Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht. Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht: 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter “Öffentliches Recht” vom 11–14 März 1986 in Kiel [Reprint 2019 ed.] 9783110906455, 9783110110012

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Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht. Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht: 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter “Öffentliches Recht” vom 11–14 März 1986 in Kiel [Reprint 2019 ed.]
 9783110906455, 9783110110012

Table of contents :
VORWORT
Inhaltsübersicht
Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht
Rechtliche Probleme der Verschuldung von Staaten der "Dritten Welt" - Währungssouveränität und Umschuldung
Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis
Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung, Parlament und Volk in der Schweiz (unter besonderer Berücksichtigung der Ausgabenbewilligungskompetenz)
Ungeschriebene Ausgabenkonipetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes?
Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht
Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung
Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel
Wirtschaftslenkung durch Subventionen zwischen Förderung und Gefährdung unternehmerischer Freiheit
Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung im österreichischen Gewerberecht
Verzeichnis der Autoren
Verzeichnis der Teilnehmer

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Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht

Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht Berichte von

Josef Brink, Wolfgang Engshuber, David Jenny, Joachim Wieland

Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht Berichte von

Bernhard Losch, Rolf Gröschner, Paul Henseler, Franz Merli 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter „Öffentliches R e c h t " v o m 11. bis 14. März 1986 in Kiel Herausgegeben von Jürgen Makswit, Friedrich K . Schoch

w DE

G

1986 Walter de Gruyter • Berlin • N e w York

CIP-Kurztitelaufnähme

der Deutschen

Bibliothek

Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht / Bericht von Josef Brink ... Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht / Bericht von Bernhard Losch ... [Gesamtw.]: 26. Tagung d. Wiss. Mitarb. Öffentl. Recht vom 11.-14. März 1986 in Kiel. Hrsg. von Jürgen Makswit u. Friedrich K. Schoch. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1986. ISBN 3-11-011001-6 NE: Brink, Josef, [Mitverf.]; Makswit, Jürgen [Hrsg.]; Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter Öffentliches Recht «26, 1986, Kiel»; Beigef. Werk 19; 17

© Copyright 1986 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Druck: Hildebrand, Berlin 65 Bindearbeiten: Dieter Mikolai, Berlin 10

VORWORT

Die 26.

Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter der

tung "Öffentliches Recht" fand vom 11.

bis 14.

Fachrich-

März 1986 an der

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt.

Damit war Kiel nach

1966 zum zweiten Mal Ort der Veranstaltung.

Die diesjährige Kie-

ler Tagung markiert zugleich den Beginn des zweiten Vierteljahrhunderts der jährlich stattfindenen Assistententagungen. te und Funktion der ersten 25 Jahre Assistententagung sind unlängst von Herrn Kollegen Dr.

Geschich(1961-1985)

Helmuth Schulze-Fielitz do-

kumentiert und kommentiert worden (JöR n.F. Bd. 34, S. 35 f f . ) . Die 26.

Tagung

unter

stand

der Krise - Finanzverfassung

dem Rahmenthema

"Umschuldung in

in der Bewährung - Gewerberecht im

Wandel". Der erste Themenkreis befaßte sich mit "Aktuellen Fragen der Finanzordnung im internationalen zwei

völkerrechtlichen

Verschuldung von

Referaten

Staaten der

und nationalen

wurden "Rechtliche

'Dritten Welt'

Recht".

In

Probleme der

(Währungssouveräni-

tät und Umschuldungspraxis)" sowie "Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis" behandelt. (national)verfassungsrechtlichen

Teil

wurden

sungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung,

"Die

Im

finanzverfas-

Parlament und Volk

in der Schweiz" und die Frage "Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes?" erörtert. Mit

dem

zweiten

Hauptthema

schaftsverwaltungsrecht" wieder

einmal

-

eine

"Vom Gewerbepolizeirecht

haben

gungsgegenstand gewählt.

Veranstalter

ganz

Thematik

bewußt zum

-

Ta-

Nach dem Eingangsreferat zu "Gewerbe-

freiheit und Gewerbepolizeirecht Wirtschaftsüberwachung"

die

verwaltungsrechtliche

zum Wirt-

befaßte

als geschichtliche Grundlagen der sich

der

zweite

Vortrag

mit

"Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und

Vorwort

6

wirtschaftsverwaltungsrechtlichem das

Thema

"Wirtschaftslenkung

Wandel".

Anschließend

d u r c h Subventionen

wurde

zwischen

För-

d e r u n g und G e f ä h r d u n g u n t e r n e h m e r i s c h e r F r e i h e i t " b e h a n d e l t . abschließende,

zum Zwecke der H e r a u s a r b e i t u n g

der Aspekte vorgenommene B e t r a c h t u n g

Die

rechtsvergleichen-

beinhaltete

"Wirtschaftsge-

s t a l t u n g und W i r t s c h a f t s l e n k u n g im ö s t e r r e i c h i s c h e n

Gewerberecht".

Die in

diesem

in

Reihenfolge dem

der

Tagung.

Tagungsband

v e r ö f f e n t l i c h t e n Vorträge

Ablauf

des

Fast a u s n a h m s l o s h a n d e l t es sich um die Stand der

Teils

der

ursprünglichen,

mit Anmerkungen v e r s e h e n e n F a s s u n g e n der R e f e r a t e . se konnten den

entsprechen

wissenschaftlichen

Die Nachwei-

w i s s e n s c h a f t l i c h e n Diskussion

b i s etwa

Mitte April 1986 b e r ü c k s i c h t i g e n . Besonderer Dank

g i l t den

Referenten f ü r i h r Engagement

bei

der

T a g u n g und vor allem f ü r die zügige und t a t k r ä f t i g e Mithilfe bei den Vorarbeiten zur V e r ö f f e n t l i c h u n g dieses B a n d e s . pflichtet

sind

wir

ferner

Herrn

Dr.

Hassenpflug

Broeckelmann vom Verlag Walter de G r u y t e r , genkommen

und

ihre

vielfältigen

Zu Dank v e r und

Herrn

d i e d u r c h i h r Entge-

Unterstützungen

maßgeblich

r a s c h e n Erscheinen des T a g u n g s b a n d e s b e i g e t r a g e n h a b e n . Dank der

gilt

schließlich

der Dr.

Schleswig-Holsteinischen

großzügige

finanzielle

Unser

Otto-Bagge-Gedächtnisstiftung

Universitäts-Gesellschaft,

Unterstützung

die

zum und

die

durch

Veröffentlichung

dieses

Bandes g e f ö r d e r t h a b e n .

Kiel, im Mai 1986

J ü r g e n Makswit

F r i e d r i c h Schoch

Inhaltsübersicht

Vorwort

5

Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht

Josef Brink, Frankfurt Rechtliche Probleme der Verschuldung von Staaten der "Dritten Welt" Währungssouveränität und Umschuldung

11

Wolf gang Engshuber, München Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis

47

David Jenny, Basel Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung, Parlament und Volk in der Schweiz (unter besonderer Berücksichtigung der Ausgabenbewilligungskompetenz)

93

Joachim Wieland, Karlsruhe Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes?

129

Inhaltsübersicht

8

Vom Gewerbepoliseirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht

Bernhard Losch, Tübingen Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung

Rolf Gröschner,

153

Erlangen-NUrnberg

Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel

177

Paul Henseler, Trier Wirtschaftslenkung durch Subventionen zwischen Förderung und Gefährdung unternehmerischer Freiheit

203

Franz Merli, Graz Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung im österreichischen Gewerberecht

249

Verzeichnis der Autoren

287

Verzeichnis der Teilnehmer

289

Aktuelle Fragen der Finanzordnung im internationalen und nationalen Recht

Rechtliche Probleme der Verschuldung von Staaten der "Dritten Welt" Währungssouveränität und Umschuldung Von Josef Brink

Inhaltsübersicht I. II. III.

IV.

Einleitung

11

Entwicklungsländerverschuldung: und Entwicklungskrise

Finanzkrise

Möglichkeiten und Grenzen rechtlicher Problemlösungen

17

1.

Nichterfüllung völkerrechtlicher Schuldverträge

19

2.

Nichterfüllung privatrechtlicher Verträge

23

3.

Einwirkung auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr

27

Umschuldung: Ausweg aus der Krise?

34

V. Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge . . .

I.

13

40

Einleitung

Der Begriff der Staatsverschuldung bezeichnet gemeinhin eine Pathologie

des

durch -

übermäßige -

angehörigen.

öffentlichen

Finanzsystems eines

bestimmten

Staates

Kreditaufnahme bei seinen eigenen

Staats-

Nicht um diese auch in der Bundesrepublik noch vor

Josef Brink

12

wenigen

Jahren

heftig

geführte

Diskussion^

um internes

deficit

spending von Staaten in der Keynesianischen Tradition soll es im folgenden gehen,

sondern um die heute nicht minder heftig disku-

tierte externe Verschuldung löste tiefgreifende

von Staaten und die dadurch

Pathologie

des

Es wird zunächst darum gehen, erfassen und aufzuzeigen, Währungs-

auf absehbare warum

und

auf

Art und Umfang dieser Krise zu daß vielmehr das bestehende inter-

Finanzsystem

Zeit bleiben

Versuche,

ausge-

Finanzsystems.

daß es sich um mehr handelt als eine

Finanzkrise einzelner Staaten, nationale

internationalen

wird.

einzelne

selber

betroffen

ist

und

Es soll dann gezeigt werden, Verschuldungstatbestände

kasui-

stisch einzugehen und nach Rechten und Rechtsverpflichtungen zu entscheiden,

angesichts der Dimensionen der Verschuldung

schei-

tern müssen und auch von den betroffenen Akteuren nicht

aufge-

griffen werden.

Schließlich sollen Verfahren und Ergebnisse der

Umschuldung als die von den Akteuren fliktlösung dargestellt den.

gewählte

Form der Kon-

und auf ihre Tauglichkeit untersucht wer-

Dabei soll nicht verborgen bleiben, daß es sich bei der Be-

wertung der handelt.

Umschuldungspolitik

Diese Ambitionen

um ein ambitioniertes

sind aber

entwicklungspolitischen Altruismus,

nicht

nur

Vorhaben

Ausdruck

eines

der nach Maßgabe einer advo-

katorischen Ethik für die Opfer der Krise des internationalen nanzsystems Partei ergreift.

Fi-

Sie speisen sich auch aus einem f i -

nanzpolitischen Realismus und utilitaristischen Überlegungen,

weil

die Krise wegen ihrer systematischen Ausprägung auch die öffentlichen

Finanzressourcen

zieht.

Die ambitionierte These der folgenden Ausführungen

lauten,

der

daß die bestehenden

Bundesrepublik

in

Mitleidenschaft

Umschuldungsmechanismen

wird

gemessen

an den vernünftigen Interessen der betroffenen Akteure nur unzureichend 1

zu einer

Lösung

des

Verschuldungsproblems

beitragen,

Vgl. nur die Beiträge in Simmert/Wagner (Hrsg.), Staatsverschuldung Kontrovers, 1981; ferner Piel/Simmert, Staatsverschuldung, Reihe Politik kurz und aktuell, Nr. 35, 1981; Dieckheuer, Staatsverschuldung und wirtschaftliche Stabilisierung, Schriften zur öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft, Bd. 21, 1978.

13

Rechtliche Probleme der Verschuldung

und

daß

Umschuldungspolitik

Sanierungskonzepte

nur

zu

ohne

einem

Einbeziehung

Kreislauf

der

längerfristiger Krisenphänomene

führen wird.

II.

Entwicklungsländerverschuldung: lungskrise

Finanzkrise

Wirtschaftskrisen haben immer deutlich gemacht, organisierte

Gesellschaften

internationalen

in

Arbeitsteilung

die

Netze und

eingefügt

wieweit staatlich

Abhängigkeiten

sind.

Wie die

schaftskrise in der ersten Hälfte des Jahrhunderts, se der siebziger Jahre, krise,

wieweit

der

Prozeß

zur

Herausbildung

2

vernetzten "Weltgesellschaft" staaten

und

Weltwirt-

wie die Ölkri-

einer

zwar

nicht

aber doch wirtschaftlich

wie es die Soziologen nennen,

vor-

Wenn auch die Gläubiger- und die Schuldner-

gegenüber

Jahrhunderts

der

so zeigt auch die moderne Verschuldungs-

kulturell und politisch homogenisierten,

angeschritten ist.

und Entwick-

den

staatlichen

der ersten

tisch sind, - schon im südamerikanische Staaten, 3 Zahlungsunfähigkeit

Insolvenzkrisen

Jahrhunderthälfte

des

weitgehend

letzten iden-

letzten Jahrhundert standen zahlreiche aber auch die Türkei mehrfach vor der so zeichnet sich die heute in den Wirt-

2

Luhmann, Rechtsoziologie, 2. Aufl. 1983, S. 333 f f . ; ders., Die Weltgesellschaft, Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 57, 1971, S. 1 f f . ; um die Dependenz zwischen kultureller Sozietät und internationalem Wirtschaftssystem hervorzuheben, sprechen andere Soziologen vom "Weltsystem", so Borschier, Weltsystem, in: Boeckh ( H r s g . ) , Internationale Beziehungen. Theorien, Organisationen, Konflikte, 1984, S. 535 f f . ; ferner die Beiträge in Blaschke ( H r s g . ) , Perspektiven des Weltsystems, Materialien zu Immanuel Wallerstein, "Das moderne Weltsystem", 1983; für das Völkerrecht ist neuerdings mit beachtlichen Nachw. eine ab origine universelle Konzeption mit universalistischem Geltungsbereich behauptet worden von Fisch, Die europäische Expansion und das Völkerrecht, 1984, S. 498 f . ; danach ging eine völkerrechtliche Betrachtungsweise schon immer von einer "Weltstaatengesellschaft" aus, wobei deren Subjekte allerdings zunächst auf die europäischen Staaten begrenzt werden.

3

Vgl.

zu historischen Verschuldungssituationen Hoeflich, Histo(Fortsetzung Fußnote)

14

Josef Brink

schaftsteilen

der

Presse zu

Recht dramatisierte

Verschuldungssi-

tuation gegenüber diesen früheren Schuldenkrisen nicht nur durch die angehäuften

Schuldenvolumina,

sondern

und die den gesamten Gesellschaftskörper der Schuldenlast aus. nes

Staates

besagt

für

auch durch die Art

betreffenden Wirkungen

Die Höhe der Auslandsverbindlichkeiten sich

noch

nichts über

seine

ei-

Fähigkeit,

Tilgungen und Zinszahlungen vorzunehmen,

wie sich an der hohen 4 Auslandsverschuldung der Vereinigten Staaten erweist . Wenn aber Staaten,

ganz abgesehen von ihren Exporterlössalden,

gewaltige

Teile ihres gesamten Bruttoinlandsproduktes einsetzen müßten, ihre Schuldenberge abzutragen, schaftlicher Rede sein. nes

Leistungsfähigkeit

um

so kann von ausreichender wirtzur

Schuldtilgung

nicht

mehr die

Um einige Beispiele zu nennen: Chile müßte 103 % sei-

Bruttoinlandsproduktes

mobilisieren,

bindlichkeiten auflösen zu können,

um seine

Auslandsver-

Peru etwa 76 % des BIP, Uru-

guay c a . 63 % des BIP, Argentinien etwa 60 % des BIP, Venezuela ca.

47 % des BIP, Mexiko und Brasilien c a . 44 % des B I P 5 .

Bra-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rical Perspectives of Sovereign Lending, in: Gruson/Reisner (Hrsg.), Sovereign Lending: Managing Legal Risk, 1984, S. 21 f f . ; Borchard/Wynne, State Insolvency and Foreign Bondholders, vol. I und I I , 1951; Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, 1977; Coing, Staatsschuldenverwaltung, internationale, in: Strupp/Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. I I I , 1962, S. 337. 4

Zu den Parametern zur Bestimmung des Verschuldungsgrades der einzelnen Entwicklungsländer v g l . D. Münch, Internationale Verschuldungskrise: Zwischenbilanz, RIW 8, 1985, S. 625.

5

Vgl. Wiesner, Ursachen der lateinamerikanischen Schuldenkrise, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 24; die Hochrechnung von Colaco zum Jahr 1990 kommt zu noch ungünstigeren Relationen, Colaco, Internationaler Kapitalverkehr und wirtschaftliche Entwicklung, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 2 f f . , 5; s . auch die Angaben über die absolute Höhe der Fremdwährungsverbindlichkeiten von Entwicklungsländern, in: IMF (Hrsg.), International Capital Markets, Developments and Prospects 1983, Occasional Paper 23, 1983; IMF (Hrsg.), Recent Multilateral Debt Restructerings with Official and Bank Creditors, Occasional Paper 25, 1983, S. 3 f f . ; Reffert-Sch&nemann, Die Weltwährungsordnung, Von den festen zu den (Fortsetzung Fußnote)

Rechtliche Probleme der Verschuldung

silien hätte ca.

15

89 % seiner Gesamtexporterlöse einsetzen müssen,

um die im Jahre 1982 f ä l l i g gewesenen Tilgungs- und Zinszahlungen zu leisten,

Argentinien ca. 68 % seiner Exporterlöse, Ecuador

ca. 69 %, Chile ca. 65 % und Mexiko ca. 57 % seiner Exporterlöe se . Dramatisch ist aber auch die Art dieser Schulden. Es handelt sich nicht mehr,

wie bei den Insolvenzkrisen des letzten Jahrhun-

derts um Verbindlichkeiten

gegenüber

britischen,

auch US-amerikanischen Bankenhäusern, deren Volumina

die internationalen

deutschen

und

d.h. privaten Gläubigern,

Finanzmärkte und öffentlichen

Haushalte von Gläubigerstaaten nicht beeinträchtigen könnten.

Es

handelt sich

Fi-

um eine

nanzhilfeinstitutionen Organisationen, rungsinstitutionen

systematische von

gegenüber von

Export-

tätigen

und

Gläubigerstaaten

Auf die Bundesrepublik bezogen, national

Überschuldung

Gläubigerstaaten

Großbanken

und

gegenüber

internationalen

Exportkreditversiche-

wie

gegenüber

Banken.

sind damit nicht nur die interdie

als

Mandatarin des Bundes tätige Kreditanstalt für Wiederaufbau,

involviert,

sondern

auch

die

die wichtigste

Trägerin der bundesdeutschen finanziellen Zusam7 menarbeit darstellt , wie auch die als Mandatarin des Bundes tätige Hermes Versicherungs-AG, die zusammen mit der Treuarbeit-AG g die wichtigste Trägerin bundesdeutscher Exportkreditsicherung (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) flexiblen Wechselkursen - und wie geht es weiter?, 186 f . , 188.

1984,

S.

6

S. Wiesner (Fn. 5), S. 24.

7

Vgl. Harries, Finanzierung von Lieferungen und Leistungen aus Mitteln der bilateralen deutschen Entwicklungshilfe, RIW 1979, S. 437 f f . ; KfW ( H r s g . ) , Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, Erläuterungen zum Verfahren der finanziellen Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland, 1980; Steeg, Foreign Development Lending of the Federal Republic of Germany, in: Rubin ( H r s g . ) , Foreign Development Lending Legal Aspects, 1971, S. 110 f f .

8

Vgl. Voigt/Hasper, Handbuch der Exportfinanzierung, 2. Aufl. 1979, S. 41 f f . ; Schallehn/Stoleenburg, Garantien und Bürgschaften der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung der deutschen Ausfuhr, 1952 f f . , Kapitel I , X; eine Übersicht über die berührten Institutionen geben auch Hahn, Öffentliche (Fortsetzung Fußnote)

16

Josef Brink

ist.

Anders a l s die für das Weltfinanzsystem periphere und okkaQ sionelle, oft auf kriegerische Maßnahmen von Schuldnerstaaten zurückgehende Staatenverschuldung bis zur Weltwirtschaftskrise greift die heutige, systematische Verschuldung auf die Planung der öffentlichen Haushalte der Gläubigerstaaten durch. Die haushaltsrechtlich begrenzte fiskalische Handlungsfähigkeit der industrialisierten Gläubigerstaaten ist im Falle der Nichtzahlung oder des Nichttransfers aller genannten Formen kritischer Devisenschulden unmittelbar betroffen: Die Nichterfüllung privater Bankverbindlichkeiten betrifft nur scheinbar allein die Gläubigerbanken. Über Wertberichtigungen in bezug auf kritische und durch Abschreibungen in bezug auf uneinbringliche Devisenforderungen können die Banken ihre Risiken externalisieren, d . h . einerseits Verluste auf Bankkunden im Wege der Kreditkonditionenverschlechterung umlegen, andererseits, was in diesem Zusammenhang bedeutsamer i s t , Verluste körperschaftssteuerrechtlich in Abzug bringen . Steuerausfälle sind die Folge. Direkter ist noch der fiskalische Effekt von Ausfällen bei der Tilgung für Finanzhilfekredite und der Zahlung für Exporte. Für Verluste der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Hermes Versicherungs-AG, die solche Zahlungen auf Kredite und Exporte gegen politische Risiken wie das Konvertierungs- und Transferri(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Auslandsschulden und Völkerrecht, in: Einigkeit und Recht, Festschrift für Carstens, 1984, S. 361 f f . ; mit Ausrichtung auf Schulden von realsozialistischen Staaten Zieger, Probleme der Verschuldung östlicher Staatshandelsländer, Archiv des Völkerrechts 1983, S. 239 f f . 9

Die ersten Verschuldungswellen lateinamerikanischer Staaten gehen noch auf die Befreiungskriege gegen die Spanier und die nach der Befreiung erforderlichen staatlichen Aufbauleistungen zurück; v g l . die Staatenübersicht bei Wynne (Fn. 3), vol. I I , S. 3 f f . ; zu den Ursachen auch Borchard (Fn. 3), vol. I, S. 143 ff.

10

Zu den möglichen Teilwertabschreibungen siehe die Entscheidungen des hessischen Finanzgerichts vom 25.8.1982, BB 1983, S. 228 f. und vom 16.9.1983, BB 1984, S. 36. Die Hinweise verdanke ich Herrn Prof. Dr. Kirchner, Universität Hannover.

17

Rechtliche Probleme der Verschuldung

siko-< verbürgt oder garantiert,

muß die Bundesrepublik

bar aus ihrem, Haushalt einstehen.

unmittel-

Die Bundesaufwendungen allein

für die Schäden im Export- und Exportkreditbereich beliefen sich schon im Jahre 1984 auf über 2 Mrd.

DM**.

Die durch die Insol-

venz von Entwicklungsländern entstehenden Verluste werden so in gewisser Weise zu Lasten der Steuerzahler Schwerer ständlich

wirken für

die

die

Zahlungsunfähigkeit Importbedürfnisse

Folgen

der

betroffenen berührt

zu

sozialisiert.

staatlichen

Insolvenz

Entwicklungsländer

wegen

befriedigen,

der in

Unfähigkeit,

der Regel

Reproduktion

der

Gesellschaft.

Ihre

dringende

unmittelbar

Lebensverhältnisse der Bevölkerung und insgesamt die nomische

selbstver-

selber.

die

sozial-öko-

Hungerrevolten

machen

12

dies deutlich

.

Gesellschaftliche Reproduktionsfunktionen, die der

Entwicklungsstaat übernommen hat, etwa das Erziehungs-, Gesundheits- oder Verkehrswesen, funktion, ist,

Die Modernisierungs-

die mit dem Begriff des Entwicklungsstaates

kann

werden.

werden gestört.

unter Umständen

insgesamt

nicht mehr

impliziert

wahrgenommen

Die Verschuldungskrise ist insofern auch eine Krise der

Entwicklung.

I I I . Möglichkeiten und Grenzen rechtlicher Problemlösungen Die Insolvenzsituation Schuldnerseite

zu

von

einer

Staaten kann

Reihe

auf

Gläubiger-

Optionen

wie

auf

Anlaß

geben,

deren rechtliche Konnotationen in Kürze darzustellen sind.

Dabei

soll es hier nur um die sog.

politischer

öffentlichen Schulden gehen,

das Schal-

11

Siehe die Übersicht über die Jahre 1980 bis 1984 bei lehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. I , Anl. 2.

12

Vgl. Gerster, Fallstricke der Verschuldung, der Internationale Währungsfonds und die Entwicklungsländer, 1982, S. 37 f . ; s. auch die Beispiele Ägypten, Peru u . a . , aufgeführt in e i ner Bundestagsanfrage, BT-Drucks. 10/1977 sowie die Fallstudien in Körner/MaaB/Siebold/Tetzlaff, Im Teufelskreis der Verschuldung, Der Internationale Währungsfonds und die Dritte Welt, 1984, S. 101 f f .

18

Josef Brink

privatrechtlich begründete Areal der Bankenschulden v e r n a c h l ä s sigt werden. Schuldnerstaaten können durch Importrestriktionen, durch Exportmobilisierung und Sparmaßnahmen zu Lasten anderer die benötigten; Devisen intern a u f z u Politikbereiche versuchen, bringen, um Schuldendienst und Zahlungstransfer aufrechtzuerh a l t e n . Sie können auch versuchen, sich die dazu benötigten Mittel extern durch weitere Kreditaufnahmen auf den internationalen Kreditmärkten zu verschaffen. Beide Optionen vermeiden den Konf l i k t mit den Gläubigerstaaten, sind aber heute angesichts der Höhe aufgelaufener Devisenschulden und des Risikobewußtseins der international tätigen Banken kaum r e a l i s i e r b a r . Konfliktträchtig und rechtlich relevant ist dagegen eine Wahl von Optionen, die inzwischen von einer Reihe von Schuldnerstaaten p r a k t i z i e r t werden. Diese Optionen bestehen in der Einstellung der Zahlungen auf Tilgung und Zinsen bei Staatsschulden und in der devisenkontrollrechtlichen Modifikation bzw. Einstellung von Konvertier u n g und Transfer bei privaten Handels- und Handelskreditschul13 den. So haben zahlreiche Schuldnerstaaten, wie Mexiko im Jahre 1982, sämtliche Zahlungen oder, wie Brasilien, die Tilgungszahlungen ausgesetzt und, 14 wie Nigeria, Mexiko, Brasilien, Argentinien und andere Staaten bis heute, durch oder aufgrund von Devisengesetzgebung den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr r e s t r i n g i e r t . Für eine rechtliche Beurteilung dieser Optionen sind zu unterscheiden die Nichterfüllung völkervertragsrechtlich begründeter Kreditverbindlichkeiten, die Nichterfüllung p r i v a t r e c h t lich begründeter Kreditverbindlichkeiten und die Verhinderung

13

Vgl. Zamora, Peso - Dollar Economics and the Imposition of Foreign Exchange Controls in Mexico, American Journal of Comparative Law 1984, S. 99 f f . ; ders., Exchange Control in Mexico: A Case Study in the Application of IMF Rules, Houston Journal of International Law 1984, S. 103 f f .

14

Siehe die Länderberichte in IMF Exchange Arrangements and Exchange Restrictions, Annual Report 1984 und Annual Report 1985; zu Argentiniens Maßnahmen auch Hope, Novel Exchange Control Techniques and the Argentine External Debt, Houston Journal of International Law 1984, S. 137 f f .

Rechtliche Probleme der 'Verschuldung

privater,

19

grenzüberschreitender Zahlungen auf Handelsforderungen

durch Devisenrestriktionen.

1.

Nichterfüllung völkerrechtlicher Schuldverträge

Bevor auf die rechtlichen Probleme einer Nichterfüllung völkervertragsrechtlich begründeter Schulden eingegangen wird, vorgehoben

werden,

daß die klassischen

begründeten Schulden 15 eine

Rolle

keiten,

in

mehr spielen. aber

auch

die

der

modernen

Verschuldungskrise

Zwischenstaatliche Kredite

muß her-

völkervertragsrechtlich kaum

Kreditverbindlich-

internationaler

Organisationen,

werden durchgehend privatrechtlich ausgestaltet. Zwar schließt etwa die Bundesrepublik Deutschland mit Entwicklungsländern Re16 gierungsabkommen sich

über

Kapitalhilfekredite.

aber nur um Rahmenabkommen,

die

Dabei

handelt

es

rechtsgeschäftlich

erst

ausgefüllt werden durch einen privatrechtlichen Kreditvertrag

zwi-

schen der Kreditanstalt für Wiederaufbau und dem jeweiligen Entwicklungsland.

Nur in Ausnahmefällen, etwa in dem Finanzkredit17 abkommen der Bundesrepublik mit der Volksrepublik Polen aus dem Jahre

1975,

spielt das Völkerrecht wegen einer darin

über-

nommenen Garantenstellung des polnischen Staates eine unmittelbare Rolle. Wenn gleichwohl die sich völkerrechtlich im Falle der 15 Diese gehen in der Regel auf nichtkontraktuelle, z.B. Reparationsverpflichtungen zurück, so die Schuldübernahmeerklärung der Bundesrepublik Deutschland vom 6.3.1951 und das Londoner Schuldenabkommen vom 27.2.1953 über die öffentlichen Auslandsschulden des Deutschen Reiches (BGBl. 1951 I I , 473; BGBl. 1953 I I , 333). S. auch Ballreich, Auslandsschulden, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. 1, S. 110 f f . ; Fole, State Debts, in: Bernhardt ( H r s g . ) , Encyclopedia of Public International Law, Instalment 8, 1985, S. 484 f f . und Hahn, Foreign Debts, ebda., S. 240 f f . 16

Jeweils verkündet im BGBl. I I ; v g l . auch Folz, Loans, International, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 362; Leube, Völkerrechtliche Rahmenverträge mit privatrechtlichen Ausfüllungsgeschäften, Studien zum internationalen Wirtschaftsrecht und Atomenergierecht, Bd. 33, 1967.

17

Siehe das Abkommen vom 9.10.1975, auch Zieger (Fn. 8), S. 253 f .

BGBl. 1976 I I , 567; dazu

Josef Brink

20

Nichterfüllung stellenden Probleme diskutiert werden, so deshalb, 18 weil das Völkerrecht auch einen Rahmen für die privatrechtlichen zwischenstaatlichen diskutierten

Verträge

bildet,

Probleme auch bei der

so daß

Nichterfüllung

sich

die

hier

privatrechtlich

begründeter Kreditverträge stellen werden. Festzustellen ist

zunächst,

daß die Nichterfüllung

eines völker-

rechtlichen Vertrages grundsätzlich völkerrechtliches Unrecht stellt.

Entwicklungsländern

Rechtsfertigungsgründe für die Nichterfüllung

oder die vorübergehende Zahlungseinstellung zur Seite stehen. ihre

dar-

Die eigentlich interessante Frage ist, ob den verschuldeten

währungspolitische

Souveränität

hier nicht berufen; der schließt eine Berufung auf

können

sich

diese

Auf

Staaten

völkerrechtliche Vertrag jedenfalls 19 innerstaatliche Rechtsetzung aus .

Auch auf die clausula rebus sie stantibus kann die Zahlungsver20

Weigerung regelmäßig nicht gestützt werden

.

Die Risiken,

auch für den Schuldner mit der Intertemporalität hältnisses,

d.h.

und Gegenleistung

dem zeitlichen impliziert

sind,

schluß des Vertrages bekannt. gende Veränderung

der

Auseinanderfallen von waren

die

des SchuldverLeistung

den Parteien

bei Ab-

Sie schließen auch eine

grundle-

wirtschaftlichen

Situation

des

kreditneh-

menden Staates wie der weltwirtschaftlichen Situation ein. Gleiches gilt für im Vertrag vereinbarte variable

Zinssätze und das Risiko

18

So bereits der Ständige Internationale Gerichtshof in den Fällen der serbischen und brasilianischen Anleihen vom 12.7. 1927, PCIJ, Series A no. 20 (1929) und no. 21 (1929); Series C, no. 16 ( I V ) ; deutsche Fassung in: Institut für Internationales Recht in Kiel ( H r s g . ) , Entscheidungen des Ständigen Internationalen Gerichtshofs, Bd. 7, S. 22 f f . und S. 142 f f . ; dazu die Stichworte von Götz und von Katte, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 256 f f . ; S. 39 f f .

19

Siehe insoweit den geltendes Völkergewohnheitsrecht kodifizierenden Art. 27 der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.5.1969; v g l . auch Hahn (Fn. 8), S. 366 f . ; Hann, The Legal Aspect of Money, 4. Aufl. 1982, S. 559.

20

So auch Hahn (Fn. 8 ) , S. 370; Frankenberg/Knieper, Rechtsprobleme der Überschuldung von Ländern der Dritten Welt, RIW 1983, S. 569 f f . , 574.

21

Rechtliche Probleme der Verschuldung

von Wechselkursänderungen

unter denen

Entwicklungsländer

heute

besonders leiden. Auch der Einwand der nachträglichen Unmöglichkeit der Erfüllung vermag die Einstellung der Tilgungs- und Zinszahlungen nicht zu rechtfertigen.

Nach internationalem Vertragsrecht ist der Fall der

nachträglichen

Unmöglichkeit 21

Unmöglichkeit die

in

begrenzt

oder jedenfalls, nur

absoluter

Da es sich um Geldschulden

handelt,

Zahlungsmitteln

zur

Verfügung

bei hinreichender Leistungsfähigkeit,

gung stehen könnten, nicht

.

reproduzierbaren

auf die Fälle objektiver,

stehen

zur Verfü-

liegt eine nachträgliche Unmöglichkeit auch

vorübergehend

vor.

Differenzierter

muß

die

Antwort

wenn sich ein Schuldnerstaat auf force majeure stützt

ausfallen,

und geltend macht, die Zahlung sei gänzlich unzumutbar, weil sie den Bestand des Staates gefährde und die Erfüllung Staatsaufgaben verunmögliche.

unerläßlicher

Die bloße Überschuldung

Zahlungsbilanzdefizit eines Staates reichen

allerdings 22 .

lung des Tatbestands der höheren Gewalt nicht aus walt besagt, unzumutbar

daß eine weil

zur

Erfüllung von Pflichten deshalb ein

jenseits

der Kontrolle

Erfül-

Höhere Gegänzlich

des

Schuldner-

staates gelegenes Ereignis auf seine Leistungsfähigkeit

eingewirkt

hat.

ist,

und das

Eine solche Unzumutbarkeit der Erfüllung ist bei Naturkata-

strophen, tärischen

etwa beim Erdbeben in Mexiko im Jahre 1985, bei miliVerteidigungsmaßnahmen,

und anderen Ereignissen anzunehmen. mern zwar die Verschuldungssituation,

um sich

greifenden

Seuchen

Solche Ereignisse verschlimso daß ein Schuldnerstaat

21

So nun kodifiziert in Art. 61 Abs. 1 der Wiener Vertragsrechtskonvention. Wie hier auch Hahn (Fn. 8), S. 371; Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575.

22

Vgl. zur force majeure VerdrosB/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, S. 522. Nach Art. 62 der Wiener Vertragsrechtskonvention wie nach dem Entwurf der International Law Commission einer Konvention über Staatenverantwortlichkeit, dort Art. 31, muß das Leistungsunvermögen jenseits der Kontrolle des betroffenen Staates gelegen haben. Vgl. ILCYearbook, 1980, I I , Teil I I , S. 30 f . ; a.A. wohl Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575.

Josef Brink

22

Zahlungen vorübergehend einzustellen berechtigt ist,

sie betreffen

aber eben nicht die heute vorfindliche "normale" Überschuldung. Mit dem Rechtfertigungsgrund der force majeure verwandt des Staatsnotstandes. Arbeiten

zur

Staatenverantwortlichkeit

kannt wird, Mittel

der

Soweit er

den

in der Völkerrechtslehre und in

Völkerrechtskommission

muß

die

darstellen,

die

der

Vereinten

als eigenständiges

Nichterfüllung

um

ist der

Nationen 23 Institut aner-

des Vertrages

grundlegenden

das

einzige

Staatsinteressen

schweren und unmittelbaren Gefahren zu schützen.

lenfalls einen vorübergehenden Zahlungsaufschub rechtfertigen. der,

allerdings älteren,

bloße wirtschaftliche anerkannt

abstellt,

ob die

völkerrechtlichen Rechtsprechung ist die

als hinreichender

worden. Erfüllung

Grund für einen 24 StaatsIndem die Rechtsprechung darauf

der

Zahlungsverpflichtungen

Schuldnerstaat selbst-destruktiv wäre, stand

auf

In

Schwierigkeit der Zahlung auf ein einzelnes

Schuldverhältnis nicht notstand

vor

Dies kann a l -

dem Hintergrund

des je

für den

und zugleich diesen Tatbe-

einzelnen

Schuldverhältnisses

prüft, kann die Verschuldungssituation im Grunde von diesem Tatbestand nicht erfaßt werden. gerade

nicht

in

der

Schuldverhältnisse, belastung,

Das Problem der Verschuldung liegt

Selbstdestruktivität

der

Erfüllung

einzelner

sondern in dem Problem summierter Schulden-

das sich kasuistisch,

d.h.

diskutiert am einzelnen

notleidenden Kredit, kaum Anders als das inner25 erfassen läßt. staatliche Vergleichsrecht hat die Völkerrechtsordnung für das 23

Siehe Art. 33 des Entwurfs der Konvention zur Staatenverantwortlichkeit, ILC-Yearbook, 1980, II, Teil I I , S. 33; Zemanek, Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit und die Sanktionen des Völkerrechts, in: Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts, Bd. 1, 1983, S. 377.

24

Vgl. die Entscheidung des Ständigen Schiedhofs vom 11.11. 1912 im Fall "Indemnité russe", in: RIAA 11, S. 433 f f . Danach sollte die Türkei sich trotz größter finanzieller Schwierigkeiten nicht auf das Notstandsargument berufen können, weil die streitige Einzelschuld für sich die Existenz des Staates nicht gefährdete.

25

Vgl.

nur SS 7, 8, 74, 82 der bundesdeutschen Vergleichsord(Fortsetzung Fußnote)

Rechtliche Probleme der Verschuldung

Problem f ä l l i g e r ,

Insolvenz aber uneinbringlicher

sum-

mierter Verbindlichkeiten noch keine Lösungen bereitgestellt.

Das

führt aber,

mangels

23

wie zu zeigen sein wird, wiederum nicht zu einer ge-

genüber dem nationalen Vergleichsrecht erhöhten Chance der Glau-1 biger,

ihre Forderungen auch im Rechtswege durchsetzen zu kön-

nen. 2.

Nichterfüllung privatrechtlicher Verträge

Was die Nichterfüllung oder die vorübergehende Leistungsverweigerung auf privatrechtlich begründete Verbindlichkeiten betrifft, ist der Regelungsspielraum,

der dem verschuldeten

so

Entwicklungs-

staat im Rahmen der Ausübung seiner souveränen Rechte zur Verfügung steht,

unter Umständen größer.

Privatrechtliche Verträge,

auch solche zwischen Staaten oder deren Agenturen,

haben nicht

teil an der souveränitätsbindenden Wirkung völkerrechtlicher Verträge,

weil der privatrechtliche

Vertrag

sich gerade einer

be-

stimmten staatlichen Rechtsordnung unterstellt und erst durch sie zum Rechtsgeschäft wird. che Anleiheverträge len.

So war es früher üblich,

privatrechtli-

dem Recht des Schuldnerstaates zu unterstel-

In der völkerrechtlichen Diskussion heftig umstritten war, ob

der Schuldnerstaat

durch gesetzliche

Änderung des

anwendbaren

Rechtes gestaltend

und vernichtend in das von ihm geschlossene 26 Rechtsgeschäft eingreifen durfte . Diesem Problem wird heute dadurch vorgebeugt, daß regelmäßig das Recht des Gläubigerstaates oder eines dritten Staates auf den Vertrag für anwendbar verein27 bart wird . Auf die Verträge, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau

mit

Entwicklungsländern

über

Kapitalhilfekredite

ab-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) nung. 26

Vgl. zu dieser Diskussion O'Connell, 2, 2. Aufl. 1970, S. 984 f f . , 988 f .

International Law, Bd.

27

Vgl. nur Gruson, Controlling Choice of Law, in: Gruson/Reisner (Hrsg.), Sovereign Lending: Managing Legal Risk, 1984, S. 51 f f .

24

Josef Brink

28 schließt,

ist das deutsche Recht

Beurteilung richtet.

von

anwendbar,

Leistungsstörungen

in

bezug

auf

die

Tilgung

ausführlich überprüfen zu wollen, nach

deutschem

nicht

als

nach den

Recht

die

Instituten

grundlage,

des

wäre

auf

französischen

(force

Wahl des

odes

des

einzelne

majeure)

deutschen

der

United

States

wird aber die souveräne

und

etwa dem der

auch Nicht-

Wegfalls-der-Geschäfts-

im

abzustellen,

Gleiches

gälte

anglo-amerikanischen

Recht. für Kreditverträge

der KfW

Rechts für gleichgelagerte for

International

Ver29 Development

Einwirkung von Schuldnerstaaten auf

Vertragserfüllung

nicht v ö l l i g

Territorial-

Währungshoheit

und

Staates

Denn

Schuldverhältnis

Rechts

Agency

eines

würde.

Gesamtschuldenbelastung.

oder die Wahl des amerikanischen träge

Notlage

Rechts,

(frustration, commercial impractability) Durch die

Entwick-

kann versagt werden, daß auch

deutschen

das

die

Privatrecht

Kapitalhilfekredites

durchgreifen

Unmöglichkeit

die summierte

eines

wirtschaftliche

Rechtfertigungsgrund

zu-vertretenden

im

so daß sich

deutschem

Ohne die Nichterfüllung oder den Verzug eines

lungslandes

nicht auf

nach

ausgeschlossen. kann

der

die

Im Rahmen

seiner

Schuldnerstaat,

ohne

sich dadurch f r e i l i c h seiner Verpflichtungen entledigen zu können, zumindest

auf

den

Teil

der

Erfüllungsvorgänge 30 die in seinem eigenen Staatsgebiet stattfinden ,

Einfluß d.h.

nehmen,

diese Zah-

lungsvorgänge seinen eigenen devisenrechtlichen Vorschriften mit unter Umständen erheblichen unterwerfen.

zahlungsrestringierenden

Für die Beurteilung

lungsrestriktionen

bei

der

solcher devisenrechtlichen

Zahlung

auf

gleiche wie für Zahlungsrestriktionen das Problem ihrer völkerrechtlichen

Wirkungen

Kreditverträge

im Handelsverkehr,

gilt

Zahdas

so daß

Zulässigkeit sogleich in deren

28

S.o. die Angaben in Fn. 7.

29

V g l . Folz (Fn. 15), S. 362.

30

Dies ergibt sich aus seiner Gebietshoheit. S. auch Hann (Fn. 19), S. 559; v g l . auch den Schiedsspruch im Carnevaro-Fall im Jahre 1912, in: RIAA, Bd. 11, S. 397. Ferner Mann, Monetary Law, International, i n : Bernhardt (Fn. 15), S. 396, 403.

25

Rechtliche Probleme der Verschuldung

Zusammenhang

im einzelnen

aufgegriffen werden

wohnheitsrechtlich bildet jedenfalls, den,

soll.

Völkerge-

soviel sei schon gesagt wor-

das noch immer anerkannte Verbot willkürlicher 31 Entschädigung ihre Grenze . Völkerrechtliche

ohne

gungsgründe,

die

sich aus der

reinen

Überschuldung selber ergeben könnten, Diskussion

möglicher

Tatsache stehen,

Rechtfertigungsgründe

Enteignung Rechtferti-

der

summierten

wie oben bei der

für

den

völkerrechtlichen Vertrages gezeigt werden konnte,

Bruch

eines

nicht zur Ver-

fügung. Neben

den

klassischen

rechtmäßiges

staatliches

schläge gemacht worden, ihren odiösen,

Rechtfertigungsgründen Handeln

sind

in

für

der

an

letzten

sich

un-

Zeit

Vor-

in bezug auf einzelne Schuldverhältnisse

d.h.

sittenwidrigen Charakter als weiteren Recht32 fertigungsgrund zu berücksichtigen . Uber die Fälle der Staatensukzession hinaus soll danach die Argumentationsfigur der odiösen Schulden auf den.

das Phänomen

Staatlich

schlechthin keiten

für

haften.

der Regimenachfolge ausgedehnt

organisierte alle Die

Rechtspersönlichkeit

in an von

ihrem das

Gesellschaften

sollen

Namen eingegangenen geltende

Staaten

Konzept

der

anknüpfende Haftung

nicht

wermehr

Verbindlichsouveränen soll

durch

31

Das Entschädigungsgebot im Enteignungs- und Nationalisierungsfall hat, wenn auch die Höhe der Entschädigungszahlung nach völkergewohnheitsrechtlichen Grundsätzen umstritten ist, die nach der Dekolonisation einsetzenden Umformungsprozesse überstanden. Vgl. Stemberg, Die Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten, 1983, S. 94 f f . ; Grämlich, Rechtsgestalt, Regelungstypen und Rechtsschutz bei grenzüberschreitenden Investitionen, 1984, S. 218 m.w.Nachw. (Fn. 54); auch Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985; ders., Expropriation and Nationalization, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 214 f f .

32

Vgl. Frankenberg/Knieper (Fn. 20), S. 575 f f . ; Knieper, Transfer de techniques juridiques aux questions de l'endettement des pays du tiers monde, Revue Tiers Monde, tome XXV, no. 99, 1984, S. 669 f f . ; ders., Transfer juristischer Techniken in die Diskussion um die Verschuldung der Dritten Welt, Kritische Justiz, 1985, S. 448 f f . ; dazu auch mit Bedenken Folz (Fn. 15), S. 484, 486; ablehnend Hahn (Fn. 8 ) , S. 367 ff.

Josef Brink

26

andere Haftungskriterien ersetzt werden. soll sein,

Neues Haftungskriterium

ob die von den Repräsentanten des Staates eingegange-

nen Verpflichtungen wirklich im vernünftigen Interesse der Bevölkerung waren oder nicht.

Ein neues staatliches Regime soll die

Zahlung von Verbindlichkeiten,

die ein früheres,

korrupteres Regime eingegangen ist, nen dürfen,

daß es sich um odiöse, weil gegen die Interessen des

Volkes eingegangene Verpflichtungen handelte. Vorschlag ist zunächst anzumerken, blem der

Staatenverantwortlichkeit

zurückfällt, stimmten

möglicherweise

mit der Rechtfertigung ablehKritisch zu diesem

daß er in bezug auf das Prohinter

das

historische

das mit der Anerkennung des Prinzips der

staatlichen

Organisation

aller

Völker

Niveau

selbstbe-

gewonnen

wurde.

Dieses ursprünglich europäische Konzept der Staatlichkeit von Gesellschaften hat sich mit der Dekolonisationsbewegung "weltgesell33 schaftlich" durchgesetzt . An die abstrakte Rechtspersönlichkeit der Staaten,

eine zivilisatorische

Errungenschaft im Hinblick auf

den Schutz kleiner und schwacher Gesellschaften, völkerrechtliche Staatshaftungsprinzip an.

knüpft auch das

Nach der Regimeschul-

den-Theorie wären es wieder Herrscher und Regime,

nicht Staaten,

die Verantwortung tragen. Als generelle Maxime würde die Regimeschuldentheorie etwa

die

Unrechtshaftung

der

Bundesrepublik

Nachfolgerin des (Nazi-)Reiches entfallen lassen. lungsländer

beschränktes

Konzept

würde

in

das

als

Als auf EntwickVölkerrecht

ein

Minderjährigenstatus implantiert. Wohl deshalb geht die Staaten34 praxis auch andere Wege . Wichtiger ist aber der Einwand, daß 33

Vgl. nur Fisch (Fn. 2 ) , S. 93 f f . ; Ginther, Die "Dritte" Welt und das Völkerrecht, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Fn. 23), S. 29 f f . , 38 f . ; Rudolf, Neue Staaten und Völkerrecht, Archiv des Völkerrechts 17, 1977/78, S. 1 f f .

34

Die Fälle Sowjetunion und Volksrepublik China im Hinblick auf die Situation des Zaren- bzw. Kaiserreiches sind singulär geblieben, das Regimeschuldargument nie anerkannt worden. Vgl. neuerdings die Entscheidung des US District Court Jackson v . People's Republic of China, 550 FGupp 869 (1983), abgedruckt in International Legal Materials 1983, S. 75, 77. Anders liegt der Fall, wenn Kredite nicht vom Staat, sondern von Herrschern/Regierungsmitgliedern persönlich aufgenommen wurden oder diesen im Zeitpunkt der Kreditaufnahme die Ver(Fortsetzung Fußnote)

27

Rechtliche Probleme der Verschuldung

dieser

Vorschlag

zur

beizutragen vermag. nommener

Kredite

Entlastung

der

Entwicklungsländer

wenig

Die Frage, ob eine Verwendung extern aufgeim

Interesse

des

Entwicklungsprozesses

liegt

oder nicht, ist schon bei gebundenen Krediten schwer zu entscheiden,

ein Beweis der schuldhaften Verstrickung des Kreditgläubi-

gers nur schwer zu erbringen.

Dennoch ist

der

Rechtfertigungs-

grund der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts jedenfalls bei diesen gebundenen, rechtlich

unter

d.h.

auf Projekte bezogenen Krediten völker-

dem Gesichtspunkt

des

Einwandes

der

Billigkeit

und der unzulässigen Rechtsausübung immerhin dem Grunde nach 35 vertretbar . Für einen Großteil der summierten Entwicklungsländerschulden, nicht

nämlich

zweckgebunden

dagegen aus.

die abstrakten

Kredite,

gegeben wurden,

die

scheidet

von Banken

dieses

Argument

Die Kreditvergabe steht hier mit der Mittelverwen-

dung nicht im Zusammenhang. Vorläufig kann festgehalten werden,

daß Entwicklungsländer sich

nach

Ausübung

geltendem

und regelmäßig

Recht

weder

auch nicht

durch

souveräner

Rechte

durch Geltendmachung von Rechtferti-

gungsgründen der Verpflichtung zur Zahlung ihrer

privatrechtlich

begründeten Verbindlichkeiten entziehen könnten. 3.

Einwirkung auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr

Eine Option, die von Entwicklungsstaaten, aber nicht nur solchen, im Falle der staatlichen Solvenzkrise häufig gewählt wird, ist die Devisenbewirtschaftung

im

Wege

staatlicher

Zentralisierung

des

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) tretungsbefugnis ermangelte. 35

Sedes materiae der allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätze der Billigkeit und der aus Unbilligkeit folgenden unzulässigen Rechtsausübung ist Art. 38 Abs. l c des IGH-Status. Vgl. Verdross/Simma (Fn. 22), S. 281, 414; Rotter, Die allgemeinen Rechtsgrundsätze, in: Neuhold/Hummer/Schreuer (Fn. 23), S. 84 f f . , 87; im deutschen Recht entsprechend § 242 BGB, im US-Recht die clean hands-Doktrin. Wie hier auch Knieper (Fn. 32), S. 450 f . ; mit Regimenachfolge hat diese Fallkonstellation aber nichts gemein.

28

Josef Brink

wobei Zahlungsverbote, Zahlungsmoratorien,

Zahlungsverkehrs,

Nichtkonvertierung und der Nichttransfer von Zahlungen der Währung, bestimmte

aber auch die Manipulation der Währungskurse für

Rechtsgeschäfte

nahmen zählen. treffen die

die

in frem-

zu den

Erfüllungshandlungen

rungskredite,

am häufigsten

gewählten

Maß-

Diese Maßnahmen der Devisenbewirtschaftung vor

den Handelsimport.

allem aber

auf

privatrechtliche

be-

Fremdwäh-

den gesamten Zahlungsverkehr für

Völkergewohnheitsrechtlich ist jeder

Staat zu

solchen Maßnahmen berechtigt,

wenn er auch gewisse Grenzen zu

beachten

ist

hat.

Im Völkerrecht

rungspolitischen

Souveränität

ein

weiter Bereich der wäh36 anerkannt , der nicht nur das

Recht jedes Staates umfaßt, "selbst seine Zahlungsmittel zu be37 stimmen" , sondern auch das Recht, restriktiv auf den Verkehr der

einheimischen 38

wirken

.

Währung

Manipulationen

steuerrechtliche und

selbst

vorübergehende

befindlicher staatlicher

Blockieren

ausländischer

anderen

des

Modifikationen

Einfrieren die

mit

Kurses bei

Währungsgebieten der

heimischen

Zahlungen

ausländischer

in

einzu-

Währung,

Devisen,

das

Devisenguthaben

und

Indienstnahme

im 39 eigenen Territorium Zahlungsmittel zur Befriedigung

Zahlungserfordernisse

politischen Souveränität umfaßt.

sind von

der weiten währungs-

Völkergewohnheitsrechtlich ist ein

36

Vgl. Hann (Fn. 19), S. 465 f f . ; Shuster, The Public International Law of Money, 1973, S. 47 f f . ; Fawcett, General Course in Public International Law, Recueil des Cours 132, Bd. 1, 1971, S. 363 f f . ; 431 f f . m.w.Nachw.

37

Urt. des StIGH, ausgegeben in Sachen der brasilianischen Bundesanleihen, vom 12.7.1929, PCIJ, Series A, no. 21 (192S), deutsche Fassung in: Institut für Internationales Recht in Kiel (Fn. 18), S. 142 f .

38

Vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei Hann (Fn. 19), S. 467 ff.; insbes. auch die Entscheidungen der US Foreign Claims Settlement Commission in Claim of Tabar, International Law Reports 1953, S. 222, 242; Claim of Zuk, International Law Reports 1958, Bd. 2, S. 284, 286.

39

Vgl. Hahn, Fragen des Rechts der Auf- und Abwertung, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H 20, 1979, S. 26 f f . , 27; zur Staatenpraxis Hann (Fn. 19), S. 471; O'Connell (Fn. 26), S. 1015 f . ; Shuster (Fn. 36), S. 74 f .

29

Rechtliche Probleme der Verschuldung

einseitiges Transfermoratorium,

wie es Mexiko im Jahre 1982, aber 40 auch schon das Deutsche Reich im Jahre 1933 gewählt hat, ein Fall der legitimen Ausübung von Hoheitsrechten.

marken

der

währungspolitischen

Souveränität

Rechtliche Grenzsind

wiederum

im

Verbot der willkürlichen entschädigungslosen Enteignung zu sehen, so daß eine Entzug aller 41 denrechtes

Indienstnahme ausländischer Devisenguthaben unter Rechte eine Verletzung des völkerrechtlichen Fremdarstellen würde.

Darum geht es aber den verschul-

deten Entwicklungsländern auch nicht. Neben dieser völkergewohnheitsrechtlichen Grenzmarke für restriktive und manipulative Devisenpolitiken haben die betroffenen Entwicklungsländer aber, wenn sie Mitglieder des IWF-Übereinkom42 mens

sind,

auch

völkervertragsrechtliche Grenzen

rungssouveränität zu beachten. Art.

VIII

wichtige Verbotstatbestände

auf grenzüberschreitende Zahlungen, nierender Währungsregelungen,

ihrer

Wäh-

Das IWF-Übereinkommen enthält in für

staatliches

Einwirken

nämlich das Verbot diskrimi-

das Verbot multipler,

d.h. mani-

pulierter Währungskurse und, wohl am bedeutsamsten, das Verbot von Beschränkungen des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs 43 . Letzteres Verbot untersagt alle staatlichen Einwirkungen 40

Gesetz über Zahlungsverbindlichkeiten mit dem Ausland vom 9.6.1933, RGBl. I , 349 (Konversionskassengesetz); v g l . a l l g e mein auch Ballreich, Auslandsschulden, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. I , S. 110 f f . , 114; Riedel, Moratorium, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 409 f f .

41

Das Völkerrecht schützt die Substanz der Eigentumsrechte, nicht vertragliche Obligationen. Vgl. auch llann (Fn. 19), S. 474; wohl a.A. Seidl-Hohenveldern, Aliens, Property, in: Bernhardt (Fn. 15), S. 20 f f . zum Fall de creeping nationalization.

42

Fast alle Entwicklungsländer sind Mitgliedstaaten; Übersicht im IMF, Annual Report on Exchange 1984, V I I .

43

Vgl. Silard, Money and Foreign Exchange, in: International Encyclopedia of Comparative Law, State and Economy, vol. XVII, Chapter 20, 1975; ders., Exchange Controls and External Indebtness: Are the Bretton Woods Concepts still workabel? Houston Journal of International Law 7, 1984, S. (Fortsetzung Fußnote)

vgl. die Restictions

30

Josef Brink

auf Zahlungen, hindern

die die Erfüllung von Forderungen verzögern, be-

oder verhindern,

Zahlungsverbote, die

Nichtkonvertierung 44 .

der

in bezug

auch

Forderungen

auf

Zahlungen

Völkervertragsrechtlich

wären

ihrer

danach

stoßen Entwicklungslän-

auf Zahlungsverpflichtungen

Grenzen

eintritt.

Transferrückstellungen und

einheimischer

vertragswidrig also

so daß eine Verzugssituation

Zahlungsmoratorien,

währungspolitischen

für private Souveränität.

In der Praxis muß man freilich feststellen, daß die meisten - und nicht nur die überschuldeten - Entwicklungsländer sich restrikti45 ver Devisenbewirtschaftungsmaßnahmen bedienen . Für sog. Altrestriktionen,

d.h.

solche Devisenregelungen,

die schon vor ihrem

Beitritt zum Übereinkommen von Bretton Woods bestanden, sie sich

insofern auf

Art.

XIV des IWF-Übereinkommens

können stützen,

der übergangsweise Ausnahmen vom Verbot der Restriktion zuläßt. Restriktive

Eingriffe

sind

auch

dann 46 zulässig, wenn der Wäh. Im Rahmen seiner ka-

rungsfonds seine Zustimmung erteilt hat

talysatorischen Praxis gegenüber dem Problem der

Staatsverschul-

dung, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann, spricht der Fonds häufig befristete Zustimmungen zu vorübergehenden Zahlungsrestriktionen 47 aus. Freilich wird, um zusammenzufassen, (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 53 f f . , 61 f f . ; Aufricht, Exchange Restrictions under the Fund Agreeement, Journal of World Trade Law, 1968, S. 297 f f . , 300 f . ; Fawcett, Trade an Finance in International Law, Recueil des Cours 123, Bd. 1, 1968, S. 215 f f . , 282 f f . 44

Dies gilt nur für laufende Zahlungen nach Art. V I I I 2, 3 i.V.m. Art. XXX ( d ) des IMF-Statuts, nicht für Kapitaltransfers, zu denen auch übermäßige Tilgungszahlungen auf einzelne Großkredite gehören können gem. Art. VI Abschn. 3 i.V.m. Art XXX ( d ) Z i f f . 3 des IWF-Statuts.

45

Vgl. IMF, Annual Report 1984, 1985, S. 522 f f .

46

Art. V I I I Abschn. 2 ( a ) , 3 des IWF-Statuts; v g l . Stratmann, Der internationale Währungsfonds, seine Aufgaben und Lenkungsbefugnisse, 1972, S. 155; Shuster (Fn. 36), S. 155; dazu IMF Executive Bord Decision No. 1034 (60/27 vom 1.6. 1960.

47

So im Falle der mexikanischen Devisenrestriktionen im Jahre (Fortsetzung Fußnote)

S.

580 f f . ;

Annual Report

Rechtliche Probleme der Verschuldung

auch auf

die den

Option der

vorübergehenden nen. le,

restriktiven

grenzüberschreitenden Zahlungs-

und

manipulativen

Zahlungsverkehr

und

31

Einwirkung

letztlich

Transferaufschüben

nur

führen

Eine Lösung des Verschuldungsproblems ist durch

zu

kön-

unilatera-

souveräne Maßnahmen nicht zu e r r e i c h e n . Dies g i l t schon we-

gen der v ö l k e r v e r t r a g s r e c h t l i c h e n und

völkergewohnheitsrechtlichen

Grenzen der Souveränität der betroffenen S t a a t e n . so mehr f ü r die w i r t s c h a f t l i c h e Basis, veränität, muß.

Es gilt aber um

auf die die politische Sou-

wenn sie in p r a x i e f f e k t i v sein soll,

immer a u f b a u e n

Ein s o u v e r ä n e r Autismus der S c h u l d n e r s t a a t e n ,

wirtschaftlicher

Abbruch

der

s c h a f t s - und Weltfinanzsystem,

Verbindungen

mit

dem

d.h.

Weltwirt-

h ä t t e f ü r die meisten dieser S t a a -

ten innenpolitisch k a t a s t r o p h a l e Folgen.

Entwicklungsländer,

wohl

teilweise

in

sind

heute

netzt.

erst

seit

überwiegend

ein

dreißig

Jahren

irreversibel

der

mit der

ob-

Unabhängigkeit,

Weltwirtschaft

ver-

Eine Rückkehr in I d y l l e von Stammes- oder reinen A g r a r g e -

sellschaften ist, zeigt h a t ,

wie d a s Kampuchea-Projekt der Roten Khmer g e -

ohne Selbstdestruktion nicht mehr möglich. Der oft b e -

schworene Schuldnerstreik

mit der sich anschließenden

lichen Isolation müßte nicht n u r an r e c h t l i c h e n , auch an w i r t s c h a f t l i c h e n Abhängigkeiten

wirtschaft-

sondern g e r a d e

scheitern.

Die rechtlichen und w i r t s c h a f t l i c h e n Grenzen,

die einseitigen Maß-

nahmen der Entwicklungsländer zur Befreiung und auch Entlastung von Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g e n

gesetzt s i n d ,

G l ä u b i g e r s t a a t e n a b e r die Chancen, ren,

nicht wachsen.

lassen auf Seiten der

i h r e Forderungen zu r e a l i s i e -

Auch die G l ä u b i g e r s t a a t e n befinden sich in

(Fortsetzung Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) 1982; v g l . die Feststellung im US Court of Appeals for the 5th Circuit Decision in Callejo v . Bancomer, S.A., July 8, 1985, i n : I n t e r n a t i o n a l Legal Materials, 1985, S. 1050, 1059. Daneben sind Zustimmungen aus politischen Gründen (Krieg, Sanktionen) möglich; vgl. IMF Bord Decision No. 144 (52/51) vom 4.8.1952; dazu Obeyesekere, I n t e r n a t i o n a l Economic Cooperation through I n t e r n a t i o n a l Law: The IMF Agreement and the Recognition of Foreign Exchange Control Regulat i o n s , German Yearbook of I n t e r n a t i o n a l Law, 1984, S. 142 f f . , 177 f .

32

Josef Brink

einem Dilemma. Vorübergehende Devisenkontrollmaßnahmen, die zum Verzug von Zahlungen führen können, sind oft völkerrechtlich zulässig und müssen von den Gläubigerstaaten hingenommen werden. Sie können kaum verhindern, daß ihre Haushalte wegen der übernommenen Bürgschaften und Garantien für den Außenhandel zunächst belastet werden^®. Soweit das Devisenbewirtschaftungsrecht der Entwicklungsländer völkerrechtlich zulässig ist, sind sie nach Art. VIII Abschn. 2 (b) des Übereinkommens von Bretton Woods sogar gehalten, Klagen auf Erfüllung von Forderungen 49 nicht zuzulassen . Denn aus Devisenkontrakten, wie es dem IWFÜbereinkommen zu entnehmen ist, "welche Währung eines Mitglieds berühren und den von diesem Mitglied in Übereinstimmung mit diesem Abkommen aufrechterhaltenen oder eingeführten Devisenkontrollbestimmungen zuwiderlaufen, darf in den Hoheitsgebieten der Mitglieder nicht geklagt werden". Auch ihre bilateralen Investitionsförderungsverträge mit Entwicklungsländern, von denen die Bundesrepublik etwa fünfzig abschließen konnte, enthalten in der Regel nicht einen so weitgehenden Schutz, daß dadurch Devisenbewirtschaftungen ausgeschlossen wären®®. Bedeutsamer als diese 48

Private ausländische Handelsschuldner können sich wegen der Devisenbewirtschaftungsmaßnahmen ihres Staates auf die nicht zu vertretende Unmöglichkeit der Erfüllung berufen, so daß die Forderung nicht durchsetzbar ist. Nach sechsmonatigem Zahlungsverzug spätestens muß der Bund entschädigen; vgl. Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. X, Rn. 77 ff.

49

Vgl. Böse, Der Einfluß zwingenden Rechts auf internationale Anleihen, 1963, S. 109 f f . ; Jaenicke, Zur Frage des internationalen Ordre Public, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H 7, 1967, S. 77 f f . ; Obeyesekere (Fn. 47), S. 179.

50

Die Standards der Investitionsförderungsverträge sind unterschiedlich. In Zusatzprotokollen werden Transferrückstellungen bei Devisenknappheit oft zugelassen; v g l . etwa Ziff. 5 des Protokolls zum Investitionsförderungsvertrag der Bundesrepublik mit der VR Benin vom 20.12.1984, BGBl. 1985, II, S. 2 f f . , 8; vgl. auch Köpernik, Instrumentarien des Bundes zur Förderung privater Direktinvestitionen in Entwicklungsländern, RIW 1979, S. 669 f f . , 671; allgemein Frick, Bilateraler Investitionsschutz in Entwicklungsländern. Ein Vergleich der Vertragssysteme der Vereinigten Staaten von Amerika und der (Fortsetzung Fußnote)

33

Rechtliche Probleme der Verschuldung

Gründe für die Schwierigkeiten auf Gläubigerseite, realisieren, war nicht

immer so.

kriegerische

Forderungen zu

sind die begrenzten Vollstreckungsmöglichkeiten. Die Völkerrechtsgeschichte

Maßnahmen zur

aufgezwungene

kennt

Das

durchaus

Schuldenbeitreibung

Schuldenverwaltungen

durch

und mit Gewalt 51 Gläubigerstaaten .

Heute untersagt das völkerrechtliche Gewaltverbot,

eine der völ-

kerrechtlichen Grundpflichten der modernen Völkerrechtsordnung nach Art. 2 Ziff. 4 der UN-Charta, alle gewaltsamen Vollstrek52 kungsversuche . Was den Gläubigerstaaten als Option zur Verfügung

steht,

ist

der indirekte

Druck durch

die

Nichtgewährung

neuer Kredite. Zwar werden Guthaben von Schuldnerstaaten, die im Ausland gelegen sind, heute nur noch begrenzt als immun an53 gesehen , so daß in Bankguthaben außerhalb des Schuldnerstaates u.U.

vollstreckt werden könnte. Dagegen wissen sich aber die

Schuldnerstaaten,

z.B.

durch Repariierung ihres Auslandsvermö-

gens, durchaus zu schützen. Schließlich wäre auch ein völliger Abbruch der Beziehungen

des

Gläubigerstaates zu Schuldnerstaaten nicht im Interesse ihrer gewachsenen wirtschaftlichen Strukturen.

So, wie Entwicklungsländer

häufig importabhängig sind, hängen Gläubigerstaaten (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 103 ff.

wie

die

51

Z.B. die Blockade der venezuelanischen Häfen durch b r i t i sche, deutsche und italienische Kriegsschiffe im Jahre 1902; v g l . Borchard (Fn. 3 ) , Bd. 1, S. 147; zu den internationalen Schuldenverwaltungen Folz (Fn. 15), S. 488 f f . m.w.Nachw.

52

Vgl. nur Bothe, Das Gewaltverbot im allgemeinen, in: Schaumann (Hrsg.), Völkerrechtliches Gewaltverbot und Friedenssicherung, 1971, S. 11 ff.

53

Vgl. allgemein Stein, Immunität, in: Seidl-Hohenveldern (Hrsg.), Lexikon des Rechts, Völkerrecht, 1985, S. 120; ders., Zur Immunität fremder Staaten und ihrer im Ausland unterhaltenen Bankkonten, IPrax 4, 1984, S. 179 f f . ; Grämlich, Staatliche Immunität für Zentralbanken? RabelsZ 1981, S. 66 f f . ; eine bedeutende Rolle spielen die vertraglichen Immunitätsverzichtsabreden in Kreditverträgen. Vgl. auch BVerfGE 64, 1, 12 f f . ; eine Vollstreckung in Zentralbankguthaben ist zulässig, wenn die Vermögenswerte nicht im Kern hoheitlicher Tätigkeit dienen.

34

Josef Brink

Bundesrepublik und Japan vom Export von Gütern ab. portmärkte können auf Jahrzehnte ausfallen, ten

durch

Abbruch

den Ruin treiben.

der

Wirtschaftsbeziehungen

Dies sollte genügen,

Solche Ex-

wenn Gläubigerstaaihre Schuldner

in

um deutlich zu machen,

daß beide Seiten von der Krise betroffen und in ein Dilemma geraten sind. des einzelnen

Durch juristische Fallgestaltungen auf der Grundlage Schuldverhältnisses läßt

sich

dieses

Dilemma

nicht

auflösen.

IV.

Umschuldung: Ausweg aus der Krise?

Umschuldung ist die moderne Antwort auf das Dilemma, ne

systematische

gebracht haben. her

üblichen

Verschuldung

und

Schuldnerstaaten

Sie ist ohne Zweifel eine Alternative zu der frü-

gewaltsamen

einen und dem Erlaß der

Gläubiger-

in das e i -

anderen Seite.

auf

der

von Schulden durch den Gläubigerstaat

Durchsetzung

von Ansprüchen

auf

Gläubigerstaaten haben

allerdings

gegenüber

den sog.

am wenigsten entwickelten Schuldnerstaaten auch schon 54 von der Schuldenerlaßmöglichkeit Gebrauch gemacht . Gegenüber 55 der Umschuldung nomen.

ist der Erlaß von Schulden aber ein

Akteure der

Umschuldung

sind zunächst

Randphä-

Gläubiger- und

54

So die Bundesrepublik für einige der am wenigsten entwickelten Staaten; dazu v g l . Bericht des UNCTAD-Sekretariats UNTAD, Doc. TD/B/866.

55

Zum Begriff v g l . Carreau, Le réêchelonnement de la dette extérieure des Etats, Journal du Droit International, 1985, S. 5 f f . ; Horn, The Restructuring of International Loans and the International Debt Crises, International Business Lawyer, 1984, S. 400 f f . ; Umschuldung: was ist das? (Redaktionsbeit r a g ) , Finanzierung und Entwicklung, 1983, S. 28 f f . ; Keese, Legal Aspects of Multinational, Public Sector Debt Rescheduling, International Business Lawyer, 1980, S. 149 f f . ; auch Horn, Rechtsfragen internationaler Umschuldungen, Wertpapiermitteilungen, 1984, S. 713 f f . ; Foscaneanu, Endettement extérieur, renegotiation des dettes, contrôle du crédit transnational, Revue Générale de Droit International Public, 1985, S. 299 f f .

35

Rechtliche Probleme der Verschuldung

56 Schuldnerstaat verfahren,

,

aber, jedenfalls in den modernen Umschuldungs-

nicht mehr in bilateraler Konstellation, sondern in der

Konstellation eines Gläubigerclubs auf

der einen

und des einzel-

nen Schuldnerstaates auf der anderen Seite. 57 Wichtigstes Forum der Umschuldung ist der sog. Pariser Club , der seit 1956 unter französischem Vorsitz zahlreiche Umschuldungen

durchgeführt hat.

Auf

tritt

dann

Initiative

des

zusammen,

insolventen

wenn eine echte

oder unmittelbar bevorsteht, nerstaat

sich

rungsfonds

auf

Schuldnerstaates

regelmäßig

und, zuvor

Zahlungslücke

dieser

bereits

Club

besteht

was wichtiger ist, der Schuldmit

dem

ein

internationalen

Bereitschaftskreditabkommen 58 schaftliches Sanierungsprogramm geeinigt hat. informell in wechselnder Zusammensetzung.

und

Mexiko,

ein

Wähwirt-

Der Club berät heute Schuld-

56

Zu den Akteuren auch Zehetner, rechtlichen Umschuldungsrecht?, 1984, S. 212, 214 f f .

57

Vgl. nur Rieffei, The Paris Club 1978-83, Columbia Journal of Transnational Law, 1984, S. 83 f f . ; Camdessus, Governmental Creditors and the Role of the Paris Club, in: Suratgar ( H r s g . ) , Default and Rescheduling, 1984, S. 125 f f .

58

Vgl. zur umschuldungskatalysierenden Rolle des IWF Hahn, Third World Debt Crises and International Monetary Fund, Report to the Panel of Banking Law, World Peace Through Law Centers 12th Conference, 1985, S. 7 f f . ; Robichek, The International Monetary Fund: An Arbiter in the Debt Restructuring Process, Columbia Journal of Transnational Law, 1984, S. 143 f f . ; Mohammed, Die fallweise Lösung von Verschuldungsproblemen, Die Rolle des Fonds im Schuldenmanagement, Finanzierung und Entwicklung, 1985, S. 2 ff.; Newbury /Zehetner, Report by the Committee on International Law Association, International Monetary Law, Report of the 61th Conference, 1984, S. 154 f f . , 158 f f . ; zu den Hilfekonditionen des Fonds Jeker, Conditionality and Stand-By Credits of the International Monetary Fund and the Less-Developed Countries, Außenwirtschaft 1980, S. 34 f f . ; Horn, Internationale Schuldenkrise und Ansätze ihrer Bewältigung, in: Festschrift für Werner, 1984, S. 357 f f . , 364 f f . ; Gold, Financial Assistance by the International Monetary Fund, Law and Practice, 2nd Ed. 1980. Krit. zur Rolle des Fonds u.a. Knieper, Zurichtung nationaler Politik durch internationales Recht? - Die Bereitschaftskreditabkommen des Internationalen Währungsfonds, Krit. Justiz 1979, S. 270 f f . ; ders. mit Frankenberg (Fn. 20).

Ansätze zu einem völkerÖsterreichisches BankArch,

36

Josef Brink

nerstaat,

saß beispielsweise auch schon auf der Bank der Gläubi59 gerstaaten . Die Beratungen des Clubs betreffen eine Einigung über die Forderungen, die überhaupt von der Umschuldung erfaßt werden sollen, eine Einigung über den Zeitpunkt, ab dem, und über den Zeitraum, für den umgeschuldet werden soll, ferner eine Einigung über den Zeitraum, für den der Schuldnerstaat seine Tilgungs- und Zinszahlungen aussetzen darf und schließlich eine Einigung über den Zeitraum, in dem die Schulden dann zusammen fiO mit den Zinsen zurückgezahlt werden sollen . All dies macht deutlich, daß die Technik der Umschuldung auf der Zeitachse angesiedelt ist, d.h. durch Zeitgewinn die akute Insolvenz des Schuldners verhindern oder überwinden helfen soll. Umschuldungsvereinbarungen verschieben die Erfüllung der Schuld in die Zukunft. Dem Schuldnerstaat wird für Handelsforderungen ein Transferaufschub, für Staatsschulden oder staatlich garantierte Schulden ein Zahlungsaufschub ermöglicht. Teilweise, dies gilt für die Kapitalhilfekreditschulden, wird eine Renovation der gesamten Altverträge vereinbart. Mit der Umschuldung wird teilweise der in Verzug geratende Teil der Tilgungen und Zinslasten einschließlich 61 der durch den Zahlungsaufschub ausfallenden Teile refinanziert All dies wird freilich im Pariser Club nur vereinbart, nicht vom Club selber durchgeführt. Daß überhaupt multilateral verhandelt wird, dient u.U. weniger dem Schutz der Schuldnerstaaten als dem Schutz der Gläubigerinteressen untereinander. Die Gläubigerstaaten sind daran interessiert, bei erfolgenden Zahlungen des Schuldnerstaates gleich behandelt zu werden. Dazu werden multilateral gleiche Konditionen für alle Gläubigerstaaten ausgehandelt. Ver59

Regelmäßig sitzen auf der Gläubigerbank aber die Vertreter der wichtigsten Industriestaaten; so waren z.B. bis Ende 1984 Frankreich und USA an 54, Bundesrepublik und Britannien an 53, Italien an 51, Japan und die Schweiz an 42 Umschuldungsverhandlungen des Clubs beteiligt.

60

Vgl. zu diesen Variablen i . e . Rieffei (Fn. 57), S. 99 ff.

61

Die Refinanzierungsvariante wird von der Bundesrepublik nicht gewählt; v g l . Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. X Rn. 104.

Rechtliche Probleme der Verschuldung

37

hindert werden soll, daß importpolitisch oder außenpolitisch für den Schuldnerstaat besonders wichtige Gläubigerstaaten befriedigt, unbedeutende oder weniger bedeutende Gläubigerstaaten dagegen leer ausgehen. Auf die Einzelheiten der technischen Lösungen für dieses Problem kann hier nicht weiter eingegangen werden. Festzuhalten bleibt nur, daß Umschuldungen keine altruistischen Maßnahmen sind, sondern interessengeleitete Problemlösungsversuche. Die Ergebnisse des Pariser Clubs führen nicht zu einem multilateralen Umschuldungsabkommen. Sie tragen zunächst nicht mehr als den Charakter

einer

informellen

Umschuldungsvereinbarung

62

ohne

vertragsrechtliche Verpflichtungen . Solche Verpflichtungen werden erst durch zahlreiche bilaterale Umschuldungsabkommen geschaffen, die in der Form von Regierungsabkommen zwischen den einzelnen Gläubigerstaaten und dem Schuldnerstaat auf der 63 Basis

der Club-Vereinbarungen verbindlich abgeschlossen werden . Allerdings, und das unterstreicht die Bedeutung des Pariser Clubs, nehmen die bilateralen Regierungsabkommen teilweise direkt auf die Vereinbarungen des Pariser Clubs Bezug und inkorporieren sie in den Vertrag. Der materielle Schwerpunkt der Umschuldungsmechanismen liegt daher, wiewohl es sich dabei um die eigentlich rechtlich bedeutsame Ebene handelt, nicht bei den bilateralen Umschuldungsabkommen, sondern bei den informellen multilateralen Umschuldungsvereinbarungen des Pariser Clubs. Mögen die Mittel der Umschuldungsdurchführung auch bilaterale völkerrechtliche 62

Die Agreed Minutes des Clubs sind als Empfehlungen formuliert, doch entspricht dies nicht völlig ihrem Stellenwert. Als Ergebnisse internationaler Verhandlung begründen sie zwar keine rechtliche, wohl aber tatsächliche (politische) Verhaltenserwartungen, d . h . sog. soft law. Vgl. dazu Bothe, Legal und Non-legal Norms - A meaningful Distinction in International Relations?, Netherlands Yearbook of International Law, 1982, S. 64 f f . , 92 f.

63

Die bilateralen Umschuldungsabkommen heben die bis dahin privatrechtlich begründeten Schuldbeziehungen auf eine völkerrechtliche Ebene. In bezug auf die Handelsforderungen stellen sie eine besondere Form von Clearing-Agreements d a r . Vgl. dazu Schnitzer, Schulden- und Clearing-Abkommen, in: Strupp/Schlochauer (Fn. 3), Bd. I, S. 214 ff.

Josef Brink

38

Verträge sein,

so stellt

Substanz den Versuch dar, sung

des

die moderne Umschuldung doch in ihrer eine multilaterale und integrierte Lö-

Verschuldungsproblems

unter

Beteiligung

aller

Akteure

zu erreichen. Dieses

Umschuldungsverfahren

ist aber

nur ein

Forderungen und,

Schritt

für

in die

zwischenstaatliche richtige

was wichtiger ist,

Richtung.

wie der Weltbank und der

nalen

bleiben

nommen,

Kurzfristige

Forderungen von internatio-

nalen Finanzorganisationen Entwicklungsagentur

Forderungen

von

der

Internatio-

Umschuldung

ausge-

obwohl die Kredite dieser Institutionen im Grundsatz kei-

nen anderen Charakter tragen als die Finanzhilfekredite der einzelnen Gläubigerstaaten.

