Abschied von der Planrechtfertigung [1 ed.] 9783428518395, 9783428118397

Das Erfordernis der Planrechtfertigung zählt in der Rechtsprechung zu den gesicherten Bestandteilen der fachplanungsrech

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Abschied von der Planrechtfertigung [1 ed.]
 9783428518395, 9783428118397

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 993

Abschied von der Planrechtfertigung Von Philipp Müller

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

PHILIPP MÜLLER

Abschied von der Planrechtfertigung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 993

Abschied von der Planrechtfertigung

Von

Philipp Müller

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum hat diese Arbeit im Jahre 2005 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11839-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist während meiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität Bochum entstanden und wurde im Wintersemester 2004 / 2005 von der Juristischen Fakultät der Universität Bochum als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum konnten bis Oktober 2004, teilweise auch noch darüber hinaus berücksichtigt werden. An dieser Stelle gilt es all denjenigen zu danken, ohne die meine Dissertation nicht hätte entstehen können. An hervorgehobener Stelle ist insoweit mein akademischer Lehrer, Herr Professor Dr. Martin Burgi, zu nennen. Sein Rat, seine Aufmerksamkeit und sein Vorbild hatten ganz entscheidenden Einfluss auf das Gelingen dieser Arbeit. Durch Beschäftigung am Institut für Berg- und Energierecht – zunächst als studentische Hilfskraft, später als Wissenschaftlicher Mitarbeiter – förderte er meinen Werdegang nach Kräften und setzte ideale Rahmenbedingungen für die wissenschaftliche Arbeit. Letzteres gilt nicht minder für seinen Nachfolger in der Position des Geschäftsführenden Direktors des Instituts für Berg- und Energierecht, Herrn Professor Dr. Johann-Christian Pielow. Auch er gewährte mir stets genügend Freiraum, um mein Promotionsvorhaben vorantreiben zu können. Zudem erstellte er, wofür ich ihm ebenfalls herzlich danke, das Zweitgutachten zu dieser Arbeit; dies dabei nicht minder zügig als Professor Dr. Burgi das Erstgutachten verfasste. Wertvolle Unterstützung erfuhr ich auch von meinem Studienfreund und Arbeitskollegen am Institut, Herrn Wiss. Mitarbeiter Thorsten Finger. Bedanken möchte ich mich schließlich bei allen weiteren Mitarbeitern des Instituts für Bergund Energierecht. An die angenehme, gelöste und zugleich arbeitsreiche Zeit mit ihnen werde ich stets gerne zurückdenken. Vor allem aber gebührt mein Dank meiner Familie, und d. h. insbesondere meiner lieben Frau Yvonne und meinem Sohn Lukas, aber auch meinen Eltern sowie meiner Tante Ingrid und meinem Onkel Karl. Ohne ihren Rückhalt und ihre Unterstützung wäre diese Arbeit nicht denkbar gewesen. Für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses danke ich dem Verein zur Förderung der Rechtswissenschaft e.V., Bochum. Bochum, im Januar 2005

Philipp Müller

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einleitung

19

§1

Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

§2

Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Zweiter Teil Das Gebot der Planrechtfertigung in der Rechtsprechung – eine kritische Bestandsaufnahme

22

§3

Von der Bauleitplanung zur Fachplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

§4

Allgemeiner Inhalt und Anwendungsbereich des Gebots der Planrechtfertigung . .

26

A. Inhalt, Kontrolldichte und Verhältnis zu anderen Planungsschranken . . . . . . . . . .

27

I. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

1. Zielkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

a) Einzelfälle anerkannter Zielkonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

a) Der Maßstab des „vernünftigerweise Gebotenseins“ . . . . . . . . . . . . . . . .

34

b) Keine strikte Trennung zwischen Zielkonformitäts- und Bedürfnisprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

c) Fälle fehlenden Bedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

d) Gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

II. Kontrolldichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

III. Bedeutung und Funktion der Planrechtfertigung im System materieller Planbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

1. Die Schranke der zwingenden Rechtsvorschriften („Planungsleitsätze“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

10

§5

Inhaltsverzeichnis 2. Die Schranke des Abwägungsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44

b) Verhältnis zur Planrechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

B. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

I. Beschränkung auf Fälle mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung? . . . . . . . . .

48

II. Beschränkung auf „gemeinnützige“ Vorhaben? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

Dritter Teil

§6

§7

Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

53

Einzelne Begründungsansätze aus Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

A. Verankerung in Art. 14 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

I. Rechtfertigungsbedürftigkeit wegen Einwirkungen auf Rechte Dritter . . . .

53

II. Sicherung gerichtlicher Vollkontrolle der Gemeinwohldienlichkeit . . . . . . .

55

III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

B. Anknüpfung an den allgemeinen Erforderlichkeitsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

C. „Ermächtigungsgrundlagenfunktion“ der Planrechtfertigung? . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

D. Verankerung in Art. 20a GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

E. Fachplanungsrechtliche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

F. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

Planrechtfertigung und Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

A. Die Planrechtfertigung – ein Teil der Abwägungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . .

71

I. Prüfungsmaßstab der Planrechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

II. Fallgruppen fehlender Planrechtfertigung in der Abwägung . . . . . . . . . . . . . .

72

III. Anforderungen des verfassungsrechtlich abgesicherten Eigentumsschutzes 73

§8

B. Einwände gegen die Verortung der Planrechtfertigung im Abwägungsgebot . . .

74

I. Trennung aufgrund unterschiedlicher Kontrolldichte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

II. Trennung in „Ob“ und „Wie“ der Vorhabenausführung? . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

III. Trennung im Interesse der Prüfungsökonomie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

Inhaltsverzeichnis

11

Vierter Teil

§9

Konsequenzen aus dem Abschied von der Planrechtfertigung

82

Die Abwägungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

A. Allgemeine Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

B. Unterschiede zum Verwaltungsermessen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

I. Die normstrukturelle Unterscheidung von Konditional- und Finalprogrammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

II. Gleitende Übergänge in den Dichtegraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

C. Planung und Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

I. Der Typus der Planungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

II. Eigenheiten der Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Antragsbedürftigkeit der Planfeststellung – Genehmigungsrechtliche Züge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

2. Der Anspruch auf Planfeststellung – Zur Frage der Verteilung des Abwägungsspielraums zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

a) Materieller Rechtsanspruch auf Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

b) Alleinige Verortung des Abwägungsspielraums bei der Planfeststellungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

aa) Anforderungen des Abwägungsgebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Anforderungen an eine verfassungsmäßige Gemeinwohlkonkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Grundrechtsschutz privater Vorhabenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 § 10 Zum Verhältnis von Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger betreffend die Bedarfsfrage – Folgerungen aus der Zuordnung des Abwägungsspielraums . . . . . . . 104 § 11 Die Frage nach dem Bedarf – ein integraler Bestandteil des Abwägungskontrollprogramms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 A. Der Abwägungsausfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 B. Die Ermittlung des Bedarfs als Aspekt der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 C. Die Gewichtung und Abwägung von Bedarfsaspekten im Verhältnis zu anderen Belangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 D. Eingeschränkte gerichtliche Kontrolldichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114

12

Inhaltsverzeichnis

§ 12 Besonderheiten „privatnütziger“ Planfeststellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 A. Die privatnützige Planfeststellung – keine eigene Kategorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 I. Verschränkung öffentlicher und privater Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 II. Weitere gegen eine Unterscheidung sprechende Gesichtspunkte . . . . . . . . . . 118 III. Entwicklungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Folgen für die Bedarfsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 § 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 A. „Verbindliche“ gesetzliche Bedarfsfestlegungen – eine neue Figur . . . . . . . . . . . . 126 B. Einfluss der verbindlichen Bedarfsregelungen auf die Planrechtfertigung . . . . . 127 C. Folgen der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen für die Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Weiterreichende Bindung der Abwägungsentscheidung nach Manssen . . . . 132 III. Der Inhalt der Bedarfsgesetze – eine Frage der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 a) Verfassungsrechtliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Rechtsschutzverkürzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Gewaltenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 b) Gemeinschaftsrechtliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 aa) UVP-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 bb) FFH-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 d) Anforderungen des rechtsstaatlich abgesicherten Abwägungsgebots 142 e) Die Planrechtfertigung als eigentlicher Bezugspunkt der Bedarfsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 3. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 4. Zur normzweckorientierten Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Fünfter Teil Auf dem Prüfstand: Die Planfeststellung für Energieanlagen gem. § 11a EnWG nach dem Abschied von der Planrechtfertigung

151

§ 14 Die Prüfung der Zielentsprechung (§ 11a Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 1 EnWG) . . . . . . . . 151 A. Zielkonflikte in den gesetzlichen Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Inhaltsverzeichnis

13

B. Zielentsprechung und Abwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 C. Die Zielentsprechung vor dem Hintergrund ihrer dogmatischen Grundlegung 154 § 15 Einzelne Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 A. Außerhalb der Energieversorgung liegende Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 B. Leitungsbau aus Gründen einer „sicheren“ Energieversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . 156 C. Preisgünstigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 D. Umweltverträglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 E. Leitungsbau als „Wettbewerbsinstrument“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Sechster Teil Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

167

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

Entscheidungsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Abkürzungsverzeichnis

a.A. a. a. O. a.E. a.F. AblEG L Abs. abw. AEG Allg. AöR Art. AtG ausf. BauGB BauR Bay BayVBl BayVerfGH Bek. ber. Beschl. BGBl. I BImSchG

BNatSchG BRS BR-Drucks. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE

anderer Ansicht, Auffassung am angegebenen Ort am Ende alte(r) Fassung Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Reihe „Leges“ Absatz abweichend(e) Allgemeines Eisenbahngesetz allgemein(es) Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) ausführlich Baugesetzbuch Baurecht; Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bayern (bayerisch) Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bekanntmachung berichtigt Beschluss Bundesgestzblatt Teil I Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundesimmissionsschutzgesetz) Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) Baurechtssammlung Bundesrat-Drucksache Bundestag-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

Abkürzungsverzeichnis BW dens. ders. DÖV DVBl. EEG EnWG f. FAZ ff. FFH FG Fn. FS FStrAbG FStrG Gesamtred. GG ggf. GVBl. HdbStR HdUR Hess Hmb Hrsg. hrsg. i.d.F. i.d.R. i.e. i.E. i.S. insbes. Jura JuS JZ Kap. KrW- / AbfG

Lit.

15

Baden-Württemberg denselben derselbe Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz) Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) folgende; für Frankfurter Allgemeine Zeitung folgende Flora-Fauna-Habitat Festgabe Fußnote(n) Festschrift Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen (Bundesfernstraßenausbaugesetz) Bundesfernstraßengesetz Gesamtredaktion Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Gesetz- und Verordnungslatt Handbuch des Staatsrechts Handwörterbuch des Umweltrechts Hessen (hessisch) Hamburg (hamburgisch) Herausgeber herausgegeben In der Fassung in der Regel id est (das heißt) im Ergebnis im Sinne insbesondere Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kapitel Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz) Literatur

16 LS LuftVG LuftVZO m.a.W. m.H.a. m. w. N. Nachw. Nds NJW NordÖR Nr. NRW NuR NVwZ NVwZ-RR NZV OVG PBefG RdE RhPf Rn. ROG Rspr. s. SchWAbG Sh sog. Sp. st. StGB StrWG Teilbeschl. u. a. UPR Urt. UVP UVPG v. VBlBW Verf. VerkBl

Abkürzungsverzeichnis Leitsatz, Leitsätze Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung mit anderen Worten mit Hinweis auf mit weiteren Nachweisen Nachweis(e) Niedersachsen (niedersächsisch) Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für öffentliches Recht in Norddeutschland Nummer(n) Nordrhein-Westfalen Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Oberverwaltungsgericht Personenbeförderungsgesetz Recht der Energiewirtschaft Rheinland-Pfalz Randnummer Raumordnungsgesetz Rechtsprechung siehe Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz) Sonderheft so genannt Spalte(n) ständige Strafgesetzbuch Straßen- und Wegegesetz Teilbeschluss und andere Umwelt- und Planungsrecht Urteil Umweltverträglichkeitsprüfung Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom, von Verwaltungsblätter Baden-Württemberg Verfasser Verkehrsblatt

Abkürzungsverzeichnis VerwArch VerwR VG VGH vgl. Vorb. VVDStRL VwGO VwVfG VwVfR WaStrG WHG WiVerw z. B. ZfW zust.

2 Müller

Verwaltungsarchiv Verwaltungsrecht Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsverfahrensrecht Bundeswasserstraßengesetz Wasserhaushaltsgesetz Wirtschaft und Verwaltung zum Beispiel Zeitschrift für Wasserrecht zustimmend

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Erster Teil

Einleitung § 1 Problemaufriss Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Stromund Gasversorgungsleitungen, Flugplätze oder Deponien sind sowohl für die Sicherung der Daseinsvorsorge als auch für eine wachstumsorientierte wirtschaftliche Entwicklung unabdingbare Voraussetzung1. Die Schaffung solcher Einrichtungen stellt damit eine hinsichtlich ihrer Bedeutung wohl kaum zu überschätzende Aufgabe dar, deren Bewältigung komplexe Planungen erfordert. Der Verwirklichung dieser Planungen ist in unserer Rechtsordnung üblicherweise das Verfahrensinstrument des fachplanerischen Planfeststellungsverfahrens vorgeschaltet2. Mit der Planfeststellung verbunden sind dabei zahlreiche Rechtsprobleme, die nicht weniger komplex als die erforderlichen Planungen selbst sind; sie stellen sich anhand einzelner Infrastrukturvorhaben immer wieder neu und beschäftigen Rechtsprechung3 wie Literatur4 gleichermaßen unaufhörlich. Zu diesen rechtlichen Problemen zählt nicht zuletzt die Frage nach den materiell-rechtlichen Bindungen, denen sich die Planfeststellungsbehörde bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ausgesetzt sieht. In seinem hinsichtlich der dogmatischen Struktur von Fachplanungsentscheidungen grundlegenden sog. „B 42“-Urteil vom 14. Februar 1975 hat das Bundesverwaltungsgericht5 insoweit ausgeführt, mit der materiellen Ermächtigung zur Fachplanung korreliere notwendig das Element planerischer Gestaltungsfreiheit. Diese werde ihrerseits aber nicht schrankenlos 1 Vgl. unter dem Aspekt der Daseinsvorsorge nur BVerfG, Beschl. vom 20. 03. 1984 – 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248, 258; zum Gesamtkomplex vgl. umfassend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung; Pielow, Grundstrukturen öffentlicher Versorgung; zur ökonomischen Bedeutung vgl. nur Jochimsen / Högemann, in: Raumordnung, S. 196 ff., 207 ff. 2 Vgl. etwa § 17 FStrG, § 18 AEG, § 14 WaStrG, § 31 WHG, § 11a EnWG, § 8 LuftVG, § 31 KrW- / AbfG. 3 Vgl. nur die Urteilsübersichten bei Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, S. XV ff. 4 Vgl. die Vielzahl der auch jüngst erschienen Lehrbücher, Monographien, Festschriften, z. B.: Erbguth / Oebbecke (Hrsg.), FS für Hoppe; Hönig, Fachplanung und Enteignung; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz; Ibler, Gestaltungsfreiheit; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung; Stüer / Probstfeld, Planfeststellung; Tsevas, Kontrollintensität; Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse. 5 IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56.

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1. Teil: Einleitung

gewährt, sondern sei rechtsgebunden. Eine der materiellrechtlichen Bindungen6 bestehe darin, dass die Planung „im Hinblick darauf, daß sie rechtsgestaltend in individuelle Rechtspositionen Dritter eingreift und Grundlage der zur Ausführung des Planes etwa notwendig werdenden Enteignungen ist (. . . ), einer – auch vor Art. 14 GG7 standhaltenden – Rechtfertigung“8 bedürfe. Dieses mit der „B42“-Entscheidung zunächst für die fernstraßenrechtliche Fachplanung entwickelte Erfordernis der Rechtfertigung des konkreten Planvorhabens (kurz „Planrechtfertigung“) hat das Bundesverwaltungsgericht sodann auf alle strukturell vergleichbaren Fachplanungen übertragen9. Inzwischen wird das Erfordernis der Planrechtfertigung zuweilen zu den „gesicherten Bestandteilen der fachplanungsrechtlichen Dogmatik“10 gezählt. Dogmatische Grundlegung und Inhalt dieser materiellen Voraussetzung der Planfeststellung können indes wohl kaum als gesichert bezeichnet werden: Das Institut als solches ist nicht gesetzlich festgeschrieben, und während die Judikate der Verwaltungsgerichte – sofern sie nicht gar dogmatischer Festlegung entbehren – regelmäßig schlicht auf die Rechtfertigungsbedürftigkeit der Planung vor Art. 14 GG verweisen, gibt es in der planungsrechtlichen Literatur für die Figur der Planrechtfertigung eine ganze Vielzahl verschiedener Begründungsansätze. Auch was Anwendungsbereich und Inhalt dieser materiellen Planungsbindung anbelangt, klaffen die Vorstellungen – zuweilen sogar innerhalb der Rechtsprechung – weit auseinander. Schließlich wird das Erfordernis der Planrechtfertigung teilweise auch als überflüssig abgelehnt. Wie sich im Rahmen dieser Untersuchung zeigen wird, erweist sich letztlich allein letztere Sicht als tragfähig. Die Planrechtfertigung stellt keine dogmatisch eigenständige fachplanungsrechtliche Kategorie dar. Vielmehr geht das, was gemeinhin dem Kriterium der Planrechtfertigung zugeordnet wird, bereits in den Schranken des zwingenden Rechts sowie (vor allem) des Abwägungsgebots auf. Dabei wird sich im Gefolge dieses Abschieds von der Planrechtfertigung herausstellen, dass sich auch die mit der Planrechtfertigung häufig eng verknüpfte Figur der „privatnützigen“ Planfeststellung nicht rechtfertigen lässt. Schließlich kommt auch der in Reaktion auf die Planrechtfertigung entstandenen Kategorie der verbindlichen Bedarfsfestlegungen in Ausbaugesetzen für die Planfeststellung nicht die Bedeutung zu, die ihr gemeinhin zuerkannt wird. Aus diesen Erkenntnissen folgt eine erhebliche Vereinfachung der dogmatischen Struk6 Weitere rechtliche Bindungen der planerischen Gestaltungsfreiheit ergeben sich nach der Rechtsprechung des BVerwG aus zwingenden Rechtssätzen und den Anforderungen des Abwägungsgebots, vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56; zusammenfassend Fouquet, VerwArch 87 (1996), S. 212 ff.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 579 ff. 7 V. 23. 05. 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 26. 07. 2002 (BGBl. I S. 2863) 8 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59. 9 Näher unten Zweiter Teil § 3. 10 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307.

§ 2 Gang der Untersuchung

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tur des Fachplanungsrechts. Sie ermöglicht es dem Rechtsanwender, sich auf die zentralen materiellen Maßstäbe fachplanerischer Entscheidungen, insbesondere auf das Abwägungsgebot, zu konzentrieren.

§ 2 Gang der Untersuchung Damit sei der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung grob umrissen: Sie soll dogmatische Grundlegung, Inhalt, Reichweite, Kontrollintensität und Leistungsfähigkeit der Figur der Planrechtfertigung im Fachplanungsrecht beleuchten. Dazu wird es zunächst erforderlich sein, der Entwicklung des Gebots der Planrechtfertigung in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nachzugehen. Dies wird die Frage nach der dogmatischen Grundlegung der Planrechtfertigung sowie insbesondere ihrem Verhältnis zum Gebot planerischer Abwägung aufwerfen. Hierbei wird sich erweisen, dass die unter dem Kriterium der Planrechtfertigung gestellten Fragen in ihrem Kern anhand der allgemeinen Abwägungslehren zu beantworten sind. Dies lässt es angebracht erscheinen, Konsequenzen für die Rechtsanwendung aus der postulierten Aufgabe der Planrechtfertigung als eigenständiger dogmatischer Kategorie aufzuzeigen. Schließlich steht gleichsam exemplarisch die Planfeststellung für Energieleitungen nach dem Abschied von der Planrechtfertigung auf dem Prüfstand; sie ist aufgrund fachgesetzlicher Eigenheiten von besonderem Interesse.

Zweiter Teil

Das Gebot der Planrechtfertigung in der Rechtsprechung – eine kritische Bestandsaufnahme Ein allgemeines materielles „Recht der Planfeststellung“ als solches besteht nicht. Wohl nicht zuletzt deshalb stellt das Fachplanungsrecht – von seiner verfahrensrechtlichen Ausgestaltung in den §§ 72 ff. VwVfG abgesehen – häufig durch den Einzelfall geprägtes Fallrecht dar. Gleichwohl hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung eine „allgemeine Struktur von (Fach-)Planungsentscheidungen“ 1 entwickelt. Dabei geht sie im Ansatz davon aus, dass mit der materiellen Ermächtigung zur Fachplanung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer planerischer Gestaltungsspielraum verbunden ist; denn Planung ohne einen solchen Spielraum wäre, so das Bundesverwaltungsgericht, „ein Widerspruch in sich“2. Gekennzeichnet wird der bestehende Entscheidungsfreiraum seitens des Gerichts mit dem Begriff der „planerischen Gestaltungsfreiheit“. Erstrecken soll er sich „in umfassender Weise auf alle planerischen Gesichtspunkte, die zur – möglichst optimalen – Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe, aber auch zur Bewältigung der von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind.“3 Trotz dieser positiven Umschreibung bestimmt das Bundesverwaltungsgericht den Inhalt der planerischen Gestaltungsfreiheit in seinem Kern negativ durch die Herausarbeitung von Grenzen, denen sich die jeweilige Planungsentscheidung ausgesetzt sieht4. Diese rechtlichen Bindungen sollen nach ihrem Inhalt, dem jeweils erfassten Entscheidungsgegenstand sowie nach ihrer Kontrolldichte unterschiedliche Stufen eines Schrankensystems bilden. So etwa BVerwG, Beschl. v. 17. 12. 1985 – 4 B 214.85 – NVwZ 1986, 640, 641. BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59; BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 116; BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 304 (zum Bauplanungsrecht). 3 BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 256; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 1998 – 11 A 1.97 – UPR 1999, 266. 4 Vgl. etwa BVerwG Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59: „Was danach ( . . . ) der weiteren Erörterung bedarf, ist nicht die Tatsache der der Planfeststellungsbehörde zustehenden Gestaltungsfreiheit an sich, sondern die Bestimmung der ihr dabei gesetzten Grenzen.“; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148; vgl. auch Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 42; Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 56 f. 1 2

§ 3 Von der Bauleitplanung zur Fachplanung

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An erster Stelle innerhalb dieser Systematik steht vor den Schranken der zwingenden Rechtssätze und der Abwägung die Schranke der Planrechtfertigung. Für den Begriff „Planrechtfertigung“ findet sich im Fachplanungsrecht kein ausdrücklicher positivrechtlicher Anhaltspunkt. Entwickelt hat ihn das Bundesverwaltungsgericht; dieses legt ihn seinen zu Fachplanungen ergehenden Entscheidungen in ständiger Rechtsprechung zu Grunde. Handelt es sich dergestalt um ein richterrechtliches Institut5, muss der Versuch, den materiellen Gehalt der Planrechtfertigung zu erfassen, seinen Ausgangspunkt bei den Judikaten nehmen, mit denen er eingeführt wurde.

§ 3 Von der Bauleitplanung zur Fachplanung Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Rechtsfigur der Planrechtfertigung zunächst auf Grundlage der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 BBauG 19606 für das Recht der Bauleitplanung entwickelt7. Nach § 1 Abs. 1 BBauG 1960 hatte die Bauleitplanung der Ordnung der städtebaulichen Entwicklung zu dienen. Dem entnahm das Bundesverwaltungsgericht, dass jedwede Planung durch städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange getragen sein müsse8. Diese Erkenntnis setzte es sodann in Beziehung zu § 2 Abs. 1 BBauG 1960, demnach Bauleitpläne – „sobald und soweit erforderlich“ – „von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen“ waren: Das Verhältnis beider Bestimmungen sei dahingehend zu verstehen, dass eine Planung ihre – im Hinblick auf Art. 14 GG erforderliche9 – Rechtfertigung nicht bereits in sich selbst trage, sondern der Rechtfertigung durch den Zweck der Bauleitplanung bedürfe10. Jedwede Planung müsse daher in Beziehung zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung stehen11. Diese aufgrund §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 BBauG 1960 entwickelte materiellrechtliche Bindung der Bauleitplanung hat später Eingang in § 1 Abs. 3 BBauG 197612 (deckungsgleich mit § 1 Abs. 3 BauGB13) gefunden. Seitdem wird nunmehr bereits im Gesetzeswortlaut Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 13; ders., NuR 2004, 69. Bundesbaugesetz v. 23. 06. 1960 (BGBl. I S. 341). 7 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 304 f.; BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312 ff. 8 BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 305; BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312. 9 So ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312. 10 BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 305. 11 BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312 (beachte dort bereits den ersten Leitsatz). 12 Bundesbaugesetz v. 23. 06. 1960 (BGBl. I S. 341) i.d.F. der Bek. v. 18. 08. 1976 (BGBl. I S. 2256). 13 I.d.F. der Bek. v. 23. 09. 2004 (BGBl. I S. 2414). 5 6

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

ausdrücklich die Erforderlichkeit der gemeindlichen Bauleitplanung mit dem gesetzlichen Zweck der Bauleitplanung verknüpft14. So heißt es in § 1 Abs. 3 BauGB: „Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.“ Anders gewendet lässt sich dem entnehmen, dass Bauleitpläne nur dann aufgestellt werden dürfen, wenn im Hinblick auf die Ordnung der städtebaulichen Entwicklung eine die Erforderlichkeit begründende Situation vorliegt15. Damit war die Rechtsfigur der Planrechtfertigung für den Bereich gemeindlicher Bauleitplanung gefunden. Das Bundesverwaltungsgericht übertrug sie sodann in seinem hinsichtlich der materiellen Schranken von Planfeststellungsbeschlüssen fundamentalen „B42“-Urteil vom 14. Februar 197516 auf die fernstraßenrechtliche Fachplanung: „In diesem Sinne findet eine bestimmte straßenrechtliche Planung ihre Rechtfertigung darin, daß für das mit ihr beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz allgemein verfolgten Ziele ein Bedürfnis besteht, die mit ihr geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also objektiv erforderlich ist.“ Von diesem für das Fachplanungsrecht maßgeblichen Referenzgebiet des Fernstraßenbaus war der Schritt zur Planrechtfertigung als allgemein geltender materieller Planungsbindung nicht mehr weit17. Maßgebliches Motiv für diese Übertragung der materiellen Schranke der Planrechtfertigung von der Bauleitplanung auf die Fachplanung ganz allgemein war dabei wohl, dass für das Fachplanungsrecht ausschließlich die in den jeweiligen speziellen Fachplanungsgesetzen enthaltenen Normkomplexe und 14 Der Gesetzgeber sieht § 1 Abs. 3 BBauG 1976 ausdrücklich in der Nachfolge von § 2 Abs. 1 BBauG 1960, vgl. BT-Drucks. 7 / 2496, S. 36; vgl. auch Weyreuther, DVBl. 1981, 369, 370. 15 Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 30; Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 1 Rn. 25 f.; Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 174; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 280. 16 IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59. 17 Demgemäß hat das BVerwG das Gebot der Planrechtfertigung auf alle vergleichbaren Fachplanungen übertragen; vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 226 f. (Übertragung auf die „gemeinnützige“ Planfeststellung nach § 31 WHG); BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 117 f. (Übertragung auf Planfeststellung nach § 8 LuftVG); BVerwG, Urt. v. 20. 07. 1979 – 7 CB 21.79 – NJW 1980, 953 (Übertragung auf Planfeststellung nach dem AbfG); BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 256 f. (Übertragung auf Planfeststellung nach § 36 des damaligen BBahnG, entsprechend heute § 18 AEG); BVerwG, Urt. v. 12. 07. 1985 – 4 C 40.83 – BVerwGE 72, 15, 20 f. . (Übertragung auf Planfeststellung nach § 14 WaStrG); Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78, stellt – selbst Mitglied des zuständigen 4. Senats des BVerwG – wie selbstverständlich in Aussicht, dass das BVerwG das Kriterium der Planrechtfertigung auch auf den mit § 11a EnWG neu geschaffenen Planfeststellungsvorbehalt für Energieleitungen übertragen wird. Heute handelt es sich beim Gebot der Planrechtfertigung in fachplanerischen Zusammenhängen um ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. aus jüngerer Zeit etwa BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142; BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00, BVerwGE 114, 364, 372; BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314; zweifelnd einzig BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 51.

§ 3 Von der Bauleitplanung zur Fachplanung

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damit – selbst die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Planfeststellung in §§ 72 ff. VwVfG erfolgte erst 197618 – keine allgemeinen Regelungen galten19. Auf der Suche nach materiellen Planbegrenzungen erschien es insofern aus Sicht der Rechtsprechung nahe liegend, auf das Recht der Bauleitplanung zurückzugreifen20. Die Wahl dieses „bequemen Weges“ hatte allerdings auch zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht das Erfordernis der Planrechtfertigung als allgemeine Schranke planerischer Gestaltungsfreiheit ohne rechtsnormative Absicherung im Fachplanungsrecht entwickelte21, indem es zur Begründung lediglich auf dessen „sinngemäße Übereinstimmung mit demselben Erfordernis bei der Bauleitplanung“22 sowie – vor allem – auf die Rechtfertigungsbedürftigkeit der Planung vor Art. 14 GG verwies23. In diesem Sinne führte es nahezu stereotyp aus, dass „eine hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht etwa schon in sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter für die jeweils konkrete Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig ist.“24 Diesen – sich offenbar ausschließlich auf Art. 14 GG beziehenden25 – Argumentationstopos hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur Begründung der Planrechtfertigung bis heute aufrechterhalten 26.

Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes vom 25. 05. 1976 (BGBl. I, S. 1253). Vgl. auch Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 213. 20 Zum im Fachplanungsrecht nicht unüblichen Rückgriff auf das Bauplanungsrecht vgl. nur Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517. 21 Die Rechtsprechung ist mitunter dazu übergegangen, das Gebot der Planrechtfertigung als „ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ des § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG zu qualifizieren, so etwa BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 130; zuletzt BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314; ebenso auch VGH BW, Urt. v. 03. 09. 1993 – 5 S 874.92 – VBlBW 1994, 271, 275; VGH BW, Urt. v. 09. 12. 1994 – 5 S 1648.94 – VBlBW 1995, 275, 277. 22 So BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 60; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 118. 23 Grundlegend für diesen Argumentationstopos bereits BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312 zur Bauleitplanung; aufgegriffen haben ihn sodann etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59; BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 226 ff.; eingehend BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284 f.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Urt. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 130; aus der Literatur vgl. nur Blumenberg, DVBl. 1989, 86, 91; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 46. 24 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 118; BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309, 312; BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59 f. 25 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80; s. auch Niehues, WiVerw 1985, 250 ff.; Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse, S. 59; Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1205; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 46; Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 228. 18 19

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

Mit der Verwirklichung raumbeanspruchender Großprojekte gehen in der Tat regelmäßig Beeinträchtigungen der Eigentumsrechte Dritter einher. Angesichts des häufig immensen Flächenbedarfs solcher Vorhaben ist sogar die zwangsweise Inanspruchnahme privaten Grundeigentums oftmals unumgänglich. Diese untrennbare tatsächliche Beziehung zwischen Planfeststellung und Enteignung zeichnen die Fachplanungsgesetze rechtlich nach, indem sie der Planfeststellung regelmäßig enteignungsrechtliche Vorwirkung beimessen27. Dies bedeutet, dass bereits im Planfeststellungsverfahren abschließend über die Zulässigkeit einer Enteignung zu Gunsten des festgestellten Vorhabens entschieden wird28. Im anschließenden Enteignungsverfahren kann m.a.W. nicht mehr in Frage gestellt werden, dass das planfestgestellte Vorhaben verwirklicht werden darf und seine Verwirklichung vor Art. 14 Abs. 3 GG standhält29. Dem Grunde nach steht damit bereits durch die Planfeststellung abschließend fest, welches Privateigentum für die Zwecke des Vorhabens in Anspruch genommen werden darf.

§ 4 Allgemeiner Inhalt und Anwendungsbereich des Gebots der Planrechtfertigung Vor dem Hintergrund dieses „unlösbaren tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang(s)“30 zwischen Planfeststellung und Enteignung stellt sich die Frage nach dem Inhalt des als „Instrument des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes“31 begriffenen fachplanerischen Rechtfertigungsgebots. Insoweit wird maßgeblich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzustellen sein, da – wie aufgezeigt – der Begriff „Planrechtfertigung“ erst durch das Gericht selbst eingeführt und geprägt worden ist. 26 Vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 09. 09. 1996 – 11 VR 31.95 – NVwZ-RR 1997, 210, 210 f.; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 372; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78 ff. 27 Vgl. etwa § 19 Abs. 1, 2 FStrG; § 22 Abs. 1, 2 AEG; § 12 Abs. 1, 2 EnWG; § 30 PBefG; § 44 Abs. 1, 2 WaStrG; § 28 Abs. 1, 2 LuftVG; zu einzelnen Planfeststellungen ohne enteignungsrechtliche Vorwirkung vgl. Hoppe / Schlarmann, Rechtsschutz, 2. Aufl., S. 27 (in Fn. 127); Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 82; ferner Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 397. 28 Der Umfang dieser Vorwegnahme der Überprüfung der Zulässigkeit der Enteignung entspricht den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses. Aus diesem ergibt sich insbesondere die Trassenführung bzw. der Standort des Vorhabens; die ggf. enteignend in Anspruch zu nehmenden Grundstücke sind in einem speziellen Grundstücksverzeichnis zu kennzeichnen, vgl. Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 76 i.V.m. § 73 Rn. 19a. 29 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 75 Rn. 12 f.; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 75 Rn. 32 ff. 30 Tsevas, Kontrollintensität, S. 58. 31 So die Rechtsprechung des BVerwG kennzeichnend Niehues, WiVerw 1985, 250.

§ 4 Allgemeiner Inhalt und Anwendungsbereich

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A. Inhalt, Kontrolldichte und Verhältnis zu anderen Planungsschranken I. Inhalt Inhaltlich fordert das Bundesverwaltungsgericht für die Rechtfertigung einer bestimmten Planung, dass für das mit der Planung beabsichtigte Vorhaben – gemessen an den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes – ein Bedürfnis besteht32. Das Kriterium der Planrechtfertigung setzt sich demnach aus zwei Elementen33 zusammen: Die Rechtsprechung fragt zum einen, ob die durch die Planung konkret verfolgten Ziele gesetzlich festgelegten generellen Planungszielen dienen. Dieses Erfordernis wird mit dem Begriff der „Zielkonformität“ umschrieben; mit ihm soll nach der Rechtsprechung sichergestellt werden, dass das Vorhaben ausschließlich gesetzlich festgeschriebene Gemeinwohlziele i.S. von Art. 14 Abs. 3 GG und nicht solche Ziele fördert, die vor dieser Bestimmung keinen Bestand haben34. Gefragt wird ferner, ob für das konkrete Vorhaben in Anbetracht dieser Ziele ein Bedürfnis besteht, ob es „objektiv erforderlich“ ist35. Für Letzteres soll allerdings nicht notwendig sein, dass die Planung in einem strengen, am Eingriffs- und Schrankendenken ausgerichteten Sinne unausweichlich ist; vielmehr genügt es nach dem Bundesverwaltungsgericht zur Bejahung der Erforderlichkeit bereits, wenn das Vorhaben „vernünftigerweise geboten“ ist36. 32 Vgl. für die straßenrechtliche Planfeststellung jüngst etwa BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5 / 02 – juris Nr.: WBRE 410009314; grundlegend BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 60; für die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 118; BVerwG, Urt. v. 30. 05. 1984 – 4 C 58.81 – BVerwGE 69, 256, 270; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 232 f. 33 Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 95; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 17 f.; Hönig, Fachplanung und Enteignung, S. 199; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 271; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 280; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 179; vgl. aber zu bestehenden Verschränkungen zwischen den Elementen unten 2. 34 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; dieses Konzept erläutert Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 229 f. 35 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 60; jüngst BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314; teilweise wird der Bezug zu Art. 14 GG in der Rspr. auch erst auf dieser Stufe hergestellt, so etwa BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80 und BVerwG, Beschl. v. 09. 09. 1996 – 11 VR 31.95 – NVwZ-RR 1997, 210, 210 f.: Ein Vorhaben ist danach nicht gerechtfertigt, wenn es „– im Hinblick darauf, daß privates Eigentum in Anspruch genommen werden soll – zum Wohle der Allgemeinheit (Art. 14 Abs. 3 GG) objektiv nicht erforderlich ( . . . ) ist“. Inhaltliche Konsequenzen zieht die Rechtsprechung aus dieser unterschiedlichen Anknüpfung aber nicht, so dass davon auszugehen ist, dass es sich nach der Konzeption der Rechtsprechung letztlich nur um eine sprachliche Divergenz handelt.

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

1. Zielkonformität Nach der vom Bundesverwaltungsgericht geprägten Begriffsbildung soll die Überprüfung der Zielkonformität allein auf Ziele des jeweiligen Fachplanungsgesetzes bezogen sein37. Legitime Planungsziele, die sich außerhalb dieses normativen Zusammenhangs befinden, müssten demgegenüber auf der Stufe der Planrechtfertigung ohne Beachtung bleiben und einer Planung erst im Rahmen der Abwägung zusätzliche Überwindungskraft gegenüber widerstreitenden Interessen verleihen38. Dieses klare Konzept der Rechtsprechung geht dann problemlos auf, wenn entsprechende generelle gesetzliche Zielsetzungen vorhanden und hinreichend weit gefasst sind, um eine Vielzahl mit einzelnen Planungen konkret verbundener legitimer Gemeinwohlziele abzudecken. Ausdrückliche fachplanungsgesetzliche Zielbestimmungen bestehen indes regelmäßig nicht39, so dass die Rechtsprechung darauf angewiesen ist, allgemeine fachplanungsgesetzliche Ziele aus dem Zusammenhang des jeweiligen Planungsgesetzes zu ermitteln40.

36 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 119; aus jüngerer Zeit BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE410009314; vgl. auch bereits Niehues, WiVerw 1985, 250, 261 f. 37 Deutlich etwa BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE, 114, 364, 372; s. auch Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 82: „Maßgeblich ist ( . . . ) die spezialgesetzliche Zielsetzung.“ 38 Aus der Literatur Tsevas, Kontrollintensität, S. 61 f. m. w. N.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 32: „Dass es allgemeine öffentliche Interessen gibt, die im Rahmen der Abwägung für das Vorhaben ins Feld geführt werden können, reicht nicht aus. Nur solche öffentlichen Interessen, die den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes entsprechen, können eine Planung rechtfertigen.“; vgl. auch Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 27.21. 39 Vgl. nur Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 95; Erbguth, in: FS für Hoppe, S. 631, 640, der darauf hinweist, dass es „in den herkömmlichen Regelungswerken über Infrastrukturmaßnahmen an Gesetzeszielbestimmungen mit dirigierender Kraft für den weiteren Regelungsgehalt“ fehlt. Eine Ausnahme bildet insoweit das Energiewirtschaftsgesetz, in dessen § 1 die Ziele des Gesetzes gesondert verlautbart werden. Zudem bestimmt § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG explizit, dass ein planfeststellungsbedürftiges Leitungsvorhaben den Zielen des § 1 EnWG entsprechen muss. Rechtsprechung zu § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG liegt allerdings (noch) nicht vor, da der Fachplanungsvorbehalt im EnWG erst vor relativ kurzer Zeit, nämlich durch Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVURichtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz v. 27. 07. 2001 (BGBl. I S. 1950, 2018), eingefügt wurde. 40 Vgl. Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 174 f.; Just, Abwägung, S. 58; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 117.

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a) Einzelfälle anerkannter Zielkonformität Hinsichtlich des Bundesfernstraßengesetzes41 etwa entnimmt das Bundesverwaltungsgericht derartige Zielsetzungen einer Zusammenschau der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 FStrG42. Wieso sich indes generelle Planungsziele aus der in § 1 Abs. 1 FStrG enthaltenen Legaldefinition des Begriffs der Bundesfernstraße oder aus den in §§ 3 Abs. 1, 4 FStrG im Institut der Straßenbaulast zusammengefassten Aufgaben ergeben sollen, erläutert das Bundesverwaltungsgericht nicht. Es stellt insoweit lediglich in Anlehnung an die genannten Vorschriften und ohne auf ihren Inhalt weiter einzugehen lapidar fest, die Ziele des Bundesfernstraßengesetzes bestünden „in der Bildung eines zusammenhängenden Verkehrsnetzes und weiträumiger Verkehrsverbindungen sowie in der Förderung der Verkehrssicherheit“43. Regelmäßig aber nennt das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen weder generelle Zielsetzungen noch die angeführten Vorschriften. Es beschränkt sich insoweit vielmehr darauf, jeweils diejenigen Ziele eines Vorhabens als Ziele des Gesetzes zu beschreiben, die ihm für die jeweilige Entscheidung einschlägig zu sein scheinen44; eine Beziehung zu den fachplanungsgesetzlichen Zielsetzungen, die in §§ 1, 3 und 4 FStrG zum Ausdruck kommen sollen, wird also seitens des Gerichts regelmäßig nicht hergestellt. Dies liegt wohl nicht zuletzt daran, dass einige der von der Rechtsprechung im konkreten Fall anerkannten Ziele sich zu §§ 1, 3 und 4 FStrG kaum in Beziehung I.d.F. der Bek. v. 20. 02. 2003 (BGBl. I S. 286). Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 61; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 133. In § 1 Abs. 1 FStrG findet sich eine Legaldefinition des Begriffs der Bundesfernstraßen. Diese „sind öffentliche Straßen, die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind . . .“ § 3 Abs. 1 FStrG lautet: „Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben. Die Träger der Straßenbaulast haben nach ihrer Leistungsfähigkeit die Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern; dabei sind die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes sowie behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung mit dem Ziel, möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen, zu berücksichtigen.“ § 4 FStrG lautet: „Die Träger der Straßenbaulast haben dafür einzustehen, dass ihre Bauten allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere als die Straßenbaubehörden bedarf es nicht . . .“ 43 BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 283; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 133. 44 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169; BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150, 153; jüngst auch BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314; so auch die zutreffende Einschätzung von Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 173 f.; vgl. ferner Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 95, der „ein gewisses Erstaunen über die Aussage, daß der eher karge Text des § 1 FStrG verkehrliche Ziele umschreibe, kaum verbergen“ kann. Und weiter: „Im Grunde sind die legitimen Ziele der Fachplanung von der Rechtsprechung selbst erarbeitet worden.“ 41 42

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

setzen lassen. So erscheint ein Bezug zu § 1 FStrG zwar denkbar, soweit die Verbesserung von Verkehrsverbindungen in Form der Schließung einer noch offenen Lücke innerhalb einer durchgehenden Verkehrsverbindung in Frage steht45; auch lässt sich das Ziel, Gefahrenquellen zu beseitigen46, mit §§ 3 und 4 FStrG in Verbindung bringen. Demgegenüber ist das Planungsziel der Anbindung eines anderen Verkehrsträgers wie eines Bahnhofs oder Flughafens47 aber nicht ohne weiteres den genannten fernstraßenrechtlichen Vorschriften zuordbar. Und begrifflich kaum nachvollziehbar ist es schließlich, weshalb etwa der Gedanke regionaler Strukturhilfe in Form der Aufschließung eines unterentwickelten Raumes48 ein vom Fernstraßengesetz des Bundes verfolgtes Ziel sein soll. Hier greift die Rechtsprechung zur Rechtfertigung eines nach dem Fernstraßengesetz planfeststellungsbedürftigen Vorhabens letztlich auf außerhalb der Fachplanung für Fernstraßen liegende wirtschaftspolitische Ziele zurück. Eine vergleichbare Vorgehensweise lässt sich auch am Beispiel der Fachplanung nach dem Luftverkehrsgesetz anschaulich aufzeigen: Ausdrückliche, in einer gesonderten Vorschrift niedergelegte Zielsetzungen existieren hier – wie auch das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich anerkennt49 – nicht. Daher bemüht sich die Rechtsprechung darum, planungslegitimierende luftverkehrsrechtliche Zielsetzungen aus dem Luftverkehrsrecht zu ermitteln: So nimmt das Bundesverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die luftfahrtbehördliche Aufgabenzuweisung des § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG50 an51, luftverkehrsrechtlich planungsrechtfertigende Zielsetzungen bestünden darin, einerseits Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs abzuwenden, andererseits Gefahren auszuschließen, die der öffentlichen Sicherheit durch die Luftfahrt drohen52. Des Weiteren geht die Rechtsprechung mit Blick auf § 6 Abs. 3 LuftVG53, §§ 38 Abs. 2 Nr. 1, 49 Abs. 2 Nr. 1 45 Vgl. BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 282 f., 288; BVerwG, Beschl. v. 03. 04. 1990 – 4 B 50.89 – NVwZ-RR 1990, 454, 456; BVerwG, Beschl. v. 30. 10. 1992 – 4 A 4.92 – NVwZ 1993, 565, 567. 46 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150, 153. 47 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 12. 1992 – 4 B 188.92 – DÖV 1993, 433, 434 f. 48 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 147 m. w. N.; BVerwG, Urt. v. 15. 01. 2004 – 4 A 11.02 – NVwZ 2004, 732, 733. 49 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375. 50 I.d.F. der Bek. v. 27. 03. 1999 (BGBl. I S. 550). 51 § 29 Abs. 1 S. 1 LuftVG lautet: „Die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) ist Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der für die Flugsicherung zuständigen Stelle.“ 52 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 120; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05. 10. 1990 – 4 CB 1 / 90 – NVwZ-RR 1991, 129, 130; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375; zur Planrechtfertigung durch Behebung von Sicherheitsmängeln vgl. auch VGH BW, Urt. v. 19. 06. 1989 – 5 S 3175.87 – juris Nr.: MWRE 156148916. 53 § 6 Abs. 3 LuftVG lautet: „Die Genehmigung eines Flughafens, der dem allgemeinen Verkehr dienen soll, ist außerdem zu versagen, wenn durch die Anlegung und den Betrieb des

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LuftVZO54 davon aus, dass der Bau oder Ausbau von Verkehrsflughäfen zur Befriedigung eines allgemeinen Verkehrsbedürfnisses gerechtfertigt sein kann55. Auffällig ist allerdings, dass seitens des Bundesverwaltungsgerichts auch hier an keiner Stelle näher dargelegt wird, wieso es sich bei diesen von der Rechtsprechung als planungslegitimierend anerkannten Zielvorgaben um generelle Planungsziele des Luftverkehrsgesetzes handeln soll. So setzt sich das Bundesverwaltungsgericht etwa mit der Frage, weshalb und inwieweit sich aus einer Zuständigkeitsbestimmung wie § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG fachplanungsgesetzliche Zielsetzungen ableiten lassen, gar nicht weiter auseinander. Und der Begriff des Verkehrsbedürfnisses scheint der Sache nach schlicht der Rechtsprechung zur fernstraßenrechtlichen Fachplanung entlehnt zu sein56. Immerhin ist es aber hinsichtlich der angesprochenen Sicherheitserfordernisse sowie des Verkehrsbedürfnisses möglich, einen normativen Zusammenhang anzugeben, der eine originär luftverkehrsrechtliche Verankerung zumindest denkbar erscheinen lässt. Demgegenüber greift das Bundesverwaltungsgericht mitunter auch auf eindeutig außerhalb des Luftverkehrsgesetzes liegende, externen Planungszielen zuzuordnende Belange zurück. So soll etwa der Gedanke regionaler Strukturhilfe eine ebenfalls legitime luftverkehrsrechtliche Zielsetzung darstellen: In diesem Sinne führte das Bundesverwaltungsgericht in einer jüngeren Entscheidung aus, die zivile Mitbenutzung eines Militärflughafens könne deshalb geplant werden, um eine wirtschaftsschwache Region an den Luftverkehr anzuschließen57. Zur Begründung hierfür verweist es schlicht darauf, dass die Zielsetzung regionaler Strukturhilfe auch im Verkehrswegebau nach dem Bundesfernstraßengesetz anerkannt sei58; dass indes das Fernstraßengesetz des Bundes im Blick haben soll, einen Beitrag zur regionalen Strukturhilfe zu leisten, erscheint schon dort – wie bereits angemerkt – begrifflich nicht gerade nahe liegend und wird auch seitens des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter fundiert59. Umso weniger vermag daher die gerichtlich vorgenommene beantragten Flughafens die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt werden.“ 54 I.d.F. der Bek. v. 27. 03. 1999 (BGBl. I S. 610), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 29. 12. 2003 (BGBl. I S. 3093). 55 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 145; der Begriff des Verkehrsbedürfnisses impliziert allerdings bereits das zweite Element der Planrechtfertigung, die Frage nach dem Bedarf resp. Bedürfnis; zu den nicht zuletzt hierin zum Ausdruck kommenden inhaltlichen Verschränkungen zwischen den Teilelementen des Rechtfertigungsgebots vgl. näher unten 2. 56 So soll sich der Aspekt des Verkehrsbedürfnisses „in Übereinstimmung mit den für das Fernstraßenrecht maßgebenden Grundsätzen“ ergeben, BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 120; vgl. insoweit etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 61. 57 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375 f. 58 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 376 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169.

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

Übertragung der Begriffsbildung auf das Luftverkehrsrecht zu überzeugen; im Luftverkehrsgesetz selbst jedenfalls findet sie keine normative Stütze. Ein originärer Bezug zum Luftverkehrsrecht ist ferner nicht erkennbar, wenn das Bundesverwaltungsgericht ausführt, die Verlegung eines Flughafens könne bereits allein aus Gründen des Immissionsschutzes60 gerechtfertigt werden. Das Ziel des Immissionsschutzes nämlich ist Gegenstand eines eigenen Fachgesetzes, des Bundesimmissionsschutzgesetzes (vgl. § 50 BImSchG61). Speziell zum Schutz vor Fluglärm existiert zudem das Fluglärmgesetz62. Eine generelle immissionsschutzrechtliche Zielsetzung ist dem Luftverkehrsgesetz demgegenüber gerade nicht eigen63. Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, wenn das OVG Hamburg ausführt, im Falle der Planfeststellung für einen privatnützigen Sonderflughafen seien auch betriebswirtschaftliche Kostengründe von den Zwecken des LuftVG erfasst64. Auch die eisenbahnrechtliche Fachplanung schließlich sieht die Rechtsprechung im Hinblick auf Ziele gerechtfertigt, hinsichtlich derer ein unmittelbarer Zusammenhang zum Eisenbahnrecht nicht erkennbar ist: So werden ohne weitere Begründung neben anderen auch ökologische und energiepolitische Aspekte als planungslegitimierend herangezogen65. Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169. BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 232. 61 I.d.F. der Bek. v. 26. 09. 2002 (BGBl. I S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 22. 12. 2004 (BGBl. I S. 3704). 62 Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm v. 30. 03. 1971 (BGBl. I S. 282), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. 10. 2004 (BGBl. I S. 2574). 63 Zur fernstraßenrechtlichen Fachplanung vgl. zutreffend BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 62 f.; in der Sache wie hier Kühling / Herrmann, Fachplanung, Rn. 274; kritisch gegenüber der Rechtsprechung auch Blumenberg, DVBl. 1989, 86, 91. 64 OVG Hmb, Beschl. v. 13. 12. 1994 – Bs III 376.93 – DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze), S. 30 ff. des Entscheidungsumdrucks; ebenso OVG Hmb, Urt. v. 02. 03. 1998 – Bf III 41.96 – juris Nr.: MWRE 110139900; ähnlich OVG Hmb, Beschl. v. 09. 08. 2004 – 2 Bs 300.04 – S. 10 f. des Entscheidungsumdrucks; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6; s. ferner VGH BW, Urt. v. 19. 06. 1989 – 5 S 3175.87 – juris Nr.: MWRE 156148916: „Verbesserung der Funktionalität“ genügt zur Planrechtfertigung. 65 Vgl. BVerwG, Urt. v. 27. 07. 1990 – 4 C 26.87 – NVwZ 1991, 781, 783; BVerwG, Beschl. v. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 898 f.; vgl. jüngst auch BVerwG, Beschl. v. 17. 09. 2004 – 9 VR 3.04: Hier rekurriert das BVerwG pauschal („vgl. insbesondere“) auf §§ 1 Abs. 2, 2 AEG, um die planungsrechtfertigenden Zielsetzungen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zu benennen. Dabei folgt es dem bereits von der fernstraßenrechtlichen Fachplanung her bekannten Muster: Ohne auf den Inhalt der genannten Vorschriften näher einzugehen und ohne handhabbare, planungsbegrenzende Zielsetzungen zu erarbeiten (was im Hinblick auf §§ 1 Abs. 2, 2 AEG auch schwerlich möglich sein dürfte), stellt es kurzerhand fest, die im konkreten Fall angestrebte „Verbesserung der Eisenbahnschienenverbindungen“ unterfalle den eisenbahnrechtlichen Zielsetzungen. Da kaum vorstellbar ist, dass ein Eisenbahnvorhaben einmal nicht der Verbesserung von Eisenbahnschienenverbindungen dient, ist eine effektive Kontrolle (auch) der eisenbahnrechtlichen Fachplanung anhand des Kriteriums der Planrechtfertigung jedenfalls nicht gewährleistet. 59 60

§ 4 Allgemeiner Inhalt und Anwendungsbereich

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b) Kritik Die beschriebene Vorgehensweise des Bundesverwaltungsgerichts ist mit dem von ihm selbst entwickelten gedanklichen Ausgangspunkt, es gehe bei der Überprüfung der Zielkonformität um die Übereinstimmung der konkret verfolgten Planungsziele mit den generellen fachplanungsgesetzlichen Zielsetzungen, nicht vereinbar. Das Kriterium der Überprüfung der Zielkonformität erfüllt insoweit in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts letztlich lediglich die Funktion, überhaupt zumindest einen legitimen Belang zu ermitteln, der für das Vorhaben spricht und dessen Verfolgung nach der Rechtsordnung nicht von vornherein unzulässig ist66; ein Bezug zu fachgesetzlich verfolgten Planungszielen i.S. bestimmbarer Zielkataloge ist nicht erforderlich67, womit die Auswahl rechtfertigender Zielsetzungen letztlich der Beliebigkeit preisgegeben ist68. Die Planrechtfertigung stellt unter dem Aspekt der Zielkonformitätsprüfung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daher nur ein negatives Ausschlusskriterium hinsichtlich solcher Vorhaben dar, für die sich überhaupt keine vernünftigen Ziele finden lassen69. Umgekehrt passiert ein Vorhaben die Hürde der Zielkonformitätsprüfung 66 Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131: Das Gericht reduziert hier die Planrechtfertigung auf die Frage, ob sich für ein „geplante(s) Vorhaben hierauf bezogene ,vernünftige‘ Gründe ergeben“; treffend auch OVG Hmb, Beschl. v. 13. 12. 1994 – Bs III 376.93 – DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze), S. 30 ff. des Entscheidungsumdrucks: Die Planrechtfertigung wird hier als „Frage nach einer plausiblen Begründbarkeit des Vorhabens“ beschrieben; ebenso OVG Hmb, Urt. v. 02. 03. 1998 – Bf III 41.96 – juris Nr.: MWRE110139900; ähnlich OVG Hmb, Beschl. v. 09. 08. 2004 – 2 Bs 300.04 – S. 10 des Entscheidungsumdrucks: „Vernünftigkeitskontrolle“; vgl. ferner Wolff, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 114 Rn. 218, der das Erfordernis der Planrechtfertigung im Ansatz mit der Frage nach einem sachlichen Grund gleichsetzt. 67 Ähnlich Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 274: „,Gesetzliche‘ Ziele im Sinne der Planrechtfertigung sind ( . . . ) alle im Rahmen des Fachgesetzes zulässigerweise verfolgbaren Ziele.“; für etwas weit gehend hält diese Annahme demgegenüber jüngst Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 20; ders., NuR 2004, 69, 71; notwendig sei, „dass die Ziele in irgendeinem Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben“. Damit ist allerdings offenbar die gesamte Rechtsordnung gemeint. So sollen „auch verfassungsrechtliche Pflichten, wie die aus der Schutzfunktion des Art. 12 GG folgende Verpflichtung, der Arbeitslosigkeit entgegenzutreten, etwa durch die Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen“, sowie landesrechtliche Bestimmungen erfasst sein. Nicht zuletzt in Anbetracht der Weite verfassungsrechtlicher Gewährleistungsgehalte ist damit freilich ein derart weites Feld möglicher Zielsetzungen eröffnet, dass unerfindlich ist, inwieweit diese Sichtweise weniger weit gehend sein sollte. 68 Vgl. Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 95, der im Hinblick auf § 1 FStrG konstatiert: „Im Grunde sind die legitimen Ziele der Fachplanung von der Rechtsprechung selbst erarbeitet worden. Wenn es an hinreichend genauen Zielen fehlt, so ist die Verwaltung bei der Bedarfsfestlegung letztlich weitgehend frei. Sie erfolgt dann ( . . . ) im Einzelfall durch die Zielsetzung der Planfeststellung selbst. Dadurch wird die Prüfung des konkreten, für das Vorhaben von der Behörde festgelegten Planungszieles an den generellen Zielfestlegungen relativ wirkungslos.“ 69 Dass jemals ein Vorhaben am Erfordernis der Zielkonformität scheitert, ist daher sehr unwahrscheinlich. Auch das BVerwG nennt demgemäß als Beispiel für einen Fall mangeln-

3 Müller

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

ja bereits dann, wenn es mindestens einem nach der Rechtsordnung zulässigerweise verfolgbaren Ziel dient70. 2. Bedarf Im Hinblick auf die solchermaßen ausgewählten vernünftigen Gründe des Gemeinwohls muss für die Planung ein – teilweise auch mit dem Begriff der Erforderlichkeit umschriebener71 – „Bedarf“ bzw. ein „Bedürfnis“ bestehen, was nicht erst bei Unausweichlichkeit sondern bereits dann bejaht wird, wenn die Planung „vernünftigerweise geboten“ ist72. Freilich ist diese Formulierung begrifflich derart weit, dass die Umstände, welche hiernach im Einzelfall einen Bedarf begründen können, nicht einheitlich zu klassifizieren sind.

a) Der Maßstab des „vernünftigerweise Gebotenseins“ Regelmäßig gilt ein Vorhaben dann als „vernünftigerweise geboten“, wenn die mit der Anlage erbrachten Infrastrukturleistungen konkret nachgefragt werden73. In den übrigen Fällen lässt die Rechtsprechung jedoch auch anderweitig legitime für das Vorhaben streitende Gründe ausreichen, um einen Bedarf i.S. des „vernünftigerweise Gebotenseins“ zu bejahen74. Betrachtet man den von der Rechtspreder Zielkonformität nur die praktisch entfernt liegende Konstellation, dass ein Vorhaben ausschließlich der Arbeitsbeschaffung, der Aufwertung bestimmter Liegenschaften oder einem Prestigebedürfnis dient, so BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; vgl. hierzu auch Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 166; Tsevas, Kontrollintensität, S. 95. 70 Insoweit wird der Verwaltung unter Gewährung eines weiten gestalterischen Spielraums Wahlfreiheit zwischen mehreren zulässigen Zielen eingeräumt; vgl. HessVGH, Beschl. v. 19. 04. 1984 – 2 TH 91 / 83 – NVwZ 1986, 849; OVG NRW, Urt. v. 07. 06. 1979 – IX A 1920 / 78 – VerkBl 1980, 114; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 275; Schlarmann, in: Rechtsstaat und Planung, S. 15; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 49. 71 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 130; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 30; weitere Nachweise unten Fn. 80; vgl. dazu, dass die Planrechtfertigung nicht auf den allgemeinen Erforderlichkeitsgrundsatz rückführbar ist, unten Dritter Teil § 6 B. 72 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 119; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 147; BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314. Dieser wenig strenge Maßstab beruht nach dem BVerwG auf der Erwägung, dass die Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge behindert würde, wenn bei Inanspruchnahme privaten Grundbesitzes nur unumgängliche Maßnahmen geplant werden dürften, so BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 285 f. Umgekehrt soll ein Vorhaben am Maßstab des „vernünftigerweise Gebotenseins“ scheitern, wenn es „sinnvoll oder zweckmäßiger unterbleiben kann“, so BVerwG, Urt. v. 03. 05. 1988 – 4 C 26.84 – NVwZ 1989, 149. 73 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 145 ff. 74 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169 (Fernstraßenbau zum Zwecke der Regionalförderung); BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 –

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chung angewandten Prüfungsmaßstab, ist dies begrifflich auch durchaus möglich75. Denn als „vernünftigerweise geboten“ lässt sich nicht nur ein Vorhaben begreifen, dessen Leistungen konkret nachgefragt werden, sondern auch ein Vorhaben, für das sich anderweitig legitime Interessen benennen lassen. So soll etwa im Einzelfall auch „eine – von einem konkret festzustellenden Bedarf losgelöste – Angebotsplanung“ zur planerischen Rechtfertigung hinreichend sein. Bejaht hat dies kürzlich das Bundesverwaltungsgericht76 in seiner sog. Bitburg-Entscheidung. Hier ging es darum, dass ein innerhalb eines strukturschwachen Gebietes gelegener Militärflughafen zu einem Zivilflughafen umgebaut werden sollte, obwohl die Leistungen eines solchen Zivilflughafens gerade nicht konkret nachgefragt wurden. Dies geschah in der Hoffnung, dass sich dadurch das Gebiet in Zukunft besser entwickeln und ggf. eine entsprechende Nachfrage entstehen würde, also mit dem Ziel regionaler Wirtschaftsförderung77. Eine solche „Angebotsplanung“ hielt das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall deshalb für planerisch gerechtfertigt, weil es nicht um die Planung einer neuen Infrastruktur ging, bei der die Gefahr bestünde, „dass eine mit erheblichen Eingriffen in Natur und Landschaft verbundene Investitionsruine entsteht.“ Bei bereits errichteten Infrastruktureinrichtungen komme es – so das Bundesverwaltungsgericht – darauf an, zu verhindern, dass eine solche Einrichtung brach liege und verfalle bzw. die laufenden Erhaltungskosten allein zu Lasten der öffentlichen Hand gingen78.

b) Keine strikte Trennung zwischen Zielkonformitätsund Bedürfnisprüfung Danach fällt die Frage, ob für ein Vorhaben im vorgenannten Sinne ein Bedürfnis besteht, mit der bereits beschriebenen79 Zielkonformitätsprüfung überein: SoBVerwGE 75, 214, 232 f. (Flughafenverlegung aus Gründen des Immissionsschutzes); BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 147 m. w. N. (Fernstraßenbau zum Zwecke der Regionalförderung); BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 374 ff. (Konversion eines Militärflughafens). 75 Anders jüngst Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 18 f.; ders., NuR 2004, 69, 71, der meint, in den übrigen Fällen (Fn. 74) tauche ein anderer Gesichtspunkt als der des Bedarfs auf, den er auf den Aspekt konkreter Nachfrage nach Infrastrukturleistungen beschränkt. Dabei handelt es sich freilich nur um eine terminologische Divergenz zu der hier vertretenen Sichtweise. In der Sache ist eindeutig, dass die Rechtsprechung in beiden Konstellationen die Planrechtfertigung i. S. d. „vernünftigerweise Gebotenseins“ für gegeben erachtet. 76 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 376. 77 Vgl. bereits oben unter 1 a (bei Fn. 57). 78 Damit setzt das Bundesverwaltungsgericht die durch das Vorhaben vermittelten Rechtsbeeinträchtigungen anhand des Maßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ schlicht wertend in Beziehung zu den mit dem Vorhaben verfolgten Zwecken; dies ist eine im Kern abwägungsgebundene Betrachtung, vgl. unten Dritter Teil § 7 A I. 79 Vgl. oben 1. 3*

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

bald ein Vorhaben einem legitimerweise verfolgbaren Belang dient (Zielkonformität), wird auch anhand des sich äußerst flexibel zeigenden Maßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ regelmäßig ein entsprechender Bedarf bejaht80. Umgekehrt erscheint es begrifflich als nur konsequent, daraus, dass ein Vorhaben „vernünftigerweise geboten“ ist, zu folgern, dass es auch einem legitimerweise verfolgbaren Ziel dient. Somit lässt sich regelmäßig vom Vorliegen des einen Teilelements auf das Vorliegen des anderen schließen. Die Planrechtfertigung lässt sich der Sache nach daher insgesamt schlicht als Punkt begreifen, an dem kontrolliert wird, ob sich für ein Vorhaben überhaupt legitime Belange finden lassen, ob es plausibel begründbar ist81. Überhaupt ist man sich weitgehend einig, dass die Hürde der Planrechtfertigung eine „praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“82 ist. Bedeutung und Leistungsfähigkeit der Planrechtfertigung als eigenständige Planungsschranke werden damit in Rechtsprechung wie Literatur regelmäßig als gering eingeschätzt83. Eine strikte Trennung von Zielkonformitäts- und Bedürfnisprüfung jedenfalls ist nicht durchführbar. c) Fälle fehlenden Bedarfs Sofern demgegenüber in Rechtsprechung und Literatur eine Zäsur zwischen Zielkonformitäts- und Bedürfnisprüfung vorgenommen wird, wird auf dieser Grundlage als erste Fallgruppe fehlenden Bedarfs genannt, dass ein geplantes Vorhaben gar nicht erst verwirklicht werden soll84. Gleichrangig neben dieser wenn 80 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 61: „Das steht in Einklang mit der grundsätzlichen fernstraßenrechtlichen Zielsetzung ( . . . ) und erweist zugleich (Hervorhebung durch den Verf.) für die hier angefochtene konkrete Planung deren Erforderlichkeit ( . . . )“; s. ferner BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375: „Die Planrechtfertigung fordert eine Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des Gesetzes übereinstimmt, so dass (Hervorhebung durch den Verf.) die Zulassung des Vorhabens im Allgemeinwohlinteresse erforderlich scheint.“; vgl. auch Murswiek, JuS 1996, 943, 944, nach dem aus der „Zielkonformität“ eines Vorhabens die „planrechtfertigende Erforderlichkeit“ folgen soll („somit“). 81 Die inhaltlich äußerst eingeschränkte Kontrollfunktion der Planrechtfertigung wird auch rasch daran deutlich, dass das Ausmaß der Beeinträchtigung Dritter für die Frage nach der Rechtfertigung einer Planung letztlich keine Rolle spielt, vgl. insoweit unten III 2 b. 82 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 372 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 03. 06. 1971 – IV C 64.70 – BVerwGE 38, 152, 157; ebenso VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448.81 – VBlBW 1982, 202, 205; Erbguth / Schink, UVPG, § 12 Rn. 63; Korbmacher, DÖV 1978, 589, 593. 83 Vgl. etwa Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517, 533; Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 234 f.; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 308; Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 58; vgl. auch Fromm, DÖV 1988, 1035, 1036; Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 96; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 180; s. auch Jarass, NuR 2004, 69 ff.; zur Erforderlichkeit von Bebauungsplänen ähnlich Weyreuther, DVBl. 1981, 369, 370 f.; für ein stärkeres Gewicht der Planrechtfertigung Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse, insbes. S. 100 ff.; Bogs, Planung, S. 229; Mecklenburg, in: Recht und Um-Welt, S. 113, 116.

