 97 . Wahrend die Biirgschaftsverbindlichkeit nach § 767 BGB durch nachtragliche rechtsgeschaftliche Vereinbarung betreffs der Hauptschuld nicht erweitert werden kann, haftet der Gesellschafter fiir die Gesellschaftsschuld in ihrem jeweiligen Bestande. Nach § 129 Abs. 1 HGB wirkt anders als bei der Biirgschaft das Urteil gegeniiber der Gesellschaft, was den Bestand der Gesellschaftsschuld anbetrifft, auch gegeniiber dem Gesellschafter. W enn hiernach die Haftungsverbindlichkeit sehr vie! enger mit der Gesellschaftsschuld verbunden ist als die Biirgschaft mit der Hauptschuld, so muB die fiir die Biirgschaft feststehende Regelung, daB dem Glaubiger gegen den Biirgen ein Anspruch auf Erfiillung in natura zusteht, erst recht entsprechend fiir den Gesellschaftsglaubiger gegeniiber dem Gesellschafter aufgrund der Haftung nach § 128 HGB gel ten. Fiir die KG konnte man zwar erwagen, daB die Haftung des Kommanditisten wegen der Begrenzung ,his zur Hohe seiner Einlage" eine bloBe Interessehaftung, namlich auf Geld gerichtet sei. Doch auch diese Haftungsbe94

A.a.O. S. 216.

95

So schon RGZ 32, 44.

96

BGH LM § 602 ZPO Nr. 1; siehe auch schon die Entscheidung des Reichsgerichts, BOL·

ZE, Praxis des Reichsgerichts in Civilsachen 9 (1890), Nr. 449. 97

Vgl. OLG Koln NJW 1961, 1312 u. Zit., auch hinsichtlich der Gegenmeinung; FI-

SCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 16.

303

§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

grenzung andert nicht grundsatzlich den Inhalt der Haftungsverbindlichkeit. Nur soweit der Wert der Erfiillung in natura den Betrag der Haftung iibersteigt, kann sich der Kommanditist selbstverstandlich zur Abwehr des Erfiillungsanspruchs auf die Beschrankung seiner Haftung berufen 98 , wie er von der Haftung vollig befreit wird, wenn er die Einlage geleistet hat 99 • Die Haftung des Gesellschafters ist allerdings nur als lnteressehaftung zu verwirklichen, wenn die von der Gesellschaft geschuldete Leistung, weil sie in einem pers6nlichen Tun oder Unterlassen besteht, ihrer Natur nach nur von der Gesellschaft selbst, nicht aber von dem Gesellschafter erbracht werden kann. Auch hier gilt fiir die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters das gleiche wie fiir die Biirgschaft 100. Wie bei der Biirgschaft fiir pers6nliche Leistungen des Hauptschuldners die Verpflichtung des Biirgen von vornherein, nicht erst, wenn auch bei der Hauptschuld anstelle des Erfiillungsanspruchs der Schadensersatzanspruch getreten ist, nur auf das Interesse in Geld geht, ist es ebenso hinsichtlich der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters. In jedem Fall kann selbstverstandlich das von der Gesellschaft abgeschlossene Geschaft den Inhalt haben, daB die Gesellschafter nur auf das Interesse haften.

3. Die Verpflichtung des Gesellschafters nach § 128 HGB zur Erfullung in natura bei nicht auf die Person bezogenen Leistungen Es ist nicht von ungefahr, daB aus der Rechtsprechung, soweit ersichtlich ist, keine Faile veroffentlicht worden sind, in denen darum gestritten worden ware, ob ein Gesellschaftsglaubiger fiir eine von der Gesellschaft geschuldete Sachleistung den Gesellschafter auf Erfiillung in natura in Anspruch nehmen kann oder ob er auf den lnteresseanspruch beschrankt ist. Der in der Literatur behandelte Fall, daB einem Gesellschafter iiber seinen Kopf hinweg von der Gesellschaft sein Privathaus verkauft und dann der Gesellschafter auf Erfiillung in Anspruch genommen wird, ist ein Schreckbeispiel. Wenn ein solcher Fall einmal vorkommen sollte, wird der fiir die Gesellschaft Handelnde sich in aller Regel eines MiBbrauchs seiner Vertretungsmacht schuldig rnachen, der, wenn er dem Partner erkennbar ist- und das diirfte in diesem 98 Vgl. Ko1TER, Kom. HGB, § 171 N. 2. Nicht zu folgen ist BRECHER, Festschrift fiir AI.. FRED HuECK (1959), S. 253, daB der Kommanditist grundsatzlich dem Gesellschaftsgliiubiger iiberhaupt nicht hafte und schulde, vielmehr bei Nichterfiillung der Einlagepflicht dem Gliiubi· ger nur der ,Durchgriff" gegen ihn eroffnet werde. Fiir Haftung des Kommanditisten nur auf Wertersatz in Geld KoRNBLUM a.a.O., S. 251 ff. u. Zit. S. 212 N. 14, S. 254 N. 10. Allgemein zur Hafrung des Kommanditisten siehe KEUK, ZHR 135, 410 ff., insbes. zur geschichtlichen . Entwicklung a.a.O., S. 415. 99 Der Kommanditist haftet nicht mit seiner Beteiligung- so KEuK a.a.O., S. 418. Seine Hafrung ist wirklich ,ausgeschlossen" (§ 171 Abs. 1, 2. Halbs.). 100 Vgl. STAUDINGER-BRANDL, Kom. BGB, Vorbem. vor §§ 765 ff. N. 8 u. Zit.

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3. Die Verpflichtung des Gesellschafters zur Erfiillung in natura § 16 III Fall im allgemeinen anzunehmen sein - , dazu fiihrt, daB der Vertrag schon fUr die Gesellschaft unwirksam ist und dann auch nicht die Haftung des Gesellschafters bewirkt 10aa. 1st der Vertrag aber fiir die Gesellschaft giiltig, muB auch der Gesellschafter auf Erfiillung in natura haften. Praxisnah ist auch nicht der von JACOBI 101 ersonnene Fall, daB eine OHG die Errichtung eines Baues iibernommen hat und der Bauwillige einen der Gesellschafter, der Architekt ist, auf Herstellung des Baues verklagt. In aller Regel wird der Bauherr nicht mit einem Architekten bauen, den er erst durch Urteil zur Leistung der Architekturarbeit veranlassen muB. Soweit die Gesellschaft zu Sachleistungen oder zu Dienst- oder Werkleistungen, die nicht Personen-bezogen sind, verpflichtet ist, wird die Haftung des Gesellschafters, wenn die Gesellschaft die Leistung nicht erbringt, von dem Gliiubiger in der Regel durch die Geltendmachung des lnteresses verwirklicht werden. Trotzdem kann es fiir den Glaubiger in diesen Fallen von Wert sein, die Gesellschaft und die Gesellschafter gleichzeitig auf Erfiillung in natura zu verklagen. Es ist nicht zu sehen, weshalb eine solche Erfiillungsklage gegen die Gesellschafter ausgeschlossen sein sollte. Man denke nur an den Fall, daB der Gesellschaftsglaubiger zwar hofft, durch eine Verurteilung der Gesellschaft zu einer Erfiillung in natura zu gelangen, daB er aber zugleich einen Titel gegen den Gesellschafter haben will, ohne daB er bereits sein Interesse im Faile der Nichterfiillung angeben kann oder schon entschlossen ware, gegeniiber dem Gesellschafter statt der Erfiillung das Interesse zu wahlen. Auch wenn dem Gesellschafter die Leistung subjektiv unmoglich ist, indem der Gegenstand der Leistung der Gesellschaft gehort, ist die Verurteilung des Gesellschafters zur Erfiillung nicht ohne Sinn. Wenn der Gegenstand im Besitz des Gesellschafters ist oder in seinen Besitz gelangt, kann der Glaubiger gegen ihn vollstrecken. Das Urteil auf Erfiillung gegen den Gesellschafter ist vor allem eine Grundlage fur den Schadensersatzanspruch nach § 283 BGB. Da nach unserem Schuldrecht allgemein das Prinzip der Verpflichtung zur Erfiillung in natura im Vordergrund steht, miiBten schon gewichtige Griinde vorgebracht werden, wenn die Haftungsnorm des§ 128 HGB ohne gesetzlichen Anhalt im Sinne einer bloBen Interessehaftung verstanden werden sollte. Solche Griinde sind aber nicht gegeben. Sieber kann man sagen, es bestanden keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daB die personliche Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB nur eine Interessehaftung ist 102. In der Regel wird sich der Glaubiger wohl, wenn er von der Gesellschaft die Leistung nicht erhalt, mit der Interessehaftung begniigen, aber deshalb ist 1oo. Sieber erledigr sich der Fall nichr durch das Mi.Bbrauchsargumenr. Enrgegen JoHN, Die organisierre Rechrsperson, 1977, S. 255, gehr der Mi8brauch gegeniiber dem Gesellschafter den Verrragsparmer aber nichts an, wenn er davon nichrs weiB und nichts wissen kann. 101 ZBIHR 1931, 237 ff., 239. 102 So RoBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 9.

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§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

der Erfiillungsanspruch nicht ausgeschlossen. Jedenfalls miiBte es auch dem Gesellschafter freistehen, seinerseits durch die Leistung in natura seine Haftungsverbindlichkeit zu erfiillen. Es ist selbstverstandlich, daB die Verpflichtung der Gesellschafter zur Erfiillung in natura bei Gattungsschulden praktisch nur von Bedeutung ist, wenn der Gesellschafter Gegenstande der Gattung hat 102a.

4. Die Haftung des Gesellschafters fiir die Verpflichtungen der Gesellschaft zu Personen-bezogenen Leistungen Eine besondere Problematik besteht fur die Haftung des Gesellschafters hinsichtlich der Verpflichtung der Gesellschaft zu Personen-bezogenen Leistungen. ROBERT FISCHER 103 hat wohl nur einer verbreiteten Meinung Ausdruck gegeben, als er sagte, man miisse sich hiiten, die Beantwortung der Frage nach dem Inhalt der personlichen unmittelbaren Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB ,allein aus rechtsdogmatischen Gesichtspunkten abzuleiten". Der Streit und die Verwirrung zu § 128 HGB sind aber u. E. hinsichtlich der Verpflichtungen zu Personen-bezogenen Leistungen gerade dadurch entstanden, daB man die Problematik nicht rechtsdogmatisch richtig erfaBt hat. Die Verwirrung lost sich auf, wenn man die Gesellschaft als Gesamthand, als Gruppe versteht, der der Gesellschafter nur als Mitglied angehi:irt, wahrend er als Person zugleich selbstandig gegeniiber der Gruppe ist. Denn dann ergibt sich mit Selbstverstandlichkeit, daB die Personen-bezogenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft, was das Tun oder Unterlassen der Gruppe anbetrifft, nur von dieser in natura erfiillt werden konnen und daB es fur diese Verbindlichkeiten eine Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB nur als Interessehaftung geben kann, wahrend das personliche Tun oder Unterlassen des Gesellschafters eine ganz andere als die von der Gesellschaft zu erbringende Leistung ist und es deshalb, wenn der Gesellschafter zu ihr verpflichtet sein soli, dazu eines besonderen Rechtsgrundes bedarf. Das Schulbeispiel ist die Wettbewerbsvereinbarung. Die Verpflichtung der Gesellschaft, Wettbewerb zu unterlassen, ist nach dem auf die Person des Verpflichteten bezogenen lnhalt der Wettbewerbsverpflichtung etwas anderes als eine W ettbewerbsverpflich tung des Gesellschafters, wie der W ettbewerb der Gesellschaft und der W ettbewerb des Gesellschafters verschiedene Dinge sind. Selbstverstandlich kann die Gesellschaft wie jeder Dritte, wenn ihr von dem Gesellschafter Vertretungsmacht erteilt ist, als Bevollmachtigter fur den Gesellschafter eine Wettbewerbsvereinbarung eingehen. Diese Vereinbarung ist aber etwas anderes als die Wettbewerbsvereinbarung der Geselll02a

Entgegen)oHN, a.a.O. S. 257, diirfte dies allgemein niemand ,iibersehen".

LM § 128 HGB Nr. 4 (Anm.). Zur Haftung der Gesellschafter fur Unterlassungspflich· tender OHG und KG siehe KORNBLUM, BB 1971, 1434 ff., Haftung S. 146 ff., 156 ff. 103

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4. Die Haftung des Gesellschafters bei personenbezogenen Leistungen

§ 16 III

schaft. Aus der fi.ir den Gesellschafter abgeschlossenen Wettbewerbsvereinbarung wird der Gesellschafter selbst unmittelbar verpflichtet, wahrend die Gesellschaft, die nur als Bevollmachtigte gehandelt hat, an dem Schuldverhaltnis des Gesellschafters selbst nicht beteiligt ist. Eine Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB kommt insoweit nicht in Frage, weil eine Verbindlichkeit der Gesellschaft nicht besteht. Besonders gut veranschaulicht wird die Problematik des Nebeneinander der Verpflichtung der Gesellschaft und der selbstandigen Verpflichtung des Gesellschafters zu eigenem Tun oder Unterlassen bei Wettbewerbsvereinbarungen durch die Entscheidung RGZ 136, 266 ff.: Eine aus zwei Gesellschaftern bestehende OHG hatte ein Grundsti.ick zum Betrieb einer Tankstelle vermietet unter Vereinbarung einer durch Eintragung einer personlichen Dienstbarkeit gesicherten Wettbewerbsvereinbarung, daB auf dem Grundsttick keine weitere Tankstelle noch der Handel mit Autobetriebsstoffen und Olen zugelassen werden di.irfe. Die beiden Gesellschafter erwarben je zur Halfte das Nachbargrundsti.ick und wollten auf diesem eine Tankstelle errichten. Der Mieter strengte eine Unterlassungsklage gegen die Gesellschaft und gegen die Gesellschafter an. Die Klage gegen die Gesellschaft wurde von dem Berufungsgericht rechtskraftig abgewiesen, der Klage gegen die Gesellschafter vom Berufungsgericht und Reichsgericht stattgegeben. Das Reichsgericht nahm an, daB das ,auBergesellschaftliche" Vorgehen der Gesellschafter als Verei tlung der die Gesellschaft verpflich ten den W ettbewerbsklausel ein VerstoB gegen die aus § 128 HGB, § 242 BGB fur die Gesellschafter erwachsene Pflicht sei, fi.ir die Erfullung der Gesellschaftsschuld durch die Gesellschaft einzutreten. Ausdri.icklich wird in der Entscheidung nicht darauf abgestellt, daB die Gesellschaft sich verpflichtet habe, fur die Unterlassung des Wettbewerbs durch die Gesellschafter zu sorgen 104 . Es heiBt in der Entscheidung ferner, es konnten ,rechtliche Anstande dagegen bestehen, die Verpflichtung der Gesellschafter zur Unterlassung von Wettbewerb inhaltlich so anzusehen, als batten sich die Gesellschafter personlich entsprechend verpflichtet, wahrend doch die Gesellschaft ihre Teilhaber nur im gesellschaftlichen Bereich binder" 105 . Die Entscheidung weist auch die Begri.indung der Klagerin zuri.ick, die - wie es in der Entscheidung heiBt - das Haftungsverhaltnis der Gesellschafter aus Schulden der Gesellschaft mit der Forme! bezeichnet hatte, die Gesellschafter seien die Gesellschaft selbst und die Handlungen der Gesellschafter seien Handlungen der Gesellschaft. Gegeni.iber dieser Begri.indung mit der Identitatslehre betreffs des Verhaltnisses von Gesellschaft und Gesellschafter hebt das Reichsgericht die Selbstandigkeit der OHG gegeni.iber den Gesellschaftern hervor. 104 105

A.a.O., S. 270. A.a.O., S. 271. 307

§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Die Urteilsbegriindung ist hiemach insofem unschliissig, als einerseits eine Verpflichtung der Gesellschaft, fiir die Unterlassung des Wettbewerbs durch die Gesellschafter zu sorgen, und eine selbstandige Verpflichtung der Gesellschafter zur Unterlassung des Wettbewerbs vemeint wird und andererseits ein VerstoB der Gesellschafter gegen eine ,aus § 128 HGB, § 242 BGB erwachsene Pflicht, ... fiir die Erfiillung der Gesellschaftsschuld durch die Gesellschaft einzutreten", angenommen wird, obwohl die Gesellschaft selbst ihrer Wettbewerbsverpflichtung gar nicht zuwiderhandelt. Im Ergebnis ist der Entscheidung des Reichsgerichts allerdings zu folgen. Den VerstoB gegen Treu und Glauben, auf welchen die Entscheidung in der Berufung auf§ 242 BGB gegriindet ist, hat aber nicht die Gesellschaft, sondern haben die Gesellschafter begangen. Diese haften in dem Fall der Entscheidung des Reichsgerichts deshalb nicht fiir eine Unterlassungsverpflichtung der Gesellschaft; sie waren vielmehr unmittelbar aufgrund der W ettbewerbsvereinbarung zur Unterlassung des Wettbewerbs verpflichtet, wahrend die Gesellschaft ihrer eigenen Wettbewerbsverpflichtung nicht zuwidergehandelt hatte und deshalb die Unterlassungsklage gegen die Gesellschaft vom Berufungsgericht mit Recht abgewiesen worden war. Das Reichsgericht sah als entscheidend an, daB ,die heiden einzigen Teilhaber der offenen Handelsgesellschaft wiederum in gemeinsamer Wahmehmung ihrer Belange das Nachbargrundstiick erwerben und dort W ettbewerb eroffnen, wenn sie also lediglich die Rechtsform andem, als Miteigentiimer je zur Halfte statt als Gesellschafter auftreten". Es geht also, wie das Reichsgericht richtig erkennt, nicht urn das Agieren der Gesellschaft, sondem urn das der Gesellschafter, das mit§ 242 BGB nicht vereinbar ist. Gegen die Anfiihrung des§ 242 BGB ist an sich nichts einzuwenden. Es entsprach allerdings in dem fraglichen Fall Treu und Glauben, daB die Wettbewerbsverpflichtung nicht nur eine solche der Gesellschaft war, sondern daB auch die Gesellschafter nach dem Sinn des Vertrages sich selbst zur Unterlassung des Wettbewerbs verpflichtet batten. Betreffs der Personen-bezogenen I.eistungen kann die Gesellschaft allerdings die Garantie fiir ein Tun oder Unterlassen ihrer Gesellschafter iibernehmen, und dann wiirde auch jeder Gesellschafter fiir die Erfiillung dieser Garantieverpflichtung der Gesellschaft dem Gesellschaftsglaubiger nach § 128 HGB haften. Die Haftung des Gesellschafters fiir die Schuld der Gesellschaft ware aber in diesem Fall wie die Verbindlichkeit der Gesellschaft nur auf die l.eistung des lnteresses gerichtet. SchlieBlich konnte die Gesellschaft sich dazu verpflichten, auf den Gesellschafter hinsichtlich seines Tuns oder Unterlassens einzuwirken. Wenn die Gesellschaft aber keinen diesbeziiglichen Anspruch gegen den Gesellschafter hat, ist auch die Verpflichtung, auf den Gesellschafter einzuwirken, ohne wirklichen Inhalt. Jedenfalls ergibt sich aus ihr nicht als Haftung des Gesellschafters, daB er dem Glaubiger gegeniiber zu dem fraglichen Tun oder Unterlassen verpflichtet ware. 308

4. Die Haftung des Gesellschafters bei personenbezogenen Leistungen

§ 16 III

Wenn- urn wieder auf die Verpflichtung zum Unterlassen von Wettbewerb zu exemplifizieren- die Wettbewerbsvereinbarung der Gesellschaft ihrem Sinn nach es erfordert, daB auch die einzelnen Gesellschafter sich in gleicher Weise wie die Gesellschaft des Wettbewerbs enthalten, so ist jeweils zu fragen, ob die Wettbewerbsvereinbarung dahin zu interpretieren ist, daB die Gesellschaft, abgesehen davon, daB sie sich selbst zur Unterlassung des Wettbewerbs verpflichtet, zugleich einerseits im Namen der Gesellschafter die Wettbewerbsvereinbarung auch fur diese abschlieBt und andererseits selbst fur die Erfi.illung der selbstandigen W ettbewerbsverpflich tung der Gesellschafter einzustehen verspricht. Haben die Gesellschafter zum AbschluB der W ettbewerbsvereinbarung auch fur sich der Gesellschaft Vertretungsmacht erteilt, so treten folgende Rechtsfolgen ein: Neben der Gesellschaft sind die Gesellschafter zur Unterlassung des Wettbewerbs verpflichtet. Diese Verpflichtungen bestehen selbstandig nebeneinander. Die Gesellschafter trifft ferner die lnteressehaftung nach § 128 HGB, wenn die Gesellschaft der Wettbewerbsvereinbarung zuwiderhandelt. SchlieBlich haftet, wenn die Gesellschaft versprochen hat, fur die Einhaltung der Wettbewerbsverpflichtung der Gesellschafter einzustehen, jeder Gesellschafter nach § 128 HGB fur die lnteressehaftung der Gesellschaft, falls ein anderer Gesellschafter der Wettbewerbsvereinbarung zuwiderhandelt. Von HUECK 106 und ihm folgend von ROBERT FISCHER 107 ist betreffs der Verpflichtungen zu Personen-bezogenen Leistungen ein Anspruch gegen den Gesellschafter auf eigenes Tun oder Unterlassen damit begri.indet worden, daB eine OHG die Verpflichtung iibernehmen konne, dafiir Sorge zu tragen, daB auch einer ihrer Gesellschafter selbst die von ihm iibernommene Verpflichtung erfi.illt; der Gesellschafter sei dann daran gebunden, wenn er seinerseits gesellschaftsvertraglich verpflichtet sei, die von der Gesellschaft zugesagte Leistung dieser zu erbringen. ROBERT FISCHER meint, man werde ,in einem solchen Fall dem Gesellschaftsglaubiger auch einen unmittelbaren OHG, § 21, II, 5. Kom. HGB, § 128 N. 12. Auch KORNBLUM a.a.O. stellt betreffs der von der OHG vereinbarten Unterlassungspflichten auf das Innenverhaltnis des Gesellschafters zur Gesellschafr ab. Zu Unrechr beachtet KORNBLUM nicht, daB die Unterlassung der Gesellschaft und die Unterlassung des einzdnen Gesellschafters verschiedene Dinge sind und es so die entscheidende Vorfrage ist, ob die Unterlassung des Gesellschafrers von der Gesellschaft vereinbart worden ist. Die Fragen von KoRNBLUM, Hafrung S. 157 N. 33, wann es der Fall sein soli, daB die OHG die Garanrie fur ein Tun oder Unterlassen ihrer Gesellschafter iibernimmt, oder wann anzunehmen ist, daB die OHG sich verpflichtet, auf den Gesellschafrer hinsichtlich seines Tuns oder Unterlassens einzuwirken, konnen selbsrversrandlich nicht allgemein, sondern nur fur den Einzdfall in Ausle· gung des fur die OHG geschlossenen Vemages beanrwortet werden. Was das Beispiel einer Architektensozierar anberrifft, so wird man - ebenso wie bei einer Anwaltssozierat- in der Tat annehmen konnen, daB es sich urn eine fur die Sozierar und fur aile Sozien gleiche fungible Leistung handdt, wahrend der Werrbewerb durch die Gesellschaft und der Werrbewerb durch einen Gesellschafrer unterschiedliche Sachverhalte sind. 106

107

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§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Erfiillungsanspruch gegen diesen Gesellschafter zubilligen miissen", und betont zugleich, dies babe ,mit der Haftungsvorschrift des § 128 HGB selbst nichts zu tun". HUECK dagegen 108 fiihrt die pragmatische Begriindung an, der Glliubiger konne sich den Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter abtreten lassen, dies sei aber ,ein iiberfliissiger Umweg" und stehe im Widerspruch mit dem Grundsatz, daB die Haftung des Gesellschafters eine primare und nicht eine subsidiare sei. Sowohl bei HUECK wie bei FISCHER wird hiernach die von ihnen angenommene pers6nliche Haftung des Gesellschafters gegeniiber dem Gesellschaftsglaubiger auf das eigene Tun oder Unterlassen, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft gegeniiber verpflichtet ist, dogmatisch nicht eingeordnet. HUECK gibt nicht an, wieso die Haftung nach § 128 HGB begriindet ist, und bei FISCHER bleibt offen, wieso, wenn die Haftung nach § 128 HGB nicht gegeben ist, dem Gesellschaftsglliubiger aufgrund des Vertrages mit der Gesellschaft und des Anspruchs der Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter ein unmittelbarer Anspruch gegen den Gesellschafter auf dessen pers6nliche Leistung zustehen soli. Nach FISCHER ware der Anspruch des Gesellschaftsglliubigers gegen den Gesellschafter ein Anspruch ex iure tertii, namlich der Gesellschaft. Auch bei Verpflichtungen zu Personen-bezogenen Leistungen laBt sich jedoch eine Haftung des Gesellschafters gegeniiber dem Gesellschaftsglliubiger nach § 128 HGB zu eigenem Tun oder Unterlassen dogmatisch sehr wohl einordnen, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft gegeniiber zu dem Tun oder Unterlassen verpflichtet ist. Voraussetzung ist, daB die Verpflichtung der Gesellschaft sich auch auf das Tun oder Unterlassen des Gesellschafters bezieht. Nehmen wir als Beispiel wieder die Wettbewerbsvereinbarung. Es bleibt dabei, daB, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft gegeniiber nicht zur Einhaltung der Wettbewerbsvereinbarung verpflichtet ist, die Verpflichtung der Gesellschaft hinsichtlich des Verhaltens des Gesellschafters nur den lnhalt haben kann, fiir die Unterlassung des Wettbewerbs durch den Gesellschafter einzustehen, und sich so auf die Haftung fiir das Interesse beschrankt. Dementsprechend ist dann auch die Haftung des Gesellschafters eine bloBe lnteressehaftung. 1st der Gesellschafter aber der Gesellschaft gegeniiber dazu verpflichtet, den Wettbewerb gegeniiber dem Partner der Wettbewerbsvereinbarung der Gesellschaft zu unterlassen, so kann die Gesellschaft selbst auch die Unterlassung des Wettbewerbs des Gesellschafters zum Gegenstand eigener Verpflichtung machen. Die Erfiillung in natura betreffs dieser Verpflichtung kann seitens der Gesellschaft geschehen, indem sie ihren Anspruch gegen den Gesellschafter durchsetzt, daB dieser den W ettbewerb gegeniiber dem Gesellschaftsglliubiger unterlliBt. Die Verpflichtung der Gesellschaft hat in diesen F:illen also nicht nur den lnhalt, sich darum zu be108

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A.a.O. N. 27.

