150 Jahre Eiszeit: Die große Geschichte des Wiener Eislauf-Vereins. Herausgegeben vom Wiener Eislauf-Verein [1 ed.]
 9783205206897, 9783205201496

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150 DIE GROSSE GESCHICHTE

JAHRE EISZEIT

DES WIENER EISLAUF-VEREINS

AGNES MEISINGER Herausgegeben vom Wiener Eislauf-Verein

2017

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Gedruckt mit Unterstützung durch

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildungen: Vorne: Eisschnellläuferinnen am WEV-Platz, 1926. V. l. n. r.: Melitta Brunner, Fritzi Burger und Mizzi Schilling, Österreichische Nationalbibliothek/Bildarchiv Austria (RÜ 2216-B); Hinten: Wiener Eislauf-Verein

© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Co.KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A-1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig.

Umschlaggestaltung: [B Ü R O] F Ü R G E S T A L T U N G Satz und Layout: Bettina Waringer, Wien Druck und Bindung: Holzhausen, Wolkersdorf Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205 20149-6

Inhalt



7 Geleitworte

1867–1900 17



Von der Gründung des Wiener Eislauf-Vereins bis zum Umzug auf den Heumarkt

35

Als das Eislaufen zum Sport wurde

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Der ‚Sportsman‘ Demeter Diamantidi

1900–1938 53

Ein rasanter Aufstieg und ein tiefer Fall

64 78 101

Herma Szabó – Österreichs erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten Die „Eishackler“ des Wiener Eislauf-Vereins – Eine Chronik Die Naturgeschichte des Eisläufers

1938–1945 107

Der Wiener Eislauf-Verein in der NS-Zeit

116 125

Erinnerungen an den Wiener Eislauf-Verein Ein Eis-Schnelllauf durch drei Jahrhunderte

1945–1967 137

Der Neubeginn und seine Herausforderungen

159 178

Von eleganten Eistänzern und akrobatischen Paarläufern Die Wiener Eisrevue – Symbol und Erinnerungsort der Wiener Eiskunstlauf­tradition



1967–2000 191

Aufbruch in eine neue Ära

207 219

Das Talent liegt in der Wiege – Willy Boeckl und seine Großnichten Der Heumarkt und die starken Männer

2000–2017 231

Der Wiener Eislauf-Verein in Gegenwart und Zukunft

234 247

Otto Schenk und seine ganz, ganz große Verführung Die 10 Gebote des Eislaufens im Wiener Eislauf-Verein





249

250 253 259 268 271

Anhang Präsidenten und Ehrenpräsidenten des Wiener Eislauf-Vereins Ehrenzeichen des Wiener Eislauf-Vereins Literatur- und Quellenverzeichnis Personenverzeichnis Abbildungsverzeichnis Danke

Geleitworte

Ö

sterreich ist eine Wintersportnation und kann 2016/17 auf eine der erfolgreichsten Saisonen aller Zeiten zurückblicken. Doch auch abseits von Skipisten, Sprungschanzen und Snowboardkursen hat unser Land in den vergangenen Jahrzehnten herausragende Erfolge gefeiert. Gerade auch im Eiskunstlaufsport kann Österreich auf eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte verweisen. Die Olympiasiegerinnen Herma Szabó und Trixi Schuba, die Weltmeister Willy Boeckl und Emmerich Danzer oder Europameisterin Claudia Kristofics-Binder haben eines gemeinsam: Sie alle waren Mitglieder des Wiener Eislauf-Vereins, der als einer der ältesten und traditionsreichsten Sportvereine der Welt gilt. Neben den sportlichen Triumphen während der verschiedensten Eiskunstlauf-Epochen hat sich der WEV auch einen hervorragenden Namen als Organisator hochkarätiger und publikumswirksamer Events gemacht. Man denke dabei an die Wiener Eisrevue, die nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde und später ein Millionenpublikum anzog.

Heuer feiert der WEV sein 150-jähriges Vereinsjubiläum. Es freut mich sehr, dass anlässlich dessen nun ein Buch herausgebracht wurde, das die wechselvolle und hochinteressante Vereinsgeschichte des WEV eindrucksvoll nachzeichnet. Autorin Agnes Meisinger ist es überdies gelungen, durch ­akribische Forschungsarbeit historische Lücken in der Dokumentation des 150-jährigen Vereinslebens zu schließen. Schon allein deshalb wünsche ich dieser Publikation möglichst viele Leserinnen und Leser aller Altersgruppen. Viel Spaß bei der Lektüre!

© Ricardo Herrgott

Mag. Hans Peter Doskozil Bundesminister für Landesverteidigung und Sport

geleitworte

7

Abb. 0.1: Antheilschein des Wiener Eislauf-Vereins, 1868.

Abb. 0.2: Einladung zum Ehrenbankett im Rahmen des X. Kongresses der Internationalen Eislauf-Vereinigung, 1911.

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der eislaufverein

W

enn einer Institution im „Wien Geschichte Wiki“ auf unserer Webplattform wien.at ein langer Artikel gewidmet ist, dann hat sie wirklich Tradition in dieser Stadt. Es ist sozusagen der historische Ritterschlag für langfristigen Erfolg. Und genau das trifft auf den Wiener Eislauf-Verein zu. Schon im vorletzten Jahrhundert fanden hier Europameisterschaften statt. In der Zwischenkriegszeit betrieb der WEV am neuen Standort am Heumarkt die größte Freiluftkunst­ eisbahn der Welt und hatte fast 10.000 Mitglieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg begeisterte die Wiener Eisrevue Millionen Zuseherinnen und Zuseher und wurde zum weltweit kopierten Erfolgsformat. Bei

allen Superlativen darf aber nicht vergessen werden, dass hier Generationen von Wienerinnen und Wienern das Eislaufen lernten, sich trafen und gemeinsam schöne Stunden verbrachten. Der Wiener Eislauf-Verein ist ein Ort der Begegnung, ebenso wie Wien eine Stadt der Begegnung ist. In diesem Sinne wünsche ich weiterhin viel Erfolg. Dr. Michael Häupl Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien

geleitworte

© Stadt Wien/PID, Ian Ehm

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Abb. 0.3: Der Jeep „Willy“ war ein Geschenk der US-Besatzungssoldaten und ist heute noch als Schneeräumer im Einsatz.

Abb. 0.4: Tonstudio.

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der eislaufverein

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ie Einladung zu diesem Vorwort hat mich veranlasst, in meinem Eislaufarchiv zu stöbern. Bereits in dem 1881 erschienenen Buch „Spuren auf dem Eise“ wird festgestellt, dass der Wiener Eislauf-Verein zum Zwecke der Entwicklung und Verbreitung des Eislaufes in Wien gegründet wurde. Im Jahr 1892 erfuhr die internationale Bedeutung des WEV einen ersten Höhepunkt. Der Weltverband International Skating Union (ISU) wurde gegründet, Österreich war Gründungsmitglied, und der WEV trug in diesem historisch bedeutenden Jahr die Europameisterschaften im Eiskunstlaufen auf seinem Platz aus. Auch bei der Gründung des Österreichischen Eislauf-Verbandes 1897 spielte der Verein eine maßgebliche Rolle, und meines Wissens nach gibt es in der Geschichte des Verbandes kein Jahr, in dem der WEV keine Vorstandsmitglieder stellte. Gute Funktionäre und Funktionärinnen bringen auch gute Sportler und Sportlerinnen hervor. Die Zahl der Olympiasieger, Welt- und Europameister, die aus den Reihen des WEV hervorgegangen sind, ist legendär, ebenso wie die Zahl der Österreichischen Staatsmeister und Staatsmeisterinnen. Das aktu­elle Beispiel ist Kerstin Frank, die sechsmal in Folge den Österreichischen Meistertitel erringen konnte. Eine besondere Freude ist für mich, als Präsidentin des Österreichischen Eiskunstlaufver­

geleitworte

bandes, die hervorragende Nachwuchsarbeit des Wiener Eislauf-Vereins. Jedes Jahr machen mehrere hundert Kinder ihre ersten Schritte auf dem geschichtsträchtigsten Eislaufplatz Österreichs. Die Tradition des WEV ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und trägt auch heute noch zur Beliebtheit des Eislaufsportes bei Jung und Alt bei. Namens des Österreichischen Eiskunstlaufverbandes möchte ich allen Funktionären und Funktionärinnen, Sportlern und Sportlerinnen sowie Trainer und Trainerinnen des Wiener Eislauf-Vereins für ihr Engagement zum Wohle des Vereins und des gesamten Eiskunstlaufs in Österreich danken, verbunden mit den besten Wünschen für eine erfolgreiche Zukunft.

© Christiane Mörth

Dr. Christiane Mörth Präsidentin des Österreichischen Eiskunstlaufverbandes

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M © Trixi Schuba

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it großer Freude und auch ein wenig Ehrfurcht habe ich die Einladung zu diesem Vorwort angenommen – und dies sehr gerne und aus vollster Überzeugung! Der Wiener Eislauf-Verein – für viele von uns Jungen, Älteren, Junggebliebenen ein Mythos, gelebte­ Vergangenheit, Gegenwart und hoffentlich auch jene Zukunft, die diese Institution wohl verdient. Dieses besondere Stück Wien ist natürlich auch für mich ein ganz spezieller Ort – voll mit Erinnerungen, Erlebnissen und vor allem Erfolgen. Alles begann im Jahre 1955 mit einem besonderen Präsent: Meine Eltern beschenkten uns damals mit einem wahren Luxusgut namens Fernsehgerät. Mit großer Begeisterung konnte ich die Übertragung der Eiskunstlaufmeisterschaften verfolgen – und damit war meine Zukunft vorgeplant, ohne Wenn und Aber. Im November 1955 machte ich meine ersten Schritte auf jenem Eis, das künftig meine Welt bedeu­ten sollte. Das nötige Talent wurde mir rasch attestiert, und mit entsprechendem Fleiß war der Grundstein zu meiner Karriere als Eiskunstläuferin des WEV gelegt. Ich wurde gleichsam in die Welt von Ingrid Wendl, Hanna Eigel, Hanna Walter, Regine Heitzer, Emmerich Danzer, Wolfgang Schwarz geboren und meine großen Vorbilder waren somit klar. Mein angeborenes Pflichtbewusstsein half mir in der Folge – im wahrsten Sinne des Wortes – die Liebe zu den Pflichtfiguren zu entdecken und auszuleben. Da war natürlich mein erster Trainer in der Person des legendären Hellmut Seibt sehr wertvoll und hilfreich, der ganz genau meine Talente erkannte und förderte und trotz des hohen Arbeits- und Trainingsaufwands mir praktisch nie die Freude am Eiskunstlauf verdarb. Obwohl ich zumeist schon vor der Schule ab sechs Uhr Früh trainierte.

geleitworte

Ich kann mich noch ganz genau an die dichte ­Atmosphäre auf dem Eislaufplatz am Heumarkt erinnern. In der Mitte trainierten wir die Pflicht­ figuren, während die Eisschnellläufer um uns herum Kreise zogen und die Eishockeyspieler Tore schossen. Wir waren eine große, harmonische Eissport­ familie beim WEV. 1967 gewann ich am Heumarkt meinen ersten Österreichischen Meistertitel, dem noch viele, viele Siege, Medaillen und Titel folgen sollten. Einzig im Sommer wurde mir der Heumarkt ohne meine geliebte Eisfläche etwas fremd. Die Welt des Freistilringens war für mich eine gänzlich andere Erfahrung, mit der ich mich nicht wirklich anfreunden konnte. Ich habe aber meine Eltern immer wieder begleitet. Umso mehr freute ich mich auf den Herbst und Winter und auf meine Eisfläche! Nach dem Ende meiner Karriere hatte ich dann endlich Zeit und Muße, an unzähligen Sonntagen, zumeist mit einem Glas Sekt, beim sogenannten Randeln auf die traditionelle und einzigartige Atmosphäre am WEV anzustoßen. 150 Jahre WEV. Einer der ältesten und traditionsreichsten Sportvereine Europas feiert heuer ein denkwürdiges Jubiläum – und ich bin unheimlich stolz, ein Teil dieser Historie sein zu dürfen. In diesem Sinne wünsche ich dem Wiener EislaufVerein eine lange, erfolgreiche und würdige Zukunft. Ihre Trixi Schuba

Liebe Leserin, lieber Leser!

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ie Begeisterung für den Eislaufsport stand an der Wiege unseres Vereins, hat ihn durch fünfzehn Jahrzehnte begleitet und ist bis heute seine Lebensader. Die vielen engagierten Mitglieder, Funktionäre, Sportler, Trainer und Besucher haben einen Verein gestaltet, der Sport, gesellschaftliches Leben und Kultur miteinander verbindet. Der Fokus dieser vielen Menschen, die den Verein über 150 Jahre begleitet und geleitet haben, lag stets auf der Jugend. Weil immer neue Generationen begeistert werden konnten, ist es gelungen, eine so lange Zeit lebendig und spannend zu bleiben. An jedem Vormittag im Winter tummeln sich Hunderte Kinder aus Schulen und Kindergärten am Platz. Ihre Freude am Eislaufsport wird sie immer wieder zu uns bringen. An den Nachmittagen und Wochenenden sieht man Großeltern, die selbst schon als Kinder am Wiener Eislauf-Verein gelaufen sind mit ihren Enkeln, denen sie dieselbe Freude am Sport in jungen Jahren mitgeben. Der Wiener Eislauf-Verein hat in seiner Geschichte große Sportler und Sportlerinnen hervorgebracht. Olympiasieger, Weltmeister, Europameister und Österreichische Meister – kaum ein Verein kann auf eine derart große Ehrentafel verweisen wie der unsere. Viele von ihnen sind dem WEV bis heute freundschaftlich verbunden. Die Geschichte der letzten 150 Jahre war wechselvoll und hat die Geschicke des Wiener Eislauf-Vereins im Guten wie im Schlechten mitbestimmt. Am Beginn stand ein Verein der Adeligen als Symbol für eine monarchische Gesellschaft. Heute ist es ein demokratisch organisierter Verein, dessen Mitglieder die Ärmel hochkrempeln und für sein Wohl arbeiten. Es gab aber auch Kriegszeiten, in denen kein Geld und keine Ressourcen für den Betrieb vorhanden waren und es gab eine dunkle Periode, in der Menschen vom Eislauf-Verein als Funktionäre und Besucher ausgeschlossen waren. Diese unwürdigen

Zeiten haben wir ausführlich in der Festschrift aufgearbeitet. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass die Dunkelheit überwunden wurde. Das Jahr unseres Jubiläums und die kommenden Jahre werden eine neue Weichenstellung für den Wiener Eislauf-Verein bringen. Der Besitzer des Platzes will an den Randbereichen und am Nebengrund bauen. Wir haben in Verhandlungen erreicht, dass unsere Anlagen nach dieser Bautätigkeit neu errichtet werden, uns ein Platz in derselben Größe wie heute zur Verfügung stehen und unser Pachtvertrag auf hundert Jahre gelten wird. Wir haben uns stets der Jugend und der notwendigen Erneuerung verschrieben. Nur so konnten wir ein Traditionsverein mit einer 150-jährigen Geschichte werden. Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen der nächsten Jahre meistern, damit unser wunderbarer Sport auch in Zukunft im Herzen Wiens und im Herzen der Wienerinnen und Wiener bleibt.

© Wiener Eislauf-Verein

Ihr Ing. Walter Leschetizky Präsident des Wiener Eislauf-Vereins

Abb. 0.5: WEV-Abzeichen.

Abb. 0.6 (Folgeseite): 6000 Quadratmeter Eis im Herzen Wiens.

geleitworte

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der eislaufverein

1867–1900 Von der Gründung des Wiener Eislauf-Vereins bis zum Umzug auf den Heumarkt

„Mit dem Eislaufen ist es so ähnlich wie mit der Liebe: mancher fängt damit schon sehr zeitlich an und erlernt’s nie; mancher kann’s gleich und manchen erhält’s jung bis über die besten Jahre hinaus.“ (Illustriertes Sportblatt, 27. November 1926)

Historische Wurzeln des Eislaufens Eine Geschichte des Wiener Eislauf-Vereins darf die historischen Anfänge des Eislaufens nicht außer Acht lassen. Und diese reichen weit zurück: Archäologische Funde aus der Jungsteinzeit weisen darauf hin, dass das Eislaufen als Fortbewegungsart bereits vor 6000 Jahren praktiziert wurde. Die Bewohner wasserreicher Gegenden im Norden Europas liefen unter Zuhilfenahme von Stöcken und Speeren auf zu Kufen geschliffenen Pferde-, Rentier- oder Rinderknochen über die zugefrorenen Gewässer und konnten durch das Einfetten der Knochenkufen bereits beachtliche Geschwindigkeiten erreichen. Das Schlittschuhlaufen fand sogar Eingang in die „Edda“, die im 13. Jahrhundert als Sammlung nordischer mythologischer Erzählungen entstanden war. Die Wiege des Eislaufens befindet sich in den ­Niederlanden. Der an der Wende zum Spätmittel­ alter (um 1300) entwickelte holländische Schlittschuh, der aus einer Holzsohle mit eingelassener

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Abb. 1.1: Schlittenfahrt.

Eisenschiene bestand, machte die Stöcke über­flüssig und das Eislaufen in der heute ausgeübten Form möglich. Zahlreiche Gemälde, wie etwa Pieter ­Bruegels d. Ä. „Die Jäger im Schnee“ (1565), das Schlittschuhläufer auf einem zugefrorenen Teich in einem holländischen Dorf zeigt, sowie eine Vielzahl literarischer Erzählungen dokumentieren, dass sich das Eislaufen in den Niederlanden bereits im 16.  Jahrhundert zu einem gesellschaftlichen Ereignis entwickelt hatte. Die wesentlichen Voraussetzungen für die Verbreitung des Schlittschuhlaufens waren einerseits die Erkenntnis, dass Bewegung an der frischen Luft der Gesundheit förderlich ist, andererseits ein bisher ungeklärter Klimawandel in den Alpen­regionen und dem nördlichen Europa, der eine Abkühlung um durchschnittlich zwei Grad brachte, wie der deutsche Historiker Philipp Blom in

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seinem neuesten Buch darlegt (Die Welt aus den Angeln. Eine Geschichte der Kleinen Eiszeit von 1570 bis 1700 sowie der Entstehung der modernen Welt, verbunden mit einigen Überlegungen zum Klima der Gegenwart, München 2017). Das erwähnte Gemälde Bruegels kann übrigens im Wiener Kunsthistorischen Museum besichtigt werden. Nachdem die Verbreitung der calvinistischen Lehre in den Niederlanden dazu geführt hatte, dass zahlreiche katholische Feste – darunter auch der ­beliebte Karneval – abgeschafft worden waren, fand man im Schlittschuhlaufen eine neue Art der Vergnü­gung. Auf den zugefrorenen Kanälen wurden Eisfeste und Volksrennen veranstaltet, an denen Frauen und Männer aller Bevölkerungsschichten und Altersgruppen partizipierten. Denn während Alltag und Freizeit unterschiedlicher religiöser und sozialer Gruppen in der niederländischen Gesellschaft voneinander strikt getrennt organisiert waren, galt auf dem Eis das Gleichheitsprinzip. Aus dieser Region und Zeit stammt auch die Legende der Heiligen Lidwina, der Schutzpatronin der Eisläufer und Eisläuferinnen. Der Überlieferung nach erlitt im Jahr 1395 ein junges Mädchen namens Lidwina von Schiedam beim Schlittschuh­ laufen nach einem Zusammenstoß mit einem anderen Läufer so schwere Verletzungen, dass sie ihr restliches Leben im Krankenbett verbringen musste. Ihr tiefer Glaube half ihr, das große Leid mit Würde zu er­tragen. Selbst an das Bett gefesselt, entwickelte Lidwina heilende Kräfte und wurde damit vielen Ratsuchenden zur Trösterin und Helferin, weshalb sie bereits zu ihren Lebzeiten als Heilige galt. Am 14. März 1890 wurde sie von Papst Leo XIII. heiliggesprochen und gilt seitdem als Patronin der Kranken und aufgrund ihres Eislaufunfalls auch als Schutzheilige der Schlittschuhläufer. Ausgehend von den Niederlanden verbreitete sich das Eislaufen in ganz Europa und entwickelte sich im 18.  Jahrhundert zu einem Unterhaltungsphänomen der vornehmen Gesellschaft. Anders als in Holland und den skandinavischen Ländern wurde das Eislaufen in Mitteleuropa zunächst ausschließlich von Männern praktiziert. Frauen beschränkten sich auf die Rolle der Zuseherin oder ließen sich, in warmen Pelz gehüllt, in Schlitten über das Eis schieben – galt

Abb. 1.2: Frauen und Männer vergnügen sich auf einem zugefrorenen Teich.

es doch für eine Dame von Welt als „unweiblich“, mit Schlittschuhen auf dem Eis zu erscheinen. Im Jahr 1742 konstituierte sich mit dem Edin­ burgh Skating Club als Herzoglicher Privatclub in Schottland der weltweit erste Eislaufverein. Wer in die ehrwürdige Vereinigung aufgenommen werden wollte, musste eine Prüfung ablegen, die aus Bogenlaufen und einem Sprung über drei Hüte bestand. Auch in den großen Städten Deutschlands verbreitete sich ab 1800 das Eislaufen als volkstümliches Freizeitvergnügen. In Berlin gab es Eisplätze im Tiergarten und in der wasserreichen Umgebung der Stadt. In Hamburg wurde auf der Alster gelaufen. Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Popularisierung leisteten deutsche Dichter und Literaten wie Friedrich Gottlieb Klopstock oder Johann Wolfgang von Goethe, die dem Eislaufen zahlreiche Gedichte widmeten. Zur Mitte des 19.  Jahrhunderts erlebte der Eislaufsport einen großen Aufschwung in vielen Teilen der Welt. In Goethes Geburtsstadt wurde im Jahr 1861 mit dem Frankfurter Schlittschuh-Club der erste Eissportverein auf deutschem Boden gegründet. Der erste Eislaufverein in den Vereinigten Staaten konstituierte sich 1849 in Philadelphia, weitere – etwa 1862 in New York – folgten.

Die Anfänge des „Schleifens“ in Wien Die am weitesten zurückliegende Beobachtung des „Schleifens“, wie das Eislaufen damals genannt ­wurde, im Stadtgebiet Wiens fällt in die Zeit vor der Zweiten Wiener Türkenbelagerung von 1683. Der

Abb. 1.3: Das Ölbild von Georg Emanuel Opiz (1805) zeigt das lebhafte Treiben auf dem „Eislaufplatz vor dem Stubentor“.

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Abb. 1.4: Schlittschuhläufer auf dem Wiener Neustädter Kanal.

kaiserliche Hofprediger und Schriftsteller Abraham a Sancta Clara hielt dies als Zeitzeuge in seinem Sittenkodex mit dem Titel „Huy! und Pfuy! der Welt“ aus dem Jahr 1707 fest, in dem sich auch zwei Kupfer­ stiche mit eislaufenden Personen finden. Die winterliche Freiluftunterhaltung der Wiener Bevölkerung beschränkte sich zu dieser Zeit hauptsächlich auf das Schlittenfahren, wurde das Eislaufen doch als Freizeitbeschäftigung der „Gassenbuben“ angesehen, deren Weiterführung über die „Jünglingsjahre“ hinaus als unschicklich galt. Währenddessen vergnügte sich die Hofgesellschaft Maria Theresias zur Mitte des 18.  Jahrhunderts auf den Schlössern des Hochadels bei prunkvollen Eisfesten. Im Jahr 1815 tanzten die Teilnehmer des Wiener Kongresses in nordischen Kostümen auf dem gefrorenen Schloss­teich in Schönbrunn. Außerhalb dieser noblen Zirkel blieb das Eislaufen auf öffentlichen Plätzen im innerstädtischen Gebiet jedoch vorerst verboten.

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Richtig in Mode kam das Schlittschuhlaufen im 19. Jahrhundert. Die Fertigstellung des Wiener Neustädter Kanals, einer 63 Kilometer langen, künstlich angelegten Wasserstraße für den Transport von Holz, Steinkohle und Ziegeln aus dem Raum südlich der Donau nach Wien im Jahr 1803, trug maßgeblich zur Verbreitung des Eissports bei. Waren die Wiener und Wienerinnen zuvor auf dem Wienfluss oder auf den von einem Labyrinth von Wasserläufen durchzogen Praterauen auf Eis gelaufen, konnten sie fortan im Stadtzentrum im geräumigen Wiener Hafen – in der heutigen Umgebung des Bahnhofs Wien Mitte zwischen Invalidenstraße und Gigergasse – dem neuen Trendsport frönen. Doch nicht nur im Hafen tummelten sich die Schleifer. Die über den zugefrorenen Wasserweg erreichbare Ortschaft ­Laxenburg südlich von Wien galt als beliebtes Ausflugsziel der Schlittschuhläufer. Der junge Wiener Schriftsteller und Verleger Franz Arnold Gräffer erkannte die Massenwirkung des Eislaufens und sah darin die Chance, Kapital zu schlagen. Im Jahr 1810 suchte er bei der Kanaldirektion um eine Pachtbewilligung für das Hafenbecken in den Wintermonaten an, um an diesem Ort eine Schlittschuhlaufanstalt mit Restauration, Schlittenund Schuhverleih zu betreiben. Gräffers Vorhaben, den ersten kommerziellen Eislaufplatz Wiens zu etablieren, scheiterte allerdings, da ihm die zuständige Polizei-Oberdirektion, wegen des ihrer Ansicht nach fragwürdigen Nutzens einer solchen Einrichtung, die Genehmigung verwehrte. Sein Engagement für die Verbreitung des Eislaufens blieb dennoch ungebrochen: Im selben Jahr veröffentlichte er unter dem Pseudonym F. C. Fergar ein kleines Buch mit dem Titel „Die Kunst des Schlittschuhlaufens“, in dem er die Technik des geraden Laufens und des Bogenund Schlangenlinienlaufs skizzierte. Nachdem das Eislaufen auf dem Belvedereund Stadtparkteich ab 1850 aufgrund des großen Andrangs an frostigen Tagen nicht mehr verhindert werden konnte und daher polizeilich „geduldet“ wurde, wandelte sich das immer populärer werdende Wintervergnügen schließlich „von einem kleinen Kapitalverbrechen zu einer Selbstverständlichkeit“. Doch das Eislaufen auf Natureis stellte kein ungefährliches Unterfangen dar, war doch die Verlet-

zungs- und Ertrinkungsgefahr sehr hoch. Darüber hinaus machte so manches Hindernis inmitten der zugefrorenen Gewässer die Notwendigkeit einer eigenständigen, gepflegten Eislaufanlage deutlich. Und auch bei der eislaufenden Noblesse wurde der Wunsch nach mehr Bequemlichkeit und geheizten Garderoben immer größer.

1867 – Die Geburtsstunde des Wiener Eislauf-Vereins Die Revolution von 1848/49 im Kaisertum Österreich bedeutete – trotz ihrer Niederschlagung – den Beginn eines (langsamen) Demokratisierungsprozesses. Nach einer kurzen Periode des Neoabsolutismus erhielt der Vielvölkerstaat 1860/61 eine konstitutionelle Verfassung. Im Zuge der damit einhergehenden staatlichen Liberalisierung des Vereinswesens gründeten sich auf dem Gebiet Österreichs und insbesondere in der kaiserlichen Haupt- und Residenzstadt Wien neben zahlreichen Vereinigungen zur politischen Interessenvertretung, den Vorläufern der politischen Parteien, auch Sportvereine, die in Anlehnung an die englischen Clubs die Ausübung unterschiedlicher Sportarten propagierten. Zu den am weitesten verbreiteten jener Zeit gehörten etwa Radfahren, Rudern, Lawn-Tennis (Rasen-Tennis) und Eislaufen. Im Gegensatz zu den sich parallel entwickelnden Turnvereinen, die häufig eine politisch-ideologische Ausrichtung hatten, sahen die zumeist aristokratisch geprägten Vereinigungen Sport als eine unpolitische Form der Freizeitbeschäftigung und Unterhaltung an. Die Vereine wiesen, wie ihre englischen Vorbilder, einen exklusiven Charakter auf: Sie verfügten über strenge Aufnahmemodalitäten, die mit hohen Mitgliedsgebühren verbunden waren, und die Zugehörigkeit war meist Männern vorbehalten. Die Gründung des Wiener Eislauf-Vereins erfolgte im Jahr 1867 und sie fiel in eine politisch hochturbulente Phase. Starke Spannungen zwischen den Kronländern und dem Kaiserhaus sowie große finanzielle Probleme nach den verlorenen Kriegen gegen Italien und Preußen, die mit der Niederlage in der Schlacht von Königgrätz 1866 geendet hatten, stürz-

ten das Haus Habsburg in eine innen- und außenpolitische Krise. Im Jahr 1867 mussten Kaiser Franz Joseph I. und die österreichische Regierung dem langjährigen Druck Ungarns nach Gleichberechtigung und Autonomie nachgeben. Durch den österreichisch-ungarischen Ausgleich wurde schließlich die Habsburgermonarchie staatsrechtlich von einem zentralistischen Einheitsstaat in einen Doppelstaat mit zwei Parlamenten umgestaltet. Dennoch: Die vielen ungelösten Probleme im Vielvölkerstaat trieben den Zerfall der Monarchie weiter voran. Die fortschreitende Industrialisierung sorgte trotz der politischen Spannungen für wirtschaftliches Wachstum, das im Wiener Bürgertum eine Aufbruchsstimmung auslöste und die sogenannte Gründerzeit einläutete. Das Eislaufen war zu diesem Zeitpunkt bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen. So beschloss am 3. Februar 1867 eine Gruppe von 14 Sportsmännern, die fast ausnahmslos aus aristokratischen und großbürgerlichen Kreisen stammten, die Gründung der ersten eissportlichen Vereinigung der Stadt. Unter ihnen befanden sich Ärzte, Bankiers, Beamte, Großindustrielle und Offiziere. Die Väter des Wiener Eislauf-Vereins (WEV) waren Arthur Freiherr von Löwenthal, Karl Korper von Marienwerth, Erwin Franz Freiherr von Sommaruga, Constantin von Marguerite, Baron Heinrich von Bach, Rudolf Grimm Ritter von Grimburg, Cäsar Ranzi, Leon Schmidt, Friedrich Böhmers, L.[udwig] Mohr, Friedrich Klezl, Rudolf von Ponzen, Florian Mollo und Demeter Diamantidi. Am 7. Februar wurde das Gesuch um behördliche Genehmigung der Vereinsgründung der Niederösterreichischen Statthalterei überreicht, die am 14.  Juni der Gründung des WEV zustimmte. Ein geeigneter Platz war rasch gefunden: Das Gründungskomitee suchte bei der Gemeinde Wien um die Überlassung eines Areals im Bereich des im Jahr 1849 aufgelassenen Wiener Hafens an. Dort, wo sich seit der Jahrhundertwende die Menschenmassen im Winter auf dem Eis vergnügt hatten, sollte der Verein seine Heimstätte finden. Am 27. November wurde nach langwierigen Verhandlungen der Pachtvertrag für eine Fläche auf dem westlichen Teil des trockengelegten Hafens abgeschlossen. Zum ersten Präsidenten des WEV Abb. 1.5 (Folgeseite): Holzstich des Eislaufplatzes in der Gegend des heutigen Bahnhof Wien Mitte (um 1875), im Vordergrund Pferde-Tramways auf der Landstraßer Hauptstraße, im Hintergrund das Hauptzollamt.

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wurde Arthur Freiherr von Löwenthal gewählt, Karl Korper zum Vizepräsidenten. Ihnen stand ein sechsköpfiges Kollegium zur Seite, das sich den organisatorischen Aufgaben der Vereinsführung widmete.

Die Eröffnung des Eislaufplatzes Wenige Tage nach der Unterzeichnung des Pachtvertrags erhielt der Verein die Genehmigung, gegen einen Pauschalbetrag von 300 österreichischen Gulden, Wasser für die Errichtung der Eissportanlage aus dem in den Wienfluss entwässernden Abflusskanal vor dem Stubentor zu entnehmen. Über mehrere Tage hinweg wurde das Wasser mit einer Dampfmaschine in das mit Lehm abgedichtete Bassin gepumpt. Da aber besonders warme Temperaturen herrschten und sich unter diesen Umständen keine Eisdecke bilden konnte, musste die für Anfang Dezember geplante Eröffnung verschoben werden. Am 6. Dezember 1867 berichtete die Wie­

ner Tagespresse von der Situation auf dem Platz des Eislauf-Vereins: „Die Eislaufsportsmen sind geradezu untröstlich. Beim neugegründeten Wiener Eislauf-Verein wäre alles so schön hergerichtet: [...] am Tummelplatze [...] weht der riesige Flaggenmast [...], die Gardero­ benzelte sind schon aufgestellt; kurz alles wäre fer­ tig, nur eine Kleinigkeit fehlt noch: Das Eis.“ (Wiener Tagespresse, 6. Dezember 1867)

Bis zum Stephanitag konnte schließlich eine tragfähige Schwimmeisfläche erzeugt und der Natureislaufplatz für den ersten „Schleiftag“ der Vereinsgeschichte geöffnet werden. Der Zutritt war nicht nur Männern, sondern auch Frauen und Kindern gestattet. Ein Holzprovisorium diente als Vereinshaus, Leinenzelte als Garderoben und ein offenes Feuer als Wärmestelle. Da die Eisfläche sehr holprig war und es noch keine Beleuchtung gab, wurde der Eislaufplatz bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen.

Jackson Haines und die Erfindung der „Wiener Kunstlaufschule“ Nur wenige Wochen nach der Eröffnung des Eislaufplatzes gelang den Pionieren des WEV mit der Verpflichtung des US-amerikanischen Ballettmeisters und Eistänzers Jackson Haines für einen Schaulauf­ auftritt ein Coup, der den Eiskunstlaufsport bis in die Gegenwart prägen sollte. Haines, der sich bereits in den USA als nationaler Meister im Figurenlaufen einen Namen gemacht hatte, befand sich seit 1865 –

Abb. 1.6: Die ersten Präsidenten des WEV: Baron Arthur von Löwenthal (1867–1870), Baron Heinrich von Bach (1870–1875) und Karl Korper von Marienwerth (1875–1909).

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Abb. 1.7: Ankündigung der Vorstellung „des Herrn Jackson Haines“, 1868.

Abb. 1.8: Jackson Haines um 1870. Abb. 1.9: Jackson Haines um 1870.

auf der Flucht vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg – auf einer Tournee durch Europa. Am 16. Jänner 1868, um halb drei Uhr nachmittags, trat der aus New York stammende Eistänzer erstmals in Wien auf und begeisterte das Publikum mit spektakulären Drehungen und Sprüngen auf dem Eis. Er präsentierte ein aus Marsch, Walzer, Mazurka und Quadrille bestehendes Tanzprogramm mit musikalischer Begleitung, dessen Höhepunkt eine tiefe Sitzpirouette bildete, bei der seine absichtlich leicht aufgesetzte Pelzmütze meterweit davonflog. Seine Haltung und Kleidung waren dem zeitgenössischen Ballett entlehnt und dienten in den Vorführungen als theatralisches M ­ ittel. Haines bewegte sich kraftvoll über die Eisfläche und kombinierte weitläufige Bögen mit bekannten Figuren wie „Schlingen“ oder „Zirkeln“. Dabei lief er auf

selbstgebauten Schlittschuhen, die mit ihrer fix an den Stiefel angeschraubten, gekrümmten Kufe einen zuverlässigen Halt bei schwungvollen Bögen boten und als sogenannter Haines-Schlittschuh rasche Verbreitung in Wien fanden. Das Interesse an der Veranstaltung, der Kaiser Franz Joseph I. in einer Ehrenloge beiwohnte, war enorm. Aufgrund des großen Erfolgs absolvierte Haines vier weitere Schaulaufvorstellungen, die von insgesamt 3134 Wienern und Wienerinnen besucht wurden und ihm eine beachtliche Gage in Höhe von 2436 Gulden einbrachte. Die Einnahmen einer sechsten Vorführung spendeten Haines und der Wiener Eislauf-Verein einer Einrichtung der Armenhilfe. Der US-amerikanische Eiskünstler hatte im Rahmen seines Wienbesuches auch einige Gastauftritte als Bühnentänzer im Carltheater in der

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Abb. 1.10: Der Wiener Eislaufpionier Karl Korper um 1880.

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Abb. 1.11: Ankündigung einer Schaulaufveranstaltung mit Jung-Star Franz Belazzi, 1879.

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Leopoldstadt (2. Bezirk). Weitere Stationen führten Haines unter anderem nach Budapest und Berlin, bevor er 1870/71 nach Wien zurückkehrte, um den Mitgliedern des WEV Eislaufunterricht zu geben. Zu Haines’ fleißigsten Schülern zählte der Mitbegründer des Vereins, Karl Korper, der den Laufstil genau studierte, um Gesetzmäßigkeiten in den scheinbar intuitiven Bewegungen des Eistänzers zu erkennen. Dazu löste er seine Tanzprogramme in Einzelbestandteile auf, fügte bereits bekannte Figuren hinzu und systematisierte die Abläufe. So erkannte Korper Grundfiguren, auf die sich alle Elemente zurückführen ließen. Es handelte sich dabei um „Bogen“, „Schlangenbogen“, „Dreier“, „Doppeldreier“ und „Schlingen“. Von nun an wurden Kombinationen dieser Elemente geübt, und auf diese Weise entstand ein ganzes System von Figuren, das die Ästhetik des kunstvollen Eislaufens revolutionieren sollte. Die „Wiener Kunstlaufschule“ war geboren. Ein weiterer talentierter Schüler des US-Amerikaners war der 15-jährige Franz Belazzi, den er kurzerhand als Co-Star zu seinem Auftritt nach Prag mitnahm. Seine Showeinlagen bei den prächtigen Kostümfesten des Wiener Eislauf-Vereins machten Belazzi in kürzester Zeit stadtbekannt.

„Spuren auf dem Eise“ Eislaufen hält gesund: Auf diesen Umstand wiesen zu Beginn des 19.  Jahrhunderts einige Pädagogen hin, die alsbald die ersten Eislauf-Lehrbücher verfassten. Der Salzburger Schulinspektor Aloys Maier publizierte 1814 ein Buch mit dem Titel „Das Schlittschuh-Laufen. Ein Taschenbuch für Freunde dieses edlen Vergnügens. Geschrieben zur Förderung dieser gymnastischen Übung“, das die positiven Auswirkungen des Eislaufens bei der Stärkung des Körpers von Kindern und Jugendlichen propagierte und Anleitungen zum Erlernen des Schlittschuhlaufens beinhaltete. Trotz dieser ersten Vorstöße von pädagogischer Seite, bedeuteten die Vorführungen des US-amerikanischen Eistänzers Haines auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins 1868 erst die Initialzündung für die Beschäftigung mit dem Eislaufen als sportlichem

Abb. 1.12: Eislauftheoretiker Max Wirth, 1881.

Betätigungsfeld. Gemeinsam mit dem in Wien lebenden deutschen Journalisten und Schriftsteller Max Wirth, der bereits 1861 dem Gründungskomitee des ersten deutschen Eislaufvereins, dem Frankfurter Schlittschuh-Club, angehört hatte, verfassten die beiden Mitbegründer des WEV, Karl Korper und Demeter Diamantidi, 1881 ein Lehrbuch mit dem Titel „Spuren auf dem Eise. Die Entwicklung des Eislaufes auf der Bahn des Wiener Eislauf-Vereines“. Das umfassende Werk enthält jene Erkenntnisse, die sie aus dem Studium der Lauftechnik von Jackson Haines gewonnen hatten und gliedert sich in drei Abschnitte: Im ersten Teil zeichnet Wirth die Geschichte des Eislaufens nach und geht dabei auch auf die Traditionen in anderen Ländern ein. So berichtet er über eine Reise nach Norwegen, über Eisfeste in St. Petersburg und die Entstehung des Wiener Eislauf-Vereins. Im zweiten und dritten Teil widmet sich Korper der Theorie des Schlittschuhlaufens.

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Abb. 1.13: Der erste Eislaufplatz des WEV (um 1890), im Hintergrund die Lagerhalle des Hauptzollamts, rechts die Pfarrkirche St. Othmar unter den Weißgerbern.

Akribisch beschreibt er Figuren und Kombinationen sowie deren Ausführungen. Der Geschäftsmann und Maler Demeter Diamantidi hielt die entsprechenden Spurenbilder in Zeichnungen fest. Insgesamt 272 Holzschnitte (davon 269 Spurenbilder) illustrieren das Eislauf-Lehrbuch, das zum Grundlagenwerk der „Wiener Kunstlaufschule“ und zu einem Bestseller in der wachsenden Wiener Eislaufgemeinde wurde.

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Das Vereinsleben erwacht Die Gründungssaison des Wiener Eislauf-Vereins wurde zu einem vollen Erfolg: Im ersten Jahr ließen sich bereits 313 Personen als Mitglieder registrieren und 15.222 Tagesgäste besuchten an 24 Öffnungstagen den Eislaufplatz im Herzen der Stadt. Im Dezember 1868 wurde das Vereinsgebäude inklusive einem Hofpavillon nach den Plänen des Architekten Carl Freiherr von Hasenauer fertiggestellt. Hasenauers späteres Wirken im Zuge der Errichtung der Wiener Ringstraße – u. a. entwarf er mit Gottfried Semper das Kunsthistorische und Naturhistorische Museum sowie die Neue Burg – ließen ihn zu einem der bedeutendsten österreichischen Vertreter des Historismus werden. Der jährliche Mitgliedsbeitrag betrug drei bis zehn österreichische Gulden und berechtigte zum

täglichen Eislaufen. Nicht-Mitglieder konnten gegen ein Entgelt von 30 österreichischen Kreuzern pro Tag den Eislaufplatz nutzen. Mehr als eintausend Mitglieder gehörten dem Verein in der Saison 1870/71 bereits an. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Tages- und Saisonkarten, Mitgliedschaften sowie die Ausgabe von Anteilsscheinen ermöglichten es dem Verein, den Eislaufplatz ohne öffentliche Subventionen zu betreiben. Erst viele Jahrzehnte später, als der WEV während des Zweiten Weltkriegs vor dem Bankrott stand, war man erstmals temporär auf finanzielle Unterstützung der Stadt Wien angewiesen. In der ersten Dekade des Bestehens wurde der Eislaufplatz sukzessive ausgebaut und auf den modernsten Stand der Technik gebracht. So wurde ein zweites Eisbassin angelegt, die provisorischen Garderobenhütten wichen beheizbaren Räumen, eine Holztribüne wurde aufgestellt, ein Restaurant einge-

richtet und Gaslampen angebracht, die das Eislaufen auch in den Abendstunden ermöglichten. Wenig später, 1876, verfügte der WEV sogar über die erste elektrisch betriebene Beleuchtungsanlage Wiens. Im Jahr 1880 wurde der Bau des lang ersehnten Musikpavillons nach den Plänen von Ludwig Tischler, der durch die Errichtung zahlreicher Miethäuser im 1. Bezirk und des Hotel Metropol (1872) bekannt geworden war, realisiert. Bemerkenswert war ebenso die rasche Entwicklung des Sportbetriebs im WEV: Im Jahr 1869 fand mit dem „Wiener Eisrennen“ der erste Eisschnell­ laufbewerb der Vereinsgeschichte statt, 1872 die erste Kunstlauf-Konkurrenz und 1882 ein „Internationales Preis-, Figuren- und Wetteislaufen“ mit Teilnehmern aus England, Frankreich, Norwegen, den Niederlanden und selbstverständlich Wien.

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Abb. 1.14: Das vereins­ eigene Restaurant, 1890.

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mann hatte mehrere Sorgen, aber der Mann mit der rot-weiß gestreiften Kappe hatte genug Menschen­ kenntnis, um zu wissen, wie er seine Sache anpa­ cken müsse. Engelmann erstand also zwei Billets, er fuhr nach Hernals und erschien mit seinem Sohne auf dem Eisplatz, auf dem der Kaiser und die Spit­ zen der Wiener Gesellschaft den Vorführungen des Tänzers auf dem Eise beiwohnten. Man war begeis­ tert, schrie sich die Kehlen heiser, klatschte sich die Hände wund und als Engelmann nach Hause kam, dachte er noch lange über das Geschehene nach.“ (Alexander Meisel, 60 Jahre Sportplatz Engelmann, Wien 1932)

Abb. 1.15: Die Eislaufplätze auf dem Grundstück von Eduard Engelmann sen. in Hernals, 1876. Abb. 1.16: Eismeister Eduard Engelmann sen. mit Gießkanne und Schieber bei der Pflege der Eisfläche, 1870er-Jahre.

Ein Eislaufboom bricht aus Die Auftritte von Jackson Haines bewirkten einen regelrechten Eislaufboom. In zahlreichen europä­ ischen Metropolen wie auch in größeren Städten der Habsburgermonarchie – etwa in Opava (dt. Troppau, 1868), Budapest (1869), Olomouc (dt. Olmütz, 1870), Linz (1871), Innsbruck (1883), Graz (1889), Klagenfurt (1890) – wurden Eislaufvereine gegründet. Ein Zufall, so erzählt die Vereinschronik des Eissport-Klub Engelmann (EKE), war für die Gründung des zweiten Eislaufvereins von Wien im Vorort Hernals verantwortlich: „Durch die Straßen der Inneren Stadt schlenderte am 16. Jänner 1868 ein kleiner, untersetzter, bär­ tiger Mann in der Kleidung der Wiener Patrizier. Die Dunkelheit war schon hereingebrochen und der Wachstuchfabrikant und Realitätenbesitzer Eduard Engelmann wollte noch ein bisschen herumbum­ meln, um diesen kalten aber klaren Winterabend noch ein wenig zu genießen und dann in sein Heim in Hernals zurückzukehren. [...] Engelmann ging sinnend seines Weges, er kam auf den Stephans­ platz und wollte eben die Straße überqueren, als ein Dienstmann auf ihn zutrat. ‚Gnä‘ Herr, ein paar Karten für die Vorstellung des amerikanischen Eis­ künstlers Jackson Haines wären noch da.‘ Engel­

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Inspiriert durch Haines’ Darbietung schuf der Hernalser Wachstuchfabrikant Eduard Engelmann sen. in seinem Garten um einen alten Nussbaum herum eine Spritzeisfläche für Freunde und Verwandte. Der Andrang aus der Nachbarschaft war bald so groß, dass er sich dazu entschloss, auf seinem angrenzenden Fabrikgelände in der Alsgasse (heute Jörgerstraße) zwei Eisteiche anzulegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit der Konstituierung des nach ihm benannten Eislaufvereins im Jahr 1871 stand nun auch der Vorortbevölkerung ein gepflegter Eislaufplatz zur Verfügung. Bald schon kam eine dritte Eisfläche hinzu, und eine kleine Gruppe hoch motivierter Kunstläufer gründete 1888 auf dem Engelmann-Platz mit dem Training-Eisclub (TEC) einen Verein zur Förderung des Kunstlaufsportes, der wenig später zur Wiege des österreichischen Eishockeysports werden sollte. Mit dem Cottage Eislauf-Verein (CEV) im Döblinger Villenviertel entstand 1872 ein dritter Verein in Wien, der sich parallel zum WEV und EKE zu einer bedeutenden Größe im österreichischen und europäischen Eissport entwickeln sollte. Daneben existierten in den Vororten, wie etwa in Fünfhaus, Hütteldorf oder Hietzing, zahlreiche weitere öffentliche Eislaufplätze. Die Begeisterung für das neue Wintersportvergnügen erfasste auch Josef Strauß, den Bruder des „Walzerkönigs“ Johann Strauß, der dem Schlittschuhlaufen 1869 eine Polka widmete (op. 261). Der Wiener Eislauf-Verein war zu jener Zeit längst über seinen Mitgliederkreis hinaus bekannt und zu einem bedeutenden Faktor des Wiener Gesellschaftslebens und der populären Freizeitkultur

Abb. 1.17: Der Platz des Cottage Eislauf-Vereins an der Hasenauerstraße um die Jahrhundertwende.

geworden. Mehr als 5000 Personen gehörten dem WEV 1892, im Jahr seines 25-jährigen Bestehens, an – darunter zahlreiche Vertreter und Vertreterinnen des Kaiserhauses, wie dem Mitgliederverzeichnis der Saison 1901/02 zu entnehmen ist: „Ihre k. und k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria Theresia; Seine k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Franz Ferdin­ and von Oesterreich – Este; Seine k. und k. Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Ferdinand; Ihre k. und k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erz­ herzogin Maria Annunciata; Ihre k. und k. Hoheit die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Elisabeth; Seine königliche Hoheit Herr Herzog Ernst August von Cumberland und Braunschweig-Lüneburg samt Familie; Seine königliche Hoheit Prinz Robert von Württemberg; Seine königliche Hoheit Prinz Ulrich von Württemberg; Ihre königliche Hoheit Prinzessin Dorothea von Sachsen-Coburg-Gotha; Seine königliche Hoheit Prinz Leopold von Sachsen Coburg-Gotha; Seine königliche Hoheit Prinz Lud­ wig von Sachsen-Coburg-Gotha.“

Zu den Mitgliedern des Wiener Eislauf-Vereins um die Jahrhundertwende zählten auch bedeutende Förderer und Mitgestalter der Wiener Moderne, deren Errungenschaften in den Bereichen Architektur, Bildende Kunst, Literatur oder Medizin bis in die Gegenwart wirken. So finden sich in den Verzeichnissen etwa Baron Max von Ferstel, Sohn des Architekten Hein-

Abb. 1.18: Albert Freiherr von Rothschild war ein begnadeter Eis- und Rollschuhläufer, hier um 1890.

(WEV, Rechenschafts-Bericht 1901/02)

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Abb. 1.19: Sehen und gesehen werden. Der Wiener Eislauf-Verein entwickelte sich rasch zu einem der bedeutendsten gesellschaftlichen Treffpunkte der Stadt, 1895.

rich von Ferstel, und seine Familie sowie der Gouverneur der Österreichischen Boden-Credit-Anstalt und Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Wiens Theodor Ritter von Taussig und seine Tochter, die Malerin Helene von Taussig. Ebenso gehörten dem WEV Mitglieder der Bankiers- und Unternehmerfamilien Auspitz, Ephrussi, Epstein, Gutmann, Rothschild und Todesco, Angehörige der Intellektuellenfamilie Wittgenstein (Karl und seine beiden Söhne Ludwig und Paul) sowie der Industriellenfamilie Salzer an. Zu den prominentesten weiblichen Mitglie-

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dern zählten schillernde Persönlichkeiten des Wiener Gesellschafts- und Kulturlebens wie Pauline Fürstin von Metternich, die Enkelin des Staatskanzlers Fürst Metternich, die Opernkomponistin Mathilde Kralik oder die Kunstmäzenin Jenny Mautner. Neben dem Adel und bedeutenden Familien des Wiener Bürgertums zählten auch weniger vermögende Schichten zum Publikum des WEV, was ihn deutlich von anderen Vereinen und Orten der Freizeitgestaltung in der Stadt unterschied. Der bekannte Wiener Sportler und Sportfunktionär Otto Herschmann veröffentlichte im Jahr 1904 ein Buch, in dem er den in allen Bereichen boomenden Sport im Kontext der Klassengesellschaft analysierte: Herschmann unterschied deutlich zwischen „demokratischem“ Sport der besitzlosen Klassen, wie Boxen, Fußball oder Schwimmen, und „aristokratischem“, meist aus England importiertem Sport, wie Golf, Pferdesport oder Tennis. Dem Eislaufen bescheinigte er, der einzige egalitäre Sport zu sein, der alle Gesellschaftsschichten vereinen würde. Und tatsächlich galt eben dies im besonderen Maße für Wien und den WEV: Haftete dem Eislaufen in Wien anfänglich das Image einer elitären Freizeitbeschäftigung an, erfolgte mit dem Wandel hin zu einem breiten- und gesundheitsorientierten Sport und dank leistbarer Tageskarten eine Öffnung des Vereins gegenüber unterschiedlichsten Gesellschaftsgruppen. Diese unterscheiden sich nicht nur im Hinblick auf ihre soziale Zugehörigkeit, sondern auch etwa in ihrer Konfession und Nationalität. Für die Vereinsleitung war die Ausgewogenheit zwischen der Förderung sportlicher Betätigung und gesellschaftlicher Aktivitäten von besonderer Bedeutung. Die Eistanzabende und Kostümfeste des Vereins boten alles auf, was prunkvoll und teuer war. Feuerwerke und bengalische Feuer, kunstvolle Dekorationen, Live-Musik und Gastronomie lockten nun also eislaufbegeisterte Wiener und Wienerinnen aller Bevölkerungsschichten zu Hunderten auf den Eislaufplatz und trugen maßgeblich zur fortschreitenden Kommerzialisierung des Eislaufens bei. Im Jänner 1896 berichtete die Neue Freie Presse über den „Ball auf dem Eise“, eine Festveranstaltung des Eislauf-Vereins, die an die Wiener Balltradition des kaiserlichen Adels anknüpfte:

„Wenn ein Fremder in Wien fragt, wo der größte Ballsaal zu finden ist, wo die schönsten Mädchen im gefälligsten Putz sich zu den feurigsten Weisen im Reigen drehen, wo die lebenslustige Jugend sich im Fasching austobt – man könnte nicht wahrheits­ getreuer antworten als: Beim Eislaufverein! [...] Die Mütter unterschätzen keineswegs den Eislaufplatz als Heiratsmarkt. Erstens wird auf die Eislauftoilet­ te der jungen Heiratscandidatin mindestens ebenso viel Sorgfalt und sogar mehr Geld verwendet, als auf eine Balltoilette. Wie die gedrechselten Püpp­ chen drehen sie sich im Kreise, in kostbaren Stoffen und Pelzen – in Sammt und Chinchilla, die Röcke mit anmuthigem Faltenwurf und abstechendem Seidenunterfutter, die von vorneherein auf das Schweben und Drehen, das Gleiten und Fliegen im Schlittschuhtanz berechnet sind. Die dunklen, oben knapp anliegenden, unten faltenreichen Kleider sind Heuer ganz ohne Zweifel eleganter, als sie in irgend einem früheren Jahre gewesen; nur in Einem Punkte ist man von eurer geschmackvollen Traditi­ on abgewichen: Bis zum vorigen Jahre galt es nicht als correct, anders als in der Kappe von demselben Pelz, der als Kleiderbesatz diente, Schlittschuh zu laufen. Jetzt tragen die meisten jungen Mädchen den monströsen modernen Hut, der aussieht wie eine Brigg mit vollen Segeln, zu ihren knappen Eiscostümen und verderben dadurch gänzlich die harmonische Erscheinung, die sie zu erzielen hof­ fen. Sie sehen so aus wie die Herren, welche mei­ nen, daß man auch mit dem Cylinder Schlittschuh laufen könne.“

es ermöglichte, sich auch in den eisfreien Jahreszeiten auf Holz- oder Metallrollen gleitend fortzubewegen. Auch in Wien fand die neue Sportart bald zahlreiche Anhänger und Anhängerinnen, die vornehmlich aus der Eislauf­szene kamen. Die Übung auf den Rollschuhen sollte der Erhaltung und Verbesserung der Fertigkeiten auf dem Schlittschuh förderlich sein. Im Jahr 1878 konstituierte sich in Wien der erste Rollschuhverein Österreich-Ungarns. Die Heimstätte, der sogenannte Skating-Rink, befand sich in der Vorderen Zollamtsstraße neben dem Wiener Eislauf-Verein. Mit Karl Korper, Demeter Diamantidi und Heinrich Bach gehörten dem Gründungskomitee des Wiener Rollschuh-Clubs drei Gründungsmitglieder des Wiener Eislauf-Vereins an. Zum erweiterten Ausschuss zählten insgesamt 51 Frauen und Männer, unter ihnen auch die eislaufenden Brüder Albert und Nathaniel von Rothschild. Letztgenannter spielte später auch eine bedeutende Rolle bei der Etablierung des ersten Fußballvereins Österreichs, dem First Vienna Foot-

(Neue Freie Presse, 12. Jänner 1896)

Der „Erdschlittschuh“ – (K)eine Konkurrenz Ein neuer Trendsport machte in Großbritannien, Frankreich und den USA zur Mitte des 19.  Jahrhunderts die Runde: das Rollschuhfahren. Im Gegensatz zur Geschichte des Eislaufens ist jene des Rollschuhlaufens kurz und reicht nur bis ins 18.  Jahrhundert zurück. Als Erfinder gilt der Belgier Jean-Joseph Merlin, der mit dem sogenannten Erdschlittschuh im Jahr 1760 ein Gerät erfand, das Abb. 1.20: Skating-Rink.

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Abb. 1.21: Rollschuhläufer bei einer Festveranstaltung um 1885.

Abb. 1.22: Fahrradfahrer auf dem WEV-Platz um 1890.

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ball-Club 1894, der sich am 22. August 1894 auf Initiative von ­Rothschilds englischem Gärtner William Beale in Wien-Döbling konstituierte. Ähnlich wie im Wiener Eislauf-Verein setzte die Leitung des Skating-Rinks auf ein buntes Unterhaltungsprogramm mit einer Vielzahl von Festivitäten und Konzerten. Im ersten Jahr schlossen sich 136 Personen dem Verein an, und die Rollschuhgemeinde wurde stetig größer. Mitglieder des Wiener Eislauf-Vereins und des Eissport-Klub Engelmann, wo im Übrigen in den Sommermonaten ebenfalls rollschuhgelaufen wurde, erhielten verbilligte Eintrittskarten. Trotz des anfänglichen Hypes um den Erdschlittschuh konnte sich die neue Sportart in Wien nicht etablieren, was mitunter daran lag, dass es der elitäre Rollschuhverein nicht vermochte, breite Bevölkerungsgruppen anzusprechen. Zudem standen viele Eisläufer dem Rollschuhfahren skeptisch gegenüber und sahen in der Ausübung während der Winterzeit eine Konkurrenz zum Eislaufen. Während der Rollschuh zur Jahrhundertwende für einige Zeit in Wien von der Bildfläche v­ erschwand, wuchs mit der Verbesserung der Straßenbeläge die Vorliebe für das Fahrrad. Einer der berühmtesten Hochradfahrer Wiens war übrigens Eduard Engelmann jun., der Sohn des Hernalser Eislaufpioniers.

Als das Eislaufen zum Sport wurde Die Wurzeln des Eiskunstlaufens liegen im Figurenlau­ fen, das im frühen 18. Jahrhundert in England als gentle art (edle Kunst) praktiziert wurde. Englische Adelige entwickelten einen Laufstil, dessen Bewegungen und Posen die Erhabenheit und den Rang der Läufer zur bewussten Abgrenzung vom volkstümlichen Schlittschuhlaufen unterstreichen sollten. Den entscheidenden Impuls zur Entwicklung des Figurenlaufens hin zum Eiskunstlaufsport lieferte der „Vater des modernen Eiskunstlaufs“ Jackson Haines auf seiner Europatournee 1865 bis 1875. Seine Vorführungen animierten zahlreiche Eisläufer zur Nachahmung seiner eleganten Bewegungen und so entstanden – neben dem Laufstil der „Wiener Kunstlaufschule“ – mit dem „Englischen Stil“, dem „Nordischen Stil“ und der „Russischen Schule“ regional unterschiedliche, konkurrierende Stilauffassungen. Immer mehr Eisläufer ließen sich in den großen europäischen und US-amerikanischen Eislaufvereinen in der Kunst des Figurenlaufens ausbilden. Im Wiener Eislauf-Verein führte das große Interesse zur Gründung einer eigenen Sektion für Eiskunstlauf, die sich der Schulung der Eisläufer nach den Ausführungsbestimmungen des Lehrbuches „Spuren auf dem Eise“ verschrieb. Mit dem Aufkommen der ersten Vergleichswettkämpfe zwischen Läufern verschiedener Vereine wandelte sich das Figurenlaufen zunehmend von einem ästhetischen Vergnügungssport des vornehmlich adeligen Standes

Ausführungsbestimmungen der „Wiener Kunstlaufschule“ das Wettkampfprogramm sowie die Leitlinien zur Bewertung der Leistungen. Mit dem sogenannten Wiener Regulativ schuf er ein Regelwerk, das zum Fundament aller späteren internationalen Wettlaufordnungen und ausschlaggebend für die Etablierung des Eiskunstlaufs als sportliche Disziplin werden sollte. Das zu absolvierende Programm bestand aus 23 Pflichtfiguren, dem Vorführen einer Spezialfigur und eines Produktionslaufes (Kürlauf). An der Konkurrenz nahm auch ein gewisser Norweger namens Axel Paulsen teil, dessen selbst kreierte Spezialfigur – ein Sprung mit eineinhalb Drehungen – als „Axel“ in die Lehrbücher des Eiskunstlaufsports Eingang fand. Auch als „Königssprung“ bezeichnet, ist der „Axel“ der älteste und schwierigste der sechs Grundsprünge im Eiskunstlauf und der einzige, bei dem der Läufer vorwärts abspringt und rückwärts landet. Heute wird der „Axel“ in bis zu dreieinhalb Umdrehungen ausgeführt. Sieger des ersten internationalen Kunstlaufbewerbs wurde jedoch nicht Axel Paulsen, sondern ein anderer: Mit dem Wiener Leopold Frey überzeugte ein Vertreter der „Wiener Kunstlaufschule“ die auch aus London und

zu einem organisiert betriebenen, egalitären Wettkampfsport. Hier leistete der WEV als Ausrichter der ersten Bewerbe im Eiskunstlaufen und Eisschnelllaufen mit internationalem Teilnehmerfeld bahnbrechende Arbeit in organisatorischer Hinsicht. Im Jahr 1882 rückte die „Wiener Kunstlaufschule“ erstmals in den Fokus der Weltöffentlichkeit. Ein durch den WEV ausgeschriebenes „Internationales Preis-, Figuren- und Wetteislaufen“ versammelte die Eislaufelite Europas in Wien. Karl Korper verfasste in Anlehnung an die

Abb. 1.23: Die ersten „Specialfiguren“ des Eiskunstlaufs, dargeboten in Wien 1882.

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Abb. 1.24: Der Gewinner der ersten internationalen Kunstlaufkonkurrenz Leopold Frey um 1890. Abb. 1.25: Eiskunstlaufkonkurrenz auf dem alten Platz des WEV, 1889.

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New York angereisten Preisrichter. Dahinter platzierten sich Eduard Engelmann sen. und der junge Axel Paulsen,

sich der Zusammenschluss von nun an bezeichnete, übernahm Korpers Wiener Regulativ als Ausführungsbestim-

der zu dieser Zeit auch im Eisschnelllauf Maßstäbe setzte. Im Laufe der Zeit vermochten sich auf internationaler Ebene lediglich die Wiener und die nordische Laufweise durchzusetzen. Die eher starren und emotionslosen Ausführungen des britischen und russischen Figurenlaufens schienen nicht geeignet zu sein, um zu einer anerkannten Sportart zu reifen. Die Wiener Läufer hingegen zeigten kleine, gedrechselte Figuren mit fließenden Übergängen und bauten klassische Tanzschritte ein. Sie beherrschten die Schulfiguren nahezu perfekt; große, schwungvolle Bewegungen und Sprünge zählten allerdings anfänglich nicht zum Repertoire des sogenannten Schnörkselstils. Charakteristisch für den „Nordischen Stil“ war die kraftund schwungvolle Ausführung der Bewegungen, auf die Pflichtfiguren wurde hingegen weniger Wert gelegt. Sukzessive verschmolzen die beiden Stile miteinander und es entwickelte sich eine Ausdrucksform, die Dynamik, Rhythmik und Technik kombinierte und als „Internationale Schule“ weltweite Verbreitung fand.

mungen für seine Meisterschaften. Nach größeren international besetzten Wettkämpfen in Helsinki (1883 und 1886), Stockholm (1889) und St. Petersburg (1890) veranstaltete der Verband 1891 die erste offizielle EiskunstlaufEuropameisterschaft der Männer in Hamburg, die der Deutsche Oskar Uhlig gewann. Mit der 1892 im niederländischen Scheveningen erfolgten Gründung der Internationalen Eislauf-Vereinigung (IEV), dem Vorläufer der heutigen International Skating Union (ISU), durch den Nieder­ländischen, Britischen, Deutschen und Österreichischen Eislaufverband sowie den Stockholmer, Goethenburger und Budapester Eislaufverein erhielt der Eissport einen überregionalen Dachverband, der die Förderung der einheitlichen Entwicklung des Eiskunstlaufs und Eisschnelllaufs in den Fokus stellte. Der weltweit älteste Wintersportverband war und ist für die Austragung von Europa- und Weltmeisterschaften sowie die Ausgestaltung der internationalen Wettlaufordnungen zuständig. Auch die IEV ent-

Die wachsende Zahl internationaler Wettbewerbe, bei denen die unterschiedlichsten Stil- und Wertungsauf-

wickelte ihr allgemeingültiges Reglement von 1897, das noch heute in seinen Grundzügen Gültigkeit besitzt, in

fassungen aufeinanderprallten, erforderte zwangsläufig die Vereinheitlichung des Regelwerks für das Figurenlaufen und die Institutionalisierung des Wettkampfbetriebs im Rahmen regionaler und überregionaler Organisationen. Im Jahr 1889 trat der Wiener Eislauf-Verein dem ein Jahr zuvor gegründeten Deutschen Eislaufverband bei. Der Deutsche und Österreichische Eislaufverband, wie

Anlehnung an das Wiener Regulativ. 1914 gehörten der IEV bereits elf Landesverbände und zahlreiche Vereine an, gegenwärtig sind es 91 nationale Dachverbände für Eiskunstlauf und Eisschnelllauf. Den Höhepunkt dieser ersten Phase der Sportwerdung des Eislaufens aus Wiener Sicht bildeten die Europameisterschaften der Eiskunstläufer und Eisschnellläufer auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins im Jahr

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1892. Zum 25-jährigen Jubiläum und zur Würdigung der Verdienste des noch jungen Vereins um den Eislaufsport wurde der WEV mit der Durchführung der Bewerbe beauftragt. Obwohl Tauwetter die Vorbereitungen erschwerte, wurde die Sportveranstaltung zu einem großen Publikumserfolg. Den Kunstlaufbewerb auf einer „butterweichen“ Eisfläche entschied Eduard Engelmann jun. einstimmig für sich. Es war dies der erste große Erfolg für den Hernalser Verein, dem viele weitere folgen sollten. Die erste Weltmeisterschaft der IEV fand 1896 in St. Petersburg statt. Anfänglich waren die Bewerbe allerdings nur für Männer ausgeschrieben, seit 1906 werden auch Weltmeisterschaften der Frauen und Paare durchgeführt. Der erste Weltmeister dieser Sportart war der Deutsche Gilbert Fuchs. Bis zum heutigen Tag wurden 19 Europameister-

Zahlreiche grundlegende, artistische Elemente, die diese Sportart heute prägen, gehen auf die Eiskunstlaufmeister der Jahrhundertwende zurück. Ulrich Salchow oder der Deutsche Werner Rittberger kreierten mit den nach ihnen benannten Sprüngen „Salchow“ und „Rittberger“ (engl. loop) zwei der sechs Grundsprünge, die Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen beherrschen müssen. Neben dem bereits erwähnten „Axel“ gehören auch die beiden vom US-Amerikaner Bruce Mapes erfundenen Sprünge „Flip“ und „Toeloop“ dazu. Und auch ein Wiener verewigte seinen Namen in einem Grundsprung: Der 1913 erstmals vorgeführte „Lutz“ wurde nach dem Engelmann-Läufer und Eishockeyspieler Alois Lutz benannt, der den Sprung während eines Eishockeyspiels erfunden haben soll. Es folgten Jahrzehnte des permanenten Wandels und der Perfektionierung des Kunstlaufens vor dem Hinter-

schafts- und 24 Weltmeisterschaftskonkurrenzen der Damen, Herren, Paare und Eistänzer in Wien ausgetragen; zuletzt im Jahr 2000, als die Europameistertitel im Eiskunstlauf und Eistanz in der Wiener Stadthalle vergeben wurden. Die überwiegende Mehrheit der Veranstaltungen fand zwischen 1892 und 1967 auf den Plätzen des Wiener Eislauf-Vereins beim Hauptzollamt und später am Heumarkt statt. Als ebenso beliebter Schauplatz internationaler Titelkämpfe etablierte sich die Engelmann-Arena in Hernals. Zum ersten aus Wien stammenden Weltmeister kürte sich 1897 in Stockholm Gustav Hügel vom WEV, der trotz einer Fußverletzung den späteren zehnfachen Welt- und neunfachen Europameister Ulrich Salchow auf Platz zwei verwies. Im selben Jahr trat der WEV aus dem Deutschen und Österreichischen Eislaufverband aus und gründete – gemeinsam mit dem Mährisch-Ostrauer, dem Innsbrucker und dem Privoser Eislaufverein – den Österreichischen Eislauf-Verband (ÖEV). Die konstituierende Sitzung fand in

grund sich verändernder sportlicher Leistungsfähigkeit, technischer Entwicklung und zeitgenössischer Trends der Ästhetik. Mit der Versportung des Eislaufens wandelte sich auch die Art der Bekleidung der Läufer und Läuferinnen. Lange Zeit prägten Zylinder, bodenlange Kleider und schwere Mäntel das Erscheinungsbild auf den Eislaufplätzen, spielte sich doch ein Teil des gesellschaftlichen Lebens in den Vereinen ab. Die großbürgerliche Normen und Werte repräsentierende Garderobe wurde jedoch mit der Evolution des Schlittschuhs und der EisAbb. 1.26: Spezialfiguren des Russen Georg Sanders und des Deutschen Gilbert Fuchs bei der ersten Weltmeisterschaft in St. Petersburg, 1896.

den Räumlichkeiten des WEV statt, in der Karl Korper zum ersten Präsidenten des neuen Verbandes gewählt wurde. Seit 1898 ermittelt der ÖEV nationale Meister im Eiskunstlaufen, Meisterinnen seit 1913. Im Jahr 1995 erfolgte aus administrativen und finanziellen Gründen die Ausgliederung der Disziplin Eisschnelllauf aus dem ÖEV und im Zuge dessen die Konstituierung zweier unabhängiger Verbände, den Österreichischen Eiskunstlaufverband (ÖEKV) und den Österreichischen Eisschnelllaufverband (ÖESV).

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Die Entwicklung und Internationalisierung des Eiskunstlaufens der Frauen

Abb. 1.27: Damenkunstlaufmode anno 1893.

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Lange Zeit war das Eislaufen in Österreich eine reine Männerdomäne. Die fortschreitende Popularisierung der neuen Wintersportart schloss nicht zuletzt die Modernisierung der Geschlechterverhältnisse mit ein. Immer mehr Frauen legten die Kufen an und sorgten in ihren langen Röcken und schweren Mänteln auf den öffentlichen Eislaufplätzen für großes Aufsehen. Schlittschuhläuferinnen wurden bestaunt wie „weiße Raben“, wie zeitgenössische Quellen berichten, und waren nicht selten Anfeindungen ausgesetzt. Nur vereinzelt liegen Berichte über eislaufende Frauen vor, wie etwa jener über die Burgschauspielerin Auguste Wilbrandt-Baudius, die bereits in den 1860er-Jahren in langen Hosen auf dem zugefrorenen Stadtparkteich gesichtet worden sein soll. Mit der

lauftechnik zunehmend unpraktisch. Mit der Zunahme der Sportveranstaltungen und der Vorbildwirkung der ausgebildeten Eiskunstläufer setzte sich auch bei den Freizeitläufern das Tragen von funktioneller, dem sportlichen Charakter des Eislaufens entsprechender Kleidung durch. Im Bereich des Breitensports entdeckte die Sportbekleidungsindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg den Eislaufsport und setzte auf optimierte Bekleidung, die vor Kälte und Nässe schützt. Die Entwicklung der Damenmode im Eislaufen spiegelt die Emanzipationsgeschichte der Frauen im Sport wider: Um die Jahrhundertwende legten eislaufende Frauen die prunkvollen Kleider des großbürgerlichen

Eröffnung des Platzes im Wiener Eislauf-Verein fanden die eislaufinteressierten Mädchen und Frauen nun einen Raum vor, in dem sie durchaus willkommen waren. Am 24. Februar 1875, lange bevor das Eislaufen von Frauen in Europa und den Vereinigten Staaten einen leistungsorientierten Anspruch aufwies, unterstützte der WEV die sportlichen Ambitionen einiger weiblicher Mitglieder und schrieb eine Kunstlaufkonkurrenz aus, bei der fünf junge Damen an den Start gingen. Der gut besuchte erste Wettkampf wurde allerdings sogleich vom ersten dokumentierten Preisrichterskandal der Kunstlaufgeschichte überschattet: Das Publikum und die Jurymitglieder des Eislauf-Vereins waren über die Benotung der Darbietungen unterschiedlicher Meinung, was zu Ausschreitungen und schließlich zum Rücktritt des kompletten Verwaltungsausschusses des WEV führte. Dennoch löste der erste Eiskunstlaufwettbewerb für das weibliche Geschlecht in der damals sehr überschaubaren österreichischen Frauensportszene einen Nach-

Alltags zugunsten von mehr Bewegungsfreiheit und Individualität ab. Viele Kunstläuferinnen entwarfen ihre

ahmungseffekt aus: Im Jahr 1880 wurde das erste Damenwettschwimmen ausgetragen, 1893 fand das erste

eigene Bekleidung und setzten damit modische Trends – nicht ahnend, dass sie damit zum Aufbrechen moralischer Konventionen beitrugen. Im Bereich des Leistungssports erhielt die Kostümwahl als Mittel zur Inszenierung ab den 1920er-Jahren eine neue Bedeutung und fließt seither in die Benotung ein.

Damenradrennen statt und 1897 konkurrierten Frauen erstmals auf der Skipiste. Die Britin Florence Madeleine „Madge“ Syers (geb. Cave) gilt als Wegbereiterin zur Anerkennung des ­Eiskunstlaufsports der Frauen. Da es zu dieser Zeit ausschließlich Weltmeisterschaften für Männer gab, aber keine explizite Regel, die Frauen eine Teilnahme untersagte, meldete sie sich zu der Weltmeisterschaft 1902 in

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ihrer Heimatstadt London an, wo ihr eine große Sensation gelang: Zur Überraschung aller wurde sie im knöchellangen Rock Vize-Weltmeisterin hinter dem Schweden Ulrich Salchow. Dieser war von der Leistung der Britin derart beeindruckt, dass er ihr seine Trophäe überreichte. Syers überzeugte mit ihrem Können die kritische Jury, die im Vorfeld ihre Teilnahme zu verhindern versucht hatte, und brachte somit die Internationale Eislauf-Vereinigung unter Zugzwang. Schließlich führte der Weltverband im Jahr 1906 eigenständige Bewerbe für Frauen ein. Die Eiskunstlauf-Pionierin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Edgar auch im Paarlaufen neue Maßstäbe setzte, gewann die ersten beiden Weltmeisterschaftskonkurrenzen 1906 in Davos und 1907 in Wien jeweils vor der Läuferin des Cottage Eislauf-Vereins Jenny Herz, die als erste Frau eine damals als „unsittlich“ geltende Sitzpirouette zeigte.

Eissport bei den Olympischen Spielen

Erst 39 Jahre nachdem die Herren ihren ersten Europameister gekürt hatten, kam es zur Austragung der ersten Europameisterschaft für Damen. Erneut war der Wiener Eislauf-Verein von der Internationalen Eislauf-Vereinigung auserkoren worden, als Gastgeber dieser Premierenveranstaltung zu fungieren. Am 25./26. Jänner 1930 fand am Heumarkt die viel beachtete Doppelveranstaltung statt, denn nicht nur die Frauen, sondern auch die Paarläufer ermittelten ihre ersten Europameister. Die Eislaufarena war an beiden Tagen bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die WEV-Vertreterinnen Friederike „Fritzi“ Burger und Ilse Hornung feierten vor heimischem Publikum einen Doppelsieg. Bei den Paaren gewann das ungarische Duo Olga Organista/Sándor Szalay, die Bronzemedaille ging an das Engelmann-Paar Gisela Hochhaltinger/Otto Preißecker. Der Wiener Eislauf-Verein nahm im Hinblick auf die Förderung des Frauensports in Österreich, aber auch im internationalen Vergleich zweifelsohne eine Vorrei-

gramms ausgetragen wurden, erfuhren jedoch kaum öffentliche Resonanz. Ganz anders gestalteten sich die Eissportbewerbe der VII. Olympischen Spiele 1920 in Antwerpen, bei denen auch Eishockey seine olympische Premiere erlebte. Der enorme Publikumszuspruch, den die Eissportbewerbe in der Eishalle der belgischen Hafenstadt erfuhren, aber auch der Popularitätsschub anderer Wintersportarten wie Curling, Rodeln, Langlaufen, Skifahren oder Skispringen veranlassten das IOC schließlich zur Einführung eigenständiger Winterspiele. Als „Internationale Wintersportwoche“ deklariert, wurden die Bewerbe in Chamonix 1924 nachträglich zu den I. Olym-

Bereits im Jahr seiner Gründung 1894 nahm das Internationale Olympische Komitee (IOC) Eiskunstlaufen in die Liste der durchzuführenden Sportarten auf. Da zu diesem Zeitpunkt Olympische Spiele ausschließlich im Sommer ausgetragen wurden, war zur Durchführung von Eissportbewerben eine Halle mit Kunsteis erforderlich, die das Eis vor den warmen Außentemperaturen schützte. Bei den IV. Olympischen Spielen 1908 ergab sich erstmals die Möglichkeit, Eiskunstlaufbewerbe durchzuführen, da London mit dem Prince’s Skating Club über eine moderne Eishalle verfügte. Der Schwede Ulrich Salchow gewann den Schauwettkampf der Herren, Madge Syers jenen der Damen und die Deutschen Anna Hübler/ Heinrich Burger siegten im Paarlauf. Die Bewerbe, die im Herbst nach Beendigung des offiziellen Olympiapro-

Abb. 1.28: Ankündigungsplakat für die Europameisterschaften von 1930.

terrolle ein; dies wurde in den 1920er-Jahren gerade auch in der Gründung des ersten österreichischen Eishockeyteams sowie einer Eisschnelllaufgruppe für Frauen deutlich. Der rasche Leistungsanstieg der Eiskunstläuferinnen konnte lediglich durch die gezielte und intensive Förderung seitens des Vereins erreicht werden. Generationen von Kunstläuferinnen sollten die in sie investierten „Ausbildungskosten“ mit unzähligen Medaillen „zurückzahlen“.

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pischen Winterspielen erklärt. Mit im Programm war nun auch die dritte große Eissportdisziplin, der Eisschnelllauf. Die Spiele in den französischen Alpen wurden mit dem Gewinn von zwei Gold- und einer Silbermedaille in drei Bewerben zur Demonstration der herausragenden StelAbb. 1.29: Ausverkauft! Mehr als 6500 Menschen besuchten 1930 die erste Eiskunstlauf-Europameisterschaft der Frauen im Wiener Eislauf-Verein.

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lung des österreichischen und im Speziellen des Wiener Kunstlaufsports jener Zeit. Insgesamt konnten Österreichs Eissportler und Eissportlerinnen in der Geschichte der Olympischen Winterspiele 26 Mal Edelmetall erringen. Im Eiskunstlaufen liegt Österreich mit insgesamt

20 Olympiamedaillen in der ewigen Bestenliste hinter Russland (inkl. Sowjetunion und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) und den Vereinigten Staaten auf dem dritten Platz. Einen wesentlichen Anteil daran hatten die Athleten und Athletinnen des Wiener Eislauf-Ver-

eins. Mit insgesamt 26 Europa- und 24 Weltmeistertiteln sowie zwölf Olympiamedaillen (davon drei Goldene) im Eiskunstlaufen zählt der WEV zu den erfolgreichsten Eissportvereinen der Welt.

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Von der Wiener Stadtbahn verdrängt – Der Umzug auf den Heumarkt Bereits zur Zeit der Gründung des Wiener EislaufVereins befand sich die kaiserliche Reichs- und Residenzstadt in einer Phase des städtebaulichen ­ Umbruchs. Die mittelalterliche Stadt mit Festungsmauern und Verteidigungsanlagen war im Begriff, sich zu einer modernen Großstadt zu entwickeln. In einem ersten Schritt wurde 1850 die Eingemeindung von sieben Vorstädten, die innerhalb des Linienwalls lagen, vorgenommen; 1861 folgten acht weitere. Weil das Glacis, das unbebaute, ringförmige Gelände zwischen der Stadtmauer und den Vorstädten, in der zweiten Hälfte des 18.  Jahrhunderts aus militärtechnischen Gründen obsolet geworden war, wandelte sich die Freifläche zu einem Naherholungsgebiet für die Wiener Bevölkerung. Nach und nach wurden Teile in Bauland umgewidmet und Gewerbetreibende und Gastronomiebetriebe siedelten sich an. Am Rande des Glacis befanden sich einige der wichtigsten Märkte Wiens – unter ihnen auch der Heumarkt, der die Besitzer der zahlreichen Nutz- und Reittiere in der Stadt mit Heu aus Ungarn versorgte. Aus dem Erlös verkaufter Baugründe wurde 1857 durch Kaiser Franz Joseph I. der Wiener Stadterweiterungsfonds zur Förderung der Errichtung öffentlicher Gebäude und staatlicher Repräsentationsbauten gegründet. Zwischen 1858 und 1865 entstand auf dem Areal der ehemaligen Verteidigungsanlagen die Wiener Ringstraße als Prachtboulevard mit Kultur- und Verwaltungsbauten und Wohnpalais für das Großbürgertum. Die Schleifung der Stadtmauer war 1864 abgeschlossen, und die städtebauliche Entwicklung des Glacis schritt weiter voran. Der Kaiser stimmte den Bauvorhaben der Gemeinde Wien jedoch nur unter der Voraussetzung zu, die Sicht von den Herrschaftsresidenzen auf das Zentrum der Stadt durch neue Gebäude nicht zu verstellen. Bis in die Gegenwart hinauf gerieten die historischen Blickachsen im Zusammenhang mit der Verbauung freier Gründe wiederholt in die Diskussion: Zuletzt ab dem Jahr 2014 der sogenannte Canaletto-Blick vom Schloss Belvedere auf die Innenstadt, der – so Kritiker und Kritikerinnen des

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Projekts des Immobilienentwicklungsunternehmens WertInvest – durch die geplante Errichtung eines Hochhauses neben dem Wiener Eislauf-Verein zur Verfälschung des historischen Stadtbildes führen würde. Die zweite Stadterweiterung, die ab 1890 durch die Eingemeindung der Vororte Währing, Hernals, Gersthof und Döbling erfolgte, sowie die starke Binnenmigration innerhalb der Habsburgermonarchie ließen Wien zur viertgrößten Stadt Europas anwachsen. Der massive Bevölkerungsanstieg auf rund 1,4 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen machte städtebauliche Maßnahmen wie die Kanalisierung und Elektrifizierung der Stadt, den Bau neuer ­Straßenzüge und Brücken sowie die Erstellung eines modernen Verkehrskonzepts dringend notwendig. In diesem Zusammenhang schrieb die Gemeinde Wien im Jahr 1892 den städtebaulichen „Wettbewerb zum Generalregulierungsplan für Wien“ aus, der der künftigen Stadtentwicklung zugrunde liegen sollte. Ein zentrales Vorhaben stellte der Bau der Wiener Stadtbahn dar, die als Massentransportmittel die Innere Stadt mit den neuen Außenbezirken und die großen Bahnhöfe Wiens miteinander verbinden sollte. Der Architekt und Stadtplaner Otto Wagner gewann einen der ersten Preise des Ideenwettbewerbs und wurde mit der architektonischen Ausgestaltung der Hochbauten und Brücken der Stadtbahn beauftragt – Bauten, die bis heute das Erscheinungsbild Wiens prägen. Zwei Linienführungen der Stadtbahn bedrohten nun die Heimstätte des Wiener Eislauf-Vereins in der Gegend des Hauptzollamts: Die „Untere Wientallinie“ führte von der Meidlinger Hauptstraße bis zum Hauptzollamt (Eröffnung 1899), die „Donaukanallinie“ vom Hauptzollamt bis nach Heiligenstadt (Eröffnung 1901). Auf Teilen der damals geschaffenen Bahntrassen fahren heute die U-Bahn-Linien U4 und U6. Mit dem Baubeginn im Jahr 1893 kündigte die Gemeinde Wien die Pachtverträge mit dem Eislauf-Verein und dem benachbarten Rollschuh-Club. Der WEV machte sich umgehend auf die Suche nach einem neuen Grundstück, der Verein der Rollschuhläufer hingegen löste sich auf.