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auch nicht undenkbaren, so doch gewiss äußerst seltenen Konstellation steht der Fall, dass eine Planung – insbesondere aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit85 – objektiv nicht realisierbar ist86. Freilich stellt sich hier die Frage, inwieweit der Begriff des Bedarfs die vorgenannten Fallgestaltungen terminologisch adäquat erfasst, da es begrifflich möglich erscheint, dass es einen Bedarf für die Leistungen einer geplanten Anlage trotz subjektiv bzw. objektiv nicht gegebener Realisierbarkeit geben kann87. Insofern haftet der Zuordnung dieser Aspekte zur Planrechtfertigung durchaus eine gewisse Beliebigkeit an. Immerhin liegt ein begrifflicher Zusammenhang aber nahe, soweit zu den Fällen fehlender Realisierbarkeit die bloße „Vorratsplanung“88 gezählt wird. Diese wird für grundsätzlich unzulässig gehalten; allerdings soll sich der Ausbauzustand auch an einem künftigen, fehlerfrei prognostizierten Bedarf orientieren können89.

d) Gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen Die Bedeutung der Prüfung des Bedarfs i.S. der Nachfrage nach Infrastrukturleistungen ist im wichtigen Bereich der Fernstraßen und Schienenwege in der Praxis durch gesetzgeberische Bedarfsfestlegungen weitgehend minimiert worden90. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts91 nämlich hat der Gesetzgeber 84 BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 128; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 279; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 313; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 48. 85 BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555, 558: „Die Planung eines Vorhabens, dessen Finanzierung ausgeschlossen ist, ist verfrüht und damit unzulässig; ihr fehlt die Planrechtfertigung, weil sie nicht ,vernünftigerweise‘ geboten ist. Darin liegt eine strikt verbindliche Planungsschranke.“; hierzu Brodersen, JuS 2000, 1031; s. auch BVerwG, Beschl. v. 11. 02. 2002 – 4 B 58.01 – S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks; OVG NRW, Urt. v. 26. 09. 2003 – 11 D 53.00.AK – juris Nr.: MWRE203011673; vgl. jüngst auch VGH BW, Urt. v. 02. 11. 2004 – 5 S 1063.04. 86 BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 128; Berkemann, in: Flughafenplanung, S. 139, 166; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 279; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 313; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 48. 87 In diesem Sinne jüngst Jarass, NuR 2004, 69, 72. 88 BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 128. 89 BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 145 ff. 90 Vgl. dazu aus der Literatur allgemein etwa Berkemann, in: Flughafenplanung, S. 139, 162 ff.; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 280 ff.; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 309, 315 ff.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 53 ff. 91 BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 345; BVerwG, Beschl. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 898 f.; BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388, 390; BVerwG, Beschl. v. 17. 02. 1997 – 4 VP 17.96 – NuR 1998, 305, 308; BVerwG, Urt. v. 19. 05. 1998 – 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1, 9; BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 146 ff.; BVerwG, Urt. v. 19. 03. 2003 – 9 A 33.02 – NVwZ 2003, 1120, 1121; BVerwG, Beschl. v. 01. 07. 2003 – 4 VR 1.03, 4 A 1.03 – juris Nr. WBRE 410010014;

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

durch die Aufnahme von Bundesfernstraßen oder Schienenwegen in die jeweiligen Bedarfspläne des Bundes die Bedürfnisprüfung in diesem Bereich der verwaltungsbehördlichen Entscheidung und verwaltungsgerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogen; den in Form von Bundesgesetzen verabschiedeten Bedarfsplänen gesteht sie auf Grundlage von § 1 Abs. 2 Fernstraßenausbaugesetz92 bzw. § 1 Abs. 2 Bundesschienenwegeausbaugesetz93 weitreichende Bindungswirkung zu94.

II. Kontrolldichte Die Frage nach dem Umfang der Plankontrolle, die durch das fachplanungsrechtliche Rechtfertigungsgebot vermittelt wird, hatte das Bundesverwaltungsgericht ursprünglich ausdrücklich offen gelassen95. Später führte es dann aus, das Erfordernis der Planrechtfertigung betreffe eine Rechtsfrage, die als solche der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliege; an dieser Rechtsprechung hält das Gericht bis heute fest96. Damit hat es den in der Literatur teilweise favorisierten97 und auch in seiner eigenen Rechtsprechung angeklungenen98 Ansatz, die Planrechtfertigung auf eine bloße „Plausibilitätskontrolle“ zu beschränken, verworfen: Nach den Worten des Gerichts widerspräche es „der die Gestaltungsfreiheit rechtlich eingrenzenden Funktion dieser Planungsbindung, wenn auch sie selbst der planerischen Gestaltungsfreiheit anheimgegeben und wenn die Kontrolldichte der gerichtlichen Überprüfung demgemäß eingeschränkt wäre.“99 Zur Begründung für den Anspruch auf grundsätzlich uneingeschränkte Kontrolle der Planrechtfertigung wird zudem aberBVerwG, Urt. v. 22. 01. 2004 – 4 A 32.02 – NVwZ 2004, 722, 723. Umgekehrt soll aus der fehlenden Aufnahme eines Vorhabens in einen Bedarfsplan nicht gefolgert werden können, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung fehlt, so etwa BVerwG, Beschl. v. 14. 04. 1997 – 4 B 30.97 – NVwZ 1997, 992. 92 Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen i.d.F. der Bek. v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1879), zuletzt geändert durch Gesetz v. 04. 10. 2004 (BGBl. I S. 2574). 93 Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 15. 09. 2004 (BGBl. I S. 2322). 94 Vgl. zum Ganzen eingehend unten Vierter Teil § 13. 95 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 61. 96 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284 ff.; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131 ff.; BVerwG, Beschl. v. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373; s. ferner OVG RhPf, Urt. v. 05. 08. 2004 – 1 A 11787.03 –; vgl. i. S. der Rechtsprechung auch Ibler, NuR 1989, 247, 249; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78 ff. 97 So Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 52, die allerdings den Aussagen in den vorgenannten Urteilen des BVerwG wenig Beachtung schenken; vgl. a. a. O., Fn. 160. 98 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168. 99 BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284.

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mals Art. 14 Abs. 3 GG bemüht: Den Anforderungen dieser Bestimmung halte eine Maßnahme mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung nur stand, wenn sie zum Wohl der Allgemeinheit objektiv erforderlich sei100. Anders als beim bauplanungsrechtlichen Rechtfertigungsgebot101 will das Bundesverwaltungsgericht daher im Fachplanungsrecht nicht auf die planerische Konzeption der Behörde102, sondern allein auf die objektive Rechtslage abstellen; in Zweifelsfällen sollen sich die Gerichte selbst von der Erforderlichkeit eines Vorhabens überzeugen können103. Diese vollständige objektive Kontrolle ist jedoch nicht immer mit einer Stärkung des Rechtsschutzes104 verbunden: So führt das Bundesverwaltungsgericht zwar einerseits aus, dass eine zum Wohle der Allgemeinheit objektiv nicht erforderliche Maßnahme auch dann nicht gerechtfertigt sei, wenn sie der Gesamtkonzeption der planenden Behörde entsprechen würde105. Da maßgebend ausschließlich die objektive Rechtslage sei und nicht, wie die Planfeststellungsbehörde die Frage der Erforderlichkeit selbst bewertet habe, könne das Gericht andererseits aber auch „eine im Planfeststellungsbeschluß angegebene Begründung für die Planrechtfertigung anders als die Planfeststellungsbehörde beurteilen und dennoch die Planrechtfertigung insgesamt für gegeben erachten.“106 Dabei sollen Ermittlungsfehler der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der Planrechtfertigung – anders als bei der Abwägungskontrolle anerkannt – nicht zur Rechtswidrigkeit der Planung führen107. Möglicherweise hat die volle Gerichtskontrolle vornehmlich sogar gerade die Funktion, dass das angerufene Gericht die Planrechtfertigung auch aus anderen Gründen herleiten kann, als aus jenen, die von der Planfeststellungsbehörde angeführt wurden108. Dafür spricht, dass das Bundesverwaltungsgericht auch dann betont, dass die PlanrechtBVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284. Grundlegend BVerwG, Urt. v.07. 05. 1971 – IV C 76.68 – DVBl. 1971, 759, 762; vgl. Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, § 1 Rn. 28. 102 Dass es maßgeblich auf die Planungskonzeption des zuständigen Planungsträgers ankommen soll, wird hingegen in der Literatur durchaus befürwortet, so etwa Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 312; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 48. 103 Vgl. zu den Konsequenzen etwa BVerwG, Beschl. v. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6. Hier rechtfertigt das BVerwG die von der Vorinstanz vorgenommene Ergänzung der zur Erforderlichkeit des in Frage stehenden Vorhabens seitens der Planfeststellungsbehörde angestellten Erwägungen mit Hinweis auf die volle Überprüfbarkeit der Planrechtfertigung. Allerdings greift der seitens des BVerwG zur Begründung vorgenommene Verweis auf BVerwGE 72, 282, 284 zu kurz, da in dem zur Entscheidung anstehenden Fall gerade keine Enteignungen notwendig waren, die in BVerwGE 72, 282, 284 auf Art. 14 Abs. 3 GG gestützte Begründung für das Postulat gerichtlicher Vollkontrolle im zur Entscheidung anstehenden Fall also gerade nicht tragfähig war. 104 Dieses Motiv klingt demgegenüber in den Ausführungen des BVerwG oben zu Fn. 99 an. 105 BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 285. 106 BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131. 107 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373. 108 So Jarass, NuR 2004, 69, 70. 100 101

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

fertigung vollständiger gerichtlicher Überprüfung unterliege, wenn mit einer Planung Enteignungswirkungen gar nicht verbunden sind109, die ursprünglich auf Art. 14 Abs. 3 GG gestützte Begründung für die gerichtliche Vollkontrolle der Planrechtfertigung also ins Leere geht. Freilich ist die derart postulierte volle gerichtliche Überprüfung hinsichtlich wesentlicher Fragen beschränkt. Soweit etwa die prognostische Beurteilung des künftigen Bedarfs in Rede steht, erachtet es das Gericht für notwendig aber auch ausreichend, dass die Prognose „in einer der jeweiligen Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist.“110 Nicht kontrolliert wird demgegenüber, ob sich die Prognose durch die später erfolgte tatsächliche Entwicklung bestätigt sieht oder nicht111. Hier nimmt das Bundesverwaltungsgericht also selbst einen Prognosespielraum an, spricht von einer „eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte“112. Auch kommt das Bundesverwaltungsgericht trotz der geforderten vollen Kontrolle nicht umhin, zur Planrechtfertigung letztlich regelmäßig doch maßgeblich auf planerische Konzeptionen zurückzugreifen113, nämlich auf den Bedarfsplan, dem insoweit „erhebliches indizielles Gewicht“ beigemessen wird114, sowie auf landesplanerische Vorentscheidungen115. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die von der Rechtsprechung verwendete Formulierung des „vernünftigerweise Gebotenseins“ bereits begrifflich einen äußerst groben Maßstab bildet116. All dies trägt dazu bei, dass sich die Planrechtfertigung der Sache nach in der Rechtsprechung letztlich doch einer bloßen Plausibilitätskontrolle annähert117.

109 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373; BVerwG, 110 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 121; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 286; vgl. hierzu allgemein auch Badura, in: Freiheit und Verantwortung, S. 27, 34 f. 111 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 121; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 286; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 234; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146 ff.. 112 BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146. 113 BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 286 f. 114 Das Urteil stammt aus einer Zeit, in der den gesetzlichen Bedarfsplänen noch keine Bindungswirkung zuerkannt wurde, vgl. dazu unten Vierter Teil § 13 A. 115 BVerwG, Urt. v. 6. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282 (LS 2). 116 So Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 405. 117 Vgl. in diesem Sinne Gottschewski, Durchsetzung von europäischen Straßen, S. 37 f.; Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 95; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 405; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 312; siehe auch Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78: Die Planrechtfertigung „unterliegt ( . . . ) einer grundsätzlich uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung, die sich im Ergebnis allerdings als Vertretbarkeitskontrolle herausstellt ( . . . )“.

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III. Bedeutung und Funktion der Planrechtfertigung im System materieller Planbindungen Um den Inhalt des Gebots der Planrechtfertigung zu erfassen, ist schließlich der Frage nachzugehen, welche Bedeutung und Funktion ihm in der Schrankensystematik des Bundesverwaltungsgerichts zukommt. Dazu ist es erforderlich, auf Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung die Schranken der zwingenden Rechtssätze und des Abwägungsgebots zu umreißen sowie ihr Verhältnis zum fachplanungsrechtlichen Rechtfertigungsgebot zu skizzieren.

1. Die Schranke der zwingenden Rechtsvorschriften („Planungsleitsätze“) Früher verwendete die Rechtsprechung innerhalb ihres Prüfungsprogrammes an Stelle des Begriffs der zwingenden Rechtsvorschriften den der „Planungsleitsätze“118. Dieser Ausdruck fand sich im Gesetz ebenso wenig wie der der Planrechtfertigung. Er war – auch insofern dem Gebot der Planrechtfertigung vergleichbar – von der Rechtsprechung zuerst im Bauplanungsrecht entwickelt119 und von dort aus auf das Fachplanungsrecht übertragen worden120. Die Handhabung der Schranke der Planungsleitsätze sah sich jedoch erheblichen Unsicherheiten ausgesetzt121. So wurde etwa die Rechtsprechung teilweise dahingehend verstanden, dass die in Form von Planungsleitsätzen niedergelegten Belange lediglich in der Abwägung ein besonderes Gewicht erhalten sollten122. Verschiedentlich wurde das Bundesverwaltungsgericht demgegenüber auch dahingehend interpretiert, dass alle gesetzlichen Vorgaben als Planungsleitsätze außerhalb des Abwägungsgebots zu beachten seien123. In Anbetracht der aufgetretenen Verständnis- und Anwendungsschwierigkeiten stellte das Bundesverwaltungsgericht dann mit Urteil vom 22. 03. 1985 klar, dass es unter dem Begriff der Planungsleitsätze nur gesetzliche Vorgaben verstehen wollte, „die bei öffentlichen Planungen strikte Beachtung verlangen und deswegen im Rahmen der planerischen Abwägung nicht überwunden werden können“124. Von den Planungsleitsätzen i.S. strikter Rechtsnormen unterschied das Bundesverwaltungsgericht dabei sog. „Optimierungsgebote“. Darunter fallen Regelungen, „die eine möglichst weitgehende Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 165. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 307. 120 Grundlegend BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 61 f.; vgl. auch Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 181 f. 121 Vgl. Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 594; Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 182 f.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 8; Wahl, NVwZ 1990, 426. 122 So Hoppe / Schlarmann, Rechtsschutz, 2. Aufl., Rn. 178 b. 123 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 165. 124 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 165. 118 119

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

Beachtung bestimmter Belange“ fordern, dabei ihrem Inhalt nach aber nicht mehr als eine abwägungstechnisch überwindbare Zielvorgabe für den Planer enthalten125. Gesetzliche Regelungen dieser Gruppe haben auf der Ebene der Planungsleitsätze i.S. zwingenden Rechts also keine Relevanz und gewinnen erst im Rahmen der Planungsschranke des Abwägungsgebots Bedeutung126. Als Beispiel für ein entsprechendes Optimierungsgebot wird insbesondere § 50 BImSchG genannt127, demnach schädliche Umwelteinwirkungen auf ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete sowie auf sonstige schutzwürdige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden sollen. Mittlerweile findet der Begriff „Planungsleitsatz“ in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gar keine Verwendung mehr; das Gericht spricht nunmehr ausschließlich von zwingenden materiellrechtlichen Vorschriften oder ähnlichem128. Unerheblich ist dabei, ob die jeweilige zwingende Regelung innerhalb oder – als Teil des infolge der nur formell wirkenden Konzentrationswirkung129 mitzubeachtenden sog. sekundären materiellen Rechts130 – außerhalb des jeweiligen Fachplanungsgesetzes niedergelegt ist131.

125 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 165; die Kategorie der Optimierungsgebote ablehnend Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 6, 73 ff. 126 Vgl. etwa Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 599 ff. 127 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – IV C 73.82 – BverwGE 71, 163, 165 f.; weitere Nachw. bei Klößner, Straßenplanung und UVP, S. 132 ff. 128 Vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 30. 10. 1992 – 4 A 4.92 – NVwZ 1993, 565, 567; BVerwG, Beschl. v. 22. 05. 1996, NVwZ-RR 1997, 217, 218; BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 380; BVerwG, v. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 899: „zwingende materiell-rechtliche Rechtssätze“; diese klare Terminologie begrüßen etwa Wahl / Dreier, NVwZ 1999, 606, 615; in der Literatur ist der Begriff indes bis heute nicht gänzlich verschwunden, vgl. etwa Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 218. 129 Zwar wurden früher teilweise Theorien uneingeschränkter bzw. eingeschränkter materieller Konzentration vertreten, nach denen die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung nicht in derselben Weise an die gesetzlichen Vorschriften für die Zulässigkeit des Vorhabens gebunden sein sollte, wie das im Rahmen der einzelnen einbezogenen Genehmigungsverfahren der Fall gewesen wäre, vgl. Hiddemann, Planfeststellung im Flurbereinigungsgesetz, S. 60 f.; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 65 ff.; Manner, Planfeststellungsverfahren, S. 47 ff., 50; Meyer / Borgs, VwVfG, § 74 Rn. 13 und § 75 Rn. 2; Ronellenfitsch, VerwArch 80 (1989), 92, 94. Diese Meinung(en) hatte das BVerwG jedoch bereits im Vorfeld seiner Entscheidung v. 22. 03. 1985 (o. Fn. 124) zu Recht klar zurückgewiesen, vgl. BVerwG, Urt. v. 09. 11. 1984 – 7 C 15.83 – BVerwGE 70, 242, 244. Sie werden heute – soweit ersichtlich – von niemandem mehr vertreten. Ein besonders eindeutiges Bekenntnis zur formellen Konzentrationswirkung der Planfeststellung enthält BVerwG, Beschl. v. 26. 06. 1992 – 4 B 1 – 11.92 – NVwZ 1993, 572, 575 f.; zust. mit ausführlicher Darstellung des früheren Meinungsstreits Laubinger, VerwArch 77 (1986), 77 ff. 130 Gegen die Zuordnung des sekundären materiellen Rechts zur Schranke der Planungsleitsätze mit lediglich terminologischen Einwänden aber Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 12.; vgl. ferner Peine, DÖV 1988, 937, 942; anders dagegen wiederum Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 336, der die Begriffsbildung des BVerwG ohne weiteres hinnimmt.

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Dass einschlägige materiellrechtliche Vorschriften (auch) im Planfeststellungsverfahren zu beachten sind, versteht sich eigentlich von selbst. Nicht anders als in der Rechtsordnung auch ansonsten üblich führt jeder Verstoß gegen eine zwingende Rechtsvorschrift zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Die Schranke der Planungsleitsätze im Sinne zwingender Rechtsvorschriften stellt insoweit lediglich eine Ausprägung des Grundsatzes vom Vorrang des Gesetzes dar132. Ob im Einzelfall eine strikt zu beachtende Vorschrift vorliegt, ermittelt die Rechtsprechung im Wege der Auslegung133. Nach ihr kann als Beispiel für eine durch Abwägung unüberwindbare Grenze der Planung das Verbot höhengleicher Kreuzungen für Bundesautobahnen (§ 1 Abs. 3 Satz 1 FStrG) angeführt werden134. Die Schranken der Planrechtfertigung und der zwingenden Rechtsvorschriften stehen in der Rechtsprechung selbständig und unabhängig nebeneinander135. Zwar erschiene es begrifflich denkbar, die jeweiligen Ziele des Fachplanungsgesetzes, denen ein Vorhaben nach der Konzeption des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der Planrechtfertigung genügen muss, als zwingende Rechtssätze zu begreifen. Indes haben bislang weder Rechtsprechung noch Literatur auch nur versucht, eine derartige Beziehung zwischen den beiden Planungsschranken herzustellen136. Dies ist wohl nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass der fachplanungsgesetzliche normative Befund insoweit zu schwach ist. Regelmäßig finden sich ja keine Kataloge beschreibbarer Zielvorgaben geschweige denn ausdrückliche Anordnungen, dass ein Vorhaben den Zielen des Fachplanungsgesetzes entsprechen muss137.

131 Nach der Herkunft der Regelungen differenzierte das BVerwG in seiner älteren Rechtsprechung demgegenüber begrifflich zwischen externen und internen Planungsleitsätzen, vgl. Tsevas, Kontrollintensität, S. 108 ff. 132 Vgl. Bartunek, Drittschutz, S. 30; Dreier, Normative Steuerung, S. 115; Erbguth / Schink, UVPG, § 12 Rn. 64; Hoppe, DVBl. 1992, 853 f.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 595; Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 191 f.; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 299; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 6; Wahl, NVwZ 1990, 426, 435 f. 133 Vgl. Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 183 ff. 134 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 164 f. 135 So ausdrücklich BVerwG, Beschl. v. 01. 07. 2003 – 4 VR 1.03, 4 A 1.03 – juris Nr.: WBRE410010014. 136 Soweit ersichtlich, äußern sich insoweit einzig Kühling / Herrmann, Fachplanung, Rn. 306, die es freilich ablehnen, die generellen fachgesetzlichen Ziele i.S. der Planrechtfertigung zu den Planungsleitsätzen zu zählen: „Die gesetzlichen Zielbestimmungen, die Grundlage für die Prüfung der Planrechtfertigung sind, sind ( . . . ) keine strikt einzuhaltenden ,Planungsleitsätze‘“. 137 Vgl. oben I 1; zu Überschneidungen von Planrechtfertigung und zwingendem Recht näher unten Dritter Teil § 6 E.

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

2. Die Schranke des Abwägungsgebots138 a) Allgemeines Innerhalb der zwingenden Grenzen, die die Planungsleitsätze ziehen, stellt sich das Abwägungsgebot als wichtigste139 Schranke planerischer Gestaltungsfreiheit dar. Ebenso wie die Schranken der Planungsleitsätze und der Planrechtfertigung ist auch das Abwägungsgebot im Bauplanungsrecht entwickelt140 und sodann auf das Recht der Planfeststellung übertragen worden141. Dort ist es mittlerweile bereits regelmäßig in einzelnen fachgesetzlichen Regelungen, den sog. Abwägungsklauseln, niedergelegt142. Unabhängig von dieser einfachrechtlichen Verankerung wird hinsichtlich des Gebots der Abwägung aber bereits angenommen, es folge aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und habe insoweit Verfassungsrang143. In Anbetracht dessen entspricht es allgemeiner Überzeugung, dass das Abwägungsgebot auch bereits ohne ausdrückliche spezialgesetzliche Normierung für Planungsentscheidungen ganz allgemein gilt144. Das Abwägungsgebot soll sicherstellen, dass die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen werden145. Dabei zielt es auf einen verhältnismäßigen Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange. Das Gebot gerechter Planabwägung weist damit einen multipolaren Charakter146 auf: In die Abwägung einzustellen sind weder ausschließlich für das Vorhaben streitende Aspekte noch ausschließlich ihm widerstreitende Interessen, sondern alle öffentlichen und priVgl. hierzu eingehend noch unten Vierter Teil. Vgl. etwa Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 234; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 596; Ibler, DVBl. 1989, 639, 641; Lorenz, VBlBW 1984, 329, 340; Niehues, WiVerw 1985, 250, 251; Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 61; Tsevas, Kontrollintensität, S. 124. 140 BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 309. 141 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f. 142 Vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG, § 14 Abs. 1 S. 2 WaStrG, § 11a Abs. 1 S. 5 EnWG, § 18 Abs. 1 S. 2 AEG, § 8 Abs. 1 S. 2 LuftVG, § 28 Abs. 1 S. 2 PBefG. 143 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 11. 12. 1981 – 4 C 69.78 – BVerwGE 64, 270; jüngst BVerfG, Beschl. v. 11. 11. 2002 – 1 BvR 218.99 – NVwZ 2002, 197, 198. 144 BVerwG, Urt. v. 20. 10. 1972 – IV C 14.71 – BVerwGE 41, 67; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364: Hier wendet das BVerwG das Abwägungsgebot (sowie das Rechtfertigungsgebot) auf einen Genehmigungstatbestand ohne Abwägungsklausel an; vgl. ferner Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 597; Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 62 f.; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 54; Tsevas, Kontrollintensität, S. 124. 145 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 307 sowie die Formulierung der einzelnen Abwägungsklauseln oben Fn. 142. 146 Vgl. etwa Burgi, JZ 1994, 654, 659; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 146 ff. 138 139

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vaten Belange, die nach „Lage der Dinge“ Beachtung verlangen147. Insofern unterscheidet sich das Abwägungsgebot vom Gebot der Planrechtfertigung, anhand dessen ja lediglich überprüft wird, ob überhaupt vernünftige Gründe für das jeweilige Vorhaben angeführt werden können148. Die Rechtsprechung selbst betrachtet die Planrechtfertigung dabei als der Abwägung vorgeschaltetes Prüfungselement. Planrechtfertigung und Abwägung sollen kumulativ nebeneinander stehen, die Planrechtfertigung „neben den Vorgaben des strikten Rechts und des Abwägungsgebots einen selbständigen Kontrollmaßstab“149 bilden.

b) Verhältnis zur Planrechtfertigung Dabei weisen Planrechtfertigung und Planabwägung erhebliche Gemeinsamkeiten auf: So sieht die Rechtsprechung nicht nur in der Schranke der Planrechtfertigung, sondern auch im Abwägungsgebot ein „Instrument zur Gewährleistung der grundgesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Grundeigentum im Wege der Enteignung.“150 Denn zu den generell abwägungserheblichen Belangen zählt die Rechtsprechung in hervorgehobener Weise das unter dem Schutze von Art. 14 Abs. 1 GG stehende Eigentum151. Die Frage, ob ein Vorhaben i.S. der Planrechtfertigung vernünftigerweise geboten ist, steht darüber hinaus auch in einem weiteren inhaltlichen Zusammenhang mit der Frage, ob es den Anforderungen des Abwägungsgebots genügt. Dieselben Gründe nämlich, die ein Vorhaben die Hürde der Planrechtfertigung passieren lassen, sollen im Rahmen der Abwägung die dem Vorhaben entgegenstehenden Belange überwinden helfen152. Zudem ist die Antwort auf die Frage, ob eine Planung „vernünftigerweise geboten“ ist, beVgl. näher unten Vierter Teil § 11 B. Vgl. oben I sowie Blumenberg, DVBl. 1989, 86, 91, Tsevas, Kontrollintensität, S. 69. 149 BVerwG, Beschl. v. 01. 07. 2003 – 4 VR 1.03, 4 A 1.03 – juris Nr.: WBRE 410010014 = Buchholz 406.400 zu § 61 BNatSchG Nr. 3. 150 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 289; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 09. 06. 1987 – 1 BvR 418.87 – NVwZ 1987, 967. 151 BVerwG, Urt. v. 22. 06. 1979 – 4 C 8.76 – BVerwGE 58, 154, 156 f.; BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 261; BVerwG, Urt. v. 23. 01. 1981 – 4 C 4.78 – BVerwGE 61, 295, 301 f.; BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 346 f.; Kastner, VerwArch 80 (1989), 74, 79; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 29.33; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 79; Weyreuther, DÖV 1977, 419 ff. 152 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 124 f.; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 232; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 145; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312; BayVGH, Beschl. v. 16. 04. 1981 – 20 CS 80 D.61 – BayVBl. 1981, 401, 405; VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448.81 – VBlBW 1982, 202, 205 f.; treffend auch bereits Niehues, WiVerw 1985, 250, 252; vgl. ferner Beckmann, Rechtsschutz, S. 139 f.; Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 94; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 29.31; Tsevas, Kontrollintensität, S. 80; Winter, NuR 1985, 41, 45. 147 148

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reits selbst begrifflich stark durch wertende, abwägungserhebliche Elemente geprägt153. In Anbetracht dieser vielfältigen Berührungspunkte zwischen Abwägung und Planrechtfertigung wird deutlich, dass der Umfang, in dem dem Rechtfertigungsgebot neben dem Abwägungsgebot inhaltlich überhaupt eigenständige Bedeutung zukommen kann, maßgeblich davon abhängt, ob und inwieweit eine überzeugende, dem Gebot der Planrechtfertigung substantiellen Gehalt belassende Abgrenzung zur Abwägung gelingt. Das Verhältnis beider Prüfungsstufen zueinander ist in der Rechtsprechung jedoch wenig transparent154. Zwar ist eindeutig, dass die Rechtsprechung hinsichtlich der beiden Prüfungsstufen Abwägung und Planrechtfertigung die Anlegung eines unterschiedlichen Kontrollmaßstabs fordert; so soll die Planrechtfertigung als echte Rechtsfrage voll kontrollierbar sein, während die Abwägung nur auf spezifische Abwägungsfehler hin kontrolliert werden kann155. Indes lässt sich – abgesehen davon, dass von den postulierten Unterschieden bei der Kontrollintensität in der Sache nur wenig übrig bleibt156 – allein aus der verwaltungsgerichtlichen Kontrollperspektive heraus noch keine inhaltliche Abgrenzung vornehmen. Auf der Suche nach Kriterien für eine derartige Bestimmung des Verhältnisses von Abwägungs- und Rechtfertigungsgebot zueinander erweist sich die Rechtsprechung nicht immer als konsistent. Nicht eindeutig wird zuweilen bereits beurteilt, ob nach Bejahung der Planrechtfertigung auf der Ebene der Abwägung die Verwirklichung eines Vorhabens als solche noch in Zweifel gezogen werden kann. So finden sich in der älteren Rechtsprechung (einzelne) Stimmen, nach denen auf Stufe der Planrechtfertigung bereits die Frage nach dem „Ob“ der Verwirklichung eines Vorhabens beantwortet werden soll, während die Abwägung die Frage nach dem „Wie“ der Verwirklichung zum Gegenstand habe157. Nach diesem Verständnis wird die konkrete Erforderlichkeit einer Planung im Sinne der Frage, ob das Vorhaben überhaupt verwirklicht werden soll, bereits im Rahmen der Planrechtfertigung eingehend und abschließend geprüft158. Bei gegebener Planrechtfertigung verbleibt für die Abwägung danach nur noch die Frage nach Dimensionierungs- und Ausgestaltungsalternativen159. 153 Niehues, WiVerw 1985, 250, 252; vgl. auch Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 405, der insoweit von einem „groben Maßstab“ spricht. 154 Vgl. allgemein Kühling, DVBl. 1989, 221, 223; Tsevas, Kontrollintensität, S. 63, 78 ff.; Winter, NuR 1985, 41, 46. 155 Vgl. eingehend unten Vierter Teil § 11. 156 Vgl. oben II. 157 Vgl. BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282; zum hier angeführten Verständnis des Urteils vgl. Tsevas, Kontrollintensität, S. 63, 79; s. ferner Ibler, NuR 1989, 247, 249; Kühling, DVBl. 1989, 221, 223; vgl. aus der früheren Rechtsprechung auch bereits BayVGH, Beschl. v. 16. 04. 1981 – 20 CS 80 D.61 – BayVBl. 1981, 401, 405; dazu näher Winter, NuR 1985, 41, 46. 158 Vgl. Tsevas, Kontrollintensität, S. 63, 79. 159 Vgl. Ibler, NuR 1989, 247, 249; Winter, NuR 1985, 41, 46; eine gewisse Renaissance erlebt diese Auffassung, wenn man mit Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 320 davon

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Dieses Konzept sieht sich einem – mittlerweile eindeutig favorisierten – Modell gegenüber, nach dem die Abwägung nicht nur die Ausgestaltung des jeweiligen Vorhabens, sondern auch die Entscheidung über die konkrete Erforderlichkeit, über das „Ob“ des Vorhabens als Ganzes umfasst160. So soll daraus, dass eine Planung gerechtfertigt ist, lediglich folgen, dass sich die Planung „nicht schon auf dieser Prüfungsstufe als rechtsfehlerhaft erweist“; ob sie insgesamt rechtmäßig ist, ergibt sich hiernach abschließend erst aufgrund der Abwägung161. Die Überprüfung der Abwägung kann also trotz vorliegender Planrechtfertigung ergeben, dass im konkreten Fall die widerstreitenden öffentlichen und / oder privaten Belange so gewichtig sind, dass der Plan aufgrund einer abwägend bilanzierenden Gesamtschau der berührten Interessen insgesamt nicht aufrechtzuerhalten ist162. Dies erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass für die Planrechtfertigung nach der Rechtsprechung zahlreiche Umstände unerheblich sind, die für das Ausmaß der Beeinträchtigung Drittbetroffener von entscheidendem Gewicht sind163. So ist für die Planrechtfertigung etwa die Frage nach der richtigen Dimensionierung eines Vorhabens, d. h. nach seiner erforderlichen oder zweckmäßigen Größe, irrelevant164; sie kommt – wie die Frage nach Planungsalternativen ganz allgemein165 – erst in der Abwägung zum Tragen. Dementsprechend sind auch Ausbauquerschnitt und -zustand eines Verkehrsweges allein abwägungsrelevant166, ebenso die parzellenscharfe Trassenwahl167. Ferner setzt die Planrechtfertigung weder eine Kosten-Nutzen-Analyse voraus168 noch sollen eventuell zum Schutze von Anliegern gemachte Auflagen ausgeht, dass durch Aufnahme eines Vorhabens in einen gesetzlichen Bedarfsplan über das „Ob“ der Verwirklichung eines solchen Vorhabens – bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes – bereits abschließend entschieden ist; eingehend hierzu unten Vierter Teil § 13. 160 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 167. 161 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170; Niehues, WiVerw 1985, 250, 264; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05. 10. 1990 – 4 B 249.89 – NVwZ-RR 1991, 118, 119. 162 Niehues, WiVerw 1985, 250, 264; vgl. auch Berkemann, in: Flughafenplanung, S. 139, 166. 163 Vgl. nur Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 23 f.; dens., NuR 2004, 69, 72; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 51. 164 BVerwG, Urt. v. 30. 05. 1984 – 4 C 58.81 – BVerwGE 69, 256, 271; BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 167; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 238. 165 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 30. 05. 1984 – 4 C 58.81 – BVerwGE 69, 256, 271; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 236 ff.; VGH BW, Urt. v. 04. 07. 1991 – 5 S 84.89 – VBlBW 1991, 453, 455; Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 89; Jarass, NuR 2004, 69, 72. 166 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 167 ff. 167 Vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1996 – 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331, 343 f.; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 36. 168 BVerwG, Urt. v. 27. 07. 1990 – 4 C 26.87 – NVwZ 1991, 781, 783; anders die Abwägung, vgl. Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 121.

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

bereits auf der Stufe der Planrechtfertigung von Bedeutung sein169. Ob eine für etwaige Drittbetroffene weniger belastende Planungsalternative besteht, ist nach alledem auf Stufe der Planrechtfertigung bedeutungslos; es kommt erst in der Abwägung zum Tragen. So ist selbst dann, wenn die Planrechtfertigung aufgrund einer gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung erfolgt, zu prüfen, ob in der Abwägung unüberwindliche Belange dazu zwingen, von der Planung insgesamt Abstand zu nehmen170. Die Abwägung umfasst hiernach also stets die Prüfung der sog. „NullVariante“171, was freilich zu dem begrifflich befremdlichen Ergebnis führt, dass ein Vorhaben „vernünftigerweise geboten“ sein kann, obwohl das Abwägungsgebot dazu zwingt, von ihm Abstand zu nehmen172.

B. Anwendungsbereich Auch hinsichtlich des Anwendungsbereichs der unter dem Begriff der Planrechtfertigung vermittelten Plankontrolle erweist sich die Rechtsprechung häufig nicht als widerspruchsfrei. I. Beschränkung auf Fälle mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung? So dürfte das maßgeblich auf Art. 14 Abs. 3 GG gestützte173 Rechtfertigungsgebot konsequenterweise dann nicht zur Anwendung gelangen, wenn zur Verwirklichung des Projektes im Einzelfall mangels Grundstücksbedarfs keine Enteignung erforderlich ist oder wenn der Planung kraft Gesetzes keine enteignungsrechtliche Vorwirkung174 zukommt. Dies aber ist nicht der Fall175. Vielmehr findet das KriteBVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 167. BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254 f.; BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 384; BVerwG, Urt. v. 18. 06. 1997 – 4 C 3.95 – NVwZ-RR 1998, 292, 294; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – NVwZ 2001, 673, 675; vgl. auch BVerfG, Beschl. v.19. 07. 1995 – 2 BvR 2397 / 94 – NVwZ 1996, 261. 171 BVerwG, Urt. v. 10. 04. 1997 – 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236; BVerwG, Urt. v. 26. 03. 1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382, 383; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – NVwZ 2001, 673, 675. 172 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 31. 173 Vgl. aus jüngerer Zeit etwa BVerwG, Beschl. v. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 898; BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80; BVerwG, Beschl. v. 09. 09. 1996 – 11 VR 31.95 – NVwZ-RR 1997, 210, 210 f.; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 30.97 – NVwZ 1999, 70, 71. 174 Nicht jede Planfeststellung hat enteignungsrechtliche Vorwirkung, vgl. Hoppe / Schlarmann, Rechtsschutz, 2. Aufl., S. 27 (in Fn. 127) sowie Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 82; s. ferner Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 397. 175 Deutlich Jarass, NuR 2004, 69, 75: „Generell wurde, soweit ersichtlich, in keiner Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Planrechtfertigung verzichtet, weil es zu 169 170

§ 4 Allgemeiner Inhalt und Anwendungsbereich

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rium der Planrechtfertigung auch dann Anwendung, wenn eine Planung zu ihrer Verwirklichung nicht auf die enteignende Inanspruchnahme Privater angewiesen ist oder wenn ihr keine enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt176. So hat das Bundesverwaltungsgericht etwa eine nach § 6 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 8 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 7 LuftVG erforderliche Genehmigung zur zivilen Mitbenutzung des Militärflugplatzes Bitburg ohne weiteres unter dem Aspekt der Planrechtfertigung überprüft, obwohl die Zulassungsentscheidung weder enteignungsrechtliche Vorwirkung aufwies noch zu ihrer Umsetzung enteignend auf das Eigentum Privater zugegriffen werden musste177. Es ist sogar äußerst zweifelhaft, ob es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Anwendung des Gebotes der Planrechtfertigung überhaupt darauf ankommt, ob durch die jeweilige Planung ein Eingriff in die Rechtssphäre eines Dritten erfolgt. Zwar soll die Planrechtfertigung nach dem Bundesverwaltungsgericht gerade wegen der Einwirkungen auf Rechte Dritter erforderlich sein178. Vom Ausmaß der Beeinträchtigung Drittbetroffener wird die als Grobprüfung konzipierte Planrechtfertigung dann jedoch nicht abhängig gemacht179. Spielen aber die für die Beurteilung des Umfanges der Beeinträchtigung Dritter relevanten Aspekte für die Rechtfertigung einer Planung keine Rolle, kann der Anwendungsbereich des Rechtfertigungsgebotes schwerlich von der Frage abhängig sein, ob ein Eingriff in die Rechtssphäre eines Dritten vorliegt oder nicht180. Dies zumal sich das Bundesverwaltungsgericht in keinem Fall, in dem es die Planrechtfertigung geprüft hat, zuvor die Frage stellte, ob ein Eingriff in Rechte Dritter vorlag181. In Anbetracht dessen spricht einiges dafür, dass die Rechtsprechung die Planrechtfertigung (mittlerweile) als allgemeines Institut des Planfeststellungsrechts begreift, das unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob Eigentum oder andere Rechte Dritter betroffen sind182. keiner enteignungsrechtlichen Vorwirkung kam.“; vgl. auch VG Hmb, Urt. v. 27. 08. 2002 – 15 VG 1383.2002 – NordÖR 2002, 459, 464. 176 Kritisch insoweit Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1205; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 47; vgl. ferner Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 229 (in Fn. 349). 177 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 372 ff.; ebenso bereits die Vorinstanz OVG RhPf, Urt. v. 01. 07. 1997 – 7 C 11843.93 – NVwZ-RR 1998, 225; vgl. aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte etwa auch OVG Hmb, Beschl. v. 13. 12. 1994 – Bs III 376.93 – DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze), S. 30 ff. des Entscheidungsumdrucks. 178 Vgl. oben § 3. 179 Vgl. oben A III 2 b a.E. 180 So aber jüngst Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 176 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 281 f., die den Anwendungsbereich der Planrechtfertigung entscheidend gerade davon abhängig machen wollen, ob „es über die bloße Berührung abwägungserheblicher Interessen hinaus zu einem echten Eingriff in Rechte Dritter kommen soll oder nicht“. Dagegen wie hier bereits Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 32 f.; ders., NuR 2004, 69, 74 f. 181 Darauf weist Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 33.; ders., NuR 2004, 69, 74 f., hin. 182 So Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 32 f.; ders., NuR 2004, 69, 75. 4 Müller

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

II. Beschränkung auf „gemeinnützige“ Vorhaben? Uneinheitlich ist die Rechtsprechung auch im Hinblick auf die sog. privatnützige Planfeststellung183. Mit diesem gesetzlich nicht verankerten, in der wissenschaftlichen Diskussion häufig für entbehrlich gehaltenen184 Begriff kennzeichnet die Rechtsprechung Vorhaben, die nicht zum Nutzen des allgemeinen Wohls, sondern allein im Privatinteresse – regelmäßig aus kommerziellen Gründen – ins Werk gesetzt werden sollen185. Folge der Privatnützigkeit eines Vorhabens ist, dass es in Anbetracht von Art. 14 Abs. 3 GG schlechthin nicht unter zwangsweiser Inanspruchnahme fremden Grundeigentums verwirklicht werden kann186. Deshalb geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die privatnützige im Gegensatz zur gemeinnützigen Planfeststellung auch nicht im Hinblick auf solche Rechte rechtfertigungsbedürftig ist. Wo es keine Eingriffe in Rechte Dritter gebe, bedürfe es auch keiner Rechtfertigung187. Die Planrechtfertigung soll demnach als Kriterium überhaupt nur bei gemeinnützigen Fachplanungen eine Rolle spielen188. Freilich erfährt dieser Ansatz (verwirrende) Durchbrechungen: So wendete das Bundesverwaltungsgericht das Kriterium der Planrechtfertigung – abgesehen davon, dass es die Dichotomie von privatnütziger und gemeinnütziger Planfeststellung zuweilen auch grundlegend in Frage zog189 – in jüngerer Zeit etwa auf die Fachplanung für einen als privatnützig qualifzierten Sonderflughafen an, wennZur privatnützigen Planfeststellung vgl. näher unten Vierter Teil § 12. Vgl. etwa Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 25; Bartunek, Drittschutz, S. 69; Breuer, in: FS für Hoppe, S. 667, 680 ff.; Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 232; Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 393; Schmidt-Preuß, Kolldierende Privatinteressen, S. 147 f., 331 f.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 19 ff. 185 Als Musterbeispiel für eine privatnützige Planfeststellung wird die nach § 31 Abs. 2 WHG als Herstellung eines Gewässers planfeststellungsbedürftige „Nassauskiesung“, d. h. das Ausbaggern von Kies unter Freilegung des Grundwassers, angeführt, anhand derer das BVerwG die privatnützige Planfeststellung als eigene Kategorie entwickelt hat, vgl. BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 223 f.; s. ferner BVerwG, Urt. v. 18. 05. 1990 – 7 C 3.90 – BVerwGE 85, 155, 156; vgl. aus der Literatur Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 10; Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 392; Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 278. 186 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 226 f.; BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 71, 110, 119; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 285. 187 Vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 227; ferner BVerwG, Urt. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 119; s. auch BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 257; vgl. ferner Korbmacher, DÖV 1978, 589, 595. 188 Vgl. BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 227; BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 257; Kühne, UPR 1989, 326, 327; Löhr, DVBl. 1979, 70, 71; Ronellenfitsch, VerwArch 77 (1986), 177, 186; Ronellenfitsch, VerwArch 78 (1987), 323, 337. 189 So zur abfallrechtlichen Planfeststellung BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 45. 183 184

§ 5 Fazit

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gleich es dabei auch als in concreto nicht entscheidungserheblich offen ließ, ob eine privatnützige Planfeststellung dem Erfordernis der Planrechtfertigung letztendlich überhaupt genügen muss190. Ähnlich stellte das Oberverwaltungsgericht Hamburg fest, dass sich auch bei privatnützigen Planfeststellungen die Frage nach einer plausiblen Begründbarkeit i.S. der Planrechtfertigung stelle191.

§ 5 Fazit Mangels eines einheitlichen materiellen Rechts der Fachplanung hat die Rechtsprechung die Planungsschranke der Planrechtfertigung aus dem Recht der Bauleitplanung ins Fachplanungsrecht übertragen. Dabei führt sie das Erfordernis der Planrechtfertigung maßgeblich auf einen grundrechtlichen Erklärungsansatz, die Rechtfertigungsbedürftigkeit der jeweiligen Planung vor Art. 14 Abs. 3 GG, zurück. Trotz einer ganzen Vielzahl ergangener Judikate sind Inhalt und Funktion des Gebots der Planrechtfertigung äußerst unscharf geblieben192; in der Praxis der Gerichte ist es häufig Widersprüchen ausgesetzt. Schon die Trennung von Zielkonformitäts- und Bedürfnisprüfung macht häufig keinen Sinn. Die inhaltlichen Grenzen zwischen beiden Prüfungsstufen erweisen sich als zumindest fließend. Der Sache nach stellt sich die Planrechtfertigung lediglich als Sammelstelle für zugunsten eines Vorhabens sprechende legitime Belange, nicht aber als Station dar, an der ein Vorhaben im Hinblick auf fachgesetzliche Ziele abschließend gerechtfertigt wird. Kataloge beschreibbarer Zielvorgaben lassen sich den Fachplanungsgesetzen regelmäßig ohnehin nicht entnehmen; und auch ansonsten enthalten die Fachplanungsgesetze keinen Hinweis auf ein Gebot der Planrechtfertigung. In Anbetracht dessen verwundert es nicht, dass auch das Verhältnis von Planrechtfertigung und Abwägung nicht überzeugend gelöst ist. Inkonsistent ist schließlich der dem Rechtfertigungsgebot zugewiesene Anwendungsbereich. Weitgehend einig ist man sich demgegenüber lediglich, dass die Hürde der Planrechtfertigung eine „praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit“193 ist. Bedeutung und Leis190 BVerwG, Beschl. v. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 372 sowie die zugehörige Entscheidung der Vorinstanz OVG RhPf, Urt. v. 01. 07. 1997 – 7 C 11843.93 – NVwZ-RR 1998, 225. 191 Vgl. hierzu OVG Hmb, Beschl. v. 13. 12. 1994 – Bs III 376.93 – DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze), S. 30 ff. des Entscheidungsumdrucks; OVG Hmb, Urt. v. 02. 03. 1998 – Bf III 41.96 – juris Nr.: MWRE110139900; OVG Hmb, Beschl. v. 09. 08. 2004 – 2 Bs 300.04 – S. 10 f. des Entscheidungsumdrucks. 192 Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 132; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 280; Wahl, NVwZ 1990, 426, 434; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32: „Die praktische Handhabung bietet ein wenig geschlossenes Bild.“ 193 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 372 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 03. 06. 1971 – IV C 64.70 – BVerwGE 38, 152, 157; ebenso VGH BW, Urt. v.

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2. Teil: Planrechtfertigung in der Rechtsprechung

tungsfähigkeit der Planrechtfertigung als eigenständige Planungsschranke werden daher in Rechtsprechung wie Literatur regelmäßig als gering eingeschätzt194. Verallgemeinernd lässt sich festhalten, dass in der Rechtswirklichkeit Planungen am Erfordernis der Planrechtfertigung nicht scheitern.

26. 11. 1981 – 5 S 448.81 – VBlBW 1982, 202, 205; Erbguth / Schink, UVPG, § 12 Rn. 63; Korbmacher, DÖV 1978, 589, 593; zur Planfeststellung nach dem PBefG Siegel, NZV 2004, 545, 550. 194 Vgl. etwa Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517, 533; Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 234 f.; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 308; Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 58; vgl. auch Fromm, DÖV 1988, 1035, 1036; Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 96; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 180; s. auch Jarass, NuR 2004, 69 ff.; zur Erforderlichkeit von Bebauungsplänen ähnlich Weyreuther, DVBl. 1981, 369, 370 f.; für ein stärkeres Gewicht der Planrechtfertigung Bogs, Planung, S. 229; Mecklenburg, in: Recht und Um-Welt, S. 113, 116; Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse, insbes. S. 100 ff.

Dritter Teil

Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung Allein die geringe praktische Bedeutung des Kriteriums der Planrechtfertigung rechtfertigt nicht die Annahme, dass es überflüssig sei. Denn nur dass sich das Verwaltungshandeln – gemessen an einem bestimmten materiell-rechtlichen Erfordernis – regelmäßig als rechtmäßig erweist, kann nicht zur Aufgabe des betreffenden Kriteriums führen. Ob der Kategorie der Planrechtfertigung im Fachplanungsrecht eigenständige Bedeutung zukommt, hängt vielmehr maßgeblich davon ab, inwieweit es gelingt, ihr ein dogmatisch eigenständiges Fundament zu schaffen. Die dogmatische Rechtfertigung des Erfordernisses der Planrechtfertigung ist zugleich notwendige Vorfrage jeder inhaltlichen Auseinandersetzung mit den durch sie vermittelten Planbegrenzungen. Hinsichtlich der demnach vorzunehmenden dogmatischen Grundlegung finden sich in Rechtsprechung und Literatur verschiedene, sowohl verfassungsrechtlich motivierte als auch am einfachen Recht orientierte Erklärungsversuche.

§ 6 Einzelne Begründungsansätze aus Rechtsprechung und Literatur A. Verankerung in Art. 14 Abs. 3 GG I. Rechtfertigungsbedürftigkeit wegen Einwirkungen auf Rechte Dritter Die Rechtsprechung1 sowie – ihr folgend – Teile der Literatur2 begründen das fachplanungsrechtliche Rechtfertigungsgebot maßgeblich mit Hinweis auf die ver1 Grundlegend hinsichtlich der Bauleitplanung bereits BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312; für die Fachplanung BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59; BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 226 ff.; eingehend auch BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284 f.; vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Urt. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 130; weitere Nachw. aus der Rechtsprechung oben Zweiter Teil § 4 B I (in Fn. 173). 2 Vgl. aus der Literatur i.S. der Rspr. etwa Groß, VerwArch 88 (1997), 89, 93; Hönig, Fachplanung und Enteignung, S. 144 ff., 197 ff.; Niehues, WiVerw 1985, 250 ff.; Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 228 f.; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78 ff.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

fassungsrechtliche Eigentumsgarantie. Eine hoheitliche Planung trage ihre Rechtfertigung nicht schon in sich selbst, sondern sei im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte Dritter für die jeweils konkrete Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig3. Der in dieser beinahe schematisch wiederholten Formulierung zum Ausdruck kommende Begründungsansatz ließe sich zwar auch hinsichtlich der Grundrechte ganz allgemein verstehen; bezogen wird er aber offenbar ausschließlich auf Art. 14 Abs. 3 GG4. Die Planrechtfertigung wird danach oftmals als aus Art. 14 Abs. 3 GG ableitbares „Instrument des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes“ begriffen5. An diesem Ansatz ist zutreffend, dass von hoheitlichen Planungsentscheidungen oftmals Eingriffe in private Eigentumsrechte wie auch in sonstige grundrechtlich geschützte Rechtsgüter ausgehen. Auch ist richtig, dass solche Grundrechtseingriffe von Verfassungs wegen einer Rechtfertigung durch legitime Interessen bedürfen6, im Falle von Enteignungswirkungen durch Gemeinwohlbelange i. S. von Art. 14 Abs. 3 GG7. Weitere Anforderungen lassen sich dem Grundgesetz indes kaum entnehmen; insbesondere zwingt die Verfassung nicht dazu, ein konkretes Vorhaben an Zielen eines Fachplanungsgesetzes zu messen. Dass ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben bestimmten fachplanungsgesetzlichen Zielsetzungen 3 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 118; BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72, BVerwGE 45, 309, 312; BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59 f. 4 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 283; BVerwG, Beschl. v. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 898; BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80; BVerwG, Beschl. v. 09. 09. 1996 – 11 VR 31.95 – NVwZ-RR 1997, 210, 210 f.; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 30.97 – NVwZ 1999, 70, 71; vgl. ferner Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1205; Klößner, Straßenplanung und UVP, S. 74; Niehues, WiVerw 1985, 250 ff.; Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 228; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78 ff.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 46; vgl. auch Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse, S. 59, der allerdings auf S. 70 f. die Ausdehnung des Rechtsfertigungserfordernisses auf andere betroffene Rechtsgüter fordert. 5 Niehues, WiVerw 1985, 250 ff.; Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 228; Mecklenburg, Gegen Könige, S. 45: „Die Anforderung der Planrechtfertigung ist ( . . . ) ein nicht zur Disposition stehendes, aus Art. 14 GG folgendes Verfassungsgebot.“ 6 Vgl. nur BverfG, Beschl. v. 15. 12. 1965 – 1 BvR 513.65 – BVerfGE 19, 342, 348 f.; BVerfG, Beschl. v. 12. 05. 1987 – 2 BvR 1226.83, 101, 313.84 – BVerfGE 76, 1, 50 f.: Danach ergibt sich „bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst“, dass sie „als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Hand jeweils nur soweit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerläßlich ist.“ (Hervorhebung durch den Verf.); zu den bei Grundrechtseingriffen bestehenden Rechtfertigungserfordernissen vgl. allgemein Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 252 ff. 7 Bei der weniger strengen Anforderungen unterliegenden Ausgestaltung von Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1, 2 GG ist es auch möglich, Eigentumspositionen ausschließlich im Hinblick auf kollidierende Interessen einer anderen Privatperson zu beschränken, vgl. näher unten Vierter Teil § 12 A (bei Fn. 253).

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genügen muss, ist m.a.W. kein verfassungsrechtlich vorgegebener Rechtssatz. Das Grundgesetz lässt vielmehr genügen, dass überhaupt legitime öffentliche Belange eine zwangsweise Inanspruchnahme Privater im Wege der Enteignung als letztes Mittel erscheinen lassen8. Nähere Hinweise darauf, welcher Art diese Interessen im Einzelfall sein müssen, enthält das Verfassungsrecht hingegen nicht. So sind etwa öffentliche Versorgungsinteressen9 oder Motive des Umweltschutzes zum Eingriff in das Eigentumsrecht ebenso geeignet wie sozialstaatliche Motive10 oder Gründe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit11. Dies ist letztlich dem Umstand geschuldet, dass im Stufenbau der Rechtsordnung der Verfassung lediglich der Charakter einer Rahmenordnung zukommt, die durch das einfache Recht ausgefüllt wird12. Diesem Rahmencharakter des Grundgesetzes entsprechend ist es nach dem Grundsatz vom Anwendungsvorrang des einfachen Rechts methodisch verfehlt, anhand der Verfassung konkrete, eigentlich einfach-rechtliche Anforderungen begründen zu wollen. Die Verfassung fordert demnach lediglich, dass überhaupt Gemeinwohlinteressen ein Vorhaben erforderlich erscheinen lassen13; diese Frage nach der Gemeinwohldienlichkeit lässt sich aber bereits im Rahmen der planerischen Abwägung beantworten, so dass es einer zusätzlichen Prüfungsstufe „Planrechtfertigung“ insoweit nicht bedarf14.

II. Sicherung gerichtlicher Vollkontrolle der Gemeinwohldienlichkeit Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Kriterium der Planrechtfertigung allerdings grundsätzlich voll justiziabel, während das Gebot gerechter Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange von vornherein beschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt15. Sollten 8 Vgl. nur BVerfG, Urt. v. 18. 12. 1968 – 1 BvR 638, 673 / 64 u. a. – BVerfGE 24, 367, 404; Bryde, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 14 Rn. 85; Nüßgens / Boujong, Eigentum, Rn. 366. 9 Vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 20. 03. 1984 – 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248, 258. 10 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 26. 10. 1977 – 1 BvL 9.72 – BVerfGE 46, 268, 288 f. (sozialpolitische Bodenordnungspolitik – Ansiedlung Heimatvertriebener). 11 Vgl. die exemplarische Aufzählung bei Ossenbühl, in: Kimminich / von Lersner / Storm, HdUR, Sp. 858 f.; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 310. 12 Depenheuer, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 14 Rn. 432 spricht hinsichtlich des Gemeinwohlerfordernisses von einer „Rahmenfunktion“. In diesem Sinne fordert das BVerfG, Urt. v. 18. 12. 1968 – 1 BvR 638, 673 / 64 u. a. – BVerfGE 24, 367, 403 f., dass der Gesetzgeber das Wohl der Allgemeinheit i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG auf „konkrete Sachbereiche“ fixiere. Dem kommt der Gesetzgeber im Rahmen der einzelnen Fachplanungsgesetze nach, hierzu näher unten E. 13 Gegen eine unmittelbare Verankerung der Planrechtfertigung in Art. 14 GG auch bereits Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 310. 14 Vgl. dazu noch näher unten § 7.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

diese Unterschiede in der Kontrolldichte auf Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG zurückzuführen sein, so wäre die Planrechtfertigung möglicherweise doch eine eigenständige – als Instrument des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes sogar unverzichtbare – dogmatische Kategorie16. In seinem hinsichtlich der Kontrolldichte der Planrechtfertigung grundlegenden Urt. v. 06. 12. 198517 hatte das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls die grundsätzlich volle Kontrolle des Rechtfertigungsgebots maßgeblich mit Hinweis auf Art. 14 Abs. 3 GG begründet: Den Anforderungen dieser Bestimmung halte eine Planungsentscheidung mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung nur stand, wenn die Maßnahme zum Wohle der Allgemeinheit objektiv erforderlich sei; deshalb sollten sich die Gerichte in Zweifelsfällen selbst von der Erforderlichkeit eines Vorhabens überzeugen können. Wäre dies richtig, so könnte die Kontrolle der Frage, ob ein Vorhaben aus Allgemeinwohlgründen erforderlich ist oder nicht, nicht der von vornherein auf bestimmte Abwägungsfehler beschränkten Abwägungskontrolle überantwortet werden18. Vermittels des von Art. 14 Abs. 3 GG vorgegebenen Kontrollmaßstabes wäre die Existenz der Planrechtfertigung als dogmatische Kategorie danach gesichert. Indes geht der Hinweis auf Art. 14 Abs. 3 GG (auch) insoweit fehl. Art. 14 Abs. 3 GG macht die Rechtmäßigkeit jeder einzelnen Enteignungsmaßnahme von ihrer Rechtfertigung durch das Gemeinwohl abhängig. Den Begriff des Wohls der Allgemeinheit 19 aus sich selbst heraus inhaltlich scharf zu konturieren20 und positiv21 so konkret zu umschreiben, dass er in den Händen des Rechtsanwenders subsumtionsfähig würde, ist allerdings unmöglich22. Dies gilt insbesondere für die in Rechtsprechung wie Literatur insofern unternommenen Versuche, die Intensität der verfolgten öffentlichen Belange in den Mittel15 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373 sowie oben Erster Teil § 4 A II. 16 Vgl. Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78. 17 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284 f. 18 Vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78; vgl. hierzu auch unten § 7 B I. 19 Nicht eindeutig wird bereits beurteilt, ob „Gemeinwohl“ und „öffentliches Interesse“ terminologisch zu trennen (so etwa v. Arnim, Gemeinwohl, S. 81 f.; Schmidbauer, Enteignung, S. 81 ff. m. w. N.) oder gleichzusetzen sind (so etwa Häberle, Öffentliches Interesse, S. 716; Martens, Rechtsbegriff, S. 169 ff.); zum Ganzen vgl. m. w. N. Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 265 f. (in Fn. 55). 20 Entsprechende Versuche in Rechtsprechung und Literatur sind gescheitert, vgl. v. Brünneck, Eigentumsgarantie, S. 408 f. m. w. N.; dens., NVwZ 1986, 425, 426; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 99 a.E. 21 Möglich ist demgegenüber allerdings eine Annäherung i.S. einer „negativen Gemeinwohlkasuistik“, vgl. hierzu ausführlich Häberle, Öffentliches Interesse, S. 507 ff.; Schmidbauer, Enteignung, S. 91 ff. 22 Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 101; ebenso Depenheuer, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 14 Rn. 432; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 265 f.; s. auch Leisner, DÖV 1970, 217, 223; vgl. grundlegend ferner Häberle, Öffentliches Interesese, S. 19 ff., 716 ff.; Ossenbühl, in: Kimminich / von Lersner / Storm, HdUR, Sp. 858 f.

