Absatzwirtschaft in Japan und Deutschland: Strukturen – Wettbewerb – Politik [1 ed.] 9783428474530, 9783428074532

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Absatzwirtschaft in Japan und Deutschland: Strukturen – Wettbewerb – Politik [1 ed.]
 9783428474530, 9783428074532

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SCHRIFTENREIHE DES IFO-INSTITUTS FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG Nr.131

IFO-INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG

Absatzwirtschaft in Japan und Deutschland Strukturen - Wettbewerb - Politik

Herausgegeben von

Erich Batzer, Helmut Laumer und Takeshi Suzuki

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

MÜNCHEN

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Absatzwirtschaft in Japan und Deutschland: Strukturen, Wettbewerb, Politik / Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung. Hrsg. von Erich Batzer ... - Berlin ; München : Duncker und Humblot, 1992 (Schriftenreihe des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung ; Nr. 131) ISBN 3-428-07453-X NE: Batzer, Erich [Hrsg.]; Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (München) : Schriftenreihe des Ifo-Instituts ...

Alle Rechte vorbehalten

© 1992 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41

Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0445-0736 ISBN 3-428-07453-X

Vorwort Die japanische und die deutsche Volkswirtschaft waren in den letzten J ahrzehnten durch eine sehr dynamische Entwicklung gekennzeichnet, zu der der Distributionssektor maßgeblich beigetragen hat. Industrielle Vertriebssysteme, Großhandel und Einzelhandel dieser Länder wiesen dabei in der Vergangenheit große Unterschiede in struktureller Hinsicht und bei wesentlichen Leistungsmerkmalen auf. Inzwischen hat eine gewisse Angleichung stattgefunden. Dies ist darauf zurückzuführen, daß sich das Effizienz- und Produktivitätsbewußtsein im Distributionsbereich erheblich verstärkt hat, wenn auch in Japan später als in der Bundesrepublik Deutschland. Einen Beitrag hierzu hat zweifellos auch die Handelswissenschaft geleistet, u. a. durch international vergleichende Studien. Japanische HandeIswissenschaftler haben sich schon frühzeitig mit den Strukturen und den Entwicklungsvorgängen im Distributionsbereich der Bundesrepublik Deutschland befaßt, deutsche Wissenschaftler mit dem japanischen Distributionssystem. Aus den daraus entstandenen persönlichen Kontakten wurde die Idee zu dem vorliegenden Sammelband geboren. Er enthält Beiträge von Handelswissenschaftlern, die sich in den vergangenen Jahrzehnten - aus theoretischer und empirischer Sicht - intensiv mit den Fragen und Problemen der Warendistribution befaßt haben. Probleme bei der Abstimmung und Übersetzung der Beiträge haben die Herausgabe des vorliegenden Werkes erheblich verzögert. Deshalb konnten nicht alle Beiträge auf ganz aktuellen Stand gebracht werden. Die grundsätzlichen Aussagen werden hierdurch jedoch nicht beeinträchtigt. Die Beiträge zur Absatzwirtschaft in Deutschland beziehen sich durchweg auf die alte Bundesrepublik. Die Herausgeber möchten allen beteiligten Autoren ihren herzlichen Dank für die Mitwirkung aussprechen. Die Herausgeber

Inhaltsverzeichnis A. Wirtschaftliche Entwicklung und Distributionsstrukturen .................... . 1. Die (quantitative) Bedeutung des Warenhandels in der deutschen Volkswirtschaft (H. Laumer) .......................................................

3

2. Die Stellung der Distribution in der japanischen Volkswirtschaft (M. Sasaki) ...................................................................

23

3. Der Strukturwandel im Einzelhandel der Bundesrepublik Deutschland (E. Batzer) ....................................................................

37

4. Der Strukturwandel im japanischen Einzelhandel (Y. Shiraishi) ..........

69

5. Konsumgüterhandel: Wettbewerbsdynamik verändert Funktionsprofile (u. eh. Täger) ................................................................

93

B. Vertriebspolitik und Wettbewerb................................................

121

1. Wettbewerbsstruktur im deutschen Handel (H. O. Schenk) ...............

123

2. Vertriebspolitik der japanischen Hersteller und Auswirkungen auf den Distributionssektor (S. Abe) .................................................

169

Staatliche Binnenhandelspolitik .................................................

191

1. Die Binnenhandelspolitik als Teil der Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland (B. Tietz) .............................................

193

c.

VII

2. Die Distributionspolitik als Teil der Wirtschaftspolitik (Y. Tajima) ......

245

3. Verbraucherprobleme und Verbraucherpolitik in der Bundesrepublik Deutschland (G. Kleinhenz) .................................................. 267

D. Spezielle Problembereiche der japanischen Distributionswirtschaft ..........

285

I. Japanische Handelsbräuche und Verbraucherinteresse (T. Suzuki) .......

287

2. Wege und Kosten des Vertriebs von Importwaren in Japan (E. Batzer und H. Laumer) ...................................................................

307

Verzeichnis der Autoren .............................................................

325

A. Wirtschaftliche Entwicklung und Distributionsstrukturen

1. Die (quantitative) Bedeutung des Waren handels in der deutschen Volkswirtschaft

von Helmut Laumer

Gliederung:

Seite

1.

Vorbemerkungen

2. 2.1 2.2 2.3 2.4

Der Handel als Teil der Wirtschaft Fast 30% aller Unternehmen im Waren handel tätig Hoher Anteil von Selbständigen und Frauen Handel "produziert" knapp ein Zehntel des Sozialprodukts Bedeutender Investor

8 8 12 15 18

3.

Vergleich mit Japan

20

\'

5

3

1. VORBEMERKUNGEN In marktwirtschaftlich orientierten Volkswirtschaften erfüllen die verschiedenen Stufen des institutionellen Handels (Großhandel, selbständige Handelsvermittlung, Einzelhandel) unverz~chtbare Funktionen. Je höher entwickelt (bzw. je weiter industrialisiert) sie sind, desto komplexer und damit aufwendiger ist im Rahmen der Arbeitsteilung die Aufgabe des Handels, die zeitlichen, räumlichen und quantitativen Divergenzen und Spannungen zwischen Produktion und Verbrauch zu überwinden. Ein hoher Industrialisierungsgrad mit differenzierten Produktionsstrukturen erfordert auch eine starke Differenzierung in der Funktionserfüllung und Leistungserbringung der mit der Warendistribution befaßten Unternehmen. Es wäre verfehlt, allein aus quantitativen Indikatoren, wie dem Anteil der Betriebe, der Beschäftigten oder der Wertschöpfung, auf den Grad der Funktionserfüllung bzw. die Leistungsfähigkeit des Handels zu schließen. Vergleichsweise weniger Betriebe und Beschäftigte mit geringerer Wertschöpfung können mit besserer Organisation und entsprechend höherer Effizienz den von den vor- und nachgelagerten Wirtschaftszweigen an sie gestellten Anforderungen möglicherweise besser (und preiswerter) gerecht werden als mehr Betriebe und Beschäftigte mit höherer (und damit die Waren verteuernder) Wertschöpfung. Im Zeitablauf sinkende Anteile an den entsprechenden volkswirtschaftlichen Aggregaten können somit durchaus positiv zu bewerten sein, falls sie mit einer Steigerung der Produktivität einhergehen. Dies sollte bei internationalen Vergleichen, die sich auf quantitative Indikatoren stützen, stets im Auge behalten werden. Einen "Globalindikator" zur Messung bzw. Quantifizierung der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Handels - und deren Entwicklung - gibt es nicht, vielmehr ist eine Reihevon Einzelindikatoren heranzuziehen, die zudem aus unterschiedlichen statistischen Quellen abzuleiten sind. Dabei mu ß in Kauf genommen werden, daß die in Frage kommenden Zählwerke vielfach hinsichtlich des Erhebungsbereiches, der Erhebungseinheit, der Erhebungsmethode sowie der Definition der erfaßten Merkmale nicht

5

kompatibel sind und daß sie sich auf unterschiedliche Erhebungszeitpunkte bzw. -räume beziehen. Ein wesentliches Manko der verfügbaren amtlichen Handelsstatistiken besteht auch darin, daß nach dem dort angewendeten wirtschaftlichen Schwerpunktprinzip die Handelsunternehmen mitall ihren unterschiedlichen (Umsatz-)Tätigkeiten der Hauptfunktion zugeordnet werden, wobei die Schwerpunktbestimmung nach dem überwiegenden Beitrag zum Gesamtumsatz bzw. zur Bruttowertschöpfung vorgenommen wird. Durch diese institutionelle Betrachtungsweise wird die zahlenmäßige Erfassung der zunehmend zu beobachtenden Verschiebung von Handelsfunktionen auf bzw. zwischen den einzelnen Wirtschafts- bzw. Handelsstufen zumindest sehr erschwert. 1 Das Statistische Bundesamt zählt ein Unternehmen dann zum Großhandel, wenn es im Schwergewicht seiner Tätigkeit (zu mehr als der Hälfte) Warenhandel betreibt und seine Waren überwiegend an gewerbliche Verwender oder (bei Halbfabrikaten) an Weiterverarbeiter, an Einzelhandelsbetriebe und andere gewerbliche Unternehmen absetzt. Zum institutionellen Großhandel gehören sowohl der selbständige oder einzeIwirtschaftliche Großhandel als auch die gewerblichen und landwirtschaftlichen Einund Verkaufsvereinigungen genossenschaftlicher und sonstiger Rechtsform, nicht aber - in funktionalem Sinne ebenfalls Großhandelsaufgaben wahrnehmende - Beschaffungs- und Vertriebsabteilungen von Industrieunternehmen, herstellereigene rechtlich unabhängige Vertriebsorgane mit Auslieferungslagern oder die Einkaufszentralen von Großunternehmen des Einzelhandels. 2 Als Handelsvertretergelten laut Gesetz selbständige Gewerbetreibende, die ständig damit betraut sind, für andere Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in deren Namen abzuschließen (§ 84 Abs. 1 HGB): "In

1 2

Vgl. hierzu U.Chr. Täger, Konsumgüterhandel: Wettbewerbsdynamik verändert Funktionsprofile, in: ifo Schnelldienst 5/88, S. 20 ff. Vgl. hierzu E. Batzer, Großhandel, in: Management-Enzyklopädie, Bd. 4, 2. Auflage, München 1983, S. 398 ff.