4. Die Haftung des Gesellschafters bei personenbezogenen Leistungen

§ 16 III

miihen, daB der Gesellschafter den Wettbewerb unterlaBt. Vielmehr trifft die Gesellschaft die mittels des Anspruchs gegen den Gesellschafter zu erfiillende Verpflichtung, die Unterlassung des Wettbewerbs des Gesellschafters zu bewirken. Die Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters ist dementsprechend ebenfalls auf die Unterlassung des Wettbewerbs durch ibn gerichtet. Ein Unterschied besteht hinsichtlich der Verbindlichkeit der Gesellschaft und derjenigen des Gesellschafters nur in der Modalitat der Erfiillung, nicht aber hinsichtlich des Erfiillungserfolgs. Dieser ist hinsichtlich der Verbindlichkeit der Gesellschaft wie der Hafrungsverbindlichkeit des Gesellschafters in gleicher Weise die Unterlassung des Wettbewerbs durch den Gesellschafter. Der Gesellschaftsglaubiger bedarf hiernach in der Tat, urn die Unterlassung des Wettbewerbs durch den Gesellschafter durchzusetzen, nicht des ,iiberfliissigen Umwegs" iiber den Anspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, vielmehr eroffnet ihm dieser Anspruch den unmittelbaren Weg nach § 128 HGB zu dem Gesellschafter. Es ist ein Topos in Rechtsprechung und Literatur, daB- wie es in RGZ 136, 271 heiBt - ,die offene Handelsgesellschaft iiber die auBergesellschaftlichen Belange ihrer Mitglieder nicht verfiigen kann" 109. Diesem Topos ist beizupflichten, soweit es die Person des Gesellschafters und die Verpflichtung zu Personen-bezogenen Leistungen angeht. Die Gesellschaft hat grundsatzlich nicht die Verfiigung iiber die Person ihres Gesellschafters, d. h. dessen Tun oder Unterlassen. Nur wenn der Gesellschafter sich gegeniiber der Gesellschaft zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet hat, kann die Gesellschaft vermittels dieser Verpflichtung die Haftung des Gesellschafters fiir die Gesellschaftsverbindlichkeit zur Erfiillung in natura begriinden. Hinsichtlich der Verpflichtung zu Sachleistungen ist die Situation jedoch, wie dargelegt, grundsatzlich anders. Die Haftung des Gesellschafters nach § 128 HGB mit seinem Vermogen ist eine unbeschrankte auch insoweit, als davon kein Vermogensgegenstand des Gesellschafters ausgenommen ist. Hinsichtlich der Sachleistungen gibt es aufgrund der unbeschrankten Haftung keine ,auBergesellschaftlichen Belange", durch welche die Haftung nach § 128 HGB beschrankt wiirde. Bei Verpflichtungen zu Sachleistungen ist deshalb der Gesellschafter dem Gesellschaftsglaubiger zur Erfiillung in natura beztiglich der ihm pers6nlich gehorenden Vermogensgegenstande grundsatzlich stets verpflichtet, ohne daB es darauf ankame, ob der Gesellschafter der Gesellschaft gegeniiber hinsichtlich des Gegenstandes zur Leistung verpflichtet ist 110.

109 Siebe WIELAND, Handelsrecht I, 638 N. 8; RoBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 N. 10; GESSLER, Kom. HGB, § 128, N. 5; WEIPERT, Kom. HGB, § 128 N. 6; HUECK, OHG, § 21 II, 5. 110 So auch F!.EcHTHEIM in DORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB, § 128, Anm. 3; KOTTER, Kom. HGB, § 128 N. 2; a.M. jedoch HUECK, OHG, § 21 II, 5; RoBERT FISCHER, Kom. HGB, § 128 Anm. 12 und andere. Siehe auch- HuECK folgend- BRECHER, Festschrift fiir ALFRED HUECK (1959), S. 252.

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§ 16 III

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

5. Die Problematik eines Erfiillungsanspruchs gegen deb geschliftsfiihrenden Gesellschafter auf Abgabe einer Willenserkllirung oder Vornahme einer Geschliftsfiihrungshandlung fiir die Gesellschaft Fiir den Anspruch auf Abgabe einer Willenserklarung durch die Gesellschaft kommt eine Erfiillung durch den Gesellschafter in natura aufgrund der Haftung nach § 128 HGB nicht in Frage. Die Fiktion des § 894 ZPO greift nur Platz, wenn die Gesellschaft selbst rechtskraftig verurteilt ist. Dem Gesellschaftsglaubiger erwachst aus der Vertretungsberechtigung des Gesellschafters gegen diesen kein Anspruch, die Vertretung fiir die Gesellschaft vorzunehmen mit der Folge, daB der vertretungsberechtigte Gesellschafter zur Abgabe der Erklarung fiir die Gesellschaft verurteilt werden konnte. Weder kann gegen den Gesellschafter ein Urteil mit der Wirkung ergehen, daB aufgrund des Urteils gegen den Gesellschafter nach § 894 ZPO die Erklarung als im Namen der Gesellschaft von dem Gesellschafter abgegeben gilt, noch kann ein Urteil gegen den Gesellschafter erwirkt werden mit der Folge, daB dieser durch Geld- oder Haftstrafen zur Abgabe einer Willenserklarung fiir die Gesellschaft angehalten werden konnte. Der Glaubiger verlangt, wenn er von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter ein Vertretungshandeln fiir die Gesellschaft begehrt, in Wirklichkeit nicht die Erfiillung durch den Gesellschafter, sondern durch die Gesellschaft. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermogen ist aber nach § 124 Abs. 2 HGB ein gegen die Gesellschaft gerichteter vollstreckbarer Schuldtitel erforderlich. Auch hinsichtlich der GeschaftsfiihrungsmaBnahmen, die nicht in der Abgabe von Willenserklarungen bestehen, ist ein Anspruch fur den Gesellschaftsglaubiger gegen den geschaftsfuhrenden Gesellschafter pers6nlich auf Vornahme der Geschaftsfuhrung nicht anzuerkennen. Aus § 128 HGB laBt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten. Nach § 128 HGB haftet der Gesellschafter aufgrund seiner Mitgliedschaft fur die Verbindlichkeit der Gesellschaft, wahrend es hier darum geht, ob fur den Gesellschafter als Organ der Gesellschaft gegeniiber dem Gesellschaftsglaubiger eine personliche Verpflichtung zum Handeln als Organ besteht 111 . Als Organ der Gesellschaft hat der Gesellschafter dem Glaubiger gegeniiber die gleiche Stellung wie das Organ einer juristischen Person, und es ist auch nicht zu sehen, weshalb anders als bei der juristischen Person bei der m KoTIER, Kom. HGB, § 128 N. 2 ( S. 426) erkennt an, daB betreffs des Handelns fiir die Gesellschaft ,der einzelne Gesellschafter zur unrnittelbaren Befriedigung des Gesellschaftsglaubigers niemals aus seiner Privatsphiire heraus befahigt sein kann". Trotzdern will er die Lei· stungsklage gegen den Gesellschafter zulassen. Es ist nach KOTIER jedoch ,eher ein Fall von ProzeBstandschaft als AusfluB der persiinlichen Hafcung", indern es sich ,in Wahrheit niche urn die peroonliche Leisrungspflicht, sondern urn eine organschaftliche Leisrungsbdahigung" des verklagten Gesellschafters handelt. DaB die Haftung nach § 128 HGB jedoch keine Organhaftung, sondern eine Mitgliedshafcung ist, steht auBer Frage.

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5. Die Problematik eines Erfullungsanspruchs

§ 16 III

OHG dem Gesellschaftsgliiubiger ein Anspruch gegen den geschaftsfi.ihrenden Gesellschafter auf organschaftliches Handeln fi.ir die Gesellschaft zuerkannt werden sollte. Soweit in Rechtsprechung und Literatur dem Gesellschaftsglaubiger ein Anspruch gegen den geschaftsfi.ihrenden Gesellschafter auf Vornahme der Geschaftsfi.ihrungsmaBnahme, z. B. auf Rechnungslegung oder Zeugniserteilung aufgrund dessen gewahrt wird, daB der geschaftsfi.ihrende Gesellschafter der Gesellschaft gegeniiber zur Geschaftsfiihrung verpflichtet ist 112 , werden zu Unrecht Gesellschaft und geschaftsfiihrender Gesellschafter einander gleichgesetzt. Die Verpflichtung der Gesellschaft gegeniiber dem Gesellschaftsglaubiger und die Verpflichtung des Gesellschafters gegeniiber der Gesellschaft zur Geschaftsfi.ihrung fur diese sind grundverschiedene Dinge. Wenn ferner der geschaftsfiihrende Gesellschafter eine von dem Gesellschaftsgliiubiger geforderte MaBnahme, z. B. eine Rechnungslegung, nicht vomimmt, wird er dies in aller Regel nicht in Verletzung einer Geschaftsfiihrungspflicht, sondern gerade im Einvernehmen mit den iibrigen Gesellschaftern und in Wahrung der- wirklichen oder angenommenen - Belange der Gesellschaft tun. Es besteht also in der Regel gar nicht die Verpflichrung des geschaftsfiihrenden Gesellschafters gegeniiber der Gesellschaft, worauf der Gesellschaftsgliiubiger seinen Anspruch gegen ihn sollte griinden konnen. Auch wenn die Gesellschaft zu der MaBnahme gegeniiber dem Gesellschaftsglaubiger verpflichtet ist, ergibt sich daraus niche eine Verpflichtung des geschaftsfiihrenden Gesellschafters gegeniiber der Gesellschaft, die MaBnahme vorzunehmen. Uber diese Verpflichtung befindet vielmehr ausschlieBlich die Gesellschaft. Ungeachtet dessen, daB nicht zu sehen ist, wieso der Gesellschaftsglaubiger gegen den geschaftsfiihrenden Gesellschafter sollte vorgehen und, da der Gesellschafter ja nicht fur sich, sondern als Organ der Gesellschaft zu handeln hat, auf diese Weise ohne Titel gegen die Gesellschaft entgegen § 124 Abs. 2 HGB die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft sollte durchsetzen konnen 113, wird ein solches Vorgehen in der Regel schon daran scheitern, daB die Gesellschaft das fragliche Handeln des geschaftsfiihrenden Gesellschafters gar nicht will und deshalb auch keine Verpflichtung des geschaftsfiihrenden Gesellschafters gegeniiber der Gesellschaft zu dem Handeln besteht. Vor allem aber steht es dem Gesellschaftsglaubiger nicht zu, statt des Vorgehens gegen die Gesellschaft sich sozusagen zum Dienstherrn gegeniiber dem geschaftsflihrenden Gesellschafter als dem Organ der Gesellschaft aufzuwerfen, indem er ihn zum organschaftlichen Handeln anhalt. 112 Vgl. BGHZ 23,302 ff.; HuECK, OHG, § 21ll, 5; RoBERT F!SOiER, LM § 128 HGB Nr. 4; Kom. HGB, § 128 Anm. 12. 113 Nach der Gegenmeinung soli der Gesellschafrsglliubiger gegeniiber dem geschafrsfiihrenden Gesellschafrer persiinlich das organschafdiche Handeln durch Geld- oder Hafrsrrafen erzwingen konnen, siehe HuECK, OHG, § 21, II, 5.

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§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Anders als fiir den Gesellschaftsglaubiger ist die Rechtslage fiir den Gesellschafter hinsichtlich der Durchsetzung von Anspriichen auf GeschaftsfiihrungsmaBnahmen gegen den geschaftsfiihrenden Gesellschafter. Der Gesellschafter kann aufgrund des Gesellschaftsvertrages mit der actio pro socio von dem geschaftsfiihrenden Gesellschafter verlangen, daB dieser die MaBnahme vornimmt, z. B. Einsicht gewahrt 114, Rechnung legt 115 , Beschliisse eines Beirats durchfiihrt 116 oder den dem Gesellschafter zustehenden Gewinnanteil auszahlt 117•

IV. Schuld und Haftung bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts 1. Die Problematik als eine solche des Gesamthandsprinzips GEILER begann seinerzeit in der Darstellung des Rechts der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts den Abschnitt ,Gesellschaftsschulden" 118 mit der Feststellung, daB die Frage, ob es iiberhaupt Schulden gibt, die sich als Gesellschaftsschulden ihrer rechtlichen Bedeutung nach von anderen Schulden der Gesellschafter unterscheiden, zu den bestrittensten Fragen des Gesellschaftsrechts gehOrt. GEILER hat die Frage mit der seinerzeit schon h. M. 119 seinen Worten nach bejaht, und heute scheint die Bejahung so sehr zur h. M. geworden zu sein, daB KESSLER 120 nur noch in einer historischen Betrachtung berichtet, daB es eine der bestrittensten Fragen ,war". Auch in neuerer Zeit ist jedoch die Moglichkeit von Gesellschaftsschulden als Schulden der Gesellschaft wieder bestritten 121 und der h. M. vorgehalten worden, die Gesellschaftsschulden seien ,im Prinzip nichts anderes als gemeinschaftliche Schulden der Gesellschafter" 122. Dies ist denn auch der wirkliche Inhalt der h. M .. Schon die Formulierung von GEILER, ob es Gesellschaftsschulden gebe, die sich ,von anderen Schulden der Gesellschafter" unterschieden, zeigt, daB 114 RG, DR 1944, 245 ff. mit der Feststellung, daB nebeneinander die Anspriiche gegen den geschaftsfuhtenden Gesellschafter und gegen die Gesellschaft bestehen; BGH, WM 1955, 1585. 115 Der Entscheidung BGHZ 23, 302 ff. ware zu folgen, wenn es sich urn den Anspruch eines Gesellschafters auf Rechnungslegung gehandelt hatte. 116 BGH LM § 109 HGB Nr. 7. 117 RGZ 170, 396. 118 Kom. DiiRINGER-HACHENBURG, II, 1, Anm. 148; Kom. SrAUDINGER, BGB, 9. Aufl., § 718 III, 1. 119 Siehe Zitate bei GEILER, a.a.O. 12 Kom. SrAUDINGER-KESSLER, 11. Aufl. § 718 N. 8. 121 Vgl. BucHNER, AcP 169, 489 ff.; HUBER, Vermogensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts (1970), S. 86. 122 So HUBER, a.a.O.

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1. Die Problematik als eine solche des Gesamthandsprinzips

§ 16 IV

es nach GEILER, obwohl er die Frage bejaht, in Wirklichkeit ,Gesellschaftsschulden" im strengen Sinn des Wortes nicht gibt 123, und das gleiche gilt auch noch von der heute h. M.. Die als ,Gesellschaftsschulden" deklarierten Schulden sind nach der Ansicht von GEILER wie auch nach der heute h. M. in Wirklichkeit nur ,Gesellschafterschulden". Ihre Besonderheit als ,Gesellschaftsschulden" besteht nur darin, daB das Gesellschaftsvermogen fur sie Haftungsmasse ist. Fur die h. M. ist der Begriff der Gesellschaftsschulden wie der Gesamthandsbegriff uberhaupt an dem Gesamthandsvermogen der Gesellschafter orientiert. GEILER formuliert 124 : ,Gesellschaftsschulden sind diejenigen Schulden der Gesellschafter, welche das Gesellschaftsvermogen mit der Wirkung belasten, daB fur sie das Gesellschaftsvermogen haftet." Entgegen der h. M. ist der Begriff der Gesellschaftsschulden jedoch nicht auf das Gesellschaftsvermogen als Haftungsmasse, sondern auf die Gesellschaft als Schuldner abzustellen. Wie die Gesamthandsgesellschaft als Gruppe Inhaber der fur sie begriindeten Rechte ist, so ist die Gesellschaft als Gruppe auch Subjekt der Verpflichtungen 125 . Wie die Gesellschaft als solche, als Gruppe, Partner der fur sie abgeschlossenen Vertrage ist, so entstehen fur sie auch die Rechte und Verpflichtungen aus den Vertragen 126. Wahrend jedoch hinsichtlich des Aktivvermogens mit der Rechtszustandigkeit zu der Gesamthand als Gruppe die Rechtslage der zu dem Aktivvermogen gehorenden Gegenstande voll erfaBt ist, besteht hinsichtlich der Gesamthandsschulden neben der Rechtszustandigkeit zur Gesamthand die Problematik der Haftung der Gesamthander. Als im zweiten Entwurf des BGB fur die Gesellschaft des burgerlichen Rechts das Gesamthandsprinzip eingefuhrt wurde, hat man die Besonderheit der Problematik, die sich daraus fur die Verbindlichkeiten ergab, nicht erkannt. Die Vorschrift des § 642 I. Entw., daB die Gesellschafter aus Rechtsgeschaften zu gleichen Teilen berechtigt und verpflichtet werden, wurde in Hinsicht auf den jetzigen § 427 BGB gestrichen 127. Mit der Anwendung des § 427 BGB ist die Problematik aber- selbst fur die vertraglichen Verpflichtungen - nicht erfaBt. Nicht behandelt sind ferner die Problematik der gesetzlichen Verpflichtungen und die Frage der Haftung bei Neueintritt eines Gesellschafters oder bei einem Wechsel der Mitgliedschaft und die Fragen, die sich aus dem Nebeneinander von Gesamthandsverbindlichkeit und Gesamtschuldnerschaft der Gesellschafter ergeben. Wenn die Problematik von Schuld und Haftung bei der Gesellschaft des burgerlichen Rechts anders als bei der OHG nicht vom Gesetz geregelt worden ist, so liegt dies daran, daB die zweite Kommission, auch wenn sie das 123 So HUBER, a.a.O. 124 I:XiRINGER-HACHENBURG, II, 1, 125 Siehe GIERKE, I, 676, 682.

DPR

126 127

S. 182.

Siehe oben S. 68 f. Mugdan II, 987.

315

§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Gesamthandsprinzip i.ibernommen hat, doch bemi.iht war, ,eine Entscheidung der wissenschaftlichen Frage nach dem Wesen der Gesamthand zu vermeiden" 128. Die Problematik von Schuld und Haftung laBt sich aber fi.ir die Faile der Gesamthand nur in Hinsicht auf das ,Wesen der Gesamthand" losen. Was die Gesamthandsgemeinschaften des BGB anbetrifft, so besteht die Problematik von Schuld und Haftung als eine Problematik der Gesamthand in grundsatzlich gleicher Weise wie bei der Gesellschaft des bi.irgerlichen Rechts bei der Erbengemeinschaft. In § 2058 BGB ist besonders bestimmt, daB die Erben fur die ,gemeinschaftlichen NachlaBverbindlichkeiten" als Gesamtschuldner haften. Die gesamtschuldnerische Haftung besteht neben der Gesamthandshaftung der Erbengemeinschaft mit dem NachlaB nach § 2059 II BGB. Dem NachlaBglaubiger steht die Gesamtschuldklage des § 2058 BGB wie die Gesamthandsklage des § 2059 II BGB zur Verfi.igung 129. Die voile Parallele der Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts und der Erbengemeinschaft besteht hinsichtlich Schuld und Haftung bei den sogenannten NachlaBerbenschulden, indem diese originar fiir die Gesamthand der Erben entstehen. Wie fur den Alleinerben ,eine eigenartige ,gesamtschuldnerische' Haftung des Nachlasses und des Erbenvermogens" 130 begri.indet ist, so gilt das gleiche bei der Erbengemeinschaft fur die NachlaBgesamthandsschuld der Erbengemeinschaft und die gesamtschuldnerischen Eigenschulden der Miterben. Bei schuldrechtlichen Rechtsgeschaften der Erbengemeinschaft entsteht dieses Nebeneinander der Gesamthandsverpflichtung der Erbengemeinschaft und der Einzelverpflichtungen der Miterben, wenn nicht die gesamtschuldnerische Eigenverpflichtung der Miterben rechtsgeschaftlich besonders ausgeschlossen ist, in gleicher Weise wie bei dem Alleinerben die Eigenhaftung neben der NachlaBhaftung 131 . Wie beim Alleinerben die Haftung aus gesetzlichen Schuldverhaltnissen, welche den NachlaB betreffen, - so insbesondere die gesetzliche Haftung aus auf den Erben iibergegangenen Rechtslagen wie die Tierhalterhaftung und andere Gefahrdungshaftungen - auch den Erben personlich trifft 132 , so muB das gleiche fur die Miterben gelten, indem ihre Haftung als Gesamtschuldner neben die Gesamthandshaftung der Erbengemeinschaft mit dem NachlaB tritt. Insoweit kann wegen seiner Eigenhaftung der Miterbe bei NachlaBerbenschulden den Glaubiger nicht nach § 2059 BGB auf den Anteil am NachlaB und die NachlaBgegenstande verweisen.

128

Mugdan II, 992.

129 Vgl. RGZ 71, 366 ff.; STROHAL, Erbrechr II§ 88. 130 STAUDINGER·BoEHMER, Kom. BGB, § 1922 N. 214. 131

Zu dem Alleinerben vgl. RGZ 146, 343 ff.

Vgl. BoEHMER, a.a.O, N. 215; K!PP-CoJNG, Erbrecht, § 92 IV; BARTHOLOMEYCZIK, Erbrech r, § 50 VI, 3. 132

316

1. Die Problematik als eine solche des Gesamthandsprinzips

§ 16 IV

Grundsatzlich anders als bei der Erbengemeinschaft ist die Regelung von Schuld und Haftung bei der Giitergemeinschaft. Die Haftung des Gesamtguts wie die Haftung der Ehegatten personlich ist bestimmt durch die eheliche Gemeinschaft 133. Nur in Hinsicht auf die Besonderheit der ehelichen Gemeinschaft ist die- an sich bedenkliche- Regelung zu erklaren, daB bei der Giitergemeinschaft mit gemeinschaftlicher Verwaltung- abgesehen von den durch einen Ehegatten ohne Zustimmung des anderen abgeschlossenen Rechtsgeschaften- die Ehegatten iiber die Haftung fur die Gesamtgutsverbindlichkeiten grundsiitzlich auch pers5nlich fureinander haften. Als Besonderheit gerade des Rechts der Giitergemeinschaft ist es ebenfalls zu werten, daB bei der Alleinverwaltung des Gesamtguts durch einen Ehegatten der Verwalter iiber die Haftung fur die Gesamtgutsverbindlichkeiten grundsiitzlich auch fur die personlichen Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten haftet, wahrend der nicht verwaltende Ehegatte in den Haftungsnexus der Gesamtgutsverbindlichkeiten nicht einbezogen ist. Fiir die Problematik von Schuld und Haftung bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts als einer Gesamthandsgesellschaft ist davon auszugehen, daB diese Problematik vom Gesetzgeber nicht geregelt worden ist, sei es auch aufgrund seiner Annahme, sie sei durch § 427 BGB geregelt 134. Der Rechtsfindung bleibt deshalb die Aufgabe, selbstandig die sachgerechten Regelungen zu finden. Der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts sind hinsichtlich der Problematik vergleichbar die Gesamthandsgemeinschaften der OHG und der Erbengemeinschaft. Die fur sie bestehenden gesetzlichen Regelungen sind auch fur die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts heranzuziehen, aber auch sie sind unvollstandig, wie die vielen umstrittenen Fragen zu Schuld und Haftung bei der OHG zeigen, obwohl die Problematik bei der OHG noch am eindeutigsten vom Gesetzgeber geregelt worden ist. Wenn es darum geht, unter Verwendung der fur andere Gesamthandsgemeinschaften ergangenen gesetzlichen Vorschriften die fiir die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts als eine Erscheinungsform der Gesamthand sachgerechten Regelungen zu enrwickeln, so ist maBgeblich das allen Gesamthandsgemeinschaften eigene Nebeneinander der Gesamthand als Gruppe und der Gesamthander als der Mitglieder der Gruppe. Gerade die Problematik von Vgl. Mot. IV, 364 ff. = Mugdan IV, 200 ff. Nicht zu folgen ist der Ansicht von KORNBLUM, Die Hafrung der Gesellschafter fur Verbindlichkeiten von Personengcsellschaften (1972), S. 30, das Schweigen des BGB konne ,angesichts der Griindlichkeit, mit der das BGB gesetzgebungstcchnisch verfaBt worden ist, nur bedeuten, daB sich eine Antwort auf die Haftungsfragen aus anderen gesetzlichen Vorschriften odcr aus dem ,Wesen' und der Struktur der GBgiR ergeben muB". Sie ergibt sich zwar daraus, abcr das hat mit der Griindlichkeit der gesetzestechnischen Arbeit am BGB nichts zu run; ganz im Gegenteil stellt sich die Problematik gerade, wei) die zweite Kommission in dem Bestreben, ,einc Entscheidung der wissenschafdichen Frage nach dem Wesen der Gesamthand zu vermeiden" (Prot. II, 2445 = Mugdan II, 992), es fur die Rcgelung dcr Haftung fur die Verbindlichkeiten bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts an der ,Griindlichkeit" hat fehlen lassen. 133

134

317

§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Schuld und Haftung bei der Gesellschaft veranschaulicht besonders gut, daB die gesamthanderischen Rechtsbeziehungen der Gesellschaft solche der Gesellschaft als Gruppe sind 135• 2. Die Gesellschaftsschuld als eine Verpflichtung

der Gesamthand als Gruppe Wie bei der OHG entstehen bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts aus dem rechtsgeschaftlichen Handeln fiir die Gesellschaft wie aufgrund der fiir die Gesellschaft verwirklichten gesetzlichen Tatbestande Eigenverpflichtungen der Gesellschaft, Gesellschaftsschulden. Die Gesellschaft ist dabei als Gesamthand nicht gleichzusetzen mit dem Gesamthandsvermogen 136. Dieses ist Haftungsobjekt, aber nicht Subjekt der Verpflichtung, d. h. Schuldner. Schuldner ist vielmehr die Gesamthand als Personengruppe. Nur wenn man die Gesellschaftsschuld als eine echte Schuld der Gesellschaft als Gruppe begreift, wird man dem Gesamthandscharakter gerecht. Auch hinsichtlich der vertraglich begriindeten Verpflichtungen kann auf das Verstandnis der Gesellschaftsschuld als einer Schuld der Gesamthand, d. h. der Personengruppe, nicht verzichtet werden. Ein Schulfall der Verpflichtung der Gesellschaft als Gruppe aufgrund der Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandes ist die ungerechtfertigte Bereicherung der Gesellschaft. Einig ist man sich dariiber, daB das Gesellschaftsvermogen fiir die in das Gesellschaftsvermogen gelangte ungerechtfertigte Bereicherung haften muB 137. Die Frage, wer der Schuldner des Bereicherungsanspruchs ist, wird im allgemeinen nicht erortert. Wird von den Gesellschaftern gesprochen, so heiBt es, daB die Gesellschafter aus der ungerechtfertigten Bereicherung nur mit dem Gesellschaftsvermogen verpflichtet wiirden 138, ohne daB aber die besondere Figur der Schuldverpflichtung dogma135 KoRNBLUM, a.a.O., S. 33 N. 11 u. 11 a meint, der Verfasser habe ZHR, 136, 182 ff. bei seinem Verstiindnis der Gesellschaft als Gruppe die gesetzlichen, jeweils auf die Gesellschafter und nicht auf die Gesellschaft bezogenen Regdungen in § 718 BGB und § 736 ZPO ,iibersehen". Nun sind diese Regdungen allerdings nicht zu iibersehen und auch vom Verfasser nicht iibersehen worden. Sie besagen jedoch nichts iiber die ,Einheit" oder ,Vidheit", wei! die Gesetzesverfasser gerade eine Stellungnahme zu der Frage des Wesens der Gesamthand vermeiden wollten. So kann auch nichts daraus gcfolgen wcrden, daB das Gesetz von dem ,,gemeinschaftlichen" Vennogen der Gesellschafter und nicht von dem ,Vennogen der Gesellschaft" spricht. Das Vennogen ist im iibrigen in der Tat ein ,,gemeinschafdiches" der Gesellschafter, aber eben der Gesellschafter als einer ,Gerneinschaft". Schon die Verwendung des Tenninus ,Gesellschaftsvermogen" durch das Gesetz zeigt, daB mit der gesetzlichen Terminologie nicht zu argumentieren ist. Siehe bereits oben S. 74. 136 So zu Unrecht emeut KORNBLUM, a.a.O., S. 31. 137 Vgl. Zitate bei NICKNIG, Die Haftung der Mitglieder einer BGB-Gesellschaft fiir Gesellschaftsschulden (1972), S. 56 N. 2; THIELMANN, ZHR 136, 397 ff. 138 Vgl. GEILER, D0RINGER-HACHENBURG II, 1 Anm. 151.