Zudem ist dieses multilaterale

Umschul-

dungsverfahren noch nicht hinreichend institutionalisiert. Die Tatsache,

daß beginnend ab dem Jahre 1956 und verstärkt

ab 1980

regelmäßig umgeschuldet wird,

die Tatsache auch, daß Gläubiger-

staaten

internationaler

sich

in

Resolutionen

Organisationen

wie

der UNCTAD auf die Durchführung von Umschuldungen verpflichtet 64 , läßt es zwar zu, von einem embryonalen völkerrechtli-

haben 64

Resolutionen der Vereinten Nationen und ihrer Neben- und Unterorganisationen haben regelmäßig keine rechtliche Bindungswirkung. Auch die UNCTAD hat keine Legislativbefugnisse, v g l . nur die Gründungsresolution GA.Res. 1995 ( X I X ) ; zur politischen Bindungswirkung v g l . das Sondervotum Lauterpacht zum Südwest-Afrika-Gutachten des IGH, ICJ Report 1955, S. 118 f f . ; Resolutionen haben aber dann Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten, wenn sie im Konsens aller Staaten beschlossen werden und die UN-Charta authentisch interpretieren; vgl. ICJ Report 1971, S. 31; ICJ Report 1975, S. 32 zu authentischen Interpretationen des Art. 73 der Charta. Die konsentierten UNCTAD-Resolutionen Res. 165 (S-IX), Trade and Development Board Official Records, 9th Special Session, Res. and Dec., 3rd Part, Suppl. no. 1, S. 1 f f . ; und Res. 222 (XXI), TDBOR 21st Session, 1980, Res. and Dec., Suppl. 1 (TD/B, 830) konkretisieren das Kooperationsgebot der Charta. Sie stellen ein Element zur Fortbildung des kooperativen Völkerrechts dar, das auch in die Praxis des Pariser Clubs eingegangen ist. Vgl. dazu den Hinweis auf das vertrauliche Club-Selbstverständigungspapier "Special Session of Creditor Countries: Agreed and Confidential Chairman's Summary, Paris Club Sekretariat, April 2,1979" und seine Verbindung zur UNCTAD-Resolutionspraxis bei Keese (Fn. 55), S. 150 f . ; f e r ner Zehetner (Fn. 56), S. 217.

Rechtliche Probleme der Verschuldung

39

65 chen Umschuldungsrecht schuldungsrecht Seiten

schuldungswünsche dung.

aber

beinhaltet

betroffener

einzutreten.

zu sprechen.

lediglich

Gläubigerstaaten, zu prüfen

Dieses internationale Um-

und

die

an in

Verpflichtung

auf

sie herangetragene

Um-

Umschuldungsverhandlungen

Es präjudiziert damit keine Ergebnisse der Umschul-

Es handelt sich um eine spezifische Ausprägung des a l l g e -

meinen völkerrechtlichen Kooperationsgebots nach Art. Satzung der Vereinten Nationen.

55,

56 der

Dadurch a b e r , daß ein bestimmtes

Umschuldungsverfaren bisher rechtlich nicht institutionalisiert dadurch auch, gebnis Einfluß

66

Rede sein kann unter

dem

gleichs,

ist,

daß von konsentierten, auf das Umschuldungsernehmenden Prinzipien der Umschuldung kaum die , steht das internationale Umschuldungsrecht weit

Niveau

der

Differenziertheit

und

des

Interessenaus-

wie man es im Vergleichsrecht der einzelnen Staaten vor-

findet. Auch materiell

t r ä g t die

Umschuldung nur

Bewältigung des Verschuldungsproblems b e i , tisch

Unmögliches

in

eine

ungewisse

auf der

Zeitachse

Zukunft

transferiert.

Gründe der Verschuldung bleiben außerhalb ihres Horizontes. Problem innerer,

insbesondere ländlicher Entwicklung,

blem der Importabhängigkeit

von Entwicklungsländern,

blem des Nettokapitalbedarfs dieser Staaten, stiger Gesundung,

das

Die Das Pro-

das Pro-

die Probleme l a n g f r i -

die alle mit der Verschuldungskrise in engstem

Zusammenhang stehen, nicht gelöst.

zur

indem sie heute f a k -

werden durch

Umschuldungsvereinbarungen

Gerade weil Umschuldung Probleme auf der Zeitachse

65

Vgl. Zehetner (Fn. 56), S. 217; vorsichtiger wohl Hahn, Grenzüberschreitende Umschuldungen bei bargeldlosen Geldbewegungen, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 1985, S. 190 f f . , 192.

66

Rudimentäre Prinzipien sind erkennbar in der Verhandlungspflicht a l s Ausdruck des Kooperationsgebots, daneben die Gleichbelastung (bürden s h a r i n g ) der Gläubiger, die Kompar a b i l i t ä t der Behandlung externer Gläubiger, die Konditional i t ä t der Umschuldung ( z . Z . via IWF), die Komparabilität der Behandlung der Schuldner und das Konsensprinzip. Vgl. auch Rieffei (Fn. 57), S. 87 f f . ; Keese (Fn. 55), S. 150 f . ; Camdessus (Fn. 57), S. 128 zum Konsensprinzip.

Josef Brink

40

nur verschiebt der

und die

Verschuldung

desintegrativen

ignoriert,

drohen

ausweitende Umschuldungskreisläufe,

und destruktiven

in

der

Zukunft

Folgen

sich

immer

wie sich schon heute daran

ersehen läßt,

daß einzelne Saaten schon bis zu fünf Mal Umschul67 dungsvereinbarungen mit ihren Gläubigerstaaten treffen mußten . Dabei beschränken

sich

gerstaaten letztlich

die vernünftigen

nicht darauf,

Interessen

über zeitliche

von

Gläubi-

Schuldverschie-

bungen in den Genuß einer zukünftigen Befriedigung ihrer Forderungen zu gelangen. keit, und

die

Auch von ihrer Seite besteht die Notwendig-

internationalen

Exportchancen

in

die

Handelsbeziehungen

aufrechtzuerhalten

Entwicklungsländer

auszubauen.

derzeit bestehenden Umschuldungsverfahren gehen daher ohne zusätzliche,

Die

isoliert

langfristige Sanierung durchgeführt - auch an

den vernünftigen wirtschaftlichen Interessen der Gläubigerstaaten vorbei. Für die Entwicklungsländer schaffen sie eine Zukunftsbür68 de , von der gänzlich unabsehbar ist, wie sie einmal bewältigt werden soll.

V.

Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge

Entwicklungsperspektiven und Lösungsvorschläge können hier unter dem Zwang zur Konzentration nur kurz skizziert werden. sollen auch nur zwei Ebenen der Problemlösung

Deshalb

angesprochen wer-

den. Wirft man einen Blick auf die Gründe der Verschuldung,

so lassen

sich kurzfristige und strukturelle Ursachen nur schwer

voneinan-

der trennen. Sicher ist, daß der entwicklungspolitisch nunmehr

über

dreißig

Entwicklungsländer

eine

Jahre Basis

anhaltende für

die

notwendige,

Nettokapitalimport

derzeitige

der

Überschuldung

67

Neben Zaire, Togo, Liberia, Sudan und Sierra Leone auf dem afrikanischen Kontinent sind Peru, Ecuador und die Türkei die wichtigsten Fälle wiederholter Umschuldungen bis 1984.

68

Deshalb das Plädoyer für eine verstärkte Prüfung der Schuldenerlaßmöglichkeiten bei Horn (Fn. 58), S. 367 f f .

Rechtliche Probleme der Verschuldung

41

69 gelegt hat

.

Für einige Entwicklungsländer trat diese akut be-

reits mit der Verteuerung der Ölprodukte in den siebziger Jahren ein.

Mit der weltweiten

Rezession,

dem Sinken der meisten Roh-

stoffpreise und dem Übergang der Industriestaaten zu protektionistischen Maßnahmen zum Ende der siebziger Jahre folgten ihnen 70 die Entwicklungsländer

,

die sich bis dahin mit dem Export von

Rohstoffen und Halbfertigwaren hatten stabil halten können.

Die

Höhe des Dollarkurses schließlich ließ für die meisten Staaten die Tilgung

der

Gleichwohl darf an,

aufgenommenen

hielt

und hält

Verbindlichkeiten

der Kapitalimport-

unmöglich

werden.

und Warenimportbe-

nicht um mit der Entwicklung voranzuschreiten, sondern

schon, um bestehende Strukturen zu erhalten. Auf dem Hintergrund dieser Problemskizze nalen

muß sich für die nationalen und

Entwicklungshilfesituationen

die

wenn die gemeinsam zwischen Weltbank, lungs-Assoziation, für technische aufbau

und

werden

internatio-

stellen,

ob

Internationaler

dann,

Entwick-

Europäischer Investitionsbank, der Gesellschaft

Zusammenarbeit oder der Kreditanstalt für Wiederden

und langjähriger mangels

Frage

betroffenen

Entwicklungsländern

Entwicklungsarbeit

Maintenance-Etatmitteln müssen,

Projektförderung

-

ob

noch

dann

geschaffenen

aufgegeben

eine

ausreichend

in

und

Infrastrukturen

oder

unveränderte

mühevoller

vernachlässigt Fortsetzung

der

entwicklungstauglich

ist.

Werden Entwicklungsländer wegen ihrer Schuldenlasten zu Nettokapitalexporteuren,

droht die Entwertung der gesamten,

schaffenen Entwicklungsbasis.

Dies zu verhindern,

bisher g e -

muß als Ziel

69

Vgl. nur Colaco (Fn. 5), S. 2 f f .

70

Zu den externen Ursachen der Verschuldung u . a . Nowzad, Verschuldung von Entwicklungsländern: einige Probleme der 80ger Jahre, Finanzierung und Entwicklung, 1982, S. 13 f f . ; Lipson, The International Organization of Third World Debt, International Organization, 1981, S. 603 f f . ; Entwicklungspolitische Korrespondenz 2/83 (EPK) mit zahlr. Beiträgen; Barnett/Galvis/Gonraige Jr., On Third World Debt, Harvard International Law Journal, 1984, S. 83 f f . , 86 f f . ; Kahler, Politics and International Debt: Explaining the Crisis, International Organization, 1985, S. 357 f f . ; eine Gesamtbetrachtung auch bei Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 12), S. 42 ff.

42

Josef Brink

in die Hilfekonditionen der genannten Institutionen einfließen. müssen

nicht

nur mehr Mittel

bereitgestellt werden,

müssen auch - jedenfalls vorübergehend fen im Sinne einer integrierten, politik

möglich

sollte

Struktur-Erhaltungshil-

sektoral angelegten Entwicklungs-

gemacht werden.

wicklungshilfekonditionen

Es

sondern es

Eine Neuverhandlung regelmäßig

an

die

der

Ent-

Pariser

Um-

schuldungsverhandlungen institutionell angegliedert werden. Freilich muß der Einwand ernstgenommen werden, liches

Management,

lungsländern haben. spiel.

Korruption

selber

und

regelmäßig

Der Malvinenkrieg Andererseits

haben

zur

rungspolitik

entwicklungshem-

Luxusimporte durch eine unkon-

trollierte Exportpolitik erst möglich gemacht. legung einzusetzen,

Entwick-

beigetragen

ist nur ein krasses Bei-

Industriestaaten

mende und ressourcenvergeudende

in

Überschuldung

Argentiniens die

daß auch staat-

Verschwendung

Hier hat eine Über-

die den Charakter der nationalen Exportförde-

betrifft.

Die

völlige

Streichung

oder

Begrenzung

staatlicher Export- und Exportkreditsicherung würde entwicklungshemmende, Gesundung

teilweise - erdrosselnde - Wirkungen haben, zielende

Umschuldungspolitik

konterkarieren

die auf und

halb zur Lösung des Verschuldungsproblems nicht beitragen.

desPro-

blematisch ist andererseits aber auch die unveränderte Wiederaufnahme der Exportförderung nach Durchführung einer Umschuldung. Die in Einsatz gebrachten Bundesmittel sind nach S 6 Abs. Haushaltsgrundsätzegesetzes

an

und Wirtschaftlichkeit gebunden, gewährt werden dürften,

die

Prinzipien

der

1 des

Sparsamkeit

so daß Bundessicherheiten kaum

wenn absehbar ist,

Risiko mit hoher Wahrscheinlichkeit

eintreten

daß das gesicherte 71 wird . Ein sinn-

voller Weg für die Anpassung der staatlichen Exportförderung an die

Erfordernisse

der Verschuldungssituation

zu den Förderungsvoraussetzungen weils in

§ 9 BHG wird

führt

demgegenüber

im Bundeshaushaltsgesetz.

Je-

die Übernahme von Bürgschaften und Ga-

rantien des Bundes an die Voraussetzungen der Förderungswürdig71

Vgl. Ziff. BHO. Dazu Ziff. 2 zu der Länder,

5 der Vorläufigen Verwaltungsvorschriften zu S 39 Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 1969 f f . , Bd. 2, S 39 BHO; Patsig, Haushaltsrecht des Bundes und 1982 f f . , Rn. 8 f f . zu S 39 BHO.

Rechtliche Probleme der Verschuldung

43

72 keit des Exports und des besonderen staatlichen Interesses gebunden. Bisher werden die daran anknüpfbaren Exportsteuerungsmöglichkeiten kaum genutzt. Förderungswürdigkeit des Exports sollte nur dann anzunehmen sein, wenn das exportierte Gut zugleich im importierenden Entwicklungsland zur Entwicklung beizutragen geeignet i s t . Eine Ursache der Verschuldung, der Luxuskonsum herrschender Eliten in Entwicklungsländern, könnte so immerhin begrenzt werden. Exportförderung könnte dazu beitragen, daß importierte Ressourcen effektiv eingesetzt werden und zur wirtschaftlichen Erholung beitragen. Auch Exportförderung vermag in diesem Sinne ein entwicklungspolitisches Instrument zu sein. Die Ergebnisse der obigen Ausführungen lassen sich in Kürze wie folgt thesenartig zusammenfassen: 1. Die moderne Verschuldungskrise von Staaten der Dritten Welt reicht tiefer und greift weiter als frühere Verschuldungskrisen. Es handelt sich um eine systematische Überschuldung, die neben den Bankenverbindlichkeiten auch die Handels- und öffentlichen Finanzhilfeverbindlichkeiten in erheblichem Umfang betrifft. So bedroht sie nicht nur die finanz- und entwicklungspolitischen Perspektiven der Entwicklungsländer, sondern auch die öffentlichen Haushalte der industrialisierten Gläubigerstaaten. 2. Diese Verschuldungskrise ist mit den traditionellen Konfliktentscheidungsregeln des Völkerrechts nicht zu lösen. Weder das Beharren von Entwicklungsländern auf ihrer geld- und währungspolitischen Souveränität als Legitimation für restriktives Einwirken auf den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr noch das Beharren von Industriestaaten auf den völkerrechtlichen Grenzen dieser Souveränität nach dem Grundsatz der Vertragstreue und damit auf der Einhaltung von Zahlungs- und 72

Vgl. dazu i . e . Schallehn/Stolzenburg (Fn. 8), Kap. I, Rn. 23 ff.

44

Josef Brink

Transferverpflichtungen

führen

zu

wirtschaftspolitisch

begeh-

b a r e n und d u r c h s e t z b a r e n Auswegen a u s d e r V e r s c h u l d u n g . Verschuldung ist kein Problem,

Die

d a s k a s u i s t i s c h gelöst werden

kann. 3. Deshalb h a b e n

sich

Formen

Verschuldungsproblems

der

kooperativen

entwickelt,

Behandlung

die u n t e r

der Umschuldung ( Z a h l u n g s a u f s c h u b ,

des

dem Oberbegriff

Transferaufschub,

Refi-

n a n z i e r u n g ) zusammengefaßt werden k ö n n e n . Wenn sich die Umschuldungspolitik der

zwischen

traditionellen

bedient,

stellt

Staaten

bilateralen

sie

in

ihrer

Lösung

des

ihrer

Umsetzung

auch

völkervertragsrechtlichen Substanz

m u l t i l a t e r a l e n und k o o p e r a t i v e n , nierten

zu

einen Schritt

d.h.

nicht b i l a t e r a l

Verschuldungsproblems

dar.

Mittel

zu e i n e r

Sie

koordiist

ein

Element des Wandels vom Völkerrecht der Koordination zu einem Völkerrecht der Kooperation. 4. Die U m s c h u l d u n g s p r a x i s embryonal

zu e i n e r

zwischen Staaten

Konkretisierung

operationsgebotes g e f ü h r t . recht,

hat bisher

Ein v ö l k e r r e c h t l i c h e s

steht noch a u s .

und

desintegrativen

l ä ß t und

oder

Umschuläungspolitik

verschiebt.

re-

Ohne die Hereinnahme der Probleme

der

droht

ein

Kooperation in sich ausweitenden

Dimensionen

Die

bleiben

destruktiven

5. Die V e r s c h u l d u n g s k r i s e

der

indem es d i e E i n -

n u r zeitlich

entwicklungspolitischen

gelmäßig u n b e a c h t e t .

äquivalent

auf der Zeitachse und auf

Ebene der S c h u l d r e z i p r o z i t ä t e n a n g e s i e d e l t , zelschuld u n a n g e t a s t e t

Ko-

Das v o r f i n d l i c h e Niveau der Umschul-

d u n g s p r a x i s ist e i n d i m e n s i o n a l

handels-

sehr

Umschuldungs-

d a s dem i n n e r s t a a t l i c h e n V e r g l e i c h s v e r f a h r e n

wäre,

nur

des v ö l k e r r e c h t l i c h e n

Verschuldungsfolgen

Leerlaufen

in

die

zwischenstaatlicher

Umschuldungskreisläufen.

s t e l l t a u c h eine Krise d e r

Institutionen

n a t i o n a l e r und m u l t i n a t i o n a l e r E n t w i c k l u n g s - u n d

Exportfinan-

zierung d a r .

Für die i n t e r n a t i o n a l e n

Entwicklungsinstitutionen

sind U m s c h u l d u n g s p r i v i l e g i e n nicht b e g r ü n d b a r . wie i n t e r n a t i o n a l e

Finanzhilfeinstitutionen

Für n a t i o n a l e

wird die

Frage

der

45

Rechtliche Probleme der Verschuldung

Hilfekonditionen zu einer Frage Funktionstauglichkeit.

Finan-

zierungskonditionen bedürfen der Anpassung an die durch die Umschuldung eingeleitete Sanierung, dung Erreichtes

zu unterlaufen.

effiziente

Ressourcenallokationen

fördern.

Dies gilt

Exportförderung.

um nicht durch UmschulSie müssen

in

auch für die nationalen Offensichtlichen

dazu beitragen,

Entwicklungsländern

Luxusexporten

lungsländer ist die Sicherung zu versagen.

zu

Institutionen der in

Entwick-

Die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) bei der Umschuldungspraxis Von Wolfgang Engshuber

Inhaltsübersicht I. II.

III.

Einführung

48

Gang der Umschuldungsverhandlungen 1. Verfahren 2. Schlüsselrolle des IWF

50 50 52

Der IWF (Überblick)

53

IV. Zahlungsbilanzen des IWF 1.

Formen der Zahlungsbilanzen a) Allgemeine Kreditfazilität b) Erweiterte Fondsfazilität c) Sonderfazilitäten 2. Stand-by bzw. Extended Arrangements a) Zustandekommen einer Vereinbarung b) Rechtlicher Charakter V. Grenzen des Fondshandelns 1. Souveränität a) Guidelines on Conditionality b) Kritik an der Auflagenpolitik des IWF 2. Gleichheit der Staaten a) Gewichtete Stimmrechte b) Grundsatz der Gleichbehandlung 3. Begrenzter Aufgabenbereich

55 56 56 57 58 59 60 61 64 64 65 66 70 70 71 74

48

Wolfgang Engshuber

Gründe für die Begrenzung des Aufgabenbereichs VI.

Neue Tendenzen

76

1. Abkehr vom IWF

76

2.

VII.

Bakerplan

78

a) Grundzüge des Plans b) Reaktion auf die Bakerinitiative c) Würdigung

78 79 80

Forderungen

81

Forderungen im einzelnen

82

I.

Einführung

Die Rolle

des

Internationalen

schuldungspraxis wohl vor nicht

74

Währungsfonds

einen Vortrag

einem Kreis von Ökonomen oder

aber

auf

der

(IWF)

bei

der Um-

zu diesem Thema erwartet man

Assistententagung

Politikwissenschaftlern,

der Mitarbeiter

mit

Fach-

richtung Öffentliches Recht, und manche dieser anderen Fakultäten werden denken:

"Müssen

diese Juristen

auch hierzu

ihren

Kom-

mentar abgeben?" Ein

derartig

fachspezifisches Denken,

Universitäten leider sehr verbreitet ist,

wie es an den deutschen führt zu einer eingeeng-

ten Betrachtungsweise und bewirkt oftmals Schlußfolgerungen, an der Realität vorbeizielen. daher sein,

die

Bestrebung meines Referats soll es

die Rolle des Internationalen Währungsfonds bei der

Verschuldensproblematik aufzuzeigen und mich dabei nicht auf

ei-

ne Darstellung der rechtlichen Grundlagen und Ausgestaltungen zu beschränken,

sondern die Zusammenhänge von ökonomischen,

ent-

wicklungspolitischen und rechtlichen Aspekten deutlich zu machen. Die

Weltöffentlichkeit

wurde

1982

Mexiko und im folgenden weitere ner

vor

Ghana,

der Peru,

Zahlungsunfähigkeit Zaire,

aufgeschreckt, lateinamerikanische standen.

Solange

als

zunächst

GroßschuldStaaten

wie

Indonesien oder Bangladesh in eine schier

49

Der Internationale Währungsfonds

ausweglose Situation an,

gerieten,

sah man dies

als

Einzelprobleme

die das System insgesamt nicht gefährden konnten.

drohte plötzlich

das gesamte

Nun aber

internationale Kreditgeschäft zusam-

menzubrechen'''. Die Privatbanken,

insbesondere die Geschäftsbanken der USA, wa-

ren v ö l l i g unvorbereitet.

Während im Bereich der öffentlichen Vero schuldung mit dem Pariser Club bereits ein Gremium mit längerer

Tradition bestand, 3 kaum statt . z.B.

fanden Umschuldungen privater Kredite bislang

Umschuldungen im Rahmen des Pariser Clubs wurden

in Indonesien im Zeitraum von 1966-1970 wiederholt durchge-

führt (1966:

247 Mio US-$;

1967: 95 Mio US-$; 1968: 83 Mio US-$;

1970: 786 Mio US-$). Weitere Beispiele sind Indien (1968-1976: insgesamt ca.

1600 Mio US-$),

Peru (1968/69:

550 Mio US-$) sowie

Chile (1965-1976: insgesamt ca. 1200 Mio US-$) 4 . Die Privatbanken

hatten

bislang

versucht,

eine

drohende

Zah-

lungsunfähigkeit eines Staates durch Refinanzierungskredite abzuwenden.

Dadurch wurde gewährleistet,

Schuldnerland

seinen

Schuldendienst

schuldungen,

bei denen die Tilgung

daß zumindest formal das

termingerecht

beglich.

Um-

für einen Zeitraum gänzlich

ausgesetzt wurden, gab es nur in Ausnahmefällen wie etwa Argen1

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff, Im Teufelskreis der Verschuldung. Der IWF und die Dritte Welt, 1984, S. 9 f f . ; Espinoza, 100 Jahre Schulden: Gibt es noch Hoffnung für Lateinamerika?, in: Entwicklung und Zusammenarbeit 10/85, S. 4.

2

Der Pariser Club entstand auf einem Treffen westlicher Industriestaaten 1956 in Paris, auf welchem die Handels- und Zahlungsbeziehungen zu Argentinien abgestimmt wurden und Lieferantenkredite umgeschuldet wurden.

3

IMF: External Indebtedness of Developing sional Paper No 3 ) , 1981, S. 21 f f .

4

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 88 f f .

5

Die Zinszahlungen wurden bislang nicht umgeschuldet (Ausnahme Nicaragua 1980, wo die Banken erkennen mußten, daß das Land praktisch bankrott w a r ) ; Bogdanowicz/Bindert, Debt: beyond the quick f i x , in: Third World Quaterly, 1983, S. 827 f f .

Countries

(Occa-

50

Wolfgang Engshuber

tinien 1976 (970 Mio US-$),

Jamaika 1979 (129 Mio US-$) und 1981

(103 Mio US-$), Peru 1979 (821 Mio US-$). Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, stitutionellen

Rahmen

daß auch ohne in-

die Umschuldungsverhandlungen

einem gewissen Schema ablaufen, doch anhand eines einheitlichen

meist

nach

so daß die Umschuldungspraxis Verfahrensgangs

aufgezeigt

wer-

den kann®.

II.

Gang der Umschuldungsverhandlungen

1.

Verfahren

Verschlechtert sich die wirtschaftliche Lage eines Staates so sehr, daß die laufenden können,

Zins- und Tilgungsraten nicht

gezahlt werden

so tritt das Schuldnerland an seine Gläubigerbanken her-

an und bittet um Zahlungsaufschub. Die betroffenen

Banken

bilden sodann ad hoc-Arbeitsgemeinschaf7 ten, sog. "Steering-Committees" , die unter Leitung der bedeutendsten Geschäftsbanken versuchen, festzulegen.

Diese

London

statt

und

Club,

Londoner

Banken tauchen,

sich auf eine einheitliche Linie

Zusammenkünfte finden sind

nach

Club).

Bei

bedingt

Mexiko 1983 waren 611,

diesen

in New York oder in

Orten benannt

der Konsolidierung

(New Yorker

der

durch die große Anzahl

betroffenen

(im Fall von

bei Brasilien über 900 Kreditinstitute be-

teiligt), häufig Probleme auf. Insbesondere kleinere Banken sind g schwer für die Gabe von "fresh money" zu motivieren. 6

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 94; Karsten, Internationale Bankkredite an Entwicklungsländer, 1984, S. 103 ff.; IMF (Fn. 3 ) , S. 34 f f . ; Huff, The Rescheduling of Country Debt in Group of Thirty Risks in International Bank Lending, 1982, S. 49 f f .

7

Karsten (Fn. 6), (Fn. 1), S. 98.

8

"fresh money" bedeutet,

S.

103 f f . ;

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff

daß im Rahmen von Umschuldungsver(Fortsetzung Fußnote)

51

Der Internationale Währungsfonds

Danach treten die Banken in Verhandlung mit dem Schuldnerstaat. Nun folgt eine schwierige Phase, reichende

da die Banken nicht über aus-

Informationen über die wirtschaftliche Lage des Staates

verfügen. Es fehlen Erkenntnisse über - die Höhe der insgesamt ausstehenden Schulden, - deren Laufzeiten, - die Schuldenarten und

Q

- die Währungszusammensetzungen . Die organisatorischen

Schwierigkeiten

führten dazu,

daß

es oft

mehrere Jahre dauerte, zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die finanziellen Schwierigkeiten bekannt wurden,

und dem Abschluß eines

Umschuldungsabkommens^. In dieser Phase wird um die Unterstützung des IWF gebeten. IWF verfügt aufgrund seiner jährlichen Konsultationen

Der

mit jedem

Mitgliedsland,

also nicht nur Schuldnerstaaten,

Informationen.

Auch ist es dem Fonds möglich, durch einen inter-

über umfassende

nationalen Quervergleich Rückschlüsse zu ziehen. Der Fonds ist zwar nicht befugt, ben,

mit Einwilligung

diese Informationen herauszuge-

des Landes können sie

aber bei

den Um-

schuldungsverhandlungen einfließen. Von noch größerer Bedeutung

ist aber

darüber hinaus,

Privatbanken zur gleichen Zeit darauf dringen, ne Land

ein Abkommen mit dem IWF abschließt.

daß die

daß das betroffeErst

nach

Ab-

schluß eines Abkommens mit dem IWF (oder zumindest der Zusiche-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) einbarungen auch ein gewisser Betrag an "neuem" Geld durch die Geschäftsbanken bereitgestellt werden muß. 9

Karsten (Fn. 6), S. 104.

10

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. S. 103 f f .

1), S. 97; Karsten (Fn. 6),

11

Art. IV des Übereinkommens über den IWF, eingehend dazu Edwards, International Monetary Collaboration, 1985, S. 569 ff.

52

Wolfgang Engshuber

rung des IWF,

daß ein Abkommen geschlossen wird) sind die Ban-

ken ihrerseits bereit, die Umschuldung durchzuführen. In der heißen Phase 1982/83 konnte nicht abgewartet werden, der IWF und das Schuldnerland ein Abkommen vereinbarten. sprang die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und gewährte Überbrückungskredite, kommens zurückgezahlt schuldung öffentlicher Kollege Brink

bis Hier

(BIZ) ein

die bei Abschluß des IWF-Ab-

werden mußten.

Ebenso wie bei der Um-

Kredite im Rahmen des Pariser Clubs (wie

ausgeführt

hat)

ist

somit auch bei Umschuldungen

privater Gelder ein Abkommen des Landes mit dem IWF Voraussetzung. Ausnahmen das beim

bildeten

bislang

IWF Mitglied

jüngster Zeit Brasilien. Privatbanken aus, erst

im

Falle

ist

nur

die

und Peru

Vereinbarungen

12

im Jahre

Polen,

1976 sowie

aus

Teilweise übt der IWF auch Druck auf die

wenn er deutlich macht,

einer

mit

Unterstützung

durch

daß er ein Abkommen die

Geschäftsbanken

schließt. 2.

Schlüsselrolle des IWF

Die Schlüsselrolle, die der IWF einnimmt und dessen er sich 13 selbst rühmt , hat ihn zur umstrittensten Figur bei der internationalen Verschuldenskrise werden lassen. So sehen Bankkreise oder Vertreter von Industrieländern in ihm 14 den Krisenmanager , der den Zusammenbruch verhindert h a t , während die Entwicklungsländer in ihm den Schuldeneintreiber 15 , 12

Huff (Fn. 6 ) , S. 49 f f .

13

IWF, Jahresbericht 1984, S. 83.

14

Einzelnachw. finden sich in: Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bank oder in Reden der Gouverneure auf den IWFJahrestagungen, veröffentl. von IWF, Annual Meeting.

15

Vgl. Fn. 14.

Der Internationale Währungsfonds

der

jeglichen

sozialen

Fortschritt

zunichte macht und sich

einzelstaatliche Besonderheiten hinwegsetzt, Häufig werden Hungeraufstände, ko (Ende 83/84),

wie etwa in Tunesien und Marok-

Massenproteste in Jamaika

1970,

1976;

über

anprangern.

und Marokko (1981) und politische Umstürze Argentinien 1962,

53

(1980),

Peru

(1977)

(Militärherrschaft in

Ghana 1972; Brasilien 1964; Türkei 1960,

1980) oder die Machterlangung konservativer Regierungen in

Jamaika

(1980),

Portugal

IWF in Verbindung gebracht

(1979) 16 .

und Costa

Rica

(1982) mit dem

Ohne auf diese Behauptungen zum jetzigen Zeitpunkt näher einzugehen, stellen sich aber doch die Fragen: Wer ist dieser IWF eigentlich? Welche Macht übt er aus?

III. Der

Der IWF (Überblick) Internationale

Währungsfonds wurde

bereits

1944 in

Bretton

Woods nach Plänen des Amerikaners White und des Briten Keynes 17 gegründet . Ziel war es, einen Währungskrieg, wie er in den dreißiger Jahren entstanden war,

zu verhindern. Das System war auf Goldstandard

und festen Wechselkursen aufgebaut. dem Fonds durch die Einzahlung fügung standen,

Seine finanziellen Mittel, die

von Mitgliedsbeiträgen

sollten einzelnen Mitgliedern bei

zur Ver-

Zahlungsbilanz-

16

S. dazu i . e . , Große Anfrage der Bundesfraktion der GRÜNEN, BT-Drucks. 10/1977; aber auch Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), insbes. Länderstudien, S. 101 f f .

17

Zur Entstehungsgeschichte, Horsefield, The IMF 1949-65, 1969; Rettberg, Weltwährungsfonds und Weltbankgruppe und UNCTAD, 1983, S. 31 f f . ; Aschinger, Das Währungssystem des Westens, 1971, S. 19 f f . ; U. Andersen, Das internationale Währungssystem zwischen nationaler Souveränität und supranationaler Integration, 1977, S. 21 f f .

Wolfgang Engshuber

54

defiziten zur Verfügung gestellt werden,

um Maßnahmen,

die den

nationalen und internationalen Wohlstand beeinträchtigen würden, vermeiden zu können. In der Folgezeit wurde zunächst der Goldstandard durch die Ein18

führung der Sonderziehungsrechte und

1971 brach

das

System

,

eine Art Kunstgeld,

der festen

Wechselkurse

abgelöst

zusammen,

ohne daß der IWF es verhindern konnte. Bei der 2. Satzungsänderung,

die 1978 in Kraft t r a t ,

wurde der Übergang zu flexiblen

Wechselkursen im IWF-Abkommen anerkannt.

Wichtige Funktionen,

die dem IWF ursprünglich übertragen wurden,

konnte er nicht er-

füllen. Bedeutsame Entscheidungen werden nicht im IWF 19 behandelt, sondern bereits im Vorfeld im Rahmen der Zehnergruppe oder in 20

den letzten Jahren in der Gruppe der Fünf September 1985,

.

So z.B.

wurden im

eine Woche vor der Jahrestagung des IWF,

beim

Treffen der Gruppe der Fünf Maßnahmen gegen den überwerteten US-$ beschlossen. Anders entwickelte sich die Bedeutung des IWF bei der Gewährung von Zahlungsbilanzhilfen. mehr in den Vordergrund, der,

Diese Geschäftstätigkeit

rückte immer

auch wenn lange Zeit Entwicklungslän-

die in Zahlungsbilanzschwierigkeiten gelangten, den IWF als

letztes Mittel ansahen, um ihre Lage zu verbessern. Diese Zurückhaltung mag einmal daran gelegen haben, aufzuzeigen ist, nimmt,

konkreten Einfluß

daß der IWF, wie noch

auf die

Politik

der

Länder

zum anderen hatte der IWF einen denkbar schlechten Ruf

unter den Entwicklungsländern,

so daß ein Gang zum IWF ein In-

diz für eine drohende Zahlungsunfähigkeit und fehlender Kredit18

Umgestaltung auf der 1. Satzungsänderung 1969, zu den Sonderziehungsrechten siehe Krämer, Die Rechtsnatur der Geschäfte des IWF, 1967, passim.

19

Mitglieder der Zehnergruppe: Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Schweden, Vereinigte Staaten.

20

Die Gruppe der 5 setzt sich zusammen aus der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Japan und den Vereinigten Staaten.

Der Internationale Währungsfonds

55

21

Würdigkeit auf dem privaten Sektor war sie in den sechziger Jahren

Diese Einstellung, wie

vorherrschte,

wenn er auf Vorwürfe derart reagiert, fen des

.

IWF für die Notwendigkeit

kritisierte

der IWF,

daß er das zu späte Anru-

drastischer

Eingriffe

verant-

wortlich zeichnet. Die

verschiedenen

verstärkt

und

Elemente

einen

haben

Zirkelschluß

sich

tatsächlich

bewirkt.

gegenseitig

Vereinfacht

ausge-

drückt: Eine Abneigung gegen den IWF führte zu einem sehr späten Anrufen desselben. In

diesem Stadium wären ohnehin drastische

Maßnahmen erfor-

derlich gewesen. Diese Einsparungsmaßnahmen

werden alleine

dem IWF zugerech-

net und vielleicht auch von ihm verstärkt.

Dadurch wird der

IWF in die Rolle des Prügelknaben gezwängt. Folge ist schließlich,

daß der IWF noch einen schlechteren Ruf

als zuvor genießt und möglichst noch später angerufen wird. Nachdem

nun

wiederholt

von

einem

"Anrufen

"Gang zum IWF" oder ähnlich die Rede war, zu untersuchen,

des

IWF",

einem

ist es an der Zeit,

was sich eigentlich hinter diesen Redewendungen

verbirgt.

IV.

Zahlungsbilanzen des IWF

Der IWF stellt

22

unter bestimmten

Voraussetzungen

hilfen zur Überbrückung temporärer

Zahlungsbilanz-

Zahlungsbilanzungleichgewich-

21

Guth, Das Internationale Finanzsystem in der Bewährungsprobe, 1983, S. 13 f f .

22

Gold, Financial Assistance by the IMF, IMF Pamphlet Series No 27, 1979.

Law and Practice,

56

Wolfgang Engshuber

te zur Verfügung.

Die Zahlungsbilanzhilfen bestehen darin,

daß

ein Mitglied vom Fonds konvertierbare Währung gegen Hingabe von eigener Währung e r h ä l t . Wirtschaftlich

betrachtet

ist

dies

einem

denn das Mitglied muß die erhaltene

Darlehen

vergleichbar,

Währung in einem gewissen

Zeitraum zurückgeben. Eine rechtliche Analyse führt jedoch dazu, stehend aus zwei Käufen,

vorliegt.

daß ein Vertrag,

be-

Zunächst kauft das Mitglied

Fremdwährung gegen Zahlung von Eigenwährung und nach einiger Zeit erwirbt das Land seine Eigenwährung gegen die Abgabe von konvertierbarer Währung zurück. Diese zwei Käufe werden durch einen Vertrag, der als contractus 23 sui generis anzusehen i s t , verknüpft . Im allgemeinen Sprachgebrauch werden diese Transaktionen als "Ziehungen" bezeichnet. 1.

Formen der Zahlungsbilanzhilfen

Der Fonds hat zunächst versucht, schaftlichen

Problemen

den unterschiedlichen weltwirt-

Rechnung zu tragen

und

unterschiedliche

den

Mitgliedsländern

Arten von Zahlungsbilanzhilfen entwickelt. a) Bei

Allgemeine Kreditfazilität der

allgemeinen

Kreditfazilität

jeweils 25 % ihrer Qoten

in sog.

werden

Tranchen

zur

Verfügung

ge-

stellt24.

23

Krämer (Fn. 18), S. 62 f f . (S. 104).

24

Art. V Abschn. 3 des Übereinkommens über den Internationalen Währungsfonds; Gold (Fn. 22).

Der Internationale Währungsfonds

57

Exkurs Die Quote eines Landes ist eine bestimmte Zahl an Sonderziehungsrechten,

die jedem Land beim Beitritt oder bei Quotenanpassungen

zugeteilt wird.

Für die Gründungsmitglieder ist die Anfangsquote

im Anhang an die Satzung festgelegt. Diese Quote soll in etwa die Position

eines Landes in der Weltwirtschaft wiedergeben

und e r -

rechnet sich aus einer Formel, in der das Bruttosozialprodukt und 25 der Außenhandelsanteil im wesentlichen berücksichtigt werden Die Quote ist maßgebend für die Beitragspflicht,

die Ziehungsmög-

lichkeit und für den Stimmenanteil des Mitglieds. Bei Inanspruchnahme von nur 25 % werden keine Bedingungen gesetzt. mit

Bei einer Ziehung von 50 % muß das Land ein Programm

angemessenen

Maßnahmen

lanzschwierigkeiten vorlegen ausgehen

zur

26

(bis 125 %),

.

Überwindung

Für Ziehungen,

der

Zahlungsbi-

die darüber hin-

werden die Mittel im Rahmen von Bereit-

schaftskreditabkommen (stand-by arrangements) zur Verfügung gestellt.

Hierzu werden Erfüllungskriterien gesetzt,

muß zu bestimmten

Terminen

diese Eckdaten

Inflationsrate um einen bestimmten Prozentsatz, ventionen,

Steuererhöhungen)

erreichen.

d . h . das Land

(etwa

Senkung

der

Abbau von Sub-

Die Auszahlung

erfolgt

ratenweise und ist von der Einhaltung der Erfüllungskriterien

ab-

hängig. b) Die

Erweiterte Fondsfazilität allgemeinen

Kreditfazilitäten

zung ausgerichtet. des Fonds.

27 sind auf

kurzzeitige

Dies waren die ursprünglichen

Unterstüt-

Zielsetzungen

Als erkennbar wurde, daß hierdurch den Bedürfnissen

25

J . Gold, Voting and Decisions, 1983, S. 20/21.

1972,

IWF,

Jahresbericht

26

IWF, Jahresbericht 1984, S. 122.

27

Decision No 4377-(74/144), geändert durch Decision No 6339(79/179 sowie No 6830-(81/65), Selected Decision, 10. Issue, S. 27-31.

Wolfgang Engshuber

58

vieler

Entwicklungsländer

wird,

schuf der Fonds die erweiterte Fondsfazilität

einen längeren

nicht

ausreichend

Zeitraum und in einem größeren

hältnis zur Quote gewährt wird.

Rechnung

gezollt

28

,

die über

Umfang im Ver-

Voraussetzung i s t , daß über we-

sentliche wirtschaftspolitische Fragen Einigkeit erzielt wird. Mittel werden

in Form von erweiterten Vereinbarungen

arrangements) bereitgestellt, Auszahlung

bestimmte

Abwertung der Währung).

(extended

die für die Laufzeit unterschiedliche

Erfüllungskriterien beinhalten. ersten

Die

So müssen häufig bereits vor der Maßnahmen

getroffen

werden

Danach wird in regelmäßigen

ständen die Erfüllung von weiteren Erfüllungskriterien

(z.B. Zeitab-

gefordert.

Diese Kriterien sind auf eine Stabilisierung gerichtet und die Anforderungen werden immer höher gesteckt. c)

Sonderfazilitäten

29

Daneben gibt es verschiedene Sonderfazilitäten,

die an Ereignisse

außerhalb der Entscheidungsmacht des Mitglieds knüpfen, wa Exporterlösausfälle,

Kosten für Rohstoffausgleichslager Fällen

wie et-

Kostenschwankungen bei Getreideimporten, und Ölpreiskosten.

sind keine oder nur geringfügige

In

diesen

Maßnahmen seitens

des

hilfesuchenden Staates erforderlich (siehe Tabelle 1 ) .

28

Gold (Fn. 22); Aufsatzreihe von Guitian, IWF, in: Finanzierung und Entwicklung, 1981, Juni 1981.

Die Auflagen des Dez. 1980, März

29

Zur Zeit günstige Sonderfazilitäten: Kompensierende Finanzierungsfazilität für Exporterlösausfälle: Decision No 6224-(79/135), aaO., S. 61-64; Kompensierende Finanzierungsfazilität von Kostenschwankungen bei Getreideimporten: Decision No 6860-(81/81), aaO., S. 6570; Fazilität zur Finanzierung von Rohstoff-Ausgleichslagern: Decision No 2772-(69/47), geändert durch Decision No 4913-(75/ 207), aaO., S. 70-71.

59

Der I n t e r n a t i o n a l e Währungsfonds

Insgesamt lassen sich zwei G r u n d t a t b e s t ä n d e h e r a u s h e b e n : Entweder erfolgt die Z u r v e r f ü g u n g s t e l l u n g , um ein generelles Zahlungsbilanzungleichgewicht

auszugleichen,

dann

werden

je

nach

Höhe und Dauer s t r u k t u r e l l e Anpassungsmaßnahmen gefordert oder Anknüpfungspunkt ist eine spezielle Situation, ren Faktoren beeinflußt w i r d . terstützung

mehr auf

die von ä u ß e -

In diesen Fällen wird bei der Un-

die Auslösefaktoren

abgestellt

und

weniger

eine S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g der Binnen Wirtschaft g e f o r d e r t . Aus der Tabelle e r g i b t sich e i n d e u t i g ,

daß ein Abstellen auf e x -

t e r n e Faktoren immer mehr z u r ü c k t r i t t .

Grund f ü r diese

Entwick-

lung ist d a s Bewußtsein der IWF-Ökonomen,

daß externe Funktio-

nen lediglich

Zahlungsbilanzproble-

zu schon l a n g e

men hinzukamen,

andauernden

und daß außerdem die Ursachen der steigenden

Defizite, obwohl sie externen Ursprungs sein mögen, keinen tempo30 r a r e n C h a r a k t e r haben und von d a h e r Anpassungen unumgänglich s i n d . Zurückkehrend zum A u s g a n g s p u n k t ,

daß f ü r Umschuldungen sowohl

des öffentlichen a l s auch des p r i v a t e n Sektors gefordert w i r d , solle eine Übereinkunft mit dem IWF v o r l i e g e n , a u s s c h l i e ß l i c h Vereinbarungen,

so b e t r i f f t

es dies

f ü r die ein B e r e i t s c h a f t s k r e d i t a b -

kommen oder eine erweiterte Vereinbarung notwendig i s t ,

nicht j e -

doch Ziehungen in die e r s t e Tranche oder im Rahmen von Sonderfazilitäten.

Der

Grund

für

diese

Beschränkung

wenn wir uns diesen s t a n d - b y bzw.

wird

deutlich,

extended a r r a n g e m e n t s n ä h e r

zuwenden. 2.

S t a n d - b y bzw. Extended Arrangements31

S t r u k t u r e l l unterscheiden sich die Bereitschaftskreditabkommen und die erweiterten

Vereinbarungen n i c h t .

Eine Differenzierung

liegt

30

Guitian, Die Auflagen des IWF und der i n t e r n a t i o n a l e Anpassungsprozeß, ein Blick auf die 80er J a h r e , i n : Finanzierung und Entwicklung, Juni 1981, S. 15.

31

Grundlegend: Gold, Stand-by Arrangements, 1970.

Wolfgang Engsbuber

60

in der verschiedenen Laufzeit und Höhe des Betrags; dingt sind die Anforderungen, rung geschlossen

werden,

dadurch be-

die in einer erweiterten Vereinba-

höher

gesteckt.

Eine Darstellung

des

Zustandekommens sowie der rechtlichen Gestaltung kann jedoch zur 32 .

Vereinfachung einheitlich erfolgen

a)

Zustandekommen einer Vereinbarung

Befindet sich ein Mitglied keiten,

33

des Fonds in

Zahlungsbilanzschwierig-

so tritt es an den Fonds heran, um einen Kredit in einer

bestimmten Höhe und Laufzeit zu erhalten. glied

auch

dem Druck

von Gläubigern

Oftmals gibt ein Mit-

nach und

nimmt

deshalb

Kontakte zum IWF auf. Der Fonds fordert nunmehr das Mitglied auf,

ein Programm v o r -

zulegen,

wie sich die wirt-

in welchem ausgeführt werden soll,

schaftliche Situation des Staates ergriffen werden

sollen,

darstellt und welche Maßnahmen

um diese schwierige

Lage zu

meistern.

Auf den Wunsch des Staates ist der IWF bei der Ausarbeitung dieses Programmes behilflich. um schon

Dieser Weg wird in der Regel gewählt,

in der Vorbereitungsphase

eine

Interessenabwägung

zu

ermöglichen. Findet das vorgelegte Programm die Zustimmung des Fonds, klärt

sich

mens bereit.

dieser

zur Gewährung

eines

so e r -

Bereitschaftskreditabkom-

Die Verhandlungen bis zu diesem Einverständnis sind

häufig sehr langwierig. schläge unterbreiten,

Das Land wird

immer wieder

neue Vor-

die dem Fonds aber oft zu vage und nicht

ausreichend erscheinen.

Bisweilen geht die Regierung an die von

ihr

von

dies

gesteckten

Grenzen

möglichen

dem IWF nicht ausreichend,

handlungen für gescheitert.

Einsparungen.

so erklärt

Nach ein oder

Erscheint

das Land die Verzwei Jahren

ist

der

32

Gold (Fn. 22), 2nd e d . , 1980, S. 16 f f .

33

Edwards, International Monetary Collaboration, 1985, S. 248 ff.; Gold (Fn. 31); Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1 ) , ; Karsten (Fn. 6), S. 129 f f .

Der Internationale Währungsfonds

Druck auf

das Schuldnerland

aber

so groß,

61

daß es in

erneute

Verhandlungen eintreten wird. Ein

vollständiges

Abkommen besteht

aus zwei

Dokumenten,

Programm des Staates in Form eines Briefes an den IWF, Finanzminister unterzeichnet

und/oder dem entsprechenden ist

(letter

of

intend)

sowie

dem

der vom

Notenbankpräsidenten der

Erklärung

des

Fonds, dem Land, wie gewünscht, einen bestimmten Betrag, der in fortlaufenden Raten ausgezahlt wird, zur Verfügung zu stellen.

b)

Rechtlicher Charakter

Die

beiden

vorliegenden

Dokumente

sind,

juristisch

betrachtet,

keine internationalen Verträge,

sondern Entscheidungen des Fonds 34 bzw. des Mitglieds aufgrund einseitiger Absichtserklärung . Diese Rechtsform war

lange Zeit nicht eindeutig,

Nummer 3 der Guidelines

ist aber nunmehr in

on Conditionality

ausdrücklich

geregelt

(siehe Anlage 2). Die Gründe,

die

gegen

einen 35 sind pragmatischer Natur .

internationalen

Vertrag

sprechen,

- Die Nichteinhaltung der im Programm festgelegten Eckdaten,

aus

welchem Grund auch immer, soll keine Sanktionen auslösen. - Eine Eintragung und Veröffentlichung gem.

Art.

102 UN-Charta

ist nicht notwendig. - Das Mitgliedsland muß nicht das für Staatsverträge oftmals notwendige parlamentarische Verfahren durchlaufen. -

Die Absichtserklärung enthält rungen,

um eine vertragliche

exakte Kriterienfestsetzung

oft zu unpräzise Bindung

zu Beginn

Politikformulie-

zu ermöglichen.

der Übereinkunft

Eine ist

zu-

dem schwierig und würde die Flexibilität stark einschränken. 34

Edwards (Fn. 33), S. 251; Gold (Fn. 31), S. 46 f f .

35

Gold (Fn. 31), S. 46 f f .

Wolfgang Engshuber

62

Diese Unverbindlichkeit ist für den Fonds mit nur geringem Risiko verbunden,

da er eine ratenweise Auszahlung vornimmt und somit

bei Schwierigkeiten die Zahlungen sperrt. Bei den Rückzahlungen 36 ergaben sich bislang kaum Schwierigkeiten, da die Länder bemüht sind,

den Fonds ordnungsgemäß

zu bedienen,

um seiner

Gunst weiterhin versichert zu sein. Für das Land kann es von Vorteil sein, stere

Situationsbericht

veröffentlicht werden.

und

die

wenn der eventuell dü-

beabsichtigten

Im übrigen

Maßnahmen

steht es jedem Mitglied

nicht frei,

seinen letter of intend zu publizieren. Dies ist auch vereinzelt 37 erfolgt . In der Regel, und dies verzerrt das Gesamtbild, bringt die Regierung nur kleine Ausschnitte an die Öffentlichkeit, um Maßnahmen

zu rechtfertigen

meist

und auf diese Weise dem Druck

der Straße zu entgehen. 38 Kritiker dieser rechtlichen Gestaltung von Bereitschaftskreditabkommen machen geltend,

daß durch diesen Verbund von IWF und

der jeweiligen Regierung gesellschaftliche Gruppen,

wie etwa Ge-

werkschaften,

keinerlei Einfluß auf den Entscheidungsprozeß neh-

men können.

Es ist kein parlamentarisches Verfahren notwendig,

in dem einzelne Punkte des letter of intend erörtert werden könnten.

Eine Anfechtung eines einmal geschlossenen

dem IGH ist nicht möglich,

artigen Verfahren nicht parteifähig sind. nerstaatlichen Bestimmungen

Abkommens vor

da z . B . Gewerkschaften in einem der-

Entscheidungsfindung des Völkerrechts

ist

lösbar.

Die Problematik der injedoch

schwerlich

Es bleibt

durch

dem jeweiligen

36

In Anbetracht der anhaltenden Krise und dem Zustand, daß Rückzahlungsprobleme immer erst zeitlich versetzt auftreten, könnten sich aber Abweichungen ergeben.

37

Auflistung bei Gold (Fn. 31), Appendix, S. 269 ff. sowie das Beispiel Indien bei Edwards (Fn. 33), S. 251 f f .

38

D. Hoffmann, IWF Politik braucht soziale Komponente, in: Schäfer (Hrsg.), Gefährdete Weltfinanzen, 1980, S. 241 ff (244); Gerster, Fallstricke der Verschuldung, 1982, S. 125; Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 226 f f .

63

Der Internationale Währungsfonds

System vorbehalten,

wer die Entscheidungen t r i f f t ,

und wie g e -

sellschaftliche Gruppen darauf Einfluß nehmen können. 39 Manche Forderungen

gehen auch soweit, daß der IWF selbst ent-

sprechende Gruppen beteiligen müßte. Teil schon,

Ansätze hierzu gab es zum

als der IWF beim Aushandeln von Stabilisierungspro-

grammen darauf drängte,

die Regierung müsse sicherstellen,

das Programm durchsetzbar ist.

Dies war etwa 1977 in

und 1979 für Jamaika der Fall,

als gefordert wurde,

Konsens zwischen Regierung,40 Oppositionsparteien, und Gewerkschaften bestehen . Gerade diese Beispiele machen aber deutlich,

daß

Portugal es müsse

Unternehmern

daß durch derartige

Tendenzen der politischen Willkür "Tür und Riegel" geöffnet werden.

So könnte der IWF z.B.

welchen

Gründen

bei Staaten, mit denen aus irgend-

der Abschluß eines Abkommens erwünscht

auf eine Beteiligung der

wird,

Gewerkschaften verzichten,

während in

anderen Fällen ein Konsens gefordert werden könnte,

der von der

entsprechenden Regierung innenpolitisch unannehmbar ist. So wünschenswert

also eine

kreisen auch sein mag, dennoch

abzulehnen.

Beteiligung von weiten

Bevölkerungs-

so ist diese im Sinne der Rechtssicherheit Repräsentant

die entsprechende Regierung.

eines Staates

ist

nun einmal

Diese muß mit dem IWF verhandeln

und ein Abkommen schließen, da sie anschließend die vereinbarten Maßnahmen innenpolitisch verwirklichen muß. Eine reine stellt,

formell-rechtliche

Betrachtungsweise,

daß das Programm des Landes,

einseitige

Absichtserklärung

Realität vorbei.

des Staates

die darauf

ist,

zielt

aber

Danach könnte von einer "Einmischung",

gierung" und "strikten Auflagen" nicht die Rede sein. lichkeit aber ist entscheidend, ligt,

ab-

der letter of intend, eine an der "MitreIn Wirk-

wann der IWF ein Programm

bil-

Er kann die Anforderungen im Extremfall so hoch schrauben,

39

Körner/Maaß/Siebold/Tetzlaff (Fn. 1), S. 232.

40

BT-Drucks. 10/1977.

64

Wolfgang Engsh.uber

daß dem Land kein Entscheidungsspielraum bleibt,

dies insbeson-

dere, wenn man die Notlage des Landes bedenkt und den Umstand, daß jegliche Umschuldungen eine Vereinbarung mit dem Fonds voraussetzen.

V.

Grenzen des Fondshandelns

Angesichts

der

Bedeutung,

welche

den

IWF-Abkommen

zukommt,

stellt sich die Frage, ob dem IWF bei seinem Handeln Grenzen gesetzt sind. 41 Souveränität

1.

Internationale Organisationen, 20.

wie der IWF, üben in der Welt des

Jahrhunderts eine staatliche Grenzen überschreitende,

planen-

de und verwaltende Tätigkeit aus und erfüllen viele Funktionen, die früher von den Einzelstaaten ausgeübt wurden oder erst durch die zunehmende internationale Verflechtung entstanden;

sie werden 42 zu Trägern einer übernationalen Ordnung und Herrschaft . Einzelstaaten übertragen Bereiche, Disposition standen, sein,

die bislang zu ihrer

souveränen

auf internationale Organisationen im Bewußt-

daß internationale Regelungen im Endergebnis auch den n a -

tionalen Interessen am gerechtesten werden. gung freiwillig erfolgt,

Soweit diese Übertra-

liegt demnach kein Eingriff in die Souve-

ränität

vor.

In diesen

welche

Rechte

übertragen

Fällen muß folglich

untersucht

wurden und ob sich

auf diese Bereiche und Befugnisse beschränkt.

die

werden,

Organisation

Eine weitere Frage

41

Art. 2 I UN-Charta; Erler, Staatssouveränität und internationale Wirtschaftsverflechtung, 1955, S. 29 f f . ; Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, S. 25 f f . m.w.Nachw.; Rabl, Das Selbstbestimmungerecht der Völker, 1973.

42

Dahm, Völkerrecht, Bd. I , 1958, S. 157; Ago, Die internationalen Organisationen und ihre Funktionen im inneren Tätigkeitsgebiet der Staaten, in: Festschrift für Wehberg, 1956, S. 20 f f .

65

Der Internationale Währungsfonds

ist,

ob eine Übertragung grenzenlos erfolgen kann oder ob es e i -

nen unantastbaren Kernbereich gibt.

a)

Guidelines on Conditionality

Für den IWF sind zunächst die Satzung und die Richtlinien,

die

vom Exekutivdirektorium aufgestellt werden,

in-

wieweit

das

Prinzip

der

Souveränität

zu untersuchen,

dort

seinen

Niederschlag

Hier sind insbesondere Nr. 4 und Nr. 9 der Guide43 lines on Conditionality zu nennen .

gefunden hat.

Nr.

4:

"In

Fund will

helping members to devise adjustment programs the

pay

objectives,

due regard

to the

domestic social

and

political

the economic priorities, and the circumstances of mem-

bers including the causes of their balance of payments problems". Es

sollen

demnach

ganz

besonders

die

schaftlichen Maßnahmen berücksichtigt werden. befugnis

über

Faktoren soll

die

landesspezifischen

als Ausdruck

der

Auswirkungen

Die Entscheidungs-

sozialen

der Souveränität

wirt-

bei

und

politischen

den

Mitgliedern

verbleiben. Nr.

9: "The number and content of performance criteria may vary

because of

the diversity

ments of members.

of

problems

Performance

and institutional

criteria will

be limited

arrangeto those

that are necessary to evaluate implementation of the program with a view to ensuring the achievement of its objectives.

Performance

criteria will normally be confined to macroeconomic variables and those necessary to implement specific provisions of the articles or policies adopted

under them.

Performance criteria may relate to

other variables only in exceptional cases when they are essential for the

effectiveness of

the member's

program because

macroeconomic impact".

43

Decision No 6056-(79/38), aaO. (Fn. 27), S. 20 f f .

of

their

66

Wolfgang Engshuber

Entscheidend ist hier die

Festsetzung,

daß der

Fonds

lediglich

makroökonomische Variablen setzen kann.

b)

Kritik an der Auflagenpolitik des IWF

Angesichts dieser Bestimmungen und der eingeengten des Fonds fragt es sich,

Einflußnahme

wo die heftige Kritik von

Staatspräsi-

denten aus Entwicklungsländern ihren Ursprung findet. So Nyerere, und anderer

Präsident von Tansania: "Die Probleme meines Landes Länder

ohne die politischen helfen

können,

der

Dritten

Welt sind

schwerwiegend

Eingriffe von IWF-Beamten.

sollten

sie wenigstens

genug

Wenn sie

aufhören,

sich

nicht

einzumi-

schen" 4 4 . Die Kritik bei den Auflagen läßt sich grob in drei Sektoren einteilen: 1. Die wirtschaftspolitische Strategie, fehlt sein

die der IWF verfolgt,

Ziel und ist auf Entwicklungsländer nicht

ver-

anwend-

bar. 2. Der IWF mißachtet landesspezifische Gegebenheiten. 3. Der IWF regiert mit und läßt den Regierungen keinen Spielraum für eigenverantwortliche

Entscheidungen.

45 Verschiedene Länderstudien tionen durchgeführt wurden, nahmen des

,

die von unterschiedlichen kommen zum Ergebnis,

Institu-

daß die Maß-

IWF zu keiner Verbesserung geführt haben,

sondern

sich meist nur die Lebensbedingungen für weite Bevölkerungskreise verschlechtert selbst ein.

haben.

Diese

Mißerfolge räumt

auch der

IWF

Er verweist aber darauf, daß völlig offen ist, welche

44

Zitiert nach Gerster (Fn. 38), Umschlagseite.

45

Williamson, IMF-Conditionality, 1983; Killick, Adjustment and Financing in the Developing World, The Role of the IMF, 1986; Körner/Maaß/Siebold/Tetslaff (Fn. 1).

67

Der Internationale Währungsfonds

Entwicklungen eingetreten

wären,

des IWF vorgegangen würde.

wenn nicht nach der Strategie

In der Tat ist eine Bewertung hierzu

rein hypothetisch. Die Erfahrungen mit Anpassungsprogrammen 46 bewogen, seine Ansätze zu überdenken . Jahren hauptsächlich die

auch den

Während

Maßnahmen vorgeschlagen

IWF

in früheren die

auf

auch

auf

Regel werden heute in den Stabilisierungsprogrammen 47 :

fol-

Nachfrage

Einfluß

eine Angebotssteuerung In der

haben

nehmen

sollten,

wird

wurden, nunmehr

wertgelegt.

gende Bereiche angesprochen - Preis-,

Steuer- und Subventionspolitik des öffentlichen Sektors.

Es sollen

finanzielle

Ungleichgewichte

beseitigt

zienz im öffentlichen Bereich gesteigert werden. Nahrungsmittelpreise in Marokko,

die

Effi-

Tunesien 1983/84. Benzinpreise

bei den Verhandlungen mit Nigeria zur Zeit, Jamaika,

und

Beispiele sind:

Telefongebühren in

Versuch einer Besteuerung der Baumwollindustrie auf

den Philippinen, lichen Gründen)

nachdem sich das Marcos-Regime zur Wehr setzte,

(aus persön-

ließ der IWF davon ab und

forderte Einsparungen an anderer Stelle. - Zinspolitik zur Erhöhung der inländischen Ersparnisse, derung von

Kapitalflucht,

Verbesserung

der

Verhin-

Ressourcenalloka-

tion. -

Wechselkurspolitik.

Meist

stisch zu hoch bewertet.

sind

die Währungen

Abwertungen sollten

völlig

unreali-

nur zu Annähe-

rungen an die wahren Umstände führen und dadurch die Behinderungen im internationalen Warenverkehr beseitigen.

46

Zur Entwicklung siehe Aufsatzreihe von Guitan (Fn. 28).

47

Sisson, IWF Programme und die Einkommensverteilung in Entwicklungsländern, in: Finanzierung und Entwicklung, März 1986, S. 33 f f .

Wolfgang Gngshuber

68

- Einkommenspolitik.

Die Ansprüche der u n t e r s c h i e d l i c h e n

Bevölke-

r u n g s g r u p p e n sollen sich im Rahmen der v e r f ü g b a r e n Ressourcen halten. - F e s t s e t z u n g von K r e d i t o b e r g r e n z e n ,

d . h . die

Staatsverschuldung

soll b e g r e n z t w e r d e n . Die D a r s t e l l u n g (Tabelle 2) macht d e u t l i c h ,

d a ß d u r c h Regelungen

der einzelnen Sektoren massiv in die W i r t s c h a f t s p o l i t i k e i n e s L a n des e i n g e g r i f f e n w i r d .

Im Hinblick auf

Nr.

4 u n d Nr.

Guidelines on C o n d i t i o n a l i t y bestehen jedoch Grenzen, die F o r d e r u n g e n des IWF sein d ü r f e n . nun auf

einen Bereich,

bestimmte

Auflage

wie konkret

In diesem Punkt stoßen wir

in dem eine j u r i s t i s c h e B e t r a c h t u n g

die Mithilfe von Ökonomen angewiesen i s t , ne

nur

eine

werden,

makroökonomische

wenn eine

auf

denn die F r a g e , ob e i Variable

oder u n z u l ä s s i g e r w e i s e in d i e Mikroökonomie e i n g r e i f t , beantwortet

9 der

Subsumtion

unter

setzt

kann nur

diese

Begriffe

möglich i s t . Hierbei ist der J u r i s t jedoch ü b e r f o r d e r t . Ein k u r z e s Beispiel^® mag dies vor Augen f ü h r e n : mit dem Fonds ein Abkommen g e s c h l o s s e n , der

Abbau

war.

von

Subventionen

für

den

Jamaika hatte

in welchem u . a . Telefondienst

auch

vorgesehen

Anläßlich e i n e r Ü b e r p r ü f u n g d u r c h den Stab des IWF wurde

f e s t g e s t e l l t , d a ß die Telefonpreise immer noch n i e d r i g w a r e n , die Subventionen an,

flössen w e i t e r .

Der Stab

die weitere Auszahlung zu s t o p p e n .

forderte hingegen

eine Gesamtanalyse

Licht f ü r die weitere A u s z a h l u n g .

des

IWF r e g t e

d.h. daher

Das E x e k u t i v d i r e k t o r i u m

an

und

gab

dann

grünes

Es b l e i b t a b e r die F r a g e ,

im Falle e i n e r E i n s t e l l u n g Jamaika einen Verstoß gegen Nr.

ob

9 der

Guidelines on C o n d i t i o n a l i t y h ä t t e r ü g e n k ö n n e n . Abgesehen

von diesen

Einzelpunkten,

stellt

Frage,

welche Auswirkungen sich e r g e b e n ,

konzept

eines

48

Landes

in

Widerspruch

sich

aber

auch

die

wenn d a s W i r t s c h a f t s -

mit den

Vorstellungen

des

Der folgende S a c h v e r h a l t w u r d e , wie dies die Regel i s t , n i c h t publiziert, sondern b e r u h t auf I n f o r m a t i o n e n , die d e r Autor beim IWF in I n t e r v i e w s e r h i e l t .

Der Internationale Währungsfonds

69

Fonds steht. Etwa ein Staat ist nicht der Auffassung, eine Konsolidierung müsse anhand von Einsparungen im öffentlichen Bereich erfolgen, sondern der Staat solle Aufträge erteilen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Derartige Abweichungen hat der IWF bisher nicht unterstützt. Daraus ergibt sich auch der Vorwurf, der IWF verabreiche immer die gleiche Medizin. Kenneth Kaunda, Präsident von Sambia: "Ob man an ökonomischer Malaria, Billharziose oder Beinbruch leidet, der IWF verordnet immer Chinin" 49 . Es ist aber schwer, zu fordern, der IWF müsse auch diese Programme unterstützen, denn ein Ökonom, und der IWF besteht hauptsächlich aus Ökonomen, ist schwerlich davon zu überzeugen, daß er eine Strategie verfolgen soll, die seines Erachtens nicht zum Erfolg führt. Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, daß über die ökonomische Linie des Fonds innerhalb der Organisation kaum Gegensätze bestehen, obwohl der Mitarbeiterstab doch weltweit bestellt wird. Man kann also insoweit nur für mehr Aufgeschlossenheit plädieren. Gerade die, doch zahlreichen Mißerfolge sollten das Selbstbewußtsein hinsichtlich einer Patentlösung schmälern. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß das Prinzip der Souveränität der Staaten in den IWF-Statuten seinen Niederschlag gefunden hat. Die Frage aber, ob im Einzelfall ein Verstoß vorliegt, ist äußerst schwierig zu beantworten; es müßte jedoch möglich sein. Ein Mitglied sollte sich nicht scheuen, derartige Fragen vor das Exekutivdirektorium bzw. den Interpretationsausschuß zu bringen (der Interpretationsausschuß wird eigens einberufen und befaßt sich nur mit Interpretationsfragen des Abkommens) .

49

Zitiert aus Financial Times vom 6.11.1985.

Wolfgang Engshuber

70

2.

Gleichheit der Staaten

50

Der IWF bekennt sich zur Gleichheit

der Staaten

der gewichteten Stimmrechte widerspricht dem, Kritik

51

.

Das System

trotz mannigfacher

, nicht.

Exkurs 53 Gewichtete Stimmrechte

a)

Die Stimmacht

eines Exekutivdirektors

oder Gouverneurs

sich nach der Quote des oder der Länder, Anteil von Basisstimmen, 250 Stimmen),

chen von der Quote, Die sich

der jedem Land zugeordnet ist

ist so geringfügig, d.h.

bestimmt

die er vertritt.

Der

(jeweils

daß die Stimmacht im wesentli-

vom finanziellen Beitrag abhängig i s t .

daraus ergebende Stimmverteilung

läßt

sich

vereinfacht

darstellen (Tabelle 3 ) . Es ist

anzumerken,

daß

für

viele

Entscheidungen qualifizierte 54 Mehrheiten von 70 bzw. 85 % notwendig sind , so daß jeweils die Entwicklungsländer oder die USA ggf. dungen macht).

verhindern

können

(Vetorecht,

mit Verbündeten negative

Entschei-

Entscheidungs-

Bei der Vergabe von Krediten genügt die einfache Mehr-

50

Art. 2 I UN-Charta; Schaumann, Die Gleichheit der Staaten, 1957; Dickinson, The Equality of States in International Law, 1920; Padirac, L'Egalité des Etats et L'Organisation Internationale, 1933.

51

Gold, Uniformity as a legal principle of the IMF, Policy in International Business, 1975, S. 765 f f .

52

Nur beispielhaft sei erwähnt Heath: "Das Maß der Macht, das die Gründungsländer noch immer besitzen, ist höchst ungerecht und ein absurder Anachronismus.", zitiert nach Gerster (Fn. 44), Umschlagseite.

53

Gold (Fn. 25); d e r s . , Der Ursprung der gewichteten Stimmrechte, in: Finanzierung und Zusammenarbeit.

54

Gold, Voting Majorities in the Fund, Effects of Second Amendment of the Articles, 1980, IMF Pamphlet Series No 20.

Law and

71

Der Internationale Währungsfonds

heit.

Dies ist der einzige Schutz davor,

daß die

Kreditvergabe

nicht in das Ermessen einzelner Staatenvertreter gestellt wird. Bei

der

Verteilung

von

Stimmrechten

State - one vote Doktrin" verwiesen.

wird

oftmals auf

die

"öne

Diese Doktrin wurde in der

Geschichte des Völkerrechts jedoch von jeher auf die unterschiedlichsten Arten (Zählung von Gliedstaaten, Vetorechte) durchbro55 chen . In der heutigen Praxis sind die verschiedensten Formen einer Stimmengewichtung

bekannt,

mit am weitreichensten ist.

wobei

die Anwendung

im IWF

Dies läßt sich auf die Ähnlichkeit der

Organisationsstruktur mit Aktiengesellschaften zurückführen. Forderungen State

-

wenn

man

von

one

Entwicklungsländern

vote

die

Doktrin"

Entwicklungsländern 56 trachtet

.

(Asiatische

wicklungsbank:

Einführung

etwas

in

an

der

"one

Glaubwürdigkeit,

Zusammenschlüssen

von

auf dem Währungs- und Wirtschaftssektor be-

gleichmäßig verteilt, trag

verlieren

Entscheidungsfindung

nach

Entwicklungsbank:

hier

80% nach Finanzeinlage;

werden

20 %

Afrikanische Ent-

es werden zumindest ein Drittel nach

Finanzbei-

verteilt.).

b)

Grundsatz der Gleichbehandlung

Im übrigen ist der Fonds bemüht, lung

von

Praxis

Mitgliedern

einige

aufkommen

Fazilitäten

wicklungsländern

speziell

zugeschnitten,

keine unterschiedliche Behandzu lassen. auf eine

die

Zwar

ausdrückliche

von Entwicklungsländern erfolgt jedoch nicht. käufe

(im

für den

wurden diese

der Ent-

Bevorzugung

große

über einen

schaffenen Trustfonds den Entwicklungsländern

in

von

Als durch Goldver-

Rahmen der Abkehr vom Goldstandard)

Fonds entstanden,

sind

Bedürfnisse

Gewinne

eigens

ge-

zur Verfügung g e -

55

Hillger, Stimmenwägung in internationalen sationen, 1957, S. 30 f f . m.w.Nachw.

56

Wolfrum, Neue Elemente im Willensbildungsprozeß internationaler Wirtschaftsorganisationen, in: Vereinte Nationen 1981, S. 50 f f .

Wirtschaftsorgani-

72

Wolfgang Engshuber

stellt,

um zu vermeiden, 57

daß der Fonds eine Bevorzugung selbst

vornehmen muß

In der politischen Diskussion über die Handlungsweisen des Fonds wird vorgebracht, gimes.

der IWF unterstütze verstärkt prowestliche Re-

So etwa die kleptokraten Regimes in Zaire

(Mobutu) oder

Haiti (Duevaillier) oder etwa auch noch Somoza (Nicaragua) wenige Tage vor seinem Sturz. In der Tat stellt man,

wenn man die bisher abgeschlossenen Kre-

ditabkommen betrachtet, aber

jeweils

eine eindeutige Tendenz fest.

um Einzelfälle

handelt,

ist ein

Da es sich

Nachweis von Un-

gleichbehandlung schwierig zu führen. Ein Verstoß könnte nur gerügt werden, der

wirtschaftspolitischen

Situation

wenn die Vergleichbarkeit

zweier

Staaten

anhand

von

objektiven Kriterien möglich wäre. Welche objektiven schwierig

Kriterien dies

zu beantworten.

sein könnten,

ist aber

Der Fonds selbst hat sog.

guidelines" aufgestellt,

die bei der Beurteilung 58 chen Lage eines Staates heranzuziehen sind .

äußerst

"unwritten

der wirtschaftli-

- Die Höhe des Zahlungsbilanzdefizits im Verhältnis zur Quote sowie dem

beantragten

Berücksichtigung

Zahlungsbedarf

anderweitiger

seitens

Finanzquellen

des

Fonds

und

dem

unter Begeh-

ren, einen annehmbaren Stand der Währungsreserven aufrechtzuerhalten. - Die Natur des Zahlungsbilanzdefizits:

Strukturell oder zyklisch

und die damit verknüpfte Frage nach der Anpassungsdauer.

57

Gold (Fn. 51).

58

Die "unwritten guidelines" werden nicht veröffentlicht, sondern ergeben sich aus fondsinternen Unterlagen und Mitteilungen.

73

Der Internationale Währungsfonds

- Die Qualität und Strenge des Anpassungsprogramms

einschließ-

lich der Angemessenheit der Politik sowie der Zeitpunkt des Gesuchs. - Die Beurteilung der bisherigen Zusammenarbeit bei nahme von Fondsmitteln und die Erfolgsaussichten,

Inansprucheinen dauer-

haften Gebrauch dieser Mittel zu vermeiden. Diese Kriterien

machen deutlich,

eine Vergleichbarkeit gibt, mente Eingang finden.

daß es zwar Ansatzpunkte

daß aber doch viele

subjektive

für Ele-

Der Fonds wird auch immer auf Entschei-

dungen von Fall zu Fall verweisen und nicht Kriterien aufstellen, bei deren

Erfüllung ein Anspruch auf Abschluß eines

Abkommens

besteht. Das Problem liegt somit auf der Gewichtung der beiden zumindest teilweise konträren Grundsätze: - F l e x i b i l i t ä t , sachgerechte Entscheidung im Einzelfall, - Kontinuität sowie Gleichbehandlung. 59 Im Terra Nova Statement von 1979 und in der Arusha-Initiative 60 von 1980 warfen die Entwicklungsländer dem IWF eine Ungleichbehandlung von Industriestaaten und Entwicklungsländern vor, der IWF nur Einfluß auf kreditsuchende Staaten ausübt, nicht gegen die währungs- und wirtschaftspolitischen

da

hingegen Alleingänge

der USA interveniert. Inwieweit sich derartige Forderungen mit dem Gleichheitssatz begründen lassen,

scheint fraglich, denn der Gleichheitssatz gebie-

tet nur eine Gleichbehandlung in vergleichbaren Fällen. fungspunkt

für

Auflagen

ist

jedoch

die

Anknüp-

Zahlungsbilanzsituation

59

Terra Nova Statement: Tagung vom 5.-7.10.1979 in Kingston, Jamaica, v g l . development dialogue 1/1980.

60

Arusha-Initiative: Tagung von 40 Fachleuten aus 20 Staaten vom 30.6.-3.7.1980 in Arusha, v g l . development dialogue 2/ 1980.

74

Wolfgang Engshuber

eines Landes und der Wunsch nach IWF-Unterstützung. In diesen Fällen wird Einfluß genommen und, soweit Industriestaaten wie Großbritannien oder Italien um Kredit nachsuchten, wurden ihnen auch Auflagen gemacht. Es handelt sich insofern nicht um eine unterschiedliche Behandlung von Industriestaaten und Entwicklungsländern, sondern nach dem Kriterium "Zahlungsbilanzkrise und Kreditwunsch". Dies stellt einen sachlichen Differenzierungsgrund d a r , auch wenn man der Auffassung i s t , alle Staaten sollten zu einem gewissen Verhalten verpflichtet werden. Zusammenfassend läßt sich zum Gleichheitssatz und seinen Auswirkungen für den IWF festhalten, daß der Fonds sich zur Anwendung dieses Gebots ausdrücklich bekennt, daß aber in der Praxis nur schwerlich konkrete Forderungen daraus abgeleitet werden können. 3.

Begrenzter Aufgabenbereich

Gründe für die Begrenzung des Aufgabenbereichs Bereits im Rahmen der Behandlung des Souveränitätsgrundsatzes wurde erläutert, daß der IWF auf einzelnen Gebieten, auf denen ihm Rechte ausdrücklich übertragen wurden, die einzelstaatliche Entscheidungsfindung einengen darf. Eine weitere

Einschränkung ergibt sich auch aus den Kriterien 61 bei der Stimmenwägung . Für eine Währungs- und Wirtschaftsorganisation ist die Einteilung der Stimmacht nach der wirtschaftlichen Bedeutung und dem entsprechenden Anteil am Weltwirtschaftssystem sehr geeignet. Es wäre aber verfehlt, wenn diese Organisation auch in anderen Bereichen (etwa Außen-, Rüstungs- oder Bildungsfragen) Einfluß

61

Barents, in: Kapteyn/Lawwaars/Kooijmans/Schermers/Boomkamp, International Organization and Interpretation, Vol I B, 1982 Dir. I . B . I . 1 6 .

Der Internationale Währungsfonds

hätte,

75

denn die wirtschaftliche Machtposition würde dadurch noch

mehr in den Vordergrund gerückt. Eine Untersuchung der

Statuten ergibt,

daß sich

des IWF auf Währungs- und Wirtschaftsfragen tägliche Praxis zeigt aber sehr wohl,

die Befugnisse Die

beschränken.

daß bei der Behandlung

von Kreditgesuchen auch andere als wirtschaftliche Faktoren eine Rolle spielen. So stimmen z.B.

arabische

von afrikanischen Staaten,

Staaten gegen

jegliche

Kreditgesuche

die mit Israel diplomatische Beziehun-

gen pflegen. In

den

USA sorgten

1983/84 Veröffentlichungen 62

einer

"Hit-List"

für Aufsehen,

nach der einige Staaten in keinem Fall die Unter-

stützung

amerikanischen

des

(Vietnam,

Kuba,

Exekutivdirektors

erhalten

sollten

Afghanistan, Nicaragua sowie damals noch Gre-

nada) . Derartige Fälle sind

jedoch schwierig

weilige

Brustton

Direktor

weshalb völlig

im

das wirtschaftliche

unzulänglich

ist.

der

nachzuweisen,

Überzeugung

Konzept

des

USA zunächst strikt gegen eine Aufnahme.

der

vortragen

kreditsuchenden

Eine Ausnahme stellt

der USA zum Beitrittsgesuch Polens dar.

da

wohl

die

je-

wird, Staates Haltung

In diesem Fall waren die Als jedoch Amnestieplä-

ne sowie die Zulassung einer Gewerkschaft in Polen bekannt wurden,

änderte sich die Haltung Washingtons unter

Hinweis auf die veränderte Situation Insgesamt betrachtet, USA

(unter

Reagan)

CO

ausdrücklichem

.

läßt sich die Tendenz feststellen, verstärkt

Machtmittel einsetzen oder,

internationale

daß die

Organisationen

wenn dies nicht möglich ist,

als

sich zu-

rückziehen. 62

Rossiter, The Financial Hit List, Center for International Pol i c y , 1984; sowie Meldungen im Wall Street Journal.

63

Wall Street Journal, 35.

12.6.1984,

S.

33; ebda., 15.7.1984, S.

76

Wolfgang Engshuber

Diesen

Tendenzen

sollte

im

internationalen

Interesse

entgegengewirkt werden.

verstärkt 64 , der

Dies fordert auch Sir Joseph Gold ec die Entwicklung des Fonds maßgeblich beeinflußt hat .

Auch die Bundesregierung

66

will dafür eintreten,

sierung des IWF vermieden wird. realisieren will,

ist unklar,

daß eine Politi-

Wie sie dies in der Praxis aber

so daß der Verdacht naheliegt, daß

es sich lediglich um eine Good-will-Erklärung handelt. Zusammenfassung Die aufgestellten Grenzen des Fondshandelns bei politik sind bislang zu wenig beachtet worden. kungen für den IWF,

seiner AuflagenSie haben Auswir-

der dadurch politische und andere Einfluß-

nahmen abwehren kann,

für die Mitgliedstaaten,

die sich durch-

aus auf staatliche Souveränität berufen können,

und auch für ge-

sellschaftliche Gruppen,

sollten,

Einzelentscheidung, tragen h a t ,

die sich bewußt sein

daß die

welche soziale Gruppe die Anpassungslast zu

eine Entscheidung ihrer Regierung i s t ,

und sich der

Protest daher gegen diese richten muß.

VI.

Neue Tendenzen

1.

Abkehr vom IWF

Bei Ausbruch der Schuldenkrise einen Kollaps zu verhindern,

1982 ging es vornehmlich darum,

und dies ist trotz aller Untergangs-

prognosen auch gelungen. 64

Gold, Political Considerations are prohibited by Articles of Agreement when the Fund considers request for the use of resources, IMF Survey 1983, S. 147.