6

wirtschaftlicher Betrachtung ist der Handelsvertreter ein Dienstleistungsunternehmer, der es unternimmt, als dafür besonders geeigneter Spezialist für einen anderen Unternehmer (zum Beispiel eine Industriefirma oder einen Importeur) in einem bestimmten Bezirk die Aufgabe des Verkaufens im weitesten Sinne zu übernehmen."3 Einzelhandel betreibt, wer gewerbsmäßig Waren anschafft und diese unverändert oder nach im Einzelhandel üblicher Be- und Verarbeitung in einer oder mehreren offenen Verkaufsstellen zum Verkauf an jedermann feilhält (Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 5. August 1957). Im Marktablaufschema ist der Einzelhandel das letzte Zwischenglied auf dem Weg der Ware von der Erzeugung zum Endverbrauch. Er hat die Aufgabe, diejenigen Waren zu beschaffen und bereitzustellen, die der Befriedigung der Konsumentenbedürfnisse dienen, und diese in einer Weise zu verteilen, die den Verbraucherwünschen entspricht. In der Regel setzt der Einzelhandel verwendungsreife Konsumwaren in den für die Bedarfsdeckung der Familienhaushaltungen üblichen Mengen ab. Die Aufgabe des Einzelhandels, die privaten Verbraucher zur richtigen Zeit und am richtigen Ort mit den gewünschten Waren zu versorgen, kann sowohl von Unternehmen und Betrieben wahrgenommen werden, die darauf spezialisiert sind (Einzelhandlungen im engeren, institutionellen Sinn), als auch von solchen, die schwerpunktmäßig in anderen Wirtschaftsbereichen tätig sind und die neben ihrer eigentlichen Tätigkeit Waren unverändert oder nach handelsüblicher Be- und Verarbeitung an private Verbraucher absetzen (Direktgeschäft des Großhandels, Handwerkshandel, Getränkeverkauf der Gaststätten über die Straße, etc.). Bezieht man die letztgenannte Gruppe von Betrieben ein, spricht man vom Einzelhandel im weiteren, funktionellen Sinn. Nicht zum Einzelhandel gehört der Direktabsatz der Industrie, da auf ihn das Kriterium des

3

Vgl. H. Voss, Handelsvertreter, in: Management-Enzyklopädie, Bd. 4, 2. Auflage, München 1983, S. 510 ff.

7

unveränderten bzw. nach handelsüblicher Be- oder Verarbeitung vorgenommenen Absatzes nicht zutrifft. Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf den Handel im engeren, institutionellen Sinne.

2. DER HANDEL ALS TEIL DER WIRTSCHAFT In der Bundesrepublik Deutschland stellt der institutionelle Warenhandel (Großhandel, Handelsvertretung, Einzelhandel) einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Er leistet einen erheblichen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung, und er ist einer der größten Arbeitgeber. Als Investor beeinflußt er auch maßgeblich Wirtschaftskonjunktur und -wachstum.

2.1 Fast 30% aller Unternehmen im Warenhandel tätig Die aktuellste und zugleich umfassendste Zählung der Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft stellt die Arbeitsstättenzählung vom 25. Mai 1987 dar. Danach waren zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik Deutschland 585 073 Unternehmen im Handel tätig, davon 108245 im Großhandel, 74543 in der Handelsvermittlung und 402285 im Einzelhandel. Die aus Tabelle 1 ersichtlichen Unterschiede zu den Ergebnissen anderer Zählwerke aus jüngerer Zeit sind in erster Linie auf abweichende Abgrenzungs- und Erhebungsmerkmale zurückzuführen. So lassen einerseits sowohl die Handels- und Gaststättenzählung als auch die Umsatzsteuerstatistik - anders als die Arbeitsstättenzählung - Kleinunternehmen mit Umsätzen im Erhebungsjahr von weniger als 20 000 DM außer Betracht (was vor allem im Einzelhandel zu Buche schlägt). Andererseits ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der Umsatzsteuerstatistik nicht um eine Stichtagserhebung handelt, sondern daß von den Steuerbehörden alle Unternehmen erfaßt werden, die im jeweiligen Jahr umsatzsteuerpflichtig sind, auch wenn sie erst im späteren Verlauf des Jahres gegründet wurden oder im Laufe des Jahres den Geschäftsbetrieb eingestellt haben.

8

Tab. 1

Zahl der Unternehmen des Handels nach verschiedenen Zählwerken

Wirtschaftsbereich

Handels- und Gaststättenzählunga) (31. Mai 1985)

Umsatzsteuerstatistikb) (1988)

Arbeitsstättenzählung c ) (25. Mai 1987)

Großhandel Handelsvermittlung Einzelhandel

101 089 65822 339318

114629 71643 396674

108245 74543 402285

Handel insgesamt

506229

582946

585073

2021824

2097851

Alle Wirtschaftsbereiche

-

Fachserie 6, Handel, Gastgewerbe, Reiseverkehr, Handels- und Gaststättenzählung 1985. - b) Fachserie 14, Finanzen und Steuern, Reihe 8: Umsatzsteuer 1988. - c) Fachserie 2, Unternehmen und Arbeitsstätten, Arbeitsstättenzählung vom 25. Mai 1987. a)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden.

Unabhängig davon, welche Statistik herangezogen wird, läßt sich feststellen, daß fast 30% aller Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft schwerpunktmäßig im Handel tätig sind; nach dem Ergebnis der Arbeitsstättenzählung 1987 sind es 27,9%, nach dem Ergebnis der Umsatzsteuerstatistik 1986 sogar 28,8%. Der überwiegende Teil davon entfällt naturgemäß auf den Einzelhandel (19,2 bzw. 19,6%), der weitaus kleinere auf Großhandel (5,2 bzw. 5,7%) und Handelsvermittlung (nach bei den Quellen 3,6%). Auch an der Gesamtzahl der Arbeitsstätten gemessen - die am

9

25. Mai 1987 gezählten 585073 Unternehmen des Handels betrieben 707 123 dieser örtlichen Einheiten - sind Großhandel, Handelsvermittlung und Einzelhandel mit ähnlichen Anteilen (5,4%, 3,2% und 21,0%) vertreten. Ein Vergleich mit früheren Erhebungen zeigt, daß die Zahl der HandeIsunternehmen seit Beginn der siebziger Jahre (wie schon in den sechziger Jahren) weiter kräftig zurückgegangen ist, laut Arbeitsstättenzählung von 646904 im Jahre 1970 auf 585073 im Jahre 1987, laut Umsatzsteuerstatistik von 606 263 im Jahre 1968 auf 582 946 im Jahre 1988 (vgl. Tabelle 2). Da gleichzeitig die Gesamtzahl der Unternehmen (um rund 190 000) zugenommen hat, haben sich die entsprechenden Anteile des Handels deutlich verringert, nach den Ergebnissen der Arbeitsstättenzählung immerhin von 33,9% im Jahre 1970 auf 27,9% im Jahre 1987. Die in zweijährigem Rhythmus durchgeführte Umsatzsteuerstatistik erlaubt eine Untergliederung des Beobachtungszeitraums. Dabei wird deutlich, daß die Zahl der Handelsunternehmen von 1980 bis 1988 zwar wieder zugenommen hat (um knapp 7%), sogar deutlich stärker als im produzierenden Gewerbe, jedoch wesentlich schwächer als in der gewerblichen Wirtschaft insgesamt, wo insbesondere im Bereich der modernen - unternehmensbezogenen und privaten - Dienstleistungen ein Gründerboom zu verzeichnen war. 4 Die Anteile des Handels an der Zahl aller Unternehmen sind damit auch in jüngster Zeit zurückgegangen (vgl. Tabelle 2).

4

Die Handels- und Gaststättenzählung weist fOr den Zeitraum 1979 bis 1985 allerdings einen weiteren Rückgang der Unternehmenszahl im Handel von 519 626 auf 506 238 aus.

10

478151 545218 112356 65357 367505 635546 1688690

502001 606263 125625 66541 414097 521449 1652408

Produzierendes Gewerbe

Handel

- Großhandel - Handelsvennittlungt') - Einzelhandelc)

Übrige Wirtschaftsbereiche

Unternehmen Insgesamt

2013822

903809

114629 71643 396674

582946

493276

31791

1988

100

31,5

7,6 4,0 25,1

36,7

30,4

1,4

1968

100

37,6

6,6 3,9 21,8

32,3

28,3

1,8

-10 -11 - 2 -11 +22 + 2

28,9 5,7 3,6 29,7 44,9 100

Quelle: Statistisches Bundesamt, Umsatzsteuerstatistiken.

+ 19,3

+42,2

+ 2,0 + 9,6 + 7,9

+ 6,9

+ 3,2

+ 6,8

Ohne Einzelhan-

- 5

24,5

c)

+ 31

Veränderungen in % 1980/1968 198811980

1,6

Anteile in% 1988 1980

a) Mit Jahresumsätzen ab 12 000 DM (1968) bzw. ab 20 000 DM (1980 und 1986). - b) Ohne Agenturtankstellen. del mit Landmaschinen und landwirtschaftlichen Geräten, einschließlich Agenturtankstellen.