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2. Die Gesellschaftsschuld als eine Verpflichtung der Gesamthand

§ 16 IV

tisch eingeordnet wird. Die Ankniipfung des Bereicherungsanspruchs an das Gesellschaftsvermogen ist sogar in der Weise erfolgt, daB das Gesellschaftsvermogen als ,Adressat des Kondiktionsanspruchs" bezeichnet wird 139 . Versteht man die Gesellschaft kraft des Gesamthandsprinzips als Gruppe, so macht der Bereicherungsanspruch gegen die Gesellschaft keine Schwierigkeiten. Wie die Gesellschaft als Gruppe die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt, z. B. Eigentiimerin des aufgrund nichtigen Kaufvertrags iibereigneten Grundstiicks wird, ist sie als die Bereicherte auch zur Riickiibereignung aus ungerechtfertigter Bereicherung verpflichtet 140• Ebenso wie hinsichtlich der ungerechtfertigten Bereicherung ist es hinsichtlich der Geschaftsfiihrung ohne Auftrag. Wie der Gesellschaft als solcher die Anspriiche zustehen, ist sie auch der Verpflichtete der Anspriiche nach §§ 683, 684 BGB. Nicht anders als die OHG haftet die Gesamthandsgesellschaft des biirgerlichen Rechts als Besitzer nach § 836 BGB, als Tierhalter und iiberhaupt in allen Fallen der Gefahrdungshaftung 141 , und schlieBlich sollte die Gesellschaft auch die Haftung nach § 31 BGB fiir die geschaftsfiihrenden Gesellschafter treffen 142• Die Gesellschaftsschuld als Verpflichtung der Gruppe und die Verpflichtung der Gesellschafter sind stets auseinanderzuhalten. Im folgenden soli exemplarisch fur einzelne in Rechtsprechung und Literatur erorterte Probleme dargetan werden, wie sich die LOsung aus dem Verstandnis der Gesellschaftsschuld als einer Verpflichtung der Gesamthand, d. h. der Gesellschaft als Gruppe, ergibt. Von kardinaler Bedeutung ist das Verstandnis der Gesellschaftsschuld als einer Verpflichtung der Gesellschaft als Gruppe fiir die Frage der Zurechnung des Verschuldens eines Gesellschafters in der Erfullung einer gesellschaftlichen Verbindlichkeit und damit der Haftung fiir dieses Verschulden. Versteht man die gesellschaftliche Schuld nur als Schuld der einzelnen Gesellschafter und folgt man beziiglich der Haftung der Gesellschafter entsprechend der h. M. der Verweisung der zweiten Kommission auf§ 427 BGB, so ergibt sich in Anbetracht von§ 425 II BGB aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Gesellschafter keine Haftung der Gesellschafter fiir das Verschulden ihrer Mitgesellschafter. Besonders deutlich veranschaulicht wird die Problematik in der Entscheidung BGHZ 56, 355 ff. betreffs der Haftung der Anwalte einer Anwaltssozietat. Der BGH hat in Obereinstimmung mit dem Reichsgericht, der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der h. M. in der Literatur angenommen, daB, wenn jemand einen einer Anwaltssozietat angehorenden Rechtsan139 140 141 142

So KORNBLUM, a.a.O., S. 47. Vgl. FABRICIUS, Gedachtnisschrift fur Siehe oben S. 84 ff. Siehe dazu unten S. 322.

RUDOLF ScHMIDT

(1966), S. 192 ff.

319

§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

walt ,beauftragt", bei Verschulden eines Anwalts der Sozietiit in Erfullung des Anwaltsvertrags alle Sozien fur den Schaden haften 143 Bemerkenswert ist, daB der BGH in der Entscheidung keine Rechtsnorm anfuhrt, auf welche er die Haftung der der Sozietiit angehorenden Anwalte fur das Verschulden ihres Sozius stiitzto Ausdtiicklich hei6t es in dem Urteil, aus der Gesamtschuldnerschaft ergebe sich nicht, daB jeder Sozius fur die Fehler, die sein Sozius gemacht habe, zu haften habeo Denn das sei ,nach dem Gesetz grundsatzlich gerade nicht der Fall (§ 425 Abso 2 BGB)"o Nach Ansicht des BGH zeigen jedoch die ,Besonderheiten des mit einer Anwaltssozietiit geschlossenen Vertrages, daB sich aus dem Schuldverhaltnis in diesem Fall das Gegenteil ergibt"o Nur gibt der BGH nicht an, weshalb dem so isto Er erwahnt des weiteren die Ansicht des Reichsgerichts und der Literatur, daB sich die gesamtschuldnerische Haftung der Anwalte aus einer Garantiezusage ergebe, und IaBt dies offeno Fazit der Argumentation des BGH ist: ,Jedenfalls entspricht das vom Reichsgericht gefundene Ergebnis allein der Interessenlage und Verkehrsauffassungo" Bemerkenswert ist die wiederholte Beteuerung des BGH, es wiirde ,einer Sozietiit schlecht anstehen", wenn sie wegen der Wiedergutmachung eines Schadens den Klienten auf den jeweiligen Bearbeiter einer Sache verweisen wiirde, vielmehr sei ,allein die gesamtschuldnerische Schadensersatzhaftung aller Sozien die gerechte LOsung"o Statt auf das Gesetz zu verweisen, beruft sich der BGH jedoch darauf, dies sei ,auch iiberwiegend die Ansicht in Rechtslehre und Schrifttum"o Der Entscheidung des BGH ist sicher beizupflichten, und der BGH gibt auch die richtige Begriindung, ohne sie allerdings rechtlich zu analysieren, wenn es in der Entscheidung heiBt: ,Dem Recht der zur Sozietat verbundenen Anwalte 0 0 0' dem Mandanten gegeniiber immer als Einheit, als ,die Sozietiit', aufzutreten, steht die Pflicht gegeniiber, ihm dann auch ,als Sozietat' zu haften"o Weil die Sozietat als solche, als Gruppe, das anwaltliche Mandat iibemommen hat, ist sie als Gruppe zur Erfiillung verpflichtet und haftet sie so mit Selbstverstandlichkeit fur das Verschulden des einzelnen Sozius nach § 278 BGBO Die Haftung der Sozien fureinander aus § 278 BG B Ia6t sich allerdings als eine solche aus Gesamtschuldnerschaft nicht begriindeno Nur iiber die Verpflichtung der Gesellschaft als Gruppe, nach § 278 fur das Verschulden des handelnden Gesellschafters einzustehen, kann es zu einer Haftung der anderen Gesellschafter kommen, indem die Schadensersatzverpflichtung der Gesellschaft auf die Gesellschafter erstreckt wird, wovon noch zu handeln ist. 0

Siehe beso RGZ 85, 306 und die Zitate BGH aoaoOo, So 362, 3630 REIMER ScHMIDT, Komo BGB § 421 No 16, hat gemeint, die rechtstheoretische Begriindung der gesamto schuldncrischen Haftung verbundener Anwalte sei schwierig, das Argument der konldudent erreilten gemeinschaftlichen Haftungszusage sei wissenschafdich iiberholto 143

SoERGEL,

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2. Die Gesellschaftsschuld als eine Verpflichtung der Gesamthand

§ 16 IV

Nach BEUTHIEN 144 ist hinsichtlich der Einwirkung des Verschuldens der geschaftsfuhrungsbefugten Gesellschafter auf die Gesamthandsschuld der Gesellschaft die Anwendung des§ 31 BGB gegeni.iber der des § 278 BGB ,im Interesse einer systematischen Einheit vorzuziehen". Dem ist nicht zu folgen. Selbst fur die juristische Person ist bei Verschulden des Vorstandes in Erfi.illung einer Verbindlichkeit der juristischen Person nicht § 31 BGB, sondern § 278 BGB anzuwenden. Die Frage ist umstritten 145 • Die Verfasser des BGB, und zwar die erste wie die zweite Kommission, sahen in§ 46 I. Entw., d. h. in dem jetzigen § 31 BGB, nur eine Regelung fi.ir die Faile, in denen es sich nicht urn Verschulden bei Erfullung einer Verbindlichkeit der juristischen Person handelt. So heiBt es in den Motiven 146 : ,Uiuft in Ansehung der Erfullung einer Verbindlichkeit der Korperschaft ein Verschulden des Vorstandes oder einer Person unter, deren er sich zur Bewirkung der Leistung bedient, so haftet die Korperschaft dafi.ir, und zwar ohne Unterschied, ob das Schuldverhaltnis auf einem Rechtsgeschafte oder unmittelbar auf Gesetz beruht." Dabei wird verwiesen auf § 224 Abs. 2 des ersten Entwurfs, d. h. § 278 BGB. Wenn von der zweiten Kommission die Formulierung des § 46 I. Entw. geandert wurde, so nur, weil man glaubte, ,die Korperschaft auch in den Fallen fur haftbar erklaren zu mi.issen, in welchen das Gesetz eine Schadensersatzpflicht ohne Ri.icksicht auf Verschulden des Urhebers des Schadens anerkenne" 147. Die Ansicht, daB§ 31 die Regelung des§ 278 ,verdrangt" 148 , ist schon deshalb unrichtig, weil § 31 nur von der Schadenshaftung handelt, wahrend § 278 nicht nur die Schadenshaftung, sondern allgemein die Zurechnung des Verschuldens betrifft. Wenn z. B. der Vorstand schuldhaft die von der juristischen Person geschuldete Leistung nicht am Falligkeitstermin erbringt, ergeben sich die Verzugsfolgen fi.ir die juristische Person nur i.iber § 278 BGB, wahrend § 31 BGB dafi.ir nicht relevant ist. Das gleiche gilt von Schadensersatz und Ri.icktritt nach § 325 BGB. Nach § 31 BGB haftet die juristische Person auf Schadensersatz fi.ir die Handlung des Organs als eine solche des Organs. Von der ,Neigung, eine privatrechtliche Haftung der Korperschaften fur die unerlaubten Handlungen ihrer Vertreter eintreten zu lassen", heiBt es in den Motiven, sie gri.inde sich ,in einem schwer von der Hand zu weisenden Verkehrsbedi.irfnisse" 1488 . Die Haftung nach § 278 BGB gri.indet sich dagegen in der Verbindlichkeit des Schuldners und so auch betreffs der Haftung fur den Vorstand in der Verbindlichkeit der juristischen Person als des Schuldners. Eine AnwenDB 1975, 725 ff. Siehe SoERGEL-ScHULTZE-v. LASAULX, Kom. BGB § 31 N. 4 ff. u. Zit. 146 Mugdan I, 409. 147 Mugdan I, 618. 148 So ScHULTZE-V. l.ASAULX a.a.O. 14& Mot. I, 103 = Mugdan I, 409. 144

145

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§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

dung des§ 31 BGB auf die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts kann hiernach nur in Frage kommen, soweit es sich nicht urn die Erfiillung der Verpflichtungen der Gesellschaft, d. h. die Problematik des§ 278 BGB handelt. Was nun die Anwendung des § 31 BGB selbst anbetrifft, so hat der BGH 149 in Uberstimmung mit der h. M. in der Literatur 150 diese Anwendung entgegen der Rechtspraxis betreffend die OHG und KG mit der Begriindung abgelehnt, die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts sei ,anders als die Offene Handels- und die Kommanditgesellschaft zu wenig korperschaftlich organisiert, als daB man die fur sie handelnden Gesellschafter als ihre ,Organe' bezeichnen konnte". Es mehren sich jedoch in der Literatur 151 die Stimmen, welche die Anwendung des§ 31 BGB fur die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts bejahen. Das Argument der fehlenden korperschaftlichen Organisation kann schon deshalb nicht iiberzeugen, weil die Organisation bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts sehr unterschiedlich sein kann. Aus dem Verstandnis der Personengesellschaft als Gruppe ergibt sich ungeachtet der Art der Organisation der Gesellschaft die Moglichkeit der Anwendung des§ 31 BGB, d. h. die Haftung der Gruppe fur den Schaden, den der geschaftsfuhrungsberechtigte Gesellschafter beim Handeln fur die Gruppe durch eine zum Schadensersatz verpflichtetende Handlung einem Dritten zufugt. Diese Haftung nach § 31 BGB ist von der Haftung nach § 278 BGB scharf zu scheiden, insbesondere hinsichtlich der Erstreckung der Haftung auf die Gesellschafter 152• Ungeachtet der Frage der Haftung der Gesellschafter ist das Schuldverhaltnis der Gesellschaft als ganzes nur ihr und nicht den Gesellschaftern zugehorig. Da nur die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter Vertragspartner der von der Gesellschaft eingegangenen Vertragsverhaltnisse ist, sind die Rechte nach §§ 325, 326 BGB gegeniiber der Gesellschaft nur begriindet, wenn die Voraussetzungen betreffs der Gesellschaft erfullt sind. Nur aus dem Verzug der Gesellschaft- und nicht schon bei Verzug eines BGHZ 45, 312. Siebe Zit. bei KORNBLUM, a.a.O., S. 11 N. 9. 151 Vgl. HEcK, Schuldrecht, S. 377; FABRICIUS, Gedachtnisschr. RUDOLF ScHMIDT (1966), S. 171 ff.; EssER, Schuldrecht, 4. Aufl., § 95 V, 1; WESTERMANN, Personengesellschaftsrecht, Tz. 380; NITSCHKE, Die korperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970, S. 100 N. 22; KoRNBLUM, S. 11 ff., NICKNIG, S. 34 ff. u. Zit.; BEunnEN, DB 1975, 725 ff., 773 ff. Nach SELLERT, AcP 175, 77 ff., 105 ff., ist § 31 BGB auf die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts nur anzuwenden, wenn die Gesellschafter ein Mitglied aus ihrer Mine nach § 710 BGB zum Geschliftsfiihrer bestellen. Es soil aber § 31 BGB nicht gelten, wenn die Gesellschafrer Einzelbefugnis zur Geschliftsfiihrung haben (zustimmend MEmcus, Biirgerl. Recht, 7. Aufl., Tz. 795). Die Gesellschaft wird jedoch in jedem Fall durch die geschliftsfiihrenden Gesellschafter ,reprlisentiett", gleich, ob aile Gesellschafter oder nur einzelne Gesellschafrer geschliftsfiihrungsbefugt sind und ob es sich urn eine Einzelbefugnis oder eine Gesamtbefugnis von zwei Gesellschaftern handelt. Deshalb kann eine ,differenzierende" Anwendung des§ 31 BGB auf die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts nicht in Frage kommen. 152 Siebe dazu unten S. 344 f. 149

150

322

2.

Die Gesellschaftsschuld als eine Verpflichtung der Gesamthand § 16 IV

Gesellschafters - ergibt sich, und zwar nur bei Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gegeniiber der Gesellschaft, das Recht nach § 326, Schadensersatz wegen Nichterfiillung des ganzen Vertrags zu verlangen oder vom Vertrag zuriickzutreten. Nur die Gesellschaft und nicht der einzelne Gesellschafter ist ,der eine Teil" im Sinne von §§ 325, 326 BGB. Ohne daB der Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB gegen die Gesellschaft entstanden ist, haftet der Gesellschafter bei Verzug- sei es eigenem Verzug oder Verzug der Gesellschaft- nur auf den durch den Verzug entstandenen Schaden und auf Erfiillung, mit dem Recht des Glaubigers nach § 283 BGB. Allgemein ergibt sich aus der Selbstandigkeit des Schuldverhaltnisses der Gesellschaft als Gruppe, daB aile das Schuldverhaltnis betreffenden Rechtsgeschafte und Rechtshandlungen nur von und gegeniiber der Gesellschaft erfolgen konnen. Hinsichtlich der Kiindigung z. B. kann es nicht fraglich sein, daB die Kiindigung nur wirksam ist, wenn sie von oder gegeniiber der Gesellschaft erfolgt. Die Kiindigung gegeniiber dem Vertragspartner der Gesellschaft ist also nur wirksam, wenn die Kiindigung mit Vertretungsmacht fiir die Gesellschaft erfolgt, und sie kann gegeniiber der Gesellschaft nur an einen Gesellschafter erfolgen, der zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, wobei allerdings im Fall der Gesamtvertretung entsprechend § 125 II S. 3 HGB, § 28 II BGB die Erklarung an einen der Gesamtvertretungsberechtigten geniigt 153. Die Kiindigung des Schuldverhaltnisses an einen nicht zur Vertretung berechtigten Gesellschafter ist sowohl gegeniiber der Gesellschaft wie gegeniiber dem nicht vertretungsberechtigten Gesellschafter ohne Wirksamkeit, auch wenn dieser fiir die Verpflichtungen des Schuldverhaltnisses als Gesamtschuldner haftet. 1st die Gesellschaft zur Abgabe einer Willenserklarung verpflichtet, so kann die Erfiillung nur gegeniiber der Gesellschaft, nicht aber gegeniiber den einzelnen Gesellschaftern- ungeachtet deren Haftung fiir die Gesellschaftsverbindlichkeiten- durchgesetzt werden. Die Rechtsprechung hat in dieser Frage wiederholt betreffs der Erbengemeinschaft das Verhaltnis der Gesamtschuldklage des § 2058 BGB zur Gesamthandklage des § 2059 II BGB beschaftigt 154• Das Reichsgericht und der BGH gehen davon aus, daB ,der unmittelbare Volizug der Auflassungserklarung" grundsatzlich nur mit der Gesamthandklage begehrt werden kann. Wenn allerdings nur einzelne Gesamthander die Mitwirkung verweigern, soli gegen sie eine besondere Klage moglich sein, wie allgemein eine Gesamtschuldklage zulassig sein soli, mit welcher ,die Herbeifiihrung der Auflassung erstrebt wird" 155. Fiir die Gesellschaft muB grundsatzlich das gleiche gelten wie fiir die Erbengemeinschaft. Folgt man der Rechtsprechung betreffend die Erbengemeinschaft, so erweist Vgl. STAUDINGER-CoiNG, Kom. BGB § 167 N. 23. Vgl. RGZ 71, 366 ff.; 93, 292 ff.; 111, 338 ff.; 112, 132 ff.; BGH LM § 20'8 BGB Nr. 4; zur Literatur vgl. STAUDINGER-LEHMANN, Kom. BGB, § 20'9 N. 2 ff. u. Zit. Iss So BGH LM § 20'8 BGB Nr. 4. 153

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§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

sich die Selbstandigkeit des Schuldverhaltnisses der Gesellschaft darin, daB, selbst wenn man die Klage gegen einzelne Gesamthander auf Herbeifuhrung der Auflassung zulaBt, jedenfalls die Klage auf Auflassung und Eintragungsbewilligung gegen einen Gesellschafter abgewiesen werden muB. Hat die Gesellschaft eine Forderung, mit welcher sie zur Aufrechnung gegeniiber einem Gesellschaftsglaubiger berechtigt ist, so kann der nicht zur Einzelvertretung der Gesellschaft berechtigte Gesellschafter, wenn er von dem Gesellschaftsglaubiger fiir eine Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen wird, nicht mit der Gesellschaftsforderung aufrechnen. Er kann nur, weil es sich bei der Haftung des Gesellschafters fur eine Gesellschaftsschuld urn eine Nebenhaftung handelt 155", entsprechend § 129 III HGB, § 770 II BGB die Erfullung verweigern, wenn der Glaubiger sich durch Aufrechnung gegen eine fallige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann 156. Es ist nahezu allgemeine Meinung, daB durch einen Wechsel im Bestand der Gesellschafter die Haftung des Gesellschaftsvermogens unberiihrt bleibt 157. Die zweite Kommission ging davon aus, daB bei Neueintritt eines Gesellschafters zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermogen ein Titel auch gegen den neuen Gesellschafter erforderlich sei, nahm aber wohl als selbstverstandlich an, daB der Titel gegen den neu eingetretenen Gesellschafter aufgrund seiner Gesellschafterstellung zu erlangen sei 158• Die Forthaftung des Gesellschaftsvermogens wird von der h. M. aus der Person des neu eintretenden Gesellschafters begriindet, indem dessen Haftung entweder auf die Fiktion eines Schuldiibernahmevertrags oder auf die analoge Anwendung der Vorschrift des§ 419 BGB oder der Regelungen bei der fortgesetzten Giitergemeinschaft, der Erbengemeinschaft und der OHG gesti.itzt wird 1588 . Nach KORNBLUM 159 ist es ,letztlich gleichgiiltig", welche Begriindung man wahlt. Dem ist insofern zuzustimmen, als beide Arten der Begriindung nicht zutreffen, wenn es urn die Haftung der Gesellschaft geht 160• Die Begriindung mit der Fiktion der Schuldiibernahme ist schlechthin nicht ernst zu nehmen, und fur die Anwendung des§ 419 BGB fehlt es daran, daB der neu eintretende Gesellschafter ,das Vermogen eines anderen iibernimmt". Die Haftung der Gesellschaft ist aber ungeachtet des neuen Gesellschafters in Zur Haftung des Gesellschafters siehe sogleich un ter Ziff. 3. Vgl. zur Erbengemeinschaft BGHZ 38, 122 ff. = LM § 2058 BGB N. 3 mit Anm. MAITERN = JZ 1963, 475 ff. mit Anm. ScHEYHING. Zu der Aufrechnungsproblematik betr. § 129 III HGB, § 770 II BGB und der entsprechenden Anwendung auf die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts siehe KtiiTER, Kom. HGB, § 129 Anm. 3 u. Zit.; SoERGEL-ScHULTZE·V. LA. SAULX, Kom. BGB, § 719 N. 18, 19; BGHZ 42, 396 ff. 157 Vgl. Kom. zu § 718 und § 736 BGB u. Zit. bei NICKNIG a.a.O., S. 94 N. 37; anders jedoch BuOINER, AcP 169,497. 158 MUGDAN II, 995. 1588 Siebe Zit. bei KORNBLUM a.a.O., S. 28 N. 103 ff. 159 A.a.O., S. 70. 160 lnsofem richtig BUCHNER a.a.O.; siehe auch BuCHNER, AcP 175,268 f. 15s. 156

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3. Die grundslitzliche Erstreckung der Hafrung auf die Gesellschafter

§ 16 IV

Wirklichkeit unproblematisch, wenn man aufgrund des Gesamthandsprinzips die Gesellschaft als Gruppe begreift. Da die Identitat der Gesellschaft als Gruppe von dem W echsel der Gesellschafter unberiihrt bleibt, ergibt sich fur die Gesellschaftsschulden ebensowenig wie fur die Rechte der Gesellschaft aus dem Gesellschafterwechsel eine Anderung 161 . Es ist bemerkenswert, daB auch KORNBLUM 162 auf die Identitlit der Gesellschaft hinweist und aus der Identitlit folgert, daB sich auch die Gesellschaftsverbindlichkeiten gegen alle Mitglieder ,dieser mit sich selbst identisch gebliebenen GBglR richten". Von einer Identitlit der Gesellschaft kann man aber nur betreffs der Gruppe sprechen. Stellt man wie KORNBLUM auf die ,Vielheit" ab, so besteht gerade keine Identitlit. GEILER hat seinerzeit 163 formuliert, die Hafrung des Gesellschaftsvermogens sei mit der Mitgliedschaft untrennbar verbunden, sie falle beim ausscheidenden Gesellschafter weg und treffe den neu eintretenden Gesellschafter ohne weiteres kraft seiner Mitgliedschaft. Haftungsmasse ist nun in der Tat das Gesellschaftsvermogen. Schuldner ist aber die Gesellschaft. Der einzelne Gcsellschafter haftet, wenn er nicht neben der Gesellschaft personlich haftet, auch nicht mit seiner Mitgliedschaft oder nach der Formulierung des Gesetzes mit seinem ,Anteil am Gesellschaftsvermogen". Das Gesellschaftsvermogen haftet aber fur die Schulden der Gesellschaft, und als Mitglied der Gesellschaft ist der Gesellschafter, wie sich aus § 736 ZPO ergibt, der richtige Beklagte, urn fiir die Schulden der Gesellschaft einen Titel zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermogen zu erlangen.