65

Sir Joseph Gold trat 1946 in die Rechtsabteilung des Fonds ein und war General Counsel von 1960-79. Seine Publikationen füllen mehrere Regale in Bibliotheken. Seine Meinung und Stellungnahmen hatten und haben großen Einfluß auf die Entscheidungen des Exekutivdirektoriums.

66

BT-Drucks. 10/1977, S. 25.

77

Der I n t e r n a t i o n a l e Währungsfonds

Die i n t e r n a t i o n a l e Zusammenarbeit b e s t a n d d i e s e B e w ä h r u n g s p r o b e . Hier konnte die Bank f ü r I n t e r n a t i o n a l e n rettend

zur

Seite

Verfügung stellte,

stehen,

indem

sie

Zahlungsausgleich

(BIZ)

Überbrückungskredite

b i s die notwendigen Umschuldungsaktionen

zur aus-

gehandelt waren. Sanierungsprogramme des IWF sorgten f ü r eine k u r z z e i t i g e Verbesserung der Situation. daß

die

Prognosen

Bereits zwei J a h r e s p ä t e r zeigte sich a b e r ,

für

d i e weitere

stisch ausgefallen waren. wirkte,

Entwicklung

viel

zu

optimi-

Die a m e r i k a n i s c h e W i r t s c h a f t s p o l i t i k b e -

d a ß ein hohes Z i n s n i v e a u sowie der hohe D o l l a r k u r s l ä n -

ger bestehen blieben a l s e r w a r t e t . mer m e h r ,

Die Rohstoffpreise s a n k e n

im-

und i n s b e s o n d e r e d e r d r a s t i s c h e V e r f a l l des Ölpreises

b e e i n t r ä c h t i g t e die L e i s t u n g s k r a f t von e r d ö l e x p o r t i e r e n d e n

Ländern

wie Mexiko. Viele Staaten b e f i n d e n sich im T e u f e l s k r e i s der H o f f n u n g s l o s i g k e i t . Die Z a h l u n g s b i l a n z e n entscheidende

h a b e n sich

Verhältnis

von

zwar teilweise

Schuldendienst

verbessert,

zu

h a t sich

jedoch v e r s c h l e c h t e r t .

staaten,

wovon d i e E n t w i c k l u n g s l ä n d e r p r o f i t i e r t e n , f l a c h t z u n e h -

mend a b ,

Das Wachstum

das

Exporteinnahmen

und p r o t e k t i o n i s t i s c h e

in den

Industrie-

Maßnahmen nehmen trotz

allge-

meiner Mißbilligung z u . Geblieben sind die d r a s t i s c h e n E i n g r i f f e in d i e S o z i a l p o l i t i k , nach

zum

Teil e u p h o r i s c h e r

Unterstützung

in

der

die

Anfangsphase,

z.B.

in Argentinien im Sommer 1985, nun immer mehr zu S p a n n u n 67 gen f ü h r e n . Mexiko mußte b e r e i t s von s e i n e r S p a r p o l i t i k wieder

Abstand nehmen, Zeit IWF.

und

Brasilien

Viele

IWF-Strategien

in Argentinien i s t es n u r noch eine F r a g e sowie

dem

Befolgung

von

die g r ö ß t e Gefahr f ü r die j u n g e n Demokratien

La-

sehen

widerstreben bei

einer

sich

strikten

zur

der

Zeit

Beobachter

Peru

teinamerikas.

67

Die Opfer gehen auf d i e B a r r i k a d e n , Die Zeit vom 13.2.1986.

78

Wolfgang Engshuber

In der schier ausweglosen Situation, finden,

in der sich die Staaten be-

ist es nicht verwunderlich, daß Stimmen nach einem Zins-

und Schuldentilgungsboykott immer lauter werden.

Wenn die Opfer

umsonst waren, warum neue Opfer? Anlaß genug für alle Beteiligten,

über die bisherige Politik nach-

zudenken. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, IWF anstreben. ob

sie

nicht

sollten.

die eine Lösung ohne den

Sogar Bankkreise äußern Skepsis und überlegen, selbst

ohne

den

IWF

Umschuldungen

durchführen

Im Falle Brasiliens konnte in der Tat ein IWF-Abkommen

umgangen werden. In dieser Phase der Unsicherheit legte der amerikanische

Finanz-

minister

IWF in

Baker

auf

der

letzt jährigen

Jahrestagung

des

Seoul einen Plan vor, der weltweite Beachtung fand. 2.

Bakerplan RR

Das Programm für dauerhaftes Wachstum Baker vorgeschlagen h a t ,

,

das US-Finanzminister

umfaßt drei wesentliche, sich gegensei-

tig unterstützende Elemente. a)

Grundzüge des Plans

aa)

Das Eingreifen

umfassender wirtschaftspolitischer

men durch die Hauptschuldnerländer, nationalen Finanzorganisationen,

Maßnah-

unterstützt durch die inter-

zur Förderung von Wachstum und

Zahlungsbilanzausgleich und Dämpfung der Inflation. bb)

Eine

fortgesetzte

Währungsfonds

in

zentrale

Verbindung

Strukturkrediten der multilateralen 68

Rolle

mit

für

den

zunehmenden

Internationalen und

wirksamen

Entwicklungsbanken.

Rede des US-Finanzministers auf der Jahrestagung des IWF in Seoul, veröffentlicht in: Auszüge aus Presseartikeln, Deutsche Bundesbank 15.10.85.

79

Der Internationale Währungsfonds

cc)

Erhöhte Ausleihung der privaten Banken

der wirtschaftlichen

Anpassungsprogramme.

zur Unterstützung

Angestrebt werden 20

Mrd. US-$ in den nächsten drei Jahren. Von diesem Plan sollen zunächst 15 Hauptschuldnerstaaten umfaßt werden.

Die USA glauben, daß eine adäquate Finanzierung bereit-

gestellt werden kann,

aber nur dort,

auf Wachstum bestehen. rung sein.

von

Effizienz,

wo vernünftige Aussichten

Die Wirtschaftspolitik muß auf die FördeWettbewerb

und

Produktivität

ausgerichtet

Diese Politik der USA hebt ausdrücklich das Bedürfnis nach

einem erweiterten Marktzugang für US-Exporteure im Ausland hervor,

bekräftigt das Bekenntnis des Präsidenten zu einem freien,

aber fairen Handel.

Der wesentliche Zug dieser Politik ist es, die

Märkte zu öffnen, nicht sie zu schließen.

b)

Reaktionen auf die Bakerinitiative

Angesprochen werden von dem Bakerplan Regierungen,

internatio-

nale Institutionen und Geschäftsbanken. aa)

Der

IWF

und

die

Weltbank

haben

Larosiere und Clausen nach kurzer volle

Unterstützung

zugesichert

durch

Beratung der

und

den

Plan

ihre

Vertreter

Vorschläge

ihre

ausdrücklich

be-

grüßt 6 9 . bb) Privatbanken reagierten zunächst zurückhaltend, da ihnen die Bereitstellung von 20 Mrd. US-$ doch sehr hoch erschien. Insbesondere die deutschen Geschäftsbanken meldeten Vorbehalte 70 an . Es ist auch noch nicht geklärt, welcher Anteil etwa auf deutsche

Banken entfallen

würde.

Mittlerweile

unterstützen 71 .

aber

auch Gewerkschaftsbanken aus Deutschland die Initiative 69

IMF-Survey, 6.11.1985, S. 1 f f .

70

Baker's Plan on Debt Crisis Gains Support, Journal vom 4.11.1985.

71

UK and Japanese Banks support Baker debt plan, in: Financial Times vom 13.12.1985; IMF-Survey, 6.1.1986, S. 7.

in:

Wall Street

80

Wolfgang

cc)

Cartagena

Gruppe.

In

Engshuber

der Cartagena

Gruppe sind

teinamerikanische Schuldnerstaaten zusammengeschlossen, 350 Mrd.

US-$ Auslandsverbindlichkeiten

ten p o s i t i v ,

daß der

schuldenskrise

Plan

die

erfaßt habe.

11 l a -

die über

aufweisen. Diese bemerk-

politischen

Dimensionen

Die Ausstattung

der

mit Mitteln

Ver-

sei aber

72 völlig

unzureichend

c)

Würdigung

Stellt der Bakerplan nun, große Chance d a r , Meilensteine

wie teilweise euphorisch behauptet,

die

und werden er und die Konferenz in Seoul als

der Weltwirtschaftsentwicklung

in die Geschichte

ein-

gehen? Zweifel seien e r l a u b t ! Bei einer vitäten

nüchternen

darin

und g e g e n s e i t i g e

letzten Jahren,

stellt man f e s t , aller

Beteiligten

wird

große

insbesondere

Strategien

der

IWF ein

Wachstum

eine

Mißerfolge e r z i e l t

Öffnung

So wünschenswert des

freien

Partnern.

und

die

Märkte

der

Marktes

schon in den

Bindeglied

Öffnung

Weltwarum

kaum s t a t t .

Entwicklungsländer

So

gefordert.

so funktioniert ein System nur

unter

gleichgestellten Indu-

und es g i b t h i e r f ü r genug Beispiele auch in Europa, hingenommen

Rohstoffpreise

von

werden

den

müssen,

während

Industriestaaten

diktiert

andererseits werden

kön-

ist ein System des f r e i e n Marktes Utopie und r e c h t f e r t i g t nur Bereicherung

zwar eine

der

Industriestaaten.

Verantwortung

Der

Bakerplan

auch der Gläubigerstaaten

an,

sungsansätze richten sich aber nach den Interessen der 72

war.

der

Eine A n a l y s e ,

findet

und

gefordert,

Solange aber protektionistische Maßnahmen in den

sanktionslos nen,

der

wurden,

dies auch erscheint,

internationalen

striestaaten, die

(Gläubiger-

Privatbanken)

märkte seit jeher Ziele der Industriestaaten. hierbei

Zusammenarbeit

wenn auch nicht so a u s g e p r ä g t ,

wobei die

daß kaum No-

Es w i r d zwar eine

Finanzorganisationen,

diese bestand aber, sind

sind.

Verantwortung

Schuldnerstaaten,

Ansonsten

Betrachtung

enthalten

Financial Times vom 17.12.1985.

erkennt die

Lö-

Industrie-

Der Internationale Währungsfonds

Staaten,

81

speziell der USA. Ein abflachender Wirtschaftsaufschwung

soll

durch

Die

wirtschaftliche

die

nicht abgebaut,

Öffnung

neuer

Exportmärkte

Abhängigkeit

der

abgefangen

werden.

Entwicklungsländer

wird

sondern sogar verstärkt.

Die Zeitbombe tickt im-

mer noch und erhält immer mehr Dynamit.

Der Bakerplan ist nur

geeignet, die Zündschnur zu verlängern.

VII.

Forderungen

Erfahrungsgemäß ist zu üben,

es nicht schwierig,

an einem System Kritik

die Probleme tauchen aber auf, wenn eigene Lösungsan-

sätze unterbreitet werden sollen. 73 Im Rahmen

der

generellen

Diskussion

Neue

um eine

Weltwirt-

schaftsordnung reichen die Forderungen von kleineren Veränderungen,

im übrigen aber Festschreibung des Systems,

völligen

Veränderung

bis zu einer

und

Wirtschaftssystems.

Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen,

hier im einzelnen

umfassende

des Weltwährungs-

Lösungsvorschläge

darzulegen.

daher auf Veränderungsvorschläge,

beschränke

mich

die den IWF betreffen. Ansatz-

punkt ist hierbei die momentane Situation. erhoben,

Ich

Es werden Forderungen

die bereits jetzt verwirklicht werden könnten. Diese Be-

schränkung bitte ich nicht dahin zu verstehen, lichung dieser Forderungen das Endziel sei. sich um die ersten Schritte,

die

daß die Verwirk-

Vielmehr handelt es

aber immerhin

realisierbar

er-

scheinen. Gerade die jetzige Diskussion unter den Industriestaaten 73

Zur Neuen Weltwirtschaftsordnung (NWWO) nur beispielhaft: Aktionsprogramm über die Errichtung einer NWWO, UNResolution A/Res/3201 (S V I ) und 3203 (S V I ) vom 1.5.1974; Rio Bericht an den Club of Rome, Wir haben nur eine Zukunft, 1977; Nord-Süd Kommission, Das Überleben sichern, 1980; Kebschull u . a . , Die Neue Weltwirtschaftsordnung, 1977; Themaat, The Changing Structure of International Economic Law, 1981; P. Bauer, Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft, in: Zwischenbilanz zur Diskussion über eine NWWO, Symposion VII der Ludwig Erhard-Stiftung, 1980; Dams, Weltwirtschaft im Umbruch, 1978; Becker, Entwicklungskooperation in einem sich wandelnden Weltsystem, 1982.

Wolfgang Engshuber

82

74 um flexible Wechselkurse

könnte genutzt

werden,

auch

andere

Veränderungen durchzuführen. Forderungen im einzelnen 1.

Die Struktur des IWF wird der gewandelten

nicht mehr gerecht.

Aufgabenstellung

Es müßte deshalb entweder

eine Rückbesin-

nung auf die ursprünglichen Aufgaben und Zielsetzungen erfolgen oder aber eine Reform ist dringend litische

Faktoren

müßten

erforderlich

berücksichtigt

(entwicklungspo-

werden;

Änderung

der

Entscheidungsfindung). 2.

Der

Fonds muß den bestehenden

Verflechtungen Rechnung auf

die

Schuldnerstaaten

Faktoren,

einwirken,

sondern

wirtschaftlichen

Politik nicht nur auch

auf

andere

die nicht in der Entscheidungsmacht der Schuldner l i e -

gen (Zinsniveau, Dollarkurs, 3.

komplexen

tragen und bei seiner

Protektionismus).

Der IWF muß bestrebt sein, seine Unabhängigkeit zu wahren

bzw. wiederzuerlangen, um die Funktion als weltweite nisation

erfüllen

zu

können

(Abwehr

politischer

Finanzorga-

Einflußnahmen,

Unabhängigkeit von den Interessen der Geschäftsbanken). 4.

Das Verhältnis des IWF zur Schwesternorganisation

Weltbank

muß neu bestimmt werden. Die Weltbank war ursprünglich für längerfristige Projekthilfe vorgesehen, zu nehmen.

ohne Einfluß auf die Politik

Durch die Schaffung von

Strukturanpassungsdarlehen 75 wurde diese Aufgabenstellung verlassen . Der IWF seinerseits hat immer häufiger den zeitlichen

Rahmen seiner

Hilfestellungen

aus-

74

Presseverlautbarung des Interimsausschusses des Gouverneurrats des IWF, 10.4.86, Nr. 5, entnommen aus: Auszüge aus Presseartikeln der Deutschen Bank vom 15.4.86.

75

Siehe zur Abgrenzung: Gold, Relations between bank's loan agreements and IMF's stand-by arrangements, in: International Financial Law Review, 1983, S. 28 f f . ; zu den Strukturanpassungsdarlehen: Landell-Mills, Kredite zur Strukturanpassung, erste Erfahrungen, in: Finanzierung und Entwicklung, Dez. 1981.

Der Internationale Währungsfonds

gedehnt.

83

Die anfängliche Funktionsteilung ist dadurch verschwun-

den. Die hier geforderten Veränderungen

sind sehr weitreichend,

und

es wäre angebracht,

das Übereinkommen über den IWF einer Re-

form zu unterziehen.

Die Erfahrungen der beiden bisher durchge-

führten Änderungen zeigten,

daß dies ein sehr langwieriges Un-

terfangen i s t . Die 2.

Änderung zog sich von 1972-1978 und dennoch konnte durch

den Druck der Ereignisse

(zweite Ölkrise)

nicht

auf die

detail76 Herten und weitreichenden Vorschläge der Outline of Reform eingegangen werden. In weiten Bereichen, die

Entwicklung

bzw.

insbesondere bei der Conditionality,

durch

Entscheidungen

des

erfolgt

Exekutivdirektoriums

des Gouverneurrats. Dieses Verfahren könnte schon zu Ände-

rungen

in der nahen

Zukunft führen und

sollte daher

im Auge

behalten werden.

76

Committee on Reform of the International Monetary System and Related Issues, International Monetary Reform (Outline of Reform), 1974.

84

Wolfgang Engshuber Tabelle 1

fH

X

rt gq

U-i JZ o (0

O a

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bfi

J3

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85

Der Internationale Währungsfonds

Tabelle 2

Wirtschaftspolitische Maßnahmen von 94 Fonds-gestützten Programmen 1980-84

Maßnahmen

.

Anzahl der Programme

Anteil in % der Gesamtzahl der Programme

Liberalisierung und Reform des Wechselkursregimes

52

55

Begrenzung der Kreditexpansion

92

98

Maßnahmen zur Mobilisierung inländischer Ersparnisse

51

54

Löhnen und Preisen

83

88

Strukturelle Anpassungsmaßnahmen

70

74

Maßnahmen zur Beeinflussung von

Verbesserung und Reform der Steuerverwaltung

52

55

Umstrukturierung der Ginkommensteuer

43

46

Maßnahmen im Bereich der Körperschaftssteuer

32

34

Inländische Steuern auf Güter und Dienste

69

73

Importzölle

54

57

Exportzölle

23

24

4

4

Begrenzungen der funktionalen Ausgaben der Zentralregierungen Einschränkungen der laufenden Ausgaben der Zentralregierungen

86

91

Einschränkungen bei Löhnen und Gehältern

59

63

Einschränkungen der Kapitalaufwendungen und der Nettokreditaufnahme

56

60

Verbesserung der Ausgabenverwaltung

40

43

Beschneidung oder Verringerung der Subventionen

39

41

86

Wolfgang Engshuber

Kürzungen der laufenden Transfers an NOPs Maßnahmen bezüglich der Auslandsverschuldung Quelle: Internationaler Währungsfonds. 1 Überschneidungen in der Klassifikation ausgeschlossen. 2 Nichtfinanzielle öffentliche Unternehmen.

2

26

28

86

91

sind

nicht

unbedingt

Entnommen: Finanzierung und Zusammenarbeit, März 1986, S. 14.

Der Internationale Währungsfonds

87

Tabelle 3

Verteilung der Stimmrechte im IWF (Stand 1985)

a) 19 Industrieländer 59,7 % 1) 2) 3) 4) 5)

USA 19,3 % Großbritannien 6,7 % BRD 5,8 % Frankreich 4 , 8 % Japan 4 , 6 %

6) 7) 8) 9) 10)

übrige Industrieländer 18,4 % 3 sozialistische Länder 1,9 % China 2,6 % 122 Entwicklungsländer 32,3 % Saudi-Arabien 3,5 %

Quelle: Annual Report 1985, Washington DC 1985.

Wolfgang Engshuber

88

Anlage 1

Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds Artikel I Ziele Der Internationale Währungsfonds hat folgende Ziele: I.

die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik durch eine ständige Einrichtung zu fördern, die als Apparat zur Konsultation und Zusammenarbeit bei internationalen Währungsproblemen zur Verfügung steht;

II.

die Ausweitung und ein ausgewogenes Wachstum des Welthandels zu erleichtern und dadurch zur Förderung und Aufrechterhaltung eines hohen Beschäftigungsgrads und Realeinkommens sowie zur Entwicklung des Produktionspotentials aller Mitglieder als oberste Ziele der Wirtschaftspolitik beizutragen;

III.

die Stabilität der Währungen zu fördern, geordnete Währungsbeziehungen unter den Mitgliedern aufrechtzuerhalten und Währungsabwertungen aus Wettbewerbsgründen zu vermeiden;

IV.

bei der Errichtung eines multilateralen Zahlungssystems für die laufenden Geschäfte zwischen den Mitgliedern und bei der Beseitigung von Devisenverkehrsbeschränkungen, die das Wachsen des Welthandels hemmen, mitzuwirken;

V.

das Vertrauen der Mitglieder dadurch zu stärken, daß ihnen zeitweilig unter angemessenen Sicherungen die allgemeinen Fondsmittel zur Verfügung gestellt werden und ihnen so Gelegenheit gegeben wird, Unausgeglichenheiten in ihrer Zahlungsbilanz zu bereinigen, ohne zu Maßnahmen Zuflucht nehmen zu müssen, die dem nationalen oder internationalen Wohlstand schaden ;

VI.

in Übereinstimmung mit Vorstehendem die Dauer der Ungleichgewichte der nationalen Zahlungsbilanzen der Mitglieder abzukürzen und den Grad der Ungleichgewichte zu vermindern.

Der Fonds läßt sich in seiner Geschäftspolitik sowie bei allen Beschlüssen von den in diesem Artikel niedergelegten Zielen leiten.

89

Der Internationale Währungsfonds

Anlage 2

GUIDELINES ON CONDITIONALITY The Executive Board agrees to the text of the guidelines on conditionality for the use of the Fund's resources and for stand-by arrangements as set forth (below). Decision No. 6056-(79/38) March 2, 1979 Use of Fund's General Resources and Stand By Arrangements 1. Members should be encouraged to adopt corrective measures, which could be supported by use of the Fund's general resources in accordance with the Fund's policies, at an early stage of their balance of payments difficulties or as a precaution against the ermergence of such difficulties. The Article IV consultations are among the occasions on which the Fund would be able to discuss with members adjustment programs, including corrective measures, that would enable the Fund to approve a stand-by a r rangement. 2. The normal period for a stand-by arrangement will be one y e a r . I f , however, a longer period is requested by a member and considered necessary by the Fund to enable the member to implement its adjustment program successfully, the stand-by arrangement may extend beyond the period of one year. This period in appropriate cases may extend up to but not beyond three years. 3. Stand-by arrangements are not international agreements and therefore language having a contracted connotation will be avoided in stand-by arrangements and letters of intent. 4. In helping members to devise adjustment programs, the Fund will pay due regard to the domestic social and political objectives, the economic priorities, and the circumstances of members, including the causes of their balance of payments problems. 5. Appropriate consultation clauses will be incorporated in all stand-by arrangements. Such clauses will include provision for consultation from time to time during the whole period in which the member has outstanding purchases in the upper credit tranches. This provision will apply whether the outstanding purchases were made under a stand-by arrangement or in other transactions in the upper credit tranches. 6. Phasing and performance clauses will be omitted in stand-by arrangements that do not go beyond the first credit tranche. They will be included in all other stand-by arrangements but these

90

c l a u s e s will be credit tranche.

Wolfgang Engshuber

applicable

only

to

purchases

beyond

the

first

7. The Managing Director will recommend t h a t the Executive Board a p p r o v e a m e m b e r ' s r e q u e s t f o r the use of the F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s in t h e c r e d i t t r a n c h e s when it i s h i s judgment t h a t t h e program i s consistent with the F u n d ' s p r o v i s i o n s and policies and t h a t it will be c a r r i e d o u t . A member may be e x pected to adopt some c o r r e c t i v e measures before a s t a n d - b y a r rangement is approved by the F u n d , but only if n e c e s s a r y to e n a b l e t h e member to adopt and c a r r y out a program consistent with the F u n d ' s p r o v i s i o n s and p o l i c i e s . In t h e s e c a s e s the Mana g i n g Director will keep Executive Directors informed in an a p p r o p r i a t e manner of the p r o g r e s s of d i s c u s s i o n s with the member. 8. The Managing Director will e n s u r e a d e q u a t e coordination in the a p p l i c a t i o n of policies r e l a t i n g to t h e use of the F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s with a view to m a i n t a i n i n g the n o n d i s c r i m i n a t o r y t r e a t m e n t of members. 9. The number a n d content of performance c r i t e r i a may v a r y b e c a u s e of t h e d i v e r s i t y of problems a n d i n s t i t u t i o n a l a r r a n g e m e n t s of members. Performance c r i t e r i a will be limited to those t h a t a r e n e c e s s a r y to e v a l u a t e implementation of the program with a view to e n s u r i n g the achievement of i t s o b j e c t i v e s . Performance c r i t e r i a will normally be confined to (i) macroeconomic v a r i a b l e s , and (ii) those n e c e s s a r y to implement s p e c i f i c p r o v i s i o n s of t h e A r t i cles or policies adopted u n d e r them. Performance c r i t e r i a may r e l a t e to other v a r i a b l e s only in e x c e p t i o n a l c a s e s when they a r e e s s e n t i a l for t h e e f f e c t i v e n e s s of t h e member's program b e c a u s e of t h e i r macroeconomic i m p a c t . 10. In p r o g r a m s e x t e n d i n g beyond one y e a r , or in c i r c u m s t a n c e s where a member is u n a b l e to e s t a b l i s h in a d v a n c e one or more performance c r i t e r i a for a l l or p a r t of the program p e r i o d , p r o v i sion will be made for a review in o r d e r to r e a c h the n e c e s s a r y u n d e r s t a n d i n g s with t h e member for the r e m a i n i n g p e r i o d . In a d dition, in those e x c e p t i o n a l c a s e s in which an e s s e n t i a l f e a t u r e of a program cannot be formulated a s a performance c r i t e r i o n a t t h e b e g i n n i n g of a program y e a r because ob s u b s t a n t i a l u n d e r t a i n t i e s concerning major economic t r e n d s , p r o v i s i o n will be made f o r a review by the Fund to e v a l u a t e the c u r r e n t macroeconomic policies of the member, a n d to r e a c h new u n d e r s t a n d i n g s if n e cessary. In these e x c e p t i o n a l c a s e s t h e Managing Director will inform Executive Directors in an a p p r o p r i a t e m a n n e r of the s u b ject matter of a r e v i e w . 11. The staff will p r e p a r e an a n a l y s i s a n d assessment of t h e p e r f o r m a n c e u n d e r p r o g r a m s s u p p o r t e d by use of t h e F u n d ' s g e n e r a l r e s o u r c e s in the c r e d i t t r a n c h e s in connection with Article IV c o n s u l t a t i o n s and a s a p p r o p r i a t e in connection with f u r t h e r r e q u e s t s for use of the F u n d ' s r e s o u r c e s .

Der Internationale Währungsfonds

91

12. The staff will from time to time prepare, for review by the Executive Board, studies of programs supported by stand-by a r rangements in order to evaluate and compare the appropriateness of the programs, the effectiveness of the policy instruments, the observance of the programs, and the results achieved. Such r e views will enable the Executive Board to determine when ist may be appropriate to have the next comprehensive review of conditionality.

Die finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzen von Regierung, Parlament und Volk in der Schweiz (unter besonderer Berücksichtigung der Ausgabenbewilligungskompetenz) Von David Jenny

*

Inhaltsübersicht I.

Einleitung

94

1. Finanzverfassungsrecht und halbdirekte Demokratie

94

2.

98

Problemformulierung

3. Charakteristika der schweizerischen Finanzverfassungen II.

99

Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage einer Ausgabe

104

1. Grundsätzliches

104

2.

Demokratieprinzip

107

3.

Rechtsstaatlichkeit

110

4. Gewaltenteilung

111

5. Schlußfolgerungen

113

""Danken möchte ich Herrn Professor Kurt Eichenberger, der meine Bemühungen verständnisvoll begleitet hat, Frau l i c . i u r . Karin Somm und Herrn lic.iur. Bruno Lötscher, deren Anregungen stets hilfreich waren, Frau l i c . i u r . Suzanne Debrot und Frau Merete Schatz, die die sorgfältige Abschrift des Manuskriptes erstellt haben.

94

David Jenny

III.

Ausgabenbewilligung: Verfahren und Ausgabenarten

114

1.

Grundsätzliches

114

2.

Anlage oder Ausgabe

116

3.

Neue oder gebundene Ausgabe?

118

4.

Ausgabenhöhe

122

5.

Schlußfolgerungen

124

IV.

Schlußbetrachtungen

I.

Einleitung

1.

Finanzverfassungsrecht und halbdirekte Demokratie

Prägend

für

das

schweizerische

124

Finanzverfassungsrecht'''

Beteiligung des Volkes an den staatlichen

ist

die

Entscheidungsabläufen.

Damit fügt sich das Finanzverfassungsrecht in das schweizerische 2 System der halbdirekten Demokratie ein und teilt dessen Proble1

In der Schweiz sind die Begriffe Finanzrecht und Finanzverfassungsrecht gleichbedeutend, v g l . Escher, Finanzrecht, in: Eichenberger et a l . , Handbuch des Staats- und Verwaltungsrechts des Kantons Basel-Stadt, 1984, S. 453 f f . (454). Unter Finanzrecht im weiteren Sinne werden alle auf die Haushaltsführung anwendbaren Normen verstanden, dazu ausf. Probst, Richtlinien der Regierungspolitik - Finanzplanung Finanzrecht, in: Festschrift für Hans Huber, 1981, S. 685 ff. (S. 692 f f . ) . Als Finanzrecht im engeren Sinn wird das Ausgabenrecht bezeichnet, Escher, aaO,, S. 454. Zu der deutschen Begrifflichkeit v g l . Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I I , 1980, S. 1060 f . und Strickrodt, Finanzrecht. Grundriß und System, 1975, S. 15 ff.

2

Wenn die schweizerische Staatsform als "halbdirekte Demokratie" bezeichnet wird, soll zum Ausdruck gebracht werden, daß die Schweiz keine direkte oder identitäre Demokratie, sondern eine repräsentative Demokratie ist, die durch direkt-demokratische Institutionen ergänzt wird, v g l . Eichenberger, Zusammen- und Gegenspiel repräsentativer und plebiszitären Komponenten im schweizerischen Regierungssystem, 1977, in: Der Staat der Gegenwart, 1980, S. 95 f f . (S. 96 ff.). Mit dem Begriff "halbdirekte Demokratie" wird das Abrücken vom ursprünglichen Schweizer Idealbild der (Fortsetzung Fußnote)

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

me. da

Die schweizerische Staatsform der halbdirekten sie

das nach dem Muster

gebaute

staatliche

Gerüst

mit

Volkes kombiniert,

schwierig.

wie die

Zuweisung

aller

an

Volk

das

sich

Begrifflichkeit ist

Sachentscheidungskompetenzen

des

Schwierig, an

den

weil einfache Lösungen die Repräsentanten

Schwierig,

werden

andererseits

ist, auf-

betreffenden

umgesetzt

und

Demokratie Demokratie

Kompetenzen

verbieten.

Kcmpetenzausscheidung bar

der repräsentativen

95

weil

die

die

Grundentscheidungen

müssen,

die einerseits

Grundentscheid

zu

oder

sinnvolle in

eine

handhab-

verwirklichen

vermag. Üblicherweise

wird

der staatlichen

zur

Kompetenzzuteilung g

Handlungsformen

im Bund und in den Kantonen fassungs-

und

Gesetzesstufe

die

formale

beansprucht. an der

beteiligt,

So wird

Rechtssetzung auf

Gliederung

auf

das

Volk

der Ver-

Einzelakte

erstreckt

sich die Volksbeteiligung - zumindest im Bunde - nicht.

Befriedi-

gende Resultate e r z i e l t diese formelle Anknüpfung der Volksrechte jedoch 4nur, wenn das erkorene Gefäß auch den erwünschten Inhalt enthält .

Im Finanzverfassungsrecht p a r t i z i p i e r t

finanzrelevanten gung der

Rechtssetzung,

Steuern enthalten

die inbesondere

muß^.

Die P l a n u n g s - ,

das Volk an der auch die

Festle-

V o l l z u g s - und

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) direkten Demokratie s i g n a l i s i e r t . Der von Rhinow g e p r ä g t e Begriff " p l e b i s z i t ä r imprägnierte Repräsentationsdemokratie" (Grundprobleme der schweizerischen Demokratie, ZSR 103 I I , 1984, S. 111 f f . (199 f . ) , betont die zentrale Stellung des repräsentativen P r i n z i p s . 3

Zur Problematik der Abgrenzung von Rechtssatz und Einzelakt v g l . neuestens Jaag, Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt, 1985. Zu den Formen der Rechtssetzung vgl. Müller, Inhalt und Formen der Rechtssetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, 1979, S. 107 f f .

4

Vgl.

5

V g l . Cottier, Die Verfassung und das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage, 1983, S. 59 f f . Das Instrument des Steuerfußes gestattet es a b e r , die gesetzlich festgelegten Steuern den Bedürfnissen entsprechend zu v a r i i e r e n , vgl. Höhn, Steuerrecht, 4. Aufl. 1981, S. 122 f . In einigen Kantonen entscheidet das Parlament endgültig über den Steuerfuß, (Fortsetzung Fußnote)

Müller ( F n . 3 ) , S. 130.

David Jenny

96

Kontrollkompetenzen

Finanzrechts werden e Parlament und Regierung uneingeschränkt zugeteilt . Die Genehmi-

gung des Budgets,

auf

dem

Gebiete

des

des Haushaltes, fällt im Bund und in fast .aln

len Kantonen dem Parlamente zu .

Das auf kommunaler Ebene an-

zutreffende Budgetreferendum ist praktisch von geringer Bedeuo tung . Gleiches gilt für die Mitwirkung des Volkes an der Auf9 nähme von Fremdmitteln . Für die geschilderten Bereiche ist also bezüglich

der

Methode

der

Kompetenzausscheidung

festzuhalten:

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) vgl. die Übersicht bei Jans, Die Zuweisung der Budgetkompetenzen in Bund, Kantonen und Gemeinden, ZB1 85, 1984, S. 477 f f . (481). Der Bund kennt keinen Steuerfuß, v g l . Jans, aaO., S. 480. 6

Für den Kanton Basel-Stadt, der hier als Beispiel angeführt sei, vgl. Escher (Fn. 1), S. 473 f f . Bemerkenswert i s t , daß das Parlament am Vollzug größerer Ausgaben beteiligt ist, Escher (Fn. 1), S. 477 f . Die Rechnung genehmigt jeweils das Parlament. Zur parlamentarischen Kontrolle des Finanzgebarens der Regierung v g l . Vallender, Finanzhaushaltsrecht. Bund - Kantone - Gemeinden, 1983, S. 67 f f . ; Koller, Der öffentliche Haushalt als Instrument der Staats- und Wirtschaftslenkung, 1983, S. 96 f f . und "Bericht der Besonderen Untersuchungskommission (BUK) vom 26. August 1985 zuhanden des Großen Rates des Kantons Bern betreffend die Beanstandungen des Rudolf Hafner vom 22. August 1984", S. 139 f f .

7

Nur der Kanton Schaffhausen referendum, das aber nur im erfußes ergriffen werden darf SH), v g l . dazu Jans (Fn. 5 ) ,

8

Übersicht bei Jans (Fn. 5 ) , S. 484, 489. Immerhin ist zu betonen, daß das Budgetreferendum in der Vergangenheit vereinzelt (z.B. Luzern und Biel) als wirksame Oppositionswaffe eingesetzt wurde. Den destruktiven Charakter des Budgetreferendums zeigt Imboden, Unmittelbare Demokratie und öffentliche Finanzen, 1949, in: Staat und Recht, 1971, S. 163 f f . , 169 f f . , auf.

9

Dem Bund ist das sog. Anleihensreferendum unbekannt. Übersicht über die kantonalen Regelungen bei Jans (Fn. 5), S. 483. Bemerkenswert i s t , daß manche Kantone die Kompetenz zur Aufnahme von Fremdmitteln der Regierung zuweisen. Der Kanton Basel-Stadt verfügt über ein Kuriosum: die Anleihensinitiantive, v g l . Rhinow, Volksrechte, in: Eichenberger (Fn. 1), S. 89 f f . (158).

kennt ein fakultatives BudgetFalle einer Erhöhung des Steu(Art. 42 Abs. 1 Ziff. 3 KV S. 481, 483.

i

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

97

Aus der staatlichen Handlungsform ergibt sich zwingend die Kompetenzzuweisung . In einem zentralen Bereich des Finanzverfassungsrechts kommt e i ne kompliziertere Ausscheidungsmethode zum Zuge:

Um die Ausga-

benbewilligungskompetenz dem zuständigen Organ zuteilen zu können, tion

genügt es nicht,

das Vorliegen einer finanziellen Transak-

zu konstatieren.

Die

staatlichen

Kassenausgänge*®

nach inhaltlichen Kriterien unterteilt. sich weitgehend, an,

verschiedene Verfahren bereitzustellen.

in wieviele Kategorien

werden

Das positive Recht begnügt

die Ausgaben zu gliedern

Es zeigt sind.

Es

deutet aber nur an,

welche inhaltlichen Kriterien

kategorisieren sollen.

Rechtsprechung und Lehre sind bemüht, die

die Ausgaben

Bedeutung der einzelnen Verfahren im Finanzrecht für das Gesamtsystem der

Kompetenzaufteilung

in

der Schweiz

auszuloten,

staatspolitische Zielsetzung eines Instituts freizulegen'*''''.

die

Darauf

aufbauend ist eine praktikable und sinnvolle Terminologie zu e r 12 arbeiten . Diese soll es ermöglichen, die Transaktionen zu bezeichnen,

die als Anlagen, Verfügungen über 13 das Finanzvermögen, in die Zuständigkeit der Regierung fallen . Dem Volke hingegen soll die

Mitwirkung an

werden.

Diese Beteiligung kann im Stadium der Rechtssetzung oder

anläßlich

der Bewilligung von Ausgaben

einzelner Ausgabenbeschlüsse erfolgen.

Gesetzmäßigkeit,

das Legalitätsprinzip,

stimmtheit ausgabenrelevanter Erlasse.

Das Gebot der

fordert eine minimale BeDies ist für den Bund, der

auf einen Einbezug der Bürger in das fahren verzichtet,

gesichert

Ausgabenbewilligungsver-

von besonderer Bedeutung.

In den

Kantonen

10

D.h. Anlagen und Ausgaben.

11

Vgl. die näheren Ausführungen unter I I I .

12

Diese beiden Anforderungen gewährleisten, daß sowohl das Interesse an einer handhabbaren Begrifflichkeit wie auch die Sorge um die Durchsetzung der staatspolitischen Zielsetzung einer Institution berücksichtigt werden, vgl. weiter III.1.

13

Vgl.

III.2.

98

David Jenny

w i r k t d a s Volk an einzelnen A u s g a b e n b e s c h l ü s s e n

mit,

falls

das

vom Volk m i t g e t r a g e n e V e r f a s s u n g s - und Gesetzesrecht die A u s g a b e n b e w i l l i g u n g nicht schon vorweggenommen h a t 14 . In E i n z e l a k t e n , zu denen die A u s g a b e n b e s c h l ü s s e

zählen,

sollen Entscheide,

im R e c h t s s e t z u n g s v e r f a h r e n z u s t a n d e gekommen s i n d , 15 stoßen werden können

2.

b e s c h ä f t i g e n sich

vorwiegend mit der Auftei-

l u n g der Ausgabenbewilligungskompetenz Volk.

Beleuchtet

werden

Dilemma des angemessenen dungen und ten,

Einbezugs

auf R e g i e r u n g ,

das

spezifisch

der Bürger

Einleitend sollen

Fixierung einer

praktikabel,

eindeutig

schweize-

die der Volksbeteiligung

h e r v o r g e h o b e n werden

welche

Anforderungen

an

(1.3.) die

an die

Anschließend

rechtssatzmäßige

Ausgabe a u s dem L e g a l i t ä t s p r i n z i p

Zuletzt soll a u f g e z e i g t w e r d e n , zum r i c h t i g e n

SachentscheiBegrifflichkei-

e i n i g e kennzeichnende Eigenheiten des

stellen s i n d ,

dargelegt,

Parlament

schweizerische

wiederzugeben.

Finanzverfassungsrechts,

Seite zu

in

rechtlicher

vage staatliche Grundentscheidungen

rischen

wird

soll

die allgemeine Problematik

und ohne S u b s t a n z v e r l u s t

wird

die umge-

Problemformulierung

Meine A u s f ü h r u n g e n und

nicht

fließen

(II.).

wie die Problematik der Zuordnung

Ausgabenbewilligungsverfahren

methodisch

bewältigt

(III.).

14

Und f a l l s die Ausgabe eine bestimmte Höhe e r r e i c h t ( v g l . III .4.). Die Ausgabenbewilligungskompetenz des P a r l a m e n t s wird h i e r n e g a t i v u m s c h r i e b e n : Grenzen s e i n e r Kompetenzen s i n d die Z u s t ä n d i g k e i t e n von Volk und R e g i e r u n g .

15

Vgl.

III.2.

F i n a n z v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Kompetenzen in der Schweiz

3.

C h a r a k t e r i s t i k a der schweizerischen

a)

Das F i n a n z v e r f a s s u n g s r e c h t

99

Finanzverfassungen

hat in Bund und Kantonen eine

unterschiedliche Ausgestaltung e r f a h r e n . Im Bunde beschränkt sich die Volksbeteiligung

auf die Mitwirkung an der Rechtssetzung

auf

Verfassung^- und Gesetzesebene.

Der B u n d e s v e r f a s s u n g s g e b e r , d . h . 16 die Mehrheit des Volkes und der Gliedstaaten , hat eine Ausdehnung der Volksrechte im Finanzbereich verworfen 17 . In allen Kantonen hingegen

gestattet

das

Finanzreferendum

tion des Volkes an Finanzverwaltungsakten

18

.

die

Partizipa-

Für die vorliegen-

den Erörterungen ist besonders d a s Ausgabenreferendum, nanzreferendum im engeren Sinne 19 , von Bedeutung.

das

Fi-

16

Art. 123 BV (SR 101).

17

In der Volksabstimmung vom 30. September 1956 ist die Aufnahme des Finanzreferendums in die B u n d e s v e r f a s s u n g a b g e lehnt worden. Zum Bundesfinanzreferendum v g l . von Sprecher, Das Bundesfinanzreferendum, 1960; Aubert, Une p a g e d ' h i s t o i r e parlamentaire s u i s s e . Le référendum financier devant l ' a s s e m b l é e fédérale (1954-1956), in: Bridel, 1968, S. 1 f f . ; Herold, Zur Geschichte des Finanzreferendums im Bunde, ZB1 82, 1981, S. 64 f f . Die noch h ä n g i g e I n i t i a t i v e der sozialdemokratischen Partei der Schweiz " f ü r die Mitsprache des Volkes bei Militärausgaben (Rüstungsreferendum)", BB1 1981 III 715, sieht ein auf den militärischen Sektor begrenztes Finanzreferendum vor. Auf eine Anknüpfung an einen Finanzverwaltungsakt verzichteten die abgelehnten Volksinitiativen "Demokratie im Nation a l s t r a ß e n b a u " , BB1 1976 II 1133 f f . , und die s o g . Atominit i a t i v e , BB1 1978 II 889. Diese hätten p a r t i e l l e Verwaltungsreferenden e i n g e f ü h r t . Imboden, Helvetisches Malaise, 1964, in: Staat und Recht, S. 279 f f . (292 f . ) , befürwortet einen Einbezug des Volkes in den Nationalstraßenbau. J a n s (Fn. 5), S. 479, Anm. 4, bezeichnet auch die I n i t i a t i v e "Demok r a t i e im Nationalstraßenbau" a l s Finanzreferendum. Diese löst aber ein Referendum u n a b h ä n g i g von einem Finanzbeschluß a u s .

18

Vgl. die Übersichten bei J a n s (Fn. 5 ) , S. 481 f f . , die auch die Rechtslage auf kommunaler Ebene wiedergeben, und Moser, Institutionen und Verfahren der Rechtssetzung in den Kantonen, 1985, S. 61 f f .

19

Dazu v g l . die Abhandlungen von Escher, Das Finanzreferendum in den schweizerischen Kantonen, 1943; Haller, Das Finanzreferendum, ZSR 90 I , 1971, S. 475 f f . ; Hungerbühler, Fußnote)

David Jenny

100

b)

Auf

dem Gebiete des

desverfassung Trotz

der

herrscht

in

den

Kantonen

Absenz den

Finanzverfassungsrechts in

einem

verbindlicher

kantonalen

weiten

läßt

die

Bun20 Maße freie Hand .

bundesrechtlicher

Vorgaben

Finanzverfassungsrechten

bezüglich

der grundsätzlichen Fragen jedoch gemeineidgenössische Überein21 Stimmung . Diese Harmonie, die auf gemeinsamen Anschauungen 22 des Wesens der halbdirekten Demokratie basiert , erlaubt es dem 23 Bundesgericht, Regeln zu entwickeln , die subsidiär Anwendung finden können. nig

Dabei kommen dem Bundesgericht die teilweise we-

aussagekräftigen

kantonalen

Normierungen

und

die

Bereit-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Das Finanzreferendum nach der aargauischen Kantonsverfassung vom 25. Juni 1980, ZB1 86, 1985, S. 329 f f . ; Imboden (Fn. 8); Laur, Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, 1966; Nef, Erneuerung des Finanzreferendums, in: Gedenkschrift für Max Imboden, 1972, S. 255 f f . ; Rohner, Die F i nanzkompetenzen der Landesgemeinden, 1960; Saladin, Kantonale Subventionen als Gegenstand des Finanzreferendums, in: Festschrift 500 Jahre Solothurn im Bund, 1981, S. 149 f f . ; Schär, Die verfassungsmäßigen Finanzkompetenzen der Staatsorgane im Kanton Bern, 1961. Weiter v g l . Aubert, Traité de droit constitutionnel suisse, 2 Bde., 1967, supplément 1967-1982, 1982, no. 1151-1154 ter; Auer, Les droits politiques dans les cantons suisse, 1978, S. 159 f f . ; Giacometti, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, 1979 (unveränderter Nachdruck der 1. A u f l . von 1941), S. 525 f f . ; Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl. 1976, Bd. I I , Nr. 152-154; Schweizer, Verfassung des Kantons Glarus, Kommentar zum Entwurf, 1981, Bd. 1 S. 246 f f . ; Vallender (Fn. 6 ) , S. 80 ff. Zum baselstädtischen Recht v g l . insbes. Escher (Fn. 1 ) , S. 459 f f . ; Rhinow (Fn. 9 ) , S. 158 f f . ; Schmid, I n i t i a t i v e und Referendum im baselstädtischen Verfassungsrecht, BJM 1980, S. 225 f f . (240-242). 20

Art. 6 BV verpflichtet die Kantone zum obligatorischen Verfassungsreferendum und zur Verfassungsinitiative, ein F i nanzreferendum v e r l a n g t er nicht. Dazu v g l . Saladin (Fn. 19), S. 146.

21

So kennen alle Kantone das Finanzreferendum. V g l . Fn. 18.

22

V g l . Giacometti (Fn. 19), S. 528 f .

23

Vgl.

III.l.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

101

schaft der Kantone entgegen, auf Korrektur der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch Neuschaffung präziserer Regeln zu verzichten. In jüngster Zeit haben einige Kantone ausdrücklich die bundesgerichtliche Rechtsprechung in ihre Rechtsordnungen inkorpo24 riert . Zu einer gewissen Rechtsvereinheitlichung hat auch das Bundesgesetz das

die

über

den

kantonalen

Bei gehöriger

eidgenössischen

Kodifizierungen

Vorsicht

ist

Finanzhaushalt

nachhaltig

es daher vertretbar,

trachtung der schweizerischen

Finanzrechte,

geführt, 25 beeinflußt hat eine

Gesamtbe-

namentlich der Aus-

gabenbewilligungsrechte, zu wagen. c)

Das schweizerische Finanzverfassungsrecht ist nicht aus e i -

nem Guß,

es vereinigt fragmentarische Brocken, die verschiedenen

Epochen entstammen. veralteten

"Die Kantone waten durch die Untiefen eines 26 Finanzgebarens" , so lautete im Jahre 1969 die Dia-

gnose Eichenbergers. trockengelegt worden.

Seither sind manche, aber nicht alle Moraste Im Lichte der neueren Errungenschaften des

Finanzrechtes ist zu fragen, ob Relikte aus dem 19. Jahrhundert wie etwa die Zweiteilung des Staatsvermögens 27 in Finanz- und Verwaltungsvermögen - noch immer brauchbar sind . So gesehen, 24

Vgl. beispielsweise § 63 Abs. 1 Bst. c KV Aargau (SR 131. 227), dazu v g l . Hungerbühler (Fn. 19), S. 338; "der baselstädtische Gesetzgeber hat sich den Überlegungen des Bundesgerichts sinngemäß angeschlossen", Escher (Fn. 1), S. 462.

25

Vom 18. Dezember 1968 (SR 611.0, FHG). Dazu v g l . Koller (Fn. 6), S. 72 f f . Vgl. beispielsweise das "Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus vom 2. Mai 1976" und die "Verordnung über den Finanzhaushalt des Kantons Schwyz vom 21. Februar 1973". Als weiteren Faktor der Rechtsvereinheitlichung hat sich das von der Konferenz der Finanzdirektoren erarbeitete "Mustergesetz für den Finanzhaushalt der Kantone und Gemeinden" erwiesen; Handbuch des Rechnungswesens der öffentlichen Haushalte, hrsg. von der Konferenz der Kantonalen Finanzdirektoren, 2 Bde., 2. Aufl. 1981.

26

Eichenberger, Leistungsstaat und Demokratie, 1969, (Fn. 2), S. 56 f f . (60).

27

Vgl.

III.2.

102

David Jenny

befindet sich das schweizerische Finanzverfassungsrecht, 28 Tagungsthema

aufzunehmen,

um das

noch nicht in einer Phase der Be-

währung. Finanzverfassungsrecht konzentriert sich 29 auf einzelne Ausgaben. Das Budget , das in der Schweiz nicht in

d)

Das schweizerische

Gesetzesform ergeht, sammelt vielfach verstreute Ausgabenbeschlüsse. Dieses Phänomen ist auch im Bunde zu beobachten: Obwohl die Bundesversammlung endgültig,

ohne den Vorbehalt einer

stimmung,

über Ausgaben entscheidet,

beschlüsse

in

Sammelvorlagen

und

Volksab-

werden wichtige Ausgaben-

nicht

im

Budget

verabschie-

28

Das lautet: "Finanzverfassung in der Bewährung".

29

Nach der älteren Schweizer Lehre soll "der Voranschlag . . . die Verwaltungs-Einnahmen und -Ausgaben des kommenden Jahres darstellen und nichts anderes", Burckhardt, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung, 3. Aufl. 1931, S. 687; v g l . auch die Hinweise in der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den eidgenössischen Finanzhaushalt, BB1 1968 I 471 f f . , 476-478. Der Form nach ist das Budget kein Gesetz, sondern ein einfacher Bundesbeschluß, Burckhardt, aaO., S. 689, der dem fakultativen Referendum entzogen ist. Bäumlin, Die Kontrolle des Parlaments über Regierung und Verwaltung, ZSR 85 I I , 1966, S. 165 f f . , hebt hervor, daß es sich bei Gesetz und Budget "um grundlegende Steuerungsvorgänge innerhalb des demokratischen Regierungsprozesses" (aaO., S. 299) handelt. Auch die Botschaft FHG bezeichnet den Budgetbeschluß als "wesentlichen politischen Steuerungsvorgang", BB1 1968 I 477. Koller (Fn. 6), S. 425 f f . , der sich mit der Frage der Rechtsnatur eingehend beschäftigt, verwirft die Lehre vom Budget als Verwaltungsakt und kommt zum Schluß, der Voranschlag sei als Plan zu q u a l i f i zieren (aaO., S. 458). Zur Frage, ob ein Budgetbeschluß eine ausreichende Grundlage für eine Ausgabenbewilligung ist, v g l . Fn. 64. Zum schweizerischen Budgetrecht v g l . ferner Gähwiler, Das Finanzhaushaltsrecht des Kantons St. Gallen, 1977; Koller, Budget und Norm, in: Festgabe zum schweizerischen Juristentag, 1973, S. 89 f f . ; Müller (Fn. 3), S. 30 f f . ; Stalder, Gesetz und Budget, ZB1 60, 1959, S. 377 f f . , S. 401 f f . ; Vallender (Fn. 6), S. 41 f f . ; Voranschlag und Rechnung der öffentlichen Gemeinwesen, Veröffentlichungen der Schweizerischen Verwaltungskurse an der Handels-Hochschule St. Gallen, Bd. 5, 1945.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

103

30 det

. Die Leistungsfähigkeit des Haushaltsplanes, der eine finan-

zielle

Steuerung

der

gesamten

wird dadurch geschwächt.

Staatstätigkeit

(aber auch in der Bundesversammlung) gen

über

Ausgabenbeschlüsse

konkrete Projekt, len,

gestatten

sollte,

Zusätzlich verdrängen in den Kantonen anläßlich

von Abstimmun-

die Auseinandersetzungen

Uber

das

für das staatliche Mittel eingesetzt werden sol-

die finanzpolitischen Erwägungen. Das Finanzreferendum wird

zum Projektreferendum 31 . e)

Wer Finanzkompetenzen wahrnimmt,

handelt nicht frei von

rechtlichen Bindungen. Mit der rechtssetzenden Gewalt ist die Fi32 nanzgewalt doppelt verknüpft: Zu beachten ist nicht nur der 33 Vorrang, sondern auch der Vorbehalt des Gesetzes . Letzteres Erfordernis gilt

für die

Erhebung

von Abgaben

Zeit auch für die Bewilligung von Ausgaben. wie

bestimmt

die

rechtssatzmäßige

Grundlage

soll und ob gewisse Ausnahmen weiter zulässig

und seit

kurzer

Kontrovers ist aber, einer

Ausgabe

sein

sind.

30

Die Sammelvorlagen, die von den Sachkommissionen und nicht von der Finanzkommission vorberaten werden, beinhalten die sog. Verpflichtungskredite (Art. 23-28 FHG), v g l . Koller (Fn. 6), S. 420 f f . (459).

31

Vgl.

32

Zum Begriff und zum Verhältnis zu den übrigen Staatsfunktionen v g l . Koller, Die Finanzgewalt im System der staatlichen Funktionenordnung, in: Festschrift für Kurt Eichenberger, 1982, S. 507 f f . ; Müller (Fn. 3), S. 29 f .

33

Vgl. I I . Weiter determiniert die rechtssetzende Gewalt t e i l weise auch, in welchem Verfahren die Finanzgewalt sich aktualisiert ( v g l . I I I . ) .

III.3.

104

David Jenny

II.

34 Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage einer Ausgabe

1. Art.

Grundsätzliches 2 des Finanzhaushaltsgesetzes

Bundesversammlung,

des Bundes

von 1968

weist

Bundesrat und Verwaltung an,

den Finanzhaushalt nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit zu führen 35 . Die Kantone haben z . T .

die Formulierung des Bundesgesetzes in ihre 36 eigenen Finanzhaushaltsgesetze aufgenommen . Derartige Bestimmungen drücken aus, was auch ohne explizite Normierung gelten würde: Finanzkompetenzen sind nach Maßgabe der Gesetze auszu37 üben . Wie schon angetönt wurde, ist der exakte Umfang der Gesetzesbindung strittig.

Nur die Geltung des Prinzips des Vorrangs

des Gesetzes steht zweifelsfrei fest

,

auf dessen weitere Diskus-

sion wird daher hier verzichtet. 34

Zum Legalitätsprinzip v g l . Borer, Das Legalitätsprinzip und die auswärtigen Angelegenheiten, 2 Bde., Diss. Basel 1985 (Maschinenschrift); Cottier (Fn. 5); Hertach, Das Legalitätsprinzip in der Leistungsverwaltung, 1984; Wildhaber, Legalitätsprinzip und Außenpolitik - eine Problemskizze, in: Einblicke in die schweizerische Außenpolitik. Zum 65. Geburtstag von Staatssekretär Raymond Probst, 1984, S. 443 ff.; Zimmerli, zum Gesetzmäßigkeitsprinzip im Verwaltungsrecht, Recht 1984, S. 73 ff.

35

Dazu vgl. Botschaft FHG (Fn. 29), S. 481 f . ; Koller (Fn. 6), S. 77 f . ; Vallender (Fn. 6 ) , S. 36 ff.

36

Vgl. etwa das Gesetz über den Finanzhaushalt des Kantons Glarus vom 2. Mai 1976.

37

Ausübung von Finanzkompetenzen ist aber weit mehr als bloßer Gesetzesvollzug. Den Gesetzen ist zu entnehmen, welcher Gestaltungsspielraum noch verbleibt. Dieser wiederum wird von eigenständigen finanzpolitischen Prinzipien beherrscht, die ihrerseits auch den Gesetzgeber zu binden vermögen. So betrifft die verbindliche Aufforderung des Art. 42(bis) BV (Abbau des Fehlbetrages der Bilanz des Bundes) finanzrelevante Rechtssetzung und Ausübung der Finanzkompetenzen.

38

D.h. bei der Führung des Finanzhaushalts darf nicht gegen Gesetze verstoßen werden; Vallender (Fn. 6 ) , S. 36; v g l . auch Hertach (Fn. 34), S. 58.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

Das

schweizerische

Bundesgericht

mehreren wegleitenden Gesetzesvorbehaltes auf

hat

Mitte

der

70ger

105

Jahre

in

Entscheidungen den Anwendungsbereich die gesamte Staatstätigkeit

Zu Recht hat das Bundesgericht es aber vermieden,

des 39 ausgeweitet . generell den

Grad normativer Bestimmtheit, der auf Verfassungs-, Gesetzes40 oder Verordnungsstufe erreicht werden sollte, vorzuschreiben . Lehre und Praxis vertreten die Ansicht,

daß für jedes staatliche

Tätigkeitsfeld gesondert zu prüfen ist,

welche inhaltliche Dichte 41 auf welcher Ebene der Rechtssetzung notwendig ist . Die Ergeb-

nisse stimmen aber trotz

des methodischen

Konsenses nicht

über-

39

BGE 103 Ia 369 f f . , 380-384 ( W ä f f l e r ) , 103 Ia 394 f f . , 402, 104 Ia 305 f f . , 309-312 und 104 Ia 440 f f . , 445 f .

40

BGE 103 Ia 382-384 nennt verschiedene Gesichtspunkte, die jeweils zu berücksichtigen sind. Bemerkenswert ist, daß BGE 104 Ia 445 f . unter Berufung auf den Entscheid Wäffler die dort noch angeführte Einschränkung fallen läßt: "Daß der Gesetzesvorbehalt auszudehnen sei, bedeutet weder, daß er sich auf sämtliche Gebiete des Verwaltungsrechts erstrecken müsse, noch, daß er in allen Gebieten mit gleicher Strenge zu handhaben sei", BGE 103 Ia 382. Würdigung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei Cottier (Fn. 5), S. 48 f f . ; Zimmerli (Fn. 34), S. 74 f f .

41

Die bundesgerichtliche Praxis bedient sich vor allem praktischer Gesichtspunkte, vgl. Cottier (Fn. 5),, S. 48 f . Die Lehre ist bemüht, die Funktion des Legalitätsprinzips herauszuarbeiten und Verbindungen mit anderen staatlichen Leitideen aufzuzeigen. Dazu v g l . Cottier (Fn. 5), passim; Wildhaber (Fn. 34), S. 443 f . ; Zimmerli (Fn. 34), S. 73, der insbes. auf die Probleme des Praktikers angesichts der hochdifferenzierten Dogmatik eingeht.

42

Als Beispiel seien die im Auftrag der bernischen Besonderen Untersuchungskommission, v g l . Bericht BUK (Fn. 6), S. 13, verfaßten Gutachten angeführt. Die Schlußfolgerungen von Kölz, Gutachten vom 20. März 1985 und Wildhaber, Kurzes Rechtsgutachten zur Frage der Durchführung einer Disziplinaruntersuchung gegen den Regierungsrat des Kantons Bern wegen der von ihm im Zusammenhang mit der bernischen Jura-Politik ausgerichteten Zahlungen, unterscheiden sich deutlich.

106

David Jenny

Antworten stimmtheit

auf

die

sind

beispielsweise tung

-

Frage

nicht

die

Einteilung 43

zu entnehmen

.

ideen Demokratieprinzip, zurückgegriffen werden, 44 stituieren

.

nach der

angemessenen

Typisierungen in

des

normativen

staatlichen

Eingriffs- und

Vielmehr muß auf die

Be-

Handelns

-

Leistungsverwalstaatlichen

Leit-

Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung die zusammen das Legalitätsprinzip kon-

Ihnen gemeinsam ist die Wertschätzung des Gesetzes.

Das Gesetz soll Garant ihrer Existenz sein,

und weil das Gesetz

in

staatlichen

hervorragender

Weise

Essentialia

unserer

beschützt, ist es mehr als ein bloßes Zielwert" Instrument, nem "eigenständigen rechtsstaatlichen 45 Hier soll skizziert werden, che

Grundlage

staatlicher

Ordnung

es wird zu e i -

wie die Anforderungen an die gesetzliAusgaben

Leitideen zu präzisieren sind.

im

Lichte

der

erwähnten

Dabei soll auch umrissen werden,

welche Bedeutung diesen allgemeinen Grundsätzen, mit den westlichen Verfassungsstaaten

teilt,

in

die die Schweiz der Schweiz zu-

kommt^®.

43

Aus der erwähnten Typisierung sind keine generellen Aussagen ableitbar, im Einzelfall sind aber die Eigenschaften der zu beurteilenden staatlichen Aktivität in die Abwägung miteinzubeziehen.

44

Wildhaber (Fn. 34), S. 443 f . , m.w.H. Diese Dreiheit der Leitideen wird hier verwendet, um die das Legalitätsprinzip betreffenden Überlegungen zu ordnen. Offengelassen wird, ob noch weitere Leitideen (Sozial- und Bundesstaatlichkeit) e i nen eigenständigen Beitrag zum Legalitätsprinzip leisten. Die Analyse der Leistungsfähigkeit von Rechtssatz und Einzelakt hätte auch ausgegliedert werden können. Zu beachten ist aber, daß schlußendlich die erwähnten Leitideen darüber entscheiden, ob die leistungsfähigere Handlungsform v e r f a s sungsrechtlich vertretbar ist.

45

Eichenberger, Gesetzgebung im Rechtsstaat, VVDStRL 40, S. 7 ff. (9).

46

Zu der deutschen Lehre vom Legalitätsprinzip v g l . Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I , 2. Aufl. 1984, S. 796 f f . Der schweizerischen Praxis und Lehre steht die deutsche Lehre skeptisch gegenüber, Stern, aaO. S. 808.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

2.

107

Demokratieprinzip

a) In der Schweiz ist das Volk an der Rechtssetzung beteil i g t ^ . Mittels Initiative können Volksteile im Bund Vorschläge für neues Verfassungsrecht, in den Kantonen auch für Gesetzesrecht dem Gesamtvolk zur Abstimmung unterbreiten. Vom Parlament ausgearbeitetes Verfassungs- oder Gesetzesrecht unterliegt dem Referendum: Verfassungsänderungen müssen im Bund und in den Kantonen dem Volke automatisch vorgelegt werden (sog. obligatorisches Referendum), Gesetze im Bund und einigen Kantonen, wenn eine bestimmte Anzahl stimmberechtigter Bürger es begehrt (sog. fakultatives Referendum). Die übrigen Kantone sehen auch für Gesetze das obligatorische Referendum vor . b)

Das demokratische Prinzip fordert die Mitwirkung des Volkes 49 an den wesentlichen, wichtigen staatlichen Entscheidungen . Das Legalitätsprinzip soll seinen Beitrag zur Sicherstellung der Volksrechte leisten. So ist in der Schweiz dem Begriffe des formellen Gesetzes die Unterstellung 50 unter das obligatorische oder fakultati-

ve Referendum immanent . Den aus dem Demokratieprinzip schweizerischer Ausprägung fließenden Anforderungen ist aber auch Genüge getan, wenn wesentliche Entscheide in referendumsfähigen Akten fallen, die unterhalb der Gesetzesstufe anzusiedeln sind. In den Kantonen und Gemeinden, wo das Volk mittels des Finanzreferendums das staatliche Ausgabengebaren kontrolliert, dürfen die gesetzlichen Normierungen inhaltlich unbestimmter ausfallen als im

47

Vgl. Lötscher/Somm/Überwasser, rechte für das schweizerische m.w.H.).

Zur Bedeutung der VolksStaatssystem (im Druck,

48

Vgl. Moser (Fn. 18), S. 24 f. und 59 f.

49

Vgl. Müller (Fn. 3), S. 107 f f . Ferner v g l . die krit. Würdigung des Kriteriums der "Wichtigkeit" bei Cottier (Fn. 5), S. 167 ff.

50

Cottier (Fn. 5), S. 12 f.

108

David Jenny

Bund len

51

.

Bundesgesetze sollten das Wesentliche über die finanziel-

Auswirkungen

erheischt

aber

der

staatlichen

auch der

Betätigung

Entscheid

des

aussagen.

Respekt

Bundesverfassungsgebers,

auf ein Finanzreferendum zu verzichten und damit der Bundesver52 Sammlung die Ausgabenbewilligungskompetenz zu übertragen . Es bleibt

dem Bundesgesetzgeber,

verwehrt,

d.h.

Parlament

und

Volk

nicht

in einem Bereich den finanziellen Spielraum des Parla-

ments aufzuheben,

zu mehr als einer Grobbestimmung der finan-

ziellen Dimensionen ist er aber nicht verpflichtet. c)

Das

Grundlage.

Demokratieprinzip Ist

die

verlangt

optimale

keine

normative

doppelte

Bestimmtheit

gesetzliche schon

auf

Verfassungsstufe vorhanden,

sind gesetzliche Regelungen bloß wie53 derholenden Inhalts überflüssig . Das jeweils erzielbare Optimum normativer Bestimmtheit bestimmt sich auch nach den Sonderheiten der jeweils zu regelnden Materie. Wo flexibles und situationsbezogenes Handeln dominieren 54 soll , sind die staatlichen Aktivitäten nicht voraussehbar und 51

Da das Parlament bei der Ausgabenbewilligung eine zentrale Rolle spielt ( v g l . I V . ) , werden auch seine Rechte gewahrt, v g l . Müller, Rechtsgutachten betreffend Verwendung der Lotteriegelder durch den Regierungsrat des Kantons Bern, erstattet der Besonderen Untersuchungskommission des Großen Rates des Kantons Bern vom 22. März 1985, S. 19. Problematisch sind die Fälle, wo Parlament und Regierung aufgrund unbestimmter Normen Kredite sprechen, die wegen ihrer g e ringen Höhe das Finanzreferendum nicht auslösen ( v g l . III. 4 . ) . Zu denken ist dabei insbes. an Aufwendungen für Planungen. Auf diesem Wege können wesentliche Entscheide zweimal durch die Maschen der Volksrechte schlüpfen.

52

Die unterschiedliche Ausgestaltung der kantonalen Finanzverfassungen und der Bundesfinanzverfassung erschwert es, Resultate, die einer Analyse der Bundesfinanzordnung entspringen, auf eine kantonale Rechtsordnung zu übertragen, dazu v g l . Wildhaber (Fn. 42), S. 10 f f . , der die Ergebnisse von Koller (Fn. 29), S. 106 f f . , aufnimmt.

53

Vgl. Borer (Fn. 34), S. 695 f .

54

Nicht ausreichend sein darf, daß flexibles Handeln vorteilhaft ist. Vielmehr muß die Verfassung explizit oder implizit (Fortsetzung Fußnote)

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

daher

109

nicht in aussagekräftige generell-abstrakte Normen ein55 56 . So wird bezüglich der Außenpolitik des Bundes , die

kleidbar

in der geschriebenen Verfassung nur rudimentär geregelt ist,

die

Ansicht vertreten,

eine gesetzliche Regelung der Finanzhilfen im 57 auswärtigen Bereich sei nicht unbedingt erforderlich . Zuständig für die Bewilligung der Finanzhilfen ist - ungeachtet der weitrei-

chenden

außenpoltitischen

Sachkompetenzen

der

Regierung

-

das

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) solches Verhalten gebieten ( v g l . auch Fn. 44). 55

Dazu v g l . Cottier (Fn. 5), S. 20 f . ; Wildhaber (Fn. 34), S. 449 f f . (453 f . ) ; Kols (Fn. 42), S. 27 f . Immer erforderlich ist eine formellgesetzliche Kompetenznorm, v g l . Cottier (Fn. 5), S. 36 Anm. 168; Hertach (Fn. 34), S. 124 f .

56

Dazu v g l . Wildhaber, Bundesstaatliche Kompetenzausscheidung; ders., Kompetenzverteilung innerhalb der Bundesorgane, in: Riklin/Haug/Binswanger ( H r s g . ) , Handbuch der schweizerischen Außenpolitik, 1975, S. 237 f f .

57

Wildhaber (Fn. 34), S. 454 f f . "Finanzhilfen, die sich weder generalisieren noch typisieren lassen, können, unmittelbar gestützt auf Art. 102 Z i f f . 8 und 9 der Bundesverfassung, gewährt werden"; Richli, Legalitätsprinzip und Finanzhilfen, ZBJV 120, 1984, 313 f f . (328). Ferner v g l . Borer (Fn. 34), S. 697 f f . ; VPB 1972 Nr. 47, Rechtsgrundlage für Beiträge an Welt- und Landesausstellungen; "Botschaft über ein Darlehen an die Immobilienstiftung für die internationalen Organisationen (FIPOI) in Genf vom 5. März 1984", BB1 1984 I 1205 f f . Dort schreibt der Bundesrat, daß die Bundesversammlung auch ohne gesetzliche Grundlage kraft der Budgetkompetenz befugt sei, den Kredit zu bewilligen, BB1 1984 I 1213, Praxis bestätigt in BB1 1985 I 249. Zur Frage einer allfälligen kantonalen Außenpolitik und deren Auswirkungen auf die Finanzkompetenzen v g l . Bericht BUK (Fn. 6), S. 60 ff.; Kols (Fn. 42), S. 47 f f . ; Wildhaber (Fn. 42), S. 2 f f . (7 f . ) . Zur verwandten Problematik der Kulturpolitik des Bundes, die aber zusätzlich die innerstaatliche Kompetenzausscheidung berührt, vgl. Martel, Grundlagen staatlicher Kulturpolitik, insbesondere des Bundes, ZB1 83, 1982, S. 101 ff.; "Botschaft über einen Beitrag an die Grobplanung der Jubiläumsanlässe 1991 vom 29. August 1984", BB1 1984 I I 1431 f f . (1437). Eine Gesamtübersicht über die Praxis des Bundes bezüglich Bundeshilfen ist zu finden in VPB 1979 Nr. 98.

David Jenny

110

Parlament.

Die finanziellen Aspekte der Außenpolitik kommen nach

der bislang herrschenden Auffassung den Volksrechten entgegen 58 . d)

Trotz der fehlenden Mitwirkung des Volkes ist auch Gewohn-

heitsrecht als ausreichende gesetzliche Grundlage eines Ausgaben59 bewilligungsbeschlusses anzusehen . Nicht einfach ist es, nichtnormierbare Bereiche von Materien abzugrenzen,

die eine gewohn-

60

heitsrechtliche Regelung erfahren haben

.

3.

Rechtsstaatlichkeit

a)

Im vorigen Abschnitt sind die Anforderungen an die norma-

tive Bestimmtheit einer gesetzlichen Grundlage Bürgers,

der an der Rechtssetzung und - in den Kantonen - an

der Ausgabenbewilligung beteiligt i s t , rechtsstaatlich soll

motivierte

dem Bürger

als

Komponente

Rechtssubjekt

ausgebreitet worden. des

Das

Legalitätsprinzips

insbesondere

des staatlichen Verhaltens und Beachtung gesicherten Rechtspositionen garantieren 61 b)

aus der Optik des Die nun

Voraussehbarkeit

seiner

grundrechtlich

staatliche Ausgabengebaren ist nicht per se grund62 . Eine den Geboten des Gleichheitssatzes konfor-

rechtsirrelevant 58

Die Volksrechte greifen, wenn ein referendumspflichtiger Staatsvertrag finanzrelevant ist (Art. 89 Abs. 3-5 BV) oder wenn ein Gesetz eine Regelung versucht; vgl. Wildhaber (Fn. 34), S. 455.

59

Vgl. Cottier (Fn. 5 ) , S. 13 f . ; Hertach (Fn. 34), S. 122 f . ; BGE 104 Ia 305 f f . (312 f . ) , dazu Richli (Fn. 57), S. 322. Die Frage, ob Gewohnheitsrecht Ausgaben binden kann, bleibt hier offen.

60

So beispielweise die Außenpolitik.

61

Vgl. f.

62

Vgl. Müller (Fn. 3 ) , S. 116. Bezüglich der auswärtigen F i nanzhilfen wird argumentiert, daß die Begünstigten keine schweizerischen Grundrechtsträger seien, vgl. Richli (Fn. (Fortsetzung Fußnote)

Cottier (Fn. 5 ) , S. 117 f . ; Wildhaber (Fn. 34), S. 443

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

111

me Verteilung staatlicher Leistungen kann nur im Gesetz erfolgen. Finanzielles Engagement des Gemeinwesens kann der Ausübung der 63

Grundrechte förderlich oder hinderlich sein

Sowenig das Gesetz imstande ist, zukünftiges situationsbezogenes Handeln sinnvoll zu determinieren, vermag der Einzelakt "Ausgabenbeschluß" Regeln aufzustellen, die den rechtsstaatlichen Erfor64 dernissen entsprechen . Voraussehbarkeit und rechtsgleiche Be65 handlung verwirklichen auch Gesetze im materiellen Sinne . Das demokratische Prinzip,

das zur Rechtsstaatlichkeit hinzutritt, f o r -

dert das formelle Gesetz.

4.

Gewaltenteilung

a)

Die Komponente des Legalitätsprinzips,

waltenteilungsprinzip

66

zurückführen läßt,

die sich auf das Gebehütet

nicht

alleine

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 57), S. 325 f . 63

So kann die finanzielle Intervention eines Gemeinwesens in einem Abstimmungskampf die Meinungsäußerungsfreiheit tangieren, dazu Auer, Le financement public de comités référendaires. Avis des droit, 1985; Kölz (Fn. 42), S. 5 f f .

64

Vgl. Koller (Fn. 29), S. 108 f . Auch wenn es in einem Einzelfall verfassungsrechtlich v e r tretbar ist, auf mehr oder weniger detaillierte rechtssatzmäßige Regelung zu verzichten, sollte nicht von einer "Ausnahme vom Legalitätsprinzip", v g l . den Ausnahmenkatalog in VPB 1979 Nr. 981, S. 460 f . , gesprochen werden. Vielmehr reduziert sich die Anforderung an die normative Bestimmtheit auf eine bloße Ermächtigung zum Tätigwerden in einem bestimmten Bereich. Nur kraft Ausgabenbewilligungskompetenz können keine Ausgaben gesprochen werden, vgl. Hertach (Fn. 34), S. 125 f .

65

Ungenügend sind Verwaltungsverordnungen, nen nicht bekannt sind.

66

Grundlage der vorliegenden Erörterungen ist das System der Gewaltenteilung, das die Bundesverfassung aufgerichtet hat, und nicht das Gedankengebäude, das das allgemeine Prinzip der Gewaltenteilung trägt. Vgl. auch Wildhaber (Fn. 34), S. (Fortsetzung Fußnote)

die den Betroffe-

112

David Jenny

den Gesetzgeber.

Vielmehr soll

in umfassender Weise die in der

Verfassung angelegte Aufteilung der Kompetenzen auf die verschiedenen Organe und Verbände gewährleistet werden. b)

Die Delegation der Ausübung einer Kompetenz an ein anderes

Organ bedarf der Verankerung im formellen, pflichtigen

Gesetz.

Eine

Abtretung

der

d.h.

referendums-

Rechtssetzungskompetenz

durch das Volk an das Parlament oder die Regierung ist nach der bundesgerichtlichen

Rechtsprechung

zulässig,

wenn

bereits

Delegationsnorm mindestens die Grundzüge der künftigen 67 enthält

.

die

Regelung

Aus dem formellen Gesetz muß demzufolge hervorgehen,

in welcher Größenordnung sich die notwendigen Ausgaben bewegen. Als zulässig erachtet das Bundesgericht,

in einem bestimmten Be-

reich die Ausgabenbewilligungskompetenz an Parlament oder Regierung

zu übertragen,

sofern das

nicht durch

Finanzreferendums 68 allzu häufige Delegationen ausgehöhlt wird . Nicht

erforderlich

ist eine

formellen Gesetz.

annähernde

Institut

Fixierung

des

der Ausgabenhöhe im

Laut Bundesgericht darf das obligatorische

Fi-

nanzreferendum sogar in einem dem fakultativen Referendum unterstehenden Erlaß ausgeschaltet werden. Diese delegationsfreundliche Praxis,

der es an Abstimmung mit der Rechtsprechung

der Delegation

der

Rechtssetzungskompetenz

Lehre auf Kritik gestoßen

mangelt,

bezüglich ist

in

der

.

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 444. (384-392). Vgl. Aubert (Fn.

67

Grundlegend BGE 103 Ia 369 f f . 19), no. 1531-1536.

68

Vgl. etwa BGE 102 Ia 457 f f . Wenn gerügt wird, ein Ausgabenbeschluß sei dem Finantzreferendum nicht unterstellt worden, prüft das Bundesgericht vorgängig, ob eine Delegation vorliegt, v g l . beispielsweise BGE 108 Ia 237.

69

Vgl. G. Müller, Ausschaltung des Finanzreferendums durch Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz, ZB1 79, 1979, S. 8 f f . Ferner v g l . Geiger, Die Delegation von Finanzkompetenzen als staatsrechtliches Problem, in: St. Galler Festgabe 1965, 1965, S. 83 f f .

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

113

c) Bei der Ausübung der Finanzkompetenzen haben Bund und Kantone die in der Bundesverfassung angelegte Kompetenzausscheidung zu beachten. So darf insbesondere der Bund auf dem Budgetwege die Zuständigkeitsbereiche der Kantone nicht infiltrie-

5.

Schlußfolgerungen

Zusammenfassend sind folgende Gesichtspunkte maßgeblich dafür, ob eine Ausgabe auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruht: 1. Eine gesetzliche Grundlage ist immer erforderlich. Unter Einbezug aller relevanter Umstände muß jeweils ermittelt werden, ob eine bloße Ermächtigung zu möglicherweise ausgaben-wirksamen Handeln als gesetzliche Grundlage ausreicht oder nicht. 2. In die Abwägung einzubeziehen sind die gegensätzlichen Eigenschaften einer generell-abstrakten Anordnung und eines Einzelaktes. 3. Wenn das Volk an der Ausgabenbewilligungskompetenz teilhat, stellt das demokratische Prinzip an die normative Bestimmtheit des Grunderlasses keine hohen Anforderungen. 4. Nur generell-abstrakte Normierungen gewährleisten grundrechtskonformes, rechtsgleiches und voraussehbares staatliches Handeln. 5. Der Umfang von Kompetenzdelegationen ist im formellen Gesetz festzulegen.

70

Zu den kulturpolitischen Maßnahmen des Bundes v g l . (Fn. 57), S. 109 f f .

Martel

114

David Jenny

I I I . Ausgabenbewilligung: Verfahren und Ausgabenarten Ob Finanzgewalt ausgeübt werden darf, vorliegenden Sie ist

Ausführungen

gezeigt

auch von Bedeutung -

Erörterungen sein - ,

-

bestimmt - dies haben die die

rechtssetzende

Gewalt.

dies soll Gegenstand der weiteren

wenn eine Ausgabe dem richtigen Verfahren

zugewiesen werden soll.

1. Die

Grundsätzliches schweizerischen

Finanzordnungen

Ausgabenbewilligungsverfahren.

kennen

kein

einheitliches

Art und Höhe einer Ausgabe ent-

scheiden darüber, welches Verfahren mit welchen beteiligten Organen einzuschlagen i s t . 71 Die Verfahren sind normativ meist ausreichend geregelt andeutungsweise schieden. gen,

werden

die verschiedenen

.

Oft nur

Ausgabenarten

ausge-

Lehre und Praxis haben in der Schweiz die Zielsetzun-

die zu unterschiedlichen Verfahren geführt haben,

habbare Begrifflichkeit umgesetzt.

in hand-

So fragt das Bundesgericht an-

gesichts der spärlichen Normierung nach dem staatspolitischen Zweck des Finanzreferendums, des finanzrechtlichen Mitwirkungs72 rechts des Volkes . Die Erkenntnis des einem Institut zugrundeliegenden Zwecks ist aber denkbar schwierig. die Bedeutung einer Einrichtung für das Ganze, richtungen Revisionen erfahren haben.

Zudem ändert sich wenn andere Ein-

So ist es nicht verwunder-

71

Auch wenn eine Kantonsverfassung neue und gebundene Ausgaben nicht ausdrücklich nennt, ist dennoch aufgrund der Ratio des Finanzreferendums von einer Zweiteilung der Ausgaben auszugehen, v g l . Escher (Fn. 19), S. 95.