29775

22695

Anzahl 1980

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

1968

Entwicklung der Zahl der Unternehmen-) in der gewerblichen Wirtschaft nach Wirtschaftsbereichen im Zeitraum 1968 bis 1988

Wirtschaftsbereich

Tab. 2

2.2 Hoher Anteil von Selbständigen und Frauen Zählt man alle voll- und teilzeitbeschäftigten Personen, die mit dem Unternehmen in einem Arbeitsverhältnis stehen und in der Lohn- und Gehaltsliste geführt werden, einschließlich tätiger Inhaber und unbezahlt mithelfender Familienangehöriger, unabhängig von der Arbeitszeit, die sie in der Arbeitsstätte tätig sind (Erfassungskriterien der Arbeitsstättenzählung), so waren am 25. Mai 1987 rund 3 790 000 Personen im Handel tätig, das sind 17,3% aller Erwerbstätigen in der gewerblichen Wirtschaft. Die Handels Ind Gaststättenzählung, die Kleinunternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 20 000 DM nicht erfaßt, hatte zum 29. März 1985 rund 3668000 Beschäftigte registriert.

Tab. 3 Zahl der im Handel beschäftigten Personen

Bereich

Handels- und Gaststättenzählung 1985

Arbeitsstättenzählung 1987a )

Großhandel Handelsverm ittlung Einzelhandel

1137179 170379 2360660

1199091 74543 2516283

( 5,5%) ( 0,3%) (11,5%)

Insgesamt

3668218

3789917

(17,3%)

a)

Die Anteilssätze in Klammern beziehen sich auf die gesamte gewerbliche Wirtschaft.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden.

12

Deutlich niedriger ist die Zahl der im Handel beschäftigten Personen, wenn man die der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zugrundeliegende Beschäftigtenstatistik des Statistischen Bundesamtes heranzieht (vgl. Tabelle 4). Im Jahre 1990 waren es insgesamt über 3,7 Mill. Personen, das sind 13% aller Erwerbstätigen. Darunter waren fast 3 Mill. Arbeitneh mer. Aus Tabelle 4 wird deutlich, daß die Beschäftigung im Handel in den siebziger Jahren nicht nur absolut (innerhalb von zehn Jahren immerhin um über 160000 Personen), sondern auch im Verhältnis zur gesamten Erwerbstätigkeit in der Wirtschaft (von 12,6 auf 13,0%) kräftig zugenommen hat. In der ersten Hälfte der achtziger Jahre war der Beschäftigungstrend dann rückläufig, ehe die anhaltend günstige Konjunkturlage ab 1986 wieder zu einer kräftigen Zunahme der Beschäftigung führte. Mehr als die Hälfte der im Handel beschäftigten Personen sind Frauen, im Einzelhandel liegt deren Anteil sogar bei über 60% (vgl. Tabelle 5). Im Durchschnitt aller Wirtschaftszweige beträgt der Frauen-Anteil an der Beschäftigung lediglich 37,5%. Der hohe Anteil beschäftigter Frauen im Handel bedeutet auch, daß hier die Teilzeitbeschäftigung eine überdurchschnittliche Rolle spielt. Trotz starker Konzentrationstendenzen in den siebziger und achtziger Jahren ist der Handel in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor weitgehend klein- und mittelbetrieblich strukturiert. Im Durchschnitt beschäftigte 1987 jedes Einzelhandelsunternehmen sechs und jedes Großhandelsunternehmen elf Personen. Sieht man von den freien Berufen ab, so ist in keinem Wirtschaftszweig die Zahl der tätigen Inhaber und der unbezahlt mitarbeitenden Familienmitglieder so groß wie im Handel (vgl. Tabelle 5). Dies macht es verständlich, daß der Handel auch in der mittelstandspolitischen Diskussion eine besondere Rolle spielt.

13

Tab. 4 Entwicklung der im Handel beschäftigten Personen im Zeitraum von 1970 bis 1990

1. Erwerbstätige Jahr

1970 1980 1985 1986 1987 1988 1989 1990

Großhandel Handelsvermittlung

Einzelhandel

Handel insgesamt

in 1 000

in%al

in 1 000

in%al

in 1 000

in%al

1370 1349 1249 1248 1259 1290 1322

5,2 5,0 4,7 4,6 4,7 4,7 4,8

1978 2163 2181 2201 2225 2250 2281

.7,4 8,0 8,2 8,2 8,2 8,3 8,3

3348 3512 3430 3449 3484 3540 3603 3728

12,6 13,0 12,9 12,8 12,9 13,0 13,0 13,1

-

-

2. Arbeitnehmer Jahr

1970 1980 1985 1986 1987 1988 1989 1990

Großhandel Handelsvermittlung

Einzelhandel

Handel insgesamt

in 1 000

in%al

in 1 000

in%al

in 1 000

in%al

1 117 1176 1 081 1 081 1089 1122 1 154

5,0 4,9 4,6 4,5 4,5 4,6 4,7

1407 1723 1 718 1738 1761 1784 1 811

6,4 7,2 7,3 7,3 7,3 7,4 7,3

2524 2899 2799 2819 2850 2906 2965 3083

11,4 12,2 11,9 11,8 11,9 12,0 12,0 12,1

-

-

al In % aller Erwerbstätigen bzw. aller beschäftigten Arbeitnehmer. Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3, Konten und Standardtabellen, 1990 und Fachserie 18, Reihe S.15, Revidierte Ergebnisse 1950 bis 1990.

14

Tab. 5 Strukturdaten der Beschäftigung im Handel (1987) in % der Beschäftigten

Frauen

Tätige Inhaber

unbezahlt mithelfende Familienangehörige

Arbeitnehmer

Großhandel Handelsvermittlung Einzelhandel

35,2 43,4 60,7

6,9 42,8 15,7

1,6 7,3 4,2

91,5 49,9 80,1

Handel insgesamt

52,1

14,1

3,5

82,3

Zum Vergleich: Gesamtwirtschaft

37,5

9,1

2,2

88,7

Bereich

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 2: Unternehmen und Arbeitsstätten, Arbeitsstättenzählung vom 25. Mai 1987, Heft 9.

2.3 Handel "produziert" knapp ein Zehntel des Sozialprodukts Die Bedeutung des Handels wird üblicherweise u.a. an der Höhe des erzielten Umsatzes, auch im Verhältnis zum Umsatz der übrigen Wirtschaftsbereiche bzw. - im Fall des Einzelhandels - am privaten Verbrauch gemessen. Nach dem Ergebnis der Umsatzsteuerstatistik hat der Handel in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1986 insgesamt 1 456 Mrd. DM umgesetzt, wovon auf den Einzelhandel 537 Mrd. DM (36,9%) und auf den Großhandel 836 Mrd. DM (57,4%) entfielen. Bei dem ausgewiesenen "Umsatz" der Handelsvermittlung in Höhe von 33 Mrd. DM (2,3%) handelt es sich überwiegend um Provisionen auf den vermittelten Warenumsatz, der - bei einem angenommenen durchschnittlichen Provisionssatz von

15

3,8% - einschließlich des Eigenumsatzes in der Größenordnung von 500 Mrd. DM liegen dürfte. Von den kumulierten Gesamtumsätzen der Wirtschaft (einschließlich Landwirtschaft) entfielen 1988 auf den Großhandel 19,7% und auf den Einzelhandel 12,6%. In volkswirtschaftlicher Sicht ist die Höhe des Umsatzes bzw. sein Anteil am Umsatz vor- oder nachgelagerterWirtschaftsbereiche als Kriterium für die Bedeutung des Handels nur bedingt geeignet, da teilweise - je nach Branche und Organisationsform - dieselbe Ware auf den verschiedenen Handelsstufen oder sogar innerhalb derselben Handelsstufe mehrmals umgeschlagen wird, ohne daß dabei in jedem Fall wesentliche Zusatzleistungen erbracht werden. Einen erheblich aussagefähigeren Indikator stellt der Beitrag des Handels zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung dar. Mit rund 185 Mrd. DM lag er 1988 in der Bundesrepublik Deutschland bei knapp 9%, wovon jeweils rund die Hälfte auf den Einzelhandel bzw. den Großhandel einschließlich Handelsvermittlung entfielen. In jeweiligen Preisen gemessen ist der Wertschöpfungsanteil des Handels seit 1960 deutlich zurückgegangen (was vor allem für den Großhandel gilt), preisbereinigt blieb er dagegen fast stabil (vgl. Tabelle 6). Von der gesamten Bruttowertschöpfung des Handels verbleiben nach Abzug der Abschreibungen und indirekten Steuern 93,5% als Nettowertschöpfung zur Verteilung an die Bezieher von Faktoreinkommen. Der Anteil der Einkommen aus unselbständiger Arbeit an der Nettowertschöpfung erhöhte sich vor allem während der ersten Hälfte der siebziger Jahre. Noch 1970 hatte der Anteil der Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit rund die Hälfte der Bruttowertschöpfung dieses Wirtschaftsbereiches betragen (50,5%). Im Jahre 1980 waren es bereits knapp zwei Drittel (61,8%). Dementsprechend verringerte sich der Anteil der Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen. Nach einer Analyse des ifo Instituts ist diese Entwicklung nicht nur auf den Anstieg der Lohneinkommen zurückzuführen, sondern hauptsächlich auch ein Ergebnis der Struktur- und Wettbewerbsveränderungen im Handel, die insgesamt eine Verschlechterung der Ertragssituation und der Nettogewinne bewirkten.

16

Tab. 6

Der Beitrag des Handels zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung a ) 1960 bis 1990 Anteile in %. in jeweiligen Preisen

in Preisen von 1985

Jahr

Großhandel, HandelsvermittI.

Einzelhandel

Handel insgesamt

Groß handel, HandeIsvermittl.