3. Die grundslitzliche Erstreckung der Haftung fUr die Gesellschaftsverbindlichkeiten auf die Gesellschafter zur vollen per50nlichen Haftung eines jeden Gesellschafters als dem Gesamthandsprinzip entsprechende sachgerechte LOsung In der zweiten Kommission hielt man die Frage der Haftung der Gesellschafter nach der Streichung des§ 642 I. Entw. durch den Hinweis auf den jetzigen § 427 BGB fur erledigt 164• Wenn die Verfasser des BGB eine allgemeine Norm batten aufstellen wollen, so batten sie wohl als Grundsatz wie in§ 2058 BGB fur die Miterben- die Haftung als Gesamtschuldner fur die Gesellschaftsverbindlichkeiten statuiert 165, nur daB sich dann zugleich Siehe GIERKE, DPR I, 690 ff.; FABRICIUS, Relativitlit der Rechtsf.ihigkeit (1963), S. 162. A.a.O., S. 70. 163 STAUDINGER, Kom. BGB, 9. Auf!., § 718 III 2 c, ebenso STAUDINGER-KEsSLER, Kom. BGB § 718 N. 15. 164 MUG DAN II, 987. 165 Die erste Kommission hielt zwar cine Solidarhaftung der Gesellschafter der Gesellschafr des biirgerlichen Rechrs enrsprechend der Regelung bctreffcnd die OHG fiir ,htichst bcdenk· lich", abcr doch our, wei! mandarin ,cine schwer zu rechtfertigende Abweichung vom Prinzip des§ 320", d. h. der grundslitzlichen, im ersten Entwurf aufgrund des rtimischen Rechts vertretcnen Teilhaftung sah (MUGDAN II, 342). 161

162

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§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

die Frage ergeben hatte, ob und welchen Beschrankungen dieser Grundsatz unterliegen solle. Wenn man das romischrechtliche Prinzip der Teilhaftung der Gesellschafter aufgibt 166, bleibt in der Tat fur eine Gesellschaft, die nach dem Gesamthandsprinzip strukturiert ist, al; sachgerechte Regelung nur die prinzipiell gesamtschuldnerische Haftung samtlicher Gesellschafter fur die Verpflichtungen der Gesellschaft, und es ist nur zu fragen, welchen Beschrankungen die prinzipiell begriindete Haftung der Gesellschafter unterliegt. Auf§ 427 BGB kann die Haftung der Gesellschafter nur fur einen sehr beschrankten Bereich gesriitzt werden, namlich nur fiir die vertraglich begriindeten Verpflichtungen, und zwar our fur die vertraglichen Primarverpflichtungen. Denn nach § 425 BGB sollen ja, ,soweit sich nicht aus dem Schuldverhaltnis ein anderes ergibt", andere als die in den §§ 422 his 424 bezeichneten Tatbestande our fur und gegen den Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten. DaB im Fall der Gesellschaft sich ,aus dem Schuldverhaltnis ein anderes ergibt", folgt daraus, daB eben niche nur ein Gesamtschuldverhaltnis der Gesellschafter vorliegt 167 . Weil die Gesellschaft als Gruppe aus den Gesellschaftern besteht, ist die Sache der Gesellschaft grundsatzlich auch die Sache eines jeden Gesellschafters, und so trifft den Gesellschafter die Haftung fur die Verpflichtungen der Gesellschaft als Verpflichtungen in eigener Sache. Wahrend bei der Gesamtschuld die Verpflichtungen der einzelnen Gesamtschuldner je fur sich in einem horizontalen Nebeneinander bestehen, handelt es sich im Verhaltnis der Verpflichtungen der Gesellschaft und des Gesellschafters urn eine vertikale Gliederung, indem die Verpflichtung der Gesellschaft auf den Gesellschafter als Glied der Gesellschaft erstreckt wird, weil prinzipiell die Sache der Gesellschaft zugleich die Sache des Gesellschafters ist. H. WESTERMANN 168 hat KORNBLUM 169 entgegengehalten, mit dem ,Vielheitsgedanken" allein sei die personliche Hafcung der BGB-Gesellschafter niche zu begriinden, sie konne vielmehr nur Folge einer besonderen Haftungsnorm sein. Demgegeniiber ist zu sagen, daB eine besondere Haftungsnorm nur aufgrund der besonderen Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts fehlt; auch § 427 BGB betrifft nicht die Gesamthandsgesellschaft. Die Teilhaftung ist von der zwei166

Beibehalten ist das Teilhaftungsprinzip irn franziisischen Recht (Artt. 1862, 1863 cod.

civ.). 167 BEUTHIEN, DB 1975, 773 rneint zu Unrecht, hier liege ein ZirkelschluB vor. In der Tat ergibt sich betreffs der Gesellschaft, wei! niche nur ein Gesarntschuldverhaltnis der Gesellschafrer vorliegt, ,aus dern Schuldverhaltnis ein anderes"; narnlich wegen der akzessorischen Zuordnung des Schuldverhaltnisses des Gesellschafters zu dern Schuldverhaltnis der Gesellschaft ergibt sich, daB - ebenso wie bei der Biirgschaft- die hinsichdich der Gesellschaftsschuld als der ,Hauptschuld" eintretenden Veranderungen auch fur die Schuld des Gesellschafters wirken. 168 Personengesellschaftsrecht, Tz 379. 169 A.a.O., S. 29 ff., 40.

326

4. Die Problematik des Ausschlusses der pers6nlichen Haftung

§ 16 IV

ten Kommission verworfen worden, und so bleibt - soweit die personliche Haftung des Gesellschafters nicht iiberhaupt ausgeschlossen ist- nur dierichtigere und in der neueren Gesetzgebung vom italienischen codice civile fur die socied. semplice in Artt. 2267 ff. auch verwirklichte- Alternative der prinzipiellen Solidarhaftung der Gesellschafter fiir die Gesellschaft 170 . Eine personliche Teilhaftung der Gesellschafter ware als Prinzip fiir eine Gesamthandsgesellschaft sachwidrig. Die Teilhaftung nach Kopfen verbietet sich schon in Anbetracht der Moglichkeit einer unterschiedlichen Beteiligung der Gesellschafter. Andererseits kann auch eine Teilhaftung entsprechend der Beteiligung des einzelnen Gesellschafters an der Gesellschaft nicht in Frage kommen. Schon die I. Kommission hat richtig gesehen: ,Die Rechte des Dritten diirfen nicht nach dem ihm fremden Gesellschaftsverhaltnisse bemessen werden." 171 Im iibrigen IieBe sich, was das geltende Recht anbetrifft, nicht sagen, ob die Beteiligung an der Gesellschaft nach dem Anteil am Gewinn oder Verlust oder nach dem ,Kapitalanteil" oder wie sonst zu bemessen ist. Auch fur das geltende Recht wird zwar aufgrund von § 420 BGB die Ansicht vertreten, daB fur auBerkontraktliche Gesellschaftsschulden auf teilbare Leistungen die Gesellschafter nur als Teilschuldner haften 172 . Dem ist jedoch nicht zu folgen. Die Vorschrift des§ 420 BGB betrifft nicht den Gesamthandstatbestand 173. Es miissen schon besondere Umstande gegeben sein, wenn bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts der dem Gesamthandsprinzip eigene Grundsatz nicht gelten soll, daB auf jeden Gesamthander sich die volle Haftung fur die Verpflichtungen der Gesamthand erstreckt. Im rechtsgeschaftlichen Verkehr IaBt sich zwar die personliche Haftung der Gesellschafter ausschlieBen. GroBe Bedeutung hat dies aber, wie noch zu zeigen sein wird, fur die Praxis des rechtsgeschaftlichen Verkehrs nicht. Abgesehen von der Frage einer etwaigen Beschrankung der pers6nlichen Haftung gilt fur den Inhalt der Haftungsverbindlichkeit des Gesellschafters der bi.irgerlichrechtlichen Gesellschaft und fur ihr Verhaltnis zu der Gesellschaftsschuld grundsatzlich das gleiche wie bei der OHG 174 .

4. Die Problematik des Ausschlusses der persnlichen Haftung der Gesellschafter im rechtsgeschliftlichen V erkehr Fiir aile vertraglich vereinbarten Schuldverhaltnisse gilt, und zwar nicht nur hinsichtlich der primar vereinbarten Verpflichtungen, sondern fiir alle im Vgl. zu der ita!. Regelung z. B. GALGANO, I.e socied di persone (1972), S. 241 ff. MUGDAN II, 342. 172 Siehe GIERKE, DPR III, 847 ff.; GEILER, DORINGER-HACHENBURG II, 1 Anm. 139; STAUDINGER-KEssLER, Kom. BGB, § 714 N. 14. 173 Siehe auch unten S. 340. 174 Siehe oben S. 298 ff., 286 ff. 170

171

327

§ 16 IV

§ 16 Schuld und Haftung bei der Personengesellschaft

Rahmen des Schuldverhliltnisses entstehenden Verpflichtungen der Gesellschaft, daB die Gesellschaftsschuld sich auf die Gesellschafter erstreckt, soweit dies nicht bei der Eingehung des Schuldverhaltnisses vertraglich ausgeschlossen ist. Wenn die Gesellschafter insgesamt fur die Gesellschaft handeln oder einem von ihnen die Vertretungsmacht iibertragen, werden die fur die Gesellschaft als Gruppe abgeschlossenen Geschafte zugleich zur eigenen Angelegenheit eines jeden Gesellschafters als Mitglied der Gruppe. Allerdings kann fiir die Verbindlichkeiten der Gesellschaft die Erstreckung der Haftung auf die Gesellschafter ausgeschlossen werden, und anders als nach § 126 HGB bei der OHG kann auch die Vertretungsmacht eines Gesellschafters in der Weise beschrankt werden, daB er our Geschafte fur die Gesellschaft unter AusschluB der Erstreckung der Haftung auf die Gesellschafter abschlieBen kann. Die Frage des Ausschlusses der perstinlichen Haftung der Gesellschafter fur die Gesellschaftsverbindlichkeiten - nach der in der Literatur iiblichen Formulierung: der Beschrankung der Haftung der Gesellschafter auf ihren Anteil an dem Gesellschaftsvermogen oder auf das Gesellschaftsvermogen wird in der Literatur 175 allgemein behandelt unter dem Gesichtspunkt der Beschrankung der Vertretungsmacht des fiir die Gesellschaft handelnden Gesellschafters. Zunachst ist jedoch immer zu fragen, ob die Beschrankung der Haftung mit dem Vertragspartner der Gesellschaft vereinbart worden ist. Nur in dem Fall, daB dies nicht geschehen ist, ist die Frage der Vertretungsmacht zu priifen. Beide Fragen diirfen nicht vermengt werden, einmal, weil im letzteren Fall das Geschaft iiberhaupt unwirksam ist und die Haftung des Handelnden nach § 179 BGB besteht, vor allem aber, weil die Problematik der Haftungsbeschrankung nur von der vertraglichen Vereinbarung mit dem Dritten, nicht aber von der Vertretungsmacht her richtig erfaBt werden kann. Die Frage der Beschrankung der Haftung auf das Gesellschaftsvermogen ist vomehmlich ein Thema der Literatur, nicht aber der Praxis. Der Blick dafur ist der Literatur versperrt, weil sie bei der Vertretungsmacht und nicht bei der Vereinbarung ansetzt. DaB es so gut wie keine Entscheidungen gibt, ist einfach darin begriindet, daB sich der Rechtsverkehr im allgemeinen auf Haftungsbeschrankungen beziiglich einer Vermogensmasse, deren Bestand und Entwicklung fur Dritte nicht zu iibersehen ist, nicht einlaBt. Das wissen auch die Gesellschafter. Deshalb rechnen sie in der Regel gar nicht damit, daB eine Haftungsbeschrankung von dem Vertragspartner akzeptiert wird, und so wird denn auch in aller Regel die Vertretungsmacht nicht in einer Weise beschrankt, die ein Handeln in Vertretung fur die Gesellschaft peaktisch unmoglich machen wiirde. Es ist bei der Gesellschaft nicht anders als bei der Erbengemeinschaft. Auch bei dieser konnten Geschafte betreffend Vgl. KORNBLUM, a.a.O., S. 15 ff., 46 ff.; NICKNIG, a.a.O., S. 18 ff. u. Zit.; Personengesellschaftsrecht, Tz 379; siehe schon GIERKE, DPR III, 848.

175 MANN,

328

WESTER·

4. Die Problematik des Ausschlusses der persnlichkeitsbeteiligung". Nach EBERT (siehe auch oben Anm. 12) ist nur eine ,Eintrittsklauser• fiir den Gesellschaftsvertrag moglich. Die Eintrittsklausel ist nach EBERT (a.a.O., S. 109/110) ,ein bindendes, nur aus wichtigem Grunde widerrufliches Aufnahmeangebot". Aus dem ,einverstiindlichen Verhalten vor dem Erbfall" kann man nach EBERT beziiglich der Erben ,zwanglos auf den Willen schliefkn, das Angebot der Gesellschafter im Zeitpunkt des Erbfalls anzunehmen". Fiir EBERT ergibt sich daraus: ,Der die Mitgliedschaft begriindende Aufnahmevertrag kommt damit nach § 151 BGB zustande." EBERT spricht von seiner These als ,sachangemessenem Denkansatz", von dem ,,Ansatz einer Neubesinnung". Er bezeichnet die These der Uniibertragbarkeit und Unvererblichkeit der Mitgliedschaft als ,einen neuen Ansatzpunkt fiir die Diskussion". 1st es schon bemerkenswert, daB die These der Uniibertragbarkeit der Mitgliedschaft als ein ,,neuer" Ansatzpunkt hingesrellt wird, so enthiillt sich die These von dem ,,subsrantiellen Strukturgehalt der PersOnlichkeitsbeteiligung", der angeblich die Vererblichkeit und Obertragbarkeit der Mitgliedschaft ausschlieBt, als bloBer Doktrinarismus, wenn nach EBERT iiber das in der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel enthaltene Eintrittsangebot und die Annahme desselben nach § 151 BGB ,im Zeitpunkt des Erbfalls" (sic!) doch die gleiche Rechtsfolge wie bei der Nachfolge in die Mitgliedschaft eintritt. 46 Mit Recht sagt WIEDEMANN, a.a.O., S. 170, den AusschluB des Abfindungsanspruchs zu untetsuchen, erscheine ihm ,sinnwidrig". 47 Siehe zu dieser Konstruktion auch HUECK, OHG § 28 N. 37.

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§ 18 II § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Unerklarlich bleibt dabei auch, wieso die nicht zur Nachfolge berufenen Miterben hinsichdich des Abfindungsanspruchs eine selbstandige Gesamthandsgemeinschaft bilden, es also zwei Miterbengemeinschaften geben soli, eine hinsichdich des Abfindungsanspruchs, an welcher der zur Nachfolge Berufene nicht teilnimmt, und eine fur die Erbschaft ohne den Abfindungsanspruch. Auch hiervon weiB unser Erbrecht nichts 48. Selbstverstandlich kann der Gesellschaftsvertrag, wenn durch die qualifizierte Nachfolgeklausel nur einer von mehreren Miterben zur Nachfolge berufen wird, bestimmen, daB die Mitgliedschaft nur zum Teil, namlich entsprechend dem Erbteil, auf den zur Nachfolge Berufenen iibergeht und im iibrigen eine Abfindung erfolgt. Der Abfindungsanspruch wiirde dann der Erbengemeinschaft, d. h. den Erben einschlieBlich des zur Nachfolge als Gesellschafter Berufenen, zur gesamten Hand zustehen; die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung konnte aber auch zum lnhalt haben, daB jedem der Miterben ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft als Einzelanspruch kraft des Gesellschaftsvertrags als eines Vertrags zugunsten Dritter zusteht. In aller Regel wird aber die qualifizierte Nachfolgeklausel darauf gerichtet sein, daB der zur Nachfolge Berufene die voile Mitgliedschaft erlangt, so daB Abfindungsanspriiche gegen die Gesellschaft gar nicht entstehen konnen und nicht erst kraft besonderer Vereinbarung ausgeschlossen werden miissen, und ist so die Annahme eines stillschweigenden Ausschlusses von Abfindungsanspriichen durch die qualifizierte Nachfolgeklausel gegenstandslos 49. 48 Der BGH beruft sich in BGHZ 22, 186 ff., 194 zu Unrecht auf RGZ 170, 98 ff. und 171, 358 ff. fiir seine These, daB bei der qualifizierten Nachfolgeklausel der Nachfolger nur einen Teil des Gesellschaftsanreils des Erblassers erhalte, wahrend den nicht zur Nachfolge berufenen Miterben ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zustehe. Beide Entscheidungen behan· deln nicht die Problematik des § 139 HGB. In RGZ 170, 98 ff. ging es urn eine Einrrittsklausel, und RGZ 171, 358 ff. behandelte die Auslegungsfrage, ob ein Ubemahmerecht bestand. In RGZ 170, ~ ff. heiBt es ausdriicklich (S. 104), wenn gemaB der Eintrittsklausel des Gesellschaftsvertrags verfahren worden ware, wiirde die fragliche Miterbin ,zweifellos nicht nur den Gesellschaftsanteil der Verstorbenen, sondern zugleich auch den Kapitalanreil als solchen im Ganzen erworben haben, und es ware dann ihre Sache gewesen, sich mit den Miterben hieriiber auseinanderzusetzen". Das Reichsgericht hat allerdings fiir den Fall der Berufung eines oder einzelner Miterben angenommen, das Erbrecht der nicht zur Nachfolge berufenen Miterben beschranke sich ,,hinsichtlich der gesellschaftlichen Beteiligung ihres Erblassers auf die sich aus § 738 BGB ergebenden Abfindungsanspriiche, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag auch deren Geltendmachung ausgeschlossen hat" (so RGZ 171, 350 unrer Berufung auf RGZ 145, 289). Nun ist es aber evident, daB die gesellschaftsvertragliche qualifizierte Nachfolgeklausel wahl niemals den Sinn hat, daB der zur Nachfolge berufene Miterbe nur zu seinem Erbteil die Gesellschaftsbeteiligung erwirbt und zu den anderen Erbteilen der Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft entsteht, daB vielmehr die Beteiligung zur Ganze auf den designierten Nachfolger iibergeht und ein Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft ausgeschlossen ist. So ist in RGZ 145, 289 ff. auch entschieden worden. 49 So auch im allgemeinen die Literarur; vgl. HuECK, OHG § 28 N. 37 u. Zit.; WIEDEMANN a.a.O., S. 170; H. WESTERMANN a.a.O. Tz. 535, 538; unrichtig hinsichtlich der Wiedergabe der Literatur ULMER a.a.O., S. 198 N. 17.

390

3. Die Berufung eines Erben zur Nachfolge durch die Eintrittsklausel

§ 18 II

In BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977 hat der BGH die in BGHZ 22, 195 vertretene Ansicht aufgegeben, ,daB in Fallen, in denen gesellschaftsrechtlich nur einer von mehreren Miterben die Nachfolge antreten kann, der Gesellschaftsanteil unmittelbar nur in Hohe seiner Erbquote auf diesen iibergehe". Nach der Entscheidung sollen ,zwingende erbrechtliche Grundsatze der unmittelbaren Vollnachfolge nicht entgegenstehen" 50. Der Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel unterscheidet sich von dem der einfachen Nachfolgeklausel dadurch, daB der Rechtserwerb des Nachfolgers einer rechtsgeschaftlich begriindeten causa als Rechtfertigung bedarf. Bei der einfachen Nachfolgeklausel hat der Erwerb der Mitgliedschaft, wenn man ihn auf den Gesellschaftsvertrag griindet, seine causa darin, daB er den Erbteilen entspricht. Bei der qualifizierten Nachfolgeklausel scheidet die Erbfolge als causa, die den Erwerb der Mitgliedschaft rechtfertigen konnte, aus, weil der Erwerb ja nicht dem Erbanteil entspricht. Die causa fur den Erwerb der Mitgliedschaft kann im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel durch einen Schenkungsvertrag mit dem Nachfolger oder durch die Zuwendung des Erwerbs als Vermachtnis begriindet werden. Dariiber hinaus ist aber fur die unentgeltliche Zuwendung durch einen Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall anzunehmen, daB durch diesen Vertrag die Zuwendung an den Begiinstigten einseitig schenkungshalber vollzogen werden kann, wie dies fur den Lebensversicherungsvertrag anders gar nicht denkbar ist 51 .

3. Die Berufung eines Erben zur Nachfolge durch die Eintrittsklausel Die sogenannte Eintrittsklausel wird in der Literatur so interpretiert, daB der Eintretende mit seinem Eintritt eine gegeniiber der Mitgliedschaft des durch den Tod ausgeschiedenen Gesellschafters selbstandige Mitgliedschaft erwirbt. Nimmt man die Eintrittsklausel beim Wort, so wird der zur Nachfolge Berufene erst mit seinem Eintritt Gesellschafter. Mit dem Tode des Gesellschafters wiirde also, da eine Fortsetzung mit den Erben nicht vereinbart ist, die Mitgliedschaft des durch Tod ausgeschiedenen Gesellschafters durch Siebe zu der Entsch. unten VII. Vgl. HUBER a.a.O., S. 483 u. N. 67; FLUME, Rechtsgeschaft S. 150; siehe :iber auch unten Anm. 77. Die schenkweise erfolgende Zuwendung auf den Todesfall durch Vertrag zugunsten Dritter har hinsichtlich der Rechtsfolge Vermachtnischarakter. Die Zuwendung der Lebensversicherung gemaB § 331 BGB hat die Rechtswirkung eines Vindikationslegats, und das gleiche gilt fur die Zuwendung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft. Da die Zuwendung aber nicht durch Verftigung von Todes wegen, sondern durch den Vertrag als Rechtsgeschaft umer Lebenden erfolgt, sollte man die einseitig sraruierte Unentgeltlichkeitscausa eher dem Schenkungsrecht als dem Vermachtnisrecht zuordnen (fur letzteres v. WBTOw, Erbrecht S. 1232 £f. und ihm folgend HARDER, FamRZ 1976, 426 f.). Entscheidend ist nur, daB die Zuwendung auBer dem Vertrag zugunsten des Bedachten keiner besonderen causa bedarf (siehe auch Zit. bei HARDER, Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall, 1968, S. 154 N. 172). 50

51

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§ 18 II § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Anwachsung auf die verbliebenen Gesellschafter iibergehen, und der Eintretende wiirde eine neue Mitgliedschaft, nicht diejenige des verstorbenen Gesellschafters, erwerben. So wird denn auch die Eintrittsklausel im allgemeinen gewertet 52. Der Vorgang wird in der Literatur unterschiedlich gedacht. Teils nimmt man an, daB llufgrund der Eintrittsklausel des Gesellschaftsvertrags als eines Vertrags zugunsten Dritter die verbliebenen Gesellschafter verpflichtet seien, den Eintretenden als Mitglied aufzunehmen 53 . Die Aufnahme, auf welche dem durch die Eintrittsklausel Benannten ein Anspruch zusteht, soli durch einen Aufnahmevertrag mit den verbliebenen Gesellschaftern erfolgen 54• Man interpretiert die Eintrittsklausel aber auch als bindendes Vertragsangebot an den durch die Klausel Benannten fiir dessen Eintritt in die Gesellschaft 55 · Es ist auch die Rede von der Zuwendung eines Optionsrechts als eines Gestaltungsrechts, durch einseitige ErkHirung die Mitgliedschaft zu begriinden 56. Was es mit dem Optionsrecht in Wirklichkeit auf sich hat, bleibt dabei allerdings bisweilen unklar 57 • Man hat gemeint, zwischen gesellschaftsrechtlicher und erbrechtlicher Eintrittsklausel unterscheiden zu konnen 58 . Ungeachtet der unterschiedlichen Meinungen, ob die qualifizierte Nachfolgeklausel zu einer erbrechtlichen Nachfolge oder zu einer Nachfolge kraft des Gesellschaftsvertrages als eines Vertrags zugunsten Dritter fuhrt, kann hinsichtlich der Eintrittsklausel jedoch eine erbrechtliche LOsung schon deshalb nicht in Frage kommen, weil dem Erblasser das Eintrittsrecht gar nicht zusteht. Zwar kann die Eintrittsklausel vorsehen, daB nur ein Erbe zum Eintritt berechtigt ist oder daB der Eintrittsberechtigte durch Verfugung von Todes wegen zu benennen ist oder benannt werden kann. Deshalb handelt es sich aber nicht urn eine ,erbrechtliche" Nachfolge. Eine ganz andere Frage ist es, ob nicht der Eintritt kraft Eintrittsklausel, wenn der Eintretende zugleich Erbe ist, dazu fuhrt, daB die Mitgliedschaft, was das Verhaltnis zu den anderen NachlaBbeteiligten anbetrifft, wie ein Erbschaftserwerb zu behandeln ist. Schwierigkeiten bestehen nach der Literatur vor allem hinsichtlich der Frage, wie der in die Gesellschaft Eintretende zu einem Kapitalanteil kommt, so, wie ihn der durch den Tod ausgeschiedene Gesellschafter gehabt hat. Teils nimmt man an, daB der Abfindungsanspruch hierfiir die Grundlage sei, indem dem Eintrittsberechtigten der Abfindungsanspruch zugewandt sei und 52 53 54 55

Siehe UlMER, Kom. HGB § 135 Anm. 15 ff., 173 ff. UlMER a.a.O. Anm. 176. Vgl. WESTERMANN a.a.O. Tz. 547, 552. Vgl. WESTERMANN a.a.O. Tz. 553; siehe auch schon KNuR, Familiengesellschafr (1941)

S. 60 ff. 56

Zu den unterschiedlichen Interpretationen siehe UlMER ZGR 1972, S. 218 u. N. 111

Zit. 57 So heiBt es bei HuBER a.a.O., S. 453: ,Die Gesellschafter verpflichten sich, den Oprionsbereduigten als Gesellschafter zu behandeln, falls er sein Optionsrecht ausiibt." 58 SACKER a.a.O., S. 34 ff.; siehe dazu auch UlMER ZGR 1972, S. 221.