Die räumliche Entwicklung und Umgestaltung der Stadt um die Jahrhundertwende beinhaltete außerdem – als Voraussetzung für den Bau der Stadtbahn – die umfassende Regulierung des Wien­ flusses, zu dem die Stadtbahn auf weiten Strecken parallel verlief. Im Zuge der Einwölbung des Wasserlaufs wurde der am Heumarkt liegende Reservegarten – eine städtische Gärtnerei, in der die Pflanzen für öffentliche Parkanlagen gezogen wurden – in die Vorgartenstraße im 2. Bezirk verlegt. Der Wiener Stadterweiterungsfonds bot nun die freigewordene Fläche zwischen Johannesgasse und Lisztstraße dem WEV zur Pacht an. Im Jahr 1896, der WEV hatte den Pachtvertrag unterzeichnet, begannen die Bauarbeiten zur Errichtung der Stadtbahntrassen im Bereich des alten Eislaufplatzes, womit die schrittweise Räumung und Abtragung der Gebäude auf dem Areal verbun-

Abb. 1.30: Wienfluss-Regulierung und Bau der Wiener Stadtbahn im Bereich der heutigen Lothringerstraße, 1896. Abb. 1.31: Der alte Platz wurde 1899 aufgelöst.

den war. Die Eisfläche blieb vorerst verschont und der Vereinsleitung gelang es, den Sportbetrieb bis zur Saison 1898/99 aufrechtzuerhalten. Die immer schlechter werdenden Platzverhältnisse führten allerdings dazu, dass der Mitgliederstand zwischen 1896 und 1899 drastisch sank. Im letzten Winter an alter Wirkungsstätte wurde der Platz durch die Bauarbeiten völlig verwüstet.

Das „Olympion“ – Ein nicht realisierter Monumentalbau Im Rahmen des Wettbewerbs zum „Generalregulierungsplan Wiens“ gewann der Architekt Ludwig Baumann, ein Schüler Gottfried Sempers und Schwager des WEV-Präsidenten Karl Korper, einen der dritten Plätze und wurde mit der Konzeption eines multifunktionalen Veranstaltungsortes auf dem Gelände des ehemaligen Reservegartens beauftragt.

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Die Anregung zur Schaffung des „Olympions“, wie der Name des urbanen Kultur- und Sportzentrums lauten sollte, ging von drei der angesehensten Vereine Wiens aus: Vom Wiener Sängerhausverein, der die Errichtung eines modernen Gebäudes mit verschieden großen Konzertsälen und einer Sommerarena anstrebte, dem Wiener Bicycle-Club, der sich für den Betrieb einer zentral gelegenen Fahrradbahn interessierte, und dem Wiener Eislauf-Verein, der aufgrund des Stadtbahnbaus einen neuen Standort suchte. Geplant war, alle drei als Trägervereine und Geldgeber des Projekts fungieren zu lassen. Der elliptische, zum Beethoven-Denkmal hin geöffnete Festplatz in der Form einer antiken griechischen Arena sollte alle Bevölkerungsschichten ansprechen und bei Festveranstaltungen 40.000 Personen Platz bieten. Nachdem der Bau des „Olympions“ im Jahr 1897 genehmigt worden war, kam es allerdings zu bürokratisch bedingten Verzögerungen. Die hohen Baukosten führten zu Unstimmigkeiten zwischen den Vereinen auf der einen und dem Stadterweiterungsfonds auf der anderen Seite. Als sowohl der Wiener Eislauf-Verein als auch der Bicycle-Club aus dem Großprojekt ausgestiegen waren, wurde das Vorha-

Abb. 1.32: Ludwig Baumanns „Olympion“-Entwurf aus dem Jahr 1895, in: Neues Wiener Tagblatt, 3. Juni 1900.

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ben schlussendlich verworfen. Der WEV beschloss nun, alleine an den Standort zu siedeln und ließ das Areal erneut von Ludwig Baumann planen. Das neue, verkleinerte Projekt sah eine räumliche Trennung zwischen Verwaltungs- und Mitgliedergebäuden vor, separate Garderobenräume für Mitglieder und Tagesgäste, eine Orchester-Loge sowie ein Restaurant und ein Buffet.

Wien III., Johannesgasse 28 Im Jahr 1899 begann die von Ludwig Baumann geleitete Errichtung des Eislaufplatzes an der neuen Adresse am Heumarkt. Als erster Arbeitsschritt wurde der Niveauunterschied von 180 Zentimetern auf dem zu bebauenden Gelände mit über 14.000 Kubikmeter Erde ausgeglichen. Elektrisches Licht, Gas- und Wasserleitungen mussten neu geschaffen bzw. verlegt werden. In einem weiteren Schritt wurde das Wasserbassin in die Erde eingelassen. Bereits im Winter 1899 konnte ein provisorischer Eislaufbetrieb aufgenommen werden, während rings herum an den Vereinsgebäuden gearbeitet wurde. Vorübergehend

wurde ein Holzpavillon errichtet, in dem die Garderoben, das Vereinsbüro sowie das Restaurant untergebracht waren. Der Haupteingang des Eislaufplatzes befand sich in der Johannesgasse 28, gegenüber der neuen Stadtbahnstation „Stadtpark“. Zur gleichen Zeit begann im Gebiet um die neue Heimstätte des Eislauf-Vereins der Bau der Lothringerstraße zur Entlastung der Ringstraße vom Schwerverkehr, die im Jahr 1904 fertiggestellt wurde. In einer Rekordzeit von 18 Monaten wurde das im Jugendstil entworfene Vereinsgebäude fertiggestellt. Wie es für Baumanns Bauten dieser Zeit typisch war, bestand das Gebäude aus einzelnen Baukörpern, das erst durch die Symmetrie und das hierarchische Ordnungsprinzip als eine einheitlich wirkende Komposition erschien. Die Sicht auf den Kursalon auf der einen und die Karlskirche auf der anderen Seite blieb frei, was die einzigartige Lage des Platzes unterstrich. Knapp 60 Jahre lang, bis zum Baubeginn des Hotel InterContinental im Jahr 1963, blieb der Komplex nahezu unverändert bestehen: „Der Neubau, welcher, trotzdem er zumeist nur ein Geschoss besitzt, doch einen monumentalen Cha­ rakter hat, erhebt sich längs der gegen den Heumarkt gelegenen Seite des ehemaligen städtischen Reser­ vegartens und besitzt eine Frontlänge von 137,50 M. bei einer verbauten Fläche von circa 1650 Qua­ dratmeter, wovon circa 360 Quadratmeter unterkel­ lert sind. Die Parterrelocalitäten enthalten im Mit­ telbau gegen den Eisteich zu ein geräumiges Buffet mit Kaffeeküche, Hofgarderoben für die Mitglieder des kaiserlichen Hauses, das Comitézimmer, gegen des Heumarkt zu getrennte Toiletten für Herren und Damen, das Inspections- und Telephonzimmer, Kanzleien und Portierwohnung. Im ersten Stock­ werk befindet sich der Orchesterraum mit Wärme­ zimmern für die Besucher und Nebenräume. An den Mittelbau anschließend befinden sich beiderseits die geräumigen Mitgliedergarderoben, welche Raum für circa 2000 Garderobekästen bieten und selbst bei ei­ nem Massenandrang, wie er an Sonntagen einzutre­ ten pflegt, noch reichlich Bequemlichkeit gewähren.“

Die feierliche Eröffnung des neuen Eislaufplatzes erfolgte am 6. Jänner 1901 im Beisein zahlreicher Vertreter des öffentlichen Lebens. Wenige Wochen später wurde schließlich mit dem Wiener Stadterweiterungsfonds ein Pachtvertrag über 20 Jahre abgeschlossen und damit der Besitz des neuen Heims auch rechtlich festgeschrieben. Auch der Bau eines Veranstaltungshauses für Musik, der zuvor im Rahmen des „Olympion“-Projekts gescheitert war, wurde realisiert: Im südwestlichen Teil des Heumarkt-Areals wurde in den Jahren 1910 bis 1913 nach Entwürfen von Ludwig Baumann, Ferdinand Fellner und Hermann Gottlieb Helmer der aus Mitteln des Stadterweiterungsfonds finanzier-

Abb. 1.33: Die von Otto Wagner entworfene Stadtbahnstation „Stadtpark“ um 1898.

(Neue Freie Presse, 18. November 1900)

Abb. 1.34: Hofgarderobe für Damen, 1907.

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Abb. 1.35: Mitgliedergarderobe, 1907. Abb. 1.36: Buffet, 1907.

te Gebäudekomplex mit dem Wiener Konzerthaus, dem Akademietheater und der Universität für Musik und Darstellende Kunst errichtet. Am 19. Oktober 1913 eröffnete an der Lothringerstraße neben dem WEV das im modernisierten Empirestil errichtete Konzerthaus mit knapp 800 Räumen. Die Wiener und Wienerinnen zeigten sich begeistert vom neuen Eislaufplatz, und schon bald wurden in bewährter Tradition Bälle, Konzerte und KostümAbb. 1.37: Der WEV-Platz am Heumarkt kurz nach der Fertigstellung um 1905.

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feste veranstaltet. In der ersten vollen Saison am Heumarkt 1902/03 zählte der Verein bereits wieder rund 4000 Mitglieder, und der Eislaufplatz konnte an 62 Tagen geöffnet werden. Die Sommermonate zwischen den Saisonen wurden für den Ausbau der Anlage genutzt; 1904 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen. Die sportlichen Erfolge der Eisläufer und Eisläuferinnen des Wiener Eislauf-Vereins blieben trotz der Umzugsstrapazen konstant. Im Sinne einer part-

nerschaftlichen Zusammenarbeit zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit aller Wiener Eisportler und Eissportlerinnen stellte der Engelmann-Verein während der Umbauarbeiten seinen Platz in Hernals für das Training zur Verfügung. In den folgenden Jahrzehnten kam es immer wieder, trotz des großen Konkurrenzkampfes um Tagesgäste und Medaillen, zu engen Kooperationen der beiden Wiener Großvereine. Der Geist der Moderne erfasste auch den einen oder anderen Eisläufer: Der dreifache Weltmeister Gustav Hügel kreierte mit der „tiefen Pirouette“ nicht nur ein Grundelement des Eiskunstlaufs, er konzipierte und betrieb auch eine zu dieser Zeit außergewöhnliche Sportanlage in Hietzing (13. Bezirk). Der sogenannte Pôle Nord bestand aus einem Innen- und einem Außenbereich, in denen eine Radfahrschule, ein Billardzimmer, 14 Tennisplätze sowie ein Pavillon für das „Zimmerspiel“ – wie der zeitgenössische Begriff für Tischtennis lautete – untergebracht waren. Im Winter wurde die Freiluftanlage zu einem Eislaufplatz umfunktioniert und diente dem Hietzinger Eisclub als Heimstätte. Als „Sport-Etablissement“ in den Zeitungen beworben, wurden verschiedene Sportkurse für Personen aller Altersgruppen angeboten und international besetzte Tennisturniere und Eislaufkonkurrenzen veranstaltet.

40 Jahre WEV 1907 wurde dem Wiener Eislauf-Verein anlässlich seines 40-jährigen Bestehens erstmals die Durchführung der Weltmeisterschaften im Kunstlaufen für Damen und Herren von der Internationalen Eislauf-Vereinigung übertragen. Beinahe wäre die Veranstaltung sprichwörtlich ins Wasser gefallen, denn aufgrund des frühlingshaften Tauwetters gab es wenige Tage vor den Titelkämpfen kein Eis. Zum Glück aller angereisten Athleten und Athletinnen und des Organisationskomitees des WEV fiel die Temperatur plötzlich auf minus 18 Grad und das Wasserbassin gefror. Kein Geringerer als der Schwede U ­ lrich Salchow, der erfolgreichste Eiskunstläufer aller Zeiten, krönte sich bei der Premiere am Heumarkt zum Weltmeister. Hinter ihm platzierte sich der

Abb. 1.38: Weltmeister, Europameister und umtriebiger Geschäftsmann Gustav Hügel um 1900.

WEV-Läufer Max Bohatsch. Bei den Damen gewann die Britin Madge Syers vor der Wienerin Jenny Herz vom Cottage Eislauf-Verein (CEV). Die gut besuchten Wettkämpfe wurden im Rahmen eines mehrtägigen Jubiläumsfests durchgeführt, dessen Abschluss ein großes Kostümfest unter dem Motto „Ein Winternachtstraum“ bildete. Spätestens jetzt wurden die Rufe nach einer Kunst­eisbahn unüberhörbar laut. Der Betrieb einer solchen sollte die Öffnungszeiten des hoch frequentierten Eislaufplatzes planbarer machen und die Abhaltung von Sportveranstaltungen bei etwaigen Wetterkapriolen gewährleisten. Im Jahr 1911 verstarb der Mitbegründer und am längsten dienende Präsident in der Geschichte des Wiener Eislauf-Vereins, Karl Korper von Marienwerth. Er galt als unermüdlicher Kämpfer für den neuen Vereinsplatz am Heumarkt sowie die Errichtung einer Kunsteisbahn, deren Eröffnung er nicht mehr miterlebte. Sein bedeutendstes Vermächtnis ist das mit Demeter Diamantidi und Max Wirth gemeinsam verfasste Lehrbuch „Spuren auf dem Eise“, das die „Wiener Kunstlaufschule“ begründete.

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Der ‚Sportsman‘ Demeter Diamantidi Der Mitbegründer des Wiener Eislauf-Vereins mit griechischen Wurzeln wurde 1839 in Wien geboren und leistete als Mitglied des Verwaltungsausschusses (1857–1869 und 1873–1875) grundlegende Aufbauarbeit für den Verein. Der Realitätenbesitzer, der selbst zu den besten Eisläufern seiner Zeit zählte, errichtete das erste Garderobenhäuschen und war als „Eisreferent“ über viele Jahre für die Qualität des Eises auf dem Platz zuständig.

Abb. 1.39: Eisreferent Diamantidi sorgt am 24. Dezember 1874 für eine spiegelglatte Fläche.

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Besondere Bekanntheit erlangte Demeter Diamantidi durch seine theoretische Beschäftigung mit dem Eiskunstlaufen. Zusammen mit Karl Korper und Max Wirth verfasste er mit dem Lehrbuch „Spuren auf dem Eise“ das Basiswerk der „Wiener Kunstlaufschule“. Für die erste Auflage (1881) fertigte Diamantidi, der für einige Zeit an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert hatte, 269 Spurenbilder von Schritten und Figuren an;

die zweite Auflage der Kunstlauffibel (1892) beinhaltete sogar 413 Illustrationen aus seiner Feder. Neben dem Eislaufen zählte das Skifahren zu Diamantidis großen Leidenschaften. Nachdem Norwegen bei der Weltausstellung in der Wiener Krieau 1873 die Ski als neuartiges Fortbewegungsmittel präsentiert hatte, ließ der vielseitige Sportler ein Paar der langen Latten importieren und veranstaltete – allerdings mit nur mäßigem Erfolg – erste Skilauf-Vorführungen auf der Eisfläche im Wiener Eislauf-Verein. Er schien damit der Zeit etwas voraus zu sein, denn erst in den 1890er-Jahren gelangte das Skifahren in Wien zum Durchbruch. Demeter Diamantidi, der dem Österreichischen Alpenklub angehörte, machte sich auch einen Namen als Bergsteiger. Ihm gelangen zahlreiche Erstbesteigungen, etwa jene des Sasso di Mur in den Dolomiten 1881 und der Agglsspitze in den Stubaier Alpen 1887. Im Jahr 1892 stellte er mit der Besteigung des Schneebergs, der Rax, der Schneealpe und der Veitsch innerhalb von 24 Stunden einen Rekord auf. Im selben Jahr gelang ihm die Erstbegehung der Nordwand des 2842  Meter hohen Hauptgipfels des Latemarstocks in den Dolomiten, der später ihm zu Ehren „Diamantiditurm“ (ital. Torre Diamantidi) benannt wurde. Neben sportlicher und malerischer Betätigung war „Der Grieche“, wie ihn seine Freunde nannten, auch politisch aktiv: Als Abgeordneter der Liberalen Partei im Wiener Gemeinderat zwischen 1884 und 1889 hatte eine heftige Auseinandersetzung mit dem damaligen Wiener Vizebürgermeister Johann Nepomuk Prix ein Verfahren wegen Ehrenbeleidigung und eine Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 österreichischen Gulden zur Folge. In seiner Malerei spezialisierte sich Demeter Diamantidi insbesondere auf Motive aus dem Sportbereich und der Natur. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt das Ölgemälde des alten Platzes des Wiener Eislauf-Vereins beim Hauptzollamt aus dem Jahr 1883, das – auf Grundlage von Bildern des Hobbyfotografen Albert Freiherr von Rothschild – eine Gruppe prominenter Mitglieder des Vereins zeigt. So soll Diamantidi u. a. Baron Rothschild selbst und den Gewinner des ersten internationalen Kunstlaufwettbewerbs auf dem WEV-Platz, Leopold Frey, darin verewigt haben. In der Mitte des Gemäldes sind die beiden im Jahr 1876 installierten Beleuchtungstürme zu sehen, die dem Areal in den Abendstunden die

Abb. 1.40: Gräfin Viktoria von Mensdorff-Pouilly und Demeter Diamantidi um 1880.

Atmosphäre eines hell erleuchteten Ballsaals verliehen. Das Original mit den Maßen 122 x 200 cm wurde vom WEV im Jahr 1928 aus dem Nachlass des Künstlers ersteigert und schmückt heute noch das Sitzungszimmer am Heumarkt. Eine kleinere Kopie wurde einst dem Eissport-Klub Engelmann als Geschenk überreicht. ‚Sportsman‘ Diamantidi verstarb 1893, kurz nach der Hochzeit mit seiner zweiten Ehefrau, überraschend infolge eines „Blutsturzes“ und wurde am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Sein Sohn Alexander, Großindustrieller im Eisen- und Holzgewerbe und ebenfalls ein hervorragender Eisläufer, engagierte sich weiter im Verein und fungierte unter anderem als Preisrichter bei Eiskunstlauf-Wettbewerben.

Abb. 1.41 (Folgeseite): Demeter Diamantidis Gemälde des ersten Eislaufplatzes des Wiener Eislauf-Vereins, 1883.

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1900–1938 Ein rasanter Aufstieg und ein tiefer Fall

„Ich bin in meinem Stolz auf diesen uns so lieb gewordenen Verein sicher nicht zu weit gegangen, stolz insbesondere deshalb, weil hunderte und tausende Mitglieder des Wiener Eislauf-Vereines, ganz aus eigener Kraft und ohne materielle Hilfe der verschiedenen Behörden und Ämter, an dem Aufbau dieses Werkes mitgeholfen und dieses einzige großstädtische Unternehmen Wiens zur heutigen Blüte gebracht haben.“ (WEV-Präsident Walter Müller, in: WEV-Almanach 1929/30)

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in in sportlicher und gesellschaftlicher Hinsicht erfolgreiches Jahrzehnt war auf dem neuen Platz des Wiener Eislauf-Vereins am Heumarkt vergangen, als der Verein mit der Inbetriebnahme einer Freiluftkunsteisbahn im Jahr 1912 endgültig zu einem der bedeutendsten Eissportvereine der Welt aufstieg. Um zu erklären, wie es dazu gekommen ist, muss im Folgenden etwas ausgeholt werden. Aufgrund der milden Winter um die Jahrhundertwende herum war auf den Natureisplätzen Mitteleuropas die Zahl der jährlichen Schleiftage zurückgegangen. Künstlich hergestelltes Eis sollte hier Abhilfe schaffen und Eislaufen zu jeder Jahreszeit unabhängig von den Witterungsbedingungen ermöglichen. Den ersten Versuch, eine kommerzielle Kunsteisbahn zu betreiben, hatte man bereits im Jahr 1842 in Großbritannien unternommen. In einer Londoner Eishalle mit dem Namen Glaciarium wurde aus einem Gemisch aus Schweineschmalz und verschiede-

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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Abb. 2.1: Eduard Engelmann jun. nach dem Gewinn der Europameisterschaft 1894 in Wien. Abb. 2.2: Die erste Freiluftkunsteisbahn der Welt eröffnete 1909 in Wien-Hernals. Der Name Karl Schäfer (hier um 1930) ist untrennbar mit dem Engelmann-Platz verbunden.

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nen Salzen eine eisartige Gleitfläche hergestellt, die allerdings einen derart unangenehmen Geruch entwickelte, dass die Besucher und Besucherinnen bald ausblieben. Die Halle musste wieder zusperren und der Versuch, Kunsteis herzustellen, war zunächst einmal gescheitert. John Gamgee, ein britischer Professor für Vete­ ri­ närmedizin und Chirurgie, konstruierte 1870 in einem leerstehenden Kühlhaus im Londoner Stadt­teil Chelsea die erste längerfristig beständige Kunst­eisfläche. Dazu verlegte er in einem mit Wasser gefüllten Becken ein Rohrsystem, durch das ein mit Ammoniak gekühltes Gycerin-Sole-Gemisch gepumpt wurde, wodurch das Wasser gefror. Rings um den Eislaufplatz herum ließ er eine Galerie für Zuschauer errichten und die Wände mit Bildern der Schweizer Alpen verzieren, um ein winterliches Flair zu erzeugen. Das nach ihm benannte John Gamgee Glacerium wurde allerdings als privater Eislaufclub betrieben und war somit nicht für die Allgemeinheit zugänglich. Mit dem Rusholm Ice Rink eröffnete 1876 in Manchester die weltweit erste öffentliche Halle mit einer Kunsteisfläche. Rasch wurde der Eislaufplatz inmitten der Industriestadt so populär, dass in zahlrei-

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chen großen Städten Europas – Paris (1892), Brüssel (1896), Lyon (1900), Berlin (1908), Warschau (1912) oder Antwerpen (1913) – sogenannte Eispaläste ­errichtet wurden. In den Vereinigten Staaten eröffnete die erste Eishalle 1894 in San Francisco, ab 1904 wurde auch in Adelaide/Australien indoor eisge­ laufen. Die Eispaläste dienten nicht nur der Unterhaltung, sie ermöglichten auch einen wetterunabhängigen, kontinuierlichen Wettkampf- und Trainings­betrieb für die Athleten und Athletinnen. Angesichts der hohen Miet- und Betriebskosten waren die Hallen in vielen Fällen jedoch nur von kurzer Lebensdauer. In Wien-Hernals ging zu dieser Zeit ein Generationenwechsel vor sich: Der zweifache Eiskunstlauf-Europameister Eduard Engelmann jun. übernahm im Jahr 1894 die Leitung des Platzes von seinem Vater und setzte sich zum Ziel, die Hausgarten-Eisbahn in eine moderne Eissportarena zu transformieren. Mehr als ein Jahrzehnt lang tüftelte der Ingenieur an den Plänen zur Errichtung einer Freiluftkunsteisbahn. Im Zuge der Vorarbeiten erfolgte in der Saison 1906/07 die Gründung des Vereins Kunsteisbahn Engelmann (VKE), der jahrzehntelang die sportliche und gesellschaftliche Leitung

der Sportanlage von Familie Engelmann innehatte. Im Sommer 1909 wurde schließlich der Umbau des größten der drei Eislaufplätze in Angriff genommen. Nach monatelangen Bauarbeiten konnte am 10. November 1909 in der Syringgasse die weltweit erste Freiluftkunsteisbahn in Betrieb genommen werden. Der Engelmann-Chronist schrieb über dieses Ereignis: „Das Ende der Natureis-Ära war eingetreten; die Maschine der Kunsteisbahn sollte an die Stelle der launischen Wettergötter treten, die trotz aufop­ ferndster Arbeit so manches schöne Fest vereitelt hatten. Der menschliche Geist hatte die Natur be­ siegt und sie gezwungen, ihm zu dienen, bezwun­ gen in dem launischsten und unberechenbarsten ih­ rer Kinder, der Witterung. Denn, was bis zu diesem Tage Tauwettertemperatur gewesen war, das sollte in Hinkunft dem Stahlschuh kein Hindernis mehr bieten, seine freudespendende, die Lebenslust beflü­ gelnde Wirkung zu üben.“ (Meisel, 60 Jahre Sportplatz Engelmann, 1932)

In den darauffolgenden Jahren bereiste Oberbaurat Engelmann auf Einladung ausländischer Eislauf­ vereine und Industriebetriebe zahlreiche Länder, um seine Expertise auf dem Gebiet der Kältetechnik vorzustellen. In den Vereinigten Staaten hielt er u. a. in Chicago, New York und Washington D.C. Vorträge, in Deutschland interessierte sich der renommierte Hamburger Schlittschuh-Club für das System seiner Freiluftkunsteisbahn.

Der Wiener Eislauf-Verein erhält eine Freiluftkunsteisbahn Schon seit den frühen 1890er-Jahren diskutierten die Funktionäre des WEV die Errichtung eines ­Eisaufplatzes auf Basis künstlich erzeugten Eises. Es war ­allerdings nicht das fehlende Know-how, sondern der langwierige und teure Umzug vom Hauptzollamt auf den neuen Standort Heumarkt, der den Entschluss zum Bau einer Freiluftkunsteisbahn verzögerte. Noch bevor der WEV im Besitz einer eigenen Kunsteisbahn war, hatte sogar in Johannesburg/

Südafrika, fernab jeglicher Wintersporttradition, 1911 ein Eispalast eröffnet. Erst im Jahr 1907, als sich der Betrieb auf dem neuen Platz eingespielt hatte, lag der erste Entwurf vor. Projektleiter Ingenieur Hermann Setz, ein langjähriges Mitglied des Vereins und später dessen Präsident, sah in diesem eine Überdachung des Areals zum Schutz der Kunsteisbahn vor – ein Vorschlag, den die Generalversammlung jedoch mit dem Argument ablehnte, dass Eislaufen nur unter freiem Himmel seine gesundheitsfördernde Wirkung entfalten könne. Setz wurde daraufhin beauftragt, alternative Vorschläge auszuarbeiten. Beeindruckt von dem Besucherandrang auf der Freiluftkunsteisbahn in Hernals, einigte man sich schließlich in der Generalversammlung von 1911 darauf, einen Eislaufplatz nach dem Vorbild des Engelmann-Vereins zu errichten. Der WEV investierte nahezu sein gesamtes Vermögen, um die neuesten Errungenschaften im Bereich des Maschinenbaus und der Kältetechnik zu erwerben. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 300.000 Kronen, die zum größten Teil über die Ausgabe von Anteilsscheinen (200.000 Kronen) lukriert worden waren. Die Eiserzeugung funktionierte damals ähnlich wie heute: Die Grundlage für eine Kunsteisbahn bildet, einer Fußbodenheizung vergleichbar, ein Netz aus Rohren. Durch die Rohre, die in einer Betonplatte eingebettet sind, zirkuliert in einem ­geschlossenen Kreislauf das Kältemittel. Mithilfe von Kompressoren wird – wie in jedem Kühlkreislauf und wie bei jedem gewöhnlichen Kühlschrank – das Kältemittel heruntergekühlt, wodurch in der Folge auch die Betonplatte kalt wird und das zu Beginn der Saison in dünnen Schichten aufgetragene Wasser binnen kürzester Zeit gefriert. Durch diese Methode gelang es also bereits vor einhundert Jahren bei Außentemperaturen von 10 bis 15 Grad über Null Kunsteis herzustellen. Am 23. Dezember 1912 fand im Beisein zahlreicher prominenter Vertreter der Stadt Wien die feier­liche Eröffnung der Freiluftkunsteisbahn am Heu­markt statt. Der Eislaufplatz mit seinen rund 4000 Quadratmetern stellte den weltweit größten seiner Zeit dar – heute, im Jahr 2017, schlängelt sich unter dem 6000 Quadratmeter großen Eis­laufplatz ein 60 Kilometer langes

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Abb. 2.3: Maschinenraum damals, 1912 …

Abb. 2.5: Auch unter dem Eislaufplatz macht sich das Eis breit, 2017.

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Abb. 2.4: … und heute, 2017.

Rohrsystem. Ein Jahr nach der Eröffnung im 3. Bezirk nahm der C ­ ottage Eislauf-Verein in Döbling ebenfalls einen Kunsteisplatz in Betrieb, womit ab 1913 den drei Wiener ­Traditionsvereinen nahezu unbegrenzte Eislaufmöglichkeiten zur Verfügung standen. Die Existenz der Kunsteisbahn wirkte sich auf die Auslastung – und in weiterer Folge auf die gesamte Entwicklung des Vereins – aus: War in der letzten Natureissaison 1911/12 das Eislaufen aufgrund der milden Wintertage an lediglich 33 Tagen möglich gewesen, so hatte der WEV in der ersten Kunsteissaison den Platz an 90 Tagen geöffnet, was zu einem rapiden Anwachsen der Mitgliederzahl und der Tagesgäste führte. In den nachfolgenden Jahren wurde die Eisfläche proportional zum Mitgliederzuwachs vergrößert, bis sie in der Saison 1927/28 mit 10.000 Quadratmetern die größtmögliche Ausdehnung erreicht hatte. Eine Reihe von Eislaufvereinen in aller Welt nahm sich später die Kunsteisbahn am Heumarkt zum Vorbild. Von der Schaffung der Freiluftkunsteisbahn profitierten insbesondere die Sportler und Sportlerinnen des Wiener Eislauf-Vereins, die nun unabhängig von den Witterungsbedingungen den ganzen Winter hindurch trainieren konnten. Die daraus resultierende Leistungsexplosion der Kunst- und Schnellläufer wurde in den 1920er-Jahren augenscheinlich. Mit der Gründung einer Eishockeysektion im Jahr 1914 war der Verein nun in allen Eissportdisziplinen vertreten.

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Der große Eislaufplatz im Herzen Wiens wurde nun auch zu einem beliebten Veranstaltungsort für Eissport-Meetings. In der Saison 1913/1914 richtete der WEV insgesamt fünf Wettbewerbe der Internationalen Eislauf-Vereinigung aus, darunter im Februar 1914 die Europameisterschaft im Eiskunstlaufen der Herren, welche die gesamte internationale Eissportelite in Wien versammelte. Mit 5957 eingeschriebenen Personen verzeichnete der Verein in diesem Winter einen vorläufigen Höchststand an Mitgliedern. In Kooperation mit dem Wiener Konzerthaus eröffnete der WEV für seine Gäste am 1. Juni 1914, am Vorabend des Ersten Weltkrieges, ein gemeinsam konzipiertes und finanziertes Gartenrestaurant, das 2000 Menschen Platz bot. Zu den Stammkunden der noblen Gaststätte, in der vornehmlich die Granden des Militärs und des Kaiserhauses sowie Personen des gehobenen Bürgertums verkehrten, zählten etwa Generalstabchef Franz Conrad von Hötzendorf und Erzherzog Friedrich von Österreich.

Der Erste Weltkrieg und die Folgen Als Reichshaupt- und Residenzstadt der Monarchie war Wien über die gesamte Kriegsdauer hinweg das Logistik- und Verwaltungszentrum aller Kriegsaktivitäten, was massive Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung der Stadt zur Folge hatte. Der industrielle Fortschritt sowie die Urbanisierung, durch die Wien

Abb. 2.6: Das letzte große Faschingsfest für mehrere Jahre, 1914.

seit der Jahrhundertwende geprägt worden war, erfuhren ein jähes Ende. Auch für den WEV bedeutete der Kriegsausbruch eine Zäsur in der bis dahin sportlich und wirtschaftlich erfolgreichen Vereins­entwicklung. Unmittelbar nach Kriegsbeginn wurden in Wien alle Sportveranstaltungen für mehrere Wochen abgesagt. Schätzungsweise 60 bis 80 Prozent der aktiven Sportler wurden im Verlauf des Krieges zum Militärdienst verpflichtet, unter ihnen zahlreiche Angehörige des Eislauf-Vereins. Insgesamt hatte Österreich-Ungarn etwa 8,5 Millionen Männer für den Kriegsdienst mobilisiert. 1,6 Millionen von ihnen kamen in den brutalen Schlachten um, 3,9 Millionen wurden verwundet, gefangen genommen oder galten als vermisst. Der kommerzielle Betrieb der Kunsteisbahn blieb vorerst von den politischen Ereignissen unberührt, wie ein Stimmungsbild aus dem Dezember 1914 verdeutlicht:

Wind hinaus auf die spiegelnde Fläche. Mädel und Buben finden sich zusammen, schüchtern regen sich die ersten Jugendfreundschaften; der Gymna­ siast aus den unteren Klassen beginnt seine ersten Flirtversuche. Ist nicht Amor überhaupt der Regent dieses Platzes? Gewiß für das junge Volk, das vor­ mittags zwischen 12 und 1 Uhr und abends nach sechs Sport und Flirt so angenehm verbindet. Der Eisplatz vermittelt die besten Rendezvous und die harmlosesten dazu – und wo ist man so ungestört, vor aller Augen doch ganz allein? Mögen die Mütter und Gouvernanten immerhin sich am Ufer blaue Nasen holen oder angestrengt durch die angelaufe­ nen Scheiben des warmen Wartezimmers spähen – der Eisflirt ist eine geheiligte Einrichtung. Freund­ schaften werden hier geschlossen, die oft nicht nur für eine Eissaison vorhalten; und nicht wenige gibt es, die den Eislaufplatz jedem Tanzsaal vorziehen.“ (Sport & Salon. Illustrierte Zeitschrift für die vornehme Welt, 26.

„Den Eislaufverein kennt jeder Wiener – und wenn er ein junger Wiener ist, liebt er ihn auch. Denn der junge Wiener verbringt den größten Teil seiner freien Zeit auf dem weiten Platz hinter dem Stadt­ park. Das Kind moderner, vernünftiger Eltern be­ ginnt seine Tätigkeit am Eislaufplatz als sogenann­ ter ‚Eisfloh’. [...] Lärmend zieht nach Schulschluß mittags eine fröhliche Schar auf dem Eislaufplatz ein; Schulränzel und Reißbrett fliegen in die Ecke, der Kastelmann kann gar nicht schnell genug die Schlittschuhe bereitstellen und schon geht es wie der

Dezember 1914)

Dem Sport generell und insbesondere den Sportveranstaltungen des Wiener Eislauf-Vereins kam während der Kriegsjahre eine gesellschaftsrelevante Rolle zu, denn der Besuch derartiger Events diente der Bevölkerung als Ablenkung vom Kriegsalltag. Aufgrund der hohen Zahl der zum Kriegsdienst verpflichteten Männer konnten jedoch fast ausschließlich Eissportbewerbe der Frauen durchgeführt ­werden. Trotz der erschwerten Bedingungen, die der

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Verein zwischenzeitlich nieder. Die innenpolitische Lage in der sich in Auflösung befindenden Doppelmonarchie verschärfte sich nach der Ermordung Stürgkhs durch den Sozialisten Friedrich Adler (21. Oktober 1916) sowie den Tod Kaiser Franz J­ osephs I. (21. November 1916) zunehmend. In Wien fehlte es an allen lebensnotwendigen R ­ essourcen; insbesondere die Nahrungsmittelknappheit machte der Bevölkerung zu schaffen. Der vorherrschende Kohlenmangel wirkte sich bald auch auf den WEV aus, weil damit die damals verwendete Grundlage für die Stromerzeugung fehlte. Als daher die Kühlanlage der Kunsteisbahn ausfiel, musste der Betrieb vorerst eingeschränkt und ab 1917 schließlich eingestellt werden. Ein behörd­ liches Verbot untersagte auch die Beheizung der Vereinsräumlichkeiten sowie die Beleuchtung des Platzes in den Abendstunden. In der Folge wurden alle gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen gänzlich ausgesetzt, auch das 50-jährige Vereinsjubiläum konnte nicht begangen werden.

Abb. 2.7: Informationsschreiben an die Mitglieder des Vereins, 1917.

Krieg mit sich brachte, versuchte der WEV, seinen Mitgliedern und Gästen auch ein regelmäßiges Gesellschafts- und Kulturprogramm anzubieten und sich karitativ zu betätigen, etwa im Rahmen selbst organisierter Wohltätigkeitsveranstaltungen und Sammelaktionen für Kriegsopfer. Als im Jahr 1916 der Krieg bereits ein ungeahntes Ausmaß an Brutalität erreicht hatte, wurde WEV-Vizepräsident Karl Ritter von Leth zum Finanzminister im Kabinett des österreichischen Ministerpräsidenten Karl Graf Stürgkh ernannt und legte sein Amt im Abb. 2.8: Ernst Oppacher bei den Wiener Meisterschaften 1919.

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Am 3. November 1918 endete für Österreich-Ungarn der Erste Weltkrieg mit dem Waffenstillstand von Villa Giusti bei Padua. Einige Tage später, am 12. November, erfolgte nach dem Verzicht von K ­ aiser Karl I. auf die Regierungsgeschäfte die Ausrufung der demokratischen Republik Deutsch-Österreich unter Staatskanzler Karl Renner (Erste Republik). Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits nationale Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie gebildet, deren weitere Zugehörigkeit von der neuen Regierung erfolglos beansprucht wurde. Mit der Unterzeichnung des Friedenver­trages von St. Germain am 10. September 1919 ging die Umbenennung des „Rumpfstaates“ in Republik Österreich einher. Der Krieg, dem insgesamt etwa 17 Millionen Menschen zum Opfer gefallen waren, hinterließ eine traumatisierte Gesellschaft, die vieler Illusionen beraubt war. Die unmittelbare Nachkriegszeit war von schweren Hungersnöten, hoher Arbeitslosigkeit, galoppierender Inflation sowie innenpolitischen ­ und sozialen Spannungen geprägt. Die Niederlage im Ersten Weltkrieg hatte nicht nur tiefgreifende Veränderungen des politischen Systems, sondern auch des Gesellschafts-, Kultur- und Sportlebens zur Folge. Das vorherrschende Chaos in Wien sowie der Ausschluss österreichischer Sportverbände aus dem internationalen Sportbetrieb in den Jahren nach dem Krieg erschwerten dem Eislauf-Verein die Rückkehr zur „Normalität“. Dringend notwendig gewordene Reparaturarbeiten an der Gefrierplatte und dem Vereinsgebäude mussten aufgrund des Ressourcenmangels aufgeschoben werden. Die Beleuchtung des Platzes mit elektrischem Licht blieb in den ersten Nachkriegsjahren weiterhin verboten, lediglich die Verwendung von Sturmfackeln in den Abendstunden wurde behördlich genehmigt. Einen Tiefpunkt in jeder Hinsicht erlebte der WEV in der Saison 1919/20: Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte konnte keine einzige Sportveranstaltung durchgeführt werden und die Mitgliederzahl sank aufgrund der Inflation, die massive Teuerungen in allen Lebensbereichen mit sich zog, auf ein Rekordtief ab.

„Die Goldenen Zwanzigerjahre“ Unter dem Begriff „Goldene Zwanzigerjahre“ versteht man die Phase des wirtschaftlichen und ­kulturellen Aufschwungs in Österreich im Jahrzehnt nach dem Ersten Weltkrieg. Das Gefühl, die Not und die Entbehrungen überstanden zu haben, weckte in einer ganzen Generation eine neue Lebenslust, die sich in der Suche nach Zerstreuungs- und Freizeitmöglichkeiten manifestierte. Massenkultu­ relle Phänomene prägten zunehmend das Verhalten der Menschen, Film und Radio etwa wurden

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Abb. 2.9: Ankündigung des „Grossen Costümfests“ von 1880.

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Abb. 2.11: Zwei Künstler unter sich: Hedwig Langer-Hansel und Otto Schenk, 2007.

Abb. 2.10: Eine Gruppe WEV-Mitglieder beim Kostümfest am 25. Februar 1926, v. l. n. r.: Gustav Schneider, Hedwig Just, unbek., unbek., Erwin Just.

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zu neuen Quellen von Unterhaltung und Information. Als in den 1920er-Jahren in kürzester Zeit eine Vielzahl an Revuepalästen, Varietés, Tanzlokalen und Lichtspielhäusern in den großen europäischen Metropolen entstanden, erkannte auch der Wiener Eislauf-Verein das Potenzial gesellschaftlicher Veranstaltungen als Einnahmequelle und versuchte, dahingehend neue Impulse zu setzen. Der WEV entwickelte ein breites Unterhaltungsangebot für Erwachsene und Kinder, das eine Reihe von Eisfesten, Konzerten und Tanzabenden umfasste. Neu waren die professionell gestalteten Schaulaufvorführungen mit den besten Eisläufern und Eisläuferinnen des Vereins, die Abend für Abend Tausende Menschen auf den Eislaufplatz zogen. Den gesellschaftlichen Höhepunkt jeder Wintersaison stellte das Kostümfest dar, dessen Tradition bis in das Jahr 1869 zurückreicht. Nicht selten verlagerte sich das Geschehen nach der Sperrstunde vom Eislaufplatz in das vereinseigene Restaurant, wo die Gäste, die die Vielfalt der Wiener Gesellschaft abbildeten, bis in die frühen Morgenstunden feierten und tanzten. Ein Foto vom Kostümfest des Jahres 1926 zeigt Hedwig Just (verh. Schneider, später LangerHansel), die im Rahmen der Prämierung der besten Kostüme für ihr „reizendes Dirndl“ ausgezeichnet

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Abb. 2.12: Kinderfaschingsfest, 1927.

wurde. Bekanntheit erlangte sie weniger aufgrund ihrer Kreativität beim Verkleiden als durch ihre Eistanzkünste. Mit ihrem Partner Eugen Richter gilt sie als Wegbereiterin der Anerkennung des Eistanzens als vollwertiger Leistungssport.

Abb. 2.13: 6000 Quadratmeter Qualitätseis, 1926.

Im Jahr 2007 feierte der WEV die 100-jährige Mitgliedschaft von Hedwig Langer-Han­sel. Ehrenpräsident Otto Schenk hielt die ­Laudatio auf die 105-jährige Eistanz-Koryphäe und überreichte ihr den Ehrenring des Wiener Eislauf-Vereins. In den „Goldenen Zwanzigern“ entwickelte sich auch der Sport zu einem selbstständigen gesellschaftlichen und kulturellen Faktor des Alltagslebens. Vor allem publikumswirksame Sportarten wie Fußball, Leichtathletik, Radfahren oder Schwimmen vermochten breite Bevölkerungskreise zu mobilisieren. Die sozialdemokratische Wiener Stadtverwaltung leistete mit der Errichtung zahlreicher Sportplätze und Stadien einen erheblichen Beitrag zur Expansion und Professionalisierung des Sports in jener Zeit. Zum Paradebeispiel des urbanen Massensports avancierte in der Ersten Republik der Fußball. Mit dem 1921 eröffneten Hohe-Warte-Stadion verfügte Wien damals über das größte und modernste Fußballstadion Kontinentaleuropas. Auch der Eissport erfuhr einen enormen Popularitätsschub, der sich in einer rasant wachsenden Zahl an Sporttreibenden und der Etablierung einer eigenen Fankultur niederschlug.

Der Wiener Eislauf-Verein verzeichnete ab der Saison 1924/25 einen sprunghaften Anstieg an Mitgliedern und Tagesgästen. Um den großen Andrang zu bewältigen, wurde die Kunsteisfläche von 4400 auf 6000 Quadratmeter, dem gegenwärtigen Ausmaß des Eislaufplatzes, erweitert. Die Aufhebung des internationalen Sportbanns über österreichische Verbände im Jahr 1922 läutete die in sportlicher Hinsicht erfolgreichste Ära in der Geschichte des Wiener Eislauf-Vereins ein. Allen voran Willy Boeckl und Herma Szabó sorgten in den Zwanzigerjahren für zahlreiche Titel, und auch die Eisschnellläufer des WEV fanden Anschluss an die skandinavische Konkurrenz und stellten mit Otto Polacsek 1928 erstmals nach über 30 Jahren einen Eisschnelllauf-Europameister. Die Erfolge führten zu einem gesteigerten öffentlichen Interesse am Sport und trugen gleichzeitig zur Entwicklung eines nationalen Bewusstseins der noch jungen Ersten Republik bei. Im Jahr 1923 beauftragte die Internationale Eis­­lauf-Vereinigung den WEV, der sich bereits vor dem Krieg als Veranstalter von Großevents profiliert ­hatte, mit der Ausrichtung der Weltmeister-

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Abb. 2.14: Einladung zum Festempfang der Weltmeisterschaften 1923.

Abb. 2.16: Eintrittspreise zur Weltmeisterschaft 1925.

Abb. 2.15: Speisekarte des Festempfangs der Weltmeisterschaften 1923.

schaften im Eiskunstlaufen der Damen und Herren. Herma ­Szabó verteidigte ihren Titel aus dem Vorjahr, bei den Herren gewann Fritz Kachler vom

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Cottage Eislauf-­Verein vor dem fünf Jahre jüngeren WEV-Läufer Willy Boeckl. Die anschließende Ehrung der Gewinner und Gewinnerinnen fand im le-

Abb. 2.17: Die Teilnehmer von 1925, v. l. n. r.: Otto Preißecker (WEV), Ludwig Wrede (WEV), Fritz Kachler (CEV), Georges Gautschi (Schweiz), Josef Sílva (Tschechoslowakei), Willy Boeckl (WEV), Ernst Oppacher (WEV).

gendären Hotel Meißl & Schadn am Neuen Markt in der Wiener I­nnen­stadt statt – genau in jenem Speisesaal, in dem wenige Jahre zuvor Friedrich Adler den politisch motivierten Anschlag auf k. k. Ministerpräsidenten Karl Graf Stürgkh verübt hatte. Eine außergewöhnliche Weltmeisterschaft der Herren und Paare erlebten die Wiener Kunstlauffans nur zwei Jahre später am Heumarkt: Mit den Siegen von Willy Boeckl und des Duos Herma Szabó/Ludwig Wrede eroberten die Vertreter des Wiener Eislauf-Vereins beide Titel. Da Szabó eine Woche zuvor in Davos/Schweiz zum vierten Mal en suite Weltmeisterin im Einzellauf geworden war, gingen erstmals in der Geschichte internationaler Titelkämpfe im Eiskunstlaufen alle drei Weltmeistertitel eines Jahres an Sportler und Sportlerinnen eines Landes, ja sogar eines Vereins. Außergewöhnlich war auch das Wetter: Bei Sonnenschein und Temperaturen um zwölf Grad plus

konnte nur ein kleiner Teil der Eisfläche im Schatten des Konzerthauses befahren werden. Tausende Menschen drängten sich auf der Tribüne eng aneinander, um den Wettkämpfen folgen zu können. Die prominenten Gäste, unter ihnen Bundespräsident Michael Hainisch und Bürgermeister Karl Seitz, genossen in der Ehrenloge freien Blick auf das Eis.

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Herma Szabó – Österreichs erfolgreichste Eiskunst­ läuferin aller Zeiten

„Als ich als kleines Kind mit eingebogenen Knien mit einem alles eher denn gescheiten Gesicht, zum ersten Mal die Schlittschuhe an den Schuhen das Eis betrat, dachte ich auch im Entferntesten nicht daran, einmal Kunst­läuferin oder gar Weltmeisterin im Kunstlaufen zu werden. Ich raufte gerne mit den Buben [...]. Nur Eislaufen wollte ich nicht.“ (Herma Szabó, in: Die Bühne, 7. Jänner 1926)

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Als Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin zählt Herma Szabó zu den erfolgreichsten Eiskunstläuferinnen aller Zeiten. Herma Szabó wurde am 22. Februar 1902 in Wien in die Eiskunstlaufdynastie Engelmann geboren. Als Nichte von Eduard Engelmann jun., der im Jahr 1909 die erste Freiluftkunsteisbahn der Welt in Hernals erbaut hatte, war Szabó „erblich vorbelastet“. Die Eissportpioniere aus Hernals begründeten mit dem bis heute bestehenden Eissport-Klub Engelmann im Jahr 1871 nicht nur einen eigenen Verein, einige Familienmitglieder gehörten um die Jahrhundertwende zu den weltweit besten Eiskunstläufern und Eiskunstläuferinnen. Engelmann jun. gewann zwei Europameistertitel, seine Schwester Christine, Herma Szabós Mutter, war eine preisgekrönte Paarläuferin mit Karl Euler. Auch Hermas ältere Schwester Christa Szabó reüssierte mit ihrem Partner Leo Horwitz im Paarlaufen und wurde 1913 und 1914 Weltmeisterschafts-Dritte. Als Zehnjährige gewann der Engelmann-Sprössling Herma am Heumarkt den ersten Jugendwettbewerb. Ihre Kunstlaufausbildung absolvierte sie unter der Anleitung ihrer Mutter im Wiener Eislauf-Verein. Während der Erste Weltkrieg tobte, begann ihre glanzvolle Karriere: Im Bewerb um den Wiener Meistertitel im Jänner 1918 gelang es der jungen Szabó, die routinierte Seriensiegerin Gisela Reichmann auf den zweiten Platz zu verweisen. Bei ihrem ersten Antreten auf internationaler Bühne krönte sie sich 1922 in Stockholm zur Weltmeisterin.

Abb. 2.18: Die zweijährige Herma Szabó, 1904.

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Aus eins mach zwei Szabó suchte stets neue Herausforderungen: Kurzerhand beschloss sie nach ihrem Olympiasieg, künftig auch im Paarlaufen an den Start zu gehen. Einen geeigneten Partner im Wiener Eislauf-Verein zu finden, war keine große Schwierigkeit. Die Erwartungen an das neue Paar Herma Szabó/Ludwig Wrede waren bereits vor ihrer ersten Teilnahme bei den Weltmeisterschaften 1925 am Heumarkt sehr hoch. Wrede, der ebenfalls aus der Trainingsgruppe der Einzelläufer kam, erzählte in einem Interview vor dem Wettkampf über die Schwierigkeiten des Paarlaufens: „Jeder Schritt muss durchdacht sein, jede Figur ihren ganz bestimmten Platz auf der Eisfläche haben, kurz es ist ein Jammer, wenn man als prädestinierter Ein-

Abb. 2.19: Die Medaillengewinnerinnen von Chamonix, v. l. n. r.: Beatrix Loughran (USA), Herma Szabó und Ethel Muckelt (GB), 1924.

Zu den ersten Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix/Frankreich entsandte der Österreichische Hauptverband für Körpersport – die Vorgängerorganisation des Österreichischen Olympischen Comités – insgesamt vier Athleten und Athletinnen. Alle vier vertraten den Eiskunstlaufsport, alle vier den WEV, alle vier kehrten mit Olympiamedaillen nach Wien zurück. Am 29. Jänner 1924 gewann Herma Szabó die Einzelkonkurrenz der Kunstläuferinnen, der im Olympischen Programm als erster Eissportbewerb ausgetragen wurde. Es war nicht nur die erste Goldmedaille für Österreich in der Geschichte der Olympischen Winterspiele, Szabó war somit auch Österreichs erste Olympiasiegerin seit der Zulassung von Frauen im Jahr 1900. Zwei Tage später war ihre Cousine

zelläufer plötzlich Paarläufer wird. Aus ist es mit der ungebundenen Freiheit auf der Eisfläche, mit der genialen Schlamperei im Kürlaufen, wo ein Schritt mehr oder weniger, ja sogar ein Sturz keine Rolle spielt. Man ist einfach sportlich verheiratet, und was das heißt, wird jeder Ehemann wissen. Aber schön ist es doch, schöner manchmal wie der Einzellauf. Und ich glaube auch, daß wir die Hoffnungen, die man in uns setzt, mit der Zeit erfüllen können.“ (Die Bühne, 22. Jänner 1925)

Wenige Tage später gewannen Szabó/Wrede ihren ersten von zwei gemeinsamen Weltmeistertiteln, der zweite folgte 1927 ebenfalls vor heimischem Publikum.

Helene Engelmann, die Tochter von Eduard Engelmann jun., mit Alfred Berger im Paarlauf siegreich, Willy Boeckl belegte im Einzelbewerb der Herren den zweiten Platz. Im offiziellen Olympiabericht von 1924 wurden Szabós Leistungen im Pflichtbewerb mit jenen der besten Herren verglichen.

Abb. 2.20: Herma Szabó und Ludwig Wrede, 1925.

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„Die mit den nackerten Wadln“ Herma Szabó verkörperte einen selbstbewussten, neuen Frauentyp, der sich als Teil vielfältiger Veränderungsund Emanzipationsprozesse in den Zwanzigerjahren entwickelt hatte. Die Wienerin prägte das Eiskunstlaufen der Damen in stilistischer wie in modischer Hinsicht nachhaltig. So war sie die erste Läuferin, die die knöchellangen ­Kleider gegen kurze Röcke tauschte und damit eine Moderevolution im Kunstlaufsport auslöste. Ihre farbenfrohen Kostüme, die sie als gelernte Schneiderin stets selbst entwarf und nähte, galten in den 1920er-Jahren als verrucht, sollten aber später zum Markenzeichen der Sportart werden. „Die mit den nackerten Wadln“, wie sie einst von einem Fan genannt wurde, brachte erstmals athletische Akzente in das Damenkunstlaufen ein und kreierte einen Abb. 2.21: Eine Fotostrecke im Illustrierten Sportblatt am 26. Februar 1927 zeigte berühmte österreichische Sportlerinnen, darunter Herma Szabó, bei der Ausübung ihres Berufs.

Laufstil, der sich vom „femininen“ und grazilen Stil des damaligen Zeitgeistes deutlich unterschied und auf großes Interesse bei den Juroren und dem Publikum stieß. Die durch das kurze Beinkleid gewonnene Bewegungsfreiheit ermöglichte es ihr, deutlich schwierigere Übungen auszuführen als ihre Konkurrentinnen. Szabó, die den bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich von Männern

Abb. 2.22: Immer am Sprung.

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gesprungenen „Axel“ in Perfektion beherrschte, lief vorzugsweise große Bewegungen, vollführte hohe Sprünge und tiefe Pirouetten.

Ein Ende mit Schrecken Im Jahr 1927 endete die Karriere der Ausnahmeathletin abrupt. Bei den Weltmeisterschaften in Oslo unterlag sie – für viele überraschend – der erst 14-jährigen, aufstrebenden Lokalmatadorin Sonja Henie. Die weitaus routiniertere Wienerin lag nach dem Pflichtbewerb nach Punkten deutlich vor ihrer blutjungen Konkurrentin, der sechste Weltmeistertitel war zum Greifen nahe. Doch die Wertung nach dem Kürlaufen brachte eine unerwartete Wende: Drei der fünf Kampfrichter sahen die Norwegerin deutlich vor der Österreicherin, in der Gesamtwertung lag Henie somit vor Szabó und gewann ihren ersten von insgesamt zehn Weltmeistertiteln. Das Urteil der Jury löste in Österreich große Empörung aus. Da es sich um drei norwegische Kampfrichter handelte, witterte die Sportpresse einen Skandal. Am 24. Februar 1927 fragte die größte Sportzeitung des Landes auf der Titelseite „War es ein organisierter Betrug?“ Szabó berichtete den Journalisten über eine nervenaufreibende Reise und

In den Disziplinen Abfahrt und Slalom erzielte Szabó einige nationale Achtungserfolge; so wurde sie Wiener und Niederösterreichische Meisterin, was ihr die Aufnahme in den Kader des Österreichischen Skiverbands einbrachte. Nach ihrer Eissportkarriere erhielt die Wienerin einige Filmangebote, die sie jedoch ausschlug, um sich voll und ganz dem Skisport zu widmen. Auch ein Engagement als Trainerin in den USA lehnte sie ab. 1982 wurde sie als dritte Athletin des WEV – nach Eduard „Edi“ Scholdan und Willy Boeckl – in die World Figure Skating Hall of Fame in Colorado Springs/USA aufgenommen. Die Ausnahmeathletin der „Goldenen Zwanzigerjahre“ verstarb 1986 im Alter von 84 Jahren in ihrem Heimatort Admont in der Steiermark. Ihr ehemaliger Paarlaufpartner Ludwig Wrede blieb dem Wiener Eislauf-Verein Zeit seines Lebens treu und engagierte sich nach dem Zweiten Weltkrieg tatkräftig für den Wiederaufbau der Kunstlaufsektion.

Abb. 2.23: Herma Szabó war auch eine ausgezeichnete Schwimmerin.

unsportliche Störaktionen ausgehend vom ehrgeizigen Vater Henies. So seien die Kufen ihrer Schlittschuhe vor dem Wettkampf von einer unbekannten Person gelockert worden, dennoch war sie bis zur Entscheidung der Preisrichter von ihrem Sieg überzeugt gewesen. Nach ihrer Rückkehr aus Oslo wurde Szabó in Wien feierlich empfangen. „[U]nsere Weltmeisterin bleibt sie, auch wenn sich die Norweger da droben eine neue konstruiert haben“, schrieb das Sport-Tagblatt. Der Vorfall in Oslo führte zum Beschluss der International Skating Union, künftig nur noch einen Juror pro Land zuzulassen. Eine Österreicherin stand also im Mittelpunkt einer der ersten großen, internationalen Preisrichterskandale, dem zahlreiche weitere folgen sollten. Szabó trat nach den Weltmeisterschaften 1927 im Alter von 25 Jahren als Eiskunstläuferin, nicht aber als Sportlerin, zurück. Das Allroundtalent, das im Sommer Landhockey spielte und eine ausgezeichnete Schwimmerin war, entdeckte den alpinen Skilauf für sich – eine Sportart, die in Österreich in den 1930er-Jahren noch in den Kinderschuhen steckte.

Abb. 2.24: Herma Szabó um 1980.

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in eine Lautsprecheranlage zur Schallplattenüber­ tragung, eine neue Platzbeleuchtung und bewegliche Zuschauertribünen mit einem Fassungsvermögen von 6000 Personen getätigt. Im Rahmen einer Jubiläums-Sportwoche wurden sowohl die Weltmeisterschaft im Paarlaufen als auch die Europameisterschaft im Kunstlaufen der Herren ausgetragen. Das Wiener Publikum feierte die Erfolge von Herma Szabó/Ludwig Wrede im Paarlauf und jenen Willy Boeckls im Einzellauf. Erstmals in der Geschichte des Vereins wurde auch ein großes internationales Eishockeyturnier am Heumarkt ausgetragen. Das österreichische Nationalteam, in dem acht Spieler des WEV aktiv waren, blieb im Verlauf der sechstägigen Europameisterschaft ungeschlagen und sicherte sich den Titel. Das Sport-Tagblatt berichtete über das enorme Zuschauerinteresse, das in Wien bisher nur bei bedeutenden Fußballmatches zu beobachten war:

Abb. 2.25: Die berühmteste Gehschule Wiens, 1930.

Am Höhepunkt angelangt Im Jahr 1927 – der Verein feierte sein 60-jähriges ­Bestehen – wurde aufgrund des starken Mitgliederzuwachses die Kunsteisbahn abermals vergrößert und weitere Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen. Die Kosten für die Erweiterung der Eisfläche auf das Rekordausmaß von 10.000 Quadratmetern betrugen 380.000 Schilling, die zu einem großen Teil durch die Zeichnung von Anteilsscheinen in Höhe von 144.900 Schilling von Mitgliedern finanziert wurde. Weitere Investitionen wurden

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„Schon lange vor dem Beginn waren die mächtigen Tribünen schwarz vor Menschen, draußen bei den Kassen staute sich das Publikum, viele Hunderte konnten keinen Einlaß mehr finden. Der Heumarkt war das Ziel der großen Wiener Sportgemeinde, die aus allen Bezirken Wiens der Kunsteisbahn zuströmte. Die Veranstalter hatten mit so einem Zustrom nicht gerechnet, der Zuschauerraum war zu klein, um alle Einlaßbegehrenden aufzunehmen. Zum ersten Mal hatte auch der Eishockeysport den Agitatoren ein blühendes Geschäft gebracht. Die Polizei hatte alle Hände voll zu tun, um die stür­ mischen Besucher von einem Angriff auf die Kassen abzuhalten. [...] Auf der Lothringerstraße hat sich eine Gesellschaft von Gratiszuschauern etabliert, die mit Spiegeln, die auf langen Stöcken angenagelt waren, das Spiel verfolgten. Die Leute lösten sich dort in genauen Zeitabständen von fünf Minuten ab. Immer kam an einen anderen die Reihe, den Spiegel hochzuhalten.“ (Sport-Tagblatt, 29. Jänner 1927)

Der Umfang der Sportberichterstattung in den Tageszeitungen hatte in den vergangenen Jahren stark zugenommen, und es verging kaum ein Wintertag, an dem nicht über die Sportler und Sportlerinnen des

Abb. 2.26: Fritzi Burger auf dem WEV-Platz um 1926.

Wiener Eislauf-Vereins berichtet wurde. Im Jahr 1928 nahm angesichts des stetig wachsenden Publikums­ interesses die österreichische Rundfunkgesellschaft Radio Verkehrs AG (RAVAG) die Berichterstattung von großen Sportveranstaltungen in das Programm auf. Noch bevor der Pionier der Sportberichterstattung Wilhelm „Willy“ Schmieger das erste Fußballmatch des „Wunderteams“, wie die überaus erfolgreiche österreichische Nationalmannschaft zu Beginn der 1930er-Jahre genannt wurde, im Radio kommentierte, berichtete er im Frühjahr 1928 live von einem Eishockeyspiel auf dem Engelmann-Platz. In dieser Hochphase ging der Wiener Eislauf-Verein erstmals eine Kooperation mit dem Wiener Stadt­schulrat ein. Der Verein vergab in der Saison 1927/28 7000 Freikarten an Kinder der Schulen Wiens und stellte den Platz dem Institut für Turnlehrerausbildung der Universität Wien kostenlos zur Verfügung. Einige Jahre später sollten die Schulkinder Wiens auch die Möglichkeit erhalten, im Rahmen

des Turnunterrichts im Winter kostenlos eiszulaufen – eine Kooperation, die bis zum heutigen Tage aufrecht ist. Den Höhepunkt für die Kunstlaufsektion bildeten 1928 die Olympischen Winterspiele in St. Moritz, bei denen – nach Herma Szabós Rücktritt – ein weiteres Talent des Wiener Eislauf-Vereins ins Rampenlicht trat: Fritzi Burger, die in Hernals das Eislaufen lernte und sich später dem WEV anschloss, belegte hinter dem norwegischen „Wunderkind“ Sonja Henie den zweiten Platz.

Abb. 2.27: Fritzi Burger im Sprung um 1928.

Abb. 2.28 (Folgeseite): „Gratiszuschauer“ verfolgen von der Lothringerstraße aus einen Bewerb, 1930.

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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1900–1938

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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Rekordjahre

Abb. 2.29: Ob der 18-jährige Bruno Kreisky auch zu den jungen Wilden zählte, ist nicht bekannt. Kreiskys Saisonkarte, 1929/30.

Die Saison 1928/29 brachte dem WEV einen Rekord von 126 Schleiftagen auf der Riesenfläche, zudem wurde aufgrund der explodierenden Mitgliederzahlen – der Verein verzeichnete ein Plus von knapp 2000 Mitgliedern im Vergleich zum Vorjahr – ein dringend notwendig gewordener Garderobenzubau realisiert. Um Kosten für das für die Eisproduktion erforderliche Wasser einzusparen, ließ der WEV einen Brunnen auf dem Vereinsgelände bauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte dieser für die Anrainer und Anrainerinnen des Heumarkts hinsichtlich der Trinkwasserversorgung von großer Bedeutung werden. 9521 Mitglieder zählte der Wiener Eislauf-Verein in der Saison 1929/1930 und verzeichnete damit den höchsten Mitgliederstand in seiner 150-jährigen Geschichte. Mit dieser Größe stellte der WEV in der urbanen Sportvereinslandschaft Österreichs eine absolute Ausnahme dar. Weitere Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, wie die Vergrößerung der Tribüne auf 9000 Plätze sowie die Erneuerung großer Teile der Gefrierplatte, waren notwendig geworden. Der sich von jeher karitativ engagierende Verein gab in diesem Winter 39.863 Schülerkarten zu einem vergünstigten Tarif von 50 Groschen aus. Obwohl die weltweit größte Kunsteisfläche zur Verfügung stand, brachte der Ansturm Tausender Tagesbesucher und -besucherinnen auch Schwierigkeiten mit sich: Der Verwaltungsausschuss sah sich gezwungen, die Platz­ordnung zu verschärfen, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Das wohl größte „Problem“ ging von jungen, allzu wilden Eisläufern aus, wie vereinsintern berichtet wurde: „Die schärfsten Maßregeln kündigen wir [...] je­ nen jungen Leuten an, die die Nichtbeachtung der Platz­ordnung mit gröbster Rücksichtslosigkeit paa­ ren, kurz gesagt, allen Wildlingen, die ohne Rück­ sicht auf die gesunden Knochen ihrer Mitmenschen glauben, der Platz sei nur für sie allein da. Diesen Schnell- und Bogenfahrern muss das Handwerk gründlich gelegt werden.“ (WEV, Tätigkeitsbericht 1929/30, E&A)

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Abb. 2.30: Die „Größen des Wiener Eislaufvereines“, dargestellt als Karikaturen auf dem Cover des Illustrierten Sportblatts, 17. Dezember 1927: Die Schwestern Gerda und Ilse Hornung, Willy Boeckl, Hugo Distler, Ludwig Wrede, Melitta Brunner, Fritzi Burger und der Eishockeyspieler Hermann Weiß.

Die Generation der „Wunderkinder“ Mit der Schaffung der Freiluftkunsteisbahnen am Heumarkt, in Hernals und in Döbling wurde der Grundstein für zahlreiche Europameister, Weltmeister und Olympiasieger aus Österreich gelegt, die ein halbes Jahrhundert hindurch dem Land eine Vormachtstellung im Eiskunstlauf sicherten und Wien zum Zentrum des europäischen Eissports machten. Parallel dazu forcierten die Vereine den Aufbau professioneller Strukturen in den Sportsektionen, in denen der Nachwuchsförderung besondere Bedeutung beigemessen wurde. Der Meister der Talenteschmiede im Wiener Eislauf-Verein war der Eislauflehrer Rudolf Leth, der unzähligen Kindern das Eislaufen beibrachte. Die hoffnungsvollsten Talente wurden in die Kunstlauf-

Abb. 2.31: Die Mädchen-Nachwuchsriege des WEV mit Betreuer Willy Boeckl, 1927.

sektion des WEV aufgenommen, wo sie unter Anleitung der renommierten Trainer Gustav Hügel oder Edi Scholdan eine durch den Verein finanzierte Ausbildung erhielten. Trotz Herma Szabós Rücktritt im Jahr 1927 musste sich der Verein um Nachwuchs keine Sorgen machen: Der Eiskunstlaufsport hatte eine derart große Beliebtheit in Wien erreicht, dass die Kinderkurse stets voll belegt waren. Mit Melitta Brunner, Fritzi Burger, den Schwestern Ilse, Gerda und Erika Hor-

nung, Margareta „Grete“ Lainer oder Bianca Schenk gehörten dem WEV in den 1920er- und 1930er-Jahren die weltbesten Läuferinnen an. Sie alle mussten sich jedoch bei internationalen Wettbewerben immer wieder dem berühmtesten „Wunderkind“ der Eiskunstlaufgeschichte geschlagen geben, der Norwegerin Sonja Henie. Von ihrem ehrgeizigen Vater angetrieben, kreierte Henie bereits in jungen Jahren einen neuartigen Stil, der Kunstlauf- und Ballettelemente miteinander choreografisch verband und das athletische Laufen, wie es etwa Herma Szabó praktiziert hatte, ablöste. Bereits als Elfjährige nahm „Häseke“, wie sie liebevoll vom deutschen Publikum genannt wurde, erstmals an Olympischen Winterspielen teil, wo neben ihren ausdrucksstarken Bewegungen besonders auffiel, dass sie nach dem Programm völlig erschöpft war. Dies war unter anderem ein Grund dafür, dass später bei Olympischen Spielen und anderen großen Bewerben Altersgrenzen eingeführt wurden.

Abb. 2.32: Eislauflehrer Rudolf Leth um 1935.

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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Abb. 2.34: Sonja Henie bei Filmaufnahmen am WEV-Platz um 1930.

Abb. 2.33: Die elfjährige Sonja Henie bei den Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix.

Nach ihrem Olympiasieg 1936 in Garmisch-Partenkirchen deklarierten sich Adolf Hitler und Joseph Goebbels öffentlich als große Bewunderer ihrer Kunst. Henie folgte ihren Einladungen zu Schaulaufveranstaltungen in den Berliner Sportpalast, weshalb ihr Zeit ihres Lebens ein Naheverhältnis zum Nationalsozialismus nachgesagt wurde. Mit drei Olympiasiegen, zehn Welt- und sechs Europameistertiteln ist die Norwegerin die mit Abstand erfolgreiche Eiskunstläuferin aller Zeiten. Nach ihrem Rückzug aus dem Amateursport avancierte sie in den Vereinigten Staaten zum gefeierten Revueund Filmstar. Mit der Hollywood Ice Revue gründete sie ein eigenes Show-Unternehmen, das riesige Stadien zu füllen vermochte. Später ließ sie sich für

Abb. 2.35: Karl Schäfer gibt Wiener Schulkindern Eislauf­ unterricht, 1931.

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1900–1938

Abb. 2.36: Die WEV-Wunderkinder Hilde Holovsky und Felix Kaspar um 1928.

ihre Auftritte bei Holiday on Ice fürstlich entlohnen. Für ihre schauspielerischen Leistungen in mehr als einem Dutzend US-amerikanischer Filmproduktionen der Vierzigerjahre wurde Henie mit einem Stern auf dem Walk of Fame des Hollywood Boulevards in Los Angeles geehrt. Die Dollar-Millionärin verstarb 57-jährig an Leukämie. Eine enge Freundschaft verband Sonja Henie mit dem Hernalser Ausnahmekönner Karl Schäfer vom Engelmann-Verein, der, gemessen an seinen Erfolgen, zum männlichen Pendant der Norwegerin in jener Zeit wurde. Zwischen 1929 und 1936 gewann der Wiener acht Europa- und sieben Weltmeister­ titel und krönte seine Karriere mit den Olympiasiegen in Lake Placid 1932 und in Garmisch-Partenkirchen 1936. Schäfers zweite Leidenschaft galt dem Schwimmsport: Der ausgezeichnete Brustschwimmer gewann mehrfach die Österreichischen Meisterschaften über die Distanz von 200 Metern und nahm an den Olympischen Sommerspielen in Amsterdam 1928 in seiner Paradedisziplin teil. Nach seiner aktiven Karriere trat er als Showläufer gemeinsam mit

Sonja Henie in Berlin und den USA auf und arbeite als Berufstrainer. Im Jahr 1940 gründete Schäfer in Wien eine eigene Eisrevue, mit der er während des Zweiten Weltkriegs vielumjubelte Vorstellungen in Deutschland und seinen Nachbarländern gab. Am Heumarkt ging in den frühen 1930er-Jahren der Stern von Hilde Holovsky auf, die als „Fräuleinwunder“ des Eiskunstlaufs galt, allerdings im Alter von nur 15 Jahren an den Folgen einer Blind­ darmentzündung verstarb. Ihr früher Tod schockierte die Kunstlaufwelt, galt der Publikumsliebling doch seit ihrem sensationellen Vize-Weltmeistertitel 1931 als logische Nachfolgerin Sonja Henies. Ihr zu Ehren wurde das Hilde-Holovsky-Gedächtnislaufen, ein jährlich stattfindender Wettbewerb für talentierte Nachwuchsläufer und -läuferinnen, ins Leben gerufen. Bis ins Jahr 1957 wurden die Wettkämpfe in unterschiedlichen Altersklassen zumeist auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins ausgetragen. Mit Felix Kaspar entwickelte sich etwa zur selben Zeit im WEV ein männliches Talent, das zu Karl Schäfers größtem Herausforderer werden sollte. Im

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

Abb. 2.37: Hilde Holovsky mit ihrem Hund im Jahr vor ihrer schweren Krankheit, 1932.

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Abb. 2.38: Herta Ratzen­ hofer (hier um 1933) bildete auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrem Bruder Emil ein erfolgreiches Duo.

Jahr 1935 siegte der kleine, athletische Läufer erstmals bei den Österreichischen Meisterschaften. Kaspar, der aufgrund seines besonders kraftvollen Absprungs als „Sprungwunder“ gefeiert wurde, musste allerdings bis Schäfers Rücktritt warten, ehe er selbst einen großen internationalen Titel gewinnen konnte.

Abb. 2.39: Emmy Puzinger, 1938.

Abb. 2.40: Ilse und Erik Pausin beim Training am Engelmann-Platz, 1937.

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Im zarten Alter von sechs bzw. drei Jahren begannen die Geschwister Emil und Herta Ratzen­hofer mit der Kunstlaufausbildung im WEV, zunächst als Einzelläufer, ab 1939 traten sie als Paar an. Ihre größten Erfolge feierten sie nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Engelmann-Verein trainierten bei Eiskunstlauflehrer Rudolf Kutzer, dem Entdecker Karl Schäfers, mit Emmy Puzinger, Hedwig „Hedy“ Stenuf, Martha Musilek, Eduard „Edi“ Rada oder dem Geschwisterpaar Ilse und Erik Pausin Kinder und Jugendliche, die schon in ganz jungen Jahren ihr Ausnahmetalent zeigten. Freilich wurden auch in anderen Ländern „Wunderkinder“ geboren: Der ungarische Läufer Dénes Pataky, ein Dauerrivale Karl Schäfers, wurde als „Pirouettenwunder“ bezeichnet, der Brite Graham Sharp als „Pflichtwunder“ und sein Landsmann Jack Dunn, der eine Liebesaffäre mit Sonja Henie hatte, als „Kürwunder“. Als letztes Wiener „Wunderkind“ dieser goldenen Generation gilt Eva Pawlik, die als junges Mädchen von Österreichs erstem Weltmeister Gustav Hügel trainiert wurde. Als Vierjährige beherrschte sie bereits schnelle Pirouetten und den „Axel“ in einfacher

Ausführung. Aufgrund ihres schauspielerischen Talents, das Eva Pawlik als Protagonistin zahlreicher Schaulaufveranstaltungen und in dem Kurzfilm „Sonnige Jugend“ (Arosa/Schweiz, 1937) erkennen ließ, erhielt sie von der Presse in Anlehnung an den US-Kinderfilmstar den Namen „Shirley Temple des Eises“ und wurde als zukünftiger Weltstar gehandelt. Der Zweite Weltkrieg beraubte allerdings viele der jungen Eistalente ihrer aussichtsreichen Zukunft. Pawliks Karriere hingegen sollte nach 1945 volle Fahrt aufnehmen.

Abb. 2.41: Nach der Arbeit kommt das Vergnügen. Eva Pawlik mit Freunden unter Beobachtung von Trainer Gustav Hügel.

Abb. 2.42: Eva Pawlik mit ihrem ersten Paarlaufpartner Walter Seipel.

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Die „Eishackler“ des Wiener Eislauf-Vereins – Eine Chronik Acht jahrzehntelang prägten die „Eishackler“ des Wiener Eislauf-Vereins den österreichischen Eishockeysport.

en Freiluftkunsteisbahn eine eigene Eishockeyriege für Männer auf die Beine zu stellen. Bereits das erste Spiel gegen die Reserve des Wiener Sport-Clubs wurde mit 6:3 gewonnen. Eishockey wurde damals noch „Bandy“ genannt und mit einem Ball und ohne Wechselspieler gespielt. Das folgende Kapitel zur Erforschung der Geschichte des Eishockeysports im Wiener Eislauf-Verein stützt sich auf Archivmaterial des Vereins sowie auf die Publikationen des WEV-Urgesteins und einstigen Nationalteam­

Die großen Erfolge liegen zwar weit in der Vergangenheit zurück, der Blick in die Geschichtsbücher lohnt aber dennoch und fördert eine langjährige Tradition ans Tages­licht. Erfunden wurde der kanadische Nationalsport vermutlich im 16.  Jahrhundert in Schottland. In Wien wurde er erstmals auf dem Platz des Engelmann-Vereins in ­Hernals im Jahr 1899 von Mitgliedern des Training-Eisclub (TEC) gespielt. Zwei Jahre nach der Gründung des Österreichischen Eishockeyverbandes (ÖEHV) entschloss sich der Wiener Eislauf-Verein, im Jänner 1914 auf der neu-

kapitäns Herbert Haiszan und der Eishockey-Expertin und ehemaligen Bezirksrätin Irene Wernicke. Dabei handelt es sich zum einen um „Das große österreichische Eishockey-Buch“ (Dornbirn 1986), das Haiszan gemeinsam mit dem Schweizer Rudolf Killias, einst Cheftrainer des österreichischen Nationalteams, und dem Journalisten Siegfried Margreiter publizierte. Zum anderen wurde die Begleitschrift zu der von Irene Wernicke im Jahr 2005 im Bezirksmuseum Landstraße kuratierten Ausstellung „WEV – Die Geschichte einer Legende“ als ergiebige Quelle herangezogen.

Von Klaus Mahrer und Agnes Meisinger

Dominanz Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs konnte in der ersten vollen Saison das WEV-Team 1914/15 nur ein einziges Spiel gegen die Mannschaft des Budapester Eislaufvereins austragen, das die Wiener Neulinge mit 2:14 verloren. In der darauffolgenden Saison organisierte der ÖEHV eine Eisball-Kriegsmeisterschaft, an der ausschließlich Mannschaften aus Wien teilnehmen. Der WEV, der innerhalb eines Jahres bereits große Fortschritte gemacht hatte, spielte die Konkurrenten Cottage Eislauf-Verein (CEV), Verein Kunsteisbahn Engelmann (VKE) und Währinger Bicycle Club im wahrsten Sinne des Wortes an die Bande und gewann die Meisterschaft mit einem Torverhältnis von 47:0. Doch nur wenig später kam der Eishockeysport infolge des kriegsbedingten Verbots der Kunsteiserzeugung Abb. 2.43: Das WEV-Team von 1927 mit dem ehemaligen WAC- und CEV-Spieler Ulrich Lederer (Erster v. r., kniend).

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1900–1938

völlig zum Erliegen, und auch in den ersten Nachkriegsjahren gestaltete sich die Durchführung eines Meisterschaftsbetriebs schwierig. Die vorzeitig beendete Saison 1918/19 gewann der WEV vor dem CEV und dem First Vienna FC. Die Saison 1919/20 fiel den milden Temperaturen zum Opfer, im Jahr darauf konnte nur ein Spiel ausgetragen werden, das der WEV gegen den Wiener Athletiksport Club (WAC) mit 23:1 gewann. Obwohl so manch eingefleischter Bandy-Spieler vor „Verwundeten und Toten“ warnte, ging der WEV in der Saison 1921/22 auf das international schon seit Längerem etablierte „kanadische“ Eishockey mit der Hartgummischeibe (Puck) über. Ab 1922/23 wurde auch in der neu ins Leben gerufenen Österreichischen Meisterschaft vom Bandy auf das Scheibenspiel umgestellt. Verwundete gab es etliche, Todesfälle blieben aus. Bis zur Einführung der Helmpflicht vergingen noch etwa fünf Jahrzehnte. Der WEV dominierte fortan Jahr für Jahr die Meisterschaft. In der Saison 1924/25 engagierte der Verein mit dem Kanadier Blake H. Watson, der in Wien Medizin studierte, einen Spielertrainer, mit dessen Hilfe das technische Niveau weiter gesteigert werden konnte. Nachdem Watson in seine Heimat zurückgekehrt war, verstärkte der in Wien als Arzt tätige kanadische Eishockeyspieler Gordon R. Dempsey die WEV-Mannschaft. Der Kandier übernahm auch den Posten des Nationalteamtrainers und führte die Mannschaft, die überwiegend aus Spielern des WEV bestand, bei der Europameisterschaft 1927 am Heumarkt ungeschlagen zum Titel. 1931 wiederholte das Team in Krynica/Polen diesen Erfolg. Teamkapitän und WEV-Spieler Josef „Sepp“ Göbl berichtete damals in einem Brief an den Wiener Eislauf-Verein:

Fraueneishockey: Weiblicher Aufwind und männlicher Gegenwind

„Ich erinnere mich an abends, an die Preisverleihung und den wundervollen Moment, als von allen euro-

Ende der 1920er-Jahre hatte sich der Eishockeysport in Österreich von einer Randerscheinung zum zweitbeliebtesten Mannschaftssport neben Fußball entwickelt. Die Begeisterung für das „Eishackeln“ schwappte auch auf eine Gruppe junger Eisläuferinnen im WEV über, die sich zu einem Team zusammenschlossen, mit dem Ziel, das Eishockeyspielen zu erlernen. Als größter Förderer erwies sich der WEV- und Nationalteamspieler Ulrich „Ulli“ Lederer, der den Frauen einmal pro Woche auf einem abgesperrten Teil des Eislaufplatzes Eishockey-Unterricht gab. Rasch wurde die Presse auf das außergewöhnliche Projekt aufmerksam, und so berichtete das Sport-Tagblatt im November 1930, dass die Damenhockeyriege unter der Führung von Kapitänin Leyla Assim Tourgoud, einer Architektur-Studentin, bereits auf mehr als 30 Spielerinnen angewachsen war. Während in den skandinavi-

päischen unsere Hymne als erste gespielt wurde, wir stramm da standen und sehr, sehr stolz waren, Öster-

schen Ländern bereits eigene Damen-Ligen existierten, konnte sich in Österreich trotz intensiv und motiviert

reicher und vom WEV zu sein. Und wir freuten uns, dass wir auch den Fair-Play-Preis gewannen, weil es doch so viel schwerer ist, elegant und fair zu gewinnen, als durch Härte und Rauheit zu siegen.“

trainierender Sportlerinnen kein Spielbetrieb etablieren. Grund waren mitunter die enormen Widerstände innerhalb der Eissportvereine und des Verbandes – so hielt der Eishockey-Sektionsleiter des WEV und langjährige Präsident des ÖEHV Oskar Schlesinger (1919–1927) mit seinen Ressentiments gegenüber den eishockeyspielenden Frauen nicht hinter dem Berg:

(Teamkapitän Sepp Göbl)

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Abb. 2.44: Das erste weibliche Eishockeyteam Wiens, 1930/31.