Einzelhandel

Handel insgesamt

1960 1970 1980 1986 1987 1988 1989 1990

6,2 5,2 4,7 4,5 4,4 4,4 4,4

5,8 4,9 4,7 4,2 4,3 4,3 4,3

12,0 10,1 9,4 8,7 8,7 8,8 8,7 8,8

5,0 5,1 4,7 4,5 4,5 4,5 4,6

4,1 4,3 4,5 4,3 4,4 4,3 4,3

9,1 9,4 9,2 8,8 8,8 8,8 8,8 9,0

a)

-

-

-

-

Gemessen an der Wertschöpfung insgesamt.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 18, Reihe 1.3, Konten und Standardtabellen, 1990 und Fachserie 18, Reihe S. 15, Revidierte Ergebnisse 1950 bis 1990.

Nicht zuletzt hat die erhöhte Neigung, Arbeitsverträge mit Familienangehörigen zu schließen, dazu beigetragen, daß der Anteil der Arbeitnehmer an den Beschäftigten im Handel in den siebziger Jahren deutlich zugenommen hat und auch hierdurch die Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit stärker gestiegen sind als die Unternehmereinkommen. 5

5

Vgl. E. Batzer, J. Lachner, W. Meyerhöfer, U.Chr. Täger, Die Warendistribution in der Bundesrepublik Deutschland, ifo Studien zu Handels- und Dienstleistungsfragen, Nr. 24, München 1984, S. 9.

2 BatzeT

U. a.

17

2.4 Bedeutender Investor Der Handel in der Bundesrepublik Deutschland hat im Jahre 1989 Investitionen im Werte von rund 26 Mrd. DM getätigt, wovon gut 55% auf den Einzelhandel und knapp 45% auf Großhandel und Handelsvermittlung entfielen. Dies waren - in jeweiligen Preisen gerechnet - gut 7% der BruttoAnlageinvestitionen aller Wirtschaftsbereiche. Deutlich größer ist die Bedeutung des Handels als Investor, wenn die An lagenzugänge nicht nach dem traditionellen Eigentümer-, sondern nach dem Benutzerkonzept erfaßt werden. Dies ist deshalb nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar zwingend erforderlich, weil sich seit den siebziger Jahren im Zuge der Bemühungen der Unternehmen, alle legalen Möglichkeiten zur Begrenzung des Verlustrisikos und zur Verringerung der Kapitalbindungsdauer auszuschöpfen, neue Finanzierungsformen für Investitionsvorhaben , nämlich das Leasing und andere Arten der Vermietung von Anlagegütern an die gewerbliche Wirtschaft herausgebildet - und rasch zugenommen haben. 6 Da in diesen Fällen die Anlagen im Eigentum der vermietenden Unternehmen bleiben, hat das Vordringen dieser neuen Finanzierungsformen zur Folge, daß die Investitionsausgaben der Wirtschaftszweige nach dem Eigentümerkonzept und nach dem Benutzerkonzept zunehmend auseinanderklaften. Für den Handel gilt dies ganz besonders, da hier die höchsten Anteile an gemieteten Anlagen erreicht werden.? Nach dem Benutzerkonzept betrug der Anteil des Handels an den gesamtwirtschaftlichen Brutto-Anlageinvestitionen (ohne Wohnungsvermietung) rechnerisch 10,7% (vgl. Tabelle 7). Während die Investitionen des Handels zwischen 1973 und 1989 nach dem traditionellen Eigentümerkonzept nur um 135% gestiegen sind, er• Vgl. A. StädtIer, Alternativen zu traditionellen Finanzierungsformen: Leasing-Factoring Forfaitierung, in: ifo Schnelldienst, Heft 14-15/1987. 7 Vgl. W. Gerstenberger, J. Heinze, M. Hummel, K. Vogler-Ludwig, Sektorale Kapitalbildung in der deutschen Wirtschaft nach dem Eigentümer- und Benutzerkonzept, ifo Studien zur Strukturforschung, Nr. 12, München 1989.

18

Tab. 7 Bruttto-Anlageinvestitionen des Handels nach Eigentümer- und Benutzerkonzept (in jeweiligen Preisen) 1973 bis 1989 1. EIgentümerkonzept

Jahr

1973 1980 1987 1989 1989/ 1973

Großhandel Handelsvermittlung

Einzelhandel

Handel insgesamt

Mill.DM

in%al

Mill.DM

in%al

Mill.DM

in%al

5300 7380 8700 11569

3,4 3,0 2,9 3,3

5830 6970 10960 14648

3,8 2,9 3,7 4,1

11 130 14350 19660 26216

7,2 5,9 6,6 7,4

+ 118%

+ 151%

+ 135%

Einzelhandel

Handel insgesamt

2. Benutzerkonzept

Jahr

1973 1980 1987 1989 1989/ 1973

Großhandel Handelsvermittlung Mill.DM

in%al

MiII.DM

in%al

Mill.DM

in%al

5830 8707 11389 14931

3,8 3,6 3,8 4,2

7820 10605 17684 23160

5,1 4,4 5,9 6,5

13650 19312 29073 38091

8,9 7,9 9,7 10,7

+ 156%

+ 196%

+ 179%

Anteile an Wirtschaft insgesamt, ohne Wohnungsvermietung, einschließlich Staat (ohneTiefbau) sowie privater Organisationen ohne Erwerbscharakter.

-I

Quelle: ifo Investorenrechnung.

2*

19

höhten sie sich nach dem Benutzerkonzept um 179%. Aus der unterschiedlichen Höhe der Wachstumsraten ergibt sich auch, daß der Einzelhandel die neuen Finanzierungsinstrumente zunehmend stärker genutzt hat als der Großhandel.

3. VERGLEICH MIT JAPAN Ein Vergleich der Distributionssysteme Japans und der Bundesrepublik Deutschland wird durch die unterschiedliche Informationsbasis beträchtlich erschwert. Zahlreiche einschlägige Statistiken sind inhaltlich und zeitlich nicht vergleichbar, Begriffsdefinitionen undAbgrenzungen differieren zum Teil beträchtlich. Insgesamt gesehen ist die statistische Information über den Groß- und Einzelhandel in Japan umfassender und aktueller als in der Bundesrepublik Deutschland und in den meisten anderen Industrieländern. Beispielsweise wird in Japan in dreijährigem Turnus eine Totalerhebung über den Handel (Census of Commerce) durchgeführt (zuletzt für 1988); in Deutschland findet eine ähnliche Erhebung nur etwa alle zehn Jahre statt (Handels- und Gaststättenzählung), zuletzt für 1987. Ein Vergleich der Bedeutung der Distribution'swirtschatt in Japan und in der Bundesrepublik Deutschland, der sich allein auf quantitative Daten stützt, ist-selbstwenn die volle Vergleichbarkeit der Daten gewährleistet wäre nur bedingt möglich. Die Rolle, die Groß- und Einzelhandel in einer Volkswirtschaft spielen, ist stets auch das Ergebnis wirtschaftshistorischer Entwicklungen und Ausfluß spezifischer geografischer, soziologischer, kultureller und religiöser Verhältnisse. Auch die verschiedenen wirtschatts- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen haben einen erheblichen Einfluß auf den Handel. s Unter diesen Einschränkungen sind die in Tabelle 8 vorgenommenen Vergleiche zu beurteilen. Rein quantitativ gesehen spielt der Waren handel in B

Vgl. H. Laumer, Die Warendistribution in Japan - Versuch eines Vergleichs mit der Bundesrepublik Deutschland, Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Nr. 107, Hamburg 1979. - Derselbe, Das Distributionssystem: Soziale Funktion und Wirkung als Importbarriere, in: M. Schmiegelow (Hrsg.), Japans Antwort auf Krise und Wandel der Weltwirtschaft, Hamburg 1989, S. 269 ff.

20

Tab. 8 Indikatoren zur Messung der quantitativen Bedeutung des Warenhandels in der BR Deutschland und in Japan Bezugsjahre 1987 (BRD) bzw. 1986 (Japan) Indikator

BR Deutschland

Japan

Betriebe (Arbeitsstätten) je 1 000 Einwohner Einzelhandel Großhandel Handel insgesamr) in % aller Arbeitsstätten Einzelhandel Großhandel Handel insgesamr)

6,6 1,8 8,4

13,2 3,6 16,7

19,2 5,2 24,4

25,8 7,1 32,9

11,5 5,5 17,0 (12,9)b)

15,5 9,4 24,9 (17,7)b)

Beschäftigte in % aller Beschäftigten Einzelhandel Großhandel Handel insgesamr) je Arbeitsstätte Einzelhandel Großhandel Handel insgesamr)

6,3 11,0 6,5

4,2 9,9 5,4

8,9

13,3

Wertschöpfung Beitrag zum BIP in % Handel insgesamt

Ohne Handelsvermittlung. - b) Unterschiedliche Abgrenzung (ohne unbezahlt mithelfende Familienangehörige.)

a)

Quelle: Berechnungen aufgrund von Erhebungen des Statistischen Bundesamtes (BRD) und des Statistics Bureau, Management and Coordination Agency (Japan). - OECD Economic Surveys, Japan 1988/1989.

Japan eine erheblich größere Rolle als in der Bundesrepublik Deutschland. Sowohl der Anteil der Groß- und Einzelhandelsbetriebe an allen Arbeitsstätten der Wirtschaft als auch der Anteil der im Handel beschäftigten Personen an allen Erwerbstätigen ist dort vergleichsweise hoch.Auch zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung leistet der Handel in Japan einen größeren Beitrag als in der Bundesrepublik Deutschland. An dieser Stelle soll nicht untersucht werden, zu welchen Teilen dies auf höhere Leistungen (z.B. umfangreicheren Service) bzw. weniger rationelle Geschäftsabwicklung zurückzuführen ist.