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3. Die Berufung eines Erben zur Nachfolge durch die Eintrittsklausel

§ 18 II

er mit der Einbringung des Abfindungsanspruchs die Einlageschuld fur den Kapitalanteil begleiche. Teils meint man auch, daB die verbliebenen Gesellschafter den Kapitalanteil des verstorbenen Gesellschafters zunachst treuhanderisch fiir diesen hielten und der Kapitalanteil entweder mit dem Eintritt unmittelbar auf den Eintretenden iibergehe oder aber von den verbliebenen Gesellschaftern auf ibn iibertragen werden miisse 59. Dabei bleibt unberiicksichtigt, daB der Abfindungsanspruch etwas ganz anderes ist als der Kapitalanteil, und ferner wird nicht dargetan, wie die angebliche Treuhandstellung der verbliebenen Gesellschafter his zum Eintritt des Nachfolgers einzuordnen ist. Die Komplikationen der verschiedenartigen lnterpretationen der Eintrittsklausel sind Konstruktionen, die mit der Wirklichkeit des von den Parteien Gewollten im allgemeinen nichts zu tun haben. Mit Recht hat WIEDEMANN 60 angenommen, daB Eintrittsklauseln zugunsten von Erben eng auszulegen sind und ungeachtet der Formulierung der Eintrittsklausel, es sei das Recht vorbehalten, in die Gesellschaft ,einzutreten", damit doch eine unmittelbare Rechtsnachfolge des Erben keineswegs ausgeschlossen ist. In Wirklichkeit hat die Eintrittsklausel immer den Sinn der Rechtsnachfolge, mag diese auch von dem Eintritt abhangig sein. Der Eintretende soll an die Stelle des durch den Tod ausgeschiedenen Gesellschafters treten. ULMER 61 hat gemeint, die Eintrittsklausel unterscheide sich von der Nachfolgeklausel hinsichtlich des Mitgliedschaftswechsels vor allem dadurch, daB der Eintritt des Berechtigten bier nicht ohne seine Mitwirkung erfolgt. Nach dem Sinn der Eintrittsklausel ist dies sogar der einzige Unterschied, was die Wirklichkeit des mit den Klauseln Gewollten anbetrifft. Die Sorgen, wie der Mitgliedschaftswechsel zu konstruieren ist und wie es sich mit dem Abfindungsanspruch und dem Kapitalanteil verhalt, machen sich die Beteiligten bei der Vereinbarung der Eintrittsklausel in aller Regel nicht, und zwar mit Recht, denn das ist nicht 'ihre Sache. Das Anliegen und der Inhalt der Eintrittsklausel ist, daB der fiir den Eintritt Benannte mit dem Eintritt als Mitglied an die Stelle des Verstorbenen tritt. Es bedarf in diesem Fall ebensowenig wie bei der qualifizierten Nachfolgeklausel fiir einen Nicht-Erben eines besonderen Ausschlusses von Abfindungsanspriichen oder der Fiktion eines solchen Ausschlusses. Es steht den Gesellschaftern frei, welche Regelung sie fiir den Fall des Todes eines Gesellschafters vereinbaren. Vereinbaren sie allerdings nur, daB die Gesellschaft unter den iibrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, so entsteht nach der gesetzlichen Regelung des§ 738 BGB fiir die Erben ein Auseinandersetzungsanspruch. Haben sie aber eine Nachfolge in die Mitgliedschaft, sei es auch bedingt durch die Eintrittserklarung, vereinbart, so ist, wenn es zu dieser Nach59

60 61

Siehe UlMER a.a.O., S. 218 ff. u. Zit. A.a.O., S. 164; siehe auch UlMER, Kom. HGB § 139 Anm. 22. ZGR 1972, S. 217. 393

§ 18 II § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft folge kommt, fiir einen Auseinandersetzungsanspruch von Erben, der noch durch besondere Vereinbarung ausgeschlossen werden muBte, gar kein Raum. Die Eintrittsklausel hat als solche den Sinn, daB wenn der Eintritt erfolgt, ein Auseinandersetzungsanspruch der Erben ausgeschlossen ist. Es bedarf auch keiner besonderen Konstruktionen, wie der Eintrittsberechtigte zu dem Kapitalanteil des Gesellschafters kommt, an dessen Stelle er tritt. Der Kapitalanteil hat ohnehin keine besondere Existenz neben der Mitgliedschaft. Mit dem Recht der Mitgliedschaft erwirbt der aufgrund der Eintrittsklausel Eintretende kraft des Gesellschaftsvertrags die Mitgliedschaft mit dem Kapitalanteil des Verstorbenen. In der Zeit zwischen dem Tod des fraglichen Gesellschafters und dem Eintritt seines Nachfolgers besteht die Gesellschaft zweifellos nur aus den verbliebenen Gesellschaftern. Es gibt auch keine Fortexistenz der Mitgliedschaft des Verstorbenen, die fur den Eintretenden in der Zwischenzeit treuhanderisch gehalten wurde 62 • Die Eintrittsklausel hat aber selbstverstandlich den Sinn, daB im Verhaltnis der Gesellschafter untereinander der Eintritt mit Ruckwirkung gelten soli. Dem Eintretenden steht also rtickwirkend der Gewinnanspruch zu, soweit er nicht das Entgelt fiir die Tatigkeit als Gesellschafter ist. Ferner ergibt sich aus der Ruckbeziehung des Eintritts im Verhaltnis der Gesellschafter zueinander, daB in der Zwischenzeit fiir einen jeden der anderen Gesellschafter, wenn fiir ihn der Tatbestand eines Auseinandersetzungsanspruchs eintritt, dieser sich fiir ihn nur ohne den ihm angewachsenen Anteil berechnet. Damit ist der Eintrittsberechtigte- und auch die Gesellschaft- insbesondere dagegen gesichert, daB bei einer etwaigen Pf'andung eines Glaubigers eines Gesellschafters in das Auseinandersetzungsguthaben auch der Teil der Mitgliedschaft einbezogen wird, der mit dem Eintritt dem Eintrittsberechtigten zusteht. Diese Beschrankung des Anspruchs auf das Auseinandersetzungsguthaben, die sich aus dem Sinn der Eintrittsklausel ergibt, muB der Pfandungsglaubiger gegen sich gelten lassen, da sie fur aile Faile der Entstehung eines Auseinandersetzungsanspruchs bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Eintrittsberechtigten gilt 62". Bei der Zwei-Personen-Gesellschaft kann die Eintrittsklausel nicht die Wirkung haben, daB der durch sie Benannte mit dem Eintritt die Mitgliedschaft des Verstorbenen erwirbt, weil es mit dem Tode des fraglichen Gesellschafters jedenfalls keine Gesellschaft mehr gibt. Die Eintrittsklausel kann in einem solchen Fall nur dahin gedeutet werden, daB einerseits ein Abfindungs- oder Auseinandersetzungsanspruch der Erben des verstorbenen Gesellschafters ausgeschlossen ist und der uberlebende Gesellschafter verpflichtet ist, mit dem durch die Eintrittsklausel Benannten eine neue Gesellschaft 62 62a

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Dies erwagt WIEDEMANN a.a.O., S. 175. Siebe oben S. 105, 178, 181 ff.

III. Nachfolge als Erbe b. d. BgB-Gesellschaft

§ 18 III

einzugehen und auf diese das Vermogen der friiheren Gesellschaft mit der Folge zu iibertragen, daB der Bedachte an der Gesellschaft in gleicher Weise wie der verstorbene Gesellschafter beteiligt ist. Diese ,Nachfolge" bei der Zwei-Personen-Gesellschaft ist aber, worauf KNUR 63 hingewiesen hat, wegen des Zwangs zur Neugriindung der Gesellschaft und der Notwendigkeit der Einzeliibertragung der Vermogensgegenstande auf sie und - last not least - wegen der steuerlichen Folgen mit erheblichen MiBlichkeiten verbunden.

Ill Die N achfolge als Erbe in die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts In §§ 705 ff. BGB wird die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben eines verstorbenen Gesellschafters nicht besonders geregelt. In § 725 BGB ist our davon die Rede, daB die Gesellschaft nicht aufgelost wird, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag ein anderes ergibt, und § 736 BGB handelt our von dem Fortbestehen der Gesellschaft unter den iibrigen Gesellschaftern. Es ist aber allgemein anerkannt, daB, wenn im Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben vereinbart ist, diese auch an Stelle des verstorbenen Gesellschafters Gesellschafter werden 64. Die h. M. nimmt auch fur die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts an, daB bei einer Erbfolge in die Mitgliedschaft, wenn mehrere Miterben vorhanden sind, nicht die Erbengemeinschaft Gesellschafter wird, sondern wie bei der Personenhandelsgesellschaft die einzelnen Miterben kraft Singularsukzession entsprechend ihrem Erbanteil selbstandige Gesellschafter werden 65 . Wahrend aber fiir die Personenhandelsgesellschaft die Singularsukzession der Miterben durch die gesetzliche Regelung von§ 139 HGB bestatigt wird und sowohl hinsichtlich der Betatigung in der Gesellschaft wie mit Riicksicht auf die Haftung fur die Gesellschaftsverbindlichkeiten es geboten ist, die Erbengemeinschaft als Gesellschafter nicht zuzulassen, ist die h. M. fur die Gesellschaft des biirgerlichen Rechts ohne Anhalt im Gesetz, und es treffen auch die sachlichen Griinde nicht zu, die der Anerkennung der Erbengemeinschaft als Gesellschafter einer Norarrag 1965 S. 74. Vgl. SoERGEL-Sc:HULTZE·V. LAsAULX, Kom. BGB § 727 N. 15. 65 Vgl. GEILER in OORINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 193; SrAUDINGERKEssLER, Kom. BGB § 727 N. 21; SoERGEL-SaiULTZE-V. LAsAuLX, Kom. BGB § 727 N. 20 ff. Die Zitate der Literatur fiir diese Ansichr sind ungenau, indem sie nichr zwischen der Personenhandelsgesellschafr und der Gesellschafr des biirgerlichen Rechrs unrerscheiden. Die in der Lircratur zirierren AuBerungen berreffen mc:isr nur die Personenhandelsgesellschafren, insbesondere gibr es anscheinend keine AuBerungen der Rechrsprechung berreffs der Nachfolge in die Mirgliedschafr in einer Gesellschafr des biirgerlichen Rechrs. 63

64

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§ 18 IV

§ 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft

Personenhandelsgesellschaft entgegenstehen. Im Gegenteil, die besondere Rechtslage hinsichtlich der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts laBt es als wiinschenswert erscheinen, daB die Erbengemeinschaft und nicht der einzelne Miterbe Gesellschafter wird. Fiir die Weiterfiihrung der Geschafte der Gesellschaft diirfte es praktikabler sein, daB die Miterbengemeinschaft statt der einzelnen Miterben Gesellschafter ist. Die Argumentation, die Erbengemeinschaft konne nicht Gesellschafter sein, weil sie nicht rechts- und verpflichtungsfahig sei 66, beruht auf einem MiBverstandnis des Gesamthandsprinzips. Man sollte deshalb anerkennen, daB bei dec Gesellschaft des biirgerlichen Rechts anders als bei dec Personenhandelsgesellschaft, wenn nur die Vererblichkeit der Mitgliedschaft durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, ohne daB weitere Regelungen getroffen sind, die Mitgliedschaft auf die Erbengemeinschaft iibergeht. Es ist im iibrigen ein bemerkenswerter Widerspruch, wenn einerseits die Fahigkeit einer Erbengemeinschaft, Mitglied einer Gesellschaft des biirgerlichen Rechts zu sein, verneint wird und andererseits fiir die Liquidationsgesellschaft bei der Auflosung einer OHG durch Tod eines Gesellschafters angenommen wird, daB im Fall mehrerer Miterben die Erbengemeinschaft Gesellschafter der Liquidationsgesellschaft ist 67. GroBe praktische Bedeutung hat die Frage nicht. Sie diirfte im allgemeinen iiberhaupt nur entstehen in den Fallen, in denen die Vererblichkeit nicht durch. eine ausdriickliche Vereinbarung bestimmt ist, sondern sich als gesellschaftsvertragliche Regelung aus den Umstanden ergibt 68. Wird die Fortsetzung mit den Erben durch eine besondere Klausel des Gesellschaftsvertrags vereinbart, so wird in der Regel, jedenfalls bei relevanten Gesellschaftsverhaltnissen, nicht nur durch die sogenannte ,einfache Nachfolgeklausel" die Vererblichkeit bestimmt, sondern dariiber hinaus die Art der Nachfolge in die Mitgliedschaft besonders geregelt werden.

IV. Die Problematik der Nachfolge in die Mitgliedschaft durch einen Nichterben aufgrund gesellschaftsvertraglicher N achfolgeklausel als Vertrags zugunsten Dritter Fiir die Vertreter der erbrechtlichen LOsung zu § 139 HGB gibt es von dieser Regelung kein Weiterdenken zu der Moglichkeit der Berufung eines Nicht-Erben zur Nachfolge in die Mitgliedschaft kraft gesellschaftsvertrag66 67 68

396

Vgl. SoERGEL·ScHULTZE·V. l.ASAULX, Kom. BGB § 727 N. 20. Vgl. HUECK, OHG § 23 II, 4 u. N. 19 Zit. Vgl. GEILER in DiiRINGER-HACHENBURG, Kom. HGB II, 1 Anm. 192.

IV. Die Problematik der Nachfolge durch einen Nichterben

§ 18 IV

Iieber Nachfolgeklausel. Wie oben unter II, 2 dargelegt, ist fiir die erbrechtliche LOsung aber bereits die Nachfolge eines Miterben kraft der qualifizierten Nachfolgeklausel dogmatisch nicht einzuordnen. Hierfiir bedarf es vielmehr des Ri.ickgriffs auf den Vertrag zugunsten Dritter. Bejaht man fi.ir die qualifizierte Nachfolgeklausel zugunsten eines Miterben, daB die Nachfolge aufgrund des Gesellschaftsvertrags als Vertrags zugunsten Dritter eintritt, so ergibt sich daraus- wenn man die Frage der persOnlichen Haftung zunachst auBer Betracht laBt- grundsatzlich auch die Moglichkeit, in gleicher Weise die Nachfolge eines Nicht-Erben kraft gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklausel zuzulassen. Fi.ir den Gesetzgeber des § 139 HGB war zwar die Erbenqualitat condicio sine qua non des Ubergangs der Gesellschafterstellung. Denn fiir ihn gab es keine Ubertragung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft allein durch Rechtsgeschaft unter Lebenden. Erkennt man dagegen in Fortentwicklung des § 139 HGB die Nachfolge aufgrund der qualifizierten Nachfolgeklausel an, so verliert die Tatsache der Beerbung als- wie es in RGZ 16, 58 heiBt- ,eines der gesetzlichen fixierten Momente" der Nachfolge gegeni.iber dem Gesellschaftsvertrag als dem anderen Moment an Bedeutung. Es steht nun auBer Frage, daB dem durch die Nachfolgeklausel zur Nachfolge berufenen Nicht-Erben die Mitgliedschaft nicht aufgedrangt werden kann. Die Regelung des§ 139 HGB ist besonders gli.icklich, indem der Erbe, wenn er die pers6nliche Haftung als Gesellschafter nicht i.ibemehmen will, nicht gezwungen ist, die Erbschaft auszuschlagen, die anderen Gesellschafter aber sich auch keinen Gesellschafter ohne personliche Haftung aufdrangen zu lassen brauchen. Es ist die Frage, ob die Regelung des§ 139 HGB so sehr auf den Erben als Nachfolger zugeschnitten ist, daB sie auf die gesellschaftsvertragliche Nachfolge des Nicht-Erben nicht zu i.ibertragen ist. Bejaht man dies, so kommt fur den Nicht-Erben nur die Anwendung von § 333 BGB in Frage. Diese ist aber bedenklich in Hinsicht auf die pers6nliche Haftung. Der Nicht-Erbe ware mit dem Erbfall ipso iure Gesellschafter und damit ware fur ihn bei der Gesellschaft des bi.irgerlichen Rechts und der OHG oder bei der Nachfolge in die Stellung des Komplementars bei der KG die unbeschrankte pers6nliche Haftung verbunden. Es di.irfte ohne besonderen gesetzlichen Anhalt nicht angehen, durch die nachtragliche Erklarung nach § 333 die pers6nliche Haftung ri.ickwirkend zu beseitigen. Damit entfiele aber die Moglichkeit, einen Nicht-Erben durch gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel als Vertrag zugunsten Dritter zum Nachfolger in eine Beteiligung zu berufen, mit welcher die persnliche Haftung verbunden ist. Insoweit bleibt dann nur die Eintrittsklausel. Anders ist die Situation nur hinsichtlich der Nachfolge in eine Kommanditbeteiligung, jedoch auch nur dann, wenn die Hafteinlage voll geleistet ist. In diesem Fall konnte man die Berufung eines Nicht-Erben durch gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel als Vertrag zugunsten Dritter mit dem 397

§ 18 V § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Recht des Berufenen, nach § 333 BGB die Beteiligung auszuschlagen, zulassen. Eine unterschiedliche Regelung je nachdem, ob die Hafteinlage voll geleistet ist, ist nun aber miBlich. So wiirde sich aus Grunden der Praktikabilitlit ergeben, daB allgemein die Rechtsfigur der Berufung eines Nicht-Erben zur Nachfolge aufgrund des Gesellschaftsvertrags als Vertrags zugunsten Dritter nicht zuzulassen ist 69. Fiir den Nicht-Erben, der nicht selbst an der gesellschaftsvertraglichen Regelung als Vertragspartner beteiligt ist, bleibt aber aufgrund des Gesellschaftsvertrags in jedem Fall die Moglichkeit der Berufung zur Nachfolge durch die Eintrittsklausel 698 •

V. Die Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft als Schenkung auf den Todesfall Auf die schenkweise erfolgende Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft auf den Todesfall kraft gesellschaftsvertraglicher Nachfolgeklausel oder Abtretung auf den Todesfall findet § 2301 Abs. 1 BGB keine Anwendung 70• Gleich, ob die Mitgliedschaft, durch den Todesfall und das Uberleben bedingt, iibertragen oder durch den Gesellschaftsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter, sei es als Eintrittsrecht oder unmittelbar als Nachfolge, zugewandt wird, in jedem Fall handelt es sich nicht urn ein Schenkungsversprechen, vielmehr ist die Zuwendung im Zeitpunkt des Todes des Gesellschafters ,vollzogen". Es ist unrichtig, daB die Zuwendung im Sinne von § 2301 BGB nur ,vollzogen" sei, wenn der Schenkende selbst noch das Vermogensopfer gebracht habe 71 • Eindeutig heiBt es in den Motiven 72 : ,Nachdem die aufschiebend bedingt vollzogene Schenkung unter Lebenden nicht von der fur vollzogene Schenkungen gewahrten Formfreiheit ausgenommen ist, besteht kein AnlaB, die aufschiebend bedingt vollzogene Schenkung von Todes wegen auszuschlieBen oder umzudeuten." Es kommt auch nicht darauf an, daB der Erblasser betreffs der Zuwendung gebunden ist. In der Zweiten Kommission wurde beantragt zu bestimmen, daB die Schenkung nur als Verfiigung von Todes wegen wirksam sein diirfe, ,wenn der Schenker sich das Recht vorbehalten hat, sie nach Belieben zu widerrufen". Die Schenkung auf den Todesfall mit Widerrufsvorbehalt sollte nach diesem Antrag den Formvorschriften der Verfiigung von Todes wegen unterliegen. Der Antrag wurde jedoch ab81 69a

70 71 72

398

Anders FLUME, Festschr. SCHIWNG, 1973, S. 55, 46 ff. BGH II ZR 120/75 (siehe N. 6a). Siebe Zit. bei ULMER, Kom. HGB § 139 Anm. 191 a. So KlPP-CoiNG, Erbrecht § 81 III, 1 c. Mot. V, 352 = MUGDAN V, 186.

V. Berufung zur Nachfolge als Schenkung auf den Todesfall

§ 18 V

gelehnt mit der Begriindung, ,fiir die Schenkungen unter Lebenden sei eine dem Antrag entsprechende Bestimmung nicht beschlossen worden, es sei mithin nur konsequent, auch an dieser Stelle davon Abstand zu nehmen" 73 . Obwohl der Gesellschafter his zu ·seinem Tode ausschlieBlicher Berechtigter der Mitgliedschaft ist und auch wenn er die von ihm im Gesellschaftsvertrag vereinbarte oder aufgrund des Gesellschaftsvertrags bestimmte Nachfolge noch nach Belieben andern kann, ist, wenn es bei der vorgenommenen Berufung zur Nachfolge bleibt, die Zuwendung im Zeitpunkt des Todes ,vollzogen". Was die Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft durch den Gesellschaftsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter anbetrifft, so kann eine Anwendung des § 2301 BGB auf den Gesellschaftsvertrag ohnehin nicht in Frage kommen. In den Motiven 74 heiBt es hinsichtlich der Frage der Formbedurftigkeit des Vertrags zugunsten Dritter mit Rucksicht auf das Valutaverhaltnis: ,Die Entscheidung der Frage, ob fur das etwaige Erfordernis einer Form des Vertrages das Verhaltnis unter den VertragschlieBenden als allein maBgebend anzusehen, oder auch das Verhaltnis zu dem Dritten bzw. die materielle causa der Zuwendung an ihn in Betracht komme, iiberlaBt der Entwurf der Rechtswissenschaft". Die Geschaftspraxis und die Rechtsprechung und die h. M. in der Literatur haben die Entscheidung getroffen, daB sich aus dem Verhaltnis des Zuwendenden zu dem Dritten kein Formerfordernis fiir den Vertrag zugunsten Dritter ergibt 75 • Die Entscheidung ist auch allgemein fiir den Vertrag zugunsten Dritter sachgerecht. Den Partner des durch Vertrag zugunsten Dritter Zuwendenden geht es nichts an, aufgrund welcher causa die Zuwendung erfolgt. Der Vertrag zugunsten Dritter wurde als Rechtsfigur im grundsatzlichen miBachtet, wenn man fur ihn die Frage der Formbedurftigkeit nach dem Valutaverhaltnis des Zuwendenden zu dem Dritten bestimmen wiirde. Die Vorschrift des § 2301 BGB betrifft nicht den Vertrag zugunsten Dritter als Zuwendungsgeschaft auf den Todesfall 76. Die Zuwendung erfolgt zweifellos durch den Vertrag zugunsten Dritter als Rechtsgeschaft unter Lebenden. Fur einen ,Erbeinsetzungsvertrag" oder ,Vermachtnisvertrag", durch welchen der Rechtserwerb des Bedachten herbeigefiihrt oder ein Anspruch auf den Rechtserwerb begriindet werden konnte, besteht hiernach kein Raum, weil der Rechtserwerb eben aufgrund des Vertrags zugunsten Dritter bereits eingetreten ist. Es kame vielmehr nur in Frage, daB wenn der Rechtserwerb durch den Vertrag zugunsten Dritter fiir den Bedachten sine Prot. V, 462 = MUGDAN V, 762. Mot II, 270 = MUGDAN II, 150 75 Vgl. BGHZ 41,96 u. Zit.; SACKER a.a.O., S. 42 N. 9 Zit. 76 Mit Recht hat WIEACKER, Festschr. LEHMANN, 1956, IS. 279 darauf hingewiesen, § 331 beweise, daB die Zuwendung auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden nicht diskriminierr werden sollte. 73

74

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§ 18 V § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft causa erfolgt ist, es einer Verfugung von Todes wegen bedurfte, wenn der Erblasser fur die Zuwendung eine causa begriinden und damit den Kondiktionsanspruch des Nachlasses ausschlieBen wollte. In aller Regel wird nun der Gesellschafter sich mit dem von ihm aufgrund der Nachfolgeklausel des Gesellschaftsvertrags zur Nachfolge Berufenen iiber die Nachfolge einig geworden sein. Da diese Einigung keiner Form bedarf, hat damit die Zuwendung der Mitgliedschaft ihre causa. Fur die Zuwendung der Mitgliedschaft durch den Gesellschaftsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall ist zudem aufgrund von § 331 BGB anzunehmen, daB die Zuwendung auch einscitig als Schenkung erfolgen kann, wie dies fur den Lebensversicherungsvertrag unabweislich ist 77. Die Vorschrift des§ 2301 BGB steht in dem Abschnitt iiber den Erbvertrag. Es geht darum, wann die Schenkung auf den Todesfall als Rechtsgeschaft den Vorschriften uber die Verfugung von Todes wegen unterliegt. Zu Unrecht wird hiermit in der Literatur die Frage vermengt, ob das Zugewandte hinsichtlich der erbrechtlichen Vorschriften, d. h. hinsichtlich der Rechte der Erben, der Pflichtteilsberechtigten und der NachlaBglaubiger dem NachlaB zuzurechnen ist 78. Offenbar gehOrt die Nachfolge in die Mitgliedschaft nicht zum NachlaB, wenn die causa der Zuwendung der Nachfolge auf den Todesfall entgeltlicher Natur ist. Die Unentgeltlichkeit der causa ist aber kein Zauberstab, durch welchen- ceteris paribus wie bei der entgeltlichen causa - fur die Mitgliedschaft die ZugehOrigkeit zum NachlaB bewirkt werden konnte. Es ist eine grundsatzliche Verkehrung, wenn man sagt, daB bei der Schenkung auf den Todesfall ,in Wahrheit nicht der ,Schenkgeber', sondern sein Erbe das Opfer bringt". Der Erbe kann gar kein Opfer bringen, weil ihm der Gegenstand der schenkweisen Zuwendung niemals gehort hat. Es gibt zwar ein gesetzliches Erbrecht und ein nach diesem bestimmtes Pflichtteilsrecht, aber kein Pflicht-Erbrecht. Es ist deshalb eine ganz und gar unrichtige Vorstellung, als ob der Erblasser durch die schenkweise Zuwendung auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden dem Erben etwas wegnahme, was diesem gebiihre.

n Siebe oben Anm. 51. Der ,Schuldoktrin" mages eher zusagen, wenn man sich das Zustandekommen der Schenkung so ,denkt", daB der berech tigre Partner des Vertrags zugunsten Dritter mit dem AbschluB dieses Vertrages eine Schenkungsofferte an den Dritten abgibt, die dieser durch die Inanspruchnahme des zugewandten Rechts ,annimmt", ohne daB die Annahme nach § 151 BGB erkllirt zu werden braucht. Vgl. schon RGZ 128, 189, aber auch noch BGHZ 46, 203 ff. fur die Zuwendung eines Sparbuchs. Es ist dies eine Konstruktion ohne Wirklichkeitsgehalt. Nicht zu folgen ist HOFMANN, AcP 158, 178 ff., daB beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall das Valutaverhiiltnis dem Erbrecht unterliege und der Dritte ,eine Art Testamentserbe" sei. 78 Siebe z. B. ULMER, Kom. HGB § 139 Anm. 191.