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Abb. 2.45: Das WEVDamenteam wurde von der WAC-Landhockeyspielerin Hilde Walter und der Studentin Leyla Assim Tourgoud gegründet. Ihm gehörten u. a. folgende Spielerinnen an: Traude Kis, Herma Löhr, Mimy Malder, „Charley“ Mazzuchelli, Olly Pordes, Lizzi Radna, Susi Schmutzer, Inge Sucharipa, 1930/31.

„Wenn Landhockey seit Jahren zum festen Bestand des Frauensports zählt, warum – so denken logisch die Gehirne unter den Bubifrisuren – Eishockey nicht? Nun denn, weil mit der Hartgummischeibe, mit ihren Kanten und dem wuchtigen Schuß der Körper einer Spielerin einer erhöhten Gefahr ausgesetzt ist. Könnte es jemand verantworten, wenn eine Schramme, ein ausgeschlagener Vorderzahn – Verletzungen, die bei Männern nicht viel zu bedeuten haben – ein Mädchen entstellt?“ (Sport im Wiener Eislauf-Verein, 21. Dezember 1928)

Einige Jahre gestattete man den Frauen es noch, sich dieser „Gefahr für Leib und Leben“ auszusetzen, bevor die Trainingsgruppe 1934 durch den Sektionsleiter aufgelöst wurde. Es sollte tatsächlich bis in die späten 1990er-Jahre dauern, ehe sich ein geregelter Spielbetrieb für Frauen in Österreich etablieren konnte. Alexandra Sumper und Gudrun Thaller gründeten 1998 das Frauenteam EHC Vienna Flyers, dessen Kader in kürzester Zeit 40 Spielerinnen im Alter zwischen zwölf und 40 Jahren angehörten. Im selben Jahr wurde erstmals eine Österreichische Meisterschaft im Fraueneishockey ausgetragen, die das Team aus Wien auf dem zweiten Rang beendete.

Abb. 2.46: Eishockeyspielerinnen des WEV um 1930.

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Seit 2014 veranstaltet der EC Vienna Tigers jedes Jahr zu Saisonbeginn in der „Eisarena“ am Heumarkt den „Girls Hockey Day“, eine Initiative, um Mädchen für den schnellsten Teamsport der Welt zu begeistern.

Konkurrenz Im Jahr 1932 wurde das Herrenteam des WEV, das seit der Einführung des Spiels mit der Scheibe acht Titel in Folge gewonnen hatte, von dem in Hernals trainierenden Pötzleinsdorfer Sport Klub (ab 1933 Eishockey Klub Engelmann, EKE) vom Meisterthron gestürzt. Und auch die Mannschaften aus den Bundesländern wurden immer stärker. In Innsbruck wurde bereits seit 1909 Eishockey gespielt und auch die Kärntner Vereine – Klagen­ furter Athletiksport Club (KAC) und Villacher Sportverein (VSV) – holten schnell auf. Ein Vorteil des WEV gegenüber der Konkurrenz war die professionelle Jugendförderung in allen Bereichen des Eissports. Im Jahr 1926 wurde vom ehemaligen Eishockeyspieler Kurt Münz eine Kinderriege gegründet, die durch konsequente Arbeit laufend Talente hervorbrachte. Fortan wurde am Heumarkt alljährlich ein „Kinder-Blitzturnier“ im „Aquarium“, dem eigens geschaffenen Kinder-Eishockeyplatz, veranstaltet, bei dem auf mehreren parallel angelegten Spielfeldern gleichzeitig gespielt wurde. 1931/32 zählte die Nachwuchsriege des WEV bereits mehr als 300 Kinder. Das „Aquarium“ blieb als Trainingsplatz bis zum Umbau des WEV-Areals im Zuge der Errichtung des Hotel InterContinental zu Beginn der 1960er-Jahre bestehen.

In den Saisonen 1933/34 und 1934/35 trug sich der KAC als erster Nicht-Wiener Verein in die Liste der ­Österreichischen Meister ein und entwickelte sich fortan, neben dem EKE, zum zweiten ernstzunehmenden Gegner des WEV. Nachdem die Meisterschaft 1935/36 witterungsbedingt nicht zu Ende gespielt werden konnte, dominierte der WEV – auch aufgrund der Fusion mit dem Hockey-Club Währing und der Verpflichtung des kanadischen Trainers Barry S. Kelly – in der Saison 1936/37 den gesamten Bewerb und wurde nach sechs Siegen mit einer Tordifferenz von 28:1 Österreichischer Meister.

Abb. 2.47: Kinder-Blitzturnier im „Aquarium“ um 1930.

Abb. 2.48: Das Kinderteam des WEV, 1932. Kurt Münz mit Krawatte, rechts daneben der spätere Leiter der Eishockeysektion der Wiener Eissport-Gemeinschaft und Präsident des Österreichischen Eishockeyverbandes Walter Wasservogel mit Kappe.

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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EKE-Spielers Franz Csöngei mit 1:0 gegen das Team aus Düsseldorf und kürten sich zum Deutschen Meister 1940. Zuvor hatte die Spielgemeinschaft in der ausverkauften Heumarkt-Arena das Team aus der „Reichshauptstadt“ mit 2:1 geschlagen. 1941 verlor die WEG das Halbfinalspiel in München gegen LTTC Rot-Weiß Berlin mit 1:2 und schied vorzeitig aus. Während der darauffolgenden Jahre konnten die Meisterschaften nicht zu Ende gespielt werden. Krieg und nationalsozialistischer Terror überschatteten den Alltag und machten einen geregelten Spielbetrieb unmöglich.

Abb. 2.49: Eishockeymatch am Heumarkt, 1925.

Viele Jahrzehnte lang bildeten die Spieler des Wiener Eislauf-Vereins den Kern der österreichischen Nationalmannschaft. So standen im Aufgebot für die Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen standen nicht weniger als sechs WEV-Spieler. Das österreichische Team beendete das Turnier im Mittelfeld auf dem siebenten Rang.

Der Krieg hinterließ tiefe Wunden – auch im österreichischen Eishockeysport. Dieser hatte viele seiner größten Talente auf den Schlachtfeldern verloren, und die meis-

Noch kurz bevor der Zweite Weltkrieg den österreichischen Eishockeysport international isolierte, unternahm die Mannschaft des WEV, verstärkt durch die EKE-Spieler Hans Tatzer und Hans Schneider sowie Egon Winter vom WAC, vom 18. Mai bis 2. August 1937 eine Sportreise nach Südafrika: In Anwesenheit der Wiener Gäste wurde am 17. Juni in Johannesburg ein hochmoderner Eispalast eröffnet. In den darauffolgenden Wochen stand eine Reihe von Freundschaftsspielen gegen südafrikanische und kanadische Teams auf dem Programm. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der gesamte Eishockey-Meisterschaftsbetrieb in

ten Spielstätten waren durch Fliegerbomben schwer beschädigt worden. Ein letztes Mal ließ der heimische Eishockeysport international aufhorchen, als das Nationalteam bei der Weltmeisterschaft in Prag 1947 die Bronzemedaille gewann. Danach verlor die „alte Garde“ den Anschluss an das Spitzenfeld. Nach zwei österreichischen Meistertiteln 1947 und 1948 bildete der WEV abermals mit dem finanziell angeschlagenen EKE für drei Saisonen eine Spielgemeinschaft (WEG). In den 1950er-Jahren ging es mit dem Eishockeyteam des WEV steil bergab. Die Konkurrenz aus Klagenfurt und Innsbruck überholte die Wiener, die den Generationenwechsel nach dem Zweiten Weltkrieg nicht geschafft hatten. 1957 wurde der Eishockey Klub Engelmann aus finanziellen Gründen aufgelöst, 1958 legte der Wiener Eislauf-Verein eine zweijährige Spielpause ein. Durch die Rückbesinnung auf die Jugendarbeit und mit Unterstützung der beiden kanadischen Legionä-

die Deutsche Meisterschaft eingegliedert. Der ehemals österreichische Eishockeysport feierte 1939 mit dem Ge-

re Jerry Hudson und Adelbert „Del“ Saint John gelang es dem engagierten Sektionsleiter und ehemaligen

„Anschluss“ und Krieg

winn des Deutschen Meistertitels durch den EKE einen überzeugenden Einstand. Im Jahr darauf setzte sich die Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) – ein Zusammenschluss aus Spielern des WEV und des EKE – in der Finalrunde gegen den SC Riessersee, die Düsseldorfer EG und den Berliner Schlittschuhclub durch. Im letzten und entscheidenden Spiel siegten die Wiener im ausverkauften Essener Kunsteisstadion durch ein Tor des

Abb. 2.50: Heimspiel der WEG gegen den Berliner SC am Heumarkt 1940.

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Wiederaufbau

1900–1938

Abb. 2.51: Das letzte WEV-Meisterteam von 1961/62. Stehend, v. l. n. r.: Walter Wasservogel (Sektionsleiter), Heinz Kübelbeck, Alfred Koubek, Mike Dobyn, Adolf Bachura, Tassilo Neuwirth, Friedrich Kainz, Friedrich Stangl, Jerry Hudson, Johann „Hasi“ Schneider (Trainer); kniend, v. l. n. r.: Kurt Reichel, Josef Reichel, Christian „Charly“ Kirchberger, Friedrich Turek, Peter Mohr, Del John und Klaus Weingartner.

WEV-Spieler Walter Wasservogel, wieder eine konkurrenzfähige, junge Mannschaft zu formen, die 1961/62 ohne Punkteverlust und mit einem Torverhältnis von 98:20 die Österreichische Meisterschaft für sich entschied. Auch international machte der WEV von sich reden: Von den 15 Freundschaftsspielen gegen europäische Mannschaften konnten elf gewonnen werden. Nach der Meistersaison legte der langjährige Sektionsleiter Walter Wasservogel sein Amt im WEV nieder, um dem verstorbenen Ernst Pokorny als Präsident des Österreichischen Eishockeyverbands nachzufolgen. 1974 wurde der Wiener zum Generalsekretär in das Council

Abb. 2.52: Eintrittskarte um 1965.

WEV. Das sowjetische Team siegte, Österreich landete auf dem 13. Platz.

Aufbruch: Neue Halle, neues Geld

des Weltverbandes International Ice Hockey Federation (IIHF) bestellt.

Mitte der 1960er-Jahre erfolgte eine Neustrukturierung des österreichischen Eishockey-Meisterschaftsbetriebs.

In der ersten Saison unter dem neuen Sektionsleiter Josef Schöndorfer 1962/63 wurde der Vizemeistertitel eingefahren. Ein Jahr später kostete ein aberkanntes Siegestor im Spiel gegen Innsbruck dem WEV den Meistertitel. Im Kader des Olympia-Teams für die Winterspiele in Innsbruck 1964 standen mit Adolf „Nazl“ Bachura, Christian Kirchberger, Tassilo Neuwirth, Gustav „Guggi“ Tischer und dem eingebürgerten Del John fünf Spieler des

Mit der Saison 1965/66 wurde die „Nationalliga“ durch die „Bundesliga“ ersetzt. Der Umbau sollte einen überregionalen, kontinuierlichen und professionellen Wettbewerb garantieren. Zu Beginn umfasste die Liga neben dem KAC und dem Innsbrucker EV auch noch den WEV sowie den Kitzbüheler EC. Die Wiener versuchten zunächst ohne Legionäre auszukommen und setzten auf eine Mischung aus heimischen Routiniers und jungen Talenten.

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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Abb. 2.53: Der berüchtigte „Kindergarten-Sturm“ mit Peter Henner, Kurt Freudenthaler und Herbert Haiszan (v. l. n. r.) in der Saison 1965/66 auf dem WEV-Platz.

Abb. 2.54: Eröffnungsspiel in der WIG-Halle am 7. Jänner 1967.

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neue Heimstätte dienen. Dass sich in Wien jedoch Pro­ visorien sehr schnell zu Dauerlösungen entwickeln, weiß man spätestens seit der Errichtung des Naschmarkts. Am 7. Jänner 1967 wurde die sogenannte WIG-Halle mit dem Spiel des WEV gegen Innsbruck feierlich eröffnet. Zwar ging das erste Heimspiel mit 1:4 verloren, es wurde aber rasch deutlich, dass das Publikumsinteresse im Vergleich zur Vorsaison wieder zu steigen begann. Ein Manko wies die neue Eishalle jedoch auf: Die mächtigen Stützpfeiler verhinderten an manchen Stellen im Zuschauerraum die freie Sicht auf das Spielfeld. In der Bundesligasaison 1966/67 traten die Wiener erneut ohne Legionäre an und landeten auf dem enttäuschenden vorletzten Rang. Der WEV verzichtete auch in der Folgesaison auf den Einsatz von ausländischen Spielern und musste außerdem die Abgänge der Stammspieler Adolf Bachura und

Mit diesem Konzept belegte der WEV unter Spielertrainer Adolf Bachura den dritten Rang. Gleichzeitig wurden die Rufe nach einer modernen Eishalle in Wien immer lauter. Einerseits war man hinsichtlich der Trainingsbedingungen im Freien gegenüber der Konkurrenz aus Klagenfurt und Innsbruck, die bereits Eishallen besaßen, benachteiligt, andererseits litt die Heumarkt-Arena seit dem Bau des benachbarten Hotel InterCont unter einem Zuschauerschwund. Nur 5900 Personen besuchten in der ersten Bundesligasaison die sechs Heimspiele

Walter „Znene“ Znenahlik an Liganeuling EHC Feldkirch verkraften. Es gelang jedoch, Nachwuchsspieler wie Werner Eisler und Otto Überlacher in das Team zu integrieren, Fritz Prohaska feierte als 15-Jähriger sein Debüt im Tor. Zwar kam die Mannschaft wieder nicht über den vorletzten Tabellenrang hinaus, Klaus Weingartner krönte sich aber mit 15 Toren ex aequo mit Del John zum ­Torschützenkönig. Um sich auf die Spielzeit 1968/69 vorzubereiten, verbrachten die Spieler Herbert Haiszan, Gerhard Hausner, Klaus Weingartner und Karl Zahradnicek den Sommer in Südafrika, wo im Wembley Ice Rink in Johannesburg hervorragende Trainingsbedingungen vorherrschten. Zwischen Mai und September nahmen die Wiener an einer eigens geschaffenen Sommer-Meisterschaft mit Teams aus Österreich, Deutschland, Schweden und der Schweiz teil, bei der sie Spielpraxis für den bevorstehenden Winter sammeln konnten. Der neu aus Feldkirch gekommene Spielertrainer

des WEV. In der Saison 1966/67 gesellte sich der ATSE Graz zu

­ ermann Knoll setzte abermals auf Nachwuchsspieler H sowie auf die Routiniers Emil Holper, Herbert Zahrad-

den vier Bundesligisten hinzu. Der WEV engagierte den Tschechoslowaken Frantisek Vacovsky, und im Jänner 1967 bekam das Eishockeyteam endlich ein Dach über dem Kopf. Die zu einer Eishalle umfunktionierte Ausstellungsund Veranstaltungshalle der Wiener Internationalen Gartenbauschau 1964 (WIG 64) im Donaupark sollte dem WEV bis zum Bau einer richtigen Eisarena provisorisch als

nicek, Jürgen Weingartner, Alexander Kostelecky und Alfred Koubek. Am Ende des Grunddurchgangs reichte es für die Meisterrunde, die der WEV auf dem vierten Platz abschloss. Im Jahr 1969 konnte die Firma „Imperial-Feigenkaffee“ des ehemaligen WEV-Spielers Helfried Winger als Hauptsponsor gewonnen werden. Von nun an trug die Mannschaft mehrere Jahre lang den Beinamen „Bali“, der sich

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Abb. 2.55: „Bali“-Mannschaft, 1969/70. Stehend, v. l. n. r.: Julius Cernicky, Arthur Marczell, Gerhard Hausner, Arthur Felsecker, Alfred Koubek, Jürgen Weingartner, Otto Überlacher, Emil Holper, Kurt Freudenthaler, Walter Schneider, Hans Schuller, Herbert Zahradnicek, Rudolf Fabian (Sektionsleiter); kniend, v. l. n. r.: Werner Eisler, Karl Zahradnicek, Peter Henner, Fritz Prohaska, Peter Mohr, Jan Kaspar, Herbert Haiszan und Klaus Weingartner (Spielertrainer).

auf ein Produkt des Geldgebers bezog. Der Kader wurde mit Hilfe des frischen Kapitals durch die tschechoslowakischen Teamspielern Julius Cernicky und Jan Kaspar verstärkt, Klaus Weingartner übernahm den Posten des Spielertrainers. Der Einsatz von Legionären führte jedoch nicht zum erhofften Erfolg. Wieder musste gegen den Abstieg gespielt werden, und am Ende der Saison 1969/70 erreichten die ambitionierten Wiener nur den sechsten Platz unter acht Bundesligisten. Im Folgejahr setzte der WEV auf kanadische Härte statt auf tschechoslowakische Technik. Trainer Dave Smith und die Spieler Jerry Wright und Arthur John Haines wurden für viel Geld verpflichtet. Das Konzept des Trainers konnte jedoch nicht umgesetzt werden, und so schlitterte der Verein bereits nach wenigen Spielen in eine Krise, die in schlechten Ergebnissen und internen Konflikten ihren Ausdruck fand. Die Saison beendete der WEV auf dem unzufriedenstellenden sechsten Platz.

Abb. 2.56: Spielertrainer Adolf Bachura, 1964.

ein rasanter aufstieg und ein tiefer fall

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Rivalitäten und Streitigkeiten Ab der Saison 1971/72 sollte es mit dem Wiener Eishockey wieder bergauf gehen. Der WEV bekam mit Manfred Mautner Markhof, dem Vorstandsvorsitzenden der Brauerei Schwechat, einen zahlungskräftigen Sponsor und mit dem neu gegründeten Team des WAT Stadlau einen ernstzunehmenden Lokalrivalen, der mit den ersten in Westeuropa verpflichteten sowjetischen Legionären Juri Morosow und Valeri Nikitin in die Premierensaison startete. Außerdem lockten die Stadlauer Arthur Marczell und Winfried Mühr vom WEV weg, außerdem standen mit den Routiniers Walter Znenahlik und Adolf Bachura zwei weitere ehemalige WEV-Spieler im Kader des Liganeulings. Weiters musste der WEV die Abgänge von Werner Eisler, Herbert Haiszan, Kurt Freudenthaler und Peter Klimovic verkraften, konnte aber Josef Schwitzer

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der KAC für sich entschied. Dem WEV, der den dritten Platz belegte, wurden jedoch wegen des Einsatzes eines nicht-spielberechtigten Spielers zu Saisonende 16 Punkte abgezogen, sodass das Team hinter den Lokalrivalen aus Stadlau auf den fünften Rang zurückfiel.

Erstmals Playoffs Auch in der Spielzeit 1973/74 setzte der Verein mit Frank P. Carney auf einen kanadischen Trainer. Außerdem konnten die Legionäre Bill Buba und Bob Halpenny verpflichtet sowie das Nachwuchstalent Josef Höring in das Team integriert werden. In diesem Jahr wurde der Meister erstmals in einem Playoff der nach dem Grunddurchgang vier bestplatzierten Teams ermittelt und das Semifinale und Finale im Best-of-Five-Modus ausgespielt. Der WEV erreichte die

vom Innsbrucker EV verpflichten und reaktivierte den bereits 39-jährigen ehemaligen Nationalteamspieler Guggi Tischer. Nach zehn Spielen kehrte Haiszan zurück und stürmte wieder für den WEV. Die Zuschauerzahlen in der Donauparkhalle stiegen nun wieder an, vor allem die Duelle mit dem Erzrivalen KAC und die sogenannten Bierkrügel-Derbys zwischen dem von der Brauerei Schwechat gesponserten WEV und dem von der Brau AG unterstützen Verein aus Stadlau erwiesen sich als ­Publikumsmagneten. Während der WEV auf Härte setzte, fanden die Stadlauer mit spielerischem Können zum Erfolg und erreichten auf Anhieb den dritten Rang. Für den WEV stand ein weiterer Vizemeister zu Buche. Die Spieler des WEV sorgten in dieser Saison mit unsportlichen Härteeinlagen auf und abseits des Eises für Schlagzeilen. Ein Match gegen den KAC wurde zum Skandalspiel, das letzte Derby gegen Stadlau artete ebenfalls aus, sodass sieben Spieler längere Strafen erhielten und Trainer Dave Smith sich sogar wegen des An-

Playoffs, schied jedoch im Semifinale nach fünf Spielen gegen den KAC aus. Das Playoff-System führte nicht zur erwünschten Qualitätssteigerung, weshalb es bereits in der Folgesaison wieder abgeschafft wurde. Die Meisterschaft 1974/75 dominierte von Beginn an der ATSE Graz, der schlussendlich den KAC als Meister ablöste. Auch der neuverpflichtete Trainer Ed Stankiewicz, ein ehemaliger NHL-Spieler, und die beiden Legionäre Robert Roselle und Douglas Acomb konnten beim WEV keine Trendwende herbeiführen. Die Kanadier benötigten eine Weile, um sich an die in Europa größer dimensionierte Eisfläche zu gewöhnen und blieben hinter den Erwartungen zurück. Nicht nur die Funktionäre verloren die Geduld, auch immer weniger Fans fanden den Weg in die WIG-Halle. Am Ende der durchwachsenen Saison lag man erneut auf dem vierten Tabellenrang. Nach den bescheidenen Ergebnissen in den Vorjahren entschied sich der WEV, in der Saison 1975/76 verstärkt auf talentierte Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu

griffs auf einen Polizeibeamten zu verantworten hatte. Der Start des WEV in die Saison 1972/73 ging gehö-

setzen. Klaus Weingartner übernahm den Trainer- und Managerposten im Verein. Das junge Team agierte je-

rig daneben. Das Team spielte schlecht und schwächte sich zusätzlich durch interne Konflikte. Statt Dave Smith stand nun der kanadische Geschichtelehrer Harry Boyd als Trainer an der Bande. Josef Schwitzer verließ den Verein, Werner Eisler und Rudolf Keil unterschrieben für den WEV. Es entwickelte sich ein Dreikampf zwischen dem KAC, ATSE Graz und WEV um den Meistertitel, den letztlich

doch zu unroutiniert und wurde hinter Stadlau Letzter. Erst in der Relegation konnte ein Bundesliga-Startplatz für die darauffolgende Spielzeit gesichert werden. Nach dem schwachen Abschneiden der beiden Wiener Vereine wurde einerseits über eine Fusion, andererseits über den Bau einer modernen Eishalle zur Verbesserung der Trainingssituation nachgedacht.

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Absturz Mit Juri Baulin wurde in der Saison 1976/77 erstmals ein sowjetischer Trainer vom WEV verpflichtet, Klaus Weingartner blieb als Manager tätig. Die Wiener hatten vor dem Beginn der Meisterschaft noch als Geheimtipp gegolten, starteten gut in die Saison und führten nach dem ersten Durchgang. Nach dem verpatzten zweiten Durchgang, bei dem der WEV nur zwei Punkte holte, landete das Team an vierter Stelle. Bei den letzten Heimspielen waren nur mehr 200 bis 300 treue Anhänger in der Halle anwesend. In der Spielzeit 1977/78 kümmerte sich der Politiker Heinz J. Stingl um das Management des WEV-Eishockeyteams. Den vielen Abgängen – u. a. beendeten Werner Eisler und Peter Henner ihre Karrieren – stand nur der Transfer von Goalie Fritz Holzer aus Kapfenberg gegenüber. Der WEV versuchte aus der Not eine Tugend zu

Abb. 2.57: Kurt Harand, der zweifache Olympia-Teilnehmer, verbrachte bis auf zwei Saisonen seine gesamte Spielerkarriere beim WEV, hier in den 1990er-Jahren.

machen und setzte auf junge Spieler wie Peter Martinek, Gerhard Danis sowie Alexander und Arno Gruber. Dem Team gelangen zwar zu Beginn der Saison einige Überraschungen, am Ende jedoch wurde der WEV nur Siebenter und damit Vorletzter vor dem Villacher SV.

Legionäre und Heimkehrer

Neue Stärken, altes Pech

Um wieder vorne mitspielen zu können, wurde für die Saison 1978/79 der Kader durch zahlreiche erfahrene Spieler verstärkt. Von Salzburg kamen Walter Znenahlik, nun als Trainer, und die Spieler Rick Cunningham, Roger Lamoureux, Erik Pfeiffer, Peter Rykowsky und Silvester Staribacher nach Wien. Fritz Prohaska kehrte aus Kapfenberg und Walter Schneider aus Feldkirch in die Bundeshauptstadt zurück. Auch die Shootingstars Kurt Harand und Hans Schuller aus dem eigenen Nachwuchs waren mit dabei. Die Meisterschaft wurde abermals in einem neuen Modus ausgetragen. Die vier bestplatzierten Teams des

Erneut suchte der WEV das Heil in der Veränderung. Für die Meisterschaft 1979/80 wurde die Mannschaft mit Nationalteamkapitän Herbert Haiszan, der vom KAC zu seinem Stammverein zurückkehrte, sowie den Legionären Bill Gilligan und Mike Hyndman verstärkt. Der WEV dominierte den Grunddurchgang, und fast wäre es gelungen, die Vorherrschaft des Abonnementmeisters KAC nach 17 Jahren zu brechen. Doch am Ende der auf zwölf Spiele erweiterten Meisterrunde ging dem zumeist mit nur zwei Linien spielenden WEV die Kraft aus. Das Team kämpfte bis zuletzt und erreichte mit einem Punkt

Grunddurchgangs (28 Spiele), darunter der WEV, qualifizierten sich für die Meisterrunde, die vier Letztplatzier-

Rückstand auf Klagenfurt den zweiten Platz. Dazu gewann Bill Gilligan sowohl den Titel des Torschützen- als

ten spielten gegen den Abstieg. War der Grunddurchgang noch vom Duell Kapfenberg gegen Klagenfurt geprägt, entwickelte sich die Meisterrunde bis zum letzten Spieltag zu einem Vierkampf um den Titel. Schließlich entschied das Duell WEV gegen KAC die Meisterschaft. Die Klagenfurter gewannen das Spiel mit 4:1 und damit den Meistertitel, die Wiener landeten auf dem dritten Rang.

auch des Punktekönigs. In 40 Spielen hatte er 67 Tore und 63 Assists erzielt. Kurioses Highlight des Duells mit dem KAC war ein sensationelles Tor von Klaus Brabant. Der Kärntner Verteidiger schoss in einem Befreiungsschlag den Puck aus dem Verteidigungsdrittel gegen die Bande, von wo er abpralle und am unkonzentrierten WEV-Goalie Fritz Prohaska vorbei zum 2:1 für die Klagenfurter ins Tor kuller-

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te. Pechvogel Prohaska wechselte nach der Saison zum Wiederaufsteiger Stadlau, Hans Schuller und Herbert Haiszan verließen ebenfalls den Verein. Der Grunddurchgang der Saison 1980/81 verlief daraufhin durchwachsen. Erst vier Runden vor Schluss konnte sich der WEV mit einem 2:1-Sieg gegen Salzburg für die Meisterrunde qualifizieren. Diese wieder auf einen Durchgang verkürzte Runde verlief für die Wiener

tete der Verein den ehemaligen tschechoslowakischen Team-Goalie und zweifachen Vize-Weltmeister Marcel Sakac sowie die Routiniers Greg Holst und Hans Schuller aus Innsbruck. Gilligan übernahm den Trainerposten von Znenahlik, musste aber während der Saison wieder die Eislaufschuhe anziehen, um spielerisch auszuhelfen. Mit dem vierten Rang nach 28 Spielen konnte sich der WEV problemlos für die nun sechs Mannschaften umfassende Meisterrunde qualifizieren und beendete die Saison als Dritter. Im Sommer verließen sowohl Bill Gilligan als auch der tschechoslowakische Interimstrainer Jozef „Joschi“ Golonka den Verein. Golonka sollte nach der Station in Wien zu einer der schillerndsten Trainerpersönlichkeiten im internationalen Eishockey werden. Gilligan kehrte

besser als erwartet. Zu Saisonende musste man sich jedoch dem VSV geschlagen geben, der erstmals den Meis-

nach Engagements in der Schweiz und den USA nach Österreich zurück und war von 2009 bis 2011 Trainer der

tertitel nach Villach holte. Dem WEV blieb ein weiteres Mal nur der Vizemeistertitel.

Österreichischen Nationalmannschaft. Vor Saisonbeginn 1982/83 ließ der WEV mit den Verpflichtungen von Brett Callighan und Nelson Pyatt, zweier Spieler mit NHL-Erfahrung, aufhorchen. Aus Salzburg kam Goalie Brian Stankiewicz, aus Klagenfurt Günther Koren. Der US-amerikanische Trainer Don Cahoon, dem Gerhard Hausner als Co-Trainer zur Seite stand, sollte das Team zum Meistertitel führen. Die Legionäre konnten je-

Abb. 2.58: Knapp am Meistertitel vorbei. Stehend, v. l. n. r.: Hans Schuller, Mike Hyndman, Kurt Harand, Silvester Staribacher, Walter Schneider; Mitte, v. l. n. r.: Bill Gilligan, Alexander Gruber, Gerhard Frank, Peter Martinek, Gerhard Danis, Gerhard Hausner; sitzend, v. l. n. r.: Fritz Prohaska, Herbert Haiszan, Arno Gruber, Walter Znenahlik, Rick Cunningham, Ludwig Füle und Erich Roth, 1979/80.

Unruhe Auch in der folgenden Spielzeit 1981/82 wurde wieder kräftig in neue Spieler investiert. Nach den Abgängen der Leistungsträger Cunningham und Hyndman verpflich-

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Schreiber, Kurt Starkbaum, Silvester Szybisty und den Goalies Andreas Salat und Rudolf Scholz für die Saison in der zweiten Liga. Mit dem US-Amerikaner John Johannson wurde außerdem ein Topstürmer mit NHL-Erfahrung geholt, der mit 41 Toren in 23 Spielen einen maßgeblichen Anteil am Gewinn des Nationalliga-Titels und somit am Wiederaufstieg des WEV in die Bundesliga hatte.

Abb. 2.59: Trainer Gerhard Hausner, 1987.

Das Ende der Eishockeysektion im Wiener Eislauf-Verein

doch den hohen Erwartungen nicht gerecht werden und wurden noch während der Saison durch Mike Zettel und Mike Fiedler ersetzt. Nach dem Grunddurchgang war der WEV noch auf Rang drei gelegen, rutschte jedoch

Die Saison 1985/86 begann mit der Ausgliederung der Eishockeysektion aus der Wiener Eissport-Vereinigung im Wiener Eislauf-Verein. Die anderen Sportsektionen konnten und wollten die hohen Kosten des Profi-Betriebs nicht länger mittragen, woraufhin ein eigenständiger, namensgleicher Eishockeyverein gegründet wur-

aufgrund der Offensivschwäche nach der Meisterrunde in der Abschlusstabelle auf den enttäuschenden fünften Platz zurück. Der Abwärtstrend des WEV setzte sich in der darauffolgenden Spielzeit fort und endete in einer veritablen Krise. Gerhard Hausner, der dem WEV als Spieler und Trainer mehr als ein Jahrzehnt lang treu geblieben war, und Goalie Stankiewicz verabschiedeten sich Richtung Stadlau. Trotz akuter Geldprobleme wurden mit Kris Manery, Daniel Mc Carthy und Greg Moore weitere Spielertransfers getätigt und mit Dave Smith ein Coach aus Übersee engagiert. Trotz der großen Investitionen lag der WEV nach dem Grunddurchgang nur auf dem vorletzten Platz. In der Abstiegsrunde sollte es aber noch schlimmer kommen: Dank grandioser Leistungen des Grazer Offensivspielers Steve Jensen gelang es dem Aufsteiger, alle drei Spiele gegen den WEV zu gewinnen. Obwohl der Grazer SV im Grunddurchgang mit 16 Punkten Rückstand klares Schlusslicht gewesen war, stieg am

de. Der „neue“ WEV, der nun von Anton Gruber, einem ehemaligen Vorstandsmitglied des Eislauf-Vereins, geleitet wurde, engagierte Trainer Gerhard Stächelin sowie die Legionäre Milan Novy, Steve Stockman und Robin Sadler. Auch der amtierende Nationalteamkapitän Kurt Harand unterschrieb beim ambitionierten neuen Club, und der junge Andreas Salat debütierte in der Bundesliga im Tor. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass die Mannschaft mit der Konkurrenz nicht mithalten konnte. Nach dem fünften Platz im Grunddurchgang fiel der WEV sogar hinter den EHC Lustenau auf Rang sechs zurück.

Ende der Saison der WEV ab. Funktionäre, Spieler und Fans des WEV mussten sich

Darren Lowe und Lubomír Pěnička. Auch Günther Koren, Daniel Kump und Peter Znenahlik, Sohn der öster-

in der Saison 1984/85 mit der Teilnahme an der Nationalliga, Österreichs zweithöchster Spielklasse, abfinden. Dave Smith räumte den Platz für den tschechoslowakischen Spielertrainer Jiří Holík, und auch der Kader wurde stark verändert. Neben Leistungsträger Kurt Harand und den enttäuschenden Legionären verließen zehn weitere Spieler den Verein. Die Wiener rüsteten sich mit Peter Kaut, Klaus Kutschbach, Dominik Ludwigstorff, Thomas

reichischen Eishockey-Legende Walter Znenahlik sen., stießen hinzu. Der junge Martin Ulrich, der später in der Deutschen Eishockey Liga Karriere machen sollte, kam zu seinem ersten Einsatz in der Bundesliga. Nach einem verpatzten Saisonstart und Unstimmigkeiten zwischen dem Trainer und der Mannschaft wurde Stächelin durch Heimkehrer Gerhard Hausner an der Bande ersetzt. Das Team brachte fortan deutlich bessere Leistungen, fuhr

Mit altem Namen in eine neue Ära Während für die Spielzeit 1986/87 die Mannschaft an mehreren Positionen umgebaut wurde, blieben Präsident Gruber und Trainer Stächelin im Amt. Als Torhüter wurde Martin Satorina verpflichtet, aus dem Ausland kamen der Verteidiger Marty Wiitala sowie die Stürmer

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zeit 1987/88 einen neuen Trainer. Frisches Kapital dafür kam vom Sponsor „IWW“ (Ing. Walter Weiss). Im Grunddurchgang erbrachte das Team, in dem nun wieder Andreas Salat im Tor stand, wieder gute Leistungen und konnte erstmals nach vier Jahren den Erzrivalen aus Klagenfurt besiegen. Als Tabellen-Zweiter ging der WEV in die Playoffs, wo nach den Niederlagen gegen Villach und Klagenfurt der Traum vom Meistertitel abermals platzte. Auf zwei Vizemeistertitel folgte in der Spielzeit 1988/89 eine in jeder Hinsicht misslungene Saison. Erst hielt die Abwehr nicht, später trafen die Stürmer nicht. Hinzu kam ein verletzungsbedingter Ausfall von Kurt Harand und ein teaminterner Konflikt, der die Mannschaft schwächte. Der Vorstand ersetzte Trainer Hausner durch Walter Znenahlik sen., aber auch ihm gelang die Wende nicht. Der fünfte und vorletzte Platz nach dem zweiten Durchgang bedeutete das vorzeitige Saisonende für die

Abb. 2.60: Trainerfuchs mit Nachwuchs, v. l. n. r.: Walter jun., Walter sen. und Peter Znenahlik, 1980.

aber auch immer wieder unnötige Niederlagen ein. Tiefpunkt war ein Match gegen Lustenau, das der WEV nach einer 5:2-Führung aus taktischen Gründen unentschieden enden ließ, um im Playoff dem KAC zu entgehen. Nachdem die Wiener im Halbfinale den Innsbrucker EV mit 3:1 Siegen abgefertigt hatten, wartete im Finale der ewige Rivale KAC. Das hochemotional geführte Finalduell konnten die Klagenfurter klar mit drei Siegen in drei Spielen für sich entscheiden. Der WEV wurde Vizemeister und Gewinner der Fair-Play-Trophäe. Trotz der erfolgreichen Vorsaison verpflichtete der WEV mit dem Schweden Andreas Sörensen für die Spiel-

Abb. 2.61: Nationalteamkapitän Kurt Harand mit seinen beiden Söhnen Patrick (l.) und Christoph zu Besuch bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 1987 in Wien.

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Cracks aus Wien. Der Verein war nicht nur sportlich, sondern aufgrund der jahrelangen verfehlten Einkaufspolitik mit zum Teil „überbezahlten“ Spielern auch finanziell schwer angeschlagen. Einziger Lichtblick der Saison war Martin Ulrich, der den Durchbruch schaffte und zu einem fixen Bestandteil der Mannschaft wurde. Nach der Saison wurde Harand an Meister Innsbruck verliehen, Richard Grenier und Günther Koren verließen ebenfalls den WEV.

Neulinge und Abschiede Nach dem vorangegangenen Krisenjahr hatte der WEV 1989/90 bei seinen Fans einiges gut zu machen. Mit Pavel Volek aus der Tschechoslowakei kam ein neuer Trainer, der rund um die Neuzugänge Randy Boyd, Marty Dallman, Don Nachbaur und Gary Venner ein schlagkräftiges Team zu formen versuchte. Nachdem sich die Mannschaft in der neuen 8er-Liga mit einem sechsten Tabellenplatz nach dem Grunddurchgang für das Playoff qualifiziert hatte, blieb es im Viertelfinale gegen den Villacher SV chancenlos. Überschattet wurde das Saisonende vom tödlichen Autounfall des ehemaligen Bundesligaspielers und Manager-Sohns Arno Gruber. In die Spielzeit 1990/91 startete der WEV mit Valentin Gurejew als Trainer und dem 1985 zurückgetretenen ehemaligen WEV-Spieler Herbert Haiszan als Manager. Kurt Harand kehrte nach einer Saison in Innsbruck zurück, und mit Werner Kerth aus Kapfenberg wurde ein zweiter Nationalteamspieler verpflichtet. Mithilfe der erfahrenen Spieler Bill Campbell, Peter Szybisty und dem russischen Stürmer Alexander Zybin sollte der WEV wieder für positive Schlagzeilen sorgen. Nach dem Grunddurchgang lag die Mannschaft auf dem dritten Rang, im Viertelfinale wurde Innsbruck in fünf Spielen bezwungen. Im Halbfinale war jedoch Schluss, die Serie gegen den Rekordmeister aus Klagenfurt ging mit 3:1 verloren. Nach 24 Jahren verabschiedete sich der WEV mit einer Niederlage aus der Eishalle im Donaupark. Nachdem die Umweltbehörde der Gemeinde Wien eine erhöhte Me­ thankonzentration in der Umgebung festgestellt hatte, musste der Betrieb in der WIG-Halle, die auf einer ehemaligen Mülldeponie errichtet worden war, eingestellt werden. Das Gebäude wurde wenig später abgerissen.

Das Ende des WEV

immer tiefer in eine Finanzkrise. Zudem stand zu Ende der Saison auch fest, dass die geplante Eishalle in der Donaustadt viel später fertiggestellt werden würde als ursprünglich vorgesehen. Nichtsdestotrotz ging der Verein wieder auf Einkaufs­ tour und verpflichtete für die Saison 1991/92 acht neue Spieler. Neben den Veränderungen im Team und dem Bezug der neuen Spielstätte war der Verein auch mit einer Umstellung des Ligabetriebs konfrontiert. Gemeinsam mit Vereinen aus Italien und Slowenien wurde die sogenannte Alpenliga gegründet; neben Villach, Innsbruck und Klagenfurt nahmen auch die Wiener an diesem internationalen Bewerb teil. Im Anschluss an die Alpenliga-Meisterschaft setzte ab Dezember die Österreichische Meisterschaft ein, zu der, neben den vier österreichischen Vertretern der Alpenliga, der EC Graz, EHC Feldkirch und EC Zell am See hinzukamen. Die erste Alpenliga-Saison verlief weder sportlich noch wirtschaftlich nach Plan. Schon im Herbst drohte der Trainings- und Spielbetrieb im WEV zusammenzu-

Für die Übergangszeit, bis zur Fertigstellung einer neu-

brechen. Der Österreichische Eishockeyverband sprang für den angeschlagenen Verein ein und sicherte die Spie-

en Eisarena, wurde der WEV von der Stadt Wien in der Sporthalle Hopsagasse in der Brigittenau einquartiert. Der Umzug verlieh dem WEV jedoch den Todesstoß. Rasch offenbarte sich, dass die kleine Halle, die noch dazu über eine schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr und viel zu wenige Parkplätze verfügte, unattraktiv für Zuschauer war. Die Einnahmen aus den Ticketverkäufen gingen enorm zurück und der WEV schlitterte

lergehälter bis zum Jahresende. Durch den Verkauf des Rohdiamanten Martin Ulrich konnte der Betrieb vorerst aufrechterhalten werden. Die vorzeitige Ablöse von Trainer Valentin Gurejew durch den Schweden Claes-Göran Wallin belastete das Budget des WEV zusätzlich, da die Gage des Russen weiterbezahlt werden musste. Die sportlichen Leistungen verbesserten sich durch den Trainerwechsel ein wenig, die Saison retten konnte

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Abb. 2.62: Bad News im Kurier: „Der WEV steht vor dem Ende!“

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aber auch Wallin nicht mehr. In der Alpenliga verpasste der WEV mit Rang fünf in Gruppe A die Playoffs deutlich, und auch die Österreichische Meisterschaft endete für die Wiener mit dem sechsten Platz vorzeitig. Am Ende der Saison war der Verein zahlungsunfähig und wurde in den Ausgleich geschickt. Da auch der Lokalrivale Stadlau mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, einigte man sich auf eine Kooperation, um dem drohenden Konkurs zu entgehen. Nach einer Saison als Spielgemeinschaft unter dem Namen EC Wien in der Nationalliga lösten sich im Jahr 1993 sowohl der WEV als auch der WAT Stadlau

neue Albert-Schultz-Eishalle in Wien Kagran bezog und an der Bundes- und Alpenliga teilnahm. Aus Marketinggründen änderte der Verein, der in keinem Verhältnis zum Wiener Eislauf-Verein gestanden war, 1997 seinen Namen in Wiener Eishockey Verein und trat drei Saisonen lang mit der allseits bekannten Abkürzung WEV an. Im selben Jahr wurde Walter Wasservogel, der im WEV als Spieler groß geworden war und als Funktionär in den Sechziger- und Siebzigerjahren den professionellen Eishockeysport in Wien und Österreich aufgebaut hatte, in die Hall of Fame der Internationalen Eishockey-Föderation (IIHF) aufgenommen. Das neue Jahrtausend brachte – nach der Auflösung des Wiener Eishockey Vereins aus wirtschaftlichen Gründen – der Bundeshauptstadt mit den Vienna Capitals ein neues Profi-Team, das im Jahr 2005, erstmals nach 43 Jahren, den Meistertitel wieder nach Wien holte. Seit einigen Jahren treffen sich immer freitags ehe-

endgültig auf. So fand nach 16 Meistertiteln seit Einführung des Spiels mit dem Puck, die alle zwischen 1923

malige Cracks des WEV und des WAT Stadlau im Wiener Eislauf-Verein, um gemeinsam zu trainieren und zu

und 1962 errungen worden waren, die knapp 80-jährige Eishockey­geschichte des Wiener Eislauf-Vereins ein unrühmliches Ende.

spielen. Den Vienna Veterans, wie sich das Hobby-Team nennt, gehört u. a. auch Michael Berger an, die „Eishockey-Stimme“ des ORF, der zwischen 1976 und 1981 über einhundert Spiele für den WEV absolvierte und mit dem Team zweimal Vizemeister wurde.

Abb. 2.63: Die Wiener Eishockey-Veteranen. Stehend, v. l. n. r.: Thomas Schweda, Kurt Freudenthaler, Peter Friese, Günther Stockhammer, Peter Klimovic, Conny Dorn, Herbert Haiszan, Farzam Rossoukhi, Gernot Asanger, Gerry Höss, Chris Michule; kniend, v. l. n. r.: Manfred Neisser, Michael Berger, Gugi. Nicht auf dem Foto: Daniel Kump, Dominik Ludwigsdorff, Martin Mader, Manfred Mühr und Walter Znenahlik jun., 2017.

Neustart in Wien Als Nachfolgeverein der beiden Traditionsvereine wurde 1994 der CE Wien gegründet, der im Jänner 1995 die

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Die Wirtschaftskrise und ein folgenschwerer politischer Umbruch Österreich schien sich in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre von der tiefen Nachkriegskrise wirtschaftlich erholt zu haben. Doch nur wenige Jahre später verdüsterte sich die Lage in Österreich erneut. Die innenpolitischen Gegensätze zwischen den Regierungsparteien spitzten sich zu, und die durch den New Yorker Börsenkrach vom 29. Oktober 1929 ausgelöste Weltwirtschaftskrise erfasste Österreich ab 1930 mit voller Härte. Noch verzeichnete der WEV in der Saison 1929/ 30 den höchsten Mitgliederstand in der Vereinsgeschichte, tätigte umfangreiche Investitionen im Sport- und Kulturbereich und kündigte ein großes Modernisierungsprojekt an. Namhafte Architekten wie Hugo Mayer, Otto Prutscher und das Büro Theiß & Jaksch wurden beauftragt, Entwürfe für eine Generalsanierung des Grundstückes auszuarbeiten. Das Ziel des Architekten Viktor Jonkisch beispielsweise war es, den Wiener Eislauf-Verein zu einer Sehenswürdigkeit Wiens zu machen. Sein Konzept sah einen Gebäudeneubau mit einer Tribünenanlage auf dem Dach, Wohnungen für Angestellte und eine Parkanlage innerhalb des Areals vor. Die weltweite Wirtschaftskrise machte jedoch vor dem Zaun des Wiener Eislauf-Vereins nicht Halt und wirkte sich schon bald auf den Betrieb aus: Die Mitgliederzahlen und Tageseinnahmen gingen stark

Abb. 2.64: Tennisplätze bei Nacht, 1930.

zurück, und statt Investitionen zu tätigen, war der Verein nun gezwungen, Sparmaßnahmen in allen Bereichen durchzusetzen. Der Betrieb der Kunsteisbahn wurde einschränkt, die Zahl der Feste und Konzerte reduziert, Gehälter gekürzt und das vorgesehene Renovierungsprojekt abgeblasen. Um das Budgetloch zu stopfen, setzte die Vereinsleitung nun auf die Vermietung des Eislaufplatzes in den Sommermonaten. Als sichere Einnahmequelle erwiesen sich die 18 neu geschaffenen Tennisplätze, die bis in die späten Abendstunden voll ausgelastet waren. Im Sommer 1932 gastierte erstmals ein Motorsport-Event am Heumarkt. Der Wiener Eislauf-­Verein veranstaltete in Kooperation mit der ­Österreichischen Motor-Rennfahrer-Vereinigung eine mehrtägige DirtTrack-Meisterschaft. Der in den USA boomende Motorradsport hatte bereits bei Veranstaltungen in England und Deutschland enormen Zuspruch erfahren, sodass sich die Organisatoren erhofften, ein ähnlich großes Publikumsinteresse in Wien wecken zu können. Bei Dirt-Track, das heute noch als populärer Show-Sport betrieben wird, handelt es sich um eine spezielle Form des Motorradfahrens, das sich von Straßen- oder Sandbahnrennen dahingehend unterscheidet, dass auf einem künstlich hergestellten tiefen und rutschigen Untergrund gefahren wird. Der WEV-Platz eignete sich optimal für die Errichtung einer 300 Meter langen und zehn Meter breiten

Abb. 2.65: WEV-Tennisspielerin, 1931.

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Abb. 2.66: Werbeplakat, Sommer 1932.

ovalen Aschenbahn, auf die eine 20 Zentimeter hohe Auflage aus Schlacke aufgetragen wurde. Darüber hinaus verfügte der WEV über eine Beleuchtungsund Lautsprecheranlage, die für die in den Abendstunden stattfindenden Rennen erforderlich war. Das Fahrerfeld setzte sich aus österreichischen Motorradfahrern wie den bekannten Sandbahnspezialisten Leopold Killmeyer, Herrmann Gunzenhauser und Martin Schneeweiß zusammen, die gegen Profis aus Dänemark, Deutschland, England oder Frankreich antraten. Ein Rennen ging über fünf Runden, es wurde in verschiedenen Motorklassen gefahren und die Sieger erhielten Geldpreise. Am 19. Juli 1932 fand das erste Rennen statt, tags zuvor verfolgten bereits 2000 neugierige Motorsportfans das Training am Heumarkt. Bis zum Herbst wurden insgesamt sechs gut besuchte Renntage ausgerichtet. Trotz des finanziellen Erfolgs fanden in den darauffolgenden Sommern keine Rennen mehr auf dem

Platz des Wiener Eislauf-Vereins statt. Seine Blütezeit in Österreich erlebte der Motorradsport erst nach dem Zweiten Weltkrieg.

Abb. 2.67: Leopold Killmeyer auf dem WEV-Platz vor dem ersten DirtTrack-Rennen am 19. Juli 1932.

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Abb. 2.68: Fritzi Burger und Karl Schäfer in Lake Placid, in: Wiener Bilder, 14. Februar 1932.

Nach dem Zusammenbruch der größten Kommerzbank des Landes, der Creditanstalt, im Mai 1931, geriet die gesamte österreichische Volkswirtschaft ins Wanken. Zur Rettung der Bank, von der zwei Drittel der österreichischen Industriebetriebe abhängig waren, wurden insgesamt 779 Millionen Schilling an öffentlichen Mitteln aufgewendet. Um das Staatsbudget einigermaßen ausgeglichen zu halten, mussten Kürzungen bei Investitionen, Gehältern und Sozialleistungen vorgenommen werden. Die an sich schon niedrige Sportförderung erfuhr dadurch einen weiteren drastischen Einschnitt, sodass der Österreichische Hauptverband für Körpersport lediglich zwei Eissportler zu den Olympischen Winterspielen 1932 nach Lake Placid/USA entsenden konnte. Die Ausgaben für die Reisekosten sollten sich allerdings lohnen: Karl Schäfer vom VKE wurde erstmals in seiner Karriere Olympiasieger, die WEV-Läuferin Fritzi Burger holte hinter ihrer Dauerkonkurrentin Sonja Henie die Silbermedaille. Im Anschluss an die Spiele reisten die beiden Wiener nach Montreal/Kanada weiter, wo sie mit dem gleichen Ergebnis die Weltmeisterschaften absolvierten. Ihre Rückkehr nach Wien wurde zum Triumphzug. An allen großen Stationen des „Arlberg Expreß“, wie Abb. 2.69: Der Eislaufplatz in der Saison 1930/31.

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etwa in Innsbruck, Kitzbühel oder Linz, versammelten sich Menschenmengen, um den erfolgreichen Athleten zuzujubeln. Mit großer Verspätung traf der Zug am Zielort, dem Wiener Westbahnhof, ein, wo sie von zahlreichen Journalisten und Sportfunktionären sowie mehreren Tausend Fans stürmisch empfangen wurden, wie das Sport-Tagblatt am 14. März 1932 berichtete. In ihren kurzen Ansprachen am Bahnhof erklärten Karl Schäfer und Fritzi Burger nach der langen Reise, dass sie sich jetzt besonders auf das eigene Bett und das Wiener Essen freuen würden. Insgesamt sechsmal verwies die Norwegerin Sonja Henie Fritzi Burger bei Großveranstaltungen auf den „Ehrenplatz“. Im Jahr 1994 hatte Fritzi Russel, wie sie nach ihrer zweiten Hochzeit hieß, die Niederlagen offenbar gut verkraftet und fasste in einem Interview mit der New York Times die weit in der Vergangenheit zurückliegende Rivalität der beiden Eiskunstläuferinnen mit Humor zusammen: „Ich hatte zwei Ehemänner. Sie hat mich sogar dar­ in geschlagen. Sie hatte drei.“ (The New York Times, 28. Jänner 1994)

Die Instrumentalisierung des (Eis-)Sports durch das Dollfuß/Schuschnigg-Regime Nach dem Ersten Weltkrieg unterbrach 1933/34 ein politischer Umsturz in Österreich abermals den „Höhenflug“ des WEV: Vor dem Hintergrund der anhaltenden internationalen Wirtschaftskrise und verstärkt durch eine rigide Sparpolitik der Regierung zu Beginn der 1930er-Jahre stieg die Arbeitslosigkeit drastisch an. Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen zwischen der regierenden konservativen Christlichsozialen Partei und den Sozialdemokraten führten zu einer innenpolitischen Krise, die den Aufstieg der Nationalsozialisten in Österreich begünstigte. Da die christlichsoziale Bewegung immer mehr Stimmen verlor, entschloss sich die Parteiführung, den wachsenden politischen Einfluss der Opposition durch die Abkehr von der parlamentarischen Demokratie einzudämmen. Die demokratischen Strukturen wurden mit dem Verfas-

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sungsbruch 1933 – der Ausschaltung des Parlaments – zerschlagen und durch ein autoritäres, ständestaatliches Herrschaftssystem ersetzt. Die nachfolgenden Kanzlerdiktaturen der aus dem christlichsozialen Lager stammenden Politiker Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg wurden in der Verfassung vom 1. Mai 1934 festgeschrieben. Die neu gegründete Einheitspartei Vaterländische Front (VF), die aus der Christlichsozialen Partei hervorging, hatte durch das Verbot oppositioneller Bewegungen und Parteien, wie der Kommunistischen Partei und der NSDAP ab 1933 sowie der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei nach den blutigen Februarkämpfen 1934, die politische Monopolstellung inne. Mit der Transformation der parlamentarischen Demokratie der Ersten Republik zum autoritären Kanzlerregime vollzog sich zwischen 1933/34 und 1938 eine Umgestaltung des Staates, die nicht nur politische, sondern zahlreiche andere Bereiche des alltäglichen Lebens erfasste und auch dem Sport neue Rahmenbedingungen aufzwang. Ziel der austrofaschistischen Sportpolitik war es, alle Bereiche des Sports und der Körperertüchtigung zentral zu verwalten und dadurch in den Dienst der Gesamtpolitik zu stellen. Dazu wurden die Turn- und Sportverbände bzw. -vereine in der sogenannten Öster­ reichischen Sport- und Turnfront (ÖSTF) zusammengefasst. Ausgenommen waren die Vereine des Arbeitersports und des deutschnationalen ­„Lagers“, die liquidiert wurden. Der neuen in der VF eingegliederten Organisation stand als „Oberster Sportführer“ Ernst Rüdiger Starhemberg vor, der über die Abhaltung und Terminierung aller Sportveranstaltungen, die Beschickung von Wettkämpfen und die Subventionierung des gesamten Sport­ wesens entschied. Der Vorstand des Wiener Eislauf-Vereins begrüßte die neue hierarchische Organisation des österreichischen Sports, profitierte er doch als international angesehener Sportverein von speziellen Fördermaßnahmen der ÖSTF im Bereich des Spitzensports. Eine staatliche Subvention ermöglichte den im Vorfeld der Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen als „Medaillenhoffnungen“ titulierten Eiskunstläufern und Eiskunstläuferinnen Felix Kaspar, Grete Lainer und Bianca Schenk im

Abb. 2.70: Die Nachwuchshoffnungen des WEV: Felix Kaspar, Bianca Schenk, Hanne Niernberger und Grete Lainer, 1935.

Sommer 1935 ein mehrwöchiges Trainingslager in den Kunsteishallen Londons zu absolvieren. Die politische Instrumentalisierung des Sports schlug sich auch in der propagandistischen Inszenierung von prestigeträchtigen Siegen österreichischer Sportler und Sportlerinnen nieder, zu denen Vertreter und Vertreterinnen des WEV einen großen Beitrag leisteten: Massenwirksam sollte das nach dem Zusammenbruch der Monarchie zu einem Kleinstaat geschrumpfte Österreich nach innen und außen als selbstbewusste Nation präsentiert werden. Um der auch im Sport wirkenden nationalsozia­ listischen Einflussnahme entgegenzutreten, untersagte „Sportführer“ Starhemberg 1935 alle Sportkontakte mit Deutschland. Hintergrund dieser Maßnahme war, dass zahlreiche Vereine und Verbände wie etwa der Deutsche und Oesterreichische Alpenverein oder der Österreichische Skiverband bereits „Arierparagraphen“ in den Statuten veran-

kert hatten. Doch bereits 1936 war der außenpolitische und wirtschaftliche Druck NS-Deutschlands so groß, dass Schuschnigg den antinationalsozialistischen Kurs, der infolge von nationalsozialistischen Terroranschlägen in Österreich und der Ermordung Dollfuß’ eingeschlagen worden war, aufgeben musste. Im Zuge dessen wurden auch wieder die Sportbeziehungen zum Nachbarland aufgenommen, und eine österreichische Delegation konnte an den IV. Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-Partenkirchen teilnehmen. Das Österreichische Olympische Comité nominierte insgesamt 60 Athleten und Athletinnen, 32 vertraten den Eissport. Dem WEV gehörten 20 Olympioniken an, darunter sechs Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen (Eleonore Bäumel, Felix Kaspar, Grete Lainer, Emil Ratzenhofer, Bianca Schenk, Fritz Wächtler), acht Eisschnellläufer (Wilhelm Löwinger, Ferdinand Preindl, Karl Prochaska, Rudolf Riedl, Gustav Slanec, Max Stiepl,

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Abb. 2.71: Karl Schäfer als Fahnenträger der österreichischen Olympia-Delegation in Garmisch-Partenkirchen, 1936. Abb. 2.72: Werbeplakat des WEV, 1932.

Abb. 2.73: Ludwig Fänner wurde 1933 zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt.

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Rudolf Urban, Karl Wazulek) und sechs Eishockeyspieler in den Reihen der Österreichischen Nationalmannschaft (Friedrich Demmer, Lambert Neumaier, Willibald Stanek, Hans Trauttenberg, Rudolf Vojta, Hermann Weiß). Athleten und Athletinnen des Eissport-Klub Engelmann sowie der Eislaufvereine Wörthersee und Leoben komplettierten die größte Eissport-Abordnung in der olympischen Geschichte Österreichs. Karl Schäfer wurde bei „Hitlers Generalprobe“ für die im darauffolgenden Sommer stattfindenden Propagandaspiele in Berlin Olympiasieger, Felix Kaspar Dritter. Ilse und Erik Pausin holten im Paarlauf ebenfalls eine Bronzemedaille, so wie auch Max Stiepl im Eisschnelllaufen. Nach den für Österreich erfolgreichen Spielen in Garmisch-Partenkirchen „belohnte“ Sportführer Starhemberg die Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit einem mehrwöchigen Erholungsurlaub im Salzkammergut und im Schloss Schielleiten in der Obersteiermark.

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Vor dem Hintergrund der anhaltenden Wirtschaftskrise steuerte der Wiener Eislauf-Verein aufgrund der drastisch sinkenden Mitgliederzahlen dem finanziellen Kollaps entgegen. Zählte der Verein in der Saison 1932/33 noch 7475 Mitglieder, so fiel der Stand in der Saison 1936/37 auf 5515. Die Einbußen im Bereich der Mitgliedsbeiträge hatten zur Folge, dass auch in den Sportsektionen Kürzungen vorgenommen werden mussten. Besonders hart traf es die Eisschnellläufer, die nicht mehr zu Titelkämpfen ins Ausland fahren konnten. Auch die Tagesgäste litten unter den Einsparungen: 1936 musste die 10.000 Quadratmeter große Eisfläche aus betriebswirtschaftlichen Gründen auf 6000 Quadratmeter zurückgebaut werden. Letztlich ließ es sich nicht vermeiden, Personalentlassungen vorzunehmen. Zu dieser Zeit war bereits jeder vierte Erwerbstätige in Österreich ohne Arbeit. Um der ebenfalls krisengebeutelten Wiener Bevölkerung den Besuch des Eislaufplatzes zu ermög-

lichen, verbilligte der WEV die Eintrittspreise für Tagesbesucher, erhöhte das Freikartenkontingent des Wiener Stadtschulrates auf 10.000 Stück und unterstützte im Rahmen der Möglichkeiten auch karitative Projekte und Einrichtungen, wie etwa die Winterhilfe, zu deren Gunsten Schaulaufveranstaltungen durchgeführt wurden. In der Krisensaison 1936/37 feierte der Verein sein 70-jähriges Bestehen und gleichzeitig 25 Jahre Kunsteisbahn. Im Tätigkeitsbericht zog der Verein Bilanz und präsentierte imposante Zahlen: So zählte der WEV seit der Gründung über drei Millionen Tagesgäste (Mitglieder nicht eingeschlossen) und ­ mehr als eine halbe Million Besucher und Besucherinnen seiner Kultur- und Sportveranstaltungen. Im Dezember 1936 war der WEV erstmals Schauplatz von Filmaufnahmen. Im österreichischen ­Spiel­film „Millionenerbschaft“ (Eda-Filmproduktion Wien) wirkten 50 Frauen und Männer des WEV an einer Eistanzszene mit. Die Feierlichkeiten rund um das Jubiläumsjahr wurden – unter Aufwendung der letzten finanziellen Ressourcen – der Tradition entsprechend mit einer Eissportwoche im Februar 1937 begangen, deren Höhepunkt die Eiskunstlauf-Weltmeisterschaft der Herren bildete. Felix Kaspar gewann vor heimischem Publikum seinen ersten von zwei Weltmeistertiteln. Mit dem Ende der Saison 1937/38 trat Präsident Ludwig Fänner nach 25 Jahren in leitenden Positionen aus gesundheitlichen Gründen zurück. Er war der letzte frei gewählte Präsident, bevor auf der Grundlage nationalsozialistischer Gesetze ein „Vereinsführer“ an die Spitze des Wiener Eislauf-Vereins trat.

Abb. 2.74: Das wohl bekannteste Foto des Doppel-Weltmeisters Felix Kaspar, 1937.

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Abb. 2.75: Felix Kaspar (hier 1936) vor dem Eingang des Wiener Eislauf-Vereins auf der Johannesgasse.

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Die Naturgeschichte des Eisläufers Von Julius Edhoffer (1928) (Druckereiunternehmer in Wien, Eisläufer, Preisrichter, Mitglied des Verwaltungsausschusses und Kunstlaufreferent des Wiener Eislauf-Vereins, Vorstandmitglied des Österreichischen Eislauf-Verbandes) „Der Eisläufer gehört zu den Säugetieren und ist hauptsächlich über die nördliche Hemisphäre unseres Erdballes verbreitet. Er bildet eine große Gruppe, die wieder in verschiedenen Gattungen, Arten, Abarten und Unarten zerfällt. Der Eisläufer kommt einzeln, paarweise, in Rudeln, ja sogar in Parteien, Vereinen und Verbänden vor. Von Natur aus gutmütig, darf man ihn jedoch nicht reizen, sonst wird er wild. Er nährt sich durchschnittlich von Tee mit Rum, heißen Würsteln und Stingl-Stangln, an kalten Tagen verkriecht er sich gerne in die Bufett- und Garderoberäume, denn er ist nur Plus-Temperaturen gewöhnt. Der Eisläufer bringt lebende Junge zur Welt, welche leicht an der Anschlußkarte erkennbar sind. Er bewegt sich zwei- oder vierbeinig fort auf der sogenannten Kunsteisbahn, die ihren Namen davon herleitet, weil es oft eine Kunst ist, dort weiterzukommen. Zunächst haben wir die Spezies der Randler: Der Randler ist die primitivste Art der Eisläufer. Bevor er gehen oder rutschen kann, schwimmt er und gehört einstweilen noch zu den Fischen, erst nach und nach entwickelt er sich zum Säugetier und lebt außer von ob-

denn dort ist seine Gattin oder dergleichen. Gewöhnlich dergleichen. Der Randler läuft gerne mit einer anderen. Die Randlerin tut dasselbe. Der Randler erreicht unter den Eissäugetieren das höchste Alter, weil er sich infolge seiner Gutmütigkeit weniger ärgert, wie die anderen Arten. Exemplare fremder Gattungen läßt er widerspruchslos in seinem Gebiete sich herumtummeln. Eine Sonntags-Spezies der Randler sind die sogenannten Schleifer: An Sonn- und Feiertagen treten sie in Rudeln auf. Sie schleifen teils auf zwei, teils auf vier Beinen oder sie bewegen sich zuweilen stundenlang im Kadettensprung fort, wodurch sie allen jenen imponieren, die

genannten Nahrungsmitteln noch von den spärlichen Passagen, die ihm die Kunstläufer und der Tanzkreis

von ihnen niedergestoßen werden. Während der ganzen Woche lebt der Schleifer in Ottakring und den daran

überlassen, doch damit ist er merkwürdigerweise froh und zufrieden. Er kommt zumeist in Paaren vor und äußert sein Wohlbefinden durch Schmusen. Er bewegt sich stets harmlos im Kreise herum, nur bei Konkurrenzen oder Hockey-Matches erklettert er bisweilen die höchsten Gipfel der Tribünen, da ihm kein eigener Bewegungsraum mehr belassen ist, und läßt sich dort alles gefallen, was man ihm darbietet. Gelegentlich steuert er ans Ufer,

grenzenden Dschungeln, den Urwäldern des Draschefeldes und im tiefsten Innern von Hernals. Nur am Sonntag verläßt er seine Jagdgründe, um einmal in der Woche auch woanders entgegenschleifen zu können. Manche von ihnen finden ihr Hauptvergnügen im Bremsen, was ihnen in den seltensten Fällen jedoch rechtzeitig gelingt. Als zweite Gattung folgt nun die interessante Spezies der Tanzbären: Diese ist schon weniger duldsam. In sei-

Abb. 2.76: Frosch.

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Abb. 2.77: Affe.

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nem Bereiche duldet der Tanzbär kein noch so freundlich gesinntes Wesen anderer Art, das sich nicht ebenso geschickt bewegen kann. Diese Spezies zeichnet sich durch seinen schrillen Ruf vor allen anderen aus, der sich

in sich. Er gehört zu den schnellsten seiner Art, solange es keine schnelleren gibt. Eine weitere interessante Art ist der Hockeyspieler. Er ist zum Unterschied von allen andern mit einem Totschläger bewaffnet, der dazu dient, den Exemplaren derselben Art das Fortkommen zu erschweren, in seltenen Fällen erwischt er auch einmal die Scheibe, um sie dann entweder in kühnem Schwung an dem Tor vorbeizuführen, was dann gewöhnlich mit »U je« bezeichnet wird oder aber in einem, schönen Offsidespiel dem Schiedsrichter Gelegenheit zu geben, in sein Pfeiferl zu blasen, was derselbe immer gern tut, um zu zeigen, daß er auch auf der Welt ist. Nun komme ich zur Gattung der Kunstläufer mit der hochgezüchteten Abart der Konkurrenten: Diese Gattung hat ihren eigenen Dompteur oder Trainer. Sie lebt nur einzeln, ist scheu und wortkarg, schaut selten

ungefähr anhört, wie: »Bitte zur Mitte, zur Mitte bitte!« Jedes Exemplar hat die Eigenart, daß es besser tanzt wie alle anderen, die gar nichts können. Seine Art kommt nur im Rudel vor, in dem sich die einzelnen Exemplare gelegentlich ausweichen, gewöhnlich aber aneinanderprallen, was zu verschiedenen teils unartikulierten Lauten, aber auch zu sehr Verständlichen Äußerungen führt. Kurzum, es gibt oft einen Wirbel ... der Tanzbär gehört somit zu den Wirbeltieren. Seine Gangart ist gewöhnlich der Schöllerschritt, öfter auch der Shimmy, Herzlwalzer etc. Oft kann er das noch nicht gut, dann kommt er in das Ordnungskomitee, ich dem er dann mit gutem Beispiel vorangehen muß und infolgedessen weniger wie die anderen reden darf. Zwischen 6 und 8 Uhr wird der Tanzbär wild, denn die Musik regt ihn auf. Er haut dann zuweilen auch aus, deshalb darf niemand zu ihm und er ist während dieser Zeit in einem mit starken Seilen umspannten Boxring abgeschlossen. Entfernen sich gelegentlich einzelne Exemplare allein vom Rudel

andere Arten an und ist hermetisch in einem Heiligtum zu seinem und dem Wohl der anderen abgeschlossen. Die einzelnen Individuen bewegen sich fast nur in Ornamenten und leben nach Paragraphen. Sie blicken zumeist zu Boden, offenbar um nach kleinen Insekten zu suchen. Einige bewegen sich häufig in der Luft und berühren nur zeitweise den Boden, wobei sie viel über die Achsel schauen, was man Axel Paulsen nennt. Nur wenige Exemplare sind groß und die meisten sind Weibchen. Am Land gehen sie auf Lederschützern. Auf ihr Gebiet sind sie sehr eifersüchtig und geben davon nicht das geringste ab. Was sie dagegen gerne abgeben, das sind Nennungen. Jährlich im Jänner oder Februar prallen verschiedene Gruppen dieser Spezies aufeinander, um sich die Hörner abzustoßen, dann sind sie wieder ein ganzes Jahr lang aufeinander böse. Ihre Haare haben sie zumeist den Preisrichtern ausgerissen, an denen sie oft kein gutes zurücklassen. Daher hat auch mancher von diesen schon eine Platte, auf der ihn dann friert. Das ist

während dieser Zeit, so haben sie Ausschußsitzung und setzen eine ernste Miene auf. Seine Jungen läßt er, wie

aber nicht die Gefrierplatte, die liegt etwas tiefer. Die so unbeliebte Abart der Preisrichter will ich aber keines-

der Kuckuck seine Eier in fremden Nestern, im Gebiete der Randler zurück. Der Schnelläufer ist eine der schwerst zu beschreibenden Gattungen, weil er immer davonläuft. Mit großer Mühe ist es der Wissenschaft gelungen, ihn im Fluge zu beobachten. Er trägt gewöhnlich den Rüssel weit vorn, die Flossen über dem Rücken gekreuzt und fliegt fast wie ein Vogel, vereinigt also scheinbar alle drei Tierreiche

wegs hier übergehen. Bevor ich zu dieser komme, möchte ich noch eine wichtige Gruppe erwähnen. Jährlich im Oktober findet eine Generaljagd statt, bei welcher aus dem großen Wildbestand stets einige ausgeschossen werden. Das ist dann der Ausschuss. Das einzelne Exemplar heißt auf lateinisch: Comitatus Administrativus. Der C.A. lebt viele Stunden in der Woche in einem abgesonderten, rauchi-

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erstarrten Hirn werden dann allmählich wieder die vier Rechnungsarten beigebracht, was nicht immer gelingt, denn es gibt auch eine Menge Bruchrechnungen. Äußerlich zeichnet sich der Preisrichter noch durch Frostbeulen, erfrorene Zehen und blaue Nasen aus. Bei Konkurrenzen muß sich immer ein Teil ärgern. Dieser Ärger wird nach ganzen, halben und viertel Punkten bemessen und je nachdem es der Mühe wert ist, mit Wertziffern multipliziert. Dadurch entsteht die Platzziffer. Manche Konkurrenten kriegen vor ihr die Platzfurcht, ob diese dann vor Wut zerplatzen sollen, entscheidet die Majorität der Preisrichter. Unterdessen werden diese in der Klausur, falls sie es nicht schon früher geworden sind, zu Laberln. Wenn das geschehen ist, kommen sie heraus und gestehen schüchtern durch ihren Obmann, daß sie nicht jeden auf den ersten Platz gesetzt haben, was man ihnen schwer anrechnet. Die überlebenden Preisrichter

gen Lokal, dem Verwaltungskäfig. Dort beschließt er mit bestem Wissen und Gewissen eine Menge guter Dinge, die dann allen anderen nicht passen. Man nennt das Verwaltung. Eine Unterart, der Referentius, gehört zu den Prellböcken und ist daher Paarhufer. Manche von ihnen sind Künstler, denn sie verstehen es virtuos, Interpellanten stets an andere Referate zu verweisen. Nunmehr komme ich zu den Preisrichtern: Der Preisrichter gehört in die Gruppe der »Armen Waserln«. Man unterscheidet Verbands-Waserln, Internationale Waserln und Meisterschafts-Preiswaserln. Alle diese werden ernannt oder gewählt. Dem Gewählten tut dann die Wahl weh, doch dafür kommt er in den Himmel, denn er ist

Abb: 2.78: Katzenkinder bei einem Faschingsfest.

räumen dann eiligst den Platz und es soll schon einmal einer mit einem blauen Auge davongekommen sein, was jedoch von den Eisgelehrten vielfach angezweifelt wird. Einige Exemplare sind mit krassen Fehlern behaftet, dadurch entstehen oft krasse Fehlwertungen, die sie zuweilen mit Argumenten zu verteidigen suchen, gewöhnlich unterlassen sie dies jedoch, weil ihnen eh nix geschieht. Die übrigen leiden zwar darunter und werden pauschaliter unschuldig beschimpft, woraus die ersteren wieder die Konsequenzen ziehen und weiter als Fehl-Preisrichter fungieren.“ (Sport im Wiener Eislauf-Verein, 21. Dezember 1928)

Abb. 2.79 (Folgeseite): Blick vom Stadtpark auf den Wiener Eislauf-Verein um 1938.

ein Märtyrer. Je nach dem Embonpoint sind die Preisrichter auf der Brust oder auf dem Bauche durch eine weiße Tabelle gekennzeichnet, damit sie sich deutlich von den freien Staatsbürgern unterscheiden. Man sieht sie selten frei herumlaufen, denn sie frieren zumeist an die Gefrierplatte für viele Stunden an. Nach erfüllter Pflicht werden sie dann durch heißen Tee aufgetaut, um sofort in die Klausurzelle zur Tabellenrechnung gesperrt zu werden. Falls sie dann die Kiefer nicht noch zum Klappern brauchen, dürfen sie dort wieder das erstemal reden. Dem

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1938–1945 Der Wiener Eislauf-Verein in der NS-Zeit

„Der erfolgreichste Eissportverein im Reich.“ (Wiener Mittag, 27. März 1941)

I

n der umfangreichsten und bisher letzten Chronik des Wiener Eislauf-Vereins, die Franz Heinlein im Jahr 1967 als Festschrift zum ­ 100-jährigen Bestehen verfasste, werden die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft auf dem Gebiet Österreichs zwischen 1938 und 1945 als „dunkle Zeit“ bezeichnet, die Entwicklung des Vereins in dieser Periode allerdings nicht näher dokumentiert. Wenig bekannt ist demnach, dass die Athleten und Athletinnen des WEV zu den erfolgreichsten des Deutschen Reiches zählten. Der Verein stellte Jahr für Jahr in den unterschiedlichen Altersklassen Reichsmeister und Reichsmeisterinnen im Eiskunstlaufen, Eisschnelllaufen und Eishockey, bildete Nachwuchs in den Sportsektionen der Hitlerjugend und des Bunds Deutscher Mädel aus und organisierte Veranstaltungen, die den Leitmotiven der nationalsozialistischen Propaganda folgten. Nicht bekannt ist, dass nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten die große gesellschaftliche und politische Bandbreite im WEV vollkommen

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Abb. 3.1: Saisonausklang 1938.

zerstört wurde. Viele Mitglieder wurden auf Anweisung der neuen Machthaber aus dem Verein ausgeschlossen und in weiterer Folge auf der Grundlage der rassistischen und diskriminierenden NS-Gesetze vertrieben oder ermordet. Viele Fragen hinsichtlich der Entwicklung des Wiener Eislauf-Vereins in der Zeit des totalitären NS-Regimes blieben bisher unbeantwortet. Wer waren die zentralen Akteure auf Funktionärsebene? Wie wirkten sich ihre Entscheidungen auf den Sportbetrieb und das gesellschaftliche und kulturelle Programm des Vereins aus? In welcher Form wurden NS-Ideologie und Rassismus im Vereinsleben praktiziert? Wie gelang vor dem Hintergrund der sozioökonomischen Veränderungen der Kriegsjahre die Aufrechterhaltung des Sportbetriebs? Das folgende Kapitel will diese Leerstelle in der Vereinsgeschichte schließen.

Die politischen Rahmenbedingungen Mit dem Juliabkommen 1936, einer Vereinbarung zur „Normalisierung“ der bilateralen Beziehungen,

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setzte unter dem Druck der Nationalsozialisten eine schrittweise Annäherung Österreichs an das Deutsche Reich ein, und die seit dem Parteiverbot 1933 in die Illegalität gedrängten Nationalsozialisten kehrten auf die politische Bühne in Österreich zurück. Trotz der Zentralisierung des österreichischen Sports in der Österreichischen Sport- und Turnfront war es dem austrofaschistischen Regime zwischen 1933 und 1938 nicht gelungen, die seit Jahrzehnten etablierte bürgerlich-liberale Sportbewegung in poli­tischer und ökonomischer Hinsicht zu indoktrinieren. In den meisten Fällen, wie auch im Fall des WEV, hatten die Vereine die Kontrolle über die Ausgestaltung des Vereinslebens und des Tagesgeschäfts behalten. Zu tatsächlich einschneidenden Änderungen in der Organisationsstruktur des Sports kam es mit dem „Anschluss“ Österreichs an NS-Deutschland im März 1938. Der nun durch die Nationalsozialisten eingeleitete Gleichschaltungsprozess zielte auf die Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens ab. Für den Vereinssport bedeutete dies die Liquidierung jener Vereine, die der NS-Ideologie widersprachen.

Jüdische Vereine, wie etwa der Sportclub Hakoah, aber auch die Christlich-deutsche Turnerschaft Österreich wurden aufgelöst und das Vereinseigentum beschlagnahmt. Der Arbeitersport war bereits in der austrofaschistischen Ära radikal beseitigt worden. Jene Vereine, die weiterbestehen durften, wurden in den durch die Nationalsozialistische Arbeiterpartei (NSDAP) betreuten Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) überführt, unter kommissarische Verwaltung gestellt und durch personelle und organisatorische Maßnahmen nach nationalsozialistischen Grundsätzen ausgerichtet. Zum Sportführer der „Ostmark“ – wie das Gebiet Österreichs ab 1939 hieß – wurde mit Friedrich Rainer ein Nationalsozialist „der ersten Stunde“ ernannt. Im Fokus der NS-Sportpolitik standen die körperliche Ertüchtigung im Sinne der Militarisierung sowie der Erziehung zur „Volksgemeinschaft“. Der primär durch Vereine forcierte Leistungssport sollte dem Nationalsozialismus ideologisch, (sport-)politisch, national und finanziell dienlich gemacht werden. Entsprechend dem Aufbau der NSDAP gliederte sich der NSRL in 19 Bereiche, die in Gaue, Bezirke und Kreise unterteilt waren. Die „Ostmark“ wurde zum „Sportbereich XVII“ des NSRL, dem die Gaue Kärnten, Niederdonau, Oberdonau, Salzburg, ­Steiermark, Tirol-Vorarlberg und Wien angehörten. Die Organisation des gesamten Sportwesens wurde 25 Fachämtern, als Nachfolgeorganisationen der Sportverbände, übertragen. Der Eissport wurde im „Fachamt 13 für Eis- und Rollsport“ verwaltet. Der Wiener Eislauf-Verein musste die Einheitssatzungen der NSRL annehmen und einen Vereinsführer bestimmen. Formal behielt der Verein seine Selbstständigkeit, stand jedoch unter der Aufsicht des Gausportführers in Wien, SA-Brigadeführer, Stadtrat und Vizebürgermeister der Stadt Wien Thomas Kozich. Dieser erwies sich nicht nur als ein großer Förderer des Wiener Fußballs, sondern vertrat auch mehrfach sportorganisatorische und wirtschaftliche Anliegen des Wiener Eissports, insbesondere des Wiener Eislauf-Vereins, vor NSDAP-Funktionären in Berlin. Zum Gaufachwart für den Eis- und Rollsport wurde mit Otto Polacsek, dem Eisschnell­laufEuropameister von 1925, ein ehemaliger Athlet und Angehöriger des Wiener Eislauf-Vereins bestellt.

Abb. 3.2: Ein Förderer des WEV: Vizebürgermeister von Wien und Gausportführer SA-Brigadeführer Thomas Kozich um 1938.

Die „Anschluss“-Saison „Wir, der Verwaltungsausschuß des Wiener Eis­ lauf-Vereines, geloben in diesem feierlichen Augen­ blicke, daß wir mit voller Kraft den nationalsozia­ listischen Sportideen dienen wollen, auf welchem Platze immer uns die neue Führung des Gaues 17 und der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen bei der Neugestaltung des gesamten Sportwesens stellen möge. [...] Unsere weltbekannten Schnelläu­ fer werden Deutschland auf diesem Sportgebiet in die vorderste Reihe rücken; unsere Weltmeister im Eiskunstlaufen und seine weibliche und männliche Gefolgschaft müssen dem deutschen Eissport neue Ehren bringen; [...] die anerkannte Technik unserer Eishockeymannschaft wird sich mit deutscher Spiel­ kraft zu Höchstleistungen verbinden. [...] Nun dan­ ken wir unserem Führer Adolf Hitler noch einmal als deutschvölkische Menschen, daß er uns eintreten ließ in die angestammte große deutsche Heimat. Wir danken ihm aber auch als deutsche Sportler für die Aufnahme in die Sport-Großmacht Deutschland!“ (WEV-Vizepräsident Ernst Brückner, in: WEV, Tätigkeitsbericht 1937/38)

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Abb. 3.3: Gaumeisterschaften im Eiskunstlaufen 1938. V. l. n. r.: Karl Schäfer, Erich und Ilse Pausin, Gaufachwart Otto Polacsek, Emmy Puzinger und Edi Rada.