§ 6 Einzelne Begründungsansätze

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punkt zu rücken23; inhaltliche Maßstäbe, eine materielle Wertskala für die Wichtigkeit einer Aufgabe, anhand derer der jeweilige Grad der Gemeinwohldienlichkeit eines Vorhabens im Einzelfall bestimmt werden könnte, lassen sich dem Grundgesetz gerade nicht entnehmen24. Überhaupt ist das Allgemeinwohl keine absolut erfassbare Größe, sondern bestimmt sich aus dem jeweiligen Sachzusammenhang heraus. Daher ist der Begriff des allgemeinen Wohls notwendig auf Konkretisierungen angewiesen. Diese kommen ihm in Form gesetzgeberischer und – auf deren Grundlage ergehender – administrativer Entscheidungsakte zu25. Insbesondere im Rahmen der planerischen Gestaltung konkreter Vorhaben erfordert die Feststellung des Gemeinwohls dabei Abwägungen26, mit denen untrennbar ein gewisser Spielraum zu verbindlicher Konkretisierung verbunden ist27. Den Begriff des Wohls der Allgemeinheit der Kategorie des voll justiziablen unbestimmten Rechtsbegriffs zuzuordnen28 vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Zumindest für die hier vorliegenden planerischen Zusammenhänge sind eine Ermächtigung der Exekutive zu letztverbindlicher Konkretisierung des Allgemeinwohls und – damit spiegelbildlich einhergehend – eine eingeschränkte Kontrolldichte ohnehin allgemein anerkannt29. Gebietet damit aber Art. 14 Abs. 3 23 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 12. 11. 1974 – 1 BvR 32.68 – BVerfGE 38, 175: „zur Erfüllung der Aufgabe unumgänglich erforderlich“; BVerfG, Beschl. v. 20. 03. 1984 – 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248, 257: „besonderer, im öffentlichen Nutzen liegender Zweck“; Kimminich, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Bonner Kommentar, Art. 14 Rn. 395: „gesteigertes, sachlich-objektives Interesse“; Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 585: „besonders gewichtiges, dringendes öffentliches Interesse“; Nüßgens / Boujong, Eigentum, Rn. 354 f.; ähnlich Wendt, in: Sachs, GG, Art. 14 Rn. 160; kritisch zu diesen Versuchen auch Schmidbauer, Enteignung, S. 113 ff. 24 v. Brünneck, NVwZ 1986, 425, 426; Frenzel, Öffentliches Interesse, S. 99 f.; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 265; Wieland, in: Dreier, GG, Art. 14 Rn. 101. 25 Bryde, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 14 Rn. 82. 26 Vgl. aus der Rechtsprechung nur BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85 – BVerfGE 74, 264, 293 f.; OVG Hmb, Beschl. v. 09. 08. 2004 – 2 Bs 300.04 – S. 12 des Entscheidungsumdrucks; v. Brünneck, Eigentumsgarantie, S. 396 ff.; ders., NVwZ 1986, 425, 426 f.; allgemein auch Nüßgens / Boujong, Eigentum, Rn. 355; s. auch Hönig, Fachplanung und Enteignung, S. 99 ff.; Tsevas, Kontrollintensität, S. 99 (in Fn. 223). 27 Vgl. Bryde, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 14 Rn. 82; Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833, 837; ausführlich zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Konkretisierung des Gemeinwohls im Rahmen der Abwägung auch Tsevas, Kontrollintensität, S. 99 ff. 28 So Kimminich, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Bonner Kommentar, Art. 14 Rn. 390; Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 574; Sieckmann, in: Friauf / Höfling, GG, Art. 14 Rn. 161 (m.H.a. BVerwGE 72, 282, 285 in Fn. 551); s. auch Böhmer, abw. Meinung in BVerfG, Urt. v. 16. 12. 1980 – 1 BvR 92, 96 / 71 – BVerfGE 56, 249, 270. 29 Einen entsprechenden Gestaltungsspielraum räumen hier auch diejenigen Autoren ein, die das Gemeinwohlerfordernis für voll justiziabel halten; vgl. Kimminich, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, Bonner Kommentar, Art. 14 Rn. 399; Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 575; Sieckmann, in: Friauf / Höfling, GG, Art. 14 Rn. 161 (in Fn. 551); vgl. ferner Schmidt-Aßmann, JuS 1986, 833, 837; Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 80, der konstatiert, an der Zulässigkeit am Abwägungsgebot orientierter und damit begrenzter gerichtlicher Kontrolle habe bei der Planfeststellung bislang noch niemand gezweifelt.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

GG keine Vollkontrolle der Allgemeinwohldienlichkeit eines Vorhabens, so ist im Rahmen der Planfeststellung von Verfassungs wegen auch keine gesonderte, voll kontrollierbare Planungsstufe „Planrechtfertigung“ erforderlich. Vielmehr kommen die Grenzen des bestehenden Gestaltungsspielraums bei (fach-)planerischen Entscheidungen in den Anforderungen des Abwägungsgebotes bereits zutreffend zum Ausdruck30. Dabei umgreift die nach alledem nur beschränkt kontrollierbare Abwägung inhaltlich notwendig auch die Bedürfnisprüfung31. Isoliert anhand des Bedürfnisses lässt sich letztlich nämlich gar nicht feststellen, ob ein Vorhaben aus Gemeinwohlgründen erforderlich ist oder nicht32; denn für das Gemeinwohl sind andere Belange als das für das jeweilige Vorhaben angeführte Bedürfnis – man denke nur an den einem Vorhaben in der Regel zuwiderlaufenden Umwelt- und Naturschutz – regelmäßig nicht weniger bedeutsam33. Ob ein Vorhaben dem Gemeinwohl entspricht oder nicht, lässt sich daher ausschließlich auf Ebene der auf das konkrete Projekt bezogenen, als Einheit angelegten34 Abwägung beantworten35. Mit einer isolierten Vollkontrolle des Prüfungspunktes 30 Vgl. BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44: „Ob die einzelne planfestgestellte Abfallentsorgungsanlage dem Wohl der Allgemeinheit dient und dafür eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zulässig ist, entscheidet sich insbesondere nach dem Prüfungsmaßstab des planerischen Abwägungsgebots.“; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1986 – 4 C 48.82 – BVerwGE 74, 109, 114 f.; zum Abwägungsgebot vgl. näher unten Vierter Teil. 31 Dazu näher unten § 7 B II, III. 32 Vgl. BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 347, demnach sich die gesetzliche Bedarfsfeststellung in Ausbaugesetzen letztlich nur „als – partielle – Konkretisierung des Allgemeinwohlerfordernisses“ darstellt; im Rahmen der Entscheidung über die Planfeststellung sei Raum, alle für und gegen das Vorhaben in seiner konkreten Gestalt sprechenden Belange abzuwägen und zu prüfen, ob das Vorhaben in dieser konkreten Gestalt i.S. des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dem Wohl der Allgemeinheit diene; ebenso BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060: Im Rahmen der „der Planfeststellungsbehörde obliegenden Entscheidung sind Raum, Einzelheiten der Trassenführung und mögliche Varianten sowie alle für und gegen das Vorhaben in seiner konkreten Gestalt sprechenden Belange abzuwägen und zu prüfen, ob das Vorhaben in dieser konkreten Gestalt i.S. des Art. 14 III 1 GG dem Wohl der Allgemeinheit dient.“ (Hervorhebung durch den Verf.). 33 Vgl. nur Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 380: Die Prüfung, ob eine Enteignung dem Wohl der Allgemeinheit dient, „kann von der Sache her nur in einem Prozeß planerischer Abwägung entschieden werden, wenn auch öffentliche Belange zu berücksichtigen sind, die gegen das Vorhaben streiten. Das dürfte heute, wo jede weitere Inanspruchnahme unbebauten Geländes wohl bedacht sein will, um fortschreitenden Bodenverbrauch einzudämmen, in der Regel der Fall sein.“; siehe ferner Tsevas, Kontrollintensität, S. 101; vgl. auch BVerfG, Beschl. vom 09. 06. 1987 – 1 BvR 418.87 – UPR 1987, 340, 341. 34 Vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 09. 06. 1987 – 1 BvR 418 / 87 – NVwZ 1987, 967, das darauf hinweist, dass nach der Auslegung der Fachgerichte die Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange als Einheit angelegt sei; vgl. auch § 7 B II, III. 35 Dass die Frage, ob „das Gemeinwohl die Enteignung des privaten Grundbesitzes ( . . . ) rechtfertigt, ( . . . ) sich abschließend erst aufgrund einer Abwägung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander“ ergibt, erkennt auch BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170.

§ 6 Einzelne Begründungsansätze

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Planrechtfertigung könnte im Übrigen nicht einmal eine Stärkung des Eigentumsschutzes einhergehen; denn die Planrechtfertigung stellt im Verhältnis zur Abwägung ohnehin nur ein grobmaschiges Netz, eine pauschale Vorabprüfung auf offensichtliche Mängel dar36.

III. Zusammenfassung Aus dem Grundgesetz ableitbar ist nach alledem lediglich, dass – sofern eine Planung Enteignungswirkungen aufweist – an irgendeiner Stelle im Prüfungsablauf festzustellen ist, ob durch das geplante Vorhaben Gemeinwohlinteressen i.S.v. Art. 14 Abs. 3 GG verfolgt werden37; dieser Vorgabe lässt sich bereits (und allein) über das Gebot gerechter Abwägung der betroffenen Belange hinreichend Rechnung tragen. Die Kategorie der Planrechtfertigung ist demgegenüber als eigenständiges Erfordernis weder aus der Eigentumsgarantie noch aus anderen Grundrechtsbestimmungen ableitbar38. Wie bereits aufgezeigt39, wird die Planrechtfertigung in der Rechtswirklichkeit ohnehin nicht unbedingt als Instrument zum Schutze von Enteignungsbetroffenen eingesetzt; vielmehr begreift die Rechtsprechung die Planrechtfertigung der Sache nach wohl (inzwischen) als allgemeines Institut des Planfeststellungsrechts, das unabhängig davon zur Anwendung kommt, ob Eigentum oder andere Rechte Dritter betroffen sind.

B. Anknüpfung an den allgemeinen Erforderlichkeitsgrundsatz Das Bundesverwaltungsgericht fragt im Rahmen der Planrechtfertigung danach, ob das konkrete Vorhaben – gemessen an den jeweiligen fachplanungsgesetzlichen Zielen – „objektiv erforderlich“ ist40. Damit zeichnet es sein Konzept der Planrechtfertigung vor dem Hintergrund eines Erforderlichkeitsgedankens. Allgemein 36 Vgl. bereits oben Zweiter Teil; vgl. auch Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32: „Keinesfalls wird die mit dem Begriff verbundene Verheißung, das Gericht prüfe, ob das Projekt nach Art und Umfang zum Wohl der Allgemeinheit i.S. des Art. 14 Abs. 3 GG erforderlich sei, erfüllt“. 37 So bereits Niehues, WiVerw 1985, 250, 254, der sich freilich gleichwohl aus prüfungsökonomischen Gründen für die Aufrechterhaltung der Kategorie Planrechtfertigung ausspricht; wegen der weiteren Voraussetzung, dass der Gesetzgeber die Vorhaben, derentwegen enteignet werden kann, grundsätzlich benannt haben muss, vgl. BVerfG, Urt. v. 10. 03. 1981 – 1 BvR 92, 96 / 71 – BVerfGE 56, 249, 261; BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85 – BVerfGE 74, 264, 285. 38 So zutreffend bereits Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 310; i.E. auch Winter, NuR 1985, 41 ff., 44. 39 Oben Zweiter Teil § 4 B I a.E. 40 Vgl. näher oben Zweiter Teil § 4 A I.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

bekannt ist der Begriff der Erforderlichkeit als Teilgebot des verfassungsrechtlich abgesicherten41 Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Übermaßverbotes). Dogmatisch wird die Planrechtfertigung – begriffen als fachplanungsrechtliches Erforderlichkeitsgebot – daher in der Literatur häufig in Beziehung zum Übermaßverbot bzw. dessen Teilgebot gesetzt. So wird sie etwa als Ausprägung des allgemeinen Erforderlichkeitsgebots gesehen42. Oder es wird formuliert, das Bundesverwaltungsgericht trage – indem es für die Planrechtfertigung die Erforderlichkeit des Vorhabens zur Verwirklichung der gesetzlichen Ziele verlange – dem jede Ermächtigungsgrundlage ergänzenden Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung43. Auf den ersten Blick mag es naheliegend erscheinen anzunehmen, dass der Begriff der Erforderlichkeit i.S. der Planrechtfertigung auf das „Grundrechtseingriffe rechtfertigende und begrenzende Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ respektive dessen Teilgrundsatz hindeutet44. Indes lässt sich allein daraus, dass in beiden Zusammenhängen der Begriff der Erforderlichkeit gebraucht wird, nicht notwendig auf inhaltliche Verbindungen schließen. Denn das „Prädikat ,erforderlich’ ist“ – wie Weyreuther treffend bemerkt45 – „von geradezu bodenlos relativer Bedeutung“, erschließt sich also jeweils erst vor dem konkreten Sinnzusammenhang, in dem es Verwendung findet46. Und in der Tat tritt bei näherer Betrachtung deutlich hervor, dass sich das fachplanungsrechtliche Erforderlichkeitsgebot vom Erforderlichkeitsgrundsatz i.S. des Übermaßverbotes klar unterscheidet47. Der Erforderlichkeitsgrundsatz besagt, dass unter mehreren zur Erreichung des jeweils erstrebten Zieles gleich wirksamen Mitteln dasjenige zu wählen ist, das die geringsten Belastungen hervorruft48. Die Frage nach der Erforderlichkeit eines Mittels betrifft damit stets einen Mittel-Mittel-Vergleich hinsichtlich der durch die 41 Abgeleitet wird das Übermaßverbot insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 04. 02. 1975 – 2 BvL 5.74 – BVerfGE 38, 348, 368), es ergibt sich aber bereits „aus dem Wesen der Grundrechte selbst“ (BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1982 – 1 BvL 34, 55.80 – BVerfGE 61, 126, 134); allein für eine grundrechtliche Verankerung etwa Schnapp, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 20 Rn. 32; vgl. allgemein (auch zu weiteren Ansätzen) Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 80; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 40 Rn. 83. 42 Ronellenfitsch, VerwArch 77 (1986), 177, 186; ders., VerwArch 78 (1987), 323, 336; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 30; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78. 43 Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 158 f. 44 Vgl. auch Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 48. 45 Weyreuther, DVBl. 1981, 369, 370. 46 Vgl. allgemein zur Relativität der Begriffsbildung als Problem juristischer Methodenlehre Wank, Auslegung von Gesetzen, S. 53 f.; s. auch Tsevas, Kontrollintensität, S. 66. 47 Richtig bereits Tsevas, Kontrollintensität, S. 68 f.; ebenso jüngst Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 23 f.; ders., NuR 2004, 69, 72. 48 Vgl. trotz unterschiedlicher Formulierungen sachlich übereinstimmend BVerfG, Beschl. v. 31. 10. 1984 – 1 BvR 35, 356, 794.82 – BVerfGE 68, 193, 218 f.; Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 85; Maurer, Allg. VerwR, § 10 Rn. 17; s. auch bereits Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 19.

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verglichenen Mittel verursachten Folgen49; sie weist aber keinen Zusammenhang dazu auf, ob und inwieweit das ergriffene Mittel zu Zielvorgaben oder Zwecken in Beziehung steht. Demgegenüber betrifft das fachplanungsrechtliche Erforderlichkeitsgebot die Frage, ob die die jeweilige Planung tragenden Belange ein Vorhaben überhaupt als erforderlich erscheinen lassen. Der Sache nach lässt sich die Funktion der Planrechtfertigung sogar darauf reduzieren, zu klären, ob sich für das jeweilige Vorhaben überhaupt legitime Belange finden lassen50. Damit stellt sich die Planrechtfertigung als eine auf das Vorliegen legitimer Zwecke bezogene Prüfung dar; einen Mittel-Mittel-Vergleich enthält sie hingegen nicht51. So ist die Frage nach Planungsalternativen gerade nicht Teil der Planrechtfertigung sondern der Abwägungskontrolle52. Mögliche Planungsvarianten des jeweils geprüften Vorhabens werden im Rahmen des Gebots der Planrechtfertigung noch gar nicht in Blick genommen53. In Anbetracht der danach bestehenden deutlich hervortretenden Unterschiede zwischen Erforderlichkeitsgrundsatz und fachplanungsrechtlichem Erforderlichkeitsgebot ist eine dogmatische Rückanknüpfung der Planrechtfertigung an den allgemeinen Erforderlichkeitsgrundsatz abzulehnen54. Auch eine Anknüpfung an den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als solchen überzeugt nicht. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stellt in seinem 49 Vgl. etwa Hirschberg, Verhältnismäßigkeit, S. 64 f.; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 19. 50 Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A I. 51 Tsevas, Kontrollintensität, S. 68 f.; vgl. auch Manner, Planfeststellungsverfahren, S. 140: „Die planungsadäquate Umsetzung des Satzes vom mildesten Mittel liegt ( . . . ) in seiner Einstellung in das Gebot gerechter Abwägung. Eigenständige Bedeutung daneben kommt ihm nicht zu.“ 52 Vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 2 b sowie BVerwG, Urt. v. 30. 05. 1984 – 4 C 58.81 – BVerwGE 69, 256, 273; Bartunek, Drittschutz, S. 62; Pünder / Schenkel, Jura 2004, 563, 566 (in Fn. 23); Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 58 f., 63; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 51. Sofern unter dem Merkmal der Planrechtfertigung zuweilen auch Mittel-Mittel-Vergleiche angestellt werden, vgl. BVerwG, Urt. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 120 f. (bessere Verteilung der Flugbewegungen statt Neubau der Startbahn West des Flughafens Frankfurt a.M.) oder Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 83 f. (Durchleitung von Energie durch bestehende Netze statt Leitungsneubau, hierzu noch näher unten § 15 B), handelt es sich um systemfremde Ausnahmeerscheinungen, die zudem nicht den Schwerpunkt der Rechtfertigungsprüfung ausmachen, vgl. Tsevas, Kontrollintensität, S. 69. Im Übrigen lässt sich – macht man die Planrechtfertigung zum Standort auch für Alternativenprüfungen – (erst recht) keine Trennlinie zur Abwägung mehr aufzeigen (vgl. dazu, dass die Planrechtfertigung im Wesentlichen in der Abwägung aufgeht, unten § 7). 53 Zutreffend Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 58: „Die Schranke der Planrechtfertigung führt ( . . . ) nicht zu einer Einschränkung des Planungsträgers bei der Wahl zwischen mehreren möglichen Alternativen, noch erfordert sie eine Alternativenprüfung überhaupt.“ 54 Ähnlich Tsevas, Kontrollintensität, S. 66 ff.; wie hier jüngst auch Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 23; ders., NuR 2004, 69, 72.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

Kern eine Zweck-Mittel-Relation auf, setzt also das eingesetzte Mittel zu den verfolgten Zwecken in Beziehung und versucht auf diese Weise, bestehende Konflikte einem möglichst schonenden Ausgleich zuzuführen55. Demgegenüber erweist sich die Planrechtfertigung nicht als Instrument zur Bewältigung planerischer Konfliktlagen. Ob und inwieweit der Planung widerstreitende Belange vorhanden sind, wird ja – wie auch die Frage nach Planungsalternativen oder der Dimensionierung eines Vorhabens56 – erst im Rahmen der Abwägung berücksichtigt57. Daher ist es nicht das Erfordernis der Planrechtfertigung sondern das Abwägungsgebot, das „in seinem Anwendungsbereich in einer für planerische Entscheidungen spezifischen Weise dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt“58. Ein Berührungspunkt zwischen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Erfordernis der Planrechtfertigung ist allenfalls insofern zu verzeichnen, als für den Fall, dass der jeweils verfolgte Zweck nicht als legitim anerkannt wird, jede weitere Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wie der Planrechtfertigung verfehlt wäre. Dieser bloße Berührungspunkt vermag jedoch als Begründung für eine dogmatisch eigenständige Herleitung der Planrechtfertigung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu genügen.

C. „Ermächtigungsgrundlagenfunktion“ der Planrechtfertigung? Die durch eine Planung vermittelten Eingriffswirkungen nimmt Ibler59 zum Anlass für einen Erklärungsversuch. Er meint, der Begriff „Planrechtfertigung“ kennzeichne nach der Rechtsprechung die „,Ermächtigungsgrundlagenfunktion‘ von Aufgaben- und Zuständigkeitsvorschriften der Fachplanfeststellungsgesetze, mittels Planung in Rechte Dritter eingreifen zu dürfen. Kurz: Die Planrechtfertigung ist das Etikett der Eingriffsermächtigung im (Fach)Planfeststellungsrecht.“ 60 Die von Verfassungs wegen unter dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes erforderliche Ermächtigungsgrundlage ergebe sich im Recht der Planfeststellung nicht bereits aus der Anordnung des jeweiligen Fachplanungsvorbehaltes, sondern erst in Zusammenschau dieser Anordnung mit verschiedenen anderen fachplanungsgesetzlichen Bestimmungen, denen Ibler „Ermächtigungsgrundlagencharakter“61 zuschreibt. Dabei soll das Erfordernis der Planrechtfertigung in diesem Zu55 Vgl. nur Maurer, Allg. VerwR, § 10 Rn. 17; Pieroth / Schlink, Grundrechte, Rn. 272, 279 ff.; s. auch bereits Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, S. 19. 56 Vgl. oben Fn. 52 f. 57 Vgl. nur Blumenberg, DVBl. 1989, 86, 91; vgl. auch bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 2. 58 So allgemein das Abwägungsgebot kennzeichnend BVerwG, Urt. v. 21. 01. 1981 – 4 C 4.78 – BVerwGE 61, 295, 301. 59 Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 136 ff., 141 ff. 60 Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 141. 61 Vgl. Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 170.

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sammenhang nicht mehr als ein „begriffliches Kennzeichen“ dieser Ermächtigungsfunktion sein62. Hieran ist sicherlich richtig, dass nach dem verfassungsrechtlich fundierten63 Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes zumindest jedes (klassische) Grundrechtseingriffe bewirkende Staatshandeln auf eine gesetzliche Ermächtigung zurückzuführen sein muss64. Abzulehnen dürfte indes bereits die These Iblers sein, im Recht der Planfeststellung ergebe sich die materielle Befugnis zu fachplanerischen Eingriffen nicht bereits aus der bloßen Anordnung des jeweiligen Planfeststellungsvorbehaltes, sondern erst aus einer Zusammenschau verschiedener fachplanungsgesetzlicher Bestimmungen65. Ein Planfeststellungsverfahren vorzuschreiben, ohne zugleich zu dessen Durchführung und den damit regelmäßig einhergehenden Rechtseingriffen zu ermächtigen, erschiene als widersinnig66. Mit der Rechtsprechung ist die materielle Befugnis zum Grundrechtseingriff daher bereits als notwendig in der Anordnung des jeweiligen Fachplanungsvorbehaltes inbegriffen zu sehen67. Selbst wenn sich aber die Ermächtigung zu planerischen Rechtseingriffen nicht allein aus den jeweiligen Fachplanungsvorbehalten ergeben sollte, sondern erst in Zusammenschau mit weiteren fachplanungsgesetzlichen Bestimmungen, so ließe dies nicht zu, das Kriterium der Planrechtfertigung dogmatisch darauf zurückzuführen, eine „Ermächtigungsgrundlagenfunktion“ zu beschreiben. Denn die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung unter dem Kriterium der Planrechtfertigung aufstellt, lassen sich mit diesem Begriff schwerlich in Zusammenhang bringen. So kann die im Rahmen der Planrechtfertigung postulierte Zielkonformitäts- und Bedürfnisprüfung schlicht nicht mit Hinweis auf den Grundsatz vom Vorbehalt des Vgl. Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 170. Die genaue Verankerung ist freilich unklar; oftmals wird Art. 20 Abs. 3 GG genannt (so etwa BVerfG, Beschl. v. 28. 10. 1975 – 2 BvR 883.73 und 379, 497, 526.74 – BVerfGE 40, 237, 248 f.; BVerfG, Beschl. v. 29. 10. 1987 – 2 BvR 624, 1080, 2029.83 – BVerfGE 77, 170, 230; dagegen etwa Schnapp, in: v. Münch / Kunig, GG-Kommentar, Art. 20 Rn. 46), teilweise werden zur Begründung auch (zusätzlich, vgl. BVerwG, Urt. v. 29. 11. 1985 – 8 C 105.83 – BVerwGE 72, 265, 266) die Grundrechte oder andere Vorschriften des Grundgesetzes bemüht (vgl. allgemein nur Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 44). 64 Vgl. nur Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 47. 65 Vgl. hierzu nochmals Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 170, insofern allerdings nicht ganz widerspruchsfrei zu S. 156 f., wo Ibler darlegt, das mit dem Wortlaut der Fachplanungsvorbehalte die Annahme einer materiellen Ermächtigung zur Planung sehr wohl vereinbar sei. 66 Bartunek, Drittschutz, S. 29; insoweit zutreffend auch Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 170. 67 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59 (zu § 17 FStrG); BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 225 (zu § 31 WHG); BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 115 f. (zu §§ 8, 10 Abs. 1 LuftVG); BVerwG, Urt. v. 12. 07. 1985 – 4 C 40.83 – Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 1, S. 1, 7 (zu § 14 WaStrG); ebenso Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 230; Paetow, in: FS für Sendler, S. 425, 429; s. auch Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 47: „Die Normen des Fachplanungsrechts, auf deren Grundlage ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist, enthalten auch die Ermächtigung zu Eingriffen in Rechte Dritter.“ 62 63

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Gesetzes erklärt werden. Dieser Grundsatz besagt nämlich lediglich, dass für staatliche Eingriffsakte eine (hinreichend bestimmte)68 gesetzliche Ermächtigung vorliegen muss, nicht aber, wie dieser gesetzliche Stützungsgrund inhaltlich im Detail auszugestalten ist. Insbesondere lässt sich ihm nicht entnehmen, unter Berufung auf welche öffentlichen Interessen Eingriffe letztlich zulässig sind. Die Auffassung Iblers, das Erfordernis der Planrechtfertigung sei „begriffliches Kennzeichen“ der Ermächtigungsgrundlagenfunktion verschiedener fachplanungsgesetzlicher Bestimmungen erscheint konstruiert; sie ist abzulehnen.

D. Verankerung in Art. 20a GG Winter69 geht davon aus, dass die Planrechtfertigung nicht durch die von Fachplanungsentscheidungen ausgehenden Beeinträchtigungen privater Eigentumsrechte begründbar ist. Denn keineswegs seien bei allen fachplanerischen Vorhaben Enteignungen notwendig. Deshalb müsse statt der im Eigentumsgrundrecht fußenden subjektiven Anknüpfung ein anderes, objektives Motiv im Vordergrund stehen. Dieses sieht er im Umweltschutz begründet. Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts schienen es uneingestanden abzulehnen, „daß sie zusehen sollen, wenn Menschen als Kollektiv statt nur als Individuen leiden, genauer, wenn ihnen die noch nicht individuell zugeteilten oder nicht zuteilbaren Lebensgrundlagen zerstört werden.“70 Da die Planfeststellungsbehörden gegenüber ökonomischen oder bürokratischen Interessen und Selbstläufen bei Großvorhaben nicht die notwendige Distanz besäßen, erfordere die Erhaltung gesellschaftlicher Ressourcen eine als „Planrechtfertigung“ getarnte Bedürfnisprüfung71. Die rechtliche Begründung der solchermaßen ökologisch motivierten Bedürfnisprüfung konnte Winter freilich im Jahre 1985 nicht auf die Verfassung stützen72: Die natürlichen Lebensgrundlagen waren bei damaliger Rechtslage „nur schwer als verfassungsrechtlich geschützt“ auszuweisen73. In Anbetracht des 1994 neu geschaffenen Art. 20a GG74, demnach Vgl. nur Jarass / Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 54 ff. Winter, NuR 1985, 41, 42 ff. 70 Winter, NuR 1985, 41, 43. 71 Winter, NuR 1985, 41, 43. 72 Winter, NuR 1985, 41, 44, sieht daher die rechtliche Begründung für die Planrechtfertigung vor allem darin, dass „die Bedürfnisprüfung ( . . . ) ein Rechtsprinzip des Umweltschutzes zu werden beginnt.“ Dieser Ansatz vermag indes nicht zu überzeugen. Denn das Erfordernis der Planrechtfertigung wird nicht aus dem Gedanken der Ressourcenschonung gespeist (s. dazu sogleich im Text). Zudem ist der umweltrechtliche Regelungszusammenhang zu schwach ausgeprägt, um aus ihm, seinem Sinnzusammenhang oder einem Rückgriff auf die ratio legum (vgl. zu den Grundlagen von Rechtsprinzipien allgemein Larenz, Methodenlehre, S. 474) ein derartiges Rechtsprinzip zu erschließen. Dies sieht auch Winter selbst, wenn er relativierend ausführt, es sei sicherlich verfrüht, von einem „fertigen umweltrechtlichen Rechtsprinzip“ zu sprechen (Winter, NuR 1985, 41, 44). 73 So richtig Winter, NuR 1985, 41, 44. 68 69

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die natürlichen Lebensgrundlagen nunmehr von Verfassungs wegen staatlichen Schutz genießen, ist diese Sicht jedoch überholt. Als rechtsdogmatischen verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt für das Erfordernis der Planrechtfertigung müsste Winter daher heute Art. 20a GG nennen. In den verwaltungsgerichtlichen Judikaten findet sich indes kein Anhalt dafür, dass das Bundesverwaltungsgericht das Gebot der Planrechtfertigung entwickelt hat, um vermeidbare Beeinträchtigungen der Umwelt zu verhindern. Nach seiner Rechtsprechung findet der Gedanke des Umwelt- und Ressourcenschutzes bereits auf der Ebene des Abwägungsgebots hinreichende Berücksichtigung. Dort fordert er regelmäßig75, von einer Planung Abstand zu nehmen. Der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen ist m.a.W. keine Frage der Planrechtfertigung sondern der Abwägung76. Schon deshalb taugt Art. 20a GG als rechtsdogmatischer Anknüpfungspunkt für das Erfordernis der Planrechtfertigung nicht. Da dem Schutze der natürlichen Lebensgrundlagen bereits das Gebot gerechter Abwägung dient, wäre sogar die bloße Forderung nach einer ökologisch motivierten, auf Art. 20a GG gestützten Bedürfnisprüfung zurückzuweisen. Denn Art. 20a GG stellt dem Staat lediglich die Aufgabe, die natürlichen Lebensgrundlagen unter Schutz zu stellen; er sagt aber nichts darüber aus, wie diese Aufgabe im einzelnen zu verwirklichen ist77. Auch der Auffassung Winters kann aus diesen Gründen nicht gefolgt werden78.

E. Fachplanungsrechtliche Systematik Scheitert damit eine verfassungsrechtliche Anknüpfung des Kriteriums der Planrechtfertigung, so kann eine dogmatische Grundlegung nur im Wege der Ableitung aus einfachem Gesetzesrecht gelingen. Manssen schlägt insoweit vor, die Kategorie der Planrechtfertigung unter Rückgriff auf die fachplanungsrechtliche Gesetzessystematik zu rechtfertigen. Er meint, dass „jedes Planungsgesetz ein spezifisches Verwaltungsziel verfolgt, was auch vorliegen muss, damit nach diesem Gesetz geplant werden darf.“79 Die solchermaßen theoretisch postulierte Rückbin74 Eingefügt durch Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. 10. 1994 (BGBl. I S. 3146). 75 Eine Ausnahme kann insoweit der Freileitungsbau nach § 11a EnWG für erneuerbare Energiequellen bilden, vgl. Fünfter Teil § 15 D. 76 So auch Niehues, WiVerw 1985, 250, 256. 77 So zum vergleichbaren Sozialstaatsprinzip BVerfG, Beschl. v. 06. 11. 1979 – 1 BvR 81.76 – BVerfGE 52, 283, 298; BVerfG, Beschl. v. 13. 01. 1982 – 1 BvR 84, 1047.77 u. a. – BVerfGE 59, 231, 263; zur Übertragung dieser Rechtpsrechung auf Art. 20a GG vgl. Scholz, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 20a Rn. 35. 78 Ablehnend auch Hönig, Fachplanung und Enteignung, S. 212; ähnlich Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 143 f. 79 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 311.

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dung des jeweiligen Planvorhabens an ein spezifisches Verwaltungsziel veranschaulicht er unter Heranziehung des Rechts der Bundesfernstraßen als Referenzgebiet80: Fernstraßen dürften nicht unter Berufung auf irgendwelche öffentlichen Belange gebaut werden, wenn die „Zielfestlegungen“ des § 1 Abs. 1 FStrG nicht vorlägen. Sie müssten eben dem spezifischen, vom Fachplanungsgesetz verfolgten Verwaltungszweck dienen. Auf dieser Grundlage spannt Manssen, der eine unmittelbare Verankerung der Planrechtfertigung in Art. 14 GG zu Recht ablehnt, schließlich den Bogen zurück zur Verfassung: Die Planrechtfertigung erhalte ihren verfassungsrechtlichen Bezug erst dadurch, dass es bei ihr letztlich um die Feststellung gehe, ob das Vorhaben dem fachgesetzlichen, das Allgemeinwohl konkretisierenden Enteignungszweck diene. Indes erweist sich dieses Begründungsmodell bei näherer Betrachtung nicht als zielführend. Zwar ist Manssen in der Annahme zuzustimmen, dass Planungsgesetze – wie sämtliche Verwaltungsgesetze – spezifische Verwaltungsziele verfolgen. Diese Erkenntnis lässt sich im Fachplanungsrecht aber – bezogen auf eine konkrete Planung – nur begrenzt fruchtbar machen. Denn die Gesetze enthalten im Regelfall gerade keine ausdrücklichen Zielvorgaben, an denen ein Vorhaben konkret gemessen werden könnte. Über dieses gesetzliche Defizit an Zielfestlegungen will die Rechtsprechung zwar zuweilen hinwegtäuschen, indem sie die Fachplanungsgesetze im Rahmen der Zielkonformitätsprüfung mit allen möglichen legitimen Überlegungen auflädt. So begreift sie etwa, wie an anderer Stelle dargelegt, die durch den Neubau einer Straße bewirkte regionale Strukturhilfe als Ziel des FStrG oder misst dem LuftVG generell immissionsschutzrechtliche Zielsetzung bei. Dies ist mit dem fachgesetzlichen normativen Befund indes nicht zu vereinbaren und daher als systemwidrig abzulehnen81. Wenig hilfreich ist es in diesem Zusammenhang auch, wenn man – wie Manssen82 – im Hinblick auf § 1 Abs. 1 FStrG von „Zielfestlegungen“ spricht. Denn § 1 Abs. 1 FStrG enthält eine Legaldefinition des Begriffs der Bundesfernstraße, formuliert aber keinen allgemeinen Zielkatalog des Fernstraßengesetzes. Freilich lässt sich der Legaldefinition der Bundesfernstraße durchaus mittelbar ein gesetzgeberisches Anliegen entnehmen: Wenn Fernstraßen nur solche Straßen sind, die einem weiträumigen Verkehr dienen und ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden, dann soll durch den Bau einer Fernstraße ein Beitrag zu einem solchen zusammenhängenden Verkehrsnetz geleistet werden. Dieser durch die Fassung der Legaldefinition mittelbar verfolgte Zweck findet jedoch im Rahmen der Fernstraßenplanung schlicht dadurch Berücksichtigung, dass § 1 Abs. 1 FStrG eine rechtlich zwingende Anforderung an diese Fachplanung begründet: Da nämlich Gegenstand Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 310 f. Vgl. zum Ganzen oben Zweiter Teil § 4 A I 1. 82 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 310; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 133. 80 81

§ 6 Einzelne Begründungsansätze

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der Planung nach § 17 FStrG eine Bundesfernstraße ist, muss das jeweils geplante Vorhaben, um planfeststellungsfähig zu sein, den Anforderungen der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 FStrG genügen83. Indem § 1 Abs. 1 FStrG den Begriff der Bundesfernstraße definiert, legt er m.a.W. mittelbar den Sachbereich fest, in dem einzig von der Planungsermächtigung des § 17 Abs. 1 FStrG Gebrauch gemacht werden kann84. So darf eine Fernstraße auf Grundlage von § 17 Abs. 1 FStrG etwa nicht gebaut werden, wenn sie nur dem örtlichen Verkehr dient. § 1 Abs. 1 FStrG konstituiert daher schlicht zwingendes Recht, vermittels dessen – wie durch jede Rechtsnorm – Zwecke verfolgt werden, enthält aber nicht selbst einen fachgesetzlichen Zielkatalog, der Grundlage des Instituts der Planrechtfertigung sein könnte. Daran ändert auch § 1 Abs. 2 FStrAbG85 nichts, der für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben vorgibt, dass sie den „Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes“ entsprechen. Der Gesetzgeber hat mit § 1 Abs. 2 FStrAbG lediglich auf die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung reagiert, die der Planfeststellung vorgeschalteten Bedarfsplänen ohne entsprechende gesetzliche Regelung die außenwirksame Verbindlichkeit abgesprochen hat86. Dabei hat er die Rechtsprechung, die § 1 Abs. 1 FStrG selbst als Zielbestimmung bezeichnet hat87, unbesehen rezipiert. Diese Vorgehensweise vermag aus der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 FStrG aber keinen Zielkatalog zu machen. Vielmehr arbeitet der Gesetzgeber, wenn er in § 1 Abs. 2 FStrAbG von „Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes“ spricht, letztlich mit einer der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entlehnten bloßen Fiktion. Scheinbar anders aber die Lage im Wasserhaushaltsgesetz: Zwar findet sich auch hier keine Norm, aufgrund derer ein nach § 31 Abs. 2 WHG88 planfeststellungspflichtiges Vorhaben an Zielen des Gesetzes gemessen werden müsste. Immerhin besteht aber mit § 1a Abs. 1 WHG eine Bestimmung, die – als „Grundsatz“ überschrieben – eine Zusammenstellung von gesetzgeberischen Leitvorstellungen 83 Richtig daher BVerwG, Urt. v. 03. 05. 1988 – 4 C 26.84 – NVwZ 1989, 149 sowie BVerwG, Beschl. 23. 12. 1992 – 4 B 188.92 – DÖV 1993, 433, 434 f., wo die Frage, ob Gegenstand der Planung eine Bundesfernstraße i.S.v. § 1 Abs. 1 FStrG ist, einer von den übrigen materiellrechtlichen Vorgaben getrennten Prüfung unterzogen wird; vgl. auch Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 38, der ebenfalls darauf hinweist, dass sich aus §§ 1 Abs. 1, 17 Abs. 1 FStrG ein konditionaler Zulassungstatbestand bilden lässt. 84 Vgl. näher noch einmal unten bei Fn. 100 ff. 85 I.d.F. der Bek. v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1879), zuletzt geändert durch Gesetz v. 04. 10. 2004 (BGBl. I S. 2574). 86 Vgl. Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1209; Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 32, Rn. 20.12; näher zur Bedeutung der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen unten Vierter Teil § 13. 87 Vgl. BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 61; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 133. 88 I.d.F. der Bek. v. 19. 08. 2002 (BGBl. I S. 3245), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes v. 06. 01. 2004 (BGBl. I S. 2).

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enthält. Als Essenz dieser Leitvorstellungen lässt sich das – auch in anderen Bestimmungen (vgl. insbesondere §§ 6, 26 WHG) zum Ausdruck kommende – Anliegen des Gewässerschutzes begreifen89. Der Gewässerschutz kann jedoch nicht als Grundlage einer Zielkonformitätsprüfung für nach § 31 Abs. 2 WHG planfeststellungspflichtige Vorhaben dienen90. Denn den in § 1a Abs. 1 WHG niedergelegten wasserwirtschaftlichen Belangen laufen viele im Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 WHG anerkanntermaßen zulassungsfähige Planungen häufig gerade zuwider91. Unter § 31 Abs. 2 WHG fallen nämlich verschiedenste Vorhaben, soweit sie zu einer Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer in einer für den Wasserhaushalt bedeutsamen Weise führen92. So ist Ziel einer auf Grundlage von § 31 Abs. 2 WHG planfeststellungspflichtigen, aber auch grundsätzlich planfeststellungsfähigen Nassauskiesung die Gewinnung von Kies und Sand, nicht aber der Ausbau eines Gewässers oder gar dessen Schutz. § 31 WHG zielt eben nicht auf Verwirklichung spezifischer Vorhaben, auf die das WHG ausgerichtet wäre. Vielmehr ist der Zweck des Planfeststellungsvorbehalts eher darin zu sehen, einen Genehmigungsvorbehalt für Eingriffe in ein knappes Umweltgut zu konstituieren93. § 1a Abs. 1 WHG fasst demnach nicht die Zwecke zusammen, derentwegen ein Vorhaben verwirklicht werden kann, sondern enthält sogar umgekehrt wasserwirtschaftliche Belange, die i.d.R. einer Vorhabenplanung zuwiderlaufen. Zuweilen wird § 1a Abs. 1 WHG sogar ein „Gebot zur Minimierung von Gewässerbeeinträchtigungen, und damit eine Gewichtserhöhung der wasserwirtschaftlichen Belange im Rahmen der Abwägung bei gewässertangierenden Planungen“94 entnommen. Laufen die in § 1a Abs. 1 WHG niedergelegten Leitvorstellungen den mit der Vorhabenplanung verfolgten Zielen damit aber regelmäßig entgegen, so macht das Postulat einer allgemein durchzuführenden Zielkonformitätsprüfung von vornherein keinen Sinn95. Auch eine Zielkonformitätsprüfung nur in den Fällen durchzuführen, in denen das konkrete Vorhaben auf Ziele des Wasserhaushaltsgesetzes

Vgl. nur Czychowski / Reinhardt, WHG, § 1a Rn. 1. Einen entsprechenden Ansatz verfolgt allerdings VG Minden, Urt. v. 13. 03. 1987 – 8 K 2122.85 – ZfW Sh 1987 Nr. 151 (LS 3): „Die Planung eines Gewässerbaus ist ausreichend gerechtfertigt, wenn ihr Zweck den Zielsetzungen des § 1a WHG entspricht.“; im Ansatz ebenso VGH BW, Urt. v. 30. 07. 1985 – 5 S 2553.84 – ZfW 1986, 315, 316 f. 91 Vgl. VG Hmb, Urt. v. 27. 08. 2002 – 15 VG 1383.2002 – NordÖR 2002, 459, 464; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 21 f.; dens., NuR 2004, 69, 71; teilweise verhalten sich die nach § 31 WHG planfeststellungsbedürftigen Planungen gegenüber dem Ziel des Gewässerschutzes auch neutral: vgl. etwa OVG RhPf, Urt. v. 05. 08. 2004 – 1 A 11787.03: Planrechtfertigung für Maßnahme zur Verbesserung des Hochwasserschutzes. 92 Vgl. Czychowski / Reinhardt, WHG, § 31 Rn. 17 ff. 93 Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 21 f.; ders., NuR 2004, 69, 71; ähnlich Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 170. 94 So Dreier, Normative Steuerung, S. 183. 95 Für einen Verzicht auf die Stufe der Planrechtfertigung bei der wasserwirtschaftlichen Planfeststellung in diesem Sinne auch VG Hmb, Urt. v. 27. 08. 2002 – 15 VG 1383.2002 – NordÖR 2002, 459, 464. 89 90

§ 6 Einzelne Begründungsansätze

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ausgerichtet ist, erbringt nichts96. Denn in diesen Fällen ist das Zielkonformitätskriterium ja ohnehin erfüllt, stellt also keine Begrenzung der entsprechenden Planungen dar. Ganz anders hingegen die Situation im Energiewirtschaftsgesetz97: § 1 EnWG verlautbart hier ausdrücklich den Zweck des Gesetzes, und § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG fordert ebenso ausdrücklich, dass ein Leitungsvorhaben den Zielen des § 1 EnWG entsprechen muss. Hierin jedoch eine spezialgesetzliche Ausprägung des Elements der Zielkonformitätsprüfung sehen zu wollen98, erscheint wenig überzeugend. Dass der Gesetzgeber hier klar und deutlich eine Überprüfung des Vorhabens nach Maßgabe gesetzlicher Ziele vorschreibt, spricht vielmehr umgekehrt eher dafür, dass in anderen Regelungszusammenhängen eine entsprechende Prüfung zu unterbleiben hat. Auch lässt sich § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG zwanglos bereits einer anderen materiellen Schranke des Fachplanungsrechts zuordnen, nämlich den (subsumtionsfähigen) zwingenden Rechtssätzen99. Aus diesen Gründen ist es nicht möglich, an § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG anzuknüpfen, um die Planrechtfertigung als allgemeine Kategorie zu rechtfertigen. Der Ausnahmecharakter der Bestimmung im Fachplanungsrecht spricht bei systematischer Betrachtung sogar gegen eine solche allgemeine Kategorie. Demnach erweist sich die Zielkonformitätskontrolle als Folge einer zwingenden gesetzgeberischen Anordnung, ist nicht aber losgelöst von ihr als Teilelement eines allgemeinen dogmatischen Kriteriums durchzuführen. Um dies auch begrifflich deutlich zu machen, sollte der mit dem Kriterium der Planrechtfertigung untrennbar verknüpfte Begriff „Zielkonformität“ in diesem Zusammenhang vermieden und stattdessen besser – in Anlehnung an den Gesetzeswortlaut des § 11a EnWG – der Begriff „Zielentsprechung“ Verwendung finden. Soweit Manssen meint, es gehe bei der Planrechtfertigung letztlich darum, aus Sicht des einfachen Rechts festzustellen, „ob das Vorhaben dem fachgesetzlichen, das Allgemeinwohl konkretisierenden Enteignungszweck dient“100, so enthält dies allerdings in seinem Kern eine zutreffende Erkenntnis. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erfordert der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Enteignung nämlich, dass in dem die Enteignung jeweils legitimierenden Gesetz die Gemeinwohlgründe, derentwegen enteignet werden darf, festgelegt sind101. In96 Für eine – neben einem generellen Verzicht auf die Stufe der Zielkonformität bei Planungen nach § 31 WHG – denkbare Konsequenz hält dies demgegenüber Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 21 f.; ders., NuR 2004, 69, 71. 97 V. 24. 04. 1998 (BGBl. I S. 730), zuletzt geändert durch Art. 126 des Gesetzes v. 25. 11. 2003 (BGBl. I S. 2304). 98 So Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78. 99 Vgl. hierzu näher unten Fünfter Teil. 100 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 311. 101 BVerfG, Urt. v. 10. 03. 1981 – 1 BvR 92, 96.71 – BVerfGE 56, 249, 261; BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046.85 – BVerfGE 74, 264, 285; vgl. auch Jarass / Pieroth, GG, Art. 14 Rn. 78; Nüßgens / Boujong, Eigentum, Rn. 348.

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

dem die Fachplanungsgesetze zugunsten wichtiger Infrastrukturvorhaben eine Enteignung ermöglichen, fixieren sie den Gemeinwohlbegriff in vorgenanntem Sinne in verfassungskonformer Weise auf „konkrete Sachbereiche“102; dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Enteignung genügen die spezialgesetzlich geregelten Vorhaben des Fachplanungsrechts insoweit. So dient die nach § 19 Abs. 1 FStrG mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestattete Planungsermächtigung des § 17 Abs. 1 FStrG dazu, Fernstraßen i.S.v. § 1 Abs. 1 FStrG zu bauen. Ebenso kann etwa gem. §§ 30, 28 PBefG103 zugunsten von Straßenbahnvorhaben i.S.v. § 4 PBefG oder gem. §§ 22, 18 AEG104 für den Bau von Betriebsanlagen von Eisenbahnen i.S.v. § 2 AEG enteignet werden. Hieraus lässt sich allerdings nur die – letztlich auf dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beruhende – Selbstverständlichkeit ableiten, dass eine Planung sich dem jeweiligen fachgesetzlichen Sachbereich bzw. Anwendungsbereich der Norm zuordnen lassen muss: Auf Grundlage des Fernstraßengesetzes lassen sich eben nur Fernstraßen, nicht aber Gemeindestraßen oder gar Flugplätze bauen. Insofern verhindert bereits der gesetzlich festgeschriebene Anwendungsbereich des jeweiligen Planfeststellungsvorbehalts, dass für die Planfeststellung andere als nach dem jeweiligen Fachplanungsgesetz zulässigerweise verfolgbare Gründe maßgebend sind. Die genannten bloßen Sachbereichsvorgaben als Zielfestlegungen zu begreifen, stiftet nur Verwirrung: Es handelt sich bei den durch sie vermittelten Planungsbegrenzungen inhaltlich schlicht um (subsumtionsfähiges) zwingendes Recht. Daher können sie keine dogmatische Grundlage für eine allgemeine Kategorie der Planrechtfertigung bilden105. Die Planrechtfertigung als eigenständige dogmatische Kategorie findet nach alledem (auch) in der fachplanungsgesetzlichen Systematik keine allgemeine Stütze. Denn die Fachplanungsgesetze enthalten kein System von Bestimmungen, aufgrund dessen ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben anhand fachgesetzlicher Verwaltungsziele überprüft werden müsste106. Sofern in § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG ausdrücklich normiert ist, dass ein Vorhaben bestimmten, in § 1 EnWG gesetzlich 102 BVerfG, Urt. v. 18. 12. 1968 – 1 BvR 638, 673.64 u. a. – BVerfGE 24, 367, 403 f.; vgl. auch Schmidt-Aßmann, NJW 1987, 1587, 1589, der unter Bestimmtheitsaspekten regelmäßig weniger strenge Anforderungen an das jeweilige Enteignungsgesetz stellen will. 103 I.d.F. der Bek. v. 08. 08. 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 24 des Gesetzes v. 29. 12. 2003 (BGBl. I S. 3076). 104 V. 27. 12. 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396, ber. BGBl. I 1994, S. 2439), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 27. 12. 2004 (BGBl. I S. 3833). 105 Auch lässt sich allein der Zuordnung eines Vorhabens zu einem konkreten Sachbereich nur entnehmen, dass es generell geeignet ist, Allgemeinwohlbelange zu verfolgen. Abschließend wird die Frage nach der Gemeinwohlqualität des Vorhabens erst aufgrund der im Einzelfall erfolgenden Abwägung beantwortet, vgl. oben A II. 106 Letztlich dürfte die unter der Überschrift „Planrechtfertigung“ durchgeführte – weithin als gezwungen erscheinende – Suche nach generellen fachplanungsgesetzlichen Zielen auf eine für das Planungsrecht typische Überbetonung der normstrukturellen Unterscheidung von Final- und Konditionalprogrammen zurückzuführen sein, vgl. hierzu unten Vierter Teil § 9.

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung

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festgelegten Zwecken genügen muss, handelt es sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige Bestimmung mit Ausnahmecharakter. Auch sie kann daher nicht zur Begründung der Planrechtfertigung herangezogen werden. Vielmehr ist sie bereits Teil einer anderen Planungsschranke: Sie stellt zwingendes Recht dar. Die Prüfung der Zielkonformität ist damit letztlich eine Frage des jeweiligen Fachrechts, nicht aber ein (Teil-)Element der Planrechtfertigung als eines allgemeinen dogmatischen Kriteriums. Um dies auch begrifflich deutlich zu machen, sollte für den Bereich des § 11a EnWG anstelle des Begriffs „Zielkonformität“ der Begriff „Zielentsprechung“ gebraucht werden.

F. Fazit Die Planrechtfertigung ist als selbstständige fachplanungsrechtliche Kategorie dogmatisch weder aus Verfassungsrecht noch aus einer systematischen Betrachtung einfachen Gesetzesrechts ableitbar.

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung Damit, dass der Planrechtfertigung dogmatisch keine eigenständige Bedeutung zukommt, geht einher, dass sie auch inhaltlich im Verhältnis zur zentralen Schranke des Abwägungsgebots keine eigenständige Funktion als gesonderter Prüfungsschritt hat. Vielmehr lässt sich dem, was mit Zielkonformität und Bedürfnis üblicherweise unter dem Stichwort der Planrechtfertigung geprüft wird, zwanglos im Rahmen des Abwägungsgebots Rechnung tragen, sofern es nicht – wie § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG – bereits als zwingendes Recht zu qualifizieren ist.

A. Die Planrechtfertigung – ein Teil der Abwägungsentscheidung Dass die Planrechtfertigung Teil der Abwägungsentscheidung ist, wird sowohl dann evident, wenn man den unter ihrem Begriff zur Anwendung kommenden Prüfungsmaßstab betrachtet, als auch dann, wenn man die Fallgruppen heranzieht, in denen einem Vorhaben die Planrechtfertigung nach der Rechtsprechung von vornherein abzusprechen ist. I. Prüfungsmaßstab der Planrechtfertigung Dass ein Vorhaben die Hürde der Zielkonformität überwindet und „vernünftigerweise geboten“ ist, wird in der Rechtsprechung regelmäßig bereits dann bejaht, wenn für das Vorhaben überhaupt legitime Belange ins Feld geführt werden kön-

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

nen. Es geht der Sache nach lediglich darum, ob sich ein Vorhaben unter Hinweis auf ein bestehendes Bedürfnis plausibel begründen lässt107. Die Planrechtfertigung beinhaltet dabei nur eine pauschale Vorabprüfung der Frage, „ob der Planfeststellungsbeschluss offensichtliche Mängel enthält, weil – wie es das Bundesverwaltungsgericht bildhaft ausgedrückt hat – in der rechtfertigenden Waagschale von vornherein kein beachtlicher öffentlicher Belang liegt“108. Damit bezeichnet das Gebot der Planrechtfertigung aber nichts weiter als eine Mindestvoraussetzung jeder Abwägung. Lässt sich für ein Vorhaben einmal mangels Bedürfnisses keine plausible Begründung finden, so fehlt es – anders gewendet – „schon am ersten Baustein für eine planerische Abwägung.“109 In Fällen wie der Bitburg-Entscheidung110, in denen das Bundesverwaltungsgericht bereits im Rahmen der Bedürfnisprüfung für und gegen das Vorhaben sprechende Belange wertend und gewichtend zueinander in Beziehung setzt, bleibt erst recht unerfindlich, inwieweit sich die Planrechtfertigung von der Abwägung trennen lassen soll. Die bestehenden unlösbaren Abgrenzungs- und Verständnisschwierigkeiten sind letztlich dem Umstand geschuldet, dass die Antwort auf die Frage, ob ein Vorhaben „vernünftigerweise geboten“ ist, bereits selbst begrifflich stark durch wertende und damit eigentlich per se abwägungserhebliche Elemente geprägt ist111.

II. Fallgruppen fehlender Planrechtfertigung in der Abwägung Auch die Fallgruppen der fehlenden objektiven Realisierbarkeit resp. des fehlenden Realisierungswillens, in denen die Rechtsprechung einem Vorhaben die PlanVgl. oben Zweiter Teil § 4 A I. So Niehues, WiVerw 1985, 250, 253 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 312 (zur Bauleitplanung). 109 Paetow, in: FS für Sendler, S. 425, 431; vgl. auch Erbguth / Schink, UVPG, § 12 Rn. 60; Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 231 f.; Gottschewski, Durchsetzung von europäischen Straßen, S. 39; Hoppe, UPR 1995, 201, 202; dens., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, § 7 Rn. 16; Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1205; Just, Abwägung, S. 60; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 16 („Mißverhältnis zwischen theoretischem Aufwand und praktischem Nutzen“ der Planrechtfertigung); Wahl / Dreier, NVwZ 1999, 606, 613; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 211; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 147 („Multipolare Abwägung im Planfeststellungsrecht beläßt für die Planrechtfertigung keinen nennenswerten Spielraum.“); dens., in: FS für Hoppe, S. 1071, 1082; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 47; Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. D 1856; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 5; „berechtigte Zweifel“ an der eigenständigen Funktion der Planrechtfertigung sehen auch Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 180; vgl. auch Jarass, NuR 2004, 69, nach dem für „einen Verzicht auf eine eigenständige Prüfung der Planrechtfertigung ( . . . ) gewichtige Gesichtspunkte“ sprechen. 110 Dazu bereits oben Zweiter Teil § 4 A I 1 a und 2 a. 111 Insoweit richtig Niehues, WiVerw 1985, 250, 252, der sich freilich gleichwohl für eine Trennung von Planrechtfertigung und Abwägung einsetzt. 107 108

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung

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rechtfertigung abspricht112, eröffnen keinen neben dem Abwägungsgebot stehenden, inhaltlich selbstständigen Kontrollmaßstab, sondern sind ihrerseits als Bestandteil der Abwägungskontrolle zu verorten. Nicht nur ist es – wie anderenorts bereits dargelegt113 – bereits begrifflich zweifelhaft, in diesen Fällen gerade den Bedarf für ein Vorhaben zu verneinen. Auch inhaltlich erscheint es als beliebig, in diesen Fallgruppen die Vorhabenzulassung ausgerechnet mit Hinweis auf das Rechtfertigungsgebot (und nicht die Abwägung) zu verweigern. Denn ebenso wie ein Vorhaben, das objektiv nicht realisierungsfähig ist oder hinsichtlich dessen keine Verwirklichungsabsicht besteht, nicht „vernünftigerweise geboten“ ist, fällt auch die vorzunehmende Abwägungsentscheidung in einem derartigen Fall von vornherein zu Lasten des jeweiligen Vorhabens aus. Stehen einem Vorhaben nämlich objektiv unüberwindliche Hindernisse entgegen oder ist seine Verwirklichung gar nicht erst intendiert, so wäre ein gleichwohl ergehender Planfeststellungsbeschluss von vornherein funktionslos114. Damit aber erwiesen sich die von einem derartigen Rechtsakt ausgehenden Beeinträchtigungen – man denke nur an die von der Planfeststellung regelmäßig ausgehende enteignungsrechtliche Vorwirkung, die erhebliche Auswirkungen z. B. auf die Verkehrsfähigkeit eines Grundstückes hat – als sinnlos. Sinnlose Belastungen sind jedoch in jedem Falle unverhältnismäßig und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar115, weshalb auch ein entsprechender Planfeststellungsbeschluss evidenterweise abwägungsfehlerhaft wäre116.

III. Anforderungen des verfassungsrechtlich abgesicherten Eigentumsschutzes Zudem lässt sich der durch Art. 14 Abs. 3 GG gebotene Eigentumsschutz bereits hinreichend, wenn nicht gar einzig sinnvoll117, durch das Abwägungsgebot realisieren. Zu den generell abwägungserheblichen Belangen zählt die Rechtsprechung nämlich insbesondere das private Eigentum118. Zu Recht beschreibt sie daher das Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A I 2 c. Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A I 2 c. 114 Zu „funktionslosen“ Festsetzungen in Bebauungsplänen vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29. 04. 1977 – IV C 39.75 – BVerwGE 54, 5, 9; Koch / Hendler, BauR, § 18 Rn. 39 ff. 115 Vgl. BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555. 116 Letztlich dürfte der gesonderten Behandlung dieser Fallgruppen unter dem Begriff der Planrechtfertigung der Gedanke der Prüfungsökonomie zugrunde liegen: Offensichtlich und in jedem Falle fehlsame Planungen sollen von vornherein als rechtswidrig ausgeschieden werden. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der prüfungsökonomische Nutzen der Planrechtfertigung indes mehr als zweifelhaft, vgl. unten B III. 117 Vgl. bereits oben § 6 A sowie sogleich B II, III. 118 BVerwG, Urt. v. 22. 06. 1979 – 4 C 8.76 – BVerwGE 58, 154, 156 f.; BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1979 – 4 C 10.77 – BVerwGE 59, 253, 261; BVerwG, Urt. v. 23. 01. 1981 – 4 C 4.78 – BVerwGE 61, 295, 301 f.; BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 112 113

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

Abwägungsgebot als „Instrument zur Gewährleistung der grundgesetzlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Grundeigentum im Wege der Enteignung.“119 Insoweit lässt sich zwanglos im Rahmen der konkreten multipolaren Abwägung klären, ob die durch ein Vorhaben bedingte enteignende Inanspruchnahme von Grundeigentum dem Wohl der Allgemeinheit dient120. Einer als Planrechtfertigung bezeichneten Bedürfniskontrolle als zusätzlichen „Instrument(es) des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes“121 bedarf es dabei nicht122.

B. Einwände gegen die Verortung der Planrechtfertigung im Abwägungsgebot Allerdings sieht sich dieses im Ansatz klare Konzept der Integration der Planrechtfertigung in das Abwägungsgebot Einwänden ausgesetzt. So werden kategoriale Unterschiede zwischen Abwägung und Planrechtfertigung behauptet, die einer Eingliederung entgegengehalten werden. Bei näherer Betrachtung erweisen sich die geltend gemachten Einwände indes als nicht stichhaltig.

I. Trennung aufgrund unterschiedlicher Kontrolldichte? Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft die Voraussetzung der Planrechtfertigung eine echte Rechtsfrage, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt123. Die Abwägungskontrolle ist hingegen von vornherein inhaltlich auf bestimmte Abwägungsfehler beschränkt. Dies wird zuweilen als Begründung für die Trennung von Planrechtfertigung und Abwägung angeführt: So meint das Bundesverwaltungsgericht in Anbetracht der verschiedenen Kontroll346 f.; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34, Rn. 29.33; Kastner, VerwArch 80 (1989), S. 74, 79; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 79; Weyreuther, DÖV 1977, 419 ff. 119 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 289; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 09. 06. 1987 – 1 BvR 418.87 – NVwZ 1987, 967. 120 Vgl. Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 331; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 46. 121 So die Rechtsprechung des BVerwG zur Planrechtfertigung kennzeichnend Niehues, WiVerw 1985, 250. 122 Insbesondere ist von Verfassungs wegen keine Vollkontrolle des Allgemeinwohlbedürfnisses nötig, vgl. näher bereits oben § 6 A sowie sogleich B I. 123 BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284 ff.; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131 ff.; BVerwG, Beschl. v. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6; BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373; vgl. im Sinne der Rechtsprechung auch Ibler, NuR 1989, 247, 249; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78 ff.; näher zum Ganzen bereits oben Zweiter Teil § 4 A II.

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung

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dichte, dass „die Prüfung der Planrechtfertigung der gerichtlichen Abwägungskontrolle vorgelagert ist und mit ihr nicht vermengt werden darf“124. Und Rojahn gibt zu bedenken: „Die Planrechtfertigung entfaltet Rechtsbindungen (. . . ), die nicht im Wege der Abwägung überwunden werden können. Sie unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer grundsätzlich uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung (. . . ). Planrechtfertigung und Abwägung sind daher zwei rechtsdogmatisch und methodisch voneinander zu trennende Entwicklungsstufen im Prozess der Planung.“125 Diese Argumentation ist indes durchgreifenden Bedenken ausgesetzt: Zweifelhaft ist bereits, ob zwischen Abwägungs- und Rechtfertigungsgebot hinsichtlich der Kontrolldichte tatsächlich der behauptete kategoriale Unterschied besteht. So nimmt das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung trotz der postulierten Vollkontrolle einen Prognosespielraum der Verwaltung an, soweit die prognostische Beurteilung des künftigen Bedarfs i.S. der Nachfrage nach Infrastrukturleistungen in Rede steht126, spricht insoweit selbst von einer „eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte“127. Insofern aber unterscheidet sich das Rechtfertigungsgebot nicht vom Abwägungsgebot. Soweit nämlich im Rahmen der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials prognostische Einschätzungen vorzunehmen sind, kommt es auch dort – letztlich weitgehend anerkannten allgemeinen materiellen Grundsätzen zur Kontrolle verwaltungsbehördlicher Prognoseentscheidungen128 folgend – im Wesentlichen darauf an, dass die Prognose in angemessener und methodisch einwandfreier Weise erarbeitet worden ist, während nicht überprüft wird, ob sich die Prognose durch die später erfolgte tatsächliche Entwicklung bestätigt sieht oder nicht129. Im Übrigen erweist sich die Planrechtfertigung ohnedies als bloße Vertretbarkeitskontrolle130, so dass der postulierte Unterschied jedenfalls in der praktischen Handhabung keine besondere Relevanz besitzt. Vor allem aber ist die angeführte Argumentation zirkelschlüssig: Denn die Frage, ob Abwägung und Planrechtfertigung einer unterschiedlichen Kontrolldichte BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 373. Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78. 126 Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A II. 127 BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146. 128 Vgl. Hoppe, in: FG BVerwG, S. 295, 310 ff.; Ossenbühl, in: FS für Menger, S. 731, insbes. S. 744 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG Art. 19 Abs. 4 Rn. 198 ff., insbes. Rn. 200; Tettinger, DVBl. 1982, 421, 427. 129 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 29. 01. 1991, BVerwGE 87, 332, 355; BVerwG, Beschl. v. 09. 11. 1998 – 11 VR 6.98 – juris Nr.: WBRE410005136; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 670 ff.; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 363 ff., insbes. Rn. 365, vgl. dort auch Rn. 284 zur behördlichen Prognoseentscheidung im Rahmen der Planrechtfertigung; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 192; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 117 ff. 130 Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A II. 124 125

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

unterliegen, kann sich erst dann stellen, wenn Abwägung und Planrechtfertigung überhaupt selbstständige Prüfungsstufen darstellen. Ob dies so ist, gilt es aber gerade erst zu klären, kann also nicht unter Hinweis auf behauptete Unterschiede in der Kontrolldichte begründet werden. M.a.W. ist zuerst der Frage nachzugehen, ob die Planrechtfertigung eine eigenständige dogmatische Kategorie darstellt oder nicht; die Frage nach der Kontrolldichte ist demgegenüber ein sich an diesen Fragenkomplex anschließendes Problem. Möglicherweise setzen die dargelegten Äußerungen aus Rechtsprechung und Literatur aber als selbstverständlich voraus, dass die Planrechtfertigung deshalb uneingeschränkter Kontrolle unterliegen müsse, weil dies deren (angebliche) dogmatische Grundlage, Art. 14 Abs. 3 GG, erfordere131. Der insoweit vervollständigte Argumentationsstrang ließe sich dann wie folgt umreißen: Art. 14 Abs. 3 GG verlangt eine vollständige gerichtliche Überprüfung der Frage, ob ein Vorhaben aus Gründen des allgemeinen Wohls erforderlich ist oder nicht. Die Abwägungskontrolle vermag dies nicht zu leisten, da sie von vornherein auf bestimmte Abwägungsfehler beschränkt ist, also eine bloße Rechtskontrolle darstellt. Deshalb bedarf es einer eigenständigen Prüfungsstufe Planrechtfertigung. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt132, ist insoweit allerdings die Prämisse, Art. 14 Abs. 3 GG erfordere eine gerichtliche Vollkontrolle des Gemeinwohlbedürfnisses, unzutreffend. Damit bricht diese Gedankenführung bereits im Ansatz in sich zusammen. Die Eigenständigkeit der Kategorie „Planrechtfertigung“ gegenüber dem Abwägungsgebot lässt sich demnach nicht auf (nur) behauptete Unterschiede in der Kontrolldichte stützen.