72

Die BGE 93 I 313 f f . , 93 I 620 f f . , 95 I 213 f f . , 95 I 531 ff., die sich alle auf die staatspolitische Zielsetzung des Finanzreferendums abstützen, markieren den Beginn einer reichen Rechtsprechung zum Finanzreferendum. Zum staatspolitischen Zweck v g l . ferner Geiger, Elektronische Datenverarbeitungsanlage und Finanzreferendum ZB1 68, 1967, S. 201 ff. (205-207).

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

lieh,

daß die Mitwirkungsrechte des Volkes bei

Ausgabenbewilli-

gungen im Laufe der Zeit verschieden gedeutet worden sind, 73 wohl die rechtlichen Grundlagen dieselben geblieben sind . stehen die staatspolitischen Zielsetzungen einmal fest, in Begrifflichkeit umzumünzen.

obUnd

so sind sie

Begriffe wiederum sind beharrlich,

sie erheben auch dann noch Anspruch auf Verbindlichkeit, die Zwecke,

115

wenn

zu deren rechtlicher Bewältigung sie geschaffen wur-

den, schon lange das Zeitliche gesegnet haben. 74 Die Stimmrechtsbeschwerde gestattet es den Bürgern, desgericht zur Prüfung zu veranlassen,

das Bun-

ob ein Kantonsparlament

oder eine Kantonsregierung eine Ausgabe zu Unrecht dem Finanzreferendum entzogen h a t .

Daher haben die Kriterien,

ständigkeiten des Volkes abgrenzen, gefunden.

die die Zu-

eine sorgfältige Bearbeitung

Da Volksrechte nur an Akte des Parlaments anknüpfen,

werden gleichzeitig auch die Kompetenzbereiche von Parlament und Regierung ausgeschieden. Die folgenden

Fragen,

deren Beantwortung

Ausgabe zum richtigen Verfahren ermöglicht,

die Zuweisung

einer

gehen aus dem F i -

nanzverfahrensrecht hervor: 1. Liegt eine Anlage oder eine Ausgabe (im engeren Sinne) vor? (III.2.) 2. Ist eine Ausgabe als neu oder gebunden zu qualifizieren? (III.3.) 3. Wie hoch ist die Ausgabe? (III.4.)

73

So reichte nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichts, die der jeweiligen kantonalen Praxis noch sehr verhaftet war, eine bloße gesetzliche Ermächtigung aus, um e i ne Ausgabe zu binden, BGE 74 I 116, 40 I 398 f .

74

Art. 85 l i t . a des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, SR 173.110.

116

David Jenny

75

2.

Anlage oder Ausgabe?

a)

Im Bund

gungsgewalt

und

in

den

über das sog.

Finanztransaktionen, qualifizieren sind,

Kantonen

liegt

die

alleinige

Verfü76 Finanzvermögen bei der Regierung

die als Anlagen und nicht als Ausgaben zu entziehen sich den Zuständigkeiten des Parla-

ments und des Volkes. M.E.

sollen

die Begriffspaare Anlage/Ausgabe

waltungsvermögen geln:

in

der

Schweiz

folgende

und

Finanz-/Ver-

Zielsetzung

widerspie-

Apolitische Verfügungen über das Staatsvermögen

die Mitwirkung von Parlament oder Volk nicht,

erfordern

ebenfalls bedürfen

sie keiner gesetzlichen Grundlage. 77 Apolitisch Mittel,

heißt:

um ein

fraglichen

Die fragliche

aufgetragenes

Verfügung

keine

Ziel

Vermögensveränderung zu realisieren.

Vermögensminderung

ist

kein

Da aus der

resultieren

soll

75

Zur Thematik Anlage/Ausgabe/Finanz-/Verwaltungsvermögen v g l . die in Fn. 19 zit. Lit. und Jéquier, Aspects juridiques des finances publiques (La notion des placement et les divers types de dépenses), in: Revue de droit administratif et de droit fiscal 25, 1969 p. 209-218, 256-267; Handbuch (Fn. 25), N 1007-1013; Knapp, Grundlagen des Verwaltungsrechts, 1983, N 1664-1762; Herz, Finanz- und Verwaltungsvermögen in öffentlich-rechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtungsweise, 1971; B. Schmitz, Die Unterscheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen im Lichte des modernen Rechts- und Wirtschaftsstaates, 1966.

76

Oder bei einer nachgeordneten Verwaltungseinheit. Vgl. Art. 34 FHG, Art. 33 l i t . e und Art. 34 l i t . 1 des Mustergesetzes für den Finanzhaushalt der Kantone, in: Handbuch (Fn. 25), Bd. 1, S. 127 f . ; § 48 Abs. 3 KV Basel-Stadt. Vgl. ferner Escher (Fn. 1), S. 457 f . ; Rötheli, Über die Finanzkompetenzen des solothurnischen Regierungsrates, in: Festgabe Franz Josef Jeger, 1973, S. 197 f f .

77

Zum Begriff des Politischen v g l . Eichenberger, Die richterliche Unabhängigkeit als staatsrechtliches Problem, 1960, S. 122 f f . Offen bleibt hier, ob apolitisches staatliches Handeln nicht illusionär ist. Vgl. die interessante Bemerkung in Botschaft FHG (Fn. 29), S. 505: "Auch die Verwaltung des Finanzvermögens hat sich den Zielen der allgemeinen Staatspolitik unterzuordnen und dies zu unterstützen.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

und vielmehr Mittel,

ein Vermögenszuwachs

erwartet wird,

117

werden

die

zur Erfüllung der Staatsaufgaben benötigt werden, 78 nicht berührt . Öffentlichen Interessen wird also, so die gängige 79 Definition der Anlagen, nur mittelbar gedient . b)

die

Die dargelegte staatspoltische Zielsetzung wird mittels einer

Begrifflichkeit in Praxis umgesetzt,

die im 19.

80

deutschen Recht entlehnt wurde

.

Jahrhundert dem

Dieses hatte sich der Aufgabe

zu stellen,

die Einflußsphären von Volksvertretung und Monarch

zu

und

trennen

das

Privatvermögen des Monarchen aus dem 81 . Die Schweiz verwendete die Be-

Staatsvermögen auszugliedern griffe,

die ursprünglich die spezifischen Probleme einer konstitu-

tionellen Monarchie bewältigen sollten, Kompetenzen von Regierung einerseits, rerseits abzugrenzen. die deutschen

um die

finanzrechtlichen

Parlament und Volk ande-

Trotz des unterschiedlichen Unterbaus82 haben

Begriffe der Schweiz gute Dienste geleistet

.

In

zwei Bereichen treten aber die Grenzen ihrer Nützlichkeit klar ans Licht: Erstens: Finanz- und Verwaltungsvermögen kennen nicht nur unterschiedliche Zuständigkeitsordnungen, sie werden auch von zwei83 erlei Recht beherrscht . In jüngster Zeit ist die Fragwürdigkeit 78

D.h. die Vermögenswerte bleiben r e a l i s i e r b a r , v g l . Handbuch (Fn. 25), N 406 f .

79

Vgl. etwa Knapp (Fn. 75), N 1692.

80

Vor allem Laband hat die Schweiz nachhaltig beeinflußt. Zu Labands Terminologie v g l . Schmitz (Fn. 75), S. 18 f f . Die schweizerische Lehre hat sich später vor allem auf Fleiner bezogen, vgl. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl. 1939 (Neudruck für die Schweiz), S. 351 ff.

81

Vgl. Schmitz (Fn. 75), S. 1 f f .

82

Das Bundesgericht hat schon früh die Begriffe Finanz-/Verwaltungsvermögen verwendet, v g l . etwa BGE 25 I 459 ff.

83

Zum Gebrauch des Privatrechts durch den Staat v g l . Eichenberger, Verwaltungsprivatrecht, in: Festgabe zum schweize(Fortsetzung Fußnote)

David Jenny

118

der Fiktion,

der Staat handle bisweilen,

so eben bei der Bewirt-

schaftung des Finanzvermögens, wie ein gewöhnlicher Privater und sei daher dem Privatrecht unterstellt, dient sich

der Staat

rechtlichen

Bindungen

seines

aufgezeigt worden. Oft be-

alter ego,

zu lösen®^.

um sich von öffentlich-

Der heutigen

Zeit

entspricht

diese methodische Schizophrenie nicht mehr. Zweitens: das

Objektiv erkennbar i s t ,

staatliche

schluß,

ob

Vermögen

öffentliche

nackten Zahlen nicht.

wie sich eine Verfügung auf

wertmäßig Zwecke

auswirkt.

verfolgt werden,

Kontrovers ist oft,

Eindeutigen vermitteln

Aufdie

ob die Beteiligung an

einem privatrechtlichen Unternehmen nur der Erträge wegen erfolgt ist.

Verhält sich eine Regierung taktisch geschickt und verlaut-

bart ihre Motive nicht, so muß die Beteiligung wohl oder übel als Anlage taxiert werden 85 .

3.

Neue oder gebundene Ausgabe?

Die Beantwortung der zweiten Frage, be,

entscheidet darüber,

neue oder gebundene Ausga-

ob eine Ausgabe an sich, d . h .

abgese-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rischen Juristentag 1985, S. 75 f f . ; P . R. Müller, Das öffentliche Gemeinwesen als Subjekt des Privatrechts, 1970; Rhinow, Verfügung, Verwaltungsvertrag und privatrechtlicher Vertrag, in: Festgabe zum schweizerischen Juristentag 1985; ders., Privatrechtliche Arbeitsverhältnisse in der öffentlichen Verwaltung, in: Festschrift für Frank Vischer, 1983, S. 429 f f . 84

Vgl. Rhinow (Fn. 83), S. 438 f .

85

Illustrativ ist die sog. "WATRAG-Affäre": Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft, der Aktien eines regionalen Verkehrsunternehmens erwarb, bekannte sich dazu, im öffentlichen Interesse gehandelt zu haben. Dadurch entkräftete er selbst seine eigene These, es liege eine Verfügung über das Finanzvermögen vor, v g l . den "Bericht der Geschäftskommission des Kantons Basel-Landschaft über die Angelegenheit Wasserfallen Transport AG/Autobus AG vom 20. Mai 1985". Vgl. ferner Handbuch (Fn. 25), N 405 und S 75 Abs. 3 neue KV Basel-Landschaft.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

119

oe hen von der Höhe,

referendumsfähig ist

setz

zur Ausgabenbewilligung

die

Kompetenz

. Wenn das formelle Gedelegiert,

erübrigt

sich die Frage. a)

Das Konzept der Zweiteilung

hige

und

der Ausgaben in referendumsfä-

referendumsfähige durchzieht ausnahmslos alle 87 kantonalen Regelungen . Inspiriert von einzelnen kantonalen Be88 89 Stimmungen hat sich folgende Terminologie durchgesetzt : Neue Ausgaben, über.

nicht

d.h. referendumsfähige, stehen den gebundenen gegen-

Diese Begriffe sind logischerweise,

zur Vefügung stehen, sind,

komplementär. Alle Ausgaben, die nicht neu

sind gebunden und vice versa.

korrekt,

da nur zwei Verfahren

Daher wäre es methodisch

nur den einen Begriff zu definieren.

Das Bundesgericht

versucht aber, beide Begriffe positiv zu definieren. b)

Seit etwa 20 Jahren kümmert sich das Bundesgericht intensiv

um saubere begriffliche Erfassung der beiden Ausgabenkatego90 rien . Da die frühere enge Bindung an das concreto auszulegende kantonale Recht weggefallen ist,

gelangen die höchstrichterlichen 91 Deutungen subsidiär zur Anwendung . Falls nicht klare Indizien abweichende kantonale Regelungen anzeigen, wendet das Bundesge86

Dazu v g l . die in Fn. 19 zit.

Lit.

87

Vgl. Fn. 71.

88

So Solothurn und Zürich, v g l . BGE 74 I 116.

89

Escher (Fn. 19), S. 90 f f . , spricht statt von "neuen" von "außerordentlichen" Ausgaben. Der Verfassungsentwurf Glarus verwendet den Ausdruck "freibestimmbare Ausgaben". Mit der Begriffsneuschöpfung ist aber kein Abrücken von der Bundesgerichtspraxis verbunden, Schweizer (Fn. 19), S. 248 Anm. 1.

90

Vgl. die in Anm. 72 angeführten BGE.

91

Aubert (Fn. 19), no. 1151-1152 ( s u p p l . ) , bezeichnet die bundesgerichtlichen Regeln als "une sorte de droit commun". Dieses subsidiäre Recht "n'est pas du droit fédérale, mais un corp de règles cantonales qui ont trouvé dans la jurisprudence fédérale non leur source, mais leur expression".

120

David Jenny

rieht ohne weiteres seine Begriffsbestimmungen an akzeptieren die Rechtsprechung 93 oder ausdrücklich c)

Ausschlaggebend dafür,

Die gesetzliche Grundlage bestimmt nicht nur,

Rechtsordnung

Stufe höherstufige Das

ist

die

Entscheide

Demokratieprinzip

ge-

ist die normative Bestimmtheit des

ches Verfahren einzuschlagen ist. der

Die Kantone

ob eine Ausgabe als neu oder

eine Ausgabe überhaupt getätigt werden darf, baus

.

des Bundesgerichts stillschweigend

bunden eingestuft werden muß, Grunderlasses.

92

ob

sondern auch, wel-

Konsequenz des gestuften AufRegel,

nicht

auf

einer

aufgehoben werden

dieser

Grundsätze

für

daß

das

dem

unteren 94 dürfen .

die wichtigen 95 staatlichen Entscheidungen vorgelegt werden sollen . Die Bedeutung

verlangt,

daß

Volk

Ausgabenbewilligungsrecht

Schweizer Kantone ist offensichtlich:

der

Nur wenn das formelle Gesetz

die wesentlichen ausgabenrelevanten Entscheide nicht enthält,

soll

das Volk

Mit

an der

anderen Worten:

Bewilligung wichtiger Ausgaben mitwirken. Das Finanzreferendum greift ein,

bewilligt werden sollen,

wenn Ausgaben

die ein referendumspflichtiger Akt nicht

schon ausreichend bestimmt hat.

Sofern der Grunderlaß

wichtige

Entscheidungen noch nicht getroffen hat, Übung

der

Finanzgewalt

noch

sofern also bei der Aus96 Entscheidungsfreiheit verbleibt ,

ist ausreichende Bestimmtheit nicht vorhanden, beschluß referendumsfähig.

ist der Ausgaben-

Unerheblich ist es, ob Entscheidungs-

freiheit bezüglich der Höhe einer Ausgabe oder weiterer

92

Vgl. etwa BGE 111 Ia 34 f f . (36 f . ) .

93

Vgl. Fn. 24.

94

Nicht zutreffend ist der von Escher (Fn. führte Grundsatz "ne bis in idem". Auf auf einer höheren Stufe darf über das noch einmal entschieden werden, vgl. 17), S. 204.

95

Vgl.

96

Saladin (Fn. 19), S. 157.

III.2.b).

Modalitä-

19), S. 91, angeder gleichen oder Gleiche sehr wohl von Sprecher (Fn.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

ten wie Ausgestaltung 97 punkts besteht d)

des zu finanzierenden

Die Maßgeblichkeit

gabenhöhe leitet

der

Projekts oder

Entscheidungsfreiheit

sich aus der traditionellen

121

über

Begründung

Zeit-

die Ausdes

Fi-

nanzreferendums her.

Dieses Volksrecht soll es dem Bürger ermög98 liehen, seine Steuerlast festzusetzen Ein Grunderlaß,

der bloß seine Ausgabenrelevanz erkennen

bindet eine Ausgabe nicht,

noch frei entschieden werden kann.

Die Volksrechte würden aber

überdehnt und die Verwaltungskompetenzen gierung geringgeachtet,

läßt,

da über die Höhe der Aufwendungen von Parlament und Re-

wenn alle Ausgaben, die nicht gesetzlich

auf Heller und Pfennig fixiert sind, als neue, d.h. referendums99 fähige Ausgaben eingestuft würden . Die wesentliche Frage ist entschieden, gabe festlegt.

wenn der Grunderlaß die ungefähre Höhe einer AusWeiter wird im allgemeinen Verwaltungsauftrag die

Kompetenz erblickt,

die minimalen Aufwendungen ohne Volksmitwir-

kung zu bewilligen. ben.

Der Kauf einer

stellen,

Zudem binden neue Ausgaben weitere AusgaLiegenschaft kann eine neue Ausgabe

dar-

die Unterhaltskosten hingegen sind gebundene Ausgaben,

obwohl sie das Gesetz nicht ausreichend bestimmt 97

In den Worten des Bundesgerichts: Maßgeblich ist, "ob die entscheidende Behörde hinsichtlich des 'ob' oder 'wie' der Aufwendungen eine verhältnismäßig große Handlungsfreiheit besitzt", BGE 111 Ia 37 m.w.H.

98

Vgl. etwa Aubert (Fn. 19), no. 1151; BGE 93 I 626. Zu beachten ist aber, daß das Gesetzesreferendum und e v t l . das Steuerfußreferendum dem Bürger auch Einfluß über die Steuerlast verschafft.

99

Sehr streng ist von Sprecher (Fn. 17), S. 218, der Bindung nur annimmt, wenn der Grunderlaß "ausdrücklich die Bewilligung eines ziffermäßig fixierten oder betragsmäßig maximal limitierten Finanzaufwandes durch das Volk" erkennen läßt.

100

Vgl. die Kasuistik bei Saladin (Fn. 19), S. 152 f f . ; Hungerbühler (Fn. 19), S. 338 f f . ; BGE 111 Ia 37 und 108 Ia 237 f.

David Jenny

122

e)

Muß Entscheidungsfreiheit

neint werden, des

Finanzreferendums.

Ausgabe

Bei

berücksichtigt

praxis

bezüglich

der Ausgabenhöhe

bedeutet dies noch nicht den definitiven

das

seiner Begriffsbestimmung

das

Bundesgericht,

Finanzreferendum

hinausgewachsen

ist

und

über

auch

das

zum

daß

in

ver-

Ausschluß der neuen

der

Staats-

Finanzverfassungsrecht

Projektreferendum

geworden

ist101. Wohl löst ein zahlenmäßig tes das Referendum a u s , Auseinandersetzungen

faßbares

Element

eines

um das

zu

finanzierende

nanzpolitischen Aspekte sind oft n e b e n s ä c h l i c h . wird

als

Gradmesser

Verwaltungsak-

den Abstimmungskampf prägen meist

für

die

Wichtigkeit

Projekt,

die

die fi-

Die Ausgabenhöhe

eines

Projektes

ge-

braucht. Bei

der

Beurteilung

eines

Ausgabenbeschlusses

prüft

daher

das

Bundesgericht,

ob, auch wenn die Ausgabenhöhe in etwa f e s t s t e h t ,

bezüglich

Modalitäten

der

Entscheidungsfreiheit

des

zu

verbleibt.

finanzierenden Die

Projekts

noch

Entscheidungsfreiheit

muß

v e r h ä l t n i s m ä ß i g wichtige F r a g e n , nicht bloß technische Details 102 betreffen . Als Beispiel sei die Linienführung einer Kantonsstraße

4.

genannt"^.

Ausgabenhöhe

Nicht jede Erforderlich

neue ist,

Ausgabe

wird

dem

daß die Ausgabe

Finanzreferendum eine

minimale

unterstellt.

Höhe

erreicht.

101

"Außerdem soll der Stimmberechtigte über die Art und Weise der Erfüllung wichtiger Verwaltungsaufgaben befinden d ü r f e n " , BGE 95 I 537. Zur Verwaltungsdemokratie v g l . Imboden (Fn. 8); Jagmetti, Demokratie im Umbruch, i n : F e s t s c h r i f t Werner Kägi, 1979, S. 209 f f . (229 f . ) ; Kölz, Ausbau des Verwaltungsreferendums, SJZ 77, 1981, S. 53 f f .

102

Saladin ( F n . 1 9 ) , S. 156 f .

103

Vgl. BGE 105 I a 80 f f .

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

123

104 Die Beträge variieren von Kanton zu Kanton stark

.

Das Krite-

rium der Ausgabenhöhe soll die wichtigen Ausgabenbeschlüsse den Volksrechten zugänglich machen. aus.

Unterhalb

abschließend.

Teils löst ein geringerer Betrag

ein höherer das obligatorische Finanzreferendum

das fakultative,

der festgelegten

Limite beschließt das Parlament

Oft wird der Regierung,

um finanzielle Beweglich-

keit zu gewähren, die Kompetenz Ausgaben in be105 zugestanden, scheidener Höhe zu bewilligen . Problematisch ist die Praxis, da

Kollisionen

mit dem Spezifikationsprinzip

unvermeidlich

sind,

der Regierung auf dem Budgetwege einen Kredit zur freien Verfü106 gung zuzuweisen Die Berechnung der Ausgabenhöhe beschäftigt nicht nur die Buchhalter,

sondern

auch die

Richter.

Umstritten

ist oft,

ob eine

Vorlage künstlich geteilt wurde,

damit die einzelnen Vorlagen j e -

weils

auslösenden

ten

den

107

.

das

Finanzreferendum

Schwierigkeiten tauchen auf,

Betrag

unterschrei-

wenn ein Ausgabenbeschluß 108

neue und gebundene Ausgaben beinhaltet

104

Vgl. die Übersichten bei Moser (Fn. 18), S. 61 f f . Unterschiedliche Limiten bestehen für einmalige und wiederkehrende Ausgaben, v g l . Hungerbühler (Fn. 19), S. 342 f .

105

Vgl. etwa Art. 76 Z i f f . 8 KV Obwalden; Art. 65 Ziff 9 KV Nidwaiden; Art. 52 Abs. 2 Z i f f . 4 KV Glarus. Im Kanton Basel-Stadt schreibt das Gesetz vor, daß im Budget ein Betrag zur Verfügung des Regierungsrates einzustellen sei, S 2 des Gesetzes betreffend Ausgaben- und Vollzugskompetenzen, v g l . Escher (Fn. 1), S. 467 f .

106

Vgl. Bericht BUK (Fn. 6), S. 15 f f .

107

Vgl. Hungerbühler (Fn. 19), S. 344 f f . m.w.H.; BGE 105 Ia 88-90, NZZ 1986 Nr. 32, Urt. des Bundesgerichts vom 2. Oktober 1985.

108

Vgl. etwa ZB1 86, 1985, S. 456 f f . , Urt. des Bundesgerichts vom 27. März 1985.

124

5.

David Jenny

Schlußfolgerungen

Das Finanzreferendum

erfüllt -

dies sei als Ergebnis

Ausführungen festgehalten - einen doppelten Zweck: das Volk am staatlichen

der obigen Es beteiligt

Finanzgebaren und an der Verwaltungs-

tätigkeit im allgemeinen. Zu untersuchen ist daher, ob ein Grunderlaß noch wirkliche Entscheidungsfreiheit gewährt. kussion der Frage,

Auf die Dis-

ob der finanzielle Aspekt eines Projektes der

ideale Anknüpfungspunkt für ein partielles

Verwaltungsreferendum

i s t , wird hier verzichtet. Ausgehend von Lehrmeinungen, die ihren Niederschlag vor allem in Gutachten zuhanden kantonaler Regierungen gefunden haben, hat das Bundesgericht den schweizerischen Verhältnissen eine e i genständige Begrifflichkeit maßgeschneidert. Heute ist es belanglos, daß die Scheidung in neue und gebundene Ausgaben ursprünglich wohl von deutschen budgetrechtlichen Lehrmeinungen 109 angeregt wurde praktisch

.

Der dogmengeschichtliche Hintergrund ist nun

bedeutungslos.

Die Begriffspaare

Anlage/Ausgabe

und

Finanz-/Verwaltungsvermögen hingegen sind noch immer tief in e i ner Vergangenheit heutigen sind.

verwurzelt,

deren Problemstellungen nicht die

Dieses Nebeneinander unterschiedlich fundierter Be-

grifflichkeiten zeigt die Uneinheitlichkeit nanzverfassungsrechts IV.

des schweizerischen

Fi-

auf.

Schlußbetrachtungen

In den bisherigen Ausführungen ist die Bedeutung der Volksrechte für das schweizerische den,

Finanzverfassungsrecht

stark

betont

wor-

vernachlässigt wurden aber die Kompetenzen von Regierung

und Parlament.

109

Vgl. Laband, Das Staatsrecht Aufl. 1914, Bd. I I , S. 532 f .

des Deutschen Reiches,

5.

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

125

In den Kantonen und im Bunde - dort in einem geringeren Ausmaße - beeinflussen die Volksrechte die Einnahmen und die Ausgaben des Staates.

Eine Verpflichtung des Volkes zur finanzpolitischen

Konsequenz besteht nicht. Ausgaben, nen.

Bewilligt das Volk eine

Erhöhung der

so kann es dennoch eine Anpassung der Steuern ableh-

Regierung und Parlament haben es nicht in der Hand,

Staatshaushalt im Gleichgewicht möglich,

zu halten.

den

Dies wäre ihnen nur

wenn das Volk nur die Einnahmen oder nur die Ausgaben

zu steuern vermöchte* 1 ®. Vom eben

skizzierten

widersprüchlichen

Bild

einer

verfassungsrechtlich

Führung des Staatshaushaltes ist

angelegten

die Schweizer

Realität aus mehreren Gründen weit entfernt** 1 . Erstens

beeinflussen

punktuell. Parlament

die

Volksrechte

Unterhalb eines frei.

bestimmten

Das fakultative

den

Staatshaushalt

Betrages

Gesetzes- und

führt nur dann zu einer Volksabstimmung,

entscheidet

nur das

Finanzreferendum

wenn sich eine opposi-

tionelle Gruppierung findet, die den Aufwand einer Unterschriftensammlung

auf

sich

nimmt.

wird zudem oft durch eine

Das

obligatorische

Delegation

der

Finanzreferendum

Ausgabenbewilligungs-

kompetenz im formellen Gesetz ausgeschaltet. Zweitens verbleiben

nicht

Vollzug anvertraut sind, Kompetenzen.

nur der Regierung,

der

Planung und

sondern auch dem Parlament

erhebliche

Da die Volksrechte auf der Ebene der Finanzverwal-

tungsakte, d.h. vor allem Ausgabenbeschlüsse und Festsetzung des Steuertarifes, Natur sind,

nicht initiierender, sondern immer nur reagierender t r i f f t das Parlament wichtige Vorentscheide.

Nur was

110

Zur Mittelbeschaffung v g l . K. Jenny, Mittelbeschaffung als öffentliche Aufgabe am Beispiel des Stadtstaates Basel, in: Festschrift Kurt Eichenberger, 1982, S. 719 f f .

111

Zur finanziellen Situation des Bundes v g l . "Bericht zum Legislaturfinanzplan des Bundes für die Jahre 1985-1987", BB1 1984 I 266-335. Für den Kanton Basel-Stadt, der im schweizerischen Vergleich mit ernsten Problemen zu kämpfen hat, vgl. Frey/Bombach, Zur Lage der Staatsfinanzen von BaselStadt, 1986.

David Jenny

126

das

Parlament

sein.

passiert,

kann

Gegenstand einer

Und es kann darauf v e r t r a u e n ,

Volksabstimmung

daß ein Großteil seiner Be-

schlüsse vom f a k u l t a t i v e n Referendum verschont werden w i r d . dem darf

das Parlament

den Spielraum

Zu-

budgetrechtlicher

zwischen

Bindung und Bindung im Sinne des Finanzreferendums nutzen. Zuletzt wird dem Schweizervolk bereichen die

sich maßvoll

Volksrechte

betätigt.

zusätzlich

nimmt die Schweiz a l l f ä l l i g e Nachteile

attestiert,

in

Die geringen die

gerne in Kauf. bei

weitem

gierungen und Parlamente,

daß es auch in

Finanz-

Turbulenzen,

Staatsfinanzen

die

hineintragen,

Der Einbezug des Volkes wiegt

auf.

Zudem garantieren

denen a l l e

auch

Re-

finanzverfassungsrechtlichen

Kompetenzen übergeben wurden, keinen gesunden

Staatshaushalt.

Hinweis: Der in Fn. zitierten

6 z i t i e r t e Bericht und die in den Fn.

Gutachten

sind e r h ä l t l i c h

ren Untersuchungskommission,

42,

beim Sekretariat

Staatskanzlei,

der

51 und 63 Besonde-

Postgasse 72, CH-3011

Bern. Abkürzungen: BB1

=

Bundesblatt der Schweizerischen

BGE

=

Entscheidungen des Schweizerischen

Eidgenossenschaft Bundesgerichts

(Amtliche Sammlung) BJM

=

Basler Juristische

BV

=

Bundesverfassung der Schweizerischen

Mitteilungen Eidgenossenschaft

(SR 101) FHG

=

Bundesgesetz über den eidgenössischen

KV

=

Kantonsverfassung

SJZ

=

Schweizerische

(SR 611.0) Juristen-Zeitung

Finanzhaushalt

Finanzverfassungsrechtliche Kompetenzen in der Schweiz

SR

=

Systematische Sammlung des Bundesrechts

VPB

=

Verwaltungspraxis des Bundes

ZBJV

=

Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins

ZB1

=

Schweizerisches

Zentralblatt

für Staats-

verwaltung ZSR

=

Zeitschrift für Schweizerisches Recht.

127

und Gemeinde-

Ungeschriebene Ausgabenkonipetenzen des Bundes in der geschriebenen Finanzverfassung des Grundgesetzes? Von Joachim Wieland

Inhaltsübersicht I.

II.

III.

IV.

Das Problem

130

1.

Die Inanspruchnahme von ungeschriebenen Bundesausgabenkompetenzen

130

2.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken

133

Die ungeschriebenen Kompetenzen des Bundes

134

1.

Die klassische Definition von AnschUtz

134

2.

Die Selbstkoordination der Länder

136

Die ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes

139

1.

Die Rechtfertigungsversuche der Praxis

139

2.

Der verfassungsrechtliche Ansatz der Rechtfertigungsversuche

142

3.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

144

4.

Die verfassungsrechtliche Beurteilung der Flurbereinigung

145

Die Konsequenzen für die bundesstaatliche Finanzverfassung

147

1.

Die Klarheit der Finanzverfassung

147

2.

Die Beschneidung der Finanzausstattung der Länder

148

130

Joachim Wieland

I.

Das Problem

1.

Die Inanspruchnahme von kompetenzen

ungeschriebenen

Bundesausgaben-

Der Bund finanziert jährlich mit mehreren Milliarden ben,

ohne daß ihm das Grundgesetz

Ausgabenkompetenzen zuweist . stützung

der

aus

Regierungsentwurf

DM

Aufga-

entsprechende

Die Staatspraxis nimmt mit Unter-

ungeschriebene Kompetenzen 2 kraft Natur der Sache für den Bund in Anspruch . Als Beispiele dem

Wissenschaft

ausdrücklich

insoweit

des Bundeshaushaltsplans

1986 seien

genannt: - 700 Millionen DM - 624 Millionen DM

Kokskohlenbeihilfe 3 , zur

Förderung

verkehrs

des

zwischen 4

LandBerlin

und (West)

Luftreiseund

dem

Bundesgebiet ,

1

Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums waren im Haushaltsplan 1974 DM 2005 Millionen Ausgaben des Bundes im Rahmen ungeschriebener Zuständigkeiten für Vorhaben vorgesehen, die von Bund und Ländern finanziert wurden; Enquete-Kommission Verfassungsreform, Beratungen und Empfehlungen zur Verfassungsreform, Teil I I : Bund und Länder, Zur Sache 2/77, Bonn 1977, S. 110. Neuere und genauere Zahlen sind nicht verfügbar.

2

Frey, Die Finanzverfassung des Grundgesetzes, in: Bundesministerium der Finanzen ( H r s g . ) , Die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aus finanzverfassungsrechtlicher und finanzwirtschaftlicher Sicht, 1982, S. 13 (22 f f . ) ; Fischer-Menshausen, Art. 104a Rn. 9 f f . , in: von Münch (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Bd. 3, 2. Aufl. 1983, m.w.Nachw.

3

Zuschüsse zur Erleichterung der Produktion von Kokskohle und Hochofenkoks sowie des Absatzes an die Eisen- und Stahlindustrie in revierfernen Gebieten und im innergemeinschaftlichen Austausch, v g l . Zehnter Subventionsbericht, BTDrucks. 10/ 3821, S. 102 f .

4

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3), S. 146 f .

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

491 Millionen DM

zur Förderung

131

der Luftfahrttechnik,

insbe-

sondere des Airbus-Programms®, 400 Millionen DM

Zuschüsse zu Personalaufwendungen schungs-

und

im F.or-

Entwicklungsbereich g

kleiner

und mittlerer Unternehmen , - 305 Millionen DM - 200 Millionen DM

Neubau- und Modernisierungshilfen 7 delsschiffe und weitere .8 Hilfen für die Werftindustrie

für Han-

Damit werden • immerhin 6 der 17 größten Finanzhilfen des Bundes im Jahre 1986 auf ungeschriebene Ausgabenkompetenzen gestützt. Aber auch für eine Vielzahl kleinerer hält

das

Grundgesetz

keine

Ausgaben des Bundes ent-

ausdrückliche

Kompetenzzuweisung.

Erwähnt seien hier nur aus dem Bundeshaushalt 1985: - die mehr als 30 Millionen DM,

die der Bund auf der Grundlage

von Verwaltungsabkommen jährlich für die Beschaffung der Waffen und des Gerätes der Bereitschaftspolizeien der Länder ausgibt10, - die mehr als 96 Millionen

DM an Globalzuschüssen

zur

gesell-

schaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit - das sind Zuwendungen an die Parteienstiftungen -

,

- die 45.000 DM Zuschüsse für die Förderung haben

und

Veröffentlichungen

schungsaufgaben,

sowie

die

von

Forschungsvor-

Vergabe

von

For-

insbesondere auf dem Gebiet des Verfassungs-

5

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) , S. 128 f .

6

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,

7

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,

s. s.

150 f .

8

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) , s .

126 f .

9

Zehnter Subventionsbericht (Fn. 3 ) ,

10

Kapitel 0624.

11

Kapitel 0602, Titel 684 05.

s.

116 f .

26.

132

Joachim Wieland

rechts

und

der

Kommunalwesens 12 ,

Verwaltungswissenschaft,

einschließlich

des

- die mehr als 77 Millionen DM für die Sportförderung 13 , - die mehr als 6 Millionen DM zur Förderung gesamtstaatlich bedeutsamer Vorhaben aus den Bereichen Kunst und Kultur 14 , - die 18 Millionen DM zur Musikförderung,

u.a. 15 Symphoniker und der Bayreuther Festspiele ,

der Bamberger

- die 410.000 DM für die Ruhr-Festspiele und die 110.000 DM für die Festspiele Bad Hersfeld 1 6 sowie - die mehr 17 Films1'.

als

7

Millionen

DM zur

Förderung

des

deutschen

Genannt seien noch die mehr als 75 Millionen DM, die im Etat des Bundesministers

für

Bildung

und

Wissenschaft

für

die

Studien-

und Promotionsförderung von Studentenförderungswerken wie Cusanus-Werk, Friedrich-Ebert-Stiftung und Studienstiftung ausgewiesen 18 sind , und die mehr als 12 Millionen DM zur Förderung des 19 hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchses . Diese Beispiele sind relativ beliebig herausgegriffen und ließen sich ohne Schwierigkeiten vermehren.

12

Kapitel 0602, Titel 685 05.

13

Kapitel 0602, Titelgruppe 01.

14

Kapitel 0602, Titel 681 22.

15

Kapitel 0602, Titel 684 21.

16

Kapitel 0602, Titel 684 23.

17

Kapitel 0602, Titel 685 27.

18

Kapitel 3103, Titel 681 21/22.

19

Kapitel 3103, Titelgruppe 03.

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

2.

133

Die verfassungsrechtlichen Bedenken

Zweifel daran, ob der Bund sich für alle diese Ausgaben auf ungeschriebene Kompetenzen kraft Natur der Sache berufen kann, scheinen mir angezeigt, weil die geschriebene Verfassung nicht nur die Kompetenzen für Gesetzgebung und Verwaltung, sondern auch für Ausgaben genau auf Bund und Länder verteilt. Beide tragen nach dem Lastenverteilungsgrundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG - er bildet die Grundregel der Aufgabenverteilung - gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben. Die Zuständigkeit für die Finanzierung einer Aufgabe hängt also von der Zuständigkeit für ihre Durchführung ab oder kürzer: die Finanzierungszuständigkeit folgt der Verwaltungszuständigkeit. Das Grundgesetz durchbricht allerdings an mehreren Stellen die Akzessorietät der Ausgabenkompetenz zur Verwaltungskompetenz und weist dem Bund die Kosten für Aufgaben der Länder vollständig oder teilweise zu: So trägt der Bund gem. Art. 104a Abs. 2 die Ausgaben, wenn die Länder in seinem Auftrag handeln; Geldleistungsgesetze des Bundes, die von den Ländern ausgeführt werden, können eine vollständige oder teilweise Finanzierungslast des Bundes begründen (Art. 104a Abs. 3 S. 1 GG); weiter kann der Bund den Ländern nach Maßgabe des Art. 104a Abs. 4 GG Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen gewähren; schließlich trägt er zum Teil die Kosten der Gemeinschaftsaufgaben Ausbau und Neubau von Hochschulen, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur sowie der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (Art. 91a GG) und kann mit den Ländern bei der Bildungsplanung und bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken (Art. 91 b GG). Die Ausgabenkompetenz des Bundes wird in diesen Vorschriften an im einzelnen bestimmte Formen, Verfahren und Voraussetzungen geknüpft. Liegen sie nicht vor, greift der allgemeine Lastenverteilungsgrundsatz des Art. 104a Abs. 1 GG ein.

134

Joachim Wieland

Indem dieser die Ausgabenzuständigkeit digkeit abhängig macht,

von der

verweist er auf Art.

Aufgabenzustän-

30 GG. Danach ist

die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder,

"soweit

dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt".

Da

das Grundgesetz für die obengenannten Ausgaben und die mit ihrer Hilfe zu erfüllenden Aufgaben ausdrücklich weder eine andere Regelung trifft noch sie zuläßt,

behelfen Staatspraxis und herr-

schende Meinung sich mit der Annahme ungeschriebener Aufgabenund damit

Ausgabenzuständigkeiten

des

Bundes

kraft

Natur

der

Sache. Diese

Annahme

soll

auf

ihre

Ausgehend von der Frage,

Tragfähigkeit

untersucht

werden.

ob die Kompetenzordnung des Grundge-

setzes überhaupt Raum für ungeschriebene Kompetenzen des Bundes läßt ( I I . ) ,

wende ich mich möglichen Besonderheiten bei der La-

stenverteilung zu ( I I I . ) ,

um schließlich die Folgen der Annahme

ungeschriebener Ausgabenkompetenzen verfassung

und die

darzustellen

des Bundes für die Finanz-

bundesstaatliche

Ordnung

des

II.

Die ungeschriebenen Kompetenzen des Bundes

1.

Die klassische Definition von Anschütz

Die Annahme ungeschriebener aus,

daß

Grundgesetzes

(IV).

die geschriebene

unvollständig ist, Handeln entweder

Kompetenzen des Bundes Kompetenzordnung

des

setzt

vor-

Grundgesetzes

daß sie nicht alle Kompetenzen für staatliches dem Bund

oder

den

Ländern

könnte problemlos dann ausgegangen werden,

zuweist.

Davon

wenn das Grundge-

setz die Kompetenzen von Bund und Ländern jeweils aufzählte und es somit vorstellbar

wäre,

daß neben den aufgezählten

weitere

Kompetenzen wahrzunehmen wären. Das Grundgesetz weist jedoch in den Art.

30,

70 und 83 die Ausübung der staatlichen Befugnisse

generell den Ländern zu, trifft.

soweit es selbst keine andere Regelung

Mittels dieser Auffangzuständigkeit der Länder beansprucht

es für seine Kompetenzordnung Vollständigkeit.

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

Dieser Anspruch auf Vollständigkeit

der

geschriebenen

135

Kompetenz-

zuweisungen gilt auch für die gesetzesfreie Verwaltung. schrift des V I I I .

Die Über-

Abschnitts des Grundgesetzes stellt "die Bundes-

verwaltung" neben

"die Ausführung

der

Bundesgesetze",

so daß

die Vorschriften dieses Abschnitts und subsidiär Art.

30 GG für 20 gesetzesakzessorische und für gesetzesfreie Verwaltung gelten . Trotzdem nehmen Staatspraxis,

Rechtsprechung und Rechtswissen-

schaft unter Berufung auf die verfassungsrechtliche Tradition des deutschen 21 an

.

Bundesstaats

ungeschriebene

Zuständigkeit

des

Bundes

Die klassische Definition für die hier vor allem interessie-

rende Kompetenz aus der Natur der Sache stammt von Anschiitz. Es handele sich um den "ungeschriebenen, gründeten,

mithin

Reichsverfassung Sachgebiete,

einer

nicht

ausdrücklichen

bedürftigen

im Wesen der Anerkennung

Rechtssatz,

weil sie iher Natur nach eigenste,

Gesetzgebungszuständigkeit Reichs darstellen,

a

vom Reich

priori

entrückte

und nur von

Dinge bedurch

wonach

die

gewisse

der partikularen Angelegenheit

ihm geregelt

des

werden

können"

20

BVerfGE 12, 205 (246 f . ) .

21

Vgl. die grundlegenden Ausführungen von Küchenhoff, Ausdrückliches, stillschweigendes und ungeschriebenes Recht in der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, AöR 82 (1957), 413; Achterberg, Zulässigkeit und Schranken stillschweigender Bundeszuständigkeiten im gegenwärtigen deutschen Verfassungsrecht, AöR 86 (1961), 63; Kölble, Zur Lehre von den stillschweigend - zugelassenen Verwaltungszuständigkeiten des Bundes, DÖV 1963, 660; Bullinger, Die Mineralölfernleitungen, 1962, S. 65 f f . ; ders., Ungeschriebene Kompetenzen im Bundesstaat, AöR 96 (1971), 237; Nachw. zur Verfassungsrechtsprechung bei H.H. Klein, Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, 2. Bd., 1976, S. 277 (278 f f . ) ; zum heutigen Streitstand Maunz, Art. 30 Rn. 19 f f . , in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, und Gubelt, Art. 30 Rn. 10, in: von Münch, Grundgesetzkommentar, Bd. 2, 2. Aufl. 1983.

22

Anschiitz, Die Reichsaufsicht, in: Anschütz/Thoma, Handbuch des Deutschen Staatsrechts, 1. Bd., 1930, S. 365 (367).

136

Joachim Wieland

Das

Bundesverfassungsgericht

zugleich Sache

aber betont,

hat

diese

Definition

daß Schlußfolgerungen

begriffsnotwendig

sein

und

eine

übernommen,

aus der Natur der

bestimmte

Lösung

Ausschluß anderer Möglichkeiten zwingend fordern müßten. mente aus der Natur der Sache versagten,

Dagegen ist nichts zu erinnern. auszugehen, Länder

Möglichkeit,

Es entspricht der Kompetenzver-

auch dort von einer Bundeskompetenz

wo begriffsnotwendig ausscheidet.

Unter

und zwingend eine Kompetenz

diesen Umständen

Kompetenz

besteht

keine

entsprechend der Regelung der Art. 30, 70 und 83 GG

eine Kompetenz der Länder anzunehmen. ne

.

Die Selbstkoordination der Länder

teilung des Grundgesetzes, der

Argu-

wo sich auch eine an23

dere Lösung mit beachtlichen Gründen rechtfertigen lasse

2.

unter

des

Bundes

weder

Wenn das Grundgesetz e i -

bestimmt

noch

zuläßt,

könnte

sonst eine Kompetenz überhaupt nicht wahrgenommen werden. 30,

70 und 83 GG wollen gerade die Ausübung aller

Aufgaben entweder Bund

oder Ländern

zuweisen

Art.

staatlichen

und nicht

etwa

bestimmte staatliche Handlungen verhindern. Diese Argumentation trägt aber nur so weit,

wie der begriffsnot-

wendige und zwingende Ausschluß der Länder von der Erfüllung einer staatlichen

Aufgaben

reicht.

Sobald er

wegfällt

Aufgabenerfüllung durch die Länder vorstellbar wird,

und

die

kann sich

der Bund nicht auf eine Kompetenz kraft Natur der Sache berufen; die Auffangregelung

zugunsten der Länder greift ein.

dend ist in diesem Zusammenhang, man davon ausgehen muß, nicht erfüllen können.

Entschei-

unter welchen Voraussetzungen

daß die Länder eine staatliche Aufgabe

Ist das schon dann der F a l l ,

wenn zwar

ein Land allein eine Aufgabe nicht bewältigen kann, mehrere oder die Gesamtheit der Länder dazu aber durchaus in der Lage sind? 23

BVerfGE 11, 89 (99).

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

Wäre diese Frage zu bejahen,

erwüchsen dem Bund eine Vielzahl

von Kompetenzen aus der Natur der Sache. stärkeren Zusammenwachsens

137

der Glieder

Angesichts des immer

des Bundesstaates,

des

zunehmenden Bedürfnisses nach Einheit der Lebensverhältnisse und des

immer

größeren

Finanzbedarfs

für staatliches

Handeln

eine ständig steigende Zahl von Aufgaben von einem nicht mehr wirksam erfüllt werden.

Es entspräche aber nicht dem

oben entwickelten Verständnis einer Bundeskompetenz tur der

Sache als

letztem

der Kompetenzordnung,

Mittel

kann

Land allein

zur Vermeidung

aus der Na-

einer

Lücke

in

wollte man die Möglichkeiten eines einzel-

nen Landes zum Maßstab machen.

Die Vermutung der Art.

30, 70

und 83 GG zugunsten der Länder, praxis ohnehin

seit langem

deren Bedeutung in der Staats24 abnimmt , würde praktisch in eine

Vermutung zugunsten des Bundes umgekehrt. Die vom Grundgesetz vorgesehene Verteilung der Kompetenzen schen Bund und Ländern bar.

ist aber

keinesfalls beliebig

zwi-

veränder-

Ein Bundesstaat bedarf zu seiner Lebensfähigkeit eines aus-

gewogenen

Gleichgewichts

zwischen

Bund

und

Ländern.

In

der

Bundesrepublik besteht zumindest die latente Gefahr eines Übergewichts des Bundes gegenüber

den Ländern,

deren

eigene

lichkeit immer mehr an Bedeutung zu verlieren droht.

Staat-

Die Kon-

zentration staatlicher Aufgaben und Machtmittel beim Bund ist unübersehbar. Sie wird verstärkt,

wenn der Bund sich bereits dort auf eine un-

geschriebene Kompetenz berufen darf,

wo eine Aufgabe von einem

Land allein nicht mehr wirksam erfüllt werden kann. Grundgesetz

eine

solche generelle

staatliche Aufgaben,

Zuständigkeit

des

Wollte das Bundes

die eine bestimmte Größenordnung

für

überstei-

gen,

wäre eine entsprechende Regelung dieser wichtigen Frage in

Art.

30 GG zu erwarten.

Auffangzuständigkeit

24

Vgl. ff.

der

schon Hesse,

Diese Vorschrift normiert Länder

und spricht

damit

Der unitarische Bundesstaat,

jedoch eine ausdrücklich

1962, S. 14

138

Joachim Wieland

gegen die Annahme e i n e r Bundeskompetenz k r a f t Größe der A u f g a be. Die S t a a t s p r a x i s z e i g t ,

d a ß i h r d i e s e s v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Hin-

d e r n i s f ü r die R e c h t f e r t i g u n g e i n e r Bundeskompetenz a u s der Größe e i n e r Aufgabe n i c h t v e r b o r g e n geblieben i s t . Die Kompetenz der L ä n d e r soll

nämlich -

a n d e r s a l s sonst in d e r

Kompetenzordnung

des Grundgesetzes - d u r c h die u n g e s c h r i e b e n e Kompetenz des Bundes n i c h t a u s g e s c h l o s s e n s e i n . der

Zuständigkeiten

kleinere

sieht

Staatsaufgaben,

Statt eines solchen

jedoch sondern

das für

Nebeneinanders

Grundgesetz

nicht

staatliches

Größenordnung eine Aufteilung n a c h Sachbereichen

nur

Handeln

Länder

sich

Selbstkoordination

koordinieren.

Solange

besteht,

es

gehlt

diese

an d e r

jeder

vor.

Wo ein Land a l l e i n d u r c h eine Aufgabe ü b e r f o r d e r t w i r d , die

für

können

Möglichkeit

der

vorausgesetzten

Be-

g r i f f s n o t w e n d i g k e i t e i n e r u n g e s c h r i e b e n e n Kompetenz des Bundes. Dieser

Erkenntnis

hat

das

erste

Fernsehurteil

s u n g s g e r i c h t s d a d u r c h Rechnung g e t r a g e n , sikalische

"Überregionalität"

von

des

Bundesverfas-

d a ß es weder die p h y -

Funkwellen

b e d i n g t e " Ü b e r r e g i o n a l i t ä t " der V e r a n s t a l t u n g

noch von

die

finanziell

Fernsehsendun-

gen h a t a u s r e i c h e n l a s s e n , um eine n a t ü r l i c h e Bundeskompetenz zu begründen:

"Die Ü b e r f o r d e r u n g r e g i o n a l e r F i n a n z k r a f t k a n n a b e r

n i c h t die Annahme r e c h t f e r t i g e n , d e r Bund z u s t ä n d i g " . präsentation Tradition"

nach

innen"

vermöchten

n i c h t zu b e g r ü n d e n .

nach der

Natur der

und

"Pflege

sei

kontinuitätsbewahrender

eine u n g e s c h r i e b e n e Vielmehr verweist d a s

Kompetenz

BVerfGE 12, 205 (251 f f . ) .

des

Bundes

Bundesverfassungsge-

r i c h t in diesem Urteil die Länder auf die gemeinsame d i n i e r t e E r f ü l l u n g e n t s p r e c h e n d e r Aufgaben 25

25

Sache

Auch die Natur der Aufgaben " n a t i o n a l e Re-

oder

koor-

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

139

III.

Die ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes

1.

Die Rechtfertigungsversuche der Praxis

Gilt

das

schen chende daß

auch

für

die Verteilung

Bund und Ländern? ungeschriebene

es

tion,

sich

um die

der Ausgabenkompetenzen

Die Staatspraxis

Ausgabenkompetenzen Wahrnehmung

rechtfertigt des

Bundes

gesamtstaatlicher

zwi-

weitreidamit,

Repräsenta-

besonders wichtiger Auslandsbeziehungen, die Förderung der

Beziehungen

im

geteilten

Deutschland,

der

wissenschaftlichen

Großforschung, der Wirtschaft und nichtstaatlicher zentraler Organisationen oder um die Finanzierung ressortzugehöriger Funktionen handele

26

.

Diese Begriffe gehen auf die nach ihrem Vorsitzenden

Troeger benannte Kommission für die Finanzreform zurück, 27 .

die im

Jahre 1966 ihr Gutachten vorgelegt hat Die Kommission

stand vor dem Problem,

der Bundesrepublik

daß die Staatspraxis in

sich seit 1949 vom föderalen

Trennsystem

der

Finanzierungszuständigkeiten

immer stärker zu zentral gesteuerten 28 Formen kooperativer Aufgabenbewältigung bewegt hatte Der Bund hatte immer mehr die finanzielle Initiative ergriffen und sich zunehmend auch solcher Aufgaben angenommen, lich

zur

führte

Zuständigkeit

zu

der

Überschneidungen

schen Bund und Ländern. veranlaßt von

und

gehören.

leistungsschwachen

Entwicklung zwi-

Ländern

- Bundesmittel

zusätz-

sicherte sich allerdings durch Auf-

gewichtigen Einfluß auf die

nanzierten Aufgaben.

Diese

Meinungsverschiedenheiten

Der Bund stellte vielfach - nicht selten

lich zu Landesmitteln bereit, lagen einen

Länder

die herkömm-

Durchführung der mitfi-

Weigerten sich die Länder,

sich derartigen

26

Frey (Fn. 2), S. 22 f f . ; Fischer-Menshausen (Fn. 2), Art. 104a Rn. 9 f f . ; Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 15 f f . ; § 1 Abs. 1 des Flurbereinigungsabkommens, abgedr. bei Frey (Fn. 2), S. 75 f f .

27

Stuttgart u . a . 1966.

28

Fischer-Menshausen (Fn. 2), Art. 104a-109 Rn. 7 f . .

140

Joachim Wieland

Auflagen und Bindungen zu unterwerfen, desmittel verzichten 29 .

mußten sie auf die Bun-

Als Beispiel für die ursprüngliche Selbstkoordinierung der Länder sei nur auf das Königsteiner Abkommen vom 30. /31. März 1949 und das Abkommen der

Länder über

die Finanzierung

schaftlicher Hochschulen vom 4.

neuer

Juni 1964 verwiesen.

wissen-

Im König-

steiner Abkommen verpflichteten sich die Länder für "solche wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, deutung

über

den

allgemeinen

deren Aufgaben und Be-

Wirkungsbereich

eines

einzelnen

Landes hinausgehen und deren Zuschußbedarf die finanzielle

Lei-

stungskraft eines einzelnen Landes übersteigt,

die zur Erfüllung

der

gemeinsam

Forschungsaufgaben

bringen".

erforderlichen

Mittel

aufzu-

Das Hochschulfinanzierungsabkommen sah einen Investi-

tionsfonds der Länder von 3 Milliarden DM zur Finanzierung Baukosten der Universitäten Regensburg,

Konstanz,

der

Bochum, Bre-

men und Dortmund vor. Die Selbsthilfe der Länder wurde jedoch bald zur Ausnahme. ihre Stelle trat eine Mischfinanzierung Die Troeger-Kommission

fand u . a .

An 30 von Bund und Ländern .

folgende Beispiele

für

solche

Mischfinanzierungen vor: - die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft; - das Honnefer Modell (Vorläufer des BAFöG); - die Verbesserung

der Agrar- und Marktstruktur

für land-

und

forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie den sog. Grünen Plan; - die Förderung

von "Bundesausbaugebieten"

als regionale

Wirt-

schaftsförderung; - regionale

Strukturprogramme

wie das

Emsland- und

das Nord-

landprogramm; - die Förderung des sozialen Wohnungsbaus; 29

Troeger-Kommission (Fn. 27), TZ 46 f f . (S. 14 f . ) .

30

Vgl. Regierungsentwurf zum Finanzreformgesetz, V/2861, TZ 39 f f . (S. 17).

BT-Drucks.

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

141

- Stadt- und Dorferneuerung sowie Altstadtsanierung; -

Sportstättenbau;

- schließlich das Deutsche Krebsforschungszentrum forschungszentrum Karlsruhe 31

und das

Kern-

Im Regierungsentwurf zum Finanzreformgesetz heißt es dazu lakonisch,

für die Förderung dieser Aufgaben im Bereich der geset-

zesfreien Verwaltung ergebe sich zwar nicht aus einer Bestimmung der Verfassung eine geschriebene

Zuständigkeit,

der Bund habe

sie aber aus "übergeordneten" Gesichtspunkten für förderungswür32 dig gehalten . Wem oder was waren diese Gesichtspunkte übergeordnet? Doch ganz offensichtlich den Regelungen der geschriebenen Verfassung.

Diese dürre Argumentation ist nur verständlich, wenn

man sich vor Augen führt, daß die Fondsverwaltung des Bundes sich immer mehr ausgebreitet hatte und von der Wissenschaft kaum kritisiert wurde 33 . Andererseits hinderte der erhebliche Umfang der vom Bund in Anspruch

genommenen

Kompetenzen

eine

Konstitutionalisierung

Rahmen der Finanzreform des Jahres 1969. schlug nicht

etwa eine

Umwandlung der ungeschriebenen

schriebene Bundeskompetenzen vor, eine "Flurbereinigung"

in

anzuregen.

aus dessen S 1 Abs.

ge-

sondern begnügte sich damit,

im Wege eines Verwaltungsabkommens

schen Bund und Ländern wurf,

im

Die Troeger-Kommission

Einen entsprechenden

zwiEnt-

1 sich die obengenannten Topoi für

ungeschriebene Bundeszuständigkeiten Gutachten bei 34

ergeben,

fügte

sie

ihrem

31

Regierungsentwurf (Fn. 30), TZ 42 f f . (S. 17 f . ) .

32

Regierungsentwurf (Fn. 30), TZ 39 (S. 17).

33

Vgl. für alle Köttgen, Fondsverwaltung in der Bundesrepublik, 1965; MQller-Volbehr, Fonds- und Investitionshilfekompetenz des Bundes, 1975, S. 25 f f .

34

Anl. 2 zum Troeger-Gutachten (Fn. 27), S. 178 f .

142

Joachim Wieland

Obwohl diese Vereinbarung nie abgeschlossen wurde, wird sie in 35 der Praxis weitgehend reibungslos angewandt . Einem förmlichen Abschluß der Vereinbarung stehen offenbar ebenso wie einer entsprechenden entgegen,

Änderung

des

Grundgesetzes

Bedenken

der

Länder

die die Erweiterung der Kompetenzen des Bundes zwar

in der Regel faktisch hinzunehmen geneigt

sind,

sie aber nicht

auch noch rechtlich absichern wollen.

2.

Der verfassungsrechtliche che

Diese Zurückhaltung

ist nicht

Ansatz der Rechtfertigungsversu-

unbegründet.

Die im

Flurbereini-

gungsabkommen vorgesehenen ungeschriebenen Ausgabenkompetenzen des Bundes rufen erhebliche Bedenken hervor, fassungsrechtlichen

die schon den ver-

Ansatz der Troeger-Kommission und damit zu-

gleich des Flurbereinigungsabkommens betreffen.

Danach wäre eine

Selbstkoordinierung der Länder mit dem Grundgesetz Rechtlich

selbständige

Gemeinschaftseinrichtungen

unvereinbar.

mehrerer

oder

aller Länder zur Erfüllung von Landesaufgaben sollen dem zweigliedrigen Bundesstaatsbegriff und Art. neben den Ländern bestehende, gen außerhalb

28 GG widersprechen, weil

rechtlich selbständige Einrichtun-

der parlamentarischen

Kontrolle stünden.

Zudem

könnten die Länder ohne bundesrechtliche Grundlage weder s t a a t liche Aufgaben oder Befugnisse eigene

Aufgaben

oder

anderer Länder übernehmen

Befugnisse

oder auf selbständige Einrichtungen charakter der Länder verbiete,

auf

Behörden

übertragen.

anderer

noch

Länder

Der Gliedstaat-

daß ein Land Landesmittel zur F i -

nanzierung von Investitionen oder zur Erfüllung sonstiger Aufgaben anderen Ländern zur Verfügung stelle 36 Vermöchten diese Argumente zu überzeugen, bliebe tatsächlich keine andere Möglichkeit, S.

als eine ungeschriebene Ausgabenkompetenz

35

Frey (Fn. 2 ) , 104a Rn. 11.

23 f f . ; Fischer-Menshausen (Fn. 2 ) , Art.

36

Troeger-Gutachten (Fn. 27), TZ 41 f . (S. 13).

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

des Bundes dort anzunehmen, finanziellen

Möglichkeiten

rechtslehre

und

Einrichtungen,

wo eine Erfüllung einer Aufgabe die

einzelner

Staatspraxis

Länder

zählen

die zu unterhalten

Landes übersteigen

143

die das

übersteigt.

Schaffung

Staats-

gemeinsamer

Leistungsvermögen

würde oder die innerhalb

eines

eines Landes

nicht

ausgelastet wären, jedoch durchaus zu den legitimen Gegenständen 37 zwischengliedstaatlicher Abmachungen , Auch das Bundesverfassungsgericht hat im ersten Fernsehurteil die Länder auf die Selbstkoordinierung verwiesen und betont, den Bundesstaat entscheidender Unterschied sei,

ausdrücklich

daß es ein für ob sich die Län-

der einigen oder ob der Bund eine Angelegenheit auch gegen den Willen der Länder oder einzelner Länder gesetzgeberisch regeln oder verwalten könne 38 . Dem ist nichts hinzuzufügen. Es ist überdies kaum vorstellbar,

daß sich ein Land an der F i -

nanzierung einer gemeinsamen Einrichtung beteiligen würde,

wenn

es durch diese Einrichtung nicht auch eigene Aufgaben erfüllt s ä he.

Die diesbezüglichen

Bedenken

der

Troeger-Kommission

sind

ebensowenig begründet wie der Einwand, daß rechtlich

selbständi-

ge

der

Gemeinschaftseinrichtungen

mentarischen vielmehr

Kontrolle

solche

der

stünden:

Länder Die

außerhalb

Länderparlamente

Gemeinschaftseinrichtungen

in

parlakönnen

ähnlicher

Weise

kontrollieren wie rechtlich verselbständigte Träger der mittelbaren Staatsverwaltung allem die

eines

Entscheidung

einzelnen über

die

Landes.

Dazu bietet

Bewilligung

der

sich

vor

erforderlichen

Mittel an.

37

Vgl. nur H. Schneider, Verträge zwischen Gliedstaaten im Bundesstaat, in: VVDStRL 19, 1 (18, 32) und die sich anschließende Diskussion, S. 131 f f . ; Beispiele für solche gemeinsamen Einrichtungen der Länder finden sich in der Anl. zum Ref. von Schneider, S. 34 ff.

38

BVerfGE 12, 205 (252).

144

Joachim Wieland

3.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Staatspraxis

und

Troeger-Kommission

haben

sungsgericht aber offenbar so beeindruckt, teil zum Jugendwohlfahrtsgesetz

vom 18.

das

Bundesverfas-

daß es in seinem UrJuli

1967 eine

Förde-

rungszuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet der Jugendhilfe für 39 Aufgaben mit eindeutig überregionalem Charakter anerkannt hat Im ersten

Fernsehrurteil

war die Überregionalität

einer

Aufgabe

dagegen noch ausdrücklich als ungeeignet bezeichnet worden, um 40 . Nun-

eine ungeschriebene Kompetenz des Bundes zu begründen mehr stellte das Gericht jedoch darauf ab, Art nach durch ein Land allein könnten.

Es nannte

als Beispiel

ob Bestrebungen ihrer

nicht wirksam gefördert werden für zulässige

Förderungen

auf

dem Gebiet der Jugendpflege durch den Bund zentrale Einrichtungen, deren Wirkungsbereich sich auf das Bundesgebiet41als ganzes erstreckte, gesamtdeutsche und internationale Aufgaben Dieses Urteil muß auf Bedenken stoßen,

weil es ohne Begründung

die Möglichkeiten eines einzelnen Landes und nicht der Ländergesamtheit zum Maßstab für die Annahme ungeschriebener Ausgaben42 kompetenzen des Bundes gemacht hat . Entscheidend ist aber, daß es heute eine ungeschriebene Ausgabenkompetenz des Bundes nicht

mehr

zu

begründen

vermag,

nachdem

Finanzreform des Jahres 1969 die Art.

im

104a Abs.

Rahmen

der

3 und 4 sowie

91a und 91b in das Grundgesetz aufgenommen worden sind.

Diese

Ausnahmen von dem allgemeinen Lastentragungsgrundsatz des Art. 104a Abs. Bundes dem

1 GG für Geldleistungsgesetze und Investitionshilfen des

sowie Gemeinschaftsaufgaben

Bund

allgemein

unabhängig dort

die

von

verlören

besonderen

Ausgabenkompetenz

ihren

Sinn,

Voraussetzungen

zustünde,

39

BVerfGE 22, 180 (217).

40

BVerfGE 12, 205 (252).

41

BVerfGE 22, 180 (217).

42

Zur Krit. des Urt. Bullinger (Fn. 21), S. 273.

wo ein

wenn ganz Land

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

allein eine s t a a t l i c h e Aufgabe nicht erfüllen k a n n . solche

ungeschriebene

Einfügung

Auffangkompetenz

der genannten

gewesen.

Artikel

des

145

Gäbe es eine

Bundes,

wäre

in d a s Grundgesetz

die

überflüssig

Der v e r f a s s u n g s ä n d e r n d e Gesetzgeber hat aber seinerzeit

die Gefahren zu weit reichender Ausgabenkompetenzen des Bundes durchaus

gesehen,

als

er entgegen

dem Vorschlag

der

Troeger-

Kommission die

Bestimmung der Gemeinschaftsaufgaben nicht dem 43 Gesetzgeber überließ , sondern sie in den Art. 91a und 91b GG abschließend aufzählte 44 .

4. Über

Die v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e Beurteilung der Flurbereinigung diese

setzt sich Entwurf

Entscheidung

des

die S t a a t s p r a x i s

des

verfassungsändernden

Gesetzgebers

hinweg,

wenn sie entsprechend dem 45 Flurbereinigungsabkommens weitere Gemeinschafts-

finanzierungen von Bund und Ländern vornimmt. Die im Flurbereinigungsabkommen

dem Bund zugebilligten

benkompetenzen reichen viel weiter, zwingend wäre.

Sie l a s s e n

sich

ungeschriebenen

Ausga-

a l s es begriffsnotwendig und deshalb

zu

einem

wesentlichen

Teil nicht a u s der Natur der Sache begründen. Zwar liegt es durchaus nahe, tativer

Funktionen

der

daß z . B .

Bundeshauptstadt

s t a a t l i c h e r Repräsentation

die Förderung r e p r ä s e n als

Maßnahme

gesamt46 ihrem Wesen nach dem Bund zusteht .

Warum sich die g e s a m t s t a a t l i c h e Repräsentation aber auf die Förderung von Musik,

Film, Festspielen, Sport und g e s e l l s c h a f t s p o l i -

43

So der von der Troeger-Kommission vorgeschlagene GG (Fn. 27), TZ 139 (S. 37).

Art.

85a

44

Vgl. schon den Regierungsentwurf des Finanzreformgesetzes ( F n . 30), Art. 1 § 3 (S. 6) und TZ 78 f f . (S. 24 f . ) .

45

Vgl. § 2 Flurbereinigungsabkommen bei Frey (Fn. und Mauns (Fn. 21), Art. 104a Rn. 18.

46

Fischer-Menshausen (Fn. 2 ) , Art. 104a Rn. 10.

2 ) , S. 76

146

Joachim Wieland

47 tische Bildungsarbeit

beziehen soll

,

ist nicht ersichtlich.

Bund befaßt sich hier mit kulturellen Angelegenheiten

Der

und dringt

damit in den Zuständigkeitsbereich der Länder ein^®. Die Förderung auswärtiger Beziehungen bzw. der Großforschung ist 49 in Art. 32 bzw. Art. 91b GG abschließend g e r e g e l t , so daß in diesen Sachbereichen

kein Raum für ungeschriebene

petenzen

bleibt.

des

Bundes

Die

Förderung

geteilten Deutschland und von Maßnahmen,

der

Ausgabenkom-

Beziehungen

um den Auswirkungen der Teilung Deutschlands zu hierauf wird vor allem die Zonenrandförderung des 50 stützt -

oder der Länder;

entweder

Besonders bergbaus

und

ist

der Werften DM.

des

Bundes

die

sektorale

Wirtschaftsförderung

Bedingungen

Einfluß

der Bundesrepublik.

belaufen sich

jährlich

auf

Da Art.

die Befugnis zugesteht,

die

und

Auflagen

Entwicklung

der

auf

weit

entscheidet, Wirtschaft

in

91a Abs. 1 Nr. 2 GG dem Bund nur

an der Verbesserung der regionalen Wirt-

schaftsstruktur mitzuwirken,

läßt

die Verfassung für eine

r a l e Wirtschaftsförderung des Bundes keinen Raum. zentrale Organisationen

allein

Wer über die Vergabe dieses Geldes und

verbundenen

nimmt maßgeblich

Zuständigkeit

Förderungsmaßnahmen zugunsten des Steinkohle-

über eine Milliarde damit

die

Notwendigkeit.

problematisch

durch den Bund.

in

für einen gesonderten Kompetenztitel des Bundes

besteht keine zwingende

im Bereich der

des Bundes können ebensogut von der

47

begegnen Bundes g e -

, f ä l l t je nach Sachbereich entsprechend den allgemeinen

Kompetenzvorschriften

die

im

die erforderlich sind,

sekto-

Nichtstaatliche

Gesetzgebungszuständigkeit Gesamtheit der

Länder

wie

Vgl. die o. in Fn. 13-17 genannten Beispiele und die Protokollnotiz zu S 1 Nr. 1 des Flurbereinigungsabkommens bei

Frey (Fn. 2), S. 78.

48

Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 18.

49

V g l . dazu die Rahmenvereinbarung Forschungsförderung, BAnz Nr. 240 v . 30.12.1975, S. 4 f .

50

Maunz (Fn. 21), Art. 104a Rn. 17.

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

vom Bund gefördert werden. für

Förderungsmaßnahmen

147

Auch hier besteht keine Notwendigkeit

gerade

des Bundes zugunsten

zentraler

Einrichtungen des Sports oder der Jugendpflege. Die Befugnis

des Bundes,

Maßnahmen

sachgemäßen Erfüllung von dig sind,

zu finanzieren,

die

zur

Aufgaben der

Bundesbehörden notwen51 läßt sich zwar kraft Sachzusammenhang grundsätzlich

rechtfertigen.

Es ist aber nicht ersichtlich, warum zur sachgemä-

ßen Erfüllung

von

Aufgaben

des Bundes die einheitliche

stung der Bereitschaftspolizeien der Länder

Ausrü-

durch den Bund not-

wendig sein soll 52

IV.

Die Konsequenzen für die bundesstaatliche Finanzverfassung

Ober diese dogmatischen Bedenken im einzelnen hinaus wirkt sich die Annahme

weitreichender

des Bundes auch negativ

ungeschriebener

Ausgabenkompetenzen

auf die Finanzverfassung und die bun-

desstaatliche Ordnung aus.

1.

Die Klarheit der Finanzverfassung

Ungeschriebene Kompetenzen wirken der insbesondere für die bundesstaatliche

Finanzverfassung

notwendigen

Rechtsklarheit

und

Rechtssicherheit entgegen. Je mehr ungeschriebene Kompetenzen anerkannt

werden,

desto stärker

wird

die Unsicherheit

von Bund

und Ländern über Möglichkeiten und Grenzen ihre Handelns. angestrebte,

aber nicht verabschiedete

ist nicht geeignet, gen der bener

diese Unsicherheit zu beseitigen. Vereinbarun-

Beteiligten können

Kompetenzen

Das

Flurbereinigungsabkommen

nur die

beschränken,

Inanspruchnahme nicht

jedoch

die

ungeschriegeforderte

Rechtsklarheit herbeiführen. 51

Vgl. dazu die in Fn. 21 Genannten.

52

So aber die Protokollnotiz zu § 1 Abs. kommen bei Frey (Fn. 2), S. 79.

2 Flurbereinigungsab-

Joachim Wieland

148

Dieses

Ziel l ä ß t

sich

auch

nicht

mit Hilfe des

Verhältnismäßig-

k e i t s g r u n d s a t z e s e r r e i c h e n 53 . Letztlich liefe dessen Anwendung auf eine

Abwägung

der

gesamtstaatlichen

Bedeutung

von

geförderten

Projekten und E i n r i c h t u n g e n mit den b e t r o f f e n e n Landeskompetenz54 materien h i n a u s . Für diese Abwägung l a s s e n sich keine normat i v e n Kriterien a u s der Rechtsordnung a b l e i t e n , des Abwägenden

tungen f ü r die

Abgrenzung

der

entscheiden.

so d a ß die Wer-

Eine v e r l ä ß l i c h e

Zuständigkeiten

von

Bund

Grundlage

und

Ländern

l ä ß t sich so nicht s c h a f f e n .

2. Die den

Die Beschneidung d e r F i n a n z a u s s t a t t u n g d e r L ä n d e r Inanspruchnahme Bund

ungeschriebener

beeinträchtigt

Rechtsklarheit,

aber

nicht

Ausgabenkompetenzen nur

durch

Rechtssicherheit

und

sondern v e r ä n d e r t auch die vom Grundgesetz v o r -

gezeichnete b u n d e s s t a a t l i c h e Ordnung zu Lasten der L ä n d e r .

Wenn

d e r Bund u n g e s c h r i e b e n e Ausgabenkompetenzen

wird

n i c h t n u r der A u f g a b e n b e r e i c h , tung der Länder beschnitten.

beansprucht,

sondern auch die

Finanzausstat-

Bund und L ä n d e r können nicht

tonom ü b e r i h r e F i n a n z q u e l l e n e n t s c h e i d e n ,

sondern s i n d an

Vorgaben

Ihre

der

Finanzverfassung

gebunden.

dort nicht v o l l s t ä n d i g f e s t g e s c h r i e b e n ,

sondern h ä n g e n

wesentlichen Punkt von den Ausgaben a b : Nr.

Einnahmen

Gemäß Art.

audie sind

in einem 106 Abs. 3

1 GG h a b e n Bund und L ä n d e r im Rahmen d e r l a u f e n d e n Ein-

nahmen gleichmäßig gaben.

Anspruch auf

Deckung

der

notwendigen

Aus-

Auch wenn d a s D e c k u n g s q u o t e n v e r f a h r e n Raum f ü r den p o -

l i t i s c h e n Kompromiß l ä ß t ( " b i l l i g e r Ausgleich" 5 ®), h ä n g e n doch die Ansprüche des Bundes auf d e r einen und der L ä n d e r g e s a m t h e i t der a n d e r e n Seite e n t s c h e i d e n d

davon a b ,

auf

welche Ausgaben ihnen

53

So a b e r W. Jakob, F o r s c h u n g s f i n a n z i e r u n g d u r c h den Bund, Der S t a a t 24 (1985), 527 f f .

54

Jakob ( F n . 53), S. 563 f .

55

Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 GG.

Ungeschriebene Ausgabenkompetenzen des Bundes

149

56 notwendig entstehen

Das sind nicht nur Ausgaben,

.

Rechtsanspruch besteht, ben.

auf die ein

sondern alle rechtlich zulässigen Ausga-

Die Beurteilung der Notwendigkeit dieser Ausgaben ist kein

rechtliches,

sondern ein politisches Problem.

Wo der Bund aber

keine ungeschriebene Ausgabenkompetenz beanspruchen kann,

ent-

stehen ihm auch keine notwendigen Ausgaben. Demgemäß

besteht

nanzausstattung

ein der

direkter Länder

Zusammenhang

und

Ausgabenkompetenzen des Bundes. kannt werden, gung

der

zwischen

Annahme

am Umsatzsteueraufkommen

für die

Fähigkeit der

Fi-

Soweit solche Kompetenzen aner-

erhöht sich der Anspruch des Bundes auf zu Lasten

der

Länder,

selbst

der Bund eine ungeschriebene

Beteili-

Ländergesamtheit.

Infolge dieser Verschlechterung ihrer Finanzausstattung sich die

der

ungeschriebener

die Ausgaben

verringert zu tragen,

Zuständigkeit in

Anspruch

nimmt. Die Gefahr eines circulus vitiosus liegt auf der Hand: Die sinkende Finanzausstattung

der

Länder

führt zu einer

ungeschriebenen Bundesausgabenkompetenzen, nismus des Art.

106 Abs.

der

die über den Mecha-

3 GG wiederum Mindereinnahmen

Ländergesamtheit zur Folge hat. der entgehen,

Ausweitung

der

Diesem Kreislauf können die Län-

wenn sie - gegebenenfalls gemeinsam - die Aufga-

ben wahrnehmen,

die nach der geschriebenen Finanzverfassung in

ihre Zuständigkeit fallen. Nur so können sie auch eine Beschränkung ihrer keit vermeiden.

Ausgabenkompetenz Gebrauch macht, mehrheit

versuchen,

haltsgesetz ausüben.

über

im Bundesrat

ihr

kann allenfalls eine Länder-

Einspruchsrecht

Einfluß

auf

56

wo

gegen

die Verwendung

das Hausder

Mittel

Über Ausgaben, die in die Kompetenz der Länder fallen,

entscheidet dagegen jedes Land allein. da,

Handlungsfähig-

Wenn nämlich der Bund von einer ungeschriebenen

es

um gemeinsame

Das gilt auch und gerade

Finanzierungen

mehrerer

Zu diesem Begriff Fischer-Menshausen (Fn. 26a und Maunz (Fn. 21), Art. 106 Rn. 49.

2),

oder

aller

Art. 106 Rn.

Joachim Wieland

150

Länder geht. sports

Wenn ein Land z . B .

nicht

für

überregionaler

vorrangig

hält,

Sportleistungszentren

Land e n t s c h e i d e n ,

die F ö r d e r u n g des kann

es

die

ablehnen.

Leistungs-

Mitfinanzierung

Auch

kann

u n t e r welchen Bedingungen es sich an d e r g e -

meinsamen F i n a n z i e r u n g k u l t u r e l l e r V e r a n s t a l t u n g e n wie Film, sik,

jedes

T h e a t e r und Festspielen b e t e i l i g t .

Mu-

Unterschiedliche Vorstel-

lungen d e r L ä n d e r können zu u n t e r s c h i e d l i c h e n

Förderungsmodellen

führen. Diese Überlegungen z e i g e n ,

d a ß es von e r h e b l i c h e r Bedeutung i s t ,

ob eine Ausgabe vom Bund oder g e m e i n s c h a f t l i c h von den Ländern getätigt wird. des Bundes

Die Annahme u n g e s c h r i e b e n e r

auch d o r t ,

griffsnotwendig 104a und 30 GG.

Ausgabenkompetenzen

wo eine Kompetenz d e r L ä n d e r nicht

ausscheidet,

ist nicht

nur unvereinbar

Sie b e e i n t r ä c h t i g t auch die Klarheit der

be-

mit Art. Finanz-

v e r f a s s u n g , beschneidet die F i n a n z a u s s t a t t u n g d e r L ä n d e r und b e schränkt ihre Handlungsfähigkeit. Vielfalt v e r h i n d e r t . rektur.

Überdies wird

Die S t a a t s p r a x i s

bedarf

bundesstaatliche

deshalb

einer

Kor-

Vom Gewerbepolizeirecht zum Wirtschaftsverwaltungsrecht

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung Von Bernhard Losch

Inhaltsübersicht I . Begrifflicher Ausgangspunkt II.

153

Geschichtlicher Zusammenhang

155

1.

Zunftwesen und Zunftzwang

155

2.

Zwangs- und Bannrechte, sonstige Monopole und Privilegien

157

3.

Merkantilistische Wirtschaftslenkung

157

4.

Liberale Wirtschaftstheorie

158

5. Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht in der preußischen Reformgesetzgebung

III. IV.

I.

159

6.

Weiterentwicklung des Gewerberechts in Preußen

164

7.

Entwicklung im übrigen Deutschland, in Österreich und in der Schweiz

167

8.

Weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert

169

Erweiterter geschichtlicher Zusammenhang

172

Verfassungsrechtlicher und staatsphilosophischer Rahmen

173

Begrifflicher Ausgangspunkt

Der Begriff

Wirtschaftsüberwachung

wird

gewöhnlich

gleichbedeu-

tend mit Wirtschaftsauf sieht verstanden und reicht sehr weit,

von

154

Bernhard Losch

der Gefahrenabwehr über Auskunfts- und Kontrollrechte im Bereich der Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsförderung bis zur bloß t a t sächlichen Information . danach unterscheiden, gemeinheit,

Im Bereich der Gefahrenabwehr läßt sich ob es vornehmlich um den Schutz der All-

den Kunden- oder Abnehmerschutz oder den Schutz der

unmittelbar Beteiligten, Kundenschutzes

sind

den Arbeitsschutz, der

vielfach nicht zu trennen.

Betroffenen-

geht.

und

Im Bereich des

Allgemeinheitsschutz

Der spezifische Rechtsgüterschutz steht

außerdem im Zusammenhang mit der Rechtsverträglichkeit der Gesamtwirtschaft,

sich besonders normierte 2 auch als "Bestandspflege" im weiteren Sinne aus . Soweit die

und hier wirken

Verrechtlichung

Gefahrenabwehr hinaus

der

Wirtschaft

über

Ziele

Vorschriften

zunehmend wirtschaftspolitische

zur

Strategien

festschreibt,

schafft sie einen wachsenden Rechtswahrungsbestand, 3 der eine nur darauf bezogene Überwachung nach sich zieht . Mit den

erweiterten

Rechtsschutzzielen

gerät

die

Wirtschaftsüberwa-

chung in einen Übergangsbereich zwischen Gefahrenabwehr, staatlicher

Verteilungsüberwachung

und

allgemeiner

sozial-

Wohlfahrts-

pflege.