Mit diesen Worten formulierte der damals amtierende Vizepräsident des Wiener Eislauf-Vereins, Ernst Brückner, in einer Vorstandssitzung im März 1938 seine vorauseilende Zustimmung zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, der mit der Volksabstimmung vom 10. April politisch legitimiert wurde. Obwohl die Wirtschaftskrise der Dreißigerjahre den Wiener Eislauf-Verein hart getroffen hatte, konnten die Sportler und Sportlerinnen – trotz ungünstiger Trainingsbedingungen aufgrund der verkleinerten Eisfläche und eingeschränkter Eiszeiten – ihr Leistungsniveau halten. Felix Kaspar gewann im Jänner 1938, knapp zwei Monate vor dem „Anschluss“, in St. Moritz den Europameistertitel, wenig später im Sportpalast von Berlin den Weltmeistertitel. Im Jänner fanden letztmals Österreichische Meisterschaften im Eiskunstlaufen statt, b ­ evor sie in der darauffolgenden Wintersaison durch die sogenannten Gaumeisterschaften ersetzt wurden. Während der Betrieb im Wiener Eislauf-­Verein nach dem „Anschluss“ unverändert fortgesetzt wurde, arbeitete man intern bereits am Umbau der Vereinsstruktur. Eine für den 28. Juni geplante ­außerordentliche Generalversammlung, in der die Annahme der Einheitssatzungen beschlossen sowie die Bestellung des Vereinsführers und zweier Rechnungsprüfer erfolgen sollte, wurde kurzerhand abgesagt. Grund dafür war die ungewisse Zukunft des

WEV, dessen finanzielle Lage mittlerweile so dramatisch war, dass sie nur mithilfe eines Kredites durch die Stadt gesichert werden konnte. Wiens Gauleiter Odilo Globocnik hatte größtes Interesse am Fortbestand des Vereins, da er „eine günstige Entwicklung des Wiener Eislaufvereines für den künftigen Aufbau Wiens“ zu einer Großstadt im Deutschen Reich als notwendig erachtete. Um die Auflösung des Traditionsvereins zu verhindern, wurde einen Tag vor der geplanten Versammlung der seit 1932 für die Betriebsleitung zuständige WEV-Mitarbeiter Adolf Eder auf Wunsch des Gauleiters zum kommissarischen Verwalter „mit allen Rechten und Pflichten eines Vereinsführers“ ernannt und der bisherige Verwaltungsausschuss abgesetzt. Als kommissarischer Verwalter widmete sich Eder, der am 1. Mai 1938 der NSDAP beigetreten war, umgehend und ohne vereinsinterne Kontrollinstanzen der dringlichen Erledigung wirtschaftlicher und organisatorischer Fragen, zu denen auch der Ausschluss jüdischer Mitglieder zählte.

Abb. 3.4: Einladung zur (abgesagten) außerordentlichen Generalversammlung am 28. Juni 1938 mit dem Vermerk „Juden haben keinen Zutritt“.

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Die „Arisierung“ des Vereins und ihre Folgen Antisemitistische Tendenzen hatten sich auf dem Gebiet Österreichs in verschiedenen Segmenten des öffentlichen Lebens bereits vor der Wende zum 20. Jahrhundert entwickelt. Nicht zuletzt mitverantwortlich für diesen Trend war Wiens Bürgermeister Karl Lueger, der während seiner Amtszeit zwischen 1897 und 1910 Antisemitismus erstmals offen als politisches Propagandamittel zur Schaffung eines Feindbildes einsetzte. Im bürgerlichen Sportbereich wurden Juden und Jüdinnen etwa durch die Einführung von „Arierparagraphen“ in deutschnational gesinnten Vereinen und Verbänden diskriminiert. In den 1920er-Jahren nahmen schließlich auch rassistisch motivierte Gewalttaten gegen jüdische Sportler und Sportlerinnen im öffentlichen Raum – vor allem auf Fußballplätzen und in Schwimmstadien – stark zu. Häufig betroffen von Übergriffen war der jüdisch-zio­ nistische Sportclub Hakoah, aber auch jüdische Angehörige nicht-jüdischer Vereine wurden zur Zielscheibe. Im Jahr 1932 berichtete ein Zuschauer eines Eishockeyspiels zwischen den bei-

den traditio­ nell konkurrierenden großen Wiener Klubs, EK Engelmann und Wiener Eislauf-Verein, die Anhänger des Vorstadtklubs hätten den Gegner explizit als „Judenmannschaft“ beschimpft. In der Tat standen im Kader des WEV-Teams mehrere jüdische Spieler. Die Mitglieder, Funktionäre und Sportler des Eislauf-Vereins kamen aus allen Bevölkerungsschichten; einen hohen Anteil machten Angehörige des assimilierten jüdischen Bürgertums aus, die das Vereinsleben von seiner Gründung an maßgeblich mitgestaltet hatten. Als Ort der Geselligkeit und Freizeitgestaltung bot der WEV Juden und Jüdinnen die Möglichkeit, sich außerhalb der zionistischen oder orthodoxen jüdischen Sportvereine zu organisieren, die seit der Jahrhundertwende aufgrund des zunehmenden Antisemitismus in Wien gegründet worden waren. Deutliche Hinweise auf die starke Präsenz jüdischer Mitglieder im Eislauf-Verein finden sich in den Tätigkeitsberichten des WEV: Im Anhang des Berichts aus der Saison 1936/37 ist eine Mitgliederliste abgedruckt, die 5515 Namen umfasst. Bis zu diesem Zeitpunkt können innerhalb des Wiener Eislauf-Vereins keine antijüdischen Tendenzen nachgeAbb. 3.5: Eishockeyspiel am Heumarkt, 1933.

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Abb. 3.6: Tätigkeitsbericht des Wiener Eislauf-Vereins über die Saison 1936/37 mit einem 28-seitigen Mitgliederverzeichnis. Abb. 3.7: Tätigkeitsbericht über die Saison 1937/38 ohne Mitgliederverzeichnis.

wiesen werden. Umso zügiger erfolgte unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtübernahme die erste Maßnahme, die alle Mitglieder des Vereins verpflichtete, eine „Ariererklärung“ im Sekretariat zu hinterlegen. Im Tätigkeitsbericht der Folgesaison 1937/38, der die Aktivitäten des Vereins bis zum 30. Juni 1938 dokumentiert, wird der Mitgliederstand „[n]ach Durchführung der Arisierung des Vereines“ mit 2764 Personen beziffert. Bereits zum Juni 1938 – also nur drei Monate nach dem „Anschluss“ – waren die nach den nationalsozialistischen „Rassegesetzen“ als „jüdisch“ definierten Personen aus dem Verein verbannt worden. Folglich reduzierte sich der Mitgliederstand um die Hälfte. Die treibende Kraft dahinter war Adolf Eder, der diese Maßnahme vollzog, noch bevor die Exklusion von Juden und Jüdinnen durch die Einführung der Einheitssatzungen des Nationalsozialistischen Reichsbunds für Leibesübungen obligatorisch wurde. Zwar sahen die Einheitssatzungen keinen expliziten „Arier­ paragraphen“ vor, doch war die Mitgliedschaft von

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Juden und Jüdinnen mit § 2 (die Selbstverpflichtung des Vereins, die Mitglieder im Geiste des nationalsozialistischen Volksstaates zu erziehen) nicht vereinbar. Für Juden und Jüdinnen bedeutete der Ausschluss aus dem Sportverein nur eine von zahlreichen diskriminierenden Maßnahmen und Verordnungen, die den Zugang zum öffentlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben sukzessive einschränkten. Angehörige der Familien E ­ phrussi, Gerngroß oder Rothschild, die in mehreren Gene­ rationen dem Verein angehört hatten, wurden ebenso ausgeschlossen wie viele Hunderte Personen, die nicht derart im Mittelpunkt des Wiener ­Gesellschafts- und Wirtschaftsleben standen. Die Diversität der Mitglieder des WEV wird besonders daran augenscheinlich, dass neben den zahl­reichen bis zum Jahr 1938 im Verein integrierten ­Juden und Jüdinnen auch die Ehefrau und Tochter des letzten Bundeskanzlers der Ersten Republik Arthur Seyß-Inquart (11.–13. März 1938), der das

Gesetz zum „Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich“ unterzeichnet hatte und während der NS-Zeit zu einem der führenden Nationalsozialisten aufstieg, Mitglieder des Vereins waren. Acht Monate lang stand Adolf Eder in seiner Funktion als kommissarischer Verwalter an der Spitze des Vereins, bevor in einer außerordent­ lichen Mitgliederversammlung am 23. Februar 1939 SA-Brigadeführer Heribert Seidler einstimmig zum Vereinsführer gewählt wurde; im Rahmen dieser Sitzung erfolgte schließlich auch die Annahme der NSRL-Einheitssatzungen. Eder wurde von Seidler, der zuvor in keinem Naheverhältnis zum WEV gestanden war, zu seinem ständigen Vertreter ernannt und behielt die Kompetenzen im Bereich der Geschäftsleitung. Zudem richtete der Vereinsführer einen neunköpfigen Beirat ein, um Fragen des Tagesgeschäfts und des Sportbetriebs zu erörtern. Ihm gehörten bei seiner Einberufung folgende Personen an: Franz Benisch, Adolf Branowitzer, Franz Heinlein, Josef Ketele, Karl Kirchberger, Willy Löwinger, Hans Meixner sowie Casimir und Eva Reisinger. ­Neben dem Beirat tagte mindestens einmal monatlich der sogenannte Ältestenrat, der Empfehlungen in organisatorischen und technischen Angelegenheiten aussprach. Die alleinige Entscheidungsbefugnis oblag dem Vereinsführer, der alle grundlegenden Beschlüsse in Absprache mit Eder fasste. Auch auf Funktionärsebene zeigte der Ausschluss jüdischer Personen Konsequenzen: Den 1939 neu konstituierten Gremien gehörten nur zwei der vor 1938 im Vorstand vertretenen Funktionäre an. So wurde beispielsweise Oskar Schlesinger, der langjährige Leiter der Eishockeysektion und Präsident des ÖEHV, aufgrund seiner jüdischen Wurzeln aus dem Verein ausgeschlossen. Er fiel wenig später der rassistischen Verfolgungspolitik der Nationalsozialisten zum Opfer und wurde 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt ermordet.

Zum „Dietwart“, der laut Einheitssatzungen der NSRL die ideologische Ausrichtung des Vereins im Sinne der nationalsozialistischen Sportpolitik zur Umsetzung bringen sollte, wurde im November 1939 Ernst Brückner bestellt, der die eingangs zitierte flammende Rede zum „Anschluss“ gehalten hatte. Die wichtigsten Positionen auf Funktionärsebene im WEV waren also rasch mit parteinahen Personen besetzt – die Umgestaltung des Vereins nach nationalsozialistischen Vorgaben konnte nun problemlos fortgeführt werden. Im Wissen, der Massenausschluss würde dem Wiener Eislauf-Verein die wirtschaftliche Grund­ lage entziehen, zögerten die Vereinsverantwort­ lichen dennoch nicht, die „Arisierung“ zügig durch­zuführen. In kürzester Zeit häuften sich hohe Schulden bei öffentlichen Stellen wie den Elektrizitäts- und Wasser­werken sowie der Krankenkassa an. In Gausportführer Thomas Kozich, mit dem Adolf Eder gute Kontakte pflegte, fand der WEV einen namhaften Fürsprecher, dem viel daran lag, „die weltberühmte Wiener Kunstlaufschule zu erhalten“. In seinem Auftrag führte das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Wien im Juni 1939 eine „Untersuchung der finanziellen Lage“ des WEV durch und stellte im Abschlussbericht offiziell fest, dass „durch das Ausscheiden der Juden aus dem Verein

Abb. 3.8: Adolf Eder auf dem Fordson-Eistraktor, 1938.

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Abb. 3.10: Idi Papez und Karl Zwack bei einem Schaulaufen am Heumarkt.

Abb. 3.9: Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen auf einer Schiffsreise nach New York, 1935. Sitzend, v. l. n. r.: Idi Papez, Vivi-Anne Hultén, Maxi Herber; stehend, v. l. n. r.: Karl Zwack und Ernst Baier.

fast die Hälfte der bisherigen Mitglieder weggefallen sind“, was zu einem beträchtlichen Rückgang der Mitgliedsbeiträge geführt habe, über die sich der Verein zu einem großen Teil finanziert hatte. Auch bei den Tageseinnahmen waren durch den „Entfall ­jüdischer B ­ esucher“ starke Verluste zu verzeichnen. Die ­Unter­suchungsergebnisse wurden an den neuen Gauleiter Josef Bürckel weitergeleitet, der dem renommierten Eissportverein Unterstützung zu­ sicherte. In diesem Zusammenhang profitierte der WEV direkt von den Arisierungsmaßnahmen der Nationalsozialisten: Das Budgetloch sollte durch einen zynisch als „Spende“ bezeichneten Betrag von rund 50.000 Reichsmark ausgeglichen werden. Die Mittel dazu stammten aus der Vermögensverkehrs-

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stelle, jener Institution, die für die Durchführung des systematischen Vermögensentzuges von Juden und Jüdinnen zuständig war. Diese „Subvention“ war jedoch bald aufgebraucht, und der WEV stand mit Saisonbeginn 1939/40 erneut vor dem Bankrott. Auffallend ist, dass viele jüdische Sportler und Sportlerinnen des Wiener Eislauf-Vereins Österreich vor dem „Anschluss“ verließen, wobei nicht auszuschließen ist, dass politische Gründe für den Entschluss zur Ausreise eine Rolle gespielt haben. Das hohe Ansehen, das sie im Ausland genossen, half ihnen, Jobs als Trainer oder Berufsläufer zu erhalten. Aber auch die Heirat mit einem Ausländer galt als probates Mittel, das Land „unauffällig“ zu verlassen. Einige der talentiertesten Sportlerinnen heirateten Kollegen aus dem Ausland, nahmen die Staatsbürgerschaft des Ehemannes an und verließen das Land. Die Eiskunst- und -schnellläuferin Liselotte Landbeck (verh. Verdun) startete bei den

Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 bereits für Belgien, Hertha Dexler (verh. Frey-Dexler) für die Schweiz. Landbeck sorgte später durch ihre Liebesaffäre mit dem belgischen König Leopold III. für mediales Aufsehen. Nach mehreren gut bezahlten Gastauftritten in US-amerikanischen Eisshows in den Dreißigerjahren verließ auch das Meisterpaar Ida „Idi“ Papez und Karl Zwack Wien 1937 dauerhaft, um als Profiläufer für das Revueunternehmen Ice Follies in den Vereinigten Staaten tätig zu werden. Sie kehrten nicht mehr nach Wien zurück. Zu den prominentesten Auswanderinnen zählen die Eiskunstläuferinnen Fritzi Burger und Melitta Brunner, die, nach mehreren Zwischenstationen, in die Vereinigten Staaten emigrierten. Fritzi Burger heiratete 1935 den japanischen Geschäftsmann Shinkichi Nishikawa und lebte fortan in London und Tokio. Burgers Bekanntheit aus der Zeit ihrer aktiven Karriere sowie die ihres erfolgreichen Mannes waren so groß, dass die japanische Presse sogar über die Geburt des gemeinsamen Sohnes berichtete. In der propagandistischen deutschen Presse hingegen kommentierte man die Ehe mit dem Begriff „Rassenschande“. In den Vereinigten Staaten, wo sie später lebte, unterrichtete sie mehrere Generationen von US-Kunstläuferinnen. Fritzi Russell, wie sie nach der zweiten Heirat hieß, stritt Zeit ihres Lebens vehement eine jüdische Herkunft ab. Sie verstarb 1999 in Portland, Maine/USA. Auch Melitta Brunner blieb letztlich dem Eiskunstlaufen treu. Sie arbeitete sowohl in der Schweiz als auch in Großbritannien als Trainerin und reiste während des Zweiten Weltkriegs mit einer von ihr gegründeten Schaulauftruppe, der Melitta-Brunner-Show, durch Europa. Für einige Vorstellungen kehrte sie im Winter 1945/46 nach Wien zurück. Melitta Brunner verstarb 96-jährig im Jahr 2003 in Philadelphia/USA. Der amtierende Welt- und Europameister Felix Kaspar, der mehreren (unbestätigten) Quellen zufolge einen jüdischen Familienhintergrund gehabt haben soll, verließ Wien unmittelbar vor dem „Anschluss“ in Richtung Australien, wo er für geraume Zeit als Star in einer Eisshow auftrat. Im Gegensatz zu Brunner und Burger, die während der Jahre der

Abb. 3.11: Die japanische Tageszeitung Ise Shimbun berichtete am 5. August 1937 über die Geburt von Fritzi Burgers Sohn Yoshikazu in Wien.

NS-Herrschaft nicht in ihre Geburtsstadt zurückkehrten, war Kaspar noch bei einigen Schaulaufvorstellungen und Empfängen bis zum Dezember 1938 in Wien gesichtet worden. Danach reiste er in seine neue Wahlheimat Australien zurück, wo er in Melbourne und Sydney Eiskunstläuferinnen ausbildete. Die Emigration schützte jene Sportler und Sportlerinnen, die aufgrund ihrer privilegierten Stellung das Land rechtzeitig verlassen konnten, vor der systematischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten. Umfasste die jüdische Bevölkerungsgruppe in Österreich 1938 schätzungsweise 200.000 Personen, erlebten nur etwa 5500 Juden und Jüdinnen, zumeist in „Mischehen“ oder als „U-Boote“, das Kriegsende. Bis 1941 konnten rund 130.000 Menschen, die nach den Nürnberger Gesetzen als „jüdisch“ galten, flüchten. Mehr als 66.000 österreichische Juden und Jüdinnen wurden von den Nationalsozialisten ermordet.

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Erinnerungen an den Wiener Eislauf-Verein Die Erinnerungen von Zeitzeugen und Zeitzeuginnen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes sind elementare Bausteine für die Geschichtsaufarbeitung, denn sie ermöglichen die Rekonstruktion und Einordnung von Geschehnissen weit über die politische Dimension hinaus. Die individuellen Berichte geben Einblicke in die Alltagserfahrungen von Überlebenden des Holocaust und können diese für nachfolgende Generationen greifbar

Mit einem Kindertransport (Anm. Hilfsorganisationen arrangierten Zugtransporte von Kindern zumeist nach England, wo sich Pflegeeltern ihrer annahmen) konnten Harry und seine Schwester Gerty im März 1939 nach London flüchten – seine Eltern sah er danach nie wieder. Sein Vater Michael verstarb 1941 infolge seiner Festnahme an einem Herzinfarkt, seine Mutter Ester Lea wurde am 14. Juni 1942 in das Konzentrationslager Sobibor deportiert,

machen. Im Folgenden erzählen Harry Bibring, der im Jahr 1939 mit einem Kindertransport von Wien nach London flüchten konnte, und Vilma Neuwirth, die die siebenjährige Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten als „Sternträgerin“ (Anm. Juden und Jüdinnen mussten an ihrer Kleidung einen gelben Stern anbringen) in Wien überlebte, von ihren Erlebnissen auf dem Eislaufplatz des Wiener Eislauf-Vereins nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich.

wo sie sechs Tage später ermordet wurde. Heute blickt Harry Bibring auf eine 20-jährige Berufskarriere als Ingenieur und weitere 20 Jahre als Lehrer an der Middlesex University in London zurück. Seit vielen Jahren führt er an britischen Schulen Zeitzeugengespräche und berichtet von seinen Erfahrungen im nationalsozialistischen Österreich. Bereits mehrere Male besuchte er auch die Orte seiner Kindheit und sprach an Wiener Schulen.

Harry Bibring wurde 1925 in Wien geboren und wuchs mit dem Eislaufsport auf. Nach dem „Anschluss“ lebte er noch zwölf Monate in der Stadt. Im Laufe dieses Jahres wurde ihm nicht nur der Besuch seiner bisherigen Schule verboten, sondern auch der Zutritt zu seinen Lieblings-

„Ich muss ungefähr fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein, als man mir das Eislaufen beigebracht hat. Für mich ist es so, als wurde ich mit dem Eislaufen geboren. Wir hatten ein Kinderfräulein, das mich zum Eislaufplatz brachte, als ich noch klein war. Später, als ich zehn oder elf Jahre alt war, kam ich alleine hierher. Hier hatte ich Freunde, von denen meine Eltern nichts wussten. Manche kannte ich aus dem Tempel. Der Eislaufplatz war trotz der Größe immer bumm-

orten. So durfte er als Jude nicht mehr in Parks spielen oder seiner großen Leidenschaft – dem Eisschnelllaufen

voll. Vor allem, wenn gutes Wetter zum Eislaufen war – kalt, aber kein Schnee. Meistens kam ich nach der Schule

auf dem Platz des WEV – nachgehen. Im November 1938 erlebte Bibring die Novemberpogrome. Er wurde Zeuge sogenannter „Reibpartien“, bei denen Juden und Jüdinnen gezwungen wurden, unter demütigenden Umständen, auf dem Boden kniend, pro-österreichische Parolen von den Straßen zu waschen, und er musste miterleben, wie seine Synagoge niedergebrannt und das Kleidergeschäft seines Vaters geplündert und zerstört wurde.

am Nachmittag, und da waren so viele Menschen. Meine Schwester Gerty liebte das Eistanzen. Oft spielte auch die Kapelle, und getanzt wurde in der Mitte des Eislaufplatzes in einem abgesperrten Kreis. Für das Figurenlaufen war ein Teil auf der Seite des Konzerthauses vorgesehen. Und der Eishockey-Teil war auf der Straßenseite, heute bei der Lothringerstraße. Ich wollte nur schnell laufen, schneller, als jeder andere am Eislaufplatz. Im Verein gab

Harry Bibring: „Was hat Eislaufen mit Religion zu tun?“

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es viele gute Eisschnellläufer als Vorbilder, aber wie alles in meiner Kindheit, habe ich auch das Eisschnelllaufen nicht anständig gemacht. Training war nichts für mich. An was ich mich sehr gut erinnere, waren die Pausen,

Die Faschingsfeste waren auch immer sehr toll. Ich war oft dabei und habe mich gerne verkleidet. Die Musik kam von einem Orchester, meistens war es Blasmusik. Das war, wenn man vom Konzerthaus hinunterschaut, auf der rechten Seite im ersten Stock. Darunter waren die Umkleidekabinen. Nachdem Adolf Hitler nach Wien kam, wurden alle jüdischen Personen aus dem Verein ausgeschlossen. Das war wirklich unglaublich für mich. Das war das erste Mal, dass ich Judenverfolgung richtig spürte. Ich ging eines schönen Tages zum Eislauf-Verein und wollte mit meiner Saisonkarte bei der Kassa vorbeigehen. Plötzlich schrie man mich an: ‚Harry Bibring! Kannst du nicht lesen?‘ Ich war erstaunt, dass sie meinen Namen kannten, ich habe mich ja nie mit der Kassa unterhalten. Ich drehte mich um und sah eine große Tafel: ‚Juden haben keinen Zutritt!‘ stand da drauf. Ich wusste, dass Juden nicht be-

die man machen musste, um den Schnee vom Eis wegzuräumen. Die Pausen haben mich sehr gestört, weil ich dann nicht eislaufen konnte. Aber ich war sehr begeistert davon, wie sie den Schnee in ein Loch schmissen. Ich verstand nicht, warum das Loch nicht voll wurde. Später fand ich heraus, dass Wasser darin war und der Schnee deshalb schnell schmolz. Ich war dann immer einer der Ersten, die auf die neue, glatte Fläche gefahren sind. Das war ein großer Spaß. Auch Eishockey konnte man spielen. Mein Vater sagte mir aber von Anfang an: ‚Du darfst eislaufen, aber nicht Eishockeyspielen. Eishockey ist sehr gefährlich und du wirst dich verletzen‘. Er sagte es so oft, dass ich es natürlich probieren musste. Dann ging ich einmal zu einem Eishockeytraining und fragte, ob ich mitspielen kann. Gleich im ersten Training wurde dann mein Finger von einem Schlittschuh überfahren und ich hatte eine Wunde. Ich konnte dann gar nicht anders, als zuzugeben, dass ich Eishockey gespielt hatte. Mein Vater wurde sehr zornig

liebt sind. Sie wollten mir aber nicht erklären, warum ich nicht hineindarf. Sie riefen nur: ‚Raus!‘ Ich durfte nicht einmal meine Eislaufschuhe aus meinem Kasten in der Garderobe holen. Ich weinte den ganzen Weg nach Hause. Zu Hause fragte ich meine Mutter: ‚Was hat Eislaufen mit Religion zu tun?‘ Sie erklärte mir dann, dass es so weitergehen wird, bis diese Regierung weggeht. Sie wollte es mir leichtmachen und sagte: ‚Regierungen bleiben nicht immer gleich. Vielleicht kannst du in der nächsten Saison wieder eislaufen.‘ Nach wenigen Wochen merkte ich aber, dass es nur eine von vielen Sachen war, die für Juden jetzt verboten waren. Ab dann wurde ich sehr schnell erwachsen. Bis zur ‚Kristallnacht‘ war ich voll informiert. Ich wusste dann, dass wir unser Leben ändern oder auswandern müssen. Meine Schwester hat mir damals sehr geholfen. Als wir erwachsen waren, haben wir viel darüber gesprochen und diskutiert. In der Zeit in England war sie meine Schwester, meine Mutter und meine Lehrerin. Sie hat

und verbot mir zur Strafe, Eislaufen zu gehen. Aber das kümmerte mich nicht, ich ging trotzdem. Eishockey ließ

einen großen Einfluss auf meine jüngeren Jahre gehabt, um ein normaler Mensch zu werden, in der Zeit des Krie-

ich dann aber sein.

ges. Meine Eltern beschlossen bald, Gerty und mich mit einem Kindertransport nach England zu schicken. Die Reise begann am 13. März 1939. Der Plan war, dass meine Eltern nach zwei Monaten nachkommen. Ich erinnere mich sehr gut, wie wir am Westbahnhof in den Zug einstiegen. Da waren sehr kleine Kinder, es wurde viel geweint. Der Zug wurde stark von SA-Truppen kontrolliert

Abb. 3.12: Harry Bibring erinnert sich an seine Kindheit im Wiener Eislauf-Verein, 2015.

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und blieb fast nie stehen, außer für Kohle und Wasser. Nach einer Schifffahrt kamen wir im Hafen von Harwich in Ost-England an. Ein Zug brachte uns dann zur Liverpool Station, wo wir mit einem Autobus zu einem Ort in London gebracht wurden, an dem uns fremde Personen abholten. Am Nachmittag des 15. März kamen wir in unserem neuen Zuhause an. Der Zweite Weltkrieg begann in England am 3. September 1939. Die Behörden glaubten, dass der Krieg mit deutschen Bomben auf die Großstädte beginnen würde und evakuierten deshalb alle Schulen auf das Land. Wir kamen in ein kleines Dorf namens Flatton, in der Nähe der Stadt Peterborough. In dieser Umgebung gab es viele Gruben in der Erde, weil dort Lehm für die Herstellung von Ziegeln entnommen wurde. Die leeren waren voll mit Wasser. Im Oktober und November fror das Wasser in den Gruben und Leute nutzten sie als Eislaufplätze.

Abb. 3.13: Harry Bibring im Gespräch mit Agnes Meisinger, 2015.

Wenn ich Schlittschuhe gehabt hätte, wäre ich höchstwahrscheinlich auch gelaufen. Viele Jahre später, als ich bereits mein eigenes Geld verdiente, hörte ich von einem Eislaufplatz im Bezirk Richmond in London. Ich sparte Geld für die Eintrittskarte und das Ausleihen von Eisschuhen und ging dort hin. Ich war sehr erstaunt. Erstens wusste ich nicht, dass es Indoor-Eislaufplätze gibt, und zweitens war die Fläche nur ungefähr so groß wie

der Abschnitt für Kunstläufer am Platz des Wiener Eislauf-Vereins. Schnelllaufen stand also außer Frage. Ich ärgerte mich sehr über diese Geldverschwendung. Im Jahr 1951 kam ich zum ersten Mal nach dem Krieg nach Wien. Ich war sehr enttäuscht, wie schlecht Wien ausgeschaut hat. Es gab etliche kaputte Fenster in den Wohnhäusern, die Straßen waren schmutzig und der Stadtpark nicht so voll wie früher. Es war nicht mein Wien. Ich zeigte meiner Frau alle Plätze meiner Kindheit, auch den Wiener Eislauf-Verein. Im Esterhazypark, wo ich als Kind gespielt hatte, stand dieser Bunker – es war wirklich furchtbar. ‚Was ist so schön an Wien?‘, fragte mich meine Frau. Viele Jahre später erkannte sie aber, dass es eine wirklich herrliche Stadt ist.“ (Zeitzeugengespräch mit Harry Bibring, geführt von Agnes Meisinger, Wien 2015)

Vilma Neuwirth: Verfolgung und Angst, Menschlichkeit und Solidarität Vilma Neuwirth (geb. Kühnberg) wurde 1928 in WienLeopoldstadt geboren. Ihr Vater stammte aus einer gläubigen jüdischen Familie, ihre Mutter war katholisch getauft. Obwohl Neuwirth und ihre sieben Geschwister nicht religiös erzogen wurden, galten sie nach NS-Definition als „jüdische Mischlinge ersten Grades“. 2008 erschienen Neuwirths Erinnerungen mit dem Titel „Glockengasse 29. Eine jüdische Arbeiterfamilie in Wien“, die vom Schicksal ihrer Familie nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten erzählen. Neuwirth, die in der Spielzeit 2013/14 am Wiener Burgtheater in der Produktion „Die letzten Zeugen“ von Doron Rabinovici und ­Matthias Hartmann mitwirkte, hält in ihrem Buch auch eine Begebenheit fest, die ihr als 12-jähriges Mädchen im Jahr 1940 im Wiener Eislauf-Verein widerfuhr und einen positiven Ausgang nehmen sollte.

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Abb. 3.14: Vilma Neuwirth, 2013.

„An einem schönen Wintertag kam Weibi (Anm. Hilde, Spitzname „Weibi“, war eine nicht-jüdische Freundin) mit ihren Eislaufschuhen und wollte, dass ich mit ihr eislaufen gehe. Meine Eltern waren logischerweise strikt dagegen, denn sie wussten, es wurden ununterbrochen und überall Razzien durchgeführt. Würde ich erwischt, brächte ich nicht nur mich, sondern die ganze Familie in Gefahr. [...] Daher war es nur logisch, dass mir meine Eltern verboten, auf den Eislaufplatz zu gehen. Folgsam, wie ich nun einmal gerade nicht war, ging ich trotz des Verbotes der Eltern mit Hilde in den Eislaufverein beim Stadtpark. Ich fühlte mich mit Weibi ziemlich sicher. Sie sah wirklich so aus, wie sich die Hitleranhänger ein ordentliches deutsches Mädel vorstellten: Schöne, lange blonde Zöpfe, blaue Augen, also was konnte mir mit ihr schon passieren? Dachte ich jedenfalls. Ich hatte keine Eislaufschuhe, aber man konnte sich welche ausborgen. Wir zogen die Eislaufschuhe an und gingen hinaus aufs Eis. Kaum waren wir draußen, kam ein Trupp SA-Männer und sperrte den Platz ab. Dass mich damals nicht sofort vor Schreck der Schlag traf, betrachte ich noch heute als Wunder. Alle sich auf dem Platz befindenden Menschen mussten sich in Zweierreihen aufstellen und die Ausweispa-

Der Weinkrampf war echt, aber nicht wegen der Schuhe, sondern aus purer Angst. Mir war klar: Wenn sie mich hier ohne Stern auf dem Eislaufplatz – für Juden selbstverständlich verboten – erwischten, hätte ich ­Eltern und Geschwister auf dem Gewissen. Ich weinte und schrie hysterisch: ‚Wenn ich ohne meine Schuhe nach Hause komme, erschlägt mich mein Vater!‘ ‚Also tummel’ dich und komm sofort wieder her!‘, sagte einer der SA-Männer. Ich lief in die Garderobe, wollte mir meine Schuhe anziehen und zusehen, dass ich so schnell wie möglich von dort verschwand. Ich wusste aber nicht, wie, weil doch alle Ausgänge abgesperrt waren. Der Mann von der Garderobe, der auf die abgegebenen Sachen aufpasste, fand auf einmal meine Schuhe nicht mehr. Sie waren wirklich weg. Ich rannte herum, schaute in jede Ecke, jeden Winkel – sie waren weg! Der Aufpasser sah mir meine Verzweiflung an. Er fragte: ‚Kannst dich nicht ausweisen?‘ Ich schepperte vor Angst wie ein Kluppen­ sackerl. Ich konnte nur mit dem Kopf nicken, denn meine Stimme war weg. Die Angst, die ich hatte, ist wirklich nicht mit Worten zu beschreiben. Der Mann nahm mich mit nach hinten, wohin man keinen Einblick hatte, und schraubte mir in Windeseile die Eisen von den Schuhen. Dann führte er mich zu einem Gang, von wo aus man ungesehen hinauskam, und sagte nur: ‚Renn!‘ Und ich lief davon. Diesen Mann werde ich nie im Leben vergessen: Er hat mir und wahrscheinlich meiner ganzen Familie mit seiner spontanen Hilfe das Leben gerettet.“ (Vilma Neuwirth, Glockengasse 29. Eine jüdische Arbeiterfamilie in Wien, Wien 2008)

piere vorbereiten. Ich stand ebenfalls in der Reihe und wusste, ich war geliefert. Was für einen Ausweis sollte ich ihnen zeigen? Meine jüdische „Sara“-Kennkarte? Ich weiß nicht, woher ich plötzlich diesen Einfall hatte – seither glaube ich jedenfalls an Schutzengel –, aber als sie bei mir angelangt waren und den Ausweis verlangten, bekam ich einen Weinkrampf und sagte: ‚Ich habe vergessen, meine Schuhe in der Garderobe abzugeben. Darf ich schnell nachschauen? Sonst werden sie mir gestohlen.‘

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Das „Bollwerk der Ostmark im Eissport“ Angesichts der prekären Finanzlage des Vereins diskutierte der Beirat des Wiener Eislauf-Vereins im Herbst 1939 intensiv darüber, Sparmaßnahmen in der bedeutendsten der Sportsektionen, der Kunstlaufsektion, durchzusetzen. In Hinblick auf die prestigeträchtigen Vergleichswettkämpfe zwischen den Athleten und Athletinnen Wiens, Berlins und Münchens, den Zentren des deutschen Eissports, wurde schließlich darauf verzichtet und in anderen Bereichen – etwa im Gesellschafts- und Kulturprogramm – der Rotstift angesetzt. Gleichzeitig entstand eine Idee, die den Wiener Eissport in den Jahren der NS-Herrschaft zum do-

minierenden Faktor im deutschen Eissport machen sollte: Da auch der zweite große Wiener Eissportverein aus Hernals vor dem finanziellen Kollaps stand, einigten sich die Verantwortlichen beider Vereine, „aus sportpolitischen und wirtschaftlichen Gründen“ die Sportsektionen Kunstlauf, Schnelllauf und Eishockey zusammenzulegen und gemeinsam zu verwalten. Der Zusammenschluss, eine „Lieblingsidee des Herrn Eder“, sollte nach dem Vorbild der Eissportgemeinschaft Berlin erfolgen, ohne dass dadurch das Eigenleben der beiden Vereine aufgehoben werden würde. Die konstituierende Sitzung der sogenannten Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) fand am 30. Oktober 1939 statt, am 1. November trat das Übereinkommen in Kraft. Die WEG wurde in den WEV als eigenständiger Verein aufgenommen, dem Vereinsführer Heribert Seidler vorstand. Zu seinen Stellvertretern berief er für den WEV Adolf Eder und für den VKE Hans Grünauer. Bereits einige Tage vor der konstituierenden Sitzung berichtete die Presse über das Großprojekt: „Der neuen Gemeinschaft, die als größte und stärkste geschlossene Kampfgruppe in der Welt ohne Beispiel ist, fällt die Aufgabe zu, die einzigartige Tradition der Wiener Kunstlaufschule fortzusetzen und den jungen Ruhm des neu erstandenen Wiener Eishockeysports zu erhalten und zu festigen.“ (Das Kleine Blatt, Kleines Sportblatt, 28. Oktober 1939)

Zu den erfolgreichsten Sportlern und Sportle­rinnen der Wiener Eissport-Gemeinschaft zählten Martha Musilek (Reichsmeisterin 1942, 1943 und 1944), Edi Rada (Reichsmeister 1943) und das Ge­schwisterpaar Ilse und Erik Pausin. Letztere erlangten vor allem durch ihre zahlreichen Schaulaufauftritte im Ber­ liner Sportpalast große Bekanntheit. Sie alle durchliefen die Ausbildung beim Engelmann-Verein. Die Geschwister Herma und Emil Ratzenhofer (Reichsmeister 1944) sowie Eva Pawlik und Rudolf „Rudi“ Seeliger, Deutsche Jugendmeister im Einzel- und Paarlauflauf, wurden im WEV ausgebildet. Der erfolgreichste Eisschnellläufer des Deutschen Reiches stammte ebenfalls aus der Wiener „Kampfgruppe“: Karl Wazulek errang zwischen 1939 und Abb. 3.15: Martha Musilek auf dem Engelmann-Platz, 1939.

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1941 dreimal in Folge den „Ostmark“-Meistertitel sowie die Deutsche Meisterschaft, bevor er aufgrund einer schweren Kriegsverletzung, die ihn ein Bein kostete, die Sportkarriere beenden musste. Anschließend wurde Wazulek in den WEV-Beirat aufgenommen, leitete die Eisschnelllaufsektion der WEG und betreute die Läufer der Wiener Hitlerjugend (HJ). Dem Sport kam während des Zweiten Weltkriegs neben der öffentlichkeitswirksamen Demonstration von Stärke und Einheit eine weitere Funktion zu: Die Sportveranstaltungen dienten der Bevölkerung an der Heimatfront als Ablenkung vom Kriegsalltag und sollten eine gewisse Normalität suggerieren. Besonders der Fußball, der in den vorangegangenen Jahrzehnten eine enorme Popularisierung erfahren hatte, und der Eissport stellten sich als wahre Publikumsmagneten heraus. Hunderte, gar Tausende Menschen verfolgten die Gebiets-, Reichs- und Länderkämpfe auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins. Zwischen 1940 und 1944 fanden insgesamt fünfmal Deutsche Meisterschaften auf dem Heumarkt statt, einmal im Eiskunstlaufen der Damen und jeweils zweimal in dem der Herren und der Paare. Zudem war der WEV oftmals Gastgeber der Gebietsmeisterschaften der Wiener HJ und des Bunds Deutscher Mädel (BDM), zuletzt im Jänner 1945. Den wohl prestigeträchtigsten Titel errang die Eishockeymannschaft der Wiener Eissport-Gemeinschaft mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft 1940. Das vorletzte Endrundenspiel zwischen der WEG und dem Berliner SC im Februar am Heumarkt gewannen die Wiener mit 2:1 und ebneten damit ihren Weg zum Titel. Dass Veranstaltungen dieser Art für den Verein eine ebenso große Bedeutung hatten wie für die Wiener Bevölkerung, dokumentiert ein Zeitungsbericht über das Match:

Der ehemals österreichische Sport verschmolz zusehends mit dem „großdeutschen“ Sport. Wie im ­Fußball wechselten auch die besten Eishockeyspieler zu Vereinen in das „Altreich“. Von der WEG spielten ab 1940 Oskar Nowak für Rot-Weiß Berlin und Friedrich Demmer und Walter Feistritzer für den Mannheimer ERC. Abgewanderte Leistungsträ-

Abb. 3.16: Ilse und Erik Pausin um 1939.

Abb. 3.17: Herta und Emil Ratzenhofer auf dem WEVPlatz um 1939, im Hintergrund der Stadtpark.

„Gut 4000 Zuschauer hatten sich eingefunden, und man schätzt, daß noch weitere 2000 als Zaungäste das Spiel verfolgten, wobei die Plätze auf den hohen Schneehaufen einen besonderen Andrang zu ver­ zeichnen hatten. Zur größten Freude der Veranstal­ ter hatten sich auch Gauleiter Bürckel und Gausport­ führer Kozich unter den Ehrengästen eingefunden.“ (Neues Wiener Tagblatt, 26. Februar 1940)

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lerinnen der WEG bei 55 Wettbewerben 47 Mal und in der Saison 1942/43 bei 31 Teilnahmen 28 Mal siegreich. Hinzu kamen die zahlreichen Erfolge der Eisschnellläufer und der Eishockeymannschaft. Neben Sport wurde dem Publikum am Heumarkt auch Unterhaltung geboten. Besonders die Auftritte der von Karl Schäfer gegründeten und nach ihm benannten „Eisrevue Karl Schäfer“ lösten Jubelstürme bei den Wiener Kunstlauffans aus. Der siebenfache Weltmeister und Doppelolympiasieger, der für den Engelmann-Verein aktiv und auch familiär – durch die Heirat mit Christa Engel­ mann – mit den Hernalser Eissportpionieren verbunden war, schloss sich nach dem Ende seiner Amateursportkarriere 1937 als Berufsläufer der US-amerikanischen Eisrevue Gay Blades an. Inspiriert durch die glamourösen US-Shows gründete er nach der Rückkehr in seine Heimatstadt gemeinsam mit dem Eiskunstlauftrainer Will Petter im Jahr 1940 ein eigenes Unternehmen, das sich höchst erfolgreich entwickelte. Hauptattraktion der Revue war der Ausnahmekönner selbst. Sein Name

Abb. 3.18: Rollschuh-Vorführung von Eiskunstläufern im Sommer 1940.

ger wurden durch talentierten Nachwuchs aus der Wiener HJ-Eishockeymannschaft ersetzt. Das Training der Wiener Gruppe, die 1940 und 1941 den Deutschen Jugendmeistertitel errang, leitete der im Dienst der WEG stehende ehemalige Eishockeyspieler des EKE Kurt Stuchly. Der „erfolgreichste Eissportverein im Reich“, wie die Presse die Wiener Eissport-Gemeinschaft betitelte, hatte in drei Jahren eine beeindruckende ­Bilanz im Eiskunstlaufen vorzuweisen: In der ­Saison 1939/40 wurden insgesamt 53 Wettbewerbe beschickt, wovon 39 Wettkämpfe gewonnen wurden, in der Saison 1940/41 waren die Sportler und SportAbb. 3.19: Eiskunstlaufpaar der HJ und des BDM um 1940.

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Abb. 3.20: Bericht über eine Aufführung der Schäfer-Revue, in: Kleine Wiener Kriegszeitung, 16. Jänner 1945.

zog Abend für Abend Tausende Zuschauer und Zuschauerinnen in die Eisarenen. Als Co-Stars traten u. a. Hertha Wächtler und Emmy Puzinger auf. Die künstlerische Gestaltung lag in den Händen Petters, die kaufmännische Leitung hatte Schäfer inne. Während an den Fronten unerbittlich gekämpft wurde, gab das Ensemble bis zum Februar 1945 zahlreiche ausverkaufte Vorstellungen im ganzen Deutschen Reich und den Nachbarländern. Über diese gesellschaftlichen und sportlichen Ereignisse hinaus sammelte der Wiener EislaufVerein Spenden für das „Winterhilfswerk des Deutschen Volkes“ und kooperierte mit der NS-Gemeinschaft für Freizeitgestaltung „Kraft durch Freude“, für deren Mitglieder günstige Eintrittskarten ausgegeben und Eislaufunterricht angeboten wurde. Obwohl die durch den WEV organisierten Veranstaltungen vordergründig unpolitisch erscheinen sollten, standen sie zumeist unter der Schirmherrschaft hoher NS-Funktionäre und trugen zur Stabilisierung des Unrechtsregimes bei.

Abb. 3.21: Soldaten der Deutschen Wehrmacht bei einer Schaulaufveranstaltung am WEV-Platz, 1939.

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Abb. 3.22: Eine unvollständige Geschichte. Franz Heinleins Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum des Wiener Eislauf-Vereins 1967.

Der Zusammenbruch Im Juni 1941 wurde Vereinsführer Heribert Seidler zum Wehrdienst abkommandiert. An seine Stelle trat aus dem Beirat Josef Ketele, der gemeinsam mit Adolf Eder die Geschäfte des Wiener Eislauf-Vereins und der Wiener Eissport-Gemeinschaft bis kurz vor Kriegsende weiterführte. Mit der ab 1943 verstärkten Fokussierung der NS-Wirtschaftspolitik auf eine Mobilisierung der Rüstungsindustrie und der Vorgabe, alle Ressourcen in Hinblick auf Kriegsaktivitäten zu bündeln, wurde 1944 die für die Eiserzeugung unerlässliche Transformatorenanlage des WEV konfisziert. Ab diesem Zeitpunkt musste der Kunsteisbe-

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trieb gänzlich eingestellt werden; Eislaufen war nur noch bei günstigen Witterungsbedingungen auf Natureis möglich. Von der Saison 1943/44 auf 1944/45 sank die Mitgliederzahl schließlich auf den Rekordtiefststand von 1015 Personen. Die Anlage verfiel zunehmend und notwendige Reparaturmaßnahmen konnten aufgrund des allgemeinen Ressourcenmangels in Wien und des fehlenden Personals nicht mehr durchgeführt werden. Abermals profitierte der WEV, diesmal durch die Zuweisung von Zwangsarbeitern zur Schneeräumung und Pflege des Eislaufplatzes, direkt von Maßnahmen des NS-Regimes. Im Dezember 1944 kam der Betrieb des Eislaufplatzes endgültig zum Erliegen und Adolf Eder musste die mit dem Gausportführer abgestimmte Auflösung der Wiener Eissport-Gemeinschaft bekanntgeben. In dieser Phase übernahm Franz Heinlein, Mitglied des Beirats während der gesamten Dauer der NS-Herrschaft und später Autor der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum, angesichts der kriegsbedingten Abwesenheit Eders bis zum Sommer 1945 interimistisch die Leitung des WEV. Die eingangs erwähnte Leerstelle, die Heinlein in der von ihm verfassten Vereinshistorie von 1967 hinterließ, konnte mit diesem Kapitel geschlossen werden. Den während der NS-Zeit auf der Grundlage anti­ semitischer und rassistischer Gesetze ausgeschlossenen, vertriebenen und ermordeten Personen gilt das Andenken des Wiener Eislauf-Vereins.

Ein Eis-Schnelllauf durch drei Jahrhunderte Unvergessen bleiben die Bilder der Eisschnellläuferin Emese Hunyady, die nach ihrem Olympiasieg 1994 in Lille­hammer/Norwegen mit der österreichischen Flagge in den Händen auf Schlittschuhen Walzer tanzte. Dieser Sternstunde im österreichischen Eisschnelllaufsport ging eine mehr als 100-jährige Entwicklung mit vielen Höhen und Tiefen voraus, die im Wiener Eislauf-Verein ihren Anfang nahm: Denn die Wiener Eissportpioniere konnten sich nicht nur elegant über das Eis bewegen, sondern auch mit hohem Tempo. Die Geschichte des Eisschnelllaufens in Europa lässt sich bis in das 18.  Jahrhundert zurückverfolgen. Die ersten dokumentierten Eisschnelllauf-Veranstaltungen fanden in England, Skandinavien und den Niederlanden statt. Es handelte sich um sogenannte Volksrennen – Langstreckenläufe auf zugefrorenen Kanälen und Seen –, an denen oftmals Hunderte, gar Tausende Menschen teilnahmen. Das allererste Eisrennen auf österreichischem Boden fand bereits zwei Jahre nach der Gründung des Wiener Eislauf-Vereins im Jahr 1869 auf dem alten Vereinsplatz

statt. Inspiriert durch englische Pferderennen liefen die Teilnehmer um Geldpreise, und das Publikum konnte Wetten über den Ausgang der Rennen abschließen. Der WEV war es auch, der 1886 die erste Österreichische Meisterschaft im Eisschnelllaufen ausrichtete. Startberechtigt waren ausschließlich Männer; die erst- und zweitplatzierten Läufer, Richard Millanich und Alfred Blatter, repräsentierten dabei den Gastgeber. Neben den klassischen Rennen über verschiedene Distanzen kamen auch zahlreiche technische Bewerbe, wie Hindernis- und Rückwärtslaufen oder Hoch- und Weitsprung auf dem Eis zur Austragung.

Abb. 3.23: Eisschnelllauf-Konkurrenz auf dem alten Platz, 1890.

Abb. 3.25: Eisschnell­ lauf-Karikatur aus einer Wiener Tageszeitung, 1896.

Abb. 3.24: Der spätere WEV-Präsident Ludwig Fänner war einer der ersten Eisschnellläufer des Vereins.

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Der Wiener Eislauf-Verein, die „Insel des Schnellaufsportes“ in Mitteleuropa Der Eislaufplatz am Heumarkt, der in seiner maximalen Ausdehnung 10.000 Quadratmeter groß war, bildete die Grundlage für die Erfolge der Läufer und Läuferinnen des WEV in den „Goldenen Zwanzigerjahren“. Besonders in den frühen Morgen- und späten Abendstunden war das Verkehrsaufkommen unter den Schnellläufern auf der eigens abgesperrten 333,3 Meter langen Rundstrecke enorm. Im Sommer tankten die Athleten beim Schwimmen im Wiener Dianabad Kondition für die Wintersaison. Das harte Training machte sich bezahlt: Erstmals nach Franz Schilling sen. konnte der Wiener Otto Polacsek der übermächtigen Konkurrenz aus den Ländern Nordeuropas bei der Europameisterschaft 1928 in St. Moritz Paroli bieten und holte den Titel. Mit Fritz Jungblut, Fritz Abb. 3.26: Franz Schilling sen. um 1892.

Der spätere WEV-Präsident Ludwig Fänner (1933– 1938), ein begabter Techniker unter den Eisschnellläufern, stellte zwei Bestmarken auf, die sogar Aufnahme in das Sportlexikon der Weltrekorde fanden: Für viele Jahre blieben seine Leistungen im Hochsprung von 1,12 Metern und im Weitsprung von 4,60 Metern ungebrochen. Um die Jahrhundertwende kehrte Fänner dem Schnelllaufen den Rücken und versuchte sich als Kunstläufer. Ab der Gründung der Internationalen Eislauf-Vereinigung (IEV) 1892 wurden nun auch von offizieller Seite her internationale Eisschnelllaufkonkurrenzen veranstaltet. Zum ersten schnellsten Mann Europas kürte sich 1892 in Wien der WEV-Läufer Franz Schilling, der seine Leidenschaft für den rasanten Sport an seine Kinder Mizzi und Franz jun. weitergab, die in der Zwischenkriegszeit dem Wiener Eisschnelllauf zu internationalem Ruhm verhelfen sollten. Ein Jahr später fand die erste Weltmeisterschaft in Amsterdam statt. In dieser frühen Formierungsphase des Eisschnelllaufsports begründeten die Niederlande, Norwegen, Schweden und Russland ihre bis heute andauernde Vormachtstellung in Europa. Mit der Etablierung der ersten Wiener Kunsteisbahnen zu Beginn des 20.  Jahrhunderts mischten bald aber auch die Wiener Läufer im internationalen Spitzenfeld mit.

Abb. 3.27: Programmheft aus 1930.

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Moser, Rudolf Riedl oder Franz Schilling jun. sorgten weitete Jungtalente der aufstrebenden Schnelllaufsektion international für Furore. Jungblut gelang bei einem hochkarätig besetzten internationalen Schnelllaufmeeting am Heumarkt im Februar 1930 im Rennen über die Langstrecke von 10.000 Metern ein aufsehenerregender Erfolg: Vor ausverkauften Rängen verwies der aus München stammende Läufer die norwegischen Welt- und Europameister Michael Staksrud und Ivar Ballangrud auf

die Plätze zwei und drei und lief nebenbei in einer Zeit von 18 Minuten 50 Sekunden und 50 Hundertstel einen neuen Bahnrekord. Zum Vergleich: Der aktuelle Weltrekord über diese Distanz liegt bei 12:36,30, aufgestellt 2015 vom Kanadier Ted-Jan Bloemen im Utah Olympic Oval/USA (Stand Juni 2017). Angesichts der Erfolge der WEV-Läufer stieg das Interesse am Schnelllaufsport in Wien an und der Sektion traten viele junge Sportler – zunehmend auch Mädchen und Frauen – bei. Der Vereinsvorstand gab in dieser Hochphase des Eisschnelllaufsports eine ambitionierte Marschroute vor: „Unser Verein beziehungsweise Wien darf vergleichsweise als eine Insel des Schnellaufsports angesehen werden, denn von unseren Nachbarländern ist – Ungarn ausgenommen – keinerlei besondere Unterstützung zu erwarten. Unser Verein hat daher die Mission zu erfüllen, das Schnellaufen in Mitteleuropa populär zu machen.“

„Ein bißchen Vermännlichung, ein bißchen Schnel-

zipatorischen Gründe schnallten die Frauen im WEV die Rennschuhe an. Die gesellschaftlichen und kulturellen Modernisierungstendenzen der Zwischenkriegszeit eröffneten dem weiblichen Geschlecht auch im Sportbereich neue Handlungsräume. Obwohl weiterhin Anmut und Schönheit als Ideale des Frauensports galten, fanden sich in den Zwanziger- und Dreißigerjahren junge Frauen – meist innerhalb bürgerlicher Sportvereine – zusammen, die sich in männlich dominierten Sportarten wie Fußball, Eishockey oder Eisschnelllaufen versuchten. Im Schnelllaufsport waren es vornehmlich junge Kunstläuferinnen, die ihren männlichen Sportskollegen nacheiferten und auf den langen Eisen über die Eisfläche fegten. Da es zu dieser Zeit keine Schnelllaufschuhe für Frauen gab, liehen sich die Sportlerinnen die meist zu großen Schuhe ihrer männlichen Kollegen und stopften diese mit Socken aus. Mizzi Schilling etwa, die Tochter des ehemaligen Europameisters Franz Schilling sen., lief sehr erfolgreich in den Schuhen ihres berühmten Va-

ligkeitsdusel der Zeit und der neueste Sport, das Damen-Schnellaufen, ist geschaffen.“

ters. Trainiert wurden die immer zahlreicher werdenden Schülerinnen vom Schnellläufer und Nachwuchstrainer

(Die Bühne, 4. März 1926)

Willi Reisinger. Das Coverbild dieses Buches zeigt die Eiskunstläuferinnen Melitta Brunner, Fritzi Burger und Mizzi Schilling bei einer Übungseinheit auf dem WEV-Platz im Jahr 1926. Das erste Wiener Damenrennen wurde zu einem großen Spektakel: 3000 Besucher und Besucherinnen kamen im März 1926 auf den Heumarkt, um die jungen Frauen anzufeuern. Brunner gewann in einem

(WEV, Tätigkeitsbericht 1929/30)

Dennoch konnte die Sportart – gemessen an der Beliebtheit des Eiskunstlaufens, dem Aushängeschild des Vereins, und des Eishockeys, dem Zuschauermagneten – nicht mithalten. Bei finanziellen Engpässen, etwa nach dem Ersten Weltkrieg oder zur Zeit der großen Wirtschaftskrise zu Beginn der 1930er-Jahre, wurden innerhalb des Vereins zuerst im Schnelllauf-Zweig Kürzungen vorgenommen. In einigen Saisonen musste aus Kostengründen sogar von der Beschickung von Bewerben im Ausland abgesehen werden.

„Die Dame auf dem Rennschuh“

Der Legende nach fand das erste Damenrennen im Jahr 1801 im niederländischen Groningen statt. Es war ein Duell zweier Frauen über eine Distanz von 30 englischen Meilen, dessen Siegerin als Preis jenen Mann bekommen würde, den beide Konkurrentinnen geliebt haben sollen. Doch nicht aus „romantischen“, sondern vielmehr eman-

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Abb. 3.28: Melitta Brunner und Fritzi Burger in Startposition, 1926.

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blatt eine Coverstory über ihre alpinistischen Leistungen veröffent­lichte. Das früh verstorbene Eiskunstlauftalent Hilde Holov­ sky, die insbesondere durch ihre eleganten Bewegungen beim Kunstlaufen begeisterte, gehörte ebenfalls der Schnelllaufgruppe an und stellte 1932 den ersten österreichischen Damen-Rekord über die 500-Meter-Strecke auf. Die wohl prominenteste Kurvenflitzerin des Wiener Eislauf-Vereins war Liselotte Landbeck. Zwischen 1932 und 1934 lief sie über 500 und 1000 Meter vier Welt­ rekorde, siegte 1933 in Oslo bei der ersten inoffiziellen Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft für Damen und gewann bei einem internationalen Demonstrationsbewerb in Davos 1934 vor zwei Norwegerinnen. Parallel zu den Schnelllauferfolgen war Landbeck eine höchst erfolgreiche Eiskunstläuferin. So wurde sie 1934 und 1935

Abb. 3.29: Melitta Brunner auf dem Cover des Kleinen Frauenblatts am 13. Oktober 1935.

spannenden Finale die Gesamtwertung vor Schilling. Die Zeitschrift Die Bühne widmete sich in einem großen ­Artikel mit dem Titel „Die Dame auf dem Rennschuh“ der wachsenden Beliebtheit der Sportart unter den Kunstläuferinnen und berichtete über die Veranstaltung und die Siegerin:

­ sterreichische Meisterin und jeweils Vize-EuropameisÖ terin hinter Sonja Henie, 1934 erreichte sie bei den Weltmeisterschaften in Oslo den dritten Platz. In den frühen 1930er-Jahren vollzog sich auch eine modische Revolution im Schnelllaufsport der Damen. Die Läuferinnen tauschten die unbequemen Kunstlauf-Röcke gegen Hosen und demonstrierten damit ihren Willen, den Sport leistungsorientiert zu betreiben.

„Das erste Fest ist vorbei. Jede Dame hat ihren Mann gestellt, das junge Eis ist gebrochen, im nächsten Jahr wird eine ganze Anzahl von Damenschnellaufen veranstaltet. So wird auch das Schnellaufen populär, denn wo im Sport Damen sind, da geht doch alles hin, wenn sie auch zufällig davonrennen. [...] Diese Melitta ist ein rechter Wildfang, wenn man sie so in einer ästhetischen Stellung laufen sieht, so ganz auf die Kunst und Harmonie der Bewegung achtend, da möchte man gar nicht für möglich halten, was für ein Reißteufel das ist, eine von den ganz Wilden sagt ihr Trainer, aber sportlich ein Star.“ (Die Bühne, 4. März 1926)

Die vielseitige Sportlerin Melitta Brunner war nicht nur vom Eisschnelllaufen angetan, sondern auch vom Bergsteigen. Im Jahr 1935, der „Wildfang“ hatte seine Eislaufschuhe bereits an den Nagel gehängt, bezwang Brunner das Matterhorn, woraufhin Das Kleine Frauen-

Abb. 3.30: Liselotte Landbeck war eine herausragende Eiskunstläuferin und Eisschnellläuferin, 1931.

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Doch während die Herren bereits seit 1893 internationalen Vergleichskämpfe bestritten, vergingen noch viele Jahre, ehe die erste offizielle Weltmeisterschaft für Frauen zur Austragung kam. Die Wettbewerbe in Stockholm 1936 fanden jedoch ohne Beteiligung österreichischer Athletinnen statt. Zu dieser Zeit hatten die besten Eisschnellläuferinnen des Wiener Eislauf-Vereins – Landbeck, Brunner und Burger – Österreich verlassen. Die in den Zwanzigerjahren unter den WEV-Kunstläuferinnen entfachte Euphorie für den Eisschnelllaufsport sowie die Bestrebungen zur Gründung einer Frauen-Schnelllaufsektion verflogen rasch.

von 5000 Metern mit dem zweiten Platz auf sich aufmerksam gemacht hatte, gewann Olympia-Bronze über die Langstrecke von 10.000 Metern. Abb. 3.32: Karl Wazulek galt während der NS-Zeit als der beste „deutsche“ Eisschnellläufer, 1935.

Eisschnelllaufen unter dem Hakenkreuz Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland und 1938 in Österreich bedeutete für den Frauensport in allen Belangen einen herben Rückschritt. Trotz ihrer ansprechenden Leistungen wurden Frauen aus Sportarten wie Eisschnelllaufen, Fußball oder Hockey gedrängt, da diese nicht in das propagierte Frauenbild passten. Dazu reichten fadenscheinige Begründungen, wie etwa, dass die Ausübung der jeweiligen Sportart durch Frauen unästhetisch wirke oder der Gesundheit schade. Die schnellen Männer des Wiener Eislauf-Vereins hingegen gehörten in dieser Phase der Weltelite an. Zu den von NS-Deutschland ausgerichteten Olympischen Winterspielen in Garmisch-Partenkirchen 1936 wurde mit acht Schnellläufern – unter ihnen sieben vom WEV – die größte Eisschnelllauf-Delegation der österreichischen Olympiageschichte entsandt. Der Wiener Max Stiepl, der bereits bei der Weltmeisterschaft 1934 über die Distanz

Unter der Flagge des Deutschen Reichs machte vor allem ein Läufer des Eislauf-Vereins eine steile Karriere: Karl Wazulek, Europameister von 1935, holte zwischen 1939 und 1941 drei Deutsche Meistertitel und wurde zum Aushängeschild des „großdeutschen“ Eisschnell­ laufsports. In seinem Windschatten entwickelten sich Willy Löwinger, Gustav Slanec und Wilhelm „Willy“ Tastl zu konstanten Läufern, die auf Reichsebene im Spitzenfeld mitmischten. Willy Löwinger übrigens ging weniger als Eisschnellläufer in die österreichische Sportgeschichte ein, denn als Motorsport-Legende der Zweiten Republik. Als langjähriger Präsident des 1956 gegründeten Österreichischen Automobil-Sport-Clubs (ÖASC), dem Gegenpart zum Österreichischen Automobil-, Motorrad- und Touring-Club (ÖAMTC), war der ehemalige Eisschnelllauf-Olympionike die treibende Kraft zur Wiederbelebung der nach dem Krieg brachliegenden Motorsportszene in Österreich.

Abb. 3.31: Max Stiepl (r.) bei der Generalprobe des Fackellaufs der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936.

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Abb. 3.33: Adi Mannsbarth läuft vor 20.000 Zuschauern und Zuschauerinnen bei den Österreichischen Meisterschaften 1953 auf der Alten Donau.

Der Bauherr des Salzburgrings gilt auch als Erfinder der populären Flugplatzrennen in Innsbruck und Wien-­ Aspern sowie der Bergrennen am Gaisberg, Dobratsch oder Timmelsjoch. Max Stiepl, der dominierende heimische Läufer vor dem „Anschluss“, unterbrach seine Sportkarriere für eine Militärausbildung in einer Panzerschule nahe Berlin. Während der Kriegsjahre konnte der fünffache Österreichische Meister nur sporadisch an Wettkämpfen teilnehmen, dabei allerdings wegen des Trainingsrückstands nicht an vorangegangenen Leistungen anknüpfen.

Der Neustart

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Die Aufnahme eines geregelten Trainingsbetriebs in den ersten Nachkriegsjahren gestaltete sich schwierig, da die Eisfläche am Heumarkt durch Kriegsschäden stark in Mit-

tes Ziel die Teilnahme an den ersten Olympischen Spielen auf österreichischem Boden in Innsbruck 1964 war. Da in Wien keine für den Wettkampf standardmäßige 400-Meter-Bahn zur Verfügung stand, begaben sich die

leidenschaft gezogen worden war. Karl Wazulek konnte nach einer schweren Kriegsverletzung den Sport nicht mehr weiter ausüben, blieb aber der neu gegründeten Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) als Trainer erhalten und trieb den Wiederaufbau des Eisschnelllaufsports in Wien mit großem Engagement voran. Bereits zu Beginn der 1950er-Jahre gehörten der von Wazulek geleiteten Sektion etwa 60 Aktive an – mehr noch als zu den sportlich erfolgreichsten Zeiten der Zwischenkriegsjahre. Bis zu seinem frühen Tod im Jahr 1958 hatte es Wazulek geschafft, eine neue Generation von konkurrenzfähigen Eisschnellläufern aufzubauen. Auch ausländische Läufer vertrauten auf die Expertise des Wieners, der u. a. den Ungarn Kornél Pajor (Weltmeister 1949) und den Schweden Sigvard Ericsson (Weltmeister 1955) trainierte. Zu den erfolgreichsten Wiener Läufern der Nachkriegszeit zählten neben Max Stiepl, dem nach einer mehrjährigen Pause ein Comeback gelang, Ernst Biel, Kurt Eminger, Arthur „Adi“ Mannsbarth, Franz Offen-

Athleten zur Olympiavorbereitung an den Frillensee in Inzell/Bayern oder in die Niederlande, wo auf modernen Rennstrecken trainiert werden konnte. Einen besonders engen Kontakt pflegte der WEV zum Budapester Eislaufverein, der ab den 1960er-Jahren zu einem wichtigen Trainingsstützpunkt der Wiener Eisschnellläufer wurde. Bis zu zweimal in der Woche fuhr das Team nach Ungarn, um unter Wettkampfbedingungen auf dem Budapester Kunsteis-Oval sein Können zu perfektionieren. In der vorolympischen Saison verzeichnete die Eisschnelllaufsektion einen Höchststand von 75 Sportlern und 17 Funktionären. Trainiert wurden die Läufer von Altmeister Adi Mannsbarth. Auch zwei junge Frauen waren darunter und bildeten die Basis für die im Jahr 1962 gegründete Frauen-Trainingsgruppe. Erst 1960 war Eisschnelllaufen für Frauen in das Olympiaprogramm aufgenommen worden, die erste offizielle Europameisterschaft fand 1970 statt. An keiner der großen internationalen Wettkämpfe nahm jemals eine Eisschnellläu-

berger, Konrad Pecher, Ferdinand Preindl, Gustav Slanec und Hermann Strutz.

ferin des Wiener Eislauf-Vereins teil. Bezeichnend für die langsame Entwicklung des Eisschnelllaufsports der

Mannsbarth, der auch ein ausgezeichneter Radrennfahrer war, gelang 1952 eine höchst seltene Leistung in der Olympiageschichte: Innerhalb eines Jahres ging er in den beiden von ihm ausgeübten Sportarten bei Winterspielen (Cortina d’Ampezzo) und Sommerspielen ­(Helsinki) an den Start. Hinter den arrivierten Läufern scharrte bereits eine Gruppe junger Talente in den Startlöchern, deren größ-

Frauen in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg war die Tatsache, dass Liselotte Landbecks Bestmarken aus der Zwischenkriegszeit über 30 Jahre lang ungebrochen blieben. Erst die WEV-Läuferin Elfriede Ruiner stellte 1969 über die Distanzen von 500, 1000 und 1500 Meter neue Landesrekorde auf. An den Eisschnelllaufbewerben der Winterspiele 1964 nahmen schließlich mit Erich Korbel, Josef Reisinger,

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Abb. 3.34: Das Olympia­ team von 1964 beim Trainingslager in Deventer/ Niederlande, v. l. n. r.: Reinhold Seeböck, Adi Mannsbarth (Trainer), Erich Korbel, Gerhard Strutz, Hermann Strutz, Josef Reisinger, Manfred Zojer und Peter Toyfl, 1963.

Reinhold Seeböck, Gerhard und Hermann Strutz und ­Peter Toyfl sechs Athleten des WEV teil. Manfred Zojer vom Eislaufverein Wörthersee komplettierte die außerordentlich große Abordnung österreichischer Schnellläufer. Auch dem Organisationsstab in Innsbruck gehörten zahlreiche Funktionäre des WEV an. Als Wettkampfleiter fungierte Sektionschef Fritz Spohn, für die Zeitnehmung verantwortlich waren die zwei Schnelllauflegenden Willy Löwinger und Max Stiepl.

Die Eisschnelllauf-Konkurrenz in Innsbruck hatte die größte Beteiligung aufzuweisen, die bis dahin bei einem internationalen Großereignis in dieser Disziplin verzeichnet wurde: Insgesamt nahmen 109 Männer und 46 Frauen teil, die in acht Bewerben für fünf Olympische Rekorde sorgten. Das Zuschauerinteresse war ebenfalls enorm – 15.000 Menschen sahen die 500-Meter-Konkurrenz der Männer in Europas schönstem Freilufteisstadion. Für das Highlight aus österreichischer Sicht sorgte Hermann Strutz, der im Bewerb über die 5000-Meter-Strecke eini-

Abb. 3.35: Die Olympioniken Reinhold Seeböck, Josef Reisinger, Erich Korbel (v. l. n. r.) auf dem WEV-Platz, 1964.

Abb. 3.36: Hermann Strutz zieht im Rennen über 10.000 Meter seine Runden im Innsbrucker Olympiastadion, 1964.

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ge Minuten lang den Olympischen Rekord hielt. Im Endklassement belegte er den guten fünften Rang. Nach seiner dritten Olympiateilnahme 1968 in Grenoble/Frankreich, wo auch sein Vereinskollege Erich Korbel über die Distanzen von 1500 und 5000 Meter qualifiziert war, trat der neunfache Österreichischen Meister zurück und übernahm die Leitung der Schnelllaufsektion in der neugegründeten Wiener Eissport-Vereinigung (WEVg), dem Zusammenschluss der Sportsektionen des WEV und EKE.

Trotz der vielen motivierten Läufer und Läuferinnen blieb die Disziplin das Stiefkind der WEVg, in der das Hauptaugenmerk auf der Förderung der Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen sowie – mit Abstrichen – der

In dieser Phase verlagerte sich die Ausbildung von Schnellläufern von der Bundeshauptstadt immer mehr in den Westen Österreichs, wo – seit der Fertigstellung des Olympia-Ovals in Innsbruck – günstigere Trainingsbedingungen vorherrschten. Wiens Aushängeschild dieser Zeit hieß Ludwig Kronfuß. Der mehrfache Österreichische Meister nahm als letzter Eisschnellläufer der WEVg an Olympischen Winterspielen teil (Innsbruck 1976). In der Damenriege hatte man Positives zu vermelden: Immer mehr Mädchen fanden Interesse an dem rasanten Sport und meldeten sich im Verein an. Konkurrenzlos blieb aber für viele Jahre die Wiener Neustädterin Carmen Kraßnitzer, die mehr als 20 Landesrekorde aufstellte. Die Wiener Nachwuchsläufer und Nachwuchsläuferinnen waren fast allesamt Sprösslinge ehemaliger Eisschnellläufer, Funktionäre oder langjähriger Mitglieder

Eishockeyspieler lag. Die Verkleinerung der Kunsteisfläche im Zuge der Errichtung des Hotel InterContinental wirkte sich zusätzlich negativ auf die Nachwuchsarbeit aus. Zwar dominierten die Kurvenflitzer vom Heumarkt (aufgrund der mangelnden nationalen Konkurrenz) weiterhin die Österreichischen Meisterschaften in allen Altersklassen, im internationalen Vergleich driftete der Wiener Eischnelllauf jedoch zunehmend in die Bedeutungslosigkeit ab. Nur durch das Engagement einiger Eissport-Familien im WEV, wie den Familien Hehn, Meixner, Spohn oder Strutz, konnte die Sektion am Leben erhalten werden. Auch ehemalige Athleten wie Gustav Slanec oder später Hermann Strutz, Reinhold Seeböck und Josef Reisinger brachten sich viele Jahre als Funktionäre in das operative Tagesgeschäft des Vereins ein.

des WEV. Die Geschwisterpaare Martin und Hans Paul Kutschera, Hans und Bernd Spohn, Renate, Sonja und Reinhard Eminger, Martina und Gabriele Hehn, ­Michael, Thomas und Markus Meixner oder Andreas Biel und Andrea Strutz hielten die Vereinsfahnen hoch und stellten regelmäßig Österreichische Meister und Meisterinnen im Nachwuchsbereich. Zu einer liebgewonnenen Tradition im Wiener Eislauf-Verein wurde das sogenannte Würstelrennen zu Saisonschluss, bei dem die Eisschnellläufer in Eishockeyschuhen um die Wette liefen und – ganz in wienerischer Manier – mit Würsteln belohnt wurden. Nachdem der aus Kärnten stammende Eisschnell­ lauftrainer Mario Schuster auf tragische Weise bei einem Autounfall verunglückte, suchte man für die vakante Stelle einen erfahrenen Profi, der die jungen WEV-Talen-

Family Business

Abb. 3.37: Der Hehn-Clan – vier Geschwister, zwei Sportarten. Sabine und Horst waren Eiskunstläufer, Martina und Gabriele Eisschnellläuferinnen. Links Martina Hehn um 1980. Abb. 3.38: Rechts Gabriele Hehn um 1980.

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Abb. 3.39: Das WEV-Team von 1983/84. Stehend, v. l. n. r.: Reinhold Seeböck, Trixi Winkler, Martin Nitsch, Georg Stiefelmayer, Erik Alk, Egbert Schmid, Andreas Biel, Hannes Mayer, Hans Spohn, Leutfried Meixner; kniend, v. l. n. r.: Bernd Schmid, Markus Meixner, Thomas Meixner, Fritz Kotzina, Martin Kutschera, Anton Pickl.

te an das Niveau der übermächtig gewordenen Konkurrenz aus Tirol und Kärnten heranführen sollte. Ein guter Trainer war rasch gefunden – allerdings in Budapest, wo

die Wiener häufig bei internationalen Wettkämpfen und zu Trainingszwecken zu Gast waren. Schnelllauf-Sektionsleiter Reinhold Seeböck und Hermann Strutz, der damals für den Österreichischen Eislauf-Verband (ÖEV) tätig war, nahmen 1983 die Verhandlungen mit dem bekannten ungarischen Eisschnelllauflehrer Bálint Kutas auf und konnten ihn überzeugen, seine berufliche Zukunft in Wien weiterzuführen. Durch geschickte diplomatische Vermittlung gelang es ihnen – in einer weltpolitisch schwierigen Phase als Österreich und Ungarn durch den Eisernen Vorhang getrennt waren –, Kutas mit Werkverträgen beim WEV als Vereins- und beim ÖEV als Verbandstrainer für Ostösterreich auszustatten. In seiner Funktion als Nationaltrainer bestritt er mit dem Abb. 3.41: Hans Paul und Martin Kutschera beim Training auf der kleinen 250-Meter-Bahn am Heumarkt, 1980.

Abb. 3.40: Der schnelle Bub ist Thomas Meixner, heute Vizepräsident des WEV.

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ungarischen Schnelllauf-Team noch die Olympischen Winterspiele in Sarajevo 1984 und übersiedelte anschließend nach Wien. Mit von der Partie in Ungarns Aufgebot in Jugoslawien war auch seine junge, hochtalentierte Schülerin Emese Hunyady, die bereits als 12-Jährige in ihrer Heimat für Rekordzeiten am Fließband gesorgt hatte. Ein Jahr, nachdem Bálint Kutas seine Trainertätigkeit in Wien aufgenommen hatte, folgte ihm Hunyady nach Wien und erlangte kurze Zeit nach der Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft als „Eisgräfin“ weltweite Bekanntheit in der Sportszene.

Mit der Eröffnung des Eisring-Süds, dem Eissportzentrum der Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich (ASKÖ), im Dezember 1982, erhielt Wien die

ling) von der Stadt Wien erhalten. Der WEV hingegen bekam als gemeinnütziger Verein keine Förderungen aus öffentlicher Hand zur Verbesserung der Trainingssituation. Reinhold Seeböck, der viele Jahre als Trainer und Sektionchef im WEV gearbeitet hatte, erhielt von der ASKÖ das Angebot, die sportliche Leitung auf dem Eisring-Süd zu übernehmen und verließ seinen Stammverein. In der Folge wanderten viele leistungsorientierte Eisschnellläufer und Eisschnellläuferinnen zum neu gegründeten Eis- und Rollsport Club Eisring-Süd (ERC) ab. Zwischen dem WEV und dem ERC brach anschließend ein Kampf um Eiszeiten auf der modernen Rennstrecke aus. Auch Trainer Kutas folgte 1985 dem Ruf des ambitionierten Vereins aus Wien-Favoriten und trainierte dort neben seinen Schützlingen des ERC als Verbandstrainer auch 30 bis 40 Läufer und Läuferinnen der Wiener Eissport-Vereinigung und des Wiener Neustädter Eislauf-

lang ersehnte 400-Meter-Eisschnelllaufbahn. Das Projekt im 10. Wiener Gemeindebezirk war nicht unumstritten, hatte doch die ASKÖ für den Bau der 5500 Quadratmeter großen Anlage eine Subvention in Millionenhöhe (Schil-

vereins. Zu seinen Schülern und Schülerinnen zählten – neben der Lichtgestalt des Eisring-Süds Emese Hunyady – die im WEV ausgebildeten österreichischen Nachwuchsmeister Hermann Fuchs und Georg Stiefelmayer.

Der Abschied der Skater vom Heumarkt

Abb. 3.42: Trainer Bálint Kutas mit Monika Freunthaler, Markus Hexenberger, Emese Hunyady und Hermann Fuchs beim Sommertraining auf dem Eisring-Süd, 1988.

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Der Eisring-Süd wurde rasch zu dem Anziehungspunkt für Kinder und Jugendliche aus Ostösterreich. Im WEV hingegen nahm das Interesse stetig ab, woraufhin Ende der 1980er-Jahre die Eisschnelllaufsektion aufgelassen wurde. In den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren erlebte der österreichische Eischnelllaufsport mit den Erfolgen von Michael Hadschieff vom Innsbrucker Eislaufverein (IEV) und der Neo-Österreicherin Emese Hunyady vom ERC den vorläufig letzten Höhepunkt. Insgesamt gewannen sie zwischen 1988 und 1994 fünf Olympiamedaillen. Emese Hunyady, die ihre Eissportkarriere in Budapest als Kunstläuferin begonnen hatte, prägte 1994 nach ihrem Olympiasieg über die 1500-Meter-Strecke in Lillehammer jenes Bild, das sich in das Gedächtnis Tausender Fernsehzuschauer und -zuschauerinnen eingeschrieben hat und heute stellvertretend für die lange Eisschnelllaufgeschichte Österreichs steht, die 1869 im WEV ihren Anfang nahm. Der internationale Eisschnelllaufsport war in den 1990er-Jahren durch zahlreiche Modernisierungen – wie etwa die Einführung von Einzelstreckenmeisterschaften sowie Sprint- und Teambewerben – gekennzeichnet. Bei den Olympischen Winterspielen 1992 in Albertville/ Frankreich kam zu den klassischen Distanzen über 500 bis 10.000 Metern mit Shorttrack eine weitere Disziplin hinzu. Die Eisschnelllauf-Aktivitäten in Wien endeten mit der Einstellung des Betriebs der desolaten Rennstrecke auf dem Eisring-Süd im Jahr 2001. Heute wird in der Bundeshauptstadt aufgrund der limitierten Eissport-Infrastruktur hauptsächlich Shorttrack gelaufen. Bis dato sind ehemalige WEV-Schnellläufer als Sportfunktionäre tätig: Hans Spohn hat das Amt des Präsidenten des Österreichischen Eisschnelllaufverbandes inne, Anton Pickl jene des Wiener Eisschnelllaufverbandes und Hans Paul Kutschera steht an der Spitze des Österreichi-

Abb. 3.43: Emese Hunyadys Freudentanz nach dem Gewinn der Goldmedaille über 1500 Meter bei den Olympischen Winterspielen in Lillehammer 1994.

schen Judoverbandes. Leutfried und Thomas Meixner sind seit vielen Jahren als Beiratsmitglied bzw. Vizepräsident im Wiener Eislauf-Verein tätig. Als der Olympionike Josef Reisinger im Jahr 2003 Opfer eines Verkehrsunfalls wurde, übernahm seine Tochter Karin Reisinger das Vorstandsmandat im Wiener Eislauf-Verein. Im Jahr 2016 wurde Reisinger, die beim berühmten Eislauflehrer Karl Lang eislaufen lernte und in ihrer Kindheit Kunstlauf-Unterricht bei Hildegard Appeltauer nahm, zur Vizepräsidentin gewählt.

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1945–1967 Der Neubeginn und seine Herausforderungen

„Es ist nichts Neues und klar, so wie der Eis­ laufverein heute da steht, kann er nicht mehr weitergeführt werden. Er ist eine Leiche.“ (WEV-Vizepräsident Josef Fleischer in der Vorstandssitzung am 17. November 1945)

W

ährend der letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges besetzten die alliierten Truppen der Sowjetunion, der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Frankreichs das Deutsche Reich. Nach den Bombenangriffen 1944/45 und der „Schlacht um Wien“, die mit der Befreiung der Stadt durch die Rote Armee am 13. April 1945 endete, standen der Wiener Eislauf-Verein und der Verein Kunsteisbahn Engelmann vor den Trümmern ihrer Existenz. Der Luftkrieg hatte die Arena in Hernals dem Erdboden gleichgemacht, und auch der Bezirk Landstraße entging dem Schicksal der Zerstörung nicht. Eisenbahnanlagen, Fabriken und Tausende Wohnungen sowie große Teile der Gas-, Strom- und Wasserversorgungsanlagen auf dem Gebiet waren zerstört. Der Heumarkt war von Schützengräben übersät und zwei Granatentreffer hatten die Gefrierplatte des WEV stark beschädigt. Wochenlang dienten die Vereinsgebäude den sowjetischen Truppen als Unterkunft. Die übrig gebliebenen, für die Solda-

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Abb. 4.1: Durch Bomben zerstört: Die Engelmann-Arena am 12. März 1945.

ten nutzlosen Habseligkeiten des WEV, wie Eislaufschuhe und Tennisschläger, wurden auf die Straße geworfen, um Platz für Pferdestallungen zu schaffen. Am 27. April 1945 erklärten Repräsentanten der neu gegründeten drei politischen Parteien, SPÖ, ÖVP und KPÖ, im Wiener Rathaus die Nichtigkeit des Anschlusses an Deutschland und die Errichtung einer unabhängigen demokratischen Republik. Das Gebiet Österreichs wurde von den Siegermächten auf der Grundlage der Moskauer Deklaration von 1943 innerhalb jener Grenzen, wie sie bis zum März 1938 bestanden hatten, wiederhergestellt und in vier Besatzungszonen unterteilt. Am 1. September 1945 übernahmen die westalliierten Truppen ihre Sektoren auch in Wien, das  bis dahin  unter sowjetischer Kontrolle gestanden war. Der 3. Bezirk gelangte, wie auch der 5., 11., 12. und 13. Bezirk, unter britische Verwaltung, deren Hauptquartier sich im Schloss Schönbrunn befand. Die Grundsätze der alliierten Besatzungspolitik waren auf die vollständige Abrüstung und Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung sowie die Erhaltung des Friedens ausgerichtet.