II. Trennung in „Ob“ und „Wie“ der Vorhabenausführung? In Rechtsprechung133 und Literatur134 finden sich aber (einzelne) Stimmen, die davon ausgehen, dass bei der Planrechtfertigung die Frage beantwortet werde, „ob“ 131 Eine solche Deutung macht allerdings hinsichtlich der Entscheidung des BVerwG v. 11. 07. 2001 (o. Fn. 124) keinen Sinn: Denn Enteignungen standen bei der hier gerichtlicher Kontrolle unterliegenden Frage der Rechtmäßigkeit der Konversion eines Militärflughafens in einen Zivilflughafen nicht im Raum. 132 Vgl. oben § 6 A; eine solche isolierte Vollkontrolle wäre auch praktisch nicht vorstellbar, da die planerische Abwägung als Einheit angelegt ist und angelegt sein muss, vgl. dazu sogleich II, III. 133 Vgl. BayVGH, Beschl. v. 16. 04. 1981 – 20 CS 80 D.61 – BayVBl. 1981, 401, 405, auch wenn dieser gleichwohl nicht von einer strikten Trennung zwischen Planrechtfertigung und Abwägung ausgeht; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282; zum hier angeführten Verständnis des Urteils vgl. Tsevas, Kontrollintensität, S. 63, 79; vgl. im Übrigen bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 2. 134 Vgl. Ibler, NuR 1989, 247, 249; eine gewisse Renaissance erlebt diese Sichtweise in den Ausführungen Manssens zur Abwägungsrelevanz gesetzlicher Bedarfsfestlegungen in Ausbaugesetzen, wonach mit der gesetzlichen Bedarfsregelung zugleich eine Entscheidung über das „Ob“ eines geplanten Vorhabens gefällt sein soll, vgl. unten Vierter Teil § 13 C II.

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung

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ein Vorhaben verwirklicht werden solle, während die Abwägung das „Wie“ der Verwirklichung im Blick habe. Eine derartige inhaltliche Aufspaltung könnte gegen eine Verankerung der Planrechtfertigung im Abwägungsgebot sprechen. Denn hiernach stünden sich Planrechtfertigung und Abwägung ihrem sachlichen Gehalt nach als selbstständige Prüfungsstufen gegenüber, die mit dem „Ob“ und dem „Wie“ verschiedene Aspekte der Realisierung eines Vorhabens im Blick hätten. Indes vermag die vorgenommene Trennung zwischen Planrechtfertigung und Abwägung – ganz abgesehen davon, dass sie nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es dem fachplanungsrechtlichen Rechtfertigungsgebot bereits an einer eigenständigen dogmatischen Grundlage mangelt135 – inhaltlich nicht zu überzeugen: Denn die Frage, „ob“ ein Vorhaben verwirklicht werden darf, ist von der Frage, „wie“ dies zu geschehen hat, schwerlich zu trennen. Die Feststellung, dass ein Vorhaben realisiert werden darf, lässt sich sinnvoll nämlich überhaupt nur hinsichtlich eines solchen Vorhabens treffen, dessen konkrete Ausgestaltung bekannt ist. Die Zulassung eines Vorhabens bezieht sich m.a.W. denknotwendig stets auf ein Vorhaben in seiner konkreten Form. So kann man etwa über das „Ob“ eines Flughafenneubaus nicht befinden, ohne in einem Atemzuge zu beantworten, wie viele Startund Landebahnen zum Flughafen gehören werden. Eine Klärung der Frage, „ob“ ein Vorhaben verwirklicht werden soll, lässt sich deshalb isoliert vom „Wie“ der Realisierung nicht überzeugend durchführen. Zudem wäre widersinnige Folge einer solchen isoliert durchgeführten Prüfung, dass die Entscheidung über das „Ob“ des Vorhabens bereits endgültig feststünde, ohne dass andere als die für das Vorhaben sprechenden Belange in die Überlegungen eingestellt worden wären. Dies aber ist sachwidrig; denn auch das stärkste Bedürfnis für ein Vorhaben kann sich noch gewichtigeren, dem Vorhaben widerstreitenden Interessen gegenüber sehen, die dazu zwingen, von ihm im Ganzen Abstand zu nehmen136. „Ob“ ein Vorhaben überhaupt verwirklicht werden soll, kann auch daher nicht aufgrund einer isolierten Bedürfnisprüfung entschieden werden. Vielmehr müssen dieselben Belange, die mit Standortwahl, Dimensionierung und Ausgestaltung im Rahmen der Abwägung das „Wie“ einer Anlage dirigieren, auch in die Beantwortung der Frage einfließen, „ob“ ein Vorhaben überhaupt verwirklicht werden darf137. Insoweit sind „Ob“ und „Wie“ der Vorhabenverwirklichung gleichermaßen allein im Wege des Ausgleichs der widerstreitenden, miteinander konfligierenden Interessen und Belange auf der Stufe der multipolaren Abwägung zu beantworten. Vgl. oben § 6. Vgl. auch BVerwG, Urt. v. 30. 04. 1969 – 4 C 6.68 – DVBl. 1969, 697, 699: „Bei der Planung geht es durchweg um einen Ausgleich mehr oder weniger zahlreicher, in ihrem Verhältnis zueinander komplexer Interessen, die überdies meist in eigentümlicher Weise miteinander verschränkt sind, so daß dem einen Interesse nichts zugestanden werden kann, ohne in einer Art Kettenreaktion zahlreiche andere Interessen zu berühren.“ 137 Vgl. bereits Tsevas, Kontrollintensität, S. 84. 135 136

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

Ein derartiges, sachlich allein angemessenes Konzept verfolgt auch bislang bereits der weit überwiegende Teil der Rechtsprechung138, nach dem die Abwägung nicht nur die Ausgestaltung des jeweiligen Vorhabens, sondern – in Form der Prüfung der sog. „Null-Variante“139 – auch die Entscheidung über die konkrete Erforderlichkeit, über das „Ob“ des Vorhabens als Ganzes umfasst140. Der Planrechtfertigung wird demgegenüber nur der Charakter einer pauschalen Vorabprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf grobe inhaltliche Fehler zugebilligt, indem der Sache nach bloß die Frage nach einer plausiblen Begründbarkeit des jeweiligen Vorhabens gestellt wird141. So soll daraus, dass eine Planung gerechtfertigt ist, ja lediglich folgen, dass sich die Planung „nicht schon auf dieser Prüfungsstufe als rechtsfehlerhaft erweist“; abschließend wird hingegen erst aufgrund der Abwägung festgestellt, ob die Planung insgesamt rechtmäßig ist142. Diese allein verbleibende pauschale Vorabkontrolle vermittelt jedoch in keinem Fall weiter reichende Bindungen als die Abwägungskontrolle, sondern geht inhaltlich vollständig in ihr auf143.

III. Trennung im Interesse der Prüfungsökonomie? Eine Trennung von Planrechtfertigung und Abwägung ist demnach weder dogmatisch noch inhaltlich geboten. Zuweilen wird aber vorgebracht, eine eigenständige Prüfungsstufe „Planrechtfertigung“ sei in Anbetracht der durch sie vermittelten Vorabprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf offensichtliche Mängel prüfungsökonomisch sinnvoll144. Die danach angestrebte Ausdifferenzierung der gerichtlichen Planungskontrolle in Abwägung einerseits, Planrechtfertigung andererseits ist indes prüfungsökonomisch gerade nicht sinnvoll, sondern im Gegenteil überflüssig, ja sogar verwirrend. Überflüssig ist sie deshalb, weil es am Ende doch darauf ankommt, ob die in die Abwägung eingestellten, für das Vorhaben streitenden Belange sich gegenüber den ihm entgegengesetzten durchsetzen oder nicht145. Denn die Planrechtfertigung stellt im Verhältnis zur Abwägung keine ernstzunehmende Hürde dar. In AnbeVgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 2 a.E. Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 10. 04. 1997 – 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236; BVerwG, Urt. v. 26. 03. 1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382, 383; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – NVwZ 2001, 673, 675. 140 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 167. 141 Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A. 142 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170; Niehues, WiVerw 1985, 250, 264; vgl. auch Berkemann, in: Flughafenplanung, S. 139, 166. 143 Von einer „überlagernden Kraft des Abwägungsgebots“ spricht Tsevas, Kontrollintensität, S. 80 ff.; vgl. auch Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 211. 144 Niehues, WiVerw 1985, 250, 253. 145 Dies räumt auch Niehues, WiVerW 1985, 250, 252 f., ein. 138 139

§ 7 Planrechtfertigung und Abwägung

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tracht dessen will – wie Kühling146 zu Recht anmerkt – „selbst der rein technische Nutzen einer ,Vorabprüfung’ offensichtlicher Mängel“ nicht einleuchten. Zudem ist in der Tat dort, wo nicht plausibel zu machen ist, dass ein Vorhaben den Erfordernissen der Planrechtfertigung genügt, „die Bilanz der in der Abwägung zu berücksichtigenden Belange von vornherein – und übrigens dann auch unverkennbar – disproportional“147. In Fällen, in denen nach heutiger Diktion ein Vorhaben an fehlender Planrechtfertigung scheitert, würde sich demnach im Rahmen der Abwägung ohnehin kein ernstzunehmender Prüfungsaufwand ergeben. Verwirrend ist die Unterscheidung von Planrechtfertigung und Abwägung deshalb, weil sie auseinanderzerrt, was inhaltlich zusammengehört, so dass künstlich Abgrenzungs- und Verständnisschwierigkeiten geschaffen werden, die Inhalt und Funktion der Planrechtfertigung so merkwürdig unscharf erscheinen lassen. Auf diese künstliche Trennung lässt sich etwa das begrifflich befremdliche Ergebnis148 zurückführen, dass ein Vorhaben „vernünftigerweise geboten“ sein kann, obwohl das Abwägungsgebot dazu zwingt, von ihm Abstand zu nehmen: Da nämlich die Planrechtfertigung als Vorabprüfung nur ein grobmaschiges Netz ist, das inhaltlich im feinmaschigeren Abwägungsgebot aufgeht, kann ein Vorhaben die Planrechtfertigung passieren und dennoch am Abwägungsgebot scheitern. Dabei führt eine unter der gesonderten Überschrift „Planrechtfertigung“ eigenständig durchgeführte Prüfung letztlich sogar dazu, den wahren materiellen Gehalt dieser Planbindung zu verdecken. Es geht in diesem Zusammenhang ja gerade nicht darum, ein Vorhaben abschließend und unumstößlich zu rechtfertigen, was durch eine gesonderte Herausstellung suggeriert wird149. Vielmehr erschöpft sich die Prüfung der Planrechtfertigung darin, für das Vorhaben sprechende Belange zu sammeln und den (seltenen) Fall auszuscheiden, dass einmal kein einziger Belang zugunsten eines Vorhabens in die Waagschale geworfen werden kann150, während die eigentliche Rechtfertigung eines Vorhabens im Hinblick auf alle einschlägigen öffentlichen und privaten Belange erst in der Abwägung stattfindet. Auch suggeriert eine von der Abwägungsentscheidung gesonderte Prüfung des Bedarfs i.S. der Nachfrage nach Infrastrukturleistungen, wie sie im Rahmen der Bedürfnisprüfung durchgeführt wird, dass die Bedarfsfrage als statischer Faktor von der eigentlichen Abwägungsentscheidung abgeschichtet werden kann. Einmal unter dem Begriff der Planrechtfertigung geprüft, steht – so scheint es – der Bedarf auch als Abwägungsbelang fest151. Feststehende Faktoren kennt die AbwägungsKühling, Fachplanungsrecht, Rn. 166. Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 166; vgl. auch Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 5, 16. 148 Vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 31. 149 Vgl. Steinberg, Fachplanung, § 4 Rn. 39. 150 Jüngst zur Terminologie kritisch auch Jarass, NuR 2004, 69, 72 f. 151 Einem entsprechenden Fehlschluss unterliegt die Rechtsprechung hinsichtlich der Bedeutung von gesetzlichen Bedarfsfestlegungen für die Abwägung, vgl. dazu unten Vierter Teil § 11 und § 13. 146 147

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3. Teil: Versuch einer rechtsdogmatischen Fundierung

entscheidung indes nicht; den Bedarf als in die Abwägung einzustellenden Posten gibt es nicht. Vielmehr gilt: Je dringender der Bedarf für ein Vorhaben, desto höher sein Gewicht in der Abwägung; je weniger bedeutsam der Bedarf, desto geringer seine Durchsetzungskraft gegenüber entgegenstehenden Belangen152. Für die Abwägung kommt es demnach nicht nur darauf an, dass Bedarf besteht, sondern auch und gerade in welcher Intensität153. Die Planrechtfertigung aber beantwortet anhand des groben Maßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ lediglich die Frage, ob überhaupt Bedarf für ein Vorhaben besteht, nicht jedoch die Frage nach dem konkreten Ausmaß des Bedarfs, wie sie sich im Rahmen der Abwägung stellt154. Aus diesen Gründen ist eine Aufspaltung der gerichtlichen Planungskontrolle in Planrechtfertigung und Abwägung auch prüfungsökonomisch nicht erforderlich, sondern sogar kontraproduktiv. Letztlich lenkt sie nämlich von der im Zentrum der Kontrolle stehenden einheitlichen Gesamtbilanzierung der pro und contra sprechenden Gründe, d. h. der für und wider das Vorhaben sprechenden öffentlichen und privaten Belange, ab. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich Rechtsschutzsuchende – statt sich im Schwerpunkt auf etwaig gemachte Abwägungsfehler zu konzentrieren – oftmals darauf kaprizieren, einem Vorhaben die Planrechtfertigung abzusprechen: Ein von vornherein aussichtsloses Unterfangen.

§ 8 Fazit Das Gebot der Planrechtfertigung lässt sich als eigenständige dogmatische Kategorie des Fachplanungsrechts weder verfassungs- noch einfachrechtlich absichern. Was sich hinter dem Begriff der Zielkonformität verbirgt, ist bei näherer Betrachtung in Fällen eines positivierten Zielkatalogs bereits als zwingendes Recht zu qualifizieren (vgl. § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG). Im Übrigen geht das, was mit der Frage nach Zielkonformität und Bedürfnis für ein Vorhaben üblicherweise unter dem Vgl. nur Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 193 f. Aufschlussreich hierzu BVerwG, Urt. v. 25. 02. 1988 – 4 C 32 u. 33.86 – DVBl. 1988, 844, 845: „Der hier von Anfang an umstrittene Entlastungseffekt war ( . . . ) für die Planung nicht nur ein feststehender Faktor, der ( . . . ) als gegeben oder nicht gegeben festzustellen war. Vielmehr darf nicht außer acht gelassen werden, daß es angesichts der zahlreichen widerstreitenden Belange maßgeblich auf den Grad der zu erwartenden Entlastung ankam. Die Frage, ob die widerstreitenden Belange schon bei einer geringeren oder erst bei einer bestimmten höheren Entlastung zurückzustellen sind, ist eine Kernfrage der planerischen Abwägung.“ 154 Vgl. richtig etwa Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 29.31: „Zu den generell abwägungserheblichen öffentlichen Belangen gehören die straßenrechtlichen Planziele [gemeint sind die Aspekte, die ein Vorhaben planerisch rechtfertigen, der Verf.] ( . . . ) insofern, als sie zwar nicht in ihrer grundlegenden Funktion, die Planung zu rechtfertigen, in Frage gestellt, wohl aber mit dem Maß, in dem sie dies tun sollen, im konkreten Fall in die Abwägung einbezogen werden können.“ 152 153

§ 8 Fazit

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Stichwort der Planrechtfertigung geprüft wird, bereits vollständig in der Schranke des Abwägungsgebots auf. Die Abwägung ist m.a.W. die entscheidende, die Planrechtfertigung nicht nur überlagernde, sondern mit umfassende Prüfungsstufe. Auf ihr wird daher der Schwerpunkt der folgenden Untersuchung liegen.

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Vierter Teil

Konsequenzen aus dem Abschied von der Planrechtfertigung Vorgehend wurde aufgezeigt, dass das Gebot der Planrechtfertigung im Fachplanungsrecht keine eigenständige dogmatische Bedeutung besitzt und dass das, was bislang unter dem Stichwort der Planrechtfertigung geprüft wird, regelmäßig vollständig in der Abwägung aufgeht. Begründet wurde dies maßgeblich damit, dass mit der Frage nach Zielkonformität und Bedürfnis i.S. der Planrechtfertigung nur eine Mindestvoraussetzung jeder Abwägung bezeichnet wird. Denn der Sache nach geht es hier lediglich darum zu klären, ob sich zugunsten eines geplanten Vorhabens überhaupt ein legitimer Belang finden lässt, ob sich das jeweilige Projekt in irgendeiner Form plausibel begründen lässt; die fachplanerische Entscheidung wird hier nur einer pauschalen Vorabprüfung auf offensichtliche Fehler unterzogen1. Scheiterte ein Vorhaben an der Planrechtfertigung, müsste es ohnehin an der vorzunehmenden Abwägung scheitern2. So wenig wie sich die Planrechtfertigung danach inhaltlich von der Abwägung trennen ließ, so wenig lässt sie sich dabei jetzt noch im Rahmen der Abwägung als gesonderter Prüfungspunkt herausstellen. Hier sind die „nach Lage der Dinge“ zugunsten eines Vorhabens sprechenden Belange nämlich ohnehin umfassend zu ermitteln3. Während Bedarfserwägungen im Rahmen der Planrechtfertigung isoliert betrachtet wurden, sind sie nunmehr unmittelbar wertend und gewichtend in Beziehung zu setzen zu anderen, regelmäßig gegenläufigen Belangen4. In diesem Sinne stellt die Prüfungsstufe der Planrechtfertigung keinen „Prüfungsunterpunkt“ der Abwägung dar, sondern geht als Frage nach zugunsten eines Vorhabens sprechenden Bedarfsaspekten in der Abwägungsentscheidung auf. Doch welche Konsequenzen ergeben sich aus der Verortung der Planrechtfertigung im Rahmen der Abwägungsentscheidung, etwa hinsichtlich der gerichtlichen Kontrolldichte? Wer ist im Rahmen der Abwägungsentscheidung dazu berufen, die Frage nach dem Bedarf für ein Vorhaben letztverbindlicher Klärung zuzuführen, das Gericht, die Planfeststellungsbehörde oder gar – die Planfeststellung ist antragsgebunden – der jeweilige Vorhabenträger (der übrigens auch ein 1 2 3 4

Vgl. oben Zweiter Teil § 4. Vgl. oben Dritter Teil § 7 sowie unten § 11. Vgl. näher unten § 11 B. Vgl. näher unten § 11 C.

§ 9 Die Abwägungsentscheidung

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Privater sein kann)? Zur Beantwortung dieser und anderer Fragen erscheint eine nähere Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Abwägungsentscheidung als unausweichlich. Dabei kann es freilich nicht darum gehen, sämtliche rund um das (fach-)planungsrechtliche Abwägungsgebot bestehenden Meinungsverschiedenheiten darzustellen und einer abschließenden Wertung zu unterziehen; vielmehr sind die rund um die Abwägung bestehenden Probleme eher punktuell in Blick zu nehmen, sofern sie im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung erscheinen.

§ 9 Die Abwägungsentscheidung A. Allgemeine Bedeutung Die Abwägung ist eine allgemeine Denk- und Entscheidungsweise. Jeder, der eine Entscheidung zu treffen hat, wägt die für und wider die jeweilige Entscheidung sprechenden Gesichtspunkte, wägt Vorteile und Nachteile ab5. In der Rechtssprache wird der Begriff des Abwägens in unterschiedlichsten Zusammenhängen gebraucht6. So spielt die Abwägung über planungsrechtliche Zusammenhänge hinaus eine Rolle7 im Zivil8- wie im Strafrecht9, im Verwaltungs10- wie im Verfassungsrecht11; auch dem Völkerrecht12 ist sie nicht fremd. Die Abwägung zählt daher „in allen Rechtsgebieten zum notwendigen Handwerkszeug“13. Eine zentrale Bedeutung nimmt der Begriff der Abwägung im Recht der (Fach-)Planung ein. Hier realisiert sich der vom Bundesverwaltungsgericht als „planerische Gestaltungsfreiheit“ umschriebene Entscheidungsfreiraum der Verwaltung in der Abwägung14. Zugleich stellt das Abwägungsgebot in der Schrankensystematik des Bundesverwaltungsgerichts die wichtigste15 Begrenzung planeHubmann, in: FS für Carolsfeld, S. 173, 175. Vgl. Hubmann, in: FS für Carolsfeld, S. 173 ff. sowie dens., Wertung und Abwägung S. 146 m.H.a. auf ausländische Rechtsordnungen; s. auch Bartunek, Drittschutz, S. 31 f.; Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 238. 7 Überblick bei Dreier, Normative Steuerung, S. 42 m. w. N. 8 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 23. 03. 1990 – V ZR 58.89 – NJW 1990, 2465, 2466 (Beurteilung der Wesentlichkeit i.S. des § 906 BGB von Lärm durch „Güterabwägung“). 9 Vgl. etwa §§ 34, 35 StGB sowie BGH, Beschl. v. 27. 02. 1992 – 5 StR 190.91 – NJW 1992, 1463, 1464 (Entscheidung über Beweisverwertungsverbot durch Abwägung). 10 Vgl. etwa § 48 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 VwVfG sowie nur Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 40 Rn. 13 ff. (Abwägung als Kennzeichen von Ermessensverwaltung). 11 Vgl. etwa Alexy, Theorie der Grundrechte; Schlink, Abwägung im Verfassungsrecht. 12 Vgl. Hector, Das völkerrechtliche Abwägungsgebot. 13 Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9. 14 Vgl. Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 237; Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789; SchmidtAßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 11. 5 6

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

rischer Gestaltungsfreiheit dar; seine Konturen erhält der postulierte Gestaltungsfreiraum „erst gleichsam von der Negation her, also von den denkbaren Grenzüberschreitungen und von dem, was nicht verletzt sein darf, wenn sich die Tore der planerischen Gestaltungsfreiheit öffnen sollen.“16 Danach überschneiden sich Freiheit und Schranke im Begriff der Abwägung; scheinbar Gegensätzliches geht hier kaum merklich ineinander über17. Gesetzlich positiviert ist das Abwägungsgebot in den sog. Abwägungsklauseln18, nach denen alle von der Planung betroffenen öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Unabhängig von einer speziellen gesetzlichen Normierung folgt es jedoch bereits aus dem Rechtsstaatsprinzip; es trägt insofern in einer „für planerische Entscheidungen spezifischen Weise dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung“19. Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Absicherung gehen Rechtsprechung20 und Literatur21 davon aus, dass das Gebot gerechter Abwägung für planerische Entscheidungen ganz allgemein Geltung beansprucht. Inhaltlich verlangt das Abwägungsgebot in den Worten des für die Struktur von Fachplanungsentscheidungen grundlegenden „B 42“-Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, „dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der betrof15 Vgl. etwa Bartunek, Drittschutz, S. 31; Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 234; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 596; Ibler, DVBl. 1989, 639, 641; Lorenz, VBlBW 1984, 329, 340; Niehues, WiVerw 1985, 250, 251; Schlarmann, Alternativenprüfung, S. 61; Tsevas, Kontrollintensität, S. 124. Dieser Befund wird dadurch unterstrichen, dass in der Sache letztlich einzig das Abwägungsgebot von der Schrankensystematik des BVerwG übrigbleibt, da die Planrechtfertigung – wie im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt – in ihm aufgeht und die Schranke der „Planungsleitsätze“ lediglich eine Ausprägung des Grundsatzes vom Vorrang des Gesetzes darstellt. 16 Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 57; ähnlich Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 43; vgl. auch Sandner, Investitionserleichterung, S. 39 f.; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 197. 17 Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 57; vgl. auch Bartunek, Drittschutz, die einerseits das Abwägungsgebot als wichtigste Schranke der planerischen Gestaltungsfreiheit benennt (a. a. O., S. 31), andererseits die Begriffe ohne weitere Explikation synonym verwendet (a. a. O., S. 32). 18 Vgl. etwa § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG, § 14 Abs. 1 S. 2 WaStrG, § 11a Abs. 1 S. 5 EnWG, § 18 Abs. 1 S. 2 AEG, § 8 Abs. 1 S. 2 LuftVG, § 28 Abs. 1 S. 2 PBefG. 19 Vgl. BVerwG, Urt. v. 23. 01. 1981 – 4 C 4.78 – BVerwGE 61, 295, 30: Das Abwägungsgebot wurzelt „unabhängig von einer gesetzlichen Positivierung im Rechtsstaatsprinzip“ und trägt „in seinem Anwendungsbereich in einer für planerische Entscheidungen spezifischen Weise dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung“. 20 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 11. 12. 1981 – 4 C 69.78 – BVerwGE 64, 270; BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 122. 21 Vgl. etwa Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 236 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 50; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 321; vgl. auch bereits Nachw. oben Zweiter Teil § 4 A III 2 (in Fn. 143).

§ 9 Die Abwägungsentscheidung

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fenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Planfeststellungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.“22 Entsprechend diesen Anforderungen sind als Abwägungsfehler – einer Begriffsbildung von Hoppe folgend23 – Abwägungsausfall24, Abwägungsdefizit25, Abwägungsfehleinschätzung26 und Abwägungsdisproportionalität27 in die Fachsprache eingegangen28. Die Abwägungskontrolle unterliegt demnach nicht der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung, sondern ist von vornherein auf bestimmte Abwägungsfehler beschränkt29.

B. Unterschiede zum Verwaltungsermessen? Auch das „klassische“ Verwaltungsermessen ist durch einen gerichtlicher Kontrolle unzugänglichen Bereich eigen- und letztverantwortlicher Entscheidung der Verwaltung geprägt. Damit haben planerische Gestaltungsfreiheit und Verwaltungs22 BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f.; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 20. 12. 1988 – 4 B 211.88 – NVwZ-RR 1989, 458; VGH BW, Urt. v. 15. 11. 1988 – 10 S 2401.87 – NVwZ-RR 1990, 66, 67; BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314; ähnlich auch bereits die Formulierung des BVerwG zum bauplanungsrechtlichen Abwägungsgebot, vgl. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 309. 23 Hoppe, BauR 1970, S. 15 ff.; vgl. auch Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 215 f.; modifizierend jüngst Bartunek, Drittschutz, S. 56 ff. 24 In diesem Falle hat eine Abwägung gar nicht erst stattgefunden. 25 Hier hat eine Abwägung zwar stattgefunden, es sind in die Abwägung aber Belange nicht eingestellt worden, die nach Lage der Dinge in sie hätten eingestellt werden müssen. 26 Die Bedeutung eines betroffenen öffentlichen oder privaten Belanges wird verkannt. 27 Der Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen wird in einer Weise vorgenommen, die zur Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. 28 Vgl. zum Ganzen etwa Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 54 f.; Koch / Hendler, BauR, § 17 Rn. 14 ff.; Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches BauR, § 7 Rn. 94 ff. sowie unten § 11. 29 Vgl. näher unten § 11.

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

ermessen Wesentliches gemeinsam30. Zugleich drängt sich allerdings die Frage nach Unterschieden zwischen diesen Entscheidungsfreiräumen der Verwaltung auf.

I. Die normstrukturelle Unterscheidung von Konditional- und Finalprogrammen Unterschiede zwischen Verwaltungsermessen und planerischer Gestaltungsfreiheit werden vornehmlich – unter Rückgriff auf die maßgeblich auf Luhmann31 zurückgehende Differenzierung von Konditional- und Finalprogrammen als zwei Grundformen der Steuerung des Entscheidungsverhaltens von Verwaltungsstellen – aus normstrukturellen Besonderheiten von Planungsrechtsnormen abgeleitet32: Herkömmlicherweise wird die Verwaltung hiernach durch sog. Konditionalprogramme, d. h. nach dem „wenn-dann-Schema“ gearbeitete Tatbestände gesteuert. Dieser konditionalen Programmierung entspricht ein als „Subsumtionshaltung“ kennzeichenbares Verhältnis der Verwaltung zum Gesetz33. Eine hohe Dichte gesetzlicher Steuerung gewährleistet hierbei im Idealfall, dass durch den Gesetzgeber bereits getroffene Interessenwertungen lediglich subsumtionär nachvollzogen werden; erforderlich werdende „Abwägungen“ erscheinen hier bloß als Entdeckung vorgefundener Gewichtungen34. Auslösendes Moment des Verwaltungshandelns ist dabei die eingehende Information35, der „input“36. Die Verwaltung ist in diesem Rahmen weitgehend darauf beschränkt, durch „subsumtionären Nachvollzug“37 zu überprüfen, ob die durch das konditional formulierte Programm bezeichnete Situation gegeben ist oder nicht38. Freilich ergibt sich schon aus allgemeinen methodischen Überlegungen, dass es einen exakten Nachvollzug, eine reine Subsumtion nicht gibt. Der Subsumtionsvorgang selbst ist vielmehr stets durch Wertungen geprägt39. Dort, wo derartige Entscheidungsfreiräume innerhalb konditionaler ProVgl. nur Ossenbühl, Gutachten, S. B 185. Vgl. etwa Luhmann, Recht und Automation, S. 36 ff.; dens., VerwArch 55 (1964), 1, 7 ff.; Luhmann selbst hatte diese Differenzierung allerdings nicht im Hinblick auf das Planungsrecht durchgeführt; anders als heute üblich (s. sogleich im Text) ordnete er vielmehr auch das klassische Rechtsfolgeermessen den Zweckprogrammen zu, vgl. dens., Recht und Automation, S. 39 f.; hierzu näher Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9, 15. 32 Vgl. grundlegend insbesondere Hoppe, DVBl. 1974, 641, 643 f.; vgl. ferner die Nachw. unten Fn. 48; zu den Besonderheiten planungsrechtlicher Normen vgl. auch Di Fabio, in: FS für Hoppe, S. 75 ff. 33 Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181. 34 Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 113 Rn. 19 m. w. N. 35 Hoppe, DVBl. 1974, 641, 643; Luhmann, Recht und Automation, S. 36. 36 Vgl. Bartunek, Drittschutz, S. 34 f.; Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9, 15; Koch / Hendler, BauR, § 17 Rn. 4. 37 Ossenbühl, Gutachten, S. B 163. 38 Hoppe, DVBl. 1974, 641, 643; vgl. auch Koch / Rüßmann, Begründungslehre, S. 22. 39 Vgl. nur Larenz, Methodenlehre, S. 204 ff., 214 ff. 30 31

§ 9 Die Abwägungsentscheidung

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grammierung auch dogmatisch anerkannt sind („unbestimmte Gesetzesbegriffe“ und „Verwaltungsermessen“), ist gleichwohl unverkennbar, dass sie regelmäßig von relativ überschaubaren Ausmaßen sind40. Die planende Verwaltung befindet sich demgegenüber idealiter in einer anderen Stellung zum Gesetz, die allgemein mit dem Begriff der finalen Programmierung gekennzeichnet wird: Finalprogramme zeichnen sich nicht durch ein Wenn-Dann-, sondern durch ein Zweck-Mittel-Schema aus41. Solchermaßen steuern sie das Verwaltungshandeln nicht von der eingehenden Information her, sondern sind auf angezielte Resultate eingestellt. Damit sind sie nicht am „input“, sondern am „output“ orientiert42. „Zwecke sollen erreicht werden, und Mittel werden als geeignete Größen dafür eingesetzt.“43 Die Verwaltung muss daher nach geeigneten Mitteln suchen; an die Stelle des subsumtionären „Gesetzesvollzugs“ tritt hier die schöpferische „Gesetzesverwirklichung“44 i.S. einer gesetzlich locker dirigierten „Gestaltung komplexer Situationen in die Zukunft hinein“45. Als gesetzliche Zweckprogramme in diesem Sinne werden insbesondere § 1 Abs. 5 und 6 BauGB, § 1 Abs. 1 ROG46 genannt47. Auf Grundlage dieser Differenzierung in Konditional- und Zweckprogramme werden planerische Gestaltungsfreiheit und normales Verwaltungsermessen oftmals qualitativ unterschieden48: Das Entscheidungsverhalten der Verwaltung sei Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181. Hoppe, DVBl. 1974, 641, 643; Bönker, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches BauR, § 5 Rn. 2; vgl. auch Bartunek, Drittschutz, S. 35; instruktiv auch Breuer, AöR 127 (2002), S. 523, 525 ff. 42 Vgl. Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9, 15. 43 Hoppe, DVBl. 1974, 641, 643 f. 44 Ossenbühl, Gutachten, S. B 184 f., B 163; s. auch Breuer, AöR 127 (2002), S. 523, 527: „Wo der Gesetzgeber die Verwaltung zur Verwirklichung von Zielen, Leitgedanken und Belangen ermächtigt, obliegt ihr keine kognitive Rechtserkenntnis und Subsumtion, sondern eine eigenständige und volitive Gestaltung nach Maßgabe gesetzlicher Direktiven. Das finale Mandat läßt die Verwaltung zum verlängerten Arm des Gesetzgebers werden.“ 45 Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181. 46 V. 18. 08. 1997 (BGBl. I S. 2081, 2102), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 24. 06. 2004 (BGBl. I S. 1359). 47 Vgl. nur Dreier, Normative Steuerung, S. 48 (zu § 1 Abs. 5 BauGB a.F.). 48 Badura, in: FS für BayVerfGH, S. 157, 158 ff.; Hoppe, DVBl. 1974, 641 ff., wiederabgedruckt in ders., Grundfragen des Planungsrechts, Ausgewählte Veröffentlichungen, 1998, § 4, S. 114 ff.; ders., in: FS für Menger, S. 747, 777; ders., in: HdbStR III, § 71 Rn. 121 ff.; Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 124; Bönker, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches Baurecht, § 5 Rn. 20 ff.; Mößle, BayVBl. 1982, 193; Ossenbühl, Gutachten, S. B 163 f. und B 183 ff.; ders., DVBl. 1978, 1, 7 f.; ders., DVBl. 1993, 753, 757; Schmitt Glaeser, in: FS für BayVGH, S. 291 ff.; Wahl, Rechtsfragen I, S. 34 ff.; Weyreuther, DÖV 1977, 419 ff.; vgl. ferner die zahlreichen weiteren Nachweise bei Bartlsperger, in: Abwägung im Recht, S. 79, 80 (in Fn. 5). Hoppe, in: FS für Remmers, S. 231, 239; ders., in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches BauR, § 7 Rn. 19; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, § 16 Rn. 543; Just, Abwägung, S. 11 ff., 21 ff., 40 suchen neuerdings Begründungs- und Erläuterungshilfen für 40 41

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im Rahmen der planerischen Gestaltungsfreiheit durch eine „sehr viel komplexere und globalere Wahlfreiheit“ bestimmt als im Rahmen des normalen Verwaltungsermessens; die Wahlfreiheit folge hier ganz anderen Strukturgesetzlichkeiten als dort49. Um die angeblich bestehenden kategorialen Unterschiede auch terminologisch deutlich herauszuarbeiten, will Hoppe sogar den – in Literatur und Rechtsprechung oftmals synonym zum Terminus „planerische Gestaltungsfreiheit“ verwendeten50 – Begriff des „Planungsermessens“ vermieden wissen51. Dass planerische Gestaltungsfreiheit und Verwaltungsermessen sich aufgrund normstruktureller Besonderheiten als „aliud“ gegenüberstehen sollen, vermag indes – ohne die Differenzierung zwischen Konditional- und Finalprogrammen grundlegend in Zweifel zu ziehen52 – nicht zu überzeugen. Diese Sichtweise beruht nämlich auf einer idealisierenden Überbewertung der Trennung von gesetzlich „konditional“ und „final“ programmierter Verwaltung53. Sie überdeckt, dass es zwischen die strikte Unterscheidung von Konditional- und Finalprogrammen in allgemeinen normtheoretischen Überlegungen, nämlich der Unterscheidung zwischen „Rechtsregeln“ und „Rechtsprinzipien“, vgl. dazu grundlegend Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 71 ff. 49 Hoppe, DVBl. 1974, 641, 644. 50 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59; BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 284; s. ferner Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 317; weitere Nachw. bei Dreier, Normative Steuerung, S. 46 (in Fn. 27). 51 Hoppe, DVBl. 1974, 641, 644; ders., in: FG BVerwG, S. 295, 302 f.; vgl. auch Weyreuther, BauR, 1977, 293, 295, 303; s. ferner umgekehrt Bartunek, Drittschutz, S. 41, die keine strukturellen Unterschiede zwischen planerischer Gestaltungsfreiheit und normalem Verwaltungsermessen anerkennt und deshalb ausschließlich den Begriff des Planungsermessens gebrauchen will. 52 So aber Rubel, Planungsermessen, dort vor allem S. 51 ff., 61, der meint, dass auch Planungsnormen als Konditionalprogramme formuliert werden könnten. Insoweit hält er eine Differenzierung nicht zwischen Konditional- und Finalprogrammen, sondern nur zwischen zwingenden Normen und – sowohl das „normale“ als auch das Planungsermessen umgreifenden – Ermessensnormen für sinnvoll und geboten. Letztere müssten als Ermächtigungen begriffen werden, den bei diesen Normen unvollständigen Tatbestand – Ermessen ist nach Rubel keine Frage der Rechtsfolge – durch weitere selbst gesetzte Tatbestandsvoraussetzungen zu ergänzen. Dieser vervollständigte Tatbestand sei sodann einer dem Konditionalprogramm entsprechenden subsumtionären Entscheidung zugänglich. Diese Auffassung vermag indes nicht zu überzeugen. Selbst eine theoretisch mögliche Umformulierung final formulierter Normen ändert nichts daran, dass sie in ihrer gesetzlich niedergelegten Form explizit Ziele aufstellen. Auch kann hinsichtlich derartiger Bestimmungen im Planungsrecht nur von einer Tatbestandsbildung, nicht aber von einer Tatbestandsergänzung gesprochen werden, da insoweit gesetzlich überhaupt keine Tatbestandsmerkmale niedergelegt sind, so zu Recht Dreier, Normative Steuerung, S. 48; Rubel ablehnend auch Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, Öffentliches BauR, § 7 Rn. 20, gestützt auf Just, Abwägung, S. 11 ff., 21 ff., 40 ff.; die Differenzierung in Konditional- und Finalprogrammierung hingegen im Anschluß an Rubel grundlegend ablehnend jüngst Bartunek, Drittschutz, S. 35 ff.; vgl. auch Bartlsperger, in: Abwägung im Recht, S. 79, 103; Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9, 15; Koch / Rüßmann, Juristische Begründungslehre, S. 91 ff. 53 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 252 (in Fn. 106) sowie S. 231 (in Fn. 29); vgl. in diesem Sinne auch Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181.

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beiden Steuerungsmodellen Zwischenstufen und Mischformen gibt. Die Planungsgesetze sind normstrukturell nicht einheitlich ausgebildet, sondern enthalten sowohl konditional als auch final determinierte Elemente54; im Fachplanungsrecht fehlen gesetzliche Zielvorgaben – wie im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt – regelmäßig sogar ganz55. Umgekehrt ist die Zweckorientierung der Rechtsfindung kein auf das Planungsrecht beschränktes Phänomen, sondern auch in vielfältigen anderen Zusammenhängen anzutreffen56. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten normativer Programmierung des Verwaltungshandelns betreffen in Wahrheit die Frage der Genauigkeit der gesetzgeberischen Steuerung und damit eine Frage quantitativer, nicht aber qualitativer Unterschiede57.

II. Gleitende Übergänge in den Dichtegraden Im Übrigen greifen allein normstrukturell motivierte Begründungsansätze zu kurz: Legitimation und Grenzen verwaltungsrechtlichen Ermessens (im weitesten Sinne) bilden letztlich ein Problem des gewaltenteiligen Rechtsstaates im Dreieck von Legislative, Exekutive und Judikative58. Insofern ist von einem schlichten Befund auszugehen, den die normative Ermächtigungslehre59 herausgearbeitet hat: Die gerichtliche Kontrolldichte orientiert sich an der Gesetzesbindung der Exekutive im Lichte der für Verwaltung und Justiz gleichermaßen verbindlichen Direktiven des Gesetzgebers60. Dabei bedarf jede Form von Verwaltungsermessen der rechtlich ermächtigenden Einräumung eines administrativen Gestaltungsspielraums durch das Gesetz61. Der richterliche Kontrollumfang hängt daher in erster Linie von dem durch die Dichte der gesetzlichen Steuerung vermittelten Maß der Rechtsbindung der Verwaltung ab62. 54 Dies räumt auch Hoppe, DVBl. 1974, 641, 644 ein, ohne allerdings Ähnlichkeiten oder gar Überschneidungen anzuerkennen. 55 So auch Dreier, Normative Steuerung, S. 48 f. 56 Vgl. Weyreuther, DÖV 1977, 419, 420: Die Finalität ist „weit davon entfernt ( . . . ), für den Begriff der Planung in einer Weise einschlägig zu sein, die es gestattete, sie anderen Begriffen vorzuenthalten.“; Koch, in: Abwägung im Recht, S. 9, 15, der freilich die Unterscheidung von Konditional- und Finalprogrammen grundlegend in Zweifel zieht. 57 So i.E. auch Dreier, Normative Steuerung, S. 51 ff.; Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 251 ff.; Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181. 58 Vgl. allgemein nur Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, insbes. S. 227 ff.; Scholz, VVDStRL 34 (1976), S. 145, insb. S. 160 ff. 59 Vgl. grundlegend Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 185 ff. 60 Herdegen, JZ 1991, 747, 751; Papier, in: HdbStR VI, § 154 Rn. 6; Schmidt-Aßmann, in: FS für Menger, S. 107, 115 f. 61 Scholz, VVDStRL 34 (1976), S. 145, 168 m. w. N.; vgl. in diesem Sinne auch Badura, in: FS für Bachof, S. 169.

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Vor diesem Hintergrund lassen sich Übergänge und Gemeinsamkeiten zwischen final- und konditionalprogrammiertem Verwaltungshandeln aufzeigen; die einzelnen administrativen Entscheidungsfreiräume sind nicht kategorial getrennt. Verbindendes Glied zwischen ihnen ist der in jedwedem Zusammenhang notwendig werdende Entscheidungsmodus der Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte; sämtlich sind sie durch einen gerichtlicher Kontrolle unzugänglichen Abwägungsbereich (Ermessen im weitesten Sinne) geprägt63. Dieser Bereich „rechtsgestaltenden“ Abwägens erfasst also nicht nur das planerische Abwägen, sondern insbesondere auch das Abwägen im Bereich des „klassischen“ Verwaltungsermessens64. So wird der Begriff der Abwägung im Verwaltungsrecht zur „Chiffre für sozial-rechtsstaatliches Verwalten schlechthin“65. Die einzelnen Ausprägungen administrativer Entscheidungsfreiräume stellen sich in diesem Zusammenhang sämtlich als „Unterfälle administrativer Handlungskompetenzen im Rahmen offener Gesetzestatbestände“66 dar. Es handelt sich dergestalt nicht um streng zu scheidende Kategorien, sondern um das Ergebnis von Typisierungsvorgängen mit gleitenden Übergängen in den gesetzlich determinierten Dichtegraden67. Auch Verwaltungs- und 62 Häufig wird – durchaus aufschlussreich – auch die Auffassung geäußert, die finale Programmierung und damit besonders geringe Steuerungsdichte planungsrechtlicher Normen sei eine Folge veränderter Staatsaufgaben „im Übergang vom klassisch-liberalen Ordnungsstaat zum modernen, gesellschaftsgestaltenden Sozialstaat“, so Brohm, NJW 1984, 8; vgl. dazu auch Wahl, Rechtsfragen I, S 38 ff.; vgl. ferner Burgi, JZ 1993, 654, 656, der sich – ebenfalls die Annahme bloß quantitativer Unterschiede favorisierend – zur Begründung grundlegender Differenzen zwischen Planungs- und Genehmigungsentscheidungen auf diesen Aspekt mit der Begründung kapriziert, normstrukturelle und begründungstheoretische Ansätze griffen demgegenüber zu kurz. 63 Grundlegend Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 208; vgl. für das Abwägen beim klassischen Rechtsfolgeermessen etwa Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 40 Rn. 13 ff.; zur Abwägung bei Beurteilungsspielräumen Herdegen, JZ 1991, 747, 750; vgl. ferner Alexy, JZ 1986, 701, 711 (in Fn. 115), der eine allgemeine Geltung der Abwägungsregeln favorisiert; in diesem Sinne auch Beckmann, DÖV 1987, 944, 947 ff. 64 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 208. 65 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 208; vgl. auch Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 252; ferner Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181. Ohne Unterschiede zwischen den jeweiligen Typen von Entscheidungsfreiräumen nivellieren oder gar negieren zu wollen, wird daher in jüngerer Zeit zunehmend erkannt, dass die zunächst nur für planerisches Handeln entwickelte Abwägungskontrolle ein den jeweiligen Entscheidungsstrukturen anzupassendes Grundmodell der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ergibt; vgl. hierzu Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 113 Rn. 19 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 187a; dens., Ordnungsidee, S. 219 f.; Schmidt-Aßmann / Groß, NVwZ 1997, 617, 623 f. 66 Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 208. 67 Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 251 ff.; ders., in: FS für Schlichter, S. 3, 10; vgl. auch Beckmann, Rechtsschutz, S. 146 f.; Dreier, Normative Steuerung, S. 51 ff.; Erbguth, DVBl. 1992, 398 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 19; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 113 Rn. 19 ff.; vgl. auch bereits Weyreuther,

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Planungsermessen erweisen sich insoweit nicht als qualitativ verschieden; vielmehr bestehen lediglich – freilich gewichtige – quantitative Unterschiede, die ihren Grund in der Genauigkeit der vorhandenen Gesetzesaussagen, der Vielzahl der zu berücksichtigenden Belange sowie der Überschaubarkeit möglicher Abwägungsfolgen finden68.

C. Planung und Planfeststellung I. Der Typus der Planungsentscheidungen Planerische Abwägungsentscheidungen zeichnen sich vor diesem Hintergrund durch eine besondere Zurücknahme der normativen Steuerung des Verwaltungshandelns aus69. Typusbildendes Kennzeichen ist insofern die weitgehend fehlende gesetzliche Rangbestimmung der zu berücksichtigenden Interessen; sie ermächtigt den jeweiligen Planungsträger zur selbstbestimmten Interessenordnung im Rahmen seines planerischen Konzepts70. Damit bilden Planungsentscheidungen im Spektrum gesetzesgesteuerter Verwaltungsentscheidungen einen Extrempunkt71. Ihren Grund findet die rechtlich im planerischen Abwägungsgebot zum Ausdruck kommende besondere Zurücknahme gesetzgeberischer Handlungsanweisungen in der faktischen Eigenart der Planung; insofern reagiert der Gesetzgeber auf die besondere Struktur dieses Sachbereiches. Sie zeichnet sich typischerweise durch eine außerordentlich komplexe Interessenlage aus: Mannigfaltige, miteinander konfligierende private und öffentliche Belange72 bilden ein „komplexes Wirkungsnetz“73. Präzise hat dies bereits das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 30. 04. 1969 herausgearbeitet 74: „Bei der Planung geht es durchweg um DÖV 1977, 419, 420: Es ist so, dass „die meisten Merkmale die Planung nicht sozusagen scharfkantig kennzeichnen, sondern für sie lediglich typisch sind und daher am Rande des Planbegriffes gleichsam zerlaufen“. 68 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 72 Rn. 11a; Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), S. 221, 252; Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181; vgl. ferner Beckmann, DÖV 1987, 944, 947; Erbguth, DVBl. 1992, 398 f.; speziell für die Planfeststellung vgl. auch Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 224 f. 69 Vgl. etwa Burgi, JZ 1994, 654, 658 f.; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 63; allgemein auch Wahl, Rechtsfragen I, S. 27 ff. 70 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 11; vgl. ferner nur Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 792. 71 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 11. 72 Der Begriff des Belanges entspricht dem des Interesses, vgl. Hoppe, in: Hoppe / Bönker / Grotefels, § 7 Rn. 2. 73 Dreier, Normative Steuerung, S. 47; vgl. auch etwa Kügel, Planfeststellungsbeschluß, S. 123; Kuschnerus, DÖV 1987, 409, 412: „vielschichtige Interessengeflechte“. 74 4 C 6.68 – DVBl. 1969, 697, 699.

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einen Ausgleich mehr oder weniger zahlreicher, in ihrem Verhältnis zueinander komplexer Interessen, die überdies meist in eigentümlicher Weise miteinander verschränkt sind, so dass dem einen Interesse nichts zugestanden werden kann, ohne in einer Art Kettenreaktion zahlreiche andere Interessen zu berühren.“ Interdependenz und Interaktion der Belange sind demnach wichtige Kennzeichen des Typus’ der Planungsentscheidungen75. Zur Bewältigung dieses Interessengeflechts bedarf es eines kreativen Gestaltungsaktes76; Planungsentscheidungen enthalten daher stets schöpferische Elemente77. In diesem Rahmen bietet sich notwendig eine große Vielzahl möglicher Entscheidungsfolgen, die einen weiten Entscheidungsfreiraum fordert. Der Spielraum zur eigenen Interessenordnung, den das Abwägungsgebot der Planungsbehörde rechtlich zugesteht, ist eben diesem Umstand geschuldet, dass nämlich „Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich wäre“78.

II. Eigenheiten der Planfeststellung Prototyp der soeben umrissenen Planungsentscheidungen ist die örtliche Bauleitplanung samt zugehörigem, in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltenen Abwägungsgebot. „Planerische Gestaltungsfreiheit“ wird hier originär von der Gemeinde ausgeübt; ihr kommt – gestützt auf die in Art. 28 Abs. 2 GG verankerte Planungshoheit79 – umfassende Gestaltungsbefugnis zu. Echte Planungsträger wie die Gemeinde können demnach Planungen selbst eröffnen. Anders verhält es sich im Rahmen der Planfeststellung: Um ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten, kann die Planfeststellungsbehörde nicht selbst initiativ werden, sondern ist auf einen entsprechenden Antrag des Projektträgers angewiesen80.

1. Antragsbedürftigkeit der Planfeststellung – Genehmigungsrechtliche Züge Damit stellt sich die Frage, ob und inwiefern aus der Antragsbedürftigkeit der Planfeststellung Besonderheiten hinsichtlich Umfang und Ausgestaltung des bei ihr bestehenden Entscheidungsspielraums folgen. Hiermit einhergehend ist die Frage nach Ähnlichkeiten und Unterschieden zu ebenfalls antragsgebundenen Anlagenzulassungen angesprochen. Hoppe, in: FS für Scupin, S. 121, 123. Vgl. Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 1 Rn. 181: „Planung ist Gestaltung komplexer Situationen in die Zukunft hinein“. 77 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3 ff., 11. 78 BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 304. 79 Vgl. nur Jarass / Pieroth, GG, Art. 28 Rn. 13; allerdings ist die verfassungsrechtliche Fundierung kein generelles Merkmal echter Planung, vgl. Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1203. 80 Vgl. nur Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 73 Rn. 14. 75 76

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Nach Wahl soll bei der Planfeststellung ein dem Typus echter planerischer Entscheidungen vergleichbarer, (allein) bei der Planfeststellungsbehörde verorteter Entscheidungsspielraum anzunehmen sein81. Als Anknüpfungspunkt dient insoweit eine Gegenüberstellung von Genehmigungsentscheidung und Planfeststellung: Die Planfeststellung orientiere sich ihrem gedanklichen Ansatz nach – anders als kontrollierende Genehmigungsentscheidungen – allein an dem Amtsauftrag der Planfeststellungsbehörde82; sie sei dem Recht inneradministrativer Beziehungen zuzuordnen, das nicht von subjektiven Rechten, sondern von Kompetenzabgrenzungen geprägt sei83. Im Zentrum der Planfeststellung stehe dementsprechend nicht ein Anspruch des antragstellenden Vorhabenträgers, sondern die Ausgewogenheit eines Projekts mit allen in Betracht kommenden Belangen84. Insofern komme allein der Planfeststellungsbehörde der Abwägungs- und Gestaltungsspielraum zu. Diese Betrachtungsweise stößt allerdings bereits dort an ihre Grenzen, wo – wie etwa beim Bau von Hochspannungsfrei- und Gasversorgungsleitungen nach § 11a EnWG – antragstellender Vorhabenträger ein Privater ist85. Dass derartige Fälle für die Planfeststellung nicht typusbildend seien86, kann jedenfalls heute angesichts ubiquitärer Privatisierungsbemühungen87 kaum noch Richtigkeit beanspruchen88. Eine Beschreibung des bei der Planfeststellung ungeachtet fachgesetzlicher Besonderheiten89 bestehenden Gestaltungsspielraums muss daher zwischen den Rollen des Vorhabenträgers sowie der Zulassungsbehörde als Kontrollinstanz differenzieren90. Insofern gilt, dass der Planfeststellungsbehörde, da sie nicht selbst initiativ werden kann, sondern auf einen entsprechenden Antrag angewiesen ist, keine völlig eigenständige Planungsfunktion zukommt91. Der wesentliche Teil der „Planung“ Wahl, DVBl. 1982, 51 ff. Wahl, DVBl. 1982, 51, 53. 83 Wahl, DVBl. 1982, 51, 53. 84 Wahl, DVBl. 1982, 51, 53 f.; gegen einen Anspruch auf Planfeststellung auch Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517, 531; Hösch, ZfW 36 (1997), 79, 82; Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 82. 85 Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 790; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 530. 86 So Wahl, DVBl. 1982, 51, 54. 87 Vgl. hierzu aus jüngerer Zeit nur umfassend Burgi, Funktionale Privatisierung. 88 Auch standen private Vorhabenträger am Beginn des Instituts der Planfeststellung ganz im Vordergrund: diese entwickelte sich anhand des Eisenbahnbaus durch private Eisenbahngesellschaften; s. hierzu näher Blümel, in: FS für Hoppe, S. 5 ff.; dens., Bauplanfeststellung I, S. 28, 84 f., 88 ff. 89 Vgl. etwa für die bergrechtliche Planfeststellung Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 27; Paetow, in: FS für Schlichter, S. 499, 505. 90 So Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789 f.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 530; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 22; s. auch Herrmann, NuR 2001, 551, 552. 81 82

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findet vielmehr vor der Planfeststellung statt. Früh wurde dies bereits bei den sog. „privatnützigen“ Planfeststellungen92 erkannt, deren Kennzeichen sein soll, nicht im Allgemein-, sondern allein im Privatinteresse – regelmäßig aus kommerziellen Gründen – ins Werk gesetzt zu werden. Die Behörde kann hier nicht ihre eigenen Konzepte an die Stelle des privaten Unternehmers setzen93. Aber auch bei öffentlichen Vorhabenträgern ist die Situation strukturell keine andere94: Auch hier kann die Planfeststellungsbehörde den eingereichten Vorhabenplan nicht von sich aus abändern, sondern ist im Rahmen von § 74 VwVfG lediglich befugt, Schutzauflagen zu erlassen, soweit hierdurch die Gesamtkonzeption des Vorhabens nicht berührt wird95. Zwar ist sie im Rahmen der Abwägung verpflichtet, Planungsalternativen zu prüfen; zur Planfeststellung einer favorisierten Alternative bedarf es jedoch eines entsprechenden Antrags des Projektträgers96. In diesem Sinne ist die Planfeststellungsbehörde auf einen abwägenden Nachvollzug der Planung des Vorhabenträgers verwiesen97. Eine echte Planungsbehörde nimmt hingegen die volle Planung selbst vor98. Der Planfeststellungsbehörde kommt deshalb nicht dieselbe umfassende Befugnis zu konzeptioneller Gestaltung und abwägender Überwindung entgegenstehender Belange zu, die für echte planerische Entscheidungen wie die gemeindliche Bauleitplanung typusbildend wirkt99.

91 Vgl. Erbguth, DVBl. 1992, 398, 402; Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1203; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 65; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 10; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 11. 92 Zum Begriff der privatnützigen Planfeststellung vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 B II; näher hierzu noch unten § 12. 93 Dies betont für die privatnützige Planfeststellung Burgi, JZ 1994, 654, 656. 94 Vgl. Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 14 ff. 95 Bartunek, Drittschutz, S. 55; Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 793; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 25.32; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 29; Schoen, Planfeststellung, S. 359; vgl. insoweit auch VGH BW, Urt. v. 05. 10. 1982 – 5 S 2165 / 82 – VBlBW 1983, 375. 96 Kopp / Ramsauer, VwVfG § 72 Rn. 12; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 10, § 3 Rn. 89. 97 Vgl. Bartunek, Drittschutz, S. 54 ff.; Beckmann, DÖV 1987, 944, 948; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 563; Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1203; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 13; Allesch / Häußler, in: Obermayer, VwVfG, § 74 Rn. 18; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 65; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 11; s. auch BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148 f.: Das BVerwG weist hier darauf hin, dass die Planfeststellungsbehörde bei der abfallrechtlichen Planfeststellung „häufig nicht selbst originär plant, sondern die entsprechenden Vorstellungen des Vorhabenträgers abwägend nachvollzieht und dadurch die rechtliche Verantwortung für die Planung übernimmt“. 98 Vgl. oben I. 99 Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 14: „Planfeststellungen sind Planula mit einer gegenüber gestaltenden Plänen verengten Abwägungsdimension, die eher der Vollzugsstufe als dem konzeptionellen Entscheiden zuzurechnen ist.“; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 72 Rn. 12.

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Überhaupt stehen insbesondere die anlage-, aber auch die raumbezogenen Planfeststellungen dem Anlagenzulassungsrecht funktional häufig nahe100; jede Planfeststellung trägt auch genehmigungsrechtliche Züge101. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Planfeststellungsbeschluss – rechtsförmlich als Einzelfallentscheidung ausgestaltet102 – selbst eine vorhabenbezogene Zulassung darstellt, während etwa die Bauleitplanung der jeweiligen vorhabenbezogenen Zulassungsentscheidung vorgeschaltet ist103. Der Planfeststellungsbeschluss stellt damit – wie andere Genehmigungen auch – selbst die letzte Entscheidungsstufe dar: Er betrifft ein konkretes104 Projekt, über dessen Zulassung er umfassend und detailliert befindet. Zudem gilt, nachdem der Planfeststellung jegliche materielle Konzentrationswirkung abgesprochen wird105, dass die Planfeststellungsbehörde wie jede Genehmigungsbehörde an sämtliche Rechtsvorschriften außerhalb des betreffenden Fachplanungsgesetzes inhaltlich vollumfänglich gebunden ist, einschließlich im Einzelfall bestehender Möglichkeiten zum Dispens106. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass die Planfeststellung – anders als etwa eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung – nicht nur die öffentlichrechtliche Zulassung eines beantragten Vorhabens umfasst, sondern zugleich eine verbindliche Raumnutzungsentscheidung fällt, mit der abschließend über die raumplanerische Zulässigkeit eines Vorhabens befunden wird; nach § 38 BauGB hat die Planfeststellung gegenüber der sonstigen örtlichen Gesamtplanung grundsätzlich Vorrang107. Zu einer Gleichstellung von Planfeststellung und echter Planung berechtigt dieser Umstand zwar nicht; gleichwohl rechtfertigt er es, die Planfeststel100 Di Fabio, in: FS für Hoppe, S. 75, 79; Faber, VerwR, S. 354; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 14 ff., 20; Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1203; Klöpfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 29 ff.; Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 14; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 8 ff.; vgl. auch Greinacher, Abfallentsorgungsanlagen, S. 253 ff.; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 113 Rn. 29; Sandner, Investitionserleichterung, S. 24 ff.; vgl. für die abfallrechtliche Planfeststellung ferner Burgi, JZ 1994, 654, 661 f.; Klöpfer, Umweltrecht, § 20 Rn. 271; Paetow, in: FS für Schlichter, S. 499, 501 ff. 101 Vgl. etwa Bartunek, Drittschutz, S. 70 m. w. N.; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 112 sowie Nachweise in voriger Fußnote. Letztlich spricht einiges dafür, die Planfeststellung als eigenen Entscheidungstypus, angesiedelt zwischen echter Planungsentscheidung und Genehmigungsentscheidung, einzustufen, vgl. Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1204 („Zwischenphänomen“) sowie Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 15. Die einzelnen Ausprägungen administrativer Entscheidungen sind eben keine streng zu scheidenden Kategorien, sondern das Ergebnis von Typisierungsvorgängen, vgl. oben B II a.E. 102 Vgl. zu diesem Aspekt Schmidt-Aßmann, in: FS für Schlichter, S. 3, 14. 103 s. Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1203. 104 Vgl. nur Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 9 f. 105 Vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 1; zum früheren Streit vgl. nur Laubinger, VerwArch 77 (1986), 77 ff. 106 Vgl. Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 112. 107 BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148; Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, § 7 Rn. 20.