Ausgangspunkt ist jedoch die polizeiliche Gefahrenabwehr,

die

Gewerbepolizeirecht

im

ihre

maßgebliche

Regelung

gefunden

hat. Vom Standpunkt der Gewerbefreiheit aus konnten die Grenzen der wirtschaftlichen

Betätigung

nur

in

der

Gefahrenabwehr

liegen.

Diese mußte hinsichtlich der besonderen Gefahren aus der Gewer1

Vgl. Bullinger, Staatsaufsicht in der Wirtschaft, VVDStRL 22 (1965), 264 (328); E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1980, S. 146; Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107 f f . (207).

2

Vgl. von der Heide, DÖV 1986, 195 (197).

3

So etwa durch das Subventionsrecht oder die wirtschaftsrechtliche Grundsatzgesetzgebung, vgl. näher Spannowsky, Der Handlungsspielraum und die Grenzen der regionalen Wirtschaftsförderung des Bundes, Tübingen (erscheint 1986); Manuskript S. 199 f .

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

betätigkeit werden.

durch

Einschränkungen

der

155

Gewerbefreiheit

gesichert

Die Einführung der Gewerbefreiheit als das Recht für j e -

dermann, wirtschaftlich tätig zu werden, verlangte daher zugleich eine Regelung des Gewerbepolizeirechts,

um den besonderen Gefah-

ren aus der gewerblichen Tätigkeit entgegenzuwirken. lichen

Ausgangspunkt

für die

staatliche

Den eigent-

Überwachung

der

Wirt-

schaft bildet also die Gewerbefreiheit.

II.

Geschichtlicher Zusammenhang

Wenn man die wirtschaftspolitischen Entwürfe und Stellungnahmen aus der Wende vom 18. zum 19. und aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts betrachtet, Gewerbefreiheit

eine

schaffen wurde.

gewinnt man den Eindruck,

fundamental

neue

daß mit der

Wirtschaftsordnung

ge-

Was den einen als Notwendigkeit und Aufbruch in

eine bessere Zukunft erschien,

war für die anderen der Sturz ins A

Chaos und das willkürliche Opfer einer bewährten Ordnung .

1. Die

Zunftwesen und Zunftzwang Freiheit

Konkurrenz,

der

wirtschaftlichen

Betätigung,

gab es in dieser Ordnung nicht.

also

Wirtschaftsmarkt aufgeteilt zwischen den Zünften bzw. mannsgilden und Handwerksinnungen, schlossen waren. alters

die

freie

Vielmehr war der den Kauf-

die zu Zünften zusammenge-

Das Zunftwesen hatte sich im Laufe des Mittel-

herausgebildet.

Es

führte zu

fester

Einteilung

der

ver-

schiedenen Berufssparten, legte Ausbildungs-, Qualitäts- und 4 Vgl. von Rohrscheidt, Vom Zunftzwange zur Gewerbefreiheit Eine Studie nach den Quellen, Berlin 1898; Kölzsch, Die Entwicklung der Gewerbefreiheit in Deutschland, Diss. Greifswald 1920; Mieck, Preußische Gewerbepolitik in Berlin 1806-1844, Berlin 1965; Barbara Vogel, Allgemeine Gewerbefreiheit, Die Reformpolitik des preußischen Staatskanzlers Hardenberg (1810-1820), Göttingen 1983 (Krit. Stud. z. Geschichtswissenschaft, Bd. 57).

Bernhard Losch

156

Lohnstandards fest,

schloß die Mitglieder zu sozialen Gruppen zu-

sammen und verband

mit der

beruflichen die

politische

Interes-

5 senvertretung .

Die

Zunft

schlossenen Gesellschaft, gang fand und außerhalb sagt

war.

Dieser

entwickelte

in die

derer die

Zunftzwang

sich

nur der

schließlich

zur

Standesangehörige

gewerbliche Tätigkeit

sicherte

den Zünftischen

geEin-

unter-

das

ge-

werbliche Monopol. Was zunächst Entfaltung und Gestaltung bedeutet hatte,

führte im

Laufe der Jahrhunderte aber zu Erstarrung und Rückschritt.

Aus

der Berufs- und Tätigkeitsorganisation wurde ein Privilegien- und Zeremonienwesen, in dem sich erhebliche Mißbräuche breitmachg ten .

Die traditionelle Aufnahme als Lehrling,

von der Lehre,

die Einsetzung

als Meister,

die Lossprechung die Versammlungen

und Verhandlungen wuchsen sich zu umständlichen und kostspieligen Feiern und Aufzügen aus,

deren berufs- und standesethischer

Ausgangspunkt7 immer mehr in grobe und gewalttätige Belustigungen ausartete . Vor allem dieses Lasterleben war dem Ansehen der

5

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 1 f f . ; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, 1. Bd., 1958, S. 163 f f . ; M. Weber, Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1958, S. 127 f f . ; H. Pohl, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vom Spätmittelalter bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I , 1983, S. 214 (225 f f . ) ; Blaich, Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung, ebda., S. 428 (insbes. S. 438 f f . ) .

6

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 87 f f .

7

Der Zug zu barocken Festgelagen aus jedem denkbaren Anlaß war aber keine Besonderheit der Zünfte, sondern kennzeichnete in weitem Umfang das gesellschaftliche Leben, z.B. im jahres- und lebenszeitlichen Brauchtum und bei der landwirtschaftlichen Abgabenentrichtung ( v g l . Losch, Anfangs- und Abschlußbräuche, in: Dörfliche Fasnacht zwischen Neckar und Bodensee, 1966, Volksleben Bd. 12, S. 82 f f . ) und vor allem auch an den Universitäten, etwa bei den Immatrikulationsund Abschlußfeiern ( v g l . Jens, Eine deutsche Universität, 1977, S. 64 f f . ) . Obrigkeitliche Aufsichtsmaßnahmen richteten sich auch gegen diesen Überschwang; im Zunftwesen erschien die Unordnung nach Ausmaß und Auswirkung besonders lästig.

157

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

Zünfte abträglich und gab im 18. Jahrhundert den Anlaß zu einer o wachsenden obrigkeitlichen Aufsicht .

2.

Zwangs- und Bannrechte, sonstige Monopole und Privilegien

Teilweise

hatten

sich

zusätzlich

zur

Zünfte örtliche Ausschließlichkeitsrechte sprünglich

der

Existenzfähigkeit

Betriebe dienen sollten,

Marktkontrolle herausgebildet,

gemeinwirtschaftlich

durch

die

die urwichtiger

so vor allem für das Mühlengewerbe.

In-

nerhalb des sonstigen Zunfthandwerks war vielfach der Kauf von Gewerbeberechtigungen Voraussetzung

für einen Meisterbetrieb

worden,

was die Monopolisierung verstärkte.

daneben

staatliche

ge-

Schließlich wurden

Privilegien und Sonderkonzessionen außerhalb Q des Zunftwesens vergeben . Diese vielfältigen Sonderrechte führten dazu, daß sich die Wirtschaft zwar nicht ausschließlich in zünftischer,

aber durchweg in fester Hand befand und wenig Raum für

Entfaltung und Neuerung bestand.

3.

Merkantilistische Wirtschaftslenkung

Um gleichwohl die Wirtschaftstätigkeit zu fördern,

versuchte der

Absolutismus

Rohstoffverar-

der

Aufklärungszeit

beitung durch Exportverbote, unterstützen*®.

die

inländische

Schutzzölle und neue Privilegien zu

Damit wurde zwar der Zunftzwang häufiger durch-

8

Die zugleich übertriebene Vorrechte und wirtschaftlichen Machtmißbrauch einschränken wollte; vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 87 f f . ; Köttgen, Gewerbegesetzgebung, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Bd., 1927, S. 1000 (1006 f f . ) .

9

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 49 f f .

10

Vgl. Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl. 1966, S. 321 f f . ; Haussherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit vom Ende des 14. bis zur Höhe des 19. Jahrhunderts, 3. Aufl. 1960, S. 153 f f . ; Kulischer (Fn. 5 ) , 2. B d . , 1958, S. 102 ff.

158

Bernhard Losch

brochen,

aber wiederum nur durch fest verliehene Berechtigungen,

und der wirtschaftlichen wegungsfreiheit

Belebung wurde keine

eingeräumt.

Anzeichen

einer

ausreichende BeÄnderung

brachte

aber eine gründliche wirtschaftspolitische Neubesinnung.

4.

Liberale Wirtschaftstheorie

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelten die Physiokraten in Frankreich eine Theorie der landwirtschaftlich fundierten Wirtschaftsordnung, die auf der freien Verfügbarkeit der landwirtschaftlichen Produktion aufbaute und, von diesem Bereich ausgehend, die liberale Wirtschaftstheorie vorbereitete''""''. Gegenüber der landwirtschaftlichen Produktion stellte Adam Smith, der Begründer und Wegbereiter der liberalen Wirtschaftstheorie, die Arbeit als den entscheidenden Wirtschaftsfaktor in den Vordergrund und plädierte für einen völlig freien Markt, auf dem sich im Konkurrenzkampf eine allseitig freie Entfaltung der wirtschaftlichen und persönlichen Kräfte nach dem Maßstab des Erforderlichen und Brauchbaren und der natürlichen Auslese entwickeln 12 könnte Es ist offensichtlich, nur

auf

eine

daß in diesem freiheitlichen,

natürliche

Differenzierung

bezogenen

gewissermaßen Entwurf

Grundlagen der Aufklärungsphilosophie aufgegriffen sind,

die

die an

der individuellen und sozialen Selbstbestimmung des Menschen a r beitete und daß der Entwurf sich mit dem Kantschen Rechtsprinzip von der größtmöglichen Freiheit

eines jeden

an den Grenzen der

11

Vgl. Haussherr (Fn. 10), S. 277 f f .

12

A. Smith, Der Wohlstand der Nationen (1776), aus dem Englischen übertragen von H.C. Recktenwald nach der 5. Aufl. 1789, 1974; v g l . Haussherr (Fn. 10), S. 281 f f . ; von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 188 f f . ; Mieck (Fn. 4 ) , S. 3; Kaufhold, Gewerbefreiheit und gewerbliche Entwicklung in Deutschland im 19. Jahrhundert, Bl. f . deutsche Landesgeschichte 118, 1982, S. 73 (74 f f . ) ; Stürmer, Die Suche nach dem Glück: Staatsvernunft und Utopie, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I , 1983, S. 1 (4, 13 f . ) .

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

159

Freiheit des anderen t r i f f t , hier zum Wirtschaftsprinzip speziali13 siert . Die in den Fundamentalsatz bei Kant als Voraussetzung der

gleichberechtigten

Freiheit

einbezogenen

konstitutiven

Frei-

heitsgrenzen kehren bei der praktischen Verwirklichung des l i b e ralen Wirtschaftsmodells als die polizeilichen Schranken der Wirtschaftsfreiheit wieder. Die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung unter Abschaffung der Zünfte wurde in Frankreich schon 1775/ 76 durch

Turgot durchzusetzen

versucht;

nach

seinem bald

darauf

folgenden Rücktritt wurde die Reform aber wieder rückgängig macht.

ge-

Doch mit der Einführung der neuen bürgerlichen und d . h .

nunmehr Jedermannsrechte durch die Französische Revolution setzte sich die Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung in Form der a l l gemeinen Gewerbefreiheit in Frankreich endgültig durch 14

5.

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht in der preußischen Reformgesetzgebung

Von Frankreich aus drang das Prinzip der Gewerbefreiheit in die 15 eroberten und übernommenen deutschen Westgebiete ein . Als e r ster deutscher Staat entschloß sich Preußen,

mit der Zunftverfas-

sung zu brechen und das neue Prinzip zu verwirklichen.

Den An-

stoß dazu gab die Reformgesetzgebung,

die nach dem Zusammen-

bruch

1806/1807 zum Wiederauf-

im französisch-preußischen

Krieg

bau des Staates in die Wege geleitet wurde. Während der erste große Reformer, wesen jedoch nicht,

Freiherr vom Stein, das Zunft-

wie in Frankreich

geschehen,

abschaffen,

13

Kant, Die Metaphysik der Sitten, 2. Aufl. 1798, Einleitung in die Metaphysik der Sitten I , IV, S. 6 f . , 18 f f . , Einleitung in die Rechtslehre B, C, S. 31 f f . , zit. nach der Ausg. in sechs Bänden, hrsg. von W. Weischedel, 1956, S. 318 f . , 326 f., 336 f f . ; v g l . Störig, Kleine Weltgeschichte der Philosophie, 12. Aufl. 1981, S. 357 f f . ; ferner Lütge (Fn. 10), S. 409; Stürmer (Fn. 12), S. 7 f .

14

Vgl. Kulischer (Fn. 5 ) , 2. Bd., S. 444 f .

15

Vgl. Kaufhold (Fn. 12), S. 85 f .

160

Bernhard Losch

sondern nur modernisieren wollte,

bekannte sich der Nachfolgere-

former von Hardenberg dagegen

uneingeschränkt zum Prinzip der 1 fi Gewerbefreiheit und zur Abschaffung der Zünfte . Die Situation sprach

keineswegs

Insbesondere

eindeutig

bestanden

setzte Meinungen.

auf

für

den

politischer

einen

oder

Seite

anderen

völlig

Weg.

entgegenge-

Während die Befürworter der allgemeinen Gewer-

befreiheit sich auf die Argumente der liberalen

Wirtschaftstheorie

stützten und die Zünfte als Hemmschuh der Entwicklung verstehen mußten,

sahen

die Gegenstimmen,

so besonders die ständischen

Deputiertenversammlungen, die Magistrate und natürlich die Zünfte selbst in der Gewerbefreiheit die Gefahr eines völligen wirtschaftlichen Niederganges,

im Zunftwesen dagegen

eine

unentbehrliche

Gewährleistung dafür, daß Ordnung und Zuverlässigkeit im Gewer17 be aufrechterhalten werden konnten Hardenberg setzte sich aber durch, ausgehenden Reformgesetzen, vorarbeiteten,

und nach verschiedenen vor-

die einer freien beruflichen Tätigkeit

wie vor allem die Bauernbefreiung, die Einführung

des freien Grundstücksverkehrs und die Aufhebung des Mühlen18 Zwanges , wurde durch das Gewerbesteueredikt von 1810 die Gewerbefreiheit unter gleichzeitiger Abschaffung der Zünfte einge19 führt

.

Dieser radikale Schritt,

mit dem nur teilweise an Stelle

der mit den Zünften verbundenen Selbstkontrolle und der sonstigen Vorkehrungen

gegenüber

der

gewerblichen

Gefahrenkontrolle verbunden wurde,

Wirtschaft

eine

erfuhr alsbald die f ä l l i g e Er-

gänzung durch das Gewerbepolizeigesetz von 1811, befreiheit erst den Rahmen gab,

auch

das der Gewer-

in dem sie überhaupt als nicht

16

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 196 f f . , 312 f f .

17

Vgl. Nachw. o. Fn. 4.

18

Näher von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 202 f f .

19

Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer vom 2. November 1810 (im Titel mit Datum vom 28. Oktober aufgeführt), Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten vom 27. Oktober 1810 bis 1811, S. 79.

161

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

gemeingefährliches Recht und d.h.

eben nichts anderes als eine 20 .

Rechtsinstitution gewährleistet werden konnte

was ausschlaggebend war für Hardenbergs kompro-

Umstritten ist,

mißlosen Reformkurs.

Während ältere Autoren z . T .

betonen,

daß

mit Hardenbergs Generation eine Beamtenschaft zum Zuge kam, maßgeblich

durch

die

schnelle

Aufnahme

und

die

Verbreitung

der 21 Smithschen Ideen an den preußischen Universitäten geprägt war ,

halten neuere Untersuchungen weniger von diesem wirtschaftsliberalen Ausgangspunkt, sche Situation

ab,

sondern stellen die

in erster

auf die praktische

Linie

gekennzeichnet

politi-

war

größtem Geldbedarf und daher Hardenberg veranlaßt habe,

von

allein

aus finanzpolitischen Gründen die Gewerbefreiheit einzuführen, um 22 daran eine allgemeine Gewerbesteuer anknüpfen zu können . Die Einführung der Gewerbefreiheit durch das Gewerbesteueredikt zeigt schon mit dieser Verknüpfung und vor

allem im Vorspruch,

daß

der Nahzweck der Reform in der Tat die Einführung der Gewerbesteuer war.

Die Präambel überläßt es aber dem Leser,

Schwerpunkt auf

der Einlösung

eines

ausdrücklich

ob er den

wieder

aufge-

griffenen Reformversprechens oder eben in der Steuererhebung sehen w i l l . Das Edikt ordnete bei Strafe an,

daß jedermann, ob schon in i r -

gendeiner Form gewerbetreibend oder bisher noch nicht, führung eines

bestimmten

zu

damit

lösen

und

eine

Steuer zu bezahlen habe. auf

Gewerbeschein

Gewerbes je

nach

jährlich

einen

Berufsart

zur Aus-

Gewerbeschein

näher

festgesetzte

Das Betreiben mehrerer Gewerbe jeweils

und überall

im Staatsgebiet

wurde

gestattet.

Auf die Erteilung des Gewerbescheines hatte dem Edikt zufolge j e 20

Gesetz über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe, in Bezug auf das Edikt von 2ten November 1810, wegen Einführung einer allgemeinen Gewerbesteuer. Vom 7ten September 1811, ebda., S. 263.

21

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 312 f f .

22

Vgl. E. Klein, Von der Reform zur Restauration, 1965, S. 101 f f . , mit Hinweis auf entsprechende ältere Stimmen.

162

Bernhard Losch

der Anspruch,

der ein

Polizeiattest über seinen rechtlichen

Le-

benswandel beibrachte. Diese

allgemeine

Gewerbefreiheit

wurde

für

diejenigen

Gewerbe

"bei deren ungeschicktem Betriebe gemeine Gefahr obwaltet, welche eine öffentliche

Beglaubigung oder Unbescholtenheit

dern" insofern eingeschränkt, nes

den

Nachweis

über

oder erfor-

als die Erteilung des Gewerbeschei-

den

"Besitz

der

erforderlichen

schaften auf die vorgeschriebene Weise" voraussetzte;

Eigen-

diese beson-

deren Gewerbe wurden abschließend in einem 34 Nummern umfassenden Katalog aufgezählt, Apotheker,

Tierärzte,

dazu gehörten z . B . :

Abdecker, Ärzte,

Hebammen, Totengräber, Makler, Juweliere,

Schausteller, Maurer, Zimmerleute und Schornsteinfeger. Besonders überwacht werden sollten also etwa das im Gesundheitsbereich tätige,

das leicht für betrügerischen Gewinn zugängliche

und das Bau-Gewerbe.

Unabhängig davon wurde jede Gewerbetä-

tigkeit den Grenzen des polizeilich Zulässigen unterworfen. Dieses oft als gewerberechtlich unzureichend beschriebene Steuer23 edikt erhielt, wie gesagt, im Gewerbepolizeigesetz von 1811 seine Ergänzung, Einschränkungen die

Grundlage

das in 163 Nummern die gewerbepolizeirechtlichen 24 näher ausführte . Wie das Gewerbesteueredikt der

Gewerbefreiheit,

so

ist

dieses

Grundlage des Gewerbepolizeirechts in Deutschland.

Gesetz

die

Zunächst wur-

de der Erwerb des Gewerbescheines grundsätzlich als vom Bürgerrecht unabhängig klargestellt. Vorschriften verwiesen,

Weiter wurde jedoch

auf örtliche

die das Bürgerrecht zur Voraussetzung für

die Aufnahme eines Gewerbebetriebes erhoben und angefügt,

daß

in diesen Fällen die Versagung des Bürgerrechts wegen rechtlicher 23

Vgl. 87.

von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 412; Kaufhold (Fn. 12), S.

24

Z.T. nicht als notwendige Ergänzung, sondern als Rückschlag gegen die Gewerbefreiheit auf Drängen der Zunftlobby charakterisiert, vgl. E. Klein (Fn. 22), S. 110 f f . ; die auf S. 113-125 aufgeführten Gegenstimmen stammen jedoch aus der Zeit nach 1811. Ausf. zum Gesetz von Rohrscheidt, S. 412 f f .

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

163

Bescholtenheit auch die Gewerbeausübung betreffe. Im Unterschied zum Edikt von 1810 konnte daraus entnommen werden, daß in allen anderen Fällen die rechtliche Unbescholtenheit nicht mehr als Voraussetzung für die Gewerbeberechtigung gelten konnte 25 . Die Aufhebung des Zunftzwanges wurde im Gesetz von 1811 erneut hervorgehoben, ferner wurde die Ablösung der Gewerbeberechtigungen geregelt. Die Brau- und Brennrechte wurden jedoch mit Einschränkungen aufrechterhalten; die Eröffnung neuer Schankstätten unabhängig von solchen Rechten wurde der polizeilichen Genehmigung nach dem Gesichtspunkt der öffentlichen Nützlichkeit unterworfen, sowie für das Wandergewerbe die Zuverlässigkeitsprüfung vorbehalten. Schließlich wurden sämtliche polizeilichen Preis- und Lohnfestsetzungen aufgehoben. Das mit der Einführung der Gewerbefreiheit verbundene Gewerbepolizeirecht ist geprägt durch die Aufhebung der bisherigen Zunftordnung, durch die Einführung der Gewerbeberechtigung auf Gewerbeschein und durch besondere Erlaubnisvorbehalte für eine Anzahl als gefährlich betrachteter Gewerbe; neben polizeilichen Zuverlässigkeitszeugnissen wurde ausnahmsweise auch eine Bedürfnisprüfung vorbehalten. Die heutige geläufige Einteilung in Gewerbeerlaubnis und Gewerbeuntersagung bestand nicht, Bedingungen und Auflagen waren nicht genannt. Überwachungsbehörden waren die Polizei und die allgemeinen Verwaltungsbehörden. Das Prüfungsermessen war unbeschränkt, der Rechtsschutz oft ausgenommen oder das Verfahren eingeschränkt. Arbeitsschutzbestimmungen bestanden nicht. Die Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisse wurden privatem Belieben überlassen. Damit zeigt sich eine Grundlage, die das Prinzip der besonderen Überwachung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zwar klar erfaßt und um eine Regelung bemüht ist, aber, von der Auflistung der gefährlichen Gewerbe abgesehen, sehr pauschal ansetzt und in der Tat als ein erster Versuch erscheint, die Gewer25

von Rohrscheidt (Fn. 4), S. 613.

164

Bernhard Losch

befreiheit polizeilich

zu bewältigen.

Im Gewerbesteuergesetz

von

1820 wurde das Prinzip der Gewerbefreiheit noch verdeutlicht,

in-

dem der

die

Gewerbeschein

grundsätzlich

abgeschafft

und durch

Mitteilung von der Aufnahme des Gewerbes an die Behörde ersetzt wurde.

Nur für das Hausiergewerbe blieb die Pflicht, oc .

einen Ge-

werbeschein zu lösen, aufrechterhalten

6.

Weiterentwicklung des Gewerberechts in Preußen

Die

umrissene

Kerngebiete Staatsteile krieg

Rechtslage

beschränkt; und

blieb nach

der weiteren

französischer,

Gewerberecht.

In

auf

Rückerwerb

Ausdehnung

galt in den verschiedenen

schiedliches

zunächst dem

durch

die den

verlorenen Befreiungs-

Staatsgebieten ein völlig den

Landesteilen

unter

unterehemals

westfälischer und bergischer Herrschaft waren die

Zünfte ganz aufgelöst,

sonst herrschte die alte

Zunftverfassung

und bestanden die herkömmlichen Sonderrechte weiter, Stil des 18.

preußischen

der

teilweise im

Jahrhunderts, teilweise in der vorsichtigen Beschrän-

kung durch das Allgemeine Landrecht und aufgelockert durch die 27 verschiedensten Vorschriften . Es war jedoch keineswegs eindeut i g , daß der Reformkurs sich weiter durchsetzen konnte. Die Geg28 nerschaft gegen die Gewerbefreiheit blieb vehement . Vorerst kam es lediglich zum Erlaß von Teilgesetzen, die aber nur ergänzende Regelungen brachten, so im Reise- und Gaststättengewerbe 29 . Was die allgemeine Berechtigung zum Gewerbe betrifft, die 1811 angeordnete

grundsätzliche

und Gewerbeausübungsrecht setzt,

Unabhängigkeit

wurde 1823 von

ausnahmslos in allen Fällen

Bürgerdurchge-

in denen nach der Städteordnung die Versagung des Bür-

26

Köttgen (Fn. 8), S. 1008.

27

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 579 f f . ; Kaufhold (Fn. 12), S. 86 f f .

28

Vgl. von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 556 f f .

29

Köttgen (Fn. 8), S. 1009.

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

165

30 gerrechts nur den Verlust der Ehrenrechte bewirken sollte Polizeiattest noch

für

über

die

die rechtliche

besonders

Unbescholtenheit

erlaubnispflichtigen

war

.

Das

damit

Gewerbe

nur

Vorausset-

zung. Regierung und Verwaltung waren bemüht, das unbeschränkte Ermessen nach allgemeinen Gesichtspunkten

zu regeln.

So wurde

z.B. 1834 die Berücksichtigung 31 Verjährungsfristen gebunden

Verbrechen

an

Als ein

geringer

Mangel des Gewerberechts mußte sich bemerkbar

deren

machen,

daß mit dem Anknüpfen an das hergebrachte Gewerbe in Form der Handwerksbetriebe

die veränderten

Bedingungen

Entwicklung nicht berücksichtigt wurden.

der

industriellen

Hier bestand vor allem

hinsichtlich der Ausnutzung menschlicher Arbeit eine zeirechtlich 1836 über

völlig offene Flanke. die

Arbeitszeit

und

gewerbepoli-

Mit Regulativen von

einem

1824 und

Kinderschutzregulativ

1839 wurde eine Besserung der unerträglichen

Situation

die sich

bemerkbar

zunehmend

durch Gesundheitsschäden

von

versucht, machte.

Jedoch wurde kein Erfolg erzielt und eine grundsätzliche

Neuord-

nung

dringli-

im

Gewerberecht

auch

aus diesem

Anliegen

immer

32 eher

.

Gleiches galt wegen weitgehender Regelungslücken für die

Ausbildung wurden

im Gewerbebetrieb und das Gesellenwesen.

jedoch mehrere Vorschriften erlassen

Zu diesem

und schließlich

der

traditionelle Wanderbrauch wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch das Umherziehen ganz aufgehoben 33 Die

Unvollständigkeit

und

Uneinheitlichkeit

des

Gewerberechts

führten schließlich zum Erlaß der preußischen Gewerbeordnung von 1845.

Mit diesem Gesetz wurde

die Aufhebung

der

das Prinzip

Zünfte und Zwangsrechte

30

von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 614.

31

Wie vorige Fn.

32

Vgl. Poerschke, Die Entwicklung Deutschland, 2. Aufl. 1913.

33

von Rohrscheidt (Fn. 4 ) , S. 589 f f .

der

der Gewerbefreiheit, und das

inzwischen

Gewerbeaufsicht

in

166

Bernhard Losch

entwickelte Gewerbepolizeirecht in ganz Preußen eingeführt bestimmte Berufsgruppen, 1811,

von

wurde ein

nachweis angeordnet.

.

Für

im wesentlichen dieselben wie im Gesetz

Befähigungsnachweis

weitere Gewerbe wurde,

34

vorgeschrieben.

ähnlich wie früher, ein

Für

Zuverlässigkeits-

Die polizeiliche Erlaubnis als Voraussetzung

für das Gaststättengewerbe wurde aus den vorausgegangenen Verordnungen übernommen,

und hinsichtlich des Reisegewerbes wurde

auf die geltenden Bestimmungen verwiesen. wicklung wurde

dadurch Rechnung

Konzessionspflichten ausgedehnt wurden. sonenbezogenen die sach- bzw. führt.

versucht,

daß

anlagenbezogene Konzession einge-

wurden wie

mit

in

einzelnen

Ausnahmen,

werden konnten,

die

So wurde neben der per-

Neu war auch die Freigebung des Marktverkehrs.

keitliche Preisbestimmungen

gern.

Der industriellen Ent-

zu tragen

denen

Obrig-

früher schon aufgehoben,

Preisfestsetzungen

gestattet

z.B. für den Brotverkauf oder bei Schornsteinfe-

Hinsichtlich der Bäcker und Gastwirte konnte das Anschla-

gen der Preise verlangt werden. Die Arbeitsverhältnisse des Personals wurden nunmehr ausführlich geregelt.

Für die Anstellung von

Lehrlingen wurde

Gewerben ein Befähigungsnachweis vorgeschrieben. Arbeitsschutz

wurde aber den füheren Regulativen und ihrer Wei-

terentwicklung überlassen. gesetz

von

in einzelnen

Der eigentliche

1811 neben

Möglichkeit stellt,

Ähnlich wie schon das Gewerbepolizei-

die

völlige

Abschaffung

Korporationen anzuordnen,

der

Zünfte

die

und dadurch dem

traditionellen Gedanken der Förderung und Selbstverwaltung durch Zusammenschluß nicht völlig abgeneigt war,

wurde dieser Grund-

satz nunmehr ebenfalls, jedoch viel deutlicher fortgeführt und das Bilden

von

Innungen

gestattet,

sofern

jeglicher

Zwang

ausge-

schlossen war. Gegenüber heit jedoch 34

dieser

vorsichtigen

alsbald einen

Einlenkung

grundsätzlichen

erlitt

die

Gewerbefrei-

Rückschlag,

ausgelöst

Köttgen (Fn. 8), S. 1008 f . - Zur Entwicklung im 19. Jahrhundert auch Conze, Sozialer und wirtschaftlicher Wandel, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I , 1983, S. 19 f f .

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

167

durch die Handwerkerbewegung von 1848. Der Druck des industriellen Gewerbes war inzwischen so stark geworden, daß die Handwerkerschaft den Schutz des Handwerks durch Abschaffung der Gewerbefreiheit verlangte. Dem Anliegen der Handwerkerbewegung wurde 1849 dadurch nachzukommen versucht, daß für die Eröffnung des Gewerbebetriebes in den wichtigsten Handwerkszweigen ein Befähigungsnachweis vorausgesetzt wurde, in Form der Aufnahme in eine Innung oder, davon unabhängig, durch Ablegen e i 35 ner Prüfung

.

Die Prüfungsbestimmungen wurden eingehend gere-

gelt. Zum Schutz vor Industrie und Handel wurde die Beschäftigung von Gesellen in der Fabrikarbeit eingeschränkt und an die Betreuung durch Meister gebunden;

der Verkauf von Handwerkerwaren wurde

teilweise auf zugelassene Handwerker beschränkt. die Einrichtung

von Gewerberäten ermöglicht,

den Arbeitsschutzregulativen eingeführte, liche

Fabrikaufsicht

und die ebenfalls

aber ineffektive polizeiineffektiven

sionen zur Fabrikinspektion treten konnten. ebenfalls fehlte.

keine Eine

Bedeutung,

Weiterentwicklung

Gesetz von 1853 versucht, spektoren

da

empfohlen

Regierungsbezirken.

ihnen des

Außerdem wurde die neben die in

jede

Lokalkommis-

Sie erlangten jedoch Durchsetzungsmacht

Arbeitsschutzes

wurde durch

mit dem die Aufstellung von Fabrikin-

wurde.

Dazu

kam es

jedoch

nur

in

drei

Im übrigen blieb es bei der Beaufsichtigung qc

durch die allgemeinen Polizeibehörden

7.

Entwicklung im in der Schweiz

übrigen

Deutschland,

in

Österreich und

Noch vor der gesetzlichen Einführung in Preußen war die Gewerbefreiheit in die französisch besetzten Gebiete hineingetragen wor-

35

Notverordnung vom 9. Februar 1849 zur Änderung der Gewerbeordnung, v g l . Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1009 f .

36

Vgl. Poerschke, wie Fn. 32.

Bernhard Losch

168

den.

Teilweise wurde sie später wieder aufgehoben,

überwiegend

aufrechterhalten.

In

den übrigen

blieb jedoch

deutschen Staaten

hielt sich größtenteils die alte Zunftordnung bis zur Epoche nach 1860, in der sich das liberale Gedankengut völlig durchsetzte. Die Gewerbefreiheit wurde Staaten eingeführt, 37 Bayern den

.

innerhalb eines Jahrzehnts in 19 deutschen zuerst

in

Nassau

1860 und zuletzt

1868 in

Diese Entwicklung mündete in die Gewerbeordnung für

Norddeutschen

Bund

und

ihre

Ausdehnung

auf

das

gesamte

Reich. In Österreich beherrschte die Gewerbepolitik im 16. und 17. Jahrhundert immer wieder die Einschränkung der festen Zunftordnung 38 und des Zunftzwanges

.

Den Kommerzialgewerben,

überörtliches Absatzgebiet tätig waren, große Bewegungsfreiheit eingeräumt;

die

für ein

wurde im 17. Jahrhundert

die ortsbeschränkten Gewerbe

waren dagegen der örtlichen Polizeiverwaltung unterstellt und für ihre

Zulassung

das örtliche

Um die Wende zum 18.

freiheitliche Gewerbepolitik schwert,

und schließlich

zwang gedacht. wurde in

aufgegeben, wurde

an den

generellen

er-

Konzessions-

und der Hausierhandel

kontrolliert.

ordnung wurde 1859 erlassen. nicht

die Gewerbetätigkeit

durch die Verwaltung nach wie vor

Umfang aufrechterhalten

kaiserliches Patent scharf befreiheit

gemacht.

Trotz Umschwung durch die Verfassung von 1848

die Konzessionspflicht

weitem

Bedürfnis ausschlaggebend

Jahrhundert und in der Folge wurde die

ausdrücklich

durch

Eine allgemeine Gewerbe-

Sie g r i f f den Grundsatz der Gewerauf

schen Konzessionscharakter bei.

und behielt

den

protektionisti-

Die Novelle von 1883 betonte die

Sonderstellung des Handwerks und führte die Dreiteilung

in freie,

gewerbescheinpflichtige und konzessionierte Gewerbe ein. In der Schweiz setzte sich dagegen die allgemeine Gewerbefreiheit ausdrücklich

durch,

in Frankreich,

zunächst

angestoßen durch

die Entwicklung

im Bundesvertrag von 1815 durch die Freiheit des

37

Vgl. Kaufhold (Fn. 12), S. 100 f .

38

Die weitere Darstellung folgt Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1039 f f .

169

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

Handels vorbereitet,

in der Verfassung von 1848 weiter entwickelt

und in der Verfassung von 1874 als Grundsatz garantiert.

Als

Ausnahme war vor allem das Gaststättenwesen genannt,

das der

kantonalen

des öf-

Gesetzgebung

zur Beschränkung

fentlichen Wohls unterworfen wurde.

im Interesse

In der Teilrevision der Ver-

fassung von 1885 wurde der bedingte Bedürfnisnachweis Gaststättengewerbe eingeführt. für die Lebensmittelpolizei

an den Bund führte die Tendenz zur

Einschränkung des Gewerbefreiheitsgrundsatzes weiter. dete

die

bung,

Gewerbefreiheit

für das

Die Übertragung der Gesetzgebung

die

Grundlage

der

Jedoch b i l -

Wirtschaftsgesetzge-

die sich anders als in Deutschland nicht auf ein Gewerbe-

gesetz konzentrierte,

sondern

gleich

den Weg zu sehr weit ge-

streuten Regelungen einschlug.

8.

Weitere Entwicklung im 19. Jahrhundert

Die einschränkende preußische Verordnung von 1849 konnte sich nur vorübergehend durchsetzen, schon 1861 wurde durch Änderungsgesetz zur Gewerbeordnung die Gewerbefreiheit wieder ausge39 baut

.

bloße

Die Konzessionspflicht wurde stark eingeschränkt und die Anzeigepflicht

Notgewerbegesetz stehende

wieder

des

Gewerbe

in

den Vordergrund

Norddeutschen

verkündete

den

wurde

auf

einen

geringen

Das das

Bundes

von

1868

Grundsatz

der

Gewerbefreiheit

einheitlich im gesamten Geltungsbereich. pflicht

gestellt.

Rest

für

Die Befähigungsnachweisder

nämlich auf die Tätigkeit im Gesundheitswesen,

Gewerbe

reduziert,

in der Rechtsver-

tretung und der Seeschiffahrt. In der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes von 1869 wurde diese liberale Richtung beibehalten 40 . Das Gesetz lehnt sich eng 39

Für die folgende Darstellung vgl. ebenfalls Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1010 f f . ; ferner Kaufhold, Wirtschaftsverwaltung 1867-1914, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. I I I , 1984, S. 207 f f .

40

Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 245), Gesetz-Sammlung für die Königlich Preu(Fortsetzung Fußnote)

B e r n h a r d Losch

170

an die p r e u ß i s c h e Gewerbeordnung von 1845 a n , allem d a s Bestreben, ser zu f a s s e n , zuwirken

einen

geordneten

der u n b e s c h r ä n k t e n Unter

den

Rechtsschutz

zu

sichern.

Gewerbefreiheit wurde

ginn g e s t e l l t und a l l e ä l t e r e n schafft.

präzi-

b e h ö r d l i c h e r Willkür soweit wie möglich e n t g e g e n -

und

Grundsatz

zeigt jedoch vor

die gewerbepolizeilichen Bestimmungen

noch b e s c h r ä n k e n d e n

besonderen

an

Der

den

Rechte

Be-

abge-

Zulassungsvoraussetzungen

wurde

z u n ä c h s t die Anlagengenehmigung f ü r die im einzelnen a u f g e f ü h r ten Gewerbe- bzw.

Fabrikanlagen

a u f g r u n d der G e f a h r e n - , ter Berücksichtigung heitspolizeilichen

der bestehenden

Vorschriften

Lebens-

und

Der Bescheid

bau-,

zu v e r s a g e n

Bedingungen zu e r t e i l e n w a r , vor

dahin geregelt,

d a ß sie

die auch

Gesundheitsgefahren

mußte s c h r i f t l i c h

zu

ergehen;

f e u e r - und oder

mit

werden.

Gegen

den

Bescheid

den

gesundnötigen

den Schutz der

Arbeiter

berücksichtigen

hatten.

soweit

die

v e r s a g t oder n u r u n t e r Bedingungen e r t e i l t w u r d e , gründet

nur

N a c h t e i l s - oder B e l ä s t i g u n g s p r ü f u n g u n -

wurde d e r

Genehmigung mußte sie b e -

Rekurs

an

n ä c h s t v o r g e s e t z t e Behörde e r ö f f n e t und d a s V e r f a h r e n genau

die gere-

gelt. Die Anlegung

von Dampfkesseln wurde e i n e r

Genehmigung u n t e r w o r f e n ,

besonders

ebenso wurde die Z u l ä s s i g k e i t

u r s a c h e n d e r Betriebe b e s o n d e r s g e r e g e l t .

r e r B e f ä h i g u n g oder der Z u v e r l ä s s i g k e i t b e d u r f t e n , für

Ärzte

oder

die

Die G a s t s t ä t t e n e r l a u b n i s

Erlaubnis

war

unter

lärmver-

Neben der A n l a g e n g e n e h -

migung s t a n d die Genehmigung f ü r Gewerbetreibende, bation

geregelten

für

genauer

die besondeso die Appro-

Schauspielunternehmer. genannten

Gesichts-

p u n k t e n e i n s c h l i e ß l i c h d e r polizeilichen Sicherheit der Lokale b e sonders geregelt. über

Umfang,

troffen.

Für

In einem eigenen Abschnitt wurden Bestimmungen

Ausübung

und

Verlust

den Gewerbebetrieb

Gewerbebefugnisse

im Umherziehen wurde

ein Legitimationsschein v o r g e s c h r i e b e n , mehr g e n a u e s t e n s f e s t g e l e g t .

der

ge-

wiederum

jedoch d a s V e r f a h r e n n u n -

Die V e r h ä l t n i s s e der Gesellen, Gehil-

( F o r t s e t z u n g Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) ßischen Staaten 1867-1879, S. 383.

171

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

fen und Lehrlinge wurden wiederum a u s f ü h r l i c h g e r e g e l t sowie e i ne z u s ä t z l i c h e allem

mit

Regelung

über

die

Bestimmungen

über

die Arbeitszeit

Fabrikarbeiter

angefügt,

und

die

vor

Kontrolle.

Die Gewerbeordnung von 1869 wurde nach der R e i c h s g r ü n d u n g

auch

in den s ü d d e u t s c h e n Staaten e i n g e f ü h r t , zuletzt 1873 in B a y e r n . Das umfassend e r s c h e i n e n d e Gesetz u n t e r l a g jedoch in der zeit e i n e r großen Zahl von Änderungen,

Folge-

in denen der a l t e Streit

um Reichweite und Grenzen der Gewerbefreiheit f o r t w i r k t e , und die diesen

Grundsatz

so d u r c h

laufend

Ausdehnung

Bedürfnisnachweisen, tung

der

Innungen

etwas mehr e i n z u s c h r ä n k e n

der

Konzessionspflichten,

versuchten,

Einführung

von

Ausdehnung des Arbeitsschutzes und Aufwersowie

schließlich

des Handwerks u n t e r Einbeziehung

durch

die

Neuorganisation

von I n n u n g e n

und

Handwerks-

kammern. Die z a h l r e i c h e n

E r g ä n z u n g e n der Gewerbeordnung im e r s t e n Viertel

dieses J a h r h u n d e r t s b e s c h r e i t e n

d e u t l i c h e r einen neuen Weg,

dem die

Weiterentwicklung

vornehmlich

in

Sondergesetzen

wurde.

Damit wurde die Konsequenz a u s dem u n z u r e i c h e n d e n

s c h n i t t des Gewerberechts auf d a s Handwerk gezogen. n ä c h s t noch weniger wichtigen Z u s a t z r e g e l u n g e n ,

Neben

dem Gesetz

1896, Kriegs-

setzte und

Zeit waren recht,

zur

sich

Bekämpfung des u n l a u t e r e n die

neue

Nachkriegszeit es vor

Tendenz

ungehemmt

in

der

durch.

Zuzu-

a b e r auch e i n i -

gen ä l t e r e n Sondergesetzen wie dem Nahrungsmittelgesetz und

auf

gesucht

von 1879

Wettbewerbs von Gesetzgebung In

der

der

Weimarer

allem die Gesetzesvorhaben zum A r b e i t s s c h u t z -

zur B e r u f s a u s b i l d u n g ,

zum G a s t s t ä t t e n r e c h t und z u r O r g a -

n i s a t i o n des Handwerks, die den begonnenen Weg v e r d e u t l i c h t e n . Der maßgebliche

Grundsatz

Gewerbefreiheit,

wurde

gen.

Leitend

des deutschen

jedoch p r i n z i p i e l l

geblieben s i n d

Reformgesetzgebung.

Ihre

Wirtschaftsrechts, nicht in

die P r i n z i p i e n

Ausgestaltung

a u s der

zielte

S y s t e m a t i s i e r u n g und r e c h t s s t a a t l i c h e P r ä z i s i e r u n g , w e r b e o r d n u n g von

1869 einen

Meilenstein s e t z t e .

die

Zweifel gezo-

auf

preußischen zunehmende

wofür die GeAllmählich

rei-

c h e r t e sich a b e r d a s W i r t s c h a f t s r e c h t mit neuen Maßstäben der so-

Bernhard Losch

172

zialstaatlichen Wirtschaftslenkung an, zeiliche

Wirtschaftsüberwachung

Zusammenhang,

der

einer

und die traditionelle poli-

geriet

in • einen

Verantwortung

über

weitergreifenden die

traditionelle

Gefahrenabwehr hinaus unterliegt.

III.

Erweiterter geschichtlicher Zusammenhang

Die vorausgehende Darstellung betont das Grundsätzliche der Entwicklung. groß.

Praktisch

waren

die

Gegensätze

Vor allem Kaufhold hebt hervor,

vielleicht

nicht

so

daß die Einführung der

Gewerbefreiheit die industrielle Entwicklung nicht merklich beeinflußt habe und die Wirtschaft sich so oder anders in die moder41 nen Formen hinein entwickeln konnte . Außerdem konnte die staatliche

über die Wirtschaftstätigkeit auf eine ältere 42 Tradition zurückschauen . Jedoch waren die Schwerpunkte früher die

Aufsicht

Aufsicht

über

wohlfahrtsstaatliche den Unterschied

die

wirtschaftliche

Intervention,

gegenüber diesen

lich zweckbeschränkte,

Selbstverwaltung

während

es später

Institutionen und eine

nicht durch zwischengeschaltete

waltungsbereiche modifizierte Gefahrenüberwachung Das Leitbild,

und

die

gerade um säuber-

Selbstver-

ging.

der Gesellschaft freie Beweglichkeit zu verschaffen

und den Staat auf die Sicherheitskontrolle zu beschränken, die ganze rechtliche Entwicklung im 19.

Jahrhundert.

trägt

Sie verän-

derte sich schließlich durch Wiedereinführung der wirtschaftlichen Selbstverwaltung pflichtung

der

und

die

zunehmende

gewerblichen

gemeinwirtschaftliche

Tätigkeit.

Die

neuerliche

Ver-

Aufsicht

über die Selbstverwaltung läßt sich zwar an die frühere Aufsicht über das Zunftwesen anknüpfen,

ist aber anders als früher keine

durch Bekämpfung und Einschränkung, Rechtswahrungszweck

sondern allein durch den

im Rahmen der Kooperation

41

Vgl. Nachw. o. Fn. 12.

42

Hervorgehoben bei Bullinger (Fn.

1).

bestimmte

Insti-

173

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

43 tution . Die sozialstaatlich begründete Wirtschaftsüberwachung ist noch weniger eine Neuauflage älterer, ganz anderen Bedingungen entwachsener Interventionen, sondern ein neu entwickeltes Ergebnis der freiheitlichen, nur gewerbepolizeilich abgesteckten Rechts44 grundlage der Wirtschaft . Diese Rückbindung an die Gewerbefreiheit und das Gefahrenabwehrrecht stellt nicht nur eine rechtsgeschichtliche Verständnishilfe, sondern auch eine 45rechtliche Verpflichtung d a r . hen. IV.

Darauf wird der folgende Vortrag

näher einge-

Verfassungsrechtlicher und staatsphilosophischer Rahmen

Der Gang durch die geschichtliche Entwicklung der Gewerbefreiheit und ihrer Einschränkungen führt letztlich zu der Frage, welche Hin- und Rückwirkungen mit dem Staatsganzen bestehen. Die Gewerbefreiheit als Grundprinzip der gesamten Wirtschaftstätigkeit und wesentliche Grundlage des gesellschaftlichen Lebens wurde in einer Zeit eingeführt, die durch den Übergang vom aufgeklärten Absolutismus zur konstitutionellen Monarchie gekennzeichnet war, und damit fiel diese Neuerung in eine verfassungsrechtliche Kampfepoche, die den Parolen von Freiheit und Gleichheit teilwei46 se noch höchst feindselig gegenüberstand . Andererseits ist offensichtlich, daß der absolutistisch geführte Staat mit seiner erstarrten Ständestruktur der selbst in die Wege geleiteten Ent43

Vgl. Brohm, Selbstverwaltung in wirtschafts- und berufsständischen Kammern, in: Selbstverwaltung im Staat der Industriegesellschaft, Festgabe zum 70. Geburtstag von GeorgChristoph von Unruh, h r s g . von Albert von Mutius, 1983, S. 777 f f .

44

Vgl. E. Stein (Fn. 1).

45

Gröschner, Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel, in diesem Band auf S. 177 f f .

46

Vgl. E. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I I , 2. Aufl. 1968, Bd. I I I , 2. Aufl. 1970, Bd. IV, 1969.

174

Bernhard Losch

wicklung einer industriewirtschaftlich sellschaft

nicht

gewachsen

sich der Staat aber die

ökonomischen

war.

fundierten bürgerlichen Ge-

Verfassungsrechtlich

klammerte

an das ständestaatliche Schema,

Schleusen

geöffnet hatte

und die

obwohl er bürger-

und

sozialrechtlichen Pforten aufzuschließen begann. Die Frage liegt nahe,

wieweit die wirtschaftliche Vorreiterfunktion

der Gewerbefreiheit der verfassungsrechtlichen arbeitet

hat.

konnte, Die

Wie lästig

zeigt

Politik

Entwicklung vorge-

Gewerbefreiheit

empfunden

die ständige Auseinandersetzung zum

Konzessionssystem

wirtschaftspolitischen technischen

die

Streitstand

Gefahrenabwehr,

spiegelt

und

die

sondern

auch

um das nicht

werden Prinzip.

nur

Herausarbeitung

den der

verfassungspolitische 47 Sorgen. Typisch dafür ist die Konzessionsfrage im Pressebereich . Immerhin erscheint das System der Gewerbefreiheit und ihrer Begrenzung als ein vorgreifendes die

den

Schematismus

nachvollzog,

von

Modell der liberalen

Freiheit

und

äußerer

Verfassung,

Gefahrenabwehr

als das wirtschaftliche Modell sich schon zu wandeln

begonnen hatte.

Der bald

darauf betonte

sozialstaatliche Aspekt

in der Rechtsstaats- und Grundrechtsdogmatik verbindet

sich mit

diesem Wandel von einer bloß negativ abgegrenzten zu einer auch positiv

verantworteten

war das neue

Freiheit.

Modell längst

Staatsphilosophisch

durch die

vorbereitet

Aufklärungsdenker,

die

zwar die Ethik der sozialen Verantwortung nicht zu gering veranschlagten,

aber den grundlegenden Freiheitsprpzeß notwendig be-

sonders betonen mußten. wicklungstendenz vom Staat

des

Ebenso wurde vorwegnehmend die

Modells

philosophisch

mit

als Verwirklichung

der sittlichen

Idee mindestens for-

mal in den Vordergrund gerückt^®.

An der Frage,

der

Ent-

Vorstellung

wieweit diese

47

Köttgen (Fn. 8 ) , S. 1010.

48

Vgl. Georg Friedrich Wilhelm Hegels Philosophie des Rechts oder Naturrecht und Staatsvernunft im Grundrisse, 2. Aufl. 1840 (Hegels Werke, 8. B d . ) , S. 305 f f . Dazu Maihofer, Hegels Prinzip des modernen Staates, in: Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie, Bd. 2, 1975, S. 361 f f .

Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht

Verwirklichung überlassen

der

bleiben

Lenkung bedarf

und wieweit

muß,

sich

Auffassungen vom Staat.

scheiden

175

sie sich

früher oder

selbst

später

die

Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel Von Rolf Gröschner

Inhaltsübersicht I . Wirtschaftsüberwachung im juristischen System

178

1. Das System im Recht der Wirtschaftsüberwachung 2. II.

179

Das Recht der Wirtschaftsüberwachung im Rechtssystem

181

Wirtschaftsüberwachung in gewerbepol izeirechtlicher Tradition

III.

184

1.

Die Tradition der Gewerbefreiheit

184

2.

Die Tradition der Gefahrenabwehr

189

Wirtschaftsüberwachung in wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel

192

1.

192

Der Wandel der Rechtsprinzipien

2. Der Wandel der Rechtsinstitute

196

Tradition und Wandel der Wirtschaftsüberwachung sind im folgenden nicht von historischem, Ohne oder

sondern von systematischem

Interesse.

gar gegen seine Geschichte kann eine sinnvolle

Syste-

* Herrn Professor Wilhelm Henke zum 60. Geburtstag am 2. Mai 1986.

Rolf Gröschner

178

matisierung des Rechts aber nicht betrieben werden.

Das Gewerbe-

polizeirecht muß daher auch systematisch die Grundlage des Wirtschaftsüberwachungsrechts solch

traditionell

sches

System

bleiben.

Die Frage

gewerbepolizeirechtlicher

entwickelt

werden

schaftsverwaltungsrechtliche seinen Platz findet.

kann,

Wandel

nur,

Grundlage

in

der

ist

dem

ob auf

ein

auch

juristi-

der

wirt-

Wirtschaftsüberwachung

Der Beantwortung dieser Frage sind die Teile

I I und I I I gewidmet.

Teil I dient der Erläuterung des dafür vor-

ausgesetzten Systembegriffs.

I.

Wirtschaftsüberwachung im juristischen System

Von einem "juristischen von "juristisch" "juristisch"

entsprechend -

sowohl

bedeuten kann,

System" läßt

"rechtlich"

sich -

in zweierlei als

auch

ergeben.

Doppelbedeutung

Sinn sprechen:

kann sich ein juristisches System entweder

System)

aus

dessen

wie

"rechtswissenschaftlich"

gesetzgeberisches System) aus dem positiven dogmatisches

der

Recht oder aber

wissenschaftlicher

(als (als

Bearbeitung

Ersteres, das System des positiven Rechts, wird hier ab-

gekürzt "Rechtssystem" genannt, lich-dogmatische System,

letzteres, das rechtswissenschaft-

kurz "System".

Zunächst ist nach dem

System im Recht der Wirtschaftsüberwachung zu fragen ( 1 . ) , mangels gesetzgeberischer

Systematik auch die Stellung

schaftsüberwachungsrechts im Rechtssystem ( 2 . )

weil

des Wirt-

nur dogmatisch zu

bestimmen ist^.

1

Die Meinungen über ein System im Recht sind geteilt, und zwar in etwa so, wie die Meinungen über den Wissenschaftscharakter der Jurisprudenz geteilt sind, weil wissenschaftliche Arbeit am Recht eben im wesentlichen systematische Arbeit bedeutet. Der Verfasser hat in diesem Meinungsstreit e i ne hermeneutisch-dialogische Stellung bezogen, die hier nicht näher begründet werden kann. (In monographischer Form f i n det sich diese Begründung in "Dialogik und Jurisprudenz: Die Philosophie des Dialogs als Philosophie der Rechtspraxis", 1982, in Aufsatzform in JZ 1982, 622, JZ 1983, 944 und in JZ 1985, 170.).

179

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

1.

Das System im Recht der Wirtschaftsüberwachung

System bedeutet Zusammenhang.

Rechtliche Zusammenhänge werden

aber - weil Recht s p r a c h l i c h v e r f a ß t ist - b e r e i t s durch dung eines bestimmten Begriffs g e b i l d e t .

Verwen-

Das r e c h t s w i s s e n s c h a f t l i -

che System ist d a h e r zunächst ein System der Rechtsbegriffe. Was d a s f r ü h e r e Gewerbepolizeirecht b e t r i f f t , nicht einmal Überschrift

ist a l l e r d i n g s noch

der f ü r d a s entsprechende heutige geeignete

Begriff

hinreichend

Rechtsgebiet

geklärt.

Der

als

hierfür

ganz überwiegend verwendete Begriff der Wirtschaftsaufsicht k a n n die e r f o r d e r l i c h e b e g r i f f s s y s t e m a t i s c h e Klärung j e d e n f a l l s nicht 2

bringen .

Denn Wirtschaftsaufsicht ist vom Begriff der "Aufsicht"

her der S t a a t s a u f s i c h t zuzuordnen,

steht vom System her mit d i e -

ser a b e r in keinem Zusammenhang.

S t a a t s a u f s i c h t ist d a s s y s t e -

matische Korrelat der Selbstverwaltung.

Strenggenommen - und mit

Begriffen sollte es der J u r i s t stets strengnehmen - bezeichnet der Begriff S t a a t s a u f s i c h t

daher

nur

die

Aufsicht

des

Staates

S e l b s t v e r w a l t u n g s t r ä g e r i n n e r h a l b einer o r g a n i s a t o r i s c h

über

bestimmten

Hierarchie (etwa im Bereich der kommunalen Rechts- oder F a c h a u f 2

Die Verwendung des Begriffs der " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " wird regelmäßig mit E. Steins gleichnamiger Monographie aus dem J a h r e 1967 b e l e g t . So z.B. bei Badura, i n : von Münch, Besonderes Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1976, S. 307, bei Fikentscher, Wirtschaftsrecht I I , 1983, S. 465, bei Steindorff, Einf ü h r u n g in d a s Wirtschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1977, S. 100 und bei Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im W i r t s c h a f t s v e r w a l t u n g s r e c h t , 1980, S. 253. H.-P. Ipsen, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 1985, S. 9, verweist auf die S a a r b r ü c k e n e r S t a a t s r e c h t s l e h r e r t a g u n g von 1963 (VVDStRL 22, 1965), deren Thema ( " S t a a t s a u f s i c h t in Verwaltung und Wirtschaft") E. Steins Terminologie maßgeblich beeinflußt h a t ( a a O . , S. VI), obwohl b e r e i t s Salzwedel, den E. Stein a l s Urheber des Begriffs " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " z i t i e r t ( a a O . , S. 20 Fn. 69), an der zitierten Stelle a u s drücklich d a r a u f hingewiesen h a t t e , daß " S t a a t s a u f s i c h t " und " W i r t s c h a f t s a u f s i c h t " "voneinander wesensverschieden sind" ( a a O . , S. 208). Eben d e s h a l b sollten terminologische Überlegungen in der Rechtswissenschaft niemals "bloß b e g r i f f l i c h " , sondern immer - wie h i e r gesagt wird - " b e g r i f f s s y s t e m a t i s c h " s e i n , damit die Wesensverschiedenheit r e c h t l i c h e r P h ä nomene nicht unter einem einheitlichen Begriff verdeckt wird.

180

Rolf Gröschner

sieht).

Die sogenannte Wirtschaftsaufsicht

dagegen hat es

nicht

mit der Ausübung organisationsrechtlich übertragener Verwaltungsautonomie zu tun,

sondern mit der Betätigung grundrechtlich be-

stimmter Wirtschaftsfreiheit.

Und um diesen systematischen Unter-

schied auch begrifflich zum Ausdruck zu bringen, "Wirtschaftsaufsicht"

sollte statt von

"Wirtschaftsüberwachung"

von

gesprochen

werden . Begriffe sind freilich nicht alles im juristischen System. Sie grenzen lediglich einen spezifischen Geltungsbereich

ab,

sei es - im

System des positiven Rechts - den Anwendungsbereich eines Gesetzes,

sei es - im dogmatischen System - den Bereich eines einheit-

lich strukturierten

Rechtsgebietes,

z.B.

des

Wirtschaftsüberwa-

chungsrechts

etwa in Abgrenzung

recht i . S . d .

polizeilichen Ordnungs- und Sicherheitsrechts.

durch

die

übereinstimmende

zum allgemeinen

Verwendung

der "Überwachung" schon angedeutet wird,

des

Überwachungs(Wobei

Begriffsbestandteils

daß hier ein struktu-

reller Zusammenhang vorliegt, der bei den Bereichen der "Überwachung" und der "Aufsicht" nicht gegeben i s t . ) . Die eigentliche

systematische

Struktur

eines

aber erst durch die Rechtsinstitute bestimmt, Rechtsverhältnisse

regelt

und durch

denen diese Regelung erfolgt.

3

Rechtsgebietes

wird

mit denen es seine

die Rechtsprinzipien,

nach

Neben das System der Rechtsbegriffe

So auch für die "Überwachungsverwaltung" im allgemeinen Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I I I , 4. Aufl. 1978, S. 23 f . , für die "Wirtschaftsüberwachung" im besonderen Henke, DVB1. 1983, 983, auf letzteren verweisend Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107 und Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 3. Aufl. 1984, S. 226. Schon E.R. Huber hat übrigens von "Wirtschaftsüberwachung" (und nicht von "Wirtschaftsaufsicht") gesprochen, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 2. Aufl. 1953, S. 333. Begriffssystematisch zu bedauern ist es, daß der Gesetzgeber dieser Terminologie bei der Umbenennung der verschiedenen (Bau-, Berg-, Gewerbe- e t c . ) "Polizei"-Bereiche in die entsprechenden "Aufsichts"-Bereiche nicht gefolgt ist, sondern sich dabei (wie auch bei der Benennung der Bankenaufsicht) der Begriffsbildung im Bereich der Versicherungsaufsicht angeschlossen hat; ähnlich Wolff/Bachof, aaO., S. 24.

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

181

tritt also ein System der Rechtsinstitute und der Rechtsprinzipien. Um dazu im Vorgriff auf erst noch zu erörternde Einzelheiten ein exemplarisches Beispiel zu geben: im Wirtschaftsüberwachungsrecht ist

das

Institut

der Erlaubnis

durch das Prinzip des S 1 GewO

geprägt, weshalb es systematisch - einer verbreiteten Terminologie zum Trotz - kein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt Prinzip des § 1 GewO ist nicht das Verbot, der gewerblichen

Betätigung.

darstellt.

Und Systematik

bedeutet

letztlich,

die Gründe für solche Zusammenhänge zwischen Begriffen, tuten und Prinzipien

herauszuarbeiten.

Denn

sondern die Freiheit Insti-

Es ist daher ein System

der Regelungsgründe, auf das die folgende Systematisierung des 4 Rechts der Wirtschaftsüberwachung abzielt .

2.

Das Recht der Wirtschaftsüberwachung im Rechtssystem

Bezüglich

seiner

Stellung

im Rechtssystem wird das

überwachungsrecht üblicherweise danach bestimmt, Teil des sogenannten Wirtschaftsrechts

explizit

aufsicht",

Ein beson-

Beispiel für eine solch dezidiert ökonomische und

"seinswissenschaftliche"

wachung ist

als

- auf wirtschaftliche Vor-

gänge bezogen und von diesen her zu beurteilen sei . ders deutliches

Wirtschafts-

daß es -

Beurteilung

der

Wirtschaftsüber-

Ekkehart Steins Monographie über "Die die damit für einen begriffssystematisch

Wirtschaftsanfechtbaren

4

Der "Regelungsgrund" erschöpft sich dabei nicht im "Regelungszweck", auf den die teleologischen Systemkonzeptionen abstellen - z . B . Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 2. Aufl. 1983, S. 41 und Peine, Das Recht als System, 1983, S. 123. - Denn Gründe sind mehr als Zwecke. So ist etwa die Formulierung des 2. Halbsatzes des § 1 GewO, Einschränkungen der Gewerbefreiheit nur durch "dieses" Gesetz zuzulassen, heute gänzlich zweck-los (um nicht zu sagen sinn-los) geworden, ohne jedoch dadurch ihren historischen Grund verloren zu haben: daß nämlich 1869 - bei Inkrafttreten der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund - alles Gewerberecht noch in der Gewerbeordnung selbst enthalten war. Dazu auch u. II 1.

5

Nachw. und methodologische Krit. 116 ff. und S. 141 ff.

bei Tettinger (Fn.

2 ) , S.

Rolf Gröschner

182

Titel auch noch eine regelungssystematisch g gewählt hat . "Regelungssystematisch"

- d.h.

vom System der RegelungsgrUnde

her - ist diese Grundlage anfechtbar, Eigenart

der Wirtschaftsüberwachung

mische verlegt

anfechtbare Grundlage

weil sie den Grund für die vom Juristischen

und weil das Recht damit für das

der Wirtschaft verantwortlich wird. tionsschutztheorie" -

wie E.

ins Ökono-

Funktionieren

Wenn aber in dieser "Funk-

Stein sie nennt und wie er

selbst

7 sagt

-

...

"der Schutz der Funktionsfähigkeit

Gesamtwirtschaft

unausgesprochen hinter jeder Aufsichtsmaßnahme in der Wirt-

schaft" steht, der

der

dann ist die so bestimmte Wirtschaftsaufsicht von

Wirtschaftslenkung

dem Grunde

nach

nicht

mehr

zu

unter-

scheiden. Entsprechend undifferenziert stützt E.

Stein seine gesamte FunkO tionsschutztheorie ausschließlich auf das Sozialstaatsprinzip . Weil die -

wie er sagt -

"spätliberalen Kategorien" des Polizeirechts

nicht

mehr

seien,

geeignet

eine

umfassende

Schutzpflicht

Staates gegenüber der Wirtschaft zu begründen,

des

müsse diese mit

6

"Rein seinswissenschaftlich" will E. Stein aufgrund einer "methodischen Vorbemerkung" verfahren (S. 1), der es darum geht, daß die "Definition des Seinsbereichs, dessen rechtliche Regelung zu untersuchen i s t " , "nicht in eine normative Betrachtung hinübergleitet" (S. 2); vielmehr gelte es, "den Blick offenzuhalten für die dem Recht vorgegebene Wirklichkeit, deren Bewältigung die Staatsaufsicht dient" (S. 3, vgl. auch S. 7, 13, 32, 73, 74 f . , 76, 80, 90, 97 und 103). "Ökonomisch" läuft dies auf die Forderung hinaus, "den Blick auf das pulsierende Ganze (zu) richten, um dessen Funktionieren es überall geht . . . : die Volkswirtschaft als ganze" (S. 27), die "notwendig eine Einheit bildet" (S. 25, v g l . auch S. 36, 58, 70, 75 und 114). Solch grobe Raster - wie die Einheit der Volkswirtschaft und der Dualismus von Sein und Sollen lassen aber - wenn überhaupt - nur ein grobes Bild von Wirtschaft, Recht und Wirtschaftsrecht entstehen. Das soll im folgenden wenigstens vom systematischen Prinzip her gezeigt werden.

7

Zur "Funktionsschutztheorie" E. sicht, S. 14 f f . , Zitat S. 26.

8

E. Stein (Fn. 7), S. 19, 55 f f .

Stein,

Die

Wirtschaftsauf-

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

183

der sozialen Kategorie einer - so wiederum wörtlich - "staatlichen Q

Mitverantwortung für die Bedarfsdeckung" begründet werden . Dieser Wandel

von liberalen

zu sozialen

Begründungskategorien mag

politisch als Fortschritt gelten können,

juristisch aber - nämlich

rechtshistorisch und rechtssystematisch Ein rechtshistorischer überwachung

Rückschritt

müßte

statt

ist

dann konsequenterweise

"gute Polizei" des 15. auf

die

-

ist er

ein

Rückschritt.

weil

die

Wirtschafts-

er, auf

die

wohlfahrtsfördernde

bis 18. Jahrhunderts zurückgeführt werden gefahrenabwehrende

Gewerbepolizei

des

19.

Jahrhunderts^". Und rechtssystematisch ist dieser Kategorienwandel ein Schritt zurück, weil die klaren Begriffe, Institute und Prinzipien

des Polizeirechts

werden müßten,

einem Grundsatz

welch

unsystematischen,

führen kann*^.

Sozialstaats

dem es noch immer an begrifflicher,

neller und prinzipieller Klarheit fehlt. zu

des

ja

E.

geopfert

institutio-

Steins Beispiel zeigt,

unjuristischen

Ergebnissen

dies

Der Grundsatz etwa, daß wirtschaftsüberwachungs-

rechtliche Befugnisse verschuldensunabhängig sind, "aus der Mitverantwortung

folgt bei ihm

der Aufsichtsbehörden für die Bewälti-

gung der dem Recht vorgegebenen Wirklichkeit" und damit aus e i ner methodisch und rechtlich unsicheren rie statt

aus einem traditionellen

sozialstaatlichen

und in

stisch gesicherten polizeirechtlichen Prinzip. dung nachgeschobene

Satz,

daß - ein

seiner

Katego-

Tradition

juri-

Und der zur Begrün-

letztes Zitat

-

"die

ver-

9

E. Stein (Fn. 7), S. 10, Fn. 36, S. 57; ähnlich ders., Staatsrecht, 9. Aufl. 1984, S. 73 f .

10

Zu ersterer insbes. Knemeyer, Polizeibegriffe in Gesetzen des 15. bis 18. Jahrhunderts, AöR 92 (1967), 153 f f . , zu letzterer insbes. Vogel, Über die Herkunft des Polizeirechts aus der liberalen Staatstheorie, in: Festschrift Wacke, 1972, S. 375 f f . , zu beiden insbes. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 1966, S. 50 f f . , 96 f f . , 116 f f . , 230 f f . und Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 1 f f . Auch wenn der (heutige) Sozialstaat im Unterschied zum (historischen) Polizeistaat demokratisch und rechtsstaatlich verfaßt ist, sollten die geschichtlichen Grundlagen der Gefahrenabwehr im Polizei-Recht und nicht im Polizei-Staat gesucht werden.

11

Zitate aaO., S. 18.

184

Rolf Gröschner

hängnisvollen Folgen von Funktionsstörungen die Unschuld derer (nehmen), Steins

eingangs

angeführten

"seinswissenschaftlicher" f a l l s ist dies nicht.

keine Rücksicht

die sie auslösten", methodologischen

Satz sein,

auf

mag nach E.

Vorstellungen

ein juristischer

ein

Satz jeden-

Wer im Seinswissenschaftlichen beginnt, kann

eben leicht im Unjuristischen enden.

Ein Beginn, der dieses Ende

vermeiden hilft - und zwar systematisch - ist der Beginn bei der juristischen Tradition.

II.

Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition

Tradition ist nicht Geschichte, begriff

der

Frage

nach

Hermeneutik der

sondern - um es mit einem Grund-

zu sagen

-

Wirkungsgeschichte

gewerbepolizeirechtlichen

Tradition

12

der

.

Die Wirt-

schaftsüberwachung ist also die Frage nach der heute noch wirksamen Geschichte des Gewerbepolizeirechts, tik des Wirtschaftsüberwachungsrechts gegenwärtig wird.

wie sie in der Dogma-

systematisch

gewissermaßen

Die beiden Brennpunkte dieser Frage sind die

Tradition der Gewerbefreiheit

(1.)

auf der einen und die Tradi-

tion der Gefahrenabwehr ( 2 . ) auf der anderen Seite.

1.

Die Tradition der Gewerbefreiheit

Das Grundproblem des § 1 GewO lautet:

stellt die Gewerbefreiheit

ein subjektives öffentliches Recht dar oder ist sie ein objektives Rechtsprinzip und was folgt überwachungsrecht? 12

daraus für das heutige

Wirtschafts-

Daß man sich bei der Lösung dieses Problems

Der Begriff der "Wirkungsgeschichte" ist von Gadamer in "Wahrheit und Methode" (1960) als Grundvoraussetzung aller Hermeneutik - nicht nur der historischen - bestimmt worden, 3. Aufl. 1972, S. 283 f f . Danach setzt alles Verstehen voraus, daß man sich der Wirkung der Geschichte für den eigenen (hier systematischen) Standort ebenso bewußt wird wie der Wirkung dieses Standorts für die eigene Sicht der Geschichte (hier der Tradition des Gewerbepolizeirechts).

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

leicht in ein systematisch

unreflektiertes Verhältnis

genheit und Gegenwart verstricken kann, Kommentierung bei Landmann/Rohmer,

185

von

Vergan-

zeigt ein Blick

in die

in der es apodiktisch heißt:

"Da die Berufsfreiheit nach Art. 12 in gleichem Maße die Gewerbefreiheit gewährleistet,

steht heute außer Frage, daß § 1 ein sub13 jektiv-öffentliches Recht des Einzelnen geschaffen hat" . Wohlgemerkt:

wegen Art.

12 GG soll "heute" feststehen,

ein solches Recht geschaffen " h a t " . kaum haltbar,

daß § 1 GewO

Das ist schon grammatikalisch

systematisch aber ist es eine ganz unhaltbare Kon-

struktion.

Denn wenn § 1 GewO ein subjektives öffentliches Recht

geschaffen

"haben"

werden;

soll,

dann

müßte dies historisch

begründet

wenn dies wegen Art. 12 GG aber erst "heute" g i l t , dann

kann es dafür keine historische, sungsrechtliche die eine

sondern allenfalls eine verfas-

Begründung geben.

Zutreffend ist

noch die andere Begründung.

freilich weder

Denn sowohl aus histori-

schen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen muß S 1 GewO als objektives Rechtsprinzip angesehen werden. Historisch ist die Einführung der Gewerbefreiheit durch die Ablösung der subjektiven Berechtigungen kennzeichnet,

des alten

Gewerberechts

wie sie bis ins letzte Drittel des 19.

aufgrund von Privilegien,

ge-

Jahrhunderts

Gerechtigkeiten, Konzessionen oder son-

stigen

Verleihungen

bestanden.

Spätestens

seit

dem 1.

1873,

von dem ab all diese Berechtigungen durch § 7 der Gewer-

beordnung für den Norddeutschen Bund aufgehoben waren, die

Gewerbefreiheit

Januar mußte

geradezu als das Gegenteil sol14 eher subjektiven Rechte erscheinen : als Prinzip des objektiven Rechts,

systematisch

das nach damaliger - naturrechtlicher - Vorstellung nur

13

Salewski, in: Landmann/Rohmer, (Stand Juli 1983), § 1 Rn. 13.

14

Noch weiter ging Laband mit seiner Feststellung, Gewerbefreiheit sei "überhaupt kein Begriff von positivem Rechtsinhalt und noch viel weniger ein subjektives Recht, sondern die Negation gesetzlicher Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit in Bezug auf die gewerbliche Tätigkeit", Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. 2, 3. Aufl. 1895, S. 187, Fn. 1.

Gewerbeordnung,

Bd.

1

186

Rolf Gröschner

proklamierte, was jedermann ohnehin zukam, nämlich die natürli15 che Freiheit Verfassungsrechtlich steht demgegenüber thekenurteil (11.6.1958) fest, um ein

Grundrecht

-

also

spätestens seit

daß es sich bei Art. ein

subjektives

12 Abs. 1 GG

öffentliches

handelt und nicht - so das BVerfG wörtlich - "um die rung der

'Gewerbefreiheit'

dem ApoRecht

-

Proklamie-

als eines objektiven Prinzips 16 .

der Ge-

sellschafts- und Wirtschaftsordnung" Für das systematische Verhältnis GewO

folgt

aus

diesem

vor allem das eine:

zwischen Art.

12 GG und § 1

historisch-verfassungsrechtlichen

Befund

daß die Gewerbefreiheit neben der Berufsfrei-

heit nur deshalb noch Geltung beanspruchen kann, ditionsgemäß kein

Recht,

weil sie tra17 sondern ein Prinzip darstellt . Denn

wenn § 1 GewO - wodurch auch immer - zu einem Recht geworden wäre,

hätte dieses einfachgesetzliche Recht neben dem Grundrecht

des Art.

12 GG keinerlei juristische Bedeutung mehr.

Gewerbe-Recht innerhalb

Ein solches

des umfassenden Berufs-Rechts wäre

sy-

stematisch gesprochen obsolet oder schlicht gesagt überflüssig. 15

Die klarsten systematischen Konsequenzen aus dieser historischen Entwicklung werden in Henkes Monographie über "Das subjektive öffentliche Recht", 1968, insbes. S. 9 f f . und S. 14 f f . und im ergänzenden Aufsatz über "Das subjektive Recht im System des öffentlichen Rechts", DÖV 1980, 621 f f . , gezogen. Zur Diskussion in der Rechtslehre des späten 19. Jahrhunderts von Landmann, GewO, 6. Aufl. 1911, Bd. 1, S. 53 ff. und Schecher, Gewerbepolizeirecht des Deutschen Reiches, 1910, S. 7 f f .

16

BVerfGE 7, 377 (397). Freilich hätte es seiner sonstigen Grundrechtssystematik besser entsprochen, wenn das BVerfG den objektiven Regelungsgehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nicht völlig unerwähnt gelassen hätte; dazu Maunz/Diirig/Herzog/ Scholz, GG, Stand 1985, Art. 12 Rn. 5.

17

Im Unterschied zu dieser regelungssystematischen Betrachtung wird das Verhältnis zwischen Berufs- und Gewerbefreiheit im einschlägigen Schrifttum regelmäßig nur begrifflich (Tenor: "Beruf" ist mehr als "Gewerbe") oder bestenfalls b e g r i f f s s y stematisch bestimmt (repräsentativ: Bachof, in: Bettermann/ Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, Bd. III/l, S. 160, 186).

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

187

der Ebene der Rechtsprinzipien - also auf der

Ebene des

Daß auf

objektiven,

nicht des subjektiven Rechts - etwas anderes g i l t ,

ist

in der bisherigen Diskussion des Zusammenhangs zwischen Art.

12

GG und

§ 1 GewO nicht

sprechung dem

systematischen

achtung GewO daß

schenken

nur

ist; daß

die

diese

schränkt

werden

beider

drei

Zulassung

zum

und

Vorschriften

1 GewO

systematisch tung des

für

sich

.

allein

genommen

sich

hinaus

setzlicher

auf

werbefreiheit als

der

be-

12 GG -,

Gewerbezulas-

Die p r i n z i p i e l l e im Verbot

verfassungsrechtliche

sich

Beurteilung

Um dies

Bedeu-

landesgesetzli-

Zulassungsansprüche

Zulassungsvoraussetzungen.

gründen zu können,

Art.

landesgesetzliche

sondern erstreckt

bundesgesetzlicher die

zweitens,

aber zu p o s i t i v i s t i s c h , um

nicht

Zulassungsbeschränkungen,

die Begründung

§ 1

Feststellungen

nur

Beschränkungen

sein zu können.

§ 1 GewO erschöpft

Be-

daß

betrifft;

dafür allein

Das ist unbestritten,

erschöpfend

überhaupt

31 GG nur bundesgesetzlich Maßstab

polizeirechtliche) 18

Recht-

soweit sie

erstens,

Gewerbebetrieb

der

worden.

insoweit -

Feststellungen:

wegen A r t .

darf

sich

und schließlich drittens - als Folge beider §

sung verbietet

über

auf

berücksichtigt

beschränken

Verhältnis -

Zulassung

(insbesondere

cher

genügend

und Rechtslehre

auch auf und

dar-

bundesge-

im einzelnen

be-

ist zunächst die generelle Bedeutung der Ge-

Rechtsprinzip,

dann

ihre einfachgesetzliche und

schließlich ihre verfassungsrechtliche Bedeutung zu bestimmen. Als

Rechtsprinzip enthält

lem eine

Verteilung

Grund-Satz

ist,

der

muß

§ 1 GewO -

die

Die einfachgesetzliche Bedeutung sich

am Beispiel

der

18

Prinzip -

weil

freiheitsbeschränkende

vor

Freiheit

alder (des

dieses Begründungsprinzips

zeigt

werden.

Erlaubniserteilung.

verbreitete

die

Ausnahme

"Soweit"-Satzes) besonders begründet

wachungsrecht weit

wie jedes

Begründungslast:

gesetzliche

Die im WirtschaftsüberFormulierung,

die

Er-

Vgl. z . B . BVerwG, GewArch 1965, 22 ( 2 3 ) ; Landmann/Rohmer, GewO, § 1 Rn. 8; Fröhler/Kormann, GewO, 1978, § 1 Rn. 21; Sieg/Leifermann, GewO, 1978, § 1 Rn. 3; Fuhr, GewO (Stand 1971), § 1 Anm. 1, 12, 13.

Rolf Gröschner

188

l a u b n i s " i s t zu v e r s a g e n ,

regelt nämlich nur die Ver19 nicht aber die Erteilung der E r l a u b n i s . Ein Anspruch

sagung,

wenn . . . "

auf E r l a u b n i s e r t e i l u n g

ergibt

der Versagungsgründe

erst

Entscheidende daran

ist

sich

daher

i.V.m.

aus

dem

§ 1 GewO.

die Verbindung

NichtVorliegen

Das

systematisch

von Prinzip

und

Denn die Gewerbefreiheit allein - um es noch einmal

gungsgrund.

hervorzuheben - ist kein s u b j e k t i v e s öffentliches Recht, kann sie a l s Rechtsprinzip, solches Recht setzliche . .20 ist

Versa-

begründen,

Grund

ihrer

wenn

der p r i n z i p i e l l

Einschränkung

Auf verfassungsrechtlicher Gewerbefreiheit

den Gesetzeswortlaut

Ebene s c h l i e ß l i c h

rechts der Berufsfreiheit werden. 21 Handwerksurteil des BVerfG .

ein

erforderliche

ge-

im E i n z e l f a l l

zu einem Argument bei

wohl aber

ergänzend, nicht

gegeben

kann das, Prinzip der

der Auslegung

des

Grund-

Das beste Beispiel dafür ist das Bei

wurde dort der Befähigungsnachweis

positivistischer

Betrachtung

der §§ 1 und 7 HandwO zwar

an Art. 12 GG und nicht an § 1 GewO gemessen - wie es dem a u s schließlich verfassungsrechtlichen GG und §§ 36 f f .

Prüfungsmaßstab i . S . d .

BVerfGG entspricht - ;

der p r i n z i p i e l l e Zusammenhang a b e r u n v e r k e n n b a r . Argumentationsaufwand rechtliche matisch

des

BVerfG,

Zulassungsbeschränkung

erst

gesetzt wird

verständlich, zu den

wenn

Gründen

mit

dem es

begründet,

ist

Der erhebliche die

handwerks-

ist nämlich

diese Begründung

sonstiger

Art. 93

systematisch betrachtet

in

syste-

Beziehung

gewerberechtlicher

Zulas-

19

Beispiele - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - : §§ 33a Abs. 2, 33c Abs. 2, 33d Abs. 3 , 33i Abs. 2, 34 Abs. 1, 34a Abs. 1, 34b Abs. 4, 34c Abs. 2, 57 GewO, 4 Abs. 1 GastG, 13 Abs. 2 PBefG, 10 Abs. 6 GüKG, 8 Abs. 1 WaffG (im Unterschied zu § 6 Abs. 1 KriegswaffenG), 8 Abs. 1 SprengG.