Die Neugründung des Vereins Intern begann man nun auch im Wiener Eislauf-­ Verein mit der Distanzierung vom Nationalsozialismus. Am 27. Oktober 1945, dem Tag der ersten Ge-

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neralversammlung seit 1937, erfolgte die Wahl eines neuen Vereinsvorstands, der sich aus „unbelasteten“ Personen zusammensetzte – Personen also, denen keine Nähe zum Nationalsozialismus nachgewiesen werden konnte. Zum Präsidenten wurde der Sozialdemokrat Franz Winterer, Unterstaatssekretär für Heerwesen in der Provisorischen Staatsregierung Karl Renners (27. April 1945 bis 20. Dezember 1945), gewählt. Das Amt der Vizepräsidenten übernahmen Ludwig Fischer, der Bezirksvorsteher des 3. Bezirks, und Ingenieur Josef Fleischer. Dem neu konstituierten Verwaltungsausschuss gehörten Friedrich Fröhlich, Rudolf Kaler, Hans Meixner, Karl Mohr, Hans Roller, Gustav Slanec und Heinz Waschnitius an. Die schrittweise Umbildung des Eislauf-Vereins in den Jahren zwischen 1945 und 1947 erfolgte auf der Grundlage des Vereins-Reorganisationsgesetzes vom 31. Juli 1945. Der WEV verpflichtete sich im Auftrag des Alliierten Rates gegenüber der Vereins­ polizei ferner, „ein freies und unabhängiges Österreich zu stärken und zu erhalten“ und „die nationalsozialistische Ideologie in jeder Form und von jedem Gesichtspunkt aus im politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben zu bekämpfen“. Die Neubegründung des Vereins 1945/46 bedeutete zwar einen ideologischen Neubeginn, jedoch keinen personellen. Während die Redemokratisierung des WEV mit der Wahl des neuen Vereinsvorstandes im Oktober 1945 rasch erfolgte, zog Adolf Eders Involvierung in den nationalsozialistischen Apparat keinerlei Konsequenzen nach sich. Ungeachtet seiner NS-Vergangenheit wurde der vormalige kommissarische Verwalter, der in vorauseilendem Gehorsam 1938 den Ausschluss jüdischer Mitglieder aus dem Verein veranlasst hatte, aufgrund seiner „kaufmännischen Fähigkeiten“ im November 1945 vom neuen Verwaltungsausschuss zum Generalsekretär bestellt.

Die Wiederbelebung eines Totgeglaubten Armut, Hunger, Kälte und Mangelwirtschaft prägten den Alltag der Bevölkerung in den ersten Nachkriegsjahren, die in ganz Wien im Zeichen der Beseitigung der Kriegsschäden und des Wiederaufbaus der zerstörten Infrastruktur standen. Um die Stimmung unter den im Verein verblie­be­ nen Personen zu heben, wurde aufgrund der akuten Ernährungssituation in der Stadt ein Gemüsegarten auf dem WEV-Platz angelegt und ein Fonds für hilfsbedürftige Angestellte eingerichtet. Im R ­ ahmen der Möglichkeiten wurden Lebensmittel für die Platzarbeiter beschafft oder für besonders rasch durchgeführte Arbeiten zur Verbesserung der Anlage kleine Prämien ausbezahlt. Die Vereinsleitung erkannte aber bald, dass ein geregelter Winterbetrieb in absehbarer Zeit nicht durchzuführen sein würde. Zu groß waren die Spuren, die der Krieg hinterlassen hatte: Die Maschinen waren defekt, die Rohre der Kunsteisbahn durch Korrosion beschädigt, die Gefrierplatte desolat und die Vereinsräume verwüstet. Erschwerend für den Wiederaufbau kamen der in der Stadt vorherrschende Elektrizitäts-, Gas- und Wassermangel sowie an­ haltende Versorgungsschwierigkeiten mit lebensnotwendigen Waren hinzu. Lebensmittelkarten und Bezugsscheine regelten zwischen 1945 und 1953 die streng rationierte Versorgung der Bevölkerung. Der

Wiener Eislauf-Verein war hinsichtlich dringend benötigter Bau- und Rohstoffe für die Instandsetzung des Eislaufplatzes, wie etwa Holz oder Kohle, auf die Politik der britischen Administration angewiesen. Im Gegensatz zur Engelmann-Arena, deren Kunsteisbahn durch Bombentreffer vollkommen zerstört worden war, konnte jene des WEV durch den unermüdlichen Einsatz der wenigen im Verein verbliebenen Frauen und Männern in ständiger Tag- und Nachtarbeit mit primitivsten Behelfsmitteln binnen weniger Monate provisorisch repariert werden. Angesichts der widrigen Umstände kam es einem Wunder gleich, dass am 8. Dezember 1945 ein kleiner Natureisplatz im Ausmaß von 1800 Quadratmetern wiedereröffnet werden konnte. Zum Dank für die Bereitstellung von Baumaterial richtete der Verein am 23. Dezember 1945 eine Schaulaufveranstaltung für die britischen Besatzungstruppen aus. Weitere Vorführungen für amerikanische und russische Soldaten folgten in diesem ersten Nachkriegswinter. Bis zum März 1946 konnten bereits acht Kunstlaufkonkurrenzen, 22 Eishockeyspiele, zehn Schaulaufveranstaltungen und zehn Aufführungen der neu geschaffenen Wiener Eisrevue am Heumarkt durchgeführt werden. Die Einnahmen aus dem Kartenverkauf ermöglichten die rasche Reparatur der Gefrierplatte, Banden und Lautsprecheranlage.

Abb. 4.2: Das lange Anstellen für Lebensmittel gehörte zum Nachkriegsalltag, 1945.

Abb. 4.3: Britische Soldaten beim Eislaufen auf dem WEV-Platz, 1946.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit stellte der WEV seinen Eislaufplatz den „heimatlos“ gewordenen Sportlern und Sportlerinnen des Eissport-Klub Engelmann (EKE) für Trainingszwecke zur Verfügung. Angesichts der existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation der beiden Wiener Traditionsvereine wurde die im Jahr 1939 geschlossene Kooperation im Bereich der Sportsektionen erneuert. Die Geschäftsführer der im Dezember 1945 neu gegründeten Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) blieben, wie zu Kriegszeiten, Adolf Eder für den WEV und Hans Grünauer für den EKE. Im 17. Bezirk nahm nach der Instandsetzung der Kunsteisbahn der im Jahr 1903 gegründete Cottage Engelmann Verein seine Tätigkeiten im Bereich des Leistungs- und Breitensports wieder auf. An der ersten Österreichischen Kunstlauf-Meisterschaft der Zweiten Republik, die im Jänner 1946 auf dem WEV-Platz ausgetragen wurde, nahmen zehn Frauen, sechs Männer, vier Paare und fünf Tanzpaare teil. Nahezu alle gemeldeten Sportler und Sportlerinnen gehörten der neu geschaffenen WEG an, drei Läufer kamen aus Graz. Es siegten Eva Pawlik (WEV) und Edi Rada (EKE) im Einzellauf, Herta und Emil Ratzenhofer (WEV) im Paarlaufen sowie Hertha Branowitzer und Rudolf Plaschke (WEV) im Eistanzbewerb. Den Eishockey-Staatsmeistertitel errang das Team des Engelmann-Vereins. Auch Karl Schäfers Revueunternehmen fand am Heumarkt eine neue Heimstätte: EKE-Generalsekretär Grünauer, der nach dem Bekanntwerden Schäfers NSDAP-Zugehörigkeit die Leitung der Revue interimistisch übernommen hatte, bot diese der WEG zur Durchführung an. Als neu gegründete Show mit dem Namen „Wiener Eisrevue“ sollte sie zum Dynamo des Wiederaufbaus des Wiener Eissports werden. Adolf Eder, dem das Management übertragen wurde, formte die Revue in den darauffolgenden Jahren zu einem weltbekannten Unterhaltungsunternehmen, das in den späten 1950er-Jahren, auf dem Höhepunkt angelangt, mehrere Millionen Schilling pro Saison in die Kassen des Wiener Eislauf-Vereins spülte. In Eders Dienstvertrag wurde bereits 1946 festgeschrieben, dass dem WEV 50 Prozent des Reingewinns der

Eisrevue zufließen würden, Eder selbst bestand auf eine Prämie von 25 Prozent. Bis zur Aufnahme eines geregelten Betriebs war es aber noch ein langer und steiniger Weg. In dieser schwierigen Zeit trat 1946 mit dem Bundesminister für Handel und Wiederaufbau, Eduard Heinl, ein Präsident an die Spitze des Wiener Eislauf-Vereins, der durch seine ausgewiesene Wirtschaftskompetenz den Weg aus der Krise ebnete. Um den kostspieligen Winterbetrieb, das Herzstück des Eislauf-Vereins, zu finanzieren, griff man mit dem Sommerbetrieb auf ein bewährtes Konzept der Zwischenkriegszeit zurück. Ein stark erweitertes Kultur- und Sportprogramm sollte den Fortbestand des bankrotten Vereins sichern, ohne die Mitglieder durch eine Erhöhung der Beiträge belasten zu ­müssen. Zur Abwicklung des Kulturprogramms gründeten der WEV und der Pächter des vereinseigenen Restaurants, Hans Kraus, ein gemeinsames Veranstaltungsunternehmen mit dem klangvollen Namen „Bouquet“. Von Tanzveranstaltungen über Kabaretts bis hin zu Konzerten und Operetten deckte das Angebot eine breite Palette der Unterhaltungskunst ab. Der in der Kunst- und Kulturszene gut vernetzte Ge-

Abb. 4.4: Vor dem Weltkrieg verfemt, nach dem Weltkrieg unbezahlbar: Die Avantgarde-Künstlerin Josephine Baker um 1930.

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den, die er zwischen 1938 und 1983 mehr als 1600 Mal spielte. Fast jeden Tag fand eine andere Veranstaltung am Heumarkt statt, die von der Wiener Bevölkerung in einer Zeit der Entbehrungen und der Sehnsucht nach Unterhaltung bereitwillig angenommen wurde. Obwohl das Geschäft des Varieté-Unternehmens in den ersten beiden Nachkriegssommern florierte, stieg der WEV 1948 aus der Kooperation aus, um sich fortan ausschließlich der Ausrichtung von Sportveranstaltungen zu widmen.

Der Eislauf-Verein als Sommersportverein

neralsekretär Adolf Eder brachte sich als Ideengeber ein. So vertrat er die Meinung, dass der erste Stargast des Bouquets größtmögliche Zugkraft haben müsse und schlug die für ihre extravaganten Tanz- und Burlesque-Shows weltweit gefeierte US-amerikanisch-französische Künstlerin Josephine Baker vor. Das Engagement der Avantgarde-Künstlerin, die aufgrund ihrer außergewöhnlichen Kostüme und erotischen Tänze vor dem Zweiten Weltkrieg in einigen europäischen Städten mit einem Auftrittsverbot belegt worden war, scheiterte letzten Endes am notwendigen „Kleingeld“. Zwischen 12.000 und 14.000 Schilling veranschlagte Bakers Management pro Auftritt – eine Summe, die trotz größter Anstrengungen vonseiten des Bouquets nicht aufzutreiben war. Mit der Aufführung der Operettenproduktion „Die lustige Witwe“ von Franz Lehár im August und September 1946 konnte zwar ein adäquater, publikumswirksamer Ersatz gefunden werden, der aber im Vergleich zur Ursprungsidee nicht gegensätzlicher sein hätte können. In der Hauptrolle des Grafen Danilo war der beliebte, aus den Niederlanden stammende Schauspieler und Sänger Johannes Heesters zu sehen. Die Figur sollte Heesters Paraderolle wer-

Mehr als 20 Prozent der Wiener Gebäudesubstanz waren im Krieg zerstört worden, zudem Straßenzüge und Brücken sowie zahlreiche der ehemals hochfrequentierten Sportplätze. Nachdem einige Sportler und Sportlerinnen des Wiener Athletiksport Clubs (WAC) aus dem niedergebrannten Prater um Aufnahme in den Wiener Eislauf-Verein angesucht hatten, wurde im Frühjahr 1946 eine Leichtathletiksektion innerhalb der WEG gegründet. Bereits in der ersten Saison bescherten die Sommersportler dem Verein nicht weniger als sechs Österreichische Meistertitel – u. a. gewann Hilde Michal im Hochsprung und Friedrich Nickl im 100-Meter-Lauf. Dem in Wien boomenden Boxsport wurde mit der Gründung einer eigenen Amateur-Boxsektion im Jahr 1947 sowie der Ausrichtung zahlreicher Boxkämpfe auf dem Vereinsplatz Rechnung getragen.

Abb. 4.5: Werbeplakat „Die Lustige Witwe“, 1946.

Abb. 4.6: Umbauarbeiten für den Sommerbetrieb um 1950.

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Abb. 4.7: Die provisorische „Pawlatschen“, die größte Einnahmequelle des WEV in der Nachkriegszeit.

Wenige Monate nach dem Ende der Kriegshandlungen in Wien nahm auch die im Jahr 1935 gegründete Tennissektion den provisorischen Betrieb auf. Trotz der Erfolge, die durch die Leichtathleten und Leichtathletinnen erzielt worden waren, musste die Sektion wenig später aus finanziellen Gründen wieder aufgelöst werden. Die angestrebte Errichtung einer Radrennbahn – als Ersatz für die durch Bombentreffer beschädigte Bahn in der Wiener Krieau – konnte ebenso wenig realisiert werden wie der Bau eines Schwimmbeckens. Vor dem Hintergrund des geringen Sportangebots in der Stadt war der WEV bemüht, der Bevölkerung unterschiedliche Freizeitmöglichkeiten zur aktiven und passiven Unterhaltung anzubieten. Zahlreiche, mitunter kurios erscheinende Ideen spukten in den Köpfen der Vereinsleitung umher. Viele wurden rasch verworfen, einige zu Dauerbrennern. So wurde auf dem Vereinsplatz Rollschuh- und Motorrad gefahren, Minigolf, Radball und Tischtennis gespielt – ja sogar die Durchführung einer Serie von Hunde-

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rennen wurde dem WEV von einem englischen Veranstalter angeboten. Ein Novum in der Geschichte des Vereins stellte die Ausrichtung von Freistil-Ringkämpfen dar, die in kürzester Zeit große Beliebtheit beim Wiener Publikum erlangten und als „Catchen am Heumarkt“ Eingang in das kollektive Gedächtnis der Nachkriegsgesellschaft fanden. Gemessen an der Zahl der öffentlichen Veranstaltungen stellte der Sommerbetrieb in den ersten Nachkriegsjahren den Winterbetrieb in den Schatten. Im Rekord-Sommer 1948 wurden über 130 Veranstaltungen auf dem Vereinsplatz durchgeführt – davon ein großes Ringerturnier mit mehr als 100 Kampfabenden, acht Boxveranstaltungen und ein Jazz-Konzert. Welche wirtschaftliche Bedeutung der Verein auch für die Stadt Wien hatte, wird an der Höhe der Abgaben und Steuern deutlich, die der WEV zu entrichten hatte: 1947 musste der Verein bereits eine Million Schilling an Vergnügungssteuer dem Fiskus zuführen. Der Andrang zu den Kultur- und Sportveran-

staltungen hatte gezeigt, dass eine Vergrößerung des Zuschauerraums dringend notwendig geworden war. Um möglichst vielen Menschen Platz zu bieten, wurde eine riesige Holztribüne in der Mitte des Eislaufplatzes errichtet. So manchem Mitglied war das „hölzerne Ungetüm“ ein Dorn im Auge, die ­Vereinsleitung hingegen freute sich über die zusätzlich verkauften Eintrittskarten.

Es lebe der Eissport Während die Wiener Eisrevue bereits kurz nach Kriegsende viel umjubelte Vorstellungen im benachbarten Ausland gab, gestaltete sich die Rückkehr österreichischer Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen auf die internationale Bühne weitaus schwieriger. Wie eng Sport und Politik seit jeher miteinander verknüpft sind, bewies der Beschluss der International Skating Union (ISU), den Österreichischen Eislauf-Verband aufgrund der kriegsbedingten Besatzung des Landes aus der Organisation auszuschließen und folglich den Athleten und Athletinnen die Startberechtigung für internationale Konkurrenzen zu entziehen.

Österreichs Eishockeyspieler hingegen waren von dieser Maßnahme nicht betroffen und sorgten – vor dem Hintergrund der schlechten Trai­nings­ möglichkeiten und der noch schlechteren Nah­ rungs­ versorgung – mit dem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft in Prag 1947 für die wohl größte Sport-Sensation in der unmittelbaren Nach­ kriegszeit. Im Kader der Natio­ nalmannschaft standen fast ausschließlich Spieler der WEG, ver­ stärkt wurden sie von einigen ehemaligen WEVCracks, die inzwischen in Deutschland eine neue Heimat gefunden hatten. In der Zeit, als in Europa der Krieg gewütet hatte, waren vor allem US-amerikanische und kanadische Kunstläufer und Kunstläuferinnen in das Rampenlicht getreten. Einzig Eva Pawlik, Edi Rada sowie das Geschwisterpaar Herta und Emil Ratzenhofer konnten mit der neuen Weltspitze Schritt halten, wie sie bei ihrem ersten Antreten nach der Aufhebung der ISU-Sperre bei den Europameisterschaften 1948 in Prag eindrucksvoll unter Beweis stellten. Für Eva Pawlik reichte es als beste Europäerin nicht zum Europameistertitel, denn bis zu diesen Meisterschaften waren auch Sportler und Sportlerinnen aus nicht-europäischen Ländern zu der kontinentalen Konkurrenz zugelassen. Die Europameistertitel gewannen die Kanadierin Barbara Ann Scott und der US-Amerikaner Richard „Dick“ Button – ein einmaliges Ergebnis in der Geschichte des Eiskunstlaufsports. Den hinter ihnen platzierten europäischen Läufern, Eva Pawlik und dem Schweizer Hans Gerschwiler, blieben die Titel vorenthalten. Dieser ungerechte Ausgang stellte das auslösende Moment für die ISU dar, für die Teilnahme an Europameisterschaften, wie auch in anderen Sportarten üblich, ab 1949 ausschließlich Läufer und Läuferinnen aus europäischen Ländern zuzulassen. Edi Rada in der Einzel- sowie Herta und Emil Ratzenhofer in der Paarlaufkonkurrenz belegten in Prag jeweils den dritten Platz. Die darauffolgenden Olympischen Winterspiele in St. Moritz 1948 wurden mit einer großen Abordnung von zehn Wiener Kunstläufern und Kunstläuferinnen beschickt. Eva Pawlik, die nach dem Pflichtbewerb auf Platz drei gelegen war, gewann nach einer sehr guten Kürdarbietung Silber hinter Barbara Ann

Abb. 4.8: Edi Rada bei den Österreichischen Meisterschaften 1948.

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Abb. 4.9: Edi Rada (l.), Eva Pawlik und Sportminister Felix Hurdes bei den Olympischen Winterspielen in St. Moritz 1948.

Abb. 4.10: Eva Pawlik bei der Ankunft in den USA mit Edi Scholdan, 1948.

Scott, Edi Rada Bronze, Ratzenhofer/Ratzenhofer belegten den neunten Rang. Mit dabei waren auch die Läufer und Läuferinnen des EKE, Hildegard Appeltauer und Ingeborg Solar, die später als Trainerinnen der Wiener Eissport-Gemeinschaft maßgeblich am Aufbau einer neuen Eiskunstlauf-Generation beteiligt waren, sowie Hellmut May, der nach einigen Saisonen bei der Wiener Eisrevue mehr als drei Jahrzehnte im Kerrisdale Figure Skating Club in Vancouver/Kanada als Nationaltrainer arbeitete. Hellmut Seibt, der spätere Doppel-Europameister, belegte im Einzellauf den neunten und mit Susanne „Susi“ Giebisch im Paarlauf den elften Platz. Wenige Tage nach dem Gewinn der Silbermedaille bei den Winterspielen hatte Eva Pawlik bei den Weltmeisterschaften in Davos abermals gegen Barbara Ann Scott das Nachsehen und musste sich mit dem Vize-Weltmeistertitel zufriedengeben. Im darauffolgenden Sommer wurde Eva Pawlik, die von der Presse in Anlehnung an die russische Ballett-Künstlerin Anna Pawlowa als „Pawlowa des Eises“ bezeichnet wurde, nach Colorado Springs eingeladen, um als Schauläuferin an der von ihrem ehemaligen, in die USA ausgewanderten Trainer Edi Scholdan produzierten Broadmoor Ice Revue mitzuwirken. Bei einer Vorstellung in Hollywood machte Pawlik Bekanntschaft mit dem Regisseur Billy Wilder, der ihr eine Rolle in einem Eistanzfilm mit Gene Kelly anbot. Schweren Herzens lehnte sie ab, um ihre Eiskunstlaufkarriere fortzusetzen. Der Aufenthalt in den USA bot Pawlik auch die Möglichkeit, sich bei Scholdan unter den besten Bedingungen auf die künftigen Wettkämpfe vorzubereiten. Abb. 4.11: Frisch verheiratet. Eva Pawlik und Rudi Seeliger, 1957.

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Bei den Europameisterschaften 1949 in Mailand feierten Eva Pawlik und Edi Rada mit dem Gewinn der Europameistertitel ihre größten sportlichen Erfolge, Emil und Herta Ratzenhofer wurden im Paarlauf erneut Dritte. Während Rada wenig später bei den Weltmeisterschaften in Paris Bronze holte, konnte Pawlik, die als Titelaspirantin in den Bewerb ging, wegen eines gebrochenen Absatzes ihres Schlittschuhs nicht zur Kür antreten und blieb daher unplatziert.

Abb. 4.12: Eva Pawlik war die erste Eiskunstläuferin der Welt, die als TV-Kommentatorin arbeitete.

Die Europameisterin, die lukrative Film- und Revueangebote aus den Vereinigten Staaten abgelehnt hatte, unterzeichnete nach der Saison einen Vertrag bei der Wiener Eisrevue, wo sie in den 1950er-Jahren zur berühmtesten Showläuferin Europas aufstieg. Mit ihrem späteren Ehemann Rudi Seeliger, der 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt war, verkörperte sie für viele Jahre das Traumpaar der internationalen Revueszene. Nachdem Eva Pawlik im Jahr 1954 an der Universität Wien in den Fächern Anglistik und G ­ ermanistik promoviert hatte, wechselte das begehrte Revuepaar für drei Spielzeiten zur deutschen Scala-Eisrevue. 1958 kehrten sie nach Wien zurück, wo sie – nun als Ehepaar – ihre Showkarriere bei der Wiener Eis­ revue ausklingen ließen. Ihr Schauspieltalent, mit dem sie bereits im Kindesalter aufgefallen war, brachte Eva Pawlik zwei große Rollen in Revuefilmen der Fünfzigerjahre ein: 1950 spielte sie im ersten großen Farbfilm mit der Wiener Eisrevue, „Frühling auf dem Eis“, an der Seite von Hans Holt die weibliche Hauptrolle, 1959 war sie gemeinsam mit Rudi Seeliger im Film „Traumrevue“ neben Waltraut Haas und Susi Nicoletti zu sehen. Nach der Geburt ihres Sohnes im Jahr 1962 wurde Eva Pawlik vom Österreichischen Rundfunk (ORF) als erste TV-Sportberichterstatterin Europas engagiert. Von 1963 bis 1972 kommentierte sie alle großen Eiskunstlaufmeisterschaften und unterhielt dabei das Fernsehpublikum mit fachkundigen Informationen und präzisen Analysen. In den Sieb-

zigerjahren unterrichtete Pawlik an einem Wiener Gymnasium Deutsch und Englisch. Sie verstarb 1983 infolge einer schweren Krankheit nur wenige Monate nach ihrem Ehemann Rudi Seeliger. Edi Rada lief nach seiner aktiven Karriere eine Saison für die damals größte US-Eisshow, den Ice Capades, bevor er sich in Kanada niederließ, wo er mehrere Jahre in Ontario, Toronto und Vancouver die kanadische Kunstlaufelite unterrichtete. Anders als das Gros der Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen der Wiener Eissport-Gemeinschaft zogen die Geschwister Ratzenhofer ein geregeltes

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Abb. 4.13: Programm der Festversammlung, 1947.

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Abb. 4.14: V. l. n. r.: WEV-Präsident und Handelsminister Eduard Heinl, Bundespräsident Karl Renner, Bundeskanzler Leopold Figl und Wiens Bürgermeister Theodor Körner, 1946.

Berufsleben als Techniker und Gymnasiallehrerin einer Revuekarriere vor. In ihrer Funktion als Sportpädagogin verfasste Herta Aschenbrenner-Ratzenhofer für das Unterrichtsministerium mehrere Lehrbehelfe für den Eislauf-Unterricht an Schulen. Neben dem Sport hatte die Wiederbelebung des gesellschaftlichen Vereinslebens oberste Priorität. Ab 1946 fanden – wenn auch aufgrund der wirtschaftlichen Situation nicht in dem Maße prunkvoll wie in der Zwischenkriegszeit – wieder Faschingsfeste, Tanzabende und Kostümbälle im Eislauf-Verein statt. Der 80. Geburtstag des WEV im Jahr 1947 wurde mit einer gediegenen Feier unter dem Ehrenschutz

von Bundespräsidenten Karl Renner im Großen Konzerthaussaal begangen. Zahlreiche prominente Persönlichkeiten aus Sport, Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur, wie Bürgermeister Theodor Körner oder die Wiener Sängerknaben, beehrten den Festakt. Unter der Ägide von Handelsminister Eduard Heinl gelang zwischen 1946 und 1948 in kürzester Zeit die Wiederbelebung des Vereins in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Bereits im ersten Nachkriegsjahr schlossen sich rund 3000 neue Mitglieder dem WEV an. Im Oktober 1948 löste der Wiener Notar Eugen Schenk, der seit der Saison 1946/47 dem ­Ver­­­­­­­waltungsausschuss angehört hatte und als Kunstlauf-Preisrichter tätig gewesen war, Eduard Heinl als Präsident ab, der als Vorstand in den Aufsichtsrat der Creditanstalt-Bankverein wechselte. Eugen Schenk, der Vater von Bianca Schenk (Olympia­ teilnehmerin 1936) und des später erfolgreichen Kabarettisten, Schauspielers und Regisseurs Otto Schenk, führte den eingeschlagenen Konsolidierungsweg fort und widmete sich in seiner Amtszeit insbesondere der Nachwuchsförderung. Bis zu seinem Tod im Jahr 1957 war Eugen Schenk auch Präsident des ­Österreichischen Eislauf-Verbandes – während dieser Zeit gelang das Comeback der heimischen Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen in der Weltspitze.

Das „silberne Zeitalter“ Innerhalb weniger Jahre hatte sich der Wiener Eislauf-Verein in organisatorischer wie sportlicher Hin­sicht erholt und war wieder zu einem beliebten Sport- und Kulturzentrum in der Stadt geworden. Der gewinnbringende Sommerbetrieb wurde fortgesetzt und finanzierte bisweilen die kostenintensive Wintersaison, deren größte Belastung der Betrieb der Kunsteisbahn darstellte. 1951 wurden zwei weitere Meilensteine in Richtung Betriebskontinuität gesetzt: Zum einen wurde der Pachtvertrag um weitere 20 Jahre verlängert, zum anderen die Kooperationsvereinbarung mit dem Stadtschulrat erneuert, die Tausenden Schulkindern Abb. 4.15: Eugen Schenk gratuliert Ingrid Wendl zum zweiten Platz bei den Österreichischen Meisterschaften 1953, links die Siegerin Anneliese Schilhan.

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Abb. 4.16: Kiebitze bei den Europameisterschaften 1952 am Zaun des WEV auf der Lothringerstraße. Abb. 4.17: Dick Button und Hellmut Seibt (r.) bei einem Schaulaufen auf dem WEV-Platz, 1951.

am Vormittag den kostenlosen Besuch des Eislaufplatzes im Rahmen der Turnstunde ermöglichte. Im darauffolgenden Jahr fand erstmals nach dem Krieg wieder eine internationale Eiskunstlauf-Konkurrenz in Wien statt. Obwohl sich im Vorfeld der Europameisterschaften Stimmen aus dem Ausland kritisch über die Durchführung einer Großveranstaltung in einem besetzten Land äußerten, konnte der WEV als Gastgeber alle teilnehmenden Nationen mit einer gelungenen Veranstaltung überzeugen. Erstmals in der Geschichte internationaler Eissportmeisterschaften wurden die Bewerbe von einem Kommentator über eine Lautsprecheranlage begleitet. Niemand Geringerer als Ludwig Wrede, der zweifache Paarlauf-Weltmeister, informierte das Publikum über die Sportler und Sportlerinnen sowie die von ihnen gezeigten Figuren und Sprüngen. Der Engelmann-Läufer Hellmut Seibt gewann am Heumarkt seinen zweiten Europameistertitel hintereinander. Wenige Wochen später bestätigte er seine gute Form bei den Olympischen Winterspielen in Oslo, wo er die Silbermedaille errang. Auch Seibt wechselte nach dem Ende seiner aktiven Sportkarriere als Profiläufer zu der Wiener Eisrevue. Später arbeitete er in Wien, Düsseldorf und Mailand höchst erfolgreich als Trainer. Zu seinen Wiener Schülern und Schülerinnen zählten spätere Meister und Meisterinnen wie Regine Heitzer, Evelyn Schneider, Trixi Schuba, Sonja Balun oder Claudia und Helmut Kristofics-Binder. Ihm zu Ehren findet seit seinem Tod

im Jahr 1992 alljährlich das „Hellmut-Seibt-Memorial“, ein nationaler Bewerb des Eiskunstlauf- und Eistanz-Nachwuchses, in Wien statt. Das Maß aller Dinge im Eiskunstlaufsport der Herren war zu dieser Zeit der US-Amerikaner Dick Button aus der Eissportmetropole Boston. Der für seine enorme Sprungkraft berühmte Sportler gewann zwischen 1948 und 1952 alle Bewerbe, an denen er teilnahm, darunter zwei Olympia-Goldme-

Abb. 4.18: Hanna Eigel und Norbert Felsinger waren in den frühen 1960er-Jahren Stars der Wiener Eisrevue.

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In Hellmut Seibts Schatten entwickelte sich der zehn Jahre jüngere Norbert Felsinger zu einem Spitzenläufer. Im Laufe seiner Karriere nahm der WEV-Läufer je siebenmal an Welt- und Europameisterschaften sowie zweimal an Olympischen Winterspielen (1956 und 1960) teil. Sein bestes internationales Ergebnis erzielte der siebenfache Staatsmeister bei den Europameisterschaften 1960 in Garmisch-Partenkirchen mit dem zweiten Platz. Nach einer mehrjährigen Profikarriere bei der Wiener Eisrevue gründete er in Italien den Circo Sul Ghi­ accio – eine Show, in der Artisten und Eiskunstläufer nebeneinander auftraten. Im Sommer hatten sich die Ringerturniere etabliert, im Winter zogen die Aufführungen der Wiener Eisrevue die Massen auf den Heumarkt. Eine absolute Sensation gelang dem WEV mit der Verpflichtung der Harlem Globetrotters, einer US-amerikanischen Show-Basketballmannschaft, die bei zwei Auftritten im Sommer 1953 am Heumarkt ihr Können präsentierte. Den ausverkauften Abendvorstellungen ging eine Spezialvorführung für Kinder und Jugendliche voraus, die den Eislauf-Verein aus allen Nähten platzen ließ, wie der Vorstand berichtete: „Unsere Arena konnte, obwohl für einen Fassungs­ raum von 10.000 Personen vorgesehen, nicht alle Kinder fassen. Unvorstellbarer Jubel und grenzen­ lose Begeisterung empfing die schwarzen Ballartis­ ten und begleitete all ihre Vorführungen und Tricks bis zum Schluß der Veranstaltung. Nachher setzte ein solcher Ansturm der jugendlichen Autogramm­ jäger ein, daß die Polizei und unsere Ordner alle Hände voll zu tun hatten, um diese Begeisterung in halbwegs geordnete Bahnen zu lenken.“ (WEV, Tätigkeitsbericht 1953/54)

Abb. 4.19: Next Stop: Heumarkt. Die Harlem Globetrotters sorgen bei ihrer Wien-Premiere für kollektives Staunen, 1953.

daillen und fünf Weltmeisterschaftstitel. Bei einer Schaulaufveranstaltung in Wien im Jahr 1951 gelang Button als erstem Läufer ein dreifacher „Rittberger“. Zwischen 1962 und 2010 kommentierte er (mit Unterbrechungen) für das US-amerikanische Fernsehen internationale Eiskunstlaufwettbewerbe, 1981 gewann er mit dem Emmy Award den bedeutendsten Fernsehpreis der Vereinigten Staaten.

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Nicht nur für die Wiener und Wienerinnen wurde die unterhaltsame Vorführung zu einem Erlebnis, sondern auch für US-amerikanische Besatzungssoldaten, die in Scharen auf den WEV-Platz pilgerten. Die Stars aus den Vereinigten Staaten, die bereits 1951 vor 75.000 Menschen im Berliner Olympia­ stadion gespielt hatten, lösten in Wien einen regelrechten Hype um die Sportart aus, sodass der Eissport-Klub Engelmann kurzerhand eine Basket-

Eders Nachfolger war kein Unbekannter: Karl Eigel, Vater der Kunstläuferin Hanna Eigel und selbst wettkampferprobter Paarläufer (mit seiner späteren Ehefrau Hildegard Faulhaber) in der Zwischenkriegszeit, übernahm sämtliche Agenden Eders. Im Zuge der personellen Veränderungen erfolgte die Neukonstituierung der Wiener Eissport-Gemeinschaft, die ab dem Sommer 1958 die Bezeichnung Wiener Eissport-Vereinigung (WEVg) trug. Der WEV und der EKE setzten damit die enge Zusammenarbeit in den Sektionen Eiskunstlauf, Eishockey, Eisschnelllauf, Basketball und Boxen fort. Die Angestellten des WEV erledigten die komplette VerwalAbb. 4.20: Home Sweet Home. Der Bau der Wiener Stadthalle, 1956. tungsarbeit für die WEVg und die Wiener Eisrevue. ballmannschaft gründete. Das ebenfalls in der WieEder, der sich den Ruf eines schlauen Geschäftsner Eissport-Gemeinschaft aufgenommene Herren- mannes erarbeitet hatte, holte nun alle Veranstaltunteam gewann zwischen 1956 und 1970 achtmal den gen, die sich am Heumarkt bewährt hatten, in die Staatsmeistertitel. Wiener Stadthalle: Shows der Harlem Globetrotters, Österreich erlebte in den 1950er- und 1960er-­ Boxkämpfe und Ringerturniere wurden zu fixen BeJahren infolge der Hilfslieferungen und Investiti- standteilen des Veranstaltungskalenders, als absoluter onen aus dem US-amerikanischen European Re­ Kassenschlager erwies sich das alljährliche „Heimcovery Program (Marshall-Plan, 1948–1952) einen spiel“ der Wiener Eisrevue zur Weihnachtszeit. enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Energie und Rohstoffe wurden billiger, die Löhne stiegen an, die Kaufkraft, Freizeit und Mobilität der Bevölkerung Eine neue Generation wächst heran nahm zu. Auch der Wiener Eislauf-Verein profitierte von der günstigen Wirtschaftslage. Im Jahr 1954 Die sich rasch zu einem Publikumsmagneten und konnte erstmals nach 20 Jahren das gesamte Ausmaß Exportschlager entwickelnde Wiener Eisrevue wurder Kunsteisfläche von 10.000 Quadratmetern in de für den Wiener Eislauf-Verein und die Wiener Betrieb genommen werden. Mit der Vergrößerung Eissport-Gemeinschaft zur wichtigsten Geldquelle stieg auch die Zahl der Tagesgäste, Dauerkarten­ für den Aufbau einer neuen Generation von erfolgbesitzer und Mitglieder an. Zwischen 1950 und 1960 reichen Sportlern und Sportlerinnen. Im Gegensatz zählte der Verein konstant rund 4500 Mitglieder, der zu den zahlreichen anderen Eisshows, die damals Höhepunkt nach dem Zweiten Weltkrieg war in der weltweit unterwegs waren, lag die Besonderheit im Saison 1955/56 mit 4847 Personen erreicht. Konzept der Wiener Eisrevue darin, dass sie kein Eine Ära ging zu Ende, als Adolf Eder, der einst rein auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen war, als Buchhaltungshilfskraft eingestellt worden war, sondern zur Förderung des Amateursports beitrug. nach 28 Jahren in Diensten des Wiener Eislauf-Ver- Ziel war es, die besten Wiener Eiskunstläufer und eins 1957 seinen Posten als Generalsekretär des Eiskunstläuferinnen nach ihren LeistungssportWEV und Geschäftsführer der WEG kündigte, um karrieren in das Ensemble der Eisrevue einzugliedie ihm angebotene Stelle als Direktor der neu er- dern, und auf der anderen Seite die kostenintensive richteten Wiener Stadthalle anzunehmen. Gleich- Ausbildung der jungen Sportler und Sportlerinnen zeitig erfolgte sein Rücktritt als Manager der Wiener durch die Einnahmen der Show zu finanzieren. Eisrevue, die er innerhalb weniger Jahre zu einem Der Aufbau einer neuen Kunstlauf-Generatiweltweit erfolgreichen Unterhaltungsunternehmen on war also nicht nur in sportlicher, sondern auch aufgebaut hatte. – im Hinblick auf die Fortführung der Wiener Eis-

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Abb. 4.21 (Folgeseite): Kinderfaschingsfest, 1956.

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Wintermonaten auf der Freiluftkunsteisbahn genauso viel erlernen wie ihre Konkurrenten aus den USA, Deutschland, Frankreich oder Großbritannien, die das ganze Jahr hindurch in Eishallen trainieren konnten. Nahezu täglich wurden die Fortschritte von den strengen Funktionären des Vereins mit Argusaugen beobachtet und bewertet. Den aussichtsreichsten Nachwuchshoffnungen finanzierte die WEG Trainerstunden, Eislaufschuhe und Reisen zu Wettbewerben im In- und Ausland. Mit dem Pflichttrainer Rudolf Kutzer, der einst das Talent von Karl Schäfer erkannt hatte, und der ehemaligen Kunst- und Showläuferin Hertha Wächtler standen zwei der angesehensten Trainerpersönlichkeiten Europas auf der Gehaltsliste des Vereins. Die Trainingsbedingungen nach dem Krieg waren allerdings alles andere als ideal. Die ehemals größte und modernste Freiluftkunsteisbahn befand sich in einem desaströsen Zustand, und der zu einer Eishalle umgebaute Luftschutzkeller aus dem Zweiten Weltkrieg war gerade einmal so groß, dass man darin Pflichtfiguren üben konnte.

Abb. 4.22: V. l. n. r.: Die Nachwuchshoffnungen Hanna Eigel, unbek., Karin Frohner auf Eva Pawliks Schoß und Edda Vanasek um 1948.

revue – in wirtschaftlicher Hinsicht für den WEV von größter Bedeutung. So wurde die Rekrutierung von Talenten von Adolf Eder, dem Revue-Manager, und Hans Grünauer, dem Mastermind der Kunstlaufsektion, von Stunde null an nach dem Zweiten Weltkrieg konsequent vorangetrieben. Vor allem an weiblichem Eiskunstlauf-Nachwuchs mangelte es nicht. In der Saison 1946/47 trainierten mehr als 50 Frauen und Mädchen, etwa ein Dutzend Männer und Buben, drei Paare und zehn Tanzpaare in der Kunstlaufsektion der Eissport-Gemeinschaft. Viele von ihnen hatten das Eislaufen im Kinderkurs von Max Walter, dem Vater der späteren Europameisterin Hanna „Hannerl“ Walter, erlernt. Mit der Wiener Eisrevue bot der Verein der Jugend eine attraktive Zukunftsperspektive, die viele anstrebten. Aber nicht jeder talentierte Eisfloh hatte auch das Zeug dazu, Eisprinzessin oder Eisprinz zu werden. Den Kindern wurde ein besonders hohes Maß an Disziplin, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit abverlangt, mussten sie doch innerhalb von nur vier Abb. 4.23: Pflichttrainer und Schuldirektor Rudolf Kutzer mit Ingrid Wendl, Hannerl Walter und Hanna Eigel (v. l. n. r.) im „Eiskeller“.

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Als die talentiertesten Läuferinnen der Kindergruppe erwiesen sich bald Hanna Eigel, Hannerl Walter und Ingrid Wendl. Alle drei brachten spezielle Eigenschaften mit, die sich in ihren Laufstilen widerspiegelten: Eigel bestach durch ihre Kraft, Walter durch Mut und Wendl durch Eleganz. Dem „Dreimäderlhaus“, wie das Trio von der erwartungsvollen Presse genannt wurde, kam eine mediale Aufmerksamkeit zu, die zuletzt in der Blütezeit des Wiener Eissports in den Zwanziger- und frühen Dreißigerjahren zu beobachten gewesen war. Die Mädchen lernten von Kindertagen an, nicht nur gegen die sportliche Konkurrenz im eigenen Verein zu bestehen, sondern auch mit Intrigen und bösartigen Gerüchten, die vonseiten überehrgeiziger Eislaufeltern gestreut wurden, umzugehen. Bei aller Rivalität konnten sich die jungen Kunstläuferinnen außerhalb des Platzes doch gut leiden und fühlen sich bis heute durch ihre gemeinsamen Erfahrungen eng verbunden, wie Ingrid Wendl gerne betont. Die ersten Erfolge stellten sich zur Mitte der 1950er-Jahre ein. Nach Eva Pawliks Rücktritt im Jahr 1949 dominierten vorerst die routinierten Engelmann-Läuferinnen Lotte Schwenk und Anneliese

Schilhan sowie Eva Weidler vom Wiener Eislauf-Verein die nationalen Konkurrenzen; an das Niveau der Britinnen und US-Amerikanerinnen kamen sie bei internationalen Wettkämpfen jedoch nicht heran. Schilhan erreichte mit einem vierten Platz bei den Europameisterschaften 1954 in Bozen ihre beste internationale Platzierung, später glänzte sie als Dressurreiterin. Hinter ihr klassierten sich bei ihrem Europameisterschafts-Debüt die WEV-Youngsters Ingrid Wendl und Hanna Eigel auf Rang fünf und sechs. Hanna Eigels Stern ging in jenem Jahr auf, als Österreichs Souveränität mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags durch Vertreter der alliierten Besatzungsmächte und der österreichischen Bundesregierung im Schloss Belvedere wiederhergestellt wurde. Im Jänner 1955 gewann die junge Läuferin ihren ersten Europameistertitel in Budapest. Den Höhepunkt der Saison bildeten die Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins. Die Zahl der Nennungen war noch nie so hoch gewesen wie in diesem Jahr: Mit 90 Aktiven und etlichen Preisrichtern und Funktionären aus aller Welt war die absolute Kunstlaufelite zu Gast in Wien. Ent-

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Abb. 4.24: Anneliese Schilhan beim Training auf dem renovierungsbedürftigen WEV-Platz, 1951. Abb. 4.25: Solistin Lotte Schwenk bei einer Vorstellung der Wiener Eisrevue im Wiener Messepalast, 1954.

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Abb. 4.26: The New Generation, v. l. n. r.: Edda Vanasek, Ingrid Wendl, Eva Weidler, Trainerin Hertha Wächtler, Hanna Eigel und Sissy Schwarz.

sprechend groß waren auch der Besucherzustrom aus dem Ausland sowie das Interesse des Österreichischen Rundfunks und der Printmedien. Bei den Herren, Paaren und Tänzern dominierten die britischen, kanadischen und US-amerikanischen Athleten und Athletinnen; bei den Damen machten die Nachwuchshoffnungen Hanna Eigel als Dritt- und Ingrid Wendl als Viertplatzierte auf sich aufmerksam. Adolf Eders Nachwuchs-Förderprojekt trug bald Früchte – der Wiener Eiskunstlaufsport hatte mit der neuen Generation wieder Anschluss Abb. 4.27: Hanna Eigel im Pflichtbewerb der Weltmeisterschaften 1955 auf dem WEV-Platz.

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an die absolute Weltspitze gefunden. Hanna Eigel wurde in dieser für sie so erfolgreichen Saison von der „Vereinigung der österreichischen Sportjournalisten“ als erste Eiskunstläuferin zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt, ihr männliches Pendant im Jahr 1955 war der Fußball-Star Gerhard Hanappi. Von nun an ging es Schlag auf Schlag: 1956 gewann Ingrid Wendl als 15-Jährige im Pariser Palais des Sports ihren ersten Europameistertitel, wenig später – als jüngste Olympia-Medaillengewinnerin Österreichs aller Zeiten – bei unwirtlichen Bedingungen und einer Außentemperatur von minus 17 Grad Bronze im italienischen Wintersportort Cortina d’Ampezzo. Hanna Eigel belegte den fünften, Hannerl Walter den siebenten Platz. Zum Superstar der Spiele avancierte der „Schwarze Blitz aus Kitz“ Toni Sailer, der in allen drei alpinen Skidisziplinen – Abfahrt, Riesenslalom und Slalom – die Goldmedaille gewann und zum Symbol der sportlichen Wiederauferstehung des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde. Für eine weitere Sensation sorgten in Italien Elisabeth „Sissy“ Schwarz

Abb. 4.28: Der Wiener Bürgermeister Franz Jonas gratuliert den Goldmedaillen-Gewinnern Kurt Oppelt, Sissy Schwarz und Toni Sailer (v. l. n. r.).

Abb. 4.29: Liesl Ellend und Konrad Lienert, 1955.

und Kurt Oppelt im Paarlaufen, die sich in einem spannenden Bewerb gegen die favorisierten kanadischen Doppel-Weltmeister Frances Dafou und Norris Bowden durchsetzten und das vierte österreichische Gold dieser Winterspiele holten. Aus der einstigen Kinder-Spezialförderungsgruppe hatte sich auch Elisabeth „Liesl“ Ellend als Paarläuferin herausentwickelt, die mit ihrem Partner Konrad Lienert in Cortina d’Ampezzo den neunten

Platz erreichte. Sowohl Schwarz/Oppelt als auch Ellend/Lienert wurden später von der Wiener Eisrevue verpflichtet, in der die mitunter waghalsigen Paarlauf-Kunststücke die größten Jubelstürme auszulösen vermochten. Eine Sternstunde erlebte der österreichische Eiskunstlaufsport bei den Europameisterschaften 1957 am Heumarkt, als alle drei Podestplätze an Läuferinnen des WEV gingen. Hanna Eigel gewann den Titel vor Ingrid Wendl und Hannerl Walter. Ilse Musyl rundete mit einem sechsten Platz das außergewöhnlich gute Ergebnis ab. Hanna Eigel, die 1957 Vize-Weltmeisterin in Colorado Spings geworden war, schloss sich ebenfalls der zu diesem Zeitpunkt von ihrem Vater geführten Wiener Eisrevue an. Beim US-Konkurrenzunternehmen Holiday on Ice, ihrer zweiten Station als

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Abb. 4.30: Europas Top Drei: Hanna Eigel (1. Platz), Ingrid Wendl (2.) und Hannerl Walter (3.), 1957.

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Sportkommentatorin und -redakteurin sowie als Gastgeberin der Sendung „Seniorenclub“ zählte sie viele Jahre lang zu den populärsten Fernsehpersönlichkeiten Österreichs. 1990 gewann Wendl den ­österreichischen Film- und Fernsehpreis Romy in der Kategorie „Beliebteste/r Sportmoderator/in“. Im Jahr 2002 folgte sie dem Ruf der Politik und vertrat bis 2006 die ÖVP als Abgeordnete zum Nationalrat. Ihre Erinnerungen an die Zeit als Eiskunstläuferin und Showstar hielt Ingrid Wendl, die mit dem „Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich“ ausgezeichnet wurde, in zwei autobiografischen Büchern fest: „Eis mit Stil“ (1979) und „Mein großer Bogen“ (2002). Nach dem Wechsel von Hanna Eigel und Ingrid Wendl in das Profilager war die Zeit von Hannerl Walter gekommen: Im Jahr 1959 feierte sie mit dem Gewinn des Europameistertitels in Davos ihren größten sportlichen Erfolg. Immer an ihrer Seite waren Vater Max und ihre Trainerin Inge Solar. Das schönste Geschenk zum langersehnten großen Titel, einen Schäferhund namens „Burli“, machte ihr Bruder Friedrich, ein ehemaliger WEV-Eishockeyspieler, der mit der Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1947 in Prag völlig überraschend

Abb. 4.31: Pure Eleganz. Die 15-jährige Ingrid Wendl auf dem WEV-Platz.

Berufsläuferin, lernte sie ihren späteren Ehemann Hamilton „Hami“ Brown, einen schottischen Eislauf-Komiker, kennen. Hanna Brown lebt heute in Brighton/England. Ingrid Wendl lief noch eine Saison weiter und wurde zum Ausklang ihrer Karriere 1958 Europameisterin in Bratislava und Vize-Weltmeisterin in Paris. Im Alter von 18 Jahren beendete sie in ihrem Maturajahr die Amateursportkarriere und unterschrieb einen Vertrag bei der Wiener Eisrevue, mit der sie zwölf Jahre die Welt bereiste. Im Jahr 1971 hängte Wendl die Schlittschuhe an den Nagel und trat gemeinsam mit Emmerich Danzer die Nachfolge ihres großen Vorbilds, Eva Pawlik, in der Sportredaktion des ORF an. Als Programmsprecherin, Abb. 4.32: Hannerl aus der „Eisfamilie“ Walter.

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den dritten Platz errang. Ebenfalls 1959 erreichte die Wienerin, die sich lange als „Stiefkind des Glückes“ gefühlt hatte, in Colorado Springs mit dem zweiten Platz hinter der Lokalmatadorin und regierenden Olympiasiegerin Carol Heiss ihr bestes Resultat bei Weltmeisterschaften. Danach verließ Hanna Walter das Land, um als Profiläuferin bei der US-Konkurrenz Holiday on Ice durchzustarten. Ihre Entscheidung sorgte für Verstimmung im Verein, war es doch ein ungeschriebenes Gesetz, bei der heimischen Revue einzusteigen. Insgesamt brachte es das „Dreimäderlhaus“ zwischen 1955 und 1959 auf 16 Medaillen bei Groß­ ereignissen, darunter fünf Europameistertitel. Bei Weltmeisterschaften kamen sie jedoch nicht an der dominierenden US-Amerikanerin Carol Heiss vorbei, die als erste Frau in einem Wettbewerb einen doppelten „Axel“ stand. Zu dieser Zeit trat auch der langjährige Pflichttrainer Rudolf Kutzer ab. Ihm zu Ehren wurde die Rudolf-Kutzer-Ehrenplakette als bedeutendster österreichischer Nachwuchspreis ins Leben gerufen und löste das prestigeträchtige Holovsky-Gedächtnis-Laufen ab. Die letzte Gewinnerin des Holov­skyLaufens 1956 hieß Regine Heitzer – der neue Stern am Kunstlaufhimmel. Die EKE-Läuferin schloss nahtlos an die Erfolge ihrer Vorgängerinnen Eigel, Wendl und Walter an. Zwischen 1960 und 1966 gewann sie insgesamt zwölf Medaillen bei Großereignissen und ist somit nach der siebenfachen Weltmeisterin Herma Szabó Österreichs zweiterfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten. Neben Regine Heitzer überzeugte die WEV-Läuferin Karin Frohner in den frühen Sechzigerjahren. Nach zwei undankbaren vierten Plätzen bei Europameisterschaften holte sie 1962 in ihrer letzten Saison die Bronzemedaille in Genf und wechselte anschließend als Solistin zur Wiener Eisrevue. Später arbeitete sie als Trainerin in München. Aus der männlichen Trainingsgruppe schaffte es der elegante Stilist Peter Jonas, der wie Regine Heitzer ebenfalls dem EKE angehörte, sich im europäischen Spitzenfeld zu etablieren. Der zweifache Olympiateilnehmer und vierfache Österreichische Meister krönte seine lange Karriere mit einem drit-

Abb. 4.33: Vertraten den Eissport-Klub Engelmann in der Wiener Eissport-Vereinigung, v. l. n. r.: Peter Jonas, Regine Heitzer und Wolfgang Schwarz.

ten Platz bei den Europameisterschaften 1965 in Moskau und schlug danach, wie viele seiner Kollegen und Kolleginnen, die Trainerlaufbahn ein. In Deutschland unterrichtete „Petzi“ Jonas u. a. Tanja Szewczenko, die einer breiten Öffentlichkeit als Fernsehschauspielerin bekannt wurde. Die Einnahmen der erfolgreichen Tourneen der Wiener Eisrevue, die durch ganz Europa, nach Nordafrika, Israel, Kanada und in die Vereinigten Staaten führten, verhalfen nicht nur dem Wiener Eiskunstlaufsport wieder zu internationalem Ansehen, sie trugen auch maßgeblich zum Wiederaufbau der Eishockeymannschaft sowie zur Verbesserung der Trainingsbedingungen der Eisschnelllaufriege bei. Zwischen 1947 und 1951 konnte das Eishockeyteam des WEV (später WEG genannt) fünf Staatsmeistertitel in Folge gewinnen, bevor die Teams aus Klagenfurt und Innsbruck den Wienern den Rang abliefen. Im Jahr 1961 hielt die Eissportwelt den Atem an, als die Nachricht über einen Flugzeugabsturz die Runde machte. Auf dem Weg von New York nach Prag, wo die Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften im Februar ausgetragen werden sollten, verunglückte aus ungeklärter Ursache die Maschine der US-amerikanischen Mannschaft im Landeanflug zum Z ­ wischenstopp in Brüssel. Alle Passagiere kamen beim Absturz ums Leben, darunter auch das gesamte 18-köpfige US-Team und seine neun Betreuer und Betreuerinnen. Zu den Opfern zählte auch Edi Scholdan, der ehemalige WEV-Trainer, der zum Zeitpunkt des Absturzes Nationaltrainer in den Vereinigten Staaten war.

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Abb. 4.34: Platz da! Saisonbeginn 1959/60.

Die Flugzeugkatastrophe, die eine ganze USKunst­­laufgeneration auslöschte, führte zur Ab­sage der Weltmeisterschaften in Prag. Zu Ehren der ver­ storbenen Sportler und Sportlerinnen veran­staltete der Wiener Eislauf-Verein wenige Wochen nach dem Vorfall ein Gedächtnislaufen am Heumarkt, zu dem zahlreiche Gäste aus dem Ausland anreisten. Für seine Leistungen für den US-amerikanischen

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Eiskunstlaufsport wurde Edi Scholdan 1976 als erster Österreicher – zeitgleich mit Österreichs erfolgreichstem Eiskunstläufer aller Zeiten, Karl Schäfer – in die neu gegründete World Figure Skating Hall of Fame in Colorado Springs aufgenommen.

Abb. 4.35: Spurenbild des Haines-Walzers aus dem Lehrbuch „Spuren auf dem Eise“, 1881.

Von eleganten Eistänzern und akrobatischen Paarläufern „Der Tanz ist der Superlativ des Vergnügens, den der ohnehin genußvolle Eislauf zu bieten vermag.“

Abb. 4.36: Rundtanzkreis im Wiener Eislauf-Verein, 1917.

(Sport im Wiener Eislauf-Verein, 21.12.1928)

Das Tanzen auf dem Eis kann zu Recht als eine spezi­ fische Wiener Erfindung angesehen werden. Es wird heute als die technisch anspruchsvollste und detailreichste Form des Eiskunstlaufs erachtet, die von den Tänzern und Tänzerinnen höchste Eleganz, Musikalität und Präzision erfordert. Die Grundlagen des Eistanzens liegen sowohl im Eiskunstlauf als auch im Parketttanz und vereinen die beiden Sportarten in einzigartiger Weise. Die erste Anregung dazu ging vom US-Amerikaner Jackson Haines aus, der in seinen Vorführungen im Wiener Eislauf-Verein – siehe dazu Kapitel 1 – den sogenannten Haines-Walzer auf dem Eis tanzte und das Publikum aus der Walzer-Stadt damit außerordentlich beeindruckte. Auf diesen vier einfachen Schritten, die der Amerikaner kombinierte, bauten die Wiener Eistänzer und Eistänzerinnen eine Vielzahl von Rundtänzen mit unterschiedlichen Schrittfolgen auf. Die beiden populärsten behaupten

pentänze etablierten sich der „Kettenkilian“, „Knopf“, „Kreiswalzer“ oder „Knödel“. Aus diesen vorerst dem Vergnügen dienenden Gesellschaftstänzen entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Sportart. Das Eistanzen wiederum bildete die Grundlage für das in den 1880er-Jahren aufkommende Paarlaufen, das bereits in seinen Anfangsjahren einen wettkampforientierten Charakter aufwies. Im Gegensatz zum Eistanzen,

sich bis in die Gegenwart: Es handelt sich um den im Jahr 1889 von Franz Schöller jun. im Wiener Eislauf-Verein

das – bis auf Haltungswechsel und Längsschrittfolgen – überwiegend in geschlossener Haltung ausgeführt

kreierten „Schöllerschritt“, der linksgedreht zu Walzer getanzt und als der „wahre Haustanz der Wiener Eisläufer“ bezeichnet wird. Ebenso beliebt ist der um die Jahrhundertwende im Engelmann-Verein von Karl Schreiter erfundene „Kilian“. Heute ist der „Java“ der am häufigsten getanzte Schritt bei den Rundtänzen im Wiener Eislauf-Verein. Getanzt wird er zu jedem 4/4-Takt, kann also auch zu Foxtrott und Marsch gelaufen werden. Als Grup-

wurde, zeigten die Paarläufer parallel gelaufene Schrittfolgen und Figuren. Interessanterweise wurde das Paarlaufen anfänglich ausschließlich von Männerpaaren ausgeübt, der erste Bewerb verschiedengeschlechtlicher Paare fand 1891 auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins statt. Schon bald erfuhr die neue Disziplin des Eiskunstlaufs großen Zuspruch. Um die Jahrhundertwende glänzten insbesondere Paare aus Wien bei Konkurren-

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Abb. 4.37: Eistanzveranstaltung mit Live-Musik. Das Orchester befand sich im ersten Stock des Gebäudes unter dem Rundbogen, 1925.

zen im In- und Ausland und hoben den Paarlauf rasch auf jenes technisch anspruchsvolle Niveau, das im Einzellauf bereits weltweit große Beachtung gefunden hatte. Mit dem Eistanzen wurden hingegen zunächst keine sportlichen Ambitionen verfolgt. Mitglieder wie Besucher und Besucherinnen des Wiener Eislauf-Vereins schätzten die von einem Orchester begleiteten Tanzabende und -kurse, die seit den 1880er-Jahren regelmäßig stattfanden.

Aus Vergnügen wird Sport Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Paarlauf und dem Eistanz bestand damals darin, dass den Tänzern – im Gegensatz zu den Paarläufern – Hebefiguren nur bis zur Hüfthöhe gestattet und Sprünge gänzlich untersagt waren. Beide Partner mussten – mit Ausnahme der Hebungen – durchgängig mit mindestens einem Schlittschuh Kontakt zum Eis haben. Die künstlerische Gestaltung der Programme mit einer großen Schrittvielfalt und zahlreichen tänzerischen Körpertechniken sind Wesensmerkmale des Eistanzes. Der Paarlauf hingegen ist durch akrobatische Elemente aus dem Bereich des Einzellaufs sowie speziellen Paarlaufelementen geprägt und setzt auf theatralische Choreografien. Den Läufern und Läuferinnen wird Athletik, Kraft, Kondition, Ausdrucksstärke, Musikalität und Mut abverlangt. Elemente wie die „Todesspirale“ oder geworfene Sprünge können nur von den Besten ausgeführt werden. In den 1920er-Jahren revolutionierte das WEV-Duo Herma Szabó und Ludwig Wrede das Paarlaufen. Wäh-

Abb. 4.38: Hedwig Just und Eugen Richter (hier 1924) waren weit über die Landesgrenzen hinaus für ihre Eistanzkünste bekannt. Sogar die chinesische Tageszeitung Sin Wan Pao berichtete in den 1920er-Jahren über das Wiener Eistanzpaar.

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rend zuvor aus dem Tanz entlehnte Figurenkombinationen nahe beisammen gelaufen wurden, zeigten Szabó/ Wrede erstmals Sprünge und Hebefiguren. Nachfolgende Generationen von Paarläufern konnten auf den Innovationen der Wiener aufbauen und erhöhten nach und nach die Schwierigkeitsgrade der Elemente. Während die erste Paarlauf-Weltmeisterschaft der Internationalen Eislauf-Vereinigung (IEV) bereits im Jahr 1908 in St. Petersburg ausgetragen worden war, rangen die Eistänzer und Eistänzerinnen weiter um Anerkennung für ihre sportlichen Leistungen. Zwar wurden ab dem Jahr 1927 Walzerkonkurrenzen zur Unterhaltung des Publikums in das Rahmenprogramm internationaler Kunstlaufbewerbe aufgenommen, von der IEV vorerst aber nicht als selbstständige Disziplin anerkannt. Aus diesem Grund erließ der Österreichische Eislauf-Verband (ÖEV) im Jahr 1924 eigene Bestimmungen für die Durchführung von Tanzbewerben. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte sich das Eistanzen von Wien ausgehend langsam zu einem Wettkampfsport – vorerst nur auf Vereinsebene, bevor im Jahr 1937 erstmals Verbandsmeisterschaften und im Jahr 1946 Österreichische Eistanz-Meisterschaften ausgetragen wurden. Zu den Eistanzpionieren des Wiener Eislauf-Vereins zählten die Paare Hedwig Just (verh. Schneider, später Langer-Hansel)/Eugen Richter, Edith Winkelmann/Walter Löhner oder Hertha Branowitzer/Rudolf Plaschke. Im Rahmen von Schaulauftourneen im In- und Ausland begeisterten sie das Publikum für die „elegante Art“ der Bewegung auf dem spiegelglatten Untergrund. Das Tanzen auf dem Eis erfuhr einen derartigen Popularitäts-

Abb. 4.39: Tanzten um sportliche Anerkennung: Edith Winkelmann und Walter Löhner um 1935. Abb. 4.40: Eugen Richter tanzt mit seiner Tochter Eva einen „Boston Walzer“, 1957/58.

schub, dass sich die IEV nicht länger dagegen verwehren konnte, das Eistanzen als Wettkampfsport anzuerkennen. Auf Antrag des ÖEV erhielt die Disziplin schließlich im Jahr 1929 eine international gültige Wettlaufordnung. Der passionierte Eistänzer Eugen Richter blieb bis ins hohe Alter in vielen Funktionen im Wiener Eislauf-Verein tätig, u. a. als Preisrichter und Rechnungsprüfer. Bis in die 1980er-Jahre waren Richter und seine ehemalige Tanzpartnerin Hedwig Langer-Hansel auf dem Eislaufplatz anzutreffen. Der akrobatische und dynamische Laufstil der Paarläufer fand auch bald zahlreiche Nachahmer unter den Eistänzern. Der Zweite Weltkrieg unterbrach jedoch den Entwicklungsprozess der neuen Disziplin, sodass die Tänzer und Tänzerinnen auf die Austragung einer durch

Eistanz sowie als Preis- und Schiedsrichter tätig. Von 1997 bis 2002 übte er das Amt des Präsidenten des ­Österreichischen Eiskunstlaufverbandes aus. Seine Söhne Hans-Paul und Martin Kutschera zählten zu den besten Eisschnellläufern des Wiener Eislauf-Vereins.

Abb. 4.41: Der langjährige ISU-Funktionär Hans Kutschera mit seiner späteren Tanzpartnerin Edith Peikert, 1955.

die International Skating Union (ISU) veranstalteten Weltmeisterschaft bis zum Jahr 1952 warten mussten; ihre Olympiapremiere feierte die Disziplin erst 1976 in Innsbruck. An der ersten Weltmeisterschaft nahmen die WEV-­ Paare Ilse Reitmaier/Hans Kutschera und Pauli Haffner/ Herbert Huber teil und belegten Rang sechs bzw. neun. Nach seiner aktiven Karriere war Hans Kutschera, der 1975 den Ehrenring des WEV erhielt, 29 Jahre lang als Mitglied der ISU in der Technischen Kommission für

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Abb. 4.42: Christl Trebesiner und Gerald Felsinger gewannen gemeinsam fünfmal die Österreichische Eistanz-Meisterschaft, hier in der unterirdischen Eishalle des WEV in den 1960er-Jahren.

Abb. 4.43: Die Studenten-Weltmeister Heidi Mezger und Herbert Rothkappl, hier 1967.

Abb. 4.44: Lilly Scholz und Otto Kaiser zeigen eine Todesspirale, 1929.

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In den Sechzigerjahren dominierten Christl Trebesiner/Gerald Felsinger und Heidi Mezger/Herbert Rothkappl die nationalen Eistanz-Bewerbe. Auch in anderen Paarungen waren sie erfolgreich – so tanzte Christl Trebesiner einige Saisonen mit Herbert Rothkappl und Heidi Mezger mit Gerald Felsinger. Mezger/Rothkappl gewannen bei der prestigeträchtigen Winter Universiade, den Weltsportspielen der Studenten, in Innsbruck 1968 sogar die Goldmedaille.

Von Höhen und Tiefen im Paarlaufen Das Paarlaufen stagnierte nach den Höhepunkten in den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren in Wien, aber auch international im Vergleich zum Einzellauf hinsichtlich der künstlerischen und technischen Fortschritte. Erst mehr als 20 Jahre nach dem letzten Weltmeistertitel von Lilly Scholz (verh. Gaillard)/Otto Kaiser (1929) und dem letzten Europameistertitel von Idi Papez/Karl Zwack (1933) konnte die „Wiener Kunstlaufschule“ in der Königs­disziplin wieder ein international konkurrenzfähiges Paar vorweisen. Es war der Verdienst von „Eis­ papst“ Hans Grünauer, der mit Sissy Schwarz und Kurt Oppelt zwei Einzelläufer zu einem Paar zusammenführte, das mit dem Olympiasieg 1956 den größten österreichischen Paarlauf-Erfolg aller Zeiten feiern sollte. Schwarz/Oppelt krönten ihre gemeinsame Karriere im Jahr 1956, als sie innerhalb eines Winters in Paris Europameister, in Garmisch-Partenkirchen Weltmeister und in Cortina d’Ampezzo Olympiasieger wurden. Auf dem sportlichen Höhepunkt angelangt, wechselten beide im darauffolgenden Sommer zur Wiener Eisrevue und etwas später zur deutschen Scala-Eisrevue. Sissy Schwarz (verh. Schwarz-Bollenberger), die aufgrund ihrer Ausdrucksstärke als „Romy Schneider des Eises“ bezeichnet wurde, half nach dem Ende ihrer Profikarriere

Abb. 4.45: Der Einstieg ins Showbusiness. Sissy Schwarz und Kurt Oppelt bei der Wiener Eisrevue, 1956.

in ihrer neuen Heimatstadt den Wiener Neustädter Eislaufverein aufzubauen, der im Jahr 2017 sein 50-jähriges Bestehen feiert. Kurt Oppelt zog es in die Vereinigten Staaten, wo er in dem von US-Präsident John F. Kennedy ins Leben gerufenen Fitnessprogramm für Schulen den Eissport-Unterricht mitentwickelte und sich als Spezialist im Bereich des therapeutischen Eislaufens einen Namen machte. Gute Leistungen bei Welt- und Europameisterschaften sowie Olympischen Winterspielen erbrachten in den

späten Fünfziger- und frühen Sechzigerjahren auch die Paare Liesl Ellend/Konrad Lienert, die im Eistanzen nicht weniger talentiert waren, sowie Diana Hinko, die mit Heinz Döpfl und später mit Bernd Henhapel lief.

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Abb. 4.46: Sissy Schwarz-Bollenberger: Österreichs erste und letzte Paarlauf-Olympiasiegerin, 2009. © Aleksandra Pawloff

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Abb. 4.47: Diana Hinko und Heinz Döpfl belegten bei den Olympischen Winterspielen in Squaw Valley/USA den achten Platz.

Abb. 4.48: Gerlinde Schönbauer und Willy Bietak beim Training in der Wiener Stadthalle.

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Fortan absolvierten zahlreiche Einzel- und Paarläufer der Wiener Eissport-Vereinigung zur Vorbereitung auf die Wintersaison private Trainingseinheiten beim berühmten deutschen Trainer Erich Zeller in Garmisch-Partenkirchen. Zeller galt als Erfolgsgarant, hatte er doch bereits das deutsche „Traumpaar“ Marika Kilius/Hans-Jürgen Bäumler zu Weltmeistern gemacht. Auch Wolfgang Schwarz begab sich vor seinem Olympiasieg 1968 auf ein Trainingslager in Zellers Eislaufschule. Mit neun nationalen Meistertiteln zählt der zweifache Olympiateilnehmer Wilhelm „Willy“ Bietak zu Österreichs erfolgreichsten Paarläufern. Gemeinsam mit seiner ersten Partnerin Gerlinde Schönbauer gewann der

sich mit Evelyn Scharf, einer Läuferin des Cottage Engelmann Vereins zusammen. Ihren größten gemeinsamen Erfolg feierten sie 1970 bei der Winter Universiade im finnischen Rovaniemi, wo sie die Bronzemedaille holten. Sowohl Willy Bietak als auch Evelyn RossoukhiSchneider blieben in ihrem beruflichen Leben dem Eissport treu: Evelyn Rossoukhi-Schneider schlug die Trainerinnenlaufbahn ein und unterrichtete viele Jahre im In- und Ausland Einzel- und Paarläufer. Zu ihren Schützlingen in der Wiener Eissport-Vereinigung zählten u. a. die Geschwister Kristofics-Binder, Ralph Burghart oder Yvonne Pokorny. In den Vereinigten Staaten trainierte Rossoukhi-Schneider das US-Meisterpaar Kyoko Ina/Ja-

Sohn der Vize-Europameisterin von 1930, Ilse Hornung, vier Staatsmeistertitel und belegte bei den Winterspie-

son Dungjen, das sie bei den Weltmeisterschaften 1997 in Lausanne zum vierten Platz führte. Den wohl größten

len in Innsbruck 1964 den zwölften Platz. Mit Evelyn Schneider (verh. Rossoukhi-Schneider), die im Nachwuchsbereich als Einzelläuferin ausgebildet wurde und einige Wettkämpfe absolvierte, kamen drei weitere nationale Titel hinzu. Schneider/Bietak bildeten das letzte österreichische Paar, das an Olympischen Spielen (1968) teilnahm. Willy Bietak konnte es aber nach Evelyn Schneiders Karriereende nicht lassen und schloss

Erfolg als Trainerin feierte sie mit Claudia Kristofics-Binder, als diese 1982 Europameisterin wurde. Nach der Trainerlaufbahn machte sie sich als Sportfunktionärin für den heimischen Eiskunstlaufsport stark und wurde 2015 zur Vizepräsidentin des Österreichischen Eiskunstlaufverbandes gewählt. Heute ist Evelyn Rossoukhi-Schneider für die ISU als Technical Specialist bei internationalen Kunstlauf-Meisterschaften tätig und betreibt die

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Abb. 4.49: Evelyn Schneider und Willy Bietak führen eine Todesspirale aus. Dabei berührt der Kopf der Läuferin fast die Eisfläche, 1967.

Sportboutique Flashskate auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins. Willy Bietak gründete mit der Willy Bietak Productions ein in Kalifornien ansässiges Unternehmen, das auf die Ausrichtung von Eissport-Events sowie transportable Kunsteisflächen spezialisiert ist. Seit mehr als 30 Jahren produziert die renommierte US-Firma unter seiner Leitung Eisshows für Fernsehsender oder auch die Royal Caribbean, das weltgrößte Kreuzfahrtschiffunternehmen. Die von Bietak selbst kreierte Revue Broadway on Ice tourt seit den 1980er-Jahren erfolgreich durch die Vereinigten Staaten. Auch für Holiday on Ice war der Kunstlaufexperte als Choreograf tätig. Im Jahr 2009 wurde Willy Bietak

Würfen und schnelleren Todesspiralen im Vordergrund stand. An Bedeutung verloren damit die harmonischen und ausdrucksstarken Momente, die das Paarlaufen über viele Jahrzehnte hinweg geprägt hatten. Eine Folge des Stilwandels, dem vonseiten der ISU lange Zeit kein Einhalt geboten wurde, war auch, dass das Interesse des österreichischen Kunstlauf-Nachwuchses und des Eislaufverbandes am Paarlaufen stark zurückging. Zu gering schienen die sportlichen Chancen gegenüber der übermächtigen Konkurrenz aus Osteuropa zu sein, zu hoch der Trainingsaufwand und die Kosten, um letzten Endes doch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu scheitern. Zwischen 1981 und 1991 sowie zwischen 2000 und 2010

für seine Leistungen um den Eiskunstlaufsport als fünfter ehemaliger WEV-Läufer mit der Aufnahme in die World

konnten mangels heimischer Paarläufer nicht einmal Österreichische Meisterschaften ausgetragen werden.

Figure Skating Hall of Fame in Colorado Springs geehrt. Nach dem Rücktritt des letzten Meisterpaares Bietak/ Scharf schlitterte der heimische Paarlauf in eine Krise. Die nachfolgende Periode war von einer schier unüberwindbaren Dominanz der sowjetischen bzw. russischen Paare gekennzeichnet. Von diesen ging auch der Wandel vom kreativen hin zum artistischen Paarlauf aus, bei dem die Jagd nach Schwierigkeiten in Form von höheren

Die erfolgreichste Paarläuferin der Eiskunstlaufgeschichte ist die Moskauerin Irina Rodnina, die in ihrer langen Karriere drei Olympiasiege, zehn Welt- und elf Europameistertitel feierte. Mit ihren Partnern Alexei Ulanow und Alexander Saizew holte sie zwischen 1969 und 1980 alle 24 zu vergebenden internationalen Titel.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.50: Der WEV beschäftigte seinerzeit zwei Tontechniker, die für das Einspielen der Trainingsmusik aller Eiskunstläufer verantwortlich waren, 1981.

Eistanz-Mania im Wiener Eislauf-Verein Genau zu jener Zeit, als das Paarlaufen aus dem Blickfeld zu verschwinden schien, erfuhr das Eistanzen nach der Einführung von Welt- und Europameisterschaften in den Fünfzigerjahren einen enormen Bedeutungsgewinn. Dieser spiegelte sich in einer Zunahme an jungen, ambi-

Abb. 4.52: Brigitte Scheijbal und Walter Leschetizky (hier 1972) sind auch heute noch fast täglich im Wiener Eislauf-Verein anzutreffen.

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Abb. 4.51: Das Tonstudio existiert noch immer, auch die Technik aus dem Jahr 1965 funktioniert einwandfrei, 2017.

tionierten Tanzpaaren im WEV wider. Obwohl die Wiener Tanzpaare auf internationaler Ebene den traditionell starken Briten und Franzosen wenig entgegenzusetzen hatten, wurde in der Bundeshauptstadt auf einem hohen Niveau getanzt. Zweimal täglich trainierten rund zehn Paare unter der Anleitung der ehemaligen Staatsmeister Rudolf Plaschke, Heidi Mezger und Herbert ­Rothkappl auf einem abgesperrten Teil des WEV-Platzes. Im Sommer nahmen die besten Tänzer und Tänzerinnen bei der berühmten britischen Eistanz-Koryphäe Gladys Hogg im Queens Ice Dance Club in London und anderen Lehrern mit Weltruf Unterricht. Fortan qualifizierten sich Wiens Eistanzpaare regelmäßig für Europa- und Weltmeisterschaften und gaben im nationalen Vergleich in den Siebziger- und Achtzigerjahren in der „jungen“ Wettkampfdisziplin den Ton an. Zu den erfolgreichsten jener Zeit zählten Walter Leschetizky und Elfriede Rupp, die zusammen zwei Staatsmeis-

Abb. 4.53: Österreichische Meisterschaften 1972/73. 1. Brigitte Scheij­ bal/Walter Leschetizky, 2. Agnes Arco/Adrian Perco; 3. Elisabeth Luksch/Rudolf Hauptner.

Abb. 4.54: Susi und Peter Handschmann bereiten sich auf einen Wettkampf vor, 1979.

tertitel holten und an den Europameisterschaften 1969 teilnahmen. Später bildete Leschetizky ein Tanzpaar mit Brigitte Scheijbal, die zuvor mit Kurt Jaschek die Weltmeisterschaften 1970 und 1971 bestritten hatte. Gemeinsam nahm das Paar, das am liebsten die Rumba tanzte, an je zwei Welt- und Europameisterschaften teil und gewann dreimal den Österreichischen Meistertitel. Über mehrere Jahre hinweg lieferten sie sich mit den Paaren Agnes Arco/Adrian Perco und Elisabeth Luksch/Rudolf Hauptner einen wahren Dreikampf. In der Saison 1972/73 übernahm der vom aktiven Sport zurückgetretene Eistänzer Walter Leschetizky die Leitung der Sektion für Eiskunstlauf und Eistanz, wenig später die der gesamten Wiener Eissport-Vereinigung. Gegenwärtig ist er Präsident des WEV sowie des Eislaufverbandes Wien und blickt auf 40 Jahre ehrenamtliche Arbeit für den Österreichischen Eissport zurück. Brigitte Scheijbal (verh. Härtel) widmete sich nach der aktiven Tanzkarriere der Ausbildung von Nachwuchstalenten und trainierte u. a. die späteren Meisterpaare Maria Knif-

einige Achtungserfolge und eine ganz große Sensation gefeiert. Den Seriensiegern Scheijbal/Leschetizky folgten die Geschwister Susanne und Peter Handschmann, die zwischen 1975 und 1980 bei nahezu allen internationalen Großereignissen vertreten waren. Enttäuschend endete für das Duo die olympische Eistanz-Premiere 1976 in Innsbruck, wo sie vor dem Kürbewerb aufgrund einer Erkrankung von Susi Handschmann aufgeben mussten. 1980 erreichten die sechsfachen Staatsmeister bei den Spielen in Lake Placid den elften Platz. Ein Jahr zuvor fuhren sie bei den Weltmeisterschaften in der Wiener Stadthalle mit dem siebenten Rang ihr bestes internationales Ergebnis ein. Mit ihrer Erfindung des sogenannten Austrian Waltz ging das WEV-Tanzpaar auch in die internationale Eistanz-Geschichte ein, denn die ISU nahm die Walzer-Kreation der Handschmanns in die Liste der anerkannten Wettkampf-Tänze auf. Der Walzer ist neben dem „Schöllerschritt“ und „Kilian“ somit der dritte in

fer/Manfred Hübler und das Geschwisterpaar Ursula und Herbert Holik. Ihr erster Tanzpartner Kurt Jaschek gibt

Wien erfundene Tanz, der als Pflichttanz den Athleten und Athletinnen bei internationalen Bewerben abver-

sein Wissen heute in Salzburg an den Eiskunstlauf-Nachwuchs weiter. Wie im Paarlaufen überflügelten die Sportler und Sportlerinnen aus der Sowjetunion bald auch die besten Eistanz-Nationen. Während sich mit Gabriele Arco/ Nikolaus Stephan bei den Europameisterschaften 1976 der WEV-Paarlauf mit einem 13. Platz von der internationalen Bühne verabschiedete, wurden im Eistanzen noch

langt wird. Nach der aktiven Zeit waren Susi und Peter Handschmann einige Saisonen als Eistanzlehrer im WEV tätig.

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Abb. 4.55: Maria Kniffer und Manfred Hübler (hier 1981) vertraten Österreich 1981 und 1982 bei Weltund Europameisterschaften.

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Abb. 4.56: Die Geschwister Beck, 1976. Zwölf Jahre später tanzten sie bei Olympia. Abb. 4.57: Mit sechs Staatsmeistertiteln (1983 bis 1988) zählen Kathrin und Christoff Beck zu den österreichischen Rekordsiegern im Eistanzen, 1985/86.

„Der glücklichste Tag im Leben!“

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So jubelte Christoff Beck den Pressevertretern in Calgary/ Kanada nach dem olympischen Kürbewerb der Eistänzer 1988 zu. Tags darauf stand in der Zeitung geschrieben: „Kathrin und Christoff Beck mit Schwung, Phantasie und Temperament zum fünften Platz im Tanz.“ Das Geschwisterpaar, das von frühester Kindheit an die Wintermonate mit der Familie im Wiener Eislauf-Verein verbracht hatte, sorgte in diesem Jahr für den größten sportlichen Erfolg jener Nation, die das Eistanzen vor mehr als 100 Jahren erfunden hatte. Bereits in jungen Jahren bewiesen die beiden im Rah-

hatte, rückten die eistanzenden Geschwister seit ihrem ersten internationalen Start 1983 Saison für Saison weiter in die Weltspitze vor. Immer mit dabei war auch ihr Betreuer und Trainerassistent Peter Schübl, ein ehemaliger Eistänzer des Eissport-Klub Engelmann. Im Jahr 1986 gelang Kathrin und Christoff Beck mit dem vierten Platz bei den Europameisterschaften und dem siebenten Platz bei den Weltmeisterschaften der internationale Durchbruch. Der Gewinn der Goldmedaille bei der Winter Universiade 1987 in Štrbské Pleso/ Tschechoslowakei bestätigte ihren Aufwärtstrend in der vorolympischen Saison. Mit einem fünften Rang bei der Generalprobe, den Europameisterschaften 1988 in Prag,

men der Eröffnungszeremonie der Kunstlauf-Weltmeisterschaften in der Wiener Stadthalle 1979 ihr großes Ta-

sicherte sich das ambitionierte Tanzpaar das Olympia-Ticket für die Winterspiele in Kanada. In die Freude über

lent, als sie mit den österreichischen Kunstlauf-Stars der glorreichen Ära, Regine Heitzer, Trixi Schuba Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz, einen Donauwalzer auf die Eisfläche zauberten und großen Beifall ernteten. Unter der professionellen Anleitung der tschechischen Star-Trainerin Míla Nováková, die zuvor u. a. viele Jahre mit dem vierfachen Weltmeisterpaar Eva Romanová/Pavel Roman aus der Tschechoslowakei gearbeitet

die Qualifikation mischte sich allerdings auch Enttäuschung über die Platzierung, da sich ihre französischen Dauerrivalen, Isabelle und Paul Duchesnay, mit einem „Dschungeltanz“, wie die Presse die außergewöhnliche Darbietung bezeichnete, die Bronzemedaille schnappten. Die Spiele in Calgary sollten für Kathrin und Christoff Beck zum emotionalen Höhepunkt ihrer Karriere wer-

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Abb. 4.58: Kathrin Beck und der damalige WEV-Präsident Otto Schenk werfen sich anlässlich eines Fernsehdrehs in Pose, 1997.