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lung als fachplanerische Entscheidung einzustufen108, die unter den Aspekten komplexer Raumbeanspruchung, der Interdependenz kollidierender Belange sowie der Entscheidungsflexibilität der bauleitplanerischen Satzungsgebung durchaus vergleichbar ist109. Insofern kann auch nicht zweifelhaft sein, dass die jeweilige Planfeststellungsbehörde sich bei Erlass des nach außen einzig in Erscheinung tretenden Planfeststellungsbeschlusses, mit dem sie die rechtliche Verantwortung für die jeweilige Planung übernimmt, den Anforderungen des Abwägungsgebots ausgesetzt sieht110. 2. Der Anspruch auf Planfeststellung – Zur Frage der Verteilung des Abwägungsspielraums zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde Für den jeweiligen Vorhabenträger ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse, ob er gegenüber der Planfeststellungsbehörde einen – ggf. im Wege der Verpflichtungsklage gerichtlich durchsetzbaren – Anspruch auf Planfeststellung hat. Einigkeit besteht insoweit dahingehend, dass mit dem Antragsrecht des Vorhabenträgers ein Anspruch auf Verfahrenseinleitung verbunden ist111. Ob und inwieweit darüber hinaus aber auch ein Anspruch des Vorhabenträgers auf Feststellung gerade des beantragten Planes anzuerkennen ist, wird unterschiedlich beurteilt. a) Materieller Rechtsanspruch auf Planfeststellung Nicht zu überzeugen vermag allerdings die von Wahl favorisierte gänzliche Ablehnung eines materiellen Rechtsanspruchs auf Planfeststellung112. Die seinerseits Vgl. Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1204; anders Erbguth, in: Städtebaurecht 2000, S. 121 f. Schmidt-Preuß, in: FS für Hoppe, S. 1071, 1074. 110 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148 f.: Mit Verweis auf die raumplanerisch verbindliche Wirkung der Planfeststellung fordert hier das BVerwG zu Recht „eine vom Abwägungsgebot gesteuerte, in planerischer Gestaltungsfreiheit ergehende Zweckentscheidung des zuständigen öffentlichen Planungsträgers, also der Planfeststellungsbehörde, unbeschadet des Umstandes, dass die Behörde häufig nicht selbst originär plant, sondern die entsprechenden Vorstellungen des Vorhabenträgers abwägend nachvollzieht und dadurch die rechtliche Verantwortung für die Planung übernimmt“. Vgl. auch Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 13; anders aber Erbguth, NVwZ 1997, 116, 117; ders., DVBl. 1992, 398; ders., in: Städtebaurecht 2000, S. 121 f.; ders., in: FS für Hoppe, S. 631, 644 ff.; Ule / Laubinger, VwVfR, § 39 Rn. 8, die die raumplanerisch verbindliche Wirkung der Planfeststellung sowie die Komplexität der von der Planfeststellungsbehörde vorzunehmenden Abwägungen nicht hinreichend würdigen und einen Gleichlauf mit dem normalen Verwaltungsermessen annehmen. 111 Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 792 f.; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 25.4, Kap. 35 Rn. 27.2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 72 Rn. 41 f. m. w. N.; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 480; Ronellenfitsch, DÖV 1989, 737, 744; ders., VerwArch 80 (1989), 92, 101. 112 Vgl. oben 1; gegen einen Anspruch auch Hösch, ZfW 36 (1997), 79, 82. 108 109

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angeführte Begründung, die Planfeststellung sei vom Recht inneradministrativer Kompetenzabgrenzung geprägt, weshalb ein Anspruch auf Planfeststellung nicht bestehen könne, greift nämlich ersichtlich zu kurz113. Zum einen räumt auch Wahl selbst die Möglichkeit eines entsprechenden Anspruchs für den Fall ein, dass ein Privater Vorhabenträger ist114. Zum anderen können auch zwischen Trägern hoheitlicher Gewalt wehrfähige materielle Rechtspositionen bestehen, die die Möglichkeit eines entsprechenden Anspruchs begründen115. Ist etwa eine Gemeinde Träger eines Straßenbauvorhabens116, so ergibt sich eine derartige Rechtsposition gegenüber der zuständigen Landesbehörde117 bereits aus dem Gewährleistungsgehalt des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG118 in seiner Ausprägung als subjektive Rechtsstellungsgarantie119. Soweit Landkreisen eine Aufgabe durch einfaches Recht als Selbstverwaltungsangelegenheit zugewiesen wird120, lässt sich über Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG Entsprechendes annehmen121. Aber sogar wenn sich der öffentlichrechtliche Vorhabenträger gegenüber der Planfeststellungsbehörde nicht auf eine Art. 28 Abs. 2 GG vergleichbare Gewährleistung berufen kann, wird zuweilen allein aus der gesetzlichen Zuweisung der Funktion, einen Vorhabenplan zu erarbeiten und einzureichen, bereits eine wehrfähige materielle Rechtsposition abgeleitet, und zwar selbst dann, wenn – wie etwa beim Bau von Bundeswasserstraßen – Entwurfs- und Planfeststellungsbehörde ein und demselben Rechtsträger angehören122. Zwar wird demgegenüber das Entstehen relativer Rechte und Pflichten zwischen Zur Auseinandersetzung mit Wahl vgl. auch bereits oben 1. Wahl, DVBl. 1982, 51, 54, vgl. auch 58 (in Fn. 50). 115 Vgl. Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 793; eingehend Schoen, Planfeststellung, S. 353 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 149 f.; vgl. ferner VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448.81 – VBlBW 1982, 202, 203. 116 Vgl. § 47 Abs. 1 StrWG NRW, zur Situation bei Ortsdurchfahrten vgl. Schoen, Planfeststellung, S. 354 (in Fn. 16). 117 Vgl. § 39a Abs. 2 StrWG NRW (Bezirksregierung). 118 Eingehend Schoen, Planfeststellung, S. 353 ff. 119 Eingehend zu den unterschiedlichen Gewährleistungsgehalten des Art. 28 Abs. 2 GG etwa Burgi / Ruhland, Regionale Selbstverwaltung, S. 99 ff., 119 f. 120 Vgl. z. B. für den öffentlichen Personennahverkehr § 3 Abs. 1 S. 1 des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs owie zur Weiterentwicklung des ÖPNV v. 07. 03. 1995 (GVBl. NRW S. 196), zuletzt geändert durch Art. II des Gesetzes v. 19. 12. 2001 (GVBl. NRW S. 876). 121 Schoen, Planfeststellung, S. 355; materielle Rechtspositionen werden sich hier überdies i.d.R. bereits aus der einfachrechtlichen Aufgabenzuweisung selbst gewinnen lassen, so dass ein Rückgriff auf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG entbehrlich erscheint, vgl. insofern für den Bau einer Kreisstraße VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448.81 – VBlBW 1982, 202, 203: Der Landkreis „kann durch die Ablehnung der Planfeststellung in den Rechten verletzt sein, die sich aus seiner Stellung als Träger der Straßenbaulast für Kreisstraßen ( . . . ) ergeben“. 122 So ausführlich Schoen, Planfeststellung, S. 356 ff., mit der durchaus überzeugenden Begründung, dass die Trennung von Planfeststellungsbehörde und Entwurfsbehörde nicht auf ein bloß arbeitsteiliges Zusammenwirken, sondern – was Voraussetzung für die Annahme einer wehrfähigen materiellen (Innen-)Rechtsposition ist (vgl. allgemein Bethge, DVBl. 1980, 309, 312 f.; Erichsen / Biermann, Jura 1997, 157, 159; Kingreen, DVBl. 1995, 1337, 1339) – 113 114

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Entwurfs- und Planfeststellungsbehörde innerhalb desselben Verwaltungsträgers häufig auch ausdrücklich verneint und ein verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreit in dieser letzten Fallkonstellation als unstatthafter In-Sich-Prozeß gekennzeichnet123. Zumindest in den übrigen Konstellationen aber wird gemeinhin ein materieller Rechtsanspruch des Vorhabenträgers auf Planfeststellung zu Recht bejaht124.

b) Alleinige Verortung des Abwägungsspielraums bei der Planfeststellungsbehörde Unklar ist dabei allerdings der genaue Umfang der Bindung der Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Vorhabenträger. Regelmäßig wird insoweit lediglich ein Anspruch auf inhaltlich fehlerfreie Entscheidung über den Antrag bzw. – synonym – auf fehlerfreie Ausübung des Planungsermessens angenommen125. Danach besteht ein Anspruch auf Erlass genau der beantragten Planungsentscheidung nur in dem äußerst seltenen – eher theoretisch denkbaren – Fall, dass der planerische Entscheidungsfreiraum auf Null geschrumpft ist, also die einzig rechtmäßige Entscheidung diejenige ist, das beantragte Vorhaben so wie beantragt festzustellen126. Die Planfeststellungsbehörde kann hiernach in Fällen, in denen sich – wie regelmäßig – ihr Entscheidungsspielraum nicht auf Null reduziert, auch eine zwingenden Rechtssätzen sowie den Anforderungen des Abwägungsgebotes entsprechende Planung des Vorhabenträgers aus bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen ablehnen. Das bei der Planfeststellung bestehende Abwägungspotential ist demnach – innerhalb der durch den Antrag des Vorhabenträgers gezogenen Grenzen – allein bei der Planfeststellungsbehörde angesiedelt. auf eine wechselseitige Kontrolle der Akteure angelegt sei. Zudem würde „die besondere Förmlichkeit des Planfeststellungsverfahrens mit seiner Trennung zwischen Vorhabenträger, Anhörungsbehörde und Planfeststellungsbehörde ( . . . ) weitgehend entwertet, wenn man den Vorhabenträger letztlich als bloßen Erfüllungsgehilfen der Planfeststellungsbehörde ansähe, mit dessen Zuständigkeit keine wehrfähige materielle Rechtspoistion einhergeht“. 123 Vgl. in diesem Sinne etwa Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 35 Rn. 27.2 a.E.; Ronellenfitsch, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, § 17 Rn. 256; Allesch / Häußler, in: Obermayer, VwVfG, § 74 Rn. 194. 124 Vgl. BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 149 f. (s. aber auch 148); Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 792 f.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 561; Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 13 f.; dens., in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 25.3 f.; vgl. auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 72 Rn. 41; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 482; Allesch / Häußler, in: Obermayer, VwVfG, § 74 Rn. 13 ff.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 11, 27; für einen Anspruch auf Planfeststellung des (privaten) Vorhabenträgers im Rahmen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung auch Pommer, Bahnreform und Enteignung, S. 223 f. 125 Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 72 Rn. 41; Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 482; Schoen, Planfeststellung, S. 322; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 11, 27; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 18, 16. 126 Vgl. Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 482; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 27.

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Demgegenüber werden teilweise weitergehende Bindungen der Planfeststellungsbehörde an die im Antrag auf Planfeststellung zum Ausdruck gekommene Vorhabenplanung des Projektträgers angenommen: Korrespondierend mit der Antragsbedürftigkeit der Planfeststellung soll eine Pflicht der Behörde gegenüber dem Vorhabenträger zur Planfeststellung (Feststellungsgebot) bereits dann bestehen, wenn der vom Vorhabenträger eingereichte Plan den Anforderungen zwingenden Rechts und des Abwägungsgebots standhält127. Weder dürfe die Planfeststellungsbehörde einen rechtlich nicht zu beanstandenden Plan ablehnen, noch dürfe sie ihn durch eigene, aus ihrer Sicht zweckmäßigere Planungen ersetzen. Insofern bestehe kein Unterschied zu einer gerichtlichen oder aufsichtsbehördlichen Kontrolltätigkeit128. Nach dieser Konzeption kommen die bei der Planfeststellung bestehenden Abwägungs- und Gestaltungsspielräume also grundsätzlich allein dem Vorhabenträger zu. Dies soll unabhängig davon gelten, ob Vorhabenträger ein Privater oder ein Träger öffentlicher Gewalt ist129. Zwar wird eine eingeschränkte Befugnis zu ergänzender planerischer Gestaltung auch der Planfeststellungsbehörde zugestanden. Genannt wird der Fall, dass erst im Verlaufe des Planfeststellungsverfahrens hervortretende abwägungsrelevante Tatsachen seitens der Planfeststellungsbehörde ergänzend zu berücksichtigen sind130, sowie der Fall, dass ein eigentlich nicht planfeststellungsfähiger Plan durch Erteilung das Vorhaben nur unwesentlich verändernder Auflagen feststellungsfähig gemacht werden kann131. In diesen Fällen setze sich die Gesamtabwägung aus dem Abwägungspotential des Vorhabenträgers und dem der Planfeststellungsbehörde wie ein Puzzle zusammen132. Zugleich wird dabei jedoch betont, dass hier auf Grundlage des Feststellungsgebots bis zur Grenze der Wesentlichkeit der notwendigen Abweichungen vom eingereichten Vorhabenplan eine Pflicht zu modifizier-

127 Vgl. Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 792 ff.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 561 ff.; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34, Rn. 25.32; dens., in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 13, der sogar andenkt, ob man die Planfeststellung als gebundene Entscheidung begreifen könne; wohl ähnlich Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 30; wohl auch Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 97; vgl. ferner BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 149. 128 Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 795. 129 So explizit Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 793; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 561. 130 Vgl. Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 793, 795. Ähnlich nunmehr BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 151: „Die Planfeststellungsbehörde kann die planerischen Erwägungen des Planungsträgers nicht durch abweichende eigene Überlegungen ersetzen. Sie kontrolliert nur, ob die vom Vorhabenträger getroffene Entscheidung rechtmäßig ist. Darüber hinaus steht ihr allerdings die Befugnis zu, bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen.“ (Hervorhebung durch den Verf.); ebenso Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 13 a.E. 131 Vgl. Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 793 ff.; Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 564 ff. 132 Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 795.

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ter Feststellung bestehe133, so dass der selbstständige „Gestaltungsspielraum“ sich in der Sache auch hier zur Rechtspflicht verdichtet. aa) Anforderungen des Abwägungsgebots Indes vermag dieses Konzept, das der Planfeststellungsbehörde im Wesentlichen lediglich die Aufgabe einer nachvollziehenden Rechtskontrolle zuweist, nicht zu überzeugen. Über den durch den Antrag auf Planfeststellung gezogenen Rahmen hinaus ist eine Bindung der Planfeststellungsbehörde an bestimmte Einschätzungen und Vorentscheidungen des Projektträgers mit dem Wesen der vorzunehmenden Abwägungsentscheidung unvereinbar134. Dies wird rasch deutlich, vergegenwärtigt man sich den Fall, dass im Verlaufe des Planfeststellungsverfahrens auch nur ein einziger neuer Belang hervortritt. Dann vermag in Anbetracht der wechselseitigen Abhängigkeit der von der Planung betroffenen Interessen nämlich nur noch eine eigenständige Gesamtbewertung aller für und wider das Vorhaben sprechenden Aspekte eine ausgewogene Entscheidung zu gewährleisten135. Das Gewicht eines einzelnen in die Abwägung eingestellten Belanges ergibt sich stets erst aus seinem Verhältnis zu den anderen Belangen, stellt also eine relative und keine absolute Größe dar136. Die unbesehene Übernahme der vom Vorhabenträger nach Maßgabe seines Kentnisstandes bei Planeinreichung vorgenommenen Wertungen wäre – selbst wenn sich das Abwägungsergebnis auch unter Berücksichtigung des hinzutretenden Aspekts aufrecht erhalten ließe – zwingend abwägungsfehlerhaft. Das Abwägungsgebot schützt gerade auch den Weg, auf dem die Abwägungsentscheidung zustandekommt137. Vor diesem Hintergrund ist die Abwägungsentscheidung notwendig als einheitlicher Vorgang zu begreifen138, der Versuch, den in ihr zum Ausdruck kommenden Gestaltungsspielraum auf Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde zu verteilen, geht deshalb fehl. Der bei der Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss in den durch den Antrag des Projektträgers gezoge133 Hoppe / Just, DVBl. 1997, 789, 794; s. auch Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 25.32. 134 Nur vordergründig besteht freilich ein Widerspruch zu Judikaten des BVerwG, in denen die Planfeststellungsbehörde als Inhaberin einer umfassenden Gestaltungsfreiheit bezeichnet wird (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 59); denn diese Entscheidungen beziehen sich auf das Außenverhältnis der Planfeststellungsbehörde zu vorhabenbetroffenen Dritten, nicht aber auf die Frage, ob und inwieweit im Innenverhältnis zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde ersterem der Gestaltungsspielraum zuzurechnen ist. 135 VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448 / 81 – VBlBW 1982, 202, 204. 136 VGH BW, Urt. v. 26. 11. 1981 – 5 S 448 / 81 – VBlBW 1982, 202, 204. 137 Ebenso Schoen, Planfeststellung, S. 322; vgl. auch Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 25.1. 138 Vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 09. 06. 1987 – 1 BvR 418 / 87 – NVwZ 1987, 967, das darauf hinweist, dass nach der Auslegung der Fachgerichte die Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange als Einheit angelegt sei.

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nen Grenzen bestehende Entscheidungsspielraum ist demnach ausschließlich bei der Planfeststellungsbehörde zu verorten; dies kommt auch in den für das Planfeststellungsrecht typischen Abwägungsklauseln zutreffend zum Ausdruck. Danach ist (erst) „bei der Planfeststellung“139 abzuwägen; Bindungen an im Vorfeld getroffene Wertungen des Vorhabenträgers werden insoweit gerade nicht statuiert140. bb) Anforderungen an eine verfassungsmäßige Gemeinwohlkonkretisierung Die gegenteilige Konzeption, die einer vom Vorhabenträger abwägungsfehlerfrei vorgenommenen Planung weitreichende Bindungswirkung gegenüber der Planfeststellungsbehörde zuspricht, stößt zudem auf gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken. Die in vielen Fachgesetzen vorgesehene enteignungsrechtliche Vorwirkung141 der Planfeststellung erfordert, dass im Rahmen der jeweiligen Abwägungsentscheidung das Gemeinwohl konkretisiert wird142. Da diese Entscheidung, mit der dem Grunde nach über den potentiellen Einsatz des ureigenen staatlichen Zwangsinstrumentariums der Enteignung befunden wird, notwendig von wertenden Elementen geprägt ist, erschiene es als höchst problematisch, sie dem jeweiligen (enteignungsbegünstigten) Projektträger – ggf. letztverantwortlich – zu überantworten143. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf es für eine verfassungskonforme Gemeinwohlaktualisierung einer von einer qualifizierten Behörde in einem geeigneten Verfahren vorgenommenen „enteignungsrechtliche(n) Gesamtabwägung aller Gemeinwohlgesichtspunkte und widerstreitenden Interessen unter Prüfung auch der Erforderlichkeit des Vorhabens“144. Demnach ist von Verfassungs wegen im Interesse richtiger Gemeinwohlkonkretisierung eine „enteignungsrechtliche Gesamtabwägung“ einer Behörde geboten; diese Abwägungsentscheidung bedarf zudem der Absicherung durch ein geeignetes Verfahren. Dies impliziert, dass bei den im Rahmen der Abwägungsentscheidung erforderlich werdenden Wertungen keine rechtlichen Bindungen an außerhalb eines entsprechenden Verfahrens getroffene Vorentscheidungen des jeweiligen Projektträgers bestehen dürfen. Es ist etwas anderes, ob eine Behörde selbst eine „enteignungsrechtliche Gesamtabwägung“ vornimmt oder ob sie im Wesentlichen lediglich die Abwägung eines anderen auf Rechtsfehler kontrolliert. Besonders bedenklich wären Bindungen an Vorentscheidungen eines Projektträgers namentlich bei privaten und damit selbst nicht unmittelbar dem Gemeinwohl verpflichteten Vorhabenträ139 Vgl. etwa § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG, § 14 Abs. 1 S. 2 WaStrG, § 8 Abs. 1 S. 2 LuftVG, § 28 Abs. 1 S. 2 PBefG. 140 Ebenso Schoen, Planfeststellung, S. 322; Ule / Laubinger, VwVfR, § 41 Rn. 16. 141 Vgl. oben Zweiter Teil § 3 a.E. 142 Vgl. etwa Dritter Teil § 6 A. 143 Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517, 531; vgl. auch Wahl, DVBl. 1993, 517, 521. 144 BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85 – BVerfGE 74, 264, 293 f.

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gern145. Aber auch im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens getroffene Einschätzungen öffentlicher Vorhabenträger vermögen hiernach keine Bindungswirkungen zu entfalten. Da sie außerhalb eines geeigneten Verfahrens ergehen, wäre anderenfalls die gebotene verfahrensmäßige Absicherung der als Einheit zu verstehenden Abwägungsentscheidung nicht sichergestellt. Auch aus der verfahrensrechtlichen Garantiefunktion des Eigentumsgrundrechts lässt sich demnach ein gewichtiges Argument für eine eigenständige Abwägungsbefugnis der Planfeststellungsbehörde gewinnen. cc) Grundrechtsschutz privater Vorhabenträger Allerdings vermag die enteigungsrechtliche Vorwirkung der Planfeststellung die hier vertretene These von der ausschließlichen Verortung des Abwägungsspielraums bei der Planfeststellungsbehörde nur dann zu unterstützen, wenn im konkreten Fall tatsächlich das Eigentum Dritter zur Verwirklichung des Vorhabens herangezogen werden muss. Dies wirft die Frage auf, ob nicht umgekehrt gar verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anerkennung eines behördlichen Gestaltungsspielraums dort bestehen, wo das Vorhaben ausschließlich auf eigenen Grundstücken eines grundrechtsfähigen Vorhabenträgers verwirklicht werden soll. Teilweise wird in der Literatur insoweit eine Unvereinbarkeit mit dem Grundrechtsschutz privater Vorhabenträger konstatiert: In der Möglichkeit der Überwindung grundrechtlich geschützter Belange des Vorhabenträgers durch planerische Abwägung liege ein Verstoß gegen den Gesetzmäßigkeitsgrundsatz146. Richtigerweise lässt sich indes auch in diesen Fällen die grundsätzliche Verortung eines Abwägungsspielraums bei der Planfeststellungsbehörde nicht beanstanden. Zunächst gilt es insoweit festzustellen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts offene Normprogramme auch im Bereich grundrechtlich geschützter Tätigkeiten dann unbedenklich sind, wenn sich die sachgerechte Bewältigung der tatsächlichen Konfliktlage einer detaillierten gesetzlichen Regelung entzieht. Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes darf insoweit nicht dazu führen, dass der Gesetzgeber auf eine Regelung, die er zur Erreichung eines verfassungsrechtlich legitimen Zieles für notwendig hält, verzichten müßte147. Vor diesem Hintergrund ist es die besondere Komplexität planfeststellungsbedürftiger Vorhaben, die die Zuordnung des Abwägungsspielraums zur Planfeststellungsbehörde rechtfertigt. Der hinsichtlich jedes einzelnen Vorhabens erneut zu erzielende gerechte Ausgleich der vielfältig miteinander verschränkten und von einander abhängigen öf145 Gaentzsch, in: FS für Schlichter, S. 517, 531; vgl. ferner Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 443; Hermes / Pöcker, RdE 2002, 85, 87; ebenso Buchner, Eisenbahnrechtliche Planfeststellung, S. 48; Schoen, Planfeststellung, S. 340; vgl. auch Wahl, DVBl. 1993, 517, 521. 146 Börger, Genehmigungs- und Planungsentscheidungen, S. 153 ff., 158 f.; Burgi, JZ 1994, 654, 659. 147 BVerfG, Beschl. v. 06. 06. 1989 – 1 BvR 921.85 – BVerfGE 80, 137, 163.

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fentlichen und privaten Belange entzieht sich detaillierter gesetzlicher Regelung. Die mit der Planfeststellung getroffene verbindliche Raumnutzungsentscheidung verlangt daher geradezu nach einer in planerischer Gestaltungsfreiheit ergehenden Zweckentscheidung eines öffentlichen Planungsträgers148. Dass die Eröffnung eines behördlichen Gestaltungsspielraums im Rahmen der Planfeststellung grundsätzlich unbedenklich ist, wird dabei um so deutlicher, wenn man berücksichtigt, dass auch die Festsetzung der zulässigen Bodennutzung mittels eines – ebenfalls durch eine Abwägungsentscheidung gesteuerten – Bebauungsplans für verfassungsrechtlich unproblematisch gehalten wird149. Ist nämlich demnach der Freiheit, seinen Grund und Boden zu bebauen, eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende planerische Abwägungsentscheidung vorgeschaltet150, so kann es hinsichtlich regelmäßig ja wesentlich gravierendere Auswirkungen zeitigender und dabei nicht weniger komplexer planfeststellungsbedürftiger Projekte, die sich nach § 38 Satz 1 BauGB grundsätzlich über §§ 29 ff. BauGB hinwegsetzen können, verfassungsrechtlich nicht unzulässig sein, ihre Zulassung ebenfalls einer Abwägungsentscheidung zu unterwerfen151.

c) Ergebnis Der Vorhabenträger hat nach alledem lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Planungsermessens, der sich nur ausnahmsweise zu einem Anspruch auf Feststellung gerade der beantragten Planung verdichtet152. Von dem seinerseits aufgestellten Plan gehen keine weiterreichenden rechtlichen Bindungswirkungen aus. Freilich besteht die hiermit begründete eigene Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde – wie oben bereits dargelegt153 – nur im Rahmen des Planfeststellungsantrags. Insofern lässt sich generell von einem abwägenden Nachvollzug der Planung des Vorhabenträgers sprechen. Gegen den Willen des Vorhabenträgers Vgl. BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 148. BVerfG, Beschl. v. 30. 11. 1988 – 1 BvR 1301.84 – BVerfGE 79, 174, 198 f. 150 Insofern liegt letztlich auch hier keine gebundene Entscheidung vor, vgl. Paetow, in: FS für Schlichter, S. 499, 504 f. 151 Buchner, Eisenbahnrechtliche Planfeststellung, S. 50 f.; eingehend auch Schoen, Planfeststellung, S. 333 ff., 334 f. 152 Denkbar ist hier nach Schoen, Planfeststellung, S. 325 ff., etwa die Konstellation, dass ein privater, grundrechtsfähiger Projektträger ein Vorhaben ausschließlich auf eigenen Grundstücken realisieren will, zwingendes Recht nicht entgegensteht und das Vorhaben nach Maßgabe der §§ 29 ff. BauGB zulässig ist. Zusätzlich dürfte zu fordern sein, dass auch private Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen; freilich wird eine derartige Fallgestaltung praktisch nur äußerst selten anzutreffen sein; in diesem Sinne bereits Buchner, Eisenbahnrechtliche Planfeststellung, S. 51; im Ansatz ebenso Paetow, in: FS für Schlichter, S. 499, 505. 153 Vgl. oben 1 sowie Schoen, Planfeststellung, S. 359. 148 149

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

kann die Planfeststellungsbehörde keine Änderung des Planungskonzepts erreichen; umgekehrt ist der Vorhabenträger auf die Planfeststellungsbehörde angewiesen, um seiner Planung rechtliche Wirkung nach außen zu verleihen. Daher arbeiten Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger in der Sache regelmäßig eng zusammen. In der Literatur wird insoweit zuweilen von einer „kombinierten Planungsbefugnis“154 gesprochen, die „zur gesamten Hand“155 ausgeübt werde. Durch derartige schlagwortartige Begriffe wird das tatsächliche Zusammenwirken von Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde wohl adäquat erfasst156; rechtlich aber ist das Abwägungspotential innerhalb des durch den jeweiligen Planfeststellungsantrag gezogenen Rahmens allein bei der Planfeststellungsbehörde angesiedelt. Dies hindert sie freilich nicht daran, sich die Vorhabenplanung des Projektträgers im Einzelfall im Bewusstsein ihres bestehenden Gestaltungsspielraums zu eigen zu machen.

§ 10 Zum Verhältnis von Planfeststellungsbehörde und Vorhabenträger betreffend die Bedarfsfrage – Folgerungen aus der Zuordnung des Abwägungsspielraums Vorgehend wurde darauf hingewiesen, dass die Planfeststellungsbehörde, da sie zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens auf einen entsprechenden Antrag eines Vorhabenträgers angewiesen ist, ein Vorhaben nicht selbst originär plant. Es ist daher nicht die Planfeststellungsbehörde sondern der jeweilige Projektträger, der auf einen von ihm ausgemachten Bedarf für ein Vorhaben reagiert. Insoweit stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich die Planfeststellungsbehörde hinsichtlich der vom Vorhabenträger angestellten Bedarfserwägungen Bindungen ausgesetzt sieht. Die Beantwortung dieser Frage ist – da der Bedarf für ein Vorhaben integraler Bestandteil der Abwägung ist – damit verknüpft, inwieweit die Planfeststellungsbehörde oder aber der Vorhabenträger den bei der Planfeststellung bestehenden Abwägungsspielraum ausübt157. So könnte eine weitreichende Bindungswirkung an die Bedarfserwägungen des Vorhabenträgers zu bejahen sein, soweit man der Ansicht folgte, bei der Planfeststellung bestehe eine Pflicht der Behörde gegenüber dem Vorhabenträger zur Planfeststellung (Feststellungsgebot) bereits dann, wenn der vom Vorhabenträger eingereichte Plan den Anforderungen zwingenden Rechts und des Abwägungsgebots standhält. Wenn nämlich das VorSteinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 89. Sendler, in: FS für Schlichter, S. 55, 81. 156 Rechtliche Schlussfolgerungen erlauben sie nicht, so zutreffend Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 76. 157 Vgl. hierzu oben § 9 C II. 154 155

§ 11 Die Frage nach dem Bedarf

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haben sich hiernach als rechtlich einwandfrei erwiese, wäre die Planfeststellungsbehörde zum Erlass einer positiven Entscheidung verpflichtet. Vorgehend wurde indes nachgewiesen, dass es mit dem Wesen der in §§ 72 ff. VwVfG verfahrensrechtlich abgesicherten Abwägungsentscheidung nicht zu vereinbaren ist, die Planfeststellungsbehörde im Wesentlichen auf eine gerichtliche Kontrolltätigkeit zu verweisen. Vielmehr folgt insoweit aus den zur Zuordnung des Gestaltungsspielraumes zur Planfeststellungsbehörde gemachten Aussagen Folgendes: Resultierend aus der Antragspflicht bei der Planfeststellung und dem Verbot gegenüber der Planfeststellungsbehörde, ein Vorhaben festzustellen, das der Vorhabenträger so nicht zur Planfeststellung eingereicht hätte, besteht ein Entscheidungsfreiraum des Vorhabenträgers, durch Auswahl und Planung des jeweiligen Vorhabens auf einen ausgemachten Bedarf für ein Vorhaben zu reagieren. Zugleich konkretisiert der Vorhabenträger insofern den Prüfungsgegenstand der Planfeststellungsbehörde und damit ihren Gestaltungsspielraum. Allerdings ist die Behörde nicht darauf beschränkt, die vom Vorhabenträger angestellten Bedarfserwägungen einer bloßen Rechtskontrolle zu unterziehen. Dies ergibt sich daraus, dass – wie oben dargelegt – die Behörde die Vorhabenplanung zwar nachzuvollziehen, dabei aber selbstständig abzuwägen hat. Ihr kommt insoweit ein eigenständiger Versagungsspielraum zu; hält sie das Vorhaben für zwar rechtmäßig aber in der beantragten Form unzweckmäßig, kann sie die Planfeststellung ablehnen. Damit geht notwendig einher, dass sie auch Bedarfsfestlegungen selbst vorzunehmen hat. Praktisch wird freilich die Bedarfsanalyse seitens der Behörde nur selten zu anderen Ergebnissen kommen als die des Vorhabenträgers. Schließlich wird kaum jemals ein Vorhabenträger millionenschwere Investitionen – etwa für neue Hochspannungsfreileitungen – tätigen, wenn es hierfür keinen hinreichenden Bedarf gibt. Dies vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass es rechtlich gesehen der Planfeststellungsbehörde obliegt, im Rahmen der Abwägung die nach Lage der Dinge erforderlichen Bedarfsanalysen anzustellen. Dabei sind die behördlichen Erwägungen nach Maßgabe des allgemein anerkanten Abwägungskontrollprogramms nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterworfen.

§ 11 Die Frage nach dem Bedarf – ein integraler Bestandteil des Abwägungskontrollprogramms Eine der Grundannahmen dieser Untersuchung besteht darin, dass die unter dem Begriff der Planrechtfertigung durchgeführte Bedürfnisprüfung keine eigenständige Bedeutung besitzt sondern vollständig in der Abwägung aufgeht. Doch was gilt hinsichtlich solcher Vorhaben, denen die Rechtsprechung bislang unter dem Aspekt fehlenden Bedürfnisses die Planrechtfertigung abspricht? Diese müssten nunmehr am Gebot gerechter Abwägung scheitern. Doch woran genau?

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

Diese Frage lässt sich letztlich keiner einheitlichen Antwort zuführen. Denn da die Frage nach dem Bedarf integraler Bestandteil der Abwägung ist, können Fehler in jeder Phase der Abwägung auftreten. Im Rahmen der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sind sie ebenso denkbar wie im Vorgang des Gewichtens und Abwägens der von der Planung berührten Belange. So finden sich diejenigen Planungsmängel, die die Rechtsprechung bislang auf Stufe der Planrechtfertigung verortet, im differenzierten Abwägungskontrollprogramm als Abwägungsfehler wieder158. Dies lässt sich anhand der einzelnen Stufen des Abwägungsprozesses, d. h. der Ermittlung der abwägungserheblichen Belange, ihrer Gewichtung sowie der Herstellung eines vertretbaren Ausgleichs zwischen ihnen, anschaulich aufzeigen. Insoweit sei zunächst noch einmal die ständig wiederkehrende formelhafte Umschreibung des Bundesverwaltungsgerichts in Erinnerung gerufen, nach der das Abwägungsgebot verlangt, „daß – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, daß – zweitens – in die Abwägung eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muß, und daß – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.“159 Mit dieser Aufzählung korrespondieren als Abwägungsfehler Abwägungsausfall, -defizit, -fehleinschätzung und -disproportionalität. An ihnen sind nach ständiger Rechtsprechung sowohl Abwägungsvorgang als auch Abwägungsergebnis zu messen160. Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind allerdings nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 75 Abs. 1a VwVfG sowie gleichlautende fachplanungsrechtliche Vorschriften wie § 17 Abs. 6c FStrG, § 29 Abs. 8 PBefG, § 20 Abs. 7 AEG, § 19 Abs. 4 WaStrG)161.

A. Der Abwägungsausfall Der Fall, dass bei der Zulassung planfeststellungspflichtiger Vorhaben überhaupt keine Abwägung stattgefunden hat, kommt wohl nur äußerst selten vor. Denn eine entsprechende Zulassungsentscheidung verlangt zu offensichtlich, eine große Vielzahl komplex verschränkter Interessen zu berücksichtigen und einen angemesse158 Freilich handelt es sich hierbei eher um ein theoretisches Problem, da Planungen in der Praxis am Erfordernis der Planrechtfertigung nicht scheitern, vgl. oben Zweiter Teil § 4. 159 St. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f.; BVerwG, Urt. v. 29. 01. 1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332, 341; BVerwG, Urt. v. 25. 09. 2002 – 9 A 5.02 – juris Nr.: WBRE 410009314. 160 Vgl. nur BVerwG, Urt v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 64; die Position der Rspr. ist nicht unumstritten, vgl. zum Ganzen etwa Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 65 ff. 161 Zu diesen (verfassungs-)rechtlich nicht unproblematischen Beschleunigungsregeln vgl. zu Recht kritisch Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 6 Rn. 73.

§ 11 Die Frage nach dem Bedarf

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nen Ausgleich zwischen ihnen herzustellen. Gleichwohl ist die Kategorie des Abwägungsausfalls praktisch zumindest dann nicht überflüssig, wenn man die Kontrollfrage dahingehend zuspitzt, ob eine „sachgerechte Abwägung“ stattgefunden hat162. Der Terminus der „sachgerechten Abwägung“ darf dabei nicht dahingehend missverstanden werden, dass nur eine völlig fehlerfreie Abwägung eine „sachgerechte Abwägung“ ist163. Vielmehr ist mit dem Begriff der sachgerechten Abwägung eine solche gemeint, „die diesen Namen verdient“164. Dazu muss in der Abwägungsentscheidung die Vorhabenzulassung ergebnisoffen geprüft werden. Die Zulassungsbehörden müssen sich ihres Gestaltungsspielraums bewusst sein, dürfen sich also hinsichtlich der Entscheidung über die Projektzulassung rechtlich oder tatsächlich nicht gebunden fühlen bzw. sich bereits gebunden haben165. Ein derartiger Abwägungsausfall ist im vorliegenden Zusammenhang etwa denkbar, wenn eine Zulassungsbehörde zu Unrecht meint, durch Aufnahme eines Vorhabens in einen gesetzlichen Bedarfsplan sei über das „Ob“ der Verwirklichung des jeweiligen Vorhabens bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit des Bedarfsgesetzes bereits entschieden. Eine solche Bindung an die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen lässt sich den entsprechenden Bestimmungen – insoweit herrscht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit166 – nämlich gerade nicht entnehmen.

B. Die Ermittlung des Bedarfs als Aspekt der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials Will sich die Planfeststellungsbehörde nicht dem Vorwurf aussetzen, ihre Planung sei abwägungsdefizitär, muss sie in den Worten des Bundesverwaltungsgerichts in die Abwägung einstellen, was „nach Lage der Dinge“, also nach Gegenstand, Reichweite und Auswirkungen der konkreten Planung167, in sie eingestellt werden muss. Dabei begreift die Rechtsprechung die Zusammenstellung und Einstellung des Abwägungsmaterials als Subsumtion und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe168, die vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegen, will also 162 Vgl. BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV 50.72 – BVerwGE 45, 309, 315 f.; Koch / Hendler, BauR, § 17 Rn. 20. 163 So aber Ibler, Gestaltungsfreiheit, S. 222, der die Kategorie des Abwägungsausfalls deshalb neben den anderen Fehlerkategorien für „wenig geeignet“ hält, „eine planerische Abwägung brauchbar zu begrenzen“. 164 Koch / Hendler, BauR, § 17 Rn. 20. 165 Klößner, Straßenplanung und UVP, S. 85; Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34, Rn. 29.2; Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 54; Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 349. 166 Vgl. unten § 13 C, dort auch zu der von Manssen vertretenen abweichenden Meinung. 167 Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 56; s. nunmehr auch § 2 Abs. 3 BauGB. 168 Im Bauplanungsrecht zieht die Rechtsprechung insoweit den Katalog des § 1 Abs. 5 BauGB a.F. (entsprechend § 1 Abs. 5, 6 BauGB) heran; freilich fehlt im Fachplanungsrecht

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der Verwaltung insoweit keinen Freiraum eigenverantwortlicher Entscheidung zubilligen169. In der Literatur170 wird hingegen zu Recht betont, dass der eigentlichen Abwägung nicht die unbegrenzte Sammlung und Zusammenstellung von Material durch Subsumtion unter Abwägungsdirektiven vorgeschaltet ist, sondern eine Ermittlung des Abwägungsmaterials unter gewichtender und damit abwägender Selektion und Reduktion der von der Planung betroffenen Belange. Bereits die Materialauswahl ist also von Abwägungsvorstellungen geprägt und daher nur begrenzt nachprüfbar. Die praktische Relevanz dieser Auseinandersetzung sollte freilich nicht überschätzt werden171, zumal auch nach der Rechtsprechung anerkannt ist, dass die Pflicht zur Materialsammlung in vielerlei Hinsicht eingeschränkt ist. So müssen Belange Dritter nur berücksichtigt werden, wenn sie im Planfeststellungsverfahren vorgetragen wurden oder sich der Behörde aufdrängen mussten172. Eine Erleichterung bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials ist auch durch die Möglichkeit einer Wahrunterstellung zugunsten eines Betroffenen gegeben173. ein dieser Norm vergleichbarer Katalog von Abwägungsdirektiven, daher wird in der Literatur – soweit der Standpunkt der Rechtsprechung akzeptiert wird – zuweilen eine entsprechende Heranziehung von § 1 Abs. 5 BauGB a.F. (so etwa Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 29.31), zuweilen schlicht eine Auslegung der in den Abwägungsklauseln enthaltenen Wendung „von dem Vorhaben berührte öffentliche und private Belange“ favorisiert (so Bartunek, Drittschutz, S. 42 f.; Ibler, JuS 1990, 7, 10 f.). 169 BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 – IV C 105.66 – BVerwGE 34, 301, 308; BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 322 f.; BVerwG, Urt v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f. 170 Ausf. Hoppe, DVBl. 1977, 136, 138 ff.; ebenso bereits ders., DVBl. 1974, 641, 646; ders., in: FG BVerwG, S. 295, 303 ff.; Kügel, Planfeststellungsbeschluss, S. 144 m. w. N.; Schmidt-Aßmann, VVDStRL 34 (1976), 221, 257 (in Fn. 120); ders., in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 212 m. w. N.; der Rechtsprechung folgend aber Bartunek, Drittschutz, S. 42 f.; Ibler, JuS 1990, 7, 10 f. 171 Kühling, Fachplanungsrecht, Rn. 209; Sendler, in: für FS für Schlichter, S. 55, 65; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerwGE 45, 309, 324. Dort heißt es, dass die für die theoretische Gliederung gebotene Trennung zwischen der Bestimmung des Abwägungsmaterials einerseits und dessen Gewichtung andererseits in der praktischen Handhabung meist nicht streng vollzogen werden könne, so dass ein möglicher Mangel, der den begrifflichen Ausgangspunkt zu betreffen (und deswegen voller gerichtlicher Überprüfung zu unterliegen) scheine, auf die Gewichtung bezogen werden müsse und deswegen nur beschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliege, nämlich darauf, ob die Bedeutung der in Frage stehenden Belange „verkannt“ oder eine „außer Verhältnis“ stehende Gewichtung vorgenommen worden sei. Vgl. ferner Breuer, AöR 127 (2002), S. 523, 526 f., der konstatiert: „Verkannt wird die finale Normstruktur, wenn die gesetzlichen Planungsleitlinien ( . . . ) als unbestimmte und justitiable Rechtsbegriffe bezeichnet werden. Praktische Konsequenzen sind hieraus indessen nie gezogen worden. Offenbar hat die rechtspraktische Vernunft gesiegt“. 172 Vgl. BVerwG, Beschl. v. 09. 11. 1979 – 4 N 1.78 u. a. – BVerwGE 59, 87, 103, 104 (zur Bauleitplanung); BVerwG, Urt. v. 13. 09. 1985 – 4 C 64.80 – NVwZ 1986, 740; BVerwG, Beschl. v. 10. 12. 1988 – 4 B 211.88 – NVwZ-RR 1989, 458; BVerwG, Urt. v. 30. 08. 1993 – 7 A 14.93 – NVwZ 1994, 371; Bartunek, Drittschutz, S. 44; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 190 f.; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 56d; s. nunmehr auch § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. 173 BVerwG, Urt. v. 23. 01. 1981 – 4 C 4.78 – BVerwGE 61, 295, 304.

§ 11 Die Frage nach dem Bedarf

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„Nach Lage der Dinge“ beachtlich sind oftmals auch zukünftige Entwicklungen. Dies gilt – da Planung „nicht nur für den Gegenwartsbedarf bestimmt (ist), sondern (. . . ) langfristig Vorsorge treffen“174 will – insbesondere hinsichtlich solcher Aspekte, die sich zum Bedarf für ein Vorhaben rechnen lassen175. Hier ergeben sich freilich durch die Aufgabe der Prüfungsstufe der Planrechtfertigung keine Änderungen gegenüber der von der Rechtsprechung bereits dort durchgeführten Prognosekontrolle176. Sowohl hier wie auch dort finden die an Prognoseentscheidungen der Verwaltung allgemein anzulegenden, weithin anerkannten materiellen Kontrollmaßstäbe177 Anwendung. Danach sind Prognosen auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodisch einwandfrei und fachgerecht zu erstellen. Insoweit wird seitens der Gerichte geprüft, ob die Prognose „in einer der jeweiligen Materie angemessenen und methodisch einwandfreien Weise erarbeitet worden ist“178. Ob sich die Prognose demgegenüber durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt sieht oder ob sie widerlegt wird, ist unerheblich179. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit der Prognose ist der Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses180. Es ist insofern mit der eingeschränkten gerichtlichen Kontrollfunktion auch nicht vereinbar, „wenn das Verwaltungsgericht auf der Grundlage einer ,Aktualisierung’ der Vorgaben eine eigene Prognose entwickelt.“181 Allerdings wird es als im Einzelfall nicht ausgeschlossen betrachtet, das Auseinanderklaffen zwischen Prognose und nachträglicher tatsächlicher Entwicklung als Indiz für eine unsachgemäße Aufstellung der Prognose in Betracht zu ziehen182. Zudem wird – falls infolge unvorhergesehener Ereignisse die tatsächliche Entwicklung von einer zutreffend aufgestellten Prognose in extremer Weise abweicht – die Frage gestellt, ob der Planfeststellungsbeschluss dadurch funktionslos und deshalb rechtswidrig geworden ist183. Die Bedarfsfrage ist eingebettet in die beschriebenen, hinsichtlich der Abwägung allgemein bestehenden Ermittlungspflichten. So ergibt sich die Frage, unter Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 363. Vgl. die sogleich (zu Fn. 184 ff.) folgende exemplarische Zusammenstellung. 176 Vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 A II. 177 Dazu etwa Hoppe, in: FG BVerwG, S. 295, 310 ff.; Ossenbühl, in: FS für Menger, S. 731, insbes. S. 744 ff.; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG Art. 19 Abs. 4 Rn. 198 ff., insbes. Rn. 200; Tettinger, DVBl. 1982, 421, 427. 178 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 u. a. – BVerwGE 56, 110, 121; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 286; BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 234; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146. 179 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 u. a. – BVerwGE 56, 110, 122. 180 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 u. a. – BVerwGE 56, 110, 122; BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146. 181 BVerwG, Urt. v. 08. 07. 1998 – 11 A 53.97 – BVerwGE 107, 142, 146. 182 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 u. a. – BVerwGE 56, 110, 122. 183 BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 u. a. – BVerwGE 56, 110, 122. 174 175

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welchen Aspekten zugunsten eines Vorhabens überhaupt ein Bedarf angenommen werden kann, danach ebenso nach „Lage der Dinge“ wie die Frage, in welchem Umfang und mit welcher Intensität der für ein Vorhaben bestehende Bedarf zu ermitteln ist; soweit zukünftige Entwicklungen in Rede stehen, sind die materiellen Anforderungen an exekutivische Prognoseentscheidungen zu berücksichtigen. In diesem Sinne sind all solche Aspekte, die nach herkömmlicher Diktion als Bedarfserwägungen bereits im Rahmen der Planrechtfertigung eine Rolle spielen sollen, im Einzelfall abwägungsrelevant. Zu nennen184 sind insofern beispielsweise die öffentlichen Verkehrsanlagen zugedachten Aufgaben (auch in der Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern)185, die durch Ortsumgehungen186 oder Flughafenverlegungen187 bewirkte Verbesserung der Immissionslage, die Einrichtung einer Kapazitätsreserve oder sonstige Aspekte der Daseinsvorsorge wie etwa Angebotsverbesserungen188 oder Versorgungssicherheit189, ebenso sonstige ökologische oder ökonomische190 Vorteile oder auch private Gewinninteressen191. Ein Abwägungsdefizit liegt danach dann vor, wenn die Ermittlung einzelner derartiger zugunsten eines Vorhabens „nach Lage der Dinge“ beachtlicher Belange nicht hinreichend durchgeführt wurde oder gar völlig unterblieben ist. Dies ist nach der hier entwickelten192, sich im Gegensatz zu Rechtsprechung und Literatur befindlichen Auffassung etwa dann der Fall, wenn die Planfeststellungsbehörde im Falle gesetzlicher Bedarfsfestlegungen davon ausgeht, der Bedarf stehe qua gesetzlicher Festschreibung als in die Abwägung einzustellender Posten fest. Wie noch aufgezeigt werden wird, folgt aus den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen nämlich lediglich, dass ein auf ihrer Grundlage geplantes Vorhaben nicht mehr mit dem Argument angegriffen werden kann, es sei überflüssig. Gesetzliche Bedarfsfestlegungen entheben jedoch nicht davon, Ermittlungen zum konkret bestehenden Bedarf, etwa hinsichtlich der konkreten Entlastungsfunktion einer Umgehungsstraße, anzustellen.

184 Zusammenstellung bei Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 40. 185 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 168; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 133 f. 186 Vgl. BVerwG, Urt. v. 20. 10. 1989 – 4 C 12.87 – BVerwGE 84, 31, 43 ff. 187 BVerwG, Urt. v. 05. 12. 1986 – 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214, 232 f. 188 BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2001 – 11 C 14.00 – BVerwGE 114, 364, 375. 189 Vgl. etwa Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 81. 190 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169 (dort unter dem Aspekt der Planrechtfertigung), 173 (dort unter dem Aspekt der Abwägungsbeachtlichkeit). 191 Dazu unter dem Aspekt sog. privatnütziger Planfeststellung unten § 12. 192 Vgl. unten § 13.

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C. Die Gewichtung und Abwägung von Bedarfsaspekten im Verhältnis zu anderen Belangen Die zuvor exemplarisch dargelegten Bedarfserwägungen werden nach herkömmlicher Diktion im Rahmen der Planrechtfertigung isoliert betrachtet. In der Abwägung werden ihnen sodann die im konkreten Fall widerstreitenden Interessen gegenüber gestellt. Nachdem sich erwiesen hat, dass die Planrechtfertigung als eigenständige Prüfungsstufe dogmatisch unhaltbar und die Frage nach dem Bedarf für ein Vorhaben integraler Bestandteil der Abwägungsentscheidung ist, wird hingegen deutlich, dass die zugunsten eines Vorhabens sprechenden Aspekte im Rahmen der Abwägung erstmalig und unmittelbar wertend und gewichtend in Beziehung zu setzen sind zu anderen, regelmäßig gegenläufigen Belangen. (Auch) Hierauf finden die allgemein geltenden Kontrollmaßstäbe Anwendung. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt insoweit, Abwägungsvorgang wie -ergebnis daraufhin zu überprüfen, ob „weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht“193. Es fasst somit die Fehler der Abwägungsfehleinschätzung und -disproportionalität zutreffend auf einer Stufe zusammen. Die oftmals theoretisch durchgeführte Unterscheidung194 zwischen der Frage nach der zutreffenden Gewichtung der berührten Belange (anderenfalls Fehleinschätzung) und der Frage nach der Herstellung eines vertretbaren Ausgleichs der Belange (anderenfalls Disproportionoalität) lässt sich demgegenüber praktisch nicht umsetzen195. Eine klare Trennung zwischen der Fehleinschätzung eines einzelnen Belanges und der Disproportionalität der Abwägung insgesamt ist nicht möglich196. Denn die Bedeutung eines Belangs lässt sich regelmäßig nicht absolut bestimmen, sondern ergibt sich erst im Verhältnis zu anderen Belangen; ein vertretbarer Ausgleich konfligierender Belange besteht nur dann, wenn ihr relatives Gewicht angemessen berücksichtigt wird. Im Rahmen der Abwägung ist dabei – letztlich als Folge der rechtsstaatlichen Absicherung der Abwägungsentscheidung197 – grundsätzlich von der abstrakten Gleichrangigkeit der betroffenen öffentlichen und privaten Belange auszugehen198. 193 So etwa BVerwG, Urt. v. 14. 02. 1975 – IV C 21.74 – BVerwGE 48, 56, 63 f. (st. Rspr.). 194 Vgl. nur Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. A 646, 648. 195 Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34 Rn. 29.5. 196 Koch / Hendler, BauR, § 17 Rn. 15; Kühling / Herrmann, Fachplanung, Rn. 382; Schulze-Fielitz, Jura 1992, 201, 205 m. w. N.; Weyreuther, BauR 1977, 299 f. 197 Blumenberg, DVBl. 1989, 86, 92. 198 Vgl. nur Dreier, Normative Steuerung, S 89 m. w. N.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 74 m. w. N.

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

Die Bedeutung eines Belanges wird erst aus der konkreten Situation heraus deutlich199. Bei der demnach im Einzelfall vorzunehmenden Gewichtung und Ausgleichung der verschiedenen divergierenden und konfligierenden Belange kommt der bei der Planfeststellung bestehende Gestaltungsspielraum in besonderer Weise zum Tragen. Zugleich existieren bestimmte, die planerische Abwägungsentscheidung steuernde Elemente. So ist – sofern der Planfeststellung enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt – von Verfassungs wegen die konkrete Gemeinwohldienlichkeit des Vorhabens festzustellen200. Daneben sind auf Grundlage der Rechtsprechung neben dem Gebot der Konfliktbewältigung sowie dem Rücksichtnahmegebot201 insbesondere die sog. Optimierungsgebote202 als normative Gewichtungsvorgaben zu nennen. Das Optimierungsgebot wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts definiert als Gebot, „das eine möglichst weitgehende Beachtung bestimmter Belange erfordert“203. Seine Anerkennung beruht auf dem Gedanken, dass der Gesetzgeber „bestimmten Belangen kraft seiner parlamentarischen Entscheidungskompetenz einen abwägungsbedeutsamen Vorrang“204 einräumen kann. Indem das Optimierungsgebot eine möglichst weitgehende Beachtung verlangt, schränkt es den behördlichen Entscheidungsspielraum ein. Denn der Punkt, an dem die Planung nicht mehr als abgewogen erscheint, wird eher erreicht, indem die Argumentationslast zugunsten des hervorgehobenen Belanges verschoben wird205. Als Optimierungsgebot wird auf dieser Grundlage insbesondere § 50 BImSchG begriffen206, demnach schädliche Umwelteinwirkungen auf ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete sowie auf sonstige schutzwürdige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden sollen. Hinsichtlich des Bedarfs für ein Vorhaben bestehen entsprechende Optimierungsgebote aber nicht. Insbesondere verleihen die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen dem Bedarf keine zusätzliche rechtliche Durchsetzungskraft gegenüber anderen Belangen207. Abstrakt gleichrangig sind damit auch solche Aspekte, die sich als Bedarf für ein Vorhaben begreifen lassen; ihnen kommt abstrakt weder eine höhere noch eine geringere Bedeutung als anderen Belangen zu. Dies wird durch die üblicherweise Deutlich etwa Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 193 f. Vgl. zur Abwägungsgebundenheit der Feststellung der Gemeinwohldienlichkeit bereits oben Dritter Teil § 6 A. 201 Hierzu etwa Hoppe / Schlarmann / Buchner, Rechtsschutz, Rn. 610 ff. 202 Ausführlich hierzu Dreier, Normative Steuerung, 10. Kap. 203 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 73.82 – BVerwGE 71, 163, 165. 204 BVerwG, Beschl. v. 05. 10. 1990 – 4 B 249.89 – NVwZ-RR 1991, 118 120. 205 Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 385; Klößner, Straßenplanung und UVP, S. 88 f.; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 74. 206 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – IV C 73.82 – BverwGE 71, 163, 165 f.; weitere Nachw. bei Klößner, Straßenplanung und UVP, S. 132 ff. 207 Insoweit herrscht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit; zur Bedeutung gesetzlicher Bedarfsfestlegungen in der Abwägung vgl. näher unten § 13. 199 200

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im Rahmen der Planrechtfertigung abstrakt durchgeführte Bedarfsprüfung verschleiert208. Denn wenn der Bedarf dort anhand des Maßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ einmal für gegeben erachtet und ein Vorhaben als „gerechtfertigt“ bezeichnet wird, so scheint er auch als besonders gewichtiger Abwägungsbelang festzustehen. Zum Teil wird ja sogar im Falle gegebener Planrechtfertigung angenommen, damit sei über das „Ob“ der Verwirklichung abschließend entschieden209. Indes kennt die Abwägung keine statischen, feststehenden Faktoren, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bewertende Belange. Den Bedarf als solchen gibt es nicht. Daher ist auch die Gewichtung des Bedarfs anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Bei Straßenbauvorhaben ist etwa die Frage nach der konkreten Netzfunktion zu stellen, die sich aus der konkreten Anbindung an das bestehende Straßennetz und damit aus der konkret beabsichtigten Trassenführung ergibt; der Bedarf für einen mehrstreifigen Ausbau, eine Umgehungsstraße oder eine zusätzliche Schienenverbindung folgt aus der konkreten Entlastungsfunktion des Vorhabens. Bei Hochspannungsfreileitungen schließlich ist etwa an die Frage nach der konkreten Versorgungsfunktion im Netz zu denken. Diese Aufzählung lässt sich theoretisch unbegrenzt fortführen. So vielgestaltig wie die zu beurteilenden planfeststellungsbedürftigen Projekte sind auch die sie im Einzelfall tragenden Gründe. Erweisen sich diese Aspekte im konkreten Fall als zu schwach, um der jeweiligen Planung im Verhältnis zu entgegenstehenden Belangen hinreichende Durchsetzungskraft zu verschaffen, so würde ein gleichwohl ergehender Planfeststellungsbeschluss entweder bereits an einer Abwägungsfehleinschätzung leiden oder jedenfalls abwägungsdisproportional sein. Dies gilt zunächst für diejenigen – eher theoretisch denkbaren – Fälle, in denen ein Vorhaben auf Grundlage des Maßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ bereits am Kriterium der Planrechtfertigung gescheitert wäre. Denn ein Vorhaben planfestzustellen, das nicht „vernünftigerweise geboten“ ist, hieße, entweder bereits die Bedeutung der es tragenden Belange zu verkennen oder aber jedenfalls einen unvertretbaren Ausgleich zwischen ihnen und den konfligierenden Belangen herzustellen210. Angesichts des äußerst groben Prüfungsmaßstabes des „vernünftigerweise Gebotenseins“ würden hier genau genommen wohl bereits das Vorhaben tragende Belange gesehen, wo keine sind. Darüber hinaus können aber selbstverständlich auch in den Fällen, in denen ein Vorhaben plausibel begründbar ist, die die Planung tragenden Belange zu schwach sein, um die mit ihr verbundenen Eingriffe und Belastungen zu überwiegen. Nach alledem ergibt sich: Die unter dem Stichwort des Bedarfs zusammenfassbaren Aspekte, die sich zugunsten eines Vorhabens anführen lassen, haben gegenüber den widerstreitenden Belangen keine Vgl. bereits oben Dritter Teil § 7 B III sowie unten § 13 C. Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A III 2 b sowie Dritter Teil § 7 B II. 210 Dies gilt auch hinsichtlich der Fallgruppen objektiv bzw. subjektiv fehlender Realisierbarkeit, in denen die Rechtsprechung bereits die Planrechtfertigung verneint; dazu bereits oben Zweiter Teil § 4 A I 2 c sowie Dritter Teil § 7 A II. 208 209

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Sonderrolle inne, sondern unterliegen denselben (Abwägungs-)Regeln. Dies lässt der Abschied von der dogmatisch unhaltbaren Prüfungsstufe der Planrechtfertigung deutlich in den Vordergrund treten.

D. Eingeschränkte gerichtliche Kontrolldichte Die unter dem Begriff der „Planrechtfertigung“ durchgeführte Bedürfnisprüfung soll nach dem Bundesverwaltungsgericht vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegen. Daraus zieht das Bundesverwaltungsgericht die Konsequenz, das mit der Frage betraute Gericht könne „eine im Planfeststellungsbeschluß angegebene Begründung für die Planrechtfertigung anders als die Planfeststellungsbehörde beurteilen und dennoch die Planrechtfertigung insgesamt für gegeben erachten.“211 In dieser Möglichkeit, die Planrechtfertigung nachzubessern, wird zuweilen sogar der eigentliche Grund für das Postulat gerichtlicher Vollkontrolle gesehen212. Da es sich bei der Frage nach dem für ein Vorhaben bestehenden Bedürfnis indes richtigerweise um einen integralen Bestandteil der Abwägung handelt, richtet sich die Dichte gerichtlicher Kontrolle – wie vorgehend exemplifiziert – nach den für die Abwägungsentscheidung geltenden Kriterien. Die Bedürfnisfrage unterliegt keiner gerichtlichen Vollkontrolle, sondern geht in der von vornherein beschränkten Abwägungskontrolle auf. Dabei folgt aus dem Wesen des im Abwägungsgebot zum Ausdruck kommenden, der Verwaltung zustehenden Freiraums letzt- und eigenverantwortlicher Entscheidung, dass das Gericht nicht an Stelle der dazu berufenen Verwaltung planen darf213. Diese übt den ihr durch den Gesetzgeber zugewiesenen Gestaltungsauftrag m.a.W. eigenständig aus. Demgemäß darf das Gericht im Rahmen der Kontrolle der Planfeststellung die von der Planfeststellungsbehörde angestellten Abwägungserwägungen auch nicht ergänzen. Überhaupt ist es nicht Sache des Gerichtes, einen etwaigen Abwägungsmangel durch eine im konkreten Fall mögliche Nachbesserung der Abwägung zu beseitigen. Es ist in den Worten des Bundesverwaltungsgerichts nicht Aufgabe eines Gerichtes zu prüfen, „ob rechtsfehlerfrei hätte geplant werden können, sondern nur, ob rechtsfehlerfrei geplant worden ist.“214

BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131. Vgl. zum Ganzen bereits oben Zweiter Teil § 4 A II. 213 Vgl. allgemein Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 188; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung § 3 Rn. 64. 214 BVerwG, Beschl. v. 26. 06. 1992 – 4 B 1 – 11. 92 – NVwZ 1993, 572 (LS 5c f.); vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25. 02. 1988 – 4 C 32 u. 33.86 – DVBl. 1988, 844, 845; BVerwG, Urt. v. 18. 05. 1990 – 7 C 3.90 – BVerwGE 85, 155, 158; deutlich auch Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, S. 220: „Beruht die Verwaltungsentscheidung auf sachgerechten Erwägungen, ist sie vom Gericht als rechtmäßig anzuerkennen. Fehlt es daran, so ist sie aufzuheben. Das Gericht kann nicht selbst nachbessern“. 211 212

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Dass damit (auch) die Frage nach dem zugunsten eines Vorhabens bestehenden Bedürfnis gerichtlich letztlich nur eingeschränkt kontrolliert wird, ist dabei verfassungsrechtlich unbedenklich. Wie bereits an anderer Stelle näher dargelegt, gilt dies sogar im Falle enteignungsrechtlicher Vorwirkungen auch und gerade in Anbetracht der von Art. 14 Abs. 3 GG aufgestellten Anforderungen an die Gemeinwohldienlichkeit eines Vorhabens215.

§ 12 Besonderheiten „privatnütziger“ Planfeststellung? Besonderheiten hinsichtlich der Bedarfsfrage sollen bei sog. „privatnützigen“ Planfeststellungen216 bestehen. Mit diesem gesetzlich nicht verankerten Begriff bezeichnet die Rechtsprechung solche Vorhaben, die nicht im Allgemein-, sondern allein im Privatinteresse, regelmäßig aus kommerziellen Motiven, ausgeführt werden217. Die Frage nach einem Bedarf könne gegenüber einem solchen privatnützigen Vorhaben nicht sinnvoll gestellt werden218. Denn da ein solches Vorhaben definitionsgemäß nicht dem Allgemeinwohl diene, sei die Beantwortung der Frage nach guten Gründen für die Verwirklichung des Vorhabens ausschließlich Sache des Vorhabenträgers, der darüber im Rahmen seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit entscheiden könne.

A. Die privatnützige Planfeststellung – keine eigene Kategorie Hintergrund dieser in der Literatur zu findenden Ausführungen ist, dass das Bundesverwaltungsgericht für privatnützige Planfeststellungen ein eigenes materielles Prüfungsprogramm entwickelt hat: Die Frage nach einer Planrechtfertigung soll sich bei ihnen nicht stellen. Als Grund hierfür wurde die angeblich originäre Eingriffs- und Überwindungsfunktion gemeinnütziger Planfeststellungen genannt: Allein die gemeinnützige Planfeststellung könne entgegenstehende öffentliche oder private Belange überwinden und sich insoweit als Eingriffsakt darstellen; die privatnützige Planfeststellung nehme demgegenüber die Funktion einer Genehmigungsentscheidung ein219. Folglich sei bei privatnützigen Vorhaben das Kriterium der Planrechtfertigung entbehrlich220. Während danach bei der gemeinnützigen Vgl. oben Dritter Teil § 6 A. Zur Figur der privatnützigen Planfeststellung vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 B II. 217 Vgl. nur BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 223 f. 218 Herrmann, NuR 2001, 551, 553; Kühling / Herrmann, Fachplanung, Rn. 288. 219 BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 226 f. 220 Vgl. BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 227; BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 119. 215 216

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

Planfeststellung nacheinander Rechtfertigung, „Planungsleitsätze“ und Abwägung zu prüfen sind, soll bei der privatnützigen Planfeststellung vor Eintritt in die Abwägung zu klären sein, „ob und unter welchen Voraussetzungen die i.S. einer Genehmigung begehrte Planfeststellung aus Rechtsgründen unzulässig ist und deshalb versagt werden muss“221. Im Schrifttum sind die Auffassungen hinsichtlich der kategorialen Trennung von privat- und gemeinnütziger Planfeststellung geteilt. Während in eher praxisorientierten Beiträgen die in der Rechtsprechung vorgenommene Unterscheidung akzeptiert und ihre Bedeutung gerade im Anwendungsbereich der Planrechtfertigung gesehen wird222, findet sich in eher grundlegend angelegten Analysen prinzipieller Widerspruch223. In der Tat sieht sich die soeben dargelegte Differenzierung durchgreifenden Einwänden ausgesetzt.

I. Verschränkung öffentlicher und privater Interessen Abgesehen davon, dass die vorgenommene Unterscheidung in den einzelnen Fachgesetzen keine normative Stütze findet224, ist eine Abgrenzung zwischen pri221 BVerwG, Urt. v. 10. 02. 1978 – 4 C 25.75 – BVerwGE 55, 220, 227; BVerwG, Urt. v. 07. 07. 1978 – 4 C 79.76 – BVerwGE 56, 110, 119; s. auch Beckmann / Appold / Kuhlmann, DVBl. 1988, 1002, 1006 f. 222 So etwa Kotulla, WHG, § 31 Rn. 38 ff.; Allesch / Häußler, in: Obermayer, VwVfG, § 74 Rn. 26; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 53; anders dagegen jüngst Jarass, NuR 2004, 69, 73 ff., der aufgrund einer Analyse der Rechtsprechung die Planrechtfertigung – die er allein aus rechtspraktischen Erwägungen zu erfassen versucht, da er sie rechtsdogmatisch für zweifelhaft hält (vgl. S. 69) – umgekehrt nicht nur bei gemeinnützigen sondern grundsätzlich auch bei privatnützigen Vorhaben zur Anwendung bringen will; wieder anders Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 176 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 281 f., die den Anwendungsbereich der Planrechtfertigung davon abhängig machen wollen, ob mit einem Vorhaben in Rechte Dritter eingegriffen wird, was allerdings mit der Rechtsprechung zur Planrechtfertigung nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. hierzu näher oben Zweiter Teil § 4 B I). 223 Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 95 ff.; Bamberger, BayVBl. 1999, 622 ff.; Bartunek, Drittschutz, S. 69 ff.; Breuer, in: FS für Hoppe, S. 667, 677 ff.; Czychowski / Reinhardt, WHG, § 31 Rn. 4; Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 232; Hösch, ZfW 36 (1997), 79, 86 f.; Kühling, in: FS für Sendler, S. 391 ff.; Paetow, in: FS für Sendler, S. 425, 433 f.; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen, S. 147 f.; Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32; Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 66, 182; Steinberg, DVBl. 1992, 1501, 1505; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 15, 19 ff.; Ule / Laubinger, VwVfR, § 39 Rn. 10; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 111 ff.; Weidemann, DVBl. 1990, 592 f.; sehr skeptisch auch Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 5 ff., 65; für die Beibehaltung der Unterscheidung zwischen privatnütziger und gemeinnütziger Planfeststellung aber etwa Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277 ff.; unter schlichtem Verweis auf die Rechtsprechung auch Kotulla, WHG, § 31 Rn. 38 ff. 224 Vgl. bereits Stortz, ZfW 18 (1979), 46, 47, der von „im Gesetz nicht angelegten, rechtlich wenig ergiebigen Manierismen“ spricht; vgl. ferner Weidemann, DVBl. 1990, 592, 593.