20

Ob sich ein d e r a r t i g e r Anspruch auch aus Art. 12 GG e r g ä b e , kann wegen der systematischen Trennung von objektivem und subjektivem Recht und von einfachem und Verfassungs-Gesetz hier dahingestellt bleiben. Denn die e i n f a c h g e s e t z l i c h e B e gründung eines Anspruchs i s t j u r i s t i s c h allemal l e i c h t e r und systematisch j e d e n f a l l s b e s s e r a l s die ( a l l e r d i n g s v e r b r e i t e t e ) Überbeanspruchung von Grundrechten.

21

BVerfGE 13,

97.

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

sungsbeschränkungen,

189

also zu den traditionellen Gründen der Ge-

fahrenabwehr. Und eben dies tut das BVerfG, wenn es betont, daß es dem Handwerksgesetzgeber

nicht darauf

angekommen sei,

"Ge-

fahren für die Gesamtheit oder die Einzelnen aus einer unsachgemäßen Berufsausübung gangen sei,

abzuwenden",

den Handwerksstand

sondern

daß es darum

ge-

als ganzen zu erhalten und zu

22 fördern

.

Systematisch

gesehen

wurden

ordnungspolitischer

Art

gegenübergestellt.

Und das Prinzipielle

liegt darin,

Regelungsgründen

des Art. aus der

Regelungsgründe

dieser

ordnungspolitische

Art

Gegenüberstellung

daß die Gewerbefreiheit traditionell

lich nur ordnungsrechtliche Regelungen nahmsweise

damit

ordnungsrechtlicher

und grundsätz-

zuläßt und daß die aus-

Regelung

daher 23 auch im Rahmen . Denn Argumente

12 GG besonderer Begründung bedarf Tradition

eines

Rechtsgebietes

sind

verfassungsrechtlich

auch dann zulässig, wenn diese Tradition - wie im Falle des § 1 GewO - ihren Niederschlag in einem einfachgesetzlichen Prinzip gefunden hat 24 .

2.

Die Tradition der Gefahrenabwehr

Zur Begründung überwachung

der polizeirechtlichen

mag hier ein

kurzer

Tradition der Wirtschafts-

Blick

der Gewerbeordnung von 1868 genügen.

auf

den ersten

Entwurf

Im ersten Halbsatz seines

§ 1 war nämlich noch nicht davon die Rede,

daß der Betrieb e i -

22

BVerfGE 13. 97 (110); S. 107 die prinzipielle Anerkennung von "besonderen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen" des Gesetzgebers, die hier abgekürzt als "ordnungspolitische Regelungsgründe" bezeichnet werden.

23

Die das BVerfG dann auch auf 13, 97/110-123) geliefert hat.

24

Für Methodenpuristen sei angemerkt, daß dies der historischen (besser wohl: genetischen) Interpretation einer Verfassungsnorm jedenfalls dann entspricht, wenn sie - wie im Falle des Art. 12 GG - das betreffende Rechtsgebiet umfassend regelt.

gut einem dutzend

Seiten

(E

190

Rolf Gröschner

nes Gewerbes jedermann "gestattet" s e i ,

sondern, daß dessen "po-

lizeiliche Zulässigkeit . . . ses Gesetzes

fortan nur nach den Bestimmungen die25 zu beurteilen" sei . Schon d a r a u s läßt sich un-

schwer ersehen,

daß jene Bestimmungen von Anfang an auf poli-

zeirechtlicher Grundlage standen. zeilicher"

von

Und hätte man statt von "poli-

"gewerbepolizeilicher"

Zulässigkeit

dann hätte es auch einer Änderung nicht bedurft, verständnis vorbeugen wollte, sicherheits-,

Sitten-

nach ausdrücklicher

...

gesprochen, die dem Miß-

a l s seien "die allgemeinen feuer-,

usw.

polizeilichen Bestimmungen" nur 26

Maßgabe der GewO zu beachten

wäre d a s Gewerbepolizeirecht dann

.

Vielmehr

schon durch den Wortlaut des

§ 1 GewO a l s Sonderpolizeirecht definiert gewesen. Zu den systematischen Konstitutionsprinzipien dieses Sonderpolizei27 rechts - oder Sonderordnungsrechts, wie das BVerfG g e s a g t hat - gehört ein spezifischer, recht modifizierender

d a s allgemeine Polizei- und Ordnungs-

Gefahrbegriff.

Regelung der genehmigungsbedürftigen der GewO von 1869.

Exemplarisch Anlagen

dafür ist

die

in den §§ 16 f f .

Denn die den allgemeinen Gefahrbegriff e r -

weiternden Begriffe des erheblichen Nachteils und der erheblichen Belästigung sind nicht etwa Errungenschaften des heutigen Immissionsschutzrechts, sondern Schöpfungen seines gewerbepolizeirechtliehen Vorgängers, nämlich der §§ 16 bis 23 GewO28 . Zu deren 25

Vgl. z . B . von Landmann (Fn. 15), S. 51 oder Landmann/ Rohmer, GewO, § 1 Rn. 1 ( a l l e r d i n g s mit fehlerhaftem Zitat).

26

Zitat bei von Landmann (Fn. 15), S. 52. Schecher (Fn. 15), S. 9, definiert "Gewerbepolizeirecht" a l s "Inbegriff aller der ausschließlich auf den Gewerbebetrieb bezüglichen und die polizeiliche Regelung des Gewerbes bezweckenden Rechtsnormen, durch welche die Gewerbefreiheit im öffentlichen Interesse beschränkt wird".

27

BVerfG, GewArch 1976, 157 (159).

28

Die "erhebliche(n) Nachteile, Gefahren oder Belästigungen" . . "für die Besitzer oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für d a s Publikum überhaupt", die in § 16 Abs. 1 GewO seit 1869 unverändert beibehalten worden waren, wurden 1974 durch § 4 Abs. 1 BImSchG mit der Formulierung übernommen, "geeignet . . . , die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftsüberwachung

in Tradition und Wandel

Begründung heißt es in den Motiven,

191

"über die Notwendigkeit

Sicherung des Publikums gegen

der

belästigende Einflüsse" dürfe 29 gemeines Einverständnis vorausgesetzt werden"

"all-

systematischen

Kon-

Dieser

historische

sequenzen

Konsens

haben:

sollte

Einigkeit

auch

sollte

seine

vor

allem

darüber

bestehen,

daß der spezifische Regelungsgrund des Gewerberechts schon immer ein

besonderer,

gewesen i s t :

vom

allgemeinen

die Abwehr

Polizeirecht

Betrieb eines Gewerbes mit sich b r i n g t . gen von

der Person

chen

Anlage

Denn

in

beiden

ist

Fällen

muß

Eintrittswahrscheinlichkeit 30 kennzeichnet'

-

nicht

positivistisch

Vorschrift erst

zu

wieder

-

ist

und

.

der

dort

Schwelle

der

Die

Schadens

der

dessen

diese

Frage,

son-

Fragen

Gefahrenabwehr,

vom

-

Wo

der

den §§ 1 und 5 Nr.

Wandel

gewerbli-

Gefahrbegriff

sein.

Sinne -

systematischen

der

entscheidend.

keine systematische

Schwelle

den

weniger

überschritten

pejorativen

wie es in

Wirtschaftsverwaltungsrecht

oder von des

Grund die

Beeinträchtigun-

allgemeinpolizeilichen

ist

im 31nicht

beim Vorsorgeprinzip, normiert

die

notwendig

entnehmen jenseits

systematisch

den

Schwelle im einzelnen l i e g t , dern

Ob diese

des Gewerbetreibenden

ausgehen,

gesonderter

d e r j e n i g e n Beeinträchtigungen,

jeweiligen beginnen nämlich 2 BImSchG

Gewerbepolizeirecht

zum

markiert.

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu b e lästigen". Die § 16 Abs. 1 GewO genau entsprechenden Substantive finden sich heute in § 1 BImSchG. 29

Zitiert nach von Landmann ( F n . 15), S. 154 f .

30

Wobei es im vorliegenden Zusammenhang weder auf die D i f f e renzierung der G e f a h r b e g r i f f e (abstrakte oder konkrete Gefahr u s w . ) noch der polizeilichen Schutzgüter ( ö f f e n t l i c h e Sicherheit oder öffentliche Ordnung u s w . ) ankommt.

31

So ist beispielsweise § 69a Abs. 2 GewO sowohl vom Gefahrbeg r i f f wie vom Schutzgut her nach allgemeinpolizeirechtlicher Tradition zu interpretieren (obwohl er erst 1977 in Kraft g e treten i s t ) , § 51 GewO dagegen vom B e g r i f f des Nachteils her nach gewerbepolizeirechtlicher Tradition (und zwar schon seit 1869).

192

III.

Rolf Gröschner

Wirtschaftsüberwachung in wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: prinzipien,

wie er

Vorsorgeprinzips

hier anhand

dargestellt

der Rechtsinstitute, nispflichten stehen den

zu radikaler

des

immissionsschutzrechtlichen

werden soll

(1.),

noch der Wandel

für den hier die gewerberechtlichen sollen ( 2 . ) ,

Regelungsgründen

Wie tiefgreifend

weder der Wandel der Rechts-

der

lassen sich

Erlaub-

als Revolutionen

Wirtschaftsüberwachung

in

qualifizieren.

diese Wandlungen im einzelnen auch sein mögen:

Systemänderung

und revolutionärer

Neuordnung

der

Dogmatik zwingen sie nicht.

1.

Der Wandel der Rechtsprinzipien

Im folgenden

geht es

nämlich um die These, BImSchG

etwas

im systematischen

Sinne um das

Prinzip:

daß der Vorsorgegrundsatz des § 5 Nr. 2

prinzipiell

Schutzgrundsatz des § 5 Nr.

anderes

sei

1 BImSchG,

als

der

traditionelle

daß also Gefahren-Vor-

sorge ein systematisches Aliud zur Gefahren-Abwehr sei. Für

diese

Stimmen, setzgebers,

Aliud-These

gibt

es

aber nur ein Argument:

in

der

Literatur

zwar

mehrere

den angeblichen Willen des Ge-

wie er in amtlicher Begründung und parlamentarischer 32 . Dieses Argu-

Beratung des BImSchG zum Ausdruck gekommen sei 32

So argumentieren insbes. Feldhaus, DVB1. 1980, 133 (135); Seilner, NJW 1980, 1255 (1257); Martens, DVB1. 1981, 597 (603) und - letzterem folgend - Hansen/Dix, Die Gefahr im Polizeirecht, im Ordnungsrecht und im Technischen Sicherheitsrecht, 1982, S. 212 ff. - Einen guten Überblick über die sowohl im Prinzipiellen wie im Einzelnen kontrovers geführte Diskussion zu § 5 Nr. 2 BImSchG bieten Schwerdtfeger und Grabitz in WiVerw 1984, 217 und 232. Die besten Argumente gegen die Aliud-These finden sich bei Papier, DVB1. 1979, 162; Breuer, Der Staat 1981, S. 393 (410 f f . ) und Rengeling, DVB1. 1982, 622 (624 f f . ) . Für eine Kritik der wissenschaftstheoretischen Vorstellungen, die Darnstädt mit dem Thema "Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge", 1983, verbindet, ist hier schon deshalb nicht der Ort, weil dort (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

ment überzeugt weder methodisch noch sachlich.

193

Methodisch wäre

der subjektive Wille des Gesetzgebers nur im Rahmen des objekti33 vierten Willens des Gesetzes anzuerkennen ; sachlich steht aber im vorliegenden

Falle

nicht

einmal

das

subjektiv

Gewollte

fest.

Jedenfalls ist der von den Vertretern der Aliud-These übereinstimmend zitierte wie

dies

Satz

der amtlichen

regelmäßig

behauptet

Vorsorge ist "notwendig,

Begründung nicht so eindeutig, 34 . Es heißt dort wörtlich,

wird

um rechtzeitig zu verhindern, daß später

die Errichtung neuer Industrieunternehmen

wegen vorhandener be35 . Das mag

denklicher Immissionsbelastung untersagt werden muß" politisch

bereits

als

Umweltplanung

und nicht

mehr als

Umwelt-

schutz bezeichnet werden - und so war es in der Gesetzesdebatte, 36 die doch wohl primär ein Politicum ist, auch gemeint juristisch

aber

und zumal

noch nicht gesagt. lich ist.

noch

nicht

rechtssystematisch

ist

Prinzipielles

damit

Vom rechtssystematischen Prinzip her ist näm-

gesagt,

daß Umweltplanung

auch Planungsrecht

Denn nach allen Kriterien juristischer Systematik - nach Be-

iFortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) über der Wissenschaftstheorie die juristische Tradition in Vergessenheit geraten ist. (Besonders deutlich bei der Deutung des § 5 Nr. 1 BImSchG als "Modifizierung des Vorsorge-Modells", S. 171 f f . ) . 33

Vgl. nur BVerfGE 11, 126 (130 f . ) .

34

Von den in Fn. 32 Genannten Feldhaus, aaO., S. 135; Seilner, aaO., S. 1256; Martens, aaO., S. 602; ferner von Kutscheidt, in: Landmann/Rohmer, GewO, Bd. 3, BImSchG, § 1 Rn. 7.

35

BT-Drucks. 7/179, S. 32, wofür Feldhaus, DVB1. 1980, 132 (135), den - inzwischen allerdings zum Schlagwort gewordenen - Begriff des planerischen "Freiraums" geprägt hat.

36

Vgl. im BT-Protokoll v . 18.1.1974 (2. und 3. Beratung des BImSchG) etwa die Sätze: "Keine Quelle schädlicher Umwelteinwirkungen bleibt unerfaßt" (S. 4680); "Es muß heute dafür gesorgt werden, daß morgen keine Umweltschäden eintreten" (S. 4684); "der Umweltschutz ist ein Bereich, in dem sich das Bewußtsein unserer Bürger und der politisch Verantwortlichen dafür entwickelt hat, daß es Werte gibt, die planend und g e staltend zu bewahren und zu fördern unser aller Pflicht und unser aller Interesse ist" (S. 4688).

194

Rolf Gröschner

Prinzip und Regelungsgrund 37 - wird Planungs38 recht durch Planungsermessen konstituiert . Die auf das Vorsorgriff,

Institut,

gegebot verweisende Genehmigungsvorschrift des § 6 BImSchG enthält

aber unstreitig

eine gebundene,

gerade nicht

der Genehmigungsbehörde stehende Entscheidung.

im Ermessen

Das rechtssyste-

matische Ergebnis ist - im Unterschied zur rechtspolitischen

Dis-

kussion - eindeutig: das Vorsorgegebot des § 5 Nr. 2 BImSchG gehört zum Umweltschutzrecht,

nicht zum Umweltplanungsrecht.

Und

Umweltschutzrecht ist kein Aliud zum Gefahrenabwehrrecht. Die Begründung griffsNr.

für diese

Behauptung ergibt

und regelungssystematischen

2 und 3 Abs.

1 BImSchG.

...

aus

dem

Zusammenhang zwischen

Wenn § 5 Nr.

"Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch

sich

be§§ 5

2 BImSchG nämlich ...

insbesondere

Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung" verlangt,

dann

wird damit nicht auf den Maßstab der "Einwirkung" und deshalb auch nicht auf das Kriterium des Schadens verzichtet. Abs.

1 BImSchG definiert die in

"schädlichen missionen",

Umwelteinwirkungen"

völlig

Denn § 3

2 BImSchG genannten

unzweideutig

als

"Im-

die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Be-

lästigungen herbeiführen können. "Immissionen" sei,

§ 5 Nr.

Daß Gefahrenabwehr Abwehr von

und Gefahrenvorsorge

Vorsorge

gegen

"Emissionen"

ist

dann eine zwar eingängige, systematisch aber falsche 39 Faustregel . Systematisch falsch ist sie, weil sie den Zusammen-

37

S.o. I 1.

38

Dazu statt aller BVerwGE 34, 301 (304). Von der Schwierigkeit der systematischen Zuordnung zum sonstigen Verwaltungsermessen und zum Ermessen des Normgebers sei hier geschwiegen. Zu beidem Gröschner, BayVBl. 1985, 327 (330).

39

In einem Lehrbuch des Wirtschaftsverwaltungsrechts mag diese Faustregel ihre didaktische Rechtfertigung finden können, z . B . bei Jarass, Fn. 3, S. 231, nicht zu rechtfertigen ist aber der systematische Schluß auf ein "Minimierungsgebot für Emissionen" (J. Ipsen, AöR 1982, 262). Denn auch hinter S 5 Nr. 2 BImSchG steht das Prinzip des § 1 GewO, das eine Abwägung (zwischen Freiheit und Freiheitsbeschränkung) verlangt und einseitige Minimierungen verbietet. Zu demselben Ergebnis kommt Grabitz, WiVerw 1984, 240 f . , aufgrund ver(Fortsetzung Fußnote)

195

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

hang zwischen Vorsorge und Schaden ignoriert

und die Vorsorge

damit von der Gefahrenabwehr isoliert. Wo aber zeigt sich dann der systematische Wandel,

den das Vor-

sorgegebot doch unzweifelhaft bewirkt hat?

Nicht im Prinzip, son-

dern - wie systematisch so oft - im Detail:

nicht das Prinzip der

Gefahrenabwehr hat der

Gefahr

-

weil

sich die

gewandelt oben

und auch

erwähnte

nicht

der

Begriff

gewerbepolizeirechtliche

Erweiterung des Schadens auf erhebliche Nachteile und Belästigungen schon traditionell dazugehört

sondern gewandelt hat sich

das Kriterium der Eintrittswahrscheinlichkeit des schädigenden Ereignisses. Während

sowohl

im repressiven

wie

im präventiven

traditionellen Polzei- und Gewerbepolizeirechts

Bereich

für den

des

Schadens-

eintritt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gefordert wird,

ge-

nügt

die

im

entferntere

Vorsorgebereich Möglichkeit

des eines

"Schädlichkeitsverdachts" 4 0 .

Immissionsschutzrechts -

wie

das

schon

BVerwG gesagt

hat

-

Oder anders - aber ebenfalls mit den

Worten des BVerwG - formuliert:

der Vorsorgebereich des § 5 Nr.

2 BImSchG liegt "jenseits der nach § 5 Nr. 1 BImSchG zu erstellenden konkreten Immissionsprognose" 41 . So formuliert läßt sich (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) fassungsrechtlicher Überlegungen - die sich im übrigen auch auf rechtsphilosophischer Ebene fortsetzen ließen: weil Recht Rechts-verhältnisse regelt, muß es i . d . S . "verhältnis-mäßig" (hermeneutisch vermittelnd und dialogisch ausgleichend) sein, darf aber nicht un-verhältnismäßig minimieren oder maximieren. - Daß neuerdings auch Ossenbühl, NVwZ 86, 161, "Vorsorge als Rechtsprinzip" auf die o . g . "grobe Formel" (S. 169) und in Zusammenhang mit dem eingangs zitierten "Minimierungsgebot" bringt (S. 168), ist deshalb gerade aus prinzipieller Sicht besonders zu bedauern. 40

NVwZ 1983, 32 (34); v g l . auch NVwZ 1984, 371 (373), wo das BVerwG allgemeiner - aber die Besonderheit des immissionsrechtlichen Schutzgutes weniger treffend - von "Gefahrenverdacht" spricht.

41

BVerwG, NVwZ 1984, 373, mit dem systematisch aufschlußreichen Ergebnis, daß Vorsorge dann geboten sei, "wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, daß Immissionen (Fortsetzung Fußnote)

Rolf Gröschner

196

der Wandel von der Schadenswahrscheinlichkeit

zur

Schadensmög-

lichkeit auch als Wandel der Kausalitätsanforderungen ren:

interpretie-

der Nachweis einer unmittelbaren Verursachung i . S . d .

zeirechts,

der für § 5 Nr.

1 BImSchG mit Hilfe einer konkreten

Zuordnung von Emissionen und Immissionen zu führen i s t , für § 5 Nr.

Poli-

2 BImSchG nicht geführt zu werden,

braucht

weil ein solcher

Nachweis schon wegen der Fern- und Langzeitwirkung vieler Emissionen gar nicht geführt werden könnte.

Und das ist schließlich

auch der Grund des überwachungsrechtlichen Wandels: der Gefahren.

der Wandel

Nicht mehr die in § 16 Abs. 2 GewO a . F . an erster

und zweiter Stelle aufgeführten Schießpulverfabriken und Anlagen zur

Feuerwerkerei

sind

bezeichnende

rechtlicher Gefahrenquellen,

BImSchV erst- und zweitgenannten und Kühltürme Stunde.

mit einem

Beispiele

immissionsschutz-

sondern die in S 2 Nr.

1 der 4.

100-Megawatt-Feuerungsanlagen

Kühlwasserdurchsatz

von

10.000 m3

je

Und wenn diesem evidenten Wandel der tatsächlichen Ge-

fahren mit

subtilen

Wandlungen

rechts begegnet werden kann,

im System

des

Gefahrenabwehr-

dann spricht das nicht gegen, son-

dern für dieses System.

2.

Der Wandel der Rechtsinstitute

Am Beispiel

der

gewerberechtlichen

Erlaubnis

soll

abschließend

und zusammenfassend noch einmal verdeutlicht werden, ein einheitliches

Rechtsinstitut

sammenhang zwischen Begriff,

erst

daß sich

aus dem systematischen

Zu-

Prinzip und Regelungsgrund ergibt

und wie dabei auch Tradition und Wandel jeweils systematisch zusammenhängen .

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen und damit - auch wenn sich entsprechende Ursachenzusammenhänge im einzelnen noch nicht eindeutig feststellen lassen - ein Gefahrenverdacht besteht" (Hervorhebung im Original). Was dies alles für den Nachbarschutz bedeutet, muß hier offenbleiben.

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

197

Zunächst zwei begriffssystematische Überlegungen: Die Begriffe "Erlaubnis", "Genehmigung", "Konzession" und "Bewilligung" bedeuten im Wirtschaftsüberwachungsrecht - anders als etwa im 42 Wasserrecht die

- dasselbe:

Zulässigkeit

Entscheidung Abs.

einer

daß der Zugang zu einem Gewerbe bzw. gewerblichen

bedarf.

Wenn dieser

Anlage

einer

behördlichen

Entscheidungsakt

durch

§ 15

2 GewO nunmehr einheitlich als "Zulassung" definiert wird,

dann ist dies

begriffssystematisch -

zumal im Zusammenhang mit

den "Zulassungsvoraussetzungen" i .43 S.d. aus gelungene Gesetzesnovellierung

Art.

Novellierungsbedürftig

Begriff

Erlaubnisvorbehalt".

ist Weil

dagegen

der

das gesamte

12 GG - eine durchdes

"Verbots mit

Wirtschaftsüberwachungs-

recht - wie die Erörterung des § 1 GewO ergeben hat - durch ein Rechtsprinzip konstituiert

wird,

dessen

Haupt-Satz

Freiheit

die

ist, darf das Haupt-Wort des systematisch zuzuordnenden Rechtsinstituts nicht das Verbot sein. wort bleibt,

ändert sich das systematische Mißverhältnis zwischen

(Verbots-)Begriff wort

und

"präventiv"

Verbots

mit

Und solange es bei diesem Haupt-

(Freiheits-)

nicht.

An die

Erlaubnisvorbehalt

Prinzip

auch durch

Stelle gerade -

dessen

des

das

Bei-

"präventiven"

Regelungsgrund

aner-

kanntermaßen eben nicht das Verbot ist - sollte daher der Begriff 44 der "Erlaubnispflicht" treten . Das sog. "repressive" Verbot mit Erlaubnisvorbehalt könnte dann - ohne Adjektiv - zum begriffssystematisch

richtig

verwendeten

"Verbot

mit

Erlaubnisvorbehalt"

werden. 42

Vgl. §§ 2, 7, 8 WHG und - am Beispiel Bayerns - Art. 16 bis 18 BayWG.

43

§ 15 Abs. 2 GewO, BGBl. I S. 1008.

44

In diesem Sinne insbes. Henke, DVB1. 1983, 982 (984). Die sonstige Erörterung des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt dagegen hat - soweit ersichtlich - dem Prinzip des § 1 GewO keine besondere Bedeutung beigemessen. Vgl. etwa Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I , 9. Aufl. 1974, S. 403 f f . ; Forsthoff, Verwaltungsrecht I , 10. Aufl. 1973, S. 267 f . ; Friauf, JuS 1962, 422; Schwabe, JuS 1973, 133; Gusy, JA 1981, 80.

neugefaßt durch Gesetz

v.

25.7.1984,

Rolf Gröschner

198

Systematisch noch wichtiger als diese Überlegungen zu Begriff und Prinzip der Erlaubnispflicht sind Überlegungen zu ihrer Bedeutung als

Rechtsinstitut.

Wie bei

Recht überhaupt - ist

jedem Rechtsinstitut

- und

wie im

dabei die materiellrechtliche von der for-

mellrechtlichen Bedeutung zu unterscheiden. Materiellrechtlich bedeutet die Erteilung einer wirtschaftsüberwachungsrechtlichen Erlaubnis nicht mehr als die Bescheinigung, daß die gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen bzw. daß Versagungsgründe nicht gegeben sind: dem Antragsteller wird beispielsweise bescheinigt, daß er zuverlässig, sachkundig, fachlich geeignet ist, daß Sicherheit und Leistungsfähigkeit seines Betriebs gewährleistet sind oder daß Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen seiner Anlagen getroffen wurde. Ein subjektives öffentliches Recht wird mit solchen Bescheinigungen nicht gewährt. Anders ausgedrückt: ein Anspruch wird durch die Erlaubnis nicht 45 begründet . Diese

-

für

das

Wirtschaftsüberwachungsrecht

zentrale

-

These

läßt sich wirkungsgeschichtlich und systematisch begründen: der Tradition der Gewerbefreiheit

aus

und aus ihrem Wandel zur Be-

rufsfreiheit. Die erste Begründung ergibt läuterten historischen Befund:

sich

unmittelbar

aus dem oben

er-

weil die natürliche Freiheit schon

kraft Gesetzes - nämlich kraft § 1 GewO - deklaratorisch bestätigt worden war,

wurde diese Freiheit nun kraft gesetzesverlängernden

Verwaltungsakts - also kraft Erlaubnis - erst recht nicht 46 tutiv verliehen .

konsti-

45

Daß ein solcher Satz in den einschlägigen Lehrbüchern des (Wirtschafts-)Verwaltungsrechts nicht zu finden ist, hat seinen Grund in der "dogmatischen Vernachlässigung des subjektiven öffentlichen Rechts", wie Henke, DVB1. 1983, 982 (986), überzeugend dargelegt h a t .

46

Die zeitgenössische Literatur dazu ist konsequent: wo die subjektivrechtliche Deutung der Gewerbefreiheit verworfen wurde, wurde auch das subjektive Recht aus der Gewerbeerlaubnis verneint. Vgl. statt aller Schecher (Fn. 15), S. 7 f f .

199

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

Inzwischen hat sich diese natürliche Freiheit in eine grundrechtliche Freiheit verwandelt.

Die Gewerbefreiheit ist zwar - wie ge-

zeigt - ein objektivrechtliches Prinzip

geblieben,

sie ist jedoch

durch den subjektivrechtlichen

Wandel zur Berufs- und Unterneh-

mensfreiheit überlagert worden.

Wer heute eine wirtschaftsverwal-

tungsrechtliche

Erlaubnis

Heutige ohnehin

beantragt,

zweifelhaftes -

recht hinter sich, gelmäßig aus Art. che Rechtsposition,

hat

also

Naturrecht,

kein

-

für

uns

sondern ein Grund-

und zwar im Wirtschaftsüberwachungsrecht

re-

12, jedenfalls aber aus Art. 2 Abs. 1 GG. Weldie er nicht schon daraus hätte,

sollte ihm

dann mit der Erlaubnis noch verliehen werden? Die entscheidende

systematische

Differenzierung

ist

demnach

die

Unterscheidung des Anspruchs auf die Erlaubnis vom Anspruch aus der Erlaubnis. ergibt,

Denn daß sich aus der Erlaubnis kein Anspruch

heißt noch nicht,

besteht.

Ein

solcher läßt

einfachgesetzlichen leiten:

daß kein Anspruch auf die Erlaubnis sich vielmehr

Erteilungs-

bzw.

bei "Ist-zu-erteilen"-Vorschriften

ohne weiteres,

häufig

schon

aus den

Versagungsvorschriften (wie bei

bei "Ist-zu-versagen"-Vorschriften

her-

§ 6 BImSchG) (wie oben

ge-

zeigt) aufgrund ergänzender Heranziehung des § 1 GewO und bei "Darf-nur-erteilt-werden"-Vorschriften

aufgrund ihrer

konformen Interpretation als gebundene Entscheidung 47 Aus all dem lassen sich zwei Grund-Sätze chungsrechts formulieren. bzw.

Erstens:

des Wirtschaftsüberwa-

bei Vorliegen der Erteilungs-

Nichtvorliegen der Versagungsvoraussetzungen

ein Anspruch auf Erlaubniserteilung.

verfassungs-

besteht Immer

Zweitens: aus der Erlaubnis

selbst ergibt sich niemals ein Anspruch.

47

Ob man dies mit dem Rechtsstaatsprinzip (hier: Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) oder (auch) mit Art. 12 GG begründet, macht im Ergebnis keinen Unterschied. Vgl. z . B . BVerfGE 6, 32 (42); 8, 71 (76) und 20, 150 (158) sowie - ins Grundsätzliche gehend - Meyer-Tscheppe, Staat und Staatsziel, 1968, S. 412.

200

Rolf

Ganze

Aber

das

den,

nämlich im Sinne der angekündigten Unterscheidung

materiellem (auch

der

zwar nur

muß

Gröschner

und

systematisch

formellem

Behörde,

die

aus Gesetz,

formellrechtlich

Recht: dann

noch

weiter

differenziert

Materiellrechtliche Ansprüche 48 Befugnisse sind ) ergeben sich

gleichwohl werden

sie durch

die

in noch näher zu bestimmender

doch

wer-

zwischen

Erlaubnis

Weise beein-

flußt. Formellrechtlich ist als

die

feststellender

ein

Rechtsprechung

und

Erlaubnis

Literatur

nicht entschließen können, sie jedoch

zunächst einmal

Verwaltungsakt. zu

Zwar

dieser

Konsequenz

Systematisch

rechtliche der

-

gungsgrund deshalb sind

-

Gründen

für im

die

-

feststellt,

-

diese

daß

ein

Erlaubnis

Erlaubnis

der Bestandskraft

Erlaubniserteilung wird

daß A n t r a g s t e l l e r ,

Betrieb oder

vorliegt

erteilt.

fähig,

Beide

-

über

nur die

noch

ein

letzter

um es

systematischer

Feststellungswirkung

hinaus

zur

der

Bescheide mate-

Im Falle und zum

bestandskräftig

Anlage

Versaund

ohne zugleich

formulieren - keine gewerbepolizeirechtliche Gefahr Bleibt

keinerlei

der auf Anfrage

gesetzlicher

nicht

r i e l l r e c h t l i c h e Positionen begründen zu müssen. Zeitpunkt der

erscheint

daß

beantragte

Tenor

gleichermaßen

in

noch

im angefragten Falle eine gewerbe49 nicht e r f o r d e r l i c h ist und einem Bescheid,

Erlaubnis

in den

sich

bisher

besteht nämlich

Unterschied zwischen einem Feststellungsbescheid,

anderes

man

systematisch zu Ende gedacht

unausweichlich.

v e r b i n d l i c h entscheidet,

nichts

hat

festgestellt,

traditionell

zu

darstellen.

Schritt:

der

Schritt

Gestaltungswirkung.

48

Zu solchen "subjektiven öffentlichen Rechten des Staates" jetzt ein guter Überblick bei Bauer, DVB1. 1986, 208 f f .

49

Über dessen dogmatische Qualifikation kaum Streit entstehen dürfte. Vgl. die Zusammenstellung von Feststellungsbescheiden, die Kopp, GewArch 1986, 41, jüngst gegeben h a t . Repräsentativ dort ( g l e i c h zu Beginn) auch das nicht näher b e gründete Festhalten an der Trennung von Erlaubnis und f e s t stellendem Verwaltungsakt. Die - z . T . weitreichenden - Konsequenzen aus der I d e n t i f i z i e r u n g der Erlaubnis als Feststellungsbescheid - z . B . f ü r A u f l a g e n , Vollstreckung und Rechtsschutz - können hier nicht gezogen werden.

Wirtschaftsüberwachung in Tradition und Wandel

Auch dieser

Schritt ist -

tan worden.

soweit ersichtlich

Denn die Gestaltungswirkung,

chen Erlaubnissen allenthalben überall

in

einer

Gestaltung

-

201

noch nirgendwo

ge-

die den

gewerberechtli-

zugesprochen w i r d ,

soll immer und

Rechten

von

liegen.

Systematisch

r i c h t i g l i e g t sie aber in einer Gestaltung von Rechtsverhältnis50 sen . Genauer g e s a g t : mit der Erteilung einer wirtschaftsüberwachungsrechtlichen Verhältnis

Erlaubnis

begründet,

Pflichten und Befugnisse liegenden Gesetz

wird

dessen

ein

Inhalt

-

überwachungsrechtliches vor

sich aus dem der

allem

also

Erlaubnis

Rechte,

zugrunde-

ergibt.

Wirtschaftsüberwachungsrechtliche

Erlaubnisse

stellende und rechtsverhältnisbegründende rechtsbegründende)

Verwaltungsakte.

sind

(nicht

mithin

aber

fest-

unmittelbar

Und das ist schließlich

auch

der eigentliche Regelungsgrund des Wirtschaftsüberwachungsrechts: festzustellen, Einzelfall

ob die Voraussetzungen behördlicher Überwachung im

vorliegen

und

uno

actu

mit

dieser

Feststellung

Rechtsverhältnis zu begründen,

das wegen § 1 GewO und Art.

GG bis

entsprechende

ins

bestimmt

Einzelne

durch

das

12

Überwachungsgesetz

ist.

Der oben a u f g e s t e l l t e Grundsatz,

daß aus einer

wirtschaftsüberwa-

chungsrechtlichen

Erlaubnis niemals ein Anspruch f o l g e ,

aufgrund

Ergebnisses

dieses

Trennschärfe formulieren: chungsrecht

rechtlichen Verhältnis.

mit

noch

größerer

läßt sich

systematischer

Ansprüche folgen im Wirtschaftsüberwa-

mit systematischem

setzlichen Rechtsverhältnis,

50

ein

Vorrang

aus einem besonderen g e -

dem hier so genannten

überwachungs-

Systematisch stellen diese Ansprüche daher

Es dürfte Otto Mayer gewesen sein, der die z i v i l r e c h t l i c h e Vorstellung in das ö f f e n t l i c h e Recht transponiert h a t , daß durch den Verwaltungsakt ein Rechtsverhältnis begründet werde, " k r a f t " dessen - wie § 241 BGB sagt - dann notwendigerweise s u b j e k t i v e Rechte bestünden ( v g l . Deutsches V e r w a l tungsrecht, 3. A u f l . 1924, S. 101 i . V . m . S. 93). "Bloße Feststellungen" (S. 100) waren ihm dabei ebenso fremd wie bloß rechtsverhältnis-begründende Verwaltungsakte, die nicht zug l e i c h bestimmten, was im E i n z e l f a l l "Rechtens" sein sollte (S. 93).

Rolf Gröschner

202

vorrangig

relative subjektive

rechten,

die

hältnissen

systematisch

und

von

sind demgegenüber schen Trennung sen und von

51

absolute

subsidiär. allgemeinen

absoluten

Thema f ü r sich

51

von

daher

Rechte d a r .

Ansprüche Alles

aus

Ansprüche allgemeinen

subjektive Weitere

Rechte

zu

und besonderen

und r e l a t i v e n

subjektiven

dieser

aus

Grund-

Rechtsverdarstellen, systemati-

RechtsverhältnisRechten

ist

ein

.

Daß diese Unterscheidungen überhaupt zu einem Thema der v e r w a l t u n g s - und verfassungsrechtlichen Dogmatik geworden sind, darf als das Verdienst Wilhelm Henkes bezeichnet w e r den, der die entsprechenden Differenzierungen in DÖV 1980, 621 f ü r das Verwaltungsrecht und in DÖV 1984, 1 f ü r das Verfassungsrecht vorgenommen hat. Und daß der Verfasser versuchen w i r d , die Bedeutung dieser Differenzierungen f ü r "Das Recht der Wirtschaftsüberwachung" auch monographisch zu z e i g e n , mag als Hinweis auf den Grund der Widmung des vorliegenden Beitrags genügen. Im übrigen ist dem Verfasser erster t r a d i t i o n e l l - l i b e r a l e r Zugang zum Recht der Wirtschaftsüberwachung schon während seines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums durch Henkes Artikel "Gewerberecht" im HdSW, Bd. IV, 1965, S. 523, eröffnet worden.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen zwischen Förderung und Gefährdung unternehmerischer Freiheit Von Paul Henseler

Inhaltsübersicht A. Grundfragen der Wirtschaftslenkung I. II.

205

Wirtschaftslenkung - Versuch einer Begriffsklärung

205

Taktiken, Techniken und Instrumente des Wirtschaftslenkungsstaates

208

1. Imperative Lenkungskonzepte

209

2. Stimulierende Lenkungskonzepte

211

B. Subventionierung und Unternehmerfreiheit

214

I.

II.

Die Bedeutung der Staatssubvention für die Freiheit des subventionierten Unternehmers

214

1.

Unternehmerfreiheit und unternehmensbezogene Leitungsgewalt

214

2.

Wirkungsspezifika der Art. 12, 14 GG im Subventionsrecht

217

Das Subventionsverhältnis als zentraler Ordnungsfaktor des Subventionsrechts

219

1. Arten von Subventionsverhältnissen

219

a) Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse

219

b) Zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse

220

204

Paul Henseler

III. IV.

2.

Begründungsformen von Subventionsverhältnissen

221

3.

Normative und ersatznormative Vorordnung der Vergabekonditionen

222

Die Struktur des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses

223

Die haushaltsrechtlichen Wurzeln von Freiheitsbeschränkungen des Subventionsempfängers

225

1.

Auf den Subventionsgeber einwirkende Legitimationszwänge

225

2.

Typisierender Aufriß der Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers

228

a) Verhaltensbindungen, die das Zielbindungs- und Überwachungsgebot umsetzen.

229

aa) Verhaltensbindungen im Interesse der Zielverwirklichung

229

bb) Vorkehrungen zur Erfüllung des Überwachungsgebotes

231

b) Verhaltensbindungen, die dem Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung entspringen

232

V. Die Rechtsnatur der Selbstbindungen des Subventionsempfängers VI.

VII.

Widerruf und Rückforderung als Sanktionen planwidrigen Unternehmerverhaltens

235 239

1.

Verhaltenslasten und Risikoverteilung im Subventionsverhältnis

239

2.

Die Problematik des § 44a Bundeshaushaltsordnung (BHO)

240

Materielle Anforderungen an Verhaltenslasten und -pflichten des Subventionsempfängers

241

1.

Erfordernis einer spezifischen Maßstabbildung

241

2.

Das Übermaßverbot als zentraler Konfliktmaßstab

242

3.

Die Handhabung des Übermaßverbotes im Subventionsrecht

243

a) Verhaltenslasten, die das Zielbindungsgebot umsetzen

243

b) Verhaltenslasten, die das Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung konkretisieren

246

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

VIII.

Schlußbemerkung und Ausblick auf subventionsrechtliche Sonderlagen

A.

Grundfragen der Wirtschaftslenkung

I.

Wirtschaftslenkung - Versuch einer Begriffsklärung

205

247

Der größte Feind der wissenschaftlichen Diskussion ist die Begriffsverwirrung. Ihr im Hinblick auf das Phänomen der Wirtschaftslenkung zu entgehen, fällt insofern nicht leicht, als der juristische Sprachgebrauch den Begriff ebenso wie den Komplementärbegriff "Wirtschaftsüberwachung"* mit unterschiedlichen Bedeutungsgehalten auffüllt. So hat es Tradition, Wirtschaftslenkung als Synonym für Wirtschaftsinterventionismus zu verwenden und damit eine Wirtschaftsordnung zu kennzeichnen, die den überkommenen Gegensatz zwischen Staat und Wirtschaft respektive Staat und Gesellschaft überbrückt, ohne die freie Unternehmerinitiative als Gegengewicht zum staatlichen Lenkungsanspruch völlig zu ver2 drängen . Die Gleichstellung von Lenkung und Intervention ver3 kürzt indes - von anderen Bedenken abgesehen - den eigentlichen Gehalt des Lenkungsbegriffs. Die Lenkung der Wirtschaft ist mit der Einwirkung des Staates auf die Wirtschaft nicht identisch, sondern nur eine Form der staatlichen Einflußnahme auf wirt-

1

Der Begriff geht auf Henke, DVB1. 1983, 982 (983), zurück. Statt seiner ist in der Literatur überwiegend der Begriff "Wirtschaftsaufsicht" gebräuchlich, v g l . stellvertretend für alle J a r a s s , Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 107.

2

Scheuner, VVDStRL 11 (1954), 1 (7); Schule, e b d a . , 75 (85); Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S. 291; d e r s . , in: von Münch, Bes.VerwR, 7. Aufl. 1985, S. 255 (260 f . ) ; Rinck, Wirtschaftsrecht, 5. Aufl. 1977, S. 1.

3

Vgl. Ehmke, Wirtschaft und Verfassung, 1961, S. 86; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 (285 Fn. 100).

Paul Henseler

206

schaftsrelevante

Vorgänge und Tatbestände, 4 der Wirtschaftsüberwachung konkurriert .

die namentlich

mit

Wirtschaftslenkung und Wirtschaftsüberwachung sind allerdings ihrerseits keine eindeutigen,

sondern mehrdimensionale und z . T . in-

einander verschachtelte Ordnungsbegriffe 5 . von

Lenkung

und

Überwachung

Die Gegenüberstellung

kennzeichnet

zum

einen

unter-

schiedliche Auffassungen von den Zielen und Aufgaben staatlicher Wirtschaftspolitik,

zum

anderen

unterschiedliche

Strategien

staatlichen Einflußnahme auf die Wirtschaftsentwicklung. pisch war die Aufgabe des Wirtschaftsüberwachungsstaates scher Prägung darauf beschränkt, fahren privat

klassi-

die Allgemeinheit vor den Geg

verantworteten Wirtschaftens

stens seit Einführung des Art.

der

Idealty-

zu schützen .

Späte-

109 Abs. 2 GG sprengt die verfas-

sungsrechtliche Aufgabenstellung staatlicher Wirtschaftspolitik diesen überkommenen Rahmen. Förderung

der

Im Verbund mit § 1 des Gesetzes zur

Stabilität

und

(StabilitätsG) verpflichtet Art. haltspolitik,

des

Wachstums

der

gleichzeitig auf ein stabiles Preisniveau,

hen Beschäftigungsstand,

Wirtschaft

109 Abs. 2 GG die staatliche Hauseinen ho-

außenwirtschaftliches Gleichgewicht und 7 hinzuwirken

ein stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum Die Verpflichtung

impliziert

eine

Abkehr

von

der

unmittelbaren

Schadensabwendung hin zu einer Orientierung der Wirtschafts- und 4

Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1980, S. 251 f . ; Funk, in: Korinek/Rill (Hrsg.), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts, 1982, S. 53 (58 f . ) .

5

Tettinger (Fn. 4 ) , S. verwaltungsgerichtlicher 1971, S. 12 ff.

6

Ausf. hierzu Losch, Gewerbefreiheit und Gewerbepolizeirecht als geschichtliche Grundlagen der Wirtschaftsüberwachung, in diesem Bd., S. 153 ff.

7

Dazu näher Stern/Münch/Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1972, § 1 (S. 117); Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 66 f f . ; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 147 ff.

251; Wiebel, Wirtschaftslenkung und Rechtsschutz des Wirtschafters,

207

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

Haushaltspolitik an Optimalstandards, ge,

aktiv-gestaltende

Einflußnahme

die nur durch eine ständides

Staates

schaftsentwicklung zu verwirklichen sind.

auf

die

Wirt-

Vor diesem Hintergrund

ist Wirtschaftslenkung ein Kürzel für das Selbstverständnis Staates,

der

seine

Verantwortung

für

die

eines

gesamtwirtschaftliche

Entwicklung erkannt hat und ihr durch eine aktiv-gestaltende und nicht

nur

polizeilich-überwachende

Ausrichtung

Q

seines

eigenen

Verhaltens gerecht zu werden versucht . Zugleich meint Wirtschaftslenkung aber auch eine bestimmte Strategie der Umsetzung staatlicher Gestaltungsansprüche.

Die Wirt-

schaftsentwicklung aktiv gestalten kann der Staat auf verschiedenen Wegen: Er kann entweder selbst in die Rolle des Unternehmers g schlüpfen,

zu privaten Wirtschaftssubjekten in Konkurrenz treten

oder sie von bestimmten Märkten zwangsweise verdrängen er kann sein Wirken darauf ausrichten,

,

oder

das Verhalten der priva-

ten Wirtschaftssubjekte im Sinne seiner eigenen gesamtwirtschaftlichen Vorstellungen von

der

zielgerichtet

wirtschaftlichen

zu beeinflussen.

Eigenbetätigung

In Abgrenzung

kennzeichnet

Wirt-

schaftslenkung untfer diesem Blickwinkel die Strategie des Staates, private oder

Wirtschaftssubjekte

Vertreiber

stimmten,

in

marktmäßiger

gesamtwirtschaftlich

ihrem

Verhalten

Leistungen relevanten

als

im Interesse

Produzenten eines

be-

Ordnungszieles zu be-

einflussen^. 8

R. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971, S. 36; Bullinger (Fn. 3 ) , S. 287; Tettinger (Fn. 4 ) , S. 252, 258; Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht I , 3. Aufl. 1984, Rn. 436 f . ; k r i t . Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969, S. 207.

9

P. Kirchhof, Verwalten durch mittelbares Einwirken, 1976, S. 356 f f . ; Wilke/Schachel, WiVerw 1978, 95 (98 f f . ) ; Püttner, DÖV 1983, 697 (698 f f . ) ; Stober, NJW 1984, 449 f f .

10

Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 136 f f . , 281 f f . ; (Fn. 1), S. 224 ff.

Jarass

11

Funk (Fn. 4 ) , S. 59; Bullinger (Fn. 3 ) , S. 287; Jarass (Fn. 1), S. 35; ähnl. BVerG, NJW 1985, 2774 (2775).

Paul Henseler

208

Wie das

Verhalten

der

privaten

beeinflußt werden s o l l ,

Wirtschaftssubjekte

im

Einzelfall

ist eine F r a g e des t a k t i s c h e n

Vorgehens.

Sieht man das Charakteristikum der Wirtschaftsüberwachung daß der Staat mit zwangsweise merisches

Verhalten

schaftsüberwachung

durchsetzbaren

kanalisiert und

und

darin,

Befehlen unterneh12 , sind Wirt13 keine Gegensätze

diszipliniert

Wirtschaftslenkung

Wirtschaftsüberwachung ist unter dieser Prämisse vielmehr nur e i 14 ne Taktik

der Wirtschaftssteuerung neben a n d e r e n .

im folgenden konkretisieren und die T a k t i k e n , strumente des Wirtschaftslenkungsstaates

Ich will das

Techniken und I n -

zugleich ein wenig näher

beleuchten.

II.

Taktiken, Techniken kungsstaates

Privates

Wirtschaften

wird

und

durch

Instrumente

des

Wirtschaftslen-

Kosten-Nutzen-Überlegungen

des

Unternehmers g e l e i t e t , die sich an der jeweiligen Marktlage 15 orientieren . Die Marktlage wird i h r e r s e i t s durch das p r e i s b i l 16 dende Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage bestimmt . Beide b e t r i e b s - und volkswirtschaftlichen Axiome reduzieren die Möglichkeiten

des

Staates,

das

Verhalten

z i e l g e r i c h t e t zu b e e i n f l u s s e n , muster.

Der Staat kann

mungsfaktor

für

das

privater

letztlich

Wirtschaftssubjekte

auf zwei t a k t i s c h e

die Kosten-Nutzen-Abwägung

Unternehmerverhalten

als

entweder

GrundBestim-

eliminieren

12

Vgl. Bullinger ( F n . 3 ) , S. 286; E . Stein, Die Wirtschaftsa u f s i c h t , 1967, S. 118 f f . , 180 f f . , 217; Stober ( F n . 8 ) , Rn. 412 f . , 418 f f .

13

Im Ergebnis ebenso Brohm ( F n . 8 ) ; H.P. Ipsen, Wirtschaftsrecht, 1985, S. 10, 302.

14

Zur Unterscheidung von Strategien und Taktiken der schaftssteuerung Kaiser, VVDStRL 25 (1966), S. 409.

15

Statt a l l e r Wöhe, Einführung in die Allgemeine B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , 15. Aufl. 1984, S. 330 f f . , 685 f f .

16

Statt a l l e r Woll, 1984, S. 87 f f .

Öffentliches

Allgemeine Volkswirtschaftslehre,

8.

Wirt-

Aufl.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

209

und das freie Spiel von Angebot und Nachfrage als zentralen Ordnungsmechanismus

des

Marktes

Regulative akzeptieren,

ausschalten

oder

er

kann

beide

erhalten und zum Ansatzpunkt seines e i -

genen Wirkens erheben.

1.

Imperative Lenkungskonzepte

Die Wahl der ersten Alternative korrespondiert regelmäßig mit der Anwendung eines imperativen Lenkungskonzepts, tur

nach

der überkommenen

entspricht:

sächlichem

der

das seiner Struk-

Wirtschaftsüberwachung

Der Staat unterwirft den Unternehmer einer

formulierten Verhaltenspflicht, pflichteten

Technik

durch

einen

Verhalten

zwingend

kontrolliert die Normtreue des Ver-

Vergleich

von

normverlangtem

und

tat-

17

und bedroht jeden Pflichtverstoß mit der 18 Anwendung von Zwangsgewalt . Inhaltlich diktiert der Staat dem Unternehmer,

welche

Leistungen

er

produzieren oder am Markt anbieten spiele

für

dieser

schaftssubjekte

Technik

sind etwa

Betriebsstillegungen, quotierungen,

unter

entsprechende gesetzlich

welchen

Bedingungen

oder nachfragen Einwirkungen

oder behördlich

darf.

Bei-

auf

Wirt-

angeordnete

Produktionskontingente, Absatz- und Import-

An- und Verkaufspflichten,

Preisfestsetzungen und

19 dergleichen mehr

.

Solche Steuerungsinstrumente können für un-

terschiedliche Ordnungszwecke mobilisiertkombiniert und miteinander mit Ausgleichsabgaben oder Subventionen werden 20 .sowie Der 17

Ausf. zur Kontrolle als Vergleich Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 14 f f .

18

Tettinger (Fn. 4 ) , S. 264; Badura, (Fn. 2), S. 297 f . ; v g l . auch Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, 1974, S. 245 f f .

19

Rinck (Fn. 2), S. 77 f f . ; Jarass (Fn. 1), S. 124 f .

20

Beispielhaft zum einen das Gesetz zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlebergbaus und der deutschen Steinkohlebergbaugebiete (BGBl. 1968 I S. 365) - dazu Der Staat 17 (1978), 507 (510) m.w.Nachw. - und Jarass, zum anderen die Ausgleichs- und Umverteilungssysteme nach (Fortsetzung Fußnote)

Stober (Fn.

8),

Rn. 441 f f . ;

210

Paul Henseler

s t a a t l i c h e Einfluß auf Markt und Unternehmen erhöht sich mit der Zahl

der

niert,

staatlich

beeinflußten

wenn der Staat

bündelter

und planvoll

mente

alle

Regie

unterwirft,

aufeinander

Interaktionen die

Marktordnung ersetzt

21

Wirtschaftsvorgänge

durch den zentral auf

abgestimmter

einem

"natürliche"

und

gesteuerten

ge-

Lenkungsinstru-

bestimmten also

kulmi-

Einsatz

Teilmarkt

durch

eine

seiner

staatliche

.

In der Bundesrepublik h a t t e die diesem Konzept verpflichtete Wirtschaftslenkung

ihre Blütezeit in den 50er und 60er J a h r e n .

Hauptanwendungsbereiche schaft, Fett,

waren

die

Land-

und

Ihre

Ernährungswirt-

die durch Marktordnungen für Getreide, Zucker, Milch und Vieh

Maßnahmen

und unter

Fleisch

sowie

strenger

durch

eine

Staatskuratel

der 70er J a h r e sind die nationalen

Vielzahl 22

standen

.

flankierender Seit

Anfang

Interventionssysteme auf diesen

Gebieten weitgehend durch 23 Marktordnungen der Europäischen Gemeinschaften ersetzt worden . Heute unterliegen im wesentlichen nur noch die E n e r g i e - und Verkehrswirtschaft der mehr oder we24 n i g e r intensiven s t a a t l i c h e n Bewirtschaftung . Die gewerbliche Wirtschaft

( I n d u s t r i e , Handwerk, Handel), die h i e r in e r s t e r Linie

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) dem Milch- und Fettgesetz, dem Filmförderungsgesetz oder dem Weinwirtschaftsgesetz - dazu Strauß, Die Abgaben der Ausgleichseinrichtungen im System des allgemeinen Abgabenr e c h t s , 1971, S. 8 f f . ; Götz, AöR 85 (1960), 200 (211) - . 21

Vgl. EuGH, NJW 1975, 2167 (2168); Stober ( F n . 8 ) , Rn. 438 f.; Badura ( F n . 2 ) , S. 292 f . ; Dicke, Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Wirtschaftslenkung in I t a l i e n und der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 68 f .

22

Vgl. BVerfGE 18, 315 (327, 3 3 1 ) ; 45, 142 (166 f f . ) ; BVerwGE 24, 152 f . ; 40, 85 f f . ; H. P . Ipsen, Gedächtnisschrift für W. J e l l i n e k , 1955, S. 593 (597); Dicke, DÖV 1968, 163 f f .

23

H.P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, = S. 842 f f .

24

Rinck ( F n . 2 ) , S. 132 f f . m.w.Nachw.; J a r a s s ( F n . 2 0 ) , S. 507 f f . ; Walcher, Das P l a n u n g s - und Steuerungssystem der s t a a t l i c h e n Verkehrspolitik zur Regulierung der V e r k e h r s märkte, 1978.

1972, 47/12 f f .

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

211

interessieren s o l l ,

ist dagegen außerhalb von Krisenzeiten

sätzlich

direkten

frei

von

vorgenannten Art

2.

staatlichen

der

25

Stimulierende Lenkungskonzepte

Eindeutig g e p r ä g t wird

die staatliche

liche Wirtschaft der Bundesrepublik erwähnte Lenkungskonzeption. der

grund-

Zwangseinwirkungen

Staat

die Orientierung

Einwirkung auf

gewerbzweit-

Sie zeichnet sich dadurch aus,

des Unternehmers

Kosten-Nutzen-Kalkulationen

die

nach wie vor durch die

nicht

aufhebt,

an

marktabhängigen

sondern

die

für

Unternehmer wichtigen Kalkulationsdaten künstlich verändert. dieser

Taktik

entsprechenden

Lenkungsinstrumente

schiedenen ökonomischen Ebenen an und sind von Lenkungsintensität misch

und - g e n a u i g k e i t .

ausgerichteten,

konjunkturabhängige durch

die

meinen

Deutsche

klimatischen

globalen Festsetzung

Bundesbank

sind in

ihren mikroökonomischen gezielten

staatlichen

setzen

Die

auf

ver-

unterschiedlicher

Wirtschaftslenkung

wie

des

Lombardsatzes

Diskont-

beeinflussen allen

Wirkungen

Einfluß

auf

und

lediglich

etwa die

diffus bestimmte

.

Als

und

Instru-

Gruppen

Das unterscheidet sie von den beliebtesten

die

allge-

Wirtschaftens

Unternehmern oder g a r einzelne Unternehmer auszuüben, eignen sich nicht.

den

Maßnahmen der makroökono-

Rahmenbedingungen

ment,

daß

von sie

Instrumen-

ten

der deutschen Wirtschaftslenkungspolitik, den Lenkungssteu27 28 ern , Lenkungs-Sonderabgaben und lenkenden A b g a b e v e r g ü n s t i 25

Rinck (Fn. 2 ) ,

26

Vgl. Starbatty, Erfolgskontrolle der Globalsteuerung, 1976, S. 36 f f . ; Tettinger ( F n . 4 ) , S. 211.; Stober ( F n . 8 ) , Rn. 447 f f .

27

BVerfGE 16, 147 (160 f . ) ; 19, 101 (114); 19, 119 (125); 21, 160 (169); 30, 250 (264); 38, 61 (79 f f . ) ; Seltner, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1971, S. 59 f f . , 110 ff.

28

BVerfGE 57, 139 (167); Richter, Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben, 1977, S. 55 f f . ; Schröder, DÖV 1983, 667 (Fortsetzung Fußnote)

S. 126 f f .

m.w.Nachw.

Paul Henseler

212

gungen 29 einerseits und den Subventionen andererseits. abgaben, bindet,

lenkende Abgabevergünstigungen und Subventionen verdaß sie statt mit Befehl, Kontrolle und Vollstreckungsdro-

hung das unternehmerische Verhalten zen,

Lenkungs-

mit

wirtschaftlichen

Anrei-

Vorzügen und Vergünstigungen zu beeinflussen suchen.

Unternehmer wird bei einem von der politischen Führung meinnützig

definierten

Aussicht gestellt,

Verhalten

ein

wirtschaftlicher

Dem

als ge-

Vorteil

in

den er um den Preis des plankonformen Verhal-

tens in Anspruch nehmen,

aber auch ausschlagen kann.

Der mit

weicher Hand regierende Lenkungsstaat macht sich und die Erfüllung seiner am Gemeinwohl ausgerichteten

Ordnungsziele

insofern

von der Mitwirkungsbereitschaft der Unternehmer abhängig. Um sie für sich zu gewinnen,

muß er die betriebswirtschaftlichen

lationsdaten so manipulieren, delnde

Unternehmer

sein

Kalku-

daß der ökonomisch vernünftig han-

Verhalten

im

eigenen

wirtschaftlichen

Interesse auf die gemeinnützigen Erfolgsziele des Staates ausrichtet. Die abgaberechtlichen Lenkungsinstrumente erzeugen den nötigen ökonomischen Verhaltensdruck, indem sie die als Kosten in die betriebswirtschaftliche Kalkulation eingehende Abgabelast des einzelnen Unternehmers proportional zur Gemeinnützigkeit bzw. mangelnden Gemeinschädlichkeit des unternehmerischen Verhaltens r e 30 duzieren

.

Bei

steht dagegen belastung,

der Verhaltensbeeinflussung

nicht

die Variation

durch

der staatlichen

Subventionen Unternehmens-

sondern die verhaltensabhängige Bereicherung des Un-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) (670); P. Kirchhof, Jura 1983, 505 (517); Henseler, Begriffsmerkmale und Legitimation von Sonderabgaben, 1984, S. 68 f f . , 111 f f . m.w. Nachw. 29

Selmer (Fn. 27), S. 130 f f . , 175 f f . ; E.R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl. 1953, Bd. I I , S. 258; Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 14 f f . ; Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 380 f.

30

Paradigmatisch insoweit die Regelungen der Abwasserabgabengesetze, dazu Henseler, Das Recht der Abwasserbeseitigung, 1983, S. 178 f f . ; ders. (Fn. 28), S. 116 ff.

213

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

ternehmers im Zentrum. bot,

dem Unternehmer

Der Subventionsgeber lockt mit dem Angefür den

Fall eines bestimmten

Verhaltens

einen Geldbetrag oder eine geldwerte Leistung zuzuwenden, ohne 31 selbst eine marktmäßige Gegenleistung zu verlangen . Von einer möglichen Belastung verschont zu werden und eine staatliche

Zu-

wendung zu erhalten, kann zwar für den Unternehmer im wirt32 schaftlichen Ergebnis auf dasselbe hinauslaufen . Dennoch stehen das Fördern durch Verschonen und die fördernde Leistungssubven33

tion nicht auf einer Stufe

Der entscheidende Unterschied besteht für den Begünstigten in der unterschiedlichen Distanz zu dem Staatsorgan, Handhabung

det.

Das Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nötigt

den Gesetzgeber,

des

Lenkungsinstrumentes

die tatbestandlichen

Bemessungsgrundlage etwaiger

jeweiligen

das über die kon-

krete

einer

Voraussetzungen sowie die

Steuer einschließlich

Steuervergünstigungen

entschei-

Art

und Ausmaß 34 festzulegen

abstrakt-generell 35 . Damit ist für das Abga-

Entsprechendes gilt für Sonderabgaben 31

Meinhold, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften 10 (1959), 236' (239); umfassend zum nach wie vor umstrittenen Subventionsbegriff Bleckmann, Subventionsrecht, 1978, S. 9 f f . ; ders. , Verh. des 55. DJT (1984), Bd. I , D 8 f f . sowie aus dem älteren Schrifttum insbes. H.P. Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, 1956, S. 6 f f . ; Götz (Fn. 29), S. 13 f f . ; Stern, JZ 1960, 518 (519 f . ) .

32

Badura, WiVerw 1978, 137; Jarass (Fn. 1), S. 192.

33

Zuleeg, Ipsen, Badura VVDStRL

34

Vgl. BVerfGE 19, 253 (267); 34, 318 (365); 49, 343 (362); Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S. 155 f f . ; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, 11. A u f l . , § 3 Tz. 28; ansatzweise krit. Brinkmann, Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und formeller Gesetzesbegriff, 1982, S. 6 f f . , 9 f f .

35

Zur Geltung des Bestimmtheitsgebotes bei Sonderabgaben näher Meßerschmidt, Rechtsfragen der Erhebung von Umweltabgaben, 1986, 2. Teil, E . I I . 4 .

Die Rechtsform der Subventionen, 1965, S. 16; H. P . VVDStRL 25 (1966), 256 (286); Götz (Fn. 29), S. 16; und Jarass (beide wie Fn. 32); a.A. Zacher, 25 (1966), 304 (317); Kirchhof (Fn. 9), S. 380 f .

214

Paul Henseler

benrecht ausgeschlossen, was die Subventionierung regelmäßig verlangt: die Begründung eines konkret-individuellen Rechtsverhältnisses zwischen begünstigendem Verwaltungsträger und begünstigtem Unternehmer, innerhalb dessen Zweck und Konditionen der Begünstigung sowie die behördliche Kontrolle über den Subventionsempfänger den Besonderheiten des Einzelfalles angepaßt wer36 den können

.

Subventionen dürfen nur aufgrund eines

tionsverhältnisses

ausgezahlt

werden.

Soweit

tungsakt oder Vertrag begründet wird,

es

durch

SubvenVerwal-

ermöglicht es staatlichen

Exekutivorganen eine flexible Feinsteuerung

des

Leistungsempfän-

gers mit beträchtlichen Ingerenzen in Organisation und Geschäftsgebaren

des Unternehmers.

ein Sonderverhältnis

Die Subventionierung gerät

zur Unternehmerfreiheit,

damit in

das sie von

anderen Formen der staatlichen Wirtschaftslenkung abhebt. Sonderverhältnis näher auszuleuchten und in seinen schen Strukturmerkmalen zu erfassen,

allen Dieses

charakteristi-

will ich im folgenden ver-

suchen. B.

Subventionierung und Unternehmerfreiheit

I.

Die Bedeutung der Staatssubvention subventionierten Unternehmers

1.

Unternehmerfreiheit und unternehmensbezogene Leitungsgewalt

Auch insoweit ist es wichtig,

für

die

Freiheit

zunächst den Begriff, hier also den

Begriff der Unternehmerfreiheit,

abzuklären.

Unternehmerfreiheit

ist ein komplexer,

grundrechtsübergreifender Sammelbegriff,

seinen

spezifischen

Aussagegehalt

einer

Mehrzahl

winnt

37

.

von

des

erst

durch

bereichsbegrenzten

die

der

Zusammenschau

Freiheitsgarantien

ge-

Die Unternehmerfreiheit splittet sich insbesondere auf in

die Freiheit, 36 Im Ansatz ähnl. Götz, Badura und Jarass (wie Fn. 33). 37

Badura (Fn. 2 ) , S. 275; Dürig, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG, Art. 2 Abs. 1 Rn. 46, 48 ff.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

215

a ) ein Unternehmen zu gründen und zum Zwecke der 38 keit zu führen ,

Erwerbstätig-

b)

über

den

ökonomischen

Einsatz

und

die

gewerbliche

Nutzung

der das Unternehmen bildenden Personen-, Sach- und Rechtsge39 samtheit eigenverantwortlich zu verfügen und c ) sich in einen ungestörten Wettbewerb mit Dritten zu begeben

40 41

Grundrechtlich abgedeckt

werden diese Freiheiten in erster

durch die Art.

1,

12 Abs.

wendungsbereichen Der

Begriff

der

insoweit

Linie

14 Abs. 1 GG, die sich in ihren Angegenseitig 42

Unternehmerfreiheit

überlagern erfaßt

und

dabei

ergänzen.

nicht

die

ob-

jektiv-institutionelle Bedeutung des Art. tie

einer

thematisch

marktgeprägten lim

die

14 43 Abs. 1 GG als GaranWirtschaftsordnung , sondern es geht

subjektiv-individuelle

Schutzfunktion

der

Art.

38

BVerfGE 50, 290 (363); Badura (Fn. VVOStRL 35 (1977), 55 (57).

39

Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 f f . ; R. Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974, S. 77 f f . ; Badura, JuS 1976, 205 (211); Friauf/Wendt, Eigentum an Unternehmen, 1977, S. 45 f f .

40

BVerfGE 50, 290 (366); BVerwG, DVB1. 1982, 692 (694); NJW 1985, 2774 (2775); OVG Münster, NVwZ 1984, 522 (524); Dürig (Fn. 37), Rn. 48; von Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, Bd. I , 3. A u f l . 1985, Art. 2 Abs. 1 Rn. 99.

41

Art. 2 Abs. 1 GG deckt die Freiheit tigung nur ab, soweit die Art. 12, sind. Ebenso BVerfGE 50, 290 (362); f f . ; Rüfner, DVB1. 1976, 689 (690); a . A . Ipsen (Fn. 33), S. 302.

42

Unternehmer und damit Träger der Unternehmergrundrechte ist "die juristisch verfaßte Willenseinheit, die von Rechts wegen die bestimmenden Entscheidungen für das Unternehmen t r i f f t " (Papier, Fn. 38, S. 58). Der Terminus Unternehmensfreiheit (so Huber, DÖV 1956, 135; Dürig, Fn. 37, Rn. 46) ist insofern unkorrekt.

43

I .d.S. Leisner, DÖV 1975, 73 (76 f . ) ; Friauf, DÖV 1976, 624 (626 f . ) ; Badura (Fn. 39), S. 210; einschränkend dagegen BVerfGE 50, 290 (344).

2),

S.

278; Papier,

unternehmerischer Betä14 GG nicht einschlägig Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 Badura (Fn. 2 ) , S. 275;

Paul

216

12

44 14 GG .

und

Staates

in

Subvention nierten,

die der

angestrebte

wird

durch

Hinsicht

Konkurrent

zu

Subventionstätigkeit Zum einen

Lasten

des

verzerrt

Nichtsubventio-

Begünstigten in seiner Wettbe45 wird . Zum anderen tangiert die

Lenkungswirkung

der

Subvention

die

Freiheit

und46selbstverantwortlichen Organisation des Unternehmens

autonomen

resultiert

daraus,

Subventionsempfänger

sowie

Markt a l s ökonomisches treibt. dem

Rie

des

von

des

Staates,

der Staat

das

System

Betroffenheit

Bemühen

Verhalten

daß

Ausmaß

reguliert, Begünstigten

über

die

Wirtschaftssubjekten

also Verhaltenslenkung zu betreiben. -Wirtschaftslenkung ren

Auswirkungen

als auf

der

die

Marktlenkung

erwächst

Subvention

dagegen

das

Verhältnis

zueinander

Subvention

beaus

persönliche

beeinflussen, 47 Wenn man - wie geschehen definiert

Unternehmerfreiheit und

der den

zu

und nach

fragt,

sich der thematische Ansatz damit auf die F r a g e s t e l l u n g , chem

Beund

Konkur-

Auswahl

Begünstigung

also

zielgerichtet

Verhaltenslenkung die

durch

des

Leitung

Die grundrechtliche Betroffenheit des nichtsubventionierten renten

des jede

des

beeinträchtigt

zur

die

berührt.

Marktverhältnisse als

werbsfähigkeit günstigten

Sie

zweifacher

Henseler

Leitungsgewalt

des

ih-

reduziert in w e l -

Unternehmers

stehen.

44

V g l . zur Terminologie Friauf/Wendt ( F n . 39), S. 45, 66.

45

Dazu BVerwGE 30, 191 (198); 48, 211 (223); 60, 154 (159 f.); OVG Münster, NVwZ 1984, 522 (524 f . ) ; Götz ( F n . 29), S. 264 f f . , 272 f f . ; Rüfner, Formen ö f f e n t l i c h e r Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967, S. 209; Friauf, DVB1. 1971, 674 (680); Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenk l a g e , 1974, passim; Haverkate, Rechtsfragen des Leistungsstaates, 1983, S. 161 f f .

46

Vgl. Haverkate ( F n . 45), S. 145 f f . , 153 f f . ; Friauf, Verh. des 55. DJT 1984, Bd. I I , M 8 (M 20). - Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen, 1979, S. 55 Fn. 11 und von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977, S. 279, stellen die Relevanz der Subvention f ü r die Freiheit des Begünstigten dagegen - zu Unrecht - a p r i o r i in Abrede.

47

S.o. A .

I.

217

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

Leitungsgewalt meint dabei die in den Art. 12, 14 GG abgesicherte Freiheit

eines

Unternehmensträgers,

selbstverantwortlich zu entscheiden, bund von Personen, Würdigung

der

Sachen und

jeweiligen

Wettbewerb eingestellt mensträger zu, die

in

privater

Initiative

und

wie das Unternehmen als VerRechten

Marktchancen

werden soll^®.

organisiert und

und unter

-risiken

Sie steht jedem

auf

den

Unterneh-

unabhängig davon, ob er sie selbst oder nur über

Einflußnahme

auf

bestellte

Unternehmensführer

ausüben

kann^.

2.

Wirkungsspezifika der Art. 12, 14 GG im Subventionsrecht

Die Wirkung der Subventionierung ambivalent.

auf die Unternehmerfreiheit

ist

Subventionen

sind in erster Linie ein Mittel der 50 staatlichen Wirtschaftsförderung . Sie erleichtern dem Unterneh-

mer die Verwirklichung seiner Marktvorhaben und begünstigen sofern die Entfaltung seiner unternehmerischen

in-

Freiheit.

Andererseits duldet die Rechtsordnung keine zweckfreien oder ziellosen Subventionen. Subventionen werden vielmehr stets in Erwartung eines bestimmten Verhaltens des Leistungsempfängers angeboten, auf das die Subventionsbedingungen zugeschnitten 51 sind

.

Die Konditionen,

an die ein Subventionsgeber

die Lei-

stungsvergabe knüpft,

um den Empfänger zu dem erhofften Ver-

halten zu veranlassen,

beschneiden immer auch ein Stück weit die

48

Scheuner (Fn. 7 ) , S. 49 f . ; Papier (Fn. 38), S. 82 ff.

49

Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und GG, 1972, S. 217 f f . ; Friauf/Wendt (Fn. 39), S. 55 f f . ; Rupp, Grundgesetz und Wirtschaftsverfassung, 1974, S. 33 f . ; a.A. Stein (Fn. 12), S. 41 f f . ; Suhr, Eigentumsinstitut und Aktieneigentum, 1966, S. 81 ff.

50

Scheuner (Fn. 2 ) , S. 40; Badura, WiVerw 1978, 137 (139); Jarass (Fn. 1), S. 120, 190 f f .

51

Ipsen (Fn. 31), S. 56; Eppe, Subventionen und staatliche Geschenke, 1966, S. 125 f f . ; Vogel, in: Festschrift für H.P. Ipsen, 1977, S. 539 (551 f . ) .

Paul Henseler

218

52 Autonomie des geförderten Unternehmers stehen

Subventionen

deshalb

im

.

Aus seiner Perspektive

Zwielicht,

sind

Förderung

und

mögliche Gefährdung seiner Freiheit zugleich. Der Schutz der ventionierung Stern.

Die

Unternehmerfreiheit

steht

in

jeder

Subventionierung

staatlichen Wirkens,

gegen

Beziehung ist

eine

die

Gefahren der

unter

einem

Sub-

besonderen

eigentümliche

Form

des

die sich weder mit dem Gegensatz von Ein-

greifen und Leisten noch mit den

darauf zugeschnittenen

sungs53

und verwaltungsrechtlichen

läßt

Die Art. 12 und 14 GG gewähren dem Subventionsempfänger

.

Ordnungsmechanismen

verfaserfassen

nur dann einen effektiven Schutz seiner Unternehmerfreiheit,

wenn

sie den Sonderheiten der Materie angepaßt und nicht nur als Abwehr- und Teilhaberechte 54 aktiviert werden, sondern vor allem als

grundrechtliche

Wertvorgaben

das

Verständnis

der 55 tionsrelevanten Rechtsinstitute maßgeblich beeinflussen .

subvenInsofern

entfaltet die Unternehmerfreiheit ihre Schutzfunktion in erster nie dadurch,

daß sie bei der

von Subventionsverhältnissen, rechtlichen

Sanktionensystems,

botes und nicht zuletzt forderungstatbeständen

Li-

Bestimmung der materiellen Natur der Ausgestaltung des subventionsder Handhabung

der Auslegung

des Obermaßver-

von Widerrufs- und Rück-

entscheidungserheblich

zur

Geltung

ge-

bracht wird.

52

Zacher, 64.

53

Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 442 f . ; Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973, S. 6; Haverkate (Fn. 45), S. 161, 174.

54

Dazu Ipsen (Fn. 33), 267 f f . ; Haverkate (Fn. 45), S. 169; Friauf (Fn. 46), 8 M 20.

55

Zum Verständnis der Grundrechte als Elemente einer objektiven Wertordnung v g l . statt aller Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 15. Aufl. 1985, S. 118 f f . ; Alexy, Theorie der Grundrechte, 1985, S. 122 f f .

VVDStRL 25 (1966),

308 (344);

Henke (Fn. 46), S.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

219

II.

Das Subventionsverhältnis als zentraler Ordnungsfaktor Subventionsrechts

1.

Arten von Subventionsverhältnissen

Um Mißverständnissen vorzubeugen, halten werden,

des

muß allerdings zuerst festge-

daß nicht jede Subvention die Unternehmerfreiheit

des Begünstigten berührt oder gar in Frage stellt.

Ob und ggf.

welche Einschränkungen seiner Leitungsgewalt ein subventionierter Unternehmer wirklich hinnehmen muß,

hängt entscheidend von der

Art des Subventionsverhältnisses

das ihn im konkreten

ab,

Fall

mit dem Subventionsgeber verbindet.

Subventionsverhältnisse sind 56 ihrer Struktur nach Schuldverhältnisse . Zu ihren notwendigen Bestandteilen

Gewalt,

zählt

die

Verpflichtung

eines

Trägers

öffentlicher

eines bestimmten57 Verhaltens Geld oder eine geldwerte Leistung zukommen zu lassen . Dagegen gehört keineswegs zu den unabdingbaren Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Subventionsverhältnisses, daß sich der Leistungsempfänger seinerseits zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet oder einer Bindung seines zukünftigen Verhaltens unter58 wirft

einem Dritten für den Fall

.

Insofern lassen sich einseitig und zweiseitig verhaltens-

bindende Subventionsverhältnisse a)

unterscheiden.

Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse

Einseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse zeichnen sich dadurch aus,

daß sich der Subventionsgeber zu einer Leistung an

den Subventionsempfänger verpflichtet, ohne diesem die Zusage e i nes bestimmten künftigen Verhaltens abzufordern 59 . Ohne eine sol56

Zacher (Fn. 52), S. 326; Henke (Fn. 46), S. 8 f f .

57

Zu den Leistungspflichten des Subventionsgebers umfassend Schetting (Fn. 53), S. 24 f f . , 108 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 224 ff.

58

Haverkate (Fn. 45), S. 147.

59

Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 328; Schetting (Fn. 53), S. 130 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 243 f .

220

che

Paul Henseler

Zusage

bleibt

ein

schaftlichen Verhalten

geförderter frei,

tungsgewalt a priori ausscheiden. Staat

auf

diese

ebenso

Weise verspricht,

Unternehmer

so daß

in

seinem

Beschränkungen

Typische Leistungen,

lenkungsschwache

wie

wirt-

seiner

Lei-

die der

freiheitsschonende

sind z.B. nachträglich ausgezahlte Prämien für 60

die Stillegung

von Betrieben

oder Handelsschiffen

sowie Garan-

tien, die der Staat einem Unternehmer etwa zur Deckung bestimm61 ter Risiken von Exportgeschäften gewährt

b)

Zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnisse

Dagegen zeichnen

sich zweiseitig

verhältnisse dadurch aus,

verhaltensbindende

Subventions-

daß der Leistungspflicht

des Subven-

tionsgebers die selbstbindende Zusage des Begünstigten gegenübersteht,

sich künftig - in der Regel nach Erhalt der Subvention -

in einer bestimmten, zu verhalten.

Die

für die Unternehmensleitung relevanten Weise Begründung

solcher

Rechtsverhältnisse

den Kern der Lenkung durch Subventionen, zwei Etappen abläuft.

in

Durch das Angebot, ihm für bestimmte Vor-

haben Finanzierungserleichterungen

zu verschaffen,

Subventionsgeber den Unternehmer zunächst,

motiviert

Subventionsverhältnis einmal begründet,

der

sich auf ein zweisei-

tig verhaltensbindendes Subventionsverhältnis einzulassen. ber,

bildet

die typischerweise

Ist das

lenkt der Subventionsge-

indem er den Unternehmer unter Druck setzt, 62

die gegebenen

Zusagen tatsächlich einzuhalten

60

Vgl. §§ 13, 16 des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlebergbau vom 29.7.1963 (BGBl. I S. 549); Abschnitt I I I . der Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 17.5.1965 (BAnz. Nr. 94 vom 20.5. 1965).

61

Näheres bei Schetting (Fn. 46), S. 250.

62

Ähnl. Kirchhof (Fn. 9), S. 390: "Der Subventionsanreiz bestimmt die individuelle Willensbildung, die Subventionsvergabe die weitere Willensbetätigung.".

53),

S. 45 f f . , 250; Henke (Fn.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

2.

221

Begründungsformen von Subventionsverhältnissen

Wie ein Subventionsverhältnis dieser Art zustande gebracht werden soll,

ist nach wie vor umstritten.

deutig

die

der in

sog.

Subventionsvergabe

In der Praxis überwiegt ein-

durch

Zuwendungsbescheid,

einen

Nebenbestimmungen

und Auflagen die Verhaltensbin63 düngen des Subventionsempfängers umschreibt . Dagegen fordern 64 Stimmen in der Literatur seit Jahren eine verstärkte Umstellung der Vergabe auf die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Ver-

trages.

Unsere Fragestellung wird durch den ansonsten wichtigen

Streit eher zweitrangig betroffen.

Für die Intensität der Lenkung

wie für den Schutz der Unternehmerfreiheit kommt es entscheidend darauf

an,

welche

Verhaltenszusagen

Unternehmer abfordern

und wie er die

bindungen durchsetzen kann. materielle Antwort,

der

Subventionsgeber

eingegangenen

dem

Verhaltens-

Diese materielle Frage erfordert eine

die sich unabhängig davon durchsetzen muß,

in welcher Form das Subventionsverhältnis jeweils begründet wird. Thesenhaft formuliert darf nicht die Handlungsform über den Ausgleich

von

hältnis

Lenkungs-

entscheiden,

und die

Freiheitsinteressen Konfliktlösung

im

Subventionsver-

muß vielmehr

aus

dem

materiellen Recht sowie der65Interessenstruktur der Subventionsverhältnisse entwickelt werden

63

Vgl. insbes. Nr. 4.1, 5.1 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO, abgedr. bei Krämer, Zuwendungsrecht - Zuwendungspraxis, Losebl., Stand 1985, A I I 3.3.