Abb. 4.59: Die letzten Eistanz-Staatsmeister des WEV: Angelika Führing und Bruno Ellinger, 1997/98.

den. 20 Paare aus 14 Nationen traten im olympischen Eistanz-Bewerb an, als haushohe Favoriten wurden die sowjetischen Paare gehandelt. Vom sechsten Platz nach dem ersten Pflichttanz verbesserten sich die Becks mit Fortdauer der Konkurrenz

schen der DDR-Kunstläuferin Katarina Witt und ihrer US-amerikanischen Konkurrentin Debi Thomas wurde zum „Kalten Krieg auf dem Eis“ stilisiert. Zusätzliche Brisanz erhielt das Duell, da beide Läuferinnen für ihre Kür dieselbe Flamenco-Musik aus der Oper „Carmen“

auf den fünften Rang. Eine Broadway-Nummer in der Kür brachte zwar keine Platzverbesserung mehr, dafür

von Georges Bizet gewählt hatten. Der sogenannte Battle of the Carmens wurde zum großen Triumph des

aber alle Sympathien des Publikums im mit 19.000 Zuschauern voll besetzten Saddledome. Was blieb von den Spielen in der kanadischen Wintersportmetropole noch in Erinnerung? Der britische Skispringer Michael „Eddie the Eagle“ Edwards avancierte zum Medienstar, eine jamaikanische Bobmannschaft lieferte die Vorlage für das Drehbuch des erfolgreichen Kinofilms Cool Runnings (1993) und der Zweikampf zwi-

„schönsten Gesichts des Sozialismus“, Katarina Witt. Mit dem besten Ergebnis der österreichischen Eis­ tanzgeschichte und – als Draufgabe – einem fünften Platz bei ihrer Abschiedsvorstellung bei den Weltmeisterschaften in Budapest zogen sich Kathrin und Christoff Beck aus dem Spitzensport zurück, um sich ihren Studien zu widmen. Kathrin Beck absolvierte eine Schauspielausbildung und gehörte von 1991 bis 1999 dem Ensemble

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des Theaters in der Josefstadt an. Heute lebt und arbeitet sie in Wien und in Los Angeles/USA. Christoff Beck leitet eine Anwaltskanzlei in der Wiener Innenstadt. Wenn sich die Möglichkeit bietet, besuchen Kathrin und Christoff Beck mit Mutter Ilse und Schwester Margit ihre alte Wirkungsstätte und genießen das wertungsfreie Tanzen am Heumarkt. „Der Wiener Eislauf-Verein ist für mich eine Oase, ein Winter-Juwel inmitten von Wien. Ich bin dort mehr oder weniger aufgewachsen. Es ist jedes Mal ein ,nach Hause kommen‘. Das Eislaufen und Eistanzen im Freien, auf diesem großen Platz, beglückt, beseelt und erfrischt mich bis heute ungebrochen. Ein echtes Lebenselixier!“ (Kathrin Beck, 2017)

Mit Angelika Führing, die mit Peter Wilczek und später mit Bruno Ellinger tanzte, stellte der WEV in den 1990er-Jahren die letzten Meisterpaare im Eistanzen. Eine Verletzung von Angelika Führing verhinderte jedoch den gemeinsamen Start mit Bruno Ellinger bei den EuroAbb. 4.60: Ursula und Herbert Holik nahmen in Birmingham 1989 als letztes WEV-Tanzpaar an Europameisterschaften teil.

pameisterschaften in Wien im Jahr 2000, für die sie sich schon qualifiziert hatten. Ab den 1990er-Jahren erfuhr das leistungsorientierte Eistanzen ein ähnliches Schicksal wie das Paarlaufen. Immer weniger Kinder und Jugendliche ließen sich für die Ausübung der eleganten Disziplin motivieren, sodass der Trainings- und Wettkampfbetrieb phasenweise zum völligen Erliegen kam. Der Aufbau einer neuen Generation scheiterte auch an der kaum vorhandenen bzw. veralteten Eissport-Infrastruktur in Wien, die auch die Eisschnellläufer und Eishockeyspieler mit voller Härte zu spüren bekamen. In der Vergangenheit gab es im Eistanzen eine Reihe von Regeländerungen, die für einen Laien kaum nachvollziehbar sind. In den letzten Jahren wurde das Regelwerk zugunsten einer Modernisierung gelockert; wie im Einzel- und Paarlaufen zuvor, wurde im Jahr 2010 der technisch höchst anspruchsvolle Pflichtbewerb abgeschafft. Bei internationalen Konkurrenzen müssen die Tanzpaare nun einen Originaltanz mit vorgegebenem Rhythmus und eine Kür, in der sie ihrer Kreativität weitgehend freien Lauf lassen können, absolvieren.

Gelebte Tradition Die sportlichen Ambitionen sind längst verflogen, es ist die Liebe zur Musik und Bewegung auf dem Eis, die tanzfreudige Menschen im Wiener Eislauf-Verein zusammenbringt. Wenn sich heute die kleine, eingeschworene Eistanzfamilie Wiens auf dem Eislaufplatz trifft und in einem mit Seilen abgesperrten Rondeau Walzer, Marsch oder Tango tanzt, erwacht der Geist vergangener Tage. Für viele Mitglieder des Tanzkreises im WEV handelt es sich beim Eistanzen um eine Familientradition, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Um ein Bewusstsein und Anerkennung für dieses Erbe zu schaffen, ist der im Jahr 2017 gegründete gemeinnützige Verein „Rundtanzen am Eis – Eistanz am Wiener Eislauf-Verein“ gegenwärtig bemüht, das Rundtanzen als Kulturgut in das Österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes bei der Österreichischen UNESCO-Kommission eintragen zu lassen. Dass das Eistanzen keine Frage des Alters oder des Könnens ist, beweisen die zahlreichen Angebote im WEV, die sich der Pflege und Verbreitung dieser urwienerischen Art des Schlittschuhlaufens widmen. Seit 2011 leitet die ehemalige Eistanz-Staatsmeiste-

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Abb. 4.61: Kaiserwalzer bei Kaiserwetter, 2016.

rin Brigitte Härtel (geb. Scheijbal) einen Jugendtanzkurs. Des Weiteren gibt es einen wöchentlich stattfindenden Rundtanzkurs sowie Eistanzkurse für Anfänger und Fortgeschrittene, die auf großes Interesse stoßen. Wer es sportlich mag, schließt sich der Gruppe der Adults an, die jede Saison Wiener Eistanz-Meister in mehreren Leistungsklassen ermittelt.

Die Ausrichtung des „1. Wiener Eisballs“ im Jahr 2013, der von Claudia Kristofics-Binder initiiert und von den Eistänzern und Eistänzerinnen des WEV eröffnet wurde, steht sinnbildlich für das Traditionsbewusstsein des Vereins und seiner Mitglieder.

Abb. 4.62: Der Tanzkreis des Wiener Eislauf-Vereins feiert Fasching, 2017.

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Abb. 4.63: Schrägluftaufnahme des Heumarkt-Areals, 1957.

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Der WEV bekommt einen großen Nachbarn Anlässlich der Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper und des Burgtheaters im Herbst 1955 erklärte Bundeskanzler Julius Raab den Wiederaufbau der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg für abgeschlossen. Zahlreiche städtebauliche und ­infra­strukturelle Projekte, wie etwa der Wiener Flughafen (Eröffnung 1954) oder der Um- und Ausbau der Bahnstation Hauptzollamt zu einem modernen Hauptverkehrszentrum, ließen Wien in den 1960er-Jahren wieder zu einer attraktiven Tourismusdestination werden. Allerdings machte die Hotelnot der Fremdenverkehrsstelle der Stadt Wien zu schaffen, insbesondere im gehobenen Segment fehlte es an Betten. Dieser Umstand rief vor allem internationale Hoteliers auf den Plan, für die die Wiener Innenstadt und ihre Umgebung als Standort immer interessanter wurden. Die US-amerikanische Hilton Hotel Corporation, die zeitgleich an der Errichtung einer Nobel-Herberge in Berlin arbeitete, präsentierte 1957 ein Konzept für den Bau eines Hotels am Standort des Kursalons im Stadtpark. Nachdem die Stadt Wien das Angebot abgelehnt hatte, um die öffentliche Parkanlage zu erhalten, legte der US-Konzern, für den nur ein frei stehendes Gebäude in zentraler Lage infrage kam, einen neuen Entwurf vor. Dieser sah nun die Errichtung eines Hotels auf dem Areal zwischen dem Stadtpark und dem Konzerthaus, ergo auf dem Gelände des Wiener Eislauf-Vereins, vor. In einer Sondersitzung des Stadtsenats im April 1957 stimmten die politischen Verantwortlichen diesem Vorhaben zu. Als Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung sollte das Einverständnis des WEV zum Umzug in das angebotene Ausweichquartier im Auer-Welsbach-Park, in der Nähe des Technischen Museums im 15. Wiener Gemeindebezirk, eingeholt werden. Der Verein, der einen Pachtvertrag bis 1971 besaß, befragte daraufhin im Rahmen der Generalversammlung im Oktober 1957 seine Mitglieder, die sich mit 208:21 Stimmen deutlich gegen eine Verlegung nach Rudolfsheim-Fünfhaus aussprachen. Letzten Endes scheiterte das Bauvorhaben des US-Unternehmens – allerdings

nicht am Widerstand des WEV, sondern an Finanzierungsschwierigkeiten seitens des Projektträgers. Es lag aber bereits ein weiteres Angebot auf dem Verhandlungstisch: Die InterContinental Hotel Cor­ poration, eine Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Fluglinie Pan American World Airways (Pan Am), beabsichtigte, gegenüber der Stadtbahnstation „Stadtpark“ an jener Stelle in der Johannesgasse, an der sich der Verwaltungstrakt und das Restaurant des Vereins befanden, ein Hotel zu errichten. Im Gegensatz zum Hilton-Projekt war von einer Absiedelung des Wiener Eislauf-Vereins im neuen Konzept keine Rede. Als Gegenleistung für die Abtretung eines Drittels des Eislaufplatzes wurden dem WEV die Verlängerung des Pachtvertrags um 99 Jahre, der Neubau der Vereinsgebäude und Tribünen sowie die Modernisierung der technischen Anlagen zur Eiserzeugung in Aussicht gestellt. In der Generalversammlung von 1959 stimmte schließlich – mit Blick auf die aus dem Hotelbau ­resultierenden Vorteile für den Verein – die überwiegende Mehrheit der Mitglieder dafür, das Angebot anzunehmen. Von da an ging alles sehr schnell. Ein Verhandlungskomitee, dem Generalsekretär Karl Eigel vorstand, einigte sich am 26. Februar 1960 mit dem vom Bundesministerium für Inneres verwalteten Wiener Stadterweiterungsfonds auf die Verlängerung des Pachtvertrags mit einem im Grundbuch zugesicherten Recht auf eine Eislauf­ fläche im Ausmaß von 6000 Quadratmetern bis zum 31. Dezember 2058. Wenige Tage zuvor, am 15. Februar, war im Beisein zahlreicher Pressevertreter durch Bundeskanzler Raab bereits der Spatenstich für das Großprojekt auf dem Gelände des Wiener Eislauf-Vereins erfolgt. Als Bauleiter sollte Roland Rainer fungieren, der die 1958 eröffnete Wiener Stadthalle entworfen hatte. Nachdem dieser aber aufgrund seiner Berufung zum obersten Wiener Stadtplaner das Angebot des US-Unternehmens abgelehnt hatte, kamen die Wiener Architekten Carl Appel und Walter Jaksch zum Zug. Appel war kein Unbekannter, zählte er doch zu den führenden Architekten der ersten Wiederaufbauphase der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Jaksch arbeitete für das berühmte Architekturbüro Theiß & Jaksch, das sein Vater Hans Jaksch gemein-

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.64: Bundeskanzler Julius Raab nimmt den Spatenstich für das Hotel InterContinental neben dem WEV-Verwaltungsgebäude vor, 1960.

Abb. 4.65: Ein letzter Blick auf das alte Verwaltungsgebäude, 1960.

sam mit Siegfried Theiß im Jahr 1907 gegründet hatte und durch die Errichtung des Hochhauses in der Herrengasse 1931/32 und anderer Großbauten prädestiniert für dieses Projekt schien. In Zusammenarbeit mit der in Chicago ansässigen Architekturfirma Holabird & Root, die für die Baupläne verantwortlich zeichnete, wurde das Hotel in den Jahren 1963 und 1964 errichtet. Die Umbauarbeiten auf dem Areal des Wiener Eislauf-Vereins begannen im Sommer 1960 und erfolgten in mehreren Etappen: Zuerst wurden die Jugendstilbauten Ludwig Baumanns in der

Abb. 4.66: Baugrube am Heumarkt, 1961.

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Johannes­gasse abgerissen. Dem folgte die Beseitigung der Garderobenräume vor dem Konzerthaus bei gleichzeitigem Baubeginn des Kassengebäudes, der Sportgarderobe und eines Cafés mit automatischer ­Kegelbahn auf der Lothringerstraße, wo sich ab der Saison 1960/61 auch der Haupteingang zum Eislaufplatz wiederfand. In einem weiteren Schritt wurde die ungeliebte Holztribüne abgebaut und durch eine transportable Stahlrohrtribüne mit 4000 Sitz- bzw. 8000 Stehplätzen an der Lothringerstraßenfront ersetzt. Das neue Bürogebäude, die Eishalle und das Tonstudio befanden sich nun gegenüber

Abb. 4.67: Bauarbeiten, 1963.

vom Eingang auf der sogenannten Heumarkt-Seite. Unter den Bauarbeiten litten insbesondere die Boxer und Tennisspieler, die für die Dauer von zwei Saisonen den Betrieb komplett einstellen mussten. Die Tennisspieler wichen temporär auf die umliegenden Plätze im 3. Bezirk aus und kamen nach der Generalsanierung wieder zum Eislauf-Verein zurück, wo sie neue, moderne Tennisplätze vorfanden. Die Boxer hingegen hatten mit dem Abriss der Turnhalle ihre Heimstätte verloren und traten bei anderen Clubs ein, was schließlich zur Auflösung der Boxsektion in der Wiener Eissport-Vereinigung führte. Die mit dem Umbau einhergehende Verkleinerung der Eisfläche von 10.000 auf rund 6000 Quadratmeter brachte auch einen unerwartet starken Rückgang der Tagesgäste und Mitglieder und somit beträchtliche finanzielle Einbußen mit sich. Während der vier Wintersaisonen andauernden Neu­ gestaltung des Heumarkt-Areals in den Jahren zwischen 1960 und 1964 sank der Mitgliederstand um fast 45 Prozent von 4420 auf 2452 ab. Mit einer Höhe von 45 Metern und einer Länge von 90 Metern (laut eigenen Angaben) stellte das im Nachkriegsfunktionalismus erbaute und im Frühjahr 1964 eröffnete InterContinental Wien, kurz InterCont, eines der ersten Hochhäuser und mit 504 Zimmern auf 12 Etagen das größte und modernste Hotel des Landes dar. Das in der Presse als „Masse ohne Maß“ (Friedrich Achleitner) oder „Klotz“

bezeichnete Hotelgebäude beherbergte Popstars, Hollywood-Diven, Nobelpreisträger sowie hohe Repräsentanten der internationalen Politik und Wirtschaft, die dem Hotel und seinem Standort ein Flair von Internationalität verliehen. Eine Vereinbarung zwischen dem InterCont und dem WEV regelte ab diesem Zeitpunkt, dass die neue Kühlanlage der Kunsteisbahn ganzjährig die Klimatisierung des Hotels übernahm – ein Abkommen, das bis heute aufrecht ist. Einige Jahre später kam auch die Kältelieferung an das Konzerthaus hinzu. Ursprünglich sollte die Höhe des Hotels 56 Meter betragen, was jedoch aufgrund von verschiedenen Seiten postulierter städtebaulicher Folgen nicht umgesetzt werden konnte. Einerseits wäre der legendäre Canaletto-Blick vom Schloss Belvedere auf die Innere Stadt verloren gegangen, andererseits hätte – wie Umweltschützer argumentierten – ein derart hoher Baukörper die Durchlüftung im benachbarten Stadtpark vermindert und eine Schädigung des Baumbestandes zur Folge haben können. Die im Zuge der Generalsanierung des Wiener Eislauf-Vereins entstandenen Gebäude an der Lothringerstraße, wie die neue 105 Meter lange Tribüne und das Garderobenhaus, nahmen hingegen keine Rücksicht auf historische Blickachsen. Der Blick auf das Konzerthaus in seiner vollen Höhe war ab die-

Abb. 4.68: Der Blick vom Beethovenplatz, im Vordergrund der neue Haupteingang des WEV, 1964.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Heimspiel

Abb. 4.69: Hinter den Kulissen. Das WEV-Büro nach dem Umbau, 1964.

sem Zeitpunkt nur mehr zahlenden Besuchern und Besucherinnen des WEV vorbehalten. Im Jahr 1972 erfolgte schließlich auch die Grundsteinlegung des Hilton Vienna, das vom InterCont aus betrachtet auf der vis-à-vis liegenden Seite des Stadtparks erbaut und 1975 eröffnet wurde. Viele Jahre lang trug das Hotel die etwas ungenaue Postanschrift „Am Heumarkt“, bevor 1982 eine Änderung in „Am Stadtpark 1“ vorgenommen wurde. Im Jahr 2012 erwarb das Immobilienunternehmen WertInvest das Hotel InterContinental und die Anteilsmehrheit des angrenzenden, zuvor durch den Wiener Stadterweiterungsfonds privatisierten Grundstücks des Wiener Eislauf-Vereins. Eine geplante Umgestaltung des Heumarkt-Areals, welche die Errichtung eines 66 Meter hohen Wohn- und Büroturms sowie den Neubau des Hotels und die Generalsanierung des WEV vorsieht, steht seit mehreren Jahren in der öffentlichen Kritik und ist bisweilen zu einem Politikum geworden.

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Etwa 70 Personen befanden sich in den 1960er-Jahren im Personalstand des Wiener Eislauf-Vereins. Eisarbeiter, Elektriker, Garderobiers, Gerüst- und Tribünenbauer, Schlosser, Tischler, Tontechniker und zahlreiche Büroangestellte sorgten für den reibungslosen Winter- und Sommerbetrieb. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des WEV führten auch die gesamte Verwaltungstätigkeit der Wiener Eisrevue sowie des Leistungssportbetriebs durch. In den Sportsektionen war bereits seit mehreren Jahren alles auf die ersten Olympischen Winterspiele auf österreichischem Boden ausgerichtet worden. Durch intensives Training wollte man in Innsbruck 1964 den früheren Glanz der „Wiener Kunstlaufschule“ wieder erstrahlen lassen. Ein Großteil des Eissport-Kaders gehörte der WEVg an, und zahlreiche Wiener Funktionäre waren in die Organisation der Bewerbe im Innsbrucker Eisstadion eingebunden. Dort kam es auch zum ersten Wiedersehen mit Felix Kaspar seit 1938, der als Trainer des US-Kunstlaufteams bei den Spielen tätig war. Für die neue Generation männlicher Eiskunst­ läufer kamen die Innsbrucker Bewerbe ein Jahr zu früh. Die Medaillenplätze blieben für Emmerich Danzer, Wolfgang Schwarz und Peter Jonas außer Reichweite. Mit dem fünften Rang erreichte Danzer die beste Platzierung des Wiener Trios. Im Eisschnelllaufen präsentierte sich Hermann Strutz als Fünfter über die 5000-Meter-Distanz als bester Wiener Vertreter. Das Eishockey-Nationalteam, in dem eine Reihe von WEV-Spielern stand, belegte den 13.  Rang. Die höchste Ehre kam der 19-jährigen Eiskunstläuferin Regine Heitzer zu, die als Fahnenträgerin die österreichische Olympia-Mannschaft bei der Eröffnung anführen durfte. Die von Hellmut Seibt und später Hertha Wächtler trainierte siebenfache Österreichische Meisterin war es auch, die – trotz Schuhproblemen in der Kür – mit der Silbermedaille den größten Erfolg der Eissportler einfuhr. Es war Heitzers achte Medaille bei Großereignissen – vier weitere sollten bis zu ihrem Karriereende 1966 folgen, darunter zwei Europameistertitel. Zwischen 1967 und 1971 absolvierte Heitzer, de-

Abb. 4.70: Fahnenträgerin Regine Heitzer führt die 83-köpfige österreichische Delegation bei der Eröffnungsfeier in das Innsbrucker Skisprungstadion auf dem Bergisel, 1964.

ren Stärke – im Unterschied zu den vielen Wiener „Pflichtwundern“ – in der Kür lag, als Solistin zahlreiche Gastauftritte bei der Wiener Eisrevue und Holiday on Ice, bis sie aufgrund einer Fußverletzung ihre Profikarriere beenden musste. 1996 erhielt die Medaillensammlerin, die als Unternehmerin in der

Abb. 4.71: Die hochdekorierte Doppel-Europameisterin Regine Heitzer nach dem Titelgewinn in Bratislava 1966.

Möbelbranche ihren beruflichen Werdegang erfolgreich fortsetzte, ihr letztes Edelmetall: Sie wurde mit dem „Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich“ ausgezeichnet.

Abb. 4.72: Der WEV als Werbelocation. Präsentation der neuen Modelle von Ford auf der Eisfläche, 1966.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Die Wiener Eisrevue – Symbol und Erinnerungsort der Wiener Eiskunstlauf­ tradition „Mit sage und schreibe vier Koffern war man ausgezo-

Über die Geschichte der Wiener Eisrevue ist bereits viel erzählt und geschrieben worden. Die unzähligen der Nachwelt hinterlassenen Fotos und Filmaufnahmen haben die Revue als „Nachkriegswunder“ in das kollek­ tive Gedächtnis der Österreicher und Österreicherinnen eingeschrieben. Sie repräsentierte neben dem Kabarett, Theater und Kino ein spezifisches Genre der Unterhaltungskunst der Nachkriegszeit und begeisterte weltweit ein Millionenpublikum. Die Shows vereinten sportliche

um Meidling mit der Schau „Die Wiener Eisrevue. Einst Botschafterin Österreichs“ dem Thema; Roman Seeliger verfasste den begleitenden Katalog. Der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Sammlung in der Wienbibliothek durch den Historiker Bernhard Hachleitner folgte schließlich eine eindrucksvolle Ausstellung mit dem Titel „Traumfabrik auf dem Eis“, die im Winter 2014/15 im Foyer der Wiener Stadthalle gezeigt wurde. Gemeinsam mit Isabella Lechner, die sich bereits im Rahmen ihrer Diplomarbeit mit der Wiener Eisrevue auseinandergesetzt hatte, veröffentlichte Hachleitner einen gleichnamigen, detailreichen Sammelband zur Ausstellung, der neben einem historischen Überblick auch Einblicke in das Tagesgeschäft der Revue gibt und einige ihrer Stars in Porträts vorstellt. Aus gegebenem Anlass soll diesem einzigartigen Unterhaltungsphänomen, das von seiner Gründung im Jahr 1945 bis 1970 durch die Wiener Eissport-Gemeinschaft im Wiener Eislauf-Verein administriert wurde, auch in

Höchstleistungen mit Akrobatik, Eleganz, Erotik und Komik. Glamouröse Kostüme, kunstvoll gestaltete Büh-

der vorliegenden Publikation ausreichend „Eiszeit“ geschenkt werden.

gen, um die Welt zu erobern. Und man hat die glitzernde Welt der Eisrevuen tatsächlich erobert. Heute (Anm. 1962) reist man mit insgesamt sechs Waggons Gepäck, die Revue besitzt zwei erfolgreiche Ensembles und vier transportable Kunsteisbahnpisten.“ (Franz Heinlein, 50 Jahre Kunsteisbahn 1912–1962, Wien 1962)

nenbilder und der in Musik und Inszenierung vermittelte Wiener Charme rahmten die Darbietungen der Eiskünstler und Eiskünstlerinnen. Jahrzehntelang zählten die bunten Produktionen zu den beliebtesten Kulturexporten Österreichs, was der Wiener Eisrevue den Ruf als „Botschafterin Österreichs“ einbrachte.

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Roman Seeliger, der Sohn der Revue-Stars Eva Pawlik und Rudi Seeliger, legte mit dem im Jahr 1993 erschienenen Buch „Die Wiener Eisrevue. Ein verklungener Traum“ erstmals eine umfassende Darstellung des einst weltberühmten Unternehmens vor. Anlässlich des 50. Gründungsjahres zeigte die Wienbibliothek im Rathaus 1995 eine Ausstellung, die Material aus dem umfangreichen Nachlass der langjährigen künstlerischen Leiter Will und Edith Petter – darunter Werbeplakate, Zeitungsausschnitte und Fotos – präsentierte. Im Jahr 2008 widmete sich auch das Bezirksmuse-

1945–1967

Die Wiege der Wiener Eisrevue Das Revuelaufen entwickelte sich aus einer bereits im 19.  Jahrhundert etablierten Tradition des Schaulaufens und der Kostümbälle, die mit den Auftritten des US-amerikanischen Eistänzers Jackson Haines in Wien im Jahr 1868 ihren Anfang nahm.

Abb. 4.73: Gastspiel im Sportpalais von Antwerpen, 1952/53.

Die beiden Wiener Traditionsvereine Wiener EislaufVerein und Verein Kunsteisbahn Engelmann (VKE) erkannten rasch das Potenzial des Eiskunstlaufsports als Wirtschaftsfaktor und gründeten in den 1920er-Jahren Schaulauftruppen, die mit ihren Programmen durch Österreichs Bundesländer tourten und auch Vorstellungen im benachbarten Ausland gaben. Der Erfolg war überwältigend. Abend für Abend strömten die Menschen in die Eisarenen, um die professionell gestalteten Shows der Eisläufer und Eisläuferinnen zu bestaunen.

ten zweier Königskinder. Zahlreiche Nachwuchstalente des WEV und VKE, wie Hilde Holovsky, Bianca Schenk, Hedy Stenuf oder Ilse und Erik Pausin, wirkten an der von WEV-Vizepräsident Ludwig Fänner gestalteten ersten Eisrevue Wiens mit. Als „Hofnarren“ unterhielten die beliebten Kunstläufer Edi Scholdan und Felix Kaspar das Publikum mit komödiantischen Einlagen. Aufgrund

Besondere Aufmerksamkeit erlangte eine Schaulaufveranstaltung am 16. Februar 1932 auf dem Platz des WEV, die im Vorfeld als „Große Eisrevue“ angekündigt worden war. Erstmals wurde der Versuch unternommen, das sportliche Schaulaufprogramm, das aus lose aufeinanderfolgenden Auftritten von Solokünstlern bestand, in eine Rahmenhandlung einzubetten. Die als „Verlobungsfest auf dem Hofe des Eiskönigs“ bezeichnete Produktion erzählte, in der Dramaturgie eines Thea­ terstücks, ein Märchen über die VerlobungsfeierlichkeiAbb 4.74: Eine Szene aus dem „Verlobungsfest auf dem Hofe des Eiskönigs“, 1932.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.75: Eva Pawlik und Felix Kaspar in „Das Märchen vom standhaften Zinnsoldaten“, 1937. Abb. 4.76: Programmheft der „Eisrevue Karl Schäfer“, Vorstellung in Garmisch-Partenkirchen 1942.

des großen Premierenerfolgs wurde die Revue an den darauffolgenden Tagen zwei weitere Male am Heumarkt dargeboten. Die Zeichen der Zeit erkennend, wurden in den nachfolgenden Jahren die klassischen Schaulaufveranstaltungen durch Bühnenbilder, Kostüme, Lichteffekte und Livemusik ergänzt. Im Jahr 1936 baute WEV-Generalsekretär Adolf Eder nach dem Vorbild amerikanischer Kunstlaufshows ein 60 Personen umfassendes Ensemble auf, das unter dem Namen „Große Eisrevue“ in der Wintersaison 1937/38 insgesamt 18 gut besuchte Vorführungen des Stücks „Geisterstunde im Puppenladen“ darbot. Den Höhepunkt des Programms bildete die Episode „Das Märchen vom standhaften Zinnsoldaten“, in der der Welt- und Europameister Felix Kaspar und das 9-jährige Wiener Wunderkind Eva Pawlik gemeinsam auftraten. Der politische Umsturz 1938 bedeutete jedoch das jähe Ende für Eders Showprojekt. In Hernals arbeitete man ebenfalls an einer Vorführung mit Revue-Elementen. Der ehemalige Eiskunstläufer und Trainer Will Petter choreografierte im Winter

Die Geburtsstunde der Wiener Eisrevue Als direkte Vorläuferin der Wiener Eisrevue gilt die im Jahr 1940 durch Karl Schäfer gegründete „Eisrevue Karl Schäfer“, die während der NS-Zeit höchst erfolgreiche Tourneen absolvierte. Aufgrund seiner Involvierung in den nationalsozialistischen Parteiapparat – Schäfer hatte nachweislich der NSDAP und der SA angehört – musste er auf öffentlichen Druck hin nach dem Krieg als Geschäftsführer seiner Revue zurücktreten. Der Generalsekretär des Eissport-Klub Engelmann (EKE), Hans Grünauer, übernahm daraufhin die Leitung der Revue, die ihre Geschäftsstelle in der durch Bombentreffer zerstör-

1936 mit dem „Fest der Nationen“ ein Schaulaufen mit allen Kunstlaufstars des VKE. Gruppentänze eines Eisbal-

ten Arena in Hernals hatte. Mit dem Umzug der Engelmann-Sportsektionen auf den Heumarkt fand auch das

letts und zirkushafte Einlagen zweier Eisclowns waren neue Bestandteile, die beim Publikum besonders gut ankamen und sich später als zentrale Elemente in den Produktionen der Wiener Eisrevue wiederfinden sollten.

Revueunternehmen ein neues Zuhause. „Der EKE kam nicht mit leeren Händen, sondern brachte die Wiener Eisrevue mit.“ (Heinlein, 50 Jahre Kunsteisbahn, 1962)

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1945–1967

Im Herbst 1945 beschloss der WEV-Verwaltungsausschuss einen Neustart der Schäfer-Revue unter dem Namen „Wiener Eisrevue“. Die Eisshow wurde zur Administration in die ebenfalls neu konstituierte Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) im WEV aufgenommen und dem Generalsekretär des Vereins, Adolf Eder, das Management übertragen – eine Funktion, die er bis zu seiner Bestellung zum ersten Generaldirektor der Wiener Stadthalle im Juli 1957 behielt. Zwei Jahre zuvor war bereits die US-amerikanische Eisrevue Holiday on Ice gegründet worden, die 1943 als Hotelshow in Toledo/Ohio ihre Premiere feierte und sich im Laufe der Jahrzehnte zum größten Konkurrenten der Wiener Eisrevue entwickeln sollte. Nicht nur in kaufmännischer, sondern auch in kreativer Hinsicht spielte Adolf Eder in der Nachkriegszeit eine zentrale Rolle im Wiener Eislauf-Verein. Inspiriert vom Erfolg der Wiener Eisrevue stellte der Generalsekretär im Frühjahr 1946 im WEV ein weiteres Revueensemble zusammen, das den futuristischen Namen „Fernsehsender Wiener Eislauf-Verein“ trug. Der Name hatte allerdings nichts mit dem Medium Fernsehen zu tun, das seinerzeit in Österreich noch gar nicht existierte, sondern leitete sich aus der Ähnlichkeit der Programmabfolge damals gängiger Radiosendungen ab. So war die Show in Episoden mit Bezeichnungen wie „Märchenstunde“, „Mittagskonzert“, „Opernübertragung“, „Wissenschaftliche Stunde“ oder „Wetterbericht“ unterteilt. Eder selbst führte Regie, der Wiener Komponist Karl Bittner sorgte für die musikalische Untermalung der Produktionen. Zu den Mitgliedern des Ensembles – ihm gehörten Profis, Amateure, aber auch talentierte Hobby-Läufer des WEV an – zählten u. a. Eva Pawlik, Herta und Emil Ratzenhofer oder die österreichischen Eistanzmeister Hertha Branowitzer und Rudolf Plaschke. Auch Ingrid Wendl, die spätere „Eisprinzessin“ der Wiener Eisrevue, hatte als

Abb. 4.77: Programmheft einer Vorstellung des „Fernsehsenders Wiener Eislauf-Verein“, 1946.

stellte Eder das Projekt 1948 ein. Ein weiterer Grund für das frühe Aus war, dass man die Sportler und Sportlerinnen neben dem harten Wettkampftraining nicht zusätzlich mit dem Einstudieren von Programmen und anstrengenden Reisen belasten wollte.

Die Premiere Ein Jahrzehnt lang fanden die Wiener Auftritte der Eisrevue auf dem Platz des WEV statt. Die Premierenvorstellung am 23. Dezember 1945 ging allerdings aufgrund der Verwüstungen am Heumarkt im Klagenfurter Eisstadion über die Bühne. Nachdem die größten Kriegsschäden beseitigt und die Tribüne auf dem WEV-Areal provisorisch repariert worden waren, konnte im Jänner 1946 der erste Auftritt der neu formierten Showtruppe in der

­Siebenjährige in Eders Revue ihren ersten Showauftritt. Im ersten Winter ihres Bestehens trat die Gruppe

Bundeshauptstadt stattfinden; gefolgt von Gastspielen in Graz, Bratislava und Prag. In der ersten Nachkriegssai-

zehnmal am Heumarkt und 23 Mal außerhalb Wiens auf. Adolf Eder erhielt für die Leitung 50 Prozent des Reingewinns zusätzlich zu seinen Bezügen als Generalsekretär. Die andere Hälfte der Einnahmen kam ausschließlich dem WEV zugute, der damit in erster Linie den Wiederaufbau des Vereinsareals in den Nachkriegsjahren finanzierte. Als sich die WEV-Revue zunehmend zu einer Konkurrenz der Wiener Eisrevue und ihrer Berufsläufer entwickelte,

son trat die Wiener Eisrevue insgesamt 46 Mal vor rund 120.000 Zuschauern und Zuschauerinnen auf. Der künstlerische Leiter der Schäfer-Revue, Will Petter, zeichnete zwischen 1945 und 1970 für die Regie aller Produktionen der Wiener Eisrevue verantwortlich. 1952 wurde seine Ehefrau Edith Petter, die einige Jahre mit ihrer kongenialen Partnerin Erni Zlam als Eisakrobatin in der Show auftrat, als Choreografin engagiert.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.78: Ein Bild aus späten Revue-Tagen. Emmy Puzinger und der Rollschuh-Weltmeister Fernand Leemans beeindruckten das Publikum mit akrobatischen Schleuderfiguren, die im Amateursport verboten waren, 1969.

Als in den unmittelbaren Nachkriegsjahren Wien von einem Unterhaltungsboom erfasst wurde, gastierten im Winter 1946/47 gleich vier verschiedene Revuen auf dem WEV-Platz. Neben den beiden „hausgemachten“ Shows trat die in England gegründete „Melitta-Brunner-Revue“ sowie die „Pausin Sport Revue“ des Kunstlauf-Geschwisterpaares Ilse und Erik Pausin auf. Zum Liebling der Wiener Eisrevue avancierte in den Anfangsjahren die kleine Grande Dame des Engelmann-Vereins, Emmy Puzinger. Die Drittplatzierte der Europameisterschaften von 1937 und 1938 blieb die einzige Läuferin, die von der Gründung der Revue bis zu ihrem Ende dem Ensemble angehörte. Besonders die Auftritte mit ihrem belgischen Eispartner Fernand Leemans, dem „Fred Astaire des Eises“, ernteten viel Beifall. Im Jahr 1949 nahm die Wiener Eisrevue mit Eva Pawlik die erste Europameisterin unter Vertrag und folgte somit dem Trend US-amerikanischer Shows, populäre Weltklasseläufer für hohe Gagen zu verpflichten.

Der Aufstieg zum Show-Imperium In den 1950er-Jahren stieg die Wiener Eisrevue zu einer weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Größe in der Unterhaltungsbranche und zur führenden Eisrevue in Europa auf. Ausschlaggebend dafür waren der Wirtschaftsboom und der sozioökonomische Wandel hin

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1945–1967

Abb. 4.79: Die Wiener Eisrevue auf Reisen. V. l. n. r.: Susi Giebisch, Eva Pawlik und Emmy Puzinger vor dem Tourbus, 1951.

zur Konsumgesellschaft nach dem Wiederaufbau. In der Saison 1951/52 wurde erstmals die Besuchermillion überschritten, weltweit sahen 1.133.000 Menschen die 206 Aufführungen der Produktion „Man vergnügt sich“. Hinter diesem Erfolg steckten knochenhartes Training und eine perfekte Marketingstrategie: Im Juli und August wurden die neuen Choreografien im Eiskeller des Wiener Eislauf-Vereins einstudiert und die Läufer und Läuferinnen auf die körperlichen Anstrengungen der Wintertournee vorbereitet, während oben auf dem Platz die Freistilringer um Schurl Blemenschütz das Publikum in Ekstase versetzten. Den ganzen Sommer hindurch wurde die Presse mit Informationen zu der bevorstehenden Produktion und der daran Mitwirkenden versorgt. Im Winter ging man Kooperationen mit Reisebüros ein, die Busfahrten zu den Vorstellungsorten organisierten, und ausgewählte Journalisten durften die Auslandstourneen auf Kosten der Revue begleiten. Einen großen Coup landete das Management mit der Verpflichtung des aus dem New Yorker Exil nach Wien zurückgekehrten Komponisten und Dirigenten Robert

Abb. 4.81: Das Herz der Revue, v. l. n. r.: Hellmut Seibt, Rudi Seeliger, Eva Pawlik, Robert Stolz, Edith und Will Petter, 1952.

Abb. 4.82: Eintrittskarten für die Wiener Eisrevue auf dem WEVPlatz.

Abb. 4.80: Plakat der Produktion „Die ewige Eva“, 1953.

Abb. 4.83: Postkarte der Wiener Eisrevue, 1957.

Stolz, der ab der Saison 1952/53 die musikalische Leitung der Wiener Eisrevue übernahm. Der „Walzerkönig“, wie Stolz genannt wurde, schuf mit der „Eis-Operette“ ein neues Musikgenre und widmete seine erste von insgesamt 19 Kompositionen, „Die ewige Eva“, dem damaligen Star der Revue, Eva Pawlik. Bis 1954 fanden die Wien-Vorstellungen bei jeder Wetterlage, ob bei Kälte, Schnee oder Regen, unter freiem Himmel auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins statt. Nach dem strengen Winter 1953/54 fürchtete Geschäfts-

dem Renommee der Wiener Eisrevue entsprach. Die Hal-

führer Eder jedoch den Verlust des Stammpublikums, woraufhin die Wiener Eisrevue für vier Spielzeiten vom

le bot 7000 Personen Platz und hatte praktischerweise eine eigene Eisanlage. Der neue Generaldirektor der Wie-

Heumarkt in die geheizte Halle des Wiener Messepalasts (heutiges MuseumsQuartier) übersiedelte. Obwohl der Umzug für die Ensemblemitglieder, Kostüme und Technik von Vorteil und für die Besucher komfortabler war, wirkte sich der Platzmangel im Messepalast negativ auf den Kartenverkauf aus. Mit der Eröffnung der Wiener Stadthalle im Jahr 1958 stand nun eine Veranstaltungshalle zur Verfügung, die

ner Stadthalle, Adolf Eder, nahm die Revue, die nach seinem Ausscheiden aus dem WEV 1957 von Karl Eigel und Hans Grünauer (später Bruno Holfeld) geführt wurde, umgehend in den Veranstaltungskalender auf. Am 23. Dezember 1958 war es so weit: Die Wiener Eisrevue feierte im ausverkauften Veranstaltungszentrum im 15. Wiener Gemeindebezirk mit der Produktion „Zauber der Liebe“ ihre Stadthallen-Premiere. Angesichts der

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.84: Programmheft und Werbeplakat der Produktion „Zauber der Liebe“, 1958.

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Abb. 4.85: Die Crème de la Crème des europäischen Eiskunstlaufsports vereint in der Wiener Eisrevue, v. l. n. r.: Ingrid Wendl, Hanna Eigel und Eva Pawlik, 1958.

hohen Prominentendichte – zu Gast waren Bundesprä-

Verpflichtung der frisch gebackenen Weltmeister von

sident Adolf Schärf, Nationalratspräsident Felix Hurdes und Bürgermeister Franz Jonas – wurde die Aufführung

Dortmund 1964, dem „deutschen Traumpaar“ Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler, gelang dem Management

in der medialen Berichterstattung mit einem „Staatsakt“ verglichen. Insgesamt 418.735 Besucher und Besucherinnen sahen die 59 ausverkauften Vorstellungen in der ersten Stadthallen-Saison – ein absoluter Rekord. Einen besonderen Höhepunkt erlebte das Publikum in den Spielsaisonen 1958 und 1959, als mit Eva Pawlik, Ingrid Wendl und Hanna Eigel zeitgleich drei Europameisterinnen des WEV dem Ensemble angehörten. Mit der

der Wiener Eisrevue eine weitere Sensation. Auch die Wiener Doppel-Europameisterin Regine Heitzer bereicherte die Revue mit einigen Gastauftritten als Solistin. Um in Städten Fuß zu fassen, in denen noch keine Eisrevue gastiert hatte, wurde ein zweites Ensemble aufgebaut, das ab 1960 zeitgleich auf Tournee ging. Der enorme Anstieg von Besuchern und Besucherinnen erfüllte anfänglich die Erwartungen an das riskante Projekt.

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Abb. 4.86: Das Eisballett der Wiener Eisrevue, 1950er-Jahre.

Zu diesem Zeitpunkt gehörten rund 120 Personen unterschiedlicher Nationalitäten den beiden Ensembles an, und das Wiener Unternehmen erwirtschaftete etwa 60 Millionen Schilling Umsatz pro Saison. Einen Großteil der Produktionskosten von über vier Millionen Schilling

„Das große Glück“ ein weiterer mit Kilius und Bäumler in den Hauptrollen.

(Anm. 1969) verschlang die Ausstattung der Revue mit aufwendigen Bühnenbildern und Kleidern der Kostümbildnerin Gerdago (Gerda Gottstein) sowie das transportable technische Equipment. Im Zuge des Erfolgs, den die zahlreichen Eisrevuen in den 1950er/60er-Jahren weltweit einfuhren, bildete sich mit dem sogenannten Revuefilm ein neues Filmgenre ­heraus, das rasch an Popularität gewann und die Kinokassen füllte. Bereits 1943 war in Zusammenarbeit mit dem Ensemble der Schäfer-Revue der erste Revuefilm mit dem Titel „Der weiße Traum“ (Regie: Géza von Cziffra) in Wien gedreht worden, der zu den erfolgreichsten Unterhaltungsfilmen der NS-Zeit zählt. Die Eisszenen wurden auf dem Engelmann-Platz aufgenommen, dabei doubelten Karl Schäfer, Emmy Puzinger und Hertha Wächtler die Hauptdarsteller und -darstellerinnen. Zwischen 1950 und 1967 entstanden insgesamt acht Revueund Spielfilme, in denen Mitglieder der Wiener Eisrevue neben den Stars des Nachkriegskinos wie etwa Heinz

Bereits im Februar und März 1946 war die Wiener Eisrevue in Prag und Bratislava zu Gast. Selbst traditionsreiche Institutionen wie die Spanische Hofreitschule, die Wiener Philharmoniker oder die Wiener Sängerknaben hatten erst später ihre ersten Auslandsgastspiele nach dem Zweiten Weltkrieg. Die monatelangen Tourneen der Revue führten durch fast alle west- und osteuropäischen Länder, von Skandinavien bis nach Nordafrika, nach Israel, in die Vereinigten Staaten und nach Kanada. Mit den transportablen Kunsteisbahnen konnten Veranstaltungsorte in allen Ländern zu jeder Jahreszeit bespielt werden, etwa auch die Stierkampfarena in Barcelona im warmen spanischen Frühling. In den ersten Nachkriegsjahren waren die Gastspiele der Wiener Eisrevue mit staatspolitischer Bedeutung aufgeladen. Petters Inszenierungen arbeiteten bewusst mit dem Image Wiens als Stadt des Tanzes und der Musik und versuchten mittels klischeehafter Bilder Ressentiments gegen Österreich im Ausland abzubauen. Als

Conrads, Waltraut Haas oder Paul Hörbiger als Schauspieler und Schauspielerinnen mitwirkten oder als Dou-

Schlusspunkt jeder Aufführung erklang Johann Strauß’ Donauwalzer, zu dem alle Darsteller und Darstellerinnen

bles auftraten. Im Jahr 1964 drehte der preisgekrönte österreichische Regisseur und Produzent Franz Antel mit Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler in den Hauptrollen den Revuefilm „Die große Kür“, der in Österreich und Deutschland zum Kassenschlager wurde und die beiden Sportler über Nacht zu Filmstars werden ließ. Es war nach „Symphonie in Gold“ (1959) Antels zweiter Revuefilm, 1967 folgte mit

auf dem Eis tanzten. Dass die Tourneen nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine diplomatische Funktion erfüllten, wurde besonders deutlich, als sich die Wiener Eisrevue im Jahr 1957 erstmals über den Kalten Krieg hinwegsetzte und in mehreren sowjetischen Städten auftrat. Zu einem besonders großen Erfolg wurde die Spielzeit im Sportpalast der Sowjetmetropole Moskau, der sechs Wochen

Abb. 4.87: Die Tänzerinnen des Eisballetts der Produktion „Festival der Liebe“, 1962.

Die Tourneen der Wiener Eisrevue

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.88: Moskau-Gastspiel, 1960. V. l. n. r. (vorne): Marga Köpf, Heinz Kroel, Ingrid Wendl, Rudi Tanzer (Dirigent), Emmy Puzinger mit Hund Blacky, Eva Pawlik, Rudi Seeliger und Susi Giebisch.

lang täglich mit 15.000 Zusehern ausverkauft war. Die Wiener Eisrevue blieb fortan ein beliebter und verehrter Stammgast hinter dem Eisernen Vorhang. „Wieder einmal nimmt der Zauber der Wiener Eisrevue, der unvergleichliche Einklang von Musik, Tanz und Wiener Charme die Welt gefangen, wieder einmal schwärmen unsere Eissterne in die traditionellen Gastländer der Eisrevue aus und bringen einem internati-

In den 1960er-Jahren geriet das Revueunternehmen zunehmend in finanzielle Schieflage, die auf die zusätzlichen Belastungen durch den Aufbau des zweiten Ensembles sowie die Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten zurückzuführen war. Die Ausstattung mit individuell angefertigten Kostümen, die aufwendige Technik und Lo-

onalen Publikum höchsten und vielfältigen künstlerischen Genuß. Jeder Versuch, die Leistungen unserer

gistik sowie zusätzliche Löhne für Mitwirkende der zweiten Gruppe und der beiden Live-Orchester verursachten

Eisprinzen und Eisprinzessinnen in Worten zu würdigen, muß notwendigerweise unzulänglich bleiben, da die wunderbare Harmonie der Farben, der Töne und der einmaligen artistischen Körperbeherrschung geradezu nach einem Dichter verlangt.“

erhebliche Mehrkosten, die nicht eingespielt werden konnten. Zudem stießen die modernen, zirkusähnlichen Shows der US-Revue Holiday on Ice in Europa auf besonders großes Interesse bei einem jüngeren Publikum und drängten die an dem traditionellen Revuekonzept festhaltende Wiener Eisrevue immer mehr ins Abseits. Gleichzeitig war das Fernsehzeitalter angebrochen: Klassische Unterhaltungsformate wie Revuen oder Va-

(Wiens Bürgermeister Bruno Marek, in: Programmheft der Produktion „Cocktail“, 1969)

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Das schleichende Ende einer Wiener Institution

1945–1967

rietés erreichten (auch in Wien) nicht mehr so leicht ein großes Publikum wie in den Vierziger- und Fünfzigerjahren. Mit der Verpflichtung des dreifachen Weltmeisters Emmerich Danzer im Jahr 1968 erfuhr das Unternehmen einen letzten Popularitätsschub. Danzer verkörperte gemeinsam mit Ingrid Wendl, die nach einer Nordamerika-Tournee mit den Ice Capades nach Wien zurückgekehrt war, das letzte Traumpaar der Show. Im Winter 1970 gastierte die Wiener Eisrevue mit der Produktion „Eisparade“ zum letzten Mal als eigenständiges Unternehmen in Wien. Die ehemals weltweit erfolgreichste Eisshow, die 60 Millionen Menschen in 21 Ländern auf vier Kontinenten mit ihren Auftritten begeistert hatte, wurde nach dem Ende der Tournee von der Wiener Eissport-Vereinigung um 13 Millionen Schilling an den Besitzer von Holiday on Ice, Morris Chalfen, verkauft. Die über viele Jahre reiche Quelle, aus der der Verein für die Ausbildung der Kunstläufer und Kunstläuferinnen und den Trainingsbetrieb der anderen Sportsektionen finanzielle Mittel geschöpft hatte, versiegte auf einen Schlag. Zwar wurde die Wiener Eisrevue zwei weitere Saisonen durch den neuen Eigentümer weitergeführt, aufgrund des ausbleibenden Erfolgs im Jahr 1973 aber endgültig eingestellt. Holiday on Ice existierte fort und ist bis heute ein Fixpunkt im Veranstaltungskalender der Wiener Stadthalle.

Produktionen der Wiener Eisrevue 1945: Wiener Eisrevue auf Reisen 1946: Der Winter im Wandel der Zeiten 1947: Kontraste – Die Wiener Eisrevue auf Reisen 1948: Casanova – Marietta 1949: Varieté, Olympia, Donauwalzer 1950: Das ist die Liebe – So ist die Frau 1951: Man vergnügt sich 1952: Die ewige Eva 1953: Wünsch dir, was dein Herz begehrt 1954: Glück muss man haben

Abb. 4.90: Ingrid Wendl als „Blauer Reiher“ in der Produktion „Regenbogen“, 1965. Mit Helmut Löfke, dem deutschen Rollkunstlaufmeister, bildete die erste Solistin acht Jahre lang das beliebteste Paar der Show.

1955: Alles nach Wunsch 1956: Melodien der Liebe 1957: Sylvia, die Tänzerin 1958: Zauber der Liebe 1959: Im Land der Träume 1960: Illusionen 1961: Kapriolen 1962: Festival der Liebe 1963: Träume des Glücks 1964: Tanzende Welt Abb. 4.89: Programmheft der vorletzten Produktion der Wiener Eisrevue „Cocktail“, 1969.

der neubeginn und seine herausforderungen

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Abb. 4.91: Ingrid Wendl und Emmerich Danzer mit dem Eisballett, 1968.

1965: Regenbogen 1966: Maskeraden 1967: Episoden 1968: Confetti 1969: Cocktail 1970: Eisparade 1971: Unvergessliche Melodien (unter der Leitung von Holiday on Ice) 1972: Eiskarussell (unter der Leitung von Holiday on Ice)

Revue- und Spielfilme unter der Mitwirkung von Ensemblemitgliedern und des Eisballetts der Wiener Eisrevue 1950:

Abb. 4.92: Albert „Bertl“ Capek, der wohl berühmteste Eisclown der Wiener Eisrevue, hier mit Eva Pawlik im Film „Frühling auf dem Eis“, 1950.

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1945–1967

1956:

Frühling auf dem Eis. Regie: Georg Jacoby. Mit Eva Pawlik, Emmy Puzinger, Rudi Seeliger, Hellmut May, Bertl Capek, Edith Petter, Erni Zlam und dem Eisballett. Symphonie in Gold. Regie: Franz Antel. Mit Emmy Puzinger, Fernand Leemans, Jiřína Nekolová und dem Eisballett.

1959:

1960:

1961:

1962:

Traumrevue. Regie: Eduard von Borsody. Mit Eva Pawlik, Ingrid Wendl, Emmy Puzinger, Hanna Eigel, Rudi Seeliger, Fernand Leemans, Herbert Bobek, Pieter van Gils, Charlotte Michiels,

1964:

Die große Kür. Regie: Franz Antel. Mit Marika Kilius, Hans-Jürgen Bäumler, Ingrid Wendl, Helmut Löfke, Emmy Puzinger, Fernand Leemans, Norbert Felsinger und dem Eisballett.

Inge und Willi Schilling, dem Eisballett und Musikstücken von Robert Stolz.

1967:

Das große Glück. Regie: Franz Antel. Mit Marika Kilius, Hans-Jürgen Bäumler und dem Eisballett.

Abb. 4.93: Eva Pawlik und Rudi Seeliger im Film „Traumrevue“, 1959.

Kauf Dir einen bunten Luftballon. Regie: Géza von Cziffra. Remake von „Der weiße Traum“ mit dem Eisballett. Ein Stern fällt vom Himmel. Regie: Géza von Cziffra. Mit dem Eisballett und Kostümen von Gerdago. Drei Liebesbriefe aus Tirol. Regie: Werner Jacobs. Mit Eva Pawlik und dem Eisballett.

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1967–2000 Aufbruch in eine neue Ära

„Dem Wiener Eislauf-Verein [wurde] in den vergangenen 99 Jahren nichts geschenkt. Ebenso wie bei sportlichen Wettkämpfen musste alles errungen und erkämpft werden, und auch in der Vereinsgeschichte folgten den Wellenbergen immer Wellentäler.“ (WEV-Generalsekretär Karl Eigel in der Generalversammlung 1966)

W

ir schreiben das Jahr 1967: Der Wiener Eislauf-Verein und seine treuen Gefährten und Gefährtinnen feiern das 100-jährige Bestehen der Sportvereinigung, die in der Vergangenheit viele Höhepunkte erlebt und Tiefschläge weggesteckt hatte. Sieben Jahre waren bereits auf dem renovierten Platz zwischen dem Hotel InterContinental und dem Wiener Konzerthaus vergangen. Der WEV zählte so viele Tagesgäste und Schulklassen wie schon lange nicht mehr, und dennoch standen schwierige Zeiten bevor: Die Mitgliederzahlen gingen seit mehreren Saisonen zurück, die Wiener Eisrevue lag in ihren letzten Atemzügen und auch die Ringerturniere im Sommer litten unter einem Zuschauerschwund. Als Präsident stand dem Verein seit 1957 der Landtagsabgeordnete und Amtsführende Stadtrat a. D. Gottfried Albrecht vor. Ein erfahrenes Team rund um V ­ izepräsident Martin Felsenreich und Generalsekretär Karl Eigel widmete sich dem Tagesgeschäft.

aufbruch in eine neue ära

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Abb. 5.1: Blick vom Dach des Hotel InterContinental auf den Eislaufplatz, 1970.

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Die Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr wurden durch drei schmerzliche Verluste getrübt. In der ersten Jahreshälfte 1967 verstarben mit dem ehemaligen Vizepräsidenten Ludwig Fischer, der in der Nachkriegszeit den Wiederaufbau des WEV mit vollem Einsatz vorangetrieben hatte, dem Pflichttrainer Rudolf Kutzer und dem umtriebigen Eissportfunktionär Ernest Labin, der erst kurz zuvor zum Präsidenten der International Skating Union gewählt worden war, drei höchst verdienstvolle Persönlich-

1967–2000

keiten, die das Vereinsleben in ihren Tätigkeitsfeldern nachhaltig prägten. Aus sportlicher Sicht betrachtet, standen die späten 1960er-Jahre im Zeichen des Konkurrenzkampfes der beiden besten Eiskunstläufer der Zweiten Republik, Emmerich Danzer vom Wiener Eislauf-Verein und Wolfgang Schwarz vom Eissport-Klub Engelmann, die sich in gemeinsamen Trai­ningseinheiten unter der Anleitung von Hertha Wächtler zu Weltstars entwickelt hatten.

Während im Eiskunstlaufen Titel und Medaillen wieder auf der Tagesordnung standen, kriselte es in der Eishockeysektion gewaltig. Seit dem letzten Titelgewinn 1962 verhinderten abwechselnd spielerische und finanzielle Schwierigkeiten ein gutes Abschneiden der WEV-Cracks. Umso besser erging es der in der Wiener Eissport-Vereinigung verwalteten Basketballsektion: Das Engelmann-Team feierte in den Jahren 1967 bis 1970 vier Österreichische Meistertitel in Serie. Neu war die Gründung der Sektion der Eisschützen 1968, die sich vorerst auf das Training zur Vorbereitung für die Teilnahme an nationalen Wettkämpfen beschränkte.

Emmi & Wolferl – Ein Stück des Weges gemeinsam Emmerich Danzer wurde im letzten Kriegsjahr geboren und wuchs als Sohn von Gemüsehändlern in Wien-Hernals auf. Dass sein Weg nicht auf den nahegelegenen Engelmann-Platz, sondern auf den Heumarkt führte, war den Eltern von Hannerl Walter zu verdanken, die Stammkunden der Familie Danzer im Geschäft in der Josefstadt waren. Eines schönen Wintertages nahm Mutter Walter den kleinen Emmi, wie er von allen genannt wurde, in den Wiener Eislauf-Verein mit. Weil der Bub keine eigenen Schlittschuhe hatte, bekam er die weißen Stiefel von Hannerl Walter, aus denen die aufstrebende Kunstläuferin herausgewachsen war. Das Herumtoben auf dem Eis bereitete ihm große Freude, Ambitionen in Richtung Kunstlauf waren vorerst nicht erkennbar. Doch die WEV-Funktionäre wurden bald auf den begabten, kleinen „Randler“ aufmerksam und steckten ihn in den Kinderkurs von Max Walter, bei dem auch schon das Trio Eigel/Walter/Wendl die Basiskenntnisse des Kunstlaufsports erlernt hatte. Drei Jahre später beherrschte Emmi Danzer bereits die Grundfiguren des Pflichtlaufens und gewann im Nachwuchsbereich in seiner Altersklasse alle Wettkämpfe, bei denen er an den Start ging. Die Kunstlauf-Funktionäre, die ständig auf der Suche nach bewegungsbegabten Eisflöhen waren, entdeckten wenige Jahre später noch einen Buben auf dem Eislaufplatz, bei dem neben dem großen

eisläuferischen Talent besonders das enorme Selbstbewusstsein auffiel. Es war Wolfgang Schwarz, der gemeinsam mit dem um knapp vier Jahre älteren Emmerich Danzer in den späten Sechzigerjahren Eiskunstlaufgeschichte schreiben sollte. Als Trainerin der beiden fungierte die Erfolgsgarantin Hertha Wächtler. Vom Beginn an verstanden sich ihre Schützlinge auf dem Eis genau so gut wie abseits davon. Danzer übernahm anfänglich die Rolle eines großen Bruders, später tauschten sie während der Trainingseinheiten gegenseitig die Parkscheine in ihren Autos aus, wie der Sportjournalist Heinz Prüller in seiner Biografie über Emmerich Danzer mit dem Titel „Traumnote 6 für Emmi Danzer“ (1968) zu berichten weiß. Im Gegensatz zu Danzer, der schon bald vom Ehrgeiz gepackt worden war, musste Wolferl Schwarz regelrecht zum Training gezwungen werden. Als im Sommer die Ringer und Tennisspieler den WEV-Platz einnahmen, verbrachten die Eiskunstläufer mehrere Wochen in Cortina d’Ampezzo in den italienischen Dolomiten, wo auf der ganzjährig betriebenen FreiAbb. 5.2: Die ewigen Konkurrenten Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz, 1967.

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luftkunsteisbahn an Sprüngen, Pirouetten und Schritten gefeilt wurde. Viel Zeit wurde auch dem Training der insgesamt 43 Pflichtfiguren gewidmet, die damals noch 60 Prozent der Gesamtwertung ausmachten. Erst in der Saison 1968/69 wurde das Verhältnis von Pflicht und Kür auf 50:50 Prozent festgelegt. Emmerich Danzers Choreografien bestachen durch Eleganz und Harmonie, charakteristisch waren die Tanzschritte, die er zwischen schwierige Elemente einbaute. Wolfgang Schwarz hingegen bevorzugte einen kraftvollen Laufstil und riskierte bei den Sprüngen gerne etwas mehr. Aufgrund der scheinbaren Lockerheit, mit der er die Programme absolvierte, erhielt Wolferl bald den Spitznamen „Kleiner Mozart“. Im Jahr 1963 lief Danzer bei den Europameisterschaften erstmals unter die besten Drei, zwei Jahre später entthronte er im Moskauer Lenin-Zentralstadion (heutiges Olympiastadion Luschniki) den fran-

zösischen Titelverteidiger Alain Calmat und gewann den ersten seiner vier Europameistertitel. Peter ­Jonas wurde zum Ausklang seiner Karriere Dritter, der junge Wolfgang Schwarz Fünfter. Bei den Damen holte Regine Heitzer in der Sowjetmetropole nach sechs zweiten Plätzen bei internationalen Titelkämpfen die längst überfällige Trophäe, wenngleich die Meisterschaften alles andere als verheißungsvoll begonnen hatten: „Heitzer [versäumt] den Autobus ins Lenin-Stadi­ on. Der Taxichauffeur bringt Regine irrtümlich zum Lenin-Denkmal. Danzer hat versehentlich zwei lin­ ke Schlittschuhe eingepackt. Hertha Wächtler fragt sich mit Recht, wie nervös ihre Schützlinge erst sein werden, wenn die Konkurrenz begonnen hat.“ (Erinnerungen von Ernst Prüller, in: Heinz Prüller, Traumnote 6 für Emmi Danzer, Wien 1968)

Die darauffolgenden Europameisterschaften in Bratislava/ČSSR 1966 brachten jenes Ergebnis, das von nun an wie in Stein gemeißelt zu stehen schien: Danzer Erster, Schwarz Zweiter. Zudem erhielt Emmerich Danzer erstmals in seiner Karriere die Höchstnote 6 für seine Kürleistung. Auch bei den nationalen Meisterschaften gelang es Schwarz nicht, seinen Trainingspartner zu schlagen. Die Enttäuschung darüber manifestierte sich in öffentlicher Kritik an österreichischen Preisrichtern und Preisrichterinnen, von denen sich Schwarz unterbewertet fühlte. Das Verhältnis der beiden Läufer vom Heumarkt wurde immer angespannter, und Trainerin Wächtler fühlte sich an die verbissenen Duelle ihrer ehemaligen Schützlinge Ingrid Wendl und Hanna Eigel erinnert. Als bei den Weltmeisterschaften in Davos im selben Jahr die Höhenluft in den Schweizerischen Alpen allen Sportlern und Sportlerinnen zu schaffen machte, feierten Danzer und Schwarz mit einem Doppelsieg den größten österreichischen Kunstlauf-Triumph seit dem historischen Dreifacherfolg von Willy Boeckl, Karl Schäfer und Hugo Distler im Jahr 1928. Von da an zierten die beiden Eiskünstler so manche Titelseite und waren endgültig zu gefeierten Sportidolen aufgestiegen.

Abb. 5.3: Emmerich Danzer – der Elegante und Charmante, 1967.

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Ein Weltmeister zum 100. Geburtstag 1967 fand mit den Weltmeisterschaften der Damen, Herren, Paare und Eistänzer in Wien zum letzten Mal eine Großveranstaltung der ISU unter freiem Himmel statt. Bereits im Vorfeld wurde paktiert, die Austragung derart prestigeträchtiger Bewerbe im Sinne der Chancengleichheit endgültig vom Freiplatz in die Halle zu verlegen. Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Wiener Eislauf-Vereins sollte der altehrwürdige Platz ein letztes Mal Schauplatz eines großen Eissportevents werden. Ein Jahr lang waren die Angestellten und Funktionäre des WEV mit den Vorbereitungsarbeiten der Weltmeisterschaft beschäftigt, die von 27. Februar bis 5. März 1967 am Heumarkt (Kürbewerbe) und in der Donauparkhalle im 22. Wiener Gemeindebezirk (Pflichtbewerbe) über die Bühne ging. Bundespräsident Franz Jonas unterbrach sogar seinen Urlaub, um die Eröffnung der Sportveranstaltung im Fest-

saal des Hotel InterContinental, in dem alle ausländischen Gäste untergebracht waren, vorzunehmen. Die Vorfreude auf die Jubiläumsveranstaltung war groß, doch das Wetter machte dem Veranstalter, den Sportlern und dem Publikum einen dicken Strich durch die Rechnung. Sturmböen, Starkregen und Kälte ließen die Bewerbe im Freien zu einer Wetterlotterie werden. Von Fairness konnte keine Rede sein, und so erwies sich die Entscheidung der ISU, Europa- und Weltmeisterschaften zukünftig in der Halle auszutragen, im Nachhinein als vollkommen richtig. Die routiniertesten Athleten und Athletinnen präsentierten sich auf der nassen Eisfläche ungewohnt nervös und das Paarlaufen drohte von Winde verweht zu werden.

Abb. 5.4: Wolfgang Schwarz zeigt einen „Butterfly“, 1966.

„An den ersten drei Tagen der Eiskunstlauf-Welt­ meisterschaften gab es nur ein Gesprächsthema: das Wetter und die Wahl der Freiluftbahn als Aus­ tragungsstätte aller Kürläufe dieser Weltmeister­ schaften. Welche Zumutung für die Teilnehmer, bei Sturmwehen bis zu 80 Stundenkilometern und strömendem Regen laufen und dabei Zeugnis über die mühselige Arbeit eines ganzen Jahres ablegen zu müssen! Welche Mißachtung sportlicher Fair­ neß, da man dabei doch ganz offensichtlich Gefahr lief, daß der eine in relativ ruhigen Augenblicken seine Kür darbieten konnte, der andere aber sich Abb. 5.5: Vorwort des Bundespräsidenten im Programmheft der Weltmeisterschaften 1967.

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Abb. 5.6: „Wir liefen nicht auf Eis, sondern in einem See“, berichteten die frischgebackenen Weltmeister Ludmilla Beloussowa und Oleg Protopopow nach ihrem Kür-Auftritt.

wenig vorher oder nachher völlig durchnäßt und vom Sturm mehrfach aus der Bahn geworfen über Zentimetertiefe Wasserlachen bis zum bitteren Ende durchkämpfen mußte. Halb- oder gar dreiviertellee­ re Ränge, unlustig, fröstelnde und tropfnasse, meist abenteuerlich vermummte Zuschauer, die sich selbst bei großen Leistungen an den ersten vom schlechten Wetter besonders heimgesuchten Abenden verständ­ licherweise nur selten zu einer Beifallsäußerung aufraffen konnten, die mehr ausdrückte als nur Mit­ leid mit den armen Teilnehmern in ihren in diesen Stunden völlig unangebrachten und deshalb tatsäch­ lich deplaciert wirkenden luftigen Eislaufkleidchen und Smokinganzügen. Gefährlich anzuschauende, durch den Sturm meterweit hin und her schaukelnde Scheinwerfer über der Eisfläche, aufwirbelnde Pro­ gramme und Zeitungen, das überall offen daliegende Eingeweide der provisorischen Tribünen, das Stahl­ rohrgerüst – es hat rein äußerlich seit vielen Jahren keine Weltmeisterschaft im Eiskunstlauf mit ähnlich trister Kulisse wie hier auf dem zweifellos traditions­ reichsten Eislaufplatz der Welt gegeben.“ (DIE ZEIT, 10. März 1967)

Bei den Damen siegte das US-Aushängeschild P ­ eggy­ Fleming, auf Rang neun platzierte sich bei ihrem Weltmeisterschafts-Debüt als beste Österreicherin die erst 15-jährige Trixi Schuba. Das Paarlaufen war eine klare Angelegenheit für die Olympiasieger Ludmilla Beloussowa/Oleg Protopopow aus der Sowjetunion, das neu formierte WEV-Duo Evelyn Schneider/Willy Bietak erreichte, gleich bei ersten Antreten, mit dem zwölften Platz ihr bestes gemeinsames Weltmeisterschafts-Ergebnis überhaupt. Das Eistanzen dominierten die amtierenden Weltmeister Diane Towler/Bernard Ford aus Großbritannien, das routinierte Wiener Tanzpaar Heidi Mezger/Herbert Rothkappl belegte Rang 15. Schon im Vorfeld der Weltmeisterschaften stili­ sierten die Medien die Herren-Konkurrenz zum Highlight der Veranstaltung. Experten und Fans erwarteten einen harten Zweikampf der beiden überaus beliebten Wiener Läufer Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz. Nach dem Pflichtbewerb lag Titelverteidiger Danzer knapp hinter seinem jüngeren Rivalen zurück, was angesichts Danzers Pflichtstärke

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eine kleine Sensation war. Am Tag des alles entscheidenden Kürlaufens war die Heumarkt-Arena bis auf den letzten Platz ausverkauft, und endlich zeigte sich auch das Wetter von seiner freundlichen Seite. Der Zufall wollte es so, dass die beiden Gold-Aspiranten unmittelbar hintereinander ihr Programm zu absolvieren hatten, und zwar Schwarz vor Danzer. Schwarz präsentierte eine fehlerlose Kür und wurde unter frenetischem Applaus der 4000 Zuschauer und Zuschauerinnen von der Eisfläche begleitet. Kurz darauf zeigte Danzer eine nahezu perfekte Kür, das Publikum jubelte und klatschte noch lauter. Im Anschluss durchlebten die beiden Kunstläufer und ihre Trainerin bange Minuten, denn die Entscheidung der Preisrichter fiel denkbar knapp aus und musste über die B-Note, die den künstlerischen Eindruck der Ausführungen misst, errechnet werden. Und da fiel sie, die „Traumnote“ – Emmerich Danzer hatte vom österreichischen Preisrichter die Bestnote 6 erhalten. Nachdem alle Noten und Platzziffern der

Abb. 5.7: Ein Doppelsieg als Abschiedsgeschenk für den altehrwürdigen Platz. V. l. n. r.: Wolfgang Schwarz, Emmerich Danzer und Gary Visconti (USA), 1967.

Abb. 5.8: Die Post bringt allen was: Jubiläums-Briefmarke der Österreichischen Post, 1967.

Jury vorlagen, stand fest, dass sich der Routinier abermals gegen seinen Sportfreund durchgesetzt hatte. Noch nie zuvor hatte es bei Weltmeisterschaften einen derart knappen Ausgang gegeben, wie in jenem Jahr des 100. Geburtstags des Wiener Eislauf-Vereins. Was für Schwarz blieb, war die kleine Medaille des Pflicht-Weltmeisters. Der „Bruderkrieg“, wie Heinz Prüller den jahrelangen Konkurrenzkampf der beiden Spitzensportler in seinem Buch nennt, ging bei den Olympischen Spielen 1968 in Grenoble in die sechste Runde. Fünfmal zuvor musste sich Schwarz seinem älteren Trainingskollegen bei Großereignissen geschlagen geben, und auch dieses Mal ging er als Außenseiter in die Olympia-Konkurrenz. Günter Anderl, Trixi Schuba, Liesl Mikula, Liesl Nestler und das Duo Evelyn Schneider/Willy Bietak komplettierten Österreichs Eiskunstlauf-Delegation für die Spiele in den französischen Alpen, die ausschließlich aus Vertretern der Wiener Eissport-Vereinigung bestand. Grenoble sollte sich für Emmerich Danzer einmal mehr als Schicksalsort erweisen. Dort, wo er vier Jahre zuvor bei seiner zweiten Europameisterschaftsteilnahme knapp aus den Medaillenrängen gefallen war, sollte sein Traum von Olympiagold bereits nach dem Pflichtbewerb platzen.

Danzer unterliefen im einem von Nervosität geprägten ersten Bewerb einige Fehler, sodass er vor dem alles entscheidenden Kürlaufen nur auf Rang vier lag. Er war entschlossen, alles zu riskieren und die schwierigsten Sprünge zu zeigen. Auch sein Kontrahent Wolfgang Schwarz, der als Führender in den letzten Wettkampftag ging, kündigte ein Feuerwerk an. 12.000 Kunstlauf-Fans sahen das packende Finale im ausverkauften Eisstadion. Danzer lieferte das, was er sich vorgenommen hatte – die wahrscheinlich beste Kür seines Lebens. Nachdem alle Medaillenkandidaten das Kürlaufen absolviert hatten, schlug die Stunde des „ewigen Zweiten“: Wolfgang Schwarz behielt die Nerven und zauberte eine fehlerlose Darbietung auf die Eisfläche. Mit einem hauchdünnen Vorsprung setzte

Abb. 5.9: Bundespräsident Franz Jonas verabschiedet die Olympiamannschaft der Eiskunstläufer. V. l. n. r.: Franz Jonas, Oskar Madl (Präsident des Österreichischen Eislauf-Verbandes), Günter Anderl, Willy Bietak, Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz, 1968.

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Abb. 5.10: Gold für Schwarz, Blech für Danzer hieß es in Grenoble 1968.

sich der 20-Jährige gegen den US-Amerikaner Tim Wood durch und gewann erstmals in seiner Karriere bei einem Großevent Gold. Die Freude der österreichischen Kunstlauf-Funktionäre über die Goldmedaille wurde jedoch getrübt durch die Bewertung von Danzers Kür, der man mit Entrüstung und Unverständnis begegnete. Die internationale Jury benotete den gestürzten Lokalmatador Patrick Péra besser und brachte dadurch den österreichischen Seriensieger schlussendlich sogar um eine Medaille. Der „Fall Danzer“ beschäftige die Sportpresse noch lange Zeit nach den Spielen. Bei den auf die Winterspiele folgenden Weltmeisterschaften in Genf konnte sich Danzer mit dem Gewinn seines dritten Weltmeistertitels rehabilitieren. Nicht mehr dabei war allerdings Wolfgang Schwarz, der einen Tag nach dem Gewinn der Goldenen auf dem Höhepunkt seiner Karriere zurücktrat und einen hochdotierten Profivertrag bei der US-amerikanischen Revue Ice Capades unterzeichnete. Auch Holiday on Ice gehörte zu den Arbeitgebern des Lebemanns, der nach dem Sport auf dem glatten Parkett des Lebens ins Schleudern kam. Aber das ist eine andere Geschichte, die in Gerichtsakten nachzulesen ist.

Große Veränderungen 1968 sollte das Jahr der Rücktritte werden: Nach den Weltmeisterschaften zog sich Emmi Danzer eben-

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falls aus dem Amateursport zurück, um als letzter großer Star für die Wiener Eisrevue zu laufen. Auch Österreichs erfolgreichster Eisschnellläufer Hermann Strutz begab sich in die Sportpension und wurde als Trainer und Leiter der Schnelllaufsektion in der Wiener Eissport-Vereinigung tätig. Der stets strahlende Eislauf-Star Emmerich Danzer, der schon während seiner Sportkarriere von Jung und Alt gleichermaßen geschätzt und bewundert worden war, beeindruckte bei der Wiener Eisrevue und später bei Holiday on Ice mit Entertainerqualitäten, die ihn zu einer der populärsten Persönlichkeiten der Unterhaltungsbranche seiner Zeit machten. Danzer glänzte auch als Sänger – seine beiden Schallplatten „Sag es mir“ und „Mademoiselle, erlauben Sie?“ platzierten sich weit vorne in der österreichischen Hitparade. Ein Live-Auftritt bei einem Muttertagskonzert vor mehreren Tausend Menschen in der Wiener Stadthalle bildete 1968 den Höhepunkt seiner Schlagerkarriere. Nach acht Jahren im Showbusiness ging Emmerich Danzer 1975 in die Vereinigten Staaten, wo er in Boston und Lake Placid als Trainer arbeitete. Zusammen mit Ingrid Wendl, seiner ehemaligen Revue-Partnerin, kommentierte der zweimalige „Sportler des Jahres“ (1966 und 1967) mehr als zwei Jahrzehnte die großen internationalen Eiskunstlaufbewerbe im ORF, die damals gigantische Einschaltquoten erreichten. Wendl behielt diese Zeit in bester Erinnerung: „[A]ls Kommentator war er ein ganz feiner Kollege. Die gemeinsame Vergangenheit als Läufer, in der wir auch Angst, Freude, Triumphe und die Schmach des Versagens erlebt haben, diese Zeit verbindet. Wir wussten so viel vom ‚Millimeter’ dazwischen, von diesen Zehntelsekunden, die ein Resultat beeinflus­ sen. Von den langen Minuten der Angst vorher und den kurzen Sekunden der überschwänglichen Freude nachher. Emmerich, mit seinem Talent zur Schlag­ fertigkeit, zum Schmäh, hat natürlich in unserer Kommentatorenbox keine Traurigkeit aufkommen lassen. Ich habe manchmal gedacht, ich ersticke vor Lachen über seine mimischen Einlagen, gerade dann, wenn ich am Kommentieren war.“ (Ingrid Wendl, Mein großer Bogen, Wien/Köln/Weimar 2002)

Abb. 5.11: Der dreifache Weltmeister Emmerich Danzer feilt mit der Eisschnellläuferin Monika Freunthaler am Eisring-Süd an der Kantentechnik. Freunthaler trägt dabei einen Schnelllaufschuh und einen Kunstlaufschuh, 1986.

Abb. 5.12: Eine Kindergruppe von Eislehrer Karl Lang in der Eishalle in den 1970er-Jahren. Manch einer spürt heute noch die Gegenwart der WEV-Legende, die mehr als ein halbes Jahrhundert lang im Winter täglich auf dem Eislaufplatz stand.

Im Jahr 1989 kehrte Danzer aus den USA nach Wien zurück und wurde bei einer Versicherung im Bereich des Sportsponsorings tätig. Seine Liebe zum Kunstlaufsport ließ niemals nach und so engagierte er sich auch als Funktionär ehrenamtlich für den österreichischen Eissport. Von 1995 bis 1997 war Emmerich Danzer Präsident des Österreichischen Eiskunstlaufverbandes, von 2000 bis 2004 übte der Träger des WEV-Ehrenrings das Amt des Präsidenten seines Stammvereins aus. Der notgedrungene Verkauf der Wiener Eisrevue an die US-amerikanische Konkurrenz Holiday on Ice im Jahr 1970 traf den Wiener Eislauf-Verein hart. Zwar hatte sich das Ende aufgrund der weltweit rückläufigen Zuschauerzahlen bereits angekündigt, der endgültige Schlussstrich kam dennoch überraschend und brachte tiefgreifende Veränderungen im Verein mit sich, auf die man nicht vorbereitet war. 25 Jahre lang hatte der Erfolg des Unterhaltungsunternehmens den Sportbetrieb im WEV finanziert,

wobei in den besten Jahren der Revue das Budget der Wiener Eissport-Vereinigung – inklusive der Einspielergebnisse der alljährlichen Sommerturniere der Freistilringer – etwa 1,5 Millionen Schilling betrug. Nun fiel ein beträchtlicher Teil weg, und der WEV, der sich stets selbst aus den Einnahmen von Veranstaltungen, Eintrittskarten und Mitgliedschaften finanzierte, stand vor neuen, großen Herausforderungen. Eine davon war der unumgängliche Personalabbau im Bereich des Verwaltungswesens. Waren in den Sechzigerjahren noch etwa 70 Personen im WEV beschäftigt, so zählte der Verein zu Beginn der Achtzigerjahre nur noch 38 Festanstellungen. Die Vermietung der freigewordenen Büroräume im ersten Stock des Gebäudes auf der Heumarkt-Seite sollte von nun an als neue Einnahmequelle das Vereinsbudget entlasten. Auch der Engelmann-Verein in Hernals stand in den frühen 1970er-Jahren vor der größten Veränderung seiner Geschichte. Aufgrund der Errichtung

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Abb. 5.13: The Last Generation, v. l. n. r.: Elfriede Rupp, Walter Leschetizky, Trixi Schuba, Josef „Sepp“ Schneider, Evelyn Schneider, Willy Bietak, Liesl Mikula, Günter Anderl und Liesl Nestler, 1969.

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eines Supermarkts auf dem Grundstück der Familie Engelmann mussten die ebenerdige Kunsteisbahn sowie die dazugehörigen Vereinsräume abgerissen werden. Nach zweijähriger Bauzeit, in der kein Eislaufbetrieb möglich war, wurde 1974 eine 2600 Quadratmeter große Eisfläche auf dem Dach des neuen Gebäudes an der Jörgerstraße eröffnet. Bereits in den 1960er-Jahren hatte sich eine strukturelle Krise des österreichischen Eiskunstlaufsports angekündigt, deren Ausmaß nun nach dem Ende der Revue deutlich wurde: Der Öster­ reichische Eislauf-Verband hatte es verabsäumt, ein flächendeckendes, modernes Förderprogramm, wie es beispielsweise in Großbritannien, der Sowjetunion oder in den USA der Fall war, zu etablieren. Die Nachwuchsförderung und Talentesuche erfolgte ausschließlich innerhalb der Vereine. Darüber hinaus war Wien lange Zeit der einzige Ausbildungsort für Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen sowie Eistänzer und Eistänzerinnen. In den Bundes­ländern war der Kunstlaufsport bis dahin praktisch inexistent. Der Erfolgsdruck, dem die Wiener Eisrevue unterlag, führte außerdem dazu, dass die nach­ haltige Nachwuchsarbeit, wie man sie aus den 1920er-­Jahren und der unmittelbaren Nachkriegszeit kannte, einem Schein-Professionalismus gewichen war, dessen Hauptaugenmerk –

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Abb. 5.14: Kunstlaufexpertin Eva Pawlik und ihr Sohn Roman Seeliger blicken besorgt in die Eiskunstlauf-Zukunft, in: Hör Zu, 19. Februar 1971.

aus wirtschaftlichen Gründen – auf der möglichst raschen Heranbildung neuer Revue-Stars lag. Für die Förderung des Breitensports und Maßnahmen, um den trainingsintensiven Kunstlaufsport attraktiver zu machen, standen keine Ressourcen mehr zur Verfügung. Mit der Zeit gestaltete sich die Rekrutierung von Nachwuchsläufern immer schwieriger, da insbesondere im urbanen Raum andere Sport- und Freizeitangebote dem Eislaufen Konkurrenz machten. Eine letzte Generation, die in den 1960er-Jahren noch von der Sportförderung der Revue profitieren konnte, stellte sich nun dem internationalen Vergleich. Gleichzeitig läutete sie das Ende der großen Erfolge des Österreichischen Eiskunstlaufsports ein. Nach den Rücktritten von Regine Heitzer, Wolfgang Schwarz und Emmerich Danzer fürchtete die Sportpresse das Ende der österreichischen Vormachtstellung im Eiskunstlaufsport. Mit Günter

Anderl, der sich später als Trainer im WEV der Nachwuchsförderung verschrieb, und Josef Schneider stellte die Wiener Eissport-Vereinigung die letzten Staatsmeister bei den Herren, bevor in den 1970er-Jahren Läufer aus Innsbruck, Linz und Graz die Wiener leistungsmäßig übertrafen. Selbst unter den Verbands- und Vereinsfunktionären glaubte kaum jemand daran, in absehbarer Zeit große Erfolge auf der internationalen Eiskunstlaufbühne feiern zu können. Ein ehrgeiziges Wiener Mädchen sollte jedoch das Gegenteil beweisen.