2. Die Stellung der Distribution in der japanischen Volkswirtschaft von Mitsuo Sasaki

Gliederung:

Seite

1.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Distribution

25

2.

Die Distribution im Rahmen der japanischen Wirtschaft

25

3.

Die volkswirtschaftliche Aufgabe der Distribution in der Zukunft

32

23

1. DIE VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BEDEUTUNG DER DISTRIBUTION Es ist allgemein anerkannt, daß die Distribution für die Volkswirtschaft eines Landes gro ße Bedeutung hat. Sie verbindet den Produktionsbereich mit der gewerblichen und privaten Nachfrage. Keine Ware kann ohne Distributionsleistung auf dem Markt Bedarfe decken. Die Bedeutung der Distribution für die Volkswirtschaft liegt zunächst darin, den Kreis zwischen Produktion und Konsum zu schließen. Die Distribution steigert die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung. Sie wirkt durch Lagerhaltung und zeitliche Disposition ausgleichend zwischen Produktion und Verbrauch. Schließlich ist es heute eine große Aufgabe der Distribution, den Außenhandel zwischen den Volkswirtschaften zu unterstützen. Diese Funktion wird in den einzelnen Ländern teilweise in sehr unterschiedlicher Weise erfüllt. Die Distributionsstufen und -strukturen weisen große Unterschiede auf. Dieser Beitrag befaßt sich mit der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Distributionssektors in der japanischen Wirtschaft sowie mit seiner Bedeutung im weltwirtschaftlichen Kontext.

2. DIE DISTRIBUTION IM RAHMEN DER JAPANISCHEN WIRTSCHAFT Als Faktoren, die direkt oder indirekt auf den Distributionsbereich einwirken, sind zu nennen: der technische Fortschritt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Wirtschaftspolitik, die Bevölkerungsentwicklung, die Entwicklung des Sozialprodukts, Konsumstruktur und -verhaltensweisen, Wertewandel, Finanzierungsgegebenheiten, Außenhandelsstrukturen, Verkehrsbedingungen, etc.

Bevölkerung und Beschäftigte: Während die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ca. 60 Mill. beträgt (1986), ist die Japans (120 Mill.) etwa doppelt so groß (Tab. 1). Im Unterschied zur zunehmenden Bevölkerung Japans nimmt diese in der

25

Tab. 1 Entwicklung der Einwohnerzahl in Japan und der BR Deutschland (in Mill.)

Japan BRD

1975

1980

1985

1986

Bevölkeru ngsdiehte

111,75 61,83

116,81 61,52

120,75 61,02

121,49 61,05

322/km 2 246/km 2

Quelle: UN, Demographie Yearbook.

Bundesrepublik Deutschland tendenziell ab. Der Anteil der über 65 Jahre alten Personen nimmt in Japan noch rascher zu als in der Bundesrepublik Deutschland. Die Gesamtzahl der Beschäftigten ist in Japan doppelt so hoch wie in der Bundesrepublik Deutschland (Tab. 2). Der Anteil der im Tertiären Sektor Beschäftigten ist in Japan größer als in der Bundesrepublik Deutschland. Im Einzel- und Großhandel sind in Japan auch relativ weit mehr Personen beschäftigt als in der Bundesrepublik Deutschland. Während der Anteil der im Einzel- und Großhandel Beschäftigten in Japan eher noch zunimmt, geht er in Deutschland tendenziell zurück. Was die Arbeitsstunden in Japan (durchschnittliche monatliche Arbeitsstunden eines Festangestellten) betrifft, weist die Statistik für den Großund Einzelhandel eine geringere Zahl aus als für die verarbeitende Industrie und alle anderen Bereiche. Ein erheblicher Teil des Personals im Groß- und Einzelhandel sind Hilfskräfte oder Halbtagskräfte. Zudem gibt es viele kleine Familienbetriebe. Daher ist es sehr schwierig, die Arbeitsstunden für den Handel eindeutig festzustellen (Tab. 3). Zu den Betriebszeiten ist festzustellen, daß nur 2% der Läden weniger als acht Stunden geöffnet sind; 35% öffnen zehn bis 12 Stunden.

26

55810 56380 57330 57660 58070 58530 59110

26101 25632 25331 25358 25540 25794 25971

1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987

1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987

1405 1381 1391 1376 1360 1344 1327

5570 5480 5310 5120 5090 4950 4890

Primärsektor

5,4 5,4 5,5 5,4 5,3 5,2 5,1

10,0 9,7 9,3 8,9 8,8 8,5 8,3

Anteil in%

Quelle: Bank of Japan; Statistisches Bundesamt.

Gesamtzahl d. Arbeitnehmer

Jahr

34,7 34,2 34,1 34,2 34,3 33,9 33,3

Anteil in%

11369 10950 10569 10471 10473 10554 10523 43,6 42,7 41,7 41,3 41,0 40,9 40,5

BR Deutschland

19390 19310 19570 19730 19920 19860 19660

Japan

Sekundärsektor

13327 13301 13371 13511 13707 13896 14121

30850 31590 32450 32810 33060 33 720 34560

Tertiärsektor

51,0 51,9 52,8 53,3 53,7 53,9 54,4

55,3 56,1 56,6 56,9 56,9 57,6 58,5

Anteil in%

3262 3171 3151 3179 1174 3161 3171

12740 12960 13130 13190 13180 13390 13660

davon: Groß- u. Einzelhandel

12,5 12,4 12,4 12,5 12,4 12,3 12,2

22,7 22,9 23,1

22,8 23,0 22,9 22,9

Anteil in%

I

I

I

Tab. 2 Struktur der Arbeitsbevölkerung nach Wirtschaftssektoren in Japan und der BR Deutschland (in 1000)

Tab. 3 Die Arbeitszeit in Japan nach Wirtschaftsbereichen

1984

1985

1986

1987

176,3 (14,2) 180,5 (18,1) 170,4 ( 8,6)

175,8 (14,8) 179,7 (18,4) 168,8 ( 8,5)

175,2 (14,4) 178,2 (17,1) 168,7 ( 8,4)

175,9 (14,8) 179,1 (17,5) 169,1 ( 8,5)

Bereich

Gesamtindustrie Verarbeitendes Gewerbe Groß- und Einzelhandel

Anmerkung: Monatliche durchschnittliche reale Arbeitszeit pro regulärem Arbeitnehmer; in Klammern: Überstunden.

Quelle: Arbeitsministerium, "Das Statistische Jahrbuch über monatliche Arbeit".

Nationaleinkommen, Preise, Verbraucherverhalten und soziale Normen: Das Bruttosozialprodukt (BSP) Japans betrug 1986 nominal 1,9 bis 2,0 Billionen US-$ und das BSP pro Kopf über 16 000 Dollar. Das BSP der BR Deutschland stellte sich 1986 demgegenüber auf 900 Milliarden US-$ und pro Kopf auf knapp 15000 Dollar (Tab. 4).

Tab. 4 Wirtschaftskraft (in Mill. US-$) und die Zuwachsraten in Japan und der BR Deutschland Zuwachs1984 rate (pro Kopf) (real) Japan

BR Deutschland

Zuwachs1985 rate (pro Kopf) (real)

1986 Zuwachs(pro Kopf) rate (real)

1256538 (10469)

6,4% (5,1%)

1330766 (11021)

6,4% (4,9%)

1966212 4,4% (16184) (2,4%)

621903 (10165)

5,3% (3,3%)

626900 (10274)

4,3% (2,0%)

897452 5,6% (14700) (2,5%)

Quelle: Bank von Japan: "Die Statistiken für internationalen Vergleich".

28

In den achtziger Jahren blieben die Verbraucherpreise in Japan ziemlich stabil. In der SR Deutschland sind die Preise etwas stärker gestiegen. Real hat sich der Private Konsum in Japan günstiger entwickelt, d.h. das Konsumniveau ist stärker angehoben worden (Tab. 5). Die Verbrauchsneigung, d.h. der Anteil der Konsumausgaben an den verfügbaren Einnahmen, war in den siebziger Jahren in Japan noch wesentlich niedriger als in der SR Deutschland, näherte sich aber in den achtziger Jahren an (Tab. 6). 1989 hat Japan die Mehrwertsteuer eingeführt. Es ist noch nicht zu übersehen, ob diese Steuer auf den privaten Verbrauch positiv oder negativ wirkt.

Tab. 5 Entwicklung von Verbraucherpreisen, Konsum und Einzelhandelsumsatz in Japan und der BR Deutschland (1980

= 100)

Verbraucherpreise

Japan BR Deutschland

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

100,0 100,0

104,8 106,3

107,8 111,9

109,7 115,6

112,3 118,4

114,5 121,0

115,2 120,7

115,3 121,0

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

100,0 100,0

100,6 99,3

104,0 98,0

106,6 100,1

108,8 102,0

111,0 104,0

113,4 108,4

118,4 112,0

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

100 100

105 104

108 105

112 108

115 111

119 114

120 117

125 122

Privater Verbrauch

Japan BR Deutschland

Einzelhandelsumsatz Japan BR Deutschland

Quelle: Bank of Japan; OECD, National Accounts UN, Monthly Bulletin of Statistics.

29

Tab. 6

Entwicklung der Konsumquote in Japan und der BR Deutschland (in %)

Japan 78,2 BR Deutschland 87,8

79,2 88,0

81,8 87,4

82,1 87,2

81,7 86,6

83,5 87,2

83,7 89,1

84,0 88,6

84,0 88,6

83,4 87,9

Quelle: Bank of Japan

Die Tabelle des Nationaleinkommens nach Sektoren zeigt, daß der Anteil des Handels sowohl in Japan als auch in der SR Deutschland und in den USA rund 15% beträgt. Das ist eine erstaunliche Übereinstimmung, um so mehr, als die Anteile des gesamten Tertiären Sektors in diesen drei Ländern sehr unterschiedlich sind (Tab. 7).