400

1.

Die Frage der Zugehorigkeit der Beteiligung zum NachlaB

§ 18 VI

VI. Das Verhaltnis der unentgeltlich durch den Gesellschaftsvertrag oder sonst durch Rechtsgeschaft unter Lebenden unentgeldich zur N achfolge in die Mitgliedschaft auf den Todesfall Berufenen zu den anderen NachlaBbeteiligten 1. Die Frage der Zugehorigkeit der Beteiligung zum N achlaB

als bloBe Verfahrensfrage Sicher fallt die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft nicht in den NachlaB, wenn die Mitgliedschaft durch ein entgeltliches Geschaft auf den Todesfall, sei es auf einen Erben oder einen Nichterben iibergeht. Dabei ist es gleich, ob die- entgeltlich erfolgende- Nachfolge bei einer Handelsgesellschaft durch einen Erben aufgrund der qualifizierten Nachfolgeklausel erfolgt oder ob - und zwar bei der Personenhandelsgesellschaft wie bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts - die Nachfolge durch die gesellschaftsvertragliche Eintrittsklausel oder durch bedingte Abtretung auf den Todesfall bewirkt wird. Die Frage der ZugehOrigkeit der Mitgliedschaft zum NachlaB kann iiberhaupt nur aufgeworfen werden fur den Fall der unentgeltlichen Nachfolge. Auch fur diese sollte jedoch auBer Frage stehen, daB bei der unentgeltlichen Nachfolge seitens eines Nichterben die Mitgliedschaft bei Erwerb auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden nicht in den NachlaB fallt. Wenn ferner nach dem Gesellschaftsvertrag beim Tode eines Gesellschafters, ohne daB fur die Erben ein Auseinandersetzungsanspruch besteht, die Gesellschaft von den iibrigen Gesellschaftern fortgesetzt wird, so diirfte auch in diesem Fall der den iibrigen Gesellschaftern nach § 738 BGB anwachsende Anteil nicht zum NachlaB gehOren, auch wenn die iibrigen Gesellschafter oder einzelne von ihnen Erben sind. Ohne Bedenken ist die Zugehorigkeit der Mitgliedschaft zum NachlaB bei der Nachfolge in die Mitgliedschaft kraft Erbfolge des Alleinerben. Fraglich bleibt hiernach die NachlaBzugehorigkeit fur die Sondernachfolge in die Mitgliedschaft durch mehrere Miterben bei der Personenhandelsgesellschaft gemaB § 139 HGB und entsprechend nach h. M. bei der Gesellschaft des biirgerlichen Rechts. Was die Rechtszustandigkeit anbetrifft, so ist die Zustandigkeit zur Erbengemeinschaft als Gesamthand und zu den einzelnen Miterben klar voneinander getrennt. So ergibt sich mit Selbstverstandlichkeit die Trennung des Nachlasses als Gesamthandsvermogens der Erbengemeinschaft und der einzelnen auf die Miterben iibergehenden Beteiligungen 79 • 79 Zur Fragc dc:r Nachlatizugchorigkcit der Betciligung siehe UlMER, Kom. HGB § 139 Anm. 55 ff. und Festschr. ScHILUNG S. 79 ff. mit der These, daB der OHG-Anteil ,als solcher" dem Alleinerben oder Miterben als Nachfolger persBnlich zugeordnet sei, wahrend der Auseinandersetzungsanspruch als ,Verkorperung des Vermogenswerts der Beteiligung" in den NachlaB falle. Siehe dazu auch oben S. 163 ff.; siehe auch MOllER, Festschr. WAHL S. 394 u. Zit.

401

§ 18 VI § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Fur das Verhaltnis der unentgeltlich zur Nachfolge in die Mitgliedschaft auf den Todesfall Berufenen zu den anderen NachlaBbeteiligten ist die Frage der Zugehorigkeit der Beteiligung zum NachlaB nicht eine solche von materiellrechtlicher Bedeutung, sondern nur eine Verfahrensfrage. Es ware ohne Sinn, materiellrechtlich fur die Rechte der nicht zur Nachfolge berufenen Erben oder der Pflichtteilsberechtigten oder NachlaBglaubiger danach zu unterscheiden, ob die Beteiligung dem NachlaB zuzurechnen ist. Hinsichtlich der materiellrechtlichen Problematik kommt es vielmehr nur darauf an, daB die Rechte der Miterben, die Pflichtteilsrechte und die Rechte der NachlaBglaubiger nicht beeintrachtigt werden, und hinsichtlich dieser Problematik sind aile Faile der unentgeltlich auf den Todesfall erfolgenden Nachfolge in die Mitgliedschaft gleich gelagert. Entscheidend bleibt immer, ob die Nachfolge entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt ist. In der Regel bedeutet beim Ausscheiden des Gesellschafters ohne Abfindungsanspruch fur die Erben die Anwachsung an die verbliebenen Gesellschafter fur diese eine unentgeltliche Zuwendung. Nach BGHZ 22, 194 soli allerdings, wenn die Regelung fur aile Gesellschafter in gleicher Weise gilt, eine Schenkung nicht vorliegen 80• Die Frage wird in der Entscheidung des BGH und auch sonst vielfach in Hinsicht auf§ 2301 BGB behandelt. Diese Vorschrift ist jedoch schon deshalb nicht anzuwenden, weil 80 So im allg=einen auch die Lirerarur. Siehe Zit. bei HECKELMANN, Abfindungsklauseln, 1973, S. 71 N. 177; vgl. u. a. SoERGEL-BALLERSTEDT, Kom. BGB § 516 N. 19; GESSLER, Kom. HGB § 138 N. 27 unter I, 4b u. Zit.; RITTNER, FamRZ 1961, 509 ff.; so auch noch FLUME, Rechrsgeschiifr S. 151. Nach H. WESTERMANN a.a.O. Tz. 565 isr an der Entgelrlichkeir ,niche zu zweifeln", wenn der AusschluB des Abfindungsanspruchs fur aile Gesellschafrer gilt. Besonders anschaulich sind die Eille, daB our zwei Gesellschafter vorhanden sind. In BGH II ZR 145/64 vom 20. 12. 1965 DNotZ 1966, 620 ff. wird fur die Anwachsung an den verbleibenden Gesellschafrer mit AusschluB eines Abfindungsanspruchs der Erben unter Berufung auf BGHZ 22, 186 ff. das Vorliegen einer Schenkung verneint. Solche Bestimmungen haben nach der Entscheidung ,im allgemeinen nicht den Sinn, dem jeweils in Aussicht genommenen Nachfolger in den Gesellschaftsanteil letztwillig etwas zuzuwenden, sondern sie sollen in erster Linie gewiihrleisren, daB das Gesellschaftsunternehmen beim Tod eines Gesellschafters erhalten bleibr und seine Forcfuhrung durch die oder den verbliebenen Gesellschafrer nichr durch Abfindungsanspriiche erschwerc wird". Ungeachtet der Ideologic des ,Unternehmens an sich" isr aber schlechrhin niche zu bestreiten, daB der Uberlebende unentgeltlich den Anteil des anderen Gesellschafrers erhiilt und daB sich auch beide iiber die Unentgeldichkeir einig sind. Die Gesellschafrer wuBten dies in dem vom BGH enrschiedenen Fall auch sehr wohl. Deshalb schrieben sie zur Verdeckung des Erbschafrsreuercatbesrandes in den Gesellschaftsvercrag, eine Erbschaftsteuer solle ausgeschlossen sein, wei! es sich urn eine ,Anerkennung fur den iiberlebenden Mitinhaber" und eine ,Entschiidigung fiir seine aufopfernde Tiitigkeit" handle. Die Gesellschafter ki.innen jedoch niche ein jeder dem anderen zur ,Anerkennung" etc. ,verpflichrer" sein. Mit Recht meinte das Berufungsgericht, die Beteiligren hiitten einen ,offensichrlich unwahren Grund" angefuhrt. Ihm wurde jedoch von dem BGH vorgehalren, es werde ,dem gesellschafrlichen Sinngehalr des Abkommens" niche gerechr. Der Sinn des Abkommens isr, daB dem iiberlebenden Gesellschafrer das Unternehmen voll verbleibt. Auch wenn ungewiB ist, wer der Uberlebende sein wird, erhiilr mit dem Tode eines Gesellschafrers der Uberlebende den Anceil des Verstorbenen ohne Gegenleistung.

402

2. Das Verhaltnis des nachfolgenden Erben zu den Miterben

§ 18 VI

die Zuwendung durch die mitgliedschaftsrechtliche Regelung des Gesellschaftsvertrags mit dem Tode vollzogen ist. Ein ,Entgelt" fi.ir die Anwachsung ist jedoch nicht gegeben, wenn der Abfindungsanspruch der Erben ausgeschlossen ist, ohne daB der Nachfolger fi.ir den Erwerb der Mitgliedschaft ein Entgelt gezahlt hat. Die gegenseitigen Chancen des Uberlebens oder Vorversterbens stehen nicht im Entgeltverhaltnis. Sonst mi.iBte der Vertrag sogar als sittenwidrig angesehen werden 81 . Allerdings ist RITTNER 81• zuzustimmen, daB der fi.ir aile Gesellschafter geltende AusschluB von Abfindungsanspri.ichen eine mitgliedschaftsrechtliche Abrede ist. Das hindert aber nicht, daB, wenn die Mitgliedschaft eine Eigen-Vermogensposition des Gesellschafters ist, aufgrund der AusschluBklausel die Mitgliedschaft des Gesellschafters unentgeltlich auf die verbliebenen Gesellschafter i.ibergeht. Es ist ja auch schlechthin nicht einzusehen, wieso nur durch den Tod des Gesellschafters sein Vermogen, obwohl es erhalten bleibt, den NachlaBglaubigern entgleiten und das Recht der Pflichtteilsberechtigten verki.irzt werden soli. Es kann allerdings sein, daB ein Gesellschafter als eine Beteiligung minderen Rechts nur eine Gesellschafterstellung auf Lebenszeit hat und deshalb ein Auseinandersetzungs- oder Abfindungsanspruch nicht besteht. In den Fallen einer solchen Gesellschafterstellung fiihren das Ausscheiden und die Anwachsung an die verbliebenen Gesellschafter fiir diese nicht zu einem unentgeltlichen Erwerb 81 b. 2. Das Verhaltnis des durch die qualifizierte Nachfolgeklausel

berufenen Erben zu den Miterben Nach der Entscheidung BGHZ 22, 186 ff., 197 kann der enge Zusammenhang des vom BGH angenommenen Ausschlusses des Abfindungsanspruchs der nicht zur Nachfolge berufenen Miterben mit dem angeblichen Anspruch des Nachfolgers gegen die verbliebenen Gesellschafter auf Ubertragung der nach Ansicht des BGH auf diese i.ibergegangenen Teile der Mitgliedschaft ,unter Beri.icksichtigung von Treu und Glauben auf das Verhaltnis unter den Miterben nicht ohne EinfluB bleiben". Den Miterben-Gesellschafter soli deshalb nach der Ansicht des BGH im Verhaltnis zu seinen Miterben eine entsprechende Ausgleichspflicht treffen, wenn der Erblasser nicht 81

Gegen die Annahme eines aleatorischen Charakters der Klausel WIEDEMANN a.a.O., S.

186; siehe auch R!TINER, FamRZ 1961, 510; U. HUBER a.a.O., S. 465. 81 ' A.a.O., S. 514; ebenso SoERGEL·BALLERSTEDT, Kom. BGB § 516 N. 19. Zu Unrecht

meint RITINER ferner, es gebe iiberhaupt nichts, was unentgeltlich zugewandt werden kiinnte. Allerdings handelt es sich nicht urn die Zuwendung eines Anspruchs oder des ,Werts" der Mitgliedschaft. Zugewandt wird die Mitgliedschaft. Gegen R!TINER mit Recht WIEDEMANN a.a.O., S. 188 ff. 81 b Siehe oben S. 180 f. 403

§ 18 VI § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft

in einer Personengesellschaft

durch eine Ver£iigung von Todes wegen eine abweichende Regelung getroffen hat. ROBERT FISCHER hat in der Besprechung der Entscheidung, LM § 139 HGB Nr. 1, gemeint, die Heranziehung des § 242 BGB als Rechtsgrundlage fur die Ausgleichspflicht moge ,konstruktiv vielleicht nicht ganz befriedigen", und in der Tat besagt der Hinweis auf§ 242 BGB und auf Treu und Glauben nichts. So allgemein kann aber iiberhaupt nicht vertreten werden, der Erwerb der Mitgliedschaft durch einen Miterben konne grundsatzlich ,auf das Verhaltnis unter den Miterben nicht ohne EinfluB bleiben". Die Ausgleichspflicht des durch die qualifizierte Nachfolgeklausel berufenen Erben gegeniiber den nicht zur Nachfolge berufenen Miterben ist auBerst umstritten 82 • Grundsatzlich wird jedoch eine Ausgleichspflicht im allgemeinen bejaht. Es handelt sich in Wirklichkeit nicht urn ein Sonderproblem der Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft, sondem urn das allgemeine Problem, wie die unentgeltlichen Zuwendungen auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden, insbesondere den Veetrag zugunsten Dritter, im Verhaltnis des so Bedachten zu seinen Miterben zu behandeln sind. Wenn hier nur von der Nachfolge in die Mitgliedschaft die Rede ist, so handelt es sich doch nur urn einen Sonderfall der Zuwendung auf den Todesfall durch Vertrag zugunsten Dritter. Liegt eine Ver£iigung von Todes wegen vor, so ist zunachst zu fragen, ob sich aus ihr eine Regelung fiir das Verhaltnis des zur Nachfolge in die Mitgliedschaft Berufenen und seiner Miterben ergibt. Auch oder gerade wenn man annimmt, daB die schenkweise Zuwendung durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall nicht eines besonderen Schenkungsvertrags mit dem Bedachten bedarf, sollte man anerkennen, daB der Erblasser, wenn nicht ein besonderer Schenkungsvertrag vorliegt, diese Zuwendu'hg in eine Verfiigung von Todes wegen einbeziehen kann, indem er durch diese das Verhaltnis des Bedachten zu den Miterben hinsichtlich der Zuwendung der Mitgliedschaft regelt. So kann der Erblasser in der Ver£iigung von Todes wegen anordnen, daB der zur Nachfolge in die Mitgliedschaft Berufene sich den Wert der Mitgliedschaft auf sein Erbteil anrechnen lassen oder auch Ausgleichszahlungen leisten muB 828 • Fehlen bei der Ver£iigung von Todes wegen besondere Bestimmungen iiber das Verhaltnis des zur Nachfolge in die Mitgliedschaft Berufenen und der Miterben, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob aus dem Sinn der Anordnung der Ver£iigung von Todes wegen im Zusammenhang mit der Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft Folgerungen fur das Verhaltnis zu den Miterben zu ziehen sind. Die Auslegung kann so auch ohne ausdriick82 Vgl. dazu ULMER ZGR 1972, S. 326 ff. u. S. 324 N. 129, 131 Zit.; Kom. HGB § 139 Anm. 187 Zit.; insbes. auch SACKER a.a.O., S. 89 Zit.; BGH II ZR 120/75 (siehe oben N. 6 a)

in einem obiter dictum. 82a Wegen der Belastung mit einem Vermachtnis siehe KIPP, Festschr. Prinzregent I.vrr. POW 1901, Erlangen, S. 107 ff., 134 ff.; KlPP-CoiNG, Erbrecht §54 I, 3.

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2. Das Verhaltnis des nachfolgenden Erben zu den Miterben

§ 18 VI

liche Anordnung die Anrechnung und auch die Verpflichtung zur Ausgleichszahlung ergeben 82b. Die Literatur geht teilweise davon aus, ,daB jeder Erbe bei der Erbauseinandersetzung einen Anspruch darauf hat, in Hohe seiner Erbquote zumindest wertmaBig am NachlaB beteiligt zu sein, zu dem auch das nachlaBrechtliche Sondergut ,Mitgliedschaft an einer Personengesellschaft' gehort" 83• Hierbei handelt es sich urn eine Beweisfiihrung mit dem thema probandum. Ein eigenstandiges Recht hat bei einem Erbfall hinsichtlich des Nachlasses nur der Pflichtteilsberechtigte. Im iibrigen sind die Rechte des Erben abhangig vom Willen des Erblassers. Deshalb ist, wenn eine Verfiigung von Todes wegen vorliegt, diese dafiir maBgebend, ob eine Ausgleichungspflicht und sogar eine Verpflichtung zur Ausgleichszahlung besteht. Fraglich kann nur sein, wie die Rechtslage ist, wenn die Auslegung des Testaments nichts ergibt oder mangels Verfiigung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge eingreift. Man wird sich fiir diese Faile an die Maxime halten miissen, welche das Erbrecht im ganzen beherrscht, daB die Regelung gilt, welche am ehesten dem allgemein zu vermutenden Willen des Erblassers entspricht. Es handelt sich urn die Problematik, die vom Gesetz in den §§ 2050 ff. BGB fiir die Abkommlinge als gesetzliche Erben behandelt wird. In der Literatur wird die Ansicht vertreten 84, die §§ 2050 ff. BGB konnten deshalb nicht herangezogen werden, weil sie die Ausgleichung von Vorempfangen betrafen, wahrend die Nachfolge in die Mitgliedschaft eine Zuweisung auf den Todesfall sei. Demgegeniiber wird man sagen miissen, daB die Ausgleichspflicht, soweit sie fiir die Vorempfange besteht, erst recht fiir die Zuweisungen auf den Todesfall gelten muB. Man sollte deshalb die Ausgleichungspflicht, soweit sie nach §§ 2050 ff. besteht, d. h. im Verhaltnis von Abkommlingen als Miterben zum gesetzlichen Erbteil, voll auf die Nachfolge in die Mitgliedschaft aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel anwenden. Anzukniipfen ist an § 2050 Abs. 1 BGB. Die Zuwendung der Mitgliedschaft ist der Ausstattung vergleichbar. Deshalb besteht die Ausgleichungspflicht nicht, wie in § 2050 Abs. 3 BGB vorgesehen, nur bei einer entsprechenden Anordnung, sondern sie ist nur nicht gegeben, wenn sie durch Anordnung des Erblassers ausgeschlossen ist. In § 2050 ist nur davon die Rede, daB die Ausgleichungspflicht bei der Zuwendung ausgeschlossen wird. Daraus folgert man, der Erblasser konne nachtraglich die Ausgleichungspflicht nur durch Verfiigung von Todes wegen ausschlieBen. Demgegeniiber ist zu &2b Die Vorschrift von§ 2056 S. 1 BGB steht der Annahme einer Verpflichrung zur Ausgleichszahlung nicht entgegen, wenn die Zahlungspflicht durch Auflage angcordnet ist. Anders fiir cine Zahlungspflicht ,per se" BROX, Erbrecht Rdz. 761. 83 So in der Wiedergabe einer verbreiteten Meinung die Formulierung von SACKER a.a.O., S. 91. 84 Vgl. 'HEINRICH LANGE, Erbrecht § 31 V, 4; H. WESTERMANN a.a.O. Tz. 542.

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§ 18 VI § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beachten, daB bei der Nachfolge in die Mitgliedschaft kraft der qualifizierten Nachfolgeklausel die Zuwendung erst im Zeitpunkt des Todes des Erblassers erfolgt, wenn die Mitgliedschaft nicht zusatzlich zu der Nachfolgeklausel bereits vorher ohne Widerrufsvorbehalt auf den Todesfall abgetreten ist. Deshalb kann die Anordnung iiber den AusschluB der Ausgleichungspflicht von dem Erblasser auch noch nachtriiglich durch formlose ErkHirung erfolgen, wie er auch die Anordnung nachtriiglich durch formlose Erklarung wieder aufheben kann. Nach § 2056 BGB besteht aufgrund der Ausgleichungspflicht keine Pflicht zur Herauszahlung des Mehrbetrags, und eine solche Pflicht laBt sich auch als analoge ,,gesetzliche Regelung" fiir den Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel nicht begriinden. Man kann fur die Begriindung einer positiven Zahlungspflicht auch nicht auf die Grundsatze der Teilungsanordnung zuriickgreifen. Denn jedenfalls hat der Erblasser dem durch die qualifizierte Nachfolgeklausel Berufenen die Mitgliedschaft zugewandt und nicht die Erben zu gleichen Teilen berufen 85 . Es ware zudem ja auch ganz ungewiB, in welcher Hohe nach dem ,vermuteten" Willen des Erblassers eine Zahlungspflicht des Nachfolgers in die Mitgliedschaft bestehen sollte. Es bleibt den von der Nachfolge in die Mitgliedschaft ausgeschlossenen Miterben beziiglich der Mitgliedschaft nur das Pflichtteilsrecht, indem bei dessen Bemessung der Wert der Mitgliedschaft mitzurechnen ist SSa_ Selbst wenn man die erbrechtlichen Rechtsfolgen der qualifizierten Nachfolgeklausel gesetzlich regeln wiirde, ist es fraglich, ob man dariiber hinausgehen sollte 86. Wie die Ausgleichungspflicht unter Abkommlingen nicht besteht, wenn sie vom Erblasser ausgeschlossen ist, kommt eine Ausgleichungspflicht auBerhalb der Regelung der §§ 2050 ff. BGB, wenn sie iiberhaupt anzunehmen ist, jedenfalls dann nicht in Frage, wenn nach dem Willen des Erblassers ein Ausgleich nicht erfolgen soli. Denn wie es in den Motiven 87 heiBt, ist die Ausgleichungspflicht ,eine Beschwerung des dadurch betroffenen Abkommlinges, welche das Gesetz mit Riicksicht auf den anzunehmenden Willen des Erblassers anordnet, ohne daB dieser Wille in der Form einer Verfii85 Als blol3e Teilungsanordnung wertet auch BROX, Erbrecht 7 , Rdz. 761, die Zuwendung der Mitgliedschaft, wenn er sagt, es spreche eine Vermutung dafiir, ,daB der Erblasser die Zuwendung nicht als eine Art ,Vorausvermachtnis', sondern als Nachlal3bestandteil gewertet wissen will". Worauf sich diese Vermutung jedoch griinden soli, ist nicht ersichtlich. 85• Siehe dazu unten S. 409. 86 Die Ansicht SACKERs a.a.O., S. 94 ff., 101, die Verneinung des Zahlungsanspruchs sei die ,normteleologisch unzweckmaBgie Liickenschliel3ung", die Bejahung des Zahlungsanspruchs dagegen die ,dogmatisch konsequente LiickenschlieBung", ist eine These ohne Fundicrung. Es ist eine Verkehrung im grundsatzlichen, wenn SACKER meint, es konne nicht gesagt werden, daB auch bei der donatio mortis causa der Gesetzgeber den Empflinger durch § 2056 Satz 1 habe ,privilegieren" wollen. Die Vorschrift des § 2056 ist keine ,Privilegierung". Die Ausgleichungspflicht ist eine Beschwer des Bedachten, die aber nach der gesetzlichen Regelung ihn nur bis zum Ausgleich von der Teilhabe an der Erbschaft ausschlieBt. 87 Mot. V, 699 = MUGDAN V, 376.

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2. Das Verhaltnis des nachfolgenden Erben zu den Miterben

§ 18 VI

gung von Todes wegen erklart zu sein braucht". Wie hinsichtlich der Ausgleichung unter Abkommlingen dargelegt ist, bedarf die Anordnung des Ausschlusses der Ausgleichungspflicht, die vom Erblasser bis zu seinem Tode als dem Zeitpunkt der Zuwendung erfolgen kann, keiner Form. Die Konsequenzen mogen an dem Fall der Entscheidung BGHZ 22, 186 ff. veranschaulicht werden. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte beim Tode des Erblassers die Gesellschaft mit der Witwe fortgesetzt werden, wenn der Erblasser nicht ein leibliches Kind als Nachfolger bestimmte. Der Erblasser hatte mit seiner Ehefrau ferner ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in welchem sich die Eheleute gegenseitig zu Erben einsetzten. Das Testament war jedoch nichtig, weil es mit der Schreibmaschine geschrieben war. Auch wenn jedoch das gemeinschaftliche Testament als solches nichtig war, dokumentierte es doch durch die Einsetzung der Ehefrau als Alleinerbin die - keiner Form bediirftige- Anordnung des Erblassers, daB die Ehefrau fur die Zuwendung der Mitgliedschaft keiner Ausgleichungspflicht unterliegen sollte. Erst recht war in dem vom BGH entschiedenen Fall der AusschluB einer Ausgleichungspflicht durch das Testament- ungeachtet seiner Formnichtigkeit als Testament - zu beachten, wenn man wie der BGH die Ausgleichungspflicht auf die ,Beriicksichtigung von Treu und Glauben" griin-

det. Abgesehen von der Moglichkeit des Ausschlusses der Ausgleichungspflicht ist eine Ausgleichungspflicht auBerhalb der Regelung der §§ 2050 ff. aber iiberhaupt abzulehnen. Nicht von ungefahr ist die Ausgleichung nach §§ 2050 ff. entsprechend der h. M. des gemeinen Rechts, dem ALR und dem osterr. ABGB nur fur Abkommlinge als gesetzliche Erben vorgesehen 88• Der Grundgedanke der Kollationspflicht ist, wie WINDSCHEID mit Recht gesagt hat, ,daB nicht anzunehmen sei, der Erblasser babe durch die einem Deszendenten gemachte Zuwendung demselben fur den kiinftigen Erbfall einen Vorzug vor seinen Miterben geben wollen". 1st dies aber der Grundgedanke der Ausgleichungspflicht, so kann sie auf Nicht-Abkommlinge- als Berechtigte oder Verpflichtete- nicht ausgedehnt werden, und erst recht kann sie niche in Frage kommen, wenn Nicht-Abkommlinge durch Verfugung von Todes wegen zu Erben berufen sind. So kann auch eine analoge Anwendung der Regelung der Ausgleichungspflicht nach §§ 2050 ff. auf Nicht-Abkommlinge fur die unentgeltliche Zuwendung auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden nicht in Erwagung gezogen werden. Wenn z. B. das Vermogen des Erblassers im wesentlichen in der Beteiligung an einer Personengesellschaft besteht und er seiner Ehefrau aufgrund qualifizierter Nachfolgeklausel die Mitgliedschaft zuwendet, so diirfte es evident sein, daB der Erblasser seiner Ehefrau den ,Vorzug" vor seinen Kindern gegeben hat und eine gegenteilige Vermutung, wie sie der Kollationspflicht 88

Vgl. Mot. V, 698 und N. 3 Zit.