§ 12 Besonderheiten „privatnütziger“ Planfeststellung?

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vat- und gemeinnützigen Vorhaben bereits begrifflich kaum möglich225: Zwischen öffentlichen und privaten Interessen bestehen keine unüberbrückbaren Gegensätze sondern „ambivalente Überschneidungs- und Gemengelagen“226, zu einem gewissen Grade sogar Kongruenz. So dient die nach § 31 Abs. 2 WHG planfeststellungsbedürftige Nassauskiesung, anhand derer das Bundesverwaltungsgericht die strikte Unterscheidung von privat- und gemeinnütziger Planfeststellung entwickelt hat, neben den privaten Gewinninteressen des jeweiligen Unternehmers zugleich der Gewinnung eines für die Bauwirtschaft dringend erforderlichen Rohstoffes. Etwaig verbleibenden Baggerseen kommt – zumindest ab einer gewissen Größe – Erholungswert zu; zugleich dienen sie dem Naturschutz227. Ähnliches gilt für Vorhaben der Wasserkraftnutzung, bei denen Energieversorgungsunternehmen oder sonstige private Stromeinspeiser einerseits privatnützig handeln, während andererseits die energiebezogene Daseinsvorsorge sowie die umweltfreundliche Methode der Energieerzeugung gemeinem Nutzen zugute kommen228. Auch vermögen regelmäßig ebenfalls einem Planfeststellungsvorbehalt unterliegende229, im Privatinteresse betriebene Skilifte, Seil- oder Schwebebahnen sowie Eisenbahnen des nichtöffentlichen Verkehrs den Freizeitwert eines Gebietes mitunter beträchtlich zu erhöhen. Ferner werden bergrechtliche und energiewirtschaftliche Vorhaben, Flugplätze sowie Teststrecken für Automobilfirmen innerhalb der im Grenzbereich von Privatund Gemeinnützigkeit bestehenden unsicheren Grauzone angesiedelt230. Letztlich lässt sich sogar fragen, ob nicht hinsichtlich jeder vordergründig allein am privaten Gewinnstreben orientierten Tätigkeit ein Gemeinwohlbezug besteht231: Die Berufsfreiheit des Art. 12 GG enthält über ihre abwehrrechtliche Dimension hinaus nämlich sogar eine prinzipielle Verpflichtung des Staates zum Schutze von Tätigkeiten, die auf Einnahmeerzielung gerichtet sind232. Da zu der Schutzfunktion des Art. 12 GG zudem auch die Verpflichtung gerechnet wird, der Arbeitslosigkeit entgegenzutreten, ist ein Fehlen jeden öffentlichen Zwecks jedenfalls bereits dann 225 Vgl. Breuer, in: FS für Hoppe, S. 667, 680; Czychowski / Reinhardt, WHG, § 31 Rn. 4 f.; Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 232; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 5 ff.; Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 395; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 113. 226 Breuer, in: FS für Hoppe, S. 667, 680; vgl. auch Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 5. 227 So Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 395; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 113. 228 So Breuer, in: FS für Hoppe, S. 667, 680. 229 Vgl. etwa §§ 1 Abs. 3, 13 des nordrhein-westfälischen Landeseisenbahngesetzes v. 05. 02. 1957 (GVBl. NRW S. 11), zuletzt geändert durch Gesetz v. 29. 04. 1992 (GVBl. NRW S. 175); weitere landesrechtliche Planfeststellungsvorbehalte bei Hartung, Privatnützige Planfeststellung, S. 56 ff. 230 Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 395; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 113; vgl. auch Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 5 f. 231 So Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 6, der in diesem Zusammenhang auch fragt, ob nicht ohnehin letztlich alle öffentlichen Interessen als kumulierte Privatinteressen einzustufen sind. 232 Jarass / Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 18 m. w. N.

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ausgeschlossen, wenn durch das Vorhaben unmittelbar oder mittelbar Arbeitsplätze geschaffen werden. Und umgekehrt fördern primär am Gemeinwohl orientierte Projekte regelmäßig auch Privatinteressen. All dies macht deutlich: Die streng dichotome Unterscheidung von Privat- und Gemeinnützigkeit suggeriert einen qualitativen Gegensatz, für den es in der (Rechts-) Wirklichkeit wohl beinahe niemals Anhalt gibt233. Soweit die bestehenden Schwierigkeiten in der Abgrenzung von privat- und gemeinnützigen Vorhaben erkannt werden, wird daher – um die Unterscheidung dennoch verwenden zu können – eine Differenzierung zwischen unmittelbar und mittelbar öffentlichen Interessen dienenden Vorhaben befürwortet. Hiernach sollen eigentlich privatnützige Vorhaben nur solche sein, die öffentliche Interessen allenfalls mittelbar fördern234. Sind hingegen mit der Zweckbestimmung des Vorhabens öffentliche Interessen unmittelbar verknüpft, so soll sich hieran trotz Gewinnerzielungsabsicht ein gemeinnütziger Effekt ablesen lassen235. Auch hiermit lassen sich die bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten indes nicht befriedigend lösen236. Abgesehen davon, dass das Begriffspaar „unmittelbar – mittelbar“ selbst bereits fließende Grenzen kennt, steht die vorgenommene Differenzierung nämlich in Widerspruch dazu, dass das BVerfG237 unter bestimmten Voraussetzungen eine Enteignung zugunsten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens auch dann für möglich hält, wenn sich der Nutzen für das Gemeinwohl nur als mittelbare Folge der Unternehmertätigkeit darstellt238. Da aber Art. 14 Abs. 3 GG für das jeweilige Vorhaben Gemeinnützigkeit verlangt, müsste eine Enteignung zugunsten privatnütziger Vorhaben ausgeschlossen sein.

II. Weitere gegen eine Unterscheidung sprechende Gesichtspunkte Darüber hinaus geht die ursprüngliche Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, dass nur im Rahmen der Planfeststellung öffentliche und private Belange überwunden werden könnten, fehl. Auch bei einer immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung239 entstehen Interessenkonflikte, die im Rahmen der jeweiliVoßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 113. VG Hmb, Beschl v. 18. 12. 2000 – 15 VG 3923.2000 – NordÖR 2001, 34, 35; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 279. 235 Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 278. 236 Zum Folgenden vgl. Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 6 f. 237 Vgl. nur BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85 – BVerfGE 74, 264; BVerfG, Beschl. v. 20. 03. 1984 – 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248, 257 f.; siehe dazu auch Steinberg / Lubberger, Aufopferung, § 2 II 6 b bb. 238 Ähnlich Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 182; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 22. 239 Vgl. § 6 BImSchG. 233 234

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gen Genehmigungsentscheidung zu koordinieren sind. Dazu kann auch hier in Rechte Dritter überwindend eingegriffen werden, wie aus § 14 BImSchG240 hervorgeht241. Dass die Planfeststellung gerade für öffentliche Anlagen die typische Form der Zulassung darstellt, erklärt sich wohl eher aus historischen Gründen sowie aus dem Anliegen, dem privaten Unternehmer in Form der gebundenen Erlaubnis einen „berechenbaren“ Zulassungsanspruch einräumen zu wollen, der bei der Planfeststellung so nicht besteht242. Andererseits weist auch die Planfeststellung genehmigungsrechtliche Züge auf. Dies wird nicht zuletzt daran deutlich, dass der Planfeststellung keine materielle sondern bloß formelle Konzentrationswirkung zugesprochen wird243. Da damit zwingende Versagungstatbestände sowohl bei „gemeinnützigen“ als auch bei „privatnützigen“ Planfeststellungen nicht durch Abwägung überwunden werden können, besteht zugleich auch insofern kein Grund für eine Unterscheidung. Wegen der lediglich formellen, den Geltungsanspruch des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts nicht einschränkenden Konzentrationswirkung ist m.a.W. unabhängig von Privat- oder Gemeinnützigkeit eines Vorhabens im Rahmen eines einheitlichen Prüfungsaufbaus stets zu fragen, ob das jeweilige Vorhaben an zwingenden Versagungsgründen scheitert244. Für die Aufgabe der Kategorie der privatnützigen Planfeststellung lässt sich außerdem anführen, dass – wie im Verlaufe der Untersuchung aufgezeigt – der Figur der Planrechtfertigung neben der Abwägung weder dogmatisch noch inhaltlich eigenständige Bedeutung zukommt. Sollen sich privat- und gemeinnützige Planfeststellung gerade in diesem Punkt unterscheiden, so verliert die Unterscheidung ihren Sinn, wenn sich – wie hier – das Unterscheidungskriterium als haltlos erweist245. Jüngst wird aber eine Differenzierung zwischen privatnützigen und gemeinnützigen Vorhaben (auch) wegen der Bestimmung des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG für geboten gehalten, nach der ein von der Planfeststellung Betroffener Anspruch auf Entschädigung hat, wenn die Anordnung von Maßnahmen zum Schutz seiner Rechte nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG unzumutbar ist. Auf privatnützige Vorhaben – zu denen dabei auch nur mittelbar öffentlichen Interessen dienende Pro240 Für die atomrechtliche Anlagenzulassung nach § 7 AtG gilt § 14 BImSchG entsprechend, vgl. § 7 Abs. 6 AtG. 241 Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 20; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 112. 242 Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 16; Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 112. 243 Vgl. hierzu bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 1. 244 BVerwG, Urt. v. 18. 05. 1990 – 7 C 3.90 – BVerwGE 85, 155, 156; s. auch BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 46; vgl. ferner Erbguth / Schink, UVPG, § 12 Rn. 38; Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 396. 245 So auch bereits Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32; ebenso wohl Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 232.

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jekte gezählt werden – soll die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG nicht anwendbar sein246. Die angebliche Unanwendbarkeit des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG auf privatnützige Vorhaben wird dabei im Wesentlichen damit begründet, dass Einschränkungen des Bestandsschutzes von Eigentumspositionen i.S. von Art. 14 Abs. 1 GG zugunsten einer bloßen Wertgarantie sich ausschließlich durch öffentliche Interessen rechtfertigen ließen247. Indes erweist sich die postulierte Differenzierung zwischen privatnützigen und gemeinnützigen Vorhaben auch hier als überflüssig. Gegen sie spricht bereits, dass – wie Jarass248 zutreffend herausgearbeitet hat – die geforderte Differenzierung in § 74 Abs. 2 VwVfG selbst keine Stütze findet. Auch bestehen zwar für das abfall- und wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren fachgesetzliche Spezialregelungen249, nach denen Rechte Dritter nur durch dem Wohl der Allgemeinheit dienende Vorhaben überwunden werden können. Aus diesen Bestimmungen im Wege der Analogie einen das gesamte Planfeststellungsrecht umspannenden Grundsatz abzuleiten, wonach ein Ausweichen auf eine Entschädigung nur in Allgemeinwohlfällen möglich ist, verbietet sich indes250. Zum einen kommt den in Rede stehenden spezialgesetzlichen Normen bereits innerhalb ihres unmittelbaren Anwendungsbereichs praktisch kaum Bedeutung zu; darüber hinaus spricht der Wortlaut des § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG als allgemeiner Bestimmung, die durch fachgesetzliche Spezialregelungen verdrängt werden muss, eher für einen Umkehrschluss251. Schließlich und vor allem aber geht auch der Hinweis darauf fehl, dass Einschränkungen des Bestandsschutzes von Eigentumspositionen zugunsten einer bloßen Wertgarantie sich von Verfassungs wegen ausschließlich durch öffentliche Interessen rechtfertigen ließen. Dies beansprucht zwar nach Art. 14 Abs. 3 GG für den Bereich der Enteignung samt Enteignungsentschädigung Richtigkeit. § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG stellt jedoch anerkanntermaßen keine Enteignungsentschädigung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar252. Im Rahmen von 246 So VG Hmb, Beschl. v. 18. 12. 2000 – 15 VG 3923.2000 – NordÖR 2001, 34, 38; Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 181 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 282 ff.; wohl eher ablehnend OVG Hmb, Teilbeschl. v. 19. 02. 2001 – 2 Bs 370.00 – NVwZ 2001, 1173, 1176. 247 Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 184 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 284. 248 Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 53. 249 Vgl. § 32 Abs. 2 S. 2, 3 KrW- / AbfG sowie § 8 Abs. 3 WHG, der auch auf die wasserrechtliche Planfeststellung Anwendung findet (vgl. Czychowski / Reinhardt, WHG, § 31 Rn. 68). 250 Eher dagegen auch Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 183; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 283; für eine Analogie zwar Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 398, aber unter Anwendung eines äußerst weitreichenden Allgemeinwohlbegriffs, demnach etwa jeder Kiesabbau dem Allgemeinwohl dient (a. a. O., S. 395). 251 Eingehend Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 54 f. 252 BVerwG, Urt. v. 22. 05. 1987 – 4 C 17 – 19.84 – BVerwGE 77, 295, 297 f.; BVerwG, Urt. v. 29. 01. 1991 – 4 C 51.89 – BVerwGE 87, 332, 383; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 101, 104; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 56;

§ 12 Besonderheiten „privatnütziger“ Planfeststellung?

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Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist es aber verfassungsrechtlich durchaus möglich, die Interessen eines Eigentümers ausschließlich im Hinblick auf die Interessen einer anderen Privatperson zu beschränken253. Anschaulich lässt sich dieser Befund etwa anhand des § 906 Abs. 2 BGB aufzeigen, demnach Nachbarn unwägbare Einwirkungen (sog. Imponderabilien oder Immissionen) gegen Entschädigung hinnehmen müssen, wenn Schutzmaßnahmen unzumutbar sind254. Im öffentlichrechtlichen Nachbarrecht ist von Verfassungs wegen keine andere Handhabung geboten, zumal mit der Gewährung einer Entschädigung auf Grundlage von § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG über die Zulässigkeit des jeweiligen Vorhabens und damit über die Zulässigkeit der mit ihm verbundenen Beeinträchtigungen nicht abschließend befunden ist. Vielmehr müssen die durch § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausgeglichenen bzw. – je nach Sichtweise – die aus dem „Ausgleich“ resultierenden Belastungen in der von der Frage über den Ausgleich streng zu scheidenden255 Abwägung zusätzlich durch hinreichend gewichtige Belange gerechtfertigt werden. Je mehr und je intensiver dabei Gemeinwohlbelange zu Gunsten eines Vorhabens streiten, desto eher wird das Vorhaben in Anbetracht der gegenläufigen Belange zulassungsfähig sein. Umgekehrt kann ein Vorhaben trotz Geldausgleichs an der vorzunehmenden Abwägung scheitern, wenn die zugunsten des Vorhabens sprechenden Gesichtspunkte ein zu geringes Gewicht haben256. Dies wird wiederum umso eher dann der Fall sein, wenn sich ausschließlich Privatinteressen zugunsten des jeweiligen Vorhabens anführen lassen257. Auch hinsichtlich § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG kommt es nach alledem auf die Unterscheidung zwischen privatnützigen und sonstigen Vorhaben nicht an258. Richtig ist allerdings, dass ein Vorhaben, das rein privatem Nutzen dient, in Anbetracht von Art. 14 Abs. 3 GG niemals Enteignungswirkungen zeitigen kann. Da somit in diesen Fällen nicht auf die zwangsweise Realisierung des Vorhabens durch Enteignung geachtet werden muss, ergibt sich aber lediglich eine Verschiebung der Gewichte in der Abwägung259: Hier ist nicht zwingend danach zu fragen, Kopp / Ramsauer, VwVfG, § 74 Rn. 125; Allesch / Häußler, in: Obermayer, VwVfG, § 74 Rn. 95; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 284. 253 Ausführlich Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 55 ff.; insbesondere schließt Art. 14 Abs. 2 GG eine Begrenzung des Eigentums im Hinblick auf private Belange nicht aus, so Jarass, a. a. O., S. 60 (in Fn. 136) m.H.a. Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 307; anders Ramsauer, in: Bewertung von Fluglärm, S. 163, 184 ff.; Ramsauer / Bieback, NVwZ 2002, 277, 284; dagegen wohl auch Herrmann, NuR 2001, 551, 554, 557. 254 Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 60 f.; Schoen, Planfeststellung, S. 332. 255 Vgl. Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 51; Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 104. 256 Bonk / Neumann, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 74 Rn. 104. 257 Vgl. Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 61; ähnlich Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 132; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 11. 11. 2002 – 1 BvR 218.99 – NVwZ 2003, 197, 198. 258 I.E. ebenso Schoen, Planfeststellung, S. 330 ff., 332; vgl. auch Achenbach, Privatnützige Planfeststellung, S. 22 f.

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ob das Vorhaben Gemeinwohlinteressen i.S. von Art. 14 Abs. 3 GG verfolgt. Insofern besteht kein Unterschied zu von öffentlichen Trägern geplanten gemeinnützigen Vorhaben, die – obgleich sie grundsätzlich mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestattet werden können – im Einzelfall nicht auf Enteignungen angewiesen sind, etwa weil der benötigte Grund und Boden bereits im Eigentum des Projektträgers steht. Auch bei ihnen muss keine vor Art. 14 Abs. 3 GG standhaltende Gemeinwohlbindung vorhanden sein. Umgekehrt besteht deswegen aber auch kein Grund, einer rein privatnützigen Planfeststellung von vornherein deshalb eine Sonderrolle zuzuschreiben, weil für sie eine Enteignung rechtlich stets unzulässig ist260. Der Unterscheidung von privatnütziger und gemeinnütziger Planfeststellung bedarf es demnach also auch insofern nicht. Sie steht vielmehr differenzierten Lösungen im Rahmen eines einheitlichen Prüfungskonzepts nur entgegen, erweist sich als unergiebig und sollte aus der Dogmatik des Planfeststellungsrechts verabschiedet werden.

III. Entwicklungen in der Rechtsprechung Auch das Bundesverwaltungsgericht hat die kategoriale Unterscheidung von privat- und gemeinnütziger Planfeststellung zwischenzeitlich wiederholt in Frage gestellt261, wenn nicht gar aufgegeben262. So stellte es in einer Entscheidung zum abfallrechtlichen Planfeststellungsverfahren die Unanwendbarkeit der Kategorie der privatnützigen Planfeststellung mit der Begründung fest, dass für Abfallentsorgungsanlagen „generell immer (auch)“ Gründe des Gemeinwohls sprechen, derartige Anlagen also „prinzipiell gemeinnützig“ seien263. „Daß der private Träger einer Anlage regelmäßig auch eigennützige privatwirtschaftliche Ziele anstrebt, hindert nicht die Annahme, daß er mit seinem Vorhaben zugleich dem Gemeinwohl dienende Zwecke verfolgt.“264 Die Frage, ob die einzelne Anlage dem Wohl der Allgemeinheit diene und ob dafür notfalls auch eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zulässig ist, könne nur anhand der konkreten Umstände des Falles, insbesondere aufgrund einer Abwägung der von dem Vorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange beantwortet werden265. Eine gleichsam vor die 259 So Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 32; ähnlich Fouquet, VerwArch 87 (1996), 212, 232; Weidemann, DVBl. 1990, 592, 593; s. auch Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 287. 260 Vgl. Kühling, in: FS für Sendler, S. 391, 397 f. 261 BVerwG, Urt. v. 04. 05. 1988 – 4 C 22.87 – BVerwGE 79, 318, 322; BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 45. 262 So die Einschätzung von Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 1 Rn. 22. 263 BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 46; ebenso BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1994 – 7 C 25.93 – BVerwGE 97, 143, 151. 264 BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 48. 265 BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 46 f., 53.

§ 12 Besonderheiten „privatnütziger“ Planfeststellung?

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Klammer gezogene, abwägungsunabhängige Feststellung der Privatnützigkeit einer geplanten Abfallentsorgungsanlage sei dagegen nicht möglich266. Freilich ließ das Bundesverwaltungsgericht hierbei ausdrücklich offen, ob und inwieweit der Begriff der privatnützigen Planfeststellung aus dem Recht der Planfeststellung insgesamt zu verabschieden sei267. Ernste Zweifel an den Besonderheiten privatnütziger Planfeststellung hatte zuvor allerdings auch bereits der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich eines nach § 31 Abs. 2 WHG planfeststellungsbedürftigen privatnützigen Gewässerausbaus geäußert268. Gleichwohl hielt der 7. Senat auch nach der abfallrechtlichen Entscheidung terminologisch am Begriff der privatnützigen Planfeststellung fest; in der Sache unterstreicht er dabei freilich, dass infolge der nur formellen Konzentrationswirkung der Planfeststellung ein Vorhaben unabhängig von der Privatnützigkeit stets daraufhin überprüft werden müsse, ob ihm bereits zwingende Versagungsgründe entgegenstehen269. Sei das Ausbauvorhaben nicht schon aus Rechtsgründen zu versagen, setze seine Zulassung darüber hinaus noch eine umfassende Abwägung der berührten öffentlichen und privaten Belange voraus270. Damit stellt das Bundesverwaltungsgericht hier – ungeachtet der fortdauernd am Begriff der „Privatnützigkeit“ orientierten Terminologie – an sämtliche Planfeststellungen einheitliche Anforderungen auf271. Allerdings sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur prinzipiellen Gemeinnützigkeit abfallrechtlicher Planfeststellungen in der Literatur auf BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 46. BVerwG, Urt. v. 09. 03. 1990 – 7 C 21.89 – BVerwGE 85, 44, 45. 268 BVerwG, Urt. v. 04. 05. 1988 – 4 C 22.87 – BVerwGE 79, 318, 322. 269 Vgl. bereits oben Zweiter Teil § 4 A III 1. 270 BVerwG, Urt. v. 18. 05. 1990 – 7 C 3.90 – BVerwGE 85, 155, 156. 271 Heute wird in der Rechtsprechung zuweilen auch eine Vereinheitlichung des Prüfprogramms dergestalt vorgeschlagen, dass bei als „privatnützig“ erkannten Planfeststellungen die Frage nach einer „Planrechtfertigung“ gestellt wird. Denn auch bei privatnützigen Vorhaben soll sich die Frage nach einer „plausiblen Begründbarkeit des Vorhabens“ stellen, und zwar auch dann, wenn zur Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens Enteignungen nicht erforderlich sind (so aus der Rechtsprechung der Instanzgerichte wenn auch als in concreto nicht entscheidungserheblich offenlassend OVG Hmb, Beschl. v. 13. 12. 1994 – Bs III 376.93 – DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze), S. 30 ff. des Entscheidungsumdrucks; OVG Hmb, Urt. v. 02. 03. 1998 – Bf III 41.96 – juris Nr.: MWRE 110139900; letzteres billigend BVerwG, Beschl. 07. 12. 1998 – 11 B 46.98 – Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 11, S. 6 sowie (aus verfassungsrechtlicher Perspektive) BVerfG, Beschl. v. 11. 11. 2002 – 1 BvR 218.99 – NVwZ 2003, 197; vgl. auch den von OVG Hmb, Beschl. v. 09. 08. 2004 – 2 Bs 300.04 auf S. 10 f. des Entscheidungsumdrucks in Bezug genommenen gerichtlichen Hinweis). Damit wird hier einerseits eine Ausdehnung der im Ursprung maßgeblich auf Art. 14 Abs. 3 GG zurückgeführten Planrechtfertigung auf Konstellationen propagiert, in denen eine mögliche Enteignung gar nicht im Raum steht, während andererseits die privatnützige Planfeststellung ihrer nach der ursprünglichen Konzeption des BVerwG im (bei ihr entbehrlichen) Kriterium der Planrechtfertigung zum Ausdruck kommenden Eigenständigkeit gegenüber der gemeinnützigen Planfeststellung beraubt wird. Dies ist ein Musterbeispiel für Verwirrung und Inkonsistenz, zugleich aber auch Ausdruck des letztlich hilflosen Unterfangens der Rechtsprechung, dogmatisch überflüssige Kategorien inhaltlich zu konturieren. 266 267

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Kritik gestoßen272. Die Entsorgungspflicht für industriellen Sondermüll treffe nach einfachem Recht den Abfallproduzenten273. Eine Anlage, die ausschließlich dazu errichtet werden solle, Abfälle der eigenen industriellen Produktion zu entsorgen, diene daher nicht dem Gemeinwohl sondern den privaten Interessen des Abfallproduzenten, dessen privatwirtschaftliche Betätigung auf diesem Wege erst ermöglicht werde274. In der Tat vermag es bei ganzheitlicher Betrachtungsweise kaum zu überzeugen, dass die Entsorgung ausschließlich selbst verursachter Produktionsabfälle gemeinem Nutzen dienen soll. Anderes muss aber bereits dann gelten, wenn bei der projektierten Anlage zu einem beträchtlichen Teile auch Abfälle anderer Verursacher angeliefert werden sollen275. (Auch) Hieran wird deutlich: Die Gemeinwohldienlichkeit der konkret ins Auge gefassten Anlage lässt sich hinreichend differenziert nur anhand einer auf den Einzelfall bezogenen wertenden Gesamtschau aller betroffenen Interessen erfassen. Eine abwägungsunabhängige Klassifikation eines Vorhabens als privat- oder gemeinnützig erbringt demgegenüber wenig, ja lenkt letztlich sogar davon ab, dass die Termini „Privat-“ und „Gemeinnützigkeit“ stets nur die jeweiligen Extrempunkte auf einer breiten Skala bilden. Nur die Aufgabe der Kategorie der privatnützigen Planfeststellung vermag aus diesen Gründen hinreichend differenzierte Lösungen zu ermöglichen.

B. Folgen für die Bedarfsfrage Privatnützige Vorhaben bilden demnach keine eigene Kategorie. Für die hier im Vordergrund stehende Frage nach dem Bedarf für ein Vorhaben ergibt sich vor diesem Hintergrund Folgendes: Alle einem Planfeststellungsvorbehalt unterworfenen Vorhaben erfordern gleichermaßen eine einzelfallbezogene Abwägungsentscheidung. Sie kann nur dann zugunsten des jeweiligen Vorhabens ausfallen, wenn die vorzunehmende bilanzierende Gesamtschau ein Überwiegen der zugunsten des Vorhabens streitenden Interessen ergibt. Daher stellt sich die Frage nach einem zugunsten eines Vorhabens sprechenden Bedarf grundsätzlich bei allen Vorhaben gleichermaßen. Allgemein gilt insoweit selbstverständlich, dass ein Vorhaben um so eher zulassungsfähig ist, je mehr und je intensiver – neben etwaigen privaten Gewinninteressen – Gemeinwohlgründe für es streiten. Sollte ein Vorhaben einmal ganz überwiegend oder – eher theoretisch denkbar – ausschließlich privatem Nutzen dienen, so wird dies umgekehrt tendenziell schneller zur Versagung der beantragten Planfeststellung führen. Zwingend ist eine derartige Versagungsentscheidung in letzterem Falle freilich nicht; die vorzunehmende Abwägungsentscheidung kann natürlich auch hier zugunsten des Vorhabens ausfallen, sofern nicht in AnbeBartunek, Drittschutz, S. 71 f.; Murswiek, DVBl. 1994, 77 ff. So auf Grundlage des früheren AbfG Murswiek, DVBl. 1994, 77, 85 ff.; s. zur (identischen) Rechtslage nach dem neuen KrW- / AbfG Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 114. 274 Murswiek, DVBl. 1994, 77, 87; s. auch Bartunek, Drittschutz, S. 71. 275 So richtig Voßkuhle, Kompensationsprinzip, S. 114 f. 272 273

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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tracht enteignungsrechtlicher Implikationen die Gemeinwohldienlichkeit i.S. von Art. 14 Abs. 3 GG festzustellen ist. Für eine positive Zulassungsentscheidung ist es m.a.W. dem Grunde nach hinreichend, dass ein Privater das beantragte Vorhaben überhaupt durchführen will; hier lässt sich als Bedarf zumindest die im Rahmen von Art. 12, 14 GG verfassungsrechtlich geschützte unternehmerische Betätigungsfreiheit zugunsten des Vorhabens in die Waagschale werfen276. Keinesfalls besteht für die Behörde hier ein anderes Entscheidungsprogramm als bei anderen Planfeststellungen. Oft genug streiten neben den privaten Gewinninteressen des Einzelnen auch Gemeinwohlbelange für ein Vorhaben, die dazu geeignet sind, ihm in der Abwägung zusätzliches Gewicht zu verleihen, genauso wie umgekehrt primär dem allgemeinen Wohl verpflichtete Projekte regelmäßig auch Privatinteressen fördern. Die Bedarfsfrage ist nach alledem stets umfassend und in gleicher Weise zu stellen.

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen Bundesfernstraßen und Eisenbahnen des Bundes werden nach Maßgabe eines durch den Bundesgesetzgeber für beide Bereiche gesondert aufgestellten Bedarfsplanes ausgebaut277. Der Bedarfsplan nach dem FStrAbG, diesem gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG als Anlage beigefügt, enthält eine zeichnerische Darstellung von Bestand und vorgesehenem Aus- bzw. Neubau der Bundesfernstraßen in Kartenform. Angesichts eines groben Maßstabes von 1:500000 lässt sich aus diesem Bedarfsplan allerdings nur die grundsätzliche Streckencharakteristik für geplante Straßenverläufe in stark vereinfachter Linienführung erkennen. Durch geeignete zeichnerische Festsetzungen werden die geplanten Vorhaben dabei im Wesentlichen in solche „vordringlichen“ und solche „weiteren“ Bedarfes unterteilt, wobei sich der vordringliche Bedarf aus einem Überhang laufender und fest disponierter Projekte sowie neuen Vorhaben zusammensetzt. Darüber hinaus gehende Angaben über die Reihenfolge oder gar ein Zeitplan der Verwirklichung, aus denen sich die Dringlichkeit der grob angegebenen Projekte näher ablesen ließe, finden 276 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. 11. 2002 – 1 BvR 218.99 – NVwZ 2003, 197, 198; Jarass, Planfeststellung privater Vorhaben, S. 31, 61; ähnlich Dürr, in: Knack, VwVfG, § 74 Rn. 132. 277 Vgl. das Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen i.d.F. der Bek. v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1879), zuletzt geändert durch Gesetz v. 4. 10. 2004 (BGBl. I S. 2574) sowie das Gesetz über den Ausbau der Schienenwege des Bundes v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes v. 15. 09. 2004 (BGBl. I S. 2322). Das Magnetschwebebahnbedarfsgesetz v. 19. 07. 1996 (BGBl. I S. 1018) ist durch Gesetz vom 17. 11. 2001 (BGBl. I S. 3106) wieder aufgehoben worden. Auf Landesebene existieren teils entsprechende Normkomplexe, so etwa das Gesetz über den Bedarf und die Ausbauplanung der Landesstraßen NRW i.d.F. v. 20. 04. 1993 (GVBl. NRW S. 297); die folgende Darstellung konzentriert sich jedoch auf die praktisch besonders bedeutsamen bundesrechtlichen Rechtsgrundlagen.

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sich nicht. Daneben werden Projekte mit erkannter naturschutzfachlicher Konflikthäufung neuerdings als solche gesondert gekennzeichnet278. Nicht einmal in Kartenform ist demgegenüber der dem SchWAbG gem. § 1 Abs. 1 SchWAbG als Anlage beigefügte Bedarfsplan niedergelegt. Hier sind – im Wesentlichen wiederum in Vorhaben vordringlichen sowie weiteren Bedarfs untergliedert – die zum Ausbau der Schienenwege geplanten Projekte schlicht anhand von grob bezeichneten Netzverknüpfungspunkten279 aufgelistet. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit derartigen Bedarfsplänen rechtliche Relevanz zukommt, genauer: ob und inwieweit ein solcher Bedarfsplan für die Planfeststellung bindende Vorgaben konstituiert. Im Kern wird es dabei hier um die Frage der Abwägungsrelevanz gesetzlicher Bedarfsfestlegungen gehen. Dazu ist freilich zwangsläufig zunächst in Blick zu nehmen, wie die Rechtsprechung derartige Bedarfsregelungen im Hinblick auf das Kriterium der Planrechtfertigung bewertet, da die Bedarfsfrage sich nach herkömmlicher Auffassung bereits hier stellt.

A. „Verbindliche“ gesetzliche Bedarfsfestlegungen – eine neue Figur Nach früherer Rechtsprechung sollten aus der Aufnahme von Bundesfernstraßen oder Schienenwegen in die den betreffenden Ausbaugesetzen jeweils beigefügten Bedarfspläne für die Bedarfsfrage i.S. der Planrechtfertigung keine unmittelbaren Folgerungen zu ziehen sein; den in Gesetzesform ergangenen Ausbauplänen wurde nur verwaltungsinterne, vor allem haushaltsrechtliche Relevanz beigemessen280. Ein Vorhaben, dem die fachgesetzliche Zielkonformität fehle, könne nicht allein durch Aufnahme in eine der Dringlichkeitsstufen des Bedarfsplanes gerechtfertigt werden281. Lediglich in tatsächlicher Hinsicht sollten Ausbaupläne für die Frage nach einem bestehenden Bedarf indizielle Bedeutung haben282. Darüber hinaus gehende rechtliche Wirkungen erkannte die Rechtsprechung nicht an. Dies hatte zur Folge, dass der Bedarf für ein Vorhaben im Rahmen der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren häufig in Frage gestellt wurde. 278 Die Kennzeichnung erfolgt auf Grundlage einer sog. Umweltrisiko- sowie einer FFHVerträglichkeitseinschätzung; vgl. näher BT-Drucks. 15 / 1657, S. 10 f., 21. (zum FStrAbG). 279 Z. B.: „Ausbaustrecke Köln-Aachen“. 280 Vgl. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169; bestätigend BVerwG, Urt. v. 06. 12. 1985 – 4 C 59.82 – BVerwGE 72, 282, 287; BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 131; zur anderslautenden früheren Rechtsprechung des OVG NRW, nach der die Planrechtfertigung bereits aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung folgen sollte, vgl. Springob, in: Bedarfsplanung – Planfeststellung – Immissionsschutz, S. 81, 98 ff. 281 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 169. 282 BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 170.

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Die Reaktion des Gesetzgebers auf diese Rechtsprechung folgte im Zuge der Herstellung der verkehrsmäßigen Einheit Deutschlands. Im Jahre 1990 wurde § 1 Abs. 2 FStrAbG eingefügt283, durch den der gesetzlichen Bedarfsfestschreibung ausdrücklich Bindungswirkung für die Planfeststellung zuerkannt wird: „Die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben entsprechen den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes. Die Feststellung des Bedarfs ist für die Linienbestimmung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes und für die Planfeststellung nach § 17 des Bundesfernstraßengesetzes verbindlich.“ Etwas kürzer geraten ist der später geschaffene § 1 Abs. 2 SchWAbG284: „Die Feststellung des Bedarfs im Bedarfsplan ist für die Planfeststellung nach § 18 AEG verbindlich.“285

B. Einfluss der verbindlichen Bedarfsregelungen auf die Planrechtfertigung Von besonderem Interesse ist, wie sich die nunmehr verbindlichen Bedarfsfestschreibungen in der gerichtlichen Kontrolle von Planfeststellungen praktisch auswirken. Nach Inkrafttreten von § 1 Abs. 2 FStrAbG waren es zunächst die Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe, die sich zu der Bindungswirkung der Bedarfspläne äußerten286. Etwaig vorgebrachte prinzipielle verfassungsrechtliche Bedenken wiesen sie zurück. Sie verstanden die entsprechenden Vorschriften dahingehend, dass sich Zielkonformität und Bedarf eines planfestgestellten Vorhabens allein schon aus seiner Aufnahme in den Bedarfsplan ergebe. Dabei sei aufgrund der neuen Rechtslage die gesetzliche Konkretisierung der Planrechtfertigung nur noch daraufhin überprüfbar, ob sie im Einzelfall mit dem Grundgesetz unvereinbar ist287. 283 Eingefügt durch Art. 27 des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 28. 06. 1990 (BGBl. I S. 1221). 284 Gesetz v. 15. 11. 1993 (BGBl. I S. 1874). 285 Eine entsprechende Formulierung enthielt das – durch Gesetz v. 17. 11. 2001 (BGBl. I S. 3106) bereits wieder aufgehobene – Magnetschwebebahnbedarfsgesetz v. 19. 07. 1996 (BGBl. I S. 1018). Vergleichbare Bindungswirkung konstituiert auf Landesebene etwa § 1 Abs. 1 Satz 2 des nordrhein-westfälischen Gesetzes über den Bedarf und die Ausbauplanung der Landesstraßen i.d.F. v. 20. 04. 1993 (GVBl. NRW S. 297). 286 BayVGH, Urt. v. 05. 07. 1994 – 8 A 93.40054 – BayVBl. 1995, 50, 51; VGH BW, Urt. v. 03. 09. 1993 – 5 S 874.92 – VBlBW 1994, 271; VGH BW, Urt. v. 09. 12. 994 – 5 S 1648.94 – VBlBW 1995, 275; OVG Lüneburg, Urt. v. 20. 10. 1993 – 7 K 3677, 3678.91 – DVBl. 1994, 770, 771; vgl. entsprechend zu § 1 Abs. 2 SchWAbG etwa BayVGH, Urt. v. 10. 01. 1997 – 20 A 96.40052 u. a. – DVBl. 1997, 842. 287 Vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 05. 07. 1994 – 8 A 93.40054 – BayVBl. 1995, 50, 52; ebenso bereits VGH BW, Urt. v. 15. 12. 1987 – 5 S 3278.86 – NVwZ-RR 1989, 59 (LS 2); vgl. jüngst auch OVG NRW, Urt. v. 26. 09. 2003 – 11 D 53.00.AK – juris Nr.: MWRE 203011673; s. ferner Zeitler, NVwZ 1992, 830, 832; Dürr, VBlBW 1992, 321, 322.

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

1995 hatte dann der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 08. 06. 1995288 zur „B 16 (neu)“ Gelegenheit, sich zur Frage der Bedeutung der nunmehr kraft gesetzlicher Anordnung „verbindlichen“ Bedarfsregelungen zu äußern. Dabei folgte er der Auffassung der Oberverwaltungsgerichte. Mit der Vorschrift des § 1 Abs. 2 FStrAbG bringe der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass die Bedarfsplanung nicht lediglich ein Instrument der Finanzplanung sei, als solches nur haushaltsrechtliche Wirkungen erzeuge und für die Frage der Planrechtfertigung nur indizielle Bedeutung habe. Vielmehr konkretisiere der Bundesgesetzgeber den Bedarf im Sinne der Planrechtfertigung für die in den Bedarfsplan aufgenommenen Vorhaben mit bindender Wirkung auch für die zur Rechtmäßigkeitskontrolle von Planfeststellungen berufenen Gerichte. Er habe mit der Neuregelung die bis dahin nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats geltende Rechtslage ändern und die gerichtliche Überprüfung der Planrechtfertigung im bisherigen Umfang einschränken wollen. Verfassungsrecht stehe dem nicht entgegen: Der Bundesgesetzgeber überschreite mit der gesetzlichen Bedarfsfeststellung nicht seine Kompetenzen im gewaltenteilenden Bundesstaat (Art. 20 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG). Die Entscheidung über das Bestehen eines Bedarfs sei in erster Linie eine Frage des politischen Wollens und Wertens. Dass der Gesetzgeber sie verbindlich trifft, entspreche einer sachgerechten Verteilung von Funktionen im Staat. Auch im Hinblick auf enteignungsrechtliche Vorwirkungen der Planfeststellung sei die gesetzliche Bestimmung nicht zu beanstanden. Der Bedarfsplan treffe nicht bereits eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit der Enteignung (Legalenteignung), was die Verfassung nur für Ausnahmefälle zulasse289. Er stelle nur eine der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Planfeststellung und damit auch der enteignenden Inanspruchnahme bestimmter Grundstücke für das Straßenbauvorhaben verbindlich fest. Die weiteren, für die konkrete Betroffenheit weit entscheidenderen Voraussetzungen würden erst im Planfeststellungsverfahren durch die Bestimmung des genauen Verlaufs der Trasse bestimmt. Im Rahmen der konkreten Entscheidung sei Raum, Einzelheiten der Trassenführung und mögliche Varianten sowie alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange abzuwägen und zu prüfen, ob das Vorhaben in dieser konkreten Gestalt i.S. des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dem Wohl der Allgemeinheit dient. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet die gesetzliche Feststellung eines bestehenden Ausbaubedarfs jedoch nicht, dass die Gerichte insofern jeglicher Pflicht zur Prüfung enthoben wären. Der Gesetzgeber habe bei der Feststellung des Bedarfs zwar ein weites Ermessen, sei indes nicht völlig frei. Mit der Aufnahme von Straßenbauprojekten in den Plan, für die es im Hinblick auf eine 288 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339; vgl. dazu die Urteilsbesprechung von Murswiek, JuS 1996, 943. 289 Unter Bezugnahme auf BVerfG, Urt. v. 18. 12. 1968 – 1 BvR 638, 673 / 64 – BVerfGE 24, 367, 398 ff.; BVerfG, Urt. v. 05. 07. 1974 – IV C 50.72 – BVerfGE 45, 297, 324 ff.

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehle, würde er die Grenzen seines Ermessens überschreiten. Eine derartige Bedarfsfeststellung ließe sich als – partielle – Konkretisierung des Allgemeinwohlerfordernisses für die Enteignung nicht rechtfertigen und wäre verfassungswidrig. Ein Gericht, das bei der Überprüfung einer Planfeststellung Anhaltspunkte für eine solche gesetzgeberische Fehlentscheidung sähe, hätte diesen nachzugehen und – im Falle ihrer Bestätigung – die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Nach dieser Grundsatzentscheidung290 des BVerwG folgt die Planrechtfertigung eines in die jeweiligen Bedarfspläne aufgenommenen Vorhabens nunmehr also unmittelbar aus den jeweiligen Ausbaugesetzen291. Die Grenzen der beschriebenen Bindungswirkung werden dabei durch das Grundgesetz selbst gezogen, wobei dem Gesetzgeber im demokratischen Rechtsstaat ein größerer Spielraum als der Exekutive zugestanden wird: Erst wenn es für die Aufnahme in einen Bedarfsplan an jeglicher Notwendigkeit fehle, seien die Grenzen gesetzgeberischen Ermessens überschritten. Wenn danach erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzgeberischen Festlegung bestehen, muss nach Art. 100 Abs. 1 GG eine konkrete Normenkontrolle zum Bundesverfassungsgericht erfolgen. Mit einer derartigen Annahme war das Bundesverwaltungsgericht in der Folgezeit extrem zurückhaltend: Werden auf Grundlage teilweise abweichender Prognosen über die Entwicklung der Verkehrsströme Bedenken in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme, die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln und die hohe Umweltbelastung vorgebracht, so sollen sich hieraus noch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Überschreitung des gesetzgeberischen Ermessens bei Aufnahme der Projekte in die Bedarfspläne ablesen lassen292.

290 Vgl. die auf BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339 basierende st. Rspr., etwa BVerwG, Beschl. 21. 12. 1995 – 11 VR 6.95 – NVwZ 1996, 896, 898 f.; BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388, 390; BVerwG, Urt. v. 27. 11. 1996 – 11 A 99.95 – LKV 1997, 213 LS 2; BVerwG, Beschl. v. 17. 02. 1997 – 4 VP 17.96 – NuR 1998, 305, 308; BVerwG, Urt. v. 19. 05. 1998 – 4 A 9.97 – BVerwGE 107, 1, 9; BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555; BVerwG, Beschl. v. 07. 07. 2000 – 4 B 94.99 – juris Nr.: WBRE410006913; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 146 ff.; BVerwG, Urt. v. 19. 03. 2003 – 9 A 33.02 – NVwZ 2003, 1120, 1121; BVerwG, Beschl. v. 01. 07. 2003 – 4 VR 1.03, 4 A 1.03 – juris Nr. WBRE 410010014; BVerwG, Urt. v. 22. 01. 2004 – 4 A 32.02 – NVwZ 2004, 722, 723; BVerwG, Urt. v. 14. 11. 2002 – 4 A 15.02 – NVwZ 2003, 485, 486; BVerwG, Urt. v. 15. 01. 2004 – 4 A 11.02 – NVwZ 2004, 732, 734. 291 Umgekehrt soll aus der fehlenden Aufnahme eines Vorhabens in einen Bedarfsplan nicht gefolgert werden können, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung fehlt, so etwa BVerwG, Beschl. v. 14. 04. 1997 – 4 B 30.97 – NVwZ 1997, 992; vgl. noch näher unter dem Gesichtspunkt der Abwägungsbeachtlichkeit unten bei Fn. 302 ff. 292 BVerwG, Beschl. v. 26. 04. 1996 – 11 VR 47.95 – NuR 1997, 79, 80; BVerwG, Beschl. v. 09. 09. 1996 – 11 VR 31.95 – NVwZ-RR 1997, 210, 210 f.

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

Auch „infolge einer nachträglichen Änderung der Verkehrsdaten“ will die Rechtsprechung „den verfassungsrechtlich zu beachtenden Spielraum des Gesetzgebers“ nur in Extremfällen überschritten wissen293: Der Bundesgesetzgeber habe die Bedarfsfeststellung von vornherein mit einem Korrekturmechanismus verknüpft. Fernstraßen- wie Schienenwegeausbaugesetz sähen in ihrem jeweiligen § 4 zur Überprüfung der festgestellten Bedarfsplanung einen regelmäßigen Turnus von fünf Jahren vor. Diese Regelung schließe ein richterliches Eingreifen im Grundsatz aus294 – und zwar auch dann, wenn die letzte gesetzgeberische Bedarfsfeststellung deutlich mehr als fünf Jahre zurückliegt, der Anpassungsturnus also nicht eingehalten wurde295. Etwas anderes soll nur in Betracht kommen, wenn sich die Ausgangslage zwischenzeitlich so gravierend verändert hat, „daß das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd noch erreicht werden kann.“296 Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bislang noch in keinem Fall für gegeben erachtet.

C. Folgen der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen für die Abwägung Da die Planrechtfertigung richtigerweise als integraler Teil der Abwägung anzusehen ist, ist von dogmatisch entscheidendem Interesse, welchen Einfluss die Ausbaugesetze auf dieser allein ausschlaggebenden Stufe der Rechtsbindung des Verwaltungshandelns haben. Aus der gerichtlichen Kontrollperspektive lässt sich die Frage damit dahingehend stellen, ob und inwieweit die Abwägungskontrolle durch die gesetzlichen Bedarfsregelungen verkürzt wird. I. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt die mit der Aufnahme eines Vorhabens in den Bedarfsplan verknüpfte verbindliche gesetzgeberische Bedarfsentscheidung „nicht nur für die sog. Planrechtfertigung (. . . ), sondern auch für den Bedarf als in die Abwägung einzustellenden Posten.“ Denn „es wäre widersprüchlich, wenn der Bedarf für die Planrechtfertigung feststünde, für die Abwägung aber in Frage gestellt werden könnte.“297 Bejaht m.a.W. ein Gericht Grundlegend BVerwG, Urt. v. 27. 11. 1996 – 11 A 99.95 – LKV 1997, 213 LS 2. BVerwG, Urt. v. 27. 11. 1996 – 11 A 99.95 – LKV 1997, 213 LS 2. 295 BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 149; BVerwG, Urt. v. 14. 11. 2002 – 4 A 15.02 – NVwZ 2003, 485, 486; BVerwG, Urt. v. 15. 01. 2004 – 4 A 11.02 – NVwZ 2004, 732, 734. 296 BVerwG, Urt. v. 27. 11. 1996 – 11 A 99.95 – LKV 1997, 213 LS 2; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 149; BVerwG, Urt. v. 14. 11. 2002 – 4 A 15.02 – NVwZ 2003, 485, 486; BVerwG, Urt. v. 15. 01. 2004 – 4 A 11.02 – NVwZ 2004, 732, 734. 297 BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388, 390; ebenso bereits BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254 (vgl. auch LS 7); VGH 293 294

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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„die Planrechtfertigung, (. . . ) kann es auch bei der Prüfung der Abwägung den Verkehrsbedarf nicht in Zweifel ziehen“298. Lediglich „eine Bedarfsfeststellung, die auf einer unhaltbaren Einschätzung der zukünftigen Verkehrsentwicklung beruht“, wird als verfassungswidrig und daher als für die mit der Sache betrauten Verwaltungsgerichte nicht bindend angesehen299. Insoweit werden also die aus dem Bereich der Planrechtfertigung bekannten Maßstäbe auf die Abwägung übertragen. Dabei steht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts der Bedarf auch hinsichtlich von in den Bedarfsplan aufgenommenen Einzelheiten fest; in diesem Sinne sollen sämtliche Teile der im Bedarfsplan festgestellten Netzverknüpfung als bindend anzusehen sein300. Auch die Dimensionierung einer Straße soll von der Bindungswirkung der Bedarfspläne erfasst sein301. Letzteres gilt allerdings nur für den Fall, dass die konkret festgestellte Planung den Vorgaben des Bedarfsplanes entspricht. In umgekehrten Fällen, in denen die Planungsbehörde von den Festlegungen hinsichtlich der Anzahl der Fahrstreifen oder der grob skizzierten Trasse abgewichen war, wurden hierauf bezogene klägerische Angriffe (ebenfalls) zurückgewiesen. Zum einen könne auch eine von der im Bedarfsplan skizzierten Trassenführung divergierende Trasse von der gesetzlichen Bindungswirkung erfasst sein302. Zum anderen soll ganz allgemein aus BW, Urt. v. 03. 09. 1993 – 5 S 874.92 – VBlBW 1994, 271, 277 f. (vgl. auch LS 8); BVerwG, Beschl. v. 07. 07. 2000 – 4 B 94.99 – juris Nr.: WBRE410006913; BVerwG, Urt. v. 19. 03. 2003 – 9 A 33.02 – NVwZ 2003, 1120, 1121. 298 BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254. 299 BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254. 300 BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 385 (vgl. auch LS 6); vgl. auch VGH BW, Urt. v. 28. 03. 1996 – 5 S 1301.95 – VBlBW 1996, 468, 473 (kein Abwägungsfehler, wenn Planungsvariante verworfen wird, weil sie nicht dem Bedarfsplan entspricht); BVerwG, Beschl. v. 02. 08. 1994 – 7 VR 3.94 – NVwZ 1994, 1000, 1001 (Verengung der Alternativenprüfung auf solche Planungsalternativen, die sich als dem Bedarfsplan entsprechend ansehen lassen); BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1996 – 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331, 345; BVerwG, Beschl. v. 17. 02. 1997 – 4 VP 17.96 – NuR 1998, 305, 308 f.; BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555, 556. 301 So etwa BVerwG, Urt. v. 26. 03. 1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382 ff. (LS 1); BVerwG, Urt. v. 20. 05. 1999 – 4 A 12.98 – NVwZ 2000, 555, 556; beachte aber für den Fall, dass ein anerkannter Naturschutzverein nach § 61 BNatSchG vorgeht, jüngst BVerwG, Urt. v. 19. 03. 2003 – 9 A 33.02 – NVwZ 2003, 1120, 1121: Danach soll zwar einerseits der „Verkehrsbedarf als Abwägungsbelang“ durch § 1 Abs. 2 FStrAbG bindend festgestellt werden. „Jenseits dessen“ hält das BVerwG allerdings „auch unter Berücksichtigung der gem. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG eingeschränkten Rügemöglichkeit“ einen solchen Verein für „grundsätzlich befugt, Mängel der Verkehrsprognose geltend zu machen, sofern die angenommene Verkehrsentwicklung von Bedeutung für die planerische Abwägung (§ 17 Abs. 1 S. 2 FStrG) in Bezug auf die mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft ist. ( . . . ) Solange nicht die im Bedarfsgesetz getroffene Leitentscheidung in Frage gestellt wird, kann mit der Vereinsklage geltend gemacht werden, dass eine Straße überdimensioniert geplant sei, weil sie erheblich weniger Verkehr werde aufnehmen müssen, als prognostiziert worden sei“. 302 So jüngst – besonders großzügig im Umgang mit den Bedarfsfestlegungen – BVerwG, Urt. v. 15. 1. 2004 – 4 A 11.02 – NVwZ 2004, 732, 733, das eine planfestgestellte Ostumgehung trotz im Bedarfsplan skizzierter Westumgehung für von der gesetzlichen Bindungs9*

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

einer gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung nicht zu folgern sein, dass eine vom Bedarfsplan abweichende Trassierung und / oder Dimensionierung nicht abwägungsgerecht geplant werden könne303. Die verbindlichen Bedarfsfestlegungen erscheinen danach als „doppelgesichtig“304: Ihnen wird ein anderes Verständnis beigemessen, je nachdem, ob die konkret festgestellte Planung den Bedarfsplänen entspricht oder nicht. Im Übrigen relativiert das Bundesverwaltungsgericht die Bedeutung der Bedarfspläne für die Abwägung, indem es betont, dass „mit der Aufnahme in den Bedarfsplan die abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nicht vorweggenommen“305 wird. „Mit ihr ist nur über eine der tatbestandlichen Zulassungsvoraussetzungen entschieden. Die Planungsbehörde wird nicht von der Verpflichtung entbunden, alle für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange abzuwägen. Eine dem Bedarf entsprechende, unter verkehrlichen Aspekten optimale oder vorzugswürdige Trasse kann an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen scheitern.“306 Die Abwägung muss demnach trotz gesetzgeberischer Bedarfsfestlegung in jeder Richtung offen bleiben. Die gesetzlichen Bedarfsregelungen berechtigen nicht dazu, von der Prüfung der „Null-Variante“ abzusehen307. Über das „Ob“ der Verwirklichung wird hiernach genauso wie über das „Wie“ abschließend erst im Rahmen der konkreten Abwägungsentscheidung befunden.

II. Weiterreichende Bindung der Abwägungsentscheidung nach Manssen Demgegenüber will Manssen den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen eine weitergehende Bindungswirkung beimessen. Die Bedarfsplanfeststellung durch die Legislative habe „rechtlich ein anderes Gewicht als die Bedarfsfeststellung durch die wirkung erfasst hält. Andererseits soll nach BayVGH, Urt. v. 20. 07. 1999 – 8 A 98.40036 – juris Nr.: MWRE108779900 eine Westtrasse gegenüber einer Osttrasse schon wegen der Festlegungen des entsprechenden Bedarfsplans vorzugswürdig sein. 303 BVerwG, Urt. v. 26. 08. 1996 – 4 B 67.96 – NVwZ-RR 1997, 84; vgl. auch bereits BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 385. 304 Mecklenburg, in: Recht und Um-Welt, S. 113, 133 f.; ders., Gegen Könige, S. 71. 305 BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254. 306 BVerwG, Urt. v. 25. 01. 1996 – 4 C 5.95 – BVerwGE 100, 238, 254 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 08. 06. 1995 – 4 C 4.94 – BVerwGE 98, 339, 345; ebenso BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 384 ff.; BVerwG, Urt. v. 10. 04. 1997 – 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236, 249 f.; jüngst BVerwG, Beschl. v. 24. 02. 2004 – 4 B 101.03 – juris Nr.: WBRE410010666; vgl. auch Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 32 Rn. 20.3; Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 7 Rn. 57; Stüer, DVBl. 1999, 513, 525 f.; ders., NVwZ 2002, 1164, 1166. 307 BVerwG, Urt. v. 10. 04. 1997 – 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236, 249 ff. (vgl. auch LS 2); BVerwG, Urt. v. 26. 03. 1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382, 383; BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 148 f.

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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Planungsbehörden. Folgen Verwaltungsgerichte einer gesetzlichen Bedarfsfestlegung nicht, reichen hierfür die Gründe, die gegenüber einer Planungsbehörde reichen würden, nicht. Der Gesetzgeber hat die Entscheidung für den Bau der in den Ausbaugesetzen festgelegten Trassen getroffen. Die so genannte Null-Variante ist deshalb nur dann eine rechtmäßige Planungsalternative, wenn die Feststellung des Bedarfs nach den zur Planrechtfertigung entwickelten Grundsätzen offensichtlich fehlsam und damit verfassungswidrig ist.“308 Nach diesem Konzept würde demnach bis zur Grenze der Verfassungswidrigkeit der Bedarfsgesetze das „Ob“ der Verwirklichung eines Vorhabens bereits allein aus der gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung folgen. Zur Begründung führt Manssen in der Hauptsache an, dass „Abwägung ( . . . ) kein mathematischer, sondern ein wertender Vorgang“ ist. „Es lässt sich deshalb durchaus die Feststellung treffen, dass die gesetzgeberischen Bedarfsfeststellungen der Sache nach zu einem besonderen Gewicht in der Abwägung führen. Die Legislative ist die erste Gewalt. Sie alleine ist unmittelbar demokratisch legitimiert.“309 Auf den ersten Blick erscheint der Gedanke plausibel, der Tatsache, dass der Gesetzgeber in den Ausbaugesetzen den Bedarf festgelegt hat, zu entnehmen, dass er diesem Gesichtspunkt auch besondere, stärkere Durchsetzungskraft gegenüber anderen Belangen verliehen hat. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich indes rasch, dass dieser Argumentationsduktus zu kurz greift. Das besondere Gewicht, das dem Gesetzgeber als allein demokratisch legitimierter erster Gewalt zukommt, drückt sich bereits darin aus, dass es ihm im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung möglich ist, die anderen Gewalten durch entsprechende normative Anordnungen zu binden. In welchem Umfang die Legislative von dieser Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, ist jedoch gerade erst eine Frage der einzelnen gesetzlichen Regelung. Dass eine bestimmte Regelung eine besonders weitreichende Bindung einer Verwaltungsentscheidung vorsieht, kann daher nicht damit begründet werden, dass der Gesetzgeber sie vorgenommen hat. Vielmehr ist der Sinngehalt der in Rede stehenden Norm selbst zu erfassen.

III. Der Inhalt der Bedarfsgesetze – eine Frage der Auslegung Nähert man sich insoweit dem Inhalt der in den Bedarfsgesetzen enthaltenen Bestimmungen anhand des herkömmlichen methodischen Instrumentariums, so tritt deutlich hervor, dass die Bedeutung der Bedarfsgesetze für die planerische Abwägungsentscheidung in hohem Maße überschätzt wird, wenn man in ihnen – 308 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 320; ähnlich Kühling / Herrmann, Fachplanungsrecht, Rn. 245: „Die gesetzliche Bedarfsregelung hat Bedeutung für die sogenannte Planrechtfertigung und für das Gewicht des für das Vorhaben sprechenden Bedarfs in der Abwägung“. 309 Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 319.

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wie von Manssen vertreten – bereits eine verbindliche Entscheidung über das „Ob“ eines Vorhabens sieht. Aber auch die von der Rechtsprechung favorisierte Linie, nach der zwar zu prüfen ist, ob im Einzelfall entgegenstehende Belange dazu zwingen, von der Planung Abstand zu nehmen („Null-Variante“), aber gleichwohl der „Bedarf als in die Abwägung einzustellender Posten“ umfassend aus den Ausbaugesetzen abzulesen sein soll, verleiht den Ausbaugesetzen eine zu große Tragweite. Den gesetzlichen Bedarfsregelungen lässt sich – wie im folgenden aufzuzeigen sein wird – lediglich entnehmen, dass für ein geplantes Vorhaben – soweit es mit den Vorgaben der Bedarfspläne übereinstimmt – überhaupt ein Bedarf besteht; die Planfeststellung lässt sich m.a.W. nicht mehr mit dem Argument angreifen, das projektierte Vorhaben sei überflüssig. Die Ausbaugesetze entheben die Planungsbehörden aber gerade nicht davon, im Rahmen der Abwägung die Intensität des bestehenden Bedarfs bezogen auf den Einzelfall zu ermitteln, zu gewichten und gegenüber anderen Belangen auszugleichen. 1. Wortlaut Noch weitgehend unergiebig für die hier diskutierte Frage nach Reichweite und Bedeutung der gesetzlichen Verbindlicherklärung ist allerdings der Wortlaut der betreffenden Bestimmungen, nach denen „die Feststellung des Bedarfs (. . . ) für die Planfeststellung (. . . ) verbindlich“ ist. Es lässt sich der gesetzlichen Formulierung nämlich gerade nicht entnehmen, ob und inwieweit mit der danach „verbindlichen“ Feststellung des Bedarfs bereits die Abwägungsentscheidung vorweggenommen sein soll. 2. Systematik Gewichtige Gründe für die äußerst begrenzte Reichweite der gesetzlichen Bedarfsfestschreibung ergeben sich demgegenüber aus einer systematischen Betrachtung. Hierbei sind zunächst verfassungs-, aber auch gemeinschaftsrechtliche Wertungen in Blick zu nehmen. Ihnen kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil es unter dem Aspekt „rangkonformer“ Auslegung allgemeinen methodischen Grundsätzen entspricht, Normen des einfachen Rechts so auszulegen, dass sie mit höherrangigen Wertungen soweit wie möglich in Einklang stehen310. Höherrangiges Recht ist insofern nicht nur Grenze der Auslegung, sondern fungiert zugleich als Impuls- und Richtungsgeber bei der Inhaltsbestimmung von Normen. a) Verfassungsrechtliche Wertungen Zur Ermittlung der demnach die Auslegung zuvorderst dirigierenden verfassungsrechtlichen Wertungen kann wesentlich auf Rechtsprechung des Bundesver310

Wank, Auslegung, S. 65 f., 68.

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fassungsgerichts zurückgegriffen werden, die zur Festlegung des Verkehrsbedarfs durch den Gesetzgeber ergangen ist311. Als von den Bedarfsregelungen berührte, verfassungsrechtlich besonders sensible Bereiche sieht das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang insbesondere den Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes sowie das Prinzip der Gewaltenteilung. aa) Rechtsschutzverkürzung Aus Art. 14 Abs. 1 GG sowie – hiermit eng verzahnt – der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG leitet das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung ab, dass „der staatliche Zugriff auf das Eigentum grundsätzlich der Kontrolle durch die zuständigen Gerichte unterworfen ist; der fachgerichtliche Rechtsschutz darf nur ausnahmsweise aus besonderen Gründen entzogen oder geschmälert werden.“312 Diesem verfassungsrechtlichen Gewährleistungsgehalt laufen die in den Ausbaugesetzen enthaltenen Bedarfsfestlegungen tendenziell zuwider, da es gegenüber formellgesetzlichen Anordnungen gerade keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz gibt313. Je weiter die den Bedarfsfestschreibungen zuerkannte Bindungswirkung reicht, desto eher stoßen sie daher an verfassungsrechtliche Grenzen314. Hieraus folgt umgekehrt, dass im Interesse effektiven Rechtsschutzes die Bedeutung der Bedarfsfestschreibungen für die konkrete Verwaltungsentscheidung möglichst gering gewichtet werden sollte. Das Bundesverfassungsgericht jedenfalls hält in einem Beschluss zu § 1 Abs. 2 SchWAbG v. 08. 06. 1998 den Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes gerade deshalb für nicht verletzt, weil die Beeinträchtigung des Rechtsschutzes durch die Bedarfsgesetze im Ver311 BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060; BVerfG, Beschl. v. 19. 07. 1995 – 2 BvR 2397.94 – NVwZ 1996, 261. 312 So BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060; siehe auch BVerfG, Urt. v. 18. 12. 1968 – 1 BvR 638, 673 / 64 u. a. – BVerfGE 24, 367, 398 ff.; BVerfG, Beschl. v. 10. 05. 1977 – 1 BvR 514.68 und 323.69 – BVerfGE 45, 297, 331, 333; BVerfG, Beschl. v. 17. 07. 1996 – 2 BvF 2.93 – BVerfGE 95, 1, 22. 313 Vgl. auch Tzschaschel, Rechtfertigungserfordernisse, S. 76 ff., der die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bedarfsregelungen vor allem im Hinblick auf die von ihnen ausgehende Rechtsschutzverkürzung für „zumindest fraglich“ hält. Argumentativ zieht er dabei Parallelen zu den sog. „Investitionsmaßnahmegesetzen“ (so etwa das Gesetz über den Bau der „Südumfahrung Stendal“ der Eisenbahnstrecke Berlin-Oebisfelde vom 29. 10. 1993 [BGBl. I S. 1906]); die gezogenen Vergleiche sind allerdings nur begrenzt tragfähig, da mittels der „Investitionsmaßnahmegesetze“ – anders als durch die Bedarfsgesetze – einzelne Verkehrsprojekte im Interesse eines beschleunigten Verfahrens bereits unmittelbar durch Bundesgesetz zugelassen wurden, um ein Planfeststellungsverfahren überflüssig zu machen und die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auszuschließen, vgl. die „Südumfahrung Stendal“ trotz harscher Kritik in der Literatur (vgl. nur Ronellenfitsch, in: Verkehrswegeplanung in Deutschland, S. 5 ff., 107 ff.) billigend BVerfG, Beschl. v. 17.07. 1996 – 2 BvF 2 / 93 – BVerfGE 95, 1, 19 f.; vgl. auch Blümel, DVBl. 1997, 205, 210. 314 Vgl. insofern VGH BW, Urt. v. 09. 12. 1994 – 5 S 1648.94 – VBlBW 1995, 275, 277, demnach eine aufgrund der Bedarfsgesetze gefällte „gesetzlich verbindliche Entscheidung für das Straßenbauvorhaben ( . . . ) mit Art. 14 Abs. 1 GG ( . . . ) schwerlich vereinbar“ wäre.