64

Renck, JuS 1971, 77 (82 f . ) ; Henke (Fn. 46), S. 20 f f . ; ders., DVB1. 1984, 845 f f . ; Menger, VerwArch 69 (1978), 93 ff.; ders., in: Festschrift für W. Ernst, 1980, S. 301 (304 ff.); Stober, DÖV 1984, 265 (270). - Für eine Beibehaltung der VA-Lösung plädieren dagegen Zuleeg, in: Festschrift für L. Fröhler, S. 275 (291 f f . ) ; Weides, NJW 1981, 841 (844). Umfassend zum Streitstand EhlerB, VerwArch 74 (1983), 112 ff.

65

Im Ergebnis ebenso Zacher (Fn. 52), S. 325; Ipsen (Fn. 33), S. 281; Friauf (Fn. 46), M 18.

wohl auch

222

3.

Paul Henseler

Normative und ersatznormative Vorordnung der Vergabekonditionen

Nach eindeutigen gesetzlichen Grundlagen, und

zulässigen

empfängers

Inhalte

Auskunft

rechtsstaatlich

von

55.

zugunsten

sucht

bedenklichen

Deutschen

stärkeren

genommen

man

Ordnungsdefizite

zum

Anlaß

normativen 67 . Die

worden

tionsrecht stärker zu v e r g e s e t z l i c h e n , stimmung.

des

zumeist

Daß diese Forderungen

für

eine

Subventions-

vergebens. des

66

tiefgründig analysiert

Juristentag

einer

tionswesens

Verhaltenszusagen

geben,

rechts sind v i e l b e k l a g t ,

die über die möglichen

und zuletzt vom erneute

Offensive

Durchdringung

des

Subven-

Forderungen,

das

Subven-

verdienen im Grundsatz

aus der Sicht

der

allerdings

zugleich

zu 68einer

zung ihrer Erfolgsaussichten d e n f a l l s nach wie vor

.

eher

pessimistischen

von

nö-

Einschät-

In der Rechtspraxis dominiert

die Vorordnung

Zu-

Wissenschaft

seit mehr als 30 Jahren tendenziell e r f o l g l o s erhoben werden, tigt

Die

Subventions-

je-

Subventionsbeziehungen

in einer Unzahl normersetzender Verwaltungsvorschriften,

die sich

auf unterschiedlichen Regelungsebenen durchdringen, überlagern, g e g e n s e i t i g s p e z i f i z i e r e n oder einfach nur unkoordiniert nebenein69 ander stehen zu,

sich

.

Die unüberschaubare R e g e l u n g s v i e l f a l t zwingt

im Rahmen

unserer

Fragestellung

auf

typische

da-

Interes-

66

Aus dem unübersehbaren Schrifttum seien s t e l l v . erwähnt Krüger, VVDStRL 11 (1954), 137 (138); Ipsen (Fn 31), S. 33 ff.; Götz (Fn. 29), S. 281 f f . ; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 244 f f . ; Schenke, Der Staat 15 (1976), 533 f f . ; Grosser, Die Spannungslage z w i schen Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit bei der Vergabe von staatlichen Wirtschaftssubventionen, 1983, S. 56 f f . ; Bauer, DÖV 1983, 53 f f . ; Jarass, NVwZ 1984, 473 f f .

67

Verh. d. 55. DJT 1984, Bd. I I , M 199 f f . ; v g l . auch die d i f f e r e n z i e r t e n Stellungnahmen von Bleckmann, e b d a . , Bd. I , D 71 f f . und Friauf, e b d a . , Bd. I I , M 13 f f .

68

Ipsen ( F n .

69

Vgl. die Übersichten bei Schetting ( F n . 53), S. X I I I f f . ; Henke ( F n . 46), S. 421 f f . ; Krämer ( F n . 63), passim; aus dem jüngeren Schrittum Oldiges, NJW 1984, 1927 f f . und Krebs, ZRP 1984, 224 f f .

13), S. 7; Friauf

( F n . 67), M 14.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

223

senlagen und darauf zugeschnittene Verhaltensbindungen zu beschränken. Welche Zusagen der Subventionsgeber dem Subventionsempfänger abfordern darf, hängt maßgeblich davon ab, wie man das zweiseitig verhaltensbindende Subventionsverhältnis materiell einstuft. Dafür ist wiederum vorentscheidend, welche Ziele und Zwecke der Subventionsgeber verfolgt.

III.

Die Struktur des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses

Die Wirtschaftssubvention ist eingebettet in ein mehrstufiges Zielsystem des Subventionsgebers 70 . Er will regelmäßig ein komplexes 71 gesamtwirtschaftliches Ordnungsziel dadurch erreichen, daß er eine Vielzahl von Unternehmern veranlaßt, in ihrem Betrieb für bestimmte Veränderungen zu sorgen. Das Ziel, die Arbeitsmarktstruktur einer bestimmten Region zu verbessern, verwirklicht sich etwa nur durch eine Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze in einer möglichst großen Zahl von Einzelbetrieben. Ebenso kann eine Sanierung der deutschen Stahlindustrie nur gelingen, wenn möglichst viele Einzelunternehmen ihren Betrieb verändern, indem sie etwa die Produktion drosseln oder die Produktpalette umstellen. Die Veränderungen auf der Ebene des Einzelbetriebes zu erreichen, die zur Verwirklichung des gesamtwirtschaftlichen Ordnungszieles beitragen können (z.B. die Schaffung von Arbeitsplätzen im Betrieb X oder die Produktionsbegrenzung im Stahlbetrieb Y), nenne 70

Kreussler, Der allgemeine Gleichheitssatz als Schranke für den Subventionsgeber unter besonderer Berücksichtigung von wirtschaftspolitischen Differenzierungszielen, 1972, S. 24 f f . ; Haverkate (Fn. 45), S. 176 f f . ; vgl auch Charbonnier, Öffentliche Wirtschaftsförderung, Diss. Hamburg 1970, S. 74 ff.

71

Ähnl. Kreussler, wie Fn. 70. - In der Literatur wird dieses Ziel z.T. auch bezeichnet als "Endzweck", (Möller, Kommunale Wirtschaftsförderung, 1963, S. 32, 38; Rüfner, Fn. 45, S. 206; Schetting, Fn. 53, S. 8), "Sekundärzweck", (Höller, wie vor; Haverkate, Fn. 45, S. 176 f . ) , "Erfolgszweck" (Haverkate, ebda.; Friauf, Fn. 46, M 22) und "entfernterer Zweck" (Vogel, Fn. 51, S. 545).

224

Paul Henseler

Ich das mikrooökonomische Erfolgsziel des Subventionsgebers 72 . Um den Unternehmer zur Verwirklichung dieses Zieles zu veranlassen, setzt er die Subvention ein. Sie soll den Unternehmer motivieren, das mikroökonomische Ziel des Subventionsgebers zu seinem eigenen zu machen und für die gewünschten Veränderungen in seinem Betrieb zu sorgen. Der Kern des zweiseitig verhaltensbindenden Subventionsverhältnisses besteht darin, daß sich Subventionsgeber und Subventionsnehmer gegenseitig versprechen: erstens ein bestimmtes, im beiderseitigen Interesse liegendes Ziel auf der Unternehmensebene verwirklichen zu wollen und zweitens im Interesse der Zielverwirklichung Leistungen zu erbringen. Der Unternehmer sagt zu, die zur Zielverwirklichung erforderlichen Handlungen vorzunehmen, der Subventionsgeber verspricht, dem Unternehmer bei der Finanzierung der im Interesse der Zielverwirklichung erforderlichen Maßnahmen behilflich zu sein. Die zielfördernden Leistungen der Beteiligten stehen nicht - wie in der Literatur z.T. behauptet 73 wird - in einem Austauschverhältnis zueinander, sind aber 74 ebensowenig - auch das wird vertreten - eine öffentlich-rechtliche Variante des zivilrechtlichen Gesellschafterbeitrages. Die Zielverwirklichung wird mit dem Zustandekommen des Subventionsverhältnisses nicht zu einer Gemeinschaftsaufgabe von Subventionsgeber und Unternehmer 75 , dieser weder zur Erfüllung öffentlicher 72

Ähnl. Kreussler, wie Fn. 70; dagegen reden die übrigen in Fn. 71 genannten Autoren insoweit vom "Primärzweck" (Möller, Rüfner, Schetting), "Verhaltenszweck" (Haverkate, Friauf) oder "angestrebten Verhalten" (Vogel).

73

So aber Henke (Fn. 46), S. 31 f f . , 33, 35; dagegen Zacher (Fn. 52), S. 320; Charbonnier (Fn. 70), S. 78; Schetting (Fn. 53), S. 11.

74

A.A. Krüger, Von der Notwendigkeit einer freien und auf lange Sicht angelegten Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft, 1966, S. 21 f . ; d e r s . , Das wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, 1974, S. 14, 40 f . ; Schetting (Fn. 53), S. 11; wie hier Henke (Fn. 46), S. 31 f .

75

I.d.S.

Krüger, Das wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhält(Fortsetzung Fußnote)

225

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

Aufgaben in Pflicht genommen zum Werkzeug Beitrag

des

staatlicher

76

,

in Funktion gesetzt

noch gar 78 umfunktioniert . Der

Aufgabenträger

Subventionsgebers

77

beschränkt

sich

vielmehr

darauf,

dem Unternehmer wirtschaftliche Hilfestellung für die Durchführung eines privatwirtschaftlich dessen

Verwirklichung

motivierten

sich

der

Vorhabens

zu geben,

von

Subventionsgeber zugleich eine 79 . Der subventionierte

Befriedigung öffentlicher Interessen erhofft Unternehmer bleibt

dagegen

sowohl Herr seines Unternehmens als

auch alleiniger Träger und Prinzipal der betrieblichen Maßnahmen, die im Ergebnis das mikroökonomische Ziel verwirklichen 80

IV.

Die haushaltsrechtlichen Wurzeln von Freiheitsbeschränkungen des Subventionsempfängers

1.

Auf den Subventionsgeber einwirkende LegitimationsEwänge

Die Verhaltensbindungen,

denen sich ein subventionsbereiter Un-

ternehmer in der Praxis unterwerfen muß,

konzentrieren sich

lerdings nicht nur auf die Verwirklichung

des mikroökonomischen

Erfolgszieles seines Förderers.

al-

Vielmehr sind auch Bindungen an-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) nis, S. 14, 40 f. 76

So aber Eppe (Fn. 51), S. 62; Zacher (Fn. 52), S. 341 (anders hingegen S. 319, wo der Zweck der Subvention darin gesehen wird, "dem öffentlichen Interesse objektiv kongruente . . . private Interessen . . . zu ermöglichen, zu unterstützen oder wenigstens einzuleiten").

77

Charbonnier (Fn. 70), S. 79.

78

Ansätze in dieser Richtung bei Friauf, DVB1. (737); wie hier Charbonnier (Fn. 70), S. 79.

79

I.d.S. auch Ipsen (Fn. 33), 319; Henke (Fn. 46), S. 31 f .

80

Ähnl. Ullrich, Privatrechtsfragen der Bundesrepublik Deutschland, Bullinger, in: Börner/Bullinger, men Markt, 1978, S. 161 (189 Fn.

S.

1966,

730

279; Zacher (Fn. 52), S.

der Forschungsförderung in 1984, S. 221 f f . , 233 f . ; Subventionen im Gemeinsa66).

226

Paul Henseler

zutreffen,

die ersichtlich nicht

auf eine zielgerichtete

bestehender Betriebszustände oder -ablaufe ausgerichtet

Änderung sind.

das tatsächliche Bindungsspektrum systematisch zu erfassen, man sich die besonderen

Rechtfertigungszwänge

denen jeder Subventionsgeber

Um muß

vergegenwärtigen,

unterliegt.

Der Staat fördert private Untenehmer regelmäßig dadurch,

daß er

ihnen die Finanzierung eines bestimmten Projekts ermöglicht oder 81 erleichtert, um sie auf einen konkreten Erfolg hinzuleiten . Als fiskalischer Steuerungsversuch me einem

doppelten

unterliegt

jede

Rechtfertigungsbedarf.

SubventionsmaßnahZum einen

muß

Subventionsgeber dem Unternehmer gegenüber die angestrebte haltenslenkung

begründen,

meinheit zu erklären,

und zum anderen

hat

er der

warum die Verhaltenslenkung

von Steuermitteln erfolgen soll oder muß.

der Ver-

Allge-

unter Einsatz

In Formeln gefaßt er-

zeugt die intendierte Verhaltenslenkung einen

subjektiv-freiheitli-

chen,

die Verwendung von Steuermitteln einen objektiv-haushalts82 rechtlichen Legitimationsbedarf der Subventionierung . Der objektiv-haushaltsrechtliche

Legitimationsbedarf

wurzelt

letztlich

in

der Begründung für das Recht des Staates,

seine Bürger zwangs83 weise zur Zahlung von Steuern heranzuziehen . Der Staat, der voraussetzungslose

Abgaben

die

notwendiger

Finanzierung

gen® 4 ,

schuldet

der

mit der Begründung erhebt, öffentlicher

zwangsverpflichteten

Aufgaben

zu

Allgemeinheit

sie für benötieine

ge-

81

Dabei tritt der Subventionsgeber entweder selbst als Projektfinanzier auf, indem er dem Unternehmer (bedingt rückzahlbare) Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen gewährt, oder er erleichtert dem Unternehmer durch Zinszuschüsse, Zinsdarlehen oder Bürgschaften die Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt. Vgl. Schetting (Fn. 53), S. 29 f f .

82

Friauf (Fn. 46), M 10 f f . ; Vogel (Fn. 51), S. 551.

83

Vogel (Fn. 51), S. 551 f . Friauf (Fn. 46), M 12, argumentiert hingegen mit dem Gebot der staatsbürgerlichen Lastengleichheit.

84

Zur historischen Entwicklung dieses Steuern rechtfertigenden Gedankens Schulz, Das System und die Prinzipien der Einkünfte im werdenden Staat der Neuzeit, 1982, S. 331 f f .

227

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

meinnützige und effektive Verwendung des Steueraufkommens. Ihren konkreten Niederschlag findet diese Schuld in dem zentralen haushaltsrechtlichen Gebot, schaftlich

Haushalts- und damit Steuermittel "wirt85 sparsam" zu verwalten . Es schließt die Ver-

und

pflichtung aller mittelbewirtschaftenden Stellen ein, Steuergelder 86 nur zur Verwirklichung öffentlicher Zwecke auszugeben und mit dem

geringstmöglichen

Gemeinnutzen zu erzielen

finanziellen 87

Im Subventionswesen verwirklicht

sich das

lichkeits- und Sparsamkeitsgebot aus den typischen tionen ergeben.

durch staatliche Finanzhilfen Risiko

aus,

kurzgesagt, einem

ohne

Fremdschulden Privaten

direkt

setzt Steuergelder Gemeinnutzen

Zuschüsse oder Bürgschaften

oder mittelbar

die sich

durch

privatunternehmerischer

angemessenen

durch

größtmöglichen

allgemeine Wirtschaft-

der Verwaltung

verschwendet zu werden.

Unternehmer

den

in zwei Untergeboten,

Besonderheiten

Die Förderung

Aufwand

SubvenVorhaben

einem besonderen verbraucht

oder,

Der Subventionsgeber,

Darlehen

gewährt

absichert,

oder

verschafft

der

dessen einem

die Verfügungsgewalt über Steuer-

85

§§ 6 Abs. 1 HGrG, 7 Abs. 1 BHO. Die Pflicht der mittelbewirtschaftenden Stellen zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln wirkt zwar auf das Außenverhalten staatlicher Entscheidungsträger ein. Sie kann j e doch von einem entscheidungsbetroffenen Bürger in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, die dem subjektiven Rechtsschutz dienen, nicht geltend gemacht werden. In objektivrechtlichen Verfahren nötigt die Offenheit des Gebotes für politisch-wertende Entscheidungselemente zu einer restriktiven Gerichtskontrolle. Vgl. BayVGH, BayVBl. 1983, 566 f f . ; VGH BW, DÖV 1983, 383 (384); von Mutius, VVDStRL 42 (1984), 147 (207); Friauf (Fn. 46), M 30.

86

Vgl. Mufignug, in: Festschrift für E. Forsthoff, 1972, S. 259 (277 f f . ) ; Henseler (Fn. 28), S. 39.

87

Siedentopf, Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung, 1969, S. 14 f f . ; Reding, Die Effizienz staatlicher Aktivitäten, 1981, S. 26 f f . ; Grupp, DÖV 1983, 661 (662); P. Kirchhof, NVwZ 1983, 505 (515); von Mutius (Fn. 85), S. 177; Friauf, (Fn. 46), M 29 f .

228

Paul Henseler

aufkommen 88 . Zugleich liefert er den gemeinnützigen Ertrag der Verwendung dem Verhalten von Personen a u s , die im Gegensatz zu staatlichen Organen nicht auf die Verfolgung öffentlicher Interessen verpflichtet sind. Wirtschaftliche und sparsame Verwaltung von Haushaltsmittel bedeutet in dieser Lage vorrangig Begrenzung des qualifizierten Verschwendungsrisikos durch eine staatliche Führung und Überwachung des Subventionsempfängers, die in erster Linie auf die Verwirklichung des mikroökonomischen Erfolgszieles ausgerichtet ist und sekundär die fiskalischen Interessen 89 des Staates für den Fall der Zielverfehlung absichert . Neben dem Gebot der zielorientierten Bindung und Kontrolle des Subventionsempfängers steht die Pflicht des Subventionsgebers, dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach Möglichkeit auch durch Vorkehrungen Geltung zu verschaffen, die nicht der zielorientierten Einwirkung auf den Unternehmer dienen. Dazu gehören alle Maßnahmen, die entweder den Finanzaufwand des Staates verringern, der zur Verwirklichung des Zieles erforderlich i s t , oder aber den mit dem Projekt verbundenen Gemeinnutzen über die Zielverwirklichung hinaus vermehren. Kurzgefaßt wird das Zielbindungs- und Überwachungsgebot ergänzt durch das Gebot, die Kosten-Nutzen-Relation der jeweiligen Förderungsmaßnahme nach Kräften zu verbessern. 2.

Typisierender Aufriß der Verhaltensbindungen tionsempfängers

des

Subven-

Beide Gebote bestimmen maßgeblich den Inhalt der Vergabekonditionen des Subventionsgebers und der darin enthaltenen Verhaltensbindungen, denen sich der Subventionsempfänger unterwerfen muß. Unter Berücksichtigung dessen lassen sich für den Regelfall 88

Schetting (Fn. 53), S. 150.

89

Vgl. Schetting (Fn. 53), S. 143 f, 146; Bleckmann (Fn. 67), D 89; ähnl. schon Schlotke, Die hoheitliche Einflußnahme auf die Empfänger öffentlicher Subventionen und ihre rechtlichen Grenzen, 1968, S. 82 f.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

der Projektförderung, 90 vorhaben

,

zwei

unterscheiden, chungsgebot

229

also der Förderung einzelner Unternehmens-

Kategorien

von

lenkenden

Verhaltensbindungen

nämlich solche, die das Zielbindungs- und Überwa-

und solche,

projektbezogenen

die

das Gebot einer

Kosten-Nutzen-Relation

Verbesserung

umsetzen,

erfüllen

der und

absichern®*. a)

Verhaltensbindungen, chungsgebot umsetzen

aa)

Verhaltensbindungen im Interesse der Zielverwirklichung

Den Unternehmer

zu einer

die

das

geordneten

Zielbindungs-

und

Zielverwirklichung

Überwa-

anzulei-

ten, bezwecken die Eigenbeteiligung, die Bindung der Finanzhilfen an konkrete Verwendungszwecke und die Zweckbindung von Zuwendungssurrogaten . Von Ausnahmen abgesehen,

fördert der Staat private Projekte nur,

wenn der Unternehmer sich selbst angemessen an der Finanzierung 92 des jeweiligen Vorhabens beteiligt . Die Eigenbeteiligung soll gewährleisten,

daß

der Subventionsempfänger

einen Teil

des f i -

nanziellen Projektrisikos trägt, selbst etwas zu verlieren hat, und dadurch motiviert wird, aus eigenem Antrieb auf den Projekterfolg hinzuarbeiten 93 90

Vgl. Anl. 2 zu den Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO (Fn. 63); G. Kirchhoff, Subventionen als Instrument der Lenkung und Koordinierung, 1973, S. 45.

91

Üblicherweise werden die Bindungen des Subventionsempfängers in Haupt- und Nebenpflichten unterschieden (vgl. Henke, Fn. 46, S. 239 f f . ; Schetting, Fn. 53, S. 129 f f . ) . Die Unterscheidung ist im hier eröffneten Zusammenhang insbes. deshalb nicht weiterführend, weil sie keinen Zusammenhang mit der materiellen Rechtfertigung der jeweiligen Bindung erkennen läßt.

92

Vgl. Nr. 2.2/2.3 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63). Weitere Beispiele bei Schetting (Fn. 53), S. 21 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 258 f f .

93

Henke (Fn. 46), S. 259; Ullrich (Fn. 80), S. 221 f . , 233; Kirchhoff (Fn. 90), S. 89.

230

Paul Henseler

Eine Wirtschaftssubvention erfüllt ihren Sinn nur, ternehmer die maßnahmen

ihm zugewandten

investiert.

muß deshalb

wenn der Un-

Mittel in projektfordernde

Jeder

Bewilligungsbescheid

Einzel-

oder

Vertrag

dem Subventionsempfänger Anweisung geben,

welche

Maßnahmen er mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln finanmit anderen Worten, die Finanzhilfe an konkrete 94 Verwendungszwecke binden . Die Präzision der Anweisungen zieren soll oder,

schwankt in der Praxis erheblich. auf

globale

Zweckvorgaben

Während manche Bescheide sich

beschränken

( z . B . : 95 Die Zuwendung , binden ande-

wird für den Ausbau des Betriebes in X gewährt) re

den Unternehmer

tionspläne,

an

spezifizierte

Finanzierungs-

die im einzelnen festlegen,

welcher Zuwendungsbetrag

und

Investi-

bis zu welchem Zeitpunkt

für welche Teilinvestitionen

ausgegeben

werden soll*'®. Das mikroökonomische licht

sich meist

der Zuwendung,

Erfolgsziel

nicht

schon

des

Subventionsgebers

durch die

zieldienliche

verwirkInvestition

sondern erst durch zeitlich nachfolgende Verhal-

tensweisen des Unternehmers. So fördert eine Finanzhilfe für den 97 Bau eines Handelsschiffes nur dann die deutsche Seeschiffahrt, wenn die Zuwendung nicht nur in den Bau des Schiffes investiert wird,

sondern der Unternehmer das gebaute Schiff auch über eine

Zeit hinweg unter deutscher Flagge in Fahrt hält. Im Rahmen der 98 regionalen Wirtschaftsförderung kann das mikroökonomische Ziel, 94

Vgl. §§ 23, 44 BHO sowie Kirchhoff (Fn. 90), S. 84 f f . ; Meinecke, WissR 1979, 29 (39 f f . ) ; zur Problematik des Zweckbegriffs im Rahmen des § 44a BHO s.u. B. VI. 2.

95

Kirchhoff (Fn. 90), S. 85.

96

So etwa im Fall OVG Koblenz, NJW 1981, 882 (883).

97

Vgl. die Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 17.5.1965 (BAnz Nr. 94 vom 20.5.1965) i.V.m. der Zweiten Richtlinie zur Ergänzung und Änderung der Grundsätze für die Förderung der deutschen Seeschiffahrt vom 9.5.1979 (BAnz Nr. 93 vom 18.5.1979) sowie Ipsen (Fn. 33), S. 278 f .

98

Dazu

das

Gesetz

über

die

Gemeinschaftsaufgabe (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

in einem Betrieb mehr Arbeitsplätze zu werden,

schaffen

wenn der Unternehmer die Maschinen,

staatlicher Subventionen gekauft hat, 99 beläßt und betreibt

231

,

nur

die er

erreicht mit Hilfe

auch im geförderten Betrieb

Das Verhalten des Unternehmers in der Phase zwischen der zweckentsprechenden

Investition

der

Finanzhilfe

und

der

vollen

Ver-

wirklichung des erwünschten Betriebszustandes wird in der Praxis durch eine

Klausel gesichert,

Gegenstände

(Schiff,

wendungszwecke

bb)

die mit der Zuwendung beschaffte

Maschinen)

bindet

befristet an

(Zweckbindung

von

zieldienlichee

Ver-

Zuwendungssurroga-

Vorkehrungen zur Erfüllung des ÜberwachungBgebotes

Seiner

haushaltsrechtlichen

Unternehmers

genügt

der

Verpflichtung Subventionsgeber

zur

Überwachung

regelmäßig

des

durch

die

Aufnahme von Nebenbestimmungen in den Bewilligungsbescheid,

die

ihm selbst Einsichts- und Kontrollrechte oder dem Subventionsnehmer Auskunfts- oder Berichtspflichten einräumen bzw, Jeweils sicht,

werden

dabei

auferlegen.

Befugnisse zur

Aktenein-

Betriebskontrolle oder Probeentnahme mit Pflichten zur Aus-

kunft,

Abgabe von Berichten oder Vorlage von Verwendungsnach-

weisen erster

bereichsspezifisch

zu

einem Überwachungspaket

Linie

der

Durchsetzung

der

zusammengeschnürt, zielorientierten

das

in

Verhaltensbin-

dungen d i e n t ^ ^ . (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6.10.1969 (BGBl. I S. 1861) sowie der Vierzehnte Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (BT-Drucks. 10/3562). 99

Das betonen zu Recht VG Schleswig, OVG Lüneburg, DÖV 1985, 76 (77).

NJW 1982,

348 (349);

100

Nr. 4.2.3 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63); OVG Koblenz (Fn. 96); VG Schleswig, OVG Lüneburg (Fn. 99); Götz, NVwZ 1984, 480 (483 f . ) .

101

Ausf. Schetting (Fn. 53), S. 163 f f . ; Henke (Fn. 46), S. 262 (Fortsetzung Fußnote)

232

Paul Henseler

b)

Verhaltensbindungen, die dem Gebot Kosten-Nutzen-Optimierung entspringen

Dem

Gebot

spricht der

der

projektbezogenen

Kosten-Nutzen-Optimierung

Subventionsgeber durch

gungsbescheid, Projekt

projektbezogenen

der

alle Anordnungen

ent-

im Bewilli-

die im Ergebnis zu einer Verringerung der in das

investierten

Haushaltsmittel

oder

zu

einer Verbesserung 102 der gemeinnützigen Effekte des Vorhabens führen . Auch insofern lassen sich drei Grundtypen von Unternehmerbindungen

unterschei-

den. Erwähnung

verdient

zunächst

die

Bindung

des

Unternehmers

an

die Berücksichtigung öffentlicher Interessen bei der Projektdurchführung.

Bei

anspruchsvollen

Produktionsstätte, der Erforschung

Zielen

wie

der

Errichtung

einer

der Entwicklung eines neuen Flugzeugtyps oder neuer Technologien

t r i t t der projektführende

ternehmer notwendig in Kontakt zu wechselnden oder

Dienstleistungen

er für

Un-

Geschäftspartnern,

deren

Produkte

tigt.

Sein Verhalten bei Abschluß und Abwicklung solcher Zieler-

seine

füllungsgeschäfte reglementiert die Subventionspraxis durch

die Auflage,

schäfte

allgemein

oder bei Abschluß

das Gebot der wirtschaftlichen

Zwecke

benö-

üblicherweise bestimmter Ge-

und sparsamen

Mittelver-

wendung zu beachten 103 . Allgemein knüpft sich daran die Pflicht des Unternehmers, Fördermittel nicht zur Bildung von Rücklagen zu verwenden, und Rabatte, Skonti und sonstige Nachlässe auszu104 nutzen . Im besonderen wird der Unternehmer etwa angehalten, (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) ff. 102

Vgl. Nr. 1.1 der Vorl VerwV zu § 7 BHO, abgedr. bei von Köckritz/Ermisch/Lamm, Bundeshaushaltsordnung, Komm, zu § 7 BHO.

103

Nr. 1.1 Anl. 2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63). - Entgegen Oldiges, VVDStRL 42 (1984), 294 f . , bestehen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Ausdehnung des Gebots auf den Subventionsempfänger. Ebenso Weides, NJW 1981, 843 (847); Stober, DÖV 1984, 265 (276); Schetting (Fn. 53), S. 151.

104

So ausdrücklich

§ 3 Abs.

3 der Richtlinien des Bundesmini(Fortsetzung Fußnote)

233

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

Projektmitarbeitern bestimmte Löhne zu zahlen

105

,

Reisekosten auf

106 bestimmte von

Höchstgrenzen

Leistungsaufträgen

zu an

beschränken Dritte

oder bei

der

Geschäftsbedingungen

Vergabe zugrunde

zu legen, die für die Auftragsvergabe durch 107 Träger Verwaltung konzipiert worden sind (VOB/VOL)

öffentlicher

Darüber

Unternehmer

hinaus

regelmäßig

an,

weisen

Zuwendungsbedingungen

bei der Vergabe

von Aufträgen

nengruppen besonders zu berücksichtigen, cher

Förderung

ein öffentliches

etwa mittelständische Subventionsvergabe gen werden

Interesse

den

bestimmte

an deren besteht.

Unternehmen oder Vertriebene,

gleichsam mittelbar

Perso-

wirtschaftliDazu

gehören

die über die

in die Förderung

einbezo-

sollen"^.

Ähnliche Mitnahmeeffekte erstrebt

schließlich

die dem Unternehmer

abgeforderte Zusage,

für projektrelevante Transporte oder Reisen 109 die Bahn oder die Lufthansa in Anspruch zu nehmen . Mittelbar (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) sters für Wirtschaft über die Gewährung von Darlehen aus Mitteln des Bundeshaushalts zur Förderung der Entwicklung von z i v i l e n Flugzeugen in der BRD vom 15.11.1968, (BAnz Nr. 137 vom 26.11.1968). 105

Nr. 1.3 Anl. 2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 44a BHO (Fn. 63).

106

Nr. 10b der Bewilligungsbedingungen für die Zahlung, Verwendung und den Nachweis der Verwendung von Zuschüssen aus Haushaltsmitteln des Bundesministers für wiss. Forschung an p r i v a t e Empfänger vom November 1963 (hektographiert).

107

Nr. 3.1/3.2 der Vorl. VerwV zu den §§ 44 , 44a BHO (Fn. 63); v g l . auch § 11 Abs. 2 u. 3 der Bewirtschaftungsgrundsätze des Bundesministers für Forschung u. Technologie für Zuwendungen auf Kostenbasis an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (BKFT 75), abgedr. bei Ullrich (Fn. 80), S. 415 f f . , sowie Schetting (Fn. 53), S. 152.

108

Nr. 3.3/3.5 der Vorl. VerwV zu den §§ 44, 63); § 11 V BKFT; Schetting (Fn. 53), S. 147.

109

§ 10 BKFT, 178.

44a BHO (Fn.

Schetting (Fn. 53), S. 157; Ullrich (Fn. 80), S.

234

Paul Henseler

soll die Subventionsvergabe auf diesem Wege die fizite von Bundesunternehmen lindern helfen, die gemeinnützigen

Auswirkungen

des

Finanzierungsde-

also letztlich auch

geförderten

Projekts

erhö-

hen. Eine andere Art,

den Nutzen eines subventionierten

Projekts für

die Allgemeinheit über den Projekterfolg hinaus zu verstärken,

ist

die Beteiligung des Subventionsgebers an den Projektergebnissen. Sie ist

vorwiegend im Rahmen der

großangelegten

Forschungs- und Entwicklungsvorhaben anzutreffen. schlägigen

Förderungsgrundsätzen

ventionsempfänger, zungsrecht

verpflichtet

von

Nach den einsich

der

Sub-

dem Subventionsgeber unentgeltlich ein Benut-

an den entwickelten

Gegenständen,

grammen und Schutzrechten (Patente, zuräumen,

Förderung

Verfahren,

Pro-

sonstige Urheberrechte) ein-

die er infolge des Projekts erwirbt. Der Subventionsge-

ber wird damit in die Lage versetzt,

die Projektresultate für e i -

gene und damit öffentliche Zwecke zu nutzen. nien sehen schließlich vor,

Dieselben

Richtli-

daß der Subventionsgeber nach einem

besonderen System an eventuellen Gewinnen zu beteiligen ist,

die

der Subventionsnehmer durch die Verwertung der aus dem Projekt entstandenen

Schutzrechte,

erwirtschaftet' 1 1 1 . Förderung

anderer

Kenntnisse oder

sonstigen

Ergebnisse

Die Gewinnbeteiligung, die auch im Rahmen der wirtschaftlich

riskanter

Unternehmerprojekte 112 wie etwa der Erschließung von Ol- und Gasvorkommen oder der 113 Herstellung von Kinofilmen gebräuchlich ist, soll die wirtschaftlichen Verluste des Subventionsgebers weitestmöglich kompen110

§§ 13 f f . BKFT; Ullrich (Fn. 80), S. 179 f f .

111

§ 26 BKFT.

112

Nr. 9 der Richtlinien des Bundesministers für Wirtschaft über die Gewährung von Darlehen in den Jahren 1964 bis 1969 zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Erdölund Erdgasgewinnungsindustrie vom 7.11.1964 (hektographiert).

113

Nr. 1 der Richtlinien des "Kuratoriums Junger Deutscher Film, Gemeinnütziger Verein e.V. München", zit. nach Schetting (Fn. 53), S. 156.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

235

sieren und dadurch den staatlichen Projektaufwand insgesamt

be-

grenzen.

V.

Die Rechtsnatur der Selbstbindungen des Subventionsempfängers

Von zentraler

Bedeutung für die Durchsetzbarkeit

Lenkungsinteressen handelten dung.

Fällen

die

dem Unternehmer

Rechtsnatur

der

sowie

schlechthin.

der

Zwangsintensität

der

ist

staatlicher

staatlichen

in

allen

be-

Verhaltensbin-

jeweiligen

Sie determiniert zugleich das Ausmaß der

vanz die

gegenüber

GrundrechtsreleSubventionierung

Trotz oder wegen der Tragweite des Problems gehen

Auffassungen

der

Literatur

insoweit

diametral

auseinander.

Während die einen alle Bindungen des Unternehmers als klagweise durchsetzbare Rechtspflichten begreifen und den Unternehmer besondere vollauf

in

ins-

Pflicht sehen, das subventionierte Vorhaben 114 zu verwirklichen , sehen andere in den Bindungen des

Unternehmers

der

ausschließlich

nicht

durchsetzbare

Obliegenheiten

und Lasten''^. Beide Positionen vernachlässigen

die verfassungsrechtliche Dimen-

sion des Konflikts zwischen Lenkungsinteresse des Staates und berechtigtem Schutz der Unternehmerfreiheit und fallen infolgedessen gleichermaßen einseitig den

einschlägigen

aus.

Orientiert

verfassungsrechtlichen

langt man zu differenzierten Ergebnissen. sichern auch dem subventionierten Produktions-,

man die

Betrachtung

Wertvorstellungen, Die Art.

Unternehmer das

an ge-

12 und 14 GG Recht,

seine

Vertriebs- und sonstigen Kapazitäten nach eigenem

Plan und in eigener Verantwortung

auf die wechselnden

Marktla-

114

Henke (Fn. 450 (455).

46), S. 239, 389; v g l . auch Krüger, DVB1. 1955,

115

Schindler, Die Bundessubventionen als Rechtsproblem, Diss. Zürich 1952, S. 245; Zacher (Fn. 52), S. 335 Fn. 123 und S. 342; Schetting (Fn. 53), S. 274 f f .

Paul Henseler

236

116

gen und -bedürfnisse auszurichten . Ob und in welcher Intensität Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers dieses Recht begrenzen, hängt von Inhalt und Durchsetzbarkeit der jeweiligen Bindung ab. Soweit Verhaltensbindungen das Recht des Unternehmers zur eigenverantwortlichen Marktausrichtung schon vom Inhalt her nicht berühren, gibt es keinen vernünftigen Grund, sie nicht a l s durchsetzbare Rechtspflichten zu konzipieren und auszulegen. Dazu gehören die Rückzahlungspflichten des subventionierten Darlehensempfängers 117 ebenso wie die Pflicht des Forschungsunternehmers, den Subventionsgeber an den Projektergebnissen und -gewin118

nen zu beteiligen . Auch Pflichten, näher bezeichnete Überwachungsmaßnahmen des Subventionsgebers zu 119 dulden oder die Überwachung durch eigenes Tun zu ermöglichen , lassen das Letztentscheidungsrecht des Unternehmers in Fragen der Marktausrichtung und marktorientierten Betriebsführung unberührt. Auch sie können deshalb mit gerichtlicher Hilfe notfalls zwangsweise durchgesetzt werden. Soweit Verhaltensbindungen den Unternehmer in seiner Freiheit zur marktangepaßten Unternehmensorganisation und -führung beeinträchtigen, hängt die Intensität der Freiheitsbegrenzung von der Durchsetzbarkeit der jeweiligen Bindung ab. Die Leitungsgewalt eines subventionierten Unternehmers bleibt im Kern unberührt, solange er sich von eingegangenen Bindungen - wenn auch unter Risiken und Lasten - einseitig lösen kann. Können Verhaltensbindungen hingegen auch dann noch gegen seinen Willen durchgesetzt 116

S.o. B . I . l .

117

Dazu Henke (Fn. 46), S. 247, der sie als Hauptleistungspflicht bezeichnet, und Schetting (Fn. 53), S. 314 f . , der sie als Nebenpflicht ansieht. Vgl. auch Zacher (Fn. 52), S. 330 f.

118

Zur Ergebnisbeteiligung ausf. 329 f f .

119

S.o. B.IV.2. a) b b ) .

Ullrich (Fn.

80), S. 319 f f . ,

237

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

werden,

wenn ein

Festhalten

an ursprünglichen

seiner Einschätzung der (veränderten) spricht,

geht

Absichten

Marktlage nicht

das Recht zur eigenverantwortlichen

nach

mehr ent-

Marktbeurtei-

lung auf den Subventionsgeber über.

Die für den Unternehmerbe-

g r i f f konstituierende

Entscheidungsfähigkeit und

Verknüpfung von

120 Folgenverantwortung

löst sich auf.

In letzter Konsequenz wird

der subventionierende Staat selber zum Unternehmer,

der eine un-

ter

kann,

Umständen

verfehlte

Marktausrichtung

erzwingen

ohne

ihre Folgen tragen zu müssen. Zugleich

verändern

Subvention

eigentumsrechtliche Qualität.

und

Subventionsbedingungen

Die als weiche,

Verhaltensbeeinflussung gedachte

leitende,

Subventionierung konvertiert

der einseitigen Durchsetzbarkeit marktrelevanter gen zu einer Abart der harten, steuerung

in

Bereich

ihre

indirekte mit

Verhaltensbindun-

befehlenden, direkten Verhaltens-

zentraler

grundrechtlicher

Freiheitsbetäti-

121 gung

.

Fragen

Mit der

geht das

dem

Letztentscheidungsrecht

marktorientierten

subventionstypische Angewiesensein

Mitwirkungsbereitschaft tionsgeber,

der

der

Enteignung

und

des Staates

eine fremde

Der

in

-führung auf

die

Subven-

Markteinschätzung

verschafft sich einen Einfluß über das Unter-

je nach

des

Unternehmers

Unternehmers verloren.

dem Unternehmer

aufzwingen kann, nehmen,

des

des

Betriebsorganisation

Fallage einer

Unternehmens

strengen Sozialbindung oder 122 gleichkommt . Als durchsetzbare

Rechtspflichten dürfen für die Unternehmensleitung

relevante

Ver-

120

Scheuner (Fn. 7), S. 51; Benda, in: Gemper ( H r s g . ) , Marktwirtschaft und soziale Verantwortung, 1973, S. 185 (195); Friauf/Wendt (Fn. 39), S. 49.

121

Bullinger (Fn. 80), S. 189; v g l . auch von Wysocki, Öffentliche Finanzhilfen, 1961, S. 261 f .

122

Die einseitige Durchsetzbarkeit und nicht - wie überwiegend angenommen wird - die wirtschaftliche Abhängigkeit des Gefördertem von einer Subvention macht das subventionierende Staatshandeln dem eingreifenden Staatshandeln im Einzelfall vergleichbar. Zur Gegenansicht v g l . Scheuner (Fn. 2), S. 41; Friauf, DVB1. 1966, 729 (737); Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 394; Haverkate (Fn. 45), S. 149.

238

Paul Henseler

haltensbindungen des Subventionsempfängers deshalb nur ausgestaltet werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, die nach Art. 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 oder Art. 14 Abs. 3 GG vorliegen müßten, f a l l s der Subventionsgeber die jeweilige Verpflichtung durch einseitig eingreifenden Verwaltungs- oder Gesetzesakt begründen würde. Typischerweise sind diese Voraussetzungen nicht gegeben. Wie die 123 gründliche Praxisanalyse Schettings belegt, sehen die in der Realität vorkommenden Subventionsrichtlinien (deshalb?) eine Durchsetzung von Verhaltensbindungen gegen den Willen des Subventionsempfängers - in aller Regel eindeutig - nicht vor. Sofern der Wortlaut des letztlich entscheidenden Zuwendungsbescheides oder Subventionsvertrages insoweit Zweifel läßt, müssen sie bei einer verfassungsorientierten Auslegung zugunsten des bloßen Lastencharakters der jeweiligen Bindung beseitigt werden. Demnach darf der Subventionsempfänger, von atypischen Ausnahmen abgesehen, weder im Klagewege noch durch einseitige Vollstreckungsmaßnahmen gezwungen werden, das staatlich subventionierte Projekt unter Aufwendung eigener Mittel tatsächlich durch124 zuführen . Die Bindung an die im Bewilligungsbescheid oder Vertrag festgelegten Verwendungszwecke verpflichtet den Unternehmer nicht, die empfangenen Finanzhilfen in bestimmte projektfördernde Maßnahmen zu investieren. Sie hindert ihn nur, die Zuwendung oder die mit staatlicher Hilfe beschafften Finanzmittel für andere Zwecke zu verausgaben, ohne den Abbruch seiner Beziehungen zum Subventionsgeber sowie die Rückforderung des Empfangenen zu riskieren. Entsprechendes gilt für die Zweckbindung der Zuwendungssurrogate sowie die Verhaltensbindungen, die sich auf die Art und Weise der Projektverwirklichung beziehen. Auch sie sind grundsätzlich nicht zwangsweise durchsetzbar, so123

Fn. 53, S. 219 f f . ; v g l . auch Ullrich (Fn. 80), S. 224 f.

124

Ebenso Kirchhoff (Fn. 90), S. 68 (mit anfechtbarer Begründung); Bullinger (Fn. 80), S. 189; Ullrich (Fn. 80), S. 223 f f . , 237 f.

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

weit sie den Unternehmer in der Auswahl seiner der Gestaltung

239

Vertragspartner,

seiner mit Dritten abzuschließenden

Verträge oder

in anderer Weise in seinem marktrelevanten Verhalten begrenzen.

VI.

Widerruf und Rückforderung als Sanktionen planwidrigen Unternehmerverhaltens

1.

Verhaltenslasten und Risikoverteilung im Subventionsverhältnis

Soweit die unter Berücksichtigung der Art.

12 Abs.

1, 14 Abs. 1

GG ausgelegten Verhaltenszusagen des Unternehmers einer Zwangsdurchsetzung

nicht

Verhaltenslenkung bereits

sind,

wirkt

im Subventionsverhältnis

Subventionsgebers, die

zugänglich

als

erbrachten

nur die Drohung des

Leistungen

zurückzufordern.

den Unternehmer zu einem den

Subventionsgebers

entsprechenden

von

der

die Förderung für die Zukunft einzustellen und

Druck ausreicht, maßgeblich

Instrument

Verhalten

Ob

dieser

Interessen

anzutreiben,

des

hängt

der

wirtschaftlichen Stärke des Geförderten im 125 Zeitpunkt der Drohung ab . Seine Abhängigkeit von einer Fort-

setzung der Förderung wechselt von Fall zu Fall und häufig in126 . So-

nerhalb der Ablaufphasen eines Subventionsverhältnisses

lange sich der Unternehmer wirtschaftlich außerstande sieht,

die

Einstellung der Förderung oder gar die Rückforderung des bereits Geleisteten zu riskieren,

wirken die ihm auferlegten Verhaltensla-

sten als Instrument der zielorientierten staatlichen kung.

Verhaltenslen-

Setzt sich der Unternehmer dagegen bewußt oder unbewußt

über die eingegangenen Bindungen hinweg,

sichert die tatsächlich

verhängte Einstellung und Rückforderung der Subvention nur noch die haushaltswirtschaftlichen fehlgeschlagenen

Interessen

Lenkungsversuch.

des

Staates

nach

einem

Die dem Unternehmer abgefor-

125

Kirchhoff (Fn. 90), S. 69.

126

Schneider-Gädicke, Der öffentliche Kredit an die gewerbliche Wirtschaft, 1963, S. 100; Zacher (Fn. 52), S. 344 Fn. 166; Henke (Fn. 46), S. 64.

240

Paul Henseler

derten Verhaltenslasten pelte Funktion. strumente

der

erfüllen

in

Anbetracht

dessen

eine

dop-

Sie sind für den Subventionsgeber zum einen InVerhaltenslenkung,

knüpfungspunkte

für

tionsverhältnis,

über

zum anderen

den abgestuften

aber

Ausstieg aus

deren Ausgestaltung

er sein

auch

An-

dem SubvenVerlustrisiko

dosiert.

2.

Die Problematik des S 44a Bundeshaushaltsordnung (BHO)

Für die in der Praxis häufigste

Subventionsform,

die aus dem

Bundeshaushalt gespeisten Finanzhilfen des Bundes, regelt § 44a 127 BHO die Auflösung und Rückabwicklung des Subventionsverhältnisses.

Die insgesamt

Probleme auf. Zeit.

umstrittene Vorschrift

128

Darauf im einzelnen einzugehen,

wirft

erhebliche

fehlt leider die

Ich begnüge mich deshalb mit einer Feststellung,

die mir

besonders wichtig zu sein scheint: Für die Begrenzung des staatlichen Subventionsrisikos wie für die Intensität des staatlichen darauf an,

Lenkungsdrucks kommt es

entscheidend

wie präzise der Bewilligungsbescheid das mikroökono-

mische Erfolgsziel, der Zuwendung,

in der Terminologie des § 44a BHO: den Zweck und die daran auszurichtenden Verhaltensweisen 129 festlegt . Je genauer der Bescheid

des Subventionsempfängers insbesondere bestimmt,

in welcher Weise der Unternehmer mit der

127

Entsprechende Vorschriften finden sich in den Haushaltsordnungen bzw. -gesetzen der Länder; Einzelnachw. bei Weides, NJW 1981, 841 Fn. 2; Grawert, DVB1. 1981, 1029 (1032 Fn. 24).

128

Näheres bei Weides 127), S. 1030 f . ; (Fn. 64, S. 123 Jarass, DVB1. 1985,

129

Darin liegt die Lehre aus der Kontroverse zwischen dem OVG Koblenz, NJW 1981, 882 f f . ; d a s s . , BB 1980, 1495 m.Anm. Heinze, und dem OVG Lüneburg, DÖV 1985, 7 6 , ( 7 7 ) , vorher schon VG Schleswig, NJW 1982, 348 (349). Wie hier Götz, NVwZ 1984, 480 (484); Stober (Fn. 128), S. 274 f . ; Friauf (Fn. 46), M 29.

(Fn. 127), S. 844 f f . ; Grawert (Fn. Domnach, DÖV 1981, 122 (123 f . ) ; Ehlers f.; Stober, DÖV 1984, 265 (268 f f . ) ; 855 f f .

241

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

Zuwendung und den Zuwendungssurrogaten zu verfahren hat, desto stärker verengen sich

die Freiräume des Unternehmers und desto

genauer fällt die staatliche Verhaltenskontrolle einschließlich Sanktion von Bindungsverstößen aus. tensvorgaben

Unklare Ziel- und Verhal-

des Bewilligungsbescheides

widersprechen

dem Interesse des Unternehmers an verläßlichen ten,

sondern

verschenken

der

auch erhebliche

nicht

nur

Orientierungsda-

Lenkungschancen

des

Subventionsgebers.

VII.

Materielle Anforderungen an Verhaltenslasten des Subventionsempfängers

1.

Erfordernis einer spezifischen MaQstabbildung

Als

Anknüpfungspunkt

rechtsträger- müssen

für

staatliche

Verhaltenslasten

und -pflichten

Sanktionen

gegen

Grund-

des

Subven-

und -pflichten

tionsempfängers allerdings nicht nur präzise formuliert sein, dern vor allem auch in materieller Hinsicht rechtsstaatlichen

sonPo-

stulaten genügen., Klare einfachgesetzliche Maßstäbe, die über den zulässigen Inhalt von Bindungen des Empfängers von Subventionen Aufschluß geben könnten, stehen nicht zur Verfügung.

Insbesonde-

re sind die §§ 36 und 56 VwVfG im Subventionsrecht - wenn überhaupt - nur mit erheblichen Modifikationen anwendbar.

Denn e i -

nerseits sind die Nebenbestimmungen der Bewilligungspraxis trotz Namensgleichheit

weder

der

Funktion

noch

der

Zwangsintensität nach den in S 36 VwVfG genannten Auflagen vergleichbar 130 , und andererseits sind Subventionsverträge keine Austauschverträge mit 131

synallagmatischer Leistungsbeziehung der Beteiligten

130

Henke (Fn. 46), S. 254; a.A. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/ Leonhardt, VwVfG, 2. Aufl. 1983, S 36 Rn. 32; Weides (Fn. 127), S. 846.

131

S.o. B . I I I , m. Fn. 73; k r i t . gegenüber der Steuerungskapazität der §§ 36, 56 VwVfG im Subventionsrecht auch Bleckmann (Fn. 67), D 106 ff.

242

Paul Henseler

Davon abgesehen struktur

der

wäre es mit der charakteristischen

Subventionsverhältnisse

unvereinbar,

Interessendas

Subven-

tionsverhältnis pauschal als einseitiges Regelungs- oder Vertragsverhältnis zu qualifizieren und die Einordnung über die alternative Anwendung der §§ 36 oder 56 VwVfG entscheiden zu Zur

Lösung

von

Interessenkonflikten

in

lassen.

Subventionsverhältnissen

bedarf es vielmehr einer spezifischen Maßstabbildung, die Ausprägungen

des Übermaßdenkens ebenso zu Rate zieht wie den Topos

des angemessenen Ausgleichs zwischen Geben und Nehmen, j a beide 132 Aspekte je nach Sachlage untrennbar miteinander verbindet

2.

Das Obermaßverbot als zentraler Konfliktlösungsmaßstab

Als Regulativ, über das konfligierende Gemein- und Individualinteressen austariert werden können, kommt auch im Subventionsrecht zuvörderst das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel in 133 Betracht

.

botes

der

ist

staatliche

Der entscheidende Regulationsansatz des Übermaßverwertende

Zweck-Mittel-Vergleich, hinsichtlich

durch

den

der

Anwendung seiner 134 Mittel an seinen eigenen Zielvorgaben gemessen wird . In Vergleich

Handlungsträger

der

zu setzen sind unter dem Gesichtspunkt

schutzes

das

mikroökonomische

und die Belastungen,

Erfolgsziel

des

des

Grundrechts-

Subventionsgebers

die der Subventionsempfänger

im Interesse

der Zielverwirklichung hinnehmen muß. Im Gegensatz zur überwiegenden Auffassung bin ich allerdings der Ansicht,

daß das Übermaßverbot

als Maßstab für die Bewertung

132

Ansätze in dieser Richtung bei Bleckmann (Fn. 31), S. 104; Jarass, JuS 1980, 115 (117), die § 56 VwVfG "der Sache nach" im Rahmen des § 36 VwVfG zur Geltung bringen wollen.

133

Statt aller Eppe (Fn. 51), 344; Henke (Fn. 46), S. m. umfangr. Nachw.

134

Statt aller Hirschberg, keit, 1981, S. 43 f f .

S. 137 f f . ; Zacher (Fn. 52), S. 254; Haverkate (Fn. 45), S. 175

Der Grundsatz der Verhältnismäßig-

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

243

der Zulässigkeit von Bindungen des Subventionsempfängers nur begrenzt tauglich ist und in jedem Fall auf die spezifische Interessenlage in Subventionsverhältnissen zugeschnitten werden 135 muß

.

zelprüfung

Die Berechtigung dieser These zeigt sich bei einer Einder vorhin typologisch

des Subventionsempfängers. prinzip reagieren,

erfaßten

Lasten und

Pflichten

Wie sie auf das Verhältnismäßigkeits-

wird maßgeblich davon beeinflußt,

ob sie j e -

weils das haushaltsrechtliche Gebot der spezifizierten Zielbindung des

Subventionsempfängers

oder

das

Gebot

der

projektbezogenen

Kosten-Nutzen-Optimierung in das Subventionsverhältnis umsetzen. 3.

Die Handhabung des Obermaßverbotes im Subventionsrecht

a)

Verhaltenslasten, die das Zielbindungsgebot umsetzen

Hinsichtlich der Verhaltenslasten,

die den Unternehmer zur Ver-

wirklichung des mikroökonomischen Erfolgszieles treiben sollen, ist zunächst

festzuhalten,

daß Anweisungen

des

Subventionsgebers,

die sich auf die Verwendung der Fördermittel selbst beziehen, nicht

unverhältnismäßig

sein können.

Da sich

der

gar

Unternehmer

nicht zur Durchführung des subventionierten Vorhabens verpflich136 tet , wird seine Unternehmerfreiheit durch solche Direktiven auch nicht negativ betroffen. stimmung der Zwecke,

Der Subventionsgeber ist in der Be-

für die der Begünstigte die ihm überlasse-

nen Fremdmittel verwenden soll, ber,

ähnlich frei wie der Treuhandge-

der sein Eigentum dem Treuhänder unter bestimmten Weisun-

gen und Auflagen überläßt. Soweit sich Bindungen des Subventionsempfängers dagegen auf den Umgang mit Zuwendungssurrogaten 137 beziehen, beeinträchtigen sie 135

Vgl. Zacher (Fn. 52), S. 344; Haverkate (Fn. 45), S. 174.

136

S.o. B. V.

137

S.o. B. IV.2. a)

aa).

244

Paul Hengeler

seine Freiheit

als Unternehmer

und Eigentümer

der von

der Bin-

dung betroffenen Gegenstände. Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit stellt wirklichung

sich in

diesen Fällen

des mikroökonomischen

die Frage, Erfolgszieles

gebers erforderlich und verhältnismäßig ist,

ob es zur

Ver-

des Subventions-

den Unternehmer un-

ter Androhung wirtschaftlicher Sanktionen an der freien Verfügung über Unternehmen und Sacheigentum zu hindern. Die zu oder

Einschränkung erklären,

der

weil

Verfügungsfreiheit

vermeintlich

für

verfassungswidrig

funktionsgleiche

Veräußerungs-

Verwendungsverbote des eingreifenden Verwaltungsstaates 138 , wird der Eigenart der Subventionsbe139

verfassungswidrig wären Ziehungen g r u n d s ä t z l i c h

nicht gerecht

.

Die S u b v e n t i o n i e r u n g

selbst in den Fällen keine bloße Eingriffsmodalität,

Unternehmer aus wirtschaftlichen Gründen faktisch keine Möglichkeit

verbleibt,

seinen Konditionen der real

sinnvolle

staatlichen Subventionsangebot und 140 . Zwar verliert in Anbetracht

auszuweichen

wirkenden

zeugungskraft,

dem

ist

in denen dem

Entscheidungszwänge

das Argument

an

Über-

der Unternehmer verbrauche durch den " f r e i w i l l i -

gen" Eintritt in das Subventionsverhältnis ein Stück weit seine Handlungsfreiheit und müsse deshalb die eingegangenen Bindungen 141 ertragen unabhängig

.

Ausschlaggebend bleibt jedoch, davon,

ob der

Unternehmer

daß diese Bindungen

sie

mehr oder

weniger

f r e i w i l l i g eingeht, eine grundlegend andere Qualität aufweisen als eingriffshalber begründete Rechtspflichten. empfänger

sich

tensbindungen lösen kann,

grundsätzlich

von

den ihm

Weil der Subventionsabverlangten

wenn auch unter Risiken und Opfern -

Verhaleinseitig

ist seine Lage mit derjenigen eines Eingriffsadressa-

138

So wohl Friauf, DVB1. 1966, 729 (737).

139

Haverkate (Fn. 52), S. 343 f .

140

A.A. namentlich Kirchhof (Fn. 9 ) , S. 394.

141

So Zacher (Fn. 52), S. 344; dagegen zutreffend Friauf (Fn. 138), S. 736 f . ; Kirchhof (Fn. 9), S. 386 ("Angebotsdiktatur").

45),

S.

159,

161; v g l . auch Zacher (Fn.

245

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

ten nicht vergleichbar Zwanges,

142

.

Die erheblich niedrigere Intensität des

den der Staat im Subventionsverhältnis auf den Unter-

nehmer ausübt,

muß sich im Rahmen einer

Verhältnismäßigkeits-

kontrolle zwangsläufig zu seinen Gunsten auswirken. Entscheidend kommt hinzu, tionierten ein

Unternehmers

angemessenes

daß die Verhaltenslasten des subven-

kraft

Verhältnis

verfassungsrechtlicher zu

Vorgabe

in

der ihn

wirtschaftlich einseitig 143 begünstigenden Staatsleistung gebracht werden müssen . Das den Subventionsgeber bindende objektiv-haushaltsrechtliche Gebot,

auf

einen angemessenen Ausgleich zwischen Geben und Nehmen bedacht zu sein, drängt auf eine Harmonisierung mit dem subjektiv-frei144 heitsrechtlichen Ubermaßverbot . Sie wird nur durch eine Verhältnismäßigkeitskontrolle bewirkt, welche die unternehmerbelastende Bindung von Zuwendungssurrogaten nicht nur ins Verhältnis setzt zu den öffentlichen Interessen an der Durchführung des 145 geförderten Projekts

,

wendungen und Risiken,

sondern auch und vor allem zu den Aufdie 146 der Staat zugunsten des jeweiligen . Mit der Höhe des staatlichen

Unternehmervorhabens erbringt

Finanzierungs- und' Risikoanteils steigt

auch die zulässige Dauer

und Intensität der Zweckbindung von Zuwendungssurrogaten, 142 Vgl. o. B. V.

die

143

S.o. B . I . 2 . mit Fn. 51.

144

Ansatzweise ebenso Schetting (Fn. 53), S. 140: zwischen dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit Verhältnismäßigkeit".

145

Einseitig auf diesen Aspekt fixiert sind etwa Krüger (Fn. 114), S. 451; Ipsen (Fn. 31), S. 79; Friauf (Fn. 138), S. 730; Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I I I , 4. Aufl. 1974, § 154 I I I b 7; Haverkate (Fn. 45), S. 176 f f .

146

Ansätze einer Loslösung vom reinen Zweck-Mittel-Vergleich bei Zacher (Fn. 52), S. 344: "Von der Sache her muß die Zuwendung, die Abhängigkeit des Empfängers von ihr, sein Nutzen daraus und der öffentliche Zweck, dem sie dient, in Ansatz gebracht werden.". Eindeutig wie hier Schlotke (Fn. 89), S. 133, der den gebotenen Abgleich von Subventionshöhe und staatlicher Einflußnahme als "Abart des Verhältnismäßigkeitsprinzips" bezeichnet.

"Konflikt und der

Paul Henseler

246

der Subventionsgeber dem geförderten Unternehmer abfordern darf. Die überschaubare Rechtspraxis überzieht insoweit nicht den Verfassungsrahmen, sondern bleibt mehr oder weniger deutlich hinter dem verfassungsrechtlich Möglichen zurück. b)

Verhaltenslasten, die das Gebot der projektbezogenen KostenNutzen-Optimierung konkretisieren

Im Hinblick auf Verhaltenslasten des Unternehmers, die das Gebot der projektbezogenen Kosten-Nutzen-Optimierung in das Subventionsverhältnis umsetzen, wird das Übermaßverbot als Kontrollmaßstab von dem Gedanken der angemessenen Relation zwischen staatlicher Leistung und staatlicher Forderung völlig verdrängt. Die Auflage an den Unternehmer, im Rahmen der Projektdurchführung Vertriebene bevorzugt zu behandeln oder die Lufthansa zu benutzen, ist zur Verwirklichung des staatlichen Lenkungszieles ebensowenig

geeignet

und erforderlich wie eine

Beteiligung des 147 Subventionsgebers an Projektergebnissen und -gewinnen . Die entsprechenden Verhaltensbindungen des Subventionsempfängers sind deshalb jedoch weder verfassungswidrig noch sachlich unangemessen. Sie sind legitimer Ausdruck der verfassungs- wie haushaltsrechtlich geforderten Vorsorge gegen unnötige Steuerausgaben und auch aus dem Blickwinkel schützenswerter Unternehmerinteressen nicht zu beanstanden, soweit die Bindung des Unternehmers in einer vernünftigen Relation zur Beteiligung des Subventionsgebers an den Projektkosten und -risiken bleibt. Zwar wird auch der Subventionsgeber, der ein Projekt voll finanziert, nicht zum gleichberechtigten Projektträger neben dem Unterneh149 mer . Mit steigender Kosten- und Risikobeteiligung wächst jedoch der Umfang seines Anspruches auf eine Berücksichtigung der von ihm vertretenen Gemeininteressen bei der Projektdurchführung 147

A.A. wohl Henke (Fn. 46), S. 261 sub d.

148

S.o. B. IV.1. und 2. b ) .

149

Ullrich (Fn. 80), S. 221 f f .

Wirtschaftslenkung durch Subventionen

247

in gleichem Maße wie sein Anspruch auf Teilnahme am Projekter-

VIII.

Schlußbemerkung Sonderlagen

und

Ausblick

auf

subventionsrechtliche

Zugeschnitten auf die in der Praxis dominierende Einzelprojektförderung haben die vorgetragenen Überlegungen erwiesen, daß das Subventionsrecht keine pauschalen und uniformen Regelungskonzepte verträgt, sondern sowohl in seiner verfassungs- wie in seiner verwaltungsrechtlichen Dimension nach situations- und interessengerechten Lösungen verlangt. Dies gilt erst recht für einen in der Praxis zwar selteneren, aber gesamtwirtschaftlich höchst bedeutsamen Förderungstyp, den ich wenigstens nicht ganz vernachlässigen möchte. Gemeint sind die Versuche des Staates, existenzbedrohte Unternehmen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung durch sog. Sanierungshilfen vor dem Ruin zu bewahren. Sie werden durch zwei Faktoren bestimmt. Zum einen kann das Förderungsziel nur durch tiefgreifende Umstrukturierungen des Unternehmens und seiner gesamten Marktführung erreicht werden. Zum anderen hängt die Verwirklichung des Sanierungszieles nicht nur vom Verhalten des Subventionsempfängers, sondern in erheblichem Maße vom Verhalten Dritter a b . Welche Probleme sich daraus ergeben können, zeigt beispielhaft die Finanzhilfe, welche die 151 Bundesregierung der notleidenden ARBED-Saarstahl-GmbH im November 1982 gegeben hat.

150

Beispielhaft insofern die BKFT 75 (Fn. 107), die den Einfluß des Staates auf die Projektdurchführung ebenso wie das Ausmaß seiner Ergebnis- und Gewinnbeteiligung nach dem Finanzierungsanteil staffeln. Dazu näher Ullrich (Fn. 80), S. 174 ff. sowie - zur Erstinnovationsförderung - S. 154.

151

Die ARBED-Subventionierung wirft zahlreiche Grundsatzprobleme auf. Einzelne Aspekte sind angesprochen bei Bleckmann (Fn. 67), D 78 und Friauf (Fn. 67), M 11 f . , M 24 Fn. 93, M 35.

Paul Henseler

248

Die Bewilligung der Zuwendung stand zum einen unter der Bedingung,

daß sich die Regierung des Saarlandes,

das ausländische

Mutterunternehmen sowie die Gläubigerbanken der Gesellschaft mit näher

bestimmten

Finanzbeiträgen

andererseits unter dem Vorbehalt, Unternehmens bereit erklären, tes im Jahre

an

der

Sanierung

beteiligen,

daß sich die Arbeitnehmer des

diesem 50 % ihres 13. Monatsgehal-

1982 und 1983 als zinsloses

Darlehen zu

belassen.

Die Subventionsbedingungen - als Kompensation der fehlenden Eigenbeteiligung dieser

des

Konstellation

Subventionsempfängers als

Druckmittel

zur

gedacht

meinschaft der mittelbar Sanierungsbegünstigten. Saarland

und

die

schaft zu zwingen, lichung dienlich,

ausländische

-

Bildung

Konzernmutter

wirkten

einer

Die Banken, das in

diese

Gemein-

war insofern sachgerecht und der Ziel Verwirkals diese Betroffenen maßgeblichen Einfluß auf

die Verwirklichung des Sanierungszieles nehmen können. danke,

in

Opferge-

den Subventionsbegünstigten

durch eine

Der Ge-

Eigenbeteiligung

an den Projektkosten zugunsten der Zielverwirklichung zu mobili152 sieren , rechtfertigt jedoch keine finanzielle Inpflichtnahme von einzelnen Arbeitnehmern,

die als solche keinen

Einfluß

auf die

Unternehmenspolitik auszuüben vermögen. Die Subventionsbedingung setzte insoweit eine komplizierte Kette von in Gang,

Entscheidungszwängen

die über den Subventionsempfänger und die Arbeitneh-

mervertreter im Betrieb letztlich zum einzelnen Arbeitnehmer führte und in seiner Person einen unberechtigt abgenötigten Lohnverzicht bewirkte. Das Ergebnis

zeigt,

schen Förderung

daß man das Thema "Subventionierung zwi-

und Gefährdung

unternehmerischer

gentlich um eine Dimension erweitern müßte, der

subventionsbetroffenen

einbezieht.

ei-

in

die

Betrachtung

Diese Lücke zu schließen, bleibt ein bislang unerfüll-

tes Desiderat.

152

NichtUnternehmer

Freiheit"

die auch die Freiheit

S.o. B. IV. 2. a)

aa).

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung im österreichischen Gewerberecht Von Frans Merli

Inhaltsübersicht 1. Vorbemerkung

250

2.

Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

250

2.1 Grundrechte

250

2.2 Kompetenzordnung

253

3.

Quellen und Geltungsbereich des österreichischen Gewerberechts

255

4.

Ziele des Gewerberechts

257

4 . 1 Hauptziele

257

4.2 Hilfsfunktionen

264

5.

Gewerberechtliche Wirtschaftsgestaltung und -lenkung

266

5.1 Begriffliches

266

5.2 Instrumentarium

269

6.

Entwicklungslinien im Gewerberecht

273

7.

Tendenzen außerhalb des Gewerberechts

278

7 . 1 Umweltschutz

278

7.2 Subventionen

281

Franz Merli

250

1.

Vorbemerkung

Dieser Beitrag soll eine Hilfe für die erste Orientierung im österreichischen

Gewerberecht

und Vergleichsmöglichkeiten

lage in der Bundesrepublik Deutschland bieten. verzichte ich darauf,

zur

Rechts-

Aus diesem Grund

Einzelfragen oder theoretische Probleme der

Systembildung aufzugreifen

und erhebe auch keinen Anspruch auf

Originalität oder Vollständigkeit. diese unter Verkürzungen.

Wie jede Übersicht leidet auch

Wer sich näher für bestimmte Punkte

interessiert, sei auf die Literaturangaben verwiesen.

2.

Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen

2.1

Grundrechte

Die

österreichische

drückliche

Bundesverfassung

Garantie des

Sozialstaatsklausel'''.

enthält

marktwirtschaftlichen

Wesentliche

weder Systems

eine

aus-

noch eine

Elemente der

marktwirtschaftlio chen Ordnung stehen aber unter grundrechtlichem Schutz : das 3 Privateigentum (auch an Produktionsmitteln) , die Freiheit des 1

Zur österreichischen Wirtschaftsverfassung Schäffer, Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 3 f f . ; Schambeck, Wirtschaftsverfassung und Verstaatlichung in Österreich, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 39 f f . ; Wenger, Die Wirtschaftsordnung, in: Schambeck (Hrsg.), Das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz und seine Entwicklung, 1980, S. 665 f f . ; Korinek, Die verfassungsrechtliche Grundlegung der österreichischen Sozialund Wirtschaftsordnung, in: Mock/Schambeck (Hrsg.), Verantwortung in Staat und Gesellschaft, 1977, S. 245 f f . ; Korinek, Die verfassungsrechtliche Garantie einer marktwirtschaftlichen Ordnung durch die österreichische Bundesverfassung, WipolBl. 1976 H 5, S. 87 f f . ; Gutknecht, Das liberale Baugesetz und die Wirtschaftsverfassung, in: Festschrift F. Korinek, 1972, S. 77 f f . ; - alle m.w.Nachw.

2

Schantl, Berufsfreiheit, Eigentumsfreiheit und Vertragsfreiheit als die wichtigsten Grundrechte der Wirtschaft, in: Festschrift F. Korinek, 1972, S. 129 ff.

3

Art.

5 Staatsgrundgesetz

über die allgemeinen Rechte der (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

4 Liegenschaftsverkehrs , grundrechtlichen

5 die Freiheit der Erwerbsbetätigung .

Verbürgungen

setzesvorbehalte,

251

enthalten allerdings

Die

wiederum Ge-

die weitgehende Eingriffe ermöglichen und dem

Gesetzgeber wirtschaftspolitische Gestaltungsfreiheit einräumen. Dies zeigt

sich

in typischer

1 StGG kann jeder Staatsbürger "unter den gesetzli-

Art.

6 Abs.

chen

Bedingungen

Formulierung

Weise an dem für das Gewerberecht

der Freiheit der Erwerbsbetätigung: Nach

wichtigsten Grundrecht, jeden

Erwerbszweig

ausüben".

enthaltene Gesetzesvorbehalt

in

dieser

formaler Art,

was

sich aus der Entstehungsgeschichte des Grundrechts erklärt:

Für

eine

Rechtsordnung,

in

der

ein

ist

Der

zumindest

teilweise

gewähltes

Parlament einer vom Kaiser ernannten und nur diesem verantwortlichen Regierung gegenübersteht und in der die Bindung der Exekutive an das Gesetz

keine ausgemachte

bereits einen Fortschritt, mit ihrem

bedeutet

es

wenn Eingriffe der Verwaltung einer ge-

setzlichen Deckung bedürfen. verfassung

Sache ist,

Aus der Sicht der geltenden Bundes-

strengen

Legalitätsprinzip

(Art.

18 B-VG)

und der Aufhebung des Gegensatzes von Parlament(smehrheit) Regierung kann ein derartiger

Gesetzesvorbehalt jedoch

fallstor für einfachgesetzliche Maßnahmen werden,

und

zum Ein-

die das Grund-

recht v ö l l i g aushöhlen g . (Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Staatsbürger 1867 (StGG); Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK; Öhlinger, Eigentum und Gesetzgebung in Österreich, EuGRZ 1984, 557 f f . ; Barfuss, Das Eigentumsrecht und die Vollziehung, EuGRZ 1984, 572 f f . ; umfangr. Literaturhinweise finden sich auch in Adamovich/Funk, Österreichisches Verfassungsrecht, 3. Aufl. 1985, S. 419 f . 4

Art. 6 Abs. 1 StGG; Morscher, Die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit des Liegenschaftsverkehrs in Österreich, EuGRZ 1983, 515 f f . m.w.Nachw.

5

Art. 6 Abs. 1 StGG; Oberndorfer/Binder, Der verfassungsrechtliche Schutz freier beruflicher, insbesondere gewerblicher Betätigung, in: Festschrift Klecatsky, 1980, I I , S. 677 f f . ; Korinek, Das Grundrecht der Freiheit der Erwerbsbetätigung als Schranke für die Wirtschaftslenkung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 243 f f .

6

Zum Gesetzesvorbehalt Korinek,

Zur Lehre vom Gesetzesvorbe(Fortsetzung Fußnote)

252

Franz Merli

Der Verfassungsgerichtshof

(VfGH) versucht,

zweierlei Weise gerecht zu werden: fung auf

den Gleichheitssatz

dieser

Situation auf

Einerseits läßt er unter Beru-

"sachlich gerechtfertigte" Ein7 schränkungen der Erwerbsfreiheit zu ; andererseits wendet er die aus der Bundesrepublik Q

Grundrechte an .

nur

übernommene

Lehre vom Wesensgehalt der

An einem Konzessionssystem hat der VfGH bisher

nur Anstoß genommen, wenn auch bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen q kein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung der KonZession bestand . voraussetzungen

Auch die Normierung (vor

allem

eines

objektiver

Lokalbedarfs

an

Marktzugangsgewerblichen

Leistungen) erklärte der VfGH wiederholt,

aber ohne Begründung,

für verfassungskonform^;

Rechtsprechung

diese ständige

nun allerdings ins Wanken gekommen zu sein:

scheint

nur gewichtige öf-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) halt bei Grundrechten, in: Festschrift Merkl, 1970, S. 171 ff.; Haider, Die Freiheit der Berufsausübung im sozialen Rechtsstaat, JB1. 1978, 359 f f . 7

So z.B. VfSlg 4163/1962, 5871/1968, VfGH G 168/85 vom 3.12.1985; zusammenfassend VfGH B 698/85-8 vom 12.12.1985: "Eine die Erwerbsausübungsfreiheit einschränkende Vorschrift ist nur dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten und auch sachlich zu rechtfertigen i s t . " . Hier klingt auch das Übermaßverbot an.

8

Worin der Wesensgehalt der Erwerbsfreiheit besteht, ist bislang allerdings im Dunkeln geblieben. Die einzige konkrete höchstgerichtliche Äußerung dazu lautet so: "In dieser Hinsicht ist zunächst darauf zu verweisen, daß eine Verstaatlichung der gesamten Unternehmungen mit großem Kapitalbedarf und der gesamten Grundstoffindustrie deshalb dem Gesetzgeber verwehrt war, weil dann das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des Staatsbürgers auf Freiheit der Erwerbsbetätigung . . . in diesem Sektor praktisch beseitigt worden w ä r e . " , VfSlg 3118/1956; v g l . auch VfSlg 3969/1961, 4163/1962, 7403/1974.

9

VfSlg 5240/1966; eine einfachgesetzliche Verbürgung der Gewerbefreiheit (wie in § 1 der deutschen GewO), aus der ein solcher Anspruch ableitbar wäre, enthält die österreichiche GewO nicht.

10

Z.B. 1983.

VfSlg 4521/1963,

5225/1966, 6799/1972, 8492/1979, 9698/

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

fentliche

Interessen,

nicht

aber

Konkurrenzschutz

rechtfertigen objektive Zulassungsvoraussetzungen

als

253

solcher,



In engem Zusammenhang mit der Erwerbsfreiheit steht d a s Grundrecht auf Freiheit der Berufswahl und - a u s b i l d u n g enthält keinen Gesetzesvorbehalt. Rechtsprechung des VfGH z u l ä s s i g , stimmten Ausbildungsgang

12

. Art. 18 StGG

Trotzdem ist es nach s t ä n d i g e r für gewisse Berufe einen be-

gesetzlich vorzuschreiben,

weil solche

Bestimmungen a l s Regelung der "Bedingungen für die 13 Ausübung eines Erwerbszweiges" i . S . d . Art. 6 StGG anzusehen seien Zusammenfassend

läßt

die Rechtsprechung

des VfGH Tendenzen zu

einer strengeren Bindung des Gesetzgebers erkennen.

Der g r u n d -

rechtliche Rahmen f ü r d a s Gewerberecht bleibt aber r e l a t i v groß.

2.2

Kompetenzordnung

Engere Schranken

werden

dem

Gesetzgeber a l l e r d i n g s durch die 14 b u n d e s s t a a t l i c h e Kompetenzverteilung auferlegt. Die "Angelegenheiten des Gewerbes und der 15 I n d u s t r i e " sind Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung . Was unter diesem Begriff zu v e r stehen i s t , muß nach der Rechtsprechung des VfGH mit Hilfe der sog. "Versteinerungstheorie" 16 , a l s o in historischer Interpretation 11

VfGH G 70/84 vom 4.10.1984; dazu Griller, V e r f a s s u n g s w i d r i ge Schrottlenkung? ÖZW 1985, 85 f f . ; VfGH B 251/83 vom 7.3.1985; B 698/85-8 vom 12.12.1985.

12

Art. 18 StGG; Schantl (Fn. 2 ) ; Oberndorfer/Binder (Fn. 5); Haider (Fn. 6 ) .

13

Z.B. VfSlg 3168/1957, 1976, 9623/1981.

14

Grundsätzlich Funk, petenzverteilung im 1980.

15

Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG.

16

Azizi,

4578/1964, 5838/1968, 6355/1971, 7559/ Das System der bundesstaatlichen KomLichte der Verfassungsrechtsprechung,

Wirtschaftssteuerung durch Gewerberecht? Kompetenz(Fortsetzung Fußnote)

254

Franz Merli

ermittelt werden.

Entscheidend

dafür

ist

Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des im Jahre 1925.

die

einfachgesetzliche

des Kompetenzbestan-

Das von der GewO 1859 und ihren Nebengeset-

zen gebildete Regelungssystem bildet somit den Rahmen, dessen bundesrechtliche Vorschriften zulässig sind, vorhandene Ansätze weiterentwickeln. vor

allem

von

Bedeutung,

daß

Bestimmungen unter Berufung

der

innerhalb

auch wenn sie

Für unser Thema ist dabei Bund

wirtschaftslenkende

auf die Gewerberechtskompetenz

nur

dann erlassen kann,

wenn ähnliche Regelungen zumindest ansatz17 weise bereits im Gewerberecht des Jahres 1925 enthalten waren Wenn das nicht

zutrifft,

fallen

solche Maßnahmen -

soweit

sie

18

nicht Deckung in anderen Bundeskompetenztatbeständen finden aufgrund der Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Allerdings können die Länder von dieser Ermächtigung nur Gebrauch machen, wenn sie dabei nicht das Gebot der Einheit des Bundesgebietes als Wirtschaftsgebiet (Art. 4 B-VG) 19 verletzen. Nach herrschender Lehre heißt das, daß die Länder Wirtschaftslenkungsrecht nur nach bundeseinheitlichen 20

Grundsätzen erlassen können

und daß damit diese Kompetenz zu-

mindest für den Bereich des Gewerberechts praktisch leer bleibt.

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) rechtliche Erwägungen am Beispiel der Energiepolitik, 1984, 3 f f . m.w.Nachw.

ÖZW

17

Azizi (Fn. 16), S. 6, 10; Korinek, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung im B-VG, in: Korinek/Rill (Hrsg.), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts, 1982, S. 83 f f . m.w.Nachw.

18

Z.B. "Waren- und Viehverkehr mit dem Ausland" (Art. Abs. 1 Z 2 B-VG).

19

Dazu zuletzt Azizi, Zum Verfassungsgebot der Wirtschaftsgebietseinheit und seiner wirtschaftspolitischen Tragweite, OJZ 1985, 97 f f . , 134 f f .

20

Korinek (Fn. 17), S. 95 f f . ; Azizi (Fn. 19); Wenger, Zur rechtlichen Problematik wirtschaftslenkender Maßnahmen, WipolBl. 1978 H 2, S. 97 f f .

10

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

Die v e r f a s s u n g s r e c h t l i c h e

Zulässigkeit

werbefreiheit

überspitzt

ist

somit -

von

gesagt

Quellen rechts

und

Geltungsbereich

Die wichtigste

Quelle

GewO 1973

die die

99

,

des

des

ein

österreichischen

österreichischen

die

Gewerbe-

Gewerberechts

schaft, das

.

GewO aus

1859

Ge-

grund-

2?

ist

die

angetreten 24 hat. Sie regelt im Prinzip a l l e gewerblichen Tätigkeiten eins c h l i e ß l i c h des Gastgewerbes"^, der Handwerke"^ und der Indu27 strie , doch sind wichtige Gebiete aus ihrem Geltungsbereich 28 ausgenommen

Nachfolge der

in

-

weniger 21 Problem

r e c h t l i c h e s a l s ein kompetenzrechtliches

3.