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zugrundeliegt, geradezu absurd ware. Es diirfte wohl kaum jemand auf den Gedanken kommen, daB die Ehefrau als Begiinstigte des Lebensversicherungsvertrags mit der Versicherungssumme in analoger Anwendung der §§ 2050 ff. ausgleichungspflichtig ist. Hinsichtlich der Zuwendung der Mitgliedschaft kraft qualifizierter Nachfolgeklausel ist aber die Problematik die gleiche, und sie wird auch nicht dadurch anders, daB man wie der BGH in BGHZ 22, 186 ff., 197 sich fiir die Ausgleichungspflicht auf ,Treu und Glauben" beruft. Fiihrt die Ausgleichungspflicht unter Abkommlingen, wie dargelegt, auch bei der Zuwendung der Mitgliedschaft an einen Abkommling kraft qualifizierter Nachfolgeklausel gemaB § 2056 BGB nicht zu einer Zahlungspflicht, so kann eine solche ohne Anordnung des Erblassers erst recht nicht in Frage kommen, wenn ein Nicht-Abkommling zur Nachfolge in die Mitgliedschaft berufen ist. Besonders anschaulich ist wieder der Fall der Berufung der Ehefrau. Wie diese nicht die ihr als Begiinstigte des Lebensversicherungsvertrags zugefallene Lebensversicherungssumme zum Teil an die Abkommlinge als Miterben herausgeben muB, so ist sie auch nicht ,von Rechts wegen" verpflichtet, an die Abkommlinge als gesetzliche Miterben oder gar an Nicht-Abkommlinge als gesetzliche Miterben den Wert der Mitgliedschaft durch Zahlung bis zu dem den Erbanteilen der Miterben entsprechenden Teil an diese herauszugeben. Der Fall der Zuwendung der Mitgliedschaft an die Ehefrau zeigt our besanders anschaulich, daB eine positive Ausgleichungspflicht fiir den zur Nachfolge Berufenen sich von Rechts wegen als dem vermutlichen Willen des Erblassers entsprechend nicht begriinden laBt. Fiir alle anderen Faile der Nachfolge kraft qualifizierter Nachfolgeklausel gilt aber das gleiche. Fiir den Fall, daB jemand anders als der Ehegatte oder ein Abkommling zur Nachfolge berufen ist, wird der Erblasser zudem in aller Regel eine Verfiigung von Todes wegen getroffen haben, durch welche das Verhaltnis des zur Nachfolge Berufenen zu den Miterben geregelt wird. HinterlaBt der Erblasser kein sonstiges Vermogen neben der Mitgliedschaft, so bedarf es allerdings keiner Verfiigung von Todes wegen. Vielmehr ergibt sich dann aus der Zuwendung der Mitgliedschaft an den zur Nachfolge Berufenen, daB die anderen Miterben leer ausgehen sollen. Selbstverstandlich kann der Erblasser fiir die Zuwendung der Mitgliedschaft wie fiir jede schenkweise erfolgende Zuwendung bestimmen, daB der Beschenkte sich die Zuwendung auf sein Erbteil anrechnen lassen muB. Bei dieser Bestimmung, als Teil der Schenkung als eines Rechtsgeschafts unter Lebenden, handelt es sich urn eine Auflage, durch welche der Bedachte verpflichtet wird, sich die Schenkung auf das Erbteil anrechnen zu lassen. In der Annahme einer solchen Auflage ohne besondere Erklarung des Erblassers nur aufgrund der ,Umstande" wird man vorsichtig sein miissen, wahrend man im allgemeinen wird annehmen diirfen, daB die Anrechnung auf das Pflicht408

3. Unentgeltl. Nachfolge u. d. Pflichtteilsber. bzw. NachlaBglaubiger

§ 18 VI

teil angeordnet ist. Wie die schenkweise Zuwendung der Beteiligung durch Rechtsgeschaft unter Lebenden erfolgt ist, bedarf die Auflage der Ausgleichungspflicht nicht der Form der Verfiigung von Todes wegen. Jedwede Dokumentation des Willens des Erblassers geniigt vielmehr zur Begriindung der Ausgleichungspflicht. Hat der Erblasser nach der Vereinbarung der qualifizierten Nachfolgeklausel und der Berufung des Nachfolgers eine Verfugung von Todes wegen getroffen, so ist anzunehmen, daB er dabei die Nachfolge beriicksichtigt. Dann regelt sich die Ausgleichungspflicht, u. U. auch mit einer positiven Zahlungspflicht des zur Nachfolge in die Mitgliedschaft Berufenen, nach der Verfugung von Todes wegen. 1st die Verfiigung von Todes wegen dagegen errichtet, als fiir den Erblasser noch nicht die qualifizierte Nachfolgeklausel hestand, so ist zu priifen, ob hinsichtlich der Verfugung von Todes wegen ein Anfechtungsrecht nach § 2078 Abs. 2 BGB besteht.

3. Die unentgeltliche N achfolge in die Mitgliedschaft und das Pflichtteilsrecht und die Haftung fur die NachlaBverbindlichkeiten Es ist selbstverstandlich, daB durch die unentgeltlich erfolgende Zuwendung der Mitgliedschaft auf den Todesfall das Pflichtteilsrecht und die Rechte der NachlaBglaubiger nicht beeintrachtigt werden diirfen. Die Anerkennung der Nachfolge in die Mitgliedschaft durch unentgeltliche Zuwendung der Mitgliedschaft mittels Rechtsgeschafts unter Lebenden auf den Todesfall bedeutet jedoch auch keine Benachteiligung der Pflichtteilsberechtigten und der NachlaBglaubiger. Die NachlaBglaubiger als die Glaubiger des Erblassers sind in der gleichen Lage wie stets die Glaubiger bei Schenkungen des Schuldners. Sie konnen die Schenkungen anfechten. Wiirde die Mitgliedschaft in den NachlaB fallen, so waren die NachlaBglaubiger allerdings nicht an die Anfechtungsfristen gebunden. Es ist aber nicht ersichtlich, wieso die Glaubiger bei der Schenkung auf den Todesfall besser stehen miiBten als bei der gewohnlichen Schenkung. Die Pflichtteilsberechtigten haben den Pflichtteilserganzungsanspruch, und fur den Zugewinnanspruch ist nach § 1375 Abs. 2 Ziff. 1 BGB die Zuwendung der Mitgliedschaft mitzurechnen 89. ,Benachteiligt" sind, wenn die Mitgliedschaft nicht in den NachlaB fallt, nur die Erben oder Miterben. Die Schmalerung des Nachlasses erfolgt aber durch ein Rechtsgeschaft des Erblassers, und es ist nicht zu sehen, wieso den Erben entgegen den Rechtsgeschaften des Erblassers ein Recht darauf zustehen konnte, daB das Vermogen des Erblassers voll in den NachlaB fallt. Von kardinaler Bedeutung zur Wahrung der berechtigten lnteressen der NachlaBglaubiger und Pflichtteilsberechtigten ist es allerdings bei der unentgeldichen Nachfolge in die Mitgliedschaft, daB die Anfechtungsfrist nach 89

Siebe WIEDEMANN a.a.O., S. 189 u. Zit. 409

§ 18 VI

§ 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft

§ 32 KO, § 3 AnfG und die Frist betreffs des Pflichtteilserganzungsanspruchs nach § 2325 Abs. 3 BGB erst mit dem Erbfall beginnt. Die Polemik gegen die Anerkennung der Berufung zur Nachfolge in die Mitgliedschaft auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden und das Bemiihen urn eine erweiternde allgemeine Anwendung des § 2301 BGB auf die unentgeltliche Zuwendung durch Rechtsgeschaft unter Lebenden auf den Todesfall ist zum Teil bestimmt durch die Annahme, die Anfechtungsfrist bzw. die Frist fiir den Pflichtteilserganzungsanspruch laufe von dem Zeitpunkt der Berufung zur Nachtolge und, da diese oft lange Zeit zuriickliegt, komme insbesondere eine Anfechtung, aber auch die Pflichtteilserganzung oft nicht mehr in Fra-

ge 90.

Oft erfolgt die Berufung zur Nachfolge in der Weise, daB der Gesellschafter sich eine Anderung durch Benennung eines anderen Nachfolgers oder auch die einfache Vererbung vorbehalt. In diesen Fallen hat der zur Nachfolge Berufene jedenfalls bis zum Erbfall noch keine Eigenposition, nicht einmal im Sinne eines Anwartschaftsrechts. Deshalb ist es fur diese Faile zweifellos, daB die Frist fur die Glaubigeranfechtung und betreffs des Pflichtteilserganzungsanspruchs nur mit dem Erbfall beginnen kann. Nur in den Fallen, daB durch Gesellschaftsvertrag die Anwachsung auf die Mitgesellschafter auf den Todesfall vereinbart ist oder daB die Mitgliedschaft bedingt auf den Todesfall und das Uberleben des Berufenen iibertragen ist, kann iiberhaupt die Frage gestellt werden, ob die Frist von der Vereinbarung ab rechnet, weil fur den Anwachsungsberechtigten oder zur Nachfolge Berufenen bereits ein Anwartschaftsrecht besteht. Bei der unentgeltlichen bedingten Verfugung und erst recht bei bei der unentgeltlichen auf den Todesfall bedingten Verfiigung verdient der bedingt Bedachte jedoch bis zum Eintritt der Bedingung keinen Vorzug gegeniiber den Glaubigern des bedingt Schenkenden. Es ware geradezu absurd, bei der bedingten Schenkung und insbesondere bei der auf den Todesfall bedingten Schenkung den Gegenstand der Schenkung ein Jahr nach ihrer Vereinbarung aufgrund von § 161 BGB den Glaubigern des Schenkenden als Haftungsobjekt zu entziehen. Jedenfalls fur die Schenkung auf den Todesfall sollte es auBer Frage stehen, daB bis zum Erbfall der Schenkungsgegenstand voll und ausschlie81ich dem Vermogen des Schenkers zuzurechnen ist und so die Anfechtungsfrist nach § 32 KG, § 3 AnfG und die Frist nach § 2325 Abs. 3 BGB mit dem Erbfall beginnt 91 . 90 So insbes. WIEDEMANN a.a.O., S. 176 ff.; dagegen SACKER a.a.O., S. 105 N. 11 mit der allerdings unrichtigen Behauptung, ,nach ganz hcrrschcnder Lehre und Rechtsprechung" begin· ne der Lauf der Fristen des Anfechtungs- und Pflichtteilsergiinzungsrechts erst mit Eintritt dcr Bedingung. 91 Mit Recht hat WIEDEMANN (a.a.O., S. 188) schlieBiich darauf hingewiesen, daB die Verfiigung iiber das Mitgliedschaftsrecht durch Zuwendung, bedingt auf den Todesfall, insofern nicmals irrcversibel ist, als dem Gesellschafter jedenfalls das Kiindigungsrecht aus wichtigem Grund verbleibt und mit der Kiindigung dann die Zuwendung des Mirgliedschaftsrechts auf den Todesfall hinflillig wird.

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3. Unentgeltl. Nachfolge u. d. Pflichtteilsber. bzw. NachlaBglaubiger

§ 18 VI

Der BGH hat in der Entscheidung BGH III ZR 141/67 vom 25. 5. 1970 92 hinsichtlich der Frist nach § 2325 Abs. 3 BGB entgegengesetzt entschieden. In dem fraglichen Fall war in einem Gesellschaftsvertrag von 1953 fur eine Gesellschaft, an welcher der Vater zu 50%, die Mutter zu 10% und ein Sohn zu 40% beteiligt waren, vereinbart worden, daB nach dem Tode des Vaters die Mutter an seine Stelle treten und nach deren Tod der Sohn allein das Geschaft fortfiihren solle. Die Mutter war 1965 verstorben. Ein Bruder des zur Nachfolge berufenen Sohnes machte den Pflichtteilserganzungsanspruch geltend. Entgegen dem Berufungsgericht (Hamm) erkannte der BGH, daB die Frist nach § 2325 Abs. 3 BGB vom AbschluB des Gesellschaftsvertrages, d. h. von 1953 ab laufe und deshalb beim Tode der Mutter bereits abgelaufen sei. Zur Begriindung heiBt es in der Entscheidung, ,Hauptgrund und Hauptzweck von§ 2325 Abs. 3 Halbs. 1" seien darin zu sehen, zu ,verhindern, daB auf Vorgange zuriickgegriffen wird, die sich vor vielen Jahren zugetragen haben", auch werde ,ein Zusammenhang zwischen dem verschenkten Gut und dem eigentlichen NachlaB immer geringer, je weiter Schenkung und Erbfall zeitlich auseinanderliegen". SchlieBlich erfordere im Fall des§ 2329 ,eine billige Riicksicht auf den Beschenkten, daB seine Rechtslage nicht zu lange in einem Schwebezustand befangen bleibt". Die vom BGH angefiihrten Griinde tragen die Entscheidung nicht. Es ist schlechthin unrichtig, ,Hauptgrund und Hauptzweck von § 2325 Abs. 3 Halbs. 1" sei, daB nicht auf Ianger zuriickliegende ,Vorgange" zuriickgegriffen werden solle. Es kommt bei § 2325 Abs. 3 S. 1 nicht auf ,Vorgange" an, sondern darauf, daB die lange Zeit bestandene Vermogensanderung nicht mehr soli in Frage gestellt werden. Bei der bedingten Schenkung auf den Todesfall kann ferner bis zum Todesfall entgegen dem BGH der ,Zusammenhang zwischen dem verschenkten Gut und dem eigentlichen NachlaB" gar nicht ,immer geringer" werden, weil es nur ein einziges Vermogen des Erblassers gibt, zu dem bis zum Erbfall der bedingt auf den Tod geschenkte Gegenstand gehort. Die ,Rechtslage" des Beschenkten befindet sich auch nicht in einem ,Schwebezustand", den zu lange dauern zu lassen, eine ,billige Riicksicht" verbote. 92 NJW 1970, 1638 = WM 1970, 1114 ff.; zu der Entscheidung SPECKMANN, Anm. NJW 1970, 1638, der die Entscheidung gelten IaBt, jedoch fragt, wie es ware, wenn nur eine widerrufliche Anwartschaft begriindet worden ist. Gegen die Entscheidung REUTER OuS 1971, 289 ff.), dem im wesentlichen zu folgen ist, abgesehen von der wirtschaftsverfassungsrechtlichen Begriindung des Pflichtteilsrechts, es sei ,das wesentlichste Instrument, mit dem das geltende Erbrecht die Entstehung einer wirtschaftlichen Oligokratie behindert", und deshalb gegen eine Aushohlung zu schtitzen. Der 3. Senat hat in gleicher Weise entschieden in BGH III ZR 91/70 vom 14. Juli 1971, WM 1971,1338, unter Berufung aufRGZ 145,289 und BGH, WM 1957,512, ,wo der wirtschaftlich verntinftige Gedanke der Erhaltung des Gesellschaftsun ternehmens beton t wird". DaB in dem fraglichen Fall die tibernehmende Witwe das Unternehmen nach der Ubernahme verkaufte, veranschaulicht besonders gut die Fragwtirdigkeit der Argumentation des BGH.

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§ 18 VI § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft Auf die Protokolle hat sich die Entscheidung des BGH zu Unrecht berufen. Diese ergeben vielmehr, daB die Entscheidung des BGH der Ansicht der Gesetzesverfasser strikt zuwider ist. Es heiBt in den Protokollen 93 zur Begriindung der Einfiihrung einer Frist entgegen dem ersten Entwurf wortlich: ,Bei der Annahme der zeitlichen Beschriinkung lieB sich die Mehrheit von folgenden Erwagungen leiten: Fiir die Aufnahme einer Frist, tiber welche hinaus die weiter zuriickliegenden Schenkungen dem Angriffe der Pflichtteilsberechtigten entzogen sein sollten, spreche schon die billige Riicksicht auf den Beschenkten, dessen Recht nicht zu lange Zeit im Schwebezustande gehalten werden diirfe. Es bestehe aber auch ein innerer Grund fiir die Fristbestimmung darin, daB wahrend einer langeren Zwischenzeit zwischen der Vornahme der Schenkung und dem Tode des Erblassers nicht nur der letztere selbst, sondern auch seine pflichtteilsberechtigten Angehorigen sich in den durch die eingetretene Vermogensminderung geschaffenen Zustand eingewohnt batten. Die ganze U:benshaltung der Familie werde sich inzwischen den veriinderten Verhaltnissen angepaBt, die pflichtteilsberechtigten Abkommlinge wiirden andere Verhaltnisse vielleicht gar nicht gekannt haben. Sie wiirden daher die auf eine weit zuriickliegende Schenkung zuriickzufiihrende Verringerung ihres Pflichtteils nicht als Schadigung empfinden." Entscheidend ist also ausschlieBlich, daB eine lange Zeit zuriickliegende Anderung des Vermogensstandes nicht wieder aufgehoben werden soli. Auch die besondere Regelung hinsichtlich der Ehegattenschenkung in § 2325 Abs. 3 Halbs. 2 BGB bestatigt es, daB es auf den Vermogensstand und nicht auf ,Vorgange" ankommt. Die Regelung betreffs der Ehegattenschenkung wird ausdriicklich in den Protokollen damit begriindet, ,bei der Schenkung unter Ehegatten bleibe der verschenkte Gegenstand tatsachlich gemeinschaftliches Vermogen" 93". Bei der Zuwendung auf den Todesfall tritt die Anderung im Vermogensstande nun stets erst mit dem Erbfall ein, so daB der dies a quo fiir die Anfechtungsfrist auch nur der Erbfall sein kann. Auch wenn bei der Schenkung auf den Todesfall die Zuwendung durch ein Geschaft unter U:benden erfolgt, ist die U:istung vom Schenker an den Bedachten doch erst im Zeitpunkt des Todes vollzogen. Es ware ganz und gar unverstandlich, wenn die bedingte Schenkung auf den Todesfall im Vergleich zu anderen Zuwendungen von Todes wegen gegeniiber dem Pflichtteilsrecht privilegiert oder das Pflichtteilsrecht gegeniiber der bedingten Schenkung benachteiligt wiirde. Die Schenkung auf den Todesfall durch Rechtsgeschaft unter Lebenden kann iiberhaupt nur anerkannt werden, wenn fiir die Glaubigeranfechtung und den Pflichtteilsanspruch die Fristen erst mit dem Erbfall beginnen.

93 !l3o

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Prot. V, 587 = MuGDAN V, 791. Prot. V, 588 = MUGDAN V, 792.

VII. Die Entscheidung BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977 § 18 VII

VII. Die Entscheidung BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977 und die sich daraus fiir die K.autelarjurisprudenz ergebenden Folgerungen Die Entscheidung des Zweiten Senats des BGH vom 10. 2. 1977 94 ist fur das Recht der Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beim Tode eines Gesellschafters von grundsatzlicher Bedeutung. Nach der Ansicht von ULMER 95 enthalt das Urteil fur die Mehrzahl der Probleme ,die fi.ir die Praxis dringend erwi.inschte Klarstellung". Nach ULMER ware es fernee besonders zu begri.iBen, ,wenn das Urteil in seinen tragenden Gri.inden dari.iber hinaus auch in der Wissenschaft als SchluBstrich unter die bisherigen Auseinandersetzungen und als Grundlage weiterer KHirungen akzeptiert wi.irde". Mit einem ,Roma locuta, causa finita" ist es aber nicht getan. Zu folgen ist dem BGH allerdings, wenn er die seit RGZ 16, 40 ff. konstante Rechtsprechung zu § 139 HGB bekraftigt, nach welcher mehrere zur Nachfolge berufene Miterben in Einzelrechtsnachfolge die Mitgliedschaft erwerben. Mit Recht hat der BGH auch die These von BGHZ 22, 195 ff. aufgegeben, daB im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel der Gesellschaftsanteil unmittelbar nur in Hohe der Erbquote auf den zur Nachfolge Berufenen i.ibergehe. Zu folgen ist schlieBlich dem BGH auch im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begri.indung, daB die Nachfolge eines Nichterben, der nicht an dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist, durch den Gesellschaftsvertrag nur mittels der Eintrittsklausel bewirkt werden kann. Nicht zu folgen ist dem BGH aber in der Wertung der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel, durch die ein Erbe unmittelbar zur Nachfolge berufen wird. Der BGH meint, durch die fur den Erbfall vereinbarte Nachfolgeklausel werde der Gesellschaftsanteil nur ,vererblich gestellt", der ,Vollzug der Rechtsnachfolge" sei aber ,dem Erbrecht iiberlassen". Der BGH beruft sich dabei auf§ 177 HGB. Daraus ergebe sich die Vererblichkeit der Kommanditbeteiligung, und fur die Beteiligung des pers6nlich haftenden Gesellschafters konne nichts anderes gelten. Die Entscheidung folgert dann: ,Deshalb ist der Ansicht nicht zu folgen, daB § 139 HGB nicht von der erbrechtlichen Nachfolge ausgehe". Die nach § 139 HGB eintretende Einzelnachfolge sei ,kein Grund, diesen Lebenssachverhalt ganz aus dem Erbrecht auszuklammern und auf bloBe Ausweichlosungen zuri.ickzufuhren". lnwiefern es sich bei der Ankni.ipfung an den Gesellschaftsvertrag urn ,bloBe Ausweichlosungen" handelt, begri.indet der BGH jedoch nicht. Wie undoktrinar war demgegeni.iber doch das Reichsgericht, wenn es in RGZ 16, 58 fur die Nachfolge in die Gesellschafterstellung nach § 139 HGB BGHZ 68, 225 ff. BB 1977, 805 ff., 806. Nach WIEDEMANN JZ 1977, 689 ist es ein ,richtungweisendes Urteil, das formal Bewunderung, sachlich uneingeschrlinkte Zustimmung verdient!". 94

95

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§ 18 VII § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft sagte, dafi die Rechtsstellung des Nachfolgers als Gesellschafter ,keineswegs eine durch erbrechtliche Nachfolge derivierte, sondern aufgrund im Gesetze bestimmter Tatsachen (von welchen die Tatsache der Beerbung des verstorbenen Gesellschafters eines der gesetzlichen fixierten Momente ist) ... kraft Bestimmung des Handelsgesetzbuches ... entstanden ist". Allein als erbrechtliche Nachfolge laBt sich nach § 139 HGB die Einzelnachfolge der mehreren Miterben und erst recht die Nachfolge eines oder einzelner Erben unter AusschluB von Miterben aufgrund der qualifizierten Nachfolgeklausel mit dem Erbrecht und dem dieses beherrschenden Grundsatz der Gesamtnachfolge nicht begriinden. Voraussetzung der Nachfolge des oder der Erben in die Beteiligung an einer OHG nach § 139 HGB sind vielmehr die heiden Momente: die gesellschaftsvertragliche Regelung und die Erbenstellung. Erst recht ist dies so im Fall der qualifizierten Nachfolgeklausel. Daraus, daB die Berufung zur Nachfolge kraft des Gesellschaftsvertrages auf die Erben beschrankt ist, ist nicht zu folgern, daB die Nachfolge des Erben in die Mitgliedschaft auch ausschlieBlich dem Erbrecht zuzuweisen ist, wahrend die Klausel des Gesellschaftsvertrags, wie der BGH annimmt, nur den Weg zur Nachfolge nach Erbrecht eroffnet. Es ist auch nicht ohne Bedeutung, ob man wie der BGH die Nachfolge in die Mitgliedschaft so versteht, als ob die Gesellschafter durch die Nachfolgeklausel den Vollzug der Rechtsnachfolge dem Erbrecht iiberlassen, oder ob, wie es das Reichsgericht in RGZ 16, 58 formuliert hat, die Tatsache der Beerbung des verstorbenen Gesellschafters nur ,eines der gesetzlichen fixierten Momente ist". Der in der Entscheidung des BGH verwandte Terminus ,erbrechtliche Nachfolgeklausel" ist signifikant ftir die Abwertung der gesellschaftsvertraglichen Regelung, als ob diese nur, wie der BGH sagt, fur das Erbrecht den Weg eroffne. Die Entscheidung des BGH ist geradezu exemplarisch dafur, wohin es fuhrt, wenn die gesellschaftsvertragliche Regelung so, wie der BGH es tut, abgewertet wird. Es handelte sich in dem vom BGH entschiedenen Fall urn eine FamilienKG. Der Vater (Hermann Z.) war personlich haftender Gesellschafter, sein Sohn aus erster Ehe und seine Ehefrau aus zweiter Ehe waren Kommanditisten. Wenn auch in dem Urteil zu dem Fall weiter nichts gesagt ist, durfte nach dem, wie es in der Regel bei Familiengesellschaften der Fall ist, anzunehmen sein, daB die Ehefrau und der Sohn unentgeltlich von dem Vater an dem Unternehmen durch Aufnahme als Kommanditisten beteiligt worden sind. Im Gesellschaftsvertrag war bestimmt, daB beim Tode des personlich haftenden Gesellschafters Hermann Z. dessen Anteil zu je lf3 auf den Sohn, die Ehefrau und eine Tochter des pers6nlich haftenden Gesellschafters iibergehen sollte. Hinsichtlich des Obergangs des lf3 Anteils auf die Tochter hieB es in dem Vertrage: ,wodurch letztere als Kommanditistin in die Firma eintritt". Der Sohn sollte personlich haftender Gesellschafter werden. Hermann Z. war verstorben. Die Erbfolge nach ihm stimmte mit der gesellschaftsvertraglichen Regelung nicht uberein. Kraft testamentarischer Re414