Kapital- und Finanzierungsverhältnisse im Distributionsbereich: Es gibt verschiedene Maßstäbe, um die Kapital- und Finanzierungssituation der Firmen festzustellen. Der Anteil des Eigenkapitals (Eigenkapitalquote) beträgt im Durchschnitt der japanischen Wirtschaft 24,2%. In der verarbeitenden Industrie liegt er bei 31 ,5, im Großhandel bei 9,4, im Einzelhandel dagegen bei 33,1%. Der Großhandel hat somit den weitaus niedrigsten Eigenkapitalanteil. Im internationalen Vergleich zeigt sich für den japanischen Einzelhandel ein ähnlicher Prozentsatz wie für die SR Deutschland (31 %). Der deutsche Großhandel hat mit einem Anteil von 19,5% eine wesentlich bessere Eigenkapitalversorgung. In den Vereinigten Staaten ist die Eigenkapitalversorgung des Großhandels noch wesentlich günstiger als in der SR

30

Tab. 7 Internationaler Vergleich der Entwicklung und Entstehung des Volkseinkommens nach Sektoren Jahr

VolkseinVerPri- Anteil Sekun- Anteil kommen in% gleich mär- in% därnach der zum Vor- sektor sektor Entstehung jahr (%) Japan (in Mrd. Yen)

1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986

159514 176154 190168 205539 216221 227718 237121 250628 264870 274937

10,1 10,4 8,0 8,1 5,2 5,3 4,1 5,7 5,7 3,8

7956 7958 8063 7253 7107 7206 7330 7569 7496 7031

1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986

11614 12414 13418 14229 14893 15552 16310 17075 17830 18864

6,8 6,9 8,1 6,9 4,7 4,4 4,9 4,7 4,4 5,8

318 322 310 304 317 363 322 347 319 341

5,0 4,5 4,2 3,5 3,3 3,2 3,1 3,0 2,8 2,6

57993 64470 69443 74675 78132 80408 81069 86786 91211 94189

36,4 36,6 36,5 36,3 36,1 35,3 34,2 34,6 34,4 34,3

Tertiärsektor

Anteil davon: Anteil in% Groß- u. in% EinzeIhandel

58,7 58,9 59,2 60,1 60,6 61,5 62,7 62,4 62,7 63,2

24664 26681 28807 32997 34295 36166 37117 37359 38169 38189

15,5 15,1 15,1 16,1 15,9 15,9 15,7 14,9 14,4 13,9

5997 6476 7030 7603 8160 8619 9137 9623 10054 10449

51,6 52,2 52,4 53,5 54,8 55,4 56,0 56,4 56,4 55,4

1863 1994 2152 2257 2365 2437 2549 2686 2763 1773

16,0 16,1 16,0 15,9 15,9 15,7 15,6 15,7 15,5 14,7

10494 11 907 13210 14524 16113 17154 18676 20410 21 981 23714

64,5 64,4 64,3 65,5 65,7 68,0 69,4 68,5 69,6 70,6

2531 2833 3168 3327 3658 3812 4050 4550 4853 5114

15,5 15,3 15,4 15,0 14,9 15,1 15,0 15,3 15,4 15,2

93565 103726 112662 123611 130932 140104 148722 145273 166163 173717

BR Deutschland (in 100 Mill. DM) 2,7 2,6 2,3 2,1 2,1 2,3 2,0 2,0 1,8 1,8

5298 5616 6077 6322 6416 6570 6851 7106 7458 8074

45,6 45,2 45,3 44,4 43,1 42,2 42,0 41,6 41,8 42,8

USA (in Mill. $) 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986

16280 18502 20548 22163 24511 25237 26918 29791 31585 33607

12,1 13,6 11,2 7,9 10,6 3,0 6,7 10,7 6,0 6,4

477 585 684 614 754 725 622 795 766 829

2,9 3,2 3,3 2,8 3,1 2,9 2,3 2,7 2,4 2,5

5309 6010 6654 7025 7644 7358 7620 8586 8838 9064

Quelle: Bank of Japan.

31

32,6 32,5 32,4 31,7 31,2 29,2 28,3 28,8 28,0 27,0

Deutschland. Das Umlaufvermögen in Relation zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten betrug in Japan 1986 im Großhandel 112,6, im Einzelhandel 96,6%. In der Gesamtwirtschaft lag die Relation bei 114,0 und in der verarbeitenden Industrie bei 96,6%. Die Relation Umlaufvermögen/kurzfristige Verbindlichkeiten war im deutschen Einzelhandel (1983) mit 140% viel größer als im japanischen Einzelhandel. In Japan (97%) werden die Verbindlichkeiten bei weitem nicht in dem Maße durch Umlaufvermögen gedeckt wie in der BR Deutschland. Der Grund für die vergleichsweise geringe Deckung liegt darin, daß die flüssigen Mittel gering sind. Im japanischen Großhandel ist die Situation ähnlich wie in der BR Deutschland. Das Gewicht der Kreditgewährung ist allerdings größer. Der Anteil der flüssigen Mittel ist dabei insgesamt etwa so groß wie im deutschen Großhandel. Die Kapitalrentabilität ist im Großhandel in Japan insgesamt höher als in der BR Deutschland. Am günstigsten ist die Situation in den USA. Das gilt auch für den Einzelhandel. Die Zahl der Konkurse im Großhandel in Relation zu allen Konkursen ist in Japan (1986: 25%) wesentlich höher als in der BR Deutschland. Im Einzelhandel ist diese Quote mit 15% etwa gleich hoch. Die Beschäftigtenstruktur in der Distributionswirtschaft befindet sich in Japan im Umbruch. Es findet tendenziell ein Abbau von Personal statt, wodurch sich die Personalproduktivität erhöht.

3. Die volkswirtschaftliche Aufgabe der Distribution in der Zukunft

Seit Japan große Überschüsse in der Zahlungsbilanz hat, wird darauf hingewiesen, daß das mit seiner besonderen wirtschaftlichen Struktur zusammenhängt. Das Distributionssystem ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Struktur.

32

Die Wirtschafts- und Sozialpolitik fördert und schützt die kleinen und mittleren Handelsunternehmen in besonderem Maße. Gleichzeitig sind viele Handelsunternehmen im Rahmen eines Vertriebssystems eng an Herstellerunternehmen gebunden. Viele japanische Unternehmen versuchen, eine harte Preiskonkurrenz zu vermeiden und das Qualitätsniveau hoch zu halten. Um dieses System zu erhalten, wird zum Teil Kommissionsvertrieb durchgeführt. Dieses Kommissionssystem hatte in der Vergangenheit durchaus seine Berechtigung. Es wurde angesichts des mehrstufigen Großhandels in Japan und des hohen Anspruchs bezüglich der Warenqualität sowie der mannigfaltigen Nachfrage der Verbraucher als notwendig empfunden. Die Zeiten haben sich jedoch geändert. Japan ist nun so stark in die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung eingebunden wie nie zuvor in seiner Geschichte. Deshalb erweist es sich als notwendig, die genannten Distributionsverhältnisse zu überprüfen und teilweise zu revidieren. Die Verbesserung der Distributionswirtschaft ist eine der dringendsten Aufgaben.ln diesem Zusammenhang spielt vor allem auch die weitere Computerisierung und Technisierung eine große Rolle. Neben POS ist VAN sehr wichtig, ohne das die Distributeure die Nachfrage kaum rationell befriedigen konnten. Solche Systeme mit Abstimmungen zwischen den Herstellern und Distributeuren bzw. Filialketten können jedoch auch zu einer stärkeren Abschottung des japanischen Marktes führen. Es wäre für die japanische Wirtschaft von Vorteil, aufgeschlossener gegenüber den Marktzugangswünschen des Auslands zu sein. Angesichts der starken Kaufkraft des Yen sollte das Distributionssystem auch für ausländische Hersteller offen sein. Nach dervomjapanischen Wirtschaftsministerium (MITI) herausgegebenen "Vision für die Distributionswirtschaft in den neunziger Jahren" soll die japanische Distributionspolitik nach Verwirklichung der folgenden vier wirtschafts- und sozialpolitischen Ziele streben: 1. Erzielung eines hohen Lebensstandards 2. Beitrag zur Internationalisierung der Wirtschaft

3 Batzer u. a.

33

3. Beitrag zur Herbeiführung einer regional ausgewogenen Wirtschaftsstruktur 4. Positiver Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die letztgenannte Zielsetzung ist deshalb wichtig, weil die Distribution nicht nur Produktion und Verbrauch verbindet, sondern auch in erheblichem Maße zur volkswirtschaftlichen Wertschöpfung beiträgt. Es sollen folgende neun Aufgaben erfüllt werden, um die Ziele zu erreichen. 1. Verwirklichung eines voll funktionierenden Konkurrenzsystems und Bildung eines rationellen und effizienten Distributionssystems. 2. Unterstützung der Distributeure und Erhaltung und Stärkung der unternehmerischen Kräfte in der Distributionswirtschaft. 3. Stärkung der Handelszentren, die für die jeweiligen Bezirke eine große wirtschaftliche, soziale und kulturelle Bedeutung haben. 4. Förderung der Importe und des Importhandels durch Verbesserung der Marktzugangsmöglichkeiten. 5. Verstärkung von Marketing und Distribution in Übersee und umgekehrt des Auslands in Japan. 6. Vergrößerung der Sortimente undAuswahlmöglichkeiten in den Läden. 7. Entwicklung unterschiedlicher Distributionstypen und Schaffung einer attraktiven Einkaufsatmosphäre. 8. Effizienter Personaleinsatz zur Verbesserung der Produktivität und Rentabilität. 9. Verbesserung der Arbeitsplatzverhältnisse und der Qualität des Personals. Bemerkenswerterweise weichen die genannten Zielsetzungen im Rahmen der "Vision für die Distributionswirtschaft in den neunziger Jahren" kaum von denen in der "Vision für die achtziger Jahre" formulierten ab. Dies weist auf folgende Probleme hin:

34

-

Das internationale Handelsproblem, mit dem Japan konfrontiert ist, läßt sich kaum lösen. - Japan unternimmt keine ernsthaften Maßnahmen zur Lösung. Seit dem "Maekawa Bericht" von 1986 hat es sich Japan zum Ziel gesetzt, die Inlandsnachfrage zu verstärken und seine Wirtschaft auf internationale Kooperation hinzusteuern. Die nach wie vor vom Ausland geäußerte Kritik zeigt, daß Japan keine Alternative hierzu hat. Japan bemüht sich, den Anfeindungen aus dem Ausland Rechnung zu tragen. So betrug der Anteil der Importe von Industriewaren an den gesamten Importen 1988 bereits 49% gegenüber 31 % im Jahre 1985. Die Zunahme ist beachtlich. Die Vorschläge des "Vereins für die Distribution im 21. Jahrhundert" beinhalten, daß der private Verbrauch den Kern der Inlandsnachfrage bildet und daß die Wirtschaft, die sich am Inlandsbedarf orientiert, eine gute Entwicklungsmöglichkeit hat, wenn die Distributionswirtschaft in der Lage ist, Nachfrage und Absatz erheblich zu steigern. Die Vergrößerung der Verbrauchsgü-terimporte durch den Handel soll einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung möglichst problemloser wirtschaftlicher Beziehungen zu anderen Län-dern bieten und helfen, das Problem des HandeIsungleichgewichts zu lösen. In den letzten Jahren hat der Anteil der Verbrauchsgüterimporte an den gesamten Importen von 5% (1985) auf 12% (1988) zugenommen. In bezug auf die USA beträgt er nur 7%, bezogen auf die EG-Länder und die NIES aber 30%. Die genannten Vorschläge und Ziele messen der Distributionsindustrie eine wesentliche Aufgabe bei der Veränderung der industriellen Strukturen sowie für das Wachstum der Wirtschaft zu. Die japanische Distributionswirtschaft konnte jedoch bis heute diese Rolle nicht ausfüllen. Um den richtigen Stellenwert in der international orientierten japanischen Wirtschaft zu finden, sind nachhaltige Struktur- und Verhaltensänderungen im Distributionsbereich selbst unerläßlich.

3*

35

3. Der Strukturwandel im Einzelhandel der Bundesrepublik Deutschland von Erich Batzer

Seite

Gliederung:

1.

Veränderungsvorgänge auf der Nachfrageseite und deren Bestimmungsfaktoren als wesentliche Rahmenbedingungen für die Entwicklungsdynamik im Einzelhandel

39

2.

Strukturelle Veränderungen und Anpassungsvorgänge im Einzelhandel 2.1 Vorbemerkungen 2.2 Starker Rückgang des Unternehmensbestandes im Lebensmittelhandel - Bestandszuwächse und zahlreiche Neugründungen in anderen Warenbereichen 2.3 Fortschreitende Unternehmens- und Umsatzkonzentration 2.3.1 Starke Marktanteilsverluste der Kleinunternehmen 2.3.2 Oligopolstruktur der Spitzenunternehmen des Lebensmittel-Sortimentshandels 2.4 Kooperation als Gegenkraft zur Konzentration 2.5 Erhebliche Marktanteilsverschiebungen nach Betriebsformen 2.6 Dominanz der großflächigen Angebotstypen bei der Abdeckung des Massenbedarfs 2.7 Geschäfts- und Verkaufsflächenexpansion schwächt sich ab

37

40 40

41 44 45 45 51 53 57 60

2.8

3.

Nach zwischenzeitlichen Rückgängen wieder Anstieg der Zahl der Beschäftigten

62

Fortschreitende Technisierung und Computerisierung

65

Fazit

67

Literatur

68

VORBEMERKUNGEN Der Einzelhandel in der (bisherigen) Bundesrepublik Deutschland weist eine ungebrochene Entwicklungsdynamik auf. Die Triebkräfte und zentralen Einflu ßfaktoren des Veränderungsprozesses deuten darauf hin, daß in den kommenden Jahren weitere große Entwicklungsschritte zu erwarten sind.

1. VERÄNDERUNGSVORGÄNGE AUF DER NACHFRAGESEITE UND DEREN BESTIMMUNGSFAKTOREN ALS WESENTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE ENTWICKLUNGSDYNAMIK IM EINZELHANDEL Der Entwicklungsprozeß im Einzelhandel wird naturgemäß entscheidend von den Veränderungen beim privaten Konsum und deren Einflußgrößen bestimmt. Wie sieht es mit diesen Rahmenbedingungen aus? -

-

Das durchschnittliche jährliche reale Wirtschaftswachstum (BSP) wurde für die Bundesrepublik Deutschland vor der sich abzeichnenden deutschen Vereinigung für den Zeitraum 1990 bis 1995 auf reichlich 2,5% veranschlagt. Ein jährlicher Preisanstieg zwischen 2,5 und 3% unterstellt, hätte ein nominales jährliches Wachstum des Sozialproduktes von 5 bis 5,5% bedeutet. Nun kann - mit allen Vorbehalten - von einem höheren gesamtwirtschaftlichen Wachstum ausgegangen werden. Es könnte von 1990 bis 1995 in der Größenordnung von real 3 bis 3,5% und nominal 6 bis 6,5% liegen. De.r private Verbrauch wird kaum schwächer zunehmen als das Sozialprodukt. Die einzelhandelsrelevante Nachfrage wird in der bisherigen BR Deutschland insgesamt deutlich geringer steigen als die Konsumausgaben insgesamt, wogegen die dienstleistungsbezogene Nachfrage weiterhin überproportional zunehmen wird. Obwohl die Einzelhandelsunternehmen, insbesondere die großen Firmen, zunehmend auch Dienstleistungen anbieten, führt die Ausgabenverschiebung zugunsten der dienstleistungsorientierten Nachfrage zu einem unterproportionalen Wachstum des

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Einzelhandels, bei dem ja weiterhin das Warenangebot dominiert. In der warenbezogenen Nachfrage werden sich weiterhin spürbare Verschiebungen zugunsten von hochwertigen und innovativen Produkten und zu Lasten von problemlosen Waren des täglichen Bedarfs sowie Gebrauchsgütern des Standardbedarfs ergeben, bei denen die Ausstattungsgrade der privaten Haushalte bereits sehr hoch sind. Umweltschonende Produkte dürften in der Verbrauchergunst einen immer höheren Stellenwert einnehmen. - Die Konsumenten sind einerseits bereit, für hohe Warenqualität, hochwertige Gebrauchsgüter und hoch modische Produkte sowie für Beratung und Service einen größeren Teil des Einkommens auszugeben. Sie wollen andererseits jedoch bei vielen Massengütern des täglichen Bedarfs und bei Standardartikeln des aperiodischen Bedarfs eine möglichst peisgünstige Versorgung. Dieses ambivalente Nachfrageverhalten resultiert gerade angesichts des erreichten hohen Einkommensniveaus und der erweiterten Konsummöglichkeiten bei der Abdeckung des Bedarfs an problemlosen Produkten aus dem Wunsch, durch preisgünstige Einkäufe Einkommen einzusparen, um für bevorzugte Güter (Kfz, modische Bekleidung) und Dienstleistungen (Reisen, Körperpflege) höhere Ausgabenspielräume zu erhalten. Diese Entwicklung hat erheblichen Einfluß auf die Angebots- und Leistungsstrukturen des Einzelhandels, der sich immer deutlicher in einen Versorgungshandel einerseits und Erlebnishandel andererseits aufspaltet. -

2. STRUKTURELLE VERÄNDERUNGEN UND ANPASSUNGS· VORGÄNGE IM EINZELHANDEL

2.1 Vorbemerkungen Der anhaltende und durchgreifende Strukturwandlungs- und Innovationsprozeß im Konsumgüterhandel in der Bundesrepublik Deutschland (West) und besonders im Einzelhandel ist vor allem gekennzeichnet von erheblichen und vielschichtigen Konzentrations- und Auslesevorgängen, neuen Vertriebskonzepten und -linien, einer erheblichen Verkaufsflächenexpan-

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sion sowie einer teilweisen Substitution von Personal durch Kapital, nicht zuletzt aber von starken Veränderungen in den räumlichen und örtlichen Angebots- und Versorgungsstrukturen.

2.2 Starker Rückgang des Unternehmensbestandes im Lebensmittelhandel- Bestandszuwächse und zahlreiche Neugründungen in anderen Warenbereichen Eine trendmäßig unterproportionale Zunahme der Nachfrage nach Lebensmitteln auf der einen Seite und eine starke Verkaufsflächen- und Umsatzexpansion der Großunternehmen und Großbetriebsformen des Lebensmittelhandels zur Sicherung und Erhöhung der Marktanteile auf der anderen Seite, verbunden mit starken Rationalisierungsvorgängen, haben den Preiswettbewerb insbesondere im Lebensmittel-Sortimentshandel so intensiviert, daß ein Großteil kleiner und mittlerer Unternehmen in den zurückliegenden Jahren dem Wettbewerb nicht standhalten konnte und aus dem Markt ausgeschieden ist. Trotz weitgehender Einbindung der selbständigen mittelständischen Firmen in Kooperationen konnten diese Unternehmen nicht gleich günstige Bezugspreise und -bedingungen erreichen, wie sie die Großunternehmen haben, blieb aufgrund vergleichsweise niedrigerer Raum- und Personalproduktivitäten das Kostenniveau wesentlich höher. Noch weist ein Großteil der Firmen des Lebensmittel-Sortimentshandels viel zu niedrige Ladenverkaufsflächen (unter 200 qm) auf, um die zur Kostendeckung und Erzielung substanzsichernder Erträge erforderlichen Umsätze erreichen zu können. Angesichts dieses Problemhintergrunds kann es nicht überraschen, daß sich die Zahl der Unternehmen des Nahrungs- und Genu ßmitteleinzelhandels in den zurückliegenden Jahren permanent verringert hat, allein im Zeitraum 1980 bis 1988 um reichlich 16%. Das Ausmaß des Rückgangs hat sich in der ersten Hälfte der achtziger Jahre gegenüber der zweiten Hälfte der siebziger Jahre noch verstärkt. Weit überdurchschnittlich zurückgegangen ist die Zahl der Lebensmittel-Sortimentsgeschäfte im Vergleich zu den Lebensmittelfach- und -spezialgeschäften (Tab. 1).

41

34.594

21.524

16.535

30.037

17.653

22.672

57.529

Elektretechn. Erzeugnisse. Musikinstrumente

Papier. Druckerzeugnisse. Büromaschinen

Pharmazeut.. kosmetische und medizin. Erzeugnisse

Kraft- und Schmierstoffe bl

Fahrzeuge. Fahrzeugteile und -reifen

Sonstige Waren. Waren versch iedener Art

61.446

24.785

16.824

30.688

17.124

22.987

36.318

65.859

96.925

1982

67.669

28.291

15.898

31.002

18.260

24.621

38.008

68.211

93.927

1984

Anzahl

72.022

31.103

15.127

31.112

19.304

25.723

38.452

69.432

88.946

1986

I

75.461

33.811 1

14.305

31.554

20.476

26.620

39.589

69.695

85.163

1988

~;":""'W

19.0

8.5

3.6

8.0

5.2

49.1

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5.1

23.8

23.7

14.4

7.0

-16.4

in%

198811980

Veränderg

I

6.71

10.0

17.61

21.5

1988

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in beachtlichem Maße Umsatzanteile hinzugewinnen. In den Marktanteilsgewinnen kommt auch die stürmische Expansion discountorientierter Angebotsformen zum Ausdruck, die ja vorwiegend im Rahmen der Massenfilialunternehmen des Lebensmittelhandels erfolgt. Für die kommenden Jahre zeichnet sich ein nicht mehr so forcierter Ausbau der Filialnetze wie bisher ab, jedoch eine weitere Erhöhung des Marktanteils allein schon aufgrund der relativ günstigen Standorte der Filialen und hoher preislicher Leistu ngsfäh igke it. Die traditionellen Warenhausunternehmen mu ßten über einen längeren Zeitraum hinweg wegen mangelnder Flexibilität und unzureichender Anpassung an neue Markt-, Konkurrenz- und Konsumgegebenheiten als Unternehmensgruppe spürbare Marktanteilseinbußen hinnehmen. Alle großen Warenhausunternehmen haben jedoch inzwischen neue Konzepte und Absatzstrategien entwickelt und setzen diese im Markt um. Diese Konzepte laufen einmal auf eine stärkere Profilierung hinsichtlich des Fachcharakters der Sortimente hinaus, beinhalten teilweise eine Verselbständigung von Sortimentsbereichen im Rahmen selbständiger Unternehmen und Angebotstypen (z.B. Fachmärkte) und auch die Aufgabe unrentabler Abteilungen sowie auch eine stärkere Diversifizierung in Dienstleistungsangebote wie Touristik und Finanzdienstleistungen. Aufgrund dieser Neuorientierungen ist auf weitere Sicht wieder mit einem tendenziellen Anstieg des Marktanteils der Warenhausunternehmen als Gruppe zu rechnen, auch wenn die Schwierigkeiten und Probleme bei der Neuorientierung nicht übersehen werden dürfen. Der Weg aller Warenhauskonzerne führt weg vom früheren Typ des Vollsortiments-Kaufhauses. Die Gruppe der Verbrauchermarkt- und SB-Warenhausunternehmen, also der Unternehmen, die im Schwergewicht ihrer Gesamtaktivitäten Verbrauchermärkte oder SB-Warenhäuser betreiben, hatte 1986 bereits einen deutlich höheren Marktanteil inne als die klassischen Warenhausunternehmen. Es kann mit einem weiteren überdurchschnittlichen Wachstum dieser Betriebsform gerechnet werden, jedoch nicht mehr in dem Ausmaß wie in den zurückliegenden Jahren. Hierfür sind veränderte Rahmenbedingungen wie u.a. die bremsende Wirkung von § 11, Abs. 3

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BauNVO und eine restriktivere Genehmigungspraxis auf der Grundlage dieser Verordnung ebenso maßgeblich wie die Verringerung der Zahl interessanter Standorte für großflächige Verkaufsstätten dieser Art. Durch weitere Ausdehnung der Warensortimente in Breite und Tiefe, der Erhöhung der Non-Food-Anteile sowie differenzierte Preisstrategien werden die Verbrauchermarkt-/SB-Warenhausunternehmen jedoch als spezielle Betreibergruppe ihren Marktanteil in den kommenden Jahren weiter erhöhen können, und zwar auf schätzungsweise 8% bis 1995. Die in die Handelskooperationen eingebundenen Einzelhandelsfachunternehmen dürften in den kommenden Jahren durch stärkere Straffung der Zusammenarbeit in den Verbundgruppen und ein effizienteres Beschaffungs- und Absatzmarketing den Marktanteil noch etwas erhöhen können. Dies gilt für den in genossenschaftlichen Verbundgruppen organisierten Einzelhandel ebenso wie für den Einzelhandel in privatwirtschaftlichen Verbundgruppen. Innerhalb der Kooperationsgruppen werden jedoch weiterhin erhebliche Verschiebungen vom selbständigen organisierten Facheinzelhandel zum gruppeneigenen Regiebereich bzw. Filialbereich vonstatten gehen. Der in Kooperationen organisierte selbständige Facheinzelhandel wird insgesamt spürbar an Marktanteil einbüßen, was für den Lebensmittelbereich in besonderem Maße gilt. Die Restgruppe des stationären Einzelhandels, der nichtorganisierte kleinbetriebliche Einzelhandel unterschiedlicher Provenienz hat in den zurückliegenden Jahren permanent an Marktanteil verloren und befindet sich weiter auf dem Rückzug. Im Lebensmittel-Sortimentshandel ist diese Gruppe von Firmen so gut wie nicht mehr vertreten. Viele kleine Einzelhandelsgschäfte sind infolge unzureichender Umsätze und Erträge aus dem Markt ausgeschieden, jedoch auch aus Altersgründen der Inhaber bzw. wegen fehlender Nachfolge. Teilweise sind bislang ungebundene Fachgeschäfte auch in bestehende oder neugegründete Verbundgruppen eingetreten, um außer von günstigen Beschaffungskonditionen auch vom Leistungsangebot der Großhandelsunternehmen und Kooperationszentralen zu profitieren.

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Der Marktanteil des Versandhandels dürfte nach leichten Rückgängen in den zurückliegenden Jahren in Zukunftwiederansteigen. Dies hängt auch mit der zu erwartenden Bedeutungszunahme des Teleshopping zusammen. Die großen Sortiments-Versandunternehmen wie Otto, Quelle und Neckermann haben in den zurückliegenden Jahren bereits intensiv mit elektronischem Vertrieb experimentiert. Im erweiterten EG-Binnenmarkt ergeben sich für den Versandhandel neue Chancen, ebenso in den neuen Bundesländern. Die deutschen Unternehmen haben hier aufgrund ihrer Marktbedeutung eine gute Ausgangsposition.

2.6 Dominanz der großflächigen Angebotstypen bei der Abdeckung des Massenbedarfs

Eine Betrachtung nach Betriebs- bzw. Angebotstypen des Einzelhandels, unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Unternehmen und Betriebsformen, zeigt zunächst, daß die massen bedarfs- und mehr oder weniger niedrigpreisorientierten vielfach großflächigen Verkaufsstätten weiterhin Anteilsgewinne, insbesondere beim Absatz von problemlosen Massenartikeln des täglichen und aperiodischen Bedarfs bzw. Versorgungsbedarfs gewinnen konnten (Abb. 4). Weitaus am expansivsten sind die sog. Fachmärkte. Im Jahre 1986 wurden bereits rund 7,5% des Umsatzes des institutionellen Einzelhandels von großflächigen Fachmärkten wie Märkten für Elektroartikell Unterhaltungselektronik, Drogeriefachmärkten, Textil- und Bekleidungsmärkten, Hobby- und Heimwerker-Bedarfsmärkten etc. erzielt. In zahlreichen Warenbereichen bestehen noch erhebliche Entwicklungspotentiale für diesen Verkaufsstättentyp des Einzelhandels, so im Bekleidungsbereich und Sportartikelbereich. Insgesamt dürfte der Marktanteil der Fachmärkte bis 1992 auf rund 12% und bis 1995 auf gut 14% steigen. Fach märkte werden von den verschiedensten Betriebsformen und Unternehmen des Einzelhandels betrieben, aber auch im Rahmen von Verbundgruppen im Regiebereich.

57

Abb.4

Marktanteile der Angebotstypen des Einzelhandels in der BR Deutschland 1)

......... Schätzung

Versandhandels-

~w''!Jf2I--~w;jjf;I--:''01$,I--~iJmffl---~ Unternehmen 2)

e------, Kleinere und mittlere tradition. Fach-

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Kleine und mittlere

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