Eingriffen

255

Dazu gehören vor allem die Land- und Forstwirt-

weitgehend

Banken- und

gungsunternehmen.

auch der B e r g b a u ,

Versicherungswesen Auch

und

die T ä t i g k e i t

sowie die freien die der

Berufe,

ElektrizitätsversorSchiffahrts-,

Luft-

f a h r t s - und Kraftlinienunternehmen unterliegt nicht der GewO; den sog. gewerbe)

Gelegenheitsverkehr und

für den

(Ausflugswagen-,

Mietwagen-,

gewerblichen Gütertransport

mit

für Taxi-

Kraftfahr-

21

Hinweise auf einzelne, kompetenzrechtlich stimmungen bei Fn. 51, 157, 161 und 166.

zweifelhafte

Be-

22

BGBl. 1974/50 i . d . F . BGBl. 1975/259, 1976/253, 1978/233, 1978/379, 1979/66, 1980/223, 1981/486, 1981/619, 1982/522, 1982/630, 1983/144, 1983/185, 1983/567, 1985/269, 1986/101.

23

RGBl. 1859/227; Übersicht über die seither ergangenen len bei Mache, Die Gewerbeordnung, 4 . Aufl. 1968.

24

§ 1 Abs. 1 GewO.

25

§§ 189-207 GewO.

26

Z.B.

§§ 6 Z 1, 94-102 GewO.

27

Z.B.

§§ 7, 129 GewO.

28

§§ 2-4 GewO; Winkler, Gewerbebegriff und Anwendungsbereich der GewO 1973, i n : Rill ( H r s g . ) , Gewerberecht, 1978, 1 f f .

Novel-

256

Franz Merli

zeugen bestehen

Sondergesetze

29

,

die

zum Gewerberecht

gezählt

werden. hören

Zu den wichtigsten gewerberechtlichen Nebengesetzen ge30 schließlich noch das RohrleitungsG , das die gewerbs-

mäßige Güterbeförderung in Rohrleitungen und das 31 Recht der zugehörigen Anlagen regelt, das NahversorgungsG , das Vorschriften

über

kaufmännisches

Wohlverhalten

im Wettbewerb

und eine

Versorgungspflicht für Letztverkäufer von Waren des täglichen Be32 darfs enthält, das Sonn- und FeiertagsbetriebszeitenG und das LadenschlußG 33 . Der Arbeitnehmerschutz wurde 1972 aus der GewO 34 herausgenommen und im ArbeitnehmerschutzG und im ArbeitsinspektionsG 35 zusammengefaßt. Auch das Recht der gewerblichen Berufsausbildung findet sich nicht mehr, wie ursprünglich, in der 36 GewO, sondern ist durch das BerufsausbildungsG geregelt.

29

Gelegenheitsverkehrs-G BGBl. 1952/85 i . d . F . BGBl. 1968/305, 1974/50, 1976/253, 1981/486; GüterbeförderungsG BGBl. 1952/63 i.d.F. BGBl. 1963/36, 1963/54, 1974/50, 1974/704, 1981/486, 1982/630.

30

BGBl. 1975/411.

31

BGBl. 1977/392 i . d . F . BGBl. 1980/121.

32

BGBl. 1984/129; dieses Gesetz enthält nur gewerberechtliche Normen; entsprechende arbeitsrechtliche Bestimmungen finden sich dagegen im ArbeitsruheG (BGBl. 1983/144), im BäckereiarbeiterG (BGBl. 1955/59 i . d . F . BGBl. 1960/116, 1975/348, 1978/232) und im Kinder- und JugendlichenbeschäftigungsG (BGBl. 1948/146, zuletzt i . d . F . BGBl. 1983/81).

33

BGBl. 1958/156 i . d . F . BGBl. 1964/203, 1974/50.

34

BGBl. 1972/234 i . d . F . BGBl. 1974/144, 1981/354, 1982/544; allgemein zum Arbeitnehmerschutz Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I , 2. Aufl. 1984, S. 246 f f . ; Azizi, Gewerbliches Betriebsanlagenrecht und Arbeitnehmerschutzrecht, ÖZW 1980, 40 ff.

35

BGBl. 1974/143.

36

BGBl. 1969/142 i . d . F . BGBl. 1974/22, 1974/399, 1974/475, 1978/232; Winkler, Ordnungsfragen der betrieblichen Berufsausbildung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 911 f f .

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

4.

257

Ziele des Gewerberechts

Versucht man nun, einen Überblick über diese Vorschriften zu gewinnen, kann dies natürlich in verschiedener Weise geschehen. In unserem Zusammenhang erscheint mir besonders wichtig, die Frage nach den Zwecken des Gewerberechts, d . h . nach jenen Gründen zu beantworten, die eine Einschränkung der Gewerbefreiheit rechtfertigen 37

4.1

Hauptziele

Wenn wir zunächst von Hilfsfunktionen absehen, gende primäre Ziele unterscheiden:

lassen sich fol-

- Dem Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen dienen allgemein z.B. die Vorschriften über die Genehmigung von Be' QQ QQ triebsanlagen und über die Ausstattung von Maschinen oder die Verpflichtung, bestimmte Arbeiten nur durch geschultes Personal durchführen zu lassen 40 ; konkret etwa die Bestimmungen über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände 41 oder das An37

Vgl. die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur GewO: "Die gegenständliche Regierungsvorlage wurde . . . nach dem Grundsatz der Gewerbefreiheit ausgestaltet. Die Gewerbefreiheit soll nur dort ihre Schranken finden, wo dies im öffentlichen Interesse geboten i s t . " (395 BlgNR XIII.GP); ähnlich auch der Bericht des Handelsausschusses (941 BlgNR XIII.GP).

38

§§ 74-84 GewO.

39

§ 71 GewO; Allgemeine Maschinen- und Geräte-Sicherheitsverordnung BGBl. 1983/219 i . d . F . BGBl. 1985/575; Buchmann, Schutzbestimmungen der GewO 1973, in: Rill (Fn. 28), S. 380 f f . (393 f f . ) .

40

§ 70 GewO und Durchführungsverordnungen; weiters §§ 186, 212 Z 3, 216, 225, 229, 233, 246 Abs. 1, 313, 321 GewO; Buchmann (Fn. 39), S. 391 ff.

41

Verordnung des Bundesministers für Handel, Industrie (BMHGI), BGBl. 1977/514.

Gewerbe und

258

Franz Merli

passen von Kontaktlinsen 42 , aber auch die Verbote, Alkohol an 43 Jugendliche auszuschenken oder Versandhandel mit Arzneimitteln zu betreiben 44 . - Andere Vorschriften bezwecken den Schutz "Dritter" vor Vermögenschäden, z.B. die Vorschriften über die Berücksichtigung dinglicher Rechte der Nachbarn bei der Betriebsanlagengenehmi45 gung oder über die Versicherungspflicht für Rohrleitungsunter nehmer^®. - Das Gewerberecht enthält auch Regelungen zur Vermeidung von Umweltbeeinträchtigungen, die über den Schutz der Nachbarschaft hinausgehen: z.B. eine - gegenüber dem Wasserrecht subsidiäre - Bestimmung zum Schutz der Gewässer vor Betriebsanlagen 47 oder den erst kürzlich neueingeführten § 79a GewO48 , der der Gewerbebehörde erlaubt, den Inhabern von Betriebsanlagen auf Antrag des Gesundheitsministers zusätzliche Auflagen zur Hintanhaltung "einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung der Umwelt durch Luftschadstoffe oder Lärm oder Erschütterungen" vorzuschreiben; aber auch die Festsetzung des höchstzulässigen Schwefelgehaltes für Heizöl, das in Gewerbebetrieben verwendet oder von ihnen

42

Verordnung des BMHGI BGBl. 1976/698 i . d . F . BGBl. 1979/510.

43

§ 197 GewO.

44

§ 50 Abs. 2 GewO.

45

S 77 Abs. 1 i.V.m. S 74 Abs. 2 Z 1 GewO.

46

§ 13 RohrleitungsG BGBl. GewO.

47

S 74 Abs. 2 Z 5 i.V.m. § 77 Abs. 1 GewO.

48

§ 79a wurde durch das UmweltfondsG BGBl. 1983/567 in die GewO eingefügt; zu den Tücken dieser Regelung im einzelnen Schwarzer, Die Änderung der Gewerbeordnung 1973 durch das Umweltfondsgesetz - eine versäumte Gelegenheit, ÖZW 1984, 11 f f .

1975/411;

vgl.

auch § 78 Abs. 5

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

verkauft wird nur dann

49

,

oder die Verpflichtung,

in

den Verkehr zu bringen, 50 Lautstärke angegeben ist .

- Dem Energiesparen

dienen

die

ebenfalls

259

bestimmte Maschinen wenn

erst

auf

ihnen

unlängst

GewO eingefügten Bestimmungen der §§ 71a und 77 Abs.

ihre

in

die

3 und

4: sie ermächtigen den Handelsminister, mit Verordnung für Waren

und

Dienstleistungen

schaftlich sinnvollen beauftragen

die

"Mindestanforderungen

zur

volkswirt-

Nutzung von Energie" zu normieren,

Betriebsanlagengenehmigungsbehörde,

energiewirtschaftlichen Gründen" entsprechende

Auflagen

und "aus vorzu-

schreiben® 1 . 52 - Der Schutz ökonomischer Interessen der Konsumenten gewerblicher Leistungen ist Motiv für Regelungen wie die Pflichten der Unternehmer zur Namensführung 53 sowie zur Ersichtlichmachung von Geschäftsbedingungen und Preisen 54 und für die Festsetzung 49

Verordnung des BMHGI, BGBl. 1982/251 i . d . F . BGBl. 1984/73; sie stützt sich auf § 69 Abs. 1 GewO, wo von der "Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen" die Rede ist; trotzdem hat sie darüber hinaus a l l g e meine umweltpolitische Bedeutung. Ähnliches gilt für die Verordnung des BMHGI über die Begrenzung des Schwefelgehaltes von Kraftstoffen für nicht zum Betreiben von Kraftfahrzeugen bestimmte Dieselmotoren, BGBl. 1985/549.

50

§ 72 GewO; Buchmann (Fn. 39), S. 399 f f .

51

GewO-Novelle 1981, BGBl. 619. - Die kompetenzrechtliche Zulässigkeit dieser Vorschriften bestreiten Duschanek, Kompetenzrechtliche Überlegungen zu Energiesparvorschriften im Gewerberecht, ZfV 1981, 260 f f . und Azizi (Fn. 16); a.A. Zluwa, Energiesparen und Verwaltungsrecht, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 885 f f . - Derzeit ist bei VfGH ein Verfahren anhängig, das diese Frage klären soll (G 60/82).

52

Allgemein zum Begriff des Konsumentenschutzes Hanreich, Verbraucherpolitik durch Wettbewerbsrecht, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 539 f f .

53

§§ 63-67 GewO.

54

§ 73 GewO; v g l . auch §§ 123 Abs. 4, 239 Abs. 3 GewO sowie Bestimmungen in Durchführungsverordnungen, die Ausübungs(Fortsetzung Fußnote)

260

Franz Merli

von Höchsttarifen für bestimmte Gewerbe 55 ; auch das Verbot be56 stimmter Geschäftspraktiken , z.B. des Aufsuchens von Privat57 Personen zur Sammlung von Kreditvermittlungsaufträgen , ist offensichtlich kosumentenschützerisch motiviert. Gleiches gilt für Schutzbestimmungen, die in Verordnungen zu § 69 Abs. CO 2 GewO (Ausübungsregeln für einzelne Gewerbe) enthalten sind . - Die Konsumenten

gewerblicher Leistungen

vor Irreführung und Übervorteilung, gen Anbietern geschützt werden. chenden Leistungsstandards

sollen aber

nicht nur

sondern auch vor unfähi-

Der Sicherung eines entspre-

für den Groß59 teil der Gewerbe vorgesehene Befähigungsnachweis , aber auch Bestimmungen wie jene,

dient vor

allem der

daß im Gastgewerbe verwendete Papier60

servietten ein Mindestausmaß von 30 x 30 cm haben müssen

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) regeln für einzelne Gewerbe normieren; weiters §§ 11-llc PreisG, BGBl. 1976/260 i . d . F . BGBl. 1978/271, 1980/288, 1982/ 311, 1984/265. 55

Durchführungsverordnungen zu den §§ 123, 124 (Theaterkartenbüros), 177 (Rauchfangkehrer), 218 (Fremdenführer), 239 (Bestatter), 252 (Kanalräumer), 257 (Abdecker), 261 Abs. 2 Z 1 (Immobilienmakler), 265 (Immobilienverwalter), 269 (Personalkreditvermittler), 309 (Inkassobüros) GewO; vgl. auch die §§ 10-13 GüterbeförderungsG (Fn. 29) und § 10a Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29).

56

Z.B. §§ 54-62 GewO (Sammeln und Entgegennahme von Bestellungen).

57

§ 6 Abs. 3 Verordnung des BMHGI BGBl. 1977/304.

58

Übersicht in Mache/Kinscher, GewO, Buchmann (Fn. 49), S. 397 f f .

59

"Die Bedeutung des Befähigungsnachweises liegt darin, einen gewissen Standard der Leistungen des Gewerbes zu sichern; der Verbraucher muß damit rechnen können, daß die bestellte Arbeit den Anforderungen entspricht; der Befähigungsnachweis bedeutet aber auch einen Schutz der Gewerbetreibenden gegen die Konkurrenz durch schlechtere, allenfalls die Preise unterbietende Leistungen.", EB zur RV-Fn. 37; v g l . auch Fn. 141.

60

§ 1 Abs. 2 Verordnung des BMHGI BGBl. 1981/176.

5. Aufl. 1982, S. 260;

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

261

- Verschiedene Bestimmungen des Gewerberechts haben die Sicherstellung der Versorgung der Konsumenten zum Ziel; dazu zählen die kürzlich eingeführten Erleichterungen beim Verkauf mit mobilen Betriebseinrichtungen von Bäckern, Fleischern und Le61 bensmittelkleinhändlern , der Entzug von bedarfsgebunderien 62 Konzessionen bei Nichtausübung , der Kontrahierungszwang für CO Rauchfangkehrer (Schornsteinfeger) in ihrem Kehrgebiet und die

durch

das

Nahversorgungsgesetz

geschaffene

Verpflichtung

der Letztverkäufer, Waren des täglichen Bedarfs an Verbraucher 64 abzugeben . Auch die Regelungen des LadenschlußG, des Sonnund

Feiertags-BetriebszeitenG

sind

zumindest

allem was ihre Ausnahmen anbelangt Das

trifft

Gastgewerbe

66

auch

auf

die

zum

Teil

-

versorgungsorientiert

Sperrzeitverordnungen

für

vor 65

das

zu.

61

§ 53a GewO, eingefügt durch BGBl. 1981/619; Demmelbauer, Wird die Gewerbeordnungs-Novelle 1981 die Nahversorgung verbessern?, ZfV 1982, 221 f f .

62

§ 89 Abs. 2 GewO; " . . . daher dient diese Bestimmung auch der Sicherung der Bedarfsdeckung.", EB zur RV-Fn. 37.

63

§ 176 Abs. 3 GewO; "Mit dieser Bestimmung soll erreicht werden, daß Rauchfangkehrer nicht die Ausführung von Arbeiten in entlegenen Häusern ablehnen, weil durch den längeren Anfahrtsweg die Ausführung dieser Arbeiten nicht den gleichen Verdienst wie andere Arbeiten ermöglicht.", EB zur RV-Fn. 37; als entsprechende Strafbestimmung fungiert § 368 Z 17 GewO.

64

§ 5 Abs. 1 NahversorgungsG (Fn. 31); das Ziel geht schon aus dem Titel des Gesetzes hervor: "Bundesgesetz . . . zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen"; die zugehörige Strafbestimmung findet sich in § 8 Abs. 1 und 2 NahversorgungsG.

65

Vgl. § 6 Abs. 2 LadenschlußG (Fn. 33); § 3 Abs. 1 Sonnund Feiertags-BetriebszeitenG (Fn. 32).

66

S 198 GewO verpflichtet den Verordnungsgeber, "auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Fremden Bedacht zu nehmen". Übersicht über die einzelnen Verordnungen bei Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 525.

262

Franz Merli

- Zum Kernbestand die

die

sollen.

des Gewerberechts

Unternehmer

vor

gehören

unerwünschter

auch

Vorschriften,

Konkurrenz

bewahren

Zu ihnen zählen z.B. die Bestimmungen, die die Konzes-

sionserteilung an einen Bedarf nach gewerblichen Leistungen 67 knüpfen ; aber auch die Betriebszeitenregelungen verfolgen u.a. diesen Zweck 68 . Außerdem lassen sich die Konsumentenschutzvorschriften auch weitgehend als Bestimmungen gegen un69 lauteren Wettbewerb verstehen . Andererseits enthält das Gewerberecht auch konkurrenzfördernde Vorschriften wie

großzügi-

ge Regelungen der Nebenbetriebsrechte und Erleichterungen beim 70 Übergang auf verwandte Gewerbe . - Schließlich findet mungen,

sich im Gewerberecht eine

Fülle von

Bestim-

die den Schutz anderer öffentlicher Interessen bezwek-

ken. In diesem Bereich leistet das Gewerberecht hauptsächlich dienste

bei

der

Die Spannweite

Verfolgung dieser

von

Zielen

öffentlichen

paar Beispielen verdeutlicht werden:

anderer

Interessen

soll

Hilfs-

Rechtsnormen. nur

an ein

Die speziellen Auskunfts-

67

§ 173 GewO (Rauchfangkehrer), § 238 Abs. 1 Z 2 GewO (Bestatter), § 5 Abs. 1 Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29), § 6 Abs. 1 l i t . c GüterbeförderungsG (Fn. 29), § 5 Abs. 1 Z 5 RohrleitungsG (Fn. 30); die EB zur RV (Fn. 37) nennen die Bedarfsprüfungen "wirtschaftspolitisch bestimmte Beschränkungen" und verweisen bei den einzelnen Gewerben auf die besondere Bedeutung "gesunder Betriebe".

68

So etwa die RV zum LadenschlußG (478 BlgNR V I I I . G P ) : "Der Entwurf geht von dem Gedanken aus, daß die Ladenschlußregelung einerseits den Verbrauchern den Einkauf zu einer Zeit ermöglichen muß, in der sie nicht selbst berufstätig sind, daß aber andererseits der Wettbewerb unter den Gewerbetreibenden diese nicht zu überlangen Geschäftszeiten nötigen soll, die vielfach betriebswirtschaftlich nicht g e rechtfertigt wären.".

69

Vgl. o. Fn. 59.

70

Z.B. §§ 19, 30, 31, 37 GewO; "Diese Maßnahmen sollen insbesondere einer Verbesserung des Wettbewerbes in der Wirtschaft dienen und eine Steigerung der wirtschaftlichen Lage bewirken.", AB-Fn. 37.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

263

71 pflichten der Kunst- und Antiquitätenhändler , der Altwaren72 73 händler und der Pfandleiher dienen der Strafrechtspflege, 74 vor allem der Bekämpfung der Hehlerei . Der Schutz öffentlicher Einrichtungen wie Kirchen,

Schulen,

Krankenhäuser75findet Nie-

in den Vorschriften über die Betriebsanlagengenehmigung derschlag.

Ein

schützt

Bestimmung,

die

ganzes

Standortverträglichkeit

Bündel die

knüpft,

von

die weil

sie die

Verbotsnormen etwa des Raumordnungs-, rechts,

öffentlichen

Gewerbeausübung

Interessen an

ihre

Zielsetzungen von

des Bau- und Straßen-

des Eisenbahnrechts oder des Naturschutzes effektuieren

76 soll

.

Dem Interesse der Seilbahnen - die nicht der GewO un-

terliegen dient dasfürVerbot der Konzessionserteilung für Schlepplifte, wenn sie eine Seilbahn eine unzumutbare Kon77 kurrenzierung bedeuteten . Feuerpolizeilich motiviert ist die 78 Gebietsabgrenzung für Rauchfangkehrer .

71

§ 109 GewO.

72

§ 122 Abs. 2 GewO.

73

§ 286 GewO.

74

Die EB zur RV (Fn. 37) sprechen allgemein vom "sicherheitspolizeilichen Interesse".

75

5 74 Abs. 2 Z 3 i.V.m. § 77 Abs. 1 GewO.

76

S 15 Abs. 1 GewO; zum Kreis der Rechtsvorschriften, die die Gewerbeausübung an einem bestimmten Standort verbieten, v g l . Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 99 f .

77

§ 180 Abs. 1 Z 1 GewO; "Die besonderen Verkehrsaufgaben und die damit zusammenhängenden besonderen Verpflichtungen, welche die in Rede stehenden Eisenbahnunternehmen" (gemeint sind Seilbahnen - F.M.) "zu erfüllen haben ( s . die Vorschriften über Betriebspflicht, Maximaltarife, Sozialtarife usw.), erfordern auch eine entsprechende Rücksichtnahme auf die besondere Stellung dieser Eisenbahnunternehmen innerhalb der Volkswirtschaft.", EB zur RV-Fn. 37.

78

Gem. § 176 Abs. 1 GewO hat der Landeshauptmann die g e bietsweise Abgrenzung zu verfügen, "wenn es aus Gründen der Feuerpolizei zweckmäßig i s t " .

264

Franz Merli

Schon aus dieser - eher skizzenhaften - Zusammenstellung wird klar, daß natürlich viele Vorschriften mehreren Funktionen zuzuordnen sind. So haben etwa die Bestimmungen über die Gewerbeausübungsvoraussetzungen (Befähigung, Zuverlässigkeit, Bedarf 79 u.ä. der

) den Zweck, Konsumenten

schützen;

Leben, Gesundheit und ökonomische Interessen vor

unfähigen

oder

unlauteren

Anbietern

zu

gleichzeitig sollen sie aber auch einen bestimmten Lei-

stungsstandard

sichern

wünschter Konkurrenz

und

schützen hilflose Ausländer, denverkehr.

die

bewahren.

Gewerbetreibenden Höchsttarife

für

vor

uner-

Fremdenführer

aber auch den österreichischen Frem-

Betriebszeitenregelungen beschränken den Wettbewerb,

schützen die Nachbarn und sollen die Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.

Bei

genauerem Hinsehen entpuppen

sich

fast

alle

Vorschriften zumindest in ihrer faktischen Wirkung als multifunktional:

So erhöht etwa jede Schutzbestimmung

den Aufwand des

Gewerbetreibenden und wirkt damit abschreckend für Billigkonkurrenz.

Entscheidend

für die

Zuordnung bleibt

aber die

primäre

Motivation der jeweiligen Vorschrift. 4.2

Hilfsfunktionen

Zur Hauptfunktion des Gewerberechts - dem Schutz der genannten Interessen 79

- tritt

eine Reihe

von unselbständigen

und einander

Die GewO unterscheidet zwischen Anmeldungsgewerben und konzessionierten Gewerben (§ 5 ) . Anmeldung bzw. behördliche Bewilligung sind konstitutiv für die Gewerbeberechtigung. Die Anmeldungsgewerbe teilen sich in die freien Gewerbe, in die Handwerke, deren Ausübung außer den allgemeinen Bedingungen (Eigenberechtigung, kein Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen bestimmter Delikte oder Konkurses) die Meisterprüfung voraussetzen, und die gebundenen Gewerbe, für die ein Befähigungsnachweis in anderer Form erbracht werden muß. Für die Ausübung der konzessionierten Gewerbe ist meist ein Befähigungsnachweis, immer Zuverlässigkeit Voraussetzung; außerdem müssen die für einzelne Gewerbe geltenden besonderen Erfordernisse ( z . B . Lokalbedarf - Übersicht bei Mache/Kinscher - Fn. 58 - S. 137 f . ) erfüllt sein. Im einzelnen Kinscher, Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben, in: Rill (Fn. 28), S. 103 ff.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

ergänzenden Hilfsfunktionen. vor allem die Pflicht zur ausübung

265

Der Information der Behörde dienen

Anmeldung der

beabsichtigten

Gewerbe-

80

die Bestimmungen über die mit Anträgen einzureichen81 82 den Unterlagen und v i e l f ä l t i g e Anzeigepflichten . Auch die Mitwirkungszuständigkeiten von Bundesgendarmerie und Sicherheitsorganen bei Erhebungen über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit 83 dient der Informationsbeschaffung. Instrumente der Kontrolle sind z.B.

die behördlichen Rechte,

triebe und Lagerräume zu besichtigen, und Auskünfte

zu verlangen, 84 und Proben zu entnehmen .

Be-

technische Demonstrationen

in Geschäftsunterlagen

einzusehen

Der Abwehr unmittelbar drohender Gefahren dienen die einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen,

z.B. die Schließung eines 85

Betriebes oder die Stillegung von Maschinen

Sanktionsvorbereitend sind Maßnahmen der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen wie Anzeigen, Festnahme und Beschlagnah86 men An Sanktionen ( i . w . S . )

enthält

das Gewerberecht schließlich Ver87 , Verfall von Gegenstän-

waltungsstrafen (Geld- und Haftstrafen 80

§ 339 Abs. 1 GewO.

81

Z.B. §§ 339 Abs. 3, 341 Abs. 1, 345 Abs. 7, 353 GewO.

82

Vgl. die Zusammenstellung in der Strafbestimmung des § 368 Z 1 GewO.

83

§ 336 Abs. 1 Z 3 GewO.

84

§ 338 GewO; v g l . auch die Mitwirkungspflichten der Bundesgendarmerie und der Sicherheitsorgane der Bundespolizeidirektionen gem. § 336 GewO; dazu Funk, Gewerbepolizeiliche Maßnahmen, in: Rill (Fn. 28), S. 403 f f .

85

§ 360 Abs. 2 GewO; Funk (Fn. 84), S. 425 f f .

86

§ 336 GewO; Funk (Fn. 84), S. 420 f f .

87

§§ 366-368 GewO.

Franz Merli

266

88 89 den , die Entziehung der Gewerbeberechtigung und den bescheidmäßigen Auftrag zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes, 90 der bis zur Schließung des Betriebes gehen kann . In manchen Fällen normiert die GewO auch ein besonderes Rücktrittsrecht von 91 gesetzwidrigen Verträgen ; durch seine Schutznormen wirkt das Gewerberecht hier indirekt

sanktionierend.

5.

Gewerberechtliche Wirtschaftsgestaltung und -lenkung

5.1

Begriffliches

Will man

nun

das

Gewerberecht

nach

rechtlichen Gesichtspunkten betrachten, ne

entsprechende

begriffliche

ordnungs-

und

lenkungs-

so setzt dies zunächst ei-

Unterscheidung

voraus.

In

der

österreichischen Lehre hat sich dazu eine Dreiteilung von s t a a t l i 92 chen Eingriffen in die Wirtschaft entwickelt . Dem Wirtschaftsordnungsrecht werden Maßnahmen zugerechnet, Gefahren,

die

mit wirtschaftlichen

die die Abwehr von

Tätigkeiten

verbunden

sind,

nicht aber deren eigentliche Gestaltung im Hinblick auf bestimmte wirtschaftliche bieten

Erfolge

zum Ziel

gewerbepolizeiliche

zählen Eingriffe

haben.

Befugnisse.

Ein Zur

typisches

Beispiel 93 Wirtschaftsaufsicht

zur Vermeidung oder Korrektur von

wirtschaftli-

88

S 369 GewO.

89

§§ 87-91 GewO.

90

§ 360 Abs. 1 GewO.

91

§§ 54 Abs. 3, 60 GewO.

92

Allgemein z . B . Korinek, Rechtliche Rahmenbedingungen unternehmerischer Tätigkeit, WipolBl. 1985 H 1, S. 16 f f . ; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1984, S. 2 f . ; Schäffer (Fn. 1), S. 15 f . ; Wenger, Wirtschaftsverwaltung, in: Klose/Mantl/Zsifkovits (Hrsg.), Katholisches Soziallexikon, 2. Aufl. 1980, S. 2695 ff.

93

Wenger, Die Wirtschaftsaufsicht als Rechtsinstitut des Wirtschaftsverwaltungsrechts, in: Festschrift Fröhler, 1980, S. 373 f f . ; Schäffer, Wirtschaftsaufsicht, ÖZW 1978, 33 f f .

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

chen Fehlentwicklungen,

267

die vor allem die Erhaltung von Betrie-

ben wegen ihrer volkswirtschaftlichen Versorgungsleistung

bezwek-

ken.

Einen Kernbereich der Wirtschaftsaufsicht bildet das Banken94 und Versicherungswesen. Unter direkter Wirtschaftslenkung versteht man schließlich Maßnahmen, mit denen aus volkswirtschaftlichen

Gründen

unternehmerische

ersetzt werden,

durch

staatliche

Entscheidungen

also direkte und beschränkende Interventionen in

Form von Preisregelung,

Bewirtschaftung knapper Güter und admi-

nistrativen Erzeugungs- und Verteilungsstrukturen, wie sie vor 95 allem in den sog. Wirtschaftslenkungsgesetzen enthalten sind. Dieses begriffliche Instrumentarium erweist sich jedoch für meinen Zweck - die Analyse des Gewerberechts - als relativ unfruchtbar, weil

seine

Anwendung

Gewerberecht

im großen

zu dem Ergebnis und ganzen

führen würde,

daß das

nur ordnungsrechtliche

Vor-

schriften kennt.

In Randbereichen ließe sich darüber zwar strei96 ten - etwa wfenn man die Energiesparvorschriften , die Prüfung 97 eines "volkswirtschaftlichen" Bedarfs an Rohrleitungen oder die 98 Versorgungspflicht nach dem Nahversorgungsgesetz ins Auge faßt;

es wäre auch zu fragen, ob etwa gewerberechtliche Preisre-

gelungen wirklich in allen Fällen 99 - z.B. im Gütertransportrecht gewerbepolizeilicher Natur sind ; und ob Bedarfsprüfungen im 94

Korinek/Rill (Fn. 17); Berger, Das Institut der Marktordnung als Instrument der wirtschaftslenkenden Verwaltung, ÖZW 1981, 35 f f . ; Wenger (Fn. 20).

95

PreisG 1976 BGBl. 260, MarktordnungsG 1967 BGBl. 1968/36, ViehwirtschaftsG 1983 BGBl. 621, LandwirtschaftsG 1976 BGBl. 299, VersorgungssicherungsG 1980 BGBl. 282, SchrottlenkungsG 1978 BGBl. 275, LebensmittelbewirtschaftungsG 1952 BGBl. 183, EnergielenkungsG 1982 BGBl. 545, Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG 1982 BGBl. 546; jeweils in der geltenden Fassung.

96

Vgl. o. Fn. 51.

97

Vgl. o. Fn. 67.

98

Vgl. o. Fn. 64.

99

Zur Preisregelung durch Gewerberecht Rill, Grundfragen des (Fortsetzung Fußnote)

Franz Merli

268

Gewerberecht

im

Sinne

der

nicht

dem

gehen,

die

ihren Grund in der Unscharfe der t r a d i t i o n e l l e n Begriffe h a t .

Die

Wirtschaftsaufsichtsrecht

Funktionsschutztheorie*^

zuzuordnen wären.

Hier soll es aber nicht um diese Einordnungsprobleme Eigenheiten des Gewerberechts l a s s e n erfassen,

wenn man auf

das

gängige

Dann wird der Blick dafür f r e i , Sicherheitsvorschriften schaftsgestaltenden Bereich groben Ziele

der

als

"gewerblichen

Zügen a b s t e c k e n ,

angedeutet

wurde):

sie

zieht;

ein

enthält.

Set

Wirtschaftsgestaltung"

von

wirt-

nun

diesen

zumindest

erforderlich

Ziel,

(wie

sie

Regelung nicht

in

mUssen

-

wirt-

selbst

Nebenwirkungen

dann,

nach

sich

a n d e r e n f a l l s wäre eine Abgrenzung g a r nicht möglich,

jede gewerberechtliche

Bestimmung notwendigerweise

Folgen h a t .

also eine Vorschrift des Gewerberechts

Verlangt

schaftsgestaltend, stimmten dieser

Sektoren von

für B e t r i e b s a n l a g e n ,

nun vor

Konsumentenschutz

der

sie nicht

Marktposition

und

unter

erfordert

und

von

in

be-

Herstellern

Umständen damit

z.B. wirt-

deren

auch

die

Chancen

erhöht.

Als primär w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h

und

die

verbessert

Fachkräften

auf dem Arbeitsmarkt

r e c h t s kommen

ist

weil

wirtschaftliche

obwohl sie die Wettbewerbsverhältnisse verändert,

Einrichtungen

Einstellung

schen)

oben erster

so wird man i h r den

absprechen

wirtschaftliche

Lärmschutzvorrichtungen

in

so i s t dafür zunächst eine Analyse der Vorschriften

Charakter

intensive

ganzes

Möchte man

Denn verfolgt eine

schaftsgestaltenden

verzichtet.

daß das Gewerberecht neben den

Linie ein w i r t s c h a f t s p o l i t i s c h e s wenn

Begriffsschema

Kernbestand

Regelungen

gewerberechtlicher

sich meines Erachtens besser

motivierte Regelungen des Gewerbe-

allem jene in F r a g e , einschließlich

Leistungssteigerung,

der

der

die dem

(ökonomi-

Versorgungssicherung

Wettbewerbsregelung

und

dem

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) österreichischen P r e i s r e c h t s I , ÖZW 1974, 97 (100 f f . ) . 100

Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsr e c h t s , i n : Korinek/Rill ( F n . 1 7 ) , S. 53 (77 f . ) .

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

Energiesparen heraus,

dienen101.

Unter

ihnen

stechen

269

wiederum

einige

die besonders eingriffsintensiv sind - vor allem jene, die

die Berechtigung machen,

zur

Gewerbeausübung

von

Umständen

abhängig

die nicht in der Sphäre des Unternehmers liegen,

die darüber bestimmen,

oder

zu welchen Preisen oder wem gegenüber

eine Leistung zu erbringen i s t .

Diese besonders intensiven,

wirt-

schaftspolitisch motivierten Eingriffe in die Gewerbefreiheit möchte ich

hier

als

Maßnahmen

kung bezeichnen";

der

"gewerberechtlichen

sie sind auch das,

Wirtschaftslen-

was dem Wirtschaftslen-

kungsrecht im "klassischen" Sinn am nächsten kommt.

5.2

Instrumentarium

Durchforstet

man

das

österreichische

Gewerberecht

nach

solchen

Erscheinungen, ergibt sich folgendes Bild: - Eine Bedarfsprüfung ist nur in fünf Fällen vorgesehen den Rauchfangkehrern und den Bestattern, mit Kraftfahrzeugen, Fiaker-,

102

:

Bei

beim Gütertransport

beim Gelegenheitsverkehr

(Ausflugwagen-,

Mietwagen- und Taxigewerbe) und für die Beförderung

von Gütern in Rohrleitungen;

ähnliche Funktion hat die Bestim-

mung,

daß eine Konzession für Schlepplifte nur erteilt werden

darf,

wenn diese keine unzumutbare Konkurrenz für Seilbahnen

darstellen103. - Administrative Preisregelungen 104 in Form von Höchsttarifen

er-

101

Auch die Bestimmung über die Standortverträglichkeit der Gewerbeausübung dient insoweit wirtschaftspolitischen Zielsetzungen, als die Vorschriften außerhalb des Gewerberechts, deren Effektuierung sie sicherstellen soll (z.B. Raumordnungsnormen), wirtschaftspolitisch motiviert sind; diese Ziele sind aber eben nicht gewerberechtliche, und daher klammere ich sie im folgenden aus.

102

Vgl. o. Fn. 67.

103

Vgl. o. Fn. 77.

104

Vgl. o. Fn. 55.

270

Franz Merli

laubt das Gewerberecht für die Leistungen von Theaterkartenbüros,

Fremdenführern, Kanalräumern, Abdeckern,

lern und -Verwaltern, für Bestatter Höchsttarife

Immobilienmak-

Personalkreditvermittlern,

und Rauchfangkehrer festzusetzen;

Inkassobüros;

mit Gebietsabgrenzung

Tarifregelungen

sind

auch

sind

für

Gelegenheitsverkehr und den gewerblichen Gütertransport

den

zuläs-

sig. - Direkte Betriebspflichten

kennt

das

Gewerberecht

nicht;

doch

sieht es regelmäßig den Entzug einer bedarfsgebundenen Konzession vor, 105 .

wird

wenn das Gewerbe länger als ein Jahr nicht ausgeübt Außerdem verpflichtet es bestimmte Gewerbetreibende,

die beabsichtigte Betriebseinstellung der Behörde vorher anzu106 zeigen und Vorsorge für die Fortführung der notwendigen Ar107 beiten durch einen anderen Gewerbetreibenden zu treffen - Vereinzelt

schafft

das Gewerberecht

verwaltungsrechtlich

sank-

tionierte Kontrahierungszwänge, so für die Rauchfangkehrer in 108 ihrem Kehrgebiet und für die Letztverkäufer von täglichen Bedarfsgütern 1 ^. Überblickt man diese Regelungen,

wird klar,

konzessionspflichtige Tätigkeiten betreffen, ben berühren (z.B. seitigung,

Feuerpolizei,

daß sie vor allem

die öffentliche Aufga-

Bestattungswesen,

Abwasserbe-

öffentlicher Verkehr) und daß Wettbewerbsbeschränkun-

gen im Interesse dieser Gewerbetreibenden fast immer mit Eingriffen in

die

unternehmerische

Dispositionsfreiheit

verbunden

sind,

105

Vgl. o. Fn. 62.

106

S§ 175 (Rauchfangkehrer), 251 (Kanalräumer), 292 (Pfandleih e r ) , 376 Z 37 (Güterbeförderung mit Kfz) GewO; S 8 Abs. 7 Gelegenheitsverkehrs-G (Fn. 29).

107

§§ 175 (Rauchfangkehrer), her) GewO.

108

Vgl. o. Fn. 63.

109

Vgl. o. Fn. 64.

251 (Kanalräumer), 292 (Pfandlei-

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

die den sollen.

Mißbrauch der

privilegierten Anbieterstellung

271

verhindern

Gewerberechtliche Wirtschaftslenkungsmaßnahmen treten a l -

so meist

kombiniert

Sondergewerberechts

auf; für

sie bilden

Ansätze eines Systems des

Unternehmer,

die

öffentliche

Aufgaben

erfüllen110. Das

Instrumentarium

ordnen,

des

"allgemeinen"

Gewerberechts

läßt

sich

wenn man den Blick auf den Ansatzpunkt der jeweiligen

Regelung richtet: - Verschiedene Bestimmungen

stellen Anforderungen an die Produ-

zenten gewerblicher Leistungen. schriften über ten 1 1 1 ,

Darunter fallen etwa die Vor-

Fremdsprachenkenntnisse

von

Reisebüroangestell-

vor allem aber die Regelung der subjektiven

Antritts-

voraussetzungen für die Gewerbeausübung mit Hilfe eines kombi112 nierten Anmeldungs- und Konzessionssystems . Hauptinstrument in diesem Bereich ist der Befähigungsnachweis. Heute gibt es 84 Handwerke, 90 gebundene und 44 konzessionierte Gewerbe, neben 113 denen wenig Raum für freie Gewerbe bleibt . Für alle gebundenen Gewerbe und Handwerke sowie für den Großteil der konzessionierten Gewerbe ist ein Befähigungsnachweis AusübungsVoraussetzung 114 , dessen E r l a n g u n g wiederum meist e n t s p r e -

110

An diesem Punkt wird auch deutlich, warum die Energiesparvorschriften im Gewerberecht (Fn. 51) eine Sonderstellung einnehmen: Abgesehen davon, daß ihr Ziel dem Gewerberecht bisher fremd war, unterscheiden sie sich von den anderen wirtschaftslenkenden Bestimmungen des Gewerberechts dadurch, daß sie nicht auf bestimmte Gewerbe beschränkt sind.

111

§ 3 Verordnung des BMHGI BGBl. 407.

112

Vgl. Text in Fn. 79.

113

Zusammenstellung bei Mache/Kinscher (Fn. zur Einteilung der Gewerbe Fn. 79.

114

§ 16 Abs. 1 GewO.

1975/315 i . d . F . BGBl. 1982/

58),

S. 856 f f . ;

Franz Merli

272

chenden Schulbesuch und mehrjährige Berufspraxis erfordert

115

Die Freiheit der Erwerbsausübung ist somit weitgehend von der Freiheit der Berufsausbildung abhängig,

und diese besteht wie116 etwas gesetzlich detailliert Geregeltes zu tun

derum darin, Die

wirtschaftlichen

auf

der

Hand:

Implikationen

Sie

wirken

vor

dieser

Bestimmungen

liegen

allem

wettbewerbsbeschrän-

kend 1 1 7 . Bestimmungen regeln die Produktion, z.B. durch Be118 , oder die Produktionsmittel, etwa 119 durch Ausstattungsanforderungen an Gaststätten oder Kon120 taktlinsenoptikerbetriebe

- Andere

triebszeitenbeschränkungen

- Manchmal selbst,

betreffen z.B.

gewerberechtliche

Regelungen

die

Produkte

die Mindestanforderungen an Waren und Dienstlei121

stungen aus Energiespargründen

- Schließlich verfügt das Gewerberecht Beschränkungen der unternehmerischen

Handlungsfreiheit,

die

sich

auf

das Umfeld der

115

Wer etwa selbständiger Maler und Anstreicher werden w i l l , muß nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht, nach der dreijährigen Lehre (Verordnung BGBl. 1975/268, zuletzt i.d.F. BGBl. 1984/419) einschl. des Berufsschulbesuches (§ 20 SchulpflichtG BGBl. 1962/241, zuletzt i . d . F . BGBl. 1982/ 366) und nach der Lehrabschlußprüfung eine mindestens zweieinhalbj ährige Verwendungszeit im Beruf hinter sich bringen, bevor er zur Meisterprüfung antreten kann (§ 18 Abs. 3 GewO). Zum zeitlichen Aufwand kommen bei entsprechender Arbeitsmarktlage noch die Schwierigkeiten, eine Lehrstelle und auch danach Arbeit zu finden; v g l . auch Fn. 144.

116

Vgl. auch o. bei Fn . 12 und 13.

117

Vgl. Text in Fn . 59.

118

Vgl. Nachw. o. Fn. 32, 33, 66.

119

Vgl. Nachw. o. Fn. 60.

120

Vgl. Nachw. 0. Fn. 42.

121

Dazu Fn. 51.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

Produktion beziehen, die Werbung 123 Der

Schwerpunkt

des

wirtschaftspolitischer zentenorientierten

6.

z.B.

auf die Geschäftsanbahnung

gewerberechtlichen Zielsetzung

liegt

aber

273

122

Instrumentariums eindeutig

in

oder

mit

produ-

Regelungen.

Entwicklungslinien im Gewerberecht

Vergleicht man diesen Befund über den status quo (Teile 4 und 5) 124 125 mit früheren Regelungen , vor allem mit der GewO 1859 , lassen sich in ganz groben Zügen folgende Entwicklungen feststellen:

122

Vgl. Nachw. o. Fn. 56 und 57.

123

Haller,- Gewerberechtliche Probleme der Werbung, ( H r s g . ) , Das Recht der Werbung, 1984, S. 181 f f .

124

Darstellungen des Gewerberechts im 19. Jahrhundert und seiner Vorläufer finden sich z.B. bei Kopetz, Österreichische Gewerbs-Gesetzkunde I 1829, I I 1830; Seltsam/Posselt, Kommentar zur Gewerbeordnung, 2. Aufl. 1885; Seltsam, System des österreichischen Gewerberechts, 1899; Mayerhofer/Pace ( H r s g . ) , Handbuch für den politischen Verwaltungsdienst V I , 5. Aufl. 1900, S. 801 f f . ; Mischler/Ulbrich ( H r s g . ) , Österreichisches Staatswörterbuch I I , 2. Aufl. 1906, S. 463 f f . ; für die weitere Entwicklung v g l . Heller, Das österreichische Gewerberecht, 1908; Dokupil ( H r s g . ) , Die Gewerbeordnung, 1908; Heilinger, Österreichisches Gewerberecht, 3. Aufl. 1909; Kulisch, System des österreichischen Gewerberechts, 2. Aufl. 1912; Praunegger, Das österreichische Gewerberecht I 1924, I I 1926, I I I 1927; Heller/Laszky/Nathansky, Kommentar zur Gewerbeordnung, 1935; Praunegger, Die österreichische Gewerbeordnung, 1948; Mache (Fn. 23). Eine kurze Zusammenfassung der Entwicklung gibt Adamovich sen., Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts I I , 1953, S. 184 f f . Zu den Neuerungen durch die Einführung der Gewerbeordnung 1973 Barfuss, Wird die neue Gewerbeordnung das Gewerberecht entscheidend verändern? ÖZW 1974, 10 f f . ; Kupka, Die Neuerungen in der Gewerbeordnung 1973, 1973; Oberndorfer, Das neue österreichische Gewerberecht, GewArch 1974, 319 f f . ; Kupka, Die Wirkungen der neuen Gewerbeordnung, WipolBl. 1985 H 1, 32 f f .

125

Vgl. Nachw. o. Fn. 23.

in: Aicher

Franz Merli

274

6.1

An den Zielen des Gewerberechts hat sich wenig geändert.

Auch die GewO 1859 enthielt Bestimmungen zum Schutz von Leben, 126 Gesundheit und Vermögen der Beteiligten , zum Konsumenten127 128 schütz , zur Versorgungssicherung , zur Sicherung eines be129 130 stimmten Leistungsstandards und zur Wettbewerbsregelung 131 Weggefallen sind der Arbeitnehmerschutz und die mit der Re132 gelung der gewerblichen Berufsausbildung verbundenen Ziele, weil sich ben^

.

die entsprechenden Neu hinzugekommen

Rechtsbereiche sind dagegen

verselbständigt das

ha-

Energiesparen^^

126

Z.B. §§ 31 f f . GewO 1859 (Betriebsanlagen); aber auch die Anforderungen an die Fähigkeiten und Kenntnisse des Gewerbetreibenden dürften ursprünglich eher sicherheitspolizeilich motiviert gewesen sein - vgl. Fn. 129 und 141.

127

Z.B. §§ 50 (Verbot des Verkaufs im Umherreisen), 55 (Preissatzungen), 56 (Ersichtlichmachung von Preisen) GewO 1859.

128

§§ 56 (Pflicht zur Vorratshaltung von täglichen Bedarfswaren), 57 (Betriebspflicht für Bäcker, Fleischer und Rauchfangkehrer) GewO 1859.

129

Z.B. § 19 GewO 1859, der für die "mit Preßerzeugnissen sich befassenden Gewerbe . . . genügende allgemeine Bildung" verlangt; weitere Befähigungserfordernisse normieren die §§ 22 (Schiffergewerbe), 23 (Baugewerbe), 24 (Rauchfangkehrer), 25 (Büchsenmacher), 26 (Erzeuger von Feuerwerkskörpern), 27 (Giftverschleißer) GewO 1859; v g l . auch § 30 GewO 1859.

130

§ 18 GewO 1859 verlangt die Berücksichtigung der "Localverhältnisse" bei der Konzessionserteilung für 10 Gewerbe; v g l . auch § 30 GewO 1859.

131

Der Arbeitnehmerschutz war in der GewO 1859 noch kaum berücksichtigt; die §§ 72 f f . GewO handelten allgemein von den arbeitsrechtlichen Beziehungen "zwischen den selbständigen Gewerbetreibenden und ihrem Hilfspersonal". Erst die Novelle 1885 (RGBl. 22) brachte spezifische Arbeitnehmerschutzbestimmungen .

132

§§ 88 f f . GewO 1859.

133

Vgl. dazu Fn. 34 und 36.

134

Vgl. o. Fn. 51.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

und der

Umweltschutz,

soweit

von Betriebsanlagen hinausgeht

er über 135

den Schutz

Ziele

und

in

Regelungen mit sich gebracht,

der

Dichte

der Nachbarn

aber in der Ge-

Größere Veränderungen hat die Rechtsentwicklung wichtung einzelner

275

der

entsprechenden

was natürlich auch mit dem Fort-

schritt der Technik und gesteigerten rechtsstaatlichen

Anforderun-

gen zusammenhängt. Sicherheitsvorschriften

- Die gewerblichen

differenzierter geworden.

sind

viel

genauer und

Fand etwa die GewO 1859 bei der Ge-

nehmigung von Betriebsanlagen im wesentlichen mit dem Auftrag das Auslangen, kommenden

die

Behörde habe

"die

allenfalls

zu prüfen und die etwa 136 gungen und Beschränkungen vorzuschreiben" ,

geltende

Übelstände

Betriebsanlagenrecht

zehn

Betracht Bedin-

so umfaßt das

ausführliche

mit einer - Vielzahl von Definitionen, 137 Verordnungsermächtigungen

in

nötigen

Paragraphen

Abwägungsklauseln

und

- Der von der GewO 1859 nur punktuell berücksichtigte Konsumentenschutz hat im Lauf der Zeit eine starke Aufwertung erfahren und

Niederschlag

in Ausübungsregeln 138 nungsform für einzelne Gewerbe , aber auch in Bestimmungen

der

vor

allem

GewO

1973

über

in

Verord-

allgemeinen

Informationspflichten 139 Verbote bestimmter Geschäftspraktiken gefunden.

und

- Die größte Veränderung betrifft wohl die Sicherung des gewerblichen Leistungsstandards.

Die GewO 1859 verlangte nur für den

135

Vgl. o. Fn. 48.

136

§ 31 GewO 1859; v g l . auch § 36.

137

§§ 74-84 GewO 1973; Gesamtdarstellung bei Stolzlechner/ Wendl/Zitta ( H r s g . ) , Die gewerbliche Betriebsanlage, 1986; weiters Duschanek, Die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen, in: Rill (Fn. 28), S. 257 f f .

138

Vgl. o. Fn. 58.

139

Vgl. Nachw. o. Fn. 53, 54, 55, 56.

Franz Merli

276

Antritt weniger konzessionierter Gewerbe die nötigen Kenntnisse 140 oder Fähigkeiten . Durch die GewO-Novelle 1883 wurde der gesetzliche Befähigungsnachweis für den neuen Gewerbetypus der 141 Handwerke eingeführt . Nach und nach stiegen die Anforderungen an die Kenntnisse des Bewerbers (Einführung der obli142 gatorischen Gesellenprüfung 1907 , obligatorische Meisterprüfung 1934 ), und die Prüfungsvorschriften wurden immer um144 fangreicher - Im Bereich

der Regelung

des gewerblichen

die Entwicklung dagegen nicht so linear.

Wettbewerbs

verlief

Im Gegensatz zu vor-

angegangenen Regelungen war die GewO 1859 von liberalem Geist getragen;

sie kannte nur 14 konzessionierte Gewerbe; alle übri145 gen waren zunächst freie Gewerbe . Im Lauf der Zeit verschob sich das Verhältnis soweit zuungusten der freien Gewerbe 146 , so daß "vom Grundsatz der Gewerbefreiheit . . . faktisch 140

Vgl. o. Fn. 129.

141

RGBl. 39; den doppelten Zweck des Befähigungsnachweises (Leistungssteigerung und Konkurrenzschutz - vgl. Fn. 59) macht schon die Begründung der GewO-Novelle 1883 (Bericht des Gewerbeausschusses des Abgeordnetenhauses) k l a r : Entscheidend sei der "Schutz der redlichen Arbeit und der bestehenden Gewerbebetriebe gegen Konkurrenz und Schleuderproduktion, ein Schutz gegen Unerfahrenheit, ungenügendes Können und Vermögen sowie Leichtsinn beim Antritt des Gewerbes sowie ein Schutz der Konsumenten, der Käufer von unsolider Ware" (zit. nach Hache/Kinscher - Fn. 58 - IV).

142

RGBl. 26.

143

BGBl. I I , 322.

144

Übersicht über die geltenden Meisterprüfungsordnungen und Verordnungen über Befähigungsnachweise für gebundene und konzessionierte Gewerbe bei Mache/Kinscher (Fn. 58), S. 112 f f . , 120 f f .

145

§§ 3, 16 GewO 1859.

146

Einführung der Handwerke 1883 (Fn. 141), vielfache Konzessionierungen von Gewerben durch eigene Gesetze oder Verordnungen aufgrund § 30 GewO 1859 (Übersicht in Mischler/ Ulbrich - Fn. 124 - S. 470), (vorübergehende) Gewerbesperre (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

nichts mehr übrig ( b l i e b D i e wieder eine Liberalisierung, schaffung der

dagegen

die sich in einer weitgehenden Ab-

Bedarfsprüfung,

sionsgewerbe und Handwerke, ters,

GewO 1973 brachte

277

der

Verringerung

der

Konzes-

der Herabsetzung des Mindestal-

dem Ausbau der gewerblichen Nebenrechte und in der Er-

leichterung des Übergangs in verwandte Gewerbe äußerte

6.2

Instrumentariums

Auch im Bereich des wirtschaftspolitischen

zeigt ein Vergleich,

daß Veränderungen eher den Stellenwert ein-

zelner Instrumente als ihren Katalog betreffen. Sieht man von Energiesparvorschriften der GewO 1859 jene Instrumente,

ab,

finden sich schon in

die hier

als

gewerberechtliche

Wirtschaftslenkungsmaßnahmen bezeichnet werden: die Bedarfsprü149 150 151 fung , die Preisregelung , die Betriebspflicht ; einen Kontrahierungszwang enthielt die GewO 1859 nicht, dafür aber die 151 Pflicht zur Vorratshaltung von Waren des täglichen Bedarfs Darüber hinaus

aber

hatten

wirtschaftsgestaltend wirken,

die meisten Instrumente,

dern dienten vor allem dem Schutz von Leben, cherheit der Menschen. derungen den,

1883 ihre

son-

Gesundheit und Si-

Exemplarisch zeigt sich das an den Anfor-

an die Fähigkeiten

und Kenntnisse

die erst mit der Einführung

nachweises

die heute

noch kaum diesen Charakter,

starke

des Gewerbetreiben-

des gesetzlichen

wettbewerbsregelnde

Befähigungs-

Bedeutung

er-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) 1933 (BGBl. 53 und 84), Einführung der gebundenen Gewerbe durch die GewO-Novelle 1934 (BGBl. I I , 322). 147

Mache/Kinscher (Fn. 58) V.

148

Barfuss, Kupka, zur RV (Fn. 37).

149

Vgl. Nachw. o. Fn. 130.

150

Hierzu Nachw. o. Fn. 127.

151

Vgl. o. Fn. 128.

Oberndorfer (Fn.

124); v g l . auch die EB

278

Franz Merli

hielten 152 .

Auch

produktionsbezogene Regelungen waren nur am 153 Rande wirtschaftsgestaltend . Produktorientierte Vorschriften aus

wirtschaftspolitischen

Gründen

fehlten

in

der

GewO

1859

über-

haupt. Nur im Bereich des Umfeldes der Produktion finden sich bereits deutliche Vorläufer heutiger (konsumentenschützender) I n Strumente 154

6.3 die ben:

Will man nun eine Prognose abgeben, linearen

Entwicklungstendenzen

des

so kann man getrost

Gewerberechts

fortschrei-

Zu erwarten sind somit Ausbau und Verfeinerungen

cherheits-,

Umweltschutz-

und

der Si-

Konsumentenschutzregelungen

und

wohl auch eine weitere Steigerung der Anforderungen an die Qual i t ä t der Leistungen.

7.

Tendenzen außerhalb des Gewerberechts

Das gezeigte

Bild

bleibt

aber

bruchstückhaft,

auch Tendenzen außerhalb des Gewerberechts

wenn man

berücksichtigt,

nicht die

für die Gewerbeausübung bedeutend sind und denen auch ähnliche Ziele wie dem Gewerberecht zugrundeliegen. Ich möchte das nur in zwei Punkten verdeutlichen, die aktuelle Entwicklungen

7.1

betreffen.

Umweltschutz

Ist der Umweltschutz auch eines der Hauptanliegen chen Betriebsanlagenrechts,

des

gewerbli-

so erschöpft er sich aber keinesweges

in diesen zehn Paragraphen der GewO.

Nach dem Kumulationsprin-

152

Vgl. dazu Fn. 129 und 141.

153

Z.B. die Ausnahmen von der Polizeistunde im Gastgewerbe, die der Bedarfsdeckung dienen; Mischler/Ulbrich (Fn. 124), S. 500.

154

Vgl. hierzu o. Fn.

127.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

279

155 zip des österreichischen Verwaltungsrechts

ist für die

Errich-

tung einer gewerblichen Betriebsanlage je nach ihrer Beschaffen156 heit eine Vielzahl von Bewilligungen nach anderen Vorschriften notwendig;

gerade

in

ihrem

motivierte Veränderungen

Bereich

festzustellen.

sind

große

umweltpolitisch

Drei Beispiele sollen das

illustrieren: - Das Forstgesetz

1975 machte Anlagen,

die forstschädliche Luft157 Verunreinigungen verursachen, bewilligungspflichtig . Interessant sind dabei aber vor allem die behördliche Pflicht zur Feststellung von Verursachern von Immissionsgrenzwertüberschreitungen 158 und die Sonderregelungen über die Haftung der Verursacher - vor allem die Einführung der Gefährdungshaf159 tung , die gesetzlichen Vermutungen über die Verursachung und die damit verbundene Beweislastumkehr in bestimmten 160 gen

-

Nach

dem 1981 in

haben neuerrichtete

Kraft

getretenen

Dampfkessel-Emissionsgesetz

Dampfkesselanlagen unabhängig

der Nachbarn Emissionen

Fra-

zu vermeiden,

soweit dies

vom Schutz nach dem

155

Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 229.

156

Übersicht bei Merli, Die Betriebsanlage im sonstigen öffentlichen Recht, in: Stolzlechner/Wendl/Zitta (Fn. 137), S. 105 ff.

157

§ 49 ForstG 1975, BGBl. 440 i . d . F . BGBl. 1977/231, 1978/142; Duschanek, Luftreinhaltepflichten nach dem Forstgesetz, ZfV 1983, 255 f f . , hält diese Regelungen aus kompetenzrechtlichen Gründen für verfassungswidrig; ebenso Funk, Verfassungsrechtliche Fragen der Bundeszuständigkeit zur Abwehr gefährlicher Umweltbelastungen, 1984, S. 14.

158

§§ 51 Abs. 1, 52 ForstG 1975.

159

§ 53 ForstG 1975; Jabornegg, Bürgerliches Recht und Umweltschutz, Gutachten zum 9. Osterreichischen Juristentag, 1985, 1/4, S. 82 f f .

160

§ 54 ForstG 1975; v g l . auch S 53 Abs. 2.

Franz Merli

280

l fil Stand der Technik möglich ist

.

Im Augenblick ist gerade e i -

ne Novelle zu diesem Gesetz in Vorbereitung, sche Anpasungspflicht

die eine dynami-

aller Dampfkesselanlagen

an den

jeweils 162

durch Verordnung neudefinierten Stand der Technik vorsieht Vom Betriebsanlagenrecht der GewO unterscheiden sich diese Regelungen durch das Vorsorgeprinzip unabhängig von konkreten

(Vermeidung von Emissionen

Immissionsfolgen)

lege und allgemein geltende

und durch

Anpassungspflicht

ja nur nachträgliche Auflagen

(die

durch individuelle

die

ex

GewO sieht Verwaltungs-

akte v o r 1 6 3 ) . 164 - Schließlich sind in einer Regierungsvorlage

wesentliche Neue-

rungen für die verschiedenen Anlagenbewilligungsverfahren

vor-

gesehen,

und

die

die die

Beteiligung

Rechte betreffen. einer

Konzentration von

von

Bürgern

Bewilligungsverfahren

ohne

Berufung

auf

subjektive

Darüber hinaus ist ein Gesetz zur Einführung

Umweltverträglichkeitsprüfung

für Großprojekte

in

Vorbe-

reitung 1 6 ^. Auch außerhalb des Betriebsanlagenrechts gibt es einige neue Umweltschutzgesetze, nannt

seien

die

für Gewerbebetriebe wesentlich sind. Ge166 aus 1979 und das Sonderab-

nur das Altölgesetz

161

§ 2 Abs. 1 lit. a DKEG, BGBl. 1980/559; Duschanek, Das Dampfkessel-Emissionsgesetz - ein Modell künftiger Umweltschutzgesetzgebung? ÖZW 1981, 104 f f . , bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des DKEG aus kompetenzrechtlichen Gründen; ebenso Funk (Fn. 157), S. 15 f f .

162

Entwurf des Bundesministeriums für Bauten und Technik, 47310/1-1V/7/85.

163

Schäffer, Bescheidänderung, (Fn. 137), S. 140 f f .

164

841 BlgNR XVI.GP.

165

Entwurf des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, ZI. IV-52.190/97-2/85.

166

BGBl. 1979/138; Duschanek, Offene Fragen im Altölgesetz, ZfV 1980, 289 f f . ; Fischer, Gedanken zum österreichischen Altölgesetz, ÖGZ 1980, 219 f f . ; auch hier werden in Teilbe(Fortsetzung Fußnote)

in:

ZI.

Stolzlechner/Wendl/Zitta

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

fallgesetz aus 1983

1 fi7 ,

281

die Sondervorschriften für die Behandlung

bestimmter gewerblicher Abfälle enthalten, sowie das Waschmittel168 169 und das Düngemittelgesetz aus 1985 , die aus gesetz aus 1984 umweltpolitischen

Gründen

Qualitätsanforderungen

an

gewerbliche

Produkte stellen. Alle diese Vorschriften stützen sich zum Teil auf 170 die Gewerberechtskompetenz des Bundes und hätten daher insoweit genausogut in die GewO integriert werden können.

7.2

Subventionen

Die Förderungsverwaltung ist gerade für das Gewerbe und die Industrie in der letzten Zeit immer wichtiger geworden 171 . Heute ist eine

Übersicht

über die verschiedenen Subventionsmöglichkeiten 172 kaum mehr möglich . Im folgenden sollen nur einige grundsätzliche Fragen stichwortartig behandelt werden, reich typisch sind und auch zeigen,

die für diesen Be-

daß sich die österreichische

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) reichen kompetenzrechtliche Zweifel vorgebracht, auf das SonderabfallG übertragen lassen.

die

sich

167

BGBl. 1983/186.

168

BGBl. 1984/300.

169

BGBl. 1985/488.

170

Vgl. die Materialien: AB 1238 BlgNR XIV.GP (AltölG); RV 1228, AB 1479 BlgNR XV.GP (SonderabfallG); RV 185, AB 332 BlgNR XVI.GP (WaschmittelG); RV 670, AB 744 BlgNR XVI.GP (DüngemittelG); freilich ist diese kompetenzrechtliche Begründung nicht unumstritten.

171

Dies zeigt schon ein Vergleich der Bundesfinanzgesetze 1970 und 1985 (jeweils BGBl. 1): Unter dem Ansatz 1/631 (BMHGI, Förderungsmaßnahmen, laufende Ausgaben und Vermögensgebarung) sind 1970 346,571 Mio S veranschlagt (S. 118), während es 1985 2253,434 Mio S sind (S. 134).

172

Eine Zusammenstellung findet sich in der Ringmappe: Kreditmöglichkeiten für die gewerbliche Wirtschaft, 9. Aufl. 1984, herausgegeben von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft.

Franz Merli

282

Rechtslage

in

manchem wesentlich

von

jener

der

Bundesrepublik

unterscheidet. "Subvention

im verwaltungsrechtlichen

werte Zuwendung

Sinne ist

aus öffentlichen Mitteln,

eine

die ein

VermögensVerwaltungs-

rechtsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher

Mittel be-

traute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen läßt,

sofern

sich dieses statt zur Leistung eines marktmäßigen Entgelts zu e i nem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten halten bereit e r k l ä r t . " Verschiedentlich 174 nisse

,

rechtlichem

in

171

finden

der

.

sich

Regel

Vertrag.

Ver-

zwar hoheitliche

erfolgt

die

Subventionsverhält-

Förderung

aber mit

privat-

Institut des öffentlich-rechtlichen Ver175 träges ist dem österreichischen Recht fremd . Subventionen werden von Bund,

Das

Ländern und Gemeinden zum Teil direkt vergeben,

zum Teil bedient sich der Staat eigener Rechtsträger (öffentlichrechtlicher Fonds oder Kapitalgesellschaften des Privatrechts 176 ) als Subventionsmittler. Für manche Förderungen bestehen eigene 177 , die meisten beruhen jedoch nur auf internen Erlassen

Gesetze 173

Wenger, Funktion und Merkmale eines verwaltungsrechtlichen Subventionsbegriffes, in: Wenger ( R e d . ) , Förderungsverwaltung, 1973, S. 15 f f . (42); Abgabenerleichterungen werden in der Regel nicht als Subventionen betrachtet: Adamovich/ Funk (Fn. 92), S. 180; v g l . auch Ruppe, Steuerbegünstigungen als Subventionen?, in: Wenger (diese F n . ) , S. 57 f f .

174

Z.B. § 13 Bergbauförderungsgesetz BGBl. 1982/636.

175

Ansätze dafür bilden nur gesetzlich vorgesehene Vereinbarungen zwischen Abgabenpflichtigem und Behörde über die Modalitäten der Zahlungen, wie z.B. § 3 Abs. 2 Steiermärkisches ParkgebührenG 1979, LGB1. 21; Wielinger, Was bringt der verwaltungsrechtliche Vertrag? ZfV 1983, 14 f f .

176

Beispiele bei Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 180 f .

177

Meist handelt es sich um sog. "Statutar-" oder "Selbstbindungsgesetze", die die privatrechtlich handelnden Organe des Staates binden, ohne aber Außenstehenden Rechtsansprüche einzuräumen; Beispiele bei Wenger, Zur Problematik der österreichischen "Selbstbindungsgesetze", in: Festschrift F. (Fortsetzung Fußnote)

BGBl.

1979/137

i.d.F.

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

und

Richtlinien

Die

Ziele

fältig

der

wie

die

283

178 verschiedenen

Subventionsmaßnahmen sind so v i e l 179 Staatsaufgaben überhaupt . Manche von ihnen

f a l l e n mit Zielen des Gewerberechts zusammen,

z.B.

wenn es um

die

Wettbewerbsverbesserung durch die Förderung von Klein- und 180 Mittelunternehmen , um die Hebung des Leistungsstandards im 181 182 183 Gewerbe , die Versorgungssicherung , das Energiesparen 184 oder den Umweltschutz geht. Hier wird deutlich, auch mehr)

daß der Staat mit Subventionen dasselbe

erreichen

kann

wie mit gewerberechtlichen

(oder

Instrumen-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) Korinek, 1972, S. 189 f f . (190); v g l . auch Laurer, Vom Wesen und.Wert der Selbstbindungsgesetze, i n : Festschrift Weng e r , 1983, S. 109 f f . m.w.Nachw. 178

Z.B. Binder, Die neuen ÖZW 1977, 77 f f .

Förderungsrichtlinien

des

179

Eine Übersicht über e i n i g e wichtige Förderungsbereiche g e ben die Beiträge von Jennersdorfer ( A r b e i t s m a r k t ) , Schmotzer (Landwirtschaft), Mayer (Wohnbau) und Machold (Forschung), i n : Wenger (Fn. 173).

180

Z.B. Bundesgesetz über Maßnahmen zur Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft, BGBl. 1982/351; Stolzlechner, Mittelstandsförderung. Ein Überblick über die Rechtslage, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 665 f f .

181

Vor allem im Fremdenverkehr; v g l . z . B . die Bundesprämienaktion "Komfortzimmer und Sanitärräume" (Ringmappe-Fn. 139-A 5) oder verwandte Einrichtungen der Länder, etwa "Schöneres Gasthaus Niederösterreich" (Ringmappe-Fn. 172-N 9c).

182

Z . B . die Niederösterreichische Merkantil-Sonderaktion bensmittelnahversorger (Ringmappe-Fn. 172-N 9 b ) .

183

Z . B . (Bundes-)Investitionszuschüsse an Industriebetriebe zur Anschaffung von Meßgeräten für die Überwachung des i n n e r betrieblichen Energieflusses (Ringmappe-Fn 172-A 27).

184

Z.B. UmweltfondsG, BGBl. 1983/567.

Bundes,

für Le-

284

Franz Merli

ten.

Daß

durch

Subventionen

auch

liegt auf

die

den Wettbewerb

unternehmerische

der Hand.

sigkeit derartiger

in

Damit stellt

eingreifen

Freiheit sich die

185

beschränken

und

da-

können,

Frage nach der Zuläs-

Maßnahmen.

Entscheidend dafür ist nach österreichischem Verständnis nicht ihr sondern ihre Form. Hoheitliche Subventionsverhältnisse

Inhalt,

reiten im allgemeinen wenig Probleme.

be-

Wählt der Staat aber nicht

den Bescheid,

sondern - wie es in der Regel geschieht - den p r i -

vatrechtlichen

Vertrag,

Schranken, tenzordnung, 186

so

befreit

er

sich

weitgehend

die ihm bei hoheitlicher Gestaltung das

Legalitätsprinzip

und

die

von

den

durch die

Kompe-

Grundrechte

gesetzt

Probleme der Durchsetzung von Subventionszielen und des 187 Rechtsschutzes werden damit zu solchen des Privatrechts . Das sind

.

mag vom Standpunkt grüßenswert sein, ten in

sich.

der

Flexibilität

der Wirtschaftsförderung

b i r g t aber offensichtlich

be-

Mißbrauchsmöglichkei-

Situation war 188 immer wieder Anlaß für Kritik durch die österreichische Lehre , und sie hat auch zu Versu-

chen geführt, Einschlägige Grundrechte,

Diese

Mißbrauchsverbote

aus

der Verfassung

abzuleiten.

Konstruktionen postulieren die189Fiskalgeltung der vor allem des Gleichheitssatzes , eine Beschrän-

185

Stadler, Renovation als Element einer modernen Mittelstands1985 H l , 69 f f . , gibt an, daß 85 % der politik, WipolBl. direkten Wirtschaftsförderung an Großbetriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten gehen, obwohl diese Unternehmen kaum 20 % der Arbeitnehmer beschäftigen.

186

Zusammenfassend zu den Konsequenzen der "Flucht ins P r i vatrecht" Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 137 f f . (142 f f . ) ; weiters Novak, Konsumentenschutz im Bereich der Subventionsverwaltung, in: Schilcher/Bretschneider ( H r s g . ) , Konsumentenschutz im öffentlichen Recht, 1984, S. 157 f f .

187

Dazu Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subventionen, in: Wenger (Fn. 173), S. 195 f f . ; Krejci, Zivilrechtliche Fragen zum neuen Wohnungsbauförderungs- und Wohnhaussanierungsrecht, ÖZW 1985, 1 f f . , 33 f f .

188

Hinweise auf die kaum mehr überschaubare Adamovich/Funk (Fn. 92), S. 137 f .

189

Griller,

Drittwirkung

Literatur

bei

und Fiskalgeltung von Grundrechten, (Fortsetzung Fußnote)

Wirtschaftsgestaltung und Wirtschaftslenkung in Österreich

285

190 kung

der

Privatrechtsfähigkeit

der

Gebietskörperschaften

oder

die Begrenzung der Wahlmöglichkeiten des Staates im Hinblick auf hoheitliche

(bescheidmäßige)

So verdienstvoll

und

privatrechtliche

diese Theorien auch sein mögen,

den entscheidenden Nachteil,

Handlungsfor-

sie haben aber

daß es in der Regel - nämlich immer

dann,

wenn auf Abschluß des privatrechtlichen Förderungsvertra192 ges kein Rechtsanspruch besteht - kein Verfahren gibt, in dem sie vom einzelnen zur Anwendung gebracht werden

österreichische

Rechtsschutzsystem

ist

könnten.

Das

rechtsformenbezogen:

Be-

schwerden gegen individuelles Verwaltungshandeln vor dem Verfassungs-

und

hoheitlich,

Verwaltungsgerichtshof

sind

nur zulässig,

wenn es

d.h.

in Bescheidform oder als Maßnahme der 193"unmittelbaren behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt" erfolgt . Privatrechtliche Verträge unterliegen dagegen -

auch wenn

sie Ver-

waltungshandeln betreffen - der Jurisdiktion der ordentlichen Gerichte.

Wem der Vertragsabschluß verweigert wird,

bekämpfbarer Rechtsakt 194 .

dem fehlt ein

Gerade die Subventionsvergabe ist so-

(Fortsetzung Fußnote von vorangegangener Seite) ZfV 1983, 1 f f . , 109 f f . m.w.Nachw. 190

Korinek (Fn. 17).

191

Raschauer, Grenzen der Wahlfreiheit zwischen den Handlungsformen der Verwaltung im Wirtschaftsrecht, ÖZW 1977, 1 ff.; ders., Verfassungsrechtliche Fragen der Wohnbauförderung, in: Festschrift Wenger, 1983, S. 121 f f .

192

Das ist fast immer der Fall; eine Ausnahme bildet z.B. § 4a Abs. 4 MühlenG, BGBl. 1981/206 i . d . F . BGBl. 1982/306, 1984/ 260.

193

Art. 130 Abs. 1, 144 Abs. 1 B-VG.

194

Privatrechtliche Rechtsschutzmöglichkeiten ergeben sich a l lenfalls aus dem Titel culpa in contrahendo und auch für Konkurrenten aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. 1984/448): Nach dessen §§ 1, 14, 15 und 16 hat ein Mitbewerber einen Anspruch auf Unterlassung und Schadenersatz bei sittenwidrigen Handlungen eines anderen Unternehmers im Geschäftsverkehr; dies betrifft auch die sittenwidrige Subventionsvergabe durch den Staat als Privat(Fortsetzung Fußnote)

286

mit ein

F r a n z Merli

Feld f ü r r e c h t s p o l i t i s c h e Anliegen,

j e n e r der F ö r d e r u n g s v e r w a l t u n g

deren Bedeutung mit

wächst.

(Fortsetzung Fußnote von v o r a n g e g a n g e n e r Seite) r e c h t s s u b j e k t ; Bernärd, Die J u d i k a t u r zum F ö r d e r u n g s w e s e n , i n : Wenger ( F n . 173), S. 273 f f . ( 2 8 4 ) ; v g l . auch die in Fn. 187 a n g e f ü h r t e n Arbeiten.

Referenten der 26. Tagung der Wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht" in Kiel, 11. - 14. März 1986

Ass. j u r . , M.A. Josef Brink Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht Fachbereich Rechtswissenschaft - Institut für Öffentliches Recht Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main Senckenberganlage 31 6000 Frankfurt/Main 1 Ass. j u r . Wolfgang Engshuber Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften Universität der Bundeswehr München Werner-Heisenberg-Weg 39 8014 Neubiberg Dipl.-Kaufmann Dr. j u r . Rolf Gröschner Akademischer Rat Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl für Öffentliches Recht Lange Gasse 20 8500 Nürnberg 1

288

Dr. Paul Henseler Hochschulassistent Fachbereich Rechtswissenschaft Universität Trier Postfach 3825 5500 Trier Lic. iur. David Jenny Wissenschaftlicher Mitarbeiter Juristische Fakultät Universität Basel Maiengasse 51 CH-4056 Basel Dr. Dr. Bernhard Losch Hochschulassistent Rechtswissenschaftliche Fakultät Eberhard-Karls-Universität

Tübingen

Wilhelmstraße 7 7400 Tübingen Dr. Franz Merli Wissenschaftlicher Assistent Institut für Öffentliches Recht, Politikwissenschaft und Verwaltungslehre Kalr-Franzens-Universität Graz Elisabethstraße 27 A-8010 Graz Dr. Joachim Wieland Wissenschaftlicher Mitarbeiter Bundesverfassungsgericht Schloßbezirk 3 7500 Karlsruhe

Teilnehmer an der 26. Tagung der Wissenschaftlichen Hitarbeiter der Fachrichtung "Öffentliches Recht" in Kiel, 11. - 14. März 1986

Dr. Christine

AINETTER

Universität Graz

Elke-Luise

BARNSTEDT

Universität Osnabrück

Dr. Hartmut

BAUER

Universität Augsburg

Christiane

BETZ

Ruhr-Universität Bochum

Wolfgang

BINNE

Universität Frankfurt

Klaus

BOCKSLAFF

Christian-Albrechts-Universität

BRINK

Universität Frankfurt

Wolfgang

BUSCHMANN

Christian-Albrechts-Universität

Klaus

DICKE

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Karin

DIETRICH

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Dr. Horst

DREIER

Universität Hannover

Wolfgang

ENGSHUBER

Universität der Bundeswehr München

Thomas

FITSCHEN

Universität Saarbrücken

Jutta

FÖRSTER

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Klaus Peter

FRENZEN

Christian-Albrechts-Universität

Thomas

GAWRON

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin

Dr. Rolf

GRÖSCHNER

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Sönke

HAGGE

Lorenz-von-Stein-Institut Kiel

Peter

HANTEL

Freie Universität Berlin

Ursula

HEINZ

Christian-Albrechts-Universität

M.A.

Josef

Dr. Hans-Günter HENNEKE

Lorenz-von-Stein-Institut Kiel

Kiel Kiel

Kiel

Kiel

290

Dr. Paul

HENSELER

Universität Trier

Walter

HESS

Universität Stuttgart-Hohenheim

Martina

HINTZ

Christian-Albrechts-Universität

Sven

HÖLSCHEIDT

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Jochen

HOFMANN

Universität Würzberg

JAHN

Christian-Albrechts-Universität

JENNY

Universität Basel

Andreas

KÄDE

Christian-Albrechts-Universität

Ullrich

v.

Michael

KILIAN

Universität Tübingen

Ingrid lic.iur.

David

KENNE

Kiel

Kiel Kiel

Freie Universität Berlin

Wolfgang

KLEIN

Christian-Albrechts-Universität

Jörn

KLIMANT

Landeszentralbank Kiel

Tilo

KLINNER

Universität Passau

Andreas

KNAPP

Universität Tübingen

Andreas

KNUTH

Freie Universität Berlin

Michael

KOCH

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Doris

KÖNIG

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Christian

LAWRENCE

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Egil

LEVITS

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

l i c . i u r . Bruno

LÖTSCHER

Universität Basel

Dr.Dr. Bernhard LOSCH

Universität Tübingen

Dr. Jürgen

MAKSWIT

Christian-Albrechts-Universität

Andonis

MALAGARDIS

Freie Universität Berlin

Hartmut

MALINKA

Universität Tübingen

Dr. Franz

MERLI

Universität Graz

Klaus

MESSERSCHMIDT

Universität Trier

Hubert

MEYER

Christian-Albrechts-Universität

Martin M.A.

Rainer

Kiel

Schleswig-Holstein,

MORLOK

Fernuniversität Hagen

NITSCHE

Universität Tübingen

Kiel

Kiel

Gabriele

OESTREICH

U n i v e r s i t ä t der Bundeswehr München

Eva

PALTEN

U n i v e r s i t ä t Graz

Sönke

PETERSEN

Christian-Albrechts-Universität

Christine

PLEWA

Freie U n i v e r s i t ä t

Martin

PROBST

Christian-Albrechts-Universität

Kiel Kiel

Dr. Teresa

PUSYLEWITSCH

Christian-Albrechts-Universität

Gertrud

RAPP

Universität

Hans-Günther

ROES

Christian-Albrechts-Universität

Christel

ROHRMANN

Universität

Martin

RUDOLPH

Freie U n i v e r s i t ä t

Christian

RUMPF

Universität Frankfurt

Karsten

SACH

Albert-Ludwig-Universität

Petra

SCHLAGENHAUF

Freie U n i v e r s i t ä t

Dr.

Isabel

Friedrich

Kiel

Berlin

Bayreuth Kiel

Erlangen-Nürnberg Berlin Freiburg

Berlin

SCHOCH

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Martin

SCHÜRMANN

Christian-Albrechts-Universität

Kiel

Martin

SCHULTE

Westfälische Wilhelms-Universität Münster

Christine

SCHULZE

Christian-Albrechts-Universität

lic.iur.

Karin

SOMM

U n i v e r s i t ä t Basel

Dr. Arnim

STOLZ

U n i v e r s i t ä t Graz

Dr. Rudolf

STREINZ

Universität

Passau

Sabine

THOMSEN

Universität

Heidelberg

Gerhard

UEBERSOHN

Universität Frankfurt

lic.iur.

Heinrich UEBERWASSER

Kiel

U n i v e r s i t ä t Basel

Jan

VIEBROCK

Universität

Konstanz

Nora

VOGENO

Universität

Bayreuth

Dr. Joachim

WIELAND

Bundesverfassungsgericht

Gabriele

WIESEND

Universität

Christoph

ZEYEN

Christian-Albrechts-Universität

Karlsruhe

Bayreuth Kiel