VII. Die Entscheidung BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977

§ 18 VII

gelung warder Vater von seinem Sohn zu 6o/wo und von den beiden Sohnen der vorverstorbenen Tochter zu je 3o/2oo beerbt worden. Da die Tochter nicht Gesellschafterin und so an der gesellschaftsvertraglichen Regelung nicht beteiligt gewesen war, entsprach es der Rechtslage, wie die Entscheidung sie bekraftigt hat, daB die gesellschaftsvertragliche Regelung fur sie nur eine ,Eintrittsklausel" bestimmte. Das Berufungsgericht hatte angenommen, daB das fur die Tochter bestimmte Anteilsdrittel je zur Halfte auf ,ihre Erben, die Sohne" i.ibergegangen sei. Der BGH stimmt dem nicht zu. Er halt dem Berufungsgericht vor, es habe wohl ,i.ibersehen", daB die Tochter auch von ihrem Ehemann beerbt worden sei. Der BGH meint ferner: ,Dafur, daB die Vertragspartner bei der unmittelbaren Nachfolge nach Hermann Z. hilfsweise auch schon die Enkel-Generation batten beriicksichtigen wollen, gibt aber der Vertragsinhalt keine deutlichen Hinweise." Fi.ir den Fall des Todes eines Kommanditisten war jedoch in dem Gesellschaftsvertrag bestimmt, daB die Gesellschaft mit dessen Erben fortgefuhrt werden sollte. Die Frage, ob in diesem Fall die Eintrittsklausel auch fur die Sohne der Tochter gilt, hat mit der grundsatzlichen gesellschaftsrechtlichen Problematik der Entscheidung nichts zu tun. Die vom BGH zu dieser Frage vertretene Ansicht stimmt aber insoweit mit der Entscheidung im ganzen iiberein, als sich auch hier die Fragwi.irdigkeit der Bewertung der gesellschaftsvertraglichen Regelung durch den BGH zeigt. Sinn der Regelung des Gesellschaftsvertrages war - und damit entspricht der Vertrag einer fur Familiengesellschaften durchaus i.iblichen Regelung -,daB zwar der Sohn als persanlich haftender Gesellschafter das Unternehmen fortfuhren sollte, aber die Ehefrau und die Tochter kapitalmaBig je den gleichen Anteil von der Beteiligung des Ehemanns bzw. Vaters erhalten sollten. Durch die Bestimmung iiber die Vererblichkeit der Kommanditbeteiligungen war die Beteiligung nach Stammen auch fur die Enkelgeneration vorgezeichnet. DaB der AusschluB des Stammes der Tochter bei Vorversterben der Tochter nicht im Sinne des Vertrages ist, di.irfte evident sein, und ebenso evident di.irfte es sein, daB der Vater, der seine beiden Enkel zu je 3o/2oo als Erben eingesetzt hatte, mit dem vom BGH angenommenen Ergebnis nicht gerechnet hat, daB die Sohne der Tochter nicht als Kommanditisten eintreten konnten. Wie die Sohne der Tochter wird auch die Ehefrau von dem BGH urn den Drittel-Anteil der Beteiligung ihres Ehemannes gebracht. Auf die Ehefrau soli nach Ansicht des BGH entgegen der Nachfolgeklausel des Gesellschaftsvertrages, obwohl die Ehefrau an der Vereinbarung der Nachfolgeklausel beteiligt war, der Drittel-Anteil der Beteiligung ihres Ehemannes nicht i.ibergegangen sein, wei! die Ehefrau nicht Erbin geworden ist. Indem der BGH den Gesellschaftsvertrag dahin abwertet, daB er nur die Vererblichkeit der Beteiligung von Hermann Z. bestimmt, kommt er, wei! die Ehefrau 415

§ 18 VII § 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft nicht Erbin geworden ist, dazu, dem Sohn die gesamte Beteiligung des Vaters zuzuerkennen. Die Abwertung der gesellschaftsvertraglichen Regelung betreffs der Ehefrau begriindet der BGH damit, es sei mit der dominierenden Rolle von Hermann Z. in der KG und in der Familie ,schlecht vereinbar anzunehmen, er werde uber die durch § 13 Abs. 1 (sc. des Gesellschaftsvertrags) herbeigefuhrte Beschrankung des als Nachfolger in Betracht kommenden Personenkreises hinaus seiner Ehefrau und seinem Sohne bereits ein unentziehbares Recht eingeraumt und darauf verzichtet haben, durch letztwillige Verfugung endgultig zu bestimmen, was nach seinem Tode im Rahmen des gesellschaftsvertraglich Zulassigen mit seinem Gesellschaftsanteil werden solle". Nun steht aber fest, daB Hermann Z. ungeachtet seiner Regelung der Erbfolge an der gesellschaftsvertraglichen Regelung nichts geandert hat. Selbst wenn man mit dem BGH annimmt, daB die Ehefrau durch den Gesellschaftsvertrag kein ,unentziehbares Recht" erlangt hat, so hat Hermann Z. jedenfalls seiner Ehefrau das fur sie durch die gesellschaftsvertragliche Regelung begriindete Recht nicht entzogen. Auch wenn man annimmt, daB Hermann z~ das Recht blieb, die Nachfolgeregelung zu andern oder aufzuheben, ist es schlechterdings nicht einzusehen, weshalb die gesellschaftsvertragliche Regelung nicht gelten sollte, wenn Hermann Z. von seinem Recht der Anderung oder Aufhebung keinen Gebrauch gemacht hat und so anzunehmen ist, daB er sie nach wie vor gewollt hat. Der BGH kommt zu seinem Ergebnis nur aufgrund des Vorurteils, daB die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeklausel nur den Weg fur die erbrechtliche Nachfolge offne und nicht wirklich eine Regelung der N achfolge sei. Aus dem Urteil ist nicht ersichtlich, weshalb die Ehefrau nicht als Erbin eingesetzt worden ist. So ware denkbar, daB Hermann Z., der vermutlich seiner Ehefrau ja schon ihre Beteiligung unentgeltlich zugewandt hat, der Ansicht gewesen ist, daB mit der Zuwendung noch eines Drittels seiner Beteiligung die Ehefrau so versorgt sei, daB eine Erbeinsetzung nicht notwendig sei. Nach der Nachfolgeklausel sollte der Sohn die Beteiligung des Vaters nur zu einem Drittel erhalten. Der BGH meint aber: ,Wird- wie hiereinem Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag die Moglichkeit eingeraumt, seinen Anteil auf erbrechtlichem Wege an mehrere bestimmte Personen zu iibemagen, macht er davon aber nicht hinsichtlich aller dieser Personen Gebrauch oder scheitert bei einigen von ihnen die Erbfolge aus anderen Grunden, so ist im Zweifel ebenfalls anzunehmen, daB der oder die alsdann verbliebenen Nachfolger den Anteil nicht zu den fur sie vorgesehenen Quoten, sondern in vollem Umfange erwerben und dementsprechend Abfindungsanspriiche fur etwa noch vorhandene Miterben, die nicht Gesellschafter werden konnen, nicht in Betracht kommen. Ein gegenteiliger Wille der VertragschlieBenden, der zu einer anderen Auslegung fiihren miiBte, laBt sich

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hier weder den ausdriicklich getroffenen Vereinbarungen noch den sonstigen Umstanden entnehmen." Entgegen diesen Ausfiihrungen diirfte es evident sein, daB in dem vom BGH entschiedenen Fall es gerade nicht ,der Wille der VertragschlieBenden" gewesen ist, daB der Sohn allein die voile Beteiligung erwerben sollte. Sieber wares nicht der Wille der Ehefrau als VertragschlieBender. Es ist ferner kein Anhalt dafiir gegeben, daB es der Wille von Hermann Z. gewesen ist, und auch der Sohn selbst konnte bei VertragsschluB gar nicht auf den Gedanken kommen und damit den Willen haben, daB er allein die Beteiligung erhalten solle. Im iibrigen kommt es ja nicht auf den ,Willen", sondern auf die getroffene Regelung an. Wenn auch ,die Wissenschaft" das Urteil des BGH nicht als ,SchluBstrich" hinnehmen kann, die Kautelarjurisprudenz muB mit diesem Urteil rechnen und sich auf das Urteil einstellen. Aufgabe der Kautelarjurisprudenz ist es, die Regelungen so zu gestalten, daB auch gegeniiber der Rechtsprechung die Geltung der privatautonomen Nachfolgeregelung gewahrleistet ist. Wenn durch die Nachfolgeklausel ein anderer Gesellschafter zur Nachfolge in die Beteiligung berufen wird - wie im Fall der Entscheidung des BGH die Ehefrau - , so wachst mit dem Tode des Gesellschafters die Beteiligung derjenigen des Nachfolge-Gesellschafters an. Hierfiir macht es keinen Unterschied, ob der Nachfolge-Gesellschafter Erbe ist oder nicht. Die Nachfolge des Mitgesellschafters kann allerdings auf den Fall beschrankt werden, daB er Erbe wird. Zur Klarstellung und insbesondere in Hinsicht auf die Entscheidung des BGH sollte ausdriicklich gesagt werden, ob es fiir die Nachfolge auf die Erbenstellung ankommt. Es sollte ferner bestimmt werden, ob und in welcher Form der Gesellschafter fi.ir seine Beteiligung einen anderen Nachfolger benennen kann, daB es aber bei der Bestellung bleibt, wenn sie nicht widerrufen wird. Die Nachfolgeklausel sollte auch regeln, was aus der Beteiligung wird, wenn der zur Nachfolge Berufene aus irgendwelchen Grunden wegf:illt, bevor die Nachfolge eingetreten ist, ob z. B. im Fall des Vorversterbens des zur Nachfolge Berufenen die Berufung zur Nachfolge auf dessen Erben oder auf den iibergeht, der an seiner Stelle Gesellschafter wird. Wenn ein Gesellschafter einen Mitgesellschafter, der zugleich einer seiner Erben ist, zur Nachfolge in seine Beteiligung beruft, so sollte geregelt werden, ob und in welcher Weise der zur Nachfolge Berufene gegeniiber Miterben zum Ausgleich oder zur Anrechnung verpflichtet ist. Die Regelung kann in der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel oder aber auch durch Verfiigung von Todes wegen seitens des Gesellschafters geschehen. Soweit ein Nichtgesellschafter zur Nachfolge in die Beteiligung berufen wird, ist zu unterscheiden, ob es sich urn einen Erben oder einen Nicht-Erben handelt. Nur der Erbe kann aufgrund der Vereinbarung der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel, ohne daB er an dieser Vereinbarung beteiligt 417

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§ 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft

ist, unmittelbar mit dem Tode des Gesellschafters an dessen Stelle Gesellschafter werden. Entsprechend wie bei der Berufung eines MitgesellschafterErben sollte der Gesellschafter bei der Berufung eines Nicht-GesellschafterErben zur Nachfolge in die Beteiligung stets durch Verfugung von Todes wegen klaren, ob und in welcher Weise fur den Nachfolger eine Ausgleichsbzw. Anrechnungspflicht gegeniiber Miterben besteht. Soli ein Nicht-Erbe, der nicht Gesellschafter ist, zur Nachfolge durch den Gesellschaftsvertrag berufen werden, so muB er an der Vereinbarung der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel als Vertragspartner teilnehmen. Damit die Nachfolgeregelung nicht seitens der Gerichte durch eine Interpretation, wie sie der BGH in der besprochenen Entscheidung hinsichtlich der Nachfolge der Ehefrau vorgenommen hat, vereitelt wird, sollte in dem Gesellschaftsvertrag besonders geregelt werden, ob der Gesellschafter, urn dessen Nachfolge es sich handelt, die Berufung zur Nachfolge aufheben kann, sei es durch Erklarung gegeniiber den Vertragspartnern oder auch durch Erklarung in einer Verfugung von Todes wegen. Es sollte ferner ausdriicklich gesagt werden, daB wenn die Berufung zur Nachfolge nicht in dieser Weise aufgehoben wird, der zur Nachfolge Berufene aufgrund des Gesellschaftsvertrages mit dem Tode des Gesellschafters an dessen Stelle Gesellschafter mit dem Kapitalanteil des verstorbenen Gesellschafters wird. Das Recht des zur Nachfolge Berufenen, daB er mit dem Tode des Gesellschafters an dessen Stelle Gesellschafter wird, entsteht- u. U. vorbehaltlich des Widerrufs- mit der Vereinbarung der Nachfolgeklausel, an welcher Vereinbarung der zur Nachfolge Berufene als VertragschlieBender teilnimmt. Dieses Recht auf die Nachfolge in die Beteiligung ist grundslitzlich vererblich. Es sollte aber zur Klarheit und in Anbetracht der Entscheidung des BGH ausdriicklich in der Nachfolgeklausel der Fall geregelt werden, daB der zur Nachfolge Berufene vor dem Tode des Gesellschafters stirbt. Es sollte bei der Vereinbarung der Nachfolgeklausel auch geregelt werden, ob dem zur Nachfolge Berufenen ein Riicktrittsrecht zusteht. Jedenfalls sollte ihm, auch ungeachtet dessen, daB es ihm von Rechts wegen zusteht, ein Riicktrittsrecht aus wichtigem Grunde eingeraumt werden. Zu empfehware auch, daB fur die Gesellschaft, sei es fiir aile ,anderen" Gesellschafter oder fur die Mehrheit der Gesellschafter, das Recht begriindet wird, aus wichtigem Grunde die fiir die Nachfolge vorgesehene Person von der Nachfolge auszuschlieBen. Fiir alle Falle des Wegfalls des zur Nachfolge Berufenen ware erganzend zu bestimmen, in welcher Weise dann die Nachfolge in die Beteiligung geschehen soli. Soli ein Nicht-Erbe zur Nachfolge in die Beteiligung berufen werden und nimmt er nicht an der Vereinbarung der gesellschaftsvertraglichen Regelung iiber die Nachfolge teil, so kann die gesellschaftsvertragliche Regelung nur als Eintrittsklausel, nicht aber als Nachfolgeklausel so erfolgen, daB ipso iure mit dem Tode des Gesellschafters die Beteiligung auf den zur Nachfolge

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VII. Die Entscheidung BGH II ZR 120/75 vom 10. 2. 1977 § 18 VII Berufenen iibergeht. Es sollte durch die Eintrittsklausel bestimmt werden, daB die Gesellschaft den zur Nachfolge Berufenen zur Erklarung innerhalb der durch die Eintrittsklausel zu bestimmenden Frist iiber den Eintritt auffordern kann und daB das Eintrittsrecht erlischt, wenn es nicht innerhalb der Frist ausgeiibt worden ist. Es sollte in der Eintrittsklausel klargestellt werden, daB den Erben des Gesellschafters kein Abfindungsanspruch zusteht und daB der Eintritt fur den zur Nachfolge Berufenen mit den vollen Rechten des verstorbenen Gesellschafters, insbesondere mit dessen Kapitalanteil, erfolgt, es sei denn, daB die Gesellschafterstellung fur den Nachfolger sich andern soll. Nach WIEDEMANN 96 ist die ,rechtsgeschaftliche LOsung" fur die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beim Tode eines Gesellschafters mit dem geltenden Erbrecht nicht zu vereinbaren, ,weil die Parteien regelmaBig keine Verfiigung unter Lebenden treffen wollen und weil sie eine derartige Verfiigung auch nicht treffen konnen". Beides ist unrichtig. Was die Parteien ,regelmaBig wollen", ist eine Tatfrage der Gesellschaftspraxis. W er Einblick in das Geschehen von Familiengesellschaften hat, weiB, welche kardinale Bedeutung die Regelung der Nachfolgefrage in den Gesellschaftsvertragen der Personengesellschaften hat. WIEDEMANN stellt fest, ,daB sich die Gesellschafter selbst - auch wenn sie sich gegenseitig als Nachfolger einsetzen- nicht binden wollen". Worauf WIEDEMANN diese Feststellung beziiglich der Praxis der Gesellschaftsvertrage als einer Rechtstatsache stiitzt, ist nicht ersichdich. DaB dem Gesellschafter ungeachtet der Nachfolgeregelung fur den Todesfall das Kiindigungsrecht und iiberhaupt das Mitgliedschaftsrecht mit allen Rechten, auch dem Recht, iiber den Bestand der Gesellschaft zu entscheiden, verbleibt, ist entgegen WIEDEMANN kein Argument dafur, daB die Gesellschafter sich hinsichtlich der Nachfolgeregelung ,nicht binden wollen". Allerdings hat die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung- nur im Gegensatz zu der Ansicht von WIEDEMANN gerade im allgemeinen nicht, wenn die Gesellschafter sich gegenseitig als Nachfolger einsetzen- oft zum Inhalt, daB dem Gesellschafter die Benennung des Nachfolgers vorbehalten bleibt oder ihm die Moglichkeit einer anderweitigen Benennung eingeraumt wird oder fur die Auswahl besondere Verfahren oder Kriterien bestimmt werden. Fiir die Wirklichkeit der ,rechtsgeschaftlichen" Nachfolgeklausel als einer gesellschaftsvertraglichen Regelung kommt es jedoch nicht darauf an, daB mit dem AbschluB des Gesellschaftsvertrags die Person des Nachfolgers bereits in concreto feststeht, und erst recht ist nicht Voraussetzung, daB die als Nachfolger benannte Person ein unentziehbares Recht auf die Nachfolge hat. Gerade bei Rechtsgeschaften unter Lebenden, die auf den Todesfall abgestellt sind, ist es oft so, daB die Person, die mit dem fraglichen Todesfall ein 96

JZ 1977, 689 ff.

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§ 18 Die Nachfolge in die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft

Recht erwerben soli, vorher noch keine selbstandige Rechtsposition innehat. Das Schulbeispiel ist der Lebensversicherungsvertrag. DaB ,rechtsgeschaftliche Nachfolgeregelungen nicht zulassig sein konnen", soli sich nach WIEDEMANN aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten ergeben. ,Hoferechtlichen Tendenzen im Geselischaftsrecht" entgegenzutreten, ist nach WIEDEMANN ,der tragende Gesichtspunkt, warum es Rechtsgeschafte unter Lebenden iiber Beteiligungen an Personengeselischaften nicht geben darf." WIEDEMANN beruft sich dabei auf GROSSFELD und REUTER, diese batten ,nachdriicklich und iiberzeugend die Verteilungsfunktion des Erbrechts aligemein und die Norwendigkeit einer Verteilung insbesondere des unternehmerischen Vermogens ins BewuBtsein gerufen" 97. In der Tat ist es oft ein maBgeblicher Gesichtspunkt fiir die gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung bei Personengesellschaften, eine Zersplitterung des Beteiligungsbesitzes zu verhindern. Wer mit der Praxis des Gesellschaftsrechts vertraut ist, weiB, wie sehr es gerade ,ordnungspolitisch" erwiinscht ist, daB in Personengesellschaften die Fiihrung der Unternehmen durch die Geselischafter nicht durch die Zersplitterung des Anteilsbesitzes beeintrachtigt wird. Mit der Diffamierung als ,hOferechtlichem Denken" kann dem nicht begegnet werden. Wenn die Unternehmens- oder Vermogenskonzentration als unerwiinscht bekampft wird, geht es nicht urn die ,Konzentration" des Anteilsbesitzes an Personengeselischaften durch die iiblichen Nachfolgeregelungen, welche der Zersplitterung des Anteilsbesitzes entgegenwirken sollen. Im Gegenteil, die Verhinderung der Zersplitterung des Anteilsbesitzes in Personengesellschaften durch entsprechende Nachfolgeregelungen ist norwendig, damit mittelstandische Unternehmen bestehen bleiben konnen. WIEDEMANN beruft die ,Verteilungsfunktion des Erbrechts" dafiir, ,daB rechtsgeschaftliche Nachfolgeregelungen nicht zulassig sein konnen". Das Erbrecht beschrankt aber als zwingendes Recht seine ,Verteilungsfunktion" auf das Pflichtteilsrecht. Im iibrigen gilt das Prinzip der Privatautonomie auch fur die Regelungen auf den Todesfall, sei es durch Rechtsgeschafte unter Lebenden oder durch Verfiigung von Todes wegen. Sieber ist es ,ordnungspolitisch verfehlt, Vertrage iiber Sparbiicher und Versicherungsguthaben mit Beteiligungen an Handelsgesellschaften auf eine Stufe stellen zu wollen". Es hat wohl auch noch niemand ,ordnungspolitisch" diese Gleichstellung vorgenommen. Die Regelungen betreffs der Sparkassenbiicher und Lebensversicherungen durch Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall sind nur Belege dafur, daB es sehr wohl fiir bestimmte Rechtsverhaltnisse Verfugungen auf den Todesfali durch Vertrag zugunsten Dritter gibt. 97 In einem seltsamen Widerspruch zu diesen Ausfiihrungen steht es, wenn demgegeniibcr nach WIEDEMANN das Urceil des BGH ,sachlich uneingeschriinkte Zustimmung verdient", obwohl es doch gerade die alleinige Nachfolge des Sohnes annimmt.

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Gegeniiber der Behauptung von WIEDEMANN, daB ,rechtsgeschaftliche Nachfolgeregelungen nicht zulassig sein konnen", ist zudem darauf zu verweisen, daB es ja nicht nur darum geht, ob der Nachfolger durch den Gesellschaftsvertrag als Vertrag zugunsten Dritter unmittelbar Gesellschafter wird. 1st Nachfolger ein Mitgesellschafter, so erfolgt die Nachfolge in die Mitgliedschaft durch den Gesellschafter als Partner des Gesellschaftsvertrags. Ebenso ist fiir einen Vertrag zugunsten Dritter kein Raum, wenn der Nachfolger, der noch nicht Gesellschafter ist, an der Vereinbarung der gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelung als Vertragspartner teilnimmt oder wenn der Gesellschafter aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelung seine Beteiligung an den von ibm designierten Nachfolger bedingt auf den Todesfall, sei es mit, sei es ohne Widerrufsvorbehalt, abtritt. Wird schlieBlich ein NichtGesellschafter durch die Eintrittsklausel als Nachfolger berufen, so liegt ein Vertrag zugunsten Dritter entsprechend der gesetzlichen Regelung nach §§ 328 ff. BGB vor, gegen den nicht vorgebracht werden kann, durch Vertrag zugunsten Dritter konne keine Verfiigung getroffen werden und es gebe keinen Vertrag zu Lasten Dritter. Die Kautelarjurisprudenz braucht sich nicht durch die These von WIEDEMANN schrecken zu lassen, ,daB rechtsgeschaftliche Nachfolgeregelungen nicht zulassig sein konnen". Diese These ist ohne Fundierung.

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Sachregister Abfindung (s. a. Auseinandersetzung) sanspruch 145, 149, 151, 162 ff., 168 ff. sanspruch der weichenden Erben 390 AusschluB der- 178 ff., 376, 393 f., ·

402 f.

Beschrankung der- 181 ff., 394 Bewerrung der Mitgliedschaft fUr166 ff., 170 f., 175 Bewerrungs-- -sklausel 175, 184 - wegen Dienstleistungseinlage 179 N. 26 Gegner des- sanspruchs 172 f. 168 ff. gesetzliche Regelung der gesetzliche und vertragliche Regelung der 171 sklauseln 105, 137, 174 ff., 211 sklauseln zu Lasten aller Gesellschafter 178, 402 f. sklauseln und Bewertung der Beteiligung 167 sklauseln als Regelung unentgeltlicher Zuwendung ? 176 ff., 180 f., 187 f., 402 f. bei Unterbeteiligung 10 N. 30 abhangiges Untemehmen 25 5 Personengesellschaft als Abhandenkommen - aus dem Besitz der Personengesellschaft und der juristischen Person 82 f. Abspaltungsverbot 220 f., 351, 366 Abstimmungsvereinbarung s. Stimmrechtsbindung Abtretung des Gewinn- und Auseinandersetzungsanspruchs 160, 162, 354 ff. Abtretung, Ab~etbarkeit d~~ Mitgliedschaft s. Ubertragung, Ubertragbarkeit der Mitgliedschaft Abwachsung s. An· und Abwachsung actio pro socio 139 ff. AusschluB der- 144 hinsich tlich Geschaftsflihrung 131, 314 und Gesamthandsforderung 142 f., 144 und Klagerecht von Mitgliedern der juristischen Person 95 f. gegen Komplementlir einer als Komanditistin beteiligten KG 141 422

als Minderheitsschutz 142, 144 f. aufgrund §§ 320 ff. BGB 31 bei Publikumsgesellschaften 144 f. aufgrund der Rechtsbeziehung der Gesamthander untereinander 12, 61 und Treuepflicht 141 ff. als Untatigkeitsklage 144 Voraussetzungen der- 142, 144 Vorverfahren zur- 144 N. 56 AG Klagerecht und Schadensersatzpflicht von % Mitgliedern der -1-kzessorietlitsprinzip 286 ff. Anderung des Gesellschaftsvertrages durch Anpassung aufgrund Wegfalls der Geschaftsgrundlage 280 f. und erganzende Auslegung 280, 281 durch Gesellschaftspraxis 32 und Grundsatze tiber die fehlerhafte Gesellschaft 28 f. Formzwang bei- 33 Mehrheitsprinzip fur- 186, 209, 213 ff. - und §_181 BGB 253, 279 - und Ubertragung der Mi tgliedschaft 350 f. Zustimmungserfordernis bei- betr. Gewinnverteilung 116 f. Zustimmungspflicht hins.- 34, 278 ff. Anfechtungstatbestlinde bei Griindung einer Gesellschaft 13 ff. und Innen- bzw. stille Gesellschaft 26 ff. und Kiindigung bzw. Aufli:isungsklage 21 ff. Anteil - sbewertung 166 ff., 170 f., 175 Gesellschafts - s. Mi tgliedschaft in Personengesellschaften am Gesellschaftsvermi:igen s. Gesamthandsvermi:igen am Liquidationserli:is s. Auseinandersetzung sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung Miterben - s. Erbengemeinschaft - spflindung s. Pf:indung der Mitgliedschaft An- und Abwachsung 369 ff.

Sachregister Anwachsung auf einzigen Gesellschafter 371 f. - als entgeltlicher oder unentgeltlicher Erwerb 180, 402 f. - bei der Erbengemeinschaft 370 Erhaltung der nicht iibertragbaren Rechte 374 als gesetzlicher oder rech tsgeschaftIieber Erwerb 177 und Ubertragung der Mitgliedschaft 370 f., 376 f. Anwaits-, Architektensozietiit Haftung der Sozien fiir Verschulden eines Sozius 319 f. Pflicht der Sozien zur Erfiillung der Gesellschaftsschuld in natura 309 N. 107 arglistige T:.iuschung fehlerhafte Gesellschaft aufgrund 22 ff. Kiindigung einer Massengesellschaft aufgrund- 24, 35 Mitgesellschafter als Dritter 24 f. Ubemahmerecht bei 22 ff. Vertragsschluf3 iiber stille Gesellschaft aufgrund- 27 Auflassung Haftung auf Erkllirung der - fiir Gesamthand 323 f. Aufl