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gleich zum Rechtsschutz ohne die verbindlichen Bedarfsfestlegungen „praktisch kaum meßbar“ sei und „damit nicht ins Gewicht“ falle315. Zur Begründung führt es aus, der gesetzlichen Bedarfsregelung komme nach der Rechtsprechung der Fachgerichte nur begrenzte Reichweite zu. Denn der verbindlich festgelegte Bedarf stelle nur einen unter vielen Belangen dar, die bei der Planung von Bundesschienenwegen zu berücksichtigen seien. Eine unter verkehrlichen Aspekten vorzugswürdige Trasse könne immer noch an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Belangen scheitern. Erläuternd fügt das Bundesverfassungsgericht hinzu: „Erst die weitere Konkretisierung der Grundsatzentscheidung des Bedarfsgesetzgebers ergibt, ob das Vorhaben überhaupt durchgeführt wird und welche Grundstücke dafür gegebenenfalls in Anspruch genommen werden sollen. Im Rahmen dieser der Planfeststellungsbehörde obliegenden Entscheidung sind Raum, Einzelheiten der Trassenführung und mögliche Varianten sowie alle für und gegen das Vorhaben in seiner konkreten Gestalt sprechenden Belange abzuwägen und zu prüfen, ob das Vorhaben in dieser konkreten Gestalt i.S. des Art. 14 III 1 GG dem Wohl der Allgemeinheit dient.“ In einem früheren Beschluss zu § 1 Abs. 2 SchWAbG weist das Bundesverfassungsgericht gar darauf hin, dass nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung zu der vergleichbaren Vorschrift des § 1 Abs. 2 FStrAbG die Feststellung des Bedarfs gerade nicht für die Abwägung gelte316. Hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich letzterer Frage mittlerweile auch einen anderen Standpunkt eingenommen317, tritt doch deutlich hervor: Das Bundesverfassungsgericht hält die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen für verfassungsrechtlich unbedenklich, weil und soweit sie auf die konkrete Planfeststellung keinen bestimmenden Einfluss haben. Das lässt sich auch daran ablesen, dass das Bundesverfassungsgericht sogar zweifelt, ob sich die verwaltungsgerichtliche Kontrollintensität der Planfeststellung infolge der gesetzlichen Bedarfsregelung überhaupt geändert hat. Auch die Bedarfsgesetze seien ja nach der Rechtsprechung der Fachgerichte daraufhin zu überprüfen, „ob die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist.“318 Und weiter: „Daß der von der Rechtsprechung für die Kontrolle exekutivischer Bedarfsbestimmungen angewandte Maßstab des ,vernünftigerweise Gebotenseins‘ (. . . ) 315 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060; ähnlich bereits BVerfG, Beschl. v. 19. 07. 1995 – 2 BvR 2397.94 – NVwZ 1996, 261. 316 So BVerfG, Beschl. v. 19. 07. 1995 – 2 BvR 2397.94 – NVwZ 1996, 261 m.H.a. BVerwG, Urt. v. 22. 03. 1985 – 4 C 15.83 – BVerwGE 71, 166, 171 f. sowie BVerwG, Urt. v. 24. 11. 1989 – 4 C 41.88 – BVerwGE 84, 123, 126; die Entscheidung des BVerfG betraf Kommunalverfassungsbeschwerden, die – gestützt auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG – vortrugen, ihnen werde durch die gesetzliche Bedarfsfestlegung verwehrt, die Berücksichtigung ihrer Belange im Planungsverfahren geltend zu machen; das BVerfG äußert sich in diesem Zusammenhang sogar dahingehend, dass diese Auslegung sich schon einfach-rechtlich anbiete, verfassungsrechtlich aber auch geboten sei. 317 Vgl. oben bei Fn. 297, wonach aus den Bedarfsgesetzen der „Bedarf als in die Abwägung einzustellender Posten“ ablesbar sein soll. 318 BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060.

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eine deutlich intensivere gerichtliche Prüfung zugelassen hätte, ist (. . . ) nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.“ 319 Diesen Äußerungen lässt sich jedoch nicht nur entnehmen, für wie gering das Bundesverfassungsgericht die Wirkung der gesetzlichen Bedarfsregelungen hält, sondern auch – und das ist besonders bemerkenswert –, dass das Bundesverfassungsgericht offenbar davon ausgeht, die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen wirkten bindend alleine auf die Planrechtfertigung ein. Denn nur der hiermit verknüpfte Kontrollmaßstab des „vernünftigerweise Gebotenseins“ soll nach ihm durch die gesetzlichen Bedarfsregelungen ausgeschaltet werden; ein Einfluss auf die Abwägung wird demgegenüber – zumindest explizit – nicht angenommen. Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes spricht nach alledem für eine Auslegung der gesetzlichen Bedarfsregelungen, die der in ihnen enthaltenen „verbindlichen Festlegung des Bedarfs“ für die Planfeststellung nur marginale Bedeutung beimisst. bb) Gewaltenteilung Ein in dieselbe Richtung weisender Impuls für die Auslegung lässt sich auch einer Betrachtung des von den Bedarfsfestlegungen ebenfalls berührten, in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG niedergelegten Prinzips der Gewaltenteilung entnehmen. Zwar sind staatliche Planungsentscheidungen wie die in den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen zum Ausdruck kommenden als solche nicht per se der Exekutive vorbehalten320. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gleichwohl, wenn die Bedarfsfestlegungen so zu verstehen wären, dass sie selbst bereits über die jeweiligen Vorhaben abschließend befinden, da in diesem Falle in einen Bereich übergegriffen würde, „der üblicherweise der mit dem erforderlichen Verwaltungsapparat und Sachverstand ausgestatten Verwaltung vorbehalten ist“321. Ein solches Verständnis will das Bundesverfassungsgericht den Bedarfsgesetzen aber gerade nicht beimessen. Insoweit verweist es darauf, dass es sich bei den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen gerade nicht um eine derartige „Detailplanung“, sondern um eine „verkehrspolitische Leitentscheidung auf gesamtstaatlicher Ebene“ handelt, die der individuellen Betroffenheit weit vorgelagert ist322. Das hierin zum Ausdruck kommende Verständnis kann einzig richtig sein, will man dem verfassungsrechtlich verankerten Gewaltenteilungsprinzip hinreichend Rechnung tragen. BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060 f. BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1061 m.H.a. BVerfG, Beschl. v. 17. 07. 1996 – 2 BvF 2.93 – BVerfGE 95, 1, 17 („Südumfahrung Stendal“). 321 So BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1061. 322 BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1061; ebenso („politische Leitentscheidung“) auch BVerwG, Urt. v. 27. 10. 2000 – 4 A 18.99 – BVerwGE 112, 140, 147; BVerwG, Beschl. v. 30. 06. 2003 – 4 VR 2.03, A 3.03 – Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 10. 319 320

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b) Gemeinschaftsrechtliche Wertungen Ebenso wie verfassungsrechtliche sind auch gemeinschaftsrechtliche Wertungen bei der Auslegung zu berücksichtigen. Es ist deshalb danach zu fragen, welche Anforderungen sich insoweit der in bezug auf die Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben wichtigen UVP-Richtlinie sowie der FFH-Richtlinie entnehmen lassen. aa) UVP-Richtlinie323 Nach der UVP-Richtlinie ist vor der Erteilung der Genehmigung von öffentlichen oder privaten Projekten, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Vom Anwendungsbereich der Richtlinie sind auch Straßen- und Schienenvorhaben erfasst324. Der deutsche Umsetzungsgesetzgeber hat die Umweltverträglichkeitsprüfung als unselbstständigen, integralen Bestandteil der jeweiligen Genehmigungsverfahren ausgestaltet325 (vgl. die Begriffsbestimmung in § 2 UVPG326): In der Planfeststellung für Straßen- und Schienenvorhaben ist die Umweltverträglichkeit eines Vorhabens zu berücksichtigen (vgl. § 17 FStrG, § 18 AEG). Wenn nunmehr bereits – wie von Manssen favorisiert – durch Aufnahme eines Vorhabens in einen Bedarfsplan über das „Ob“ seiner Verwirklichung abschließend entschieden wäre, würde die Vorhabengenehmigung teilweise vorweggenommen und damit die erst im Rahmen der Planfeststellung angesiedelte Umweltverträglichkeitsprüfung in bedenklicher Weise verkürzt. Mit genau diesem Ansatz ist gegen das FStrAbG seitens der Europäischen Kommission im Jahre 1992 ein Beanstandungsverfahren eingeleitet worden327. Sie hielt damals fest, die Frage, ob etwa eine Straße gebaut werden solle, habe häufig erhebliche Umweltauswirkungen, weshalb sich auch für diesen Teil der Entscheidung eine UVP-Pflicht ergebe. Würde diese Frage bereits durch die Bedarfsfestlegungen bejaht, müssten diese ein Teil des UVP-Programmes sein. Daher meinte die Europäische Kommission, Unvereinbarkeiten zwischen der UVP-Richtlinie und dem FStrAbG festzustellen328. 323 Richtlinie 85 / 337 / EWG des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27. 06. 1985, ABlEG L 175 v. 05. 07. 1985, S. 40, geändert durch Richtlinie des Rates 97 / 11 / EG v. 0303.1997, ABlEG L 73 v. 14. 03. 1997, S. 5. 324 Vgl. Anhang I Nr. 7 lit. a, b, Anhang II Nr. 10 lit. c, e der UVP-Richtlinie. 325 Vgl. dazu näher Klöpfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 87, 328 ff. 326 I.d.F. der Bek. v. 05. 09. 2001 (BGBl. I S. 2350), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes v. 24. 06. 2004 (BGBl. I S. 1359). 327 Eingehend dokumentiert bei Telkämper (Hrsg.), UVP, S. 118 ff. 328 Die von der Europäischen Kommission erkannte Konfliktlage besteht auch in Anbetracht der sog. Plan-UP-Richtlinie (Richtlinie 2001 / 42 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme) fort, die schon bei der Verabschiedung bestimmter Pläne und Programme ab dem Umsetzungstermin 31. 07. 2004 eine sog. strategische Umweltprüfung vor-

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Für die hier interessierende Frage nach der Bedeutung der Bedarfsregelungen in der planerischen Abwägung ergibt sich damit, dass eine Auslegung der Bedarfsregelungen dahingehend, dass mit der Aufnahme eines Vorhabens über das „Ob“ seiner Verwirklichung bereits abschließend entschieden sein soll, einen Konflikt mit der UVP-Richtlinie befürchten lässt. Umgekehrt stehen die gesetzlichen Bedarfsregelungen um so eher mit der UVP-Richtlinie in Einklang, je weniger Bedeutung ihnen für die planerische Abwägung beigemessen wird. Dementsprechend hat auch die Bundesregierung in der Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission die Bedeutung der Bedarfsfestlegungen (zu Recht) marginalisiert329: „Die Bedarfsplanung stellt als erste Planungsstufe auf eine großräumige Betrachtung ab. Sie kann wegen ihres noch groben Maßstabes nur generell sein. In dieser Planungsstufe wird lediglich der voraussichtliche Bedarf von Straßen ermittelt und zusammengefasst. Mit der Aufnahme eines Straßenbauvorhabens in den Bedarfsplan als Bestandteil des Fernstraßenausbaugesetzes wird jedoch weder das Vorhaben verbindlich festgestellt noch eine bestimmte Trasse festgelegt. (Abs.) Die Bedarfsplanung verleiht auch nicht den für ein solches Vorhaben sprechenden fachplanerischen Belangen zusätzliche rechtliche Durchsetzungskraft. Sie kann insbesondere nicht Entscheidungen in den weiterführenden Planungsebenen vorwegnehmen. (Abs.) Sie schließt vielmehr grundsätzlich nur mit einer politischen Entscheidung ab.“ Mit ähnlicher Argumentation verneint das Bundesverwaltungsgericht330 einen Konflikt mit der UVP-Richtlinie: Es meint, der Bedarfsplan enthalte lediglich die Darstellung des zusammenhängenden Verkehrsnetzes, das einem weiträumigen Verkehr dienen solle. Er stelle damit ein globales und grobmaschiges Konzept dar, das für die nachfolgenden Verfahren noch weite planerische Spielräume belasse. Der Bedarfsplan enthalte daher nicht bereits eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens. Nach alledem spricht auch die UVP-Richtlinie im vorliegenden Zusammenhang dafür, den Bedarfsfestlegungen möglichst geringe Relevanz beizumessen: Denn je geringer die Bedeutung der Bedarfsfestlegungen, desto rechtlich unproblematischer sind sie331.

schreibt. Richtigerweise werden die Bedarfspläne von der Plan-UP-Richtlinie nämlich gar nicht erfasst, da sie nicht – wie von Art. 2 lit. a der Plan-UP-Richtlinie vorgesehen – aufgrund einer Rechtsvorschrift aufgestellt werden müssen (so Stüer, UPR 2003, 97, 100; ders., NVwZ 2002, 1164, 1166; Ronellenfitsch nach Stüer, DVBl. 2003, 1437, 1440; a.A. Lambrecht, NuR 2002, 265, 276). Überdies bleiben nach der Kollisionsnorm des Art. 11 Abs. 1 der Plan-UPRichtlinie die Anforderungen der UVP-Richtlinie ohnehin unberührt, so dass sich auch bei Anwendung der Plan-UP-Richtlinie keine Veränderungen ergeben. 329 Zitiert nach Telkämper (Hrsg.) UVP, S. 130 f. 330 Beschl. v. 22. 09. 1997 – 4 B 147.97 – UPR 1998, 72; s. auch BVerwG, Urt. v. 19. 05. 1998 – 4 C 11.96 – NVwZ 1999, 528, 529, demnach die UVP-Richtlinie verlangt, dass „die Entscheidung über die ,Genehmigung‘ des ,Projekts‘ (noch) für die Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung offen ist“. 331 Vgl. Mecklenburg, in: Recht und Um-Welt, S. 113, 130, welcher die Argumentation der Bundesregierung pointiert zusammenfasst: „Die Festlegungen durch § 1 Abs. 2 FStrAbG sollen eigentlich keine sein und deshalb sind sie rechtlich unproblematisch.“.

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bb) FFH-Richtlinie332 Gemäß Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie erfordern „Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen.“ Nach dem Wortlaut der Richtlinie sind somit bestimmte Pläne einer sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Die Bedarfspläne werden ohne derartige Verträglichkeitsprüfung aufgestellt. Auf Ebene der Bedarfsplangesetzgebung findet zwar (neuerdings) eine sog. Umweltrisikoeinschätzung sowie eine sog. FFHVerträglichkeitseinschätzung statt; diese haben aber andere Inhalte zum Gegenstand als die FFH-Verträglichkeitsprüfung333. Ob demgegenüber bei der Aufstellung von Bedarfsplänen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsste, ist heftig umstritten334. Diese Frage hängt nach Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie (entsprechend § 10 Abs. 1 Nr. 12 BNatSchG335) entscheidend davon ab, ob die Bedarfspläne selbst Schutzgebiete erheblich beeinträchtigen könnten. Je nachdem, ob eine solche Beeinträchtigungseignung in der Literatur bejaht oder verneint wird, wird gefolgert, dass eine FFHVerträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müsse oder nicht. So wird eine Beeinträchtigungseignung und damit eine Prüfungspflicht etwa mit dem Argument bejaht, dass nach der Rechtsprechung durch Aufnahme eines Vorhabens in den Bedarfsplan die Netzverknüpfung und damit die grundsätzliche Lage des Vorhabens feststehe336. Demgegenüber wird gegen eine entsprechende Prüfungspflicht unter anderem vorgebracht, dass auch eine Festlegung im Bedarfsplan nach der Rechtsprechung nicht dazu führt, dass Alternativtrassen oder die Null-Variante außer acht gelassen werden könnten337. Wie sich hieran zeigt, ist die Frage nach der Beeinträchtigungseignung der Bedarfsregelungen aufs engste damit verknüpft, welchen Sinn man ihnen für die konkrete Projektzulassung beimisst. Die Beeinträchtigungseignung hängt m.a.W. ihrerseits von der Auslegung der Bedarfsfestlegungen ab. In deren Rahmen ist i.S. 332 Richtlinie 92 / 43 / EWG des Rates vom 21. 05. 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABlEG L 206 v. 22. 07. 1992, S. 7, zuletzt geändert durch Richtlinie 97 / 62 / EG des Rates vom 27. 10. 1997, ABlEG L 305 v. 08. 11. 1997, S. 42. 333 Zum Verhältnis von FFH-Verträglichkeitseinschätzung und -Verträglichkeitsprüfung vgl. BT-Drucks. 15 / 1657, S. 12 (zum FStrAbG), BT-Drucks. 15 / 1656, S. 11 (zum SchWAbG); ferner Beckmann / Hünnekens, DVBl. 2002, 1508 f. 334 Vgl. die umfangreichen Nachweise bei Beckmann / Hünnekens, DVBl. 2002, 1508, 1509. 335 V. 25. März 2002 (BGBl. I 2002 S. 1193), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes v. 27. 12. 2004 (BGBl. I 2005, S: 186). 336 Lambrecht, NuR 2002, 265, 269. 337 Beckmann / Hünnekens, DVBl. 2002, 1508, 1513 ff.; Stüer, NVwZ 2002, 1164, 1166.

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gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung aber gerade erst zu berücksichtigen, dass bei Aufstellung der Bedarfsregelungen keine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Um einen Widerspruch zur FFH-Richtlinie auszuschließen, darf daher den Bedarfsplänen – solange eine entsprechende Verträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt wird (und ganz abgesehen davon, dass sie sich auf Ebene der grobmaßstäbigen Bedarfsplanung wohl auch nicht sinnvoll durchführen ließe338) – nur ein Sinn beigemessen werden, der eine Beeinträchtigungseignung ausschließt. Daher dürfen die Festlegungen eines Bedarfsplanes den Schutzstatus von FFH-Gebieten gar nicht verringern. Dies lässt sich auf der Stufe der Abwägung erreichen, indem die Bedeutung der Bedarfsregelungen hier möglichst gering gewichtet wird. Auch dies schließt es aus, die Bedarfsfestlegungen – wie von Manssen vertreten – dahingehend auszulegen, dass mit der Aufnahme eines Vorhabens in einen Bedarfsplan über das „Ob“ seiner Verwirklichung bereits abschließend entschieden ist.

c) Zwischenergebnis Damit lässt sich festhalten, dass jedenfalls die von Manssen favorisierte Interpretation der Bedarfsregelungen mit Verfassungs- wie Gemeinschaftsrecht schwerlich vereinbar ist. Es verbietet sich also in Anbetracht des Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes, des Gewaltenteilungsprinzips sowie der gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen der UVP- und der FFH-Richtlinie ein Verständnis der Ausbaugesetze dahingehend, dass infolge der gesetzlichen Bedarfsfestlegung die „so genannte Null-Variante nur dann eine rechtmäßige Planungsalternative“ ist, „wenn die Feststellung des Bedarfs ( . . . ) offensichtlich fehlsam und damit verfassungswidrig ist.“339 Vielmehr müssen die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen bereits von Verfassungs wegen so verstanden werden, dass im Einzelfall – auch wenn der Bedarf in ihnen nicht „offensichtlich fehlsam“ niedergelegt ist – aufgrund Überwiegens entgegenstehender Belange von dem Vorhaben insgesamt Abstand zu nehmen sein kann. Zumindest insoweit stimmt die hier vertretene Auffassung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überein340. Soweit das Bundesverwaltungsgericht aber meint, infolge der gesetzlichen Bedarfsregelungen stehe der „Bedarf als in die Abwägung einzustellender Posten“ fest, kann dem nicht gefolgt werden. Nach der hier vertretenen Auffassung kann den Bedarfsgesetzen vielmehr – wie bereits angesprochen – lediglich entnommen werden, dass für die projektierten Vorhaben überhaupt Bedarf besteht, sie also nicht von vornherein überflüssig sind. Die Intensität des Bedarfs muss hingegen Vgl. Beckmann / Hünnekens, DVBl. 2002, 1508, 1515 ff. So aber Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 320; bei genauer Betrachtung sind die Ausführungen Manssens auch in sich inkonsistent: So führt er andernorts (a. a. O., S. 317) aus, die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen stellten keine unzulässige Rechtsschutzverkürzung dar, da der Rechtsschutz gegen die Planungsentscheidungen weitenteils ungeschmälert erhalten bleibe. 340 Vgl. oben C I. 338 339

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bezogen auf die konkrete Abwägungsentscheidung gesondert ermittelt, gewichtet und mit anderen Interessen zum Ausgleich gebracht werden. Auch hierfür sprechen bereits die schon dargelegten verfassungs- respektive gemeinschaftsrechtlichen Parameter, nach denen die Bedeutung der Bedarfsregelungen für die konkrete Zulassungsentscheidung möglichst gering gewichtet werden sollte, darüber hinaus jedoch auch weitere gewichtige Gründe. d) Anforderungen des rechtsstaatlich abgesicherten Abwägungsgebots So lässt sich ein entscheidendes Argument für die hier vertretene Auffassung bereits aus der Natur der Abwägungsentscheidung selbst gewinnen. Das Abwägungsgebot gebietet, die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. § 17 Abs. 1 FStrG, § 18 Abs. 1 AEG). Dazu sind die jeweiligen abwägungserheblichen Fakten und Umstände zu ermitteln, zu gewichten und auszugleichen341. Das Gewicht eines Belangs offenbart sich allerdings erst aus der konkreten Situation heraus342. Die einzelnen abwägungserheblichen Posten sind daher keine statischen Faktoren, die – gleich tatbestandlichen Voraussetzungen – als gegeben oder nicht gegeben feststellbar wären. Vielmehr tritt ihre Bedeutung je für sich wie im Verhältnis zueinander erst anhand des jeweiligen Vorhabens in seiner konkreten Gestalt hervor. Dies gilt auch und gerade hinsichtlich des Bedarfs für ein Vorhaben343; den „Bedarf als in die Abwägung einzustellenden Posten“ gibt es nicht. Je dringender der Bedarf für ein Vorhaben ist, desto höher ist sein Gewicht in der Abwägung; je weniger bedeutsam der Bedarf, desto geringer seine Durchsetzungskraft gegenüber entgegenstehenden Belangen. Für die Abwägung kommt es demnach nicht nur darauf an, dass Bedarf besteht, sondern auch und gerade in welcher Intensität344; 341 Vgl. bereits oben § 11 sowie nur Dürr, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 34, Rn. 29.41: „Es kann grundsätzlich keine gerechte Abwägung geben, wenn die Planfeststellungsbehörde die für sie als abwägungserheblich erkennbaren Belange nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang ermittelt oder – bei der späteren Abwägung – nicht in dem erforderlichen Umfang berücksichtigt“. 342 Vgl. nur Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, § 4 Rn. 193 f. 343 Zumindest missverständlich ist es daher, wenn die Rechtsprechung ausführt, mit der Aufnahme in den Bedarfsplan sei (nur) über eine der „tatbestandlichen Zulassungsvoraussetzungen“ entschieden, so etwa BVerwG, Urt. v. 10. 04. 1997 – 4 C 5.96 – BVerwGE 104, 236, 249 f. 344 Vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 25. 02. 1988 – 4 C 32 u. 33.86 – DVBl. 1988, 844, 845: „Der hier von Anfang an umstrittene Entlastungseffekt war ( . . . ) für die Planung nicht nur ein feststehender Faktor, der ( . . . ) als gegeben oder nicht gegeben festzustellen war. Vielmehr darf nicht außer acht gelassen werden, daß es angesichts der zahlreichen widerstreitenden Belange maßgeblich auf den Grad der zu erwartenden Entlastung ankam. Die Frage, ob die widerstreitenden Belange schon bei einer geringeren oder erst bei einer bestimmten höheren Entlastung zurückzustellen sind, ist eine Kernfrage der planerischen Abwägung. Ist sie ohne hinreichend konkretes Abwägungsmaterial beantwortet worden, ist dieses fehlerhafte Vorgehen im gerichtlichen Verfahren nicht heilbar.“ (Hervorhebung durch den Verf.).

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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(auch) der Bedarf ist inhaltlich eben nicht von vornherein mit festen Konturen versehen, sondern hinsichtlich der in ihm zum Ausdruck kommenden infrastrukturellen Bedeutung eines Verkehrsweges von den konkreten Umständen des jeweiligen Falles abhängig. So ergibt sich die Netzfunktion einer Straße erst aus ihrer konkreten Anbindung an das bestehende Straßennetz und damit aus der konkret ins Auge gefassten Trassenführung; der Bedarf für einen mehrstreifigen Ausbau, eine Umgehungsstraße oder eine Schienenverbindung folgt aus der konkreten Entlastungsfunktion des Projekts. In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht345 jüngst festgestellt: „Ob eine im Bedarfsplan vierstreifig konzipierte Bundesstraße Eingriffe in Natur und Landschaft oder in sonstige Rechtsgüter rechtfertigt, hängt nicht zuletzt von ihrer Verkehrswirksamkeit ab, die unterschiedlich zu beurteilen ist, je nachdem, welche Bedeutung ihr als überregionaler oder bloß regionaler Verkehrsträger im Straßennetz der Bundesrepublik Deutschland zukommt.“ Vor diesem Hintergrund erweisen sich die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen als viel zu grobmaschig und damit zu wenig am Einzelfall orientiert, als dass sich aus ihnen der jeweilige Bedarf für ein Vorhaben auch nur im Ansatz abwägungsgerecht ablesen ließe346. Sie enthalten weder inhaltliche noch zeitliche Kriterien für die Vorhabenverwirklichung auf der nachfolgenden Planungsstufe der Planfeststellung347. Nicht hinreichend zur Differenzierung in der Lage ist bereits die in den Bedarfsplänen vorgesehene äußerst grobe Einteilung der Vorhaben in solche „vordringlichen“ und solche „weiteren“ Bedarfs. Überdies kommt den Bedarfsplänen auch in räumlicher Hinsicht eine nur äußerst eingeschränkte Aussagekraft zu348. Ihnen lässt sich lediglich die grundsätzliche Streckencharakteristik, nicht aber die konkrete Trassenführung entnehmen349; sie wird erst auf den nachfolgenden Planungsstufen festgelegt. Da die Bedarfspläne lediglich im FünfBeschl. v. 24. 02. 2004 – 4 B 101.03 – juris Nr.: WBRE410010666. Im Ansatz wie hier Bogs, Planung, S. 230, der die den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen von der Rechtsprechung zuerkannte Abwägungsrelevanz für überraschend hält, da „die Ausbauplanung nur grobmaßstäbig die Notwendigkeit der Verbindung zwischen Verbindungspunkten festlegt, während es Aufgabe der Planfeststellung ist, das Vorhaben für einen Teilbereich ganz genau zu verorten.“; s. auch Ronellenfitsch, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, § 17 Rn. 132, der zwar einerseits feststellt, durch § 1 Abs. 2 FStrAbG sei „automatisch die Planrechtfertigung gegeben“, andererseits aber konstatiert, dass „angesichts des weiten Maßstabs der Bedarfsplanung ( . . . ) bei der konkreten Ausgestaltung eines Vorhabens ohnehin regelmäßig Abweichungen möglich“ sind. Dann – so Ronellenfitsch weiter – lasse sich die „Erforderlichkeit der konkreten Trasse immer noch überprüfen“. Anders aber Gerhardt, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 114 Rn. 42 a.E. 347 Vgl. Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 7 Rn. 48. 348 Vgl. Bogs, Planung, S. 231, der zutreffend darauf hinweist, dass „aufgrund der begrenzten, grobmaßstäbigen Festlegungen des Verkehrsbedarfs“ die Bedarfspläne nicht die Aussage enthalten, „daß genau der ( . . . ) betroffene Abschnitt mit der gewählten Trasse dem Bedarf entspricht“. 349 Vgl. VGH BW, Beschl. v. 28. 12. 1995 – 5 S 335.95 – NVwZ 1996, 928; Schmitt, Finanzierung, S. 26 („grobe, schematisierende Trassenführung“); Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 7 Rn. 48; vgl. auch Rinke, in: Kodal / Krämer, Straßenrecht, Kap. 32 Rn. 20.6. 345 346

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

jahresrhythmus angepasst werden (vgl. § 4 FStrAbG, § 4 SchWAbG), können sie schließlich auch auf zwischenzeitliche Änderungen der Bedarfssituation nicht abwägungsgerecht reagieren. Die in all diesen Punkten zum Ausdruck kommende Grobmaschigkeit der gesetzlichen Bedarfsplanung ist letztlich darauf zurückzuführen, dass – wie das Bundesverfassungsgericht formuliert350 – die Bedarfsplanung eine „der individuellen Betroffenheit weit vorgelagerte“ „verkehrspolitische Leitentscheidung auf gesamtstaatlicher Ebene“ darstellt. Dies erkennt der Sache nach auch das Bundesverwaltungsgericht, wenn es davon spricht, dass die Bedarfspläne „als globales und grobmaschiges Konzept von vornherein nicht detailgenau“ sind351. Da sich aber – wie dargelegt – eine abwägungsgerechte Aussage hinsichtlich des Bedarfs für ein Vorhaben nur in bezug auf ein solches Vorhabens treffen lässt, dessen konkrete Gestalt bekannt ist, können die gesetzlichen Bedarfsregelungen nicht davon entheben, die Frage nach dem Bedarf anhand des jeweiligen konkret planfestgestellten Vorhabens zu beantworten. Dies zumal die Abwägungsentscheidung in ihrem Kern rechtsstaatlich abgesichert, für den einfachen Gesetzgeber also nicht disponibel ist. In Anbetracht dessen können die gesetzlichen Bedarfsregelungen allenfalls zur Folge haben, dass überhaupt Bedarf für ein Vorhaben besteht, es also nicht von vornherein überflüssig ist. Der „Bedarf als in die Abwägung einzustellender Posten“ kann mit den Bedarfsfestlegungen aber – entgegen der Ansicht der Rechtsprechung – nicht bereits feststehen. Unterstrichen wird dieser Befund durch die neuerdings in die Bedarfsgesetze aufgenommene gesonderte Kennzeichnung solcher Projekte, bei denen besondere Umweltrisiken bestehen352. Denn durch die vorgenommene Kennzeichnung zeigt der Gesetzgeber erkannte Konfliktfelder auf, löst die bestehenden Spannungslagen aber gerade nicht selbst, sondern weist die Konfliktbewältigung der nachfolgenden konkreten Projektplanung zu353. Dies aber impliziert, dass die zur Fachplanung berufenen Behörden die widerstreitenden Interessen im konkreten Fall eigenständig bewerten, gewichten und ausgleichen können müssen. Ob etwa ein Vorhaben trotz bestehender hoher ökologischer Risiken verwirklicht werden darf, hängt nicht zuletzt von der Intensität des ausgemachten Bedarfs ab354, zu der sich den Bedarfsgesetzen unmittelbar gerade keine näheren Angaben entnehmen lassen. Indem der Gesetzgeber lediglich grobmaßstäbige Handlungsanweisungen gibt, belässt er 350 BVerfG, Beschl. v. 08. 06. 1998 – 1 BvR 650.97 u. a. – NVwZ 1998, 1060, 1061; vgl. hierzu auch bereits oben 2 a. 351 BVerwG, Beschl. v. 22. 09. 1997 – 4 B 147.97 – UPR 1998, 72; BVerwG, Urt. v. 21. 03. 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370, 385; BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1996 – 4 C 29.94 – BVerwGE 102, 331, 344. 352 Hierzu bereits oben bei Fn. 278 sowie bei Fn. 333. 353 Vgl. BT-Drucks. 15 / 1657, S. 21, demnach die Abarbeitung der zu bewältigenden ökologischen Konflikthäufung „nur im Rahmen der konkreten Projektplanung möglich“ (Hervorhebung durch den Verf.) ist. 354 Vgl. in diesem Sinne auch den bereits o. in Fn. 345 zitierten Beschluss des BVerwG v. 24. 02. 2004 – 4 B 101.03 – juris Nr.: WBRE410010666.

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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m.a.W. notwendigerweise Raum für autonome Wertungen, der seitens der zuständigen Planungsbehörden auszufüllen ist.

e) Die Planrechtfertigung als eigentlicher Bezugspunkt der Bedarfsregelungen Die hinsichtlich der Abwägung von vornherein begrenzte Aussagekraft der gesetzlichen Bedarfsregelungen ergibt sich schließlich auch daraus, dass sich die Bedarfsfestlegungen im Schwerpunkt auf das Kriterium der Planrechtfertigung beziehen. Dies erweist – systematisch betrachtet – bereits ein Blick auf § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG, demnach die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 des Bundesfernstraßengesetzes entsprechen. Denn hiermit ist die erste Stufe der Planrechtfertigung, das (angebliche) Kriterium der Zielkonformität angesprochen, weshalb es nahe liegt, § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG auf die zweite Stufe der Planrechtfertigung, die Bedarfsprüfung, zu beziehen. Dies spricht dafür, den Bedarfsfestlegungen – bezogen auf die Abwägung – keine andere Funktion beizumessen, als der Planrechtfertigung im Verhältnis zur Abwägung überhaupt zukommt, nämlich die einer groben Vorabprüfung auf offensichtliche Mängel.

3. Entstehungsgeschichte In sich widersprüchlich und damit letztlich unergiebig sind die seitens des Gesetzgebers zu den verbindlichen Bedarfsregelungen ergangenen Äußerungen. So findet sich in der Gesetzesbegründung zu der heute in § 1 Abs. 2 SchWAbG niedergelegten Vorschrift die apodiktisch kurz gehaltene Feststellung355: „Mit Aufnahme (. . . ) in den Bedarfsplan wird im Planfeststellungsverfahren nur noch über die Art und Weise des Baus oder Ausbaus entschieden, da der Bedarf an Schienenwegen mit diesem Gesetz vom Gesetzgeber verbindlich festgestellt ist.“ Demnach würde der Gesetzgeber der verbindlichen Bedarfsplanung für Schienenwege ein Verständnis beimessen, das der oben bereits widerlegten Auffassung Manssens entspricht. Denn dieser will für die Planfeststellung ja auch nur die Frage nach Trassenvarianten zulassen, während über das „Ob“ der Verwirklichung mit der Aufnahme in einen Bedarfsplan bereits verbindlich entschieden sein soll356. Die gesetzgeberische Stellungnahme ist allerdings nicht so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint; im gleichen Atemzug stellt der Gesetzgeber nämlich fest357: „Dies entspricht der Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG.“ Demnach 355 356 357

BT-Drucks. 12 / 4609 (neu), S. 92. Vgl. oben II. BT-Drucks. 12 / 4609 (neu), S. 92.

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müsste der Gesetzgeber § 1 Abs. 2 FStrAbG dieselbe Funktion beimessen wie § 1 Abs. 2 SchWAbG, was aber nicht der Fall ist, wie sich aus seiner folgenden Feststellung ergibt358: „Die Verbindlichkeit der Bedarfsfeststellung nach § 1 Abs. 2 FStrAbG bedeutet, dass diese der Linienbestimmung und der Planfeststellung vorgegeben ist; hingegen verleiht die gesetzliche Verbindlichkeitserklärung den fachplanerischen Belangen keine zusätzliche rechtliche Durchsetzungskraft gegenüber entgegenstehenden Belangen. Deshalb kann die Bedarfsplanung die aufgrund der Abwägung aller betroffenen Belange in den nachfolgenden Planungsebenen zu treffenden Entscheidungen nicht vorwegnehmen oder ersetzen.“ Unter Zugrundelegung dieser gesetzgeberischen Stellungnahme würden die verbindlichen Bedarfsfestlegungen nichts daran ändern, dass sowohl über das „Ob“ als auch über das „Wie“ der Verwirklichung eines Vorhabens abschließend erst im Rahmen der konkreten Planfeststellung entschieden wird. Danach wäre also in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung sowie der hier favorisierten Auffassung trotz gesetzgeberischer Bedarfsfestlegung zu fragen, ob im Einzelfall entgegenstehende Belange dazu zwingen, von der Planung Abstand zu nehmen („Null-Variante“). Nicht mit Gewissheit lässt sich der vorgenannten Feststellung des Gesetzgebers allerdings entnehmen, ob nach seinem Willen infolge der Verbindlichkeit der Bedarfsfeststellung die Frage nach dem Bedarf in der Abwägung gar nicht mehr gestellt werden kann (so auch die Rechtsprechung359), oder ob mit der hier verfolgten Ansicht den gesetzlichen Bedarfsfestlegungen nur entnommen werden kann, dass überhaupt Bedarf für ein projektiertes Vorhaben besteht, die Planfeststellungsbehörde aber nicht davon entbunden ist, Aspekte des Bedarfs bezogen auf den Einzelfall zu ermitteln, zu gewichten und mit anderen Belangen auszugleichen360. Zwar spricht für das Konzept der Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber sich – anderenorts – dahingehend einlässt, mit der gesetzlichen Bedarfsfestlegung entfielen „zeitraubende Prüfungen bzw. Nachweise hinsichtlich des Bedarfs ( . . . ) sowohl im Planfeststellungsverfahren als auch bei Gerichtsverfahren.“361 Andererseits spricht aber für die hier vertretene Sicht, dass der Gesetzgeber in der bereits angeführten Drucksache die Bedeutung der Bedarfspläne für die konkreten Projekte mit deutlichen Worten relativiert362: „Als erste Planungsstufe ist die Bedarfsplanung auf eine großräumige Betrachtung abgestellt. Sie kann wegen ihres noch groben Maßstabes nur generell sein. Sie schließt ab mit der politischen Entscheidung, ob ein nach Netzverknüpfung und Richterquerschnitt beschriebenes Straßenbauprojekt planerisch weiterzuverfolgen ist. (Abs.) Erst in den nachfolgenden Planungsstufen der Linienbestimmung (§ 16 Bundesfernstraßengesetz – FStrG) und BT-Drucks. 12 / 3480, S. 6. Vgl. oben I. 360 Anders wohl Jarass, DVBl. 1998, 1202, 1211, der m.H.a. BT-Drucks. 12 / 3480, S. 6 einen Gleichlauf von gesetzgeberischem Willen und Handhabung durch die Rechtsprechung annimmt. 361 BT-Drucks. 11 / 6805, S. 67. 362 BT-Drucks. 12 / 3480, S. 6. 358 359

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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der Planfeststellung (§ 17 FStrG) können die Untersuchungen zu Einzelfragen vertieft und die einzelnen Belange mit dem ihnen jeweils zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt werden, so daß über die Realisierbarkeit und Gestaltung des Vorhabens abschließend entschieden werden kann.“ Diese letzteren gesetzgeberischen Erwägungen unterstreichen die hier im Zentrum stehende These, dass die in den Ausbaugesetzen enthaltenen Bedarfsfestlegungen zu grobmaschig sind, um die Bedeutung des jeweiligen Infrastrukturvorhabens abwägungsgerecht hervortreten zu lassen. Letztlich sind die angeführten gesetzgeberischen Äußerungen freilich zu inkonsistent, als dass sie im Rahmen der Auslegung überhaupt besondere Bedeutung erlangen könnten; der Wille des Gesetzgebers tritt nicht eindeutig hervor. Immerhin lässt sich aber der Umstand, dass der Gesetzgeber selbst die Bedarfsplanung als „auf eine großräumige Betrachtung angelegt“ bezeichnet und ihren „groben Maßstab“ gesondert hervorhebt, damit in Einklang bringen, dass er an anderer Stelle die Bedarfsplanung einzig in Beziehung setzt zur groben Vorabprüfung „Planrechtfertigung“363. Überhaupt ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung „verbindlich für die Planfeststellung“ lediglich „verbindlich für die Planrechtfertigung“ gemeint hat. Denn durch die Neufassung der Bedarfsgesetze hat er auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reagiert, nach der die Bedarfspläne für die Planrechtfertigung nur indizielle Bedeutung haben sollten364. Ziel dieser Änderung war nach wohl einhelliger Auffassung im Schrifttum365 die Überwindung der Planrechtfertigungsprüfung durch gesetzliche Fixierung. Insbesondere angesichts der drängenden Vorhaben in Ostdeutschland glaubte man, sich den „Risikofaktor“ Planrechtfertigung im Interesse der Verfahrensbeschleunigung nicht mehr leisten zu können366. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber damit die Bedeutung dieses – wie im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt – fiktiven, jeglicher dogmatischer Eigenständigkeit entbehrenden Kriteriums maßlos überschätzt hat, kann den Bedarfsgesetzen daher letzten Endes hinsichtlich der Abwägung keine andere Bedeutung zukommen, als der Planrechtfertigung im Verhältnis zur Abwägung überhaupt nur zukommen kann, nämlich die einer groben Vorabprüfung auf offensichtliche Mängel. Auch dies spricht dafür, die Bedeutung der Bedarfsgesetze für die Abwägung gering zu gewichten. Überdies ist zu berücksichtigen, dass – wie der VGH Mannheim überzeugend herausgearbeitet hat367 – die Ausbaugesetze nach ihrer Entstehungsgeschichte ausschließlich ein Instrument der Finanzplanung waren, das in erster Linie Wirkungen Vgl. BT-Drucks. 15 / 1657, S. 23 f. Vgl. hierzu bereits oben A sowie BT-Drucks. 11 / 6805, S. 67. 365 Vgl. etwa Dürr, VBlBW 1992, 321, 322; Gaentzsch, DVBl. 2000, 741, 744; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 315 f.; Stüer / Probstfeld, Planfeststellung, Rn. A 145. 366 Gaentzsch, DVBl. 2000, 741, 744; Manssen, in: Flughafenplanung, S. 307, 316. 367 VGH BW, Urt. v. 17. 11. 1995 – 5 S 334.95 – VBlBW 1996, 265, 268; VGH BW, Beschl. v. 28. 12. 1995 – 5 S 335.95 – NVwZ 1996, 928 f. 363 364

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

haushaltsrechtlicher Art erzeugen sollte368. Auch wenn die verbindlichen Bedarfsfestlegungen „eine partielle, nämlich auf die Planrechtfertigung von Neuund Ausbauvorhaben begrenzte Bedeutung planungsrechtlicher Natur“369 haben, ist diese primär haushaltsrechtliche Zielsetzung der Bedarfsgesetze doch im Kern erhalten geblieben370 – und zwar sowohl hinsichtlich des „Ob“ als auch hinsichtlich des „Wie“ der Vorhabenverwirklichung371. So hat etwa „die Festlegung des Querschnitts im Bedarfsplan ersichtlich den Zweck, die für den Straßenbau eingesetzten Haushaltsmittel des Bundes entsprechend aufzuteilen.“ 372 Im Hinblick auf diese Zusammenhänge nimmt die Rechtsprechung an, dass selbst den Bedarfsplänen zuwiderlaufende Vorhaben planungsrechtlich unbedenklich sein können. Auch hierin kann ein sicheres Indiz dafür gesehen werden, die Bedeutung der verbindlichen Bedarfsfestschreibungen für die Abwägung – wie hier vertreten – zu marginalisieren.

4. Zur normzweckorientierten Auslegung Schließlich gilt es, den Normzweck der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen in Betracht zu ziehen. Die am Normzweck orientierte teleologische Auslegung versucht, diejenige Interpretation der jeweils in Rede stehenden Bestimmung zu ermitteln, die dem Normzweck am ehesten entspricht. Uneinheitlich wird dabei allerdings beurteilt, ob unter Normzweck die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers (subjektive Auslegung) oder ein sog. objektivierter Zweck des Gesetzes verstanden werden soll373. Diese Auseinandersetzung ist vorliegend jedoch nicht weiter von Bedeutung, da sowohl subjektive als auch objektiv-teleologische Betrachtung zu einem übereinstimmenden Ergebnis führen. 368 Vgl. ausführlich zur haushaltsrechtlich motivierten Entstehungsgeschichte der Bedarfspläne etwa Springob, in: Bedarfsplanung – Planfeststellung – Immissionsschutz, S. 81, 89 ff.; Ossenbühl, Ausbauplanung, in: Straßenrechtsgesetzgebung, S. 297, 300 ff. Die primär haushaltsrechtliche Zielsetzung erweist auch ein Blick auf die Vorschriften des § 5 FStrAbG, § 5 SchWAbG, wonach die Bedarfspläne – vermittels der auf ihrer Grundlage durch das Bundesverkehrsministerium aufgestellten Fünfjahrespläne – den Rahmen für die dem jährlichen Haushaltsplan als Anlage beigefügten Ausbaupläne bilden; vgl. auch Schmitt, Finanzierung, S. 25 f., die die gesetzliche Bedarfsplanung unter der Überschrift „Die Planung der finanziellen Mittel für den Fernstraßenbau“ einordnet. 369 VGH BW, Urt. v. 17. 11. 1995 – 5 S 334.95 – VBlBW 1996, 265, 268; beinahe wortlautidentisch VGH BW, Beschl. v. 28. 12. 1995 – 5 S 335.95 – NVwZ 1996, 928. 370 Vgl. beispielshalber BT-Drucks. 12 / 3480, S. 7 f., 16 ff., wo detailliert aufgelistet ist, in welcher Höhe zur Verwirklichung der einzelnen Projekte Finanzmittel erforderlich sind; vgl. auch BT-Drucks. 15 / 1657, S. 21, wonach dem „Weiteren Bedarf“ diejenigen wünschenswerten Vorhaben angehören, deren Investitionsvolumen den Finanzrahmen bis 2015 überschreitet. 371 So VGH BW, Beschl. v. 28. 12. 1995 – 5 S 335.95 – NVwZ 1996, 928. 372 VGH BW, Beschl. v. 28. 12. 1995 – 5 S 335.95 – NVwZ 1996, 928. 373 Vgl. nur Wank, Auslegung, S. 37 f., 73, 79.

§ 13 Die gesetzliche Bedarfsfestlegung in Ausbaugesetzen

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Hinsichtlich der – im Detail allerdings nicht immer eindeutig hervortretenden – Regelungsabsichten des Gesetzgebers lässt sich vorliegend festhalten, dass er mit Hilfe der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen die Zulassungsverfahren beschleunigen wollte. Dabei entspricht es – wie bereits herausgearbeitet374 – wohl am ehesten seiner Vorstellung, in den Bedarfsregelungen im Interesse der Verfahrensbeschleunigung eine gesetzliche Festschreibung des Kriteriums der Planrechtfertigung zu sehen. Danach sollte der intendierte Beschleunigungseffekt auf dieser (angeblichen) Stufe der Rechtsbindung des Verwaltungshandelns, nicht aber in der Abwägung erzielt werden. Wenn überhaupt, macht eine Bedarfsregelung auch allein auf das (fiktive) Kriterium der Planrechtfertigung bezogen Sinn. Die Funktion einer groben Vorabprüfung können die ja ebenfalls grobmaschig gehaltenen Bedarfspläne nämlich erfüllen. Umgekehrt folgt hieraus für die Abwägungsrelevanz der gesetzlichen Bedarfsfestlegungen allerdings, dass sie – wie bereits aufgezeigt – lediglich den Zweck haben können, der auch der Planrechtfertigung bezogen auf die Abwägung sinnvollerweise nur zukommen kann: Sie können nur die im Rahmen der Planrechtfertigung gestellte Frage beantworten, ob überhaupt Bedarf für ein Vorhaben besteht, nicht jedoch die Frage nach dem konkreten Ausmaß des Bedarfs, wie sie sich im Rahmen der Abwägung stellt. Auch bei objektiv-teleologischer Betrachtung tritt der Gedanke der Verfahrensbeschleunigung als Normzweck hervor. Maximale Beschleunigungswirkung würde erzielt, wenn durch Aufnahme eines Vorhabens in den Bedarfsplan der Bedarf als im Rahmen der Planfeststellung in die Abwägung einzustellender Posten nicht mehr gesondert geprüft werden müsste sowie über das „Ob“ der Verwirklichung bereits abschließend entschieden wäre. Allerdings gilt es bei der Ermittlung des konkreten Normzwecks zugleich allgemeine objektiv-teleologische Kriterien zu berücksichtigen. „Das Postulat der Gerechtigkeit, gleich zu Bewertendes gleich zu behandeln“, fordert insofern „die Vermeidung von Wertungswidersprüchen in den Grenzen des Möglichen.“375 Verfahrensbeschleunigung kann danach nur insoweit Ziel der Bedarfsregelungen sein, als dies nicht zu Wertungswidersprüchen innerhalb der Rechtsordnung führt. Unter diesem Gesichtspunkt ist im vorliegenden Zusammenhang der Normzweck der Verfahrensbeschleunigung mit dem Abwägungsgebot selbst in Einklang zu bringen. Mit der Natur der Abwägungsentscheidung aber ist – wie bereits dargelegt – nur ein solches Verständnis der Bedarfsregelungen vereinbar, nach dem die Bedarfsfestlegungen nicht davon entheben, die Frage nach der Intensität des Bedarfs anhand des jeweiligen konkret planfestgestellten Vorhabens zu beantworten. Den Bedarfsregelungen lässt sich nur entnehmen, dass überhaupt Bedarf für das jeweilige Vorhaben besteht, nicht aber, mit welcher Intensität. Nur insoweit kann die Verfahrensbeschleunigung daher auch bei objektiv-teleologischer Betrachtung Ziel der Bedarfsregelungen sein.

374 375

Vgl. oben 3. Larenz, Methodenlehre, S. 344.

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4. Teil: Konsequenzen aus dem Abschied

5. Zusammenfassung Demnach sprechen vorliegend vor allem systematische, aber auch entstehungsgeschichtliche sowie teleologische Aspekte dafür, die Bedeutung der Bedarfsfestlegungen in der Planfeststellung möglichst gering zu gewichten. Die Bedarfsregelungen als gesetzgeberische Handlungsanweisungen können aber auch nicht völlig inhaltslos sein. In der Zusammenschau ist den Bedarfsfestlegungen daher ein dahingehendes Verständnis beizumessen, dass überhaupt ein Bedarf für das in Angriff genommene Vorhaben besteht. Mit der Aufnahme eines Projektes in den Bedarfsplan ist m.a.W. weder über das „Ob“ seiner Verwirklichung abschließend entschieden noch lässt sich der Bedarf als Abwägungsbelang umfassend aus den Bedarfsregelungen ablesen. Hiermit geht wie selbstverständlich einher, dass nicht in den Bedarfsgesetzen enthaltene oder von den Festsetzungen abweichende Vorhaben geplant werden dürfen. Die gesetzlichen Bedarfsfestlegungen entheben nach alledem nicht davon, die Frage nach dem Ausmaß des Bedarfs bezogen auf das konkrete Projekt zu stellen. Aspekte des Bedarfs sind also trotz gesetzlicher Festlegung nach Maßgabe der allgemeinen Abwägungskontrollkriterien zu ermitteln, zu gewichten und mit widerstreitenden Interessen auszugleichen. Damit lässt sich den in Gesetzesform ergangenen Ausbauplänen trotz „verbindlicher“ Bedarfsfestschreibung i.S. der ursprünglichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nach wie vor im Wesentlichen lediglich verwaltungsinterne, vor allem haushaltsrechtliche Relevanz beimessen; darüber hinaus mag den im Gesetzgebungsverfahren angestellten Erwägungen im Rahmen der gerichtlichen Tatsachenfeststellung hinsichtlich des Bedarfs indizielle Bedeutung zukommen. Nach alledem sind die gesetzlichen Bedarfsregelungen praktisch von nur sehr geringer Bedeutung. Denn eine von der Bedarfsplangesetzgebung erfasste Planung lässt sich infolge der „verbindlichen“ Bedarfsfestschreibungen lediglich nicht mehr mit dem Argument angreifen, es bestehe keinerlei Bedarf für ein Vorhaben, dieses sei überflüssig. Darüber hinaus ist mit der gesetzlichen Bedarfsfestlegung zugunsten eines Vorhabens aber gegenüber der früheren Rechtslage nichts gewonnen.

Fünfter Teil

Auf dem Prüfstand: Die Planfeststellung für Energieanlagen gem. § 11a EnWG nach dem Abschied von der Planrechtfertigung Von besonderem Interesse ist die Planfeststellung für Energieanlagen nach § 11a EnWG. Dies einmal deshalb, weil dieser Planfeststellungsvorbehalt erst vor relativ kurzer Zeit eingefügt wurde1, zum anderen, weil § 11a EnWG in Satz 6 als einziger Fachplanungsvorbehalt ausdrücklich eine – Parallelen zur Planrechtfertigung aufweisende – Zielentsprechung verlangt2. Ist die Auswahl legitimer Ziele nach dem Konzept dieser Arbeit in anderen fachgesetzlichen Zusammenhängen vollständig der Abwägungskontrolle überantwortet3, besteht demnach hier ein weiteres, als Teil zwingenden Gesetzesrechts der Abwägungskontrolle vorgelagertes Prüfkriterium. Wie sich zeigen wird, bestehen allerdings Berührungspunkte zwischen Zielentsprechung und Abwägung.

§ 14 Die Prüfung der Zielentsprechung (§ 11a Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 1 EnWG) A. Zielkonflikte in den gesetzlichen Vorgaben § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG bestimmt, dass ein Vorhaben den Zielen des § 1 EnWG entsprechen muss. Auf den ersten Blick liegt damit nahe, dass eine Planung mit sämtlichen der in § 1 EnWG niedergelegten Zielsetzungen übereinstimmen muss. Dass ein Leitungsvorhaben gleichermaßen eine „sichere, preisgünstige und umweltverträgliche“ Energieversorgung bezweckt, ist allerdings schwerlich vorstellbar. Die drei im Gesetz positivierten Ziele stehen in einem Spannungsverhältnis, sind oftmals sogar gegenläufig4. Konflikte bestehen dabei zwischen allen Zielen des § 1 EnWG in wechselseitiger Form. 1 Eingefügt durch Art. 20 Nr. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz v. 27. 07. 2001 (BGBl. I S. 1950, 2018). 2 Vgl. oben Dritter Teil § 6 E. 3 Vgl. oben Dritter Teil § 7, Vierter Teil § 11. 4 Vgl. etwa Büdenbender, EnWG, § 1 Rn. 36 ff.

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

Dies gilt zunächst für das Verhältnis von Sicherheit und Preisgünstigkeit. So bewirkt etwa die im deutschen Verbundnetz übliche „Vermaschung“ von Leitungsnetzen, d. h. die Schaffung von redundanten Übertragungswegen, nicht nur, dass bei Ausfall einer Leitung die Energieversorgung noch immer gewährleistet werden kann, sondern zugleich auch, dass die immensen zusätzlich erforderlich werdenden Aufwendungen die Energiepreise erhöhen. Eine sichere Energieversorgung hat eben ihren Preis. Ebenso birgt das Verhältnis von Sicherheit und Umweltverträglichkeit wechselseitige Zielkonflikte: Zusätzliche Leitungen, die dem Interesse der Versorgungssicherheit dienen, bedeuten Eingriffe in den Naturhaushalt sowie das Landschaftsbild. Umgekehrt sind beispielsweise Schwankungen des dem Anliegen einer umweltverträglichen Energieversorgung dienenden (vgl. § 2 Abs. 5 EnWG) Windkraft-Aufkommens geeignet, Störungen oder gar einen großflächigen Netzzusammenbruch hervorzurufen, was dem Interesse der Versorgungssicherheit zuwiderläuft; die entstehenden Schwankungen auszugleichen erfordert – womit überdies das Kriterium der Preisgünstigkeit berührt ist – die kostenintensive Bereithaltung sog. Regelenergie5. Zudem lässt sich über Energie aus Wind oder Sonne – da weder Wind noch Sonne kalkulierbar und beständig zur Verfügung stehen – nicht die sog. Grundlast, d. h. die permanent benötigte Leistung, abdecken. Einseitig am Ziel einer umweltverträglichen Energieversorgung ausgerichtete Ansätze vermögen daher Versorgungssicherheit nicht zu gewährleisten. Schließlich wachsen – um das (Spannungs-)Verhältnis von Umweltverträglichkeit und Preisgünstigkeit zu exemplifizieren – die Gestehungskosten der Energieerzeugung durch vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien beträchtlich an. Andererseits spricht für ihren Einsatz mit Blick auf die Endlichkeit fossiler Energieträger aber der Aspekt der langfristigen Sicherung der Energieversorgung.

B. Zielentsprechung und Abwägung Wie sich bereits anhand dieses kurzen Überblicks erweist, erfordert die Lösung der gesetzlich niedergelegten Zielkonflikte eine Entscheidung, die die im konkreten Einzelfall bestehenden gegenläufigen Interessen einander wertend und gewichtend gegenüberstellt sowie einen vertretbaren Ausgleich zwischen ihnen herstellt. Dabei können – wie bereits im Wortlaut von § 1 EnWG zutreffend zum Ausdruck kommt („möglichst“) – nicht alle abstrakt gleichrangigen6 Ziele des § 1 EnWG gleichermaßen Berücksichtigung finden. Im Einzelfall ist es sogar denkbar, dass etwa das Ziel der Versorgungssicherheit derart überwiegt, dass die anderen Ziele weitestgehend oder gar völlig zurückstehen müssen. Damit bestehen offensichtlich 5 Vgl. zum Ganzen etwa FAZ Nr. 149 v. 01. 07. 2003, Seite T1 („Die Sicherheit der Stromversorgung leidet unter der Windkraft“); DIE WELT v. 12. November 2002 („Windkraft-Ausbau führt zu Engpässen im Stromnetz“). 6 Büdenbender, EnWG, § 1 Rn. 32 ff.; Danner / Theobald, in: Danner, EnWG, § 1 Rn. 6; Horstmann, Netzzugang, S. 93 f. m. w. N.; vgl. auch BT-Drucks. 13 / 7274, S. 13 f.

§ 14 Die Prüfung der Zielentsprechung

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Berührungspunkte zur auf den Ausgleich divergierender Belange zielenden Abwägungsentscheidung. In Anbetracht dessen wird in der Literatur teilweise angenommen, die nach § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG (als Element der Planrechtfertigung) zu prüfende Frage, ob das jeweilige Vorhaben den Zielen des § 1 EnWG entspricht, führe „zu einem gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren energiepolitisch-planerischen Konkretisierungsspielraum der Planfeststellungsbehörde“7, wobei eine eindeutige Trennung von der Abwägung nicht möglich sei. Zu überzeugen vermag ein derartiges Verständnis von § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG indes nicht. Völlig unklar bleibt nämlich, wie der nebulös als „energiepolitisch-planerischer Konkretisierungsspielraum“ umschriebene, von der Abwägung zwar angeblich nicht trennbare, aber offenbar doch zu unterscheidende Entscheidungsfreiraum inhaltlich zu konturieren und rechtlich zu kontrollieren sein soll8. Durch die Einführung derartig unscharfer und theoretisch nicht durchdrungener Kategorien werden behördliche Planungstätigkeit wie gerichtliche Kontrolle erschwert, was einen Verlust an Rechtssicherheit befürchten lässt. Richtigerweise ist demgegenüber die Ausgleichung der in § 1 EnWG enthaltenen Zielkonflikte, d. h. die Entscheidung, welche Belange im Einzelfall vor- und welche zurückzustellen sind, vollständig in der dogmatisch gesicherten wie praktisch erprobten Abwägungsentscheidung zu verorten, also wie selbstverständlich als Teil des allgemeinen planerischen Gestaltungsprogramms zu begreifen. Ist demnach die Ausgleichung der Zielkonflikte der allgemeinen Abwägungskontrolle zu unterziehen, so kann es, wenn § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG die Entsprechung der Ziele des Vorhabens mit den gesetzlichen Zielen des § 1 EnWG verlangt, als zwingende, durch Abwägung nicht überwindbare Anforderung nicht darum gehen, positiv die Übereinstimmung eines Vorhabens mit sämtlichen Zielen festzustellen, sondern nur darum, negativ solche Vorhaben auszugrenzen, die keinem der gesetzlich positivierten Ziele dienen. Umgekehrt passiert ein Vorhaben die Hürde des § 11a Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 1 EnWG damit bereits dann, wenn es auch nur einem der gesetzlich niedergelegten Ziele zuordbar ist. Die Prüfung der Zielentsprechung nimmt demnach die Funktion ein, Vorhaben auszuscheiden, deren Zwecksetzungen jenseits der Ziele des § 1 EnWG liegen. § 1 EnWG markiert insofern eine äußere Grenze jeder Planungstätigkeit.

Hermes / Pöcker, RdE 2002, 85, 88 (unter dem Kriterium der Planrechtfertigung). Unschlüssig ist zudem, weshalb das Kriterium der Planrechtfertigung ausgerechnet im Bereich des § 11a EnWG einen exekutiven Entscheidungsfreiraum gewähren sollte, obwohl es ansonsten ständiger Rechtsprechung entspricht, dass die Planrechtfertigung grundsätzlich gerichtlicher Vollkontrolle unterliegt, vgl. oben Zweiter Teil § 4 A II. Für gerichtliche Vollkontrolle auch hinsichtlich § 11a EnWG demgemäß wie selbstverständlich Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 78. 7 8

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

C. Die Zielentsprechung vor dem Hintergrund ihrer dogmatischen Grundlegung Insofern bestehen Parallelen zur nach herkömmlichem Verständnis unter dem Kriterium der Zielkonformitätsprüfung als Element der Planrechtfertigung durchgeführten Kontrolle. Auch die Zielkonformitätsprüfung leistete der Sache nach nur die Funktion eines bloßen Ausschlusskriteriums. Hierbei ging es nicht darum, positiv festzustellen, ob ein Vorhaben bestimmten Zielen genügte, sondern vielmehr negativ darum, solche Vorhaben auszugrenzen, für die sich überhaupt keine vernünftigen Ziele finden ließen. Da allerdings im Regelfall – etwa im Fernstraßenrecht – keine Zielklauseln und damit keine rechtlich handhabbaren Begrenzungen für die Auswahl von Zielen vorlagen, war die Auswahl legitimer Zielsetzungen der Sache nach der Beliebigkeit preisgegeben9. Insbesondere deshalb ist die Kontrolle der Zielauswahl – wie im Rahmen dieser Untersuchung aufgezeigt – im Regelfall vollständig in der Prüfung der Frage enthalten, ob eine gerechte Abwägung der von dem jeweiligen Vorhaben berührten Belange stattgefunden hat. Anders im Rahmen der Planfeststellung für Energieleitungen nach dem Energiewirtschaftsgesetz: Hier besteht mit § 1 EnWG ein abschließender Katalog von Zielvorgaben. Außerhalb der in dieser Bestimmung positivierten Ziele darf daher nicht geplant werden. Damit existiert im Falle der Planfeststellung für Energieleitungen ein weiteres, als Teil zwingenden Rechts der Abwägungskontrolle vorgelagertes Prüfkriterium. Auf der anderen Seite sind – wie bereits aufgezeigt – die in § 1 EnWG niedergelegten Zielsetzungen sämtlich auch abwägungsrelevant. Damit bewirkt die zwingend angeordnete Prüfung der Zielentsprechung, dass bestimmte, in ihrem Kern abwägungserhebliche Elemente – insoweit vergleichbar der Schranke der Planrechtfertigung – bereits vorab untersucht werden müssen. Der dogmatische Ansatz ist dabei jedoch ein völlig anderer als nach herkömmlicher Diktion: Die Kontrolle der Zielentsprechung erweist sich als Folge einer zwingenden gesetzgeberischen Anordnung, ist nicht aber losgelöst von ihr als Element eines allgemeinen, auf Art. 14 Abs. 3 GG gestützten Kriteriums durchzuführen, wie dies nach der Rechtsprechung bei der Kontrolle von Zielkonformität und Bedarf im Rahmen der Planrechtfertigung der Fall sein sollte10. Vor dem Hintergrund der erfolgten dogmatischen Grundlegung ergibt sich wie selbstverständlich, dass im Rahmen der Zielentsprechung eine unmittelbare Anknüpfung an Art. 14 GG als Prüfungsmaßstab verwehrt ist. Den Prüfungsmaßstab bildet vielmehr § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG selbst. Mittelbar ergibt sich ein verfassungsrechtlicher Bezug freilich daraus, dass den fachgesetzlichen Verwaltungszielen – wie anderen rechtsnormativen Anordnungen auch – ihrerseits kein verfassungswidriger Inhalt beigemessen werden darf. Insofern lassen sich Grenzen für die Bejahung der Zielentsprechung durchaus aus der Verfassung ableiten. Es verbietet sich hiernach etwa im Falle ent9 10

Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A I 1. Vgl. oben nur Dritter Teil § 6 A.