Trixi Schubas Kür des Lebens Trixi Schuba wuchs in der Innenstadt Wiens, unweit des Wiener Eislauf-Vereins, auf. Im Alter von vier Jahren bekam sie ihr erstes Paar Schlittschuhe und bereits tags darauf eine Saisonkarte des WEV. Als Kind besuchte sie gerne die Faschingsfeste am Eislaufplatz und die Wiener Eisrevue, die jedes Jahr zur Weihnachtszeit ihr Gastspiel in der Wiener Stadthalle gab. Später sah sie mit ihren Eltern im Sommer auch den einen oder andern Ringkampf am Heumarkt und stellte zu ihrer Verwunderung fest, dass

Abb. 5.15: Trixi Schubas Saisonkarte 1959/60.

Mutter und Vater das Vokabular der Catch-Fans nahezu perfekt beherrschten. Wie Trixi Schuba im Vorwort zu diesem Buch schildert, weckten die Fernsehübertragungen von Eiskunstlaufkonkurrenzen ihre Leidenschaft für den Sport. Der Unterstützung ihrer Eltern konnte sie sich immer sicher sein. In den Anfangsjahren finanzierte Mutter Berta die kostenintensive Eislaufausbildung Abb. 5.16: Liesl Nestler, Trixi Schuba und Liesl Mikula auf dem WEV-Platz (v. l. n. r.), 1967.

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Abb. 5.17: Trixi Schuba beeindruckte ein ums andere Mal die Preisrichter im Pflichtbewerb, hier bei den Österreichischen Meisterschaften 1967.

der Tochter zum Großteil selbst, auch in Zeiten finanzieller Engpässe. Erst später, als Verein und Verband das Talent der jungen Läuferin erkannten, wurden Trainer und Eiszeiten zur Verfügung gestellt. Das Geburtsjahr 1951 schien wieder ein guter Jahrgang für den Wiener Kunstlauf zu sein. Ähnlich wie das „Dreimäderlhaus“ ein Jahrzehnt zuvor bildeten drei Mädchen des gleichen Alters die Basis einer neuen Generation von Hoffnungsträgerinnen. Der „Arbeitstag“ von Trixi Schuba, Elisabeth „Liesl“ Mikula und Elisabeth „Liesl“ Nestler begann um sechs Uhr in der Früh. Im Morgengrauen trainierten die jungen Kunstläuferinnen in der Mitte des Eislaufplatzes, während die Schnellläufer um sie herum ihre Runden zogen. Trixi Schuba war eine zielstrebige Sportlerin, die alles der Leistung unterordnete. Bis zu sechs Stunden täglich übte sie Pflichtelemente, hinzu kamen Kür-Stunden, Ballett-Einheiten und natürlich die Schulausbildung. Hellmut Seibt, Schubas erster Trainer, weckte ihre Liebe zu den Pflichtfiguren, dem Einmaleins des Eiskunstlaufens. Später trainierte sie bei der ehemaligen Engelmann-Läuferin und Olympiateilnehmerin von 1948, Hildegard Appeltauer, im Sommer tankte sie Kondition bei Gunnar Prokop im Leistungszentrum Südstadt. Nur ein einziges Mal in ihrer Karriere leistete sich Trixi Schuba einen „Ausrutscher“: Bei ihrer­Wettkampf-Premiere, den Österreichischen Meister­schaften 1966 in Salzburg, lag sie nach vier Pflichtfiguren sensationell hinter der regierenden Eu-

ropameisterin Regine Heitzer auf dem zweiten Platz, verpatzte jedoch den folgenden „Rückwärts-Schlingenparagraph“ und rutschte im ­Endklassement auf den vierten Rang zurück. Karriereende – so lautete der Entschluss der ehrgeizigen Läuferin, den sie nach dem Bewerb in der Garderobe ihrer Mutter kundtat. Eine Konkurrenz wollte sie noch bestreiten, die stark besetzte Edin­ burgh Trophy in England. Trixi Schuba gewann in überlegener Manier, revidierte ihre Entscheidung, aufzuhören und zog aus, die Eiskunstlaufwelt zu erobern. Zum 100. Geburtstag schenkten die Trainings­kolleginnen Schuba, Mikula und Nestler dem Wiener Eislauf-Verein einen Dreifacherfolg bei den Österreichischen Meisterschaften 1967 am Heumarkt. Für Trixi Schuba sollten es sechs nationale Titel in Folge werden. Bei den Europameisterschaften 1969 in Garmisch-­ Partenkirchen holte Schuba bereits ihre zweite Bronzemedaille bei einem Großereignis; die Plätze fünf und sieben von Liesl Mikula und Liesl Nestler rundeten das mannschaftlich starke Resultat der jungen Damen der Wiener Eissport-Vereinigung ab. Trixi Schubas Silbermedaille bei den darauffolgenden Weltmeisterschaften in Colorado Springs im selben Jahr wog in der öffentlichen Meinung nach den Rücktritten der beiden Wiener Eiskönige Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz mehr als so manches Gold aus vergangenen Tagen. Stets bildete ihre außergewöhnliche Stärke im Pflichtbewerb die Grundlage ihres Erfolgs. Zur da-

Abb. 5.18: Trixi Schuba und Trainer Leopold Linhart beim Training in der WIG-Halle, 1971.

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maligen Zeit setzte sich die Gesamtwertung gleichermaßen aus den Noten für die Pflicht- und Kürdarbietung zusammen, Schwächen in der Kür konnten durch eine gute Pflicht kompensiert werden. Trixi Schuba beherrschte die Pflichtelemente wie keine Zweite, was ihr in der Sportwelt den Namen „Pflichtkönigin“ einbrachte. Mit einer unglaublichen Präzision zeichnete die großgewachsene Läuferin, umringt von neun Preisrichtern und Preisrichterinnen, die „Dreier“, „Gegendreier“, „Doppeldreierparagraphen“, „Achter“ und „Schlingenparagraphen“ in das Eis. Das wohl schwierigste und bei den Konkurrentinnen am meisten gefürchtete Element – der „Rückwärts-Schlingenparagraph“ – wurde nach dem „Patzer“ 1966 zu Schubas Trumpf. Zu den größten Bewunderern ihrer Pflichtkunst zählte einer der berühmtesten seiner Zunft, Karl Schäfer. Mit Trainer Leopold Linhart an ihrer Seite feierte Schuba in den Jahren 1971 und 1972 mit je zwei Europa- und Weltmeistertiteln sowie dem Olympiasieg in Sapporo/ Japan ihre größten Erfolge. Insgesamt holte sie bei Großereignissen zwischen 1967 und 1972 zehnmal Edelmetall. Neben dem harten Training gab es noch einen zweiten Grund für die Überlegenheit Trixi Schubas in der Pflicht: Sie verfügte über Nerven aus Stahl. Ein tschechischer Eislauftheoretiker, der bei den Europameisterschaften in Göteborg 1972 Untersuchungen zu den Sprunghöhen, -weiten, Anlaufgeschwindigkeiten und anderen Parametern des Eiskunstlaufens anstellte, nahm unmittelbar vor dem Pflichtbewerb bei Trixi Schuba eine Pulsmessung vor und stellte fest, dass sie eine Herzfrequenz im Bereich des Ruhepulses hatte. Ein wenig Aberglaube war auch immer mit dabei: Die Pflichtbewerbe bestritt Trixi Schuba stets in einem dunkelblauen Kleid, sie zog den linken vor dem rechten Schuh an und fühlte sich wohler, wenn ihre Mutter nicht in der Halle anwesend war. Bei ihrem Olympia-Debüt in Grenoble 1968 belegte die damals 17-Jährige hinter Legenden wie der US-Amerikanerin Peggy Fleming und Gabriele Seyfert aus der DDR, die als erste Frau einen dreifachen „Rittberger“ stand, nach einer unglücklichen Kür den fünften Rang. Liesl Mikula und Liesl Nestler landeten auf Platz 18 bzw. 23 im überaus großen Starterinnenfeld.

Abb. 5.19: Olympiasiegerinnen unter sich: Trixi Schuba und Herma Szabó, 1972.

Bei der zweiten Teilnahme in der japanischen Millionenstadt Sapporo 1972 setzte sich die „Pflichtkönigin“ die Krone auf. Als regierende Weltmeisterin ging Trixi Schuba mit einem blauen Kleid in den Pflichtbewerb hinein und legte mit einer fehlerfreien Darbietung die Basis zu Gold. Zur Musik des Musicals „Man of La Mancha“ lief sie im ausverkauften Makomanai-Eispalast eine sichere Kür mit zahlreichen schwierigen Elementen und siegte – mit dem Vorsprung aus der Pflicht – deutlich vor der Kanadierin Karen Magnussen und der US-Amerikanerin Janet Lynn. Ein großer Teil des österreichischen Olympia-Teams verfolgte den Wettkampf in der Halle, Eva Pawlik kommentierte für die Zuhausegebliebenen das Geschehen im ORF. Es sollte bis heute das letzte olympische Gold für Österreich im Eiskunstlaufsport bleiben. Der Empfang der einzigen Goldmedaillengewinnerin von Sapporo seitens der heimischen Politik und Medien missglückte redlich, was auch an den Ereignissen um den Skifahrer Karl Schranz lag: Dieser hatte im Vorfeld der Spiele durch das Tragen einer Werbeaufschrift bei einem Hobby-Fußballspiel den damals noch gültigen, inzwischen gefallenen Amateurstatus der Olympischen Spiele verletzt und war deshalb von den Spielen vor Ort disqualifiziert worden. Bei seiner Rückkehr nach Wien wurde er wie ein Held im Bundeskanzleramt empfangen und von Hunderttausend Fans auf dem Ballhausplatz bejubelt. Trixi Schuba, die „Sportlerin des Jahres 1972“, musste nach Oberösterreich ausweichen, wo 20.000 Menschen der „Pflichtkönigin“ in Linz einen würdevollen Empfang bereiteten. Trixi Schubas Enttäu-

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Abb. 5.20: Trixi Schuba bei Holiday on Ice.

Abb. 5.21: Die Ehrung der Olympiasiegerin Trixi Schuba im Wiener Eislauf-Verein, 1972.

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schung über die Wiener „Nachlässigkeit“ ist längst verflogen, die Medaille bleibt für immer. Nach ihrem zweiten Weltmeistertitel, den sie wenige Tage nach dem Olympiasieg am anderen Ende der Welt in Calgary/Kanada fixierte, verkündete die WEV-Läuferin das Ende ihrer Amateurkarriere und unterzeichnete bei der US-Show Ice Follies einen Profivertrag. Zwei Jahr später wechselte sie zum europäischen Ensemble von Holiday on Ice, mit dem sie weitere vier Jahre auf Tournee ging. Von der ersten Gage erfüllte sich Trixi Schuba einen lang ersehnten Wunsch: Sie kaufte einen Mercedes mit Wohnwagen, mit dem sie fortan zu den Auftrittsorten der Revue anreiste. Trixi Schubas langjährige Dominanz im Pflichtlaufen führte schließlich zu Beginn der Saison 1972/73 zu einer Regeländerung, die als „Lex Schuba“ in die Eiskunstlaufgeschichte einging. Die ISU wertete das Kürprogramm auf, indem sie die sechs zu laufenden Pflichtfiguren auf drei reduzierte und ein Kür-Kurzprogramm mit vorgeschriebenen Elementen einführte. Die Gesamtnote setzte sich nun aus den Wertungen für die Pflicht (30 Prozent), das Kür-Kurzprogramm (20 Prozent) und die Kür (50 Prozent) zusammen. Im heutigen Eiskunstlaufen spielt die Pflicht keine Rolle mehr, sie wurde 1991 abgeschafft. Die beste Pflichtläuferin aller Zeiten blieb dem Eiskunstlaufsport als engagierte Funktionärin stets

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verbunden: Ab dem Jahr 2000 bekleidete Trixi Schuba eine Reihe von Funktionen, so war sie im Vorstand des Wiener Eislauf-Vereins, Präsidentin des Österreichischen Eiskunstlaufverbandes, Rechnungsprüferin im Österreichischen Olympischen Comité und Vizepräsidentin des Grazer Eislaufvereins. Gegenwärtig ist sie im Vorstand des Österreichischen Paralympischen Komitees und im Präsidium des ASKÖ. Im Jahr 2015 wirkte sie mit vielen ehemaligen Wegbegleiterinnen, wie etwa der Dritten der Spiele von Sapporo, Janet Lynn, an der neu geschaffenen Pflicht-Weltmeisterschaft in Lake Placid als Wertungsrichterin mit. 2016 wurde sie zur Ehrenpräsidentin des Grazer Eislaufvereins ernannt. Im selben Jahr erschien Trixi Schubas lesenswerte Autobiografie „Die Kür meines Lebens“ (2016), in der sie nicht nur ihre beeindruckende Sportkarriere Revue passieren, sondern auch tief in ihre Gefühlswelt von damals und heute blicken lässt.

Getrennt und doch vereint Während des Kalten Krieges und der Spaltung Europas durch den Eisernen Vorhang stand auch der Sport unter dem bestimmenden Einfluss der poli­ tischen Gegensätze. Vor allem die Sportler und Sportlerinnen aus der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten Osteuropas sollten im Auftrag

ihrer Regierungen durch Spitzenleistungen die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung demonstrieren. In nahezu allen Bereichen des Sportes – das betraf auch den Eissport – dominierten ab den 1960er-Jahren die Athleten und Athletinnen der sogenannten Ostblockstaaten. Sogar in der ur-amerikanischen Sportart Basketball konnte das sowjetische Team bei den Olympischen Sommerspielen in München 1972 die bisher unbesiegten US-Amerikaner bezwingen. Die Basis des Erfolgs bildete ein vonseiten der politischen Machthaber initiiertes, systematisches Sportförderungsprogramm. Dass dabei in vielen Fällen Doping ein bewährtes Mittel der Leistungssteigerung war, ist heute unumstritten. Hinter den Kulissen aber eröffneten die sportlichen Kontakte und persönlichen Begegnungen zwischen Ost und West auch neue Spielräume der Annäherung und Zusammenarbeit, die durch den Wiener Eislauf-Verein gezielt forciert wurden. So pflegte der WEV einen intensiven Austausch mit tschechoslowakischen und ungarischen Vereinen und Sportfunktionären. Im Folgenden sollen einige der engsten Netzwerke vorgestellt werden: Die in Wien geborene Eiskunstläuferin und Mitglied des allerersten Ensembles der Wiener Eisrevue Hilda Múdra (geb. Hildegard Klimpel) übersiedelte im Jahr 1947 aus familiären Gründen nach Bratislava, wo sie wenig später ein Engagement als Trainerin annahm. Mehrere Jahrzehnte lang unterrichtete sie die besten tschechoslowakischen Eiskunstläufer, wie etwa den Olympiasieger von 1972 und mehrfachen Weltmeister Ondrej Nepela. Der Kontakt zu ihrem Wiener Stammverein und das Interesse für den heimischen Eissport rissen dabei nie ab. In Sapporo freute sich Múdra nach dem überragenden Pflichtbewerb von Trixi Schuba so sehr, dass sie den österreichischen Pressevertretern „Gemma feiern!“ zurief. Im Jahr 2016 beging Mudrá, die zu den einflussreichsten Sportpersönlichkeiten der Slowakei des vergangenen Jahrhunderts zählt, ihren 90. Geburtstag. Umgekehrt gehörten in den Fünfziger- und Sechzigerjahren zahlreiche tschechische Eisläufer­ innen der Wiener Eisrevue an. So lief sich etwa Jiřína Nekolová, die als Ersatz für die zur deutschen ­Scala-Eisrevue gewechselte Eva Pawlik als Solistin

engagiert wurde, in kürzester Zeit in die Herzens des Publikums. In den Sechzigerjahren verschlug es auch das Kunstlaufpaar Soňa Balunová und Miroslav Balun von Prag nach Wien. Die Drittplatzierten der Weltmeisterschaften von 1954, die Ende der 1950er-Jahre für mehrere Spielzeiten dem Ensemble der Wiener Eisrevue angehört hatten, übersiedelten 1967 mit ihrer 12-jährigen Tochter Sonja aus beruflichen Gründen nach Österreich. Nach der gewaltsamen Niederschlagung des Prager Frühlings im August 1968 traf die Familie den Entschluss, nicht mehr in die Heimat zurückzukehren. Miroslav Balun arbeitete als Arzt in Linz, die ausgebildete Sportlehrerin Soňa Balunová erhielt einen Trainerposten im Wiener Eislauf-Verein. Drei Jahrzehnte lang unterrichtete die erfahrene Kunstlaufexpertin, die zuvor in Moskau und Prag mit einigen der bekanntesten tschechoslowakischen und sowjetischen Läufer und Läuferinnen zusammengearbeitet hatte, die Wiener Nachwuchshoffnungen. Tochter Sonja Balun, die das Kunstlauf-Gen in sich trug, erhielt bald die österreichische Staatsbürgerschaft und durfte somit an nationalen Wettkämpfen teilnehmen. Abb. 5.22: Familie Balun in den 1950er-Jahren.

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Abb. 5.23: Unzählige Wiener Kinder lernten beim ungarischen Eisschnell­ lauf- und Bahnradmeister Gedeon Ladányi das Eislaufen, 1976.

Abb. 5.24: Sonja Balun im Olympiajahr 1972.

Abb. 5.25: Familie Harand, in: Das Wiener Blatt, 21. Oktober 1987.

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Der Sport vermochte es, Zäune, Grenzen und Mauern zu überwinden: Seit den frühen 1960er-Jahren bestand zwischen den Eisschnelllaufsektionen des Wiener Eislauf-Vereins und des Budapester Eislaufvereins eine Trainingskooperation. Die Wiener verbrachten in wettkampfintensiven Zeiten zwei Tage in der Woche auf der hochmodernen 400-Meter-Rennstrecke in Budapest, da ihnen am Heumarkt seit der Verkleinerung des Eislaufplatzes im Zuge der Errichtung des Hotel InterContinental nur mehr eine 250-Meter-Strecke zur Verfügung stand. Auch auf das Know-how aus dem benachbarten Ausland griff man zurück. In den 1970er-Jahren wurde der langjährige Nationaltrainer der ungarischen Eisschnellläufer, Gedeon Ladányi, vom WEV nach Wien gelotst, wo er viele Jahre als Nachwuchs­ trainer und Eislehrer tätig war. Der Verein hatte gewissermaßen auch bei Emese Hunyadys Umzug von Budapest nach Wien die Finger im Spiel. Die hochtalentierte ungarische Eisschnellläuferin folgte ihrem Trainer Bálint Kutas nach Österreich, als dieser zu Beginn der 1980er-Jahre vom WEV als Schnelllauf-Coach engagiert wurde. Für zahlreiche Mitglieder, Funktionäre und insbesondere für die Sportler und Sportlerinnen, die auf dem Freiplatz und in der Halle am Heumarkt einen Großteil ihrer Zeit verbrachten, war der Wiener Eislauf-Verein ein zweites Zuhause geworden. So auch für die Neo-Österreicherin Sonja Balun, die im Schatten von Trixi Schuba zu einer Meisterläuferin heranreifte. Bei den Olympischen Winterspielen 1972, wo sie sich mit Schuba im Olympischen Dorf

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von Sapporo ein Zimmer teilte, belegte die damals 16-Jährige den 17. Rang. Nach dem Rücktritt der Olympiasiegerin knüpfte Balun auf nationaler Ebene nahtlos an die Erfolge ihrer Vorgängerin an und wurde zwischen 1973 und 1976 vierfache Staatsmeisterin. Bei Welt- und Europameisterschaften schaffte sie es zweimal unter die Top Ten. Sonja Balun trat auch, was den Beruf nach der Sportkarriere betraf, in die Fußstapfen ihrer Mutter. Sie wurde für den WEV sowie für den Österreichischen Eiskunstlaufverband als Trainerin tätig und bildete viele der nachfolgenden Staatsmeister und Staatsmeisterinnen aus. Die WEV-Familie erhielt Zuwachs, als sich Sonja Balun und der WEV-Eishockeyspieler Kurt Harand kennenlernten. Ihre beiden Söhne Christoph und Patrick sind professionelle Eishockeyspieler bei den österreichischen Traditionsclubs VEU Feldkirch bzw. Klagenfurter AC.

Das Talent liegt in der Wiege – Willy Boeckl und seine Großnichten Wilhelm Richard Boeckl, in der Sportwelt kurz Willy Boeckl genannt, ist als sechsfacher Europa- und vierfacher Weltmeister einer der erfolgreichsten Eiskunstläufer aller Zeiten. Der gebürtige Klagenfurter absolvierte seine ersten Konkurrenzen für den Eislaufverein Wörthersee, bevor er des Studiums wegen nach Wien zog und fortan für den Wiener Eislauf-Verein startete. Sein um ein Jahr jüngerer Bruder Herbert Boeckl war ein berühmter Maler, der zu den bedeutendsten Vertretern der österreichischen Moderne zählt. Im Alter von 19 Jahren machte Willy Boeckl bei der Eiskunstlauf-Europameisterschaft 1913 in Oslo auf sich aufmerksam, als er hinter dem schwedischen Großmeister Ulrich Salchow den dritten Platz erreichte. Wenige Tage später gewann der Wahlwiener, der für seine enorme Sprungkraft bekannt war, bei der Weltmeisterschaft in der Engelmann-Arena die Silbermedaille. Als erster Läufer zeigte er in einem Bewerb einen doppelten „Rittberger“; sein Versuch einer Modifizierung des „Axels“, die er „Boeckl“ nannte, setzte sich international jedoch nicht durch. Nachdem der Erste Weltkrieg den sportlichen Aufwärtstrend des eleganten Läufers für mehrere Jahre unterbrochen hatte, feierte er in den 1920er-Jahren seine

Bei seinen beiden Olympiateilnahmen 1924 in Chamonix und 1928 in St. Moritz musste sich Boeckl jeweils

größten Erfolge. Das Sport-Tagblatt berichtete über Willy Boeckls vierten und letzten Triumph bei der Weltmeis-

dem Schweden Gillis Grafström geschlagen geben. Den talentierten, jungen Engelmann-Läufer Karl Schä-

terschaft in Berlin 1928:

fer konnte er stets hinter sich lassen. Schäfer gelang es schließlich einige Jahre später, bei den Winterspielen 1932 in Lake Placid, Boeckls ehemals schärfsten Konkurrenten Grafström nach drei Olympiasiegen zu entthronen. Im Jahr 1924 ernannte der Wiener Eislauf-Verein Willy Boeckl, der sich auch im Bereich des Nachwuchssports im WEV engagierte, zu seinem Ehrenmitglied, 1928 er-

„Böckls Sieg war eigentlich keinen Augenblick zweifelhaft, da er sich schon im Pflichtlaufen einen ansehnlichen Vorsprung erkämpft hatte und heute, Sonntag, die vielleicht beste Kür seines Lebens lief. Sein Programm enthielt alle nur denkbaren Schwierigkeiten, die Sprünge wurden mit unerhörter Sicherheit durch-

geführt, so daß auch der schärfste Kritiker kaum irgendeine Möglichkeit zum Tadeln gehabt hätte.“ (Sport-Tagblatt, 28. Februar 1928)

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Abb. 5.26: Willy Boeckl im Sprung, 1925.

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meister posthum in die World Figure Skating Hall of Fame in Colorado Springs aufgenommen. „Onkel Willy war ein Grandseigneur und eine wichtige Figur für den österreichischen Eissport“, weiß seine Großnichte Agnes Husslein-Arco, ihres Zeichens Österreichische Eistanz-Meisterin des Jahres 1971, zu berichten. Die Geschwister Agnes, Gabriele und Karl-Maria Arco erbten von ihrem Großonkel das Interesse, die Leidenschaft und das Talent für das Kunstlaufen. Darüber hinaus fanden sie in ihrem Vater Carl Heinrich von Arco einen großen Förderer. Die schulische Ausbildung stand zwar im Vordergrund, doch sollten die Kinder auch Sport betreiben, denn der Vater war davon überzeugt, dass Beruf und Sportlichkeit unabhängig machen würden. „Wir hatten zuhause Turnringe, ein Reck und ein Kletterseil mitten in der Küche. Mein Vater hat uns mehr oder weniger domptiert“, erinnert sich Agnes Husslein-Arco Abb. 5.27: Der Berliner Bildhauer Paul Gruson modelliert Weltmeister Willy Boeckl, 1927.

hielt er das „Ehrenzeichen für besondere Verdienste um den Wiener Eislauf-Verein“. Nachdem der gelernte Mathematiker und Schiffbauingenieur seine aktive Sportlaufbahn beendet hatte, übersiedelte er in die Vereinigten Staaten, wo er u. a. in New York und Lake Placid zahlreiche US-amerikanische Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen trainierte und zwei Bücher über den Kunstlaufsport verfasste: „Willy Boeckl on Figure Skating“ (1937) und „How to Judge Figure Skating By Willy Boeckl“ (1940). Als Präsident der Professional Skaters Guild und später der Professional Skaters Association machte sich Willy Boeckl als Funktionär auch um den US-amerikanischen Eiskunstlaufsport höchst verdient. Im Jahr 1977 wurde der Eiskunstlauf-

an ihre früheste Kindheit. In ganz jungen Jahren begannen die Geschwister mit dem Eislaufen und etwas später mit dem Kunstlauftraining bei der berühmten Lehrerin Friederike „Fritzi“ Täuber. Eine Narbe am Kinn erinnert Agnes HussleinArco noch heute an ihre ersten Schritte auf dem Eis. Die Arcos verbrachten aber auch viel Freizeit im Wiener Eislauf-Verein: Am Sonntag gingen sie zum „Randeln“ oder schauten bei Kunstlaufbewerben mit Emmerich Danzer und Wolfgang Schwarz zu, für die Agnes und Gabriele „Edi“ Arco in ihrer Jugend schwärmten. Agnes Arco war beim Laufen sehr ausdrucksstark und beherrschte schon bald schwierige Pirouetten und Tanzschritte. Weil sie aber Angst vor dem Springen hatte, wurde sie Eistänzerin. „Edi war die Geschicktere“, Abb. 5.28: Die Geschwister Arco auf dem WEV-Platz im Jubiläumsjahr 1967.

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Abb. 5.29: Gabriele Arco und Nikolaus Stephan, 1975.

meint Husslein-Arco heute. Sie war viele Jahre Einzelläuferin, bevor sie zum Paarlauf wechselte und mit Nikolaus Stephan 1975 den zweiten Platz bei den Österreichischen Meisterschaften belegte. Gemeinsam traten sie bei den Eiskunstlauf-Europameisterschaften 1975 in Kopenhagen und 1976 in Genf an. Agnes Arco gewann 1971 mit ihrem Partner Adrian Perco den Österreichischen Meistertitel im Eistanzen; das Paar nahm im selben Jahr auch an den Europa­ meisterschaften in Zürich teil. Zum Abschluss ihrer aktiven sportlichen Laufbahn holte sie mit Tanzpartner ­Rudolf Hauptner bei den Profi-Weltmeisterschaften 1976 in Jaca/Spanien die Bronzemedaille. Während ihres Kunstgeschichte-Studiums blieb sie dem Verein als Traine­rin erhalten und unterrichtete u. a. die Eistanzpaare Su­sanne Handschmann/Peter Handschmann, Maria Kniffer/Manfred Hübler und Kathrin Beck/Christoff Beck. Agnes Husslein-Arcos Tochter Katharina nahm später bei Soňa Balunová Kunstlauf-Unterricht, ihr Sohn Heinrich spielte Eishockey. Die jahrelange disziplinierte Ausübung des Leistungssports „war eine große Schule des Lebens“, ist sich die

Abb. 5.30: Agnes Arco und Adrian Perco, 1974.

Abb. 5.31: Agnes Arco und Rudolf Hauptner, 1976.

Kunstmanagerin sicher: „Wenn ich heute vor einer großen Menschenmenge spreche oder eine Ausstellungseröffnung mache, denke ich mir, das ist nichts anderes, als vor einem Publikum zu tanzen.“ (Interview mit Agnes Husslein-Arco, geführt von Agnes Meisinger und Peter Menasse, Wien 2014)

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Abb. 5.32: Erneuerung der Gefrierplatte, 1976.

Abb. 5.33: Eisarbeiter ziehen den Eishobel über die Eisfläche (um 1890), heute erledigen Pferdestärken die Eisaufbereitung.

Modernisierung und Stillstand Die zweite Hälfte der 1970er-Jahre stand nicht nur in ganz Österreich im Zeichen der Modernisierung und des Fortschritts, sondern auch im Wiener Eislauf-Verein. Die Ära unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (1971–1983) – selbst einst Mitglied des WEV – war geprägt durch eine Vielzahl von Reformen, die einen Modernisierungsschub auslösten, der bis in die Gegenwart nachwirkt. Das Fernsehen und die zunehmende Mobilität veränderten den Alltag der Menschen, und „Córdoba“ – der Sieg der österreichischen Nationalmannschaft gegen das deutsche Team in der Vorrunde der Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien – ließ 1978 eine ganze Nation „narrisch“ werden. Nach fünf schwierigen Jahren infolge des Verkaufs der Wiener Eisrevue

ergriff der WEV nun einige Maßnahmen zur Verbesserung der in die Jahre gekommenen Anlage. In den Nebensaisonen zwischen 1976 und 1979 erfolgte schrittweise die Erneuerung der Gefrierplatte. Rund zehn Millionen Schilling wurden dafür in die Hand genommen, ein großer Teil der Kosten konnte mithilfe von Sponsoren aufgebracht werden. Die im Jahr 1980 neu erworbene Eisoberflächenbearbeitungsmaschine „Zamboni“ dreht noch heute ihre Runden. Ab der Saison 1979/80 setzte im Wiener Eislauf-­ Verein eine Phase des ökonomischen Abschwungs

Abb. 5.34: Der Fordson-Eistraktor feiert bald seinen 100. Geburtstag. Seine letzte Ruhestätte hat er im Keller des WEV gefunden.

Abb. 5.35: „Zamboni“-Power, 2017.

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Abb. 5.36: Faschingsfest, 1979.

ein – in etwa zeitgleich mit dem Konjunk­tureinbruch der österreichischen Wirtschaft aufgrund der zweiten Erdölkrise. Die großen Investitionen der späten Siebzigerjahre hatten die Rücklagen des Vereins aufgebraucht. Reparaturen am Vereinsgebäude, dem die Zeichen der Zeit an allen Ecken und Enden anzumerken waren, sowie die Aufrüstung technischer Anlagen und Geräte waren vorerst nicht mehr möglich. Da sich auch der Mitgliederstand nicht erhöhte und die Zahl der Tagesbesucher und Tagesbesucherinnen seit einigen Jahren stagnierte, schnürte der WEV ein Sparpaket, das insbesondere zulasten des gesellschaftlichen Sommer- und Winterprogramms ging. Trotz des eingeschränkten Unterhaltungsbetriebs wurde nicht auf die Durchführung der beliebtesten Veranstaltungen auf dem Eis verzichtet: Das jährliche Faschingsfest oder die Eistanzabende zählten zu den Saisonhöhepunkten. In den Sommermonaten gastierten nach wie vor die Freistilkämpfer am Heumarkt, auch wenn seit den frühen Siebzigerjahren ein starkes Umsatzminus den Veranstaltern Kopfzerbrechen bereitete. Die Wiener Eissport-Vereinigung stand 1980 aus diesem Grund kurz vor der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem Catch-Promoter Otto Wanz. Nach mehreren Verhandlungsrunden und in der Hoffnung auf einen Umschwung im langlebigsten Nebengeschäft des Eislauf-Vereins wurde das Projekt fortgesetzt. Reibungslos hingegen gestaltete sich der Tennis- und Tischtennisbetrieb in der eisfreien Zeit.

Abb. 5.37: Originelles Kostüm: Die Straßenbahnlinie G2 fuhr auf der Lothringerstraße vor dem Wiener Eislauf-Verein und wurde 1980 durch die U-Bahn-Line U2 ersetzt, 1980. Abb. 5.38: Zogen viele Jahre die Fäden im WEV, v. l. n. r.: Präsident Richard Kojetinsky, Robert Mikolasek, Adolf Rosdol, Vizepräsident Martin Felsenreich, Ludwig Gassner, Hans Meixner und Generalsekretär Karl Khely.

Die Anfänger- und Kinderkurse waren gut gebucht und auch kleinere Tennisturniere fanden Anklang unter den zahlreichen Stammgästen. Im November 1980 wurde Generalsekretär Karl Khely nach 35 Dienstjahren im WEV in die Pension verabschiedet. Er hatte im Jahr 1970 Karl Eigels Job übernommen, der nach dem Verkauf der Wiener Eisrevue aus dem Verein ausgeschieden war. Khelys Nachfolger Georg Eisenkolb, ein langjähriges und engagiertes Vereinsmitglied, sollte danach für kurze Zeit den Posten ausüben.

Last Woman Standing Während früher die Eisflöhe in den Kinderkursen einander im Weg standen und harte Konkurrenzkämpfe austrugen, war das einstige Aushänge-

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Abb. 5.39: Ein ganz normaler Sonntagvormittag, 1980.

schild des österreichischen Sports im vergangenen Jahrzehnt zu einer Randsportart mit einem echten Nachwuchsproblem geworden. Von nun an war es nicht mehr selbstverständlich, Eiskunstlaufen oder Eistanzen als Leistungssport zu betreiben. Wollte man in diesen Bereichen reüssieren, war viel Eigen­initiative und auch Eigenkapital gefragt. Mit den Erfolgen von Claudia Kristofics-Binder zu Beginn der 1980er-Jahre sollte die einstige Kunstlauf-Nation, die noch immer in der ewigen Bestenliste hinter Russland/Sowjetunion und den USA an

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dritter Stelle liegt, ein letztes Lebenszeichen von sich geben. Als Fünfjährige hatte Kristofics-Binder gemeinsam mit ihrem um ein Jahr älteren Bruder Helmut im Kinderkurs von Karl Lang das Eislaufen gelernt. Beide zeigten viel Talent und durchliefen schon bald – zuerst als Paar, dann als Einzelläufer – wie unzählige Eissternchen vor ihnen die strenge Schule von „Tante Hertha“ Wächtler. Im Alter von acht bzw. neun Jahren gewannen Claudia und Helmut den WEV-Bewerb für Erststartende und durften

aufgrund ihres Könnens bei einigen Schaulaufveranstaltungen der Erwachsenen mitwirken. Im Jahr 1976 betrat Kristofics-Binder erstmals die große internationale Bühne. Drei Bewerbe galt es für die junge Läuferin zu absolvieren, denn neben Weltund Europameisterschaften standen in diesem Jahr auch die Olympischen Winterspiele auf dem Programm. Im zarten Alter von 14 Jahren und 122 Tagen feierte sie in Innsbruck ihr Olympia-Debüt und wurde Sechzehnte unter 21 Teilnehmerinnen. Die Wienerin ist und bleibt – aufgrund des 1997 einge-

führten Mindestalters für Olympia-Teilnehmer von 16 Jahren – Österreichs jüngste Winter-Olympio­ nikin. Jünger war nur der Salzburger Wasserspringer Nikola Stajković, der bei den Sommerspielen in München 1972 als 13-Jähriger an den Start ging. Eine Olympiamedaille blieb Kristofics-Binder in ihrer Karriere jedoch verwehrt, denn auch die Spiele vier Jahre später in Lake Placid kamen für die damals 18-Jährige, die häufig an Verletzungen und Krankheiten laborierte, nicht zum richtigen Zeitpunkt.

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Abb. 5.40: Früh übt sich, wer ein Meister werden will: Claudia und Helmut Kristofics-Binder, 1968/69.

Abb. 5.41: Claudia Kristofics-Binder zählte zu den elegantesten Läuferinnen ihrer Generation, 1981.

Doch die Rückschläge konnten die zielstrebige Sportlerin nicht von ihrem Weg abbringen. Ein hohes Trainingspensum sollte zum Erfolg führen. In den Sommermonaten trainierte sie in Kalifornien bei Barbara Ann Roles und in Colorado Springs beim italienischen Meistermacher Carlo Fassi. In Wien betreuten sie mit Hellmut Seibt, Soňa Balun­ ová und Evelyn Schneider die Besten ihres Metiers. Im Jahr 1979 gastierten zum siebenten und bislang letzten Mal die Weltstars des Eiskunstlaufsports in Wien. Um ein Haar hätte Österreichs beste Läuferin an den Titelkämpfen in ihrer Heimatstadt nicht teilnehmen können, da sie sich nur wenige Wochen zuvor bei den Europameisterschaften das Schlüsselbein gebrochen hatte. Das Medieninteresse war groß und die Atmosphäre ganz besonders, erinnert sich Claudia Kristofics-Binder. Mit einem Spezialverband bestritt sie die Konkurrenz und wurde – den Umständen entsprechend – gute Siebente. Helmut

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Kristofics-Binder, der einzige österreichische Vertreter im Einzellauf der Herren, belegte den 18. Platz. Mit einem siebenten Rang im Eistanzen überzeugte in der Wiener Stadthalle das Geschwisterpaar Susi und Peter Handschmann. Im Jahr 1981 sprang Claudia Kristofics-Binder erstmals aufs internationale Treppchen, und das nicht nur ein-, sondern gleich zweimal. Sowohl bei den Europameisterschaften in Innsbruck als auch wenige Wochen später bei den Weltmeisterschaften in Hartford/USA gewann die WEV-Läuferin die Bronzemedaille. Bei den Europameisterschaften in Lyon 1982 krönte die „Eislady“, wie sie ob ihres eleganten Laufstils genannt wurde, ihre Karriere. Die Metropole im Südosten Frankreichs schien ein guter Boden für den österreichischen Eiskunstlauf gewesen zu sein, denn elf Jahre zuvor hatte Trixi Schuba in derselben Eishalle ihren ersten Weltmeistertitel gefeiert.

Abb. 5.42: Die Krönung der Karriere: Claudia Kristofics-Binder wird 1982 Europameisterin vor Katarina Witt (l.) und Jelena Wodoresowa.

Kristofics-Binder legte den Grundstein zum Erfolg im Pflichtbewerb, für das Kurzprogramm wählte sie einen Cancan und begeisterte damit das französische Publikum. Vor der Kür lag sie fast uneinholbar an erster Stelle. Eine fehlerlose Darbietung mit zwei dreifachen „Salchows“ und einem dreifachen „Toeloop“ machte sie zur Europameisterin. Sie gewann vor der 16-jährigen Katarina Witt, die als letzte Läuferin in den Kürbewerb gegangen war und sich vom vierten auf den zweiten Platz verbesserte. Dass Kristofics-Binder den Sieg vor allem ihrem persönlichen Einsatz zu verdanken hatte, ließ die TV-Kommentatorin Ingrid Wendl während der Übertragung durchblicken: „Am wenigsten zu diesem EM-Sieg hat wohl der Österreichische Eislauf-Verband mit seinen Funktionären beigetragen.“ Mit Freudentränen in den Augen flüsterte die Siegerin der jungen DDR-Athletin bei der Sieger­ ehrung zu: „Nächstes Jahr bist dann du dran.“ Kristofics-Binders Prophezeiung sollte sich bewahrheiten. Ab 1983 gewann Katarina Witt fast alles, was es im Eiskunstlaufsport zu gewinnen gab. Als Doppel-Olympiasiegerin, vierfache Welt- und sechsfache Europameisterin wurde sie zum Aushängeschild des „sozialistischen Systems“ und zur gefeierten Heldin. Nach ihrer Sportkarriere glänzte Deutschlands berühmteste Eisprinzessin als Revue-Star und Schauspielerin. Nun stand für die frisch gebackene Europameisterin aus Wien der letzte große Wettkampf der Karriere bevor. Die Weltmeisterschaften in Kopenhagen verliefen zwar nicht ganz nach Kristofics-Binders

Wunsch, mit einer Bronzemedaille verabschiedete sich die sechsfache Österreichische Meisterin dennoch zufrieden vom Leistungssport. Ihr Bruder Helmut, der dreimal Staatsmeister wurde, hatte seine Kunstlauf-Karriere ein Jahr zuvor beendet. Als bestes internationales Ergebnis hat er einen zwölften Rang bei den Europameisterschaften 1980 in Göteborg aufzuweisen. Für ihre Leistungen in den Jahren 1981 und 1982 wurde Claudia Kristofics-Binder nach Hanna Eigel, Emmerich Danzer und Trixi Schuba als vierte WEV-Vertreterin zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt. Die Ehrung fand im Vergleich zu den großen Festbanketts, die heute für die besten Athleten und Athletinnen des Landes ausgerichtet und im Fernsehen übertragen werden, eher bescheiden statt, nämlich in der Pause eines Fußball-Länderspiels auf dem Rasen. Noch heute rufen die Erinnerungen

Abb. 5.43: Die sechsfache Österreichische Meisterin wirkte in der 1983er-Produktion von Holiday on Ice mit.

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an die Veranstaltung bei ihr und ihrem damaligen männlichen Pendant, dem Skispringer Armin Kogler, ein Schmunzeln hervor. Mit zwei Medaillen im Gepäck schloss sie mit Ho­ liday on Ice einen Profivertrag für die Dauer eines Jahres ab. Als Gaststar bereiste sie mit der Truppe die großen europäischen Städte, die Auftritte in der Wiener Stadthalle – wo sie bereits als kleines Kind die Wiener Eisrevue bewundert hatte – stellten das Highlight der Tournee dar. Obwohl sie die Zeit als Revue-Läuferin genoss, fehlte ihr die sportliche Herausforderung. Nach dem Jahr im Showbusiness nahm Claudia Kristofics-Binder zweimal an Profi-Weltmeisterschaften teil: 1984 wurde sie Vize-Weltmeisterin und 1987, nach der Geburt ihres ersten Kindes und gerade einmal drei Wochen Training, belegte sie den fünften Rang. Daneben studierte sie Sportwissenschaften und Sportmanagement an der Universität Wien und absolvierte die Ausbildung zur staatlich geprüften Trainerin für Eiskunstlauf. Heute ist sie Inhaberin einer Eventagentur und Lehrbeauftragte an der Päda­ gogischen Hochschule sowie an der Sportuniversität und leitet seit vielen Jahren die Aus- und Fort­ bildungskurse für Lehrende und Studierende auf dem Platz des Wiener Eislauf-Vereins. 2012 wurde die Eissport-Expertin in den Vorstand des WEV gewählt. Claudia Kristofics-Binder hat drei sportliche Kinder. Ihre Tochter Delphine Kristofics-Binder, die von Sonja Harand trainiert wurde, gewann einige internationale Nachwuchsbewerbe.

Leise Töne zum Ausklang des Jahrtausends

Abb. 5.44: Farzam Rossoukhi feiert 2017 sein 20-jähriges Dienstjubiläum als Generalsekretär.

Abb. 5.45: Seit vier Jahrzehnten im WEV: Platzvorarbeiter Günther Hacker war im Sommer Tennislehrer.

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Die vielfältigen Umbrüche und ungelösten Probleme auf betriebswirtschaftlicher und sportlicher Ebene zogen eine Personalrochade in der Führungsetage des WEV nach sich. Im Jahr 1984 schied Vizepräsident Martin Felsenreich aus dem Vorstand aus, um sich als Generalsekretär den bevorstehenden, schwierigen Aufgaben der Konsolidierung des V ­ ereins anzunehmen. Der Österreichische Kunstlauf-Meister von 1953, der auch der Technischen Kommission für Eiskunstlauf in der International Skating Union angehört hatte, schien aufgrund seiner großen Erfahrung dafür die geeignete Person zu sein. Im Zuge der Neuorganisation übernahm der ehemalige Eistanz-Meister Walter Leschetizky das Amt des Vizepräsidenten, als zweiter Vizepräsident fungierte Toni Müller. Mit dem Schauspieler Otto Schenk löste ein prominentes Vereinsmitglied und begeisterter Eisläufer, der seit vielen Jahrzehnten auf das Engste mit dem WEV verbunden war, den ehemaligen Wiener Stadtbauamt-Abteilungsleiter Richard Kojetinsky als Präsident ab. Im Rahmen der Möglichkeiten wurde nun die Anlage punktuell weiter modernisiert. Im Jahr 1983 übernahm der heutige Generalsekretär Farzam Rossoukhi die in die Jahre gekommenen Räumlichkeiten des Schuhverleihs der Familie Kutny neben der Allgemeinen Garderobe und eröffnete mit seiner Ehefrau, der Eiskunstlauftrainerin Evelyn Rossoukhi-Schneider, eine moderne Sportboutique. Im Sommer, als das Vereinsareal zu einem Tennis-Mekka mit bis zu sieben Plätzen umfunktioniert wurde, jobbte er als Tennislehrer. Nach dem Tod von Martin

Abb. 5.46: Die österreichischen Seriensieger der 1980/90er-Jahre: Yvonne Pokorny und Ralph Burg­ hart mit ihrer Trainerin Evelyn Rossoukhi-Schneider, 1991.

Felsenreich im Jahr 1997 trat der Vorstand an den erfahrenen Geschäftsmann und Hobby-Eishockeyspieler heran und bot ihm die Stelle des Generalsekretärs an. Mittlerweile zählt Farzam Rossoukhi mit 20 Dienstjahren zu den am längsten waltenden „Generälen“ in der 150-jährigen Geschichte des Vereins. Während sich der österreichische Eisschnell­ laufsport durch die Erfolge von Michael Hadschieff (Innsbruck) und Emese Hunyady (Eisring-Süd) in den 1980er-Jahren wieder im Aufwind befand, war der Eiskunstlauf nach den Erfolgen von Claudia Kristofics-Binder praktisch von der Bildfläche verschwunden. Einzig das Geschwisterpaar Kathrin und Christoph Beck vom WEV konnte bei internationalen Konkurrenzen im Eistanzen mit den Besten mithalten. Der fünfte Platz bei den Olympischen Winterspielen in Calgary 1988 sorgte für positive Schlagzeilen und weckte Erinnerungen an die glorreichen Zeiten der „Wiener Kunstlaufschule“. Im Eiskunstlaufen bekam die Wiener Eissport-Vereinigung allmählich Konkurrenz aus den Bundesländern: Insbesondere in der Steiermark und Vorarlberg, aber auch im Hernalser Cottage

Abb. 5.47: Florian Tumas Autogrammkarte, 1996.

Engelmann Verein (CEV) forcierte man seit den 1980er-Jahren die Nachwuchsarbeit. 1985 gelang es Sabine Paal vom Grazer Eislaufverein als erster Nicht-Wienerin seit der Einführung der Österreichischen Meisterschaften im Jahr 1913, den be-

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Abb. 5.48: Die Eiskunstlaufstars der Zweiten Republik, v. l. n. r.: Olympiasiegerin Trixi Schuba, Olympiasieger Wolfgang Schwarz, Europameisterin Claudia Kristofics-Binder, Weltmeister Emmerich Danzer und Europameisterin Ingrid Wendl, 1999.

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gehrten Titel zu gewinnen. Die Staatsmeister und Staatmeisterinnen der Eissport-Gemeinschaft der Achtziger- und Neunziger­ jahre – Sonja Stanek, Parthena Sarafidis, Yvonne Pokorny, Andrea Kus sowie Ralph Burghart und Florian Tuma – konnten trotz hohem Trainingsaufwand dem internationalen Vergleich nicht standhalten. Vereinzelt gelangen Top-Ten-Platzierungen, wie etwa Sonja Stanek bei den Europameisterschaften 1983 oder Ralph Burg­ hart 1990. Burghart, der dem Eissport-Klub Engelmann angehörte, war der letzte österreichische Eiskunstläufer, der als Profiläufer (Ice Capades) tätig war, und für lange Zeit der letzte Athlet der WEVg, der die Olympia-Qualifikation schaffte (Albertville 1992). Heute ist der siebenfache Staatsmeister im US-Bundesstaat Alaska als Eiskunstlauftrainer tätig. Mit Florian Tuma, der in den 1990er-Jahren fünfmal den österreichischen Titel gewann, trug sich letztmals ein WEV-Kunstläufer in die Ranglisten bei ­Europa- und Weltmeisterschaften der Herren ein.

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Die Eishockeysektion verstrickte sich derweil immer mehr in einen kostspieligen Semi-Professionalismus, ohne dabei einen Titelgewinn erzielen zu können. Der Tiefpunkt war in der Saison 1983/84 erreicht, als das WEV-Team aus der höchsten Spielklasse absteigen musste und zahlreiche Leistungsträger den Verein verließen. Ein Jahr später wurde der Eishockey-Betrieb aus der Eissport-Vereinigung ausgegliedert und in einem neuen, namensgleichen Verein weitergeführt. Der erhoffte Aufschwung blieb aus, die Schulden stiegen, und so musste im Jahr 1993 der insolvente Eishockey-Club aufgelöst werden. Im Sommer 1997 fand zum letzten Mal ein von Otto Wanz organisiertes Freistilringer-Turnier am Heumarkt statt. Die im Jahr danach begonnene Generalsanierung des benachbarten Wiener Konzerthauses machte den WEV-Platz für zwei Sommersaisonen unbespielbar und brachte weitere finanzielle Einbußen für den Eislauf-Verein mit sich. Eine erfreuliche Nachricht erreichte den WEV zum Ende des Jahrtausends aus den Vereinigten Staaten: 1998 wurde der in Florida lebende Eiskunstlauf-Weltmeister von 1937 und 1938, Felix Kaspar, in die World Figure Skating Hall of Fame in Colorado Springs aufgenommen. Mit Edi Scholdan, Willy Boeckl, Herma Szabó und Willy Bietak befinden sich gegenwärtig fünf ehemalige Athleten des Wiener Eislauf-Vereins in der Ruhmeshalle der bedeutendsten Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen aller Zeiten. Felix Kaspar verstarb 2003 im 89. Lebensjahr an den Folgen seiner Alzheimer-Erkrankung. Die New York Times widmete dem Ausnahmekönner des WEV einen Nachruf und erinnerte daran, dass Kaspar der beste Springer seiner Zeit gewesen war.

Der Heumarkt und die starken Männer „Der wertvollste Brillantring kann nicht so viel Geld einbringen, wie aus diesem quadratischen Ring im Laufe der Jahrzehnte schon in die Kassen des Vereins geflossen ist.“ (Franz Heinlein, 100 Jahre WEV, Wien 1967)

„Catchen am Heumarkt“ ist noch heute, 20 Jahre nachdem die letzte Schlacht geschlagen wurde, für viele Wiener und Wienerinnen ein Begriff, der an eine Zeit des Aufbruchs und ein Gefühl der Freiheit erinnert. Die durch den Wiener Eislauf-Verein mitveranstalteten und längst legendär gewordenen Ringerturniere der starken Männer um Georg „Schurl“ Blemenschütz, Otto Wanz oder Franz Schumann bildeten ein halbes Jahrhundert lang einen Fixpunkt in Wiens Sport- und Unterhaltungsprogramm und sind zu einem Stück Wiener Kulturgeschichte geworden. Nicht jedem im Publikum war bewusst, dass die Kämpfe einer vorgegebenen Dramaturgie folgten. Die Catcher spielten spezifische Rollen, die durch ihre Charaktereigenschaften, Kampfstile, Namen oder Kleidung aufeinander abgestimmt waren. Die Kämpfe wirkten jedoch so authentisch, dass nicht immer gleich erkennbar war, ob die durch „Schwitzkästen“, „Ohrenreiberln“

Faszination Kampfsport

oder „Nackenschläge“ verursachten Schmerzen echt oder vorgetäuscht waren. In den 1950er- und frühen

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der Boxsport in Österreich seine Blütezeit. Auch im Wiener Eislauf-Verein

1960er-Jahren erlebte das Heumarkt-Catchen seine glorreichste Zeit und leistete durch die Einnahmen einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau des WEV und der Wiederbelebung des österreichischen Eissports nach dem Zweiten Weltkrieg.

wurden mit der Gründung einer eigenen Amateur-Boxsektion im Jahr 1947 sowie der Ausrichtung qualitativ hochwertiger Turniere fördernde Initiativen ergriffen. Unter der Leitung des umtriebigen Sportfunktionärs und WEV-Vizepräsidenten Otto Netreffa brachte die Sektion, der in den 1950er-Jahren phasenweise bis zu 90 Boxer angehörten, zahlreiche Wiener und Österreichische Meister hervor. Mit Leopold Potesil gehörte der Riege

Noch bevor in Wien die Ringer sesshaft wurden, waren bereits die Boxer publikumswirksam aktiv. Obwohl bis zum Ersten Weltkrieg öffentliche Boxkämpfe polizeilich verboten waren, entwickelte sich der aus England importierte Faustkampf in den 1920er-Jahren sehr rasch zu einem beliebten Gesundheits- und Leistungssport mit vielen aktiven und passiven Anhängern. Zahlreiche internationale Meisterschaftskämpfe von Amateur- und Berufsboxern wurden in jener Zeit in den Sportstadien, Klubräumen und Turnsälen der Hauptstadt veranstaltet. Aufgrund der Größe erwiesen sich auch die Engelmann-Arena und der Heumarkt als geeignete Orte, um Boxsportmeetings abzuhalten, und so war der WEV zwischen 1938 und 1940 Gastgeber mehrerer internationaler Titelkämpfe des besten österreichischen Profiboxers, Heinz Lazek.

aufbruch in eine neue ära

Abb. 5.49: Das Kampfspektakel am Heumarkt um 1960.

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Abb. 5.50: Der Wiener Schwergewichtsboxer Heinz Lazek kämpft am Heumarkt gegen den Mannheimer Hermann Kreimes, 1940.

ein zweifacher Olympiateilnehmer (1952 und 1956) an, der mit dem Vize-Europameistertitel 1957 seinen größAbb. 5.51: Die besten Boxer des Wiener Eislauf-Vereins um 1955.

ten Erfolg bei den Amateuren feierte. Wie auch Potesil wechselten die besten Boxer nach der Amateurzeit in das Profilager, wo sie, in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit in Österreich, mit dem Sport Geld verdienen konnten. Für den Wiener Eislauf-Verein erwies sich die Organisation von Boxkämpfen in den Sommermonaten bald als gewinnbringendes Geschäftsmodell. Im Jahr 1950 investierte der WEV eine größere Summe in die Ausrichtung des Europameisterschaftskampfes in der Schwergewichtsklasse zwischen dem Ottakringer Berufsboxer Josef „Joschi“ Weidinger und dem französisch-polnischen Athleten Stephane Olek im Wiener Praterstadion. Die Trainingseinheiten der beiden Boxer im Vorfeld des Kampfes fanden unter Beobachtung Hunderter Fans am Heumarkt statt. 35.000 Zuseher und Zuseherinnen verfolgten schließlich im Juni 1950 den Titelkampf im Praterstadion, den der Wiener nach Punkten für sich entschied. Die Veranstaltung bescherte Weidinger den Europameistertitel und dem WEV einen satten Reingewinn. Nach seiner aktiven Karriere wurde Weidinger übrigens zum Vizepräsidenten des renommierten World Boxing Council (WBC) gewählt – einem Verband, der Weltmeister in allen Gewichtsklassen ermittelt. Boxlegenden wie

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1967–2000

Abb. 5.52: Joschi Weidinger gegen Stephane Olek im Praterstadion, 1950.

Muhammad Ali, Mike Tyson, Evander Holyfield, Lennox Lewis oder Vitali Klitschko trugen den Weltmeistergürtel der in Mexiko ansässigen Organisation. Im Jahr 2009 wurde die Weidingergasse in Wien-Donaustadt nach der Ottakringer Boxlegende benannt. Mit dem Umbau des Grundstücks am Heumarkt im Zuge der Errichtung des Hotel InterContinental zu Beginn der Sechzigerjahre verschwand das Boxen vom Heumarkt. Durch den Abriss des Hauptgebäudes in der Johannesgasse verloren die Boxer des Wiener Eislauf-Vereins die im ersten Stock gelegene Turnhalle. Die meisten von ihnen schlossen sich deshalb der Polizeisportvereinigung oder anderen Amateurboxclubs Wiens an. Letztlich führte der Exodus der Kampfsportler zur Auflösung der Boxsektion im Jahr 1963.

der Berufsringer statt; die Begeisterung für die unorthodoxen Darbietungen hielt sich allerdings hierzulande noch in Grenzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte dem Unter­ haltungssport der Durchbruch in Wien gelingen.

Abb. 5.53: Boxtraining in der Turnhalle um 1955.

Abb. 5.54: Adi Berber (hier um 1950) wurde 1937 in Deutschland Weltmeister der Berufsringer und kämpfte nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1951 am Heumarkt.

Von Schurl bis Big Otto – Ein halbes Jahrhun­ dert Catchen am Heumarkt Das Catchen, wie das Freistilringen auch genannt wird, kam im 19.  Jahrhundert aus den Vereinigten Staaten nach Europa, wo es vor allem in Frankreich und England auf Jahrmärkten dargeboten wurde. Die Kämpfe hatten in einer Mischung aus Show und Sport, Akrobatik und Elementen der Komik vor allem das Ziel, die Zuschauer und Zuschauerinnen zu belustigen. Auch im Wien der Zwischenkriegszeit wurde gerungen. Im Vergnügungsetablissement Zirkus Renz im 2. Bezirk fanden in den Zwanzigerjahren einige Kampfabende

Abb. 5.55 (Folgeseite): Die Kampfarena am Heumarkt um 1960.

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1945–1967

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hen Jahren Ringer wie Adi Berber alias das „Walroß“, der später in zahlreichen weltbekannten Kriminalfilmen von Edgar Wallace die Schurken-Rolle spielte, oder der Tscheche Franz Orlik, der Erfinder des „Ohrenreiberls“, einer Kampftechnik, bei der er unsanft die Ohren des Gegners „massierte“.

„Schurli, geh’ Schurli, reiß’ eam aus des Uhrli!“

Abb. 5.56: „Gewalt“.

In den Sommermonaten 1946 und 1947 veranstaltete das „Bouquet“, das für den Sommerbetrieb im Wiener Eislauf-Verein zuständig war, einige Ringkampfabende, die auf ein reges Publikumsinteresse stießen. Um das Event zu professionalisieren, engagierte der WEV 1948 den deutschen Ringer-Experten Gustav „Gustl“ Kaiser, der in Städten wie Bremen, Hannover oder Hamburg das Berufsringen in der Nachkriegszeit salonfähig machte, als Promoter. Fortan richtete die Wiener Eissport-Gemeinschaft (WEG) mit Kaisers Unterstützung mehrwöchige Ringerturniere in der Freiluftarena am Heumarkt aus. Das erste Turnier um den sogenannten „Großen Preis von Österreich“, an dem Kämpfer aus Österreich und Deutschland teilnahmen, ging im Sommer 1948 über die Bühne. Das Geschäft mit den inszenierten Männerkörpern stellte ein völlig neues Unterhaltungsformat dar und wurde – als Alternative zu den klassischen Angeboten wie Theater und Kino – schon bald zu einer Attraktion in Wien, die die Massen begeisterte. Neun Jahre lang hatte Kaiser, der prozentuell am

Wenn von Juni bis August die internationale Catch-Elite in Wien zu Gast war, herrschte Volksfeststimmung am Heumarkt. Je nach Witterung wurden 40 bis 60 Kampf­ abende veranstaltet. Täglich strömten bis zu 15.000 Menschen auf den Platz und kommentierten lautstark die einstudierte Brutalität der Ringer. Ein Allzeithoch brachte der Sommer 1964, als mehr als 350.000 Menschen das wilde Kampfspektakel im 3. Bezirk besuchten. Auf den Tribünen tummelten sich Arbeiter und Arbeiterinnen ebenso wie bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Wirtschaft. Die Herren der „Oberschicht“ kamen in Anzug und Krawatte, die Damen trugen Abendkleider und Hochsteckfrisuren. Da die Veranstaltungen allerdings wenig familientauglich waren, blieb der Eintritt lange Zeit für Jugendliche unter 18 Jahren verboten. Schurl Blemenschütz gelang es, mit der Verpflichtung von Kämpfern aus den USA, Kanada, Kolumbien, Peru, Japan oder Korea dem Heumarkt-Turnier ein internationales Flair zu verleihen. Zwischen 600 und 1200 Schilling pro Kampfabend konnten die Ringer, die mit ihren Familien für die Dauer des Sommerturniers in Wohnwägen auf dem Campingplatz in Laxenburg residierten, verdienen. Für einige Darsteller aus dem Ausland wurde Wien zum Lebensmittelpunkt, wie etwa für den 137-Kilo-Kollos Mamdouh Farag aus Ägypten, der sich in der Stadt nieder-

Gewinn der Veranstaltungen auf dem WEV-Platz beteiligt war, die Turnierleitung inne, bis er im Jahr 1957 vom Berufsringer Schurl Blemenschütz abgelöst wurde. Der Wiener baute die „Knochenmühle“, wie die Heumarkt-Arena von eingefleischten Fans genannt wurde, in den Sechzigerjahren zum Mekka des europäischen Catchens auf. Der 1914 geborene Publikumsliebling stieg selbst bis ins Alter von 70 Jahren in den Ring, was ihm den Kampfnamen „Die Mumie vom Heumarkt“ einbrachte. Neben Blemenschütz begeisterten in den frü-

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1967–2000

Abb. 5.57: Preistafel.

ten Beitrag zu den Olympia- und Weltmeisterschaftsme-

ließ und zwei Kaffeehäuser und ein Fitnesscenter betrieb. Ab Juni wurde täglich, außer montags, ab 19.30 Uhr gecatcht. Am Dienstag war „Damentag“, weibliche Ringsportfreunde genossen freien Eintritt. Den legendären Auftakt jeder Veranstaltung stellte der Einzug der Kämpfer in die Arena dar. Zu den Klängen des Gladiatorenmarsches des tschechischen Komponisten Julius Fučík marschierten die Bösewichte und Guten, die Hässlichen und Schönen, die Kraftpakete und Geschmeidigen

daillen der Eiskunstläufer und Eiskunstläuferinnen der Sechziger- und Siebzigerjahre. Der Ablauf der Kämpfe sowie die Auswahl der Ringer war von Blemenschütz wohl überlegt und auf eine starke Emotionalisierung der Zuschauer ausgerichtet: Einerseits wurde durch die fiktive Gewalt am menschlichen Körper das Publikum unmittelbar in die Vorgänge hineingezogen und zugleich gezwungen, Stellung zu beziehen. Zum anderen spielte die oft übersteigerte Repräsentation der Herkunft der Kämpfer und die damit verbundenen Stereotype eine gewichtige Rolle. Catcher, die vermeintlich dieselben sozialen, kulturellen und moralischen Werte wie die Zuschauer und Zuschauerin-

Abb. 5.58: Vorstellung der Gladiatoren. Abb. 5.59: Im Brotberuf Dachdecker, im Ring der „Der Würger von Wien“ – Franz Krivinka, 1949.

Abb. 5.60: Die französische Berufsringerin Nady Jackie um 1950.

in Fantasiekostümen oder halbnackt unter frenetischem Jubel des Publikums in die Kampfarena ein. Blemenschütz’ Ehefrau Mizzi leitete an den Kampfabenden die Kassa. Mehrere Hunderttausend Schilling pro Catch-Turnier flossen an die Wiener Eissport-Gemeinschaft im Wiener Eislauf-Verein. Ein Gutteil des Reingewinns kam in der Nachkriegszeit dem Wiederaufbau des Areals und der Kunsteisbahn zugute; später wurde in die Sportsektionen, insbesondere in die Sparte Eiskunstlauf, investiert. Die Einnahmen leisteten damit einen indirek-

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gier Ivan Strogoff, der viele Jahre lang den bösen Gegenspieler von Blemenschütz mimte, zählte ebenso zu den schillernden Figuren des Heumarkts wie der „Italiener“ Salvatore Martino (später Salvatore Bellomo). Gelegentlich kämpften auch Frauen im Vorprogramm gegeneinander. Sie waren – ebenso wie ihre männlichen Kollegen – professionelle Ringerinnen, die in Deutschland, England oder Frankreich gegen Gage bei Catch-Turnieren auftraten.

Generationenwechsel In der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre waren Blemenschütz und die WEG als Mitveranstalterin mit rückläufigen Besucherzahlen konfrontiert. Nach zwei Jahrzehnten war augenscheinlich geworden, dass nur eine Modernisierung des Wiener Turniers den Zuschauer-

Abb. 5.61: Veranstaltungsplakat der „Weltmeisterschaft“ 1965.

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nen verkörperten, wurden zu Volkshelden stilisiert und bejubelt. Im Gegenzug reagierte man auf Catcher und

rückgang stoppen könne. In der Folge vollzog sich allmählich ein Generationenwechsel am Heumarkt. Die alte Stammgarde um den „Bären“ Peter Oprawill oder den „Österreichischen Rasputin“ Helmut Tichy machte frischen Kräften Platz. Publikumsliebling Blemenschütz kämpfte freilich weiter. Im Jahr 1969 engagierte er erstmals den jungen steirischen Automechaniker Otto Wanz, der in seinem feuerroten Ringertrikot zum gefeierten Lokalmatador der Achtzigerjahre werden sollte. Auch eine Aufwertung des Turnierpreises sollte die Veranstaltung wieder attraktiver machen. So wurde nicht mehr um den „Großen Preis von Österreich“ gekämpft, sondern, je nach regionaler Herkunft der Teilnehmer, um einen Europa- oder Weltmeisterschaftstitel. Zur Freude des Publikums krönte sich Schurl Blemenschütz selbst zum ersten „Weltmeister vom Heumarkt“. Trotz dieser Neuerungen konnte der Umsatz nicht gesteigert werden. Erschwerend kam hinzu, dass durch das Aufkommen des US-amerikanischen Wrestlings in den

Ringrichter aus anderen Ländern mit lautstarken, oft rassistischen Beschimpfungen. Wenige Jahre nach Ende

frühen 1980er-Jahren, das auch in Österreich über Kabelfernsehen empfangen werden konnte, das Zuschauerin-

des Zweiten Weltkriegs und in Fortsetzung seiner Ideologie manifestierten sich in der Kampfarena jene Ressentiments gegenüber „Fremden“, die auch die gesamte Nachkriegsgesellschaft prägten. Für besondere Aufmerksamkeit auch abseits des Ringes und Schlagzeilen in der Boulevardpresse sorgten in den 1970er-Jahren die „Wilden Zwillinge“ Afa und Sika Anoa‘i von der Pazifikinsel Samoa. Der glatzköpfige Bel-

teresse am traditionellen Freistilringen immer mehr verloren ging. Bereits 1980 beriet der WEV-Vorstand über das Ende des Projekts.

1967–2000

Angezählt, ausgezählt Nachdem Schurl Blemenschütz als vierfacher Welt- und sechsfacher Europameister sowie als Veranstalter 1981 in

Abb. 5.63: Kein Telefonbuch ist vor ihm sicher: Otto Wanz, 1988.

Abb. 5.62: Publikumsliebling Schurl Blemenschütz im Bademantel auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz, 1978.

den wohlverdienten Ruhestand ging, übernahmen Otto Wanz und sein deutscher Kollege Peter William – beide hatten in der Zwischenzeit mit der Catch Wrestling Association (CWA) ein eigenes Promotionsunternehmen aufgebaut – 1985 die Organisation der Heumarkt-Turniere. Weltweite Bekanntheit in der Wrestling-Szene erlangte „Big Otto“ Wanz im Sommer 1982, als er den US-amerikanischen Profi-Wrestler und Schwergewichtsweltmeister der American Wrestling Association (AWA) Nick Bockwinkel in St. Paul/Minneapolis vor 22.000 Zuschauern besiegte und sich als erster Europäer den

und wieder bis zu 6000 Zuschauer pro Kampfabend in die Arena kamen. Die CWA wuchs in kürzester Zeit zur größten Wrestling-Promotion Europas und veranstaltete auch die alljährlich stattfindenden Turniere in den Catch-Hochburgen Graz, Linz, Bremen, Dortmund und Hannover, zu denen Wanz und seine Kampfgruppe nach dem Turnier in Wien weiterzogen. Die Helden der 1980er- und 1990er-Jahre hießen „The Big German“ (Eddy Steinblock), „Dr. Biko“ (Biko Botowamungu) oder „Rambo“ (Luc Poirier). Ein besonderer Hype brach um den muskelbepackten Linzer Franzl Schu-

AWA-Weltmeistergürtel umschnallte. Später tingelte der 175-Kilo-Mann als Weltrekordler im Telefonbuchzer-

mann aus. „The Hitman“ wurde mehrfacher CWA-Weltmeister und erhielt auch Engagements in Japan und den

reißen durch die TV-Shows und Bierzelte Europas. Sogar eine Hotelshow in Las Vegas verpflichtete den Papiervernichter für einige Vorstellungen. Wanz und William holten zahlreiche namhafte Wrestling-Stars, die aus Funk und Fernsehen besonders dem jüngeren Publikum bekannt waren, nach Wien und sorgten dafür, dass nach einigen schwierigen Jahren das Heumarkt-Turnier einen zweiten Frühling erlebte

USA. Besonders unbeliebt beim Wiener Publikum waren der US-amerikanische Berufsringer „Bull Power“ (Leon White), der bei seinen Auftritten stets eine schwarze Ledermaske trug, und der „Staatenlose“ (Klaus Kauroff). Auch der ehemalige Salzburger Judoka und Olympia-Siebente von Montreal 1976, Klaus Wallas, galt aufgrund seiner langen Haarpracht und der gespielten Arroganz als

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Abb. 5.64: Viele Jahre kämpfte der deutsche Ringer Klaus Kauroff auch gegen das ihm feindlich gesinnte Publikum, 1978.

Abb. 5.65: Vom Judoka- zum Wrestling-Star: „Susi“ Wallas, 1982.

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1967–2000

Abb. 5.64: Der Harte und die Zarte: Otto Wanz und Claudia Kristofics-Binder prägten die Siebzigerund Achtzigerjahre am Heumarkt, 2008.

Hassobjekt männlicher Zuschauer. „Susi“, wie ihn die schreibende Presse liebevoll nannte, gewann mehrmals das Heumarkt-Turnier. Das sich anbahnende Ende der Catch-Turniere konnten aber auch Wanz und William nicht verhindern. In den frühen Neunzigerjahren stieg die Wiener Eissport-Vereinigung schließlich aufgrund der schlechten Einnahmesituation als Mitveranstalterin aus und blieb als Platzvermieterin nur mehr im Hintergrund tätig. Otto Wanz, der 1990 mit dem aktiven Kampfsport aufgehört hatte, richtete 1997 das letzte Turnier der Berufsringer auf dem WEV-Areal aus. Danach verschwand das langlebige Unterhaltungsphänomen, bei dem zwischen 1948 und 1997

das Publikum in Ekstase versetzt hatten, in Wien von der Bildfläche. 1999 fiel auch die letzte Catch-Bastion in Bremen. Schurl Blemenschütz, der im Privatleben ein leidenschaftlicher Sammler von Biedermeier-Bildern gewesen war, erlebte den endgültigen Niedergang des Heumarkt-Catchens nicht mehr. „Die Mumie vom Heumarkt“ verstarb 1990 an einer Gehirnblutung. Die Stadt Wien stiftete ihm ein Ehrengrab auf dem Friedhof Simmering.

mehr als eintausend Ringer und auch einige Ringerinnen

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2000–2017 Der Wiener Eislauf-Verein in Gegenwart und Zukunft

„Gehe nicht dahin, wo der Puck ist. Gehe dahin, wo der Puck sein wird.“ (Wayne Gretzky, kanadische Eishockey-Legende)

D

er Wiener Eislauf-Verein zählt heute durchschnittlich rund 250.000 Besucher und Besucherinnen pro Saison, die sich auf der 6000 Quadratmeter großen Freiluftkunsteisbahn der jahrhundertealten Wintersportart hingeben. Sie flitzen, springen, tanzen, alleine, zu zweit oder in großen Gruppen zu Popsongs, Schlagern oder klassischen Klängen bei Sonnenschein und Schneefall, ganz früh morgens und bis spät abends. Eine Reihe von Veranstaltungen macht den WEV zwischen Oktober und März zu einem Hotspot für Sport und Kultur in der Bundeshauptstadt. Darüber hinaus ist er Sportstätte für Schulkinder und Ausbildungsort für Turnlehrer, Freizeitpädagogen und Studierende. Traditionell werden Anfang Oktober die Eismaschinen angeworfen und die Eröffnung des Eislauf­ platzes zur Mitte des Monats mit einigen Gratis-Eistagen begangen. Zu den Saisonhöhepunkten zählen die Live-Übertragung des Neujahrskonzerts aus dem benachbarten Wiener Konzerthaus und das alljährliche Faschingsfest. Darüber hinaus bietet der

der wiener eislauf-verein in gegenwart und zukunft

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Abb. 6.1: Seit mehr als 100 Jahren besucht der Nikolaus die Kinder im Wiener Eislauf-Verein. Abb. 6.2: Die größte Sandkiste Wiens.

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WEV den ganzen Winter hindurch ein abwechslungsreiches Programm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, das Eisdiscos, Tanzabende und Publikumsspiele wie Penalty- oder Eisstockschießen umfasst. Das neue Jahrtausend begann mit der Ernennung Otto Schenks, der 16 Jahre lang an der Spitze des Vereins gestanden war, zum Ehrenpräsidenten und der Wahl eines neuen höchsten Repräsentanten. Niemand Geringerer als Emmerich Danzer übernahm das Amt vom beliebten Schauspieler und Kabarettisten und leitete zwischen 2000 und 2004 gemeinsam mit dem Vorstandsteam die Geschicke des Sportvereins. Für sein großes Engagement um den heimischen Sport erhielt der ehemalige dreifache Kunstlauf-Weltmeister 2005 das „Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien“. Nach sieben Jahrzehnten musste im Jahr 2004 der sommerliche Tennisbetrieb im WEV angesichts der immer schwächer werdenden Auslastung der Plätze eingestellt werden. Nur noch kleine rote Sandhaufen im Keller erinnern an die Zeiten, als die Tennis-Stars der 1980er/90er-Jahre, Thomas Muster und Alexander Antonitsch, in den Sommermonaten mit ihrer österreichweiten Tennisschule für Kinder auf der WEV-Anlage gastierten.

2000–2017

Unverhofft kommt oft, und schon bald kehrte der Sand in den Eislauf-Verein zurück. Seit 2007 wird der Platz in der eisfreien Zeit an den Betreiber des Beachclubs Sand in the City vermietet. Das OpenAir-Event bietet seinen Gästen von April bis September kulinarische Köstlichkeiten aus aller Welt, Sportübertragungen, Live-Musik und Beachvolleyball mitten in der Stadt. Zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz entwickelte sich im Laufe der 2000er-Jahre der 1996 ins Leben gerufene „Wiener Eistraum“, eine mobile Eislauffläche auf dem Rathausplatz, die von Jänner bis März geöffnet hat. Die durch die Stadt Wien und ihr nahestehende Sponsoren finanzierte Winterlandschaft mit Gastronomiebetrieben und Unterhaltungskonzept findet ihr Zielpublikum in den Reihen der Kinder, Jugendlichen, Familien und Touristen und zieht mit rund 650.000 Besuchern und Besucherinnen pro Saison (laut eigenen Angaben) freilich auch potenzielle „Kundschaft“ vom Wiener Eislauf-Verein ab. In Sachen Eisqualität und Service rund um den Eislaufsport kann der „Eistraum“ mit dem WEV allerdings nicht mithalten.

Es gibt SIE doch noch im WEV Viele Jahre befand sich der Wiener Eiskunstlaufsport in einem tiefen Dornröschenschlaf. Mit der Forcierung der Nachwuchsarbeit durch den Österreichischen Eiskunstlaufverband (ÖEKV) zur Mitte der 2000er-Jahre machte sich langsam eine Verbesserung der Situation bemerkbar. Ziel war und ist es, jene rund 4000 Kinder, die jeden Winter durch die Schulturnstunde oder Kinderkurse mit dem Eissport in Kontakt kommen, mit speziellen Aktionen zum Leistungssport zu animieren. Elf Jahre sollten nach Anna Wenzels Meistertitel im Jahr 2001 vergehen, bis sich wieder eine WEV-Sportlerin „beste österreichische Eiskunstläuferin“ nennen durfte. Seit ihrem ersten Staatsmeistertitel 2012 dominiert nun Kerstin Frank, die als Rollkunstläuferin ihre Sportkarriere begonnen hatte, die nationale Eiskunstlaufszene bei den Damen und ist die einzige Österreicherin, die im Konzert der Großen mitzuspielen vermag. Würde die von Sonja Harand trainierte Kunstläuferin ihre Siegesserie bei Österreichischen Meisterschaften prolongieren, könnte sie im Jahr 2019 den seit mehr als einem halben Jahrhundert bestehenden Rekord Regine Heitzers von sieben aufeinanderfolgenden Titeln brechen. Die Fördermaßnahmen des ÖEKV auf der Ebene des Spitzensports führten in der Saison 2012/13 zu den besten Ergebnissen auf internationalem Terrain seit Jahrzehnten: Bei den Europameisterschaften in Zagreb/Kroatien 2013 belegte der Steirer Viktor Pfeifer den achten Rang, Kerstin Frank wurde Zwölfte unter 36 Starterinnen. Mit den guten Platzierungen

sicherten sich Pfeifer und Frank das Ticket für die Olympischen Winterspiele 2014 an der russischen Schwarzmeerküste in Sotschi. 26 Jahre nach Kathrin und Christoff Becks Auftritt in Calgary 1988 stand nun wieder eine WEV-Sportlerin im olympischen Scheinwerferlicht. Zwar reichte es für die Wienerin um wenige Zehntelpunkte nicht für das Finale – sie beendete den Bewerb nach dem Kurzprogramm an 26. Stelle –, einen Lebenstraum konnte sich Frank mit der Olympiateilnahme aber jedenfalls erfüllen. Der Aufwärtstrend sollte bis heute anhalten, obwohl die Trainingssituation für Wiener Eissportler und Eissportlerinnen alles andere als optimal ist. Ein geplantes Eiskunstlauf-Leistungszentrum am Eisring-Süd in Wien-Favoriten konnte aufgrund der ungewissen Zukunft des Areals, die in den Händen der Stadtpolitik liegt, bis dato nicht realisiert werden. Die einst modernste Eishalle Wiens verfällt immer weiter und ist zu Stoßzeiten für die vielen Läufer und Läuferinnen schlichtweg zu klein. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Wiener Stadthalle, wo zwischen den Eissportvereinen erbittert um Eiszeiten gekämpft wird. Die Winterspiele in Pyeongchang/Südkorea 2018 sollen ein weiterer Meilenstein in der langen Karriere von Kerstin Frank werden. Für ihre Zukunft auf dem Eis hat die 29-Jährige bereits vorgebaut, sie absolvierte unlängst die Trainerausbildung.

Abb. 6.4: Kerstin Frank bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014.

Abb. 6.3: Kerstin Frank mit ihrer Trainerin Sonja Harand (r.) und Team-Leaderin Evelyn Rossoukhi-Schneider bei den Europameisterschaften in Budapest 2015.

der wiener eislauf-verein in gegenwart und zukunft

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Otto Schenk und seine ganz, ganz große Verführung Von Elisabeth Rehse-Holzer

Emotionale Verbundenheit „Das Eis fasziniert mich mein ganzes Leben. Da war, wie soll ich sagen, eine ganz, ganz große Verführung von Anfang an. Man musste in meiner Kindheit auf’s Eis gehen. Ich wurde als Baby auf’s Eis gestoßen und hatte das Glück, die ersten Schritte phänomenal zu bewältigen. Ich bin meiner Mutter gleich davongelaufen, wie ein Wunder“, erzählte Ehrenpräsident Otto Schenk in einem Interview am Rande der Festveranstaltung „100 Jahre Kunst­eisbahn im Wiener Eislauf-Verein“ am 25. Oktober 2012. Seinen eigenen Angaben nach war er damals ungefähr drei Jahre alt, seit dieser Zeit ist er Vereinsmitglied und mit ganzem Herzen dem WEV verbunden: „Mein Vater (Anm. Eugen Schenk) war hier schon Präsident. Für ihn war das die erste Menschwerdung nach dem Krieg. Er war bei den Nationalsoz…schweinen als Untermensch eingereiht. Das war wie weggewischt durch den Eislauf-Verein, als er Präsident geworden ist. Dieses Amt hat er geradezu geschätzt, und er war so selig.“ Der Wiener Notar Eugen Schenk, der während des Zweiten Weltkriegs aufgrund seiner jüdischen Wurzeln seinen Beruf nicht ausüben durfte, war von 1948 bis

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Abb. 6.5: Angeregtes Gespräch unter Experten. Otto Schenk und Ingrid Wendl im ORF-„Seniorenclub“, 1998.

Abb. 6.6: Der damalige WEV-Präsident Toni Müller und Ehrenpräsident Otto Schenk schwelgen in Erinnerungen, 2012.

„Man hat mich sozusagen bei meiner verwandtschaftlichen Ehre gepackt. Ich bin also aus einer gewissen Sentimentalität heraus Präsident des Eislauf-Vereins geworden, dem mein Vater – so wie ich – viele schöne Stunden zu verdanken haben.“ Toni Müller, selbst Präsident des Wiener Eislauf-Ver-

1957 Präsident des WEV. „Das war für ihn die zweite Heimat. Auch in der Welt herumzureisen, war damals nicht

eins von 2009 bis 2016, fügte im Interview 2012 hinzu: „Ich bin damals zu seiner Frau gegangen und habe ge-

selbstverständlich. Dass er überall den Eissport repräsentiert hat, das war eine echte Wiedergutmachung“, meinte Otto Schenk im Gespräch mit Ingrid Wendl, der ehemaligen zweifachen Europameisterin im Eiskunstlauf, die ebenfalls im Wiener Eislauf-Verein „aufgewachsen“ ist (Wendl, Mein großer Bogen, 2002). Der große Schauspieler trat nach einigen Jahren schlussendlich auch in die Fußstapfen seines Vaters:

sagt, ich möchte, dass er Präsident wird. Und sie hat gesagt: Unmöglich! Sie ist mit einem Leintuch von Terminen aufgetreten: Da, schau’ns her, so geht das nicht! [Daraufhin Toni Müller:] Er soll bitte an zwei Tagen im Jahr kommen, eislaufen kann er, wann er will. Und bei der Generalversammlung soll er da sein.“ Das Präsidentenamt übte Otto Schenk demzufolge in den Jahren 1984 bis 1999 aus, wobei er sich selbst

2000–2017

Abb. 6.7: Das alljährliche Highlight für Kinder, 1937.