§ 14 Die Prüfung der Zielentsprechung

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eignungsrechtlicher Vorwirkung, den verwaltungsgesetzlichen Zielen einen Sinngehalt beizumessen, der generell und von vornherein nicht dazu geeignet ist, entgegenstehende Eigentumsbelange zu überwinden, also schlechterdings nicht vor Art. 14 Abs. 3 GG standhält. Als einfachrechtliches Einfallstor für entsprechende Wertungen lässt sich die in § 1 EnWG statuierte Gemeinwohlbindung der gesetzlichen Zielvorgaben begreifen. Dieser wird zwar im Allgemeinen über die Beachtung der Zielvorgaben hinaus mit der Begründung keine eigenständige rechtliche Bedeutung zuerkannt, dass den normativ verankerten Zielen (sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieversorgung) der erforderliche Gemeinwohlbezug stets immanent sei11. Wie sich im Folgenden zeigen wird, gibt es aber im Anwendungsbereich von § 11a EnWG Grenzfälle, in denen die Erfüllung des Gemeinwohlerfordernisses zweifelhaft erscheint. Insoweit erfolgt im Rahmen der Zielentsprechung eine einfachrechtliche, aber verfassungskonforme Maßstabsbildung. Folge dieser einfachrechtlichen Anknüpfung ist, dass sich neben dem Prüfungsmaßstab auch der Anwendungsbereich der Zielentsprechung aus § 11a Abs. 1 EnWG selbst ergibt. Damit ist er – anders als der Anwendungsbereich der Planrechtfertigung12 – klar umrissen: Da nämlich § 11a Abs. 1 EnWG das Erfordernis der Zielentsprechung nicht auf bestimmte Vorhabenstypen beschränkt, ist die Zielentsprechung ausnahmslos bei jeder nach § 11a EnWG durchzuführenden Planungsmaßnahme zu prüfen. Sie findet damit insbesondere unabhängig davon Anwendung, ob durch die Planungsmaßnahme individual-, d. h. vor allem eigentumsrechtliche Positionen betroffen werden oder nicht. Eine subjektivrechtliche Rückanknüpfung ist für die Zielentsprechung eindeutig nicht erforderlich. Ohne Bedeutung für die Reichweite der Zielentsprechung ist auch, ob Träger des Leitungsvorhabens – wie regelmäßig – ein Privater ist oder nicht. Auch die Frage nach der Kontrolldichte lässt sich vor dem Hintergrund der vorgenommenen dogmatischen Grundlegung leicht beantworten: Als zwingende, durch Abwägung nicht überwindbare gesetzliche Anordnung unterliegt die Zielentsprechung grundsätzlich gerichtlicher Vollkontrolle. Es wäre allerdings falsch, hieraus eine besonders starke Einengung des behördlichen Entscheidungsspielraums zu folgern. Will man respektieren, dass die den Kern des behördlichen Gestaltungsspielraums ausmachende Abwägungsentscheidung nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt, so darf man die inhaltlichen Anforderungen an die gerichtlicher Vollkontrolle unterliegende Zielentsprechung nicht überspannen. Welches der gesetzlichen Ziele das jeweilige Vorhaben verfolgt und welches demgegenüber zurückgestellt wurde, ist im Rahmen der Zielentsprechung nicht entscheidend. Die bloße Zuordbarkeit zu einem der Ziele – dies sei nochmals betont – genügt. Ebensowenig interessiert bereits im Rahmen der Zielentsprechung das relative Gewicht des jeweils verfolgten Zieles im Verhältnis zu ande11 So etwa Büdenbender, EnWG, § 1 Rn. 48 ff.; Danner / Theobald, in: Danner, EnWG § 1 Rn. 9. 12 Zu den hier bestehenden Unsicherheiten vgl. oben Zweiter Teil § 4 B.

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

ren Belangen. Auch darf – um der Abwägungskontrolle nicht vorzugreifen – weder die Frage nach Dimensionierungs- und Ausgestaltungsalternativen noch die Frage nach der „Null-Variante“ bereits hier eine Rolle spielen. Die Zielentsprechung erweist sich damit wegen ihres inhaltlich notwendigerweise äußerst groben Prüfungsmaßstabes trotz gerichtlicher Vollkontrolle im Ergebnis als Vertretbarkeitskontrolle. Wie sich im Folgenden zeigen wird, finden sich dabei im Anwendungsbereich des § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG wesentliche der in diesem Sachbereich herkömmlicherweise im Rahmen der Planrechtfertigung angestellten Erwägungen wieder.

§ 15 Einzelne Fallgruppen Welches sind daher die Fallgruppen, in denen ein Vorhaben sich einer der in § 1 EnWG niedergelegten Zielsetzungen zuordnen lässt, wie es § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG verlangt? In welchen Fällen scheitern Planungen demgegenüber am negativen Ausschlusskriterium der Zielentsprechung?

A. Außerhalb der Energieversorgung liegende Zwecke Die Zielbestimmung des § 1 EnWG verlangt stets einen Bezug zur Energieversorgung. Der Zielentsprechung genügen daher von vornherein solche Vorhaben nicht, die außerhalb der Energieversorgung liegende Zwecke verfolgen. Zu denken ist hier zunächst an Fälle, in denen Leitungsvorhaben aus Gründen der Verbesserung von Telekommunikationsstrukturen (Stichwort: „Powerline“, „Datenautobahn“) verwirklicht werden sollen13. Daneben sind aber auch weitere Fallgestaltungen denkbar, in denen ein Leitungsvorhaben nicht auf die Versorgung mit Energie zielt, so etwa der – wenn auch eher theoretisch relevante – Fall, dass es ausschließlich zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung14 geplant wird.

B. Leitungsbau aus Gründen einer „sicheren“ Energieversorgung In Anbetracht seiner praktischen Bedeutung ist insbesondere das Ziel, eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten, dazu geeignet, die Anforderungen des § 11a Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 1 EnWG zu erfüllen. Unter einer sicheren Energiever13 14

Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 81 (unter dem Kriterium der Planrechtfertigung). Vgl. dazu bereits oben Zweiter Teil § 4 A I 1 b (in Fn. 69).

§ 15 Einzelne Fallgruppen

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sorgung ist dabei in erster Linie15 eine stetige, von Versorgungsunterbrechungen freie Strom- und Gasversorgung zu verstehen. Freilich trägt letztlich jede neue Energieleitung zur Sicherheit der Energieversorgung bei. Auch der zehnte parallel geführte Leitungsweg minimiert das theoretisch bestehende (Rest-)Risiko eines Versorgungsausfalls. Doch genügt für die Zuordbarkeit eines Leitungsvorhabens zum Ziel der Versorgungssicherheit bereits, dass die jeweilige Leitung potentiell einen Beitrag zur Energieversorgung zu leisten vermag? Ein derartiges Verständnis wäre sicherlich unzutreffend. Denn auf seiner Grundlage entspräche letztlich jede Energieleitung dem Ziel der Versorgungssicherheit, so dass § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG inhaltlich ins Leere ginge. Um ein Leitungsvorhaben dem Ziel der Versorgungssicherheit zuordnen zu können, ist vielmehr dem Grunde nach erforderlich, dass eine Versorgungslücke zu schließen oder zu befürchten ist16. Der Verbesserung der Versorgungssicherheit dient vor diesem Hintergrund auch die Schaffung redundanter Übertragungswege17. Sie ist etwa dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Leitungs- oder Kraftwerksausfall in einem bestimmten Versorgungsgebiet anderweitig nicht sicher beherrscht werden kann18. Um derartige Versorgungsunsicherheiten ausfindig zu machen, muss in einer Prognoseentscheidung die zukünftige Entwicklung des Energieverbrauchs (einschließlich der sog. Spitzenlastzeiten) abgeschätzt werden. Sofern das Ziel der Versorgungssicherheit zugunsten eines Vorhabens angeführt wird, ist also bereits im Rahmen der Zielentsprechung eine Energieverbrauchsprognose unter Anerkennung eines entsprechenden Prognosespielraums anzustellen. Ist die Frage nach derartigen prognostisch zu ermittelnden Bedarfsaspekten in anderen fachplanerischen Zusammenhängen vollständig im Rahmen der Abwägungskontrolle abzuhandeln, muss sie damit hier infolge der zwingenden gesetzlichen Anordnung des § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG bereits vorab einer ersten Untersuchung unterzogen werden. Dies ändert jedoch nichts an ihrer grundsätzlichen Abwägungsgebundenheit. Die Gewichtung des im Rahmen der Energieverbrauchsprognose zugunsten eines Vorhabens festgestellten Bedarfs sowie der mit anderen Belangen vorzunehmende Ausgleich sind daher erst im Rahmen der Abwägung, nicht aber hier vorzunehmen. Ebenfalls keine Frage der Zielentsprechung sondern der Abwägung ist es, ob sich das Ziel der Versorgungssicherheit besser, einfacher und unter geringerer Beeinträchtigung Dritter auf andere Weise als die konkret geplante verwirklichen lässt. Denn wie bereits dargelegt19, ist eine Variantenprüfung im gesetzlich nieder15 Der Begriff der sicheren Energieversorgung meint daneben auch eine solche, von der keine Gefahren ausgehen (vgl. Büdenbender, EnWG, § 1 Rn. 17). Auch dieser Aspekt kann im Einzelfall für den Leitungsbau herangezogen werden, etwa wenn es um den Ersatz einer baufälligen Energieleitung geht. 16 Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 81 (unter dem Kriterium der Planrechtfertigung). 17 Zur hiermit angesprochenen „Vermaschung“ von Leitungsnetzen vgl. bereits oben § 14 A. 18 Zu einer entsprechenden Fallgestaltung vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2002 – 4 C 9.00 – NJW 2003, 230 ff. 19 Vgl. oben § 14 B, C.

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

gelegten Prüfprogramm des § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG nicht angelegt: Danach ist vielmehr lediglich erforderlich, dass das geplante Vorhaben einem der gesetzlichen Ziele zuordbar ist, womit begrifflich aber gerade nicht verknüpft ist, dass es nicht auch andere Möglichkeiten geben darf, das jeweilige Ziel zu erreichen. Zwar wird in der Literatur zuweilen bereits im Rahmen der ebenfalls als Vorabprüfung konzipierten Planrechtfertigung diskutiert, ob Durchleitungen oder etwa die Umrüstung eines Umspannwerkes als Fälle einer „Null-Variante“ eine versorgungstechnische Alternative zum Leitungsbau darstellen – mit der Folge, dass die Planrechtfertigung ausgeschlossen sein soll20. Indes war diese Sicht bereits nach herkömmlicher Diktion Zweifeln ausgesetzt. Denn mögliche Planungsvarianten sollen nach der Rechtsprechung bereits im Allgemeinen gerade nicht Gegenstand der Planrechtfertigung sondern der Abwägung sein21. Und in der Tat: Die Entscheidung, auf welchem Wege ein angestrebtes planerisches Ziel vorzugswürdigerweise erreicht werden sollte und welche Variante demgegenüber zurückzustellen ist, erfordert zwingend einen für Planungsentscheidungen charakteristischen Spielraum zur eigenen Interessenordnung. Dieser aber findet seine rechtliche Entsprechung im Abwägungsgebot22. Der Frage nach Trassenvarianten und Ausgestaltungsalternativen einschließlich der Frage nach der „Null-Variante“ ist daher dort nachzugehen. Einzelaspekte wie die Frage nach versorgungstechnischen Alternativen hiervon abzuschichten, würde ohne Not die als Einheit angelegte23 Abwägungsentscheidung sprengen. Auch im Hinblick auf solche Aspekte gilt es daher wie selbstverständlich anhand der allgemeinen Abwägungslehren festzustellen, ob eine rechtlich vertretbare Planungsentscheidung gefällt wurde oder nicht. Insofern lässt sich allenfalls die Aussage treffen, dass ein Vorhaben regelmäßig an der vorzunehmenden Abwägungsentscheidung scheitern wird, wenn die bestehende oder zu erwartende Versorgungslücke bereits durch Durchleitungen oder Umbaumaßnahmen im bestehenden Netz geschlossen werden kann. Zwingend ist ein solches Ergebnis aber nicht. Vielmehr kann die Abwägung im Einzelfall auch gegenteilig ausfallen. Freilich liegen die Hürden hierfür in Anbetracht der oftmals erheblichen Beeinträchtigungen, die von Leitungsvorhaben ausgehen, hoch. Dennoch: Je größer im Einzelfall die abzuwehrende Gefahr für die Versorgungssicherheit, je (zeit-)aufwendiger und hinsichtlich ihrer tatsächlichen oder rechtlichen24 20 Krieglstein, UPR 2003, 17, 18; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 83; ähnlich Hermes / Pöcker, RdE 2002, 85, 88; Hermes, in: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 6 Rn. 79: „Wichtig festzuhalten ist ( . . . ), dass es an der Erforderlichkeit und damit an der Planrechtfertigung für ein Leitungsvorhaben fehlt, solange ausreichende Netzkapazitäten vorhanden sind“. 21 Vgl. oben Zweiter Teil § 4 A III 2 b. 22 Vgl. oben Vierter Teil § 9. 23 Vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 09. 06. 1987 – 1 BvR 418 / 87 – NVwZ 1987, 967, das darauf hinweist, dass nach der Auslegung der Fachgerichte die Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange als Einheit angelegt sei. 24 Man denke etwa bei Durchsetzung eines Anspruchs auf Netzzugang nur an die im Falle der „Unzumutbarkeit“ (§ 6 Abs. 1 S. 2 EnWG) bestehende Verweigerungsmöglichkeit des

§ 15 Einzelne Fallgruppen

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Realisierungsfähigkeit zweifelhafter dabei die versorgungstechnische Alternative und je weniger schutzwürdig demgegenüber die Interessen Drittbetroffener, desto eher ist trotz eigentlich vorhandener technischer Alternativen der Bedarfsdeckung ein entsprechender Leitungsneubau denkbar25. Das Ziel der Versorgungssicherheit ist im Übrigen nicht nur dann betroffen, wenn die Versorgung bereits an das Leitungsnetz angeschlossener Verbraucher gegenwärtig oder zukünftig gefährdet ist, sondern selbstverständlich auch dann, wenn eine sichere Versorgung durch einen Leitungsbau überhaupt erst hergestellt werden soll. Damit lässt sich dem Ziel der Versorgungssicherheit auch der Leitungsbau zuordnen, der der Förderung der Wirtschaftsstruktur eines Gebietes, insbesondere der Industrieansiedlung dient. Muss in diesen Fällen das Industrieland selbst allerdings erst im Wege der Enteignung beschafft werden, so ist der als Folgemaßnahme dieser Landbeschaffung zu begreifende Leitungsbau nur dann zulässig, wenn auch die Enteignung des Industrielandes (verfassungs-)rechtlichen Anforderungen standhält26; ansonsten würde das Ziel der Versorgungssicherheit den erforderlichen Gemeinwohlbezug verlieren. Insofern sind nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts27 neben der gesetzgeberischen Konkretisierung des Enteignungszwecks gesetzliche Vorkehrungen zur langfristigen Sicherung des Gemeinwohlzieles erforderlich.

C. Preisgünstigkeit Das Ziel einer preisgünstigen Energieversorgung wird demgegenüber nur selten maßgebliches Motiv für ein Leitungsvorhaben sein28; in Anbetracht der enormen Kosten, die ein Leitungsbau verursacht, wird es vielmehr regelmäßig einen Grund dafür darstellen, von einem Leitungsvorhaben insgesamt abzusehen. Im Übrigen wird der Aspekt der Preisgünstigkeit im Rahmen der Abwägungsentscheidung die Dimensionierung, Trassenführung und sonstige Ausgestaltung eines Vorhabens dirigieren. Als verbleibende Fallgestaltung ist daher hier etwa denkbar, dass sich ein Leitungsneubau im Einzelfall als kostengünstiger als die Erhaltung einer bestehenNetzbetreibers; vgl. eingehend zu den Verweigerungsmöglichkeiten der Netzeigentümer etwa Kasper, Durchleitung von Strom, S. 48 ff.; Seeger, Durchleitung elektrischer Energie, S. 232 ff.; Theobald / Zenke, Strom- und Gasdurchleitung, S. 53 ff. 25 Ähnlich Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 83 f. (unter dem Kriterium der Planrechtfertigung). 26 Vgl. Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 81 f. (unter dem Kriterium der Planrechtfertigung). 27 BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046 / 85 – BVerfGE 74, 264; vgl. allgemein Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 580. 28 Ebenso Kuxenko, NuR 2003, 332, 336 (in Fn. 58); ders., UPR 2003, 373, 375 (in Fn. 24); Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 82; sämtlich zum Kriterium der Planrechtfertigung.

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

den, eigentlich zur Bedarfsdeckung hinreichenden Leitung erweist. Ein solches Leitungsvorhaben ließe sich ohne weiteres dem Ziel einer preisgünstigen Energieversorgung zuordnen.

D. Umweltverträglichkeit Auch das Ziel einer umweltverträglichen Energieversorgung zwingt in Anbetracht der mit einem Leitungsvorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft (insbesondere im Rahmen der Abwägung29) normalerweise dazu, von einer Planung Abstand zu nehmen. Zum Ziel einer umweltverträglichen Energieversorgung gehört allerdings auch der rationelle Umgang mit Energie und die Schonung endlicher Ressourcen; hierbei soll der Nutzung von erneuerbaren Energien eine besondere Bedeutung zukommen (§ 2 Abs. 5 EnWG). Nennenswertes Potential birgt hier auf absehbare Zeit vor allem die Windkraft. Insbesondere von OffshoreWindparks in der sog. Ausschließlichen Wirtschaftszone erhofft man sich aufgrund eines relativ stetigen Windaufkommens einen substantiellen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung30. Wie steht es daher um die rechtliche Zulässigkeit entsprechender Leitungsneubauten, die den aus erneuerbaren Energiequellen wie der Windenergie gewonnenen Strom in ein Verteilungs- oder Übertragungsnetz einspeisen sollen? Nach § 1 des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien31 (EEG32) soll sich der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung entsprechend dem europarechtlich in Art. 3 i.V.m. dem Anhang der Richtlinie 2001 / 77 / EG33 fest29 Zwingende, durch Abwägung nicht überwindbare Schranken setzen nach der Rechtsprechung etwa das Europäische Naturschutzrecht (insbesondere FFH-RL i.V.m. §§ 32 ff. BNatSchG; dazu etwa Rojahn, NordÖR 2003, 1) sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 18 ff. BNatSchG; kritisch zum Standpunkt der Rechtsprechung Steinberg / Berg / Wickel, Fachplanung, § 3 Rn. 26 ff.). 30 Vgl. hierzu Bundesregierung (Hrsg.), Strategie zur Windenergienutzung auf See; zur rechtlichen Problematik der Zulassung von Offshore-Windparks vgl. etwa Brandt / Dreher, NordÖR 2003, 138 ff. (zur Genehmigung von Kabeln zur Stromableitung); wie die geplanten Windfarmen vor den Küsten von Nord- und Ostsee – weit entfernt von den eigentlichen Verbrauchszentren liegen, müsste ein Um- und Ausbau des Hochspannungsnetzes an Land einhergehen Büdenbender, RdE 2003, 193, 196; Neumann / Ender / Molly, Ausbau der Windenergienutzung, S. 81 ff., 84; vgl. auch DIE WELT v. 12. November 2002 („Windkraft-Ausbau führt zu Engpässen im Stromnetz“), demnach für den Anschluss der Offshore-Windparks bis 2016 neue Hochspannungs-Trassen über eine Länge von bis zu 1000 Kilometern errichtet werden müssen. 31 BGBl. I 2004, S. 1918. 32 V. 29. März 2000 (BGBl. I S. 305), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22. 12. 2003 (BGBl. I S. 3074). 33 Richtlinie des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. 09. 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmark, ABlEG L Nr. 283 v. 17. 10. 2002, S. 33.

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geschriebenen Richtziel bis 2010 auf mindestens 12,5 Prozent erhöhen. Darüber hinaus, und ohne dass entsprechende europarechtliche Verpflichtungen bestehen, soll bis 2020 eine abermalige Steigerung auf mindestens 20 Prozent erfolgen. Zu diesem Zweck sieht das EEG eine Verpflichtung des Netzbetreibers vor, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig an sein Netz anzuschließen sowie den gesamten Strom abzunehmen und zu übertragen (vgl. § 4 EEG). Der abgenommene Strom ist zu vergüten (vgl. §§ 5 ff. EEG). Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen ist der Netzbetreiber angehalten, sein Netz – soweit wirtschaftlich zumutbar – auszubauen (§ 4 Abs. 2 EEG). Das EEG erfasst dabei auch die Stromerzeugung in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 EEG). Die Förderung erneuerbarer Energien, speziell die Förderung der Windenergie, ist darüber hinaus auch Gegenstand anderer, namentlich bauplanungs- (vgl. §§ 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. f, 35 Abs. 1 Nr. 5 und 6 BauGB) und raumordnungsrechtlicher (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 ROG) sowie naturschutzrechtlicher Regelungszusammenhänge (vgl. § 2 Nr. 6 BNatSchG). Vor diesem systematischen Gesamtzusammenhang, insbesondere der im EEG statuierten Abnahme-, Anschluss- und Vergütungspflicht, ergibt sich, dass eine Energieleitung, die dem Transport von aus regenerativen Energiequellen gewonnenem Strom dient, sich ohne weiteres dem Ziel einer umweltverträglichen Energieversorgung zuordnen lässt. Die Hürde der Zielentsprechung wird damit in dieser Fallkonstellation infolge gesetzlicher Anordnung überwunden. Die Zuordbarkeit eines Leitungsvorhabens, welches etwa für eine hinreichende Netzanbindung eines (rechtlich im Übrigen abgesicherten, vgl. etwa § 10 Abs. 7 EEG) Offshore-Windfarmprojekts sorgen soll, zum Ziel der Umweltverträglichkeit, lässt sich im Rahmen der Planfeststellung nicht mehr anzweifeln. Insoweit wirken die gesetzgeberischen Entscheidungen in anderen Bereichen des (Energie-)Rechts unmittelbar auf die Stufe der Zielentsprechung ein. Weitere Feststellungen zur Frage der Zielentsprechung im Planfeststellungsverfahren erübrigen sich damit in dieser Fallgestaltung. Das Ziel der Umweltverträglichkeit weist bei diesem Verständnis auch den aufgrund der bestehenden enteignungsrechtlichen Vorwirkung von Verfassungs wegen notwendigen generellen Gemeinwohlbezug auf; er ist in Anbetracht der Hochrangigkeit der verfolgten Ziele des Umweltschutzes sowie – damit einhergehend – der langfristigen Sicherung der Grundlagen der Energieversorgung offensichtlich. Selbstverständlich aber ist über die Zulässigkeit eines entsprechenden Leitungsvorhabens hiermit nicht abschließend befunden. Insoweit gilt es in hervorgehobener Weise die Anforderungen des Abwägungsgebotes zu berücksichtigen; insbesondere sind die Planungsbehörden damit nicht davon enthoben, die konkrete Netzfunktion und -bedeutung der geplanten Energieleitung zu ermitteln, zu gewichten und mit gegenläufigen Interessen auszugleichen.

11 Müller

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

E. Leitungsbau als „Wettbewerbsinstrument“? Glaubte der Gesetzgeber des EnWG 1935 noch, durch Schaffung von Monopolstrukturen „volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen des Wettbewerbs“34 in der leitungsgebundenen Energieversorgung verhindern zu müssen, gilt für die Energieversorgung in Abkehr von dieser Konzeption seit der Energierechtsnovelle 1998 ein wettbewerblich geprägter Ordnungsrahmen35. Dies führt zu der Frage, ob die Schaffung zusätzlicher Leitungskapazität allein zur Förderung des energiewirtschaftlichen Wettbewerbs zulässig ist. Halten etwa Direktleitungen zur Belieferung eines wechselwilligen Kunden durch einen neuen Energieversorger vor dem Kriterium der Zielentsprechung stand, obwohl bereits eine bedarfsdeckende Anbindung an das Netz des ursprünglichen Versorgers besteht? Der Gesetzgeber selbst hat hier eindeutig Stellung bezogen: „Leitungsbedarf“, so heißt es in der amtlichen Begründung zu § 11a EnWG36, „kann sich nicht nur unter dem Aspekt der Versorgungssicherheit, sondern auch dadurch ergeben, daß durch die Errichtung zusätzlicher Leitungskapazität der Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft gestärkt wird.“ Und an anderer Stelle37: „Mit der Beseitigung des Schutzes der geschlossenen Versorgungsgebiete kann künftig jeder Anbieter von Strom und Gas jeden Kunden über eine Direktleitung beliefern. Freier Leitungsbau (. . . ) ist ein unverzichtbares Instrument für die wettbewerbliche Öffnung der Strom- und Gasmärkte.“ Im Interesse einer sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Energieversorgung und im Interesse des Wettbewerbs bei Strom und Gas müsse die Enteignung zugelassen werden38. Dies soll auch für zusätzliche Direktleitungen zur Belieferung einzelner Kunden gelten, „da dieses Wettbewerbsinstrument für die im Allgemeininteresse angestrebte Einführung eines stärker wettbewerblich geprägten Ordnungsrahmens von besonderer Bedeutung ist.“39 In der Literatur sind diese gesetzgeberischen Ausführungen weithin auf fruchtbaren Boden gestoßen40. So wird vor dem Hintergrund der Wettbewerbsförderung etwa eine Stichleitung zu einem privaten Großabnehmer grundsätzlich auch dann für zulässig gehalten, wenn dieser bereits über einen zur Versorgung hinreichenden

So die Präambel des EnWG 1935. Hierzu allgemein Theobald, in: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 1 Rn. 76 ff. 36 BT-Drucks. 14 / 4599, S. 161; ebenso BT-Drucks. 13 / 7274, S. 19 zur entsprechenden, im damaligen Gesetzgebungsverfahren gescheiterten Vorschrift des § 6 EnWG-E 1997. 37 BT-Drucks. 13 / 7274, S. 10 f. 38 BT-Drucks. 13 / 7274, S. 20. 39 BT-Drucks. 13 / 7274, S. 20. 40 Leipelt, in: Danner, EnWG, § 11a Rn. 5 f., 63; Franke, in: Bartsch / Röhling / Salje / Scholz, Stromwirtschaft, Kap. 47 Rn. 21; Krieglstein, Staatliche Aufsicht, S. 216; ders., UPR 2003, 17, 18; zur Situation vor Schaffung des Planfeststellungsvorbehalts vgl. bereits Horstmann, Bau und Betrieb von Energieversorgungsleitungen, S. 372. 34 35

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Netzanschluss bei einem anderen Lieferanten verfügt41. Allerdings hat die gesetzgeberische Stellungnahme auch Widerspruch provoziert42. Die Diskussion, ob der Bau von Energieleitungen (auch) als Instrument zur Förderung des Wettbewerbs eingesetzt werden kann, wird bislang vornehmlich unter dem Kriterium der Planrechtfertigung geführt; dabei werden die bestehenden einfachgesetzlichen Grundlagen allerdings häufig gar nicht näher in Blick genommen43. Vielmehr wird zur Begründung des jeweils eigenen Standpunktes entweder schlicht auf die amtliche Begründung44 oder auf verfassungsrechtliche Aspekte45 verwiesen. Vor dem Hintergrund der hier vertretenen Auffassung ergibt sich hingegen: Welches Ziel durch ein Leitungsvorhaben grundsätzlich verfolgt werden darf und welches nicht, gilt es unter dem Gesichtspunkt der Zielentsprechung als Frage des einfachen Rechts (§ 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG i.V.m. § 1 EnWG) zu beantworten; ein verfassungsrechtlicher Bezug ergibt sich – wie bereits dargelegt46 – erst mittelbar daraus, dass den fachgesetzlichen Verwaltungszielen ihrerseits kein verfassungswidriger Inhalt beigemessen werden darf. Auch die Frage, ob der Bau von Energieleitungen zur Förderung des Wettbewerbs eingesetzt werden darf, muss sich an diesem Konzept messen lassen. Wie der einschlägige normative Befund insoweit ergibt, enthält der Zielkatalog des § 1 EnWG das Ziel der Wettbewerbsförderung jedenfalls nicht ausdrücklich. Allerdings wird teilweise zumindest im Hinblick auf ein „Recht zum freien Leitungsbau“ eine Gleichstellung des Ziels der „Wettbewerbsstärkung“ mit den in § 1 EnWG ausdrücklich positivierten Zielen postuliert47. Insoweit wird ausgeführt, dass im wettbewerblichen System, wie es für die leitungsgebundene Energieversorgung durch die Energierechtsnovelle vorgesehen sei, die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit eine Vorkehrung zur Erfüllung der Aufgabe einer sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Energieversorgung sei. Der Wettbewerb schaffe Innovations- und Preisdruck, welcher der gesamten Energieversorgung zugute komme. Deswegen müsse er den gesetzlichen Zielen gleichgestellt werden. 41 Danner, in: Danner, EnWG, § 12 Rn. 24 (in Fn. 2); ebenso bereits Böwing, in: EnWG 1998, § 12 Rn. 2.3.2 zur Rechtslage nach dem EnWG 1998. 42 Kuxenko, UPR 2003, 373, 375 f.; ders., NuR 2003, 332, 337; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 84 ff.; praktisch sinnvoll begrenzt wird der Bau paralleler Leitungsnetze bei versorgungstechnisch hinreichender Erschließung eines Gebietes freilich ohnedies durch die hohen Kapital- und Amortisationskosten, die viele Vorhaben bereits betriebswirtschaftlich zweifelhaft erscheinen lassen werden. 43 Stark einfachrechtlich orientiert aber Kuxenko, UPR 2003, 373 ff. 44 Leipelt, in: Danner, EnWG, § 11a Rn. 5 f., 63; Krieglstein, UPR 2003, 17, 18; Franke, in: Bartsch / Röhling / Salje / Scholz, Stromwirtschaft, Kap. 47 Rn. 21; unter dem Gesichtspunkt des Enteignungszwecks auch Danner, in: Danner, EnWG, § 12 Rn. 24 (in Fn. 2). 45 Vgl. die im Kern verfassungsrechtliche Argumentationsführung bei Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 84 ff. 46 Vgl. oben § 14 C. 47 In diesem Sinne Krieglstein, Staatliche Aufsicht, S. 193 ff., 194 m.H.a. BT-Drucks. 13 / 7274, S. 20, der ansonsten eine gesetzgeberische Anpassung des Zielkatalogs fordert.

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Gegen eine derartige Gleichstellung sprechen jedoch neben dem insoweit eindeutigen Wortlaut von § 1 EnWG weitere gewichtige Gründe. Zwar ist die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit in der Tat eine Vorkehrung zur Erfüllung der Aufgabe einer sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Energieversorgung. Systematisch gesehen, ist Wettbewerb damit aber nicht der Zweck selbst, sondern nur Mittel zum Zweck48. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen wettbewerblichen Ordnungsbedingungen des Energiemarktes stellen lediglich den Rahmen dar, innerhalb dessen die Ziele des § 1 EnWG erreicht werden sollen. Eine Gleichstellung lässt sich daher insoweit gerade nicht begründen. Zudem haben die gesetzgeberischen Erwägungen, nach denen der Leitungsbau auch allein dem Ziel der Wettbewerbsförderung dienen können soll, an Relevanz verloren, nachdem infolge zwingender Vorgaben der ersten Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt 49 das Durchleitungsmodell der §§ 5 ff. EnWG eingefügt wurde50. Wettbewerb soll danach nämlich in erster Linie „im Netz“, d. h. durch Ermöglichung des Netzzugangs für Dritte (Third Party Access), nicht aber durch freien Bau von Konkurrenznetzen erreicht werden51. Darüber hinaus würde die Anerkennung eines als „Wettbewerbsförderung“ überschriebenen Zieles der Planung von Leitungsvorhaben praktisch keine Grenzen setzen. Da mit der Anzahl der verfügbaren Leitungswege auch die Auswahl potentieller Wettbewerber zunimmt, lässt sich dem Bau von Energieleitungen nämlich im Zweifel immer eine wettbewerbsfördernde Wirkung zuerkennen52. Die Bestimmung des § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG würde damit ad absurdum geführt53. Schließlich gilt es in Anbetracht der durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung (§ 12 EnWG) bewirkten untrennbaren Verknüpfung von Planfeststellung und Enteignung bei Bestimmung des Inhalts von § 11a Abs. 1 Satz 6 EnWG i.V.m. § 1 EnWG auch verfassungsrechtliche Wertungen zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund würde eine Grenze der Auslegung überschritten, wenn den verwaltungsgesetzlichen Zielen ein Sinngehalt beigemessen würde, der generell und von vornherein nicht dazu geeignet ist, entgegenstehende Eigentumsbelange zu überwinden, also schlechterdings nicht vor Art. 14 Abs. 3 GG standhält. Hiernach gilt, dass Enteignungen lediglich zum Wohle der Allgemeinheit zulässig, zur Förderung bloßer Privatinteressen hingegen unzulässig sind54. Zwar verbietet das Grundgesetz eine Enteignung zugunsten privater EnergieversorgungsunterSo zutreffend Kuxenko, UPR 2003, 373, 374; ders., NuR 2003, 332, 337. Richtlinie 96 / 92 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 19. 12. 1996, ABlEG L Nr. 27, S. 20. 50 Vgl. BT-Drucks. 13 / 9211. 51 Kuxenko, UPR 2003, 373, 376; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 85; Theobald, VerwArch 92 (2001), S. 109, 119 f.; Theobald / Zenke, Strom- und Gasdurchleitung, S. 15 f. 52 Krieglstein, UPR 2003, 17, 18. 53 Ebenso Kuxenko, UPR 2003, 373, 375 f. 54 Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 577 m. w. N. 48 49

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nehmen nicht55. Allerdings vermögen nur solche unternehmerischen Interessen eine Enteignung dem Grunde nach zu tragen, die zugleich einen Nutzen für das Gemeinwohl bedeuten56. Dabei liegt die maßgebliche Gemeinwohlschwelle hoch – und zwar unabhängig davon, ob man die Gemeinwohldienlichkeit der Tätigkeit der privaten Energieversorger im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu § 11 EnWG 1935 vom 20. 03. 198457 bereits in ihrem Unternehmensgegenstand selbst erblickt oder im Anschluss an die Boxberg-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. 03. 198758 bloß als mittelbare Folge der Unternehmenstätigkeit ansieht59. Der vor diesem Hintergrund erforderliche Gemeinwohlbezug kommt im vorliegenden Zusammenhang von vornherein nicht in Betracht, soweit sich die Förderung des Wettbewerbs in der Förderung der am Markt agierenden Unternehmen und ihrer subjektiven (Partikular-)Interessen erschöpft. In diesem Sinne stellt etwa die Verschaffung eines Wettbewerbsvorteils für einen einzelnen industriellen Großabnehmer keinen Gemeinwohlbelang dar60, und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um ein Privatunternehmen von großer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung handelt61. Auch die bloße Festigung einer Marktposition eines privaten Energieversorgungsunternehmens fördert das Gemeinwohl nicht62. Insoweit besteht zwischen den in § 1 EnWG enthaltenen, sämtlich dem Allgemeinwohl verpflichteten Zielen und dem Ziel der Wettbewerbsstärkung ein qualitativer Unterschied63. Das Ziel der Wettbewerksstärkung in § 1 EnWG gleichrangig verankert zu sehen würde diesen qualitativen Unterschied aufbrechen und ein Einfallstor für bloße Partikularinteressen schaffen. 55 BVerfG, Beschl. v. 20. 03. 1984 – 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248; s. zur privatnützigen Enteignung auch BVerfG, Urt. v. 24. 03. 1987 – 1 BvR 1046.85 – BVerfGE 74, 264; die Verfassungsmäßigkeit der Enteignung zugunsten der privaten Versorger ist zuweilen in Zweifel gezogen worden (vgl. etwa Hermes, in: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 9 Rn. 27 ff.; dens., Infrastrukturverantwortung, S. 437 f., 506 ff.); dem ist das Bundesverwaltungsgericht jedoch auch für die Zeit nach der Energierechtsnovelle zu Recht entgegengetreten, vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 07. 2002 – 4 C 9.00 – NJW 2003, 230 ff.; nach der Konzeption des regulierten Netzzugangs, wie sie sich in der gegenwärtigen Reformdebatte abzeichnet (vgl. nur BR-Drucks. 613 / 04), dürfte der Kritik ohnehin die Grundlage entzogen sein. 56 Gemeinnützigkeit und Gewinnerzielung schließen sich begrifflich nicht aus, siehe etwa v. Brünneck, NVwZ 1986, 425, 430; Frenzel, Das öffentliche Interesse, S. 73, 96; Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 582. 57 1 BvL 28.82 – BVerfGE 66, 248, 257 f. 58 1 BvR 1046.85 – BVerfGE 74, 264, 285 f. 59 So zutreffend Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 86. 60 Ebenso Bohne, in: Staat und Verwaltung, S. 211, 231; Büdenbender, Energierechtsreform, S. 249; Hermes, in: Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 9 Rn. 54; Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 86; anders aber unter Bezugnahme auf die amtl. Begründung Danner, in: Danner (Hrsg.), EnWG, § 12 Rn. 24 (in Fn. 2). 61 Vgl. Papier, in: Maunz / Dürig / Herzog, GG, Art. 14 Rn. 583. 62 Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 86. 63 Vgl. Kuxenko, UPR 2003, 373, 375.

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5. Teil: Die Planfeststellung für Energieanlagen

Andererseits ist – wie bereits dargelegt – das Instrument des Wettbewerbs in der Energiewirtschaft maßgebliches Mittel zur Erreichung der in § 1 EnWG ausdrücklich statuierten Ziele. Aus dieser Mittel-Zweck-Relation von Wettbewerb und gesetzlich positivierten Gemeinwohlzielen folgt: Versagt der wettbewerbliche Ordnungsrahmen mit der Folge, dass eine sichere, preisgünstige und umweltverträgliche Energieversorgung nicht mehr gewährleistet ist, so lässt sich zugunsten der Wiederhestellung der funktionsnotwendigen Grundbedingungen dieses wettbewerblichen Ordnungsrahmens mittels zusätzlichen Leitungsbaus auch das Gemeinwohl anführen64. Da jedoch in einem solchen Falle die Stärkung des Wettbewerbs zugleich einem der Ziele des § 1 EnWG dient, sich ein entsprechendes Leitungsbauvorhaben also zwanglos bereits einem der gesetzlich statuierten Ziele zuordnen ließe, erscheint jede Diskussion um eine Ergänzung der gesetzlichen Zielvorgaben insoweit als entbehrlich65. Leitungsbau ist nach alledem kein Instrument der Wettbewerbsförderung. Die Ziele, derentwegen Leitungsbauvorhaben geplant werden dürfen, sind vielmehr in § 1 EnWG abschließend genannt. Nur dann kann durch ein Leitungsvorhaben eine Stärkung des Wettbewerbs angestrebt werden, wenn aufgrund eines drohenden Versagens des wettbewerblichen Ordnungsrahmens der Energieversorgung zugleich die Verwirklichung der Ziele des § 1 EnWG gefährdet ist. In einem solchen Fall ist bereits die Zuordbarkeit zu einem der Ziele des § 1 EnWG gewährleistet.

64 I.E. ebenso Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 86. Durchaus im hier vertretenen Sinne ist in der Diskussion um die Verfassungsmäßigkeit der den Netzeigentümern auferlegten Durchleitungsverpflichtungen vorgebracht worden, dass in der „Herstellung, Sicherung oder Beförderung der für die Verkehrswirtschaft notwendigen Grundbedingungen eines freien Wettbewerbsprozesses ( . . . ) ein verfassungslegitimer (Rechtfertigungs-)Grund für die Einwirkung in bestehende Eigentumspositionen“ gesehen werden kann (so Papier, Durchleitungsrechte, S. 25; Hervorhebung durch den Verf.) – grundlegend zur Grundrechtsberechtigung der Netzbetreiber Pielow, RdE 2000, 45 ff. entgegen Hermes, Infrastrukturverantwortung, S. 9, 380 f. 65 Dies übersieht Rojahn, in: Planungssicherheit, S. 66, 86, der in einem solchen Fall einen (ausnahmsweise) zulässigen Leitungsbau aus Gründen der Wettbewerbsförderung annimmt.

Sechster Teil

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Trotz einer ganzen Vielzahl ergangener Judikate ist es der Rechtsprechung nicht gelungen, Inhalt und Funktion der Planrechtfertigung hinreichend zu konturieren. Als problematisch erweist sich insofern insbesondere, dass sich den Fachplanungsgesetzen regelmäßig keine belastbar formulierten Zielvorgaben entnehmen lassen, obwohl doch gerade diese den wesentlichen Maßstab für die Prüfung der Planrechtfertigung bilden sollen. 2. Der Sache nach stellt sich die Planrechtfertigung lediglich als Sammelstelle für zugunsten des Vorhabens sprechende legitime Belange dar. Ungeachtet des hier oftmals betriebenen großen Prüfungsaufwands scheitern in der Rechtswirklichkeit Planungen am Erfordernis der Planrechtfertigung i.d.R. nicht. 3. Die Planrechtfertigung ist keine dogmatisch eigenständige fachplanungsrechtliche Kategorie. Insbesondere lässt sich das Gebot der Planrechtfertigung weder auf Art. 14 Abs. 3 GG noch auf den allgemeinen Grundsatz der Erforderlichkeit oder auf Art. 20a GG zurückführen. Auch in der fachplanungsrechtlichen Systematik findet es keine hinreichende Stütze. 4. Ist damit auch der Abschied von der Planrechtfertigung eingeläutet, so lassen sich doch die dahinter verborgenen Topoi Zielkonformität und Bedürfnis im Wesentlichen als integraler Bestandteil der Abwägungsentscheidung rekonstruieren. Ein kleinerer Teil der hinter der Kategorie stehenden Aspekte ist demgegenüber nach Maßgabe des jeweiligen Fachplanungsgesetzes als Bestandteil des der Abwägung vorgelagerten zwingenden Rechts zu qualifizieren. 5. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussion um Inhalt und Bedeutung planerischen Ermessens und um die Klassifikation fachplanerischer Entscheidungen lassen sich die Kompetenzen von Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde hinsichtlich der Bedarfsfrage wie folgt voneinander abgrenzen: Dem Vorhabenträger obliegt es, durch Auswahl und Planung des jeweiligen Vorhabens auf einen ausgemachten Bedarf zu reagieren und damit den Prüfungsgegenstand der Planfeststellungsbehörde zu konkretisieren. Diese ist ihrerseits allerdings nicht auf eine bloße Rechtskontrolle beschränkt; vielmehr kommt ihr ein in der Abwägungsentscheidung verkörperter eigenständiger Versagungsspielraum zu. Rechtlich betrachtet, ist sie daher dazu berufen, Bedarfsanalysen selbst vorzunehmen. 6. Diejenigen Planungsmängel, die die Rechtsprechung bislang auf Stufe der Planrechtfertigung verortet, finden sich im Rahmen des differenzierten Abwä-

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6. Teil: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

gungskontrollprogramms als Abwägungsfehler wieder. Während die unter dem Begriff der „Planrechtfertigung“ durchgeführte Bedürfnisprüfung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegen und seitens der Gerichte nachgebessert werden können soll, unterliegt die Frage nach dem Bedarf daher richtigerweise nur einer von vornherein eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte. Dies ist mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar. 7. Auf der erarbeiteten Basis lässt sich zugleich der Abschied von einer weiteren überflüssigen Figur begründen, nämlich der der privatnützigen Planfeststellung. Da sich die Gemeinwohldienlichkeit einer einzelnen Infrastruktureinrichtung hinreichend differenziert nur anhand einer einzelfallorientierten Gesamtschau erfassen lässt, kann eine abwägungsunabhängige Klassifikation eines Vorhabens als privat- oder gemeinnützig keinen Erkenntnisgewinn bedeuten. Die Frage nach einem zugunsten des Vorhabens sprechenden Bedarf stellt sich bei allen Vorhaben gleichermaßen. Freilich ist ein Vorhaben umso eher zulassungsfähig, je mehr neben rein privaten Interessen Gemeinwohlgründe dafür streiten. 8. Schließlich kommt auch der in Reaktion auf die Planrechtfertigung entstandenen Kategorie der verbindlichen Bedarfsfestlegungen in Ausbaugesetzen für die Planfeststellung nicht die Bedeutung zu, die ihr gemeinhin zuerkannt wird. Derartige Festlegungen entheben nicht von der abwägungsgebundenen Prüfung des konkreten Bedarfs im Einzelfall. 9. Das Energiewirtschaftsgesetz enthält in § 1 einen abschließenden Katalog von Zielvorgaben; § 11a Abs. 1 Satz 6 verlangt für die Planfeststellung von Energieanlagen im Hinblick auf § 1 ausdrücklich eine Zielentsprechung. Damit wird hier ein Aspekt gesetzlich fixiert, welcher bislang der Kategorie der Planrechtfertigung zugeordnet wird. Die Kontrolle der Zielentsprechung erweist sich daher hier als Folge einer zwingenden gesetzgeberischen Anordnung und unterliegt der gerichtlichen Vollkontrolle. Zur Zielentsprechung genügt es freilich, dass sich ein Vorhaben auch nur einem der genannten Katalogziele zuordnen lässt. Weder ist das relative Gewicht des jeweils verfolgten Ziels im Verhältnis zu anderen Belangen zu ermitteln noch die Frage nach Dimensionierungs- und Ausgestaltungsalternativen zu stellen; all diese Aspekte gehören auch im Recht der Planfeststellung für Energieanlagen zur Abwägung.

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Entscheidungsübersicht* Gericht

Datum

Az.

Fundstelle

BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG

Urteil / Beschluß Beschl. v. Urt. v. Beschl. v. Beschl. v.

15. 12. 1965 18. 12. 1968 12. 11. 1974 28. 10. 1975

BVerfGE 19, 342 BVerfGE 24, 367 BVerfGE 38, 175 BVerfGE 40, 237

BVerfG

Beschl. v.

10. 05. 1977

BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG BVerfG

Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Beschl. v.

26. 10. 1977 12. 06. 1979 06. 11. 1979 10. 03. 1981 13. 01. 1982 19. 10. 1982 03. 11. 1982 20. 03. 1984 31. 10. 1984 24. 03. 1987 12. 05. 1987

BVerfG BVerfG

Beschl. v. Beschl. v.

09. 06. 1987 29. 10. 1987

BVerfG BVerfG BVerfG

Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v.

19. 07. 1995 17. 07. 1996 08. 06. 1998

BVerfG BVerwG BVerwG BVerwG

Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v.

11. 11. 2002 30. 04. 1969 12. 12. 1969 07. 05. 1971

1 BvR 513.65 1 BvR 638, 673.64 u. a. 1 BvR 32.68 2 BvR 883.73 und 379, 497, 526.74 1 BvR 514.68 und 323.69 1 BvL 9.72 1 BvL 19.76 1 BvR 81.76 1 BvR 92, 96.71 1 BvR 84, 1047.77 u. a. 1 BvL 34, 55.80 1 BvR 210.79 1 BvL 28.82 1 BvR 35, 356, 794.82 1 BvR 1046.85 2 BvR 1226.83, 101, 313.84 1 BvR 418.87 2 BvR 624, 1080, 2029.83 2 BvR 2397.94 2 BvF 2.93 1 BvR 650.97, 1 BvR 830.98 1 BvR 218.99 4 C 6.68 IV C 105.66 IV C 76.68

BVerfGE 45, 297 BVerfGE 46, 268 BVerfGE 52, 1 BVerfGE 52, 283 BVerfGE 56, 249, 261 BVerfGE 59, 231 BVerfGE 61, 126 BVerfGE 62, 169 BVerfGE 66, 248 BVerfGE 68, 193 BVerfGE 74, 264, 285 BVerfGE 76, 1, 50 NVwZ 1987, 967 BVerfGE 77, 170 NVwZ 1996, 261 BVerfGE 95, 1 NVwZ 1998, 1060 NVwZ 2003, 197 DVBl. 1969, 697 BVerwGE 34, 301 DVBl. 1971, 759

* Die Übersicht enthält eine Auswahl der Untersuchung zugrunde liegender Entscheidungen.

Entscheidungsübersicht BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG

Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v.

03. 06. 1971 20. 10. 1972 05. 07. 1974 14. 02. 1975 20. 04. 1977 10. 02. 1978 07. 07. 1978 22. 06. 1979 20. 07. 1979 09. 11. 1979 14. 12. 1979 23. 01. 1981 11. 12. 1981 30. 05. 1984 09. 11. 1984 22. 03. 1985 22. 03. 1985 12. 07. 1985 12. 07. 1985

IV C 64.70 IV C 14.71 IV C 50.72 IV C 21.74 IV C 39.75 4 C 25.75 4 C 79.76 4 C 8.76 7 CB 21.79 4 N 1.78 u. a. 4 C 10.77 4 C 4.78 4 C 69.78 4 C 58.81 7 C 15.83 4 C 15.83 4 C 63.80 4 C 40.83 4 C 40.83

BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG

Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Beschl. v.

13. 09. 1985 29. 11. 1985 06. 12. 1985 17. 12. 1985 05. 12. 1986 22. 05. 1987 25. 02. 1988 03. 05. 1988 03. 05. 1988 04. 05. 1988 20. 12. 1988 20. 12. 1988 20. 10. 1989 24. 11. 1989 09. 03. 1990 03. 04. 1990 18. 05. 1990 27. 07. 1990 05. 10. 1990 05. 10. 1990 29. 01. 1991 26. 06. 1992

4 C 64.80 8 C 105.83 4 C 59.82 4 B 214.85 4 C 13.85 4 C 17 – 19.84 4 C 32 u. 33.86 4 C 26.84 4 C 26.84 4 C 79.76 4 B 211.88 4 B 211.88 4 C 12.87 4 C 41.88 7 C 21.89 4 B 50.89 7 C 3.90 4 C 26.87 4 CB 1.90 4 B 249.89 4 C 51.89 4 B1 – 11.92

185 BVerwGE 38, 152 BVerwGE 41, 67 BVerwGE 45, 309 BVerwGE 48, 56 BVerwGE 54, 5 BVerwGE 55, 220 BVerwGE 56, 110 BVerwGE 58, 154 NJW 1980, 953 BVerwGE 59, 87, 103 BVerwGE 59, 253 BVerwGE 61, 295 BVerwGE 64, 270 BVerwGE 69, 256 BVerwGE 70, 242 BVerwGE 71, 166 BVerwGE 71, 150 BVerwGE 72, 15 Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 1 S. 1 NVwZ 1986, 740 BVerwGE 72, 265 BVerwGE 72, 282 NVwZ 1986, 640 BVerwGE 75, 214 BVerwGE 77, 295 DVBl. 1988, 845 UPR 1989, 103 NVwZ 1989, 149 BVerwGE 79, 318 NVwZ-RR 1989, 458 NVwZ-RR 1989, 458 BVerwGE 84, 31 BVerwGE 84, 123 BVerwGE 85, 44 NVwZ-RR 1990, 454 BVerwGE 85, 155 NVwZ 1991, 781 NVwZ-RR 1991, 129 NVwZ-RR 1991, 118 BVerwGE 87, 332 NVwZ 1993, 572

186

Entscheidungsübersicht

BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG

Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v.

30. 10. 1992 23. 12. 1992 30. 08. 1993 02. 08. 1994 24. 11. 1994 08. 06. 1995 21. 12. 1995 25. 01. 1996 21. 03. 1996 21. 03. 1996 26. 04. 1996 26. 08. 1996 09. 09. 1996 27. 11. 1996 12. 12. 1996 17. 02. 1997 10. 04. 1997 14. 04. 1997 18. 06. 1997 22. 09. 1997 26. 03. 1998 19. 05. 1998 19. 05. 1998 08. 07. 1998 08. 07. 1998 27. 10. 1998 09. 11. 1998

4 A 4.92 4 B 188.92 7 A 14.93 7 VR 3.94 7 C 25.93 4 C 4.94 11 VR 6.95 4 C 5.95 4 C 26.94 4 C 19.94 11 VR 47.95 4 B 67.96 11 VR 31.95 11 A 99.95 4 C 29.94 4 VP 17.96 4 C 5.96 4 B 30.97 4 C 3.95 4 B 147.97 4 A 7.97 4 A 9.97 4 C 11.96 11 A 53.97 11 A 30.97 11 A 1.97 11 VR 6.98

BVerwG

Beschl. v.

07. 12. 1998

11 B 46.98

BVerwG BVerwG

Urt. v. Beschl. v.

20. 05. 1999 07. 07. 2000

4 A 12.98 4 B 94.99

BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG BVerwG

Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v.

27. 10. 2000 27. 10. 2000 11. 07. 2001 11. 02. 2002 11. 07. 2002 25. 09. 2002

4 A 18.99 4 A 18.99 11 C 14.00 4 B 58.01 4 C 9.00 9 A 5.02

BVerwG

Urt. v.

14. 11. 2002

4 A 15.02

NVwZ 1993, 565 DÖV 1993, 433 NVwZ 1994, 371 NVwZ 1994, 1000 BVerwGE 97, 143 BVerwGE 98, 339 NVwZ 1996, 896 BVerwGE 100, 238 BVerwGE 100, 388 BVerwGE 100, 370 BVerwG, NuR 1997, 79 NVwZ-RR 1997, 84 NVwZ-RR 1997, 210 LKV 1997, 213 BVerwGE 102, 331 NuR 1998, 305 BVerwGE 104, 236 NVwZ 1997, 992 NVwZ-RR 1998, 292 UPR 1998, 72 UPR 1998, 382 BVerwGE 107, 1 NVwZ 1999, 528 BVerwGE 107, 142 NVwZ 1999, 70 UPR 1999, 266 juris Nr.: WBRE 410005136 Buchholz 442.40 zu § 9 LuftVG NVwZ 2000, 555 juris Nr.: WBRE 410006913 BVerwGE 112, 140 NVwZ 2001, 673 BVerwGE 114, 364 Unveröffentlicht NJW 2003, 230 juris Nr.: WBRE 410009314 NVwZ 2003, 485

Entscheidungsübersicht BVerwG BVerwG

Urt. v. Beschl. v.

19. 03. 2003 30. 06. 2003

9 A 33.02 4 VR 2.03, 4 A 3.03

BVerwG

Beschl. v.

01. 07. 2003

4 VR 1.03, 4 A1.03

BVerwG BVerwG

Urt. v. Beschl. v.

15. 01. 2004 20. 01. 2004

4 A 11.02 9 VR 27.03

BVerwG BVerwG

Urt. v. Beschl. v.

22. 01. 2004 24. 02. 2004

4 A 32.02 4 B 101.03

BVerwG OVG Hmb

Beschl. v. Beschl. v.

17. 09. 2004 13. 12. 1994

9 VR 3.04 Bs III 376.93

OVG Hmb

Urt. v.

02. 03. 1998

Bf III 41.96

OVG Hmb OVG Hmb OVG Nds OVG NRW OVG NRW

Teilbeschl. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v.

19. 02. 2001 09. 08. 2004 20. 10. 1993 07. 06. 1979 26. 09. 2003

2 Bs 370.00 2 Bs 300.04 7 K 3677, 3678.91 IX A 1920.78 11 D 53.00.AK

OVG RhPf OVG RhPf BayVGH BayVGH BayVGH BayVGH

Urt. v. Urt. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v.

01. 07. 1997 05. 08. 2004 16. 04. 1981 05. 07. 1994 10. 01. 1997 20. 07. 1999

7 C 11843.93 1 A 11787.03 20 CS 80 D.61 8 A 93.40054 20 A 96.40052 u. a. 8 A 98.40036

VGH BW VGH BW VGH BW VGH BW VGH BW VGH BW

Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v.

26. 11. 1981 05. 10. 1982 30. 07. 1985 15. 12. 1987 15. 11. 1988 19. 06. 1989

5 S 448.81 5 S 2165.82 5 S 2553.84 5 S 3278.86 10 S 2401.87 5 S 3175.87

VGH BW VGH BW VGH BW VGH BW VGH BW

Urt. v. Urt. v. Urt. v. Urt. v. Beschl. v.

04. 07. 1991 03. 09. 1993 09. 12. 1994 17. 11. 1995 28. 12. 1995

5 S 84.89 5 S 874.92 5 S 1648.94 5 S 334.95 5 S 335.95

187 NVwZ 2003, 1120 Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 10 juris Nr.: WBRE 410010014 NVwZ 2004, 732 juris Nr.: WBRE 410010783 NVwZ 2004, 722 juris Nr.: WBRE 410010666 DVBl. 1995, 1026 (Leitsätze) juris Nr.: MWRE 110139900 NVwZ 2001, 1173 DVBl. 1994, 770 VerkBl 1980, 114 juris Nr.: MWRE 203011673 NVwZ-RR 1998, 225 BayVBl. 1981, 399 BayVBl. 1995, 50 DVBl. 1997, 842 juris Nr.: MWRE 108779900 VBlBW 1982, 202 VBlBW 1983, 375 ZfW 1986, 315 NVwZ-RR 1989, 59 NVwZ-RR 1990, 66 juris Nr.: MWRE 156148916 VBlBW 1991, 453 VBlBW 1994, 271 VBlBW 1995, 275 VBlBW 1996, 265 NVwZ 1996, 928

188

Entscheidungsübersicht

VGH BW VGH BW

Urt. v. Urt. v.

28. 03. 1996 17. 07. 2003

5 S 1301.95 5 S 723.02

VGH BW HessVGH VG Hmb VG Hmb VG Minden

Urt. v. Beschl. v. Beschl. v. Urt. v. Urt. v.

02. 11. 2004 19. 04. 1984 18. 12. 2000 27. 08. 2002 13. 03. 1987

5 S 1063.04 2 TH 91.83 15 VG 3923.2000 15 VG 1383.2002 8 K 2122.85

VBlBW 1996, 468 juris Nr.: MWRE 115260300 NVwZ 1986, 849 NordÖR 2001, 34, 35 NordÖR 2002, 459 ZfW Sh 1987 Nr. 151

Sachwortverzeichnis Abwägung 44 ff., 83 ff. – Abwägungsfehler 46, 73, 85, 105 ff. – in Bauleitplanung und Planfeststellung 91 ff. – Kontrolldichte 46, 85 ff., 105 ff. – und Gemeinwohlkonkretisierung 56 ff., 101 f., 115 ff., 124 f. – und Gesetzliche Bedarfsfestlegung s. Gesetzliche Bedarfsfestlegung – und Verwaltungsermessen 85 ff. – und Zielentsprechung 152 ff. – Verhältnis zur Planrechtfertigung s. Planrechtfertigung – Zuordnung des Abwägungsspielraums 92 ff., 98 ff., 104 f. Angebotsplanung 35, 110 Anspruch auf Planfeststellung s. Planfeststellung Art. 14 Abs. 3 GG s. Planrechtfertigung „B 42“-Entscheidung 19, 24 f., 84 f. Bedarfsplanung s. Gesetzliche Bedarfsfestlegung Bedarfsprüfung 27, 34 ff., 72 f., 105 ff. – Keine strikte Trennung von der Zielkonformität 35 f. – aufgrund gesetzlicher Bedarfsfestlegung s. gesetzliche Bedarfsfestlegung Bedürfnisprüfung s. Bedarfsprüfung Dogmatische Fundierung der Planrechtfertigung s. Planrechtfertigung Durchleitung s. Leitungsbau Eigentumsschutz s. Art. 14 Abs. 3 GG; Gemeinwohlkonkretisierung; Gesetzliche Bedarfsfestlegung Energieanlagen s. Leitungsbau Enteignungsrechtliche Vorwirkung 26, 48 f., 56, 70, 73, 101, 112, 115, 122, 154 f.

Erforderlichkeitsgrundsatz s. Planrechtfertigung Ermessen s. Verwaltungsermessen FFH-Richtlinie 140 ff. FFH-Verträglichkeitseinschätzung 126, 140 f., 144 FFH-Verträglichkeitsprüfung s. FFH-Richtlinie Finalprogramme s. Konditional- und Finalprogramme Gasversorgungsleitungen s. Leitungsbau Gemeinnützige Planfeststellung s. Planfeststellung Gemeinwohlkonkretisierung s. Abwägung Gesetzliche Bedarfsfestlegung 37, 67, 110, 107, 110, 112, 125 ff. – und Abwägung 130 ff., 142 ff. – und Eigentumsschutz 134 ff. – und Gewaltenteilung 137 – und Planrechtfertigung 37, 127 ff. Gewaltenteilung s. Gesetzliche Bedarfsfestlegung Hochspannungsfreileitungen s. Leitungsbau Konditional- und Finalprogramme 86 ff. Kontrolldichte s. Abwägung; Planrechtfertigung; Zielentsprechung Leitungsbau 151 ff. – Durchleitung 158, 164 – Preisgünstigkeit 151 f., 159 – Umweltverträglichkeit 151 f., 160 ff. – Versorgungssicherheit 151 f., 156 ff. – zu außerhalb der Energieversorgung liegenden Zwecken 156 – zum Zwecke der Wettbewerbsförderung 162 ff. – zur Förderung der Wirtschaftsstruktur 159

190

Sachwortverzeichnis

Normative Ermächtigungslehre 89 Null-Variante 48, 78, 132 , 158 Offshore-Windparks s. Windparks Planerische Gestaltungsfreiheit 19, 22, 83 ff. Planfeststellung – Anspruch auf 96 ff. – Eigenheiten der 92 ff. – gemeinnützige / privatnützige 50, 115 ff. – und Anlagenzulassung 100 – Zuordnung des Gestaltungsspielraums 92 ff., 98 ff., 104 Planfeststellungsbehörde 96 ff., 98 ff., 104 Planrechtfertigung – Anwendungsbereich 48 ff. – Bedeutung 33 f., 35 f., 41 ff., 51 f., 78 ff., 105 ff. – Dogmatische Fundierung 53 ff. – Entwicklung 23 ff. – Inhalt 26 ff. – Kontrolldichte 38 ff., 55 ff., 74 ff., 114 f. – und Abwägung 44 ff., 79 ff., 105 ff. – und Art. 14 Abs. 3 GG 26, 48, 53 ff., 73 ff., 76 – und Art. 20a GG 64 ff. – und Erforderlichkeitsgrundsatz 59 ff.

– und fachplanungsrechtliche Systematik 65 ff. – und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 62 – und Zielentsprechung 152 ff. – Verhältnis zu anderen Schranken planerischer Gestaltungsfreiheit 41 ff. Privatnützige Planfeststellung s. Planfeststellung Umweltrisikoeinschätzung 126, 140 f., 144 Umweltschutz s. Planrechtfertigung und Art. 20a GG Umweltverträglichkeitsprüfung 138 ff. Verwaltungsermessen s. Abwägung Vorhabenträger 92 ff., 96 ff., 102 ff., 104 Windparks 160 ff. Zielentsprechung 69, 151 ff., s. auch Leitungsbau – Kontrolldichte 155 f. Zielkonformität 27 ff., 65 ff. – Keine strikte Trennung von der Bedarfsprüfung 35 Zwingendes Recht 41 ff., 66 f., 69 ff., 151, 154 ff.