„in erster Linie als ‚Schutzpatron der Randler‘ sah“. Er wollte immer, dass möglichst viele Leute auf’s Eis gehen, erzählte er einmal Roman Seeliger, dem Sohn der großen Eva Pawlik (Seeliger, Die Wiener Eisrevue, 1993). Seit dem Jahr 2000 ist Otto Schenk Ehrenpräsident, und zehn Jahre später erhielt er verdientermaßen den Ehrenring des Wiener Eislauf-Vereins.

aller Festbesucher auslösen.“ Am 1. Februar 1936 fand das alljährliche Kinderkostümfest statt, bei dem sich der junge Otto Schenk als „Herz-König“ mit drei anderen Kindern über einen der zweiten Preise freuen konnte. In der darauffolgenden Saison erhielt er beim Kinderkostümfest am 20. Februar 1937 als „Venezianischer Prinz“ explizit lobende Worte von der Jury.

Frühe Anfänge am Eis

Familiäre Bande am Eis

Die Kostümfeste des WEV sind bis heute legendär und waren als gesellschaftliche Fixpunkte im saisonalen

Kindheit, Freiheit, Jugend, Genuss – diese Begriffe sind für Otto Schenk untrennbar mit dem Wiener Eislauf-Ver-

Veranstaltungskalender nicht wegzudenken, wobei es natürlich nicht nur Feste dieser Art für Kinder, sondern auch für Erwachsene gab. Im Tätigkeitsbericht der Saison 1935/36 ist zu lesen: „Die Kostümfreudigkeit vergangener Jahre – es läßt sich halt die Kostümfrage von der Kostenfrage einmal nicht trennen, – hat zwar sehr nachgelassen, aber es tauchen immer wieder ganz entzückende Ideen auf, die den uneingeschränkten Beifall

ein verbunden. Seine gesamte Kindheit drehte sich um’s Eislaufen, zum Leistungssportler hat es aber nicht gereicht. Im Gegensatz dazu zeigte seine ältere Schwester Bianca bereits früh außergewöhnliche Fähigkeiten beim Eiskunstlaufen. In der Saison 1931/1932 erhielt die 1918 Geborene die beste Bewertung im Damen-Neulingslaufen. Dass darüber hinaus ganz offensichtlich schauspielerische Begabung in den familiären Genen

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Abb. 6.8: Die hochtalentierte große Schwester Bianca. Abb. 6.9: Franz Henhapel, ein Meister seiner Klasse, 1935.

vorhanden zu sein schien, zeigte sich letztlich nicht nur beim berühmten kleinen Bruder, sondern auch bei Bianca. Otto Schenk erinnert sich im Gespräch mit Roman Seeliger besonders gerne an eine ganz bestimmte Darbietung seiner Schwester, den „Holzschuhtanz, in dem sie einen Holländer darstellte. Sie hat damit einen Riesenerfolg gehabt, weil sie dabei ihr großes komödiantisches Talent voll zur Entfaltung bringen konnte. Sie hat auch groteske, absichtlich ungraziöse Elemente in ihre Kür eingebaut, was damals, als man den eleganten, fast sprunglosen Laufstil eines Karl Schäfers oder einer Sonja Henie gewöhnt war, beinahe revolutionär wirkte. Bianca hat ihren Holländer im Trockentraining einstudiert, während ich den ‚Kasperle auf Reisen‘ gelesen habe. Es ist merkwürdig: Wenn ich heute dieses Buch zur Hand nehme, höre ich im Geiste immer noch die Musik, zu der

recht zu erforschen – ein lebenslanges Studium, dem er, wie er in seinen Memoiren schreibt, viel verdanke: „Der jüdische Humor, der große Überlebensversuch der jüdischen Schicksalsgemeinde, wurde mein Kinderspielzeug, das Spielzeug meiner Jugend, und ist bis heute eine Säule und Wurzel all meiner Erfolgsversuche gewesen.“ Die Groteske, die seine Schwester Bianca als Element in ihre Eiskunstlaufprogramme einbaute, war zum damaligen Zeit absolut neu und eine Sensation, sagt Schenk. Durch seine Faszination für das unterhaltende Element an sich, noch dazu in Verbindung mit seinem ausgewiesenen Faible für Humor, verwundert es nicht, dass den jungen Otto Schenk naturgemäß auch die sogenannten Eiskomiker begeisterten. Sein Idol war der einzigartige Franz Henhapel, wie er Roman Seeliger erzählte: „Auf dessen Auftritt [habe ich] immer besonders gewartet.

Bianca damals gelaufen ist.“

Henhapel war ja ursprünglich Eishockeyspieler. Er hatte also das technische Rüstzeug für seine fantastischen

Komik am Eis Otto Schenks Kindheit fiel in die Zeit des Nationalsozialismus. Dank der Mutter, die als Italienerin einen „Ariernachweis“ erbringen konnte, überlebte ein Teil der Verwandtschaft unter drückenden Repressalien, wie Schenk berichtet. Er wurde zwar katholisch erzogen, begann aber später das Jüdische seiner Herkunft regel-

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Nummern. Als Eiskomiker braucht man ja eine ungeheure Körperbeherrschung. Ich kann mich noch gut erinnern, wie wir vor Begeisterung geschrien haben, als der Henhapel in einem Sprung über Faßln hingeflogen ist. In einem unfaßbaren Tempo rannte er über den ganzen Platz. Dann hat es ihn über einen Sessel geschleudert. Seine gespielten Stürze waren einfach phänomenal.“ In späteren Jahren wurden Otto Schenk und der Jazz-

er konnte mich zumindest hochheben.“ Nicht nur sie und das Publikum im Wiener Eislauf-Verein hatten sichtlich Freude an dieser ganz speziellen Darbietung, auch Otto Schenk betonte immer wieder gern, dass ihm diese Ausflüge in die Eiskomik großen Spaß gemacht haben.

Emotionaler Rückblick Otto Schenk, der nach dem Mitbegründer des WEV, Karl Korper, das Präsidentenamt am zweitlängsten in der Vereinshistorie innehatte, ging es nie um das Eislaufen als Leistungssport, wie er im Interview 2012 erzählte: „Es ist nur um diese freiheitliche Erholung gegangen. Dass man plötzlich eine andere Bewegung in sich spürt, dass man eine andere Bewegung meistert, beherrscht und [sich] innerhalb einer Stadt in fünf Minuten verwandeln kann in einen Eisläufer. Das kann man nicht überall. Beim

Abb. 6.10: Der Präsident hat alles fest im Griff.

pianist Uzzi Förster von Adolf Eder, dem damaligen Generalsekretär des Wiener Eislauf-Vereins und Manager der Wiener Eisrevue, gebeten, eine witzige Nummer für die Revue einzustudieren: „Wir sollten als römische Gladiatoren auftreten, die kämpfen wollen, aber nicht eislaufen können. Beim Vortanzen hat sich Uzzi jedoch den Fuß gebrochen. Jetzt war ich ohne Partner. Mein Freund Wolfgang Dauscha, der einspringen sollte, brach sich dann – wieder bei der ersten Probe – die Hand, womit meine Karriere bei der Wiener Eisrevue beendet war. [D]a hab ich mir gedacht, bevor ich der Dritte bin, der

Skilauf muss man dorthin fahren, wo Schnee ist, wo ein Berg ist, wo ein Lift ist. Da ist man mitten in der Stadt, [da] fährt man mit der Stadtbahn hin, steigt aus, zieht seine Schuhe an und fährt dahin. Das ist derartig erholsam. Man wird jeden Schnupfen, jede Krankheit schneller los. Das ist ein staubloser Fleck in einer staubigen Stadt. [Der Platz des Wiener Eislauf-Vereins] ist umgeben von grünen Bäumen, dem Stadtpark, und beschützt von einem schönen Hotel und einem großartigen Konzerthaus.“ Auf die Frage, wann er denn selbst das letzte Mal auf Eislaufschuhen gestanden sei, meinte der damals 81-Jährige: „Das ist noch nicht so lange her. Ich glaube, ich könnte es auch noch jetzt, aber es wäre ein bisschen vermessen. [...] Heute habe ich sehr Lust gehabt, sie wieder anzuziehen. Ich wäre gestanden, aber ich bin nicht so sicher, wie ich war. Wenn man nicht mehr sicher ist, soll man aufhören. Aber man ist sehr lange sicher.“

sich was bricht, hör ich lieber auf!“ (Seeliger, Eisrevue, Wien 1993 bzw. Wendl, Mein großer Bogen, 2002) Seine komische Ader ließ Otto Schenk am Eis dann später aber doch hin und wieder zum Vorschein kommen. So etwa bei einer witzigen Paarlaufnummer mit Olympiasiegerin Trixi Schuba, die der großartigen Sportlerin lebhaft in Erinnerung geblieben ist: „Otti und ich haben Kurven am Eis gezogen und angedeutete Paarlauffiguren gezeigt – mehr ging nicht, denn Otti hatte ja Eishockeyschuhe an. Ich habe den Engel gemacht, und

Abb. 6.11: Otto Schenks Eislaufschuhe haben im Büro des WEV-Betriebsleiters Erwin Möslinger einen Ehrenplatz gefunden.

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Bangen und feiern Mit der im Jahr 2008 durchgeführten Privatisierung des insgesamt 10.000 Quadratmeter großen Grundstücks am Heumarkt zwischen dem Stadtpark und dem Konzerthaus, das sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts im Besitz des Wiener Stadterweiterungsfonds (mit Sitz im Bundesministerium für Inneres) befunden hatte, begann für den Wiener Eislauf-Verein eine turbulente Zeit. Seither überschlagen sich die Ereignisse rund um die geplante Neugestaltung des Areals. Zwar ist im Pachtvertrag des WEV eine rechtlich zugesicherte Mietdauer bis zum Jahr 2058 verankert, dennoch wuchs in den Reihen des Vereinsvorstands und der Mitglieder nach dem Bekanntwerden der Verkaufsabsicht des sich in Auflösung befindlichen Stadterweiterungsfonds und angesichts der Gerüchte um eine Komplettbebauung des Geländes die Verunsicherung. In einer Pressekonferenz im Februar 2008 sprach Ehrenpräsident Otto Schenk von einem „verbrecherischen Gedanken“ mit der Verbauung des größten innerstädtischen Eislaufplatzes der Welt zu liebäugeln, Vizepräsident Toni Müller rief zum Kampf gegen Immobilienspekulanten auf. Zum „Selbstschutz“ suchte der WEV beim Bundesdenkmalamt um eine Prüfung an, ob die historisch gewachsene Struktur des Geländes, u. a. die Bauten der Architekten Carl Appel und Walter

Jaksch aus den 1960er-Jahren den Kriterien der Unterschutzstellung entsprächen, was den Erhalt der Sportstätte – so die damalige Hoffnung – garantiert hätte. Die Hoffnung zerschlug sich aber schon bald, denn der Antrag wurde negativ beschieden. Schließlich brachte sich der WEV, der vonseiten des Innenministeriums über die Ausschreibung nicht informiert worden war und nur durch Zufall kurz vor dem Ende der Einreichfrist davon erfahren hatte, selbst über Dritte mit einem Angebot über zwei Million Euro in das Rennen um die Vergabe des Grundstücks ein. Obwohl das Ministerium dazu bereit war, die Frist für den Eislauf-Verein um einige Tage zu erstrecken, reichte der Aufschub nicht aus, um eine größere Fundraising-Aktion zu ­starten. Letztlich scheiterte der WEV an den höher bietenden Mitbewerbern aus der Immobilienbranche. Für 4,2 Millionen Euro erhielt das Unternehmen Buntes Wohnen Immobilienverwaltungs GmbH den Zuschlag für die Liegenschaft am Heumarkt. Zur Glättung der Wogen verhängte der damalige amtsführende Stadtrat für Stadtentwicklung und Verkehr Rudolf Schicker (SPÖ) ein dreijähriges Bauverbot in diesem Bereich. Im Jahr 2010 ging das Grundstück an die Investorengruppe Lothringerstraße 22 Entwicklungsgesellschaft über, an der sich wenig später der Unternehmer Michael Tojner mehrheitlich beteiligte.

Abb. 6.12: Der Demeter Diamantidi der Gegenwart: Eismeister Günther Hacker, 2013. Abb. 6.13: Auf die professionelle Pflege des künstlichen Eises wird größter Wert gelegt.

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Inzwischen gehört das Heumarkt-Areal, inklusive dem renovierungsbedürftigen Hotel InterContinental, Tojners Firma WertInvest, die die Errichtung eines Hochhauses mit Wohnungen im Luxussegment und Büros anstrebt. Im Jahr 2012 begann zwischen der Stadt Wien und dem zukünftigen Bauträger ein intensiver Planungsprozess, in den Vertreter des Konzerthauses und des Wiener Eislauf-Vereins in beratender Funktion von Anfang an eingebunden waren. Schon nach dem Verkauf des Grundstücks im Jahr 2008 und noch mehr wegen des ungewissen Ausgangs der Verhandlungen ab 2012 wurden vom

WEV keine größeren Investitionen zur Modernisierung der Sportanlage mehr getätigt. Seit Februar 2017 beschäftigt sich die Justiz mit dem Heumarkt-Deal von 2008. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung ein, die klären soll, ob die zwischen 2005 und 2008 verkauften Immobilien und Grundstücke des Stadterweiterungsfonds zu günstig veräußert wurden. Nachdem wieder etwas Ruhe in den Verein eingekehrt war, konnte man sich der Vorbereitung der großen Feier anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Freiluftkunsteisbahn widmen. Am 25. Oktober

Abb. 6.14: Thomas Schäfer-Elmayer und Claudia Kristofics-Binder bewerben den „1. Wiener Eisball“. Abb. 6.15: Eistanzpaare des WEV eröffnen nach alter Wiener Tradition zu Walzerklängen den Ball auf dem Eis.

Abb. 6.16: Kunstläuferin Delphine Kristofics-Binder und Eishockeyspieler Michael Rotheneder unterhielten das Publikum beim „1. Wiener Eisball“ mit einer komödiantischen Einlage.

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2012 lud der WEV bei freiem Eintritt zu einer Reise in seine Vergangenheit ein. Mit einem Schaulaufen in nostalgischen Kostümen und der Vorführung von historischem Bildmaterial wurde an die Eröffnung der damals weltweit größten Freiluftkunsteisbahn im Jahr 1912 erinnert – ein Ereignis, das zu den prägendsten der gesamten Vereinshistorie zählt und dem WEV in den 1920er-Jahren zu Weltruhm verhalf. In Anlehnung an die Tradition der Eistanzveranstaltungen und Kostümbälle des 19. Jahrhunderts richtete der Verein am 14. November 2013, zum Auftakt der Ballsaison, den „1. Wiener Eisball“ aus. Genau genommen lud der WEV bereits im Jahr 1868, ein Jahr nach seiner Gründung, zu einem Ball auf dem Eis ein, bei dem auch zahlreiche Mitglieder des Kaiserhauses anwesend waren. Im neuen Jahrtausend angekommen, verwandelte sich der Eislaufplatz mithilfe von Lichttechnik und dekorativen Elementen in einen riesigen Freiluft-Ballsaal. Eröffnet wurde der Abend mit einer gemeinsamen Choreografie der Eistänzer des WEV und Parketttänzer der Tanzschule Elmayer. Als Stargast trat die aus Produktionen wie „Elisabeth“ und „Rebecca“ bekannte Musicaldarstellerin Maya Hakvoort auf, und der berühmteste Tanzlehrer des Landes, Thomas Schäfer-Elmayer, gab mit den Worten „Alles Walzer!“ die eisige Tanzfläche für das Publikum frei. Die Gäste, die dem besonderen Dresscode „Eislaufschuhe und Abendrobe“ gefolgt waren, erlebten einen stimmungsvollen Abend mit Gemeinschaftstänzen, Show-Einlagen, einer Eisdisco und Sektbar. Insgesamt 267.324 Besucher und Besucherinnen ließen die Saison 2013/14 zur bislang besucherstärksten des neuen Jahrtausends werden. An einem prachtvollen Sonntag im Jänner 2014 wurde mit 5100 verkauften Eintrittskarten ein Rekord in der jüngeren Vereinsgeschichte erreicht. Daneben bleiben zwei Heiratsanträge mitten auf der Eisfläche in Erinnerung. Die Hauptaufgabe des gemeinnützig geführten Vereins ist und bleibt das Angebot im Bereich des Breiten- und Gesundheitssports. Zum am besten besuchten Kurs zählt der seit vielen Jahren von Günther Führing geleitete Kinderkurs, an dem pro

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Abb. 6.17: „Heiß am Eis“ von und mit Claudia Kristofics-Binder.

Saison weit über 200 Kinder teilnehmen. Unter fachkundiger Anleitung von Egon „Stocki“ Haberschek können Interessierte das Eisstockschießen erlernen. Einen beliebten Beitrag zum Unterhaltungsprogramm des Eislauf-Vereins liefert Claudia Kristofics-Binder mit der von ihr konzipierten monatlichen Veranstaltung „Heiß am Eis“, das die Teilnehmer und Teilnehmerinnen aller Altersklassen mit einem abwechslungsreichen Mitmachprogramm begeistert. Außerdem bietet der WEV in Kooperation mit „okidoki“, dem Kinderprogramm des ORF, sowie in den Schulferien mit dem Wiener Ferienspiel ein buntes Freizeitangebot für Kinder an.

Abb. 6.18: Eisstockschießen könnte zum neuen Trendsport werden.

Einen deutlichen Aufschwung nahm im neuen Jahrtausend der Eishockeysport in Wien. Mitverantwortlich dafür sind die beiden ehemaligen WEV-Spieler Kurt Harand und Herbert Haiszan, die sich der Ausbildung von Nachwuchstalenten widmen. Harand, der für das österreichische Eishockeyteam 151 Länderspiele bestritt und sich als Bundesligatrainer, Co-Trainer der Nationalmannschaft und Cheftrainer im Nachwuchsbereich des Österreichischen Eishockeyverbandes (ÖEHV) profilierte, ist derzeit sportlicher Leiter des 2013 gegründeten Danube Islanders Hockeyclubs. In den Sommermonaten bietet er in der Eishalle des WEV Trainingsstunden auf synthetischen Kunsteisplatten (genannt Like-Ice) an. Der 73-fache Internationale Herbert Haiszan, der viele Jahre die Trainerausbildung im ÖEHV leitete, ist nun nach Trainerstationen u. a. in Kapfenberg und Zeltweg für den Kids Icehockey Club (KIC) verantwortlich, der neben den Nachwuchsteams der W-EV Lions und der ­Vienna Young Tigers in der „Eisarena“ des Wiener Eislauf-Vereins trainiert. Ein wichtiges Anliegen ist dem WEV seit jeher die Unterstützung karitativer Projekte. Den Anfang machte 1868 eine Spende in der Höhe der Einnahmen einer Vorstellung des Eistänzers Jackson Haines für die Armenhilfe. Immer wieder setzte sich der Verein im Laufe der Zeit für weniger privilegierte Menschen ein, so zum Beispiel im Winter 1956 im

Abb. 6.19: Die ehemaligen WEV-Spieler Kurt Harand und Bill Gilligan auf der Trainerbank des Österreichischen Nationalteams bei der Eishockey-Weltmeisterschaft 2011 in Košice/ Slowakei.

Abb. 6.20: Damals wie heute befindet sich die „Eisarena“ vor dem Konzerthaus.

Rahmen der Ungarn-Hilfe für Flüchtlinge, die nach dem gescheiterten ungarischen Volksaufstand nach Österreich geflohen waren. Seit mehreren Jahren veranstaltet der WEV nun in Kooperation mit dem Kids Icehockey Club jede Saison ein Charity-Eishockeyturnier mit Prominenten und ehemaligen Eishockey-Stars, bei dem die gesamten Tageseinnahmen einem wohltätigen Zweck zugeführt werden.

Abb. 6.21: Der WEV und KIC unterstützen das Projekt von Ute Bock für geflüchtete Menschen, 2015.

Ein umstrittenes Hochhaus-Projekt lässt die Zeit stillstehen Obwohl es heute in sportlicher Hinsicht still um den Wiener Eislauf-Verein geworden ist, ist er in der Medienlandschaft aufgrund der Diskussionen um die Neugestaltung des Heumarkt-Areals so sehr präsent

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Abb. 6.22: Abendstimmung im Wiener Eislauf-Verein.

wie einst zu den Zeiten der großen Sporterfolge vor vier, fünf Jahrzehnten. Die Errichtung eines Wohnund Büroturms zwischen dem Hotel InterContinental und dem Eislaufplatz bewegt nicht nur die Anrainer und Anrainerinnen des 3. Bezirks, sondern auch viele Wiener und Wienerinnen aus allen Teilen der Stadt und insbesondere die Mitglieder des WEV, die sich seit vielen Generationen dem traditionsreichen Sportverein verbunden fühlen. Das Grundstück, das seit der ersten Glacis-Bebauungsphase zwischen 1870 und 1914 zu den meist diskutierten Bereichen der Stadtentwicklung zählt, ist in den vergangenen Jahren zu einer regelrechten Kampfzone verschiedener Interessengemeinschaften geworden. Als schließlich im Februar 2014 das Siegerprojekt des internationalen Architekturwettbewerbs öffentlich präsentiert wurde, mobilisierten umgehend mehrere Initiativen gegen den Entwurf eines 73 Meter hohen Gebäudes des renommierten brasilianischen Architekten Isay Weinfeld. Es folgten viele Monate, in denen sich der Bauwerber

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WertInvest, Architekturexperten, Anrainer, Bezirksvertreter und Stadtbildschützer medial und in öffentlichen Foren in teils hitzig geführten Debatten über die Vor- und Nachteile der Umgestaltung des Heumarkts austauschten. Einige Gegner und Gegnerinnen sehen im Hochhaus ein reines Spekulationsobjekt, andere wiederum sind der Meinung, es würde das Stadtbild zerstören. In diesem Zusammenhang fürchten sie um den Verlust des Canaletto-Blicks, einer Sichtachse vom Schloss Belvedere auf die Innenstadt, die der venezianische Barockmaler Bernardo Belotto (alias Canaletto) vor mehr als 250 Jahren in einem Ölbild, das im Kunsthistorischen Museum ausgestellt ist, festhielt. Eine dritte Gruppe von Kritikern und Kritikerinnen spricht der architektonischen Gestaltung der neu zu errichtenden Gebäude den innovativen und visionären Charakter ab. Die Befürworter weisen vor allem auf den Mehrwert des Projekts für die wachsende Stadt und ihre Bevölkerung hin, der sich u. a. aus der im Baukonzept vorgesehenen Sanierung

Abb. 6.23: So könnte das Heumarkt-Areal in einigen Jahren aussehen. Entwurf von Isay Weinfeld und Sebastian Murr (Rendering: Nightnurse), 2017.

Abb. 6.24: Blick über den Eislaufplatz zum Konzerthaus. Entwurf von Isay Weinfeld und Sebastian Murr (Rendering: Nightnurse), 2017.

des Wiener Eislauf-Vereins, der Modernisierung des öffentlichen Raums sowie der Errichtung einer Turnhalle für umliegende Schulen ergeben würde. Nachdem aber die Magistratsabteilung 21 für Stadtteilplanung und Flächennutzung und der un-

abhängige Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung Bedenken an der Höhe des geplanten Turms äußerten und die UNESCO der Stadt Wien im Fall der Realisierung mit der Aberkennung des 2001 verliehenen Prädikats „Weltkulturerbe“ für das

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Historische Stadtzentrum (Innenstadt, Glacis und Belvedere) drohte, rief Wiens Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) im Frühjahr 2015 alle in das Projekt eingebundenen Akteure zu einer „Nachdenkpause“ auf – zu einem Zeitpunkt, als die Verhandlungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Wiener Eislauf-Verein kurz vor dem Abschluss gestanden waren. Die WertInvest hatte sich in der Zwischenzeit bereits in einer schriftlichen Vereinbarung zur Erhaltung eines rund 6000 Quadratmeter großen Eislaufplatzes für die kommenden 99 Jahre verpflichtet sowie die Errichtung einer ganzjährig benutzbaren Eishalle und die Erneuerung der Vereinsgebäude zugesichert. Für den laufenden Betrieb während der Umbauphase sollte dem WEV ein Ersatzplatz zur Verfügung gestellt und etwaige wirtschaftliche Einbußen ausgeglichen werden. Im Dezember 2016 konnte nach einem Vermittlungsverfahren zwischen der Stadt Wien und der WertInvest eine Einigung dahingehend erzielt werden, Weinfelds Entwurf in Form einer Redimensionierung der Baumasse zu überarbeiten. Das projektierte Hochhaus wurde um einige Stockwerke von 73 auf 66 Meter verkleinert und verschlankt, und statt der Kernsanierung des in die Jahre gekommenen Hotels soll nun ein Neubau erfolgen. Damit war für die UNESCO das Thema jedoch nicht vom Tisch. Das Welterbekomitee fordert weiterhin eine Maximalhöhe von 43 Metern für Gebäude innerhalb des Historischen Stadtzentrums, zu dem auch das Heumarkt-Areal gehört. Im Juli 2017 beschloss das Komitee bei seiner Jahrestagung, Wien aufgrund der umstrittenen Bauvorhaben im Bereich des ehemaligen Gla­cis auf die Liste der gefährdeten Welterbestätten zu setzen. Weitere Aufregung gab es im Frühjahr 2017 um das Ergebnis einer Urabstimmung der Parteimitglieder der Grünen, bei der 51,3 Prozent gegen das vorliegende Projekt votierten. Die grüne Planungsstadträtin Vassilakou kündigte nach partei- und klub­internen Beratungen an, trotz der Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Partei, den Antrag zur Flächenwidmung für das WertInvest-Projekt in den Wiener Gemeinderat einzubringen und wies dabei auf das freie Mandat der im Gemeinderat ver-

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tretenen Kollegen und Kolleginnen hin. Tatsächlich wurde am 1. Juni 2017 die für die Neugestaltung des Heumarkts notwendige Flächenumwidmung mit den Stimmen der SPÖ und von sieben der insgesamt zehn Mandatare der Grünen im Wiener Gemeinderat beschlossen. Die neue Widmung ermöglicht nun den Neubau des Hotel InterContinental, die Errichtung des Turms sowie der entsprechenden Gebäude auf der Heumarkt-Seite, wo u. a. der Verwaltungstrakt, die Garderoben und das Restaurant des Wiener Eislauf-Vereins untergebracht werden sollen. Dadurch wird der Eislaufplatz nach der Renovierung eine Größe von 5750 Quadratmeter aufweisen. Das höchste Gremium des Vereins, die Mitgliederversammlung, beschloss im Winter 2016, auf 250 Quadratmeter Eis zugunsten der Erweiterung des Umlaufwegs zwischen den Garderoben und der Eisfläche zu verzichten.

Zukunftsvisionen Knapp fünf Jahre dauert nun der Verhandlungsmarathon um den Fortbestand des Eislaufplatzes an dem ihm seit 117 Jahren angestammten Ort. Verfolgt man die aktuelle Debatte um die Neugestaltung des Heumarkts werden Erinnerungen an die späten 1950er-Jahre wach, als die Errichtung eines Hotels am Rande des Stadtparks den WEV mehrere Jahre beschäftigte. Schon damals demonstrierten der Verein und seine Mitglieder Einigkeit darüber, den Standort auf keinen Fall aufgeben zu wollen. Und schon damals gelang es dem Vorstand, mit dem Investor ein Übereinkommen zu treffen, das dem Verein aus verschiedenen Gesichtspunkten Vorteile brachte und die wirtschaftliche Existenz bis heute sicherte. Nach dem Rückzug von Toni Müller, der 2009 den WEV in einer schwierigen Phase als Präsident übernommen hatte und für seine Bemühungen im Rahmen der Verhandlungen mit WertInvest den Ehrenring für besondere Verdienste um den Wiener Eislauf-Verein erhielt, trat im Dezember 2016 Walter Leschetizky seine Nachfolge an. Er wird nun gemeinsam mit dem Vorstandsteam rund um Vizepräsidentin Karin Reisinger und Vizepräsi-

dent Thomas Meixner versuchen, die Interessen des Vereins, seiner Mitglieder und aller eislaufbegeisterten Wiener und Wienerinnen im bevorstehenden Planungsprozess durchzusetzen, um die Zukunft der altehrwürdigen Sportstätte im Herzen der Stadt zu sichern. Tatsache ist, dass eine umfassende Modernisierung des Wiener Eislauf-Vereins dringend erforderlich ist, um für die Herausforderungen des dritten Jahrtausends gerüstet zu sein. Eine im Mai 2017 zwischen dem WEV und dem Bauwerber geschlossene Vereinbarung gibt Grund zum Optimismus, die Verlängerung des Mietrechts um weitere 99 Jahre ist nur mehr eine Formsache. Der Wiener Eislauf-Verein blickt auf eine 150-jährige wechselvolle Geschichte zurück. Vieles ist in

diesen Jahren entstanden, vieles ist verschwunden. Glanzvollen Höhepunkten folgten kleinere und größere Krisen, die durch den unermüdlichen Einsatz idealistischer Funktionäre und Mitglieder bewältigt werden konnten. Seit seiner Gründung im Jahr 1867 war der Eislaufplatz des WEV an 14.689 Tagen geöffnet – viele weitere mögen folgen, um auch künftig den Wienern und Wienerinnen als ein lebendiger Ort für sportliche und kulturelle Begegnung erhalten zu bleiben.

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Abb. 6.25: Schneetreiben im Wiener Eislauf-Verein, 2015.

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Abb. 6.26: Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Wiener Eislauf-Vereins, 2017.

Abb. 6.27: Der Vorstand des Wiener Eislauf-Vereins 2016/17. Sitzend v. l. n. r.: Gerhard Funk, Bernd Gahler, Vizepräsidentin Karin Reisinger, Präsident Walter Leschetizky, Vizepräsident Thomas Meixner, Günther Führing, Ingrid Farkas-Hanzl; stehend v. l. n. r.: Generalsekretär Farzam Rossoukhi, Leutfried Meixner, Claudia Kristofics-Binder, Herbert Haiszan. Nicht auf dem Foto: Hermann Heller.

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Die 10 Gebote des Eislaufens im Wiener Eislauf-Verein Von Julius Edhoffer (1929) „Ihr lieben Leut’, wie wär das schön, wenn jeder sich zu Herzen nähm’, die Regeln, welche ich zitiere – und diese dann auch respektiere: 1. Lauf links herum und nie dagegen ’s ist Dir und anderen zum Segen, sonst wird doch sicher unverwandt bald irgendjemand umgerannt, das führt gar oft zu Konsequenzen und unliebsamen Divergenzen. 2. Fahr außerdem im Publikum nicht wie ein Wilder gar herum, strebst Du im Schnellauf nach dem Siege, so meld’ Dich für die Schnellaufriege. 3. Besonders kann man es nicht brauchen, daß Leute auf dem Eise rauchen, denn herrlich ist daselbst der Bummel auch ohne Zigarettenstummel. 4. Trittst Du aufs Eis, so halt Dich an, weil auch der Beste fallen kann. Denn unbequem sind, wie ich meine, verstauchte und gebrochne Beine, und fällt ein anderer nur hin, so ist das schließlich kein Gewinn. 5. Auch das Verbot ist sehr zu loben: Ach, rauch doch nicht in den Garderoben, denn wißt, gefährlich ist das sehr, dann braucht man auch die Feuerwehr.

6. Trag stets die Mitgliedskarte mit, sonst heißt’s gar leicht: Mein Herr, ich bitt, ich laß’ Sie heute nicht herein, das darf ich nicht. O nein, o nein! 7. Laufst in Gesellschaft, rat ich Dir, erlaubt sind nur zwei, drei und vier. Zu Fünft wär’s oft wohl eine nette, doch für das Eis zu lange Kette. Man wär für andere gewiß – dadurch ein großes Hindernis. 8. Willst in den Tanzkreis Du hinein, so warte, Lieber, nur ganz fein, auch bist Du drin und willst heraus, bis die Musik vorbei und aus. Bevor Du’s kannst und gut dazu, bleib außen nur, schau lieber zu! Denn das Vergnügen sich vermindert, wenn sich und andre man behindert. Ein Tanzkreis, der nicht weit entfernt, Ist gleich daneben, wo man’s lernt. 9. Wenn wer was nicht in Ordnung fände, er sich erst an die Ordner wende, lauf jedenfalls, ganz einerlei, nicht immer gleich in die Kanzlei! Man hat dort außer Deinen Schmerzen noch andre Dinge auf dem Herzen. 10. Gib Trinkgeld Du in den Garderoben, dann bist Du brav und nur zu loben, weil, nun, es sagt schon das Gewissen, auch Kasteldiener leben müssen. Im Großen sind für alle Plätze dies hier die wicht’gen Grundgesetze. Er wird, beachtet’s Groß und Klein, gewiß ein braver Schleifer sein.“ (Sport im Wiener Eislauf-Verein, 8. März 1929)

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Abb. 6.28: Der Eislaufplatz von unten, Zeichnung um 1900.

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Anhang

Präsidenten und Ehrenpräsidenten des Wiener Eislauf-Vereins

Präsidenten des Wiener Eislauf-Vereins 1867–1970

Arthur Freiherr von Löwenthal

1870–1975

Heinrich von Bach

1875–1909

Karl Korper von Marienwerth

1909–1912

Eduard Ritter von Löhr

1912–1913

Otto Graf von Sarntheim

1913–1916

Hermann Setz

1916–1923

Karl Ritter von Leth

1923–1928

Emanuel Hajek

1928–1933

Walter Müller

1933–1938

Ludwig Fänner

1939–1945

Vereinsführer: SA-Brigadeführer Heribert Seidler

1945–1946

Franz Winterer

1946–1948

Eduard Heinl

1948–1957

Eugen Schenk

1957–1970

Gottfried Albrecht

1970–1983

Richard Kojetinsky

1984–1999

Otto Schenk

2000–2004

Emmerich Danzer

2005–2008

kein Präsident

2009–2016

Toni Müller

2016–

Walter Leschetizky

Ehrenpräsidenten des Wiener Eislauf-Vereins 1909

Karl Korper von Marienwerth

1923–1930

Karl Ritter von Leth

1930–1938

Eduard Heinl

1946–1956

Eduard Heinl

1957–1967

Ludwig Fischer

1963–1969

Otto Netreffa

1969

Hans Roller

präsidenten und ehrenpräsidenten des wiener eislauf-vereins

249

1969

Hans Spohn

2000–

Otto Schenk

Vorstand des Wiener Eislauf-Vereins in der Saison 2016/2017 Präsident:

Walter Leschetizky

Vizepräsident/in:

Thomas Meixner, Karin Reisinger

Beiräte:

Gerhard Funk, Bernd Gahler, Hermann Heller, Claudia Kristofics-Binder, Leutfried Meixner

Rechnungsprüfer/in:

Ingrid Farkas-Hanzl, Günther Führing, Herbert Haiszan

Generalsekretär:

Farzam Rossoukhi

Ehrenzeichen des Wiener Eislauf-Vereins Besitzer und Besitzerinnen des Ehrenzeichens für besondere Verdienste um den Wiener Eislauf-Verein 1928

Herma Szabó Willy Boeckl Alfred Zeugswetter

1929

Hans Kopper (Klagenfurt) Hans Valär (Davos) G. W. A. van Laer (Amsterdam) Fritz von Fößl (Innsbruck) Emmerich von Szentgyörgyi (Budapest)

1930

Walter Brück Hans Pfeiffer

1933

Ludwig Wrede

1934

Josef Albrecht Max Bohatsch Karl Burghart Josef Ketele

1947

Hertha Branowitzer-Figl Friedrich Demmer Egon Engel Walter Feistritzer Josef Fellner Josef Fleischer Emanuel Hajek Eduard Heinl Rudolf Kaler Paul Loicq (Belgien) Eva Pawlik Rudolf Plaschke Emil Ratzenhofer

250

anhang

Herta Ratzenhofer-Aschenbrenner Max Stiepl Sándor Szalay (Budapest) Walter Wasservogel Karl Wazulek 1949

Franz Fischer

1950

G. F. C. Witt (Rotterdam)

1952

Wilhelm Bayerle Gisela Fischl

1953

Otto Netreffa

1956

Hanna Eigel Friedrich Fröhlich Ingrid Wendl

Träger und Trägerinnen des Ehrenrings für besondere Verdienste um den Wiener Eislauf-Verein 1962

Gottfried Albrecht Karl Eigel Ludwig Fischer

1964

Hans Grünauer Otto Polacsek

1965

Emmerich Danzer Josef Göbl Ulrich Lederer Walter Malek

1966

Ernest Labin Hans Meixner Hans Spohn

1969

Martin Felsenreich Karl Khely Peter Krafft

1971

Trixi Schuba

1974

Richard Kojetinsky

1975

Hans Kutschera Hermann Strutz

1976

Robert Mikolasek Fritz Spohn Karl Storek

1984

Hans Schilhorn

1999

Franz Kozik

2007

Hedwig Langer-Hansel

2010

Otto Schenk

2016

Toni Müller

ehrenzeichen des wiener eislauf-vereins

251

Literatur- und Quellenverzeichnis Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts, das zwischen 2014 und 2017 am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien durchgeführt wurde. Das Buch möchte ein breites Publikum ansprechen, deshalb wurde im Sinne der Lesbarkeit nur bei wörtlichen Zitaten die Quelle angeführt, im Fließtext wurde auf Fußnoten und Verweise auf Archivquellen und Sekundärliteratur verzichtet.

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anhang

ÖStA, Vermögensanmeldung 09856, Oskar (Ernst) Schlesinger, geb. 27.11.1869. ÖStA, Nachlass von Thomas Kozich, Kriegsarchiv, Militärische Nachlässe, NL 1166 (B). Wienbibliothek im Rathaus Tagblatt-Archiv: Sammlungen Eislaufen, Eisschnelllaufen, Eishockey. Konvolut Wiener Eisrevue. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Magistratsabteilung 8 (WstLA) WStLA, NS-Registrierung Dr. Adolf Branowitzer. WStLA, NS-Registrierung Prof. Ernst Brückner. WStLA, NS-Registrierung Ing. Karl Ketele. WStLA, NS-Registrierung Karl Wazulek. WStLA, Volksgericht, A1 – Vg Vr-Strafakten: Vg 5d Vr 7389/47, Adolf Eder.

Personenverzeichnis Abraham a Sancta Clara 20 Achleitner, Friedrich 175 Acomb, Douglas 86 Adler, Friedrich 58, 62 Albrecht, Gottfried 191, 249, 251 Albrecht, Josef 250 Ali, Muhammad 221 Alk, Erik 133 Anderl, Günter 197, 200–201 Anoa‘i, Afa und Sika 226 Antel, Franz 185, 188–189 Antonitsch, Alexander 232 Appel, Carl 137, 238 Appeltauer, Hildegard 135, 202 Arco (verh. Husslein-Arco), Agnes 166–167, 208–209 Arco, Gabriele (Edi) 167, 208–209 Arco, Karl-Maria 209 Asanger, Gernot 92 Assim Tourgoud, Leyla 79–80 Auspitz 32 Bach, Heinrich Baron von 21, 24, 33, 249 Bachura, Adolf (Nazl) 83–85 Baier, Ernst 114 Baker, Josephine 140–141 Ballangrud, Ivar 126 Balun, Miroslav 205 Balun (verh. Harand), Sonja 147, 205–206, 216, 233 Balunová, Soňa 205, 209, 214 Baulin, Juri 87 Baumann, Ludwig 43–45, 174 Bäumel, Eleonore 97 Bäumler, Hans-Jürgen 164, 184–185, 189 Bayerle, Wilhelm 251 Beale, William 34 Beck, Christoff 168–170, 209, 217, 233 Beck, Kathrin 168–170, 209, 217, 233 Belazzi, Franz 26–27 Belotto (alias Canaletto), Bernardo 42, 175, 242 Beloussowa, Ludmilla 196 Benisch, Franz 113 Berber, Adi 221, 224 Berger, Alfred 65

Berger, Michael 92 Bibring, Gerty 116–117 Bibring, Harry 116–118 Biel, Andreas 132–133 Biel, Ernst 130 Bietak, Wilhelm (Willy) 164–165, 196–197, 200, 218 Bittner, Karl 181 Bizet, Georges 169 Blatter, Alfred Blemenschütz, Georg (Schurl) 182, 219, 224–227, 229 Blemenschütz, Mizzi 225 Bloemen, Ted-Jan 127 Blom, Philipp 18 Bobek, Herbert 189 Bock, Ute 241 Bockwinkel, Nick 227 Boeckl, Herbert 207 Boeckl, Wilhelm (Willy) 61–63, 65, 67–68, 72–73, 194, 207–208, 218, 250 Bohatsch, Max 47, 250 Böhmers, Friedrich 21 Botowamungu, Biko 227 Bowden, Norris 155 Boyd, Harry 86 Boyd, Randy 91 Brabant, Klaus 87 Branowitzer, Adolf 113 Branowitzer (-Figl), Hertha 140, 160, 181, 250 Brown, Hamiltion (Hami) 156 Brück, Walter 250 Brückner, Ernst 109–110, 113 Bruegel, Pieter d. Ä. 18 Brunner, Melitta 72–73, 115, 127–129, 182 Buba, Bill 86 Bürckel, Josef 114, 121 Burger (verh. Russell), Friederike (Fritzi) 39, 69, 72–73, 95–96, 115, 127, 129 Burger, Heinrich 39 Burghart, Karl 250 Burghart, Ralph 164, 217–218 Button, Richard (Dick) 143, 147–148

personenverzeichnis

259

Cahoon, Don 88 Callighan, Brett 88 Calmat, Alain 194 Campbell, Bill 91 Capek, Albert (Bertl) 188 Carney, Frank P. 86 Cernicky, Julius 85 Chalfen, Morris 187 Conrads, Heinz 185 Csöngei, Franz 82 Cunningham, Rick 87–88 Dafou, Frances 155 Dallman, Marty 91 Danis, Gerhard 87–88 Danzer, Emmerich (Emmi) 156, 168, 176, 187–188, 192– 194, 196–200, 202, 208, 215, 218, 232, 249, 251 Dauscha, Wolfgang 237 Demmer, Friedrich (Fritz) 98, 121, 250 Dempsey, Gordon R. 79 Dexler (verh. Frey-Dexler), Hertha 115 Diamantidi, Alexander 49 Diamantidi, Demeter 21, 27–28, 33, 47–49, 238 Distler, Hugo 72 Dobyn, Mike 83 Dollfuß, Engelbert 96–97 Döpfl, Heinz 163–164 Dorn, Conny 92 Dorothea, Prinzessin von Sachsen-Coburg-Gotha und Herzogin zu Sachsen 31 Duchesnay, Isabelle 168 Duchesnay, Paul 168 Dungjen, Jason 164 Dunn, Jack 76 Eder, Adolf 110, 112–113, 120, 124, 138, 140–141, 149, 152, 154, 180–181, 183, 237 Edhoffer, Julius 101, 247 Edwards, Michael 169 Eigel (verh. Brown), Hanna 147, 149, 152–157, 184, 189, 193–194, 215, 251 Eigel, Karl 149, 173, 183, 191, 211, 251 Eisenkolb, Georg 211 Eisler, Werner 84–87 Ellend, Elisabeth (Liesl) 155, 163 Ellinger, Bruno 169–170

260

anhang

Eminger, Kurt 130 Eminger, Reinhard 132 Eminger, Renate 132 Eminger, Sonja 132 Engel, Egon 250 Engelmann, Christine (Szabó) 64 Engelmann, Eduard jun. 34, 37, 54–55, 64–65 Engelmann, Eduard sen. 30, 36 Engelmann, Helene 65 Ephrussi 32, 112 Epstein 32 Ericsson, Sigvard 130 Ernst August, von Hannover, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Duke of Cumberland 31 Euler, Karl 64 Fänner, Ludwig 98–99, 125–126, 179, 249 Farag, Mamdouh 224 Farkas-Hanzl, Ingrid 246, 250 Fassi, Carlo 214 Faulhaber (verh. Eigel), Hildegard 149 Feistritzer, Walter 121, 250 Fellner, Ferdinand 42 Fellner, Josef 250 Felsecker, Arthur 85 Felsenreich, Martin 191, 211, 216–217, 251 Felsinger, Gerald 162–163 Felsinger, Norbert 147–148, 189 Fergar, F. C. 20 Ferstel, Heinrich von 32 Ferstel, Max von 31 Fiedler, Mike 89 Figl, Leopold 146 Fischer, Franz 250 Fischer, Ludwig 138, 192, 249 Fischl, Gisela 251 Fleischer, Josef 137–138, 250 Fleming, Peggy 196, 203 Flößl, Fritz von 250 Ford, Bernard 196 Förster, Uzzi 237 Frank, Gerhard 88 Frank, Kerstin 233 Franz Ferdinand von Österreich-Este, Erzherzog 31 Franz Joseph I., Kaiser von Österreich und König von Ungarn 21, 25, 42, 58

Freudenthaler, Kurt 85–86, 92 Freunthaler, Monika 134, 199 Frey, Leopold 35–36, 49 Friedrich, Erzherzog von Österreich, Herzog von Teschen 56 Friese, Peter 92 Fröhlich, Friedrich 138, 251 Frohner, Karin 152, 157 Fuchs, Gilbert 37 Fuchs, Hermann 134 Fučík, Julius 225 Führing, Angelika 169–170 Führing, Günther 240, 246, 250 Füle, Ludwig 88 Funk, Gerhard 246, 250 Gahler, Bernd 246, 250 Gamgee, John 54 Gassner, Ludwig 211 Gautschi, Georges 63 Gerngroß 112 Gerschwiler, Hans 143 Giebisch, Susanne (Susi) 182, 186 Gilligan, Bill 87–88, 241 Globocnik, Odilo 110 Göbl, Josef (Sepp) 97, 251 Goebbels, Joseph 74 Goethe, Johann Wolfgang von 19 Golonka, Jozef (Joschi) 88 Gottstein, Gerda (Gerdago) 185 Gräffer, Franz Arnold 20 Grafström, Gillis 207 Grenier, Richard 90 Gretzky, Wayne 231 Grimm, Rudolf Ritter von Grimburg 21 Gruber, Alexander 87–88 Gruber, Anton 89 Gruber, Arno 87–88, 91 Grünauer, Hans 120, 140, 152, 163, 183, 251 Gunzenhauser, Herrmann 94 Gurejew, Valentin 91 Gutmann 32 Haas, Waltraut 145, 185 Haberschek, Egon 240 Hachleitner, Bernhard 178

Hacker, Günther 216, 238 Hadschieff, Michael 135, 217 Haffner, Pauli 161 Haines, Arthur John 85 Haines, Jackson 24–25, 27, 30, 35, 159, 178, 241 Hainisch, Michael 63 Haiszan, Herbert 78, 84–88, 91–92, 241, 246, 250 Hajek, Emanuel 249–250 Hakvoort, Maya 240 Halpenny, Bob 86 Hanappi, Gerhard 154 Handschmann, Peter 167, 209, 214 Handschmann, Susanne (Susi) 167, 209, 214 Harand, Christoph 91, 206 Harand, Kurt 87–91, 206, 241 Harand, Patrick 91, 206 Hartmann, Matthias 118 Hasenauer, Carl Freiherr von 28, 31 Hauptner, Rudolf 166–167, 209 Hausner, Gerhard 84–85, 88–90 Heesters, Johannes 141 Hehn, Gabriele 132 Hehn, Horst 132 Hehn, Martina 132 Hehn, Sabine 132 Heinl, Eduard 140, 146, 249–250 Heinlein, Franz 107, 124, 178, 180, 219 Heiss, Carol 157 Heitzer, Regine 147, 157, 168, 176–177, 184, 194, 200, 202, 233 Heller, Hermann 246, 250 Helmer, Hermann Gottlieb 45 Henhapel, Bernd 163 Henhapel, Franz 236 Henie, Sonja 66–67, 69, 73–76, 95–96, 128, 236 Henner, Peter 84–85, 87 Herber (verh. Baier), Maxi 114 Herschmann, Otto 32 Herz, Jenny 39,47 Hexenberger, Markus 134 Hinko, Diana 163–164 Hitler, Adolf 74, 98, 109, 117 Hochhaltinger, Gisela 39 Hogg, Gladys 166 Holfeld, Bruno 183 Holik, Herbert 167, 170

personenverzeichnis

261

Holik, Ursula 167, 170 Holík, Jiří 89 Holovsky, Hilde 75, 128, 157, 179 Holper, Emil 84–85 Holst, Greg 88 Holt, Hans 145 Holyfield, Evander 221 Holzer, Fritz 87 Hörbiger, Paul 185 Höring, Josef 86 Hornung, Erika 73 Hornung, Gerda 72–73 Hornung, Ilse 39, 72–73, 164 Horwitz, Leo 64 Höss, Gerry 92 Hötzendorf, Franz Conrad von 56 Huber, Herbert 161 Hübler, Anna 39 Hübler, Manfred 167, 209 Hudson, Jerry 82–83 Hügel, Gustav 37, 47, 73, 76–77 Hultén, Vivi-Anne 114 Hunyady, Emese 125, 134–135, 206, 217 Hurdes, Felix 144, 184 Hyndman, Mike 87–88 Ina, Kyoko 164 Jacobs, Werner 189 Jacoby, Georg 188 Jaksch, Hans 93, 173 Jaksch, Walter 173, 238 Jaschek, Kurt 167 Jensen, Steve 89 Johannson, John 89 Jonas, Franz 155, 184, 195, 197 Jonas, Peter (Petzi) 157, 176, 194 Jonkisch, Viktor 93 Jungblut, Fritz 126 Just (verh. Schneider, später Langer-Hansel), Hedwig 60–61, 160–161, 251 Kachler, Fritz 62–63 Kainz, Friedrich 83 Kaiser, Gustav (Gustl) 224 Kaiser, Otto 162–163

262

anhang

Kaler, Rudolf 138, 250 Karl I., Kaiser von Österreich, als Karl IV. König von Ungarn und Kroatien, als Karl III. König von Böhmen 59 Kaspar, Felix 75–76, 96–100, 110, 115, 176, 179–180, 218 Kaspar, Jan 85 Kauroff, Klaus 227–228 Kaut, Peter 89 Keil, Rudolf 86 Kelly, Barry S. 81 Kelly, Gene 144 Kennedy, John F. 163 Kerth, Werner 91 Ketele, Josef 113, 124, 250 Khely, Karl 211, 251 Kilius, Marika 164, 185, 189 Killias, Rudolf 78 Killmeyer, Leopold 94 Kirchberger, Christian (Charly) 83 Kirchberger, Karl 113 Kis, Traude 80 Klezl, Friedrich 21 Klimovic, Peter 86, 92 Klitschko, Vitali 221 Klopstock, Friedrich Gottlieb 19 Kniffer, Maria 167, 209 Knoll, Hermann 84 Kogler, Armin 216 Kojetinsky, Richard 211, 216, 249, 251 Köpf, Marga 186 Korbel, Erich 130–132 Koren, Günther 89 Körner, Theodor 146 Korper, Karl von Marienwerth 21, 24–25, 27, 33, 35–37, 43, 47–48, 237, 249 Kostelecky, Alexander 84 Kotzina, Fritz 133 Koubek, Alfred 84–85 Kozich, Frank 251 Kozich, Thomas 109, 113, 121 Kozik, Franz 251 Krafft, Peter 251 Kralik, Mathilde 32 Kraßnitzer, Carmen 132 Kraus, Hans 140 Kreimes, Hermann 220 Kreisky, Bruno 72, 210

Kristofics-Binder, Claudia 164, 171, 212–218, 229, 239– 240, 246, 250 Kristofics-Binder, Delphine 239 Kristofics-Binder, Helmut 164, 212, 214–215 Krivinka, Franz 225 Kroel, Heinz 186 Kronfuß, Ludwig 132 Kübelbeck, Heinz 83 Kump, Daniel 89, 92 Kus, Andrea 218 Kutas, Bálint 133–134, 206 Kutschbach, Klaus 89 Kutschera, Hans 161, 251 Kutschera, Hans Paul 132, 135, 161 Kutschera, Martin 132–133, 161 Kutzer, Rudolf 76, 152, 157, 192 Labin, Ernest 192, 251 Ladányi, Gedeon 206 Lainer, Margareta (Grete) 73, 96–97 Lamoureux, Roger 87 Landbeck (verh. Verdun), Liselotte 114–115, 128–130 Lang, Karl 199, 212 Lazek, Heinz 219–220 Lechner, Isabella 178 Lederer, Ulrich (Ulli) 78–79, 251 Leemans, Fernand 182, 188–189 Lehár, Franz 141 Leo XIII., Papst 18 Leopold III., König von Belgien 115 Leopold, Prinz von Sachsen Coburg-Gotha 31 Leschetizky, Walter 166–167, 200, 216, 224, 246, 249, 250 Leth, Karl Ritter von 58, 249 Leth, Rudolf 72–73 Lewis, Lennox 221 Lienert, Konrad 155, 163 Linhart, Leopold 202–203 Löfke, Helmut 187, 189 Löhner, Walter 160–161 Löhr, Eduard Ritter von 249 Löhr, Herma 80 Loicq, Paul 250 Loughran, Beatrix 65 Lowe, Darren 89 Löwenthal, Arthur Freiherr von 21, 24, 249 Löwinger, Wilhelm (Willy) 97, 113, 129, 131

Ludwig, Prinz von Sachsen-Coburg-Gotha 31 Ludwigstorff, Dominik 89, 92 Lueger, Karl 111 Luksch, Elisabeth 166–167 Lutz, Alois 37 Lynn, Janet 203–204 Mader, Martin 92 Madl, Oskar 197 Magnussen, Karen 203 Maier, Aloys 27 Malder, Mimy 80 Malek, Walter 251 Manery, Kris 89 Mannsbarth, Arthur (Adi) 130–131 Mapes, Bruce 37 Marczell, Arthur 85–86 Marek, Bruno 186 Margreiter, Siegfried 78 Marguerite, Constantin von 21 Maria Annunciata, Erzherzogin 31 Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen und Kaiserin 20 Martinek, Peter 87–88 Martino (später Bellomo), Salvatore 226 Mautner, Jenny 32 Mautner Markhof, Manfred 86 May, Hellmut 144, 188 Mayer, Hannes 133 Mayer, Hugo 93 Mazzuchelli, Charley 80 Mc Carthy, Daniel 89 Meixner, Hans 113, 138, 211, 251 Meixner, Leutfried 135, 246, 250 Meixner, Markus 132 Meixner, Michael 132 Meixner, Thomas 132–133, 135, 245–246, 250 Mensdorff-Pouilly, Viktoria Gräfin von 49 Merlin, Jean-Joseph 33 Metternich, Klemens Wenzel Lothar Fürst von 32 Metternich, Pauline Fürstin von 32 Mezger, Heidi 162–163, 166, 196 Michal, Hilde 141 Michiels, Charlotte 189 Michule, Chris 92 Mikolasek, Robert 211, 251

personenverzeichnis

263

Mikula, Elisabeth (Liesl) 197, 200–203 Millanich, Richard 125 Mohr, Karl 138 Mohr, L.[udwig] 21 Mohr, Peter 83, 85 Mollo, Florian 21 Moore, Greg 89 Morosow, Juri 86 Moser, Fritz 126 Möslinger, Erwin 237 Muckelt, Ethel 65 Múdra (geb. Klimpel), Hilda (geb. Hildegard) 205 Mühr, Manfred 92 Mühr, Winfried 86 Müller, Toni 216, 234, 238, 244, 249, 251 Müller, Walter 53, 249 Münz, Kurt 81 Musilek, Martha 76, 120 Muster, Thomas 232 Musyl, Ilse 155 Nachbaur, Don 91 Neisser, Manfred 92 Nekolová, Jiřína 188, 205 Nepela, Ondrej 205 Nestler, Elisabeth (Liesl) 197, 200–203 Netreffa, Otto 219, 249, 251 Neumaier, Lambert 98 Neuwirth, Tassilo 83 Neuwirth, Vilma 116, 118–119 Nickl, Friedrich 141 Nicoletti, Susi 145 Niernberger, Hanne 97 Nikitin, Valeri 86 Nishikawa, Shinkichi 115 Nitsch, Martin 133 Nováková, Míla 168 Novy, Milan 89 Nowak, Oskar 121 Offenberger, Franz 130 Olek, Stephane 220–221 Opiz, Georg Emanuel 19 Oppacher, Ernst 58, 63 Oppelt, Kurt 155, 163 Oprawill, Peter 226

264

anhang

Organista, Olga 39 Orlik, Franz 224 Paal, Sabine 217 Pajor, Kornél 130 Papez, Ida (Idi) 114–115, 163 Pataky, Dénes 76 Paulsen, Axel 35–36, 102 Pausin, Erik 76, 98, 110, 120–121, 179, 182 Pausin, Ilse 76, 98, 110, 120–121, 179, 182 Pawlik, Eva 76–77, 120, 140, 142–145, 152–153, 156, 178, 180–184, 186, 188–189, 200, 203, 205, 235, 250 Pecher, Konrad 130 Peikert, Edith 161 Pěnička, Lubomír 89 Péra, Patrick 198 Perco, Adrian 166–167, 209 Petter, Edith 178, 181, 183, 188 Petter, Will 122–123, 178, 180–181, 183, 185 Pfeifer, Viktor 233 Pfeiffer, Erik 87 Pfeiffer, Hans 250 Pickl, Anton 133, 135 Plaschke, Rudolf 140, 160, 166, 181, 250 Poirier, Luc 227 Pokorny, Ernst 83 Pokorny, Yvonne 164, 217–218 Polacsek, Otto 61, 109–110, 126, 251 Ponzen, Rudolf von 21 Pordes, Olly 80 Potesil, Leopold 219–220 Preindl, Ferdinand 97, 130 Preißecker, Otto 39, 63 Prix, Johann Nepomuk 49 Prochaska, Karl 97 Prohaska, Fritz 84–85, 87–88 Prokop, Gunnar 202 Protopopow, Oleg 196 Prüller, Heinz 193–194, 197 Prutscher, Otto 93 Puzinger, Emmy 76, 110, 123, 182, 185–186, 188–189 Pyatt, Nelson 88 Raab, Julius 173–174 Rabinovici, Doron 118 Rada, Eduard (Edi) 76, 110, 120, 140, 143–145

Radna, Lizzi 80 Rainer, Friedrich 109 Rainer, Roland 173 Ranzi, Cäsar 21 Ratzenhofer (verh. Aschenbrenner-Ratzenhofer), Herta 76, 120–121, 140, 143–146, 181, 251 Ratzenhofer, Emil 76, 97, 120–121, 140, 143–146, 181, 251 Reichel, Josef 83 Reichel, Kurt 83 Reichmann, Gisela 64 Reisinger, Casimir 113 Reisinger, Eva 113 Reisinger, Josef 130–132, 135 Reisinger, Karin 135, 244, 246, 250 Reisinger, Willi 127 Reitmaier, Ilse 161 Renner, Karl 59, 138 Richter, Eugen 60, 160–161 Riedl, Rudolf 97, 126 Rittberger, Werner 37 Robert, Prinz von Württemberg 31 Rodnina, Irina 165 Roles, Barbara Ann 215 Roller, Hans 138, 250 Rosdol, Adolf 211 Roselle, Robert 86 Rossoukhi, Farzam 92, 216–217, 246, 250 Roth, Erich 88 Rotheneder, Michael 239 Rothkappl, Herbert 162–163, 166, 196 Rothschild, Albert Salomon Anselm Freiherr von 32–33, 49, 112 Rothschild, Nathaniel Meyer Anselm Freiherr von 32–33, 112 Ruiner, Elfriede 130 Rupp, Elfriede 166, 200 Rykowsky, Peter 87 Sadler, Robin 89 Sailer, Toni 154 Saint John, Adelbert (Del) 82–84 Saizew, Alexander 165 Sakac, Marcel 88 Salat, Andreas 89–90 Salchow, Ulrich 37, 39, 47, 207

Salzer 32 Sanders, Georg 37 Sarafidis, Parthena 218 Sarntheim, Otto Graf von 249 Satorina, Martin 89 Schäfer, Karl 54, 74–76, 95–96, 98, 110, 122–123, 140, 152, 158, 180–181, 185, 194, 203, 207, 236 Schäfer-Elmayer, Thomas 239–240 Schärf, Adolf 184 Scharf, Evelyn 164–165 Scheijbal (verh. Härtel), Brigitte 166–167, 171 Schenk, Bianca 73, 96–97, 146, 179, 235–236 Schenk, Eugen 146, 234, 249 Schenk, Otto 60–61, 146, 169, 216, 232, 234–238, 249– 251 Schicker, Rudolf 238 Schiedam, Lidwina von 18 Schilhan, Anneliese 146, 153 Schilhorn, Hans 251 Schilling, Franz jun. 126 Schilling, Franz sen. 126–127 Schilling, Inge 189 Schilling, Mizzi 127–128 Schilling, Willi 189 Schlesinger, Oskar 79, 113 Schmid, Bernd 133 Schmid, Egbert 133 Schmidt, Leon 21 Schmieger, Wilhelm (Willy) 69 Schmutzer, Susi 80 Schneeweiß, Martin 94 Schneider (verh. Schneider-Rossoukhi), Evelyn 147, 165–165, 196–197, 200, 214, 216–217, 233 Schneider, Gustav 60 Schneider, Hans 82 Schneider, Johann (Hasi) 83 Schneider, Walter 85, 87–88 Scholdan, Eduard (Edi) 67, 73, 144, 157–158, 179, 218 Scholz (verh. Gaillard), Lilly 162–163 Scholz, Rudolf 89 Schönbauer, Gerlinde 164 Schöndorfer, Josef 83 Schranz, Karl 203 Schreiber, Thomas 89 Schuba, Trixi 147, 168, 196–197, 200–206, 214–215, 218, 237, 251

personenverzeichnis

265

Schübl, Peter 168 Schuller, Hans 85, 87–88 Schumann, Franz 219, 227 Schuschnigg, Kurt 96–97 Schuster, Mario 132 Schwarz (verh. Schwarz-Bollenberger), Elisabeth (Sissy) 154–155, 163 Schwarz, Wolfgang (Wolferl) 157, 164, 168, 176, 192–198, 200, 202, 208, 218 Schweda, Thomas 92 Schwenk, Lotte 153 Schwitzer, Josef 86 Scott, Barbara Ann 143–144 Seeböck, Reinhold 131–134 Seeliger, Roman 178, 200, 235–237 Seeliger, Rudolf (Rudi) 120, 144–145, 178, 183, 186, 188–189 Seibt, Hellmut 144, 147–148, 176, 183, 202, 214 Seipel, Walter 77 Seitz, Karl 63 Semper, Gottfried 28, 43 Setz, Hermann 55, 249 Seyfert, Gabriele 203 Seyß-Inquart, Arthur 112 Sharp, Graham 76 Sílva, Josef 63 Slanec, Gustav 97, 129–130, 132, 138 Smith, Dave 85–86, 89 Solar, Ingeborg (Inge) 144, 156 Sommaruga, Erwin Franz Freiherr von 21 Sörensen, Andreas 90 Spohn, Bernd 132 Spohn, Fritz 131 Spohn, Hans 132–133, 135, 250 Stächelin, Gerhard 89 Stajković, Nikola 213 Staksrud, Michael 126 Stanek, Sonja 218 Stanek, Willibald 98 Stangl, Friedrich 83 Stankiewicz, Brian 88–89 Stankiewicz, Ed 86 Starhemberg, Ernst Rüdiger 96–98 Staribacher, Silvester 87–88 Starkbaum, Kurt 89 Steinblock, Eddy 227

266

anhang

Stenuf, Hedwig (Hedy) 76, 179 Stephan, Nikolaus 167, 209 Stiefelmayer, Georg 134 Stiepl, Max 97–98, 129–131, 251 Stingl, Heinz J. 87 Stockhammer, Günther 92 Stockman, Steve 89 Stolz, Robert 183, 189 Storek, Karl 251 Strauß, Johann 30, 185 Strauß, Josef 30 Strutz, Andrea 132 Strutz, Gerhard 131 Strutz, Hermann 130–133, 176, 198, 251 Stuchly, Kurt 122 Stürgkh, Karl Graf 58, 63 Sucharipa, Inge 80 Sumper, Alexandra 80 Syers (geb. Cave), Florence Madeleine (Madge) 38–39, 47 Syers, Edgar 39 Szabó, Christa 65 Szabó, Herma 61–69, 73, 157, 160, 203, 218, 250 Szalay, Sándor 39, 251 Szentgyörgyi, Emmerich von 250 Szewczenko, Tanja 157 Szybisty, Peter 91 Szybisty, Silvester 89 Tanzer, Rudi 186 Tastl, Wilhelm (Willy) 129 Tatzer, Hans 82 Taussig, Helene von 32 Taussig, Theodor Ritter von 32 Thaller, Gudrun 80 Theiß, Siegfried 93, 174 Thomas, Debi 169 Tichy, Helmut 226 Tischer, Gustav (Guggi) 83, 86 Tischler, Ludwig 29 Todesco 32 Tojner, Michael 238–239 Towler, Diane 196 Toyfl, Peter 131 Trauttenberg, Hans 98 Trebesiner (verh. Heidler), Christl 162–163 Tuma, Florian 217–218

Turek, Friedrich 83 Tyson, Mike 221 Überlacher, Otto 84–85 Uhlig, Oskar 36 Ulanow, Alexei 165 Ulrich, Prinz von Württemberg 31 Urban, Rudolf 98 Vacovsky, Frantisek 84 Valär, Hans 250 van Gils, Pieter 189 van Laer, G. W. A. 250 Vanasek, Edda 152, 154 Vassilakou, Maria 244 Venner, Gary 91 Visconti, Gary 197 Vojta, Rudolf 98 Volek, Pavel 91 von Borsody, Eduard 189 von Cziffra, Géza 185, 189 Wächtler, Fritz 97 Wächtler, Hertha 123, 152, 154, 176, 185, 192–194, 212 Wagner, Otto 42, 45 Wallace, Edgar 224 Wallas, Klaus 227–228 Wallin, Claes-Göran 91–92 Walter, Friedrich 156 Walter, Hanna (Hannerl) 152–157, 193 Walter, Hilde 80 Walter, Max 152, 156, 193 Wanz, Otto 211, 218–219, 221, 226–227, 229 Waschnitius, Heinz 138 Wasservogel, Walter 81, 83 Watson, Blake H. 79 Wazulek, Karl 98, 120–121, 129–130, 251 Weidinger, Josef (Joschi) 221–222 Weidler, Eva 153–154 Weinfeld, Isay 242–244 Weingartner, Jürgen 85 Weingartner, Klaus 83–87 Weiß, Hermann 72, 98 Weiss, Walter 90 Wendl, Ingrid 146, 152–157, 181, 184, 186–189, 193–194, 198, 215, 218, 234, 237, 251

Wenzel, Anna 233 Wernicke, Irene 78 White, Leon 227 Wiitala, Marty 89 Wilbrandt-Baudius, Auguste 38 Wilczek, Peter 170 Wilder, Billy 144 William, Peter 227, 229 Winger, Helfried 84 Winkelmann, Edith 160–161 Winkler, Trixi 133 Winter, Egon 82 Winterer, Franz 138, 249 Wirth, Max 27, 47–48 Witt, G. F. C. 251 Witt, Katarina 169, 215 Wittgenstein, Karl 32 Wittgenstein, Ludwig 32 Wittgenstein, Paul 32 Wood, Tim 198 Wrede, Ludwig 63, 65, 67–68, 72, 147, 160, 250 Wright, Jerry 85 Zahradnicek, Herbert 84–85 Zahradnicek, Karl 84–85 Zeller, Erich 164 Zettel, Mike 89 Zeugswetter, Alfred 250 Zlam, Erni 181, 188 Znenahlik, Peter 89–90 Znenahlik, Walter jun. 90, 92 Znenahlik, Walter sen. (Znene) 84, 86–90 Zojer, Manfred 131 Zwack, Karl 114–115 Zybin, Alexander 91

personenverzeichnis

267

Abbildungsverzeichnis Trotz gründlicher Recherche konnten nicht alle Bildrechte geklärt werden. Der Böhlau Verlag bittet bei Bestehen nachweislicher Honoraransprüche um Kontaktaufnahme.

ORF/Klaus Titzer 6.5

APA/PictureDesk 2.61 (19870413_PD0003/Robert Jäger), 3.43 (19940 221_PD0006/Klaus Titzer), 4.58 (19970508_PD0159/ Ernst Kainerstorfer), 5.48 (19991107_PD0424/Ronald Zak), 5.62 (19780717_PD0011/Wolfgang Sos), 5.63 (19881014_PD0009/Klaus Titzer), 5.64 (1978 0717_PD0009/Wolfgang Sos), 5.66 (20080109_PD0660/ Alexander Tuma), 6.3 (20140115_PD3341/Tamas Soki), 6.4 (20140219_PD3732/Barbara Walton), 6.19 (20110430_ PD1029/Helmut Fohringer)

Österreichische Nationalbibliothek/ANNO 1.32, 2.21, 2.30, 2.68, 3.20, 3.29

bz-Wiener Bezirkszeitung/Ulrike Kozschnik-Schlick 5.44

02_011_D_1A_14a), 3.28 (RÜ 2213-B), 3.31 (H 3893/2), 3.33 (US 10.817) 4.1 (RÜ 1-3-172), 4.2 (535/9), 4.3 (CRO 4239W), 4.4 (P 226), 4.8 (OEGZ/B6/12519), 4.14 (OEGZ/B5/1092/28), 4.16 (S 630/88), 4.17 (4397/7), 4.20 (H10146/1), 4.24 (OEGZ/ H9188/1), 4.25 (US 12.654/7), 4.27 (US 12.732/3), 4.28 (H10339/1), 4.29 (RÜ 1-3-190), 4.34 (OEGZ/H1260/1), 4.44 (RÜ Sp 197/2), 4.45 (CE 132/4), 4.68 (187.374-B) 5.9. (FO401343/02), 5.50 (B6 11925), 5.52 (OEGZ/ B2/4108/34)

Diamantidi/Korper/Wirth, Spuren auf dem Eise, 1881. 4.35 Foto Sündhofer 2.51, 2.56, 2.59, 2.60, 4.33, 4.43, 4.48, 4.49, 4.54 4.55, 5.2, 5.3, 5.4, 5.6, 5.13, 5.16, 5.17, 5.18, 5.19, 5.21, 5.46 Sabine Hertel 6.12 Hotel InterContinental 4..66, 4.67, 4.72

268

Milagros Martínez-Flener 0.3, 1.41, 2.4, 2.5, 3.12, 3.13, 4.51, 5.34, 5.35, 6.26, 6.27

Österreichische Nationalbibliothek/Bildarchiv Austria 1.30 (240.612G), 1.33 (Pk 2.539, Nr.767), 1.37 (97.471 B) 2.16 (PLA16315466), 2.22 (RÜ 2399-B) , 2.24 (CE 132/3), 2.27 (RÜ 2310-B), 2.35 (H 325 B), 2.36 (RÜ 1-3-296), 2.39 (P 1420/1), 2.40 (H 4094/1), 2.46 (RÜ 1875-B), 2.47 (RÜ 1866-B), 2.71 (H 3660/6) 3.2 (OEGZ/P1150/1), 3.3 (OEGZ/B6/11854), 3.18 (OEGZ/ B6/17705/2), 3.19 (RÜ 1-3-217), 3.21 (001_39_004_

Aleksandra Pawloff 4.46 Privatarchiv Kathrin und Christoff Beck 4.56, 4.57 (Eileen Langsley)

IMAGNO/Austrian Archives 1.18, 2.32, 2.70, 5.1 (Barbara Pflaum), 5.65 (Didi Sattmann)

Privatarchiv Hanna Brown 4.22, 4.23, 4.26, 4.30

IMAGNO/Votava

Privatarchiv Katharina Duteil

4.70, 4.71, 5.7, 5.10, 5.24

2.11

Kunsteisbahn Engelmann Verein 1.15, 1.16, 2.1, 2.2

Privatarchiv Angelika Führing 4.59

Magistrat der Stadt Wien, MA 21 – Stadtteilplanung und Flächennutzung 6.2

Privatarchiv Wolfgang Haider 3.36

anhang

Privatarchiv Sonja und Kurt Harand 2.57, 2.62, 5.22

Privatarchiv Ingrid Wendl 4.15, 4.31, 4.90, 4.91

Privatarchiv Brigitte Härtel 4.52, 4.53

Privatarchiv Irene Wernicke 2.52

Privatarchiv Christl Heidler 4.42

Luiza Puiu 3.14

Privatarchiv Familie Holik 4.60

Technisches Museum Wien/Artur Fenzlau 2.67

Privatarchiv Agnes Husslein-Arco 5.28, 5.29, 5.31

WertInvest 6.23 (Isay Weinfeld/Sebastian Murr, Rendering: Nightnurse), 6.24 (Isay Weinfeld/Sebastian Murr, Rendering: Nightnurse)

Privatarchiv Gustav Kapral 2.10, 4.37 Privatarchiv Gerhard Krebs 3.11 Privatarchiv Claudia Kristofics-Binder 5.40, 5.41, 5.42, 5.43 Privatarchiv Eva Marschner 4.38, 4.40 Privatarchiv Adrian Perco 5.30 Privatarchiv Christina und Bernhard Pichler 4.62 Privatarchiv Trixi Schuba 5.15, 5.20 Privatarchiv Martina Schüller 3.37, 3.38 Privatarchiv Reinhold Seeböck 3.34, 3.35, 3.40, 3.41, 3.42, 4.50, 5.11, 5.23, 5.39, 6.10 Privatarchiv Roman Seeliger 2.41, 4.9, 4.10, 4.11, 4.12, 4.18, 4.73, 4.78, 4.79, 4.81, 4.82, 4.85, 4.88, 4.92, 4.93, 5.14

Wienbibliothek im Rathaus/Plakatsammlung 1.28 (P-13330), 2.66 (P-41353), 2.72 (P-41360), 4.5 (P49669), 4.19 (P-41649), 5.61 (P-107093_01/ P-107093_02) Wienbibliothek im Rathaus/Konvolut Wiener Eisrevue 4.76 (C-322286, Archivbox 33), 4.86 (C-322286, Archivbox 33) Das Wiener Blatt 5.25 Wiener Cottage Verein/Sammlung Haller 1.17 Wiener Eislauf-Verein 0.1, 0.2, 0.4, 0.5, 0.6 1.1, 1.2, 1.4, 1.5, 1.6, 1.7, 1.8, 1.9, 1.10, 1.11, 1.12, 1.13, 1.14, 1.19, 1.20, 1.21, 1.22, 1.23, 1.24, 1.25, 1.26, 1.27, 1.29, 1.31, 1.34, 1.35, 1.36, 1.38, 1.39, 1.40 2.3, 2.6 (Lechner Fotogalerie), 2.7, 2.8, 2.9, 2.12, 2.13, 2.14, 2.15, 2.17, 2.18, 2.19, 2.20, 2.23, 2.25, 2.26, 2.28, 2.31, 2.33, 2.34, 2.37, 2.38, 2.42, 2.43, 2.44, 2.45, 2.48 (Dietrich & Co), 2.49, 2.50, 2.53, 2.54, 2.55, 2.58, 2.63, 2.64, 2.65, 2.69, 2.73, 2.74, 2.75, 2.76, 2.77, 2.78 3.1 (Ludwig Hartenthaler), 3.4, 3.5, 3.6, 3.7, 3.8 (Ludwig Hartenthaler), 3.9, 3.10, 3.15, 3.16 (Foto-Bücheler), 3.17 (Sport und Pressefoto Franz Fremuth), 3.22, 3.23, 3.24, 3.25, 3.26, 3.27, 3.30 (Photo Dr. R. H. Schloss), 3.32 (Karl Schleich), 3.39 4.6, 4.7, 4.13, 4.21, 4.32, 4.36, 4.39, 4.41, 4.47, 4.61, 4.64

abbildungsverzeichnis

269

(Helmut Partaj, Presse-, Werbe-, Color-Photos), 4.65 (Helmut Partaj, Presse-, Werbe-, Color-Photos), 4.69, 4.74, 4.75 5.5, 5.8, 5.12 (Kurt Martinek), 5.26, 5.27, 5.32, 5.33, 5.36, 5.37, 5.38, 5.45, 5.47, 5.49, 5.51, 5.53, 5.54, 5.55, 5.56, 5.57, 5.58, 5.59, 5.60 6.1, 6.6, 6.7, 6.8, 6.9, 6.11, 6.13, 6.14, 6.15, 6.16, 6.17, 6.18, 6.20, 6.21 (Kids Icehockey Club), 6.22, 6.25, 6.28 Wiener Eissport-Gemeinschaft/Wiener Eissport-Vereinigung 4.77, 4.80, 4.83, 4.84, 4.87, 4.89 Wiener Filmarchiv der Arbeiterbewegung (WIFAR) 2.29 Wiener Stadt- und Landesarchiv 2.79 (Fotosammlung Reiffenstein, FC: 3156), 4.63 (Presseund Informationsdienst, FC2: 57401.57) Wikimedia Commons 1.3

270

anhang

Danke

und Institutionen beigetragen, denen ich zu großem Dank verpflichtet bin. Ganz besonders danke ich dem Präsidenten des Wiener Eislauf-Vereins, Walter Leschetizky, und „General“ Farzam Rossoukhi, die mir als Außenstehender vor vier Jahren alle Türen geöffnet und das Vertrauen geschenkt haben, die Geschichte ihres Vereins zu erforschen. Ich bin von Anfang an in jene familiäre Atmosphäre eingetaucht, von der ich später noch so viel hören sollte und die den Verein zu einem ganz besonderen Ort macht. Elisabeth Rehse-Holzer gebührt ein großer Dank: Ohne ihr Engagement wäre das Buch nicht so schön geworden. Sie hat in den vergangenen Jahren ein Bildarchiv aufgebaut, das auch im internationalen Vergleich in der

schichte der „Eishackler“ des WEV. Elisabeth Rehse-Holzer hat den Text über Otto Schenks Liebe zum Eis und seine Bedeutung für den Wiener Eislauf-Verein zu diesem Buch beigetragen. Ich danke Ursula Huber für ihr großes Interesse an diesem Thema und die Aufnahme des Buches in das Programm des Böhlau Verlags. Bei ihr sowie Christiane Braun, Stefanie Kovacic und Bettina Waringer bedanke ich mich für die hervorragende Zusammenarbeit. Philipp Rissel danke ich für das Lektorat des Manuskripts. Ohne die finanzielle Unterstützung des Wiener Eislauf-Vereins sowie des Sportministeriums wäre die Umsetzung des Forschungsprojekts sowie die Drucklegung des Buches nicht möglich gewesen – vielen Dank dafür. Abschließend sei allen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern gedankt, die mit mir ihre Erinnerungen und ihr Wissen um die Geschichte des Wiener Eislauf-Ver-

Sportlandschaft seinesgleichen sucht. Dafür hat sie Tausende Fotos aus dem Keller des Eislauf-Vereins an das Tageslicht befördert, entstaubt, geordnet, digitalisiert und beschlagwortet. Aus diesem Fundus stammen die meisten hier abgedruckten Bilder. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich auch beim Betriebsleiter des Wiener Eislauf-Vereins Erwin Möslinger, der jedes einzelne Foto unter die Lupe genommen und professionell aufbereitet hat. Elisabeth und Erwin haben die geschriebene Geschichte des WEV durch ihren sorgsamen Umgang mit den teils über einhundert Jahre alten Fotografien und Zeichnungen zum Leben erweckt. Ein besonderer Dank gilt Peter Menasse für seine wertvolle Hilfe während des gesamten Entstehungsprozesses des Buches. Von der Konzeptionierung bis hin zum letzten geschriebenen Wort hat er das Projekt unterstützt und mitgetragen. Bei Oliver Rathkolb bedanke ich mich dafür, dass er meine Begeisterung für die Zeitgeschichte des Sports stets gefördert hat. Meine Familie ist dafür ver-

eins geteilt haben. Ebenfalls danke ich jenen Personen und Institutionen, die Bildmaterial zur Verfügung gestellt oder meine Forschungen mit wertvollen Hinweisen unterstützt haben. Sie sollen hier in alphabetischer Reihenfolge genannt werden: Kathrin Beck, Harry Bibring, Andreas Biel, Hanna Brown, Emmerich Danzer, Katharina Duteil, Christian Engelmann, Daniela Enzi, Linda Erker, Marianne Ertl, Corina Exenberger, Wilfried Fila, Jutta Fuchshuber, Angelika und Günther Führing, Hans Gunsam, Bernhard Hachleitner, Wolfgang Haider, Herbert Haiszan, Sonja und Kurt Harand, Herbert Hayduck, Brigitte Härtel, Christl Heidler, Eckart Herrmann, Sabine Hertel, Brigitte Hofer, Familie Holik, Agnes Husslein-Arco, Hotel InterContinental (Gertraud Fischer), Gustav Kapral, Erich Korbel, Gerhard Krebs, Claudia Kristofics-Binder, Bálint Kutas, Reinhard Lederer, Timea Lengyel, Ina Markova, Eva Marschner, Milagros Martínez-Flener, Sophie Meisinger, Thomas Meixner, Christiane Mörth, Vilma Neuwirth, Aleksandra Pawloff, Adrian Perco, Hans Petschar, Chris-

antwortlich, dass der Sport seit der Kindheit eine zentrale Rolle in meinem Leben spielt und mich auch im Beruf

tina und Bernhard Pichler, Döbling Ponys, Peter Prokop, Luiza Puiu, Karin Reisinger, Evelyn Rossoukhi-Schneider,

nicht loslässt. Von ganzem Herzen möchte ich mich bei Elisa Heinrich dafür bedanken, dass sie mich auf der Zeitreise durch die Geschichte des Wiener Eislauf-Vereins begleitet hat. Ihr Einfluss ist auf jeder Seite spürbar. Auch wenn dieses Etappenziel nun erreicht ist, unsere Reise geht weiter. Ich danke dem Eishockey-Experten Klaus Mahrer für seinen detailreichen Beitrag über die wechselvolle Ge-

Trixi Schuba, Martina Schüller, Reinhold Seeböck, Roman Seeliger, Egon Theiner, Sara Vorwalder, Franziska Wachter, Marina Weitgasser, Ingrid Wendl, Irene Wernicke, Wiener Cottage Verein.

Zum Gelingen dieses Buches haben zahlreiche Personen

